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German Pages 232 Year 2007
Entrepreneurship, Marketing, Innovation Band 4
Zu den Beständigkeitsmerkmalen von Familienunternehmen Eine Analyse aus soziologischer und mikrotheoretischer Sicht
Von Fabiana Rossaro
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
FABIANA ROSSARO
Zu den Beständigkeitsmerkmalen von Familienunternehmen
Entrepreneurship, Marketing, Innovation Herausgegeben von Prof. Dr. Christian Schade
Band 4
Zu den Beständigkeitsmerkmalen von Familienunternehmen Eine Analyse aus soziologischer und mikrotheoretischer Sicht
Von Fabiana Rossaro
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 703 Alle Rechte vorbehalten # 2007 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1861-3144 ISBN 978-3-428-12488-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Ai miei genitori
Erstes Geleitwort Familienunternehmen stellen ein praktisch bedeutsames wie aus theoretischer Sicht unzureichend erklärtes Phänomen dar. Die Einschätzung, es könne sich bei Familienunternehmen lediglich um eine organisatorische Übergangsform zwischen der individuellen einzelunternehmerischen Initiative und der durch ein Management gesteuerten großen Publikumsgesellschaft handeln, prägte über lange Zeit die wissenschaftliche Literatur. Mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung wäre dann ein spürbarer Bedeutungsverlust von Familienunternehmen zu erwarten. Die weltweit überaus starke Präsenz von Familienunternehmen und ihr unbestrittener volkswirtschaftlicher Stellenwert – gerade auch in hoch entwickelten Ländern – stehen dieser Einschätzung allerdings diametral entgegen. Ein systematisches akademisches Interesse an Familienunternehmen hat sich dennoch erst spät entwickelt. Die vorliegenden Erkenntnisse sind zudem durch einen hoch spezialisierten Fokus und entsprechende Zersplitterung charakterisiert, so dass sie sich der Einordnung in umfassendere Paradigmen entziehen. Die Frage, ob und warum Familienunternehmen ein Dauermerkmal entwickelter Wirtschaftssysteme darstellen und welchen Faktoren sie ihre Beständigkeit verdanken, kennzeichnet insbesondere ein in vielen Aspekten noch ungeklärtes Forschungsfeld. Eine vielfach beklagte Hürde für den theoretischen und empirischen Erkenntnisfortschritt bildet dabei insbesondere die Unschärfe des Begriffes „Familienunternehmen“ sowie die bislang unzureichende Auseinandersetzung mit dem Wesen und den Implikationen des Familienkontextes für die Entwicklung von Unternehmen. An dieser Stelle setzt die Arbeit von Fabiana Rossaro an. Als zentrale Elemente ihrer Analyse der Beständigkeitsmerkmale von Familienunternehmen gelten der Begriff der Familie sowie Implikationen, die sich aus der historischen Evolution von Familienstrukturen und Familienfunktionen ergeben. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird im Rahmen einer mikrotheoretischen Betrachtung der Frage nachgegangen, ob Familienunternehmen über besondere, nicht-imitierbare Leistungspotenziale verfügen, die ihnen einen Vorteil gegenüber anderen Organisationsformen verschaffen und somit ihre Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit erklären, oder ob der Familienkontext nicht vielmehr eine immanente Schwäche begründet und damit eine negative Hypothek darstellt. Die Autorin behandelt in ihrer Dissertation ein überaus anspruchsvolles Forschungsprojekt von hoher theoretischer und praktischer Relevanz. Durch die Kombination einer soziologischen und einer wirtschaftswissenschaftlich-mikrotheoretischen Untersuchungsperspektive wählt sie einen übergreifenden und interdiszip-
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Erstes Geleitwort
linären Untersuchungsansatz, der sich als äußerst tragfähig und ergiebig erweist. Fabiana Rossaro bewegt sich gewandt in und zwischen verschiedenartigen Disziplinen und wird den hohen Anforderungen, die sich aus der Verknüpfung unterschiedlicher Wissenschaftsgebiete und Ansätze ergeben, in eindrucksvoller Form gerecht. Ihr gelingt es auf diesen Weg, eine zentrale Herausforderung für das Verständnis von Familienunternehmen zu bewältigen und bestehende Theoriedefizite der bisherigen Forschungsbemühungen für dieses Gebiet kritisch aufzudecken. Auf diesem nachhaltig stabilen Fundament aufbauend entwirft die Autorin in letzter Konsequenz einen beachtenswerten Beitrag zur Konzeption einer Theorie der Familienunternehmung. Damit liegt eine deutschsprachige Monographie zu einem Thema vor, dessen Aktualität und Bedeutung für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen hoch einzuschätzen ist. Der Arbeit ist darum eine breite und gute Resonanz zu wünschen. Emden, im März 2007
Prof. i. R. Dr. Karl Lohmann
Zweites Geleitwort Familienunternehmen sind sowohl in Deutschland als auch in anderen Industrienationen die volkswirtschaftlich bedeutendste Unternehmensform. Sie stellen nicht nur die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze, sondern stehen mit ihrer Innovationskraft auch für eine ausgeprägte Pluralität unserer Technologie- und Branchenlandschaft. Im Gegensatz zu Publikumsgesellschaften ist bei Familienunternehmen typischerweise eine Einheit von Eigentum, Risiko und Kontrolle gegeben. Nicht zuletzt wegen ihrer besonders engen Beziehung zwischen Eigentümern, Mitarbeitern und dem Unternehmen, der flachen Hierarchien, der schnellen Entscheidungswege sowie ihrer langfristigen Strategie- und Werteorientierung sind Familienunternehmen den anonymen Publikumsgesellschaften vielfach überlegen. Viele Familienunternehmen verstehen es zudem, ihre langjährig gewachsene lokale Bedeutung mit einer internationalen Marktführerschaft zu verbinden und ihre Position zum Teil über Generationen kontinuierlich auszubauen. Trotz ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung und ihres spezifischen Charakters fristeten Familienunternehmen in der wissenschaftlichen Diskussion lange ein Schattendasein. Erst in jüngster Zeit ist ein exponentieller Interessenzuwachs für Familienunternehmen zu verzeichnen. Zwar bleibt der Erkenntnisfortschritt auf diesem Gebiet meist auf Literatur aus dem angloamerikanischen Sprachraum angewiesen, jedoch hat sich mittlerweile auch in vielen anderen Ländern eine veritable Forschung im Bereich der Familienunternehmen entwickelt. Nicht nur im Sinne der Überwindung dieses Rückstandes ist die vorliegende Arbeit besonders zu begrüßen. Nach einem historischen Überblick macht die Autorin in ihrer Untersuchung zu den Beständigkeitsmerkmalen von Familienunternehmen eine soziologisch fundierte Durchdringung des Familienkonzeptes zum Ausgangspunkt ihrer Betrachtung. Die anspruchsvolle Aufgabe besteht darin, „der Frage nach ihrer zeit- und raumübergreifenden Beharrlichkeit nachzugehen, indem aus der Analyse der unverwechselbaren Eigenschaften familienbasierter Organisationen Rückschlüsse auf ihre Fähigkeit gezogen werden, sich auch künftig im Wettbewerb mit anderen Unternehmensformen zu bewähren“. Die Arbeit von Fabiana Rossaro zeichnet sich durch ein kritisches Bewusstsein gegenüber der klischeehaften Charakterisierung der Stärken und Schwächen von Familienunternehmen aus, welche sogar in der ausgewiesenen Fachliteratur anzutreffen ist. Bewusst wird die Untersuchung der Beständigkeitsmerkmale von Familienunternehmen nicht auf eine ökonomisch-finanzielle Betrachtungsweise
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Zweites Geleitwort
begrenzt. Vielmehr werden auch nicht-monetäre Zielgrößen überprüft, die ebenso bedeutende Faktoren für das Überleben und die Leistungskraft der Familienunternehmen darstellen. Daraus lassen sich wichtige Beiträge nicht nur für die Theorie, sondern auch für die wirtschafts- und gesellschaftspolitische Einschätzung der Rolle von Familienunternehmen ableiten. Nicht zuletzt Eigentümerfamilien können aus der Analyse der positiven und negativen Potenziale, welche die Integration der betrieblichen und der familiären Sphären gleichzeitig begründen, interessante Anregungen beziehen. Dies macht die vorliegende Arbeit zu einer wertvollen Lektüre für ein breites Publikum von an Familienunternehmen interessierten Wissenschaftlern, Wirtschaftspolitikern und Unternehmern. Die gemeinnützige Stiftung Familienunternehmen freut sich daher sehr, dass sie Frau Rossaro bei ihrer Arbeit unterstützen konnte und hiermit ein weiterer Beitrag zur Untersuchung wissenschaftlicher Fragestellungen im Kontext der Familienunternehmen geleistet wurde. Stuttgart, im März 2007
Prof. Dr. Brun-Hagen Hennerkes Vorstand Stiftung Familienunternehmen
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.1 Problemstellung und Motivation der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.2 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1.3 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion . . . . . . . . . .
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2.1 Familienunternehmen: ein vernachlässigtes Forschungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.2.1 Das Erbe von Berle und Means . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.2.2 Familienunternehmen: das begründete Desinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.3.1 Erste Kritik an der „managerial“ Literatur oder die Götterdämmerung . . . .
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2.3.2 Familie als pathologischer Faktor für das Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.4.1 Zwischen den Grenzen des anonymen Publikumsgesellschaftsmodells und der Suche nach neuen Paradigmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.4.2 Familie als integraler Bestandteil des Systems Familienunternehmen . . . . .
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2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.5.1 Die Internationalisierung der Debatte über Strukturen der Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.5.2 Familienunternehmen: die Etablierung als Forschungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . .
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2.6 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.1 Zur Abgrenzung der Definitionsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.2.1 Theoretische Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
3.2.2 Merkmalsorientierte Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.2.3 Multidimensionale Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 3.3 Die Familiendimension: Familienunternehmen aus soziologischer Sicht . . . . . . . . .
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3.3.1 Der Familienbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.3.2 Zur Entwicklung der Familienstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.3.3 Die Funktionen der Familie: Familie als Wirtschaftssubjekt . . . . . . . . . . . . . .
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3.4 Arbeitsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.6 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.1 Die multiple Rationalität von Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung bzw. zwischen Familienund externen (Minderheits-)Anteilseignern in Familienunternehmen: eine Agency-theoretische Charakterisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4.2.1 Besetzung von Führungspositionen durch Familienmitglieder . . . . . . . . . . . . 113 4.2.1.1 Interessenangleichung und Überwindung von Motivationsproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4.2.1.2 Altruismus und Probleme der Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4.2.2 Besetzung von Führungspositionen durch professionelle Manager: effektive Management-Überwachung und Schöpfung teilbarer Kontrollrenten 120 4.2.3 Dominierende Stellung der Familienkoalition: Extraktion privater Kontrollrenten und Übervorteilung externer Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4.3 Personalpolitische Fragen im Hinblick auf das soziale Kapital und auf die Organisationskultur von Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.3.1 Die Mitwirkung von Familienmitgliedern im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.3.1.1 Inkompetenz-Vorwurf und Netzwerkaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 4.3.1.2 Die Stärken und Schwächen von starken Bindungen . . . . . . . . . . . . . 130 4.3.2 Die Mitwirkung von Nicht-Familienmitgliedern im Unternehmen . . . . . . . . 134 4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.4.1 Die Kapitalstrukturpolitik in der Finanzierungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.4.2 Innenfinanzierungsaspekte in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 4.4.3 Außenfinanzierungsaspekte in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.4.3.1 Fremdfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.4.3.2 Eigenfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 4.5.1 Generationswechsel als überlebensgefährdender Übergang . . . . . . . . . . . . . . . 160 4.5.2 Zur Besonderheit der Nachfolgefrage in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . 164
Inhaltsverzeichnis
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4.5.3 Führungsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 4.5.3.1 Individuelle und beziehungsorientierte Betrachtungsebene . . . . . . . 167 4.5.3.2 Strategisch-organisatorische Betrachtungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 4.5.4 Eigentumsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4.5.4.1 Nachfolgemodalitäten und steuerrechtliche sowie betriebswirtschaftliche Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4.5.4.2 Familiendynamik: Generationsabdriftung und Beziehungsabkühlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 4.6 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 5 Zusammenfassende Schlussbetrachtung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Abbildungsverzeichnis Abbildung 2-1: Typ Z-Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildung 2-2: Vertrauenswürdigkeit des (Geschäfts-)Umfelds, Technologie und Organisationsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildung 2-3: Die institutionelle Überlappung in Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildung 2-4: Pyramidenstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abbildung 3-1: Die F-PEC Skala des Familieneinflusses im Unternehmen . . . . . . . . . . . .
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Tabellenverzeichnis Tabelle 3-1: Ausgewählte systemtheoretische Auffassungen von Familienunternehmen
71
Tabelle 3-2: Ausgewählte theoretische Definitionen von Familienunternehmen . . . . . . . .
72
Tabelle 3-3: Merkmalsgestützte Definitionen von Familienunternehmen (Auswahl) . . .
75
Tabelle 3-4: Merkmalsbasierend-operationalisierte Definitionen von Familienunternehmen (Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Tabelle 3-5: Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: keine Differenzierung nach Unternehmensgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Tabelle 3-6: Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: Unternehmen der unteren Größenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Tabelle 3-7: Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: Unternehmen der oberen Größenklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Tabelle 3-8: Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: börsennotierte Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Tabelle 4-1: Agency und Stewardship Theorie im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Tabelle 4-2: Ambivalente Attribute von Familienunternehmen als fundierendes Merkmal ihrer Eigenart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Tabelle 4-3: Empirische Performancemessung: überlegene Leistungsfähigkeit von Familien- relativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse) 188 Tabelle 4-4: Empirische Performancemessung: keine signifikanten Unterschiede in der Leistungsfähigkeit von Familien- relativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 Tabelle 4-5: Empirische Performancemessung: unterlegene Leistungsfähigkeit von Familien- relativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse) 190
Abkürzungsverzeichnis ABl.
Amtsblatt der Europäischen Union (vormals: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften)
Anm. d. Verf.
Anmerkung der Verfasserin
CEBR
Centre for Economic and Business Research
CEO
Chief Executive Officer
ECGI
European Corporate Governance Institute
EFMA
European Financial Management Association
et al.
et alii (aus dem Lateinischen: und andere)
EUI
European University Institute
FBN
Family Business Network
FU
Familienunternehmen
i. d. R.
in der Regel
IESE
Instituto de Estudios Superiores de la Empresa
IFERA
International Family Enterprise Research Academy
IIFE
INSEAD Initiative for Family Enterprise
IMF
International Monetary Fund
insb.
insbesondere
INSEAD
European Institute for Business Administration
INSEE
National Institute of Statistics and Economic Studies
LBO
Leveraged Buyout
NKPS
Netherlands Kinship Panel Study
„[ . . . ] the master-economist must possess a rare combination of gifts. He must reach a high standard in several different directions and must combine talents not often found together. He must be mathematician, historian, statesman, philosopher – in some degree. He must understand symbols and speak in words. He must contemplate the particular in terms of the general, and touch abstract and concrete in the same flight of thought. He must study the present in the light of the past for the purpose of the future. No part of man’s nature or his institutions must lie entirely outside his regard. He must be purposeful and disinterested in a simultaneous mood; as aloof and incorruptible as an artist, yet sometimes as near the earth as a politician.“1 John Maynard Keynes (1933)
1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Motivation der Arbeit In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts lösten Adolf A. Berle und Gardiner C. Means mit der Verfassung ihres Grundwerkes „The modern corporation and private property“ eine folgenschwere Debatte über die Machtstellung von Unternehmen in der postindustriellen, nordamerikanischen Wirtschaft aus. Sich auf eine umfangreiche Empirie stützend, kamen die beiden Autoren zur zentralen Schlussfolgerung, dass „competition has changed in character and the principles applicable to present conditions are radically different from those which apply when the dominant competing units are small and more numerous“2. In dem von ihnen gezeichneten Szenario ersetzte das oligopolistische Einflusspotenzial von Großunternehmen Adam Smiths Vision von einem regen Wettbewerb unter kleinen, weitgehend homogenen Produktionseinheiten. Der Markt würde unter den neuen Bedingungen seine Koordinationsfunktion zugunsten der Verwaltungsstrukturen der herrschenden Kapitalgesellschaften verlieren3. Deren wachsende strategische Rolle wurde in der Vision von Berle und Means nicht nur rückblickend festgestellt, sondern auf die Zukunft projiziert. Nahe gelegt wurde die Prognose, dass die Marktanteile kleinerer Wirtschaftsakteure einer fortschreitenden Erosion ausgesetzt werden würden. Mit dieser Entwicklung ginge eine zunehmende Spezialisierung der Aufgaben von Eigentum und Management einher. Da die hohen finanziellen Anforderungen 1 2 3
Keynes (1972), S. 173 – 174. Berle / Means (1999), S. 45. Vgl. auch Means (1983), S. 467 – 468.
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1 Einleitung
der modernen Kapitalgesellschaft in aller Regel nur unter Einschaltung eines breiten Anlegerpublikums erfüllt werden könnten, wäre die Mitwirkung der Anteilseigner zunehmend auf die anfängliche Kapitalzuführung und den darauf folgenden Bezug periodischer Einnahmen beschränkt. Die Verfügungsmacht wäre im Ergebnis dazu prädestiniert, eigentumsunabhängig von Führungskräften ohne signifikanten Anteilsbesitz ausgeübt zu werden. Die Darstellung von Berle und Means hinterließ nicht zuletzt auf wirtschaftspolitischer Ebene einen dauerhaften Einfluss4 und erweckte gerade in der wissenschaftlichen Gemeinschaft einen tiefer gehenden Eindruck5. Die unbestrittene Dominanz der US-Nachkriegswirtschaft, die von der Fachliteratur in der Zwischenzeit als Wiege eines so genannten „managerial“ Kapitalismus zelebriert wurde6, schien indirekt die Überlegenheit des anonymen Großunternehmensmodells zu bekräftigen7. In der wirtschaftswissenschaftlichen Debatte führte die Emphase auf große Kapitalgesellschaften mit gestreuter Aktionärsstruktur zu einer generellen Vernachlässigung des restlichen Universums an Wirtschaftsakteuren8. Familienunternehmen, denen perspektivisch nur ein Marginaldasein unterstellt wurde, ernteten insbesondere das Desinteresse der akademischen Forschung. Mehr als 70 Jahre später dementiert die Realität die vom Werk von Berle und Means inspirierte Vorhersage. Weder hat sich ein Trend hin zum progressiven Bedeutungsverlust privater und kleinerer Produktionseinheiten durchgesetzt noch hat das Modell der anonymen Kapitalgesellschaft eine hegemoniale Stellung eingenommen. Die Privatisierungswelle der 1980er und 1990er Jahre hat vielmehr auf seine Schwachstellen aufmerksam gemacht. Vor allem aber ist der Familienkapitalismus keineswegs dem Schicksal erlegen, das ihm der Aufstieg des bürokratischen Unternehmenstypus bescheren sollte. Familienunternehmen9, die hier in erster Annäherung als Organisationen zu verstehen sind, in denen eine Familiengruppe maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensgeschehnisse ausüben kann, stellen weltweit den weitaus wichtigsten Anteil an privaten Unternehmen dar und sind auch unter den öffentlich gehandelten Gesellschaften beachtenswert vertreten10. Der von ihnen geleistete Beitrag zur Wertschöpfung und zur Bereitstellung von Arbeitsplätzen bestätigt ihre herausragende volkswirtschaftliche Rolle. 4 5 6 7
Vgl. Hessen (1983), S. 273. Vgl. Stigler / Friedland (1983), S. 241 – 244. Vgl. ausführlich Kapitel 2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. Vgl. zu dieser Interpretation Jones / Rose (1993), S. 2; Boyacigiller / Adler (1991), S. 263 –
265. Vgl. Zingales (2000), S. 1629. Die Begriffe Familienunternehmen, Familienunternehmung, Familiengesellschaft und Familienbetrieb werden im Rahmen der Arbeit synonym verwendet. 10 Für eine Definition von Familienunternehmen sowie für die Quantifizierung ihrer Verbreitung vgl. ausführlich Kapitel 3 in der Arbeit. 8 9
1.1 Problemstellung und Motivation der Arbeit
19
Dieser Erkenntnis ist im Wesentlichen auch die jüngste Wiederentdeckung von Familienunternehmen als Forschungsobjekt zu verdanken11. Während die Grundlagen für die Abgrenzung eines entsprechenden Studiengebietes in den 1980er Jahren gelegt wurden12, gelang der Durchbruch erst mit Verzögerung. Ein exponentieller Interessenzuwachs für das Thema ist speziell ab der Mitte des vergangenen Jahrzehntes zu verzeichnen, wie der Umfang und die Qualität der Veröffentlichungstätigkeit seitdem dokumentieren. Die Börsenkrise um die Jahrtausendwende trug zur Sensibilisierung für das Argument im Sinne eines Katalysators bei. Starke Kurseinbrüche, enttäuschende Ergebnisentwicklungen und Börsenskandale haben eine gewisse Desillusion hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und der Vertrauenswürdigkeit anonymer Kapitalmarktagenten bewirkt. In diesem Kontext wurde die Frage verstärkt aufgeworfen, inwiefern Familienunternehmen ein wertvolles Alternativmodell anbieten können, das gerade in schwierigen Zeiten besondere Vorzüge aufweist13. Doch die Meinungen über die Rolle von Familienunternehmen und ihre Zukunftsperspektiven bleiben gespalten. Albach und Freund14 zögern zum Beispiel nicht, Familiengesellschaften als unzeitgemäßes Phänomen zu brandmarken und ihr Aussterben wehmutlos zu prognostizieren. Vor allem den Herausforderungen des Generationswechsels und eines aggressiver werdenden Wettbewerbsumfelds könnten sie nicht adäquat begegnen, mit konsequenten Einbußen an Effizienz und Konkurrenzfähigkeit. Stellvertretend für eine in der Corporate Governance-Literatur häufig geäußerte Ansicht15, halten Burkart, Panunzi und Shleifer16 fest, dass die mangelnde Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht und das Überwiegen von Familienunternehmen als Zeichen finanzieller Unterentwicklung zu deuten sei. Ob Familienunternehmen auch in der Zukunft ein Dauermerkmal entwickelter Wirtschaftssysteme darstellen werden bzw. welchen Faktoren sie ihre Beständigkeit verdanken, ist somit nach wie vor eine ungeklärte Fragestellung, die entsprechenden Forschungsbedarf auslöst. Ihre Relevanz bemisst sich vor dem Hintergrund der überaus verbreiteten Präsenz familienbasierter Organisationsformen auf einer theoretischen wie auch praktischen Ebene. Aus theoretischer Sicht holt die Auseinandersetzung mit der Familiendimension ein generelles Manko17 der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur nach, die den Wechselwirkungen aus der Zugehörigkeit zu einer solidarischen Gemeinschaft nur (wenn überhaupt) unzureichend Vgl. Sharma (2004), S. 3. Astrachan (2003), S. 567, schlägt das Jahr 1983 als Geburtsdatum vor. 13 Vgl. London Economics (2003), S. 3. 14 Vgl. Albach / Freund (1989), S. 261 – 272. 15 Der Bezug liegt jedoch hierbei nicht speziell auf Familienunternehmen, sondern auf Unternehmen mit konzentrierter Eigentumsstruktur. Vgl. u. a. La Porta / Lopez-de-Silanes /Shleifer (1999), S. 510 – 511; La Porta et al. (1998), S. 1151. 16 Vgl. Burkart / Panunzi / Shleifer (2003), S. 2193. 17 Vgl. Astrachan (2003), S. 571; Dyer (2003), S. 402; Rogoff / Heck (2003), S. 559. 11 12
20
1 Einleitung
Rechnung trägt. Unter einem pragmatischen Standpunkt knüpft die Problematik an Themen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Interesses. Ein besserer Einblick in die Determinanten der Kontinuität von Familienunternehmen ist Voraussetzung für die Einschätzung ihrer Rolle als sozioökonomische Kategorie. Damit unmittelbar verbunden ist u. a. die wirtschaftspolitische Frage, ob die Bestandspflege von Familienunternehmen effizient und unter gesamtwirtschaftlichen Standpunkten wünschenswert ist sowie, falls ja, welche Maßnahmen diesem Zweck am besten dienen können18. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht dürfte schließlich das Thema der Kontinuität von Familienunternehmen auf die Aufmerksamkeit der Eigentümerfamilien selbst stoßen. Obwohl das skizzierte Anliegen den Abstand von einer strikt problemlösungsorientierten Beratungsliteratur offen legt, sollte der angeregte Erkenntniszugewinn sie zu einem stärkeren Bewusstsein der eigenen unternehmerischen Identität und der dadurch bedingten, positiven sowie negativen Potenziale verhelfen.
1.2 Zielsetzung Vor dem Hintergrund der oben festgestellten, überaus diffusen Präsenz familienbasierter Organisationsformen weltweit erscheint zunächst erklärungsbedürftig, warum die Untersuchung der Determinanten ihres Beharrungsvermögens keine prominentere Stellung in der Fachforschung eingenommen hat. Eine Begründung hierfür pflegt die Arbeit durch die Auseinandersetzung mit den Wurzeln und der Evolution der entsprechend angelegten Studienrichtung zu suchen. Aus dem historischen Rückblick geht hervor, dass die späte Entwicklung eines systematischen wissenschaftlichen Interesses für Familienunternehmen, zusammen mit der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes, ähnliche Auswirkungen ausgelöst hat wie es kurz davor für die Studien auf dem Entrepreneurship-Bereich der Fall gewesen ist. Beide Forschungsrichtungen können sich zunächst dem Vorwurf nicht entziehen von „a great deal of activity on a wide variety of topics, many of which are peripheral to the core [ . . . ] and the sum of which is neither moving us very effectively to the center of the subject matter nor expanding our ability to understand and predict“19. Der fragmentarische Charakter der auf dem Gebiet geleisteten Beiträge steht insbesondere der Bildung einer kumulativen Wissensbasis entgegen. Eine breit angelegte Literaturauswertung soll einen Beitrag zur Überwindung der von Dyer und Sánchez20 bemängelten Kurzsichtigkeit der Disziplin leisten und gemäß deren Anforderung zu einer stärkeren Einbindung der akquirierten Erkenntnisse über FamiVgl. Albach / Freund (1989), S. 262 – 263. Churchill / Hatten (1987), S. 51. In ähnlichem Ton klagen Smyrnios / Tanewski / Romano (1998), S. 50, über die mangelnde theoretische Fundierung der Forschung über Familienunternehmen. 20 „[ . . . ] the future of the field depends on a deeper understand of the past. Indeed, for a field to move forward, it must build on the foundation of previous work“; Dyer / Sánchez (1998), S. 287. 18 19
1.2 Zielsetzung
21
lienunternehmen in die vorliegende sowie in künftige Untersuchungsbestrebungen verhelfen. Zwar ist im angloamerikanischen Sprachraum die wissenschaftliche Veröffentlichungsproduktion über Familienunternehmen vereinzelten Bestandsaufnahmen unterzogen worden21; diese leiden aber insofern unter einer gewissen Kurzatmigkeit, als sie ihre Aufmerksamkeit meist auf Aufsätze von sich zur Familienunternehmen-Forschungsgemeinschaft bekennenden Autoren aus den letzten zwei Jahrzehnten beschränken. Der restriktive Auswahlprozess für die rezensierten Beiträge, der u. a. für einen unumstrittenen betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt sorgt, ist sicherlich durch den Wunsch getrieben, das Profil des neuen akademischen Reviers nach außen zu schärfen und damit auch seine Legitimationsgrundlage zu untermauern22. Als Gegengewicht dazu bleiben allerdings Synergien und Wechselwirkungen mit anderen Forschungsgebieten vernachlässigt. Wissensreproduktion und eine den Erkenntnisfortschritt hemmende Perspektiveneinseitigkeit sind die möglichen Konsequenzen dieser Herangehensweise23. Obwohl inzwischen die Theorieorientiertheit zahlreicher Beiträge für wichtige Einsichten gesorgt hat, ist immer noch primär eine Fokussierung auf „mid range theories“24 zu verzeichnen, die jeweils spezifische Aspekte im Zusammenhang mit Familienunternehmen isoliert betrachten. Die Zusammenführung der so erlangten Kenntnisbruchteile innerhalb eines umfassenden Rahmens wird zwar ersehnt25, ist bislang jedoch ausgeblieben. Als Grund wird vielfach die Hürde angeführt, welche die Entwicklung eines dafür unausweichlichen multiperspektivischen Ansatzes auferlegt26. Ein interdisziplinärer Blickwinkel ist jedoch dem Charakter des zu untersuchenden Phänomens geradezu immanent: Familienunternehmen sind als Begriff aufzufassen, „der die Verbindung von Unternehmen und Familie unter betriebswirtschaftlichen, volkswirtschaftlichen und soziologischen Gesichtspunkten kennzeichnet und somit auch die sozialen Beziehungen innerhalb einer Familie berücksichtigt“27. Dieser Herausforderung will sich die vorliegende Arbeit stellen. Angestrebt wird, wie im vorausgegangenen Abschnitt teilweise antizipiert, eine Untersuchung 21 Vgl. Sharma (2004); Bird et al. (2002); Dyer / Sánchez (1998); Hollander / Elman (1988). Als Literatursammlungen sind hingegen Aronoff / Astrachan / Ward (2002) sowie Sharma / Chrisman / Chua (1996) konzipiert. 22 Vgl. Bird et al. (2002), S. 338. 23 „However, in highlighting the special and distinctive features of the family business, therein lies some difficult tensions [ . . . ]. [ . . . ] what the discussion also highlights is the possibility for us to re-produce and reinforce what we already knew at the expense of other (quieter) voices or perspectives that are not usually represented in family business research“; Fletcher (2001), S. 30. 24 Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 6. 25 Vgl. Wortman (1994), S. 3 – 4. 26 Vgl. z. B. Sharma (2004), S. 2. 27 König (1986), S. 25.
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1 Einleitung
der Beständigkeitsmerkmale von Familienunternehmen. Insbesondere besteht das Ziel darin, der Frage nach ihrer zeit- und raumübergreifenden Beharrlichkeit nachzugehen, indem aus der Analyse der unverwechselbaren Eigenschaften familienbasierter Organisationen Rückschlüsse auf ihre Fähigkeit gezogen werden, sich auch künftig im Wettbewerb mit anderen Unternehmensformen zu bewähren. Während die Relevanz des Projektes bereits angesprochen wurde und vor dem Hintergrund des volkswirtschaftlichen Stellenwertes von Familienunternehmen keiner weiteren Rechtfertigung bedarf, kommt die Bestätigung seiner Aktualität aus der jüngsten Fachliteratur. Hier wird offen zur Aufnahme eines solchen Unterfangens aufgefordert28, dessen Verdienst u. a. in der Aufrichtung eines multiperspektivischen Untersuchungsrahmens gesehen wird. Daran knüpft die Erwartung, den brüchigen Charakter der aktuellen Forschungsergebnisse durch Schaffung einer Struktur zu überwinden, die ihre Zusammenhänge und Wechselwirkungen aufzeigt und damit effektiv zur Akkumulation, zum Fortschritt und zum Transfer des Wissens über Familienunternehmen beiträgt29. Diesem Anspruch zufolge wird die Frage nach der Zukunftsträchtigkeit von Familienunternehmen in der Arbeit zum Bindeglied einer fachübergreifenden Betrachtung gemacht. Aus Gründen der Handhabbarkeit konzentriert sich die Analyse auf zwei Erklärungsansätze, von denen der eine dem soziologischen und der andere dem mikrotheoretischen Bereich entstammen. Institutionelle Gegebenheiten bleiben hingegen als Teil einer makrotheoretisch orientierten Behandlung eher im Hintergrund. Auf das Werden der Familie als sozioökonomische Einheit richtet die erste der gewählten Untersuchungsperspektiven ihre Aufmerksamkeit. Konkret sollen dabei aus der historischen Evolution ihrer Struktur und Funktionen die Implikationen für die Kontinuität familienbasierter Unternehmensmodelle herausgearbeitet werden. Insbesondere sind die Zersetzungstendenzen, welche für die Schrumpfung des Personalbestandes der Familie und ihren sich im Zeitablauf abzeichnenden Aufgabenverlust verantwortlich sind, auf ihre Konsequenzen für die Fähigkeit der Familiengemeinschaft zu überprüfen, ihrer unternehmerischen Rolle auch weiterhin gerecht zu werden. Die Thematisierung dieser soziologischen Zusammenhänge führt insoweit über bisherige Ansätze der Familienunternehmen-Forschung hinaus30, als dass diese sich weitgehend auf betriebswirtschaftliche Faktoren konzentrieren. Der zweite Interpretationsschlüssel der Arbeit argumentiert mikrotheoretisch. Diskutiert werden soll im Einzelnen, ob nicht imitierbare Leistungspotenziale Familienunternehmen mit einem Vorteil gegenüber anderen Organisationsformen 28 „[ . . . ] perhaps it is time to get the question of why these firms endure“; Sharma (2004), S. 22. 29 Vgl. Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 6. 30 Lediglich in Wimmer / Groth (2005), S. 99 – 100; Hall (2004), S. 220 – 222; Klein (2004a), S. 56 – 73, und Fletcher (2002), S. 5, wird auf das Thema hingewiesen.
1.3 Aufbau der Arbeit
23
ausstatten, der ihre Wettbewerbs- und Überlebensfähigkeit begründet, oder ob ihnen innewohnende Schwächen vielmehr dazu prädestiniert sind, eine negative Hypothek auf ihr Schicksal aufzuerlegen. Voraussetzung für die Beurteilung der Leistungs- und Ausdauermerkmale von Familienunternehmen stellt dabei die Auseinandersetzung mit ihrer Zielerfassung dar, deren Komplexität durch die explizite Einbeziehung nicht ökonomischer Komponenten annahmegemäß höher als die von Nicht-Familienunternehmen ist. Tatsächlich gilt die Thematisierung der multiplen Rationalität von Familienunternehmen als unabdingbare Prämisse für den theoretischen Fortschritt der Studien auf dem Gebiet31. Die Analyse des Wechselspiels zwischen den identifizierten Zieldeterminanten sowie dessen Auswirkungen im Hinblick auf die für die Arbeit relevante Fragestellung gewährleistet insbesondere einen fundierten Einblick in die Wesensmerkmale von Familienunternehmen, deren bisherige Qualifizierung als nicht zufrieden stellend32 beurteilt wird. Die daran anknüpfende Diskussion über die Zukunftsträchtigkeit und die Werthaltigkeit familienbasierter Organisationsformen hebt manche Grenzen bisheriger Betrachtungen hervor und mündet sodann in kritische Anmerkungen an der traditionellen, mikrotheoretisch fundierten Vision von Familienunternehmen.
1.3 Aufbau der Arbeit Die Realisation des oben beschriebenen Vorhabens setzt die Auswertung eines erheblichen Umfangs an Literatur nicht nur aus dem wirtschaftswissenschaftlichen, sondern darüber hinaus auch aus dem psychologischen und sozio-anthropologischen Bereich voraus. Ein integrativer Ansatz birgt daher das Risiko und zugleich die Notwendigkeit einer teilweisen Aufopferung der Betrachtungstiefe. Einem Vorwurf in diesem Sinn kann man bei der Breite der zugrunde gelegten Fragestellung vermutlich nicht entgehen. Die Relevanz des abgegrenzten Themenkomplexes rechtfertigt dennoch seine Inkaufnahme. Dies vorweggenommen, wird die Arbeit wie folgt strukturiert. Nachdem der einleitende Teil die Bedeutung der Problematik sowie die Zielsetzung und die Vorgehensweise der Untersuchung aufgezeigt hat, setzt sich das zweite Kapitel mit einer intensiven Literaturaufarbeitung auseinander. Das Werden von Familienunternehmen als Objekt wirtschaftswissenschaftlichen Interesses wird verfolgt von den frühen Prognosen von Berle und Means bis hin zur theoretischen und empirischen Revision des uneingeschränkten Vertrauens in das Modell der anonymen Kapitalgesellschaft. Der historische Rückblick deckt den bislang vernachlässigten Bedarf33 ab, eine umfassende Rekonstruktion der Entwicklungstendenzen auf dem Gebiet der Studien über familienbasierte Organisationsformen zu 31 32 33
Vgl. Chrisman / Chua / Litz (2003). Vgl. z. B. Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 303; Chami (2001), S. 3. Vgl. Zahra / Sharma (2004), S. 332.
24
1 Einleitung
unternehmen. Dabei werden die Grenzen der üblichen Betrachtung deutlich, die den Forschungsbeitrag zum Thema Familienunternehmen auf die meist sehr spezifische Fachliteratur der letzten zwei Jahrzehnte zurückführt. Die Wurzeln des Forschungsfeldes werden damit gewissermaßen neu aufgedeckt. Klargestellt wird zugleich, wie die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion gerade in jüngster Zeit zwar eine Vielzahl an Daten, Beobachtungen und denkwürdigen Einsichten hervorgebracht hat, ohne jedoch die gewonnenen Kenntnisbruchteile in einen integrierten theoretischen Ansatz einbinden zu können34. Die in der Arbeit aus soziologischer und mikrotheoretischer Sicht thematisierte Frage bezüglich der Kontinuität von Familienunternehmen eignet sich zur (zumindest partiellen) Überwindung dieses Umstandes. Aus Gründen der Vergleichbarkeit relevanter historischer und soziologischer Entwicklungen konzentriert sich dabei das Blickfeld auf den westeuropäischen und nordamerikanischen Raum. Bevor auf die Zielstellung eingegangen werden kann, soll das Untersuchungsobjekt näher spezifiziert werden. Im dritten Kapitel erfolgt dementsprechend die Definition von Familienunternehmen. Die lang anhaltende Debatte über die dafür erforderlichen Abgrenzungskriterien offenbart die Nicht-Trivialität des Problems und suggeriert die Notwendigkeit seiner ausführlichen Thematisierung. Den in der Literatur vorliegenden Begriffsbestimmungen gemeinsam ist insbesondere die generelle Vernachlässigung der Familiendimension. Diese Feststellung wird zum Anlass für die Inangriffnahme der ersten Interpretationsebene der Arbeit: die historisch-soziologische. Nicht nur die Selbstverständlichkeit des Familienkonzepts gerät damit in Frage. Vielmehr soll diskutiert werden, inwiefern die strukturellen und funktionalen Transformationen der Familie ihre Rolle als Träger unternehmerischer Verantwortung beeinträchtigt haben bzw. es in Zukunft gegebenenfalls tun werden. Nachdem sodann alle definitorischen Komponenten beleuchtet worden sind, soll die eigene Begriffsabgrenzung festgehalten werden. Dafür bedient sich die Verfasserin sowohl theoretisch-abstrakter Kriterien (ein maßgebendes Einflussvermögen der Familie und der Wunsch nach seiner Übertragung auf die nachkommende Generation) als auch statistisch quantifizierbarer Elemente (der Stimmrechtsanteil der Angehörigengruppe). Auf dieser Grundlage kann in einem letzten Schritt die Auswertung der aus verschiedenen Quellen verfügbaren Empirie zum Zwecke der Ermittlung zahlenmäßig belegter Informationen über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Familienunternehmen vorgenommen werden. Der mikrotheoretischen Analyse von Familienunternehmen ist das vierte Kapitel der Arbeit gewidmet. Ausgangspunkt der Ausführungen bildet hier die Frage, inwiefern die unternehmerische Beteiligung einer Familienkoalition nicht imitierbare Performance-Potenziale gegenüber konkurrierenden Marktakteuren begründet, welche die Beständigkeit familienbasierter Organisationsformen erklären, oder ob modellimmanente Schwächen an der Zukunftsträchtigkeit von Familienunternehmungen rütteln. Zur Bewältigung oben genannter Aufgabe stellt die Auseinan34
Vgl. Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 5.
1.3 Aufbau der Arbeit
25
dersetzung mit den Besonderheiten des Ziel- und Erfolgsverständnisses in Familienunternehmen einen unerlässlichen Zwischenschritt dar. Insbesondere die Erkenntnis, dass ihr Wertesystem keiner ausschließlichen Tauschlogik unterliegt, sondern durchaus auch nicht ökonomische Beweggründe widerspiegelt, veranlasst zur Konzeptualisierung einer multidimensionalen Zielfunktion, in die neben wirtschaftlichen Determinanten auch Prioritäten familiären und sozialen Charakters einfließen. Die Implikationen dieser auf eine multiple Rationalität hindeutenden Zielauffassung für die Leistungs- und Überlebensfähigkeit von Familienunternehmen werden daraufhin an ausgewählten Themengebieten herausgearbeitet. Dazu zählen das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung bzw. zwischen familienzugehörigen und externen Anteilseignern, Personal- und Finanzierungsentscheidungen sowie Fragen der Nachfolgeregelung. Unter Zuhilfenahme verschiedenartiger theoretischer Ansätze aus dem betriebswirtschaftlichen und soziologischen Bereich wird dialektisch auf die positiven und negativen Auswirkungen eingegangen, welche aus dem annahmegemäß komplexen Zielbündel von Familienunternehmen hervorgehen. Der Gefahr, Familienunternehmen normativ auf einen Katalog nicht länger hinterfragter Eigenschaften zu reduzieren35, wird dadurch entschieden entgegengewirkt und die Unzulänglichkeiten mancher in der Literatur oft unkritisch reproduzierter Sichtweisen36 werden aufgedeckt. So wird zum Beispiel gezeigt, dass eine Agency-theoretische Analyse der Beziehungen zwischen Eigentümern und Familienmanagern sowie zwischen Familienteilhabern und externen Financiers nur unter Berücksichtigung altruistischer Komponenten im Umgang der Familienbeteiligten miteinander wie auch der Existenz privater Kontrollrenten nicht monetärer Natur sinnvoll erfolgen kann. Auch die gemeinhin unterstellten Leistungseinbußen als Folge der als nepotistisch gebrandmarkten Praxis, Familienkandidaten für die Übernahme leitender Funktionen zu bevorzugen, greifen nur einen Teilaspekt auf. Dagegen gilt es u. a. die positiven Implikationen abzuwägen, welche die Aufnahme von Familienmitgliedern in Führungspositionen für den Aufbau und die generationsübergreifende Weitergabe von sozialem Kapital beinhaltet. Aus der multiplen Rationalität der Handlungsdeterminanten familienbasierter Organisationsformen wird im Ergebnis auf die systematische Ambivalenz ihrer Attribute als auszeichnendes Merkmal der Eigenart von Familienunternehmen geschlossen. Mit der Möglichkeit, eine pauschale Aussage über den wertschöpfenden bzw. -verbrauchenden Charakter der ihnen immanenten Dynamik abzuleiten, setzt sich die Autorin daraufhin sowohl unter einem theoretischen als auch unter einem empirischen Standpunkt kritisch auseinander. Die Arbeit endet mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung und einem Ausblick (Kapitel 5).
35 36
Vgl. Habbershon / Pistrui / McGrann (2001), S. 48 – 49. Vgl. Fletcher (2001), S. 37.
2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion 2.1 Familienunternehmen: ein vernachlässigtes Forschungsfeld Familienunternehmen stellen ein strukturelles Element der Wirtschaftssysteme überall in der Welt dar. Ihre Fähigkeit, sich über die Zeit hinweg als lebenstüchtige Organisationsform ökonomischen Handelns durchzusetzen, hat ihnen den Charakter einer Invariante37 verliehen. Und doch gelten Familienunternehmen als Stiefkinder der Wirtschaftsforschung, die sie lange zu einem wissenschaftlichen Schattendasein verurteilt hat38. Nicht unumstritten konnte sich zwischen Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein an sie gewidmetes akademisches Feld profilieren, dessen Unabhängigkeit und Identität immer noch nicht widerstandsfrei anerkannt sind39. Ein nicht ausgereifter Kenntnisstand, brüchige Empirie und eine weitgehende Zersplitterung der geleisteten theoretischen Beiträge, für die ein einheitlicher Einordnungsrahmen nach wie vor vermisst wird, gelten als Ergebnis dieses umkämpften Entwicklungsprozesses40. Bereits die Autoren, die als erste ihre (zumeist kritische) Aufmerksamkeit auf Familienunternehmen lenkten, brachten ihr Staunen vor diesem Widerspruch zum Ausdruck: „The absence of theory is surprising in view of the very large number of such family organizations throughout the world“41. Die interdisziplinären Anforderungen eines entsprechend angelegten Forschungsgebietes42, die charakteristische Verschlossenheit von Familienunternehmen und die damit zusammenhängende Langwierigkeit und Unsicherheit jeder tiefer gehenden Untersuchungsbemühung in dieser Richtung43 werden als mögliche Gründe für die Vernachlässigung von Familienunternehmen seitens der ökonomischen Literatur angegeben. Obwohl die präsentierten Argumente die herausfordernde Natur des Studiums von Familienunternehmen ansprechen, sind sie als Erklärungsansätze für das genannte Paradox Vgl. Montemerlo (2000), S. 13. Vgl. u. a. Quermann (2004), S. 1 u. 7; Heck / Scannel Trent (1999), S. 209; Neubauer / Lank (1998), S. XV. 39 Vgl. Bird et al. (2002), S. 338. 40 Vgl. Smyrnios / Tanewski / Romano (1998), S. 49 – 50. 41 Barry (1975), S. 51. 42 Vgl. Lansberg / Perrow / Rogolsky (1988), S. 3. 43 Vgl. Litz (1997), S. 57 – 63. 37 38
2.1 Familienunternehmen: ein vernachlässigtes Forschungsfeld
27
kaum geeignet: Die Unterstellung, dass die erwähnten theoretischen und praktischen Schwierigkeiten eine (interessierte) wissenschaftliche Gemeinschaft über einen so langen Zeitraum aufhalten konnten, ist kaum vertretbar. Eine überzeugende Begründung für die jahrzehntelange Abwesenheit von Familienunternehmen in der wissenschaftlichen Debatte liefert die Theoretisierung des unaufhaltsamen Aufstiegs der großen öffentlichen Kapitalgesellschaft als organisatorischer Modus des Wirtschaftens44. Diese Prophezeiung, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Bestandteil des orthodoxen Wirtschaftsdenkens wurde, deutete unmittelbar auf das Erlöschen von familienbasierten Strukturen der Governance im Produktionsprozess hin. Der Anreiz, sich mit einer vom Aussterben bedrohten Art zu beschäftigen, blieb dementsprechend gering, so lange der uneingeschränkte Glaube an den Siegeszug des anonymen Großunternehmens nicht ins Schwanken kam. Akzeptiert man dieses Argument, dann greift die gewöhnliche Behauptung, nach der es auf dem Gebiet der Familienunternehmen keine Jahrzehnte an Literatur auszuwerten gäbe45, viel zu kurz. Der Entwicklung der Forschung ist durch die überblicksartige Darstellung der Beiträge aus dem neu geborenen Feld des so genannten „Family Business“ nur unzureichend Rechnung getragen. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Typus des Familienunternehmens fing nicht erst in den 1980er Jahren an, sondern ist implizit bereits in dem Moment vorhanden, in dem seine Funktionalität und Überlebensfähigkeit vor dem Aufkommen eines neuen Modells (der Kapitalgesellschaft mit gestreutem Eigentum) angezweifelt wurden. Dieser Überzeugung zufolge ist das vorliegende Kapitel bestrebt, die Stellung von Familienunternehmen in der Wirtschaftsliteratur bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts zurückzuverfolgen und so die Entstehung wie auch die Evolution der speziell auf sie zugeschnittenen Studienrichtung zu rekonstruieren. Dabei wird dokumentiert, wie aus dem übermütigen Vertrauen in die Überlegenheit und in das Durchsetzungsvermögen der Publikumsgesellschaftsform zunächst eine abwertende Erfassung von Familienunternehmen entstand, und wie eine Neubewertung ihrer Rolle mit dem progressiven Heranreifen eines kritischen Bewusstseins gegenüber dem Mythos technisch-bürokratischer Organisationsstrukturen eintrat. Die angesprochene Parallelentwicklung in der Literatur der letzten 70 Jahre soll an ausgewählten Beiträgen aufgezeigt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass der extreme Reichtum an potenziell relevanten Studien eine Selektion notwendig macht. Die ausgewählten Veröffentlichungen werden außerdem nur in ihren für die vorliegende Arbeit bedeutendsten Aspekten vorgestellt. 44 „[ . . . ] these companies [large, publicly traded corporations with dispersed investors; Anm. d. Verf.] [ . . . ] have occupied the center stage both in the theoretical debate and in the empirical analysis, greatly influencing what has and has not been studied“; Zingales (2000), S. 1628. 45 Vgl. Dyer / Sánchez (1998), S. 287.
28
2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Dem Ziel des historischen Rückblicks entsprechend wird das Kapitel nach einem chronologischen Kriterium gegliedert. Zunächst werden die zentralen Inhalte der so genannten „managerial“ Literatur skizziert und deren Auswirkungen auf das Studium von Familienunternehmen erläutert (Abschnitt 2.2). Den gemeinsamen Anhaltspunkt der dargelegten Arbeiten bildet die in den 1930er Jahren erschienene Veröffentlichung von Berle und Means. Mit ihrer Besprechung beginnen daher die Ausführungen. Im sich anschließenden Abschnitt 2.3 werden die 1970er Jahre als (ungefähre) Demarkationslinie für das Ende der Monopolstellung der anonymen Kapitalgesellschaft in der wissenschaftlichen Debatte angegeben. Parallel dazu ist ein vorsichtiges Erwachen der Aufmerksamkeit für Familienunternehmen zu verzeichnen. Beide Tendenzen, wie unter Abschnitt 2.4 erörtert, finden im nachkommenden Jahrzehnt Bestätigung. Die Hegemonie des so weit gefeierten Unternehmenmodells, das die weitgehende Passivität kleiner, gestreuter Anteilseigner unterstellte, wurde sodann aus empirischer wie auch theoretischer Sicht bestritten. Zu einer Wiederentdeckung der positiven Rolle familienbasierter Organisationsstrukturen in modernen Wirtschaftssystemen verhalfen zugleich transaktionskostentheoretische Ansätze. Ein wachsendes Selbstbewusstsein von Seiten der Familienunternehmen-affinen Forschung vervollständigte diese Entwicklung. In den 1990er Jahren (Abschnitt 2.5), mit denen der historische Rückblick seinem Ende zugeht, kann der Prozess der Emanzipierung von Familienunternehmen als Objekt wirtschaftswissenschaftlichen Interesses als vollzogen betrachtet werden. Abschnitt 2.6 beschließt das Kapitel mit einem Zwischenfazit.
2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren 2.2.1 Das Erbe von Berle und Means Mit der Veröffentlichung ihres bahnbrechenden Werkes „The modern corporation and private property“ setzten Berle und Means 1932 einen Meilenstein auf dem Gebiet der Studien über die institutionelle Führungsstruktur von Unternehmungen. Die für die moderne Kapitalgesellschaft als konstitutiv angesehene Trennung der Funktionen des Eigentums einerseits und der Steuerung bzw. Überwachung andererseits deuteten die beiden Autoren als Ausdruck einer nicht umkehrbaren Tendenz der wirtschaftlichen Entwicklung. Die These entnahm ihre Legitimation aus einer umfassenden und ihrer Zeit weit vorausgehenden empirischen Analyse. Die herausgearbeiteten Daten dokumentierten den rasch wachsenden Beitrag großer Kapitalgesellschaften zur Wohlstandsproduktion46 und die in ihnen schwächer werdende Machtposition der Anteilseigner. Festgehalten wurde, dass Anfang 1930 in 44 % der 200 größten US-amerikanischen Kapitalgesellschaften (Finanzsektor ausgeschlossen) die Verfügungsgewalt über das Unternehmen 46
Vgl. Berle / Means (1999), S. 20 – 41.
2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren
29
von Managern ohne nennenswerte Eigentumsansprüche ausgeübt wurde47. Die technologischen Änderungen, die seit dem Quantensprung der industriellen Revolution aufeinander gefolgt waren, würden – so die Erklärung – eine wachsende optimale Unternehmensgröße bedingen und auf die künftige Dominanz größerer Produktionseinheiten schließen lassen48. Dieser Entwicklung geradezu inhärent wäre die progressive Streuung des Eigentums49: Individuen, Familien und Führungskräfte könnten den Finanzierungsanforderungen der „quasi public company“ nicht gerecht werden. Aus der Zersplitterung der Kapitalzufuhr würde de facto die Entmachtung der Anteilseigner folgen, die nur noch als Träger von finanziellen Ansprüchen in Erscheinung träten, und die Verlagerung der Verfügungsmacht in die Hände des Managements. In vielerlei Hinsicht wiesen die Ergebnisse der Untersuchung von Berle und Means revolutionären Charakter auf. Die anonymen Marktakteure der Konkurrenzwelt von Adam Smith und seinen Schülern ersetzten sie durch Unternehmen, die als Oligopolisten auftraten und deren Preispolitik dementsprechend weitgehend frei von den Zwängen der unsichtbaren Hand des Marktes war. Die Analyse von Marktmachtverhältnissen sollte dadurch einen zentralen Stellenwert gewinnen. Einen Systemwechsel bewirkte die angezweifelte Zentralität des Faktors Kapital. Die von Marx verfochtene Ansicht, nach der Autorität, im Unternehmen sowie in der Gesellschaft allgemein, mit Kapitalbesitz einher ging50, wurde von Grund auf zurückgewiesen. Die Frage nach den Bestimmungsfaktoren der Unternehmensgrenzen lenkte schließlich die Aufmerksamkeit auf die Organisationsstrukturen und drängte zu einem Überdenken der dem Handeln des „homo economicus“ unterstellten Rationalitätshypothese51. Die neue Systemordnung forderte die Grundannahmen des klassischen ökonomischen Denkens heraus und führte der Wirtschaftsforschung die einzuschlagende Richtung unmissverständlich vor Augen. Wie einer der Autoren 50 Jahre nach Erscheinen der Studie erklärte, „the central aim of our book was not to give answers to the basic issues we raised but to present a realistic framework to replace 47 Vgl. Berle / Means (1999), S. 84 – 111. Managementkontrolle wird immer dann vermutet, wenn kein Anteilseigner eine Beteiligung von 20% oder mehr am Kapital des Unternehmens erreicht; ebenda, S. 108. 48 Vgl. Berle / Means (1999), S. 42. 49 Vgl. Berle / Means (1999), S. 47 – 65. 50 Die Produktion ist beherrscht von denjenigen, die mit Kapital versehen sind, von einer „beständig abnehmenden Zahl“ an „Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses [vom selbsterarbeiteten ins kapitalistische Privateigentum; Anm. d. Verf.] usurpieren und monopolisieren“; Marx (1985), S. 790. 51 Ein möglicher Grund für die Existenz von Grenzen für das Unternehmenswachstum wurde von Berle und Means auf die menschliche Unfähigkeit zurückgeführt, große Einheiten zu verwalten; vgl. Berle / Means (1999), S. 18. In diesem Argument ist die Intuition vorhanden, die Simon (1957), S. 198, mit dem Begriff der „beschränkten Rationalität“ zur Reife bringen wird.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
the picture of economic life so skillfully presented by Adam Smith in 1776“52. Privatunternehmen und Unternehmen mit konzentrierter Eigentumsstruktur stellten in dem von Berle und Means gezeichneten Szenario ein überholtes Analyseinstrument dar: An ihrer Stelle sollte die Aufmerksamkeit nunmehr der großen anonymen Kapitalgesellschaft unter professioneller Führung gelten53. Familienunternehmen, als eine zum Außenseitertum verurteilte Vergangenheitserscheinung, wurden daher indirekt als unwürdiges Objekt wissenschaftlichen Interesses gebrandmarkt. Das Echo dieser Botschaft war tief und anhaltend54. Nicht nur machte der Begriff der „managerial revolution“ (wie die Machtumverteilung zugunsten einer Unternehmensführung mit keinen oder nur geringfügigen Stimmrechtsanteilen bezeichnet wurde) seinen Eintritt in den wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch55; vielmehr wurde das monumentale Werk von Berle und Means zur Grundlage mannigfaltiger Forschungsarbeiten, welche die Gestalt großer Kapitalgesellschaften im Streubesitz zum maßgebenden Referenzobjekt der Theoriebildung machten. Selbst Penrose, die kritisch Stellung zu den Prognosen von Berle und Means bezog, hielt an dem von ihnen beschriebenen Phänomen der Entkopplung von Eigentum und Verfügungsgewalt prinzipiell fest. In ihrer Analyse des industriellen Konzentrationsprozesses lehnte sie jedoch die These eines im Zeitablauf steigenden Marktanteils der Großunternehmen als unbegründet ab: „the fears commonly expressed twenty or thirty years ago that concentration would continue to increase at a rapid rate were unfounded“56. Zum einen stoße diese Projektion auf eine empirische Evidenz, die keinerlei Anhaltspunkte für eine Erhöhung der Marktkonzentration über die Jahrzehnte hinweg bieten würde57. Zum anderen abstrahiere die in den 1930er Jahren formulierte Vorhersage von den Zwängen, die der Unternehmenswachstumsrate aus der beschränkten Kompetenz des führenden Personals entstehen58. Vor dem Hintergrund einer expandierenden Volkswirtschaft beuge das limitierte Wachstumspotenzial des einzelnen Unternehmens der Gefahr vor, dass die Erweiterung des Einflussbereiches einer sinkenden Anzahl an Marktakteuren ungebremst voranschreitet. Aus der Unfähigkeit etablierter Unternehmen, mit dem Marktwachstum mitzuhalten, ergeben sich Zwischenräume („interstices“). Diese Means (1983), S. 467. Vgl. Berle / Means (1999), S. 45 u. 306. 54 Dazu siehe u. a. La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999), S. 471. Für eine Beschreibung der Reaktionen auf die Veröffentlichung des Werkes von Berle und Means vgl. Stigler / Friedland (1983), S. 237 – 246, sowie Hessen (1983), S. 273 – 281. 55 Vgl. Burch (1972), S. 2. 56 Penrose (1966), S. 251. Der Bezug auf Berle und Means wird in der Referenz explizit gemacht. 57 Vgl. Penrose (1966), S. 249. 58 Vgl. Penrose (1966), S. 263; für eine vertiefende Diskussion siehe ebenda, S. 43 – 56. 52 53
2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren
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Marktspalten würden kleineren Unternehmen, ihren komparativen Nachteilen zum Trotz, Entfaltungsmöglichkeiten sichern59. Obwohl die Existenzberechtigung kleiner Produktionssubjekte von Penrose nicht angezweifelt wurde, blieben ihr Überleben sowie ihre Entwicklungschancen negativ bestimmt durch das von den Großen unausgeschöpfte Potenzial. Per Definition ausgeschlossen aus der Gruppe der führenden Gesellschaften, in denen die Ausübung der Steuerungsfunktion annahmegemäß entkoppelt von den Eigentumsrechten erfolgt60, büßen Familienunternehmen in der Vision der Autorin ihre konservative und weniger agressive Geschäftspolitik mit dem zusätzlichen Ausscheiden aus der Kategorie der Aufstiegskandidaten ein61. Vom Ende des Binoms Familie-Unternehmen sprach explizit Bell62. Die Fachkompetenz der Führungspersönlichkeiten sah er im Zeitalter der großen Kapitalgesellschaft als ausschlaggebende kritische Ressource an. Diese sei entsprechend dazu prädestiniert, sich gegenüber der Familienräson durchzusetzen. Die Substitution des Eigentums durch die Beherrschung professioneller Techniken als Machtquelle würde den Untergang der Ära des Familienkapitalismus und das Entstehen des Systems der Managementkontrolle besiegeln. Der in Bells Worten nur angedeutete Mythos der zentralen Bedeutung technischen Fachwissens fand in Chandler einen wegweisenden Anhänger. In seinem klassischen „Strategy and structure“ begründete der Historiker die zunehmende Autonomie der (Führungs-)„Technokratie“ vom Finanzierungskapital als Pendant zur Entwicklung der modernen diversifizierten Kapitalgesellschaft. Unter Zuhilfenahme berühmter Fallstudien (Du Pont de Nemours & Co.; General Motors Corporation; Standard Oil Company; Stars, Roebuck and Company) beleuchtete er rückblickend die Evolutionstendenzen der großen nordamerikanischen Industrieunternehmen. Das Augenmerk richtete Chandler insbesondere auf die Beziehung zwischen Veränderungen in der Organisationsstruktur und betrieblicher Expansionspolitik63. Die gewonnenen Erkenntnisse setzte er schwerpunktmäßig zur Untersuchung der Entstehung (in der Periode zwischen den zwei Weltkriegen) und Verbreitung (ab den 1940er Jahren) der „dezentralen“ bzw. „multidivisionalen“ Organisationsform. Als Auslöser für diese folgenschwere Innovation galten in Chandlers Analyse der technologische Fortschritt und die Ausdehnung der Käufermärkte infolge demografischer Entwicklung und Wohlstandserhöhung64. Beide Phänomene würden für Großunternehmen die Prämisse schaffen, Wachstumschancen durch die Aufnahme 59 60 61 62 63 64
Vgl. Penrose (1966), S. 220 – 225. Vgl. Penrose (1966), S. 27. Vgl. Penrose (1966), S. 34. Vgl. Bell (1961), S. 39 – 45. Vgl. Chandler (1966), S. 3. Vgl. Chandler (1966), S. 18 u. 59.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
weiterer Produktlinien und die Erschließung neuer Märkte auszuschöpfen. Die Adoption der Diversifikationsstrategie zwingt ihrerseits aus Effizienzgründen zu einer entsprechenden Anpassung der formalen Organisationsstruktur: Das multidivisionale Modell stellt die Antwort auf diese Anforderung dar65. Widerstand gegen die Einführung der neuen Struktur sei vor allem in Unternehmen zu verzeichnen, die trotz ihrer Größe weiterhin ihren familiären Charakter bewahrt haben. Das würden u. a. die Erfahrungen von General Electric, Dow Chemicals und Firestone zeigen66. Die unternehmerische Beteiligung einer Familienkoalition ist daher nach Chandler grundsätzlich als Bremse zu betrachten. Aufgrund ihrer beschränkten Fähigkeit, menschliche und finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sei die aufwändige Diversifikationsstrategie für sie schwer zugänglich. Der Preis des Familieneinflusses auf das Unternehmen lasse sich daher an dessen Ausscheiden aus der Gruppe der führenden Marktakteure messen. Was Williamson später als beachtlichen Beitrag auf dem Gebiet der Organisationstheorie preisen wird67, sah Chandler selbst bescheidener als Versuch an, institutionelle Geschichte zu schreiben68. Die ausgereifte Fortentwicklung dieses frühen Werkes erschien fünfzehn Jahre später mit dem suggestiven Titel „The visible hand“. Der Fallstudien-Ansatz wurde hier durch einen systematischen historischen Rückblick über den Werdegang der modernen Kapitalgesellschaft ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ersetzt. Die imposante Dokumentationsarbeit sollte der Untermauerung von Thesen dienen, welche der Autor bereits 1962 aufgeworfen hatte, die nun allerdings deutlicher in ihren Implikationen aufgearbeitet wurden. Dies traf in erster Linie auf die Rolle des Managements zu. In der MultieinheitUnternehmung würden professionelle Führungskräfte die „sichtbare Hand“ darstellen, welche die Koordinations- und Allokationsfunktionen vom Markt übernommen habe69. Die Internalisierung von Tätigkeiten früher aufgeteilt unter kleinen, eigentümergeführten Unternehmen entspringe nicht dem Streben nach Monopolmacht, wie von manchen Beobachtern behauptet. Vielmehr sei ihre Begründung in dem Effizienzgewinn zu sehen, den die Integration erst ermögliche70. Voraussetzung zur Ausschöpfung dieser Vorteile sei die Schaffung einer Hierarchie von Managern, deren Auswahl und Belohnung sich nach Kriterien wie technischer Qualifizierung und Performance richtet, anstatt die Logik der Familienzugehörigkeit oder „das Privileg von Vermögensbesitz“71 widerzuspiegeln72. Die Vgl. Chandler (1966), S. 16 – 19 u. 50 – 54. Vgl. Chandler (1966), S. 472 – 473 sowie Kapitel 7 für die Analyse der Fallstudien. 67 Vgl. Williamson (1990), S. 12 – 13 u. 244 – 245. 68 So Chandler (1966), S. 4. 69 Vgl. Chandler (1995), S. 6. 70 Vgl. Chandler (1995), S. 4 – 8 u. 286. Die Nähe zum Gedankengut von Williamson ist nicht zu übersehen. 71 Der Ausdruck stammt von Schumpeter (1993), S. 140. 72 Vgl. Chandler (1995), S. 4 – 10. 65 66
2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren
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Kontinuität der Organisation werde durch die selbstfortschreibende Bürokratie gewährleistet73. Die klassische Figur des Einzelunternehmers gehört für Chandler offensichtlich der Vergangenheit an. Die Unternehmertypen des „Gründers“ und des „Industriekapitäns“, die im Sinne von Schumpeter74 mit dem Familienkapitalismus noch (gut) vereinbar waren, wurden in seiner Analyse durch Technokraten ersetzt: Nicht mehr die Innovationsfähigkeit, sondern die Verantwortung für administrative Koordinations- und Allokationsaufgaben definierten demnach das Wesen der unternehmerischen Funktion. Der anachronistische Charakter des traditionellen Unternehmerbildes kommt auch in den Worten von Marris als Leitmotiv hervor. Mit einer Interpretation, die den Einfluss der Lehre Knights zu verraten vermag75, sah der Autor die konstitutive Eigenschaft des Unternehmers in der Übernahme des Risikos, und zwar des finanziellen 76. Die voranschreitende Streuung der Eigentumsrechte im Zuge des Systemwechsels, welches der Erfolg der Publikumsgesellschaftsform herbeigeführt habe, entziehe ihm grundsätzlich seine „raison d’être“. Das auf die Schilderung von Berle und Means zurückgehende Szenario wachsender Marktkonzentration und paralleler „Euthanasie der Macht der Anteilseigner“77 bildete den nicht weiter hinterfragten Ausgangspunkt dieser Argumentation. Wo allerdings Berle und Means in ihren Ausführungen eher auf den Finanzierungsaspekt eingegangen waren, legte Marris den Akzent primär auf die Größenbeschränkungen, welche Delegations- und Koordinationsschwierigkeiten im Kontext des traditionellen (Familien-)Kapitalismus herbeiführen würden. Dieses Limit konnte dank eines radikalen Umstrukturierungsprozesses erst dann beseitigt werden, als die autokratische Figur des Gründers durch ein spezialisiertes Team von Managern ersetzt wurde78. Das sie qualifizierende Organisationstalent verleihe ihnen eine weitgehende Entscheidungsautonomie 79. Aus der Trennung der Dimensionen Organisation und Finanzierung (wirtschaftlich-institutioneller Kern der neuen Ordnung nach Marris) entspringe eine neue Legitimierung der Macht. Diese gehe nicht länger mit persönlichem Wohlstand einher, sondern sei einzig und allein auf die innehabende Position in der hierarchisch-bürokratischen Struktur des Unternehmens zurückzuführen80. Tatsächlich berge solche Entwicklung auch eine Gefahr für die Interessenharmonie zwischen Investoren und Entscheidungsträgern, umso mehr, da ein Urteil über das Handeln des Managements von außen nur äußerst schwierig gefällt wer73 74 75 76 77 78 79 80
Vgl. Chandler (1995), S. 8 u. 372. Vgl. Schumpeter (1993), S. 110 – 139. Vgl. Knight (1964), S. 268 – 270 u. 282 – 283. Vgl. Marris (1964), S. 1 – 6. Der Ausdruck – englisch im Original – stammt von Galbraith (1968), S. 394. Vgl. Marris (1964), S. 7 – 11 u. 33. Vgl. Marris (1964), S. 14 u. 46. Vgl. Marris (1964), S. 63.
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den kann81. Berle und Means82 hatten davor gewarnt, dass sich der Eigennutz der Führungskräfte in dieser Konstellation über die Interessen der Residualanspruchsberechtigten hinweg eventuell durchgesetzt hätte. Marris lehnte diese pessimistische Schlussfolgerung ab, indem er sich von der streng utilitaristischen Sichtweise der konventionellen Wirtschaftsanalyse distanzierte. Auf der Suche nach einem besseren Verständnis der Motivationskräfte hinter den unternehmerischen Entscheidungen zog der Autor, neben ökonomischen Ansätzen, Erkenntnisse aus der Psychologie und der Soziologie zu Rate. Diese Forschungsbemühungen mündeten in die so genannte „bureconic (da „bureaucratic“ und „economic“ zugleich) theory“. Danach ist die Nutzenfunktion der Manager durch zwei Dimensionen bestimmt: die Wachstumsrate des Unternehmens und das eigene Sicherheitsbedürfnis83. Die Technokraten der modernen Kapitalgesellschaft würden sich zwar nicht zum Ziel der Gewinnmaximierung bekennen bzw. die Wohlfahrt der Anteilseigner primär im Auge haben; genauso wenig würden sie aber drohen, zu eigennützigen Plünderern im Sinne von Berle und Means zu werden. Ihr Ziel sei es vielmehr, eine kontinuierliche Expansion des Unternehmens unter Abwendung von Marktsanktionen in Form von Übernahmegefahren zu erlangen. Der bis dato mit Produktionsfunktions- und Organisationseffizienzargumenten begründete Siegeszug riesiger, unpersönlicher Marktakteure wurde nun verhaltenstheoretisch untermauert. Eine in vielerlei Hinsicht ähnliche Auffassung vertrat Galbraith. Das Zielsystem der Unternehmensbürokratie strukturiert sich in seinen Augen um das Streben nach Wachstum, das unter Einhaltung der Nebenbedingung befriedigender Gewinnrückflüsse verfolgt werde84. Die Argumentation unterscheidet sich insofern von der nach Marris, als das monetäre Element stärker in den Hintergrund rückt und die Wechselwirkungen zwischen individuellen und gesellschaftlichen Zielsetzungen näher thematisiert werden85. Gerade durch die Aufstellung solch umfassender Zusammenhänge wollte Galbraith seinem erklärten Vorhaben treu bleiben, das moderne Wirtschaftsleben in Form des „Industrial System“ als Ganzes zu erfassen86. Die Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht als dessen definitorisches Merkmal betrachtete er als Teil einer „Matrix“ von Veränderungen, die durch die systematische Anwendung wissenschaftlicher oder anderer organisierter Kenntnisse für praktische Zwecke87 herbeigeführt worden sind. Aus dem Einsatz fortschrittlicher Technologie im Produktionsbereich folge ein erhöhter Bedarf an spezialisiertem Kapital und nicht substituierbaren Arbeitskräften, der das Unternehmen vor neue Risiken und organisatorische Herausforderungen stelle88. 81 82 83 84 85 86 87
Vgl. Marris (1964), S. 3 u. 15. Vgl. Berle / Means (1999), S. 311 – 312. Vgl. Marris (1964), S. 46 – 109. Vgl. Galbraith (1968), S. 174. Vgl. Galbraith (1968), Kapitel X bis XV. Vgl. Galbraith (1968), S. 6 u. 10. So lautet die Definition von Technologie nach Galbraith (1968), S. 12.
2.2 Die Entwicklung ab den 1930er Jahren
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Die große Mehrprodukt-Kapitalgesellschaft („polyglot corporation“89) sei in Anbetracht dieser Prämissen als Weg zu interpretieren, den Marktmechanismus zu ersetzen und die ihm innewohnende Unsicherheit zu verringern. Dazu dienen die Diversifikationsstrategie und die synergetische Erlangung einer marktbeherrschenden Position, durch die das Unternehmen in die Lage versetzt wird, Preise aktiv zu beeinflussen, Nachfragebedürfnisse zu steuern und die Abhängigkeit von externen Finanzierungsquellen erheblich zu reduzieren. Die Koordinations- und Planungsverantwortung, der in diesem Kontext eine Schlüsselrolle zukommt, übernimmt die organisierte „Intelligence“. Es eröffne sich die Ära des „Kapitalismus ohne Kontrolle durch die Kapitalisten“90. Wenn die „managerial“ Literatur diese Gleichgewichtsverschiebung bisher im Sinne einer Machtkonzentration in die Hände des (hohen) Managements interpretiert hatte, argumentierte Galbraith für eine endgültige Machtauflösung in die Struktur des Unternehmens. Die „Mystik des Marktes“91, gegen die er antrat, wurde durch den Fetisch Organisation ersetzt, in der keine Individuen mehr bestehen, sondern eine gesichtslose Technokratie nach der Logik der Gruppenentscheidung regiert. Die Figur des heroischen Unternehmers sei nichts weiter als eine romantische Nostalgie: Sie gehöre zu jener statischen, „small man“ Wirtschaft, die zunehmend in die Bedeutungslosigkeit abgleite: „No exercise of intelligence is to be deplored. But to understand the rest of the economy [the world of small and traditional proprietors; Anm. d. Verf.] is to understand only that part which is diminishing in relative extent and which is more nearly static“92. Sie zu verstehen, so der plakative Schluss von Galbraith, bedeute „sehr wenig zu verstehen“: Bemühungen in dieser Richtung würden lediglich einem Randgebiet der wissenschaftlichen Forschung gelten.
2.2.2 Familienunternehmen: das begründete Desinteresse Der Mythos der anonymen Publikumsgesellschaft und die Prophezeiung deren künftiger Hegemonie prägten das Wirtschaftsdenken anhaltend. Der Abstand vom idealen Modell der Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht setzte den Maßstab, anhand dessen Unternehmensprobleme beurteilt wurden93. Familienunternehmen stellten in dieser Perspektive nichts weiter als eine Zwischenstufe zu entwickelteren Organisationsstrukturen dar94. Kraft ihres Übergangscharakters wären sie geradezu prädestiniert, im Zuge des dimensionalen Wachstums des Unterneh88 Vgl. Galbraith (1968), S. 12 – 17 für einen Überblick, S. 35 – 45 u. 233 – 246 für eine Vertiefung. 89 Vgl. Galbraith (1968), S. 27. 90 Galbraith (1968), S. 98. 91 Galbraith (1968), S. 124. 92 Vgl. hier und unten Galbraith (1968), S. 9, sowie vertiefend S. 32 – 34 u. 57 – 59. 93 Vgl. Boldizzoni (1988), S. 113. 94 Vgl. Colli (2003), S. 22.
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mens und der sich damit erhöhenden Komplexität der produktiv-wirtschaftlichen Kombinationen überholt zu werden95. Selbst die von Berle und Means in Betracht gezogenen Instrumente zur Beibehaltung der Kontrolle in den Händen der (Minderheits-)Anteilseigner (mehrstufige, vertikal geschichtete Beteiligungsstrukturen; stimmrechtslose Aktien; Mehrstimmrechtsaktien; Stimmbindungsabkommen96) wurden unterschätzt und ihr Potenzial für die Kontinuität des Familienkapitalismus nicht gewürdigt97. Der Glaube an die mangelnde Zukunftsträchtigkeit des Modells Familienunternehmen spiegelte sich im Desinteresse wider, welches ihm die wirtschaftliche Literatur bis Ende der 1960er Jahre zuteil werden ließ. Selbst danach sollte allerdings mehr als ein Jahrzehnt vergehen, ehe das grundsätzliche Vorurteil gegenüber Familienunternehmen überwunden und ihnen zunehmend spezifische Aufmerksamkeit in theoretischen Fachbeiträgen gewidmet wurde. Bis dahin blieben sie in die Grenzen einer soziologischen98 und historischen99 Kategorie gezwungen. Zur Vernachlässigung familienbasierter Organisationsformen seitens der ökonomischen Forschung trug gleichzeitig auch das Eintreten eines zweiten Phänomens bei: die zunehmende Formalisierung der Wirtschaftswissenschaften ab Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Diese Tendenz entsprach zwar einem Streben, das bereits auf die Zeiten von Jevons und Walras (zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts) zurückging, erreichte aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt100. Der 1954 von Arrow und Debreu veröffentlichte Beweis der Existenz eines generellen Wettbewerbsgleichgewichts wird insbesondere als Schlüsselereignis in diesem Prozess angesehen. Im genannten Artikel101 vollzog sich paradigmatisch der Übergang zu einem neuen Verständnis des Begriffs Formalismus: Als „rigoros“ im ökonomischen Sinn wurde von nun an nicht länger das bezeichnet, was empirisch begründet war, sondern das, was unter einem mathematisch-methodologischen Standpunkt innere Konsistenz zwischen unterstellten Prämissen und daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen aufwies102. Die Axiomatik-Welle, die bis zu den späten 1980er Jahren eine herrschende Position (sogar eine virtuelle Monopolstellung103) für sich beanspruchte und erst danach in die Kritik geriet104, wurde hiermit ausgelöst105. Vgl. Corbetta (1995a), S. 9. Vgl. Berle / Means (1999), S. 69 – 75. 97 Vgl. Boldizzoni (1988), S. 113. 98 Vgl. Bird et al. (2002), S. 338. 99 Wobei die Einstellung der Historiker nicht weniger skeptisch gegenüber Familienunternehmen war; siehe dazu Jones / Rose (1993), S. 2 – 3. 100 Vgl. u. a. Silva (2000), S. 327; Agiomirgianakis / Mavrommatis (1998), S. 1566; Morishima (1984), S. 54 – 56. 101 Vgl. Arrow / Debreu (1954). 102 Vgl. zu dieser Entwicklung Weintraub (2002), Kapitel 2 und 6. 103 Vgl. Silva (2000), S. 327. 104 Mehr dazu auch in Hudson (2000); Krugman (1998); Chick (1998). 95 96
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen
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Der Trend hin zur stärkeren Anwendung formal-mathematischer Methoden und die folgende Diskriminierung bzw. Marginalisierung alternativer Forschungsansätze106 liefern eine ergänzende Erklärung für die verzögerte Entwicklung eines systematischen wissenschaftlichen Interesses für das Modell Familienunternehmen. Zum einen bieten Familienunternehmen als Untersuchungsobjekt verhältnismäßig wenig Anknüpfungspunkte für formale Betrachtungen, was bei einem noch primitiven Forschungsstand umso zutreffender ist. Zum anderen zwingt die Suche nach axiomatischen Wahrheiten zur progressiven Abstraktion vom historischen, politischen und institutionellen Umfeld, dessen Dynamik und Zusammenhänge sich einer Mathematisierung meist entziehen107. Es schwindet nicht nur die Anregung, sich als Ökonom Inhalten sozialer und politischer Natur zu widmen108, sondern die Fokussierung auf immer enger definierte, technische Spezialgebiete steht auch dem Streben nach dem Entwurf multidisziplinärer Ansätze entgegen. Das Studium von Familienunternehmen befindet sich aber unweigerlich an der Schnittstelle verschiedenartiger Fachgebiete, u. a. der Psychologie, Anthropologie, Soziologie sowie der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Ohne Berücksichtigung soziologischer, politischer und institutioneller Einflüsse besteht keine Aussicht darauf, ein umfassendes Verständnis für ihre Eigenart zu entwickeln.
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen 2.3.1 Erste Kritik an der „managerial“ Literatur oder die Götterdämmerung Das Vertrauen in die tradierten Inhalte der inzwischen populären Theorie der Separierung von Eigentums- und Verfügungsrechten geriet ab den 1970er Jahren zunehmend in den Blickpunkt der Kritik. Die „managerial“ Literatur erfuhr weiterhin wichtige Beiträge und spannte den Hintergrund zahlreicher ökonomischer Forschung auf. Es mehrten sich jedoch Stimmen, die ihre empirischen Grundlagen in Frage stellten bzw. ihren konzeptionellen Aufbau anzweifelten. Das von Galbraith noch so prägnant charakterisierte Industrie- und Unternehmensbild erhielt zwar Zuspruch, stieß aber auch auf wachsende Skepsis. Erste Anzeichen für das langsame Heranreifen eines kritischen Bewusstseins gegenüber der in der Literatur seit Berle und Means propagierten Stilisierung der unternehmerischen Machtverhältnisse sind einer Studie von Fitch und Oppen105 Zu den Unterschieden zwischen den Begriffen Formalismus, Axiomatik, Mathematisierung und methodologischer Formalisierung siehe Backhouse (1998), S. 1848. 106 Vgl. Silva (2000), S. 327. 107 Vgl. Hudson (2002), S. 296; Morishima (1984), S. 59. 108 Vgl. Hudson (2002), S. 293 – 296.
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heimer109 zu entnehmen. Den Anhängern der Thesen der „managerial“ Revolution warfen sie eine oberflächliche Lektüre des Wortlautes von Berle und Means vor. Wenn diese von der Macht des Managements und ihrer wachsenden Bedeutung sprachen, hätten sie sich nicht auf die angestellten Führungskräfte des Unternehmens („executives“) bezogen, wie von den kritisierten Autoren angenommen. Gemeint wären damit vielmehr die Mitglieder des Direktoriums („board of directors“) gewesen110. In ihren Händen liege die tatsächliche Entscheidungsgewalt, nicht in denen einer gespenstischen Technokratie, deren Rolle bislang irrtümlich überbewertet worden wäre. Aus der Zusammensetzung des höchsten Verwaltungsgremiums würden die Machtverhältnisse hervorgehen, die im Unternehmen ihren Schauplatz haben. Die stärker werdende Vertretung von Finanzinstitutionen in den Lenkungs- und Aufsichtsorganen von US-amerikanischen Industrieunternehmen sei daher als Beleg für deren wachsenden strategischen Einfluss zu interpretieren. Die sich in der Boardzusammensetzung abzeichnende Gleichgewichtsverschiebung zugunsten von Bankabgesandten machten Fitch und Oppenheimer daraufhin zum Ausgangspunkt einer umfassenden Diskussion über die komplexe Beziehung zwischen Finanz- und Industriekapital. Bezug nehmend auf die Ergebnisse des „Patman Report“111 und auf eine reiche Kasuistik argumentierten die Autoren, dass das den Finanzinstitutionen erwachsende Machtpotenzial nur im Licht eines schwer aufzudeckenden Zusammenspiels verschiedener Hebel eingeschätzt werden kann. Dazu würden insbesondere Beteiligungen in Nicht-Finanzunternehmen, die bereits genannte Möglichkeit zur Entsendung von Bankangehörigen in deren Direktorien, die wachsende Abhängigkeit der großen Industrieunternehmen von externen Finanzierungsquellen in Form von Fremdkapital und das eher kollusive als konkurrierende Verhalten der Finanzinstitutionen zählen. Die dadurch eng werdende Verflechtung von Industrie- und Finanzinteressen entspreche im Ergebnis einer Geographie der Macht, die anhand der traditionellen Kategorien des „managerial“ Kapitalismus nicht gedeutet werden könne. Vorsichtiger ist die Herangehensweise von Zeitlin112, der vor möglichen Schwächen des herrschenden Glaubens an die Unabhängigkeit des Managements von Vgl. Fitch / Oppenheimer (1970). Tatsächlich verbleibt eine gewisse Zweideutigkeit. Die Begriffe „management“ und „control“ werden von Berle und Means teilweise nicht einheitlich benutzt, wie aus folgenden Passagen beispielhaft zu entnehmen ist: „Control lies in the hands of the individual or group who have the actual power to select the board of directors (or its majority)“; Berle / Means (1999), S. 66. „Managers consist of the board of directors and the senior officers of the corporation“; ebenda, S. 196. „As corporations gradually increase in size and as stock distribution increases [ . . . ] ,control‘ is virtually in the hands of a self-perpetuating board of directors“; ebenda, S. 218. Die von Fitch und Oppenheimer vorgeschlagene Interpretation scheint jedenfalls auf einer solideren Basis als die alternative zu fußen. 111 Der „Report on Commercial Banks and Their Trust Activities“ („Patman Report“), veröffentlicht 1968 im Auftrag des „Wright Patman’s House Subcommittee on Banking Currency“, hatte Daten über das Beteiligungsportfolio von Geschäftsbanken offen gelegt. 112 Vgl. Zeitlin (1974). 109 110
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Anweisungen des Eigentums in der modernen Kapitalgesellschaft warnte, ohne jedoch konkret mit einem alternativen Ansatz zu kontern. Empirisch, betont er, fuße die Theorie der unternehmensinternen Verselbstständigung der Verfügungsgewalt auf zweifelhafter Basis. Seit Berle und Means hätten die Untersuchungen zur Prüfung der Beständigkeit der von ihnen aufgestellten Thesen widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Grundsätzliche Probleme bei der Erfassung und Dokumentation der kritischen Dimension Kontrolle (aufgrund mangelnder Information und schwierig zu entschlüsselnder Kontrollmechanismen wie z. B. pyramidale Konzernstrukturen) würden zudem ihre Aussagekraft prinzipiell einschränken. Die Frage nach den Machtkonfigurationen in größeren Unternehmen sei daher als offen zu betrachten. Die Emphase der „managerial“ Literatur auf den Aspekt der Bürokratisierung lege die Vermutung nahe, dass der Formalisierungsgrad der Organisation an sich oftmals unzulässigerweise als Zeichen eines vermeintlichen Machttransfers von externen zu internen Unternehmensinstanzen gedeutet worden sei. Eingehendere Erkentnisse über die Drahtzieher des Industriesystems könnten erst dann erlangt werden, suggeriert Zeitlin, wenn als Untersuchungseinheit nicht länger das einzelne Unternehmen zugrunde gelegt wird, sondern die Einflusssphäre einer bestimmten Interessengruppe113. Familien und Finanzinstitutionen würden sich als Zentren für das aufzuspannende Netz wechselseitiger Beziehungen geradezu ideal anbieten. In grundsätzlichem Konflikt zu den Erwartungen der Theoretiker der Ermessensfreiheit des Managements steht weiter die von Nyman und Silberston114 gewonnene Evidenz bezüglich der Eigentumsstruktur der größten 250 britischen Unternehmen im Jahr 1975. Das unterschiedliche Design der Untersuchungen macht einen unmittelbaren Vergleich mit den Ergebnissen von Berle und Means wenig sinnvoll (die Existenz von Kontrollpotenzial wurde in der späteren Studie bereits bei einem Eigenkapitalanteil von 5 % unterstellt, wobei diese Schwelle bei bestehenden familiären Verbindungen auf höchster Unternehmensebene sogar unterschritten werden durfte). Die Präsenz identifizierbarer Eigentumsinteressen in mehr als der Hälfte der analysierten Fälle (fast zwei Drittel davon auf die gebündelte Macht von Familiengruppen zurückzuführen) legte nichtsdestoweniger eindrucksvolles Zeugnis dafür ab, dass die Wirklichkeit der UK-Industrie weit entfernt vom Stereotyp einer unumstrittenen Managementdominanz war. Selbst im historischen Vergleich konnte keine Tendenz hin zu einer Verstärkung der Position der Führungsinstanzen festgestellt werden. Konzentrierte Anteilspakete, vor allem in den Händen von Finanzinstitutionen, hätten im Gegenteil eher an Bedeutung gewonnen. Zur gleichen Schlussfolgerung kam kurz darauf Francis115, der in den wachsenden Interessen des Finanzkapitals im Industriesektor einen die Zukunft prägenden Trend zu erkennen glaubte. 113 Ein Versuch in dieser Richtung wurde in den gleichen Jahren von einem anderen Soziologen auch tatsächlich unternommen; dazu siehe Levine (1972). 114 Vgl. Nyman / Silberston (1978). 115 Vgl. Francis (1980).
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Den oben kurz vorgestellten Studien war das Streben gemeinsam, manche unkritische (wenn nicht gleich leichtfertige) Verallgemeinerung von Aussagen zu berichtigen, deren Wurzeln in der Literatur der 1930er Jahre schlugen. Methodologisch bedienten sie sich hierfür einer zweiteiligen Klassifikation, welche die unternehmerischen Beherrschungsstrukturen den Kategorien der Kontrolle durch das Management bzw. durch das Eigentum jeweils zuordnete. Der dichotome Ansatz ermöglichte zwar eine klare Stellungnahme hinsichtlich der zu prüfenden These einer progressiven Streuung und folgender Verdünnung der Anteilseignerrechte. Sein Nachteil bestand jedoch darin, dass er auf die weitere Charakterisierung der identifizierten, gebündelten Eigentumsinteressen (vermögende Individuen und Familien, Industrie- und Finanzkapital) verzichtete. Sich davon abgrenzend stellte Burch116 in seiner Arbeit explizit auf den Vergleich der Figuren der Kontrolle durch einflussreiche Familienkoalitionen versus eigentumsunabhängige Führungsinstanzen ab. Erklärtes Ziel des Autors war es, mit den Gemeinplätzen über die Tragweite der Machtaneignung seitens von Führungskräften ohne (nennenswerte) Eigentumsansprüche aufzuräumen. Burch bestritt die fragliche Natur der Daten, die Berle und Means ihren Ausführungen zugrunde gelegt hatten. Die Unvollständigkeit und Unzuverlässigkeit der angewandten Informationsquellen würden ernsthafte Zweifel an der resultierenden Klassifikation der untersuchten Gesellschaften nach Beherrschungsmuster begründen. Und doch stütze sich der so weit hoch gepriesene Primat des Managements, mangels weiterer quantitativer „Fakten“, letztendlich auf die Evidenz aus den 1930er Jahren. Um einen empirischen Beitrag bemühte sich daher der Autor. Unter Verwendung offizieller sowie inoffizieller Informationskanäle (Berichte der Börsenaufsichtsbehörde neben Fachzeitschriftenquellen) rekonstruierte er die Machtstrukturen der 300 größten börsennotierten US-Unternehmen der Verarbeitungs- und Bergbauindustrie. Familienkontrolle wurde bei Eintritt zweier Bedingungen unterstellt. Zum einen mussten zumindest 4 – 5 % der Stimmrechte in den Händen einer einzigen bzw. mehrerer Familien oder eines Individuums konzentriert sein; zum anderen musste die Familie im Direktorium über einen längeren Zeitraum vertreten gewesen sein („probably family control“). Fehlten eindeutige Belege für eine solche Zuordnung, gab es jedoch fundierte Anzeichen eines von der Familie ausgehenden Einflusses, wurde das Unternehmen als „möglicherweise“ unter Familienkontrolle eingestuft („possibly family control“). Eine diffuse Familienpräsenz (durch das Vorkommen beider erwähnter Kategorien dokumentiert) konnte in beinahe zwei Drittel der betrachteten Fälle nachgewiesen werden. Die nach den gleichen Kriterien durchgeführte Analyse der 50 größten börsengehandelten Unternehmen aus den Bereichen Handel und Transport sowie Bankwesen117 bestätigte die bedeutende Rolle familiengeprägter Kontrollstrukturen. Auf Zukunftsaussagen auf der Grundlage seiner Befunde ließ sich 116 117
Vgl. Burch (1972). Nur Geschäftsbanken wurden in die Untersuchung mit einbezogen.
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen
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Burch nicht ein. Ob der Kontrolltransfer zugunsten des Managements voranschreiten oder aber das Endstadium der „managerial“ Revolution ein schimärischer Zustand bleiben sollte, wurde dementsprechend offen gelassen. Dem Autor gebührt nichtsdestotrotz der Verdienst, dem Institut des Familienunternehmens (nicht zuletzt durch seine definitorische Erfassung) Identität verliehen zu haben. Nicht nur widersprach er energisch dem verbreiteten Vorurteil bezüglich der Bedeutungslosigkeit von Familieninteressen in der modernen Wirtschaftsordnung, sondern er rief explizit zu Forschungsbestrebungen in dieser Richtung auf: „Given then this state of control affairs, certain questions ought to be asked about the economic operation or performance of managerially dominated versus family controlled firms. Is there really any significant difference in the behavior of one or the other type of big business concern? Do managerially dominated companies, for instance, have a higher rate of return (all other things being equal) than family controlled corporations, or are the latter more profitable? Do management controlled concerns pay higher dividends than family firms under such circumstances? Do family or entrepreneurially dominated enterprises, on the other hand, channel a greater proportion of their income into product research or corporate expansion? Are family controlled companies more active or aggressive than management run firms with regard to corporate acquisition and merger activity? Do managerially dominated concerns have a better history of labor relations over the years? These are but a few of the areas of major economic inquiry that could be examined by interested and competent researchers.“118
Indes bildete das Modell der Kapitalgesellschaft im Streubesitz weiterhin das Referenzobjekt der Theoriebildung. So gingen Jensen und Meckling119 in ihrer in den gleichen Jahren ausgearbeiteten Analyse unternehmerischer Führungsstrukturen von einem klassischen Szenario der Trennung der Funktionen von Eigentum und Management aus, wobei letzteres in der Position vermutet wurde, die effektive Kontrolle über das Unternehmen auszuüben. Das Bewusstsein des mit dieser Konstellation einhergehenden Gefahrenpotenzials für die Interessen der Anteilseigner kann bis zu Adam Smith zurückverfolgt werden, der auf die „negligence and profusion“ der angestellten Führungsleute hingewiesen hatte120. Mit ähnlichen Worten warnten Berle und Means mehr als 150 Jahre später, dass der Eigennutz eines sich der Kontrolle durch die Eigentümer entziehenden Managements für den Eintritt einer Ära des „corporate plundering“ verantwortlich werden könnte121. Jensen und Meckling gelang nun eine formal-mathematische Behandlung dieser Intuition. Den Ausgangspunkt ihrer Betrachtung bildete die Erkenntnis, dass die Entzweiung von Eigentum und Verfügungsmacht Kosten mit sich bringt, die sie als Agency Kosten bezeichneten. Diese sind konstitutiv für jede Auftraggeber-AuftragnehmerBeziehung, in der der Prinzipal dem Agent einen Auftrag delegiert, dessen Durchführung das Nutzenniveau beider beeinflusst. Das Verhältnis zwischen Anteilseig118 119 120 121
Burch (1972), S. 105. Vgl. Jensen / Meckling (1976). Vgl. Smith (1981), S. 741. Vgl. Berle / Means (1999), S. 311.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
nern und Managern entspricht unter Bedingungen gestreuter Aktionärsstruktur dieser Definition, wobei die einen als Prinzipal und die anderen als Agent auftreten. Da die Handlungen des Agenten aufgrund unvollständiger Information nicht lückenlos beobachtet werden können, verfügt er bei der Ausübung seiner Aufgabe über einen gewissen Verhaltensspielraum. Wenn weiterhin unterstellt wird, dass die ökonomischen Akteure individuelle (opportunistische122) Nutzenmaximierer sind, muss davon ausgegangen werden, dass bei nicht übereinstimmenden Interessen von Auftraggeber und -nehmer der Agent seinen diskretionären Raum zum eigenen Vorteil ausnutzen wird. Die dem Prinzipal dadurch entstehenden Schäden können unter Zuhilfenahme geeigneter Gegenmaßnahmen (z. B. Überwachungsmechanismen) verringert werden; diese sind allerdings mit Kosten verbunden. Solche Kosten, gemeinsam mit dem verbleibenden Wohlfahrtsverlust (der den Abstand vom idealen Zustand vollkommener Information misst), schmälern den Unternehmenswert, und zwar umso stärker, je größer das Unternehmen ist. Damit hoben Jensen und Meckling den grundsätzlichen Konflikt zwischen Trägern von Residualansprüchen und Management als zentrale Schwäche der anonymen Publikumsgesellschaftsform hervor. Die Entstehung konzentrierter Anteilseignerpositionen, lautete ihre Schlussfolgerung, setzt sich als effiziente Lösung immer dann durch, wenn der dafür zu erbringende Aufwand kleiner als die Vorteile aus der Verringerung von Agency Kosten ist. Ein Jahrzehnt später wird sich Jensen123 dieses gleichen theoretischen Rahmens bedienen, um den Untergang des anonymen Großunternehmens zu prognostizieren. Doch bevor die Dämmerung der modernen Kapitalgesellschaft mit PrincipalAgent-Argumenten begründet werden sollte, wurde ihr ein ähnliches Schicksal auf der Grundlage der Lehre der Property Rights124 vorausgesagt. In einem polemischen Artikel aus dem Jahr 1978 machten Jensen und Meckling125 auf die Gefahr aufmerksam, welche die Expansion des öffentlichen Sektors für das System der privatrechtlichen Vertragsbeziehungen implizit beinhaltete. Der individualistischen Annahme zufolge wurde Politikern und Bürokraten der Wille unterstellt, die eigene Einflusssphäre möglichst auszudehnen. Dies könnten sie, indem sie sich die Kontrolle über bestimmte Bündel von Rechten absichern. Die von den Autoren festgestellten, sich mehrenden regulatorischen Eingriffe des Gesetzgebers (darunter Arbeiter- und Umweltschutzprogramme sowie Rentenreform) würden ihrer Ansicht nach diesem Zweck dienen. Die daraus resultierende, systematische Erosion der Eigentumsrechte sei als Drohung für das vertragsrechtliche System anzusehen, auf dem Unternehmen als Vertragsbündel basieren. Gerade größere Unternehmen, 122 Unter Opportunismus ist „die Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List“ zu verstehen; Williamson (1990), S. 54. 123 Vgl. Jensen (1989). 124 Furubotn / Pejovich (1972), S. 1139, definieren das System von Property Rights als „the set of economic and social relations defining the position of each individual with respect to the utilization of scarce resources“. 125 Vgl. Jensen / Meckling (1978).
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen
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die auf externe Finanzierungsquellen (d. h. auf vertraglich geregelte Kapitalüberlassungen durch Investoren) in besonderem Maße angewiesen sind, könnten zum Opfer der Rechtsunsicherheit werden, die von einer durchdringenden Staatspräsenz zu erwarten wäre. „The corporate form of organization, in particular, is likely to disappear completely. Even if it survives in some form the larger corporation as we know them are destined to be destroyed“126. In der Erweiterung des transaktionskostentheoretischen Ansatzes um die Logik des Clans können weitere Stimuli für das Entstehen einer neuen Sensibilität gegenüber Familienunternehmen als Forschungsobjekt erkannt werden. Die Wahl zwischen unterschiedlichen Organisationsformen des wirtschaftlichen Handelns erklärte Williamson127 in seinem „Markets and hierarchies“ anhand des unterschiedlichen Umfangs damit einhergehender Transaktionskosten. Auf eine Intuition von Coase128 zurückgehend, lassen sich Transaktionskosten als ökonomisches Pendant zum physikalischen Phänomen der Reibung erfassen129. Darunter werden alle monetären und nicht monetären Opfer und Nachteile subsumiert, die den teilnehmenden Parteien zur Vollbringung eines Leistungsaustausches zu Last fallen130. Ob der Ressourcenbezug über spontane marktliche Transaktionen („Market“) oder zwischen vollständig integrierten Transaktionspartnern („Hierarchy“) erfolgt, hänge in erster Linie von der Höhe der anfallenden Transaktionskosten ab. Die bürokratische (Unternehmens-)Organisation werde dann vorgezogen, wenn die Kosten des Tausches und der Abstimmung zwischen unabhängigen Marktakteuren die Ineffizienz hierarchischer Koordinationssysteme übersteigen131. Dies ist gerade dann der Fall, wenn Wirtschaftssubjekte (die annahmegemäß begrenzt rational und opportunistisch handeln) Transaktionen eingehen, die durch ein hohes Maß an Unsicherheit und Spezifität gekennzeichnet und von strategischer Bedeutung sind. Ouchi und Price132 dehnten diesen Ansatz aus, indem sie neben Markt und Hierarchie / Bürokratie eine dritte Organisationsalternative erforschten: den Clan. Hierbei handele es sich um eine kulturell homogene Organisation, deren Mitglieder das gleiche Wertesystem teilen sowie ähnliche Ansichten darüber haben, wie sie ihre gemeinsamen Zielsetzungen erreichen können133. Auf dem Markt fungiert der Preis als Hauptkontroll- und Vermittlungsmechanismus, während die Funktionsfähigkeit der Hierarchie kritisch von der formellen Festlegung und Überwachung von Regeln im Rahmen eines akzeptierten Autoritätssystems abhängt. Die Koordination über den Clan wird hingegen durch die Sozialisierung seiner 126 127 128 129 130 131 132 133
Jensen / Meckling (1978), S. 32. Vgl. Williamson (1975). Vgl. Coase (1937). Vgl. Williamson (1990), S. 21. Vgl. ausführlich Picot (1991), S. 344. Vgl. Ouchi (1980), S. 134. Vgl. Ouchi / Price (1978); Ouchi (1980). Vgl. Ouchi / Price (1978), S. 36.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Glieder sichergestellt, deren Handeln von den organischen Prinzipien einer gemeinsam empfundenen Tradition nachgeformt wird. Aufgrund der solidarischen Prägung der Interaktion innerhalb des Clans sind explizite Kontrollinstrumente nicht erforderlich: Die Interessenharmonie der Gruppe sorgt für ausreichende Disziplin. Aus transaktionstheoretischer Sicht entfaltet die Clanorganisation dementsprechend gerade unter Bedingungen extremer Unsicherheit ihren höchsten Wirkungsgrad. Wenn die Gefahr opportunistischen Verhaltens so ausgeprägt ist, dass sie hierarchische Kontrollstrukturen nicht bezwingen können, büßt der bürokratische Koordinationsmodus seine Überlegenheit ein. Da formalisierte Beherrschungs- und Überwachungssysteme in Anbetracht der Bedürfnisse der modernen Wirtschaftsordnung jedoch unverzichtbar sind, sind reine Clanstrukturen in der Wirklichkeit nur in äußerst seltenen Fällen realisierbar (Beispiele dafür bieten Klostergemeinschaften und Marine Corps). Eine Möglichkeit, sich ihre Vorzüge trotzdem zunutze zu machen, sahen Ouchi und Price in der Erschaffung industrieller bzw. hierarchischer Clans, welche Grundzüge der Funktionsweise des Clans ins bürokratische Gebilde des Unternehmens integrieren sollten. Dieses hybride Koordinationsmuster beschrieben die Autoren anhand der so genannten „Type Z-Organization“, deren Hauptmerkmale in Abbildung 2-1 zusammengefasst worden sind.
Eigenschaften Langfristige Arbeitsverhältnisse Langsame Evaluierungs- und Beförderungsprozesse Gemäßigte Karrierenspezialisierung Einvernehmliches Treffen von Entscheidungen Individuelle Verantwortung Implizite, informelle Kontrollsysteme Gesamtunternehmensorientierung
Typ Z-Organisation Vorteile
Nachteile
Verringerung des Entfremdungseffektes der bürokratisch-hierarchischen Organisation
Konservativismus/Verschlossenheit gegenüber abweichenden Sichtweisen
Weniger ausgeprägte Abhängigkeitsbeziehungen und Aufgabenspezialisierung
Effizienzeinbußen aufgrund der Koexistenz ökonomischer und nicht ökonomischer (sozialgesellschaftlicher) Zielsetzungen
Starke Anreizwirkungen dank des hohen Sozialisierungsgrades der Organisationsmitglieder Sicherstellung organisatorischer Koordination ohne Rückgriff auf explizite, hierarchische Kontrollmechanismen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Ouchi / Price (1978).
Abbildung 2-1: Typ Z-Organisation
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen
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Die skizzierte Charakterisierung der Organisation von Typ Z weist eine unleugbare Nähe zum Modell des Familienunternehmens auf134. Da die Familie als elementare Form des Clans angesehen werden kann, ist diese Erkenntnis nicht überraschend. In der Analyse der Wechselwirkungen zweier sich überlagernder Domänen (Clan und Unternehmensbürokratie) und der sich daraus ergebenden Stärken und Schwächen griffen Ouchi und Price in der Tat einer Forschungsrichtung vor, die später von den Studien über Familienunternehmen eingeschlagen werden sollte.
2.3.2 Familie als pathologischer Faktor für das Unternehmen Die Relativierung des Aussagegehaltes der von Berle und Means aufgestellten Prognosen und die (noch embryonale) Auseinandersetzung mit möglichen Schwächen des auf der Entkopplung von Eigentum und Verfügungsmacht basierenden Unternehmensmodells der Publikumsgesellschaft führten die Einseitigkeit der sich darauf berufenden ökonomischen Literatur kritisch vor Auge. Vor dem Hintergrund dieses sich langsam verändernden Bewusstseins erkämpften sich Familienunternehmen als Organisationsform neue Aufmerksamkeit unter den Wirtschaftswissenschaftlern, wie an der wachsenden Anzahl der ihnen gewidmeten Veröffentlichungen erkennbar ist. Hierbei handelte es sich meist um Beiträge begrenzten Umfangs, die vorzugsweise unter Zuhilfenahme von Fallstudien ausgewählte Sachverhalte darstellten. Die aus der Vergangenheit übernommenen Vorurteile spiegelten sich in einem Ansatz wider, der (unter Adaption des Wortlautes Williamsons135) die Pathologie des Familienunternehmens vorwiegend in den Vordergrund stellte und darüber Anatomie und Physiologie vernachlässigte. Verstärkt wurde auf die negativen Effekte der Familienzugehörigkeit auf die betriebliche Sphäre eingegangen. Der Familienbezug wurde als Störfaktor stigmatisiert: Er gefährde die effiziente Unternehmensführung, indem er Elemente nicht ökonomischer Rationalität in den Entscheidungsprozess einführt136. Die scheinbare Unversöhnlichkeit der affektiven mit der geschäftlichen Dimension spornte zur Isolierung derjenigen, aus der Familiendomäne stammenden Faktoren an, die besagte Rationalität in Frage stellten, um deren Wirkung möglicherweise zu dämpfen137. Symptomatisch für das mangelnde Verständnis des Familienunternehmens als Erfolgstyp beinhalteten die vorgeschlagenen Lösungen oftmals die Vertreibung der Familie aus der aktiven Teilnahme an den Firmengeschehnissen138. 134 Ouchi selbst bestätigte, dass die Methapher der Familie einen integrierenden Bestandteil seiner Konzeptualisierung darstellt; vgl. Gersik (1992), S. 419. 135 Die Organisationstheorie stellt „häufig die Organisationspathologie in den Vordergrund und vernachlässigt darüber Anatomie und Physiologie“; Williamson (1990), S. 343. 136 Vgl. Corbetta (1995a), S. 10; Demattè / Corbetta (1993), S. 23. 137 Vgl. Boldizzoni (1988), S. 124. 138 Vgl. Hollander / Elman (1988), S. 146.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Am deutlichsten ist diese Einstellung den Artikeln zu entnehmen, die sich mit dem Problem des Generationswechsels befassten. Das Thema der Übertragung der Führungsverantwortung, auf das bevorzugt das Augenmerk gerichtet wurde, wurde nämlich meist vom Standpunkt der Ersetzung des Familienunternehmers durch angestellte Führungskräfte aus betrachtet. Paradigmatisch ist in dieser Hinsicht die Stellungnahme von Levinson139. Familienunternehmen sind in seiner Analyse dazu verurteilt, zu Schlachtfeldern für die Austragung persönlicher Rivalitäten zwischen einzelnen Familienmitgliedern zu werden. Der zum Teil physiologische Konflikt zwischen den Generationen werde durch den Eintritt der Kinder ins Elterngeschäft verschärft. Ähnliches geschehe auf Geschwisterebene, wo der bis in die Kindheit zurückgehende Wettstreit in der Firma eine neue Arena finde. Zwietracht und Groll in der Familie würden nicht nur drohen, die Effizienz des Unternehmens zu beeinträchtigen, sondern gefährden direkt sein Überleben. Den einzigen, sich auf Dauer bewährenden Ausweg sah der Autor in der Entflechtung des Bündnisses zwischen Familie und Unternehmen: Die Familie soll sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen und sich mit einer passiven Eigentümerrolle zufrieden geben, während die Betriebsführung von einem professionellen Management übernommen werden sollte. Zu einer grundsätzlich ähnlichen Schlussfolgerung kam u. a. Landes140, der am Beispiel des Aufstiegs und dramatischen Untergangs der Bankierdynastie der Bleichröders auf die innere Zerbrechlichkeit der Familienherrschaften hinwies. Die beschränkte Verfügbarkeit talentierter (und williger) Nachfolger aus dem Kreis der engen Verwandten setze Familienunternehmen unabwendbar einer hohen Unsicherheit aus, die ihre immanente Schwäche begründe. Nur Unternehmen, die sich in der Form unpersönlicher Kapitalgesellschaften konstituiert und damit ihre Unabhängigkeit von den Ressourcen und Gaben eines genetischen Stammes durchgesetzt haben, könnten Unsterblichkeit für sich beanspruchen. Aus der Beharrlichkeit von Familienunternehmen, allen (erklärt) rationalen Argumenten zum Trotz, wuchs jedoch allmählich das Bewusstsein der Unzulänglichkeit einer streng normativen Herangehensweise an ihre Hauptproblematiken. Wie Barnes und Hershon pragmatisch feststellten, „it seems pointless to talk about separating families from their businesses, at least in our society. Families are in business to stay“141. Daher die implizite Aufforderung, stärker von einer analytischen Perspektive Gebrauch zu machen. Dieser Anregung zufolge wandten die beiden Autoren ihre Aufmerksamkeit auf die systematische Ausarbeitung der Faktoren, die den Prozess der intergenerationellen Machtübertragung in Familienunternehmen beeinflussen. Darunter isolierten sie zum einen die unterschiedlichen Interessen und Streben der zur Familie und / oder zum Unternehmen gehörenden Akteure und zum anderen die charakteristischen Probleme und Herausforderungen, 139 140 141
Vgl. Levinson (1971). Vgl. Landes (1975). Barnes / Hershon (1976), S. 114.
2.3 Die 1970er Jahre: das langsame Erwachen
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die mit dem Lebenszyklusstadium des Unternehmens zusammenhängen. Die Erfolgsaussichten des Generationswechsels würden kritisch vom Grad der Abstimmung dieser Komponenten abhängen. Der gleichen Logik ist der Versuch McGiverns142 zuzuschreiben, ein Modell zur diagnostischen Analyse der komplexen Wechselwirkungen im Nachfolgeprozess von (kleinen) Familienunternehmen zu entwerfen. Auch in diesem Fall gehen die Bemühungen dahin, die Variablen zunächst zu identifizieren, denen in dieser Übergangsphase die wichtigste Bedeutung zukommt, um dann – isoliert oder in Kombination – deren Einfluss auswerten zu können. Ein umfassenderes Themenspektrum sprachen die Beiträge an, die Stärken und Schwächen von Familienunternehmen gegeneinander abwägten, wobei der Akzent schwerpunktmäßig auf die nachteiligen Aspekte fiel. Obwohl eine Auseinandersetzung mit den strategischen und organisatorischen Besonderheiten dieser Unternehmensart durchaus stattfand, blieb der Ansatz oftmals schematisch und der Komplexitätsgrad des zugrunde gelegten Analyseobjektes in der Regel elementar143. Calder144, um ein frühes Beispiel zu erwähnen, bemühte sich zwar um eine Diskussion der Schwachstellen (meist die Sphäre des Managements betreffend), die der herrschenden Position einer Familie im Unternehmen angerechnet werden könnten, übersah allerdings völlig, dass das Unternehmen aus dem Familienbezug möglicherweise auch Vorteile schöpft. Diesem Vorwurf entzieht sich auch Barry145 nicht, der in seinem Artikel fast ausschließlich auf die Faktoren einging, die Familienunternehmen gegenüber anderen Organisationsformen verwundbar machen. Unzureichende Profit- und Wachstumsausrichtung, Konservativismus, Kurzsichtigkeit der Investitionspolitik und Unsicherheit in der Phase der Führungsübertragung sind einige der diskutierten Themenkomplexe. Das Fazit steht mit gut bekannten Mahnungen im Einklang: Um als Produktionseinheit überleben zu können, müssten sich Familienunternehmen mit formalisierten Strukturen versehen, welche die Verselbstständigung des Unternehmens von der Familiengruppe sanktionieren.
142 143 144 145
Vgl. McGivern (1978). Vgl. Montemerlo (2000), S. 62. Vgl. Calder (1961). Vgl. Barry (1975).
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein 2.4.1 Zwischen den Grenzen des anonymen Publikumsgesellschaftsmodells und der Suche nach neuen Paradigmen Die Erlangung eines kritischen Abstandes gegenüber dem Vermächtnis von Berle und Means reifte im Laufe der 1980er Jahre aus. Die These einer im Zeitablauf monoton steigenden Konzentrationstendenz auf dem Markt wurde nach Auswertung historischer Datenreihen zurückgewiesen und in Anbetracht regulatorischer Staatseingriffe schließlich für unhaltbar erklärt146. Die Tragweite der Streuung der Eigentumsrechte, selbst in den größten börsennotierten Gesellschaften, wurde durch Vorlage neuer empirischer Belege relativiert147. Auch unter einem argumentativen Standpunkt blieb der Ansatz von Berle und Means von Kritik nicht verschont. Vorgeworfen wurden entscheidende Unterlassungen, wie z. B. die mangelnde Berücksichtigung von Übernahmen und unfreundlichen Zusammenschlüssen als exogene Kontrollmechanismen 148, sowie weitere analytische Schwächen, darunter die Annahme, dass die Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht im Unternehmen ausschließlich auf die Organisationsform der großen Publikumsgesellschaft zurückzuführen wäre149. „The modern corporation and private property“ blieb jedoch weiterhin ein unverzichtbarer Anhaltspunkt der ökonomischen Literatur. Aktualität bewahrte ihm eine Lesart seiner Inhalte, die sich an die neuesten Entwicklungen aus dem Bereich der Institutionenökonomik anlehnte. So wurde das Werk aus den 1930er Jahren als intellektueller Vorfahre vieler skeptischer Einstellungen zur Effizienz und Praktikabilität größerer Produktionseinheiten im öffentlichem Besitz angesehen, und zwar auf Grund der dort angedeuteten Agency Problematik zwischen angestellten Führungskräften und Inhabern von Residualansprüchen. Ungeachtet der Tatsache, dass die Effekte aus der Entkopplung von Eigentum und Entscheidungsfindung nicht zu den Hauptanliegen der Studie von Berle und Means gezählt hatten150 (die sie nur kurz thematisierte und weitgehend unbestimmt ließ), erfolgte ihre Ausarbeitung in der Wirtschaftsdiskussion unter konstanter Berufung auf die Namen der zwei Autoren151. Vgl. Weiss (1983), S. 433. Vgl. Holderness / Sheehan (1988), S. 320 – 323; Shleifer / Vishny (1986), S. 462; Demsetz / Lehn (1985), S. 1166; Demsetz (1983), S. 387 – 390. 148 Vgl. Stigler / Friedland (1983), S. 248. 149 Vgl. Hessen (1983), S. 283 – 284. 150 Das bestätigte indirekt derselbe Means in seiner Stellungnahme zum eigenen frühen Werk; vgl. Means (1983), S. 467 – 469. 151 Williamson (1983), S. 363, führte das „corporate control dilemma“ von Berle und Means auf die „continuing tension between management and stockholder interests“ zurück. Demsetz / 146 147
2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein
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Die eingetretene Gleichgewichtsverschiebung bei der Betrachtung von Fragen in Zusammenhang mit der institutionellen Führungsstruktur von Unternehmungen spiegelt sich in den Beiträgen von Fama und Jensen152 beispielhaft wider. Erklärtes Vorhaben der Autoren war es, das Überleben von Organisationen zu erklären, in denen Eigentum und strategisch-operative Macht auseinander fallen. Dass die Funktionsfähigkeit der gerade für große Gesellschaften typischen Konstellation nun einer Rechtfertigung schuldig gehalten wurde, zeugt vom geänderten Bewusstsein gegenüber der Vergangenheit. In ihrem gemeinsamen Artikel „Separation of ownership and control“153 stellten Fama und Jensen die These auf, nach der die Trennung der Funktionen von Risikoübernahme und Kontrolle die Ausschöpfung von Effizienzvorteilen dann ermöglicht, wenn die für den Entscheidungsprozess relevanten Informationen (so genannte „spezifische Informationen“154) auf zahlreiche Agenten im Unternehmen aufgeteilt sind. Unter diesen Umständen erweise sich die Delegation der Entscheidungsverantwortung innerhalb der Organisation als zweckmäßig. Der Gefahr, dass die Willkür der Manager den Interessen der Anteilseigner zuwider ausgeübt wird, könne vorgebeugt werden, indem die Entscheidungskontrolle (Entscheidungsgenehmigung und -überwachung) von dem Entscheidungsmanagement (Entscheidungsinitiierung und -implementierung) separiert wird. Dazu würden Mechanismen wie formalisierte Hierarchiestrukturen, internes Monitoring unter den Unternehmensangehörigen und Überwachung durch das Direktorium dienen155. Obwohl ihr Hauptaugenmerk unmissverständlich auf die so charakterisierte „komplexe“ Organisation gerichtet wurde, diskutierten Fama und Jensen spiegelbildlich die Effizienzbedingungen für konzentrierte Eigentumsstrukturen. Der nicht kostenlos ausgleichbare Informationsvorsprung einiger weniger Unternehmensmitglieder spreche für die Übertragung weitgehender Entscheidungsbefugnisse zu ihren Gunsten. Die effiziente Lösung des sich daraus ergebenden Agency Konfliktes sieht die Vereinigung von Beschlussmacht und Inhaberansprüchen in den Händen der gleichen Akteure vor. Eine Ausnahme kenne dieses strenge Identifikationsgebot jedoch im Fall des Familieneigentums. Die verwandtschaftliche Bindung von Risiko- und Entscheidungsträgern bewirke trotz eines zentralisierten Entscheidungsprozesses eine Entschärfung der Auftraggeber-Auftragnehmer-Problematik: „family members have many dimensions of exchange with one another over a long horizon and therefore have advantages in monitoring and disciplining Lehn (1983) prüften „die“ These von Berle und Means, indem sie die Beziehung zwischen Eigentumsstruktur und Unternehmensperformance empirisch untersuchten. 152 Vgl. Fama / Jensen (1983a und b); Fama (1980). 153 Vgl. im Folgenden Fama / Jensen (1983a). 154 So wird die Detailinformation bezeichnet, deren Transfer zu anderen Organisationsmitgliedern mit Kosten verbunden ist; vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 305. 155 Für eine ausführliche Diskussion der Monitoring-Instrumente in öffentlichen Kapitalgesellschaften vgl. Fama (1980).
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
related decision agents“156. Die Anreiz- und Überwachungswirkungen des Modells Familienunternehmen würden daher einen Ausweg aus dem sonst unausweichlichen Trade-Off zwischen den Vorteilen der Risikostreuung auf der einen Seite und eines spezialisierten Entscheidungssystems auf der anderen bieten. Präzisiert wurde jedoch, dass die Effizienz einer solchen Lösung auf nicht komplexe, in der Regel also auf kleine157, Organisationen beschränkt bleibt. Bei bedeutenden Produktionsgrößenvorteilen würden hingegen die Vorzüge der „offenen Kapitalgesellschaft“ (deren frei handelbare Anteile keine direkte Involvierung ins strategische Unternehmensgeschäft implizieren) über die Kosten aus der damit einhergehenden Trennung und Spezialisierung der Funktionen der Risikoübernahme und der Entscheidungsfindung überwiegen. Differenzierter argumentierten Demsetz und Lehn158 im Rahmen der von ihnen unternommenen Analyse der Determinanten unternehmerischer Eigentumsstrukturen. Neben der Unternehmensgröße (von Fama und Jensen stellvertretend für den Komplexitätsgrad des Unternehmens benutzt) berücksichtigten die zwei Autoren den Einfluss weiterer Faktoren. Darunter sollten insbesondere zwei Aspekte, namentlich „amenity potential“ und „systematic regulation“, eine große Bedeutung für die spätere Familienunternehmen-Forschung hegen. Die Definition von Haushalten und Unternehmen als spezialisierte Institutionen zur Erfüllung von jeweils Konsum- und Produktionszwecken bezeichneten Demsetz und Lehn als eine neoklassische Vereinfachung159. In Wirklichkeit könnten herrschende Anteilseigner ihre Verbrauchsziele nicht nur durch private Ausgaben im Rahmen ihres Hauhaltes befriedigen, sondern auch durch das Medium der Firma. Den Begriff „amenity potential“ prägten sie in diesem Zusammenhang, um den nicht monetären Nutzen zu erfassen, der aus der Verfolgung persönlicher Interessen mittels Unternehmenskontrolle erzielt werden kann160. Die Macht zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, welche aus der maßgebenden Beteiligung an einer Medienfirma hervorgeht, wurde als Beispiel angeführt. An der Medienindustrie wurde daraufhin die Hypothese auch konkret getestet, nach der die Möglichkeit zur Ausschöpfung eines höheren „amenity potential“ zu einer vergleichsweise konzentrierteren Eigentumsstruktur veranlassen würde. Nicht nur fand die Erwartung empirische Bestätigung, sondern es ließ sich nachweisen, dass Familieneigentum Fama / Jensen (1983a), S. 306. Die Autoren zogen die Möglichkeit zwar in Betracht, dass kleine Organisationen eventuell komplex (die spezifische Information ist gestreut) bzw. große Organisationen nicht komplex (wenige Agenten treten als Träger relevanter Informationen auf) sein können, unterstellten jedoch allgemein eine direkte Korrespondenz zwischen Größe und Komplexität. Vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 305; Fama / Jensen (1983b), S. 333. 158 Vgl. im Folgenden Demsetz / Lehn (1985). 159 Näheres dazu in Demsetz (1983). 160 Burkart / Panunzi / Shleifer (2003), S. 2168, erklären, dass diese nicht pekuniären Kontrollrenten nicht auf Kosten des Profits gehen. Diese Interpretation scheint allerdings mit dem Wortlaut von Demsetz und Lehn nicht im Einklang zu sein; vgl. dazu insb. Demsetz / Lehn (1985), S. 1162, sowie Demsetz (1983). 156 157
2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein
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den bei weitem wichtigsten Beitrag zu diesem Befund leistete. Auf die Anregung von Demsetz und Lehn zurückgehend, sollte die Extraktion von „amenities“ und sonstigen so genannten privaten Kontrollrenten später explizit zu einem zentralen Erklärungsansatz für die Beständigkeit familienbasierter Organisationsformen gemacht werden161. Zum Anhaltspunkt für die Forschung auf dem Gebiet der Familienunternehmen wurde analog eine zweite von den Autoren aufgestellte These, der zufolge eine systematische Regulierung eine größere Streuung der Anteilsrechte in der betroffenen Industrie fördern würde. Die dadurch bewirkte Einschränkung der Ermessensfreiheit der Eigentümer einerseits und die strengere Überwachung des Managements andererseits würden nämlich zugleich sowohl die Vorteile konzentrierter Anteilseignerpositionen als auch die Nachteile diffusen Eigentums schmälern. Mehr als ein Jahrzehnt später sollte dieses gleiche Argument – übertragen auf den Vergleich von Ländern mit unterschiedlich hohem Schutz der Minderheitsaktionäre – eingesetzt werden, um den variierenden Anteil an Familienunternehmen im internationalen Kontext zu begründen162. Auf die gegebenenfalls positive Rolle familienbasierter Organisationsformen des Tausches hatte inzwischen ein wegweisender Artikel von Ben-Porath163 aus den frühen 1980er Jahren hingewiesen. Sich an den Gedanken Williamsons anlehnend, betrachtete der Autor die Art der Transaktionsgestaltung als Ergebnis des Strebens nach der Minimierung der Summe aus Produktions- und Transaktionskosten. Insbesondere der Identität der verwickelten Parteien ordnete er eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Transaktionskostenhöhe und folgerichtig bei der Wahl unter verschiedenen Tauschkonfigurationen zu. Da Familien die Institution darstellen, in der Identitätselemente am stärksten ausgeprägt sind, würden sie als Koordinationsmedium unter bestimmten Bedingungen Vorteile gegenüber marktregulierten Vertragsbeziehungen aufweisen. Das sei gerade bei hoher Unsicherheit der Fall: Der Reputationseffekt der Familienzugehörigkeit ermögliche aufgrund seiner Signalisierungsfunktion eine Verringerung der anfallenden Transaktionskosten. „The role of family affiliation [ . . . ] relies partly on its value as a signal of personal traits – honesty, fidelity, skill, and so on – and on the degree to which the family takes responsibility for the obligations and actions of its members“164. Parallel bringe jedoch die unvollkommene Spezialisierung und Arbeitsteilung innerhalb der Familie auch einen Effizienzverlust mit sich. Die Zunahme dieses Verlustes infolge der Entwicklungen auf dem Arbeits- und Kapitalmarkt setze zwar der Rolle der Familie im Produktionsprozess engere Grenzen, lasse allerdings nicht auf einen uniformen Untergang ihrer Bedeutung schließen. 161 Vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 5 – 6, und die Ausführungen unter Abschnitt 4.2.3 in der Arbeit. 162 Vgl. La Porta et al. (1998). 163 Vgl. im Folgenden Ben-Porath (1980). 164 Ben-Porath (1980), S. 12.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Die Anwendung der Transaktionskostentheorie auf Familien und Haushalte fand mit Pollak165 eine ideale Weiterführung. Familien werden in seinem Beitrag systematisch als Organisationsstrukturen ökonomischen Handelns untersucht. Dabei entfalten sie im Vergleich zu nicht familienbasierten Systemen der Governance einzigartige Stärken und Schwächen. „Familienzentrische“ Organisationsstrukturen (darunter familiengeführte Unternehmen) würden zum Beispiel dann komparative Vorteile schöpfen, wenn die Gefahr unzuverlässigen und / oder unehrlichen (in einem Wort: opportunistischen) Verhaltens als hoch einzustufen ist. Die Zugehörigkeit zu einer affektiven Gemeinschaft leiste in diesem Fall eine mehrfache Absicherung. Zum einen könne davon ausgegangen werden, dass Werte wie Altruismus und Loyalität dem Drang zur Verfolgung des Eigennutzens eine Grenze setzen. Zum anderen verfüge die Familie über eine bessere Informationsgrundlage zur Überwachung ihrer Mitglieder und könne sie bei Bedarf durch Sanktionen disziplinieren, die anderen Institutionen nicht zugänglich sind (z. B. Ausschließung). Nachteile können jedoch eintreten, wenn die zur Durchführung der wirtschaftlichen Tätigkeit erforderliche Technologie einen hohen Komplexitätsgrad aufweist. Die beschränkte Fähigkeit der Familie, adäquate Kompetenz hervorzubringen, sowie ihre tendenzielle Toleranz gegenüber suboptimaler Leistung seitens eigener Angehöriger würden in diesem Fall auf eine möglicherweise höhere Effizienz nicht familiärer Organisationsformen schließen lassen (vgl. Abbildung 2-2).
TECHNOLOGIE
VERTRAUENSWÜRDIGKEIT DES UMFELDS
Einfach
Niedrig
Hoch
Familienbasierte
Familien- und nicht
Organisationsformen
familienbasierte Organisationsformen Nicht familienbasierte
Komplex
?
Organisationsformen
Quelle: Pollak (1985), S. 594 (englisch im Original).
Abbildung 2-2: Vertrauenswürdigkeit des (Geschäfts-)Umfelds, Technologie und Organisationsform 165
Vgl. im Folgenden Pollak (1985).
2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein
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Ob und welche Handlungen kostenminimierend innerhalb der Familie, durch familien- oder nicht familiengeführte Unternehmen, Non-Profit Institutionen bzw. den Staat erbracht werden (sollen), ließ der Autor letztlich offen. Die darüber entscheidende Balance zwischen Vor- und Nachteilen der jeweiligen Organisationsform hänge nämlich von einer Vielzahl von Faktoren ab (von denen Art der Technologie, Moralität des sozialen Umfeldes, minimale Unternehmensgröße und Stärke der Blutverbindungen einige Beispiele anbieten). Festgehalten wurde jedenfalls die Erkenntnis, dass Familienunternehmen durchaus eine effiziente Antwort auf die Anforderungen moderner Wirtschaftssysteme darstellen können.
2.4.2 Familie als integraler Bestandteil des Systems Familienunternehmen Die Anerkennung der Fehlbarkeit des Modells der großen Kapitalgesellschaft mit gestreutem Eigentum und die Sensibilisierung für das Erfolgspotenzial alternativer Organisationsformen bilden den Hintergrund für die wiederentdeckte Aufmerksamkeit, die Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung ab Anfang der 1980er Jahre geschenkt wurde. Die Blüte an Aufsätzen, die sich mit dem Thema auseinandersetzten, wurde begleitet von der Gründung der ersten Lehrstühle mit Schwerpunkt Familienunternehmen an einigen nordamerikanischen und (später) europäischen Hochschulen166. 1988 nahm die „Family Business Review“ ihre Veröffentlichungen auf. Als erste (und bislang einzige) monographische Zeitschrift, die sich dem Austausch über Familienunternehmen auf akademischem Niveau widmete, schuf sie ein Forum, das der Vertiefung entsprechender Problemstellungen endlich auch Sichtbarkeit verschaffte167. Im Rahmen dieser Entwicklung ist die Erscheinung von Studien umfassenderen Charakters über familienbasierte Organisationsmodelle in den gleichen Jahren zu betrachten. Den Großteil der sich mit ihnen befassenden Veröffentlichungen stellten jedoch nach wie vor inhaltlich stark fokussierte und in ihrem Umfang beschränkte Beiträge. Der Ansatz zur Untersuchung der Eigenart von Familienunternehmen verrät einen grundlegenden Perspektivenwechsel gegenüber der „rationalen“ Betrachtungsweise des vorhergehenden Jahrzehntes. Die Familie galt nicht länger als (störender) Umfeldfaktor, der die Unternehmensgeschehnisse von außen unangebracht beeinflusst. Vielmehr wurde sie nun als integraler Bestandteil des Systems Familienunternehmen gewürdigt168. Die Erfassung der Familien- und UnternehmensNäheres dazu in Corbetta (1995a), S. 12 – 13. Dieser Aspekt ist in Anbetracht des akademischen Drucks, „veröffentlichbare“ Forschung zu betreiben, nicht zu unterschätzen; vgl. dazu das von Litz (1997), S. 62, angesprochene „publish or perish“-Gebot. 168 Vgl. Lansberg / Perrow / Rogolsky (1988), S. 7. Die Zentralität der Familiendimension wird spätestens aus dem Artikel Kepners (1983) deutlich, in dem die Systemperspektive angewandt wird, um den Einfluss des Unternehmens auf die Familie zu untersuchen. 166 167
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
komponente in einem ganzheitlichen Rahmen ermöglichte, deren Wechselwirkung zur Erklärungsgrundlage der Besonderheiten dieser Organisationsform zu machen. Aus der Analyse der Überschneidung beider Subsysteme wurden dann Maßnahmen zur Steuerung der Prozesse in Familienunternehmen abgeleitet. Dabei blieb das Echo vergangener (Vor-)Urteile zum Teil noch spürbar. Strukturelle Widersprüche schätzte z. B. Lansberg169 als eine konstitutive Schwäche von Familienunternehmen ein. Familie und Unternehmen seien Institutionen, die grundsätzlich unterschiedlichen Zwecken dienen: Wo die erste das Wohlergehen der eigenen Mitglieder als höchste Priorität ansieht, verfolgt die zweite Produktionsziele. Da die Logiken, denen die beiden unterliegen, entsprechend unvereinbar wären (siehe Abbildung 2-3), erweise sich deren Koexistenz in Familienunternehmen als eine permanente Quelle von Konflikten. Die Probleme, welche der Autor bei der Selektion, Vergütung, Evaluierung und Ausbildung von Familienangehörigen schildert, führt er als Beispiel dafür an. Erst die strikte Trennung von Eigentum und Management als Sphären, die jeweils den Handlungsnormen der Familie und des Unternehmens unterstellt werden, könne diesen Widerstreit entschärfen.
DIMENSIONEN
HANDLUNGSNORMEN FAMILIE
UNTERNEHMEN
Soziale Beziehungen
Befriedigung persönlicher Entwicklungsbedürfnisse
Effiziente Gestaltung des Produktionsprozesses
Ressourcentausch
Berücksichtigung der Bedürfnisse und des Wohlseins der Beteiligten
Berücksichtigung des Marktwertes des Getauschten
Gerechtigkeitsprinzip
Bedarf; Gleichbehandlung
Individueller Verdienst
Menschenbild
Individuum als Ziel
Individuum als Mittel
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Lansberg (1983).
Abbildung 2-3: Die institutionelle Überlappung in Familienunternehmen 169
Vgl. auch im Folgenden Lansberg (1983).
2.4 Die 1980er Jahre: das Erlangen von Bewusstsein
55
Die Schwierigkeit eines Kompromisses zwischen den Anforderungen eines gefühls- und eines aufgabenorientierten Systems betonten in den gleichen Jahren auch andere Autoren170, die darin weiterhin einen Grund für die innewohnende Zerbrechlichkeit von Familienunternehmen sahen. Von der Befreiung aus den Zwängen des in den 1970er Jahren vorherrschenden „rationalen“ Ansatzes zeugt jedoch in diesen Beiträgen die heranreifende Erkenntnis, dass die Familienpräsenz nicht zwangsläufig eine belastende Hypothek auf das Schicksal der Firma auferlegt, sondern sich durchaus auch als positive Entwicklungsbedingung herausstellen kann. Insbesondere wurde die Motivationswirkung, die ihre Partizipation am Unternehmen auslöst, als Erklärung171 für die hohe Zielorientierung familienbasierter Organisationsstrukturen und deren konsequenten Erfolg selbst in den entwickeltesten Industriesystemen angegeben. Die Charakterisierung von Familienunternehmen als Einheit zweier sich überschneidender Domänen bot zwar einen wertvollen analytischen Rahmen, stieß jedoch an die Grenzen einer grundsätzlich statischen Betrachtung. Gerade Familienunternehmen unterliegen aber im Laufe ihres Daseins stetigen und oftmals mehrdimensionalen Veränderungen (in der Zusammensetzung der Familie und der Eigentumsstruktur und in der Rollenverteilung im Unternehmen sowie im Haushalt), die sich nicht selten als existenzbedrohende Umstände erweisen können172. Um eine Ausweitung des Zwei-Systeme-Modells unter Einbeziehung der zeitlichen Dimension bemühten sich daher Autoren, die nach dem frühen Beispiel von Barnes und Hershon sowie McGivern173 Lebenszyklus-Konzepte in Bezug auf Familienunternehmen diskutierten. Trotz der zahlreichen Vereinfachungen, die diese ersten Dynamisierungsversuche in Kauf nahmen, sollte das ihnen gemeinsame Streben, typische Probleme und Besonderheiten von Familienunternehmen in Abhängigkeit von ihrer Entwicklungsphase herauszuarbeiten, zu einem der vielversprechendsten Forschungsansätze auf dem Gebiet führen174. Eine effektive Integration der verschiedenen Lebenszyklen (der Eigner, der Familie und des Unternehmens) blieb in den Pionierarbeiten aus den 1980er Jahren genau genommen aus. Churchill und Hatten175 beschrieben z. B. das Werden eines Familienunternehmens zwischen erster und zweiter Generation in vier aufeinander folgenden Stadien: „owner-managed business“ (kein Familienmitglied außer dem Gründer ist im Unternehmen tätig); „training and development of the new generation“ (die Abkömmlinge des Eigentümer-Managers engagieren sich im Geschäft); Vgl. Davis (1983), S. 52 – 53; Davis / Stern (1980), S. 209 – 211. Vgl. Davis (1983), S. 49 – 50. 172 Vgl. Gersick et al. (1997), S. 15 – 16. 173 Vgl. Abschnitt 2.3.2 in der Arbeit. 174 Ausgereifte familienunternehmensspezifische Lebenszyklusmodelle erschienen erst ab den 1990er Jahren. Siehe dafür Goehler (1993); Rosenbauer (1994); Gersick et al. (1997); Klein (2004a), S. 271 – 336. 175 Vgl. Churchill / Hatten (1987), S. 56 – 58. 170 171
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
„partnership between the generations“ (alte und junge Generation arbeiten partnerschaftlich zusammen); „transfer of power“ (die Führungsverantwortung wird auf die Nachkommen übertragen). Das Modell erfasst damit die strukturellen Veränderungen, die sich in der Familie biologisch bedingt ergeben, blendet allerdings den dynamischen Prozess aus, den das Unternehmen unabhängig davon durchläuft bzw. unterstellt unzulässig den synchronen Verlauf der beiden. Dem evolutionären Charakter des Unternehmens und dessen Organisation einerseits und der Beweggründe des Eigentümer-Managers und seiner Familie andererseits trug indes Wards176 Betrachtung Rechnung. Selbst in diesem Fall jedoch wurden die Entwicklungen entlang der genannten Dimensionen getrennt dargelegt; eine Synthese der verschiedenen Dynamiken in einem speziell auf Familienunternehmen zugeschnittenen Phasenmodell blieb dagegen aus. Wenig umfassende Anwendungen des Lebenszyklus-Gedankens gaben sich mit der Analyse phasentypischer Krisen zufrieden, die aus den Wechselwirkungen zwischen den Lebenszyklen des Unternehmens und der daran beteiligten Familienmitglieder resultieren177: „The heart of the crisis is the interrelationship between the personal life-cycles of the family members with respect to one other and to the life-cycle of the firm“178. Die Spannungen, die diese Überlagerungen herbeiführen, wurden insbesondere mit Bezug auf das Phänomen des Generationswechsels untersucht und als Ursache der oft akuten Schwierigkeiten erklärt, mit denen Familienunternehmen dabei konfrontiert werden. Neben Veröffentlichungen spekulativen Inhaltes (und davon zum Teil nicht eindeutig abzugrenzen) erschienen verstärkt in diesen Jahren operativ ausgerichtete Beiträge, die sich unmittelbar an das Publikum der (zumeist kleinen) Familienunternehmen wandten, um sie mit Anregungen und praktischen Hinweisen zu unterstützen. Die Warnung vor der Komplexität der Vermittlung zwischen den konfliktgeladenen Erfordernissen in der Arena des Familienunternehmens gehörte zu den Hauptanliegen dieser Beratungsliteratur 179. Jede Änderung im etablierten Gleichgewicht (u. a. infolge der Aufnahme neuer Familienmitglieder in die Firma sowie infolge von Profitabilitätserhöhungen oder -verlusten) würde demnach ein destabilisierendes Potenzial für das System bergen180. Sein Erfolg hänge daher kritisch von der Fähigkeit ab, sich an neue Konstellationen anzupassen und proaktiv auf deren Eintritt zu reagieren. Dazu könne nur die rechtzeitige Vornahme einer strategischen Planung verhelfen181. Deutlich wird die Unabwendbarkeit dieses Schrittes am Beispiel der Nachfolgeregelung, die nach wie vor einen zentralen Stellenwert in der Debatte über Familienunternehmen annahm. 176 177 178 179 180 181
Vgl. Ward (1997), S. 20 – 53. In diesem Sinn siehe auch Davis / Tagiuri (1989). Peiser / Wooten (1983), S. 65. Vgl. u. a. Babicky (1987), S. 25 – 26. Vgl. Beckhard / Dyer (1983a), S. 60. Vgl. Beckhard / Dyer (1983b), S. 10.
2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende
57
2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende 2.5.1 Die Internationalisierung der Debatte über Strukturen der Corporate Governance Einen weiteren, verunsichernden Schlag erfuhr der Erfolgsmythos der großen öffentlichen Kapitalgesellschaft infolge der Privatisierungswelle, die in den 1980er Jahren die US-amerikanische Wirtschaft trotz positiver Konjunktur und langer Börsenhausse erlebte. Der Rückkehr zahlreicher Unternehmen zu privaten Eigentumsverhältnissen, zusammen mit dem Vollzug von Übernahmetransaktionen und Aktienrückkaufprogrammen, ließ den Anteil der Vereinigten Staaten an der weltweiten Marktkapitalisierung binnen eines Jahrzehntes von 53,3 % auf 29,9 % schrumpfen182. Die Auseinandersetzung mit den Ursachen der Going Private-Bewegung führte zwischen Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre zu einem Überdenken der Rolle, die großen, divisionalisierten Unternehmen traditionell zugewiesen wurde. Die Krise der Public Equity wurde in der Literatur unterschiedlich gedeutet. Kensinger und Martin183 führten den Delisting-Trend auf die Verringerung der Kostenvorteile zentralisierter Produktionseinheiten zurück. Hierarchische Koordinationsstrukturen würden aufgrund der erhöhten Effizienz direkter Marktverhandlungen einen Verlust an Wirtschaftlichkeit einbüßen; ihre Existenzberechtigung verschwinde zudem in Industrien, die ihre Reifephase erlangt haben und in denen die Organisation folglich keine weiteren Wachstumsmöglichkeiten ausschöpfen kann. Integrierten Kapitalgesellschaften drohe daher, obsolet zu werden: Der laufende Privatisierungsprozess „is grinding firms down to ever-finer, smaller, more focused entities“184, deren Zusammenarbeit über Netzwerkstrukturen sicher gestellt werden soll. Kleine Unternehmen wurden in diesem Sinn explizit als bedeutende und dauerhafte Komponente der fortgeschrittensten Wirtschaftssysteme adressiert; ihre Flexibilität verleihe ihnen gerade unter Bedingungen ökonomischer Instabilität und Turbulenz einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung. Einen nicht transitorischen Charakter schrieb auch Jensen185 der „Eklipse“ des Publikumsgesellschaftsmodells zu. Sein Untergang sei bedingt durch den Interessenkonflikt zwischen Management und gestreutem Eigentum hinsichtlich der Verwendung von Unternehmensressourcen, insbesondere der Auszahlung des freien Cashflows. Das Versagen der Mechanismen zur Einschränkung der Ermessensfreiheit der Führungsinstanzen (externe Kontrolle durch den Produkt- und den Kapitalmarkt, interne Überwachungssysteme unter der Regie des Direktoriums) sei für 182 183 184 185
Vgl. Zingales (1995), S. 425. Vgl. Kensinger / Martin (1989). Kensinger / Martin (1989), S. 19. Vgl. Jensen (1989).
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
erhebliche Verschwendungen immer dann verantwortlich, wenn der Fluss an intern generierten Finanzmitteln die verfügbaren, profitablen Investitionsvorhaben übertrifft. In allen langsam wachsenden oder stagnierenden Sektoren „the decline of the public corporation [ . . . ] is real, enduring and highly productive“186. Ersetzt werden soll sie nicht etwa (wie von Kensinger und Martin behauptet) durch Gruppen von miteinander vernetzten Kleinunternehmen, sondern durch neue Organisationsmodelle, in denen aktive Investoren mit substantiellen Eigen- und / oder Fremdkapitalpositionen für eine effektive Überwachung der Managementfunktionen sorgen. Leveraged Buyouts (LBOs)-Gesellschaften würden ein paradigmatisches Beispiel dafür abgeben187. Obwohl die Fokussierung auf LBOs die Vision Jensens einengte und von Kritik auch nicht erspart blieb188, fanden seine Thesen eine partielle empirische Bestätigung in der von Kaplan189 durchgeführten Untersuchung über die Evolution des Organisationsstatus von LBOs im Laufe der Zeit. Die von ihm vorgelegte Evidenz unterstrich, dass typische Buyouts weder kurzfristiger Natur waren noch permanente Eigenschaften aufwiesen. Jensens Prognose, der entsprechend sie auf Dauer eine Revolution in der Eigentums- und Kontrollstrukturen der größeren Unternehmen aus traditionellen Branchen bewirkt hätten, wurde somit dementiert. Die Erhaltung von einem hohen Leverage in der post Buyout-Phase und der Fortbestand gebündelter Eigentumsinteressen in den unabhängig gebliebenen LBOs (ob privat oder öffentlich) untermauerte jedoch Jensens Argument, dass die Abwendung vom Publikumsgesellschaftsmodell auf ein Motivationsproblem (der Manager und ihrer Kontrollinstanzen) herrühren würde. Diese angeborene Schwäche würde Kapitalgesellschaften mit diffuser Finanzierung nur bedingt geeignet machen, sich im Wettbewerb mit anderen Organisationsformen zu bewähren. Neue Forschungsergebnisse über die Führungs- und Eigentumsstrukturen von US-Großunternehmen lieferten inzwischen weitere Belege für die Existenz signifikanter Eigenkapitalanteile in den Händen von sowohl internen Entscheidungsträgern als auch externen Investoren190. Selbst unter den ersten zehn (nach Marktkapitalisierung) börsennotierten Gesellschaften konnten demnach die drei wichtigsten Teilhaber im Durchschnitt Anspruch auf 20 % der Stimmrechte erheben191. Die Suggestion des von Berle und Means skizzierten Szenarios wurde nun plakativ zurückgewiesen: „dispersed ownership in large public companies is simply a Jensen (1989), S. 64. Ähnliche Argumente über die Kosten diffuser Eigentumsstrukturen und die möglichen Gewinne aus Going Private-Transaktionen (insbesondere in der Form von LBOs) führten DeAngelo / DeAngelo / Rice (1984), S. 371 – 374, an. 188 Vgl. für alle Rappaport (1990). 189 Vgl. Kaplan (1991). 190 Einen Überblick über die US-Empirie hinsichtlich der Diffusion konzentrierter Anteilseignerpositionen liefert Holderness (2003), S. 52 – 53. 191 Vgl. La Porta et al. (1998), S. 1147; die Autoren sprechen zwar von Eigenkapitalanteilen, messen jedoch faktisch die Konzentration der Stimmrechte. 186 187
2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende
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myth“192. Bekräftigt wurde dieses Urteil durch die mittlerweile verfügbare Empirie über die Kontrollstrukturen in Unternehmen außerhalb der Vereinigten Staaten. Nachdem die theoretische und empirische Debatte in den vergangenen Jahrzehnten durch einen beinahe monopolistischen US-Fokus geprägt wurde, gewannen internationale Studien über Aspekte der Corporate Governance ab Anfang der 1990er Jahre zunehmend an Bedeutung193. Von den Pionieruntersuchungen von Franks und Mayer194 über die erste, in vielerlei Hinsicht wegweisende Erhebung von La Porta et al.195 bis hin zum aufwändigen Projekt des European Corporate Governance Network196, führten die seitdem unternommenen komparativen Analysen zur einstimmigen Schlussfolgerung, dass „heavily concentrated share holdings and a predominance of controlling ownership seems to be the rule around the world“197. Die Grenzen dieser ersten vergleichenden Studien lagen zum einen in der exklusiven Berücksichtigung öffentlich gehandelter Unternehmen und zum anderen darin, dass auch dort, wo die Identität der vorhandenen Großaktionäre (Staat, vermögende Individuen, andere Unternehmen . . . ) angegeben wurde, nur die unmittelbaren Eigentumsverhältnisse Berücksichtigung fanden. Ein Unternehmen, das mehr als 25 % des Eigenkapitals an einer börsennotierten Gesellschaft hielt, wurde beispielsweise von Franks und Mayer als Inhaber einer herrschenden Beteiligung eingestuft, und zwar ohne Rücksicht auf dessen Anteilseignerstruktur. Unerforscht blieb sodann, ob der entscheidende Einfluss in der kontrollierenden Firma von einer Familie oder von Führungsangestellten ohne nennenswerte Residualansprüche ausging bzw. ob andere Interessen dort Vertretung fanden. Die intensiven Unternehmensverflechtungen, die auf Basis dieses Ansatzes für Deutschland und Frankreich festgestellt wurden, sagen jedoch wenig darüber, ob dieses so genannte Insider-System für eine Verselbstständigung des Managements von der Kontrolle der Financiers verantwortlich ist oder, umgekehrt, von einigen wenigen Eigenkapitalbeteiligten als Hebel eingesetzt wird, um ihr Kontrollpotenzial auszudehnen. Während der Bezug auf börsengehandelte Einheiten aus Gründen der Datenverfügbarkeit weiterhin erhalten blieb, wurde die Suche nach den Endeigentümern zum Thema zahlreicher späterer Untersuchungen198. Die Zurückverfolgung der Identität der endgültigen („ultimate“) Stimmrechtsinhaber über mehrere Kontrollstufen hinweg verschaffte einen sachgerechten Einblick in die Beziehung zwischen Eigentum und Kontrolle von großen Marktakteuren. Dabei wurde die Universalität des Unternehmensmodells nach Berle und Means faktisch widerlegt und die ErLa Porta et al. (1998), S. 1146. Vgl. Denis / McConnel (2003), S. 1 – 2. 194 Vgl. Franks / Mayer (1995). 195 Vgl. La Porta et al. (1998). 196 Vgl. Barca / Becht (2001). 197 Shleifer / Vishny (1997), S. 755. 198 Vgl. u. a. Faccio / Lang (2002); Klein / Blondel (2002); Blondel / Rowell / Van der Heyden (2002); La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999). 192 193
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
kenntnis festgehalten, dass „by far the dominant form of controlling ownership in the world is not that by banks or other corporations but rather by families“199. Dieser Befund räumt zugleich mit der eingewurzelten, fast karikaturartigen200 Darstellung von familienkontrollierten Unternehmen als Mikroeinheiten aus und weist auf Berührungspunkte der Forschung über Großfamilienunternehmen einerseits und konzentrierte Eigentumsstrukturen andererseits hin.
A 51 %
B
…
51 %
…
C 51 %
…
D
Die Prozentsätze beziehen sich auf den jeweiligen Eigenkapitalanteil. Es gilt die Annahme, dass die Eigenkapitalfinanzierung ausschließlich über Stammaktien erfolgt.
Unternehmen A kontrolliert die Mehrheit der Stimmrechte im Unternehmen D, obwohl sie nur zu 13 % an seiner Finanzierung beteiligt ist. Quelle: Eigene Darstellung.
Abbildung 2-4: Pyramidenstruktur
Aus der Blüte an Studien, die auf dem zuletzt genannten Gebiet um die Jahrtausendwende zu verzeichnen ist, können somit unter Umständen Ansätze gewonnen werden, die einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Beständigkeit familienbasierter Organisationsformen unter Unternehmen größerer Dimensionen liefern. Die Untersuchung der Mechanismen, derer sich kontrollierende Anteilseigner bedienen (können), um ihren herrschenden Einfluss sicher zu stellen, hat insbesondere zur Auseinandersetzung mit den Instrumenten geführt, die eine Trennung von Cashflow- und Stimmrechten bewirken. Dazu zählen in erster Linie die Einführung 199 La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999), S. 496. Familienkontrolle wird von den Autoren immer dann unterstellt, wenn die (direkten und indirekten) Stimmrechtsanteile eines Individuums oder einer Familie die Grenze von 20 % übersteigen. 200 Vgl. Habbershon / Pistrui / McGrann (2001), S. 48.
2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende
61
dualer Aktionärsstrukturen (z. B. durch die Emission von stimmrechtslosen Vorzugsaktien), der Abschluss von Abstimmungsvereinbarungen (Poolverträge) und die Ausnutzung pyramidal-hierarchischer Gruppenstrukturen, in denen die Gesellschaft an der Spitze der Pyramide effektive Kontrolle über untergeordnete Unternehmen trotz nicht mehrheitlicher Beteiligung an deren Finanzierung ausübt201 (siehe Abbildung 2-4). Die damit eng zusammenhängende Frage nach den Gründen für die nachhaltige Existenz konzentrierter Eigentumsinteressen hat eine intensive Debatte über die Möglichkeit für dominante Anteilseigner aufkommen lassen, kraft ihrer Position private Kontrollrenten auf Kosten der restlichen Residualanspruchsberechtigten auszuschöpfen202. Die Faktoren, welche die Höhe der erntbaren Kontrollprivilegien beeinflussen, sowie der Gesamtperformance-Effekt von gebündelten Stimmrechten stellen nach wie vor offene Forschungsfelder dar.
2.5.2 Familienunternehmen: die Etablierung als Forschungsfeld Nicht nur im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Führungs- und Eigentumsstrukturen börsennotierter Gesellschaften, sondern auch auf dem Gebiet der Studien über Familienunternehmen ließ der soweit unangefochtene Fokus auf Nordamerika203 allmählich nach. Die Widmung eines Spezialheftes der Family Business Review (Heft Nr. 2, 1991) an die Diskussion der weltweiten Evidenz über Familienunternehmen ist als Zeichen der heranreifenden internationalen Ausrichtung der Disziplin anzusehen. Ab Anfang der 1990er Jahre nahm die Aufmerksamkeit für familienbasierte Organisationsformen des Wirtschaftens dementsprechend auch außerhalb der Vereinigten Staaten verstärkt zu. Nichtsdestotrotz weist die Veröffentlichungstätigkeit über Familienunternehmen in der internationalen Arena einen noch heute erheblichen Nachholbedarf auf, was sowohl länderspezifische als auch komparative Ansätze angeht204. Die Tendenz der nicht US-Literatur, vorzugsweise empirische Arbeiten durchzuführen und sich konzeptionell an vorhandene Studien anzulehnen205, bestätigt den noch nicht geschafften Anschluss an die angloamerikanische Forschungsgemeinschaft. Im europäischen Raum ist in diesem Sinn emblematisch, dass das Family Business Network (konzipiert als Pendant des US-Family Firm Institute) auf Initiative von USWissenschaftlern gegründet worden ist206 und dass keine Alternative vergleichbaren Niveaus zur Family Business Review so weit hervorgebracht werden konnte. 201 Vgl. für einen Überblick über die entsprechende Literatur Denis / McConnell (2003), S. 16 – 19. 202 Vgl. Abschnitt 4.2.3 in der Arbeit. 203 Vgl. Westhead / Cowling (1998), S. 31 – 32; Lank (1991), S. 121. 204 Vgl. Bird et al. (2002), S. 348; Dyer / Sánchez (1998), S. 291. 205 Vgl. Wortman (1994), S. 17. 206 Vgl. Lank / Thomassen (1991), S. 225 – 226.
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2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
Die nicht unumstrittene Anerkennung im akademischen Milieu, die Spärlichkeit an entsprechend angelegten Forschungseinrichtungen und der damit einhergehende „Verlust“ von Fachkundigen an ausländischen Projekten sind zugleich Folge und Mitursache der relativ schwachen Profilierung des auf Familienunternehmen spezialisierten Studiengebiets in den Ländern des Alten Kontinents207. Das wachsende Bewusstsein der eigenen Identität und Existenzberechtigung als Untersuchungsfeld, das sich langsam (trotz der oben genannten Schwierigkeiten) herauskristallisierte, spiegelte sich in den frühen 1990er Jahren in einer kritischen Selbstreflexion der Familienunternehmen-Literatur über den so weit geleisteten Beitrag wider. Die Betonung aktueller methodologischer Schwächen, darunter der übermäßige Rückgriff auf „armchair articles“ und der Mangel an umfassenden, multidisziplinären Ansätzen208, zeugt, gemeinsam mit der Hervorhebung der Agenda für die künftige Forschung209, vom Streben nach mehr intellektueller Schärfe. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, war zunächst unabdingbar, das bislang eher vernachlässigte Problem der genauen definitorischen Erfassung von Familienunternehmen explizit zu adressieren und auf der Grundlage dieser begrifflichen Klärung die Suche nach empirisch belegten „Fakten“ über sie anzuspornen210. Trotz des zentralen Stellenwertes, den beide Themenkomplexe bis zur Jahrtausendwende für sich beanspruchten, sind die in diesem Sinn unternommenen Bemühungen weder in die erwünschte Konvergenz zu einer gemeinhin akzeptierten Deutung des Terminus noch in eine makellose quantitative Bestandsaufnahme des Universums der Familienunternehmen gemündet211. Unterschiedliche Untersuchungsdesigns und die Durchführung jeweils einmaliger Erhebungen erschweren insbesondere die Vergleichbarkeit der ermittelten Daten und schränken deren Aussagekraft ein. Die fehlende Koordination der vorhandenen Empirie, vielmehr als deren Mangel, ist daher für die Brüchigkeit der heute verfügbaren Evidenz verantwortlich zu machen. Jenseits der erwähnten Schwerpunkte dehnten sich die Grenzen des Forschungsfeldes ersichtlich aus. Nicht zuletzt dank des erwachenden Interesses unter Wissenschaftlern unterschiedlicher fachlicher Herkunft nahmen sowohl die Auswahl als auch der Vertiefungsgrad der behandelten Themenkomplexe bedeutend zu212. Auf das Problem der Nachfolgeregelung, zum Beispiel, entfiel nach wie vor der größte Teil der Aufmerksamkeit. Seine Betrachtung blieb jedoch nicht länger auf das allei207 Klein untersucht die erwähnten Umstände für den deutschsprachigen Raum und kommt zur Schlussfolgerung, dass die Forschung über Familienunternehmen hier unter einer Verspätung von ungefähr 10 – 12 Jahren gegenüber dem angloamerikanischen Standard leidet; vgl. Klein (2003a), S. 7 – 10. 208 Vgl. Wortman (1994), S. 3. 209 Vgl. u. a. Handler (1989), S. 258 – 272. 210 Vgl. Shanker / Astrachan (1996), S. 108. 211 Vgl. ausführlich Kapitel 3 in der Arbeit. 212 Für eine synthetische Klassifikation der in den 1990er Jahren erschienenen Artikel vgl. Bird et al. (2002) sowie Dyer / Sánchez (1998).
2.5 Die 1990er Jahre und die Jahrtausendwende
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nige Phänomen der Übertragung der unternehmerischen Verantwortung fokussiert, sondern umfasste die vielfältigen Dimensionen, die der Generationswechsel involviert: „the process [of succession; Anm. d. Verf.] requires the perspective of a multigenerational time frame and takes place in a rich stew of social, cultural, financial, legal, strategic, moral, and other dimensions that resist neat, linear thinking“213. Außerdem wurde jetzt zum ersten Mal die Frage offen ausgesprochen, die in der Vergangenheit durch indirekte Ansätze eher umgangen worden war: Ist die ökonomische Performance von Familienunternehmen im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen über- oder unterlegen?214 Darauf eine Antwort zu finden, wurde zum erklärten Ziel zahlreicher Untersuchungsbemühungen215, deren Streben nach endgültig aufklärender Evidenz jedoch bislang ohne Erfolg geblieben ist. Unter einem methodologischen Standpunkt zeichnete sich die voranschreitende Professionalisierung des Studiengebietes durch die Formulierung der ersten Modelle zur Erfassung bestimmter, auf Familienunternehmen bezogener Sachverhalte aus. Beliebtes Thema blieb auch in diesem Fall der Nachfolgeprozess, für dessen Abwicklung drei stilisierte Optionen in Betracht gezogen wurden: der Ausstieg der Familie durch den Unternehmensverkauf, ihr Verbleib als Großanteilseigner ohne aktive Führungsverantwortung und die Übernahme der Managementfunktion seitens eines Mitglieds der Eigentümerfamilie216. Die formal-mathematische Darstellung dieser Entscheidung erfolgte unter Zugrundelegung der typischen Kategorien einer Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung in dem Kontext sich überlappender Generationen. Die Integration des durch die Agency Theorie aufgespannten Modellrahmens um Erkenntnisse aus der Analyse vertrauensbasierter Institutionen217 bildete die Grundlage weiterer Formalisierungsversuche, in denen die Abbildung der Interaktion zwischen Unternehmen und Familie eine altruistische Einstellung der verwandtschaftlich verbundenen Subjekte zueinander explizit unterstellte218. Die Systemtheorie bot weiterhin auf mikroanalytischer Ebene die herrschende theoretische Grundlage zur Analyse der Eigenheiten von Familienunternehmen219. Familie und Unternehmen stellen demnach sich überschneidende „Subsysteme“ dar, aus deren Zusammenwirken sich das „Supersystem“ Familienunternehmen ergibt220. Eine übergeordnete Theorie der Familienunternehmung kann bzw. soll nach diesem Ansatz aus der Zusammenfügung der Beiträge der betroffenen EinzelAronoff (1998), S. 181. Vgl. Donckels / Fröhlich (1991), S. 160. 215 Vgl. u. a. Anderson / Reeb (2003a); Ehrhardt / Nowak (2003a); Gnan / Montemerlo (2001); Daily / Dollinger (1992). Näheres dazu unter Abschnitt 4.6 in der Arbeit. 216 Vgl. Battacharya / Ravikumar (2004); Burkart / Panunzi / Shleifer (2003). 217 Vgl. Casson (2000), S. 215 – 216. 218 Vgl. Chami (2001). 219 Vgl. für alle Carlock / Ward (2001) sowie Gersik et al. (1997). 220 Vgl. für eine umfassende Diskussion des systemtheoretischen Paradigmas Schmidt (1997), S. 155 – 309. 213 214
64
2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
disziplinen entwickelt werden221. Nicht nur erlaubte die Zerlegung des Untersuchungsobjektes in seine Komponenten die unmittelbare Verwertung von vorhandenem Wissen aus unterschiedlichen Branchen222, sondern sie bewirkte auf diesem Weg auch eine erhebliche Komplexitätsreduzierung und brachte für die auf dem Gebiet durchgeführten Studien eine nahezu mühelose Strukturierungsmöglichkeit mit sich. Auf die Gefahr der systemorientierten Sichtweise, den Dualismus von Familie und Unternehmen auf Kosten der Betrachtung des Familienunternehmens als eigenständiges Gebilde überzubetonen, hatte die Literatur bereits früh223 hingewiesen. Zu den Folgen dieser Polarisierung zählen unter anderem die stereotypierte Gegenüberstellung von einem rationalen und einem emotionalen System, deren gegenseitige Abgrenzung als überlebensnotwendige Bedingung oftmals hervorgehoben worden ist, und die unbefriedigende Berücksichtigung der zwischenmenschlichen Dynamik außerhalb der Familiensphäre224. Schließlich führt die Emphase auf die getrennte Behandlung der Subsysteme zur Verkennung eines der zentralen Inhalte der Systemtheorie, die in dem Ganzen mehr als die bloße Summe der jeweiligen Teile sieht225. Dass Familienunternehmen häufig als „hybrid of two subsystems“ anstatt als „single entity sui generis“226 erfasst worden sind, darf insofern nicht der systemtheoretischen Perspektive an sich zum Vorwurf gemacht werden. Die Sensibilisierung für die möglichen Grenzen des so genannten „dual system approach“ hat jedenfalls keine neue theoretische Fundierung des Feldes bewirkt: Alternative Ansätze sind bislang eher isoliert geblieben. Das gilt z. B. für den Versuch, den Prozess der Entscheidungsfindung in kleinen Familienunternehmen als Spannungsfeld aufeinander einwirkender Kräfte zu beschreiben, die jeweils familiäre und unternehmerische Logiken widerspiegeln (Feldtheorie)227. Auch die dahingehende Modifizierung der Systemansicht, Familienunternehmen nicht als Integration der zwei einander überlappenden Subsysteme der Familie und des Unternehmens aufzufassen, sondern als strukturelle Kopplung zwischen den überVgl. Quermann (2004), S. 17, und die dort angegebene Literatur. „There are many instances where identical principles were discovered several times because the workers in one field were unaware that the theoretical structure required was already well developed in some other field. General system theory will go a long way towards avoiding such unnecessary duplication of labor“; Bertalanffy (1998), S. 33 – 34. 223 Vgl. Kepner (1983), S. 58. Diese Tendenz ist den folgenden Worten deutlich zu entnehmen: „The distinct but interacting family and organizational agenda are central to an analysis of the family business. On the one hand, we can examine the behavior of the firm as a taskoriented business [ . . . ]. On the other hand, we can examine the basic assumptions governing behavior in the family business which are derived primarly from the emotional relationships which constitute the family process“; Davis / Stern (1980), S. 210. 224 Vgl. Whiteside / Brown (1991), S. 384 – 391. 225 Vgl. Whiteside / Brown (1991), S. 391. 226 Hollander / Elman (1988), S. 162. 227 Vgl. Riordan / Riordan (1993). 221 222
2.6 Zwischenfazit
65
schneidungsfrei existierenden Bereichen der Familie einerseits und des Familienunternehmens andererseits (Theorie der selbstreferentiellen Systeme)228 büßt ihren Anspruch auf „theoretische Stringenz“ mit einem zu hohen Abstraktionsgrad ein. Auf der Makroebene hat die Beziehung zwischen Präsenz und Bedeutung von Familienunternehmen und ökonomischer Entwicklung eines Landes das Interesse nicht nur wirtschaftshistorischer229, sondern zunehmend auch wirtschaftspolitischer Betrachtungen230 hervorgerufen. Angespornt worden ist diese junge Entwicklung nicht zuletzt durch die oben angesprochene Internationalisierung der Debatte über die institutionellen Führungs- und Eigentumsstrukturen öffentlich notierter Gesellschaften. Die in diesem Kontext neu zu verzeichnende Aufmerksamkeit für institutionelle Rahmenbedingungen (spezifisch: für die Bestimmungen zum Schutz der Minderheitsanteilseigner) trägt der Anforderung Rechnung, die Industriestruktur und ihre Eigenschaften nicht isoliert und abstrakt zu betrachten, sondern als abhängiges Moment einer Totalität, die historische Gegebenheiten maßgebend geprägt haben. Ausgehend von den in solchem Zusammenhang entwickelten Ansätzen zur Erklärung der Präsenz und zur Analyse der Auswirkungen konzentrierter Eigentumsstrukturen – und sich daran so weit stark anlehnend231 –, ist die Forschung über Familienunternehmen nun bestrebt, sich diese umfassende Perspektive anzueignen.
2.6 Zwischenfazit Der Zwiespalt zwischen dem anhaltenden volkswirtschaftlichen Stellenwert von Familienunternehmen weltweit und deren schwacher Thematisierung in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion über mehr als ein halbes Jahrhundert ist ein oft festgestelltes, jedoch wenig hinterfragtes Paradox. Eine fundierte Erklärung hierfür wurde im vorliegenden Kapitel auf den lang anhaltenden Erfolgsmythos des anonymen Großunternehmens zurückgeführt, der seine Wurzeln in der nordamerikanischen Literatur der 1930er Jahre schlug. Das Modell der Publikumsgesellschaft im Streubesitz wurde danach zum Paradigma ökonomischen Handelns erhoben. Ihm gegenüber hätten alternative Organisationsformen, im Speziellen Familienunternehmen als Ausdruck eines traditionellen Unternehmertums, nur eine kümmerliche Existenz führen können: „the individual proprietor“, fasste Galbraith zusammen, „is not the heartland of the modern economy“232. Das ForVgl. Schmidt (1997), S. 296 – 302. Vgl. Colli (2003), S. 24 – 25. 230 Vgl. z. B. Bhattacharya / Ravikumar (2001). 231 Im Modell von Burkart / Panunzi / Shleifer (2003) ist der Einfluss der „Law and Finance“-Literatur deutlich zu erkennen; Ehrhardt / Nowak (2003b) überprüfen mit Bezug auf deutsche Familienunternehmen theoretische Modelle, die in dem allgemeineren Zusammenhang konzentrierter Anteilseignerstrukturen konzipiert worden sind. 232 Galbraith (1968), S. 9. 228 229
66
2 Familienunternehmen in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion
schungsdefizit auf dem Gebiet der Familienunternehmen ist somit als Folge deren prognostizierten oder angenommenen Marginalitätsdaseins zu begründen. Diesem Erklärungsansatz wurde im vorliegenden Kapitel auf den Grund gegangen. Der Rückblick über das Werden von Familienunternehmen in der wissenschaftlichen Betrachtung geht dabei von der Auseinandersetzung mit der These von Berle und Means aus. Die Trennung von Verfügungsgewalt und Residualansprüchen galt in der Analyse der beiden Autoren als konstitutives Merkmal der großen modernen Kapitalgesellschaft, der sie auch künftig zunehmende Relevanz zuschrieben: „Economic power [ . . . ] is apparently responding to a centripetal force, tending more and more to concentrate in the hands of a few corporate managements. At the same time, beneficial ownership is centrifugal, tending to divide and subdivide, to split into ever smaller units and to pass freely from hand to hand. In other words, ownership continually becomes more dispersed“233. Der Einfluss dieser 1932 ausgesprochenen Botschaft war weit reichend. Ihre zentralen Inhalte wurden von zahlreichen Autoren aufgegriffen und zur Grundlage einer technisch-bürokratischen Unternehmensauffassung gemacht, die das Wirtschaftsdenken bis in die 1970er Jahre maßgebend prägte. Durch einige der repräsentativsten Werke der so charakterisierten Studienrichtung wurde im Laufe der unternommenen Rekonstruktion das Echo der Vision von Berle und Means entsprechend zurückverfolgt. Das Ziel bestand darin, die Implikationen der von ihnen vertretenen Anschauung für Familienunternehmen als Objekt wissenschaftlichen Interesses systematisch herauszuarbeiten. Insbesondere konnte dokumentiert werden, wie der Untergang des Familienkapitalismus in den entwickelten Industrievolkswirtschaften jahrzehntelang geradezu als selbstverständlich angenommen wurde. Der Fokus auf die angloamerikanische Literatur spiegelt hierbei die Vorzeigerolle der US-Wirtschaftsforschung wider234 und beeinträchtigt die Tragweite der gewonnenen Erkenntnisse nicht. Der Glaube an das Siegesschicksal von Großunternehmen in Form von Publikumsgesellschaften geriet erst ab den 1970er Jahren zunehmend in den Blickwinkel der Kritik. Von nun an vervielfältigten sich die Stimmen, die unter Zuhilfenahme empirischer sowie theoretischer Beweisführungen die Dominanz anonymer Kapitalgesellschaften in Frage stellten. Als Gegenstück dazu ist die wachsende Aufmerksamkeit zu interpretieren, die Familienunternehmen in der wissenschaftlichen Debatte für sich beanspruchten: Aus den Schwachstellen des Publikumsgesellschaftsmodells wurden Entfaltungsmöglichkeiten für alternative Organisationsformen abgeleitet. Die enge Verzahnung dieser zwei Momente betont die GrenBerle / Means (1999), S. 9. „[ . . . ] in this context [of the United States’ post-war economic dominance; Anm. d. Verf.], it was easy for researchers – including non-US researchers – to assume implicitly that American theories also dominated. We could argue that the field was imprinted with a US orientation“; Boyacigiller / Adler (1991), S. 264 – 265. Vgl. in ähnlichem Sinn auch Jones / Rose (1993), S. 2. 233 234
2.6 Zwischenfazit
67
zen der traditionellen Darstellung, die das Werden von Familienunternehmen in der Wirtschaftsliteratur anhand der Evolution der Studien aus dem Gebiet des „Family Business“ ab den späten 1980er Jahren zusammenfasst. Die umfangreiche Literaturauswertung, die im Rahmen des vorliegenden Kapitels vorgenommen wurde, trägt somit der Anforderung Rechnung, einen umfassenden Bogen über die Entwicklung des wissenschaftlichen Standpunktes in Bezug auf Familienunternehmen aufzuspannen. Der dokumentierte, umkämpfte Evolutionsprozess einer spezialisierten Forschungsrichtung erklärt den noch preparadigmatischen Status235 der Studien über Familienunternehmen. Ihr daraufhin naher Fokus und fragmentarischer Charakter decken den Bedarf für breit angelegte Untersuchungsbestrebungen auf, denen ein integrativer Ansatz zugrunde liegt. Diesen Anspruch erfüllt die im weiteren Verlauf der Arbeit thematisierte Fragestellung hinsichtlich der Erhaltungs- bzw. Ausdauermerkmale von Familienunternehmen. Ihre Ableitung folgt unmittelbar aus der festgestellten Diskrepanz zwischen der früh ausgesprochenen Prognose eines unumgänglichen Bedeutungsverlustes familienbasierter Organisationsformen und der Realität ihrer nach wie vor starken Verbreitung. Das Bestehen weiterhin gespaltener Meinungen über die Zukunftsperspektiven von Familienunternehmen, wie bereits unter Abschnitt 1.1 hervorgehoben, sowie der Mangel an systematischen Untersuchungsbemühungen in der Richtung bestätigen die Existenz eines dahingehenden Forschungsbedarfs. Bevor das skizzierte Anliegen nun konkret in Angriff genommen werden kann, ist es unabdingbar, sich in einem Zwischenschritt dem Problem der Definition von Familienunternehmen zu stellen. Aus seiner Thematisierung gehen die Ausführungen im nächsten Kapitel dementsprechend aus. Die Überleitung zur ersten, soziologisch geprägten Betrachtungsperspektive der Arbeit erfolgt dabei nahtlos in Zusammenhang mit der Vertiefung die Familie betreffender, begrifflicher und evolutorischer Aspekte.
235
Zum Thema vgl. allgemein Zammuto / Connolly (1984), S. 30 – 32.
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen 3.1 Zur Abgrenzung der Definitionsproblematik Die rigorose Erfassung eines Begriffes, der dem allgemeinen Sprachgebrauch entstammt bzw. im Alltag Verwendung findet, erweist sich oft als heikle Aufgabe236. Auch bei dem Nicht-Fachmann löst die Bezeichnung Familienunternehmung spontane Assoziationen und Vorstellungen aus, die vom kleinen TanteEmma-Laden an der Ecke bis hin zu den Unternehmerdynastien der Fords, der Henkels, der Agnellis oder der Bonniers reichen. Auf diesem intuitiven Verständnis aufbauend hat gerade die ältere Literatur eine Abgrenzung des Terminus zum Teil nicht237 oder nur vage vorgenommen. Als Familienunternehmen gilt z. B. für Barry „an enterprise which, in practice, is controlled by the members of a single family“238. Selbst in den Beiträgen, die sich dem genannten Mangel entziehen, steht die Vielzahl der jeweils zugrunde gelegten Identifikationskriterien einer einheitlichen Abbildung des Universums der Familienunternehmen entgegen. Nicht zuletzt aus diesem Grund lässt sich die Wahl der Verfasserin erklären, die Diskussion der begrifflich-konzeptionellen Grundlagen im Anschluss an die Literaturaufarbeitung hinauszuschieben anstatt sie unmittelbar nach dem einführenden Teil aufzunehmen. Die üblichere Vorgehensweise, die Arbeit mit der Definition des Untersuchungsgegenstandes zu eröffnen, hätte das Risiko beinhaltet, die variierende Bedeutung des zu Rede stehenden Begriffes in der angeführten Literatur implizit (und unzulässig) auf einen Inhalt zu normieren239. Auf die definitorische Unschärfe bezüglich der Wesensmerkmale des Analyseobjektes gehen Schwierigkeiten im Prozess der Erkenntniskumulation zurück240. Der fehlende Verlass auf eine gemeinhin akzeptierte Begriffsbestimmung zwingt zum einen zur wiederholten, aufwändigen Auseinandersetzung mit dem Problem der konzeptionellen Abgrenzung von Familienunternehmen. Zum anderen führt der Rückgriff auf nicht einheitliche Klassifikationskriterien dazu, dass zum Teil unterschiedliche bzw. nicht homogene Organisationsformen jeweils im Zentrum Vgl. Klein (2004a), S. 56. Siehe u. a. Barnes / Hershon (1976); Levinson (1971); Tilles (1970). 238 Barry (1975), S. 42. 239 Auf die Gefahr, dass der Begriff von Familienunternehmen normativen Charakter annimmt, weisen Habbershon / Pistrui / McGrann (2001), S. 48 – 49, hin. 240 Vgl. Sharma (2004), S. 3. 236 237
3.1 Zur Abgrenzung der Definitionsproblematik
69
der Ausführungen stehen241. In dem Maße, in dem keine Einigkeit darüber existiert, was Familienunternehmen ausmacht, können somit die aus verschiedenen Quellen gewonnenen Einsichten nicht (zumindest nicht ohne weiteres) einfach additiv zum Ausbau einer sicheren Wissensbasis herangezogen werden242. Indem er auf diesen für die Weiterentwicklung des Forschungsfeldes hindernden Effekt hinweist, mahnt Handler noch Ende der 1980er Jahre, dass „defining the family firm is the first and most obvious challenge facing the family business researcher“243. Trotz der Aufmerksamkeit, die dem Thema seitdem gewidmet worden ist, ist der Versuch einer endgültigen begrifflichen Klärung fehlgeschlagen. Die Begründung hierfür fasst Colli244 unter Zuhilfenahme der Kategorie des „concept too many“ am wirksamsten zusammen. Gemeint wird damit, dass keine Definition von Familienunternehmen die Vielfalt an Schattierungen erschöpfend darstellen kann, die der Terminus beinhaltet. Da jede inhaltliche Fixierung seiner Grenzen dementsprechend ein Element der Willkür unvermeidlich enthält, sei kein über den Einzelfall hinausreichender Ausweg aus der definitorischen Querele möglich. Es kann folglich nicht Anspruch des vorliegenden Kapitels sein, eine allgemeingültige Antwort auf die Frage nach der genauen Qualifizierung des Begriffs von Familienunternehmen anzubieten. Über die Systematisierung der in diesem Sinn bislang unterbreiteten Ansätze sollen vielmehr die Anforderungen ausgearbeitet werden, denen eine begriffliche Abgrenzung genügen soll. Diese gelten gleichzeitig als Maßstab zur kritischen Auswertung der existierenden Klassifikationsvorschläge und als Richtlinie für die Formulierung einer eigenen Arbeitsdefinition. Bei ihrer Ableitung wird gesondert auf die Dimension der Familie eingegangen. Dafür spricht zunächst die Tatsache, dass ihre Konturen genauso wenig selbstverständlich umrissen sind als die des Oberbegriffs (Familienunternehmen), den es zu definieren gilt (bestimmt ausschließlich die Blutverwandtschaft über die Familienbande? Wo sollen die Grenzen der Familiengemeinschaft gesetzt werden?). Es ist eine nachzuholende Schwäche vieler vergangener (vor allem englischsprachiger) Literatur, diesem Aspekt kaum Beachtung geschenkt zu haben. Die definitorische Klärung ist jedoch nicht der alleinige Grund für den Exkurs über die Familie. Angestrebt wird darüber hinaus die Hervorhebung eines so weit vernachlässigten Blickwinkels für die Beurteilung der Zukunftsträchtigkeit der auf ihr basierenden Unternehmensmodelle. Für die Analyse der Familiendimension verweist die Literatur traditionell auf Erkenntnisse aus dem Bereich der Familienpsychologie. Ihr Augenmerk fällt auf das Studium der intrafamiliären Dynamik und ihrer Auswirkungen im Zusammenhang mit der betrieblichen Sphäre. Die Auseinandersetzung mit dem Thema der Familie kann aber auch aus anderer Per241 242 243 244
Vgl. Handler (1989), S. 262. Vgl. Lansberg / Perrow / Rogolsky (1988), S. 2. Handler (1989), S. 258. Vgl. im gleichen Sinn auch Litz (1995), S. 71. Vgl. Colli (2003), S. 19.
70
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
spektive erfolgen, indem sie als sozioökonomische Einheit betrachtet und ihr Evolutionsprozess unter historisch-soziologischen Gesichtspunkten berücksichtigt wird. Diesem Weg wird im Rahmen der folgenden Ausführungen mit dem Ziel nachgegangen, aus Überlegungen hinsichtlich der strukturellen und funktionellen Veränderungen der Familie als ganzes Gebilde mögliche Rückschlüsse für die Kontinuität von Familienunternehmen zu ziehen. Der Rückblick über die in der Literatur vertretenen Auffassungen von Familienunternehmen nimmt den zweiten Teil des Kapitels (Abschnitt 3.2) in Anspruch. Die vorgeschlagene Gliederung in theoretische, merkmalsorientierte und multidimensionale Begriffsbestimmungen schafft dabei gleichzeitig die Grundlage, um die präsentierten Definitionsansätze systematischer Kritik zu unterziehen. Allgemein bemängelt wird insbesondere die kaum vorhandene Thematisierung von familiensoziologischen Aspekten. Ihrer Vertiefung wird folgerichtig der sich anschließende Abschnitt 3.3 gewidmet. Die Diskussion über die semantische Vielfältigkeit der Bezeichnung Familie wird hier vor dem Hintergrund des säkularen Wandels derer Strukturen und Funktionen geführt. Unmittelbar daran knüpft die erste Untersuchungsperspektive der Arbeit an, welche der Frage nachgeht, ob das sich historisch abzeichnende Phänomen der Privatisierung der Familie ihre Rolle als Träger unternehmerischer Verantwortung beeinträchtigt hat bzw. es perspektivisch tun wird. Die Erkenntnisse aus den vorausgegangenen Ausführungen bilden schließlich im Abschnitt 3.4 die Ausgangsbasis für die Ableitung der für die Arbeit maßgebenden Definition von Familienunternehmen. Eine Auswertung der vorhandenen Empirie soll darauf aufbauend eine Einschätzung der volkswirtschaftlichen Bedeutung familienbasierter Organisationsformen ermöglichen (Abschnitt 3.5), bevor ein Zwischenfazit das Kapitel abschließt.
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur 3.2.1 Theoretische Definitionen Gemeinsame Grundlage aller vorgeschlagenen Definitionen von Familienunternehmen bildet die Erkenntnis, dass ihnen die enge Beziehung zwischen Familie und Wirtschaftsorganisation das Gepräge gibt245. Eine theoretisch fundierte Erfassung dieser Verflechtung bietet der Systemansatz an. Danach begründet die strukturelle Kopplung von Familie und Unternehmen als Institutionen, die nach unterschiedlichen Prinzipien organisiert sind, den Charakter von Familienunternehmen: „Sie bilden füreinander Umwelten, die sich gegenseitig perturbieren (stören und / oder anregen) und eine ko-evolutive Einheit bilden“246. Vgl. u. a. Gersik et al. (1997), S. 1; Hammer / Hinterhuber (1994), S. 14. Simon (1999a), S. 198. Zur Anwendung der Systemtheorie auf das Studium von Familienunternehmen siehe ausführlicher die Abschnitte 2.4.2 und 2.5.2 in der Arbeit. 245 246
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
71
Tabelle 3-1 Ausgewählte systemtheoretische Auffassungen von Familienunternehmen Kepner (1983):„The various perspectives all regard the family and firm as subsystems of a meta-system in which boundaries are overly diffuse and permeable“247. Lansberg (1983): „Family firms [are organizations that; Anm. d. Verf.] exist on the boundaries of two qualitatively different social institutions – the family and the business“248. Davis (1983): „It is the interaction between two sets of organizations, family and business, that establishes the basic character of the family business and defines its uniqueness“249. Beckhard u. Dyer (1983): „We can think of the subsystems in the family firm system as including (1) the business as an entity, (2) the family as an entity, (3) the founder as an entity, and (4) such linking organizations as the board of directors“250.
Mit Hilfe der Systemtheorie wird ein konzeptioneller Rahmen aufgespannt, der eine holistische Betrachtung der Unterscheidungsmerkmale von Familienunternehmen ermöglicht251. Diese werden genau genommen nicht definiert, sondern durch die Konsequenzen aus dem Zusammenwirken eines emotionsgeladenen und eines produktions- bzw. effizienzorientierten Systems charakterisiert. Es findet mit anderen Worten keine begriffliche Abgrenzung im engeren Sinn statt (den „Definitionen“ in der Tabelle 3-1 kann ein tautologischer Inhalt teilweise nicht abgesprochen werden); vielmehr wird das Untersuchungsobjekt in einer weiterführenden Analyse über seine Eigenschaften beschrieben. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass die (bislang nicht näher spezifizierte) Involvierung der Familie in einer Wirtschaftsorganisation ein strukturell konstitutives Element der Familienunternehmung darstellt. Inwiefern sich daraus signifikante Verhaltensunterschiede im Vergleich zu nicht familienbasierten Betriebsformen ergeben, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Wenn also „Familieneinfluss“ als zentrales Abgrenzungsmerkmal nicht angezweifelt wird, besteht über seine Deklination eine Vielfalt an Interpretationen (siehe Tabelle 3-2). Thematisiert wird allgemein die Wirkung der Familienpräsenz auf die Unternehmenspolitik, -strategie und -organisation252. Diese jeweils partiellen Sichtweisen können zusammenfassend auf die Idee einer möglichen familienbedingten Ausprägung der betrieblichen Zielsetzungen zurückgeführt werden253. Selbst diese weit gefasste 247 248 249 250 251 252 253
Kepner (1983), S. 58. Lansberg (1983), S. 40. Davis (1983), S. 47. Beckhard / Dyer (1983b), S. 6. Vgl. Schmidt (1997), S. 293. Vgl. auch Hammer / Hinterhuber (1994), S. 14. Vgl. in diesem Sinn z. B. König (1986), S. 29.
72
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen Tabelle 3-2 Ausgewählte theoretische Definitionen von Familienunternehmen
3————— SUBJEKTIVITÄT —————
Donnelley (1964): „A company is considered a family business when it has been closely identified with at least two generations of a family and when this link has had mutual influence on company policy and on the interest and the objectives of the family“254. Schmidt (1997): „Danach ist eine Familienunternehmung eine Organisation, die mit einer oder mehreren Familie(n) strukturell gekoppelt ist, wobei aus dieser strukturellen Kopplung heraus signifikant bedingte Einflüsse in der Organisation zu beobachten sind“255. Schürmann u. Körfgen (1997): „So unterschiedlich Familienunternehmen in der Praxis auch sind, ausschlaggebend ist, daß der Familieneinfluß deutlich wird und so stark ist, daß er letztlich die Zielsetzung des Unternehmens bestimmen kann“256. Hennerkes, Binz u. May (1987): „Als Familiengesellschaften werden ungeachtet ihrer Größe und Rechtsform solche Gesellschaften bezeichnet, deren Erscheinungsbild maßgeblich durch das Selbstverständnis und Wertesystem einer oder mehrerer Familien bestimmt ist“257. Litz (1995): „A business firm may be considered a family business [ . . . ] to the extent its members strive to achieve, maintain, and / or increase intraorganizational family-based relatedness“258. Hennerkes (1998): „[Der Begriff Familiengesellschaft setzt voraus; Anm. d. Verf.] daß die Familienmitglieder in eigener Wertung die familiäre Verbundenheit und die von der Familie aufgestellten Prinzipien als tragendes Element ihrer unternehmerischen Tätigkeit betrachten. Man ist also nicht etwa per Definition Familiengesellschaft, sondern man will Familiengesellschaft sein“259. Chua, Chrisman u. Sharma (1999): „The family business is a business governed and / or managed with the intention to shape and pursue the vision of the business held by a dominant coalition controlled by members of the same family or a small number of families in a manner that is potentially sustainable across generations of the family or families“260.
Definition bleibt jedoch primär auf die objektivierende Feststellung des Effektes der Familiengebundenheit fokussiert. Erst der Verweis auf die Permeabilität des Unternehmens gegenüber dem Wertesystem der Familie bietet jene konzeptionelle Fundierung der Andersartigkeit von Familienunternehmen, die für eine theoreti254 255 256 257 258 259 260
Donnelley (1964), S. 94. Schmidt (1997), S. 297. Schürmann / Körfgen (1997), S. 8. Hennerkes / Binz / May (1987), S. 469. Litz (1995), S. 78. Hennerkes (1998a), S. 2 (Fettdruck nach dem Original). Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 25.
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
73
sche Abgrenzung unerlässlich ist261. Die Hervorhebung der Unternehmenskultur als sein ausschlaggebendes Wesensmerkmal kennzeichnet den progressiven Übergang zu einer verstärkt subjektiven Auffassung des Analyseobjektes. Schon lange hatte gerade die deutschsprachige Literatur den Willen, die Unternehmung in den Händen der Familie zu erhalten, als qualifizierende Eigenschaft der entsprechenden Organisationsform angeführt262. Erst mit Litz263 aber wird der Erhaltungswille, dynamisch interpretiert als Streben nach „family-based relatedness“, zum eigenständigen, begriffsbestimmenden Faktor. Dadurch wird der Akzent nicht nur auf den Aspekt der Kontinuität gesetzt, sondern darüber hinaus auf die Vorsätzlichkeit der familiären Bindung an das Unternehmen. Nur die bewusste Pflege dieser Beziehung und der Wunsch nach ihrer auch künftigen Aufrechterhaltung rechtfertigt nach dem so genannten „intention-based approach“ die Bezeichnung von Familienunternehmen. Fehlt solche Absichtlichkeit, dann seien selbst Organisationen, in denen eine Familie im Eigentum und / oder Management nicht unbedeutend vertreten ist, als „potenziell Nicht-Familienunternehmen“ einzustufen. Tatsächlich besticht der Ansatz von Litz durch seine Stringenz in der Auslegung der subjektiven Bedeutung des Familienunternehmenseins. Auch die sonstigen subjektiven Begriffskomponenten, die in der Literatur angesprochen werden (Wertevorgabe durch die Familiengruppe, Kontinuität auch im Sinne der Tragfähigkeit dieser Familienbestimmung) können letztlich als einzelne Ausprägungen des Willens, weiter als Familienunternehmen zu bestehen, gedeutet werden.
3.2.2 Merkmalsorientierte Definitionen Die Qualität einer theoretischen Begriffseingrenzung soll an ihrer Fähigkeit gemessen werden, die Einzigartigkeit des zu erfassenden Phänomens greifbar zu machen264. Im Fall von Familienunternehmen wird dieser Anforderung am besten unter Rückgriff auf Kriterien wie „latent aspirations“265 und Unternehmensvision und -kultur266 Genüge getan: „Nur wenn man sich nicht auf exakte, intersubjektiv leicht nachprüfbare Merkmale beschränkt, lässt sich bestimmen, was eine Fami261 „A theoretical definition should distinguish one entity, object, or phenomenon from another based on a conceptual foundation of how the entity, object, or phenomenon is different and why the differences matter“; Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 23. Basierend auf dieser Auffassung unterscheidet sich die hier vorgenommene Systematisierung der Definitionen von Familienunternehmen von der Klassifikation anderer Autoren, darunter insb. Quermann (2004), S. 8 – 27, sowie Schmidt (1997), S. 292 – 294. 262 Vgl. Löwe (1979), S. 29; Oetker (1969), S. 11 – 12; Bertsch (1964), S. 9 – 10; Hengstmann (1935), S. 17. Kritik gegen die Einbeziehung dieses Merkmals zur definitorischen Abgrenzung von Familienunternehmen äußert Watermann (1999), S. 14. 263 Vgl. Litz (1995), insb. S. 75 – 77. 264 Vgl. Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 22. 265 Litz (1995), S. 75. 266 Vgl. dazu auch Hennerkes (1998b), S. 25.
74
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
liengesellschaft ist“267. Solche subjektiv geprägten Eigenschaften büßen jedoch den Vorteil ein, zum Zwecke der Ableitung einer statistischen Definition nicht direkt umsetzbar zu sein. Dies kann nicht sinnvoll als niederschmetterndes Argument gegen den theoretischen Definitionsansatz per se verwendet werden, führt aber ein weiteres Problem ein. Empirische Forschung, mahnt Carsrud, stellt die Voraussetzung dafür dar, dass sich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Familienunternehmen nicht zu einer neuen Art der Phrenologie entwickelt268. Eine operable Begriffsbestimmung, welche die Unschärfe der abstrakten Charakterisierung des Untersuchungsobjektes umgeht, ist somit unerlässlich. Um sie zu gewährleisten, wendet sich die Literatur von der Reflexion über die möglichen Auswirkungen der Beziehung zwischen Familie und Unternehmen ab. Stattdessen wird die Aufmerksamkeit auf das Zustandekommen des Familieneinflusses gelenkt. Beobachtbare Indikatoren des Ausmaßes der Familienpräsenz in der Wirtschaftsorganisation werden dementsprechend als Definitionsgrundlage herangezogen. Über sie wird nicht direkt der besagte Einfluss, sondern indirekt das Potenzial zu dessen Entfaltung erfasst. Dieser Logik entsprechend erfolgt die definitorische Abgrenzung unter überwiegender Berücksichtigung dreier Merkmale. Dazu zählen der Umfang der Familienbeteiligung am Eigenkapital bzw. an den Stimmrechten des Unternehmens, die aktive Teilnahme von Familienmitgliedern an der Unternehmensleitung und die eingetretene oder beabsichtigte Übergabe der Unternehmenslenkung von einer Familiengeneration zur nächsten. Einzeln oder in Kombination werden diese Kriterien eingesetzt, um familienbasierte Organisationsformen des Wirtschaftens gegenüber alternativen Unternehmensmodellen distinktiv zu charakterisieren. Je nachdem, ob eine Konkretisierung der erwähnten Eigenschaften vorgenommen wird oder ausbleibt, wird im Folgenden eine Unterteilung in merkmalsgestützte und merkmalsbasierend-operationalisierte Definitionen vorgeschlagen. Der Unterschied liegt darin begründet, dass die erstgenannten sich der angeführten Kriterien bedienen, ohne sie im statistischen Sinn zu quantifizieren (siehe Tabelle 3-3). So wird z. B. gefordert, dass der Umfang der Kapitalaufbringung seitens der Familie ausreicht, um ihr eine wesentliche Einflussnahme auf das betriebliche Geschehen zu ermöglichen269. Genauere Angaben über das Ausmaß der finanziellen Beteiligung, die dafür als nötig erachtet wird, werden nicht gemacht. Interpretationsbedarf löst analog die von manchen Autoren aufgestellte Bedingung aus, nach der die „Kontrollpositionen“ im Unternehmen durch Familienangehörige oder ihre engen Mitarbeiter besetzt sein sollen270. Ungeklärt bleibt in diesem Fall, welche Stellen gemeint werden (ob interne Führungsposten, Aufsichtsrats- und Beiratsmandate bzw. Sitze im Board oder beides) sowie über welchen Anteil daran die Familie mindestens verfügen soll. 267 268 269 270
Bügler (1979), S. 9. Vgl. Carsrud (1994), S. 45. Vgl. u. a. Oetker (1999), S. 17. Vgl. z. B. Gennaro (1985), S. 16.
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
75
Tabelle 3-3
EINZELNE KRITERIEN
Merkmalsgestützte Definitionen von Familienunternehmen (Auswahl) Handler (1989): „A family business is defined here as an organization whose major operating decisions and plans for leadership succession are influenced by family members serving in management or on the board“271. Rosenbauer (1994): „Klein- oder mittelständische Unternehmen, Gross- bzw. multinationale Unternehmen [ . . . ] sind dann Familienunternehmen, wenn die kontrollgebende Stimmenmehrheit in den Händen einer Person bzw. in den Händen einer Familie liegt“272. Corbetta (1995): „We define family businesses as those businesses where one or more families, connected by family affinity ties or strong alliances, hold a share of risk capital sufficient to ensure control of the enterprise“273.
ADDITIVE KRITERIEN
Churchill u. Hatten (1987): „What is usually meant by ,family business‘ [ . . . ] is either the occurrence or the anticipation that a younger family member has or will assume control of the business from an elder [ . . . ]. There are two aspects to this transfer of control or power: a transfer of ownership or control of property rights to the business, and a transfer of management control of the business’s operations and strategic direction“274. Goehler (1993): „So soll unter einer FU [Familienunternehmung; Anm. d. Verf.] im folgenden eine Organisation verstanden werden, die als offenes System mit der Herstellung eines Gutes oder der Ausübung eines Dienstes eine produktive Funktion wahrnimmt, die von einer Personenmehrheit getragen wird, die sich ausschließlich oder teilweise aus den Mitgliedern einer Familie zusammensetzt, an der die Familie einen Eigentumsanteil besitzt, der es ihr ermöglicht, massgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung zu nehmen, in der die Stimmrechte so verteilt sind, daß die Familie Kontrollfunktionen ausüben kann und an deren Geschäftsführung mindestens ein Mitglied der Eigentümerfamilie aktiv beteiligt ist“275. Angiola (2000): „Ein Familienunternehmen ist vorhanden, wenn eine oder mehrere Kernfamilie(n), verbunden durch enge verwandtschaftliche Beziehungen, dem Unternehmen unbeschränkt oder beschränkt haftendes Finanzkapital, persönliche oder reelle Sicherheiten und Führungsqualitäten zur Verfügung stellen“276.
Merkmalsgestützte Definitionen nehmen somit eine mittlere Stellung zwischen theoretischen und operationalisierten Abgrenzungen des Terminus Familienunternehmen ein. Mit den einen teilen sie die nicht gelöste Ambiguität hinsichtlich der Identifizierung des Untersuchungsobjektes. Gemeinsam mit den anderen haben sie 271 272 273 274 275 276
Handler (1989), S. 262. Rosenbauer (1994), S. 44. Corbetta (1995b), S. 256. Churchill / Hatten (1987), S. 52. Goehler (1993), S. 7. Angiola (2000), S. 33 (italienisch im Original).
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
den Rückgriff auf beobachtbare Indikatoren der Familienpräsenz im Unternehmen. Dies macht sie beidseitig angreifbar, da sie weder eine empirisch einsetzbare Begriffsbestimmung anbieten noch der Kritik einer fehlenden theoretischen Orientierung entgehen. Im Idealfall dürfte nämlich die Güte einer pragmatisch ausgerichteten Eingrenzung anhand des Maßstabs beurteilt werden, welcher von einer übergeordneten theoretischen Auffassung gesetzt wird277. Die meist fehlende theoretische Einordnung führt aber bei merkmalsorientierten Definitionen zu einer tendenziellen Verselbstständigung des Wertes darin verwendeter Kriterien. Merkmalsbasierend-operationalisierte Definitionen sind nahezu ausnahmslos im Zusammenhang mit statistischen Erhebungen entwickelt worden. Trotz ihres pragmatischen Anlasses vermögen auch sie häufig keine zweifelsfreie Erfassung des Analyseobjektes zu liefern. Nicht näher spezifizierte Anforderungen an „erheblicher Kontrolle“ durch die Familie bzw. „bedeutender Vertretung“ derselben in hohen Managementpositionen sind für das Verbleiben einer Ermessenskomponente verantwortlich (siehe Tabelle 3-4). Nicht nur steht die qualitative Formulierung dieser Bedingungen einer eindeutigen Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes entgegen; ihre Interpretation erweist sich darüber hinaus als problematisch. Zum einen wirkt der gesonderte Hinweis auf das Bestehen von Kontrollpotenzial (im Sinne von Verfügungsmacht) neben und unabhängig von den Parametern, die sonst zu seiner Erfassung konzipiert sind (Eigentum und / oder Management), zum Teil pleonastisch. Weiterhin ungeklärt bleibt zum anderen, ob die Partizipation der Familie am Management die aktive Teilnahme an der operativen Geschäftsführung voraussetzt oder bereits durch die Übernahme von Mandaten in Aufsichtsgremien erfüllt wird278. Diese nicht eindeutig formulierten Kriterien, die in operationalen Definitionen nur komplementär oder integrativ angeführt werden, scheinen die starre Festlegung eines Mindestmaßes der Familienbeteiligung am Unternehmenskapital ausgleichen zu wollen. Statistische Auffassungen von Familienunternehmen sehen meist eine Untergrenze für den familiären Anteil am betrieblichen Risikokapital vor. Ein mehrheitlicher Beitrag zum Eigenkapital wird im Allgemeinen für die Erlangung eines maßgeblichen Einflusses auf das Unternehmensgeschehen für unerlässlich gehalten. Tatsächlich verschafft solche Mehrheitsbeteiligung aber erst dann eine weitgehende Dispositionsfreiheit im Unternehmen, wenn sie mit der Verfügung über entsprechend hohe Stimmrechte einhergeht. Gegen die Gleichstellung von Familienkontrolle und 50 %-igem Eigentum lässt sich daher zunächst einwenden, dass der Ansatz einen zumindest ungenauen Begriff zur definitorischen Eingrenzung zugrunde legt bzw. implizit unterstellt, dass keine Abweichung zwischen Cashflow- und Stimmrechten eintritt. Hinzu kommt, dass die einheitliche Fixierung einer prozentualen Schwelle für die Familienbeteiligung (sei es am Eigenkapital oder an den Stimmrechten des Unternehmens) ein Mindestmaß an Homo277 278
Vgl. Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 22. Zu dieser Ambiguität vgl. auch Oetker (1999), S. 15 – 16.
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
77
Tabelle 3-4
ADDITIVE KRITERIEN
ALTERNATIVE KRITERIEN
EINZELNE KRITERIEN
Merkmalsbasierend-operationalisierte Definitionen von Familienunternehmen (Auswahl) Donckels u. Fröhlich (1991): „We consider a business as being a family business if family members own at least 60 percent of the equity“279. Gallo (1995): „In this study, a firm was considered to be a FB [family business; Anm. d. Verf.] if one or two families held a percentage of equity equal to or greater than 50 percent“280. Ward u. Dolan (1998): „All of the firms in the database were defined as family firm because two or more people with the same last name were either officers, directors, or employees“281. Cromie, Stephenson u. Monteith (1995): „We consider a business to be a family firm if one or more of the following obtain: a) more than 50 per cent of the shares are owned by one family; b) one family can exert considerable control over the business; c) a significant number of top managers are drawn from one family“282. Smyrnios, Tanewski u. Romano (1998): „We have defined a family business as one in which any one of the following four criteria hold true: 50 % or more of the ownership is held by a single family; 50 % or more of the ownership is held by multiple members of a number of families; a single family group is effectively controlling the business; and a significant proportion of the senior management is drawn from the same family“283. Corbetta u. Montemerlo (1999): „[Family firms; Anm. d. Verf.] were those firms in which the family owned 51 % of equity or more; the family owned less than 51 %, but at least some co-owners were families as well (close friends, other entrepreneurs, etc.); and the CEO considered the firm to be a family business“284. Poutziouris u. Sitorus (2001): „to identify family companies [ . . . ] family business criteria [ . . . ] were used, as follows: First, overlap in terms of owners and managers – rendering such companies as owner-managed privately held; Second, family name proliferating more than once on the ownership and / or management board; Third, family owner-managers controlling more than 50 % of voting power“285.
genität in der zu untersuchenden Bevölkerung voraussetzt. Es gilt in einem veränderten Kontext, was Penrose scharfsinnig bemerkt hatte: „we cannot define a caterpillar and then use the same definition for a butterfly“286. Die angesprochene 279 280 281 282 283 284 285 286
Donckels / Fröhlich (1991), S. 152. Gallo (1995), S. 246. Ward / Dolan (1998), S. 305. Cromie / Stephenson / Monteith (1995), S. 15. Smyrnios / Tanewski / Romano (1998), S. 50. Corbetta / Montemerlo (1999), S. 363. Poutziouris / Sitorus (2001), S. 422. Penrose (1966), S. 19.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
50 %-Bedingung mag mit anderen Worten für die Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen geeignet sein, setzt jedoch unter Umständen einen zu restriktiven Maßstab an, wenn es um die Einschätzung der Familiengebundenheit von Großunternehmen geht. Nicht zuletzt als Folge der oben angedeuteten Problemkonstellation lässt sich die Tendenz jüngster Erhebungen erklären, zunehmend auf die Konkretisierung statistischer Parameter zur Messung des Familieneinflusses zu verzichten. Das Urteil über das Vorhandensein eines Familiengepräges im Unternehmen wird stattdessen dem Ermessen der Befragten überlassen: Es sind die Unternehmen selbst, die entscheiden, ob sie der Bezeichnung Familienunternehmen gerecht werden oder nicht287. Positiv hervorzuheben ist an diesem Ansatz der Versuch, theoretisch-subjektive Definitionselemente unmittelbar zu operationalisieren. Da aber das Selbstverständnis der Wirtschaftsorganisation wiederum unterschiedliche Auffassungen darüber widerspiegelt, was ein Familienunternehmen ist bzw. sein sollte, scheint es als Klassifikationskriterium das definitorische Abgrenzungsproblem eher zu umgehen als lösen zu können.
3.2.3 Multidimensionale Definitionen Die weitgehende Einigung darüber, dass gerade quantitativ schwer auszudrückende Eigenschaften das Wesen von Familienunternehmen bestimmen288, bedingt im Endeffekt die Angreifbarkeit jedes begrifflichen Operationalisierungsversuchs. Diese Erkenntnis, gemeinsam mit einem erhöhten Bewusstsein für die Heterogenität des zu charakterisierenden Phänomens289, hat zu einem allmählichen Überdenken der definitorischen Strategie veranlasst. Insbesondere die Vielfalt an möglichen Erscheinungsformen von Familienunternehmen hat Zweifel an der Effektivität der traditionell dichotomischen Gegenüberstellung von familien- versus nicht familienbasierten Organisationsmodi aufkommen lassen. Ausgehend von der Feststellung, dass sich kein Unternehmen ein Mindestmaß an Einfluss durch eine oder mehrere Familien entziehen kann290, hat die Literatur ab dem letzten Jahrzehnt von einem streng dichotomischen Klassifizierungsansatz zunehmend Abstand genommen. Das Streben nach einer möglichst eindeutigen Trennlinie zwischen Familienunternehmen und Nicht-Familienunternehmen wurde somit ersetzt durch die Beschreibung verschiedenartiger Konfigurationen von Familienunternehmen in Abhängigkeit von dem Umfang und der Art der Familienbeteiligung an der Wirtschaftsorganisation. Mehrfache Definitionen und die Tendenz zur Erfassung des Familieneinflusses als kontinuierliche Variable sind als Ergebnis dieser Entwicklung zu verzeichnen. 287 288 289 290
Vgl. u. a. Gallo / Tàpies / Kappuyns (2000), S. 3; Romano / Smyrnios / Dana (2000), S. 8. Vgl. Astrachan / Shanker (2003), S. 212. Vgl. Sharma (2003), S. 2; Litz (1995), S. 75. Vgl. Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 19.
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
79
Die Aufgabe des Universalitätsanspruchs einer einheitlichen Charakterisierung des Untersuchungsobjektes hat in Corbetta einen frühen Wegweiser. Eine zur Kontrolle der Geschäftspolitik ausreichende Kapitalstellung durch die Familie vorausgesetzt, differenziert der Autor vier Formen von Familienunternehmen291. Die Unterscheidung zwischen heimischen („domestiche“), traditionellen („tradizionali“), erweiterten („allargate“) und offenen („aperte“) Familiengesellschaften erfolgt nach aufsteigender Unternehmensgröße sowie Öffnungsgrad des Gesellschafterkreises und anhand des mehr oder weniger starken Einbezugs von familienfremdem Personal in Geschäftsführungspositionen. Da die vorgenommene Einteilung gleichzeitig der Identifizierung typischer Evolutionsphasen im Lebenszyklus der Unternehmung dient, wird die Aufmerksamkeit gezielt auf eine beschränkte Anzahl an Kombinationen der ausgewählten Merkmale gelenkt. Mit der Aufstellung einer umfassenden Typisierung, die der Rollenverteilung der Familienstakeholder als Inhaber von Residualansprüchen und / oder Träger von leitender bzw. operativer Verantwortung Rechnung trägt, führt Sharma292 die Definitionsauflösung zu ihren extremen Konsequenzen. Auf der Grundlage der Anzahl von Familienmitgliedern (jeweils keins, eins oder gleich mehrere), die eigentumsund / oder arbeitsmäßig im Unternehmen involviert sind, teilt sie das Universum der Familienunternehmen in 72 überschneidungsfreie Kategorien auf. Damit wird zwar die extreme Variabilität an Ausprägungen, welche die Familienpräsenz im Unternehmen annehmen kann, eindrucksvoll hervorgehoben (umso mehr, da sie lediglich entlang zwei Dimensionen analysiert wird); einen Beitrag zur definitorischen Aufklärung bietet der Ansatz jedoch nur eingeschränkt. Mit Ausnahme einer nicht weiter qualifizierten Eigenkapitalbeteiligung wird keine Mindestbedingung ausgearbeitet, die zwischen familien- und nicht familiengebundenen Organisationsformen diskriminiert. Das konzeptionelle Klassifikationsschema benötigt darüber hinaus eine (empirisch eingeleitete) Verdichtung auf eine überschaubare Anzahl an Fällen, um als Hilfsmittel zur Differenzierung zwischen nicht homogenen Typologien von Familienunternehmen auch tatsächlich einsetzbar zu sein. Pragmatischer Natur ist der Anlass, der Shanker und Astrachan293 zu ihrem erfolggekrönten definitorischen Systematisierungsversuch bewegt. Die mangelnde Einigkeit über die zur Identifizierung von Familienunternehmen vorgeschlagenen Kriterien spiegelt unterschiedlich hohe Anforderungen wider, die an die Intensität des faktischen oder potenziellen Familieneinflusses auf das Unternehmen gestellt werden. Anstatt normativ nach der möglichst „richtigen“ Begriffsbestimmung zu suchen, veranschaulichen die beiden Autoren, wie die in der Literatur zu diesem Zweck formulierten Bedingungen in Form einer dreistufigen Skala zusammengefasst werden können. Beginnend von einer engen („narrow“) über eine mittlere („middle“) bis hin zu einer breiten („broad“) Definition, lassen sich die Grenzen 291 292 293
Vgl. Corbetta (1995a), S. 81 – 89; Corbetta (1995b), S. 256 – 257. Vgl. Sharma (2003), S. 5 – 9. Vgl. Shanker / Astrachan (1996), S. 108 – 110.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
des erfassten Universums schrittweise ausdehnen in Abhängigkeit davon, ob eine multigenerationale Präsenz und mehrfache Vertretung der Familie in Managementpositionen gewährleistet werden soll (enge Auffassung) oder, bescheidener, nur die strategische Geschäftsausrichtung der familiären Kontrolle unterliegt (weite Auslegung)294. Anders als bei der abstrakten Typisierung von Sharma wird daher nicht auf die Abgrenzung sich gegenseitig ausschließender Klassen von Familienunternehmen abgezielt. Vielmehr werden die Merkmale zur Messung der betrieblichen Familieninvolvierung so geordnet, dass sie progressiv schwieriger zu erfüllen sind. Restriktive Definitionen führen somit zur Selektierung von jeweils Teilmengen der Bevölkerung, die unter Zugrundelegung weniger anspruchsvoller Kriterien identifiziert worden ist295. Dies impliziert, dass der familiäre Charakter (das so genannte „familiness“296) eines Unternehmens ein Kontinuum an möglichen Ausprägungen aufweist. Das „broad“- versus „narrow“-Paradigma sowie daran angelehnte Definitionsansätze297 messen die sich abstufenden Erscheinungen des Familieneinflusses auf einer ordinalen Skala. Dafür bedienen sie sich einer Reihenfolge an sich ineinander eingenisteten Begriffsbestimmungen. Die Zuordnung zu restriktiveren Definitionen setzt dabei voraus, dass alle vorab kommenden, weniger selektiven Kriterien auch erfüllt sind. Eine Alternative zu dieser Vorgehensweise ist es, die Dimensionen der Familienpräsenz als voneinander unabhängig anstatt als kumulativ zu betrachten. Dieser Intuition folgend haben Astrachan, Klein und Smyrnios ein modulares Konstrukt entworfen, mit dem der Grad an „familiness“ entsprechend einer kardinalen Skala ermittelt wird298. Die F-PEC Skala ermöglicht die Berechnung eines Index der Familieneinwirkung unter Berücksichtigung dreier Aspekte: Macht, Erfahrung und Kultur (Power, Experience und Culture, siehe Abbildung 3-1). Die erste Dimension greift die charakteristischen merkmalsorientierten Variablen auf. Über Macht verfügt die Familie in dem Maße, in dem sie Eigenkapital zur Verfügung stellt bzw. Geschäftsleitungs- oder Aufsichtsgremiumsmitglieder aus den eigenen Reihen rekrutiert oder nach eigenem Ermessen bestellt. Die der Familie in diesem Zusammenhang zuwachsenden relativen Anteile werden zu einer Kennzahl aufaddiert. Damit wird die Auswechselbarkeit der genannten Machtindikatoren im294 In der aktualisierten und revidierten Version des Artikels wird die Grenze zwischen enger und mittlerer Definition leicht verschoben im Vergleich zur ursprünglichen Klassifizierung; vgl. dazu Astrachan / Shanker (2003), S. 211 – 213. 295 Die statistisch-formale Vorgehensweise zur Entwicklung einer kontinuierlichen Skala des Familieneinflusses unter Zuhilfenahme der Guttmans Skalierungsmethode wird von Uhlaner (2002) gezeigt. 296 Mit anderer Akzentuierung definieren Habbershon / Williams (1999), S. 11, „familiness“ als „the unique bundle of resources a particular firm has because of the systems interaction between the family, its individual members, and the business“. 297 Vgl. für ein weiteres Beispiel Heck / Trent (1999), S. 210. 298 Vgl. im Folgenden Astrachan / Klein / Smyrnios (2002). Für eine Bestätigung der statistischen Qualität der F-PEC Skala vgl. Klein / Astrachan / Smyrnios (2003).
3.2 Definitionsvorschläge in der Literatur
81
plizit erklärt: Der Mindereinfluss bei einem Faktor kann durch die Beherrschung eines anderen ausgeglichen werden299. Die Erfahrung-Subskala hebt die Bedeutung der unternehmerischen Erfahrung der Familie hervor, die anhand der bislang eingetretenen, intrafamiliären Machtwechsel im Unternehmen dokumentiert wird. Ihre quantitative Erfassung erfolgt durch exponentiell degressive Gewichtung der Anzahl an erfolgreich abgeschlossenen Nachfolgeprozessen, wobei der Beitrag aller direkt oder indirekt beteiligten Familienangehörigen ins Kalkül mit einfließen soll. Die durch die Dimensionen Macht und Erfahrung bedingte, objektive Fundierung des Definitionsansatzes wird schließlich subjektiv ergänzt dank des Einbezugs kultureller Aspekte. Hier gilt es zu untersuchen, inwiefern die Unternehmensphilosophie Werte widerspiegelt, die auf die Familientradition zurückzuführen sind, und ob die Familie ein (auf die Zukunft projizierbares) positives Bewusstsein ihrer unternehmerischen Mission hat.
F-PEC Skala
Dimension: Macht
Dimension: Erfahrung
Dimension: Kultur
Eigentümerrolle
Generation vertreten im Eigentum
Familien- und Unternehmenswerte
Überwachungsrolle
Generation aktiv in Aufsichtsgremien
Commitment
Managementrolle
Generation aktiv in der Führung Anzahl aktiv beitragender Familienmitglieder
Quelle: Astrachan / Klein / Smyrnios (2002), S. 52 (englisch im Original).
Abbildung 3-1: Die F-PEC Skala des Familieneinflusses im Unternehmen
299 Die Macht-Subskala als solche hatte Klein bereits vorher entwickelt und eingesetzt; vgl. Klein (2000), insb. S. 158 – 159.
82
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
3.3 Die Familiendimension: Familienunternehmen aus soziologischer Sicht 3.3.1 Der Familienbegriff Allen im Abschnitt 3.2 präsentierten Definitionsansätzen gemeinsam ist die Bestrebung, die Ausprägungen des unternehmerischen Familieneinflusses theoretisch bzw. operational zu erfassen. Keine vergleichbare Aufmerksamkeit wird hingegen der Auseinandersetzung mit der Dimension der Familie geschenkt. Ihre Struktur und Zusammensetzung werden gerade in der angloamerikanischen Literatur nur in Ausnahmefällen thematisiert300. Dass der Grund dafür nicht in dem selbsterklärenden Charakter des zu beschreibenden Phänomens liegt, wird aus dem Vergleich einiger in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Interpretationen unmittelbar ersichtlich. So versteht Carsrud Familie als „emotional kinship group“301, indem er vielmehr auf die gefühlsmäßigen als auf die genetischen Verbindungen von deren Mitgliedern achtet. Andere Autoren302 sehen in dem gemeinsamen Wohnsitz das Hauptidentifikationsmerkmal der Familie. Ihre Grenzen werden an manchen Stellen so weit ausgedehnt, dass zwei Geschäftspartner, die ein Unternehmen zusammen gegründet und jahrelang geführt haben, unter Umständen als miteinander verwandt behandelt werden303. Vor dieser Vieldeutigkeit warnt in erster Linie die Familienforschung selbst, die Familie als „leeres Konzept“ erklärt, „das durch die Art des perspektivischen Koordinatensystems, in dem es ,verortet‘ wird, sich mit Inhalt und Konkretion füllt“304. Den gleichen Grundgedanken spiegelt die Auffassung305 wider, dass nur operationale Begriffsbestimmungen in Abhängigkeit von der jeweils konkret zu untersuchenden Fragestellung zugänglich seien. Als Folge der Unmöglichkeit, die Konturen der Familie allgemeingültig zu definieren, führt die Zugrundelegung unterschiedlicher Zugehörigkeitskriterien zur Abgrenzung je strukturell und funktional variierender Gruppen. Werden z. B. biologische Bindungen zur Grenzfestlegung herangezogen, dann resultieren Verwandtschaftsbeziehungen durch die genealogische Abstammung von einem gemeinsamen Gründungspaar bedingt306. Seine Entfernung von den 300 Vgl. Winter et al. (1998), S. 240. Auf die Notwendigkeit einer klaren Definition von Familie weist Dyer (2003), S. 410, explizit hin. 301 Carsrud (1994), S. 40. 302 Vgl. Heck / Scannell Trent (1999), S. 214. 303 Vgl. Ward / Dolan (1998), S. 306. 304 Buchholz (1995), S. 75. 305 „[ . . . ] it is probable that most efforts to define family will be improved with the recognition that explanations that exist at different levels can coexist harmoniously but should not be confused. One of the implications of this proposal is that the family may exist as a unique event at some levels of explanation but not at others“; Walters (1982), S. 844. 306 Vgl. in diesem Sinn u. a. Fortes (1969), S. 52.
3.3 Die Familiendimension
83
durch es vermittelten Geburten dient zur strukturellen Beschreibung der Familie in einem Kontext, in dem ihr primär Reproduktionsfunktionen zugewiesen werden. Gegen das Abstammungsprinzip als alleiniges Definitionskriterium wird jedoch von Seiten der Anthropologie und der Soziologie eingewandt, dass sich die Familie trotz ihres Ursprungs als biologische Erscheinung und Fortpflanzungseinheit eindeutig zu einem sozialen Gebilde entwickelt hat307. Der Verwandtschaftsbegriff soll daher umfassender die Beziehungen designieren, die Individuen untereinander nicht nur durch echte, sondern wohl auch durch „vermeintliche oder vorgetäuschte Blutsbande“ verbinden, vorausgesetzt, sie erfüllen die Anforderung der sozialen Relevanz308. Die Hervorhebung der Familie als sozialer Tatbestand309 macht die Interaktionsfrequenz sowie die Entscheidungsgemeinschaftlichkeit auf Basis geteilter Werte und Interessen zu ihren qualifizierenden Merkmalen310. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Übergang zu einer Auffassung der Familie als Beziehungsgewebe erklären311. Die Feststellung, dass dieses in erster Linie im und durch den Dialog sowie das zwischenmenschliche Gespräch lebt, wirft gleichzeitig Licht auf Luhmanns312 völlig entpersönlichte Konzeption der Familie als reines Kommunikationsnetzwerk. Da Beziehungen und Kommunikationsstrukturen niemals genau determinierbar und zudem einer konstanten Dynamik unterworfen sind, lassen sich die Grenzen der Familie nicht eindeutig festlegen: Sie unterliegen vielmehr einer ständigen Variabilität. Damit weist die soziologische Theorie auf die wachsende Schwierigkeit hin, Familie sowohl im Hinblick auf ihre Identität als auch auf ihre Strukturen und Funktionen zu erfassen313. Obwohl es also durchaus möglich wäre, Familie als generationsübergreifend zu verstehen, hat sich die westliche Familienforschung de facto in ihren Bemühungen zumeist auf die nur noch aus Eltern und unmündigen Kindern bestehende Gattenfamilie bzw. auf die Kernfamilie als eine um die Kinder erweiterte Ehe konzentriert314. Gerechtfertigt wird diese Fokussierung mit dem Argument, dass die privatisierte Kernfamilie die kulturell institutionalisierte Familienform darstelle315. Ihr Wesensmerkmal ist auf die Verknüpfung von ehelich-familialer Kleingruppe und auf Dauer angelegtem Zusammenleben von Mann, Frau und deren gemeinVgl. Linton (1964), S. 153. Vgl. Saporiti (1975), S. 107. 309 Vgl. Saporiti (1975), S. 104. 310 Vgl. Giorio (1991), S. 275. 311 Vgl. Donati (1991), S. 90 – 91. 312 Vgl. Luhmann (1988), S. 76. 313 Vgl. Donati (1991), S. 93. 314 Vgl. Saraceno / Naldini (2001), S. 59 – 60; Simon (1999a), S. 189. Die Definition von Gattenfamilie stammt aus Tyrell (1976), S. 393. Die Bezeichnung Kernfamilie wird in der Literatur nicht einheitlich benutzt, um das Zusammenleben von Elternpaar samt unmündigen respektive unverheirateten Kindern zu identifizieren. 315 Vgl. Tyrell (1990), S. 146 – 148. 307 308
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
samen Kindern im Sinne einer Wirtschafts- und Haushaltseinheit zurückzuführen. Die Eheschließung institutionalisiert diese umfassende und tendenziell langfristige Partnerschaftsbeziehung und begründet Verwandtschaftsverhältnisse316. Dieses Verständnis von Familie, in dem Überlegungen genealogischer, soziologischer und juristischer Art verschmelzen, beschreibt vielleicht am besten das traditionelle Familienbild, das in den modernen und kontemporären westlichen Kulturen als Orientierungsmuster gegolten hat. Obwohl sich in den Rechtswissenschaften keine einheitliche Begriffsbestimmung herauskristallisiert hat, dient diese Vorstellung als gemeinsame Grundlage für den im Grundgesetz zahlreicher Länder verankerten Schutzanspruch der Familie317, der in der Erklärung der Menschenrechte durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen (Art. 16, Abs. 3) bekräftigt wurde. Auf das Konzept der ehelichen (Kern-)Familie berufen sich weiterhin auch anagrafische Definitionen, die zu statistischen Zwecken eingesetzt werden318. Indem sie nach Möglichkeit auch nicht institutionalisierte Lebensgemeinschaften berücksichtigen, stellen diese jedoch verstärkt auf den Aspekt des gemeinsamen Haushaltens ab. Im Rahmen einer Theorie der Familienunternehmung scheint die verengte Deutung der Familie als Klein- bzw. Kernfamilie allerdings eher unangemessen. Nicht nur würde dieses Begriffsverständnis den Untersuchungsgegenstand zu sehr einschränken319; seine Kompatibilität mit einer der fundierenden Eigenschaften dieser Unternehmensgattung erweist sich darüber hinaus als problematisch. Die Idee, dass „Familien in jeder Generation neu gegründet werden“320 ist schwer mit der Anforderung an einer generationsübergreifend angestrebten Aufrechterhaltung des Familieneinflusses auf die Wirtschaftsorganisation321 in Einklang zu bringen. Diesem zeitlich überdauernden Anspruch trägt Klein322 indirekt Rechnung, indem sie dynastisch-institutionelle Aspekte zur Definition der Unternehmerfamilie mit einbezieht, die ihr einen (zumindest theoretisch) zeitlich unbegrenzten Bestand verleihen. Hinzu kommt, dass viele spezifische Probleme, Chancen und Risiken von Familiengesellschaften ihren Ursprung in der geringen sozialen Distanz ihrer Beteiligten zueinander haben, wie sie nicht nur in der Kernfamilie, sondern im breiteren Verwandtschaftsnetz auch zu registrieren ist323. Aus diesem Grund wird in der Literatur über Familienunternehmen meist324 von einem weit gefassten Familienbegriff ausgegangen. Die Familiengemeinschaft umfasst danach das um die KernVgl. Huinink (1995), S. 119. Vgl z. B. Saraceno / Naldini (2001), Kap. 6; Erhardt (2001), S. 5 – 8. 318 Vgl. u. a. die UN-Definition des Familienbandes, übernommen von EUROSTAT, und die Definition von Familienhaushalt im European Community Household Panel. 319 Vgl. Schmidt (1997), S. 284. 320 Simon (1999a), S. 189. 321 Vgl. Abschnitte 3.2.1 und 3.4 in der Arbeit. 322 Vgl. Klein (2004a), S. 68 – 73. 323 Vgl. Voigt (1990), S. 21 – 22. 324 Für eine Ausnahme siehe Erhardt (2001), S. 9. 316 317
3.3 Die Familiendimension
85
familien der Kinder erweiterte Elternpaar oder – häufiger – alle Blutsverwandte einschließlich angeheirateter Ehepartner und Schwäger (so genannter Familienclan oder Sippe)325.
3.3.2 Zur Entwicklung der Familienstruktur Die Entwicklung der westlichen Familienstruktur ist in der soziologischen Forschung jahrzehntelang im Sinne eines deterministischen Übergangs von der Großoder erweiterten Familie hin zur isolierten Kernfamilie charakterisiert worden326. Der Schrumpfungsprozess des Personalbestands der Familie wird von Durkheim in Form seines „Konzentrationsgesetzes“327 theoretisiert. Herbeigeführt wird danach der Wandel zur Konjugalfamilie durch die im Zeitablauf ausgeprägter werdende gesellschaftliche Arbeitsteilung, die als ursächlich für die Erosion der Einheit und Unteilbarkeit der früheren Familienbande angesehen wird328. Die Zersetzungstendenzen, die für die Verkleinerung der Familie auf die Hausgemeinschaft von Eltern und Kindern verantwortlich sind, werden auch von Weber329 mit dem Aufkommen der Industrialisierung in Zusammenhang gebracht. Mit der Gründung eines gemeinsamen Haushalts werde nicht nur eine „sexuelle Dauergemeinschaft“, sondern auch eine „ökonomische Versorgungsgemeinschaft“ gebildet. Kennzeichnend für die als ökonomischer Verband aufgefasste Hausgemeinschaft sind persönliche Autoritätsbeziehungen, Solidarität nach außen und kommunistische „Gebrauchs- und Verbrauchsgemeinschaft [ . . . ] nach innen in ungebrochener Einheit“330. Diese Eigenschaften treten in der modernen Industriegesellschaft in erheblich abgeschwächter Form ein. Insbesondere die Zunahme der individuellen Einkommen und die örtliche Trennung von Haus und Beruf ermöglichen die Entfaltung persönlicher Bedürfnisse und Unabhängigkeitswünsche. Dies, zusammen mit dem Funktionenverlust der Hausgemeinschaft zugunsten externer Instanzen (wie Schulen, Vereine und Kulturinstitutionen), begründe die Reduktion des Familienausmaßes. Auch die Mitte des letzten Jahrhunderts von Parsons veröffentlichte Theorie der modernen privatisierten Kernfamilie verrät den Einfluss des Weberschen Gedankens331. Sein Echo ist gerade in der Betonung der ökonomischen Dimension der 325 Vgl. Voigt (1990), S. 21 – 22. Zur Auslegung der Familie als Clan vgl. auch Oetker (1999), S. 14. 326 Vgl. De Rita (1988), S. 384. 327 Der Ausdruck stammt von Tyrell (1976), S. 393. 328 Vgl. Durkheim (1988), S. 58 u. 175. 329 Vgl. hier und im Folgenden Weber (1980), S. 212 – 233. 330 Weber (1980), S. 214. 331 Zur Bedeutung der Lehre Webers in Parsons vgl. Martinelli (2001), S. 152 – 153; Szakolczai (1996), S. 64 – 94.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
(Kern-)Familie deutlich zu verspüren: Die für sie konstitutive Wohn- und Haushaltsgemeinschaft impliziert zugleich einen Anspruch auf (solidarische) wirtschaftliche Unterstützung deren Mitglieder zueinander332. Die Lockerung der Verwandtschaftsbande, zunächst herbeigeführt durch die Trennung von Berufs- und Haushaltsrollen, bedinge die Reduzierung der ökonomischen Versorgungsverpflichtungen innerhalb des Verwandtschaftsnetzes auf die nur noch aus Elternpaar und dessen unverheirateten Kindern bestehende Gruppe. Das Ergebnis ist die Desintegration bzw. Isolierung der modernen Kernfamilie gegenüber dem breiteren Angehörigensystem. Die so einflussreich vertretene These der Entwicklung zur Konjugalfamilie postuliert die progressive, räumliche und funktionale Distanzierung des Paares mit dem eventuell vorhandenen Nachwuchs von der Verwandtschaft. Die Eheschließung sanktioniert den Austritt von der „family of orientation“ (Herkunftsfamilie), in die man hineingeboren wurde, und die Gründung einer eigenen „family of procreation“ (Zeugungsfamilie)333. Die Verwandtschaft scheint in diesem Kontext unter einem strukturellen und funktionalen Standpunkt an Bedeutung einzubüßen: Sie wird in Bezug auf die Anzahl der Kontakte immer enger und im Hinblick auf ihre Inhalte zunehmend arm334. Diese Interpretation, in der die Prognose eines negativen Schicksals für die erweiterte bzw. Großfamilie erkennbar ist, könnte auf die Auferlegung einer unheilvollen Hypothek auf die Zukunft von Familienunternehmen schließen lassen. Die beschriebene gesellschaftliche Entwicklung würde spätestens dem für Familienunternehmen konstitutiven, übergenerationalen Zeitreferenzrahmen 335 im Sinne einer über die gegenwärtige Generation hinaus projizierten Vision des betrieblichen Familienengagements entgegen stehen. Die Überlebensfähigkeit solcher Organisationsart wäre damit grundsätzlich in Frage gestellt. Dieses pessimistische Urteil deutet indirekt auch Klein336 an, indem sie auf die Außergewöhnlichkeit von Unternehmerfamilien hinweist. Spezifisch müssten diese in der Lage sein, sich gegen bestimmte Trends der heutigen Zeit zu bewähren, welche die Autorin unter anderem auf die Atrophie oder Kontraktion der Familie auf den engsten Kreis zurückführt. Bei genauerer Betrachtung stellt sich jedoch heraus, dass diese Argumentation wesentliche Aspekte außer Acht lässt. Die historischen Forschungen der Cambridge Group for History of Population and Social Structure haben bereits in den 1970er Jahren erste Kritik an der These einer deterministischen Evolution von der Groß- zur Kleinfamilie aufgeworfen337. Sie haben gezeigt, dass in den nordeuropäischen Ländern und insbesondere in England erweiterte Haushaltsgemeinschaf332 333 334 335 336 337
Vgl. hier und im Nachkommenden Parsons (1949), insb. S. 179 – 183. Vgl. Parsons (1949), S. 176. Vgl. Donati (1991), S. 67. Vgl. z. B. London Economics (2003), S. 12. Vgl. Klein (2004a), S. 59 – 73. Vgl. die Aufsätze in Laslett / Wall (1972).
3.3 Die Familiendimension
87
ten schon lange vor der Industrierevolution keine bedeutende Verbreitung hatten: „The wish to believe in the large and extended household as the ordinary institution of an earlier England and an earlier Europe, or a standard feature of an earlier non-industrial world, is indeed a matter of ideology“338. Gegen den Mythos einer im Zeitablauf verallgemeinerten Schrumpfung der Familiengrenzen wird die Konjugalstruktur für eine Konstante des westlichen Familiensystems erklärt. Unbeschadet der auch gegen diese Interpretation erhobenen Einwände339, leistet sie zur Entstehung des Bewusstseins einen wichtigen Beitrag, dass die Entwicklung der Familienstruktur keinem eindeutig linearen Trend unterliegt340. Im Zuge der in den gleichen Jahren pulsierenden Debatte um die Isolierungstheorie von Parsons wird auch die Position der Familie in der Verwandtschaft näher thematisiert. Alternativ zum Parsonschen Kernfamiliensystem wird dabei vielfach die Auffassung vertreten, dass das Verwandtschaftssystem der Moderne um die so genannte modifizierte erweiterte Familie als Netzwerk mehrerer gleich gestellter Kernfamilien organisiert sei341. Zeugnis davon würden vor allem die Kontaktpflege und -häufigkeit innerhalb des erweiterten Angehörigenkreises und die in diesem Zusammenhang beobachtete Bereitschaft zur (auch ökonomischen) Hilfestellung ablegen342. Dass damit die Exklusivitätsthese von Parsons nicht partout widerlegt, sondern vielmehr ergänzt wird, erklärt Tyrell343 in seiner Theorie der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung der Kernfamilie. Danach verliert die auf eine Generation beschränkte Haushaltsgemeinschaft den Anschluss an und die Einbindung in das Verwandtschaftsnetz nicht, grenzt sich jedoch von ihm ab und beansprucht ihm gegenüber eine relative Autonomie. Die durch Haushaltstrennung herbeigeführte Abschirmung der Kleinfamilie nach außen ist somit als struktureller Befund aufzufassen. Keineswegs kann daraus unmittelbar auf einen Kontakt- und Interaktionsmangel innerhalb des erweiterten Angehörigenkreises geschlossen werden344. Mit der Qualität der Beziehungen im breiteren Verwandtschaftssystem setzt sich auch die spätere Forschung kaum auseinander. Zwar herrscht die Ansicht, dass die Intensität der Verwandtschaftsbande im Laufe der Zeit zurückgegangen ist. In welchem Maße das auch tatsächlich eine Erosion der entsprechenden Solidaritätsbeziehungen begründet hat, bleibt jedoch bislang nicht eingehend beleuchtet345. 338 Laslett (1972), S. 73. Die Erweiterung und Weiterentwicklung der zunächst hauptsächlich auf den englischen Fall bezogenen These erfolgt mit den Beiträgen in Wall / Robin / Laslett (1983). 339 Vgl. Kertzer (2003), S. 90 – 128; vor den Gefahren einer überregionalen Verallgemeinerung von Familienmodellen hatten Kertzer / Brettel (1987), insb. S. 279, bereits gewarnt. 340 Vgl. Saraceno / Naldini (2001), S. 21 – 22. 341 Vgl. Litwak (1960a), S. 10, sowie Litwak (1960b). 342 Für einen Überblick über die Kritik an Parsons in diesen Jahren vgl. Tyrell (1976), S. 406 – 412. 343 Vgl. Tyrell (1976), S. 394 – 398. 344 Vgl. Tyrell (1976), S. 403. 345 Vgl. Dykstra et al. (2004), S. 1 u. 22 – 25.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
Während also die Großfamilie durchaus nicht das einzige Familienmodell der Vergangenheit darstellt, impliziert die Reduzierung der Haushaltsgemeinschaft auf das Elternpaar und dessen unmündige / unverheiratete Kinder nicht zwangsläufig eine soziale und emotionale Verarmung ihrer Interaktion mit der übrigen Angehörigengruppe. Der historisch differenziert zu betrachtende Trend in Richtung Kernfamilie erweist sich dementsprechend als weniger bedrohend für die Kontinuität von Familienunternehmen als anfangs suggeriert. Die Frage nach seiner Vereinbarkeit mit der Vision einer generationsübergreifenden Betriebspräsenz der (erweiterten) Familie wird zugleich positiv gelöst. Negative Implikationen für die Zukunft von Familienunternehmen könnten sich nichtsdestotrotz aus einer weiteren Entwicklung soziologischer Art ergeben, deren Thematisierung in der auf Familienunternehmen spezialisierten Literatur gleichermaßen vermisst wird. Gemeint sind damit die Transformationen, die gerade in jüngerer Zeit die Verhältnisse innerhalb der Kernfamilie vielmehr als die Konstellation Kleinfamilie versus Familienclan interessiert haben. Seit dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts ist ein Wandel der Organisationsformen des privaten Lebens in den westlichen Industriegesellschaften zu beobachten346. Zu den empirischen Tendenzen, die dazu geführt haben, zählt zunächst die Verringerung der Geburtenraten, die bei paralleler Verlängerung der durchschnittlichen Lebensdauer für eine progressive Veralterung der Bevölkerung verantwortlich ist. Dieser demografische Prozess ist flankiert durch einen zunehmenden Attraktivitätsverlust und eine wachsende Instabilität der ehelichen Institution, wie aus dem Zeitvergleich der Daten über Eheschließungen und Scheidungen ersichtlich wird. Als Auslöser für die Strukturveränderungen, die das ehelich-familiale Verhalten besonders augenfällig betroffen haben, wird vielfach das verstärkte Aufkommen einer individualistischen Ethik angegeben347. Individualisierung gilt dabei als Stichwort, um das Phänomen der progressiven Herauslösung aus traditionellen Strukturen und Bindungen zu beschreiben348. Begriffe wie Emanzipation und Selbstverwirklichung bzw. -bestimmung werden oft benutzt, um die sich dank dieses Prozesses eröffnenden Gestaltungsspielräume des Ichs zu beschreiben. Die positive „Freiheit für“ die Entfaltung „aller persönlichen Anlagen und Kräfte“ hat aber ihre Kehrseite in der damit einhergehenden „Freiheit von“ jeder „tieferen Verbundenheit und darin enthaltenen Abhängigkeit“349. Der Bedeutungsverlust tradierter Wertvorstellungen, Normen und Ordnungsprinzipien ist unweigerlich verbunden mit der Lockerung der Bindungskraft von traditionsbestimmten sozialen Bezügen und Ligaturen350. Welche Konsequenzen sich daraus für die perspektivische Erklärung des Wandels von Ehe 346 347 348 349 350
Vgl. im Nachkommenden Roussel (1990), S. 40 – 47. Vgl. u. a. Stimmer (1991), S. 360 – 361. Vgl. Sander (1995), S. 369. Vierkandt (1931), S. 157. Vgl. Stimmer (1991), S. 361 – 362.
3.3 Die Familiendimension
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und Familie ziehen lassen, wird in der sozio-demografischen Diskussion nicht einheitlich gedeutet351. Viele so genannte post-moderne Richtungen der Soziologie prognostizieren für eheliche und familiäre Verhältnisse eine progressive Aufsplitterung und Aushöhlung. Gemeinsam mit anderen gefestigten Beziehungsformen sei die Familie in der heutigen Gesellschaft zu einer unwahrscheinlichen und unbeständigen Erscheinung geworden, deren Zerfall als vorprogrammiert gilt352. Gegen diese kulturpessimistischen Verfallsassoziationen interpretiert Tyrell353 die „Krise“ von Ehe und Familie (wie ihre Transformation oft ausgelegt wird) vielmehr im Sinne ihrer Deinstitutionalisierung als ihrer Auflösung. Der Autor beobachtet, wie das bürgerliche Familienideal und die es fundierende eheliche Institution die selbstverständliche und exklusive Legitimität verloren haben, die ihnen bis Mitte des letzten Jahrhunderts zugesichert war. Nicht länger stellen sie das unbestrittene Orientierungsmuster für die Lebensplanung der Individuen dar. Ein Blick auf die zunehmende Relevanz354 von Einpersonenhaushalten sowie von Familien mit nur einem Elternteil, Stieffamilien355 und sonstigen hetero- bzw. homosexuellen Formen des Zusammenlebens bestätigt dieses Urteil. Möglich ist, dass sich mit der Zeit nach der Differenzierung der Lebensformen eine neue allgemeine Vorstellung von dem herausbildet, was „normal“ ist356. Oder die Pluralität der Lebensführungsalternativen setzt sich fort357 und begründet eine Vielfalt an parallel gleichwertig existierenden Familienkonstellationen. In beiden Fällen kann sich das Ende der Monopolstellung des bürgerlichen Familientyps dann als Gefahr für die künftige Beständigkeit des Modells Familienunternehmen entpuppen, wenn die ihn ersetzenden Formen der Gemeinschaftsbildung einer höheren Instabilität358 ausgesetzt sein sollten. Die kompromittierenden Auswirkungen dieser immanenten Instabilität auf die Gründung und Weiterführung familienbasierter Wirtschaftsorganisationen liegen auf der Hand.
351
Für eine Vertiefung vgl. Huinink (1995), S. 342 – 350, und die dort angegebene Lite-
ratur. Vgl. Donati (1991), S. 84. Vgl. Tyrell (1990), S. 148 – 156. 354 Vgl. Saraceno / Naldini (2001), S. 47 – 56. 355 Als Stieffamilien werden rekonstruierte Familien bezeichnet, in denen zumindest einer der Partner ein Stiefelternteil ist; vgl. Visher / Visher (1979), S. 37. 356 Diese Ansicht vertritt z. B. Donati (1991), S. 88. 357 Dieser Auffassung ist u. a. Hoffmann-Nowotny (1991a), S. 37. 358 Wie von Hoffmann-Nowotny (1991a), S. 37, suggeriert. 352 353
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
3.3.3 Die Funktionen der Familie: Familie als Wirtschaftssubjekt Eng verknüpft mit dem Prozess des säkularen Übergangs zu einer reduzierten Familienstruktur hat ein zweites Thema die makrosoziologische Theorieentwicklung über die Familie geprägt: das ihres im Zeitablauf zu verzeichnenden „ungeheuerlichen Funktionsverlustes“359. Auf die Schmälerung der von der modernen Familie wahrgenommenen Aufgaben weisen mit unterschiedlichem Akzent bereits die Gründungsväter der Soziologie, Durkheim und Weber, hin. Der eine360 spricht der Familie als Folge des Aufkommens einer arbeitsteiligen Gesellschaft einen Großteil ihrer Leistungsfähigkeit ab, hält aber an ihrer Rolle als „Heimstätte der Moralität“ fest. Der andere361 bescheinigt eine Verschiebung (im Sinne einer Verringerung) der funktionalen Stellung der Hausgemeinschaft im Zuge der zunehmenden Externalisierung von beruflichen sowie bildenden und kulturellen Tätigkeiten. Das sich dadurch fortsetzende Prinzip des „Tausches nach außen“ greife das fundierende Gebot des familiären Zusammenlebens – die uneingeschränkte Solidarität im Innen- und Außenverhältnis – an. Mit dem so charakterisierten „Zersetzungsprozess des Haushaltskommunismus“ wird der Familie ein pauschaler Bedeutungsverlust attestiert. Es ist Parsons362, der zur Überwindung dieser negativen und wenig differenzierten Diagnose einen wichtigen Beitrag leistet. Die Delegation zahlreicher Funktionen von der Kernfamilie zugunsten anderer gesellschaftlicher Strukturen rechtfertigt seiner Ansicht nach nicht die Annahme einer allgemeinen Abschwächung der Familienrolle. Darin sei hingegen der Ausdruck der funktionalen Spezifikation der Familie zu sehen: „[ . . . ] the family is more specialized than before, but no in any general sense less important, because the society is dependent more exclusively on it for the performance of certain of its vital functions“363. Geradezu unverzichtbar sei die Familie für die „Produktion“ und die „Gestaltung“ der menschlichen Persönlichkeit. Darunter sind zum einen die Sozialisation der Nachkommenschaft und zum anderen die Stabilisierung der erwachsenen Persönlichkeit zu verstehen. Die „thematische Reinigung“ der Kleinfamilie, wie Tyrell364 die skizzierte Spezialisierungsthese auffasst, legt das Bild ihrer zunehmenden Fokussierung auf die affektive Beziehungssphäre nahe. Außer aufgrund ihrer Rolle zur Sicherung der biologischen Kontinuität der Gesellschaft wird die Familie in der entsprechenden Literatur vornehmlich als Ort der soziokulturellen Geburt des Menschen365 zum 359 360 361 362 363 364 365
König (1974), S. 70. Vgl. Durkheim (1988), S. 57 – 58. Vgl. Weber (1980), S. 214 – 230. Vgl. Parsons (1956), S. 8 – 22. Parsons (1956), S. 9 – 10 (Kursivdruck nach dem Original). Vgl. Tyrell (1976), S. 397. Vgl. König (1974), S. 101 – 105.
3.3 Die Familiendimension
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Vorschein gebracht. Danach wird sie primär für die Übertragung kultureller Standards und die Befriedigung der emotionalen Bedürfnisse des Individuums zuständig gemacht. Als Gegenstück für die Intensivierung ihrer Aufgaben in der Sphäre der Intimbeziehungen erfahre die Haushaltsgemeinschaft eine Entlastung von ökonomischen Funktionen366. In verfeinerter Form wird die bereits von Weber identifizierte Tendenz zur Trennung von Konsum- und Produktionseinheiten bestätigt: „[ . . . ] der Haushalt [ist; Anm. d. Verf.] nicht mehr Stätte gemeinsamer Produktion, sondern Ort gemeinsamen Konsums“367. Eine größere Entfernung der ökonomischen Institutionen von der Familie und der Gemeinschaft stellt sicherlich einen unverwechselbaren Wesenszug der modernen Industriegesellschaft dar. Doch die Vermutung, dass die Familie dabei jegliche wirtschaftliche Verantwortung abgelegt hätte, ist irreführend. Ihre Stilisierung als soziokulturelle Instanz birgt eben die Gefahr, ihre Rolle als Wirtschaftssubjekt für implizit marginal zu erklären. Gegen diese Interpretation lässt sich zeigen, dass die von der Familie übernommenen ökonomischen Funktionen keineswegs einem einfachen monoton-degressiven Verlauf unterliegen. Mit Bezug auf den italienischen Fall stellt z. B. De Rita368 fest, dass das ökonomische Gewicht der Familie ab den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts erheblich zugenommen hat. Der Beitrag, den sie als Einkommens- und Akkumulationszentrum zur Ersparnisbildung geleistet hat, sowie der von ihr initiierte Konsumschub greifen nur Teilaspekte dieses Bedeutungszugewinns auf. Im Zuge der Krise des Wohlfahrtstaates hat die Familie u. a. Ausgleichsfunktionen für die Mängel im staatlichen Versorgungssystem (z. B. bei der Kranken- und Alterspflege) verstärkt wahrgenommen. Von noch größerem Interesse für das Anliegen der Arbeit ist jedoch die Feststellung, dass sich die Familie als eine der Hauptfiguren des Produktionsprozesses bestätigt hat. Nicht nur fungiert sie als Schmiede unternehmerischen Talents. Sie zeichnet sich darüber hinaus durch den Willen und die Fähigkeit aus, ihre internen Ressourcen aktiv durch Übernahme einer autonomen Produktionsrolle zu verwerten. Die Persistenz einer starken Verbindung zwischen Familie und Unternehmen ist kein landesspezifisches Phänomen, wie später unter Abschnitt 3.5 gezeigt werden soll. Die Berücksichtigung der funktionalen Logik der Familie könnte sodann eine erste Möglichkeit anbieten, ihre bewahrte unternehmerische Berufung369 zu interpretieren. Auf die Zugehörigkeit zu einer solidarischen Familiengemeinschaft ist eine mehrfache Motivationswirkung zurückzuführen370. Die Sorgen um das Wohlergehen der engsten Angehörigen und um die Zukunft des Nachwuchses stellen Vgl. Tyrell (1976), S. 102. Weber (1980), S. 226; zum Thema vgl. zusätzlich ebenda S. 63 – 64. 368 Vgl. im Folgenden De Rita (1988), S. 393 – 409. 369 „Although family permeates most business ventures [ . . . ] research into entrepreneurship has generally sidestepped investigating family as a source of oxygen for the entrepreneurial fire“; Rogoff / Heck (2003), S. 559. 370 Vgl. Martinelli (1988), S. 16. 366 367
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
allgemein einen unleugbaren Stimulus für das arbeitsmäßige Engagement und den beruflichen Erfolg dar. Dem Antrieb, der aus diesem Verantwortungsbewusstsein ausgeht, überlagert sich im Falle des Unternehmers der ehrgeizige Wunsch „ein privates Reich zu gründen, meist, wenngleich auch nicht notwendig, auch eine Dynastie“371. Dieses Geltungsbedürfnis setzt Schumpeter als Triebkraft unternehmerischen Handelns dem Siegeswillen und der Freude am Gestalten explizit voran372. Als typische Ausprägung davon lässt sich die bei der Gründung und Weiterführung von Familienunternehmen geradezu immanente Bestrebung deuten, sich in das Werk der Nachkommen zu projizieren und somit auch gewissermaßen zu verewigen. Dehnt man nun den Blick aus, um die Unternehmerfamilie in ihrer Gesamtheit zu betrachten, können weitere Motivationsquellen für ihre direkte Übernahme von Produktionsfunktionen beleuchtet werden373. Monetäre Anreize umfassen in Familienunternehmen über Lohn- und Gehaltsforderungen hinaus auch die Teilnahme am erwirtschafteten Gewinn und begründen somit für die Eigentümerfamilie einen kausalen Zusammenhang zwischen erbrachter Leistung und ökonomischer Anerkennung. Die gleichzeitige Rollenbesetzung in der Familie und im Unternehmen (z. B. als Mutter-Vorstandsvorsitzende oder Sohn-Angestellter) führt zur tendenziellen Verschwommenheit deren gegenseitiger Abgrenzung. Die Tatsache, dass sich infolgedessen die Identität der Familie zum Teil über die der Wirtschaftsorganisation definiert und umgekehrt, verstärkt das Zugehörigkeitsempfinden ihrer Mitglieder und kann somit als zusätzlicher Ansporn zum Engagement im Eigenbetrieb agieren. Die potenziell hohe Identifikation mit dem beruflichen und unternehmerischen Umfeld bietet schließlich den Familienmitgliedern starke Verwirklichungsanreize. In diesem Sinn ausschlaggebend dürfte das Gefühl sein, an der Realisation eines gemeinsamen Traums374 teilzuhaben, der die eigene Person als Mitgestalter zwar einbezieht, sie zugleich aber transzendiert. „Family businesses“, fasst Brokaw mit Emphase zusammen, „enable people to work hard for something more important than either opportunity or ego: family“375.
3.4 Arbeitsdefinition Die vorausgegangenen Ausführungen sind darauf bedacht gewesen, das Problem der definitorischen Auffassung von Familienunternehmen in seiner Komplexität herauszustellen. Dafür sind die in der Literatur entwickelten Ansätze einer SysteSchumpeter (1993), S. 138. Vgl. Schumpeter (1993), S. 138 – 139. 373 Vgl. im Nachkommenden Martinelli (1988), S. 16 – 17. 374 Zu dem Aspekt des geteilten Traums in Familienunternehmen vgl. Lansberg (1999), S. 75 – 79. 375 Brokaw (1992), S. 76. 371 372
3.4 Arbeitsdefinition
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matisierung unterzogen worden, die zugleich als Grundlage für deren jeweilige kritische Bewertung gedient hat. Die Feststellung, dass der Familiendimension in diesem Zusammenhang nur untergeordnete Aufmerksamkeit gewidmet wird, wurde als Anlass für eine weitergehende Auseinandersetzung mit dieser soziologischen Kategorie aufgefasst. Nach der Beleuchtung der Schwierigkeiten, die eine inhaltliche Normierung des besagten Begriffs bereitet, hat die Diskussion über die makro-historischen Transformationen der Institution Familie eine erste Perspektive erschlossen, die Kontinuitätsfrage in Familienunternehmen zu betrachten. Aus den bislang gewonnenen Erkenntnissen soll nun eine Definition herausgearbeitet werden, die für die vorliegende Arbeit Referenzcharakter besitzt. Kohärent mit der Logik, der man im Kapitel gefolgt ist, sollen zunächst aus einem theoretischen Standpunkt die Anforderungen hervorgehoben werden, denen es zu genügen gilt. Daraufhin wird der Versuch unternommen, diese anhand beobachtbarer Merkmale der betrieblichen Familienpräsenz zu konkretisieren. Trotz der Vereinfachungen, die dafür in Kauf genommen werden müssen, wird auf die Ableitung einer operationalen Abgrenzung nicht verzichtet, da erst diese das Untersuchungsobjekt „greifbar“ macht. Auf die möglichen Schattierungen des Familiengepräges im Unternehmen wird dabei nicht eingegangen. Zwar bietet ihre Erfassung mittels multidimensionaler bzw. modularer Definitionsansätze einen wichtigen Anhaltspunkt, um mit der Heterogenität der Familienunternehmensformen umzugehen; die explorative Fragestellung, deren Klärung die Arbeit zum Ziel hat, rechtfertigt nichtsdestotrotz die Einigung auf eine verhältnismäßig umfassende Begriffsbestimmung. Zweck ist dabei nicht, zwischen den unterschiedlichen Intensitäten der unternehmerischen Familiengebundenheit zu differenzieren, sondern Mindestbedingungen dafür hervorzubringen. Unter Zugrundelegung theoretischer Abgrenzungskriterien lässt sich demnach ein Familienunternehmen als eine Wirtschaftsorganisation charakterisieren, in der eine Gruppe, die sich einer Familie zugehörig fühlt, das Potenzial inne hat, die Unternehmensgeschehnisse in erheblichem Maße zu beeinflussen und die Absicht hegt, dieses Potenzial der(n) künftigen Familiengeneration(en) zu bewahren und weiterzugeben. Familienkontrolle setzt nach dieser Auffassung voraus, dass die Familie die Möglichkeit hat (und auf die Zukunft zu übertragen gedenkt), auf die Grundzüge der Unternehmenspolitik376 einzuwirken. Darunter fallen sämtliche betrieblichen Grundentscheidungen, die mit der Gründung und Löschung des Unternehmens sowie mit dessen laufender Lenkung zusammenhängen377. Es handelt sich hierbei in der Regel um strategische Bestimmungen, die mittel- bis langfristige Auswirkungen auslösen. Auf sie kann die Familiengemeinschaft Einfluss ausüben, indem sie explizit in die Angelegenheiten der Wirtschaftsorganisation eingreift (z. B. durch die tatkräftige Favorisierung einer gewissen Geschäftsausrichtung). Aber auch eine von ihr geprägte Unternehmenskultur kann für die kon376 377
Vgl. dazu allgemein Schreyögg / Steinmann (1981), S. 535. Vgl. Corbetta (1995a), S. 30 – 31.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
trollierende Familie ein wirksames Mittel zur Geltendmachung der eigenen Ansichten und Prioritäten darstellen. Die Bezeichnung Familie deckt sich in der Arbeit weitgehend mit der Bedeutung von Verwandtschaft. Wie an anderer Stelle bereits angeführt (vgl. Abschnitt 3.3.1), rät der für Familienunternehmen konstitutive Kontinuitätsgedanke von einer Fokussierung auf die isolierte Haushaltsgemeinschaft ab. Im Folgenden soll der Begriff Familie zur Identifizierung eines sozialen Netzwerks dienen, das durch ein gemeinsames Bewusstsein und Selbstverständnis378 geprägt ist. Dafür wird auf die Idee des Familienclans zurückgegriffen. Darunter ist eine Gruppe von Menschen zu verstehen, deren verwandtschaftliches Verhältnis zueinander von der gemeinsamen Abstammung aus einem Gründungspaar begründet ist379. Die Zugehörigkeit zu einer so abgegrenzten Sippe kann entweder durch „ascription“ (Blutsverwandtschaft) oder durch „achievement“ (Liierung) bestimmt werden380. Partnerbeziehungen umfassen im letztgenannten Fall alle auf Dauer angelegten Formen des (wirtschaftssolidarischen) Zusammenlebens, unabhängig von deren ehelicher Institutionalisierung. Die Konzeptualisierung des Begriffs Kontrolle stellt eine weitere Herausforderung dar. Gerade seine schwierige Erfassbarkeit hat die von Berle und Means initiierte Debatte über die Separierung von Eigentum und Verfügungsgewalt in Großunternehmen im Wesentlichen konditioniert, wie unter Kapitel 2 ausführlich dargelegt. Auf diese Erfahrung geht der oben vorweggenommene Vorschlag zurück, das Einflusspotenzial (als Grundvoraussetzung jeglicher Einflussnahme) für den ausschlaggebenden Bestimmungsfaktor der unternehmerischen Machtverhältnisse zu erklären: „[control refers to the; Anm. d. Verf.] power of determining the broad policies guiding a corporation and not to [ . . . ] the actual influence on the day affairs of an enterprise“381. Mit der Ablegung von aktiven Managementaufgaben geht folglich nicht notwendigerweise ein Kontrollverlust seitens des Eigentums einher. Die „Trennung von Unternehmensleitung und appropriiertem Besitz“ schließt die „Appropriation der Verfügung über die Person des Leitenden an Besitzinteressenten“ nicht aus: „Kraft Besitzappropriation“ kann „die Verfügung über die Unternehmerstellung [ . . . ] in den Händen von betriebsfremden Vermögensinteressenten“ liegen382. Auf den für die Arbeit relevanten Kontext übertragen impliziert dies, dass die Vertretung der Familie in den Leitungs- und / oder Überwachungsgremien des Unternehmens weder eine notwendige noch eine ausreichende Bedingung zur Bestimmung ihres Einflussvermögens darstellt. Sie eignet sich insofern nicht, unter die Mindestkriterien für die Definition von Familienunternehmen aufgenommen zu werden. 378 379 380 381 382
Vgl. dazu König (1986), S. 29. Vgl. Klein (2004a), S. 18. Vgl. Dykstra et al. (2004), S. 9. Goldsmith / Parmelee (1940), S. 99 – 100. Weber (1980), S. 79.
3.4 Arbeitsdefinition
95
Die Fähigkeit zur Einwirkung auf die unternehmerische Geschäftspolitik soll folglich anhand der vorhandenen Eigentumsverhältnisse beurteilt werden. Familienkontrolle liegt dann vor, wenn die Lenkungsmöglichkeiten der herrschenden Familie mit keiner vergleichbaren Gegenmacht in Konkurrenz treten. Kontrolle ist somit eine relative Dimension. Ihre Operationalisierung mittels Anrechnung von Anteilsrechten soll diesen Umstand berücksichtigen. Zwar scheint die Forderung nach einer einfachen Kapitalmehrheit das Problem auf unkomplizierte Weise lösen zu können; die Auferlegung einer 50 % igen Schranke ist jedoch nur vor dem Hintergrund einer konzentrierten Eigentumsstruktur, wie sie insbesondere für Klein- und mittelständische Unternehmen typisch ist, vertretbar. Bei zunehmender Streuung des Anteilbesitzes greift diese Bedingung zu hoch. Die Vervielfältigung der Eigentumspositionen, die mit steigender Unternehmensgröße zusammengeht, ermöglicht die Etablierung von Kontrollansprüchen lange vor der Erreichung einer absoluten Kapitalmehrheit. Das liegt zum einen daran, dass die Koordination der sonstigen, gestreuten Interessen an dem dafür erforderlichen Aufwand scheitert. Zum anderen profitiert die relative Machtstellung größerer Anteilseigner von der (rationalen) Apathie der Kleinanleger, die ihr Recht auf Teilnahme an der unternehmerischen Willensbildung (z. B. durch Stimmabgabe in der Hauptversammlung) zum Teil (aus Kostengründen) nicht wahrnehmen. In dieser Konstellation kann bereits eine Beteiligungsquote von 20 % Zugang zu einem erheblichen Einflusspotenzial verschaffen383. Voraussetzung dafür ist die Abwesenheit weiterer konzentrierter Positionen, die solche Machtstellung streitig machen könnten. Die Bedingung gilt dann als erfüllt, wenn die Autorität des Hauptinhabers selbst unter Bündelung der nächst großen Eigentumspaketen nicht unter Druck gerät. Die relative Gewichtung der Eigenkapitalanteile bietet ein einwandfreies Kriterium zur Beschreibung der Kontrollverhältnisse im Unternehmen nur unter der Annahme an, dass Umfang der Kapitalbeteiligung und der damit erworbenen Stimmrechte übereinstimmen. Auf die Existenz von Möglichkeiten, finanzielle und Mitbestimmungsansprüche (Cashflow- und Stimmrechte) voneinander abzutrennen, ist im Rahmen der Arbeit bereits hingewiesen worden (vgl. Abschnitt 2.5.1). Zu diesem Zweck dienen unter anderen bestimmte aktienrechtliche Instrumente, wie stimmrechtslose Vorzugsaktien (die im Wesentlichen eine monetäre Forderung verbriefen) sowie der Rückgriff auf pyramidale Strukturen in verschachtelten Konzernen. Die genannten Mechanismen agieren im Sinne eines Kontrollhebels, indem sie gestatten, Kontrolle über relativ hohe Umsatzvolumina mit einem verhältnismäßig geringen Kapitaleinsatz zu erlangen. Bei ihrer Aktivierung sollen daher die oben angegebenen Richtwerte zur Überprüfung des Vorliegens eines maßgebenden Einflusspotenzials auf die Stimmrechtsquote anstatt auf die Höhe des Anteilbesitzes bezogen werden. Das hat gerade im Fall mehrstufiger, vertikal geschichteter Beteiligungsstrukturen den zusätzlichen Vorteil, die Suche nach den „ultimativen“ 383
Vgl. Faccio / Lang (2002), S. 369; La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999), S. 476.
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3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
Willensträgern des Unternehmens (gegebenenfalls über mehrere Kontrollzwischenschichten hinweg) zu erzwingen. Ein letztes, konstitutives Element der Definition von Familienunternehmen greift der Wunsch auf, die Zukunft der Wirtschaftsorganisation an das Schicksal der Familie dauerhaft zu binden. Hinter dem Streben nach Beibehaltung des Einflussvermögens in den Händen des Verwandtenkreises ist die Motivation erkennbar, der Nachkommenschaft das Unternehmen als eine Art Vermächtnis anzuvertrauen. So ausschlaggebend die Erhaltungsabsicht für die Bestimmung des Charakters von Familienunternehmen auch ist, erweist sich ihre Verankerung an objektiv feststellbaren Merkmalen aus praktischer Sicht schwierig. Ihre Operationalisierung anhand der Existenz einer entsprechenden Nachfolgeplanung384 kann sich zweier Kritiken nicht entziehen. Zum einen scheint die Bedingung in Anbetracht des gerade bei Familienunternehmen vielfach bemängelten Planungsdefizits385 zu restriktiv formuliert. Zum anderen wird dadurch der Akzent verstärkt auf den Aspekt des Managementwechsels anstatt nur auf die Übertragung der Eigentumsrechte gesetzt, was eine definitorisch nicht unterstützte Einschränkung bei der Stichprobenentnahme herbeiführen würde. Aufgrund seiner Pauschalität wenig überzeugend ist auch der Vorschlag, nur Unternehmen ab der zweiten Familiengeneration für eine Klassifikation als Familienunternehmen in Betracht zu ziehen386. Die rein theoretische Verfügbarkeit von potenziellen Kandidaten für die Weiterführung der Familientradition bietet kein besseres Kriterium an, vor allem weil die erzielte Selektionswirkung im Hinblick auf die zugrunde gelegte, großzügige Auslegung der Familiengrenzen faktisch minimal sein dürfte. Nur auf sehr indirektem Weg lässt sich eine Möglichkeit finden, den Kontinuitätsgedanken bei der Ableitung einer statistischen Definition doch noch (zumindest partiell) mit einzubeziehen. Zentral ist dafür die Bemerkung, nach der es eher unwahrscheinlich ist, dass wirtschaftliche Tätigkeiten, die nicht den primären Fokus der Familie darstellen, dynastische Ambitionen auslösen387. Es folgt, dass die Bezeichnung Familienunternehmen nicht im Zusammenhang mit reinen Nebeneinkommensquellen anwendbar ist. Trägt man die angestellten Überlegungen zusammen, lassen sich Familienunternehmen aus operationaler Sicht als Wirtschaftsorganisationen auffassen – ungeachtet deren Rechtsform und Größe –, in denen die Mitglieder eines Familienclans über eine (im oben präzisierten Sinn) unangefochtene Stimmenmehrheit verfügen und aus der Verbindung zum Unternehmen die wesentliche Grundlage ihres Wohlstands schöpfen. Auch Individualeigentum kann demnach unter Umständen eine Form von Familienunternehmen darstellen. Ausgegrenzt soll hingegen der Fall bleiben, in dem die Machtstellung zwischen zwei oder mehr Familiengruppen auf384 385 386 387
Vgl. Uhlaner (2002), S. 12. Vgl. ausführlich Abschnitt 4.5.2 in der Arbeit. Vgl. Morck / Yeung (2004), S. 3; Donnelley (1964), S. 94. Vgl. Astrachan / Shanker (2003), S. 214.
3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten
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geteilt ist. Obwohl in der Literatur oft als mögliche Ausprägung der Familienkontrolle aufgeführt388, wirft diese Konstellation Szenarien auf, die zum Teil anderer Erklärungsansätze bedürfen. Insbesondere die Tatsache, dass die Koordination der Hauptinteressenträger nicht (nur) familiäre Beziehungen beansprucht, kann die Qualität der Interaktion und die daraus resultierenden Dynamiken im Unternehmen erheblich beeinflussen.
3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten Die mangelnde Einigkeit über eine Definition von Familienunternehmen hat die Entwicklung einer entsprechenden Empirie lange gehemmt und deren Informationsgehalt zudem stark eingeschränkt. Die Unzulänglichkeit der Angaben aus herkömmlichen Datenbanken (in denen Unternehmen anhand von Größenmerkmalen klassifiziert werden) hat den Rückgriff auf existierende, breit angelegte Informationspools gehindert und statistischen Auswertungen einen hohen Aufwand aufgebürdet. Auf diese objektiven Schwierigkeiten geht die häufige Anwendung von „convenience samples“ mit oft begrenztem Umfang und fraglicher Repräsentativität zurück. Neben den Modalitäten der Stichprobenentnahme beeinträchtigt die Variabilität der zugrunde gelegten Begriffsabgrenzungen die Vergleichbarkeit der erlangten Ergebnisse, deren Aussagekraft somit abgeschwächt wird. Der einmalige Charakter vom Großteil der Erhebungen schließt im Übrigen die Möglichkeit aus, zumindest im Zeitablauf über konsistente Daten zu verfügen. Die Brüchigkeit der vorgelegten Evidenz, ihre ausgeprägte Sensitivität auf die mehr oder weniger restriktive Auffassung des Untersuchungsobjektes389 und die angedeuteten Bedenken hinsichtlich ihrer Stichhaltigkeit und Verallgemeinerungsfähigkeit sind für die Existenz von „Mythen“ verantwortlich, die Familienunternehmen wechselweise jegliche Relevanz absprechen („Family businesses are an insignificant part of the US economy“390) oder eine quasi-exklusive Stellung als Wirtschaftsakteure zuordnen („over 90 percent of all [US; Anm. d. Verf.] corporations (including 35 percent of the Fortune 500) are either owned or controlled by a family“391). Diesen Aussagen auf den Grund zu gehen ist an dieser Stelle umso unerlässlicher, weil die Diffusion von Familienunternehmen und der ihnen zuzuschreibende, volkswirtschaftliche Beitrag die Existenzberechtigung einer entsprechend ausgerichteten Forschungstätigkeit nicht unwesentlich bestimmen392. Vgl. Ward / Dolan (1998), S. 306. Je nach zugrunde gelegter Definition machen Familienunternehmen zwischen 11 % und über 90 % aller US-Unternehmen aus; vgl. dazu Astrachan / Shanker (2003), S. 218, sowie Shanker / Astrachan (1996), S. 116. 390 Heck / Stafford (2001), S. 9. 391 Lansberg (1983), S. 39. Einen Familienunternehmenanteil von über 90 % geben u. a. auch Babicky (1987), S. 25, und Beckhard / Dyer (1983b), S. 5, an. 392 Vgl. Sharma (2004), S. 3. 388 389
98
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
Zu diesem Zweck wird im Folgenden die Bedeutung familienbasierter Organisationsformen unter Zuhilfenahme der Ergebnisse aus verschiedenen internationalen Erhebungen quantitativ abgebildet. Ausgehend von der vorgeschlagenen, operationalen Definition geben die dabei ermittelten Prozentwerte den Anteil von Familienunternehmen an der Gesamtunternehmenanzahl in ausgewählten Ländern an. Da die Forderung nach strikter Einhaltung aller ausgearbeiteten Begriffsabgrenzungskriterien (spätestens aufgrund der in der Regel vermissten Präzisierung des Familienbegriffs) den Datensatz erheblich schmälern würde, ist allgemein die Empirie verwertet worden, die Familienunternehmen auf der Grundlage von Eigentumsverhältnissen (Eigenkapitalbeteiligungs- oder Stimmrechtsquote) identifiziert. Die vielfache Beschränkung der Stichprobenauswahl auf Unternehmen mit einem gewissen Mindestumsatz und / oder mit einer Mindestanzahl an Mitarbeitern stellt indirekt sicher, dass wirtschaftliche Nebentätigkeiten (die nicht als primäre Einkommensquellen von einer Familie betrieben werden) aus der Erhebung – definitionsgemäß – ausscheiden. Trotz dieser Zugeständnisse bleiben die verfügbaren Daten spärlich (vgl. zunächst Tabelle 3-5). Von der Schwierigkeit, die eine quantitative Erfassung von Familienunternehmen anhand standardisierter Kriterien bereitet, zeugt das US-amerikanische Beispiel vielleicht am deutlichsten. Die meist zitierten Quellen zur zahlenmäßigen Charakterisierung der Präsenz von Familienunternehmen stützen sich hier nicht auf konkrete statistische Auswertungen („family business facts“), sondern bieten lediglich „educated estimates“ an, d. h. Schätzungen, die auf Erfahrungswissen und Expertenkenntnissen basieren. Die Vereinfachungen, die bei dieser Vorgehensweise in Kauf genommen werden müssen, führen u. a. dazu, dass die Übertragung der Definitionsanforderungen auf die praktische Ableitung von Zahlenwerten nur bedingt gelingt. Für die mittlere Definition nach Astrachan und Shanker ist es insbesondere erforderlich, dass die Familie zum einen die Kontrolle über die strategische Geschäftsausrichtung inne hat (breite Definition) und beabsichtigt, diese auch in der Zukunft zu bewahren, und zum anderen Führungsaufgaben aktiv übernimmt393. Gerade der zuletzt genannte Aspekt wird jedoch bei der Umsetzung der Definition vernachlässigt, so dass die entsprechende Quantifizierung mit guter Näherung die relevante Arbeitsabgrenzung widerspiegelt. Auf ähnlich begründeten und dokumentierten Plausibilitätsüberlegungen beruht auch die ältere Angabe für die Schweiz. Die restlichen länderspezifischen Ergebnisse sind aus empirisch dokumentiertem Datenmaterial entnommen worden. Ihnen liegt eine einheitliche Auffassung von Familienunternehmen zugrunde, die einen Anteilsbesitz von zumindest 50 % in den Händen der kontrollierenden Familie voraussetzt.
393 Bei der Abgrenzung von breiter und mittlerer Definition sind 2003 und 1996 leichte Änderungen zu verzeichnen. Um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, sind die Daten aus 1996 in der Tabelle an die neueste Definition angepasst worden.
3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten
99
Tabelle 3-5 Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: keine Differenzierung nach Unternehmensgröße Land
FU-Anteil
Jahr
Stichprobe
USA
40 % 53 %*
2003 1996
Schätzungen bezogen auf die Gesamtheit der Unternehmen
Großbritannien
81 %
1998
427 unabhängige, nicht börsennotierte Unternehmen (mindestens 10 Jahre alt)
Deutschland
69 %*
2004394 1.159 Unternehmen mit mehr als 2 Millionen DM Jahresumsatz; höhere Größenklassen überrepräsentiert 2000395 1.016 Adressen aus der Hoppenstedt-Kartei mit mehr als 2 Millionen DM Jahresumsatz; höhere Größenklassen überrepräsentiert (Hochrechnung entsprechend der Größenverteilung in der Unternehmensbevölkerung)
57 %* (66 %*)
Schweiz
Italien
Spanien
89 %*
2004
958 Unternehmen aus dem Schober-Database Schätzungen bezogen auf die Gesamtheit der Unternehmen
50 %
1994
> 80 %*
1999
247 Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit mehr als 10 Mitarbeitern und mit einem Jahresumsatz von 5 bis zu 300 Milliarden Lire
45 %*
1988
744 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz ab 200 Millionen Peseta
* Eigene Berechnung auf Basis der in der Erhebung dokumentierten Informationen. Quellen: Klein (2004a), S. 40 – 42 u. 108 (Deutschland); Frey et al. (2004), S. 75 u. 78 (Schweiz); Astrachan / Shanker (2003), S. 214 – 215; Klein (2000), S. 159, 165 u. 176; Corbetta / Montemerlo (1999), S. 362 u. 368; Westhead / Cowling (1998), S. 43; Shanker / Astrachan (1996), S. 112 u. 120; Wagner (1994), S. 36; Gallo / García Pont (1988), S. 10 u. 15. 394 Der angegebene Prozentsatz unterschätzt den Anteil an Familienunternehmen leicht. Er trägt nämlich der Tatsache nicht Rechnung, dass Unternehmen, in denen die Familie mehr als 50 % der Eigentumsrechte besitzt, von Klein zum Teil als Nicht-Familienunternehmen klassifiziert werden. Mit Blick auf ähnliche Untersuchungen (vgl. Klein (2000); Frey et al. (2004)) lässt sich nachrechnen, dass die dadurch begründete Unterschätzung der Diffusion von Familienunternehmen ungefähr zwei bis drei Prozentpunkte beträgt. 395 Der Prozentsatz ist korrigiert worden, um zum einen die Unternehmen zu berücksichtigen, in denen die Familienbeteiligung am Kapital zwar höher als 50 % ist, von Klein jedoch als Nicht-Familienunternehmen klassifiziert werden. Zum anderen trägt der ermittelte, korrigierte Anteil der Tatsache Rechnung, dass Unternehmen, in denen die Familie weniger als 50 % der Eigentumsrechte besitzt, von der Autorin teilweise als Familienunternehmen erfasst worden sind. Ergänzende Informationen dafür werden in Klein (2004a), S. 42 u. 106 – 109, bereitgestellt.
100
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
Die in der Tabelle 3-5 zusammengefassten Prozentsätze können somit in erster Annäherung als Beleg für die allgemein beachtliche Verwurzelung des Typus Familienunternehmen in den westlichen Wirtschaftssystemen geltend gemacht werden. Für eine tiefer gehende, vergleichende Analyse bieten sie jedoch einen eher wenig geeigneten Anhaltspunkt an. Nicht nur die unterschiedliche Zusammensetzung der jeweiligen Stichproben, sondern auch die meist sehr dürftige Information hinsichtlich ihrer Schichtung nach Größenklassen steht einem solchen Vorhaben entgegen. Das Problem kann partiell umgangen werden, indem Erhebungen gezielt gegenübergestellt werden, die sich im Vorfeld auf eine relativ homogene Bevölkerung beziehen. In diesem Sinn bemisst Tabelle 3-6 die relative Verbreitung familienbasierter Organisationsformen auf Unternehmen des unteren Größensegments. Da die meist aggregierte Darstellungsweise der Untersuchungsergebnisse eine bessere Datenaufteilung unmöglich macht, sind die Größenkriterien Umsatz und Mitarbeiterzahl nicht durchgehend einheitlich definiert. Die Bezeichnung von Klein- und mittelständischen Unternehmen kann daher in diesem Zusammenhang nur unter dem Hinweis auf eine etwas großzügige Auslegung dieser Kategorie verwendet werden396. Vor dem Hintergrund einer so abgegrenzten Grundgesamtheit zeigen die aufbereiteten Daten das Bild einer bemerkenswerten und über die nationalen Grenzen hinweg gleichmäßigen Präsenz von Familienunternehmen auf. Das ist umso augenfälliger, wenn man bedenkt, dass die Anteilswerte für das Jahr 1991 verhältnismäßig konservativ ausfallen, wohingegen die jüngsten Angaben von Astrachan et al. die Diffusion von Familienunternehmen tendenziell überschätzen. Während nämlich ihr relatives Vorkommen im ersten Fall anhand einer restriktiveren Definition gemessen wird (60 % anstatt 50 % der Eigentumsrechte müssen demnach der herrschenden Familie gehören), sind im zweiten Fall keine Kriterien eingearbeitet, die als Nebeneinkommensquellen betriebene Tätigkeiten aus der Erhebung (implizit) ausschließen. Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass Familienunternehmen ungefähr zwischen zwei Drittel und drei Viertel aller Unternehmen der unteren Größenklassen ausmachen. Bis auf eine leichte Unregelmäßigkeit in Spanien, wo die Quote etwas geringer ausfällt, sind im Ländervergleich keine nennenswerten Unterschiede zu verzeichnen. Wesentlich dürftiger ist die internationale Evidenz bezüglich der Verbreitung von Familienkontrolle unter den gehobenen Unternehmensgrößen. Daran sicherlich nicht unbeteiligt ist das immer noch nicht gänzlich ausgeräumte Vorurteil, nach dem familienzentrierte Machtstrukturen nur – wenn überhaupt – in Zusammenhang mit kleineren Produktionseinheiten eintreten würden397. Tabelle 3-7 wirkt unter diesem Standpunkt ernüchternd. Die darin enthaltenen Prozentsätze sind zwar nur als Richtwerte zu interpretieren, da sie zum Teil (was Österreich und 396 Zur genaueren Abgrenzung von Unternehmen nach Größenklassen siehe die Empfehlung 2003 / 361 / EG, ABl Nr. 124 vom 20. 05. 2003, S. 36 – 41. 397 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn (2001), insb. S. 38.
3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten
101
Tabelle 3-6 Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: Unternehmen der unteren Größenklassen Land
FU-Anteil
Jahr
USA
74 % 85 %
2003 1998
7.059 Unternehmen und Start-ups 3.404 Unternehmen
Großbritannien
77 % 67 %a)
2003 1991
16.000 Unternehmen und Start-ups 110 Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit 1 bis 500 Mitarbeitern
Deutschland
66 %*
2000398 631 Adressen aus der Hoppenstedt-Kartei mit einem jährlichen Umsatz von 2 bis zu 100 Millionen DM
Schweiz
67 %a)
1991
177 Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit 1 bis 500 Mitarbeitern
Österreich
83 %a)
1991
107 Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit 1 bis 500 Mitarbeitern
Frankreich
61 %a)
1991
119 Unternehmen der verarbeitenden Industrie mit 1 bis 500 Mitarbeitern
Italien
75 %*
2001
75 %
1994
620 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von bis zu 250 Millionen Euro und 1 bis 500 Mitarbeitern 382 Unternehmen mit mehr als 20 und (in 95 % der Fälle) weniger als 500 Mitarbeitern
55 % 46 %*
2003 1988
Spanien
Stichprobe
2.000 Unternehmen und Start-ups 686 Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz ab 200 Millionen Peseta und bis zu 250 Mitarbeitern
a)
60 % Eigentumsschwelle. * Eigene Berechnung auf Basis der in der Erhebung dokumentierten Informationen.
Quellen: Astrachan et al. (2003), S. 5399; Gnan / Montemerlo (2001), S. 227 u. 230; Klein (2000), S. 159 u. 165; Bopaiah (1998), S. 77; Barca et al. (1994), S. 88 u. 249; Donckels / Fröhlich (1991), S. 153 – 154; Gallo / García Pont (1988), S. 10 u. 15.
die Schweiz angeht) auf nicht nachgewiesenen Schätzungen basieren und im Übrigen allzu strenge definitorische Bedingungen widerspiegeln (eine 50 %ige Eigenkapitalbeteiligung der Familie ist gefordert). Die Vorstellung, dass die unternehmerische Rolle der Familie mit steigender Unternehmensgröße inkompatibel wäre, wird nichtsdestotrotz damit überzeugend widerlegt. Vgl. Anmerkung 395. Die Untersuchung erfolgt im Rahmen des Global Entrepreneurship Monitor 2002. Aus dieser Quelle stammt auch die Information über die Größe der nationalen Stichproben; vgl. dafür Reynolds / Bygrave / Autio (2003), S. 87. 398 399
102
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen Tabelle 3-7 Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: Unternehmen der oberen Größenklassen Land
FU-Anteil
Jahr 400
Stichprobe
Deutschland
40 %*
2000
385 Adressen aus der Hoppenstedt-Kartei mit einem jährlichen Umsatz ab 100 Millionen DM
Schweiz
33 %
1994
Schätzungen bezogen auf die 500 größten Unternehmen
Österreich
38 %
2000
Nicht dokumentierte Schätzungen bezogen auf die 500 größten Unternehmen
Italien
46 %
1994
1.200 Unternehmen mit mehr als 50 und in 89 % der Fälle mehr als 200 Mitarbeitern
Spanien
23 %
1995
1.000 größte Unternehmen
* Eigene Berechnung auf Basis der in der Erhebung dokumentierten Informationen. Quellen: Klein (2000), S. 159 u. 165 (Deutschland); Leyherr (2000), S. 17 (Österreich); Gallo (1995), S. 247; Wagner (1994), S. 38 (Schweiz); Barca et al. (1994), S. 86 u. 244 (Italien).
Ziemlich detaillierte Informationen über die Eigentumsstrukturen von Großunternehmen sind erst für die Gruppe der börsennotierten Gesellschaften zugänglich. Insbesondere die Internationalisierung der Debatte über die Strukturen der Corporate Governance im Laufe der 1990er Jahre (wie unter Abschnitt 2.5.1 bereits angeführt) hat zur weltweiten, komparativen Analyse von Kontrollinstanzen und -mechanismen in öffentlich gehandelten Unternehmen aufgerufen und die Entstehung einer gut dokumentierten Empirie angeregt. Einen Einblick in die entsprechenden Befunde gewährt Tabelle 3-8. Ein maßgebender Familieneinfluss wird dort unterstellt, wenn ein Individuum oder mehrere Mitglieder der gleichen Familie gemeinsam als Endeigentümer über einen Stimmrechtsanteil von mindestens 20 % verfügen. Als Grundlage für die bahnbrechende Untersuchung von La Porta, Lopez-de-Silanes und Shleifer (1999) fungiert eine beschränkte Gesellschaftenauswahl, die jeweils die 20 größten und 10 weitere mittelgroße Marktakteure umfasst. Auf ein weitgehend breiteres Unternehmensspektrum zielen Faccio und Lang (2002) in ihrer Studie über die westeuropäische Börsenlandschaft ab. Da sie jedoch beim Eintreten von mehrstufigen Kontrollketten auf die Identifikation der Besitzverhältnisse in kontrollierenden Unternehmen verzichten, solange diese nicht ihrerseits Börsenpräsenzen darstellen, erfolgt die Quantifizierung von Familienunternehmen anhand einer prozentualen Bandbreite. Die untere Grenze entspricht den dokumentierbaren Fällen von Familienkontrolle. Die obere Schwelle misst den relativen Anteil an Familiengesellschaften unter der Annahme (die nahe gelegt wird), dass nicht börsengehandelte Unternehmen als Hauptstimmrechtsinhaber das 400
Vgl. Anmerkung 395.
3.5 Familienunternehmen: Zahlen und Fakten
103
ultimative Eigentum von mächtigen Individuen und Familiengruppen verschleiern. In Anlehnung an die Methodik von La Porta et al. sind schließlich die restlichen, in Tabelle 3-8 angeführten Prozentwerte ermittelt. Tabelle 3-8 Empirie über den Anteil an Familienunternehmen in ausgewählten Ländern: börsennotierte Unternehmen Land
FU-Anteil
Jahr
Stichprobe
USA
20 % / 10 %
1999
20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Großbritannien
12 – 24 % 0 % / 40 %
2002 1999
1.953 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Deutschland
27 – 65 % 10 % / 40 %
2002 1999
704 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Schweiz
37 % 23 – 48 % 30 % / 50 %
2004 2002 1999
267 Unternehmen 214 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Österreich
12 – 53 % 15 % / 17 %
2002 1999
99 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Frankreich
71,57 %
2005
75 %
2004
26 – 65 % 20 % / 50 %
2002 1999
510 Unternehmen des nicht-finanziellen Sektors 470 Unternehmen (Finanz- und Immobilienunternehmen ausgenommen) 607 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Italien
40 – 60 % 15 % / 60 %
2002 1999
208 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Spanien
41 % 6 – 56 % 15 % / 30 %
2004 2002 1999
177 Nicht-Finanzunternehmen 632 Unternehmen 20 größte / 10 mittelgroße Unternehmen nach Marktkapitalisierung
Quellen: Boubaker (2005), S. 13; Fueglistaller / Zellweger (2004), S. 11 (Schweiz); Sacristán Navarro / Gómez Ansón (2004), S. 378 (Spanien); Sraer / Thesmar (2004), S. 6 (Frankreich); Faccio / Lang (2002), S. 379; La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999), S. 492 u. 494.
Die zuletzt präsentierten Ergebnisse bieten einen zahlenmäßigen Beleg für die bereits vorweggenommene Wahrheit an, nach der die Wahrscheinlichkeit familienbasierter Herrschaftsstrukturen negativ von der Unternehmensgröße abhängt. An-
104
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
dererseits können sie als beeindruckender Beweis für die durchaus beständige Relevanz der unternehmerischen Familienverantwortung selbst da gedeutet werden, wo sie am wenigsten vermutet wird: auf den internationalen Börsenmärkten. Erst in diesem Kontext werden systematische Unterschiede im Ländervergleich überhaupt ersichtlich. Familienunternehmen beanspruchen weiterhin eine herausragende Stellung im Rahmen des netzwerkorientierten Corporate-Systems von Kontinentaleuropa, in dem unternehmensinterne Kontrollinstanzen (wie Großaktionäre und Aufsichtsratsorgane) traditionell eine übergewichtige Rolle einnehmen401. Keine markanten Differenzen lassen sich hierein zwischen dem rheinischen Archetypus (vgl. Deutschland, Österreich und die Schweiz) feststellen, der sich insbesondere durch das erhebliche Machtpotenzial von Banken und Finanzinstitutionen auszeichnet, und dem lateinischen Kapitalismus von Frankreich, Italien und Spanien, der als Ergebnis einer lang anhaltenden wirtschaftlichen Staatseinmischung und der quasi feudalen Präsenz von industriellen Familiendynastien beschrieben wird402. Familienunternehmen büßen hingegen an Bedeutung in den marktorientierten Wirtschaftssystemen ein, die charakteristisch für den angloamerikanischen Raum sind. Selbst hier jedoch erscheint die Vorherrschaft von gestreutem Eigentum und / oder institutionellen Investoren weitaus weniger unbestritten, als manche plakative Darstellungen403 ahnen lassen würden. Es trifft vielmehr zu, dass „the distinction between market-oriented systems and network-oriented systems is a matter of degree“404. Diese Schlussfolgerung lässt sich überzeugend untermauern, wenn andere Indikatoren der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Familienunternehmen außer ihrer relativen Anzahl berücksichtigt werden. So schätzen Astrachan und Shanker405 für die Vereinigten Staaten, dass Familienunternehmen zu 59 % an der Erwirtschaftung des Bruttosozialproduktes beteiligt sind, während sie fast drei von fünf Arbeitsplätzen zur Verfügung stellen. Fast deckungsgleich sind die Prozentsätze, die Klein406 für Deutschland ermittelt. Gemessen an Unternehmen mit mehr als zwei Millionen DM (circa eine Million Euro) Jahresumsatz, beläuft sich hier der Beschäftigtenanteil von Familienunternehmen auf ungefähr 60 %, wobei ihr Beitrag zum Gesamtumsatz nur leicht geringer (circa 55 %) ausfällt.
401 Zum Unterschied zwischen den so genannten netzwerk- und marktorientierten Systemen der Corporate Governance vgl. Melis (1999), S. 59 – 69. 402 Für eine vertiefende Analyse vgl. auch Angiola (2000), S. 16 – 29. 403 Vgl. z. B. Prodi (1995), S. 12 – 31. 404 Moerland (1995), S. 449. 405 Vgl. Astrachan / Shanker (2003), S. 217. Die Daten entsprechen der mit der Arbeitsabgrenzung kompatiblen mittleren Definition. 406 Vgl. Klein (2004a), S. 41 – 45.
3.6 Zwischenfazit
105
3.6 Zwischenfazit Was ist ein Familienunternehmen? Mit dieser Fragestellung eröffnen die Herausgeber der „Family Business Review“ 1988 den Leitartikel der ersten Zeitschriftenausgabe407. Ein Jahrzehnt später warnen Habbershon und Williams408 vor der Gefahr, dass das Fehlen an definitorischer Klarheit die Glaubwürdigkeit der Forschung über Familienunternehmen ernsthaft in Frage stellen könnte. Doch trotz der in dieser Hinsicht unternommenen Bemühungen hat sich bislang keine Konvergenz über die Kriterien herausgebildet, die zur Abgrenzung von Familienunternehmen heranzuziehen sind409. Als Ausgangsbasis für die Auseinandersetzung mit diesem zentralen Problem wurde im ersten Teil des Kapitels eine Einteilung der in der Literatur vorzufindenden Definitionsansätze in theoretische, merkmalsorientierte und multidimensionale Konzeptualisierungsmodi entworfen und diskutiert. Die Beziehungen zwischen den drei Kategorien sind eher als komplementär denn als alternativ erfasst worden. Während subjektiv-abstrakte Kennzeichen das Wesen von Familienunternehmen am besten aufgreifen, fordert ihre Operationalisierung eine Ausrichtung an objektiv nachprüfbaren Elementen der betrieblichen Familienpräsenz. Multidimensionale Ansätze spannen durch Kombination verschiedener Abgrenzungskriterien eine Bandbreite an möglichen Definitionen auf, um somit der Vielfalt an Familienunternehmen-Ausprägungen gerecht zu werden bzw. diese durch variierende Grade an Familiengebundenheit zu charakterisieren. Im Wesentlichen ausgeblendet im Rahmen der definitorischen Debatte stellt die Vertiefung der Familiendimension eine unabdingbare Voraussetzung dar, um das Konstrukt Familienunternehmen mit Inhalt und Konkretion zu füllen. Familie, mahnt Weber, ist ein historisch durchaus vieldeutiger Begriff, der nur brauchbar ist „wenn im Einzelfall sein Sinn klargestellt wird“410. Bei seiner Bestimmung überlagern sich u. a. biologische, rechtliche und soziologische Aspekte. Für eine Theorie der Familienunternehmung wurde eine weite Auslegung der Familiengemeinschaft für angemessen erklärt, zu deren Beschreibung die Idee von Familienclan bzw. -sippe verwendet worden ist. Dafür spricht vor allem die Tatsache, dass der für Familienunternehmen konstitutive, dynastische Gedanke einen zeitlich überdauernden Bestand der Familiengemeinschaft impliziert, der nicht in Haushaltsverhältnissen begründet liegen kann. Das Phänomen der fortschreitenden Privatisierung der Familie, das in soziologischen Studien beobachtet wird411, lässt jedoch an der Relevanz dieser Abgrenzung zweifeln. Wenn erst im Rahmen des Kinder-Eltern-Kreises ein Selbstverständnis 407 408 409 410 411
Vgl. Lansberg / Perrow / Rogolsky (1988), S. 1. Vgl. Habbershon / Williams (1999), S. 5. Vgl. Kemp (2003), S. 3. Weber (1980), S. 213. Vgl. Donati (1991), S. 64 – 72.
106
3 Begrifflich-konzeptionelle und soziologische Grundlagen
als Familie412 entwickelt werden würde und ihre Funktionen auf die Regulierung der Intimbeziehungen reduziert wären, dann müssten Unternehmerfamilien im oben genannten Sinn als Ausnahmeerscheinung angesehen werden. Die Zukunftsträchtigkeit darauf aufbauender Wirtschaftsorganisationen geriete damit grundsätzlich in Frage. Gegen diese Schlussfolgerung konnte argumentiert werden, dass weder die strukturelle Isolierung der Kernfamilie zu einer Auflösung des verwandtschaftlichen Beziehungsnetzwerks geführt noch ihre funktionale Spezialisierung eine Aufgabe jeglicher wirtschaftlicher Verantwortung bedeutet hat. Indem man ein erstes Ergebnis der Arbeit vorwegnimmt, lässt sich hingegen feststellen, dass die von der Familie ausgehende Motivationswirkung413 und die ihr innewohnenden schutz-solidarischen Mechanismen die Umsetzung unternehmerischen Talents geradezu fördern. Doch es lassen sich andere soziologische Entwicklungen identifizieren, die auf lange Sicht die Beständigkeit von Familienunternehmen untergraben könnten. Als Drohung sind in diesem Sinn nicht nur die Destrukturierung des traditionellen Familienmodells und seine zunehmende Normlosigkeit414, sondern allgemeiner die wachsende Instabilität der Formen der Gemeinschaftsbildung zu interpretieren. Nachdem die wichtigsten definitorischen Eckpfeiler eingehend besprochen wurden, konnte auf die Ableitung einer für die Arbeit relevanten Begriffsabgrenzung übergegangen werden. Diese stützt sich aus theoretischer Sicht zum einen auf das Vorhandensein eines maßgebenden unternehmenspolitischen Einflusspotenzials der Familie und zum anderen auf die von ihr gehegte Absicht zur Übertragung des Unternehmensvermächtnisses auf die nachkommende(n) Familiengeneration(en). Während zur Konkretisierung solches dynastischen Vorhabens nur sehr pauschale Indikatoren zur Verfügung stehen, kann die Einhaltung der Kontrollerfordernis operational durch Mindestbedingungen für die Stimmrechtsteilnahme der Familie sichergestellt werden. Auf der Grundlage dieser statistisch quantifizierbaren Definition ist eine Auswertung der vorhandenen internationalen Empirie über die Diffusion von Familienunternehmen in den westlichen Wirtschaftssystemen in Angriff genommen worden. Erkennbare Unterschiede ergeben sich hierbei erst mit Bezug auf die oberen Größenklassen und insbesondere (mangels Daten über nicht öffentlich gehandelte Unternehmen) auf die börsennotierten Gesellschaften. Die anteilige Börsenpräsenz von Familienunternehmen ist in Großbritannien und in den USA geringer als in den kontinentaleuropäischen Ländern. Ihre herausragende 412 Die Qualität dieses familiären Bewusstseins beschreibt König folgendermaßen: „Familie als Gruppe verbindet ihre Mitglieder in einem Zusammenhang des intimen Gefühls, der Kooperation und der gegenseitigen Hilfe, wobei die Beziehungen der Familienmitglieder den Charakter der Intimität und der Gemeinschaft innerhalb der Gruppe haben“; König (1974), S. 98. 413 Mit einer freien Interpretation von Freuds Worten fassen Gersick et al. (1997), S. 3, diese Motivationswirkung wie folgt zusammen: „Lieben und arbeiten together are a powerful foundation for a satisfying life“ (Kursivdruck nach dem Original). 414 Vgl. Hoffmann-Nowotny (1991b), S. 318.
3.6 Zwischenfazit
107
volkswirtschaftliche Bedeutung gerät aber dadurch keineswegs unter Druck. Nicht nur lässt sich auch im Fall des angloamerikanischen Kapitalismus belegen, dass Familienunternehmen eine überwiegende Präsenz unter den kleineren Unternehmensgrößen darstellen, sondern gerade in den Vereinigten Staaten liegt ihr Beitrag zum Bruttosozialprodukt und zur Gesamtbeschäftigung bei weit über 50 %.
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht 4.1 Die multiple Rationalität von Familienunternehmen Neben der Auswertung soziologischer Determinanten im Zusammenhang mit der sich historisch abzeichnenden, strukturellen und funktionalen Evolution der Familie erschließt der mikrotheoretische Ansatz eine zweite Perspektive, um die Beständigkeit familienbasierter Organisationsformen zu untersuchen. Auf Unternehmensebene gilt es der Frage nachzugehen, ob die ausdauernde Präsenz dieser Kategorie von Wirtschaftssubjekten auf einen Wettbewerbsvorsprung gegenüber konkurrierenden Marktakteuren zurückgeführt werden kann, oder ob vielmehr modellimmanente Schwächen an ihrer Zukunftsträchtigkeit rütteln. Überprüft werden soll mit anderen Worten die Möglichkeit, dass Familiengesellschaften nicht imitierbare Erfolgspotenziale besitzen, die ihr Durchsetzungsvermögen rechtfertigen. Strukturelle Defizite, welche gegebenenfalls einen Schatten über die Leistungs- und Überlebensfähigkeit von Familienunternehmen werfen, gilt es dabei gleichzeitig aufzudecken. Die in der Literatur mehrfach anzutreffende Beschreibung ihrer Besonderheiten bietet zwar zu diesem Zweck einen wertvollen Anhaltspunkt an, leidet jedoch unter zwei wesentlichen Beschränkungen. Zum einen mündet die Suche nach der Einzigartigkeit von Familienunternehmen gerade in den jüngeren Beiträgen in die Hervorhebung vor allem der positiven Synergien415, die aus der Integration der betrieblichen und der familiären Sphären resultieren können. Damit soll der Abstand von dem bis in die 1980er Jahre dominierenden „rationalen“ Ansatz416 betont werden, der den Ausschluss jeglicher aktiver Familienpartizipation als zukunftsichernde Lösung für das Unternehmen propagierte. Aus dem strategischen und organisatorischen Betrachtungswinkel bislang vorzugsweise vertreten in der Fachforschung417 folgt außerdem der Anreiz, eher pragmatische als theoretische Wissenschaftsziele in den Vordergrund zu stellen418. Dieser unmittelbare Anwendungsbezug spornt seinerseits naturgemäß zu einer Fokussierung auf die möglichen Erfolgspotenziale von Familienunternehmen an. Vgl. Habbershon / Williams (1999), S. 3 – 4. Vgl. ausführlich Abschnitt 2.3.2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. 417 Vgl. Casson (2000), S. 197. 418 Für eine explizite Stellungnahme in diesem Sinn vgl. z. B. Oetker (1999), S. 3, sowie Goehler (1993), S. 16. 415 416
4.1 Die multiple Rationalität von Familienunternehmen
109
In diesem Kontext ist auch der Vorwurf419 zu deuten, dem zufolge zu wenig Anstrengungen dokumentiert werden können, die Mängel und Widersprüche der weitergereichten „Wahrheiten“ über Familienunternehmen kritisch aufzudecken bzw. zu hinterfragen. Die Diskussion über die besonderen Attribute dieser Unternehmensgattung unterliegt zum anderen oftmals der Emphase, die auf die innerfamiliären Beziehungen gesetzt wird420. Eine darüber hinausgehende Untersuchung der Auswirkung dieses komplexen Relationsumfelds auf die unternehmerische Leistung sowie auf die Fähigkeit von Familienunternehmen, sich im Wettbewerb mit anderen Organisationsformen zu bewähren, wird jedoch meist vermisst421. Auch hindert die unzureichende Auseinandersetzung mit der Erfolgsdimension daran, aus der allgemeinen Darlegung der Spezifika von Familienunternehmen Aussagen über den wertschöpfenden bzw. -verbrauchenden Charakter der ihnen immanenten Strukturen und Mechanismen (gerade im Vergleich zu konkurrierenden Modellen) abzuleiten. Zum Beheben des zuletzt genannten Mangels liegt es in einem ersten Schritt nahe, Hilfestellung bei der umfangreichen Literatur zum Thema Unternehmenserfolg und Performancemessung zu suchen. Im Rahmen eines überblicksartigen Kommentars über den Stand der Studien auf dem Gebiet der Corporate Finance argumentiert Zingales422 für eine unmittelbare Abhängigkeit des anzuwendenden Bewertungsansatzes von der zugrunde gelegten Theorie der Unternehmung. Eine Ausrichtung auf den Shareholdervalue mit der damit einhergehenden Anerkennung des Primats der Anteilseigneransprüche sei nur dann vertretbar, wenn das Unternehmen als Bündel von expliziten Verträgen aufgefasst wird. Unter der Voraussetzung, dass die Interessen aller sonstigen Beteiligten durch lückenlos spezifizierte Verträge geschützt sind, habe die Zielfunktion des Unternehmens nur noch den (finanziellen) Anforderungen der Eigenkapitalgeber Rechnung zu tragen. Entfällt diese von der Realität entfernte Prämisse (und spielen z. B. Reputationseffekte eine Rolle), dann bildet der Unternehmenswert den ausschlaggebenden Erfolgsmaßstab423. Selbst die Einbeziehung weiterer Anspruchsgruppen (zusätzlich zu den Bereitstellern von finanziellen Ressourcen auch Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden und die Öffentlichkeit) stelle dieses Kriterium nicht in Frage. Der Unternehmenswertansatz und die Stakeholder-Theorie, die oft als alternativ dargestellt werden, seien vielmehr im Sinne einer konsistenten Entscheidungsregel zu interpretieVgl. Fletcher (2001), S. 36 – 37. Vgl. Sharma / Chrisman / Chua (1997), S. 1 – 4. 421 Vgl. auch Habbershon / Pistrui (2002), S. 224; Habbershon / Williams (1999), S. 6; Dyer / Handler (1994), S. 79. 422 Vgl. Zingales (2000), S. 1630 – 1633. 423 Vgl. Jensen (2001), S. 11 – 13. Bei Vorhandensein von Monopolen und Externalitäten weichen allerdings die Ziele der Unternehmenswert- und der sozialen Wohlfahrtsmaximierung voneinander ab. Für eine grundsätzliche Kritik an dem Shareholdervalue-Ansatz vgl. Joerg et al. (2005). 419 420
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
ren424. Dazu verhelfe die Erkenntnis, dass die Schaffung von Unternehmenswert eine übergeordnete Zielkonzeption zum Ausdruck bringt, deren Realisierung nicht ohne explizite Beachtung der Anforderungen sämtlicher Interessenträger (eventuell in Form entsprechender Zwischenziele) möglich ist. Die Übertragung dieser Konzeptualisierung von Erfolg auf Familienunternehmen stößt allerdings auf den Einwand, dass ihr Wertesystem keiner ausschließlichen Tauschlogik unterliegt, sondern durchaus auch nicht ökonomische Beweggründe widerspiegelt425. Obwohl eine eingehende Untersuchung ihrer Zielstruktur so weit nicht stattgefunden hat426, besteht weitgehende Einigung darüber, dass das strategische Verhalten dieser Wirtschaftsakteure maßgebend durch die Wahrnehmung familiärer und sozialer Verantwortung beeinflusst wird427. Darauf deutet indirekt auch die im Rahmen der Arbeit vorgeschlagene Definition von Familienunternehmen, indem sie das Streben nach Erhaltung des Einflussvermögens der Familie zu einem unmittelbaren Begriffsabgrenzungskriterium macht. Wenn die Anerkennung dieser zusätzlichen Triebkräfte in der Vergangenheit Grund für die Stigmatisierung der Irrationalität solcher Organisationen war428, werden sie nun vielmehr als Anzeichen einer multiplen Rationalität gedeutet429, die sich in einem entsprechend multidimensionalen Zielverständnis niederschlägt. Die Eignung eines rein finanzwirtschaftlichen Paradigmas zur Erfolgsbemessung trifft daraufhin auf Zweifel: „The currently dominant scheme of success valuation however disqualifies anything beyond financial objectives and therefore seems inappropriate to reflect holistically the nature of organizations“430. Gegen die inhaltliche Normierung der Zielfunktion von Familienunternehmen auf rein monetäre Erfolgsmaßstäbe schlagen Chrisman et al.431 vor, sie im Sinne der Schaffung von „transgenerational value“ aufzufassen. Darunter ist die Subsumierung unterschiedlicher Zieldeklinationen möglich. Dem Streben nach ökonomischen Realisationen („wealth creation“)432 kommt nach wie vor eine herausragende Bedeutung zu, da von der Ertragskraft des Unternehmens nicht nur sein weiteres Bestehen im Wettbewerb, sondern damit verbunden auch der Wohlstand der aktuellen und (annahmegemäß) der späteren Familiengeneration(en) abhängt. Die Zukunftsausrichtung der Zielsetzung greift dabei ein bereits in der Definition Vgl. hierzu Jensen (2001), S. 16 – 21. Vgl. Wimmer / Groth (2005), S. 96; Litz (1997), S. 64. 426 Anstrengungen in diesem Sinn werden von Kemp (2003); Oetker (1999), S. 57 – 69, sowie Tagiuri / Davis (1992) unternommen. 427 Vgl. u. a. Chrisman / Chua / Zahra (2003), S. 361 – 364. 428 Vgl. Hoy / Verser (1994), S. 11. 429 Vgl. Hall (2002), S. 40 – 45. 430 Kemp (2003), S. 5. 431 Vgl. Chrisman / Chua / Litz (2003), S. 468. 432 Zu dieser engeren Zielauffassung vgl. Habbershon / Williams / MacMillan (2003), S. 457 – 458; Habbershon / Pistrui (2002), S. 223 – 224. 424 425
4.1 Die multiple Rationalität von Familienunternehmen
111
verankertes Spezifikum von Familienunternehmen auf und beinhaltet die explizite Einführung einer Logik des (übergenerationalen) Altruismus als hierin wichtiger verhaltensbeeinflussender Faktor. Demnach bewirkt die solidarische Prägung der Beziehungen innerhalb der Verwandtschaftsgruppe, dass die Handlungen ihrer Mitglieder auf das Wohlergehen der (aus späteren Generationen stammenden) Familienangehörigen bedacht sind433. Aus der langfristig angelegten Bindung zum Unternehmen folgt schließlich, dass die Reputation und das Ansehen der Familie maßgebend über ihre Mitwirkung in der Organisation definiert werden. Diese Feststellung veranlasst zu der Annahme, dass öffentliche und gesellschaftliche Akzeptanz für Familienunternehmen einen eigenständigen Stellenwert besitzen und von ihnen nicht einfach als Mittel zum Zweck, d. h. als Nebenbedingungen zur Erlangung ökonomischer Ziele, angestrebt werden434. Während sich die Frage nach der Strukturierung und Gewichtung der hervorgehobenen Prioritäten im Einzelnen nur empirisch beantworten lässt, sollen im Folgenden ihre Wechselwirkungen vor dem Hintergrund der eingangs erörterten Fragestellung ausgearbeitet werden. Die zentralen Themen, die in der Literatur im Zusammenhang mit den Erfolgscharakteristika familienbasierter Organisationen diskutiert werden, gilt es zu diesem Zweck auszusuchen und im Hinblick auf das identifizierte Zielbündel auszuwerten. Damit sollen die vorher erwähnten Mängel sonstiger Beschreibungen von Familienunternehmen-Spezifika umgangen werden. Nicht nur wird ein eindeutiger Schwerpunkt auf das Leistungs- und Kontinuitätspotenzial des Modells Familienunternehmen gesetzt, sondern die Analyse pflegt dabei bewusst einen dialektischen Blickwinkel. Mit dessen Hilfe kann gezeigt werden, wie das Zusammenspiel von ökonomischen und nicht ökonomischen Handlungsdeterminanten eine grundsätzliche Ambiguität in den Charakteristika von familienbasierten Organisationsformen herbeiführt. Demnach begründet deren multiple Rationalität auf jedem der abgegrenzten Untersuchungsfelder die gleichzeitige Schöpfung potenzieller Vor- und Nachteile relativ zu Institutionen, die keine Familienbeteiligung aufweisen. Diese Erkenntnis, die an einen nicht weiter entwickelten Ansatz von Tagiuri und Davis435 anknüpft, soll daraufhin im Rahmen des vorliegenden Kapitels zum einheitlichen Schlüssel für die Interpretation der Eigenart von Familienunternehmen gemacht werden. Mit Hilfe des Agency-theoretischen Instrumentariums wird unter Abschnitt 4.2 das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung auf der einen sowie zwischen Familien- und externen Anteilseignern auf der anderen Seite charakterisiert. Eine Differenzierung wird zwischen den Fällen vorgenommen, in denen die Mitglieder der herrschenden Teilhaberfamilie im Wesentlichen mit der GeschäftsführungsVgl. Simon (1993), S. 158. Zu dieser Ansicht vgl. auch Kemp (2003), S. 11. 435 Vgl. Tagiuri / Davis (1996); ihr Ansatz befasst sich speziell mit den Folgen einer gemeinsamen Familiengeschichte für die interpersonellen Relationen der Unternehmensbeteiligten. 433 434
112
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
aufgabe betraut oder aber die Managementpositionen weitgehend fremd besetzt sind. Daran anschließend gehen die Ausführungen auf den sich potenziell entfachenden Interessengegensatz zwischen dominierender Familienkoalition und sonstigen (Minderheits-)Anteilseignern ein. Die Unzulänglichkeiten der traditionellen Agency Betrachtung werden dabei kritisch herausgearbeitet und die Notwendigkeit begründet, bei der Analyse von Familienunternehmen zusätzliche Denkkategorien – in Zusammenhang zum einen mit der altruistischen Prägung der Beziehungen zwischen den Familienbeteiligten und zum anderen mit der Existenz von privaten Kontrollrenten mit nicht pekuniärem Charakter – mit einzubeziehen. Personalpolitischen Aspekten vor dem Hintergrund der Dotierung von Familienunternehmen mit sozialem Kapital sowie der Besonderheiten ihrer organisatorischen Kultur ist Abschnitt 4.3 gewidmet. Dem Vorwurf der Inkompetenz, mit dem die Bevorzugung von Familienkandidaten für die Besetzung von Führungsposten typischerweise stigmatisiert wird, wird entgegengehalten, dass die Aufnahme von Familienmitgliedern in leitende Funktionen sowohl den Aufbau von sozialem Kapital als auch seine generationsübergreifende Weitergabe fördert. Aus der Qualität der Bindungen im Beziehungsgeflecht der Familienangehörigen werden weitere Einblicke in die besonderen Chancen und Risiken abgeleitet, die sich aus ihrer Teilnahme am Unternehmensgeschehen ergeben. Auf Arbeitnehmerseite gelten Loyalität sowie überdurchschnittliche Leistungs- und Einsatzbereitschaft als gepriesenes Erfolgsrezept von Familienunternehmen. Die Wurzeln dieses ausgeprägten Betriebszugehörigkeitsgefühls führt die Autorin auf die Konsistenz und Trägheit des kulturellen Leitbildes von Familienunternehmen und auf die Existenz von impliziten Verträgen zwischen der Eigentümerfamilie und der Belegschaft zurück. Starke Organisationskulturen und einzuhaltende Loyalitätspakte zu den Angestellten verbergen allerdings ein Gefahrenpotenzial, das gleichermaßen zu adressieren ist. Abschnitt 4.4 beschäftigt sich mit Kapitalstrukturentscheidungen. Nach einer kurzen Einführung in die Theorien der Finanzierung konzentrieren sich die Ausführungen auf die Frage nach den Determinanten und Implikationen des Finanzierungsverhaltens in Familienunternehmen. Nachfragebedingte Präferenzen, herbeigeführt durch das Streben nach Beibehaltung des Kontrollanspruchs sowie durch die Risikoaversion der Teilhaberfamilie, und angebotsinduzierte Finanzierungsrestriktionen beeinflussen den Umfang und die Merkmale der ausschöpfbaren Kapitalquellen. Unter Zuhilfenahme einer klassischen Aufteilung in Instrumente der Innen- und Außenfinanzierung werden die Konsequenzen der Nachfragespezifität mit Blick vor allem auf die Höhe der Finanzierungskosten und auf die unternehmerische Investitions- und Wachstumspolitik herausgearbeitet. Mit dem Thema der Nachfolgeregelung setzt sich Abschnitt 4.5 auseinander. Nach einer kritischen Stellungnahme zu dem in der Literatur häufig unterstellten Zusammenhang zwischen Sterblichkeitsrate von Familienunternehmen und destabilisierendem Effekt des Nachfolgeübergangs werden die Besonderheiten des Generationsablösungsprozesses in Familienunternehmen herausgegriffen. Die inhaltliche Differenzierung zwischen den Aspekten des Führungs- und des Eigentums-
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
113
wechsels, welche beide unter dem Stichwort Nachfolge subsumiert sind, bestimmt die Struktur der sich anschließenden Diskussion. Mit Bezug auf die Führungsnachfolge wird neben der psychologischen Charakterisierung der Figuren des abtretenden Verantwortungsträgers und seines / r (potenziellen) Nachfolger(s) die Bedeutung von markt- und organisationsspezifischen Gegebenheiten in Zusammenhang mit Transformationen im Wettbewerbsumfeld des Familienunternehmens hervorgehoben. Erb- und steuerrechtliche Aspekte spielen bei der Übertragung der Gesellschafteranteile im Zuge des Eigentumswechsels eine vordergründige Rolle, wobei die Implikationen von Entwicklungen (Generationsabdriftung und Beziehungsabkühlung), die in der Familiendynamik angesiedelt sind, nicht vernachlässigt werden dürfen. Die wichtigsten Erkenntnisse des Kapitels werden unter Abschnitt 4.6 in einem zusammenfassenden Zwischenfazit festgehalten.
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung bzw. zwischen Familien- und externen (Minderheits-)Anteilseignern in Familienunternehmen: eine Agency-theoretische Charakterisierung 4.2.1 Besetzung von Führungspositionen durch Familienmitglieder 4.2.1.1 Interessenangleichung und Überwindung von Motivationsproblemen Das herrschende Paradigma hinter der Mehrzahl an Studien über die Führungsstrukturen in Unternehmungen geht auf die Agency Theorie zurück436. Die Aufmerksamkeit gilt dabei schwerpunktmäßig der Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung zwischen Anteilseignern und Managern von Publikumsgesellschaften mit gestreutem Eigentum437. Hauptanliegen der so genannten „positiven“ Forschungsrichtung innerhalb der Agency Literatur438 ist die Entwicklung von Mechanismen zur effizienten Gestaltung der Aufgabendelegierung, d. h. zur Minimierung der damit einhergehenden Kosten. Ihre Entstehung liegt in den Annahmen unterschiedlicher Präferenzen von Prinzipal und Agent, opportunistischen, nutzenmaximierenden Verhaltens seitens des Auftragnehmers und asymmetrischer Informationsverteilung zu seinen Gunsten begründet. Agency Kosten sind vor diesem Hintergrund Vgl. Davis / Schoorman / Donaldson (1997), S. 20. Vgl. beispielhaft Fama / Jensen (1983a und b); Fama (1980); Jensen / Meckling (1976). Für eine überblicksartige Darstellung der Agency Theorie vgl. auch Eisenhardt (1989). 438 Jensen (1983), S. 334 – 336, weist auf die Existenz zweier Entwicklungslinien innerhalb der Agency Literatur hin: die „positive theory of agency“ mit dem hier erwähnten empirischen Fokus auf die Agency Beziehung zwischen Managern und Aktionären und die mehr abstrakte und stark mathematisch geprägte „principal-agent“ Forschung. 436 437
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
das Ergebnis von Managementhandlungen, die eine Nutzenaufopferung der Anteilseigner herbeiführen, sowie der zur Beschränkung dieser Gefahr ergriffenen Gegenmaßnahmen439. Von dieser Problematik befreit sind per Definition Unternehmen, in denen ein alleiniger Eigentümer zugleich auch die Führungsverantwortung übernimmt. Diesem Null-Agency Kosten Szenario440 am nächsten kommt in der Analyse von Fama und Jensen441 der Fall, in dem die Mitglieder der Eigentümerfamilie mit der Unternehmensleitung betraut werden (aktive Eigentümerstellung der Familie). Unterstellt wird dabei implizit, dass die Zugehörigkeit zu einer Familiengruppe eine weitgehende Ausschaltung von Konflikten bei der Zielerfassung der Beteiligten bewirkt. Die Interessenkongruenz zwischen Entscheidungsträgern und Inhabern von Residualansprüchen gewährleistet dann automatischen Schutz gegen opportunistische Beweggründe, so dass Überwachungs- und Motivationssysteme überflüssig werden442. Erklären lässt sich diese Präferenzangleichung zunächst mit der affektiven Dimension der Verwandtschaftsbande und mit der daraus herrührenden, solidarischen Loyalität innerhalb der Familiengemeinschaft. Darüber hinaus stellen der wiederholte Charakter und der langfristige Zeithorizont der Tauschbeziehungen im Angehörigenkreis sicher, dass die Familie als Governance-System nicht gruppenkonformes Verhalten frühzeitig aufdecken und effektiv bestrafen kann443. Die Beschreibung der Anreiz- und Disziplinierungsvorteile, über die Familienunternehmen dank des hohen Sozialisierungsgrades ihrer Mitglieder verfügen, ist konform zu der unter Kapitel 2 umrissenen Analyse der Koordination mit Hilfe von hierarchischen Clanstrukturen. An dieser Stelle bieten die Agency und die Organisationskontrolltheorie einen kohärenten Rahmen an, um den vergleichsmäßig geringen Bedarf an formalen, administrativen Strukturen in Familiengesellschaften zu begründen. Clanbasierte Kollegialität bringt durch die Beseitigung der Zieldiskrepanzen zwischen Eigentum und Management eine der Hauptquelle von Agency Kosten zum Erlöschen und agiert überdies als kostengünstiges Substitut für bürokratische Kontrollsysteme444. Familienunternehmen profilieren sich aus dem vorher Gesagten als ideales Umfeld zur Anwendung der Stewardship Theorie. Diese eignet sich zur Analyse jener Delegationsbeziehungen, in denen der Auftragnehmer / Steward motiviert ist, im besten Interesse seines Prinzipals zu handeln445. Aufgrund seiner Bereitschaft, den Präferenzen des Auftraggebers die eigenen unterzuordnen, weist der Steward die 439 440 441 442 443 444 445
Vgl. Kapitel 2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. Vgl. auch Ang / Cole / Lin (2000), S. 81. Vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 306. Siehe auch Schulze et al. (2001), S. 99. Vgl. Pollak (1985), S. 585 – 593; Fama / Jensen (1983a), S. 305. Vgl. Eisenhardt (1989), S. 64. Vgl. Davis / Schoorman / Donaldson (1997), S. 24 – 25.
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
115
Eigenschaft eines perfekten Agenten446 auf. Solches pro-organisatorische, kollektivistische Verhalten wird durch Bedingungen hervorgerufen447, deren Vorkommen gerade in Familienunternehmen sehr plausibel erscheint (vgl. Tabelle 4-1). Tabelle 4-1 Agency und Stewardship Theorie im Vergleich Agency Theorie Verhaltensannahmen
Eigennützigkeit
Stewardship Theorie Gruppenorientierung
PSYCHOLOGISCHE MECHANISMEN Motivation
Sozialer Vergleichsmaßstab Identifizierung
Macht
Physiologische und ökono- Streben nach Selbstvermische Grundbedürfnisse wirklichung (Bedürfnisse höherer Ordnung) Andere Führungskräfte Auftraggeber Starker Glaube in die und Schwacher Glaube in die und geringe Akzeptanz der hohe Akzeptanz der Organisationsziele Organisationsziele Institutionalisierte Macht Persönliche Macht
SITUATIVE MECHANISMEN Führungsphilosophie Risikoorientierung Zeithorizont Zielsetzung Kulturunterschiede
Kontrollorientierung Überwachung Kurzfristig Kostenkontrolle Individualismus Große Machtdistanz
Mitwirkungsorientierung Vertrauen Langfristig Performance-Steigerung Kollektivismus Geringe Machtdistanz
Quelle: Davis / Schoorman / Donaldson (1997), S. 37 (englisch im Original).
Das annahmegemäß komplexe Zielsystem von Gesellschaften im Familienbesitz, in dem neben finanzwirtschaftlichen Erfolgsdimensionen auch nicht ökonomische Bestrebungen (u. a. nach sozialer Akzeptanz bzw. Ansehen) erfasst sind, steht im Einklang mit der Beschreibung der intrinsischen, über rein monetäre Vergütungsaspekte hinausgehenden Beweggründe des Stewards. Für ein hohes Maß an organisatorischer Identifikation und an konsequenter Hingabe des Managements sprechen in familiengeführten Betrieben die beabsichtigte langfristige Bindung der Familie zum Unternehmen und das resultierende Reputationsgeflecht zwischen den beiden Instanzen. Stewardship-typische Merkmale weist auch die Zuordnung der Verantwortung in Familienunternehmen auf: Da sich dahinter eine über Jahre herauskristallisierte Rollenaufteilung im Kreis der Angehörigen verbirgt, stellt die 446 447
Zur Definition des perfekten Agenten vgl. Jensen / Meckling (1994), S. 16. Vgl. dazu Davis / Schoorman / Donaldson (1997), S. 27 – 38.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Ausübung von persönlichem (nicht institutionalisiertem) Einfluss eine charakteristische Eigenschaft in der Machtkonstellation zwischen Eigentum und Führung dar. Das Zusammenwirken dieser psychologischen Faktoren und der oben angesprochenen Annahmen bezüglich der Qualität innerfamiliärer Interaktion (langfristig, loyal, gruppenorientiert) legt es nahe, Familienunternehmen im Lichte der Stewardship Theorie zu betrachten448. Auf sie geht die Erkenntnis zurück, dass die Zieleinheit von Financiers und Entscheidungsträgern diese stets zur Adoption leistungssteigender Maßnahmen anspornt. Ihnen sollte folgerichtig größtmögliche Autonomie eingeräumt werden: Kontrollmechanismen sind in diesem Kontext nicht nur unnötig, sondern wegen ihrer negativen Motivationsauswirkung potenziell kontraproduktiv449. Aus anderem Blickwinkel findet somit die Prognose Bestätigung, zu der die Anwendung der (traditionellen) Agency Kategorien veranlasst. Demnach sorgt die aktive Übernahme von Managementfunktionen durch die Eigentümerfamilie dank der Erlösung aus der Agency Problematik für effiziente Führungs- und Koordinationsstrukturen. Ihnen immanent ist (ceteris paribus) das Potenzial für höhere ökonomische Performanceleistungen. 4.2.1.2 Altruismus und Probleme der Selbstkontrolle Die oben präsentierten Argumente für einen möglichen Effizienzvorsprung von familienbeherrschten Führungsstrukturen im Unternehmen gehen von der zentralen Annahme aus, dass Willenseinheit innerhalb der Familiengemeinschaft erzeugt und durchgesetzt werden kann. Aufmerksamkeit wird unter solcher Prämisse der Familie als ganzes Gebilde gewidmet, während die Dynamik der ihr innewohnenden Verbindungen in den Hintergrund gerät. Tatsächlich ist es aber die Qualität der innerfamiliären Verhältnisse, welche die Haltbarkeit dieser Darstellung und der daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen hinsichtlich der Vorteile von familien- versus nicht-familiengeführten Unternehmen bestimmt. Wie im Vorfeld verdeutlicht, wird die Erreichung eines hohen Zielkonsensus im Fall aktiver Eigentümerstellung der Familie in erster Linie auf die loyale Ausprägung der Beziehungen zwischen Prinzipal (Eigentümer) und Agent / Steward (Manager) zurückgeführt. Altruistische Beweggründe bewirken, dass jedes Familienmitglied dazu tendiert, die Konsequenzen der eigenen Handlungen auf die Wohlfahrt der anderen zu internalisieren und vor Taten zurückzuschrecken, die ihnen schaden könnten450. Ist jeder im Angehörigenkreis gleichermaßen auf den Nutzen seiner Gleichen bedacht wie auf den eigenen (liegt also symmetrischer Altruismus 448 Für eine erste empirische Untersuchung (und teilweise Bestätigung) der Möglichkeit, Governance-Strukturen in Familienunternehmen als Ergebnis von Stewardship-Beziehungen zu interpretieren, vgl. Craig / Green / Moores (2003). 449 Vgl. Davis / Schoorman / Donaldson (1997), S. 25 – 26. 450 Vgl. Chami (2001), S. 5.
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
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vor), dann findet innerhalb der Familiengruppe eine Interessenangleichung statt, und die Gefahr opportunistischer Handlungen kann als gebannt angesehen werden. Obwohl diese strenge Gegenseitigkeitsbedingung zweifelsohne ein empirisches Pendant hat (z. B. in dem von Davis beschriebenen Modell der „enmeshed family“451), relativiert sie die Gültigkeit der Ergebnisse aus dem vorausgegangenen Abschnitt wesentlich. Durch sie wird deren Anwendung auf eine spezielle Kategorie von Familienunternehmen beschränkt, auf die die restriktive Annahme von symmetrischem Altruismus zutrifft. Dass diese Einschränkung in der Literatur nicht weiter adressiert wird, lässt sich in erster Linie auf Beckers einflussreiche Theorie der sozialen Interaktion zurückführen und auf deren Implikationen für die Analyse des Allokations- und Distributionsprozesses innerhalb der Familie. In seinem „Rotten Kid Theorem“ postuliert Becker452 die Existenz eines im oben genannten Sinn altruistischen Familienmitglieds (das Haupt), das sich genug um das Wohlergehen der anderen sorgt, um Ressourcentransfers zu ihren Gunsten zu tätigen. Wie modellartig gezeigt, reicht die Selbstlosigkeit dieses einzelnen Individuums aus, um sämtliche eigennützigen Subjekte zu einem altruistischen Verhalten zu bewegen. Der Grund liegt darin, dass die Konsum- und Einkommensverhältnisse aller Angehörigen gemäß der Altruismus-Annahme in die Präferenzfunktion des Hauptes einfließen. Sein Nutzen wird somit durch die gesamten Konsum- und Einkommensmöglichkeiten der Gruppe bestimmt und auf dessen Maximierung zielt die von ihm vorgenommene, innerfamiliäre Redistribution. TransferEmpfängern, welche die eigene Budget-Restriktion lockern wollen, bleibt nichts anderes übrig, als sich für das Gemeinwohl einzusetzen. Individuelle Unterschiede verlieren im Endeffekt an Bedeutung und die Familie kann als harmonische Einheit mit konsistenten Präferenzen abgebildet werden: „if a head exists, other members also are motivated to maximize family income and consumption, even if their welfare depends on their own consumption alone“453. Diese Erkenntnis ermöglicht eine grundsätzliche Ökonomisierung der Nächstenliebe: Einseitiger Altruismus reicht aus, um kollektivistisches Verhalten im Verwandtenkreis hervorzurufen. Das Ergebnis, das vorhin mit der Annahme symmetrischen Altruismus begründet werden musste, lässt sich nun unter einer stark abgeschwächten Bedingung bestätigen: Die Präsenz eines gütigen Oberhauptes sorgt automatisch für die Ausschaltung von Auftraggeber-Auftragnehmer-Konflikten in der Familie. Die gleichzeitige Wahrnehmung von Eigentums- und Leitungsaufgaben seitens der Angehörigen einer Familienkoalition befreit sodann im Unternehmen von der Notwendigkeit, Anreiz- und Kontrollstrukturen zur Motivation und Überwachung des Managements zu unterhalten. Dies dehnt augenscheinlich den Gültigkeitsbereich der Aussagen über die Vorteile einer aktiven Familienpräsenz im Unternehmen auf eine weitaus größere Fallzahl aus. 451 452 453
Vgl. Davis (1983), S. 51. Vgl. hier und im Folgenden Becker (1974). Becker (1974), S. 1080.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Auf die Grenzen dieses Modells der innerfamiliären Allokation geht Ende der 1980er Jahre erst Bergstrom454 systematisch ein. Wie er in seiner Analyse belegt, verliert das „Rotten Kid Theorem“ in einem Kontext asymmetrischer Information an Aussagegehalt. Seine Prognosekraft knüpft darüber hinaus an die Vorstellung an, dass wirtschaftliches Denken möglich ist. Wirtschaftliches Denken lässt sich dabei im Sinne von Luhmann deuten als „Übersetzen können in die Sprache des Geldes“455. Damit wird vorausgesetzt, dass individuelle Präferenzen in Form von monetären Größen erfasst werden können („transferable utility“). Beide Prämissen machen die Anwendbarkeit von Beckers Ergebnis problematisch. Im Allgemeinen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Familienoberhaupt mit vollständiger Information versorgt ist; genauso wenig lassen sich die Nutzendeterminanten der Familienmitglieder auf eine einzelne Dimension (Geld) reduzieren. Die Anfangsüberlegung lebt damit wieder auf: Die Annahme von symmetrischem Altruismus ist unerlässlich, um auf eine Interessenangleichung innerhalb der Familie schließen zu können. Das Zusammenspiel von Selbstlosigkeit eines oder einiger weniger Individuen und Eigennutz ihrer Begünstigten bringt vielmehr eine Ausnutzungsgefahr456 mit sich, die eine zusätzliche Quelle von Agency Kosten erschließt. Einseitiger Altruismus, in etwa von Eltern gegenüber Kindern, manövriert ihre Träger in die Situation, die Buchanan457 in anderem Kontext unter Zuhilfenahme des spieltheoretischen Instrumentariums als Samariters Dilemma charakterisiert hat. Das Bewusstsein, dass der Nutzen der Eltern vom eigenen Wohlergehen abhängt, schafft für selbstsüchtige Kinder den Anreiz, opportunistisch zu handeln (indem sie bspw. ihren Arbeitseinsatz gering halten oder einen aufwändigen Lebensstil auf Kosten der Eltern pflegen). Die Antizipation, dass strategisches Handeln keine schwerwiegenden Folgen nach sich ziehen wird, ermutigt geradezu zu diesem Verhalten. Egoistische Familienmitglieder spekulieren darauf, dass es nach Eintritt des Vertrauensbruchs dem Samariter trotz allem schwer fallen wird, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen: Damit würde er nicht nur den Nutzen der Schützlinge, sondern annahmegemäß zugleich auch den eigenen schmälern. Der Mangel an Selbstdisziplin seitens des Wohltäters wird somit zum Auslöser einer neuen Form von Auftraggeber-Auftragnehmer-Konflikten, den so genannten Agency Problemen mit sich selbst458. Zwar sollte im Familienkreis die wiederholte Interaktion der Mitglieder dabei helfen, ausbeutendes Verhalten frühzeitig zu erkennen und es mit der Androhung entsprechender Sanktionen vorzubeugen; doch die Intensität der affektiven Bindungen kompromittiert zum einen die Glaubwürdigkeit der angekündigten Bestra454 455 456 457 458
Vgl. Bergstrom (1989), insb. S. 1140 – 1152. Luhmann (1981), S. 397. Vgl. Bernheim / Stark (1988), S. 1035. Vgl. im Folgenden Buchanan (1975). Vgl. Jensen (1994), S. 41.
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
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fungen459 und kann zum anderen die Informationswahrnehmung bzw. -verarbeitung des Altruisten verzerren460. Nicht nur der Wille, sondern auch die Möglichkeit, effektive Gegenmaßnahmen einzuleiten, gerät damit grundsätzlich in Frage. Die Gefahr, dass asymmetrischer Altruismus Motivationseinbrüche und konsequente Agency Kosten hervorruft, ist in familiengeführten Unternehmen erst recht ausgeprägt461. Hier dehnt der Zugang zu den Unternehmensressourcen und den damit zusammenhängenden Privilegien (z. B. Sicherheit des Arbeitsplatzes) das Ausnutzungspotenzial aus, das Familienmanagern zur Verfügung steht. Erschwerend kommt hinzu, dass die Übertragung der Unternehmensleitung auf die Mitglieder der Eigentümerfamilie die Außerkraftsetzung des Arbeitsmarktes für Führungskräfte als externe Kontrollinstanz zur Folge hat. Die Entscheidungen der leitenden Verantwortungsträger werden durch dessen Einschaltung einer periodischen Bewertung unterzogen und schlechte Leistungen durch einen Verlust an Marktwert (gemessen an der von den Führungskräften alternativ erzielbaren Entlohnung) bestraft462. Die Logik der Familienzugehörigkeit schirmt jedoch vor diesem Überwachungsmechanismus ab und schließt den Zugriff auf seine Disziplinierungskraft aus. Zur Milderung der Effekte von Selbstkontrollproblemen stehen die gleichen Instrumente zur Verfügung wie für die Entkräftung des traditionellen Agency Konfliktes zwischen Eigentümern und angestellten Managern463. Unter Zuhilfenahme eines familienunabhängigen Aufsichtsorgans bzw. Beirats können Familienunternehmen das Informationsdefizit kompensieren, das der Wegfall von externen Kontrollinstanzen (Arbeitsmarkt für Führungskräfte) und die gegebenenfalls subjektiv verzerrte Wahrnehmung im Kreis der Angehörigen herbeiführen. In der daran anschließenden Delegation der Festlegung und Einleitung von Disziplinierungsmaßnahmen außerhalb der Familie liegt insbesondere die Möglichkeit, Selbstkontrollprobleme einzugrenzen. Eine Antwort auf die von der unterschiedlichen Altruismusausprägung der Familienmitglieder ausgehende Gefahr des Opportunismus bieten alternativ Performance- oder allgemein zielabhängige Vergütungsvereinbarungen an464. Der Vorteil dieser Art von bedingten Transfers von (Familien-)Eigentümern zu (Familien-)Managern besteht zum einen darin, dass der damit eingeführte Automatismus eine Umgehung der Notwendigkeit ermöglicht, innerfamiliäre Redistributionsentscheidungen mit potenziell schwerwiegenden Konsequenzen auf die familiäre HarVgl. Bernheim / Stark (1988), S. 1042. Vgl. Schulze / Lubatkin / Dino (2003), S. 477. 461 Vgl. Schulze et al. (2001), S. 103. 462 Vgl. zum Arbeitsmarkt für Führungskräfte als Überwachungsmechanismus Fama (1980), S. 292 – 297. 463 Vgl. Thaler / Shefrin (1981), S. 396. 464 Zur Rolle und Diffusion von Vergütungsanreizen in Familienunternehmen vgl. PricewaterhouseCoopers (2006), S. 36; Schulze / Lubatkin / Dino (2003), S. 478 – 479; Schulze et al. (2001), S. 103 u. 107. 459 460
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
monie explizit treffen zu müssen. Zum anderen strebt die Kopplung von monetären Prämien an die Erreichung vorgegebener Zielsetzungen eine Interessenkonvergenz zwischen den Beteiligten an. Opportunistische Anreize von Seiten der Agenten sollten dadurch effektiv bekämpft werden. Doch die Antizipation, per „Erbrecht“ auf die Schlüsselpositionen im Unternehmen ohnehin bestimmt zu sein, wirft Zweifel hinsichtlich der tatsächlichen Motivationswirkung dieser Vergütungsarchitekturen auf. Im Einklang mit diesem Einwand können Schulze, Lubatkin und Dino465 einen positiven Zusammenhang zwischen monetären Prämiensystemen und Performance in Familienunternehmen nur unter der Bedingung feststellen, dass die Nachfolgepläne bekannt sind und der Generationswechsel unmittelbar bevorsteht. Obwohl sich die Berücksichtigung von altruistischen Beweggründen als unerlässlich erwiesen hat, um die Einzigartigkeit der Beziehung zwischen Eigentümern und Managern in familiengeführten Unternehmen abzubilden, kann daher hinsichtlich ihrer Effekte keine allgemeine Aussage getroffen werden. Symmetrischer Altruismus findet sein Gegenstück in einem idealen Null-Agency Kosten Szenario, in dem Motivations- und Kontrollsysteme entbehrt und die entsprechenden Kosten eingespart werden können. Asymmetrischer Altruismus führt hingegen eine zusätzliche Quelle von Agency Kosten in Form von Selbstkontrollproblemen ein466. Zum Zweck ihrer Beschränkung ist es nötig, auf formale Überwachungs- und / oder Anreizstrukturen zurückzugreifen, die mit denen von Nicht-Familienunternehmen vergleichbar sind, deren Effektivität sich jedoch gegebenenfalls als geringer erweist. Inwieweit die aktive Teilnahme von Familienmitgliedern an der Geschäftsführung Effizienzgewinne oder aber -verluste gegenüber der alternativen Einstellung fremder Manager begründet, hängt also wesentlich von der Qualität der innerfamiliären Verhältnisse ab.
4.2.2 Besetzung von Führungspositionen durch professionelle Manager: effektive Management-Überwachung und Schöpfung teilbarer Kontrollrenten Der Schwerpunkt der bisherigen Analyse lag auf der Charakterisierung der Beziehung zwischen Anteilseignern und Managern unter der Annahme einer maßgeblichen Beteiligung der Eigentümerfamilie an der aktiven Unternehmensleitung. Die verfügbare Empirie bestätigt, dass die Präsenz von Mitgliedern des Angehörigenkreises in Führungspositionen die Regel unter FamilienunternehVgl. Schulze / Lubatkin / Dino (2003), S. 485 – 486. Dagegen vertreten Schulze / Lubatkin / Dino (2003), insb. S. 477 – 478, die Auffassung, dass die traditionelle Agency-theoretische Interpretation auf Kostenvorteile von Familienunternehmen schließt, indem sie altruistische Implikationen außer Acht lässt. Die Einbeziehung von Altruismus würde dann den Bedarf formaler Strukturen in Familienunternehmen erklären. 465 466
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
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men beliebiger Größenordnung darstellt467. Eine weitgehende Vereinigung von Finanzierungsfunktion und Entscheidungsbefugnissen innerhalb der Verwandtengruppe bleibt jedoch ein Spezialfall, der vor allem in Zusammenhang mit kleineren Wirtschaftsakteuren eintritt. Ergänzend dazu und zu den obigen Ausführungen soll nun der Blickwinkel auf das Zusammenspiel von Eigentümerfamilie einerseits und familienfremden (externen) Managern und Anteilseignern andererseits gerichtet werden. Auf die konzentrierte Eigentumsstruktur von Familienunternehmen kann zunächst die teilweise Überwindung des Agency Konfliktes zwischen externen Führungskräften und Trägern von Residualansprüchen zurückgeführt werden. Da die Familie aus dem Unternehmen definitionsgemäß die wesentliche Grundlage ihres Wohlstandes schöpft, hat sie starke Anreize zur Überwachung der Managementtätigkeit. Die Präsenz von Kapitalbündelungen trägt somit zur Lösung des so genannten „free rider“ Problems (Trittbrettfahrerproblems)468 bei, das bei gestreutem Eigentum für größere Handlungsspielräume des Managements verantwortlich ist. Für kleine Anteilseigner übersteigen die Kosten der Beschaffung und Verarbeitung von Informationen über das Verhalten der Unternehmensleitung den dadurch erzielbaren Nutzen bei weitem. Während nämlich die einen völlig internalisiert werden, teilt sich der andere auf alle Inhaber auf. Individuell gesehen ist es aus diesem Grund lohnenswert, auf die Produktion des öffentlichen Gutes „Überwachung“ zu verzichten und sich als „free rider“ abzugeben. Ein signifikanter Anteilsbesitz ermöglicht es hingegen, die genannten Überwachungsexternalitäten zu verringern, indem die Vorteile aus der Kontrollaktivität nun größtenteils dem Haupteigentümer selbst zuwachsen. Zwar bleibt auch in diesem Fall das Überwachungsniveau suboptimal, da selbst konzentrierte Anteilseigner nur eine Fraktion des entsprechenden Nutzens (gemäß des von ihnen gehaltenen Kapitalanteils) tatsächlich realisieren können469. Auch mag im Allgemeinen angezweifelt werden, dass sie die Qualifikation und daher die Fähigkeit besitzen, effektiv zu kontrollieren470. Doch gerade Familieneigentümern ist in dieser Hinsicht ein Vorsprung zuzugestehen: Ihre langfristige Bindung an das Unternehmen führt in aller Regel dazu, dass sie über eingehende Kenntnisse bezüglich dessen Abläufe verfügen471. Die vergleichsweise geringe Fluktuation 467 Dies trifft weltweit auf mehr als zwei Drittel der größten, börsennotierten Familiengesellschaften zu; vgl. Faccio / Lang (2002), S. 389; La Porta / Lopez-de-Silanes / Shleifer (1999), S. 500. Der Prozentsatz steigt im Fall kleinerer Familienunternehmen; vgl. z. B. Menéndez-Requejo (2005), S. 15; MassMutual Financial Group / Raymond Institute (2003), S. 11; Ang / Cole / Lin (2000), S. 93. 468 Vgl. zum Trittbrettfahrerproblem bei gestreutem Eigentum u. a. Grossman / Hart (1980), S. 42, sowie Shleifer / Vishny (1997), S. 741, und Demsetz / Lehn (1985), S. 1156. Zu den Überwachungsanreizen von Großaktionären vgl. z. B. Shleifer / Vishny (1986), S. 431 – 463. 469 Vgl. Shleifer / Vishny (1986), S. 463. 470 Vgl. Ang / Cole / Lin (2000), S. 83. 471 Vgl. Anderson / Reeb (2003a), S. 1305.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
des Managements in Familienunternehmen472 versetzt weiterhin deren Teilhaber in die Lage, die Handlungen der Führungsverantwortlichen über einen längeren Zeithorizont zu verfolgen, was sowohl ihre Informationsausstattung als auch daran anknüpfend ihre Kontrollmöglichkeiten entscheidend verbessert473. Da die Entscheidungen auf Führungsebene substanzielle Effekte auf die Wohlfahrt der Eigentümerfamilie haben, ist diese motiviert, das Management zu überwachen. Die langfristige Ausrichtung ihrer Beziehung zum Unternehmen sorgt für die besten Prämissen, damit sie diese Aufgabe effizient absolvieren kann. Im Ergebnis lässt Familienbesitz auf eine weitgehende Bezwingung des Agency Problems aus der (gegebenenfalls nur partiellen) Trennung von Finanzierungsfunktion und operativer Führungstätigkeit schließen. Das schlägt sich ceteris paribus in einem höheren Marktwert des Unternehmens nieder474. Aus der Kontrollaktivität der Inhaberfamilie ergeben sich demzufolge auch für die Minderheitsanteilseigner Vorteile. In dem Maße, in dem dies geschieht und alle Finanzierungsbeteiligten von der Kapitalbündelung profitieren, begründen konzentrierte Eigentumsstrukturen die Entstehung von so genannten teilbaren Kontrollrenten („shared benefits of control“)475.
4.2.3 Dominierende Stellung der Familienkoalition: Extraktion privater Kontrollrenten und Übervorteilung externer Anteilseigner Aus der Kumulation von signifikantem Anteilsbesitz geht allerdings auch ein Preis hervor, der sich an der Verringerung der Handelbarkeit bzw. der Liquidität der Eigentumstitel messen lässt476. Die Disziplinierungskraft des Marktes für Unternehmenskontrolle wird dadurch beeinträchtigt. Speziell Familiengesellschaften können sich dem Druck dieses Kontrollmechanismus entziehen, da die Kontinuität der Familienstellung im Unternehmen in ihrem Fall als erklärtes Ziel gilt. Die Tatsache, dass bedeutende Stimmrechtspakete infolgedessen nicht zur Verhandlung bereit stehen, zieht zwei mögliche negative Konsequenzen nach sich. Zum einen verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass externe Interessenten Angebote für den anteiligen Zukauf der Unternehmung abgeben, was einen Marktbewertungsabschlag zur Folge hat477. Die vergleichsweise geringe Liquidität der 472
Vgl. Weber (2005), S. 117 – 118; Hall / Melin / Nordqvist (2001), S. 196; Ward (1997),
S. 36. Siehe u. a. Eisenhardt (1989), S. 62 – 63. Burkart / Gromb / Panunzi (1997), S. 693 – 697, warnen jedoch, dass sich die Überwachungstätigkeit konzentrierter Eigentümer und die folgende Einschränkung der Verfügungsmacht des Managements negativ auf dessen Initiative auswirken. 475 Vgl. Ehrhardt / Nowak (2003b), S. 365; Holderness (2003), S. 54 – 55. 476 Vgl. u. a. Bolton / Thadden (1998), S. 2 – 3; Holmström / Tirole (1993), S. 679. 477 Vgl. Barclay / Holderness (1989). 473 474
4.2 Das Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung
123
Wertpapiere schränkt zum anderen die Ausstiegsoptionen der Minderheitsanteilseigner ein und bringt sie gegenüber der Eigentümerfamilie in eine Abhängigkeitssituation, welche die Eigenschaften einer Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung478 aufweist. Familienfremde Financiers schlüpfen dabei in die Rolle eines Prinzipals und sind der Gefahr ausgesetzt, dass die kontrollierende Familienkoalition ihr Einflusspotenzial missbraucht, um Vorteile für sich auf Kosten der Unternehmensperformance und folglich des Wohlstandes der restlichen Teilhaber zu schöpfen479. Vorteile, die herrschende Eigentümer unter Ausschluss der Minderheitsanteilseigner genießen können, indem sie ihre Machtstellung zum Zwecke des Verbrauchs und / oder der Verwendung von Unternehmensressourcen zur eigenen Gunst einsetzen, werden als private Kontrollrenten („private benefits of control“) bezeichnet480. Je nachdem, ob ihre Entstehung mit einer Abfuhr von Mitteln aus der Unternehmung verbunden ist oder nicht, kann eine Einteilung in pekuniäre und nicht pekuniäre (bzw. monetäre und nicht monetäre) Kontrollrenten vorgenommen werden481. Auslöser für die einen sind so genannte „tunnelling“-Aktivitäten, mit denen der „transfer of assets and profits out of firms for the benefit of those who control them“482 erfasst wird. Die Enteignung der Minderheitsanteilseigner kann über eine unmittelbare Diversion von Ressourcen in die Hände der kontrollierenden Eigentümer erfolgen, z. B. mittels Aktivatransfers, überdurchschnittlicher Vergütung der Insider oder günstiger Kredite an Organe („self-dealing“). Selbst ohne solche explizite Entziehung von Mitteln aus dem Unternehmen kann eine Übervorteilung kleinerer Teilhaber in Form von Verwässerung bei Kapitalerhöhungen, Insiderhandel, schlechten Akquisitionen oder Freeze-outs stattfinden („dilution“)483. Obwohl manche Autoren auf die Existenz zusätzlicher, nicht monetärer Vorteile hinweisen, zu denen kontrollierende Eigentümer exklusiven Zugang haben (u. a. die Möglichkeit, über die Art der Gütererstellung zu bestimmen484 oder der psychologische Nutzen aus der Einflussnahme auf die betriebliche Geschäftspolitik485), hat sich die Literatur im Wesentlichen der Analyse pekuniärer privater Kontrollrenten gewidmet486. Da ihre Extraktion eine Wertminderung des UnterVgl. Schulze et al. (2001), S. 101. Vgl. Shleifer / Vishny (1997), S. 758. 480 Vgl. Holderness (2003), S. 55. 481 Zu den Typologien von privaten Kontrollrenten vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 2 – 6. 482 Johnson et al. (2000), S. 22. 483 Vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 5; Johnson et al. (2000), S. 22 – 23. 484 Vgl. Demsetz / Lehn (1985), S. 1161 – 1162. 485 Vgl. Bebchuk / Kahan (1990), S. 1090. 486 Die Tatsache, dass private Kontrollrenten oft nur mit Bezug auf reine „tunnelling“-Aktivitäten definiert werden, weist indirekt darauf hin; so z. B. Coffee (2001), S. 9; Grossman / Hart (1988), S. 177. 478 479
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nehmens verursacht und somit auf Kosten derjenigen Eigenkapitalgeber erfolgt, die nicht in ihren Genuss kommen, eignen sich die traditionellen Agency Kategorien zur Beschreibung des Konfliktes zwischen Groß- und Kleinanteilseignern487. Die Bündelung von Stimmrechten signalisiert folgerichtig die Präsenz eines Ausbeutungspotenzials zu Lasten der Vermögensposition gestreuter Eigentümer. Die Einschaltung von Mechanismen zur gezielten Beibehaltung einer maßgeblichen Stimmrechtskonzentration wird als Instrument zur Sicherung des Konsums privater (monetärer) Kontrollrenten interpretiert. Besonders die Entstehung von dualen Aktionärsstrukturen durch Emission stimmrechtsloser Aktien, die komplexe Architektur verschachtelter Unternehmen (Pyramiden) und der Handel „en bloc“ von signifikanten Stimmrechtspaketen werden unter diesem Blickwinkel betrachtet488. Dass die Diffusion von Familieneigentum in der empirischen Literatur oft als Indikator für die Existenz von privaten Kontrollrenten gedeutet wird489, lässt sich in erster Linie damit begründen, dass die Bewahrung der bestehenden Kontrollverhältnisse in Familienunternehmen annahmegemäß eine Priorität darstellt. Nahe liegend ist dann der Rückschluss auf einen ausgeprägten Agency Konflikt zu Lasten familienfremder Financiers und der ökonomischen Unternehmensperformance. Einwände gegen diese Argumentation lassen sich jedoch auf die Berücksichtigung der Motivation und der Zielauffassung der Eigentümerfamilie als besondere Unternehmerspezies stützen. Expropriationstendenzen auf Kosten externer Gesellschafter wirkt in Familienunternehmen der hohe Stellenwert entgegen, der Reputation und gesellschaftlicher Anerkennung zukommt490. Die Einbeziehung dieser weiteren Zieldeterminanten verdeutlicht zugleich, dass der Wert, den die Eigentümerfamilie auf die Kontrollbeibehaltung legt, möglicherweise weniger von der Perspektive der Enteignung von Unternehmensressourcen als vielmehr vom nicht monetären Nutzen abhängt, den sie dadurch schöpfen kann. Private Kontrollrenten mit nicht pekuniärem Charakter führen Ehrhardt und Nowak491 nach dem Grad ihrer Übertragbarkeit auf zwei Kategorien zurück. „Amenities“ bezeichnen jene Art von Privilegien, die durch Anteilsverkauf leicht auf einen Dritten transferiert werden können. Die Genugtuung, die der Besitz einer erfolgreichen sportlichen Mannschaft, die Beeinflussung der öffentlichen Meinung Vgl. u. a. Shleifer / Vishny (1997), S. 739. Vgl. stellvertretend für die umfangreiche Literatur auf dem Gebiet Nicodano (1998); Shleifer / Vishny (1997); Zingales (1994); Brioschi / Buzzati / Colombo (1989); Barclay / Holderness (1989). 489 Vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 4. 490 So z. B. vermuten Chrisman / Chua / Litz (2004), S. 339, (ohne jedoch Gründe zur Untermauerung ihrer Annahme zu nennen), dass die Agency Kosten aus dem Interessenkonflikt zwischen Mehrheits- und Minderheitsaktionären in Familienunternehmen geringer als in Nicht-Familienunternehmen sind. 491 Vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 5. 487 488
4.3 Personalpolitische Fragen
125
mittels Medienkontrolle oder die Produktion exklusiver Luxuskonsumgüter bereiten, ist Beispiel dafür. Unter dem Stichwort „Reputation“ werden hingegen nutzenstiftende Faktoren subsumiert, die eigentümerspezifisch und somit nicht oder nur schwer übertragbar sind. Soziales Prestige, Familientradition und mögliche Förderung von Angehörigen zählen dazu. Die erstrangige Bedeutung von nicht pekuniären, insbesondere Reputationsähnlichen Kontrollrenten in Familienunternehmen wirft nun die Frage auf, inwiefern sie für eine Benachteiligung externer Eigentümer auch tatsächlich verantwortlich gemacht werden können. Anders als im Fall monetärer Kontrollrenten, fällt die Antwort nicht eindeutig aus. Der Genuss bestimmter immaterieller Privilegien (u. a. der Umgang mit angesehenen Persönlichkeiten) braucht die Wohlfahrt familienfremder Anteilseigner zwar nicht zwangsläufig zu gefährden492; doch die Verfolgung selbst nicht pekuniärer Kontrollrenten kann unter Umständen in Konkurrenz mit dem Streben nach größtmöglichem Unternehmenswert treten und auf diesem Weg zu einer Bedrohung für die Ansprüche der kleineren Teilhaber werden493. Der Milderung des Agency Problems aus der (partiellen) Trennung der Finanzierungs- und Managementfunktionen steht also bei Stimmrechtsbündelungen ein Interessenkonflikt zwischen Groß- und Kleineigentümern gegenüber. Reputationsanreize und die überwiegende Bedeutung von nicht monetären Kontrollrenten begründen bei Vorliegen von Familienkontrolle eine mögliche Reduktion (aber keinen Ausschluss) der Ausbeutungsgefahr auf Kosten familienfremder Financiers und gelten überdies als mächtige Motivationsquelle für das unternehmerische Engagement der Familie.
4.3 Personalpolitische Fragen im Hinblick auf das soziale Kapital und auf die Organisationskultur von Familienunternehmen 4.3.1 Die Mitwirkung von Familienmitgliedern im Unternehmen 4.3.1.1 Inkompetenz-Vorwurf und Netzwerkaktivitäten Der Einfluss der Eigentümerfamilie auf die Führungsorganisation des Unternehmens äußert sich typischerweise in und bedient sich zugleich der Bestellung von eigenen Mitgliedern in leitende Funktionen494. Die Neigung, Familienangehörige Vgl. zu dieser Ansicht Denis / McConnell (2003), S. 3; Holderness (2003), S. 55. Vgl. Ehrhardt / Nowak (2001), S. 6. 494 Vgl. Quermann (2004), S. 213. Zur regelmäßigen Präsenz von Mitgliedern des Angehörigenkreises in Führungspositionen vgl. Abschnitt 4.2.2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. 492 493
126
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
bevorzugt zu behandeln, zählt mit zu den Grundmustern menschlichen Verhaltens. In der sozialwissenschaftlichen Literatur wird diese selektive Präferenz u. a. mit Hilfe von evolutionstheoretischen Ansätzen495 begründet. Demnach dienen Solidarität und Altruismus innerhalb der Familiengemeinschaft der Sicherstellung deren Bestandes und Perpetuierung und werden dadurch bedingt. Kontinuitätsaspekte treten auch im Zusammenhang mit der Übertragung von Verantwortungsposten auf Abkömmlinge der Unternehmerfamilie auf. Das Bündnis zwischen Familie und Unternehmen wird dadurch erneuert und der Wille offenbart, ihm getreu die Betriebstätigkeit weiterzuführen. Die Orientierung an der Zugehörigkeit zur Familiengruppe für die Besetzung von Führungspositionen wird bereits in den frühen Studien über Familienunternehmen496 als tadelnswerte Praxis gebrandmarkt. Nepotismus wird in diesem Zusammenhang zum Schlagwort gemacht, um die innewohnende Schwäche von familienbasierten Unternehmensstrukturen zu charakterisieren 497. Eingewendet wird insbesondere, dass der Verzicht auf die Trennung der Risikoübernahme- und der Entscheidungsfunktion einen Effizienzverlust498 mit sich bringt. Der Grund liegt darin, dass Entscheidungsagenten nicht nur nach dem meritorischen Prinzip, sondern gleichwohl auf der Grundlage ihres Wohlstandes und ihrer Bereitschaft zur Risikoübernahme (d. h. ihres Eigentümerstatus) designiert werden. Da der Verwandtenkreis einen nur beschränkten Arbeitspool für die Auswahl geeigneter Führungskandidaten anbietet, würden Familienunternehmen als Folge der Berufung vergleichsmäßig weniger qualifizierter bzw. talentierter Familienmitglieder auf leitende Positionen unter einem Wettbewerbsnachteil und unter konsequenten Performanceeinbußen gegenüber Nicht-Familienunternehmen leiden499. Verschärft wird das Problem zum einen dadurch, dass die Einschätzung der Fähigkeiten potenzieller Nachfolger seitens anderer Familienmitglieder während des Selektionsprozesses wie auch später einer starken emotionalen Verzerrung unterliegt500. Zum anderen bedingt die Personenorientierung501 der Familiengruppe, dass der Umgang mit und unter deren Beteiligten auch im Unternehmen nicht durch eine abstrakte Aufgabenlogik und daran anschließende Effizienzerwägungen bestimmt ist. Die Nicht-Kündbarkeit der Familienbeziehungen führt in der Organisation zu einer geringen Austauschbarkeit der Eigentümerentsandten, die sich in deren charakteristisch langer Beschäftigungsdauer widerspiegelt. Vgl. Hamilton (1964). Vgl. Barnes / Hershon (1976), S. 106; Levinson (1971), S. 97 – 98; Ewing (1965), S. 23; Donnelley (1964), S. 93. 497 Vgl. z. B. Rosenbauer (1994), S. 123 – 124. 498 Vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 306. 499 Vgl. Anderson / Reeb (2003a), S. 1302. 500 Vgl. Schulze et al. (2001), S. 103. 501 Vgl. Wimmer et al. (2005), S. 151; Simon (1999a), S. 183 – 184; Simon (1999b), S. 18 – 19. 495 496
4.3 Personalpolitische Fragen
127
Wenngleich empirische Untersuchungen502 zu keinem eindeutigen Urteil veranlassen, wird die leistungsmäßige Unterlegenheit von Familien- relativ zu professionellen Führungskräften in der Literatur503 weitgehend unterstellt. Die Rekrutierung von Familiennachkommen zur Besetzung zentraler Leistungsposten wird daraufhin für die Entstehung eines Phänomens der Aversen Selektion504 verantwortlich gemacht. Darunter würden Familienunternehmen leiden, wenn (bzw. weil) sich die Logik der Familienzugehörigkeit und ihre altruistische Inspiration über Effizienzziele hinweg setzen. Die Anwendung des Begriffs der negativen Auslese ist an der Stelle insofern problematisch, als er nach dem Verständnis der Agency Theorie505 impliziert, dass eine unerwünschte Agentenauswahl stattfindet, weil Kandidaten mit unterdurchschnittlichen Eigenschaften diese vorsätzlich verheimlichen. Der Prinzipal erfährt erst ex post, dass er sich mit einem schlechten und aus diesem Grund unwillkommenen Vertragspartner eingelassen hat. Auf opportunistische Verschleierungen kann indes die Bestellung von Familiennachfolgern kaum zurückgeführt werden. Eine prominentere Rolle kommt vielmehr der Motivation der Unternehmerfamilie als Auftraggeber zu. Die Konfiguration ihres Zielsystems deutet darauf hin, dass ein Leistungsdefizit bei den eigenen Abkömmlingen gegebenenfalls bewusst in Kauf genommen wird. Die personelle und materielle Förderung der Familienmitglieder und die Weiterführung der unternehmerischen Familientradition überwiegen dann über das Streben nach ökonomischem Unternehmenserfolg. Eine präzisere Charakterisierung des skizzierten Szenarios scheint eher der Rückgriff auf jene Kategorie der „Inkompetenz“ bieten zu können, die Hendry506 im Sinne einer Ausdehnung des traditionellen Spektrums an Agency Phänomenen konzipiert hat. Demnach stellen Rationalitätsversagen und menschliche Fehlbarkeit (Inkompetenz) des Manager-Agenten aus Sicht des Prinzipals einen Kostenfaktor dar, der unabhängig von eventuellen opportunistischen Beweggründen des Auftragnehmers anfällt. Um dessen negative Konsequenzen möglichst einzudämmen, empfehlen sich nach Hendry Fortbildungsprogramme, vor allem aber Betreuungs- und Beratungsmaßnahmen. Damit im Einklang spricht sich die Literatur für die Einschaltung in Familienunternehmen von Aufsichts- bzw. Beratungsgremien aus, deren (vorwiegend) familienfremde Besetzung den Zugriff auf Kapazitäten und Ressourcen ermöglichen soll, die im Unternehmen selbst unterrepräsentiert sind507. Auch ohne auf die Gefahr opportunistischen Verhaltens zu verweisen, 502 Vgl. Pérez-Gonzáles (2006), S. 1572 – 1578; Villalonga / Amit (2006), S. 402 – 406; Barontini / Caprio (2005), S. 22 – 29; Barth / Gulbrandsen / Schøne (2005), S. 112 – 114; Sraer / Thesmar (2004), S. 15; Anderson / Reeb (2003a), S. 1317 – 1321; Morck / Stangeland / Yeung (2000), S. 334 – 338. 503 Vgl. u. a. Bhattacharya / Ravikumar (2004), S. 3; Burkart / Panunzi / Shleifer (2003), S. 2172. 504 Vgl. Schulze / Lubatkin / Dino (2003), S. 477. 505 Vgl. z. B. Picot / Dietl / Frank (2005), S. 74 – 75. 506 Vgl. hier und im Folgenden Hendry (2002), S. 99 – 102. 507 Vgl. May / Sieger (2000), S. 247 – 250; Jeuschede (2000), S. 278.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
kommt diese Analyse zur Schlussfolgerung, dass formelle Führungs- und Organisationsstrukturen in Familienunternehmen unerlässlich sind, um deren Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Die Tatsache, dass dieser Anforderung in der Praxis nur unzureichend Rechnung getragen wird508, ließe dann auf einen möglichen Wettbewerbsnachteil von Familienunternehmen schließen. Das negative Urteil über die Bevorzugung von Familienanwärtern für unternehmerische Verantwortungsposten gerät jedoch ins Schwanken, wenn der bislang Agency-gerichtete Betrachtungswinkel um netzwerkanalytische Kategorien des Denkens ergänzt wird. Als ein dem soziologischen Bereich entstammendes Analyseinstrument widmet sich die Netzwerkanalyse der Untersuchung von Mustern und Inhalten der Interaktion, die innerhalb bzw. zwischen sozialen Einheiten (Individuen, Gruppen und Organisationen) stattfindet509. Ihre Wurzeln gehen auf das Werk Granovetters zurück. Sein Konzept des „embeddedness“ bringt die Idee einer unauflöslichen Verflechtung von ökonomischen und sozialen Handlungsdeterminanten zum Ausdruck und spannt somit eine ideale Brücke zwischen der „unter-“ bzw. „übersozialisierten“ Auffassung menschlichen Verhaltens, die jeweils in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften vorherrschenden Charakter besitzt510. Während z. B. die Agency Forschung ihre Aufmerksamkeit auf vertragliche Vereinbarungen zwischen atomistischen Wirtschaftsakteuren richtet und dabei von deren sozialem Umfeld abstrahiert, kann das ökonomische Agieren nach Granovetter nur in seiner Einbettung in Netzwerken von Beziehungen und sozialen Kontakten erfasst werden. Ein Netzwerk steht allgemein für ein Geflecht von Bindungen zwischen sozialen Einheiten511. Seine Darstellung erfolgt typischerweise mit Hilfe von Soziogrammen, in denen Punkte bzw. Knoten die handelnden Einheiten symbolisieren und deren Beziehungen zueinander in Form von Linien oder Pfeilen abgebildet werden, welche die Punkte verbinden512. Da informelle, nicht marktliche Transaktionen einen Informations- und Leistungsaustausch innerhalb des Netzwerkes begründen, hegen die es konstituierenden Kontakte einen Wert, der als soziales Kapital bezeichnet wird513. Der Begriff bezieht sich auf die Fähigkeit der Akteure, aus der Zugehörigkeit zu einem Netzwerk Vorteile zu schöpfen514: „Das Sozialkapital ist die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, anders ausVgl. Schulze et al. (2001), S. 104 – 105. Vgl. Nelson (1989), S. 380. 510 Vgl. Granovetter (1985), S. 481 – 485. 511 Vgl. Nelson (1989), S. 380. 512 Vgl. Witt / Rosenkranz (2002), S. 87 – 89. 513 Vgl. Borgatti / Foster (2003), S. 993. 514 Vgl. Portes (1998), S. 6. Zum Begriff von sozialem Kapital vgl. auch Tsai / Ghosal (1998), S. 464. 508 509
4.3 Personalpolitische Fragen
129
gedrückt, es handelt sich dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen“515. Vor allem die Gründungsforschung hat den Zusammenhang zwischen Netzwerkaktivitäten und Unternehmenserfolg untersucht. Der zentrale Ansatz besagt dabei, dass ein großes und vielfältiges Netz an sozialen Kontakten die Erfolgsaussichten des Gründers erhöht516. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass Netzwerke dabei helfen, die Beschaffungskosten zu senken und den Zugang zu Ressourcen zu erschließen, die am Markt nicht erwerbbar sind (darunter Informationen). Auch immaterielle Formen der Unterstützung durch Kontaktpartner (z. B. emotionaler Rückhalt oder Hilfestellung bei der Geschäftsplanung) konnten als erfolgswirksam nachgewiesen werden517. Dass persönliche Verflechtungen gerade für Familienunternehmer eine strategische Bedeutung besitzen, ist zunächst eine empirische Feststellung. Darauf deutet der von zahlreichen Autoren hervorgehobene Einfluss hin, den familiengebundene Akteure auf die unternehmerischen Entscheidungsprozesse ausüben, ohne daran unmittelbar Teil zu haben518. Unter einem theoretischen Standpunkt lassen sich zudem aus den Eigenschaften von sozialem Kapital Gründe ableiten, die auf dessen Zentralität im Fall von Familienunternehmen schließen lassen. Soziales Kapital zeichnet sich als ein immaterieller Vermögenswert aus, der nicht käuflich ist, erst langsam über die Zeit kumuliert und nicht ohne weiteres transferiert werden kann519. Das Streben nach Kontinuität in Familienunternehmen, das sich u. a. durch lange Amtszeiten auf Führungsebene und durch die Aufnahme von Familienmitgliedern in leitende Positionen manifestiert, schafft ideale Voraussetzungen für den Aufbau von sozialem Kapital sowie für seine Weitergabe an die nachfolgende(n) Familiengeneration(en). Dank ihres relationalen Vermögens können Familienunternehmen daher Zugang zu kritischen Ressourcen und Informationen (darunter etwa Beratungsleistungen) erlangen, ohne dafür auf unabhängige Unternehmensgremien angewiesen zu sein520. Soziale Netzwerke, in denen Beziehungen auf Reziprozität bzw. auf der impliziten Verpflichtung zur Gegenleistung beruhen, können die formalen Organisationsstrukturen ersetzen, die Agency Theoretiker für unerlässlich erklären. Sollte also die aktive Mitwirkung von Familienangehörigen tatsächlich mit einem gewissen Leistungsdefizit im Vergleich zu professionellen Managern verbunden sein, kann das Unternehmen seine negativen Auswirkungen durch eine höhere Dotierung Bourdieu (1983), S. 190 – 191 (Kursivdruck nach dem Original). Vgl. Dubini / Aldrich (1991), S. 307 – 310. 517 Vgl. überblicksartig Witt / Rosenkranz (2002), S. 93 – 94. 518 Vgl. Vilaseca (2002), S. 300. Insbesondere der Beitrag von Frauen, die am Unternehmen nur mittelbar über deren Gatten und / oder Kinder beteiligt sind, ist zum Gegenstand von Untersuchungen gemacht worden; vgl. u. a. Karlsson Stider (2001). 519 Vgl. Steier (2001), S. 259 – 263, und die dort angegebene Literatur. 520 Vgl. hier und im Folgenden Nordqvist (2001), insb. S. 85 – 86 u. 92. 515 516
130
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
mit sozialem Kapital abfedern, ohne dafür notwendigerweise Effizienzeinbußen in Kauf nehmen zu müssen.
4.3.1.2 Die Stärken und Schwächen von starken Bindungen Im vorangehenden Abschnitt ist argumentiert worden, dass die aktive Eigentümerstellung der Familie die Kumulation und Bewahrung von sozialem Kapital fördert. Mit Hilfe der Netzwerkanalyse wurde darauf aufbauend die These aufgestellt, dass der Bezug von Ressourcen über nicht marktliche Transaktionen in Familienunternehmen als kostengünstiges Substitut für formale Organisationsstrukturen fungieren kann. Die Architektur und die Dynamik des Beziehungsgeflechts zwischen den beteiligten Familienmitgliedern gewähren weitere Einblicke in die besonderen Chancen und Risiken, die sich aus ihrer Teilnahme am Unternehmensgeschehen ergeben. Unter einem netzwerktheoretischen Blickwinkel bestehen Familienbeziehungen aus starken Bindungen521. Auf diese Weise werden Netzwerkkontakte charakterisiert, die sich durch häufige Interaktion, Gegenseitigkeit sowie emotionale Nähe und Intimität auszeichnen522. Obwohl die leichte Zugänglichkeit und die Hilfsbereitschaft dieser Art von Kontakten, gekoppelt mit ihrer affektiven Ausprägung, sie gerade in Situationen der Unsicherheit und der Krise wertvoll macht523, beinhaltet die Konzentration von sozialer Energie auf starke Bindungen potenzielle Gefahren für das Unternehmen. Starke Bindungen vernetzen Individuen, die in vielerlei Hinsicht ähnliche Merkmale (bspw. bezüglich des Bildungsniveaus, der sozialen Stellung und des Lebensstils) aufweisen524 und auf eine teilweise gemeinsame Vergangenheit zurückblicken. Da sich ihre sozialen Netzwerke aus diesem Grund weitgehend überschneiden, ist die Information, die aus solchen Kanälen geschöpft werden kann, meist redundant525. Das Überwiegen von starken Bindungen innerhalb einer Organisation impliziert also, dass neuartige Impulse aus entfernten Teilen des sozialen Systems zu Gunsten der tendenziell selbst bestätigenden Ansichten homogener Ansprechpartner vorenthalten bleiben. Die konsequente Verschlossenheit des Unternehmens bzw. seine geringe Permeabilität für externe Stimuli produziert Starrheit und Intoleranz gegenüber abweichenden Sichtweisen526. Schwache Bindungen, die seltene Interaktion beinhalten, können hingegen größere soziale Distanz Vgl. Granovetter (1983), S. 206. Vgl. Granovetter (1973), S. 1361. 523 Vgl. Krackhardt / Stern (1988), S. 125 – 127; Granovetter (1983), S. 209 – 212. 524 Vgl. Brass et al. (2004), S. 796. 525 Vgl. Granovetter (1973), S. 1362 – 1367. 526 Vor den gleichen Gefahren warnen Ouchi / Price (1978), S. 40, im Kontext clanbasierter Kollegialität. 521 522
4.3 Personalpolitische Fragen
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überwinden und damit neuartige Informationsquellen erschließen527. Ihre Informationsübertragungseigenschaften zusammen mit ihrer Loslösung von affektiven Komponenten machen sie geeignet, organisatorische Flexibilität und Effektivität der Entscheidungsprozesse im Unternehmen zu unterstützen und dessen ökonomische Leistungsfähigkeit zu erhöhen528. Wenngleich Granovetters Argument des Informationsbeschaffungsvorteils von schwachen Bindungen empirische Bestätigung gefunden hat529, ist inzwischen auch die positive Rolle von starken Bindungen bei der Wissensvermittlung anerkannt worden. Ihre vertrauensschaffenden Charakteristika530 fördern den Kenntnisaustausch und senken zugleich die damit verbundenen Kosten531. Insbesondere der Transfer von implizitem, nicht verbalisierbarem Wissen, das als solches personengebunden ist532, hängt wesentlich von dem Vertrauensinhalt des Verhältnisses zwischen Übermittler und Empfänger ab. Die Intimität der Familienmitglieder verschafft dabei im Fall ihrer aktiven Unternehmensbeteiligung einen klaren Vorteil, weswegen Familienunternehmen auch als „Kenntnistresore“533 bezeichnet worden sind. Zudem erhöht die primär affektive (versus kompetenzbasierte) Qualität des Vertrauens zwischen Familienmitgliedern ihre Bereitschaft, Wissensdefizite zuzugeben und auf ihre Behebung hin zu arbeiten534. Damit ist eine wesentliche Grundlage organisatorischer Lernfähigkeit gesichert. Zu den Vorzügen von starken Bindungen zählt weiterhin, dass sie Solidarität und Kooperationsgeist stiften und somit den Gruppenzusammenhalt fördern535. Ihnen werden deswegen konfliktmildernde Auswirkungen zugeschrieben536. Dies steht in scheinbarem Widerspruch nicht nur zu dem klischeehaften Bild vom Familienunternehmen als spannungsgeladene Arena, sondern auch mit den Ergebnissen jüngerer empirischer Untersuchungen537, welche die hohe Konfliktanfälligkeit von Familienunternehmen bestätigen konnten. Die Ursache hierfür liegt aber vielmehr in dem einzigartigen emotionalen Risiko, dem diese Organisationen aufgrund der personellen Identität ihrer Akteure ausgesetzt sind538. Das zum Teil gleichzeitige Auftreten deren Angehöriger als Mitglieder der Familiengemeinschaft, Inhaber von Residualansprüchen und Träger von unternehmerischer Verant527 528 529 530 531 532 533 534 535 536 537 538
Vgl. Granovetter (1983), S. 202. Vgl. Nelson / Mathews (1991), S. 381. Vgl. Granovetter (1983). Vgl. Dubini / Aldrich (1991), S. 308. Vgl. Levin / Cross (2004), S. 1478. Vgl. Lee / Lim / Lim (2003), S. 658; Grant (1996), S. 111. Bairati (1988), S. 161. Vgl. Levin / Cross (2004), S. 1480. Vgl. Nelson / Mathews (1991), S. 371. Vgl. Nelson (1989), S. 388. Vgl. Nicholson / Björnberg (2004), S. 339; Davis / Harveston (2001), S. 23 – 27. Vgl. u. a. Tagiuri / Davis (1996), S. 201 – 202.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
wortung lässt die Konturen zwischen Familien- und Unternehmenskontext verschwimmen: „So kommt es unter dem Weihnachtsbaum zu Gesellschafterversammlungen und bei Gesellschafterversammlungen zu Familienfeiern“539. Auf beiden Spielfeldern – Familie und Unternehmen – herrschen allerdings unterschiedliche Spielregeln, die jeweils die vordergründige Personen- versus Aufgabenorientierung der zwei Institutionen widerspiegeln540. So z. B. besagt der hauskommunistische Grundsatz nach Weber, „dass nicht ,abgerechnet‘ wird, sondern dass der Einzelne nach seinen Kräften beiträgt und nach seinen Bedürfnissen genießt“541. Im Gegensatz dazu erfordert die Einhaltung des FairnessKriteriums im Unternehmen, dass die Entlohnung an dem geleisteten Beitrag bemessen wird542. Die Rollenüberschneidung im Familienunternehmen und die resultierende Kontextambivalenz stellen daher die beteiligten Familienmitglieder vor die Herausforderung, gleichzeitig differierenden und manchmal sich ausschließenden Verhaltensnormen gerecht zu werden543. Zwischenmenschliche Reibungen, die in der Familiengeschichte ihre Wurzeln haben, und der typischerweise schwierige Umgang mit Konflikten innerhalb der Familie (wo Verdrängungsstrategien i. d. R. offenen Auseinandersetzungen vorgezogen werden544) können die so begründete Konfliktanfälligkeit von Familienunternehmen zusätzlich verschärfen und zur Entstehung von Ressentiments gegenüber der Familie und der Unternehmung führen545. Während die Konfrontation über aufgabenbezogene Sachverhalte – wenn mäßig – sich als konstruktiv erweisen kann, sind emotional gefärbte Diskrepanzen (deren Ursprung in der Familiensphäre angesiedelt ist) für die Beeinträchtigung der organisatorischen Leistungsfähigkeit verantwortlich546. Der Drohung einer tendenziell höheren Streitanfälligkeit steht gegenüber, dass die Eigentümerfamilie durch ihre aktive Mitwirkung die Möglichkeit hat, das Selbstverständnis und die Identität der Unternehmung nachhaltig zu prägen. Auf die Netzwerkanalyse geht die Erkenntnis zurück, dass starke Bindungen – die zudem als vertraut empfunden werden – eine kritische Rolle bei dem Ausbau und der Verbreitung eines Bündels von geteilten Orientierungen und Wertvorstellungen einnehmen547. Verstärkend tritt bei Familienunternehmen hinzu, dass die Angehörigen der Familiengruppe aufgrund ihrer gemeinsamen Vergangenheit und ähnlicher Entwicklungspfade Träger von in aller Regel homogenen und kohärenten 539 540 541 542 543 544 545 546 547
Simon (1999b), S. 22. Vgl. Simon (1999a), S. 196. Weber (1980), S. 214. Vgl. Lansberg (1983), S. 42. Vgl. Simon (1999b), S. 22. Vgl. Wimmer / Groth (2005), S. 113. Vgl. Tagiuri / Davis (1996), S. 203 – 207; Kets de Vries (1993), S. 65 – 66. Vgl. Jehn (1997), S. 531 – 532 u. 547 – 549. Vgl. Tsai / Ghoshal (1998), S. 465 – 467.
4.3 Personalpolitische Fragen
133
Normen, Überzeugungen und Verhaltensstandards sind548. Damit lässt sich das kulturelle Spezifikum von Familienunternehmen erklären, wonach ihre Handlungsweise „not from external pressure but from a deeply ingrained, learned-at-thedinner-table sense of history and morality“549 resultiert. Unter dem Stichwort von Unternehmens- bzw. Organisationskultur soll in diesem Zusammenhang das soziale und normative Gefüge verstanden werden, das eine Organisation zusammenhält550. Zu ihren Erscheinungsformen zählen sichtbare „Praktiken“, wie Symbole (Worte, Gesten und Gegenstände, denen eine besondere, von außen nur schwer einschätzbare Bedeutung zukommt), Helden (im Sinne von idealen Verhaltensmodellen) und Ritualen (kollektive Tätigkeiten, die in technischer Hinsicht überflüssig, sozial aber von primärer Relevanz sind)551. Die kulturelle Kernsubstanz bilden, auf einer tiefer gehenden Ebene, Wertvorstellungen, die nur indirekt beobachtbar sind und meist unbewusst das Verhalten und die Wahrnehmung der Organisationsteilnehmer bestimmen. Im Fall von Familiengesellschaften dient insbesondere das familienspezifische Werte- und Normengefüge als gestaltendes Kulturelement552. Die Partizipation von Familienvertretern an den unternehmerischen Prozessen stellt seine Weitergabe sicher und schafft in Familienunternehmen die Prämisse für relativ stabile Kulturmodelle553. Dass Familienakteure als Hauptträger von kulturellen Dimensionen gelten, ist nicht zuletzt auf ihre langen Amtszeiten und auf ihre doppelte Legitimationsgrundlage (als Mitglieder der Eigentümerfamilie und des Unternehmens gleichzeitig) zurückzuführen554. Umso zutreffender ist dies in dem Maße, in dem sie eine reale und lebendige Verbindung zur Gründerpersönlichkeit darstellen, deren zentraler und nachhaltiger Einfluss auf die Organisationskultur weitgehend dokumentiert ist555. Familienunternehmen zeichnen sich im Ergebnis durch ausgeprägtere, verhaltensbestimmende Kulturen aus556. Obwohl manche Autoren vor allem unter Berufung auf die Orientierungs- und Motivationsfunktion von starken Kulturen ihre höhere Erfolgswirksamkeit theoretisieren557, mahnt Schreyögg558 zugleich auch Vgl. Quermann (2004), S. 150. Denison / Lief / Ward (2004), S. 64. 550 Vgl. Smircich (1983), S. 344. 551 Vgl. hier und im Folgenden Hofstede et al. (1990), S. 291. 552 Vgl. Wortmann (1999), S. 53. 553 Vgl. Hall / Melin / Nordqvist (2001), S. 196. 554 Vgl. Hall / Melin / Nordqvist (2001), S. 196. 555 Vgl. u. a. Gatrell / Jenkins / Tucker (2001), S. 167 – 168; Kelly / Athanassiou / Crittenden (2000), S. 27 – 30; Schein (1983), insb. S. 16 – 17. 556 Vgl. Watermann (1999), S. 52. 557 Vgl. Peters / Waterman (2004), S. 75 – 76. Deal / Kennedy (2000) legen zwar den Akzent auf die positiven Auswirkungen einer starken Kultur (vgl. S. 15 – 16), verschweigen die ihr immanenten Risiken aber nicht (vgl. S. 34 – 36). 558 Vgl. Schreyögg (1989), S. 99 u. 102 – 106. 548 549
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
vor ihren potenziell dysfunktionalen Wirkungen in Form der Blockierung neuer Orientierungen und des Mangels an Flexibilität. Im Rahmen einer eingehenden Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Organisationskultur und -performance identifiziert Barney559 drei Bedingungen, deren Einhaltung auf einen dauerhaften, kulturell begründeten Wettbewerbsvorsprung des Unternehmens schließen lässt. Dafür muss die Organisationskultur erstens „wertsteigernd“ sein, d. h. Verhaltensweisen hervorrufen, die den Unternehmenswert möglichst erhöhen. Zweitens ist es nötig, dass sie ungewöhnliche Charakteristika aufweist, die sie drittens nicht vollkommen imitierbar machen. Während der erstgenannte Aspekt im Laufe des vorliegenden Kapitels im Einzelnen diskutiert wird, so dass eine abschließende Aussage dazu an dieser Stelle nicht möglich ist, ist das Vorkommen der beiden letzten Bedingungen in Familienunternehmen zu bejahen. Gerade die enge Verzahnung von Familie und Unternehmen macht die persönliche Geschichte familienbasierter Organisationsformen einzigartig und fördert in ihnen die Entwicklung von distinktiven Kulturen560, die aufgrund ihrer schwierigen Nachahmbarkeit das Potenzial beinhalten, Wettbewerbsvorteile zu erschließen.
4.3.2 Die Mitwirkung von Nicht-Familienmitgliedern im Unternehmen Die Organisationskultur von Familienunternehmen zeichnet sich kraft ihrer Stärke bzw. ihrer verhaltensprägenden Wirkung dadurch aus, dass sie klare Vorstellungen über die in der Unternehmung etablierten Werthaltungen erzeugt561. Aus ihrer Fähigkeit, zwischen dem zu diskriminieren, was erwünscht ist und was nicht, ergeben sich für die Organisationsmitglieder eindeutige Handlungsanweisungen (kulturelle Prägnanz-Eigenschaft). Der Einfluss der vermittelten Orientierungsmuster erstreckt sich bei starken Kulturen auf die Mehrzahl der Mitarbeiter, die sich danach in ihrem Handeln größtenteils unreflektiert richten (Verbreitungsgrad und -tiefe der Organisationskultur sind beide hoch). Obwohl mangelnde Differenziertheit als potenzielle Gefahr einer solchen einheitskulturellen Prägung vorhin hervorgehoben wurde, trägt die Homogenität der verhaltenssteuernden Normen und Paradigmen zugleich auch zahlreichen Tugenden Rechnung, die Familienunternehmen traditionell zugestanden werden. Die Konsistenz und Trägheit des kulturellen Leitbildes von Familienunternehmen stellt deren Beteiligten kollektive Interpretations- und Bewertungsmuster zur Verfügung, die bei ihnen ähnliche Verhaltensweisen bei gleicher situativer Konstellation hervorrufen562. Damit einher geht eine weit reichende Orientierungs559 560 561 562
Vgl. Barney (1986), S. 656 – 662. Vgl. Zahra / Hayton / Salvato (2004), S. 364. Zur Charakterisierung des Begriffs von Kulturstärke vgl. Schreyögg (1989), S. 95 – 97. Vgl. Keller (1990), S. 51 – 52.
4.3 Personalpolitische Fragen
135
leistung, die das Zusammenwirken von Personen und Teilbereichen vereinfacht und beschleunigt. Die verinnerlichten Anschauungen und Glaubenssätze lassen insbesondere Entscheidungs- und Problemlösungsprozesse rascher zu einem Resultat konvergieren. Die breite Akzeptanz, auf die sich dieses Ergebnis stützen kann, gewährleistet darauf folgend dessen schnelle und wirkungsvolle Implementierung563. Da die Unternehmenskultur in diesem Sinn die Funktion einer koordinierenden Devise übernimmt, profiliert sie sich als kostengünstiges Substitut für formelle Organisationsstrukturen und -instanzen564. Ein vergleichsmäßig geringer Bürokratisierungsgrad und schlanke Strukturen zählen indes zu den häufig genannten Erfolgsfaktoren von Familienunternehmen, die dadurch eine höhere Flexibilität, insbesondere in der Form einer schnellen Entscheidungs- und Reaktionsfähigkeit, bewahren565. In fließenden Kompetenzbereichen und wenig ausgeprägten hierarchischen Organigrammen ist gleichzeitig aber auch eine viel beklagte Schwachstelle von Familienunternehmen verwurzelt. Unscharfe Verantwortungsabgrenzungen und nicht explizit kodifizierte Koordinationsmechanismen können sich schnell als Hindernis – z. B. im Rahmen von Aufgabendelegierungsprozessen – erweisen und somit zum Ausdruck eines entsprechenden Organisationsmangels werden566. Die orientierungsstiftende Kraft der kulturellen Muster in Familiengesellschaften verleiht der Unternehmensvision den Charakter eines „geteilten Traums“567, dem sich nicht nur die Eignerfamilie, sondern geradezu auch die familienfremden Angestellten verpflichtet fühlen. Die Sinnvermittlungsfunktion des kulturellen Leitbildes und die um die herrschenden Wertvorstellungen erzeugte Harmonie fördern somit die Identifikation der Mitarbeiter mit der Unternehmung und führen nicht selten dazu, dass sie sich der Teilhaberfamilie im weitesten Sinne zugehörig fühlen568. Davon unmittelbar betroffen ist die Motivation der Beschäftigten, deren überdurchschnittliche Einsatz- und Leistungsbereitschaft als gewichtiger Vorteil von Familienunternehmen eingestuft wird569. Auf diesem Weg ist eine stärkere Treue bzw. Loyalität der Mitarbeiter gegenüber dem Unternehmen erzielbar. Diese äußert sich in einer höheren Betriebszugehörigkeit, die der Organisation dank geringerer Fluktuations- und Fehlzeitenraten Stabilität und Kontinuität beschert570. Gerade in Krisenzeiten schöpfen Familienunternehmen aus solch tief verankertem Gefühl der Zusammengehörigkeit eine besondere Widerstandsfähigkeit571. 563 564 565 566 567 568 569 570 571
Vgl. Schreyögg (1989), S. 97 – 98. Vgl. Rühli (1996), S. 145. Vgl. u. a. Goehler (1993), S. 5; Kets de Vries (1993), S. 62 – 63. Vgl. Wimmer et al. (2005), S. 140 – 142. Vgl. Lansberg (1999), S. 75 – 93. Vgl. Simon (1999b), S. 22. Vgl. z. B. Wimmer et al. (2005), S. 182 – 183. Vgl. Schreyögg (1989), S. 98. Vgl. Watermann (1999), S. 55.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Die loyale Einstellung der Belegschaft wird auf Unternehmerseite durch ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitarbeitern korrespondiert572. Den Hintergrund dieser subjektiv stark empfundenen Fürsorgepflicht für die Angestellten bildet der dem Familiensystem entstammende Grundsatz der Personenorientierung, der auf die Organisation teilweise übertragen wird. Hierauf beruht die Gestaltung von Arbeitsbedingungen, die den Bedürfnissen der Beschäftigten einen hohen Stellenwert beimessen573. Dass diese menschenachtende Auffassung die Grenzen eines autokratischen Paternalismus oftmals nicht zu überwinden vermag, beweist allerdings die Tatsache574, dass Familienunternehmen wenig geneigt sind, in Maßnahmen zur Förderung des Personals (Traineeprogramme, Weiterbildungsseminare und sonstige Qualifikationsangebote) zu investieren. Aus der wahrgenommenen Sozialverpflichtung gegenüber den Arbeitnehmern ergeben sich relevante Konsequenzen für die Fähigkeit der Unternehmerfamilie, effizient mit dieser Interessengruppe zu verhandeln. Außer vertraglich anerkannten Ansprüchen (meist in Zusammenhang mit Vergütungsaspekten) hegt das eingestellte Personal gewisse Erwartungen gegenüber der Arbeitgeberinstanz. Solche Erwartungen bilden den Inhalt von langfristigen, impliziten Verträgen575. Sie verpflichten die Unternehmensträger dazu, die Beschäftigungsbeziehung angesichts ungewisser Entwicklungen (in Bezug z. B. auf die künftige Marktlage, aber auch auf die perspektivische Fertigkeit der Mitarbeiter) aufrecht zu erhalten. Diese Versicherungsleistung wird auf Arbeitnehmerseite durch die grundsätzliche Verfügbarkeit entgolten, beziehungsspezifische Investitionen einzugehen. Eine größere Arbeitshingabe wie auch die Bereitschaft zur Inkaufnahme von Lernaufwand sichern insbesondere dem Unternehmen eine höhere Arbeitsproduktivität. Wenngleich implizite Verträge in einer ex ante Betrachtung für beide verhandelnde Parteien mit Vorteilen verbunden sind, entstehen ex post für die Eigentümer Anreize, sie einseitig zu kündigen. Das ist dann der Fall, wenn Kündigungsmaßnahmen, Gehaltskürzungen u. ä. (bspw. bei Eintritt eines Auftragrückgangs) das Potenzial einer Wertsteigerung aus Anteilseignersicht beinhalten. In dem Maße, in dem ein Vertrags- bzw. Vertrauensbruch ex post Vorteile für die Eigentümer begründet, ist deren Glaubwürdigkeit bei dem Eingehen nicht formalisierter Abkommen kompromittiert. Implizite Verträge kommen dann nicht zustande, so dass der Wert der durch sie zugänglichen Absicherung verloren geht. Die Eigenschaften dynastischen Eigentums eignen sich dazu, den unterstellten Mangel an Glaubwürdigkeit auf der Unternehmerseite zu überbrücken. Personenorientierung als Teil der sozialen Verantwortung von Familienunternehmern geVgl. Klein (2004a), S. 126. Vgl. Davis (1983), S. 53 – 54. 574 Vgl. Gallo (2004), S. 136; Graves / Thomas (2004), S. 208 – 209; Pérez de Lema / Gómez-Guillamón / Flores-Segura (2004), S. 358; Compagno / Pittino / Visintin (2003), S. 61 – 62; Albach / Freund (1989), S. 225 – 239. Vgl. dagegen Denison / Lief / Ward (2004), S. 67 – 68. 575 Vgl. im Folgenden Shleifer / Summers (1988), S. 33 – 46. 572 573
4.3 Personalpolitische Fragen
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währleistet, dass die Wohlfahrt der Mitarbeiter Eintritt in deren Nutzenfunktion findet, und sichert somit die Basis für die Einhaltung der gegenüber den Arbeitnehmern eingegangenen Verpflichtungen. Das Streben nach einer langfristigen Bindung der Familie an das Unternehmen verringert zudem automatisch den Anreiz, implizite Verträge auf Kosten der Belegschaft zu verletzen, da der dadurch verursachte Vertrauensverlust anhaltende Konsequenzen auf die Verhandlungsfähigkeit der Eigentümerpartei hätte. Die für das Verständnis von dynastischem Unternehmertum geradezu programmatische Resistenz gegenüber Übernahmeangeboten schützt zuletzt auch vor der Gefahr, dass bislang gültige, informelle Vereinbarungen infolge eines Eigentums- und Managementwechsels für nichtig erklärt werden. Die Zugänglichkeit von impliziten Verträgen bestätigt aus anderer Perspektive die obige Schlussfolgerung im Hinblick auf die Vorteile von Familienunternehmen bei der Erzeugung von Motivation und Einsatzbereitschaft unter den Mitarbeitern. Die ihnen glaubhaft zugesprochene Absicherung kontinuierlicher Beschäftigung zu vorab abgeklärten Bedingungen ermöglicht nicht nur die Einsparung der Kosten für das Aufstellen ansonsten notwendiger, expliziter Regelungen. Das Wegfallen einer aus Angestelltensicht zentralen Risikokomponente begründet vielmehr auch eine entsprechende Verringerung des allgemeinen Lohn- und Gehaltsniveaus576. Ausgehend von diesem letzten Effekt, den sie empirisch nachweisen können, leiten Sraer und Thesmar577 einen Erklärungsansatz für die vergleichsweise stärkere Präsenz von Familienunternehmen in arbeitsintensiven Branchen578 ab. Demnach bewege die Möglichkeit zur Durchsetzung verhältnismäßig günstigerer Vergütungsstrukturen Familienunternehmen dazu, diesen komparativen Vorteil unter Konzentration auf Produktionsprozesse mit hohem Arbeitskrafteinsatz auszunutzen. Das Gegenstück für solche ex ante effizienzstiftenden Auswirkungen von impliziten Verträgen bilden nach deren Abschluss die aus Unternehmersicht potenziell wertzerstörenden Konsequenzen des bindenden Loyalitätspaktes zu den Bediensteten. In diesem Sinn lässt sich die bei Familienunternehmen oftmals festgestellte Schwierigkeit579 interpretieren, über die Freisetzung von Organisationsmitgliedern zu disponieren. Längere Stagnationsphasen und die Verzögerung unausweichlicher Restrukturierungsprozesse können sich im Ergebnis negativ auf das erfolgreiche Bestehen des Unternehmens im Wettbewerb auswirken. 576 Vgl. Shleifer / Summers (1988), S. 45 – 46. Zu den Vergütungsunterschieden in Unternehmen mit starker Eigentümerkontrolle vgl. auch Werner / Tosi (1995), S. 1679 – 1683. 577 Vgl. Sraer / Thesmar (2004), S. 16 – 20. 578 Zu der Arbeitsintensität von Familienunternehmen vgl. empirisch Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 20; Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 307 – 308; Alcade Fradejas / Galve Górriz / Salas Fumás (2001), S. 191; Santana Martín / Cabrera Suárez (2001), S. 443 – 445. 579 Vgl. u. a. Ward (1997), S. 23; Goehler (1993), S. 271. Siehe aber auch Weber (2005), S. 124 – 128.
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Das Wechselspiel zwischen ökonomischen und nicht ökonomischen Handlungsdeterminanten in Familienunternehmen kann sich auch anderweitig als Quelle möglicher Nachteile erweisen. Die sich aus dem Zusammenwirken von unterschiedlichen Verhaltenslogiken ergebende Komplexität der Zielfunktion bedingt die Entstehung eines Phänomens, das Hendry580 als Ergänzung des traditionellen Agency Katalogs unter Bedingungen begrenzter Rationalität und menschlicher Fehlbarkeit erfasst. Als Folge der genannten kognitiven Einschränkungen ist der Prinzipal-Unternehmer im Fall multipler bzw. mehrdimensionaler Zielsetzungen nicht in der Lage, gegenüber den Agenten-Angestellten genaue Zielvorgaben zu spezifizieren und zu kommunizieren: „[ . . . ] principals may not even know ahead of events what their precise interests will be. Even if they do know what they will want in any possible situation, it may be so contingently complex as to resist accurate specification. And even if they can specify it for themselves, principals may not be able to accurately and unambiguously communicate it to their agents“581. Gerade familienfremde Beschäftigte sind aus diesem Grund mit einer außerordentlichen kognitiven Herausforderung582 konfrontiert, da sie die Komplexität aus sich überlappenden Prioritäten wirtschaftlichen und familiären Charakters bewältigen müssen. Fehlendes Verständnis dafür gibt Anstoß zu sozialen Friktionen, die zur Bedrohung für die unternehmerische Leistungsfähigkeit werden können. So kann z. B. die bevorzugte Behandlung von Familienkandidaten bei der Besetzung von Leitungsposten unter den nicht familiengehörigen Angestellten als Verletzung des Fairness-Prinzips empfunden werden und somit Eifersucht und Ressentiments bzw. Misstrauen gegenüber den Familiennachfolgern auslösen583. Hierin liegt einer der Gründe, warum externe Manager Familienunternehmen vielfach als wenig attraktiven Arbeitgeber584 einstufen. Aus diesem Blickwinkel ist der Vorwurf zu deuten, dem entsprechend der Einfluss familienbezogener Determinanten auf das unternehmerische Handeln die Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen auf dem Markt für qualifizierte, professionelle Führungskräfte beeinträchtige.
580 581 582 583 584
Vgl. Hendry (2002), insb. S. 98 – 102. Hendry (2002), S. 101. Vgl. Mitchell / Morse / Sharma (2003), S. 537 – 545. Vgl. Kets de Vries (1993), S. 64. Vgl. u. a. Poza / Hanlon / Kishida (2004), S. 112.
4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung
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4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung in Familienunternehmen 4.4.1 Die Kapitalstrukturpolitik in der Finanzierungstheorie „How do firms choose their capital structures? [ . . . ] We don’t know“585. Mit diesen Worten bringt Myers Mitte der 1980er Jahre den Kenntnisstand der Finanzierungslehre hinsichtlich der Kapitalstrukturpolitik von Unternehmen kritisch auf den Punkt. Trotz intensiver Auseinandersetzung mit Fragen der Kapitalstrukturgestaltung bleibt das Finanzierungsverhalten sowie seine Auswirkungen auf zentrale ökonomische Erfolgsgrößen, wie etwa den Unternehmenswert, ein „ungelöstes Rätsel“586. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Eigentumscharakteristika und Ausprägung der Kapitalstruktur stellt ein vernachlässigtes Forschungsfeld dar587. Dies trifft verstärkt auf den möglichen Einfluss einer kontrollierenden Familie auf die unternehmerische Finanzierungsentscheidung588 und auf deren Implikationen für das langfristige Überleben und die Wertigkeit des Modells Familienunternehmen zu. Die Geburtsstunde der modernen Theorie der Kapitalstruktur geht auf das Jahr 1958 zurück, als Modigliani und Miller ihren wegweisenden Artikel veröffentlichten. Indem sie das Problem der Auswahl des Eigenkapital-Fremdkapital-Verhältnisses mit Hilfe von klassischen wirtschaftstheoretischen Instrumenten (namentlich der Analyse kompetitiver Marktgleichgewichte) behandelten, betraten die später mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Autoren Neuland589. Im Rahmen eines statischen Gleichgewichtsmodells und unter Zugrundelegung der Annahme vollkommener Kapitalmärkte bewiesen sie, dass der Marktwert eines Unternehmens unabhängig von der Höhe dessen Verschuldungsgrades ist590. Der Einsatz und die Kombination unterschiedlicher Finanzierungsmittel haben mit anderen Worten keine Auswirkung auf die Kapitalkosten, die im Durchschnitt konstant bleiben. Gemäß dem Irrelevanztheorem der Verschuldung kann der Marktwert des Unternehmens nur durch Dispositionen im leistungswirtschaftlichen Bereich gesteigert werden. Die Zusammensetzung der Finanzierung hat hingegen keinen Einfluss auf die Bewertung. So logisch einwandfrei die an Arbitrage-Überlegungen angelehnte Beweisführung von Modigliani und Miller auch ist, bleibt die Relevanz ihres Theorems an Myers (1984), S. 575. So Myers (1984), der in seinem Artikel von einem „Capital Structure Puzzle“ spricht. Vgl. auch Leland (1998), S. 1213. 587 Vgl. Lyagoubi (2003), S. 237. Für eine Ausnahme siehe Aghion / Bolton (1992). 588 Vgl. Poutziouris / Sitorus (2001), S. 417. 589 Vgl. Miller (1977), S. 261. 590 Vgl. auch im Folgenden Modigliani / Miller (1958), S. 268 – 271. 585 586
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4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
die Bedingungen geknüpft, die zu seiner Ableitung unterstellt werden. Vor allem die Prämisse eines friktionslosen, d. h. steuer- und transaktionskostenfreien Kapitalmarktes, auf dem sich alle Wirtschaftssubjekte wie Preisnehmer verhalten, erweist sich als restriktiv. Die ersten theoretischen Bemühungen um die Weiterentwicklung des Modigliani / Miller-Kapitalstrukturmodells zielten daher in erster Linie darauf ab, die strenge Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes aufzuheben. Dies geschah im Rahmen der so genannten Trade-Off-Hypothese vorerst unter Einbeziehung von Steuern und Insolvenzkosten591. Da Fremdkapitalzinsen Kostencharakter haben und somit steuerlich absetzbar sind, geht mit der Aufnahme von Fremdmitteln eine Steuerersparnis einher. Kommt es bei der Befriedigung der Gläubigeransprüche zu keinen Engpässen, dann nimmt der den Eigenkapitalgebern zur Verfügung stehende Überschuss mit dem relativen Umfang des Fremdkapitals zu. Der Marktwert des Unternehmens hängt im Ergebnis über die verschuldungsbedingten Steuerersparnisse positiv von dem Fremdmittelanteil ab592. Ausbalanciert wird der Steuervorteil jedoch durch die höher werdende Insolvenzwahrscheinlichkeit, die ein steigender Verschuldungsgrad bedingt593. Die damit zusammenhängenden Insolvenzkosten bilden das Gegengewicht zu den fremdkapitalinduzierten Steuerersparnissen, bis sie diese ab einem bestimmten Verschuldungsniveau übertreffen. Als Folge der entgegengesetzt wirkenden Effekte von Steuern und Insolvenzkosten nimmt die Kapitalkostenkurve einen U-förmigen Verlauf an, aus dem die Existenz eines optimalen Verschuldungsgrades mit positivem Eigen- und Fremdkapitalanteil abgelesen werden kann. Der obige Ansatz zur Erklärung der Kapitalstrukturentscheidung von Unternehmen kann insofern keinen abschließenden Charakter besitzen, als die Insolvenzkosten in der Praxis unverhältnismäßig klein im Vergleich zu den Steuerersparnissen sind, denen sie entgegenwirken sollen594. Die theoriegemäß optimalen Leverage-Verhältnisse (wobei als Leverage der Quotient von Fremd- zu Eigenkapital bezeichnet wird) sind wesentlich höher als in der betrieblichen Praxis beobachtbar595. Nahe liegend ist es aus diesem Grund, weitere Marktunvollkommenheiten auf ihren Einfluss auf die Kapitalstrukturpolitik zu untersuchen. Ab Mitte der 1970er Jahre sind es insbesondere Agency Konflikte und Probleme der asymmetrischen Informationsverteilung, die im Zusammenhang mit der unternehmerischen Finanzierungsentscheidung analysiert werden und das Finanzparadigma seither im Wesentlichen prägen596. Vgl. Myers (1984), S. 577 – 581. Vgl. Modigliani / Miller (1963), S. 438 – 441; Modigliani / Miller (1958), S. 293 – 296. 593 Vgl. zur Darstellung von Insolvenzkostenaspekten Brealey / Myers / Allen (2006), S. 476 – 488. 594 Vgl. Miller (1977), S. 262 – 264. 595 Vgl. Cuny / Pirinsky (2004), S. 2, und die dort angegebene Literatur. 596 Einen Überblick über die relevante Literatur liefern Harris / Raviv (1991), die zusätzlich noch Ansätze zum Einfluss der Kapitalstruktur auf die Produktionsstrategie und auf Aspekte der Unternehmenskontrolle diskutieren. 591 592
4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung
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Sind die Informationen zwischen den Finanzierungsbeteiligten ungleich verteilt, dann bedingen die Interessendivergenzen zwischen Eigenkapitalgebern, Managern sowie Gläubigern die Entstehung von Agency Kosten. Diese fallen zusätzlich zu der Finanzbelastung bei symmetrischem Informationsstand an und werden in ihrer Höhe durch die Anreizwirkung beeinflusst, die aus den Charakteristika der Kapitalausstattung des Unternehmens hervorgeht597. Die Wahl der Kapitalstruktur kann daher dem Abbau von Interessenkonflikten zwischen den am Finanzierungsprozess teilnehmenden Parteien dienen und durch die Verminderung der damit einhergehenden Kosten den Marktwert des Unternehmens steigern. Ursächlich für die Agency Kosten des Eigenkapitals ist die Übertragung von weitgehenden Entscheidungsbefugnissen auf Führungskräfte ohne signifikante Eigentumsbeteiligung. Gegen die Gefahr, dass die Manager ihre treuhänderische Verfügungsmacht für persönliche Zwecke missbrauchen, empfiehlt sich der Rückgriff auf Fremdfinanzierungsquellen. Während die Eigentumsposition des Managements im Fall einer Ausdehnung der Eigenkapitalbasis verwässert wird, wird sie von einer Verschuldungszunahme nicht tangiert. Die Interessenangleichungsfunktion eines Insider-Anteils am Eigenkapital wird somit bewahrt und der Agency Konflikt zwischen Führungsstab und passiven Residualanspruchsberechtigten naturgemäß gelindert. Darüber hinaus schränkt der Einsatz von Fremdmitteln den Handlungsspielraum der Geschäftsführung ein. Das geschieht zum einen, weil die Begleichung des Schuldendienstes den Umfang des Cashflows verringert, der der Disposition des Managements unterliegt598. Zum anderen übt die mit steigender Fremdkapitalaufnahme höher werdende Insolvenzgefahr zusätzlichen Druck auf die Unternehmensleitung aus, die fürchten muss, bei schlechter geschäftspolitischer Entwicklung schneller zur Verantwortung gezogen zu werden599. Parallel zu der Begrenzung der Delegationskosten des Eigenkapitals bewirkt allerdings eine relative Verschuldungszunahme die Verschärfung der mit dem Fremdkapital zusammenhängenden Agency Kosten600. Diese entstehen, weil die Kreditempfänger den Anreiz haben, die dem Unternehmen zugeflossenen Fremdmittel in Projekte mit vergleichsweise höherem Risikogehalt zu investieren. Während sie im günstigen Fall die generierten Überschüsse (an denen die Gläubiger aufgrund ihrer vertraglich festgelegten Ansprüche nicht partizipieren können) internalisieren, werden die Kosten bei Projektfehlschlag in erster Linie von den Fremdkapitalgebern getragen. Die Gefahr antizipierend schalten Gläubiger Schutzbzw. Versicherungsmaßnahmen ein (in Form von Risikoaufschlägen auf den geforderten Zinssatz und sonstigen Überwachungs- und Bindungsinstrumenten wie z. B. Kreditsicherheiten), die zu einer Verteuerung der Kapitalaufnahme führen. Die entgegengesetzte Wirkung einer Leverage-Zunahme auf die Höhe der Delegations597 598 599 600
Vgl. hier und im Folgenden Jensen / Meckling (1976). Vgl. Jensen (1986), S. 324. Vgl. Harris / Raviv (1990), S. 321 – 323; Grossman / Hart (1982), insb. S. 108 – 109. Vgl. Jensen / Meckling (1976), S. 333 – 343.
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kosten von Eigen- und Fremdkapital bedingt einen U-förmigen Verlauf der Kurve der Finanzierungskosten. Ähnlich wie im Fall der Trade-Off-Hypothese kommt der Agency Ansatz zur Schlussfolgerung, dass eine optimale einzelwirtschaftliche Kapitalstruktur mit positiven Anteilen an Fremd- und Eigenkapital existiert601. Zur Begründung kapitalstrukturpolitischer Entscheidungen fokussiert ein weiterer Teil der Literatur auf die vorvertragliche Unsicherheit, die durch das Informationsgefälle zwischen finanzierungssuchender Instanz und Kapitalanbietern ausgelöst wird. Neben Ansätzen, welche die Wahl der Kapitalstruktur auf ihre Informationsübermittlungseigenschaften untersuchen602, lassen sich darunter Arbeiten subsumieren, die das Problem informationsbedingter Ineffizienzen im Investitionsbereich aufgreifen. In einem viel beachteten Modell zeigen Myers und Majluf603, wie der Informationsvorsprung unternehmensinterner Entscheidungsträger hinsichtlich der Unternehmenslage und ihrer Entwicklungsperspektiven ein Phänomen suboptimaler Investition nach sich ziehen kann. Dies ist dann der Fall, wenn zur Finanzierung neuer Projekte Eigenkapital von externen Anlegern benötigt wird. Unterstellt der Markt, dass sich das Management primär dem Wohl der Alteigentümer verpflichtet fühlt, dann wird die Emission mit einem Preisabschlag gehandelt. Aufgrund ihrer Erwartungen im Hinblick auf das Verhalten des Managements rechnen die potenziellen neuen Anteilseigner damit, dass der Ausgabekurs an seine Höchstgrenze gesetzt worden ist. Sie tendieren daher zu einer pessimistischeren Preiseinschätzung. Wenn der Emissionskurs als Konsequenz eine aus Sicht der Altaktionäre akzeptable Schwelle unterschreitet, wird das Unternehmen mit der Unterlassung der Kapitalaufnahme reagieren und somit auf die Durchführung vorteilhafter Projekte verzichten. Das Unterinvestitionsproblem kann verringert werden, indem auf Finanzierungsalternativen mit geringerem Risikogehalt zurückgegriffen wird (z. B. risikobehaftetes Fremdkapital), da der potenzielle Risikotransfer zwischen alten und neuen Financiers dadurch begrenzt wird. Freilich verschwindet das Phänomen bei Einsatz risikofreier Finanzierungsmöglichkeiten. Aus dem Modell kristallisiert sich folgerichtig eine Hierarchie der Vorziehungswürdigkeit für Finanzierungsmaßnahmen heraus. Unternehmen sollten sich demnach so weit wie möglich interner Finanzierungsquellen bedienen, da in diesem Fall keine Investitionsineffizienzen eintreten. Sind sie hingegen dazu gezwungen, externes Kapital in Anspruch zu nehmen, dann ist die Aufnahme von Eigenkapital erst nach Ausschöpfung der Fremdfinanzierungsmöglichkeiten zu erwägen (Pecking-Order-Theorie bzw. Hackordnungshypothese). Die unternehmerische Kapitalstruktur wird daher nicht im Rahmen eines statischen, kostenminimierenden Kalküls ermittelt, sondern ist das Ergebnis eines dynamischen Prozesses, der vom Finanzmittelbedarf des Unterneh601 602 603
585.
Vgl. Jensen / Meckling (1976), S. 344 – 346. Vgl. für eine Übersicht Harris / Raviv (1991), S. 311 – 314. Vgl. hier und im Folgenden Myers / Majluf (1984). Siehe auch Myers (1984), S. 581 –
4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung
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mens gesteuert wird604. Die Bestimmung eines optimalen Verschuldungsgrades scheitert u. a. daran, dass Eigenkapital – jeweils in seiner Innen- bzw. Außenfinanzierungsausprägung – sowohl zu Beginn als auch am Ende der Pecking-OrderSkala erscheint. Obwohl die oben dargelegten Ansätze dazu beigetragen haben, zentrale Determinanten der Kapitalstrukturentscheidung zu beleuchten, vermögen sie das Finanzierungsverhalten von Unternehmen nur unvollständig abzubilden. Ein Grund liegt darin, dass das wertmaximierende Gebot und die Annahme rationalen ökonomischen Handelns die Gültigkeit der im traditionellen Finanzparadigma wurzelnden Theorien einschränken und somit Zweifel hinsichtlich ihrer Fähigkeit aufwerfen, die Hintergründe der Kapitalstrukturwahl erschöpfend zu erleuchten605. Zur Überwindung dieses Mangels schlägt die strategische Literatur ergänzend zu dem traditionellen finanzanalytischen Modellrahmen vor, die Perspektive des TopManagements als der für die Finanzierungsentscheidung verantwortlichen Instanz explizit mit einzubeziehen606. Da das Führungsverhalten, wenngleich um ökonomische Zielsetzungen bestrebt, durchaus weiteren Einflüssen (u. a. persönlichen und sozialen Charakters) unterliegt, ist die Kapitalstrukturpolitik als Spiegelbild multipler Bestimmungsfaktoren zu deuten. Dazu zählen neben wirtschaftlichen Determinanten und Variablen, die mit dem unternehmensspezifischen Finanzkontext zu tun haben, vor allem das Werte- und Zielsystem des Managements sowie seine Risikopräferenzen. Die Integration nicht ökonomischer Beweggründe in die Erklärung des unternehmerischen Finanzierungsverhaltens trägt gerade der Wirklichkeit kleinerer und privater Unternehmen besser Rechnung, als dies im Rahmen der traditionellen Kapitalstrukturlehre der Fall ist607. Zudem kommt sie den Anforderungen der soziologischen Herangehensweise entgegen, die bei der Betrachtung der Finanzierungsproblematik verstärkt auf die Identität von Kapitalsuchenden und -anbietern sowie auf die Qualität ihrer Beziehungen zueinander eingeht608. Auf der Grundlage dieser Prämissen und in Anbetracht der zentralen Bedeutung von nicht ökonomischen Zielkomponenten in Familienunternehmen stellt sich daher die Frage, inwiefern ihr Finanzierungsverhalten dadurch in besonderer Weise geprägt wird und ob daraus Konsequenzen für die Erfolgsträchtigkeit des Modells Familienunternehmen abgeleitet werden können.
Vgl. Brealey / Myers / Allen (2006), S. 493. Vgl. Barton / Gordon (1987), S. 68 – 69. Leland (1998), S. 1214, fügt hinzu, dass zu wenig Aufmerksamkeit auf die Integration der unterschiedlichen kapitalstrukturtheoretischen Ansätze gewidmet worden ist. 606 Vgl. Matthews et al. (1994), S. 353 – 356; Barton / Matthews (1989), S. 2 – 5; Barton / Gordon (1987), S. 70 – 72. 607 Vgl. Ang (1992), S. 185 u. 193 – 196. 608 Vgl. Uzzi / Gillespie (1999b), S. 113. 604 605
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4.4.2 Innenfinanzierungsaspekte in Familienunternehmen Die verfügbare Evidenz bezüglich der Relevanz der Hackordnungshypothese für die Erklärung der Kapitalstrukturentscheidung von Unternehmen liefert zum Teil widersprüchliche Ergebnisse609. Dass die empirischen Aussagen nicht einhellig die Erwartungen gemäß dem Pecking-Order-Modell untermauern, liegt u. a. an den einschränkenden Prämissen, aus denen die Argumentation von Myers und Majluf entwickelt wird. Während der unterstellte Informationsvorsprung von Unternehmeninsidern vor externen Investoren durchaus realitätsnahe Gegebenheiten widerspiegelt, bieten zwei weitere Annahmen Anlass zur Kritik. Einwände lassen sich zunächst gegen die Vorstellung erheben, dass die Handlungen des Managements konsequent auf die Steigerung der Wohlfahrt für die Altaktionäre – in Form der Maximierung deren Anteilswerte – ausgerichtet sind. Vor allem aber ist das Hackordnungsergebnis an die Bedingung gebunden, dass sich die Alteigentümer im Zuge einer Kapitalemission passiv verhalten und keinerlei Portfolio-Umschichtung vornehmen610. Gerade im Fall einer Publikumsgesellschaft (auf die das Modell sonst zugeschnitten ist) erweist sich diese Voraussetzung als problematisch. Gesteht man insbesondere die Existenz eines Bezugsrechts der Altaktionäre, dann wäre ein Ausgleich des von ihnen erlittenen Vermögensverwässerungseffektes selbst bei Unterbringung der Emission unter neuen Financiers sichergestellt und somit das Unterinvestitionsproblem aufgehoben. Obwohl die Annahmen, die der Hackordnungshypothese Gültigkeit verleihen, kritisch zu beurteilen sind, eignen sie sich im Einzelnen zur Beschreibung des Interessenkonfliktes, welcher in Zusammenhang mit der externen Finanzierung von Familienunternehmen eintritt. Ihre typischerweise öffentlichkeitsscheue Informationspolitik611 ist für die Verschärfung des Informationsgefälles zwischen unternehmensinternen Entscheidungsträgern und externen Kapitalgebern verantwortlich. Die Abstammung des Managements aus dem Eigentümerkreis bzw. die umfassende Überwachung seiner Tätigkeit seitens der Eigentümerfamilie612 rechtfertigen die Erwartung, dass die Bewahrung der Interessen der bestehenden (Familien-)Anteilseigner das Führungsverhalten maßgebend prägt. Schließlich stellt der Kontrollbeibehaltungswunsch der Unternehmerfamilie eine zusätzliche Hürde gegen den Rückgriff auf externe Finanzierungsmaßnahmen – vor allem mit Eigenkapitalcharakter – dar. Ihre Inanspruchnahme erfolgt daher i. d. R. erst nach Ausschöpfung der unternehmensintern generierten Überschüsse und sonstiger, von der Familie aufgebrachter Finanzierungskanäle. Berücksichtigt man weiter, dass konzentrierte Eigentumsstrukturen eine geringere Fungibilität der erworbenen Anteile herbeiführen und somit einen Liquidi609 610 611 612
Vgl. Brealey / Myers / Allen (2006), S. 493 – 494. Vgl. Myers / Majluf (1984), S. 190 – 191. Vgl. Romano / Tanewski / Smyrnios (2001), S. 303; Albach (1995), S. 53. Vgl. ausführlich Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2 in der Arbeit.
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tätspreisabschlag bedingen, so liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Platzierung von zu Investitionszwecken emittiertem Eigenkapital bei familienfremden Investoren in Familienunternehmen in der Tat in einen Werteverlust für die kontrollierende Familie münden kann. Damit liegt eine Begründung für die empirisch festgestellte613, vergleichsweise stärkere Haftung von Familienunternehmen an die von der Pecking-Order-Hypothese prognostizierte Hierarchie der Finanzierungsquellen vor. Bestätigend wirkt in diesem Sinn der Befund von Coleman und Carsky614, dass der Verschuldungsgrad von Familienunternehmen negativ mit ihrer Profitabilität korreliert. Die Beobachtung widerspricht der Vorhersage der Trade-Off-Theorie, die höhere Leverage-Niveaus für profitable und daher weniger insolvenzbedrohte Unternehmen impliziert. Hingegen steht sie im Einklang mit der Hackordnungshypothese, da die umfangreiche Freisetzung von finanziellen Ressourcen im Rahmen des Produktions- bzw. des Dienstleistungserstellungsprozesses die Notwendigkeit verringert, extern nach Kapital zu suchen. Auch die in Familienunternehmen weit niedrigere Ausschüttungsquote615 deutet unmissverständlich auf ihre Tendenz zu einer intensiveren Ausschöpfung der Gewinnthesaurierungsmöglichkeiten im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen hin. Die Verwertung des Innenfinanzierungspotenzials und die damit einhergehende Ausdehnung der Eigenkapitalbasis verschaffen dem Unternehmen Flexibilität durch hohe finanzielle Reserven und stärken seine Unabhängigkeit gegenüber Kapitalgebern und Markteinflüssen. Zugleich bedingt der Vorzug für das Selbstfinanzierungsinstrument jedoch eine zunehmende Bündelung der familiären Vermögenswerte im Unternehmen. Gegen die grundlegenden Prinzipien der Finanzierungstheorie halten Unternehmerfamilien hoch undiversifizierte und daher riskante Portfolios, da der größte Teil616 ihrer materiellen sowie immateriellen Ressourcen im Unternehmen investiert ist. Eine umfangreiche Gewinnthesaurierung entzieht zusätzliche Liquiditätsquellen für die Privatanlage und setzt die Eigentümerfamilie einer hohen finanziellen Verwundbarkeit aus. Ihre Inkaufnahme und der Verzicht auf Diversifizierungsvorteile lassen sich in erster Linie617 auf die Möglichkeit zurückführen, kraft der herrschenden Position im Unternehmen private Kontrollrenten618 – vor allem nicht pekuniären Charakters – zu genießen. Die Erklärung weist zugleich auf die Gefahren hin, welche die systematische Ausnutzung der Selbstfinanzierungskapazitäten mit sich bringt. 613 Vgl. u. a. Mahérault (2004), S. 234; Menéndez-Requejo (2003), S. 280; Poutziouris / Sitorus (2001), S. 431; Romano / Tanewski / Smyrnios (2001), S. 289. 614 Vgl. Coleman / Carsky (1999), S. 80. 615 Vgl. Villalonga / Amit (2006), S. 396; Ellul / Guntay / Lel (2005), S. 10; Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 311; McConaughy / Matthews / Fialko (2001), S. 40. 616 Vgl. Anderson / Mansi / Reeb (2003), S. 267; Heaney / Holmen (2002), S. 20; Dreux (1990), S. 230. 617 Vgl. Heaney / Holmen (2002), S. 20 – 23. 618 Vgl. ausführlich Abschnitt 4.2.3 in der Arbeit.
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Die unterschiedliche Fähigkeit zur Ausschöpfung privater Kontrollrenten, wie sie insbesondere aufgrund der Rollendifferenzierung zwischen aktiven und passiven Familienmitgliedern bzw. (und damit weitgehend deckungsgleich619) Großund Kleinanteilseignern entsteht, löst einen grundsätzlichen Interessengegensatz innerhalb der Familien- und Eigentümergemeinschaft aus620. Geschäftsführende Gesellschafter und Hauptteilhaber, die zum einen aus dem Unternehmen über Dividendenzahlungen hinaus weitere Einkommensquellen beziehen sowie zum anderen weniger als die Kleinanteilseigner in ihrem Konsumstandard von ihrer Beteiligung abhängig sind, plädieren tendenziell für hohe Thesaurierungsraten621. Die Sicherung des Unternehmens für die Familie und die Mitarbeiter und der damit zusammenhängende Prestige- und Machtgewinn bilden für sie ein adäquates Gegengewicht für die Liquiditätsaufopferung im privaten Anlagebereich. Hohe Steuerlasten auf das Mehreinkommen senken die Attraktivität von hohen Ausschüttungen zusätzlich. Familieneigentümer, die kein Beschäftigungsverhältnis mit der Gesellschaft unterhalten, haben hingegen ihr gegenüber eine größere emotionale Distanz und neigen eher dazu, ihre Beteiligung am Unternehmen als eine spezielle Anlage zu betrachten. Da sie von privaten Kontrollrenten (wenn überhaupt) nur in beschränktem Maße profitieren und überdies an ein illiquides Vermögen gebunden sind, hegen sie eine starke Cashflow-Präferenz622. Die Verfolgung einer konsequenten Thesaurierungsstrategie unter Vernachlässigung der Liquiditätsforderung kleinerer bzw. inaktiver Familienmitglieder kann verheerende Konsequenzen nach sich ziehen. Anteilseigner ohne Kapitalmehrheit, deren Position von der Geschäftsführung nicht beachtet wird, können mit einer Blockadehaltung reagieren und auf Dauer die Verbundenheit zum Unternehmen so weit verlieren, dass sie den Verkauf der eigenen Beteiligung anstreben und damit der Unversehrtheit des Familienunternehmens letztlich drohen623. Selbst wenn der Agency Konflikt zwischen Familienparteien mit unterschiedlichen Ausschüttungspräferenzen nicht zum Ausbruch kommt, wird die infolge der Selbstfinanzierung herbeigeführte Entziehung von finanziellen Mitteln für die Privatanlage spätestens zum Zeitpunkt des Generationswechsels zu einem kritischen Faktor. Ursächlich hierfür ist der außerordentliche Liquiditätsbedarf, der in Zusammenhang mit dem Eigentumstransfer entsteht624. Die Begleichung von steuerlichen Ansprüchen sowie gegebenenfalls die Abfindung von Familienteilhabern, die aus der Gesellschaft ausscheiden möchten, lösen eine erhebliche finanzielle Belastung aus. Lässt sich diese aus dem Privatvermögen der Nachfolger nicht beVgl. Terberger (1998), S. 77 u. 82. Damit wird von der in der Literatur vielfach unterstellten Vermutung abgewichen, dass Agency Konflikte zwischen Familieneigentümern vernachlässigbar wären. Für eine Warnung in dieser Hinsicht vgl. Schulze et al. (2001), S. 102. 621 Vgl. Terberger (1998), S. 81 – 82. 622 Vgl. auch Quermann (2004), S. 212. 623 Vgl. Terberger (1998), S. 70; Gallo / Vilaseca (1996), S. 396 – 397. 624 Vgl. ausführlich Abschnitt 4.5.4.1 in der Arbeit. 619 620
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streiten, muss Liquidität direkt aus dem Unternehmen abgezogen werden. Nicht nur seine finanzielle Lage wird im Ergebnis abgeschwächt, sondern womöglich auch der Ausstieg verkaufswilliger Familienangehöriger verhindert bzw. hinausgezögert. Das Konfliktpotenzial innerhalb der Eigentümergruppe und die Gefahr für die Stabilität des Familienunternehmens werden dadurch gravierend erhöht.
4.4.3 Außenfinanzierungsaspekte in Familienunternehmen 4.4.3.1 Fremdfinanzierung Der Umfang und die Charakteristika der Fremdfinanzierung unterliegen dem Einfluss zum einen der Präferenzen seitens der Kreditsuchenden und zum anderen der Bedingungen, mit denen ihnen auf Angebotsseite begegnet wird. Mit Bezug auf die Verschuldungssituation von Familienunternehmen gilt es folgerichtig, zwei Fragen nachzugehen. Im Einklang mit den Anforderungen von Barton und Gordon625 soll zunächst untersucht werden, inwiefern das Fremdfinanzierungsverhalten durch die Ziele und Eigenschaften der herrschenden Anteilseignerfamilie in besonderer Weise geprägt wird. Der Einbezug der Kapitalgeberperspektive dient in einem zweiten Schritt der Klärung, ob bzw. wie externe Financiers die Eigenart der Nachfrage wahrnehmen und sich auf sie einstellen. Aus Sicht der Eigentümerfamilie befindet sich die Leverage-Entscheidung im Spannungsfeld zweier entgegengesetzt wirkender Streben626. Die Wahl des Fremdkapital-Eigenkapital-Verhältnisses ist einerseits im Hinblick auf das Ziel zu betrachten, die Kontrolle über das Unternehmen beizubehalten, um dessen Erhalt für und Übergabe an die Nachfolgegeneration sicherzustellen. Zur Bewahrung des Familienprimats bietet sich der vorzugsweise Rückgriff auf Fremdfinanzierungsmaßnahmen an. Während die Aufnahme von Eigenkapital unter familienfremden Investoren eine Verwässerung der Kontrollrechte der Teilhaberfamilie beinhaltet, kann diese Wirkung durch Erschließung von Fremdfinanzierungsquellen vermieden werden. Eine Erweiterung des Verschuldungsanteils eignet sich daher, die aus der konzentrierten Anteilseignerstruktur resultierenden Finanzierungsrestriktionen zu überbrücken, ohne dabei eine Aufopferung der Kontrollansprüche der Unternehmerfamilie zu fordern. Nachfragebezogene Präferenzen begründen in diesem Sinn die Erwartung höherer Fremdkapitalquoten in Familienunternehmen. Aus ihrer Aversion gegenüber externen Interferenzen lässt sich zudem ein Vorzug für längerfristige Finanzierungsziele ableiten. Kurze Rückzahlungstermine erhöhen den finanziellen Druck auf das Unternehmen und setzen es im Zuge wiederholter Verhandlungstransaktionen den Überwachungs- und Eingriffspotenzialen der kapitalgebenden Instanzen stärker aus627. 625 626 627
Vgl. Barton / Gordon (1987), S. 71 – 72. Vgl. Harijono / Ariff / Tanewski (2004), S. 5 – 8. Vgl. Mishra / McConaughy (1999), S. 54.
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Erhaltungs- bzw. Kontinuitätsziel und Streben nach Beibehaltung der strategischen Einflussrechte haben andererseits Konsequenzen auf die Risikoeinstellung der herrschenden Anteilseignerfamilie628. So drängt sie der Wunsch nach weiterer Beanspruchung von privaten Kontrollrenten, gerade auch mit Reputationscharakter, zu konservativen Finanzierungspolitiken. Mit steigender relativer Verschuldung wächst ceteris paribus die Wahrscheinlichkeit, dass die Unternehmerfamilie infolge des Eintritts finanzieller Engpässe von ihrer Kontrolle entbunden und somit zur Aufgabe der damit einhergehenden Eigentumsprivilegien gezwungen wird. Die Konsequenzen sind in ökonomischer und sozialer Hinsicht ebenfalls belastend. Familienanteilseigner können als Paradebeispiel schlecht diversifizierter Wirtschaftsakteure angesehen werden. Das Risiko ihres gebündelten finanziellen Engagements wird durch dessen Illiquidität und die zum Teil verschwommenen Grenzen zwischen privaten und unternehmerischen Finanzen629 gravierend erhöht. Hinzu kommt, dass die Übernahme aktiver Funktionen innerhalb der Gesellschaft, und speziell das Eingehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit ihr, durch die zusätzliche Bindung von Humankapital an das Unternehmen die Diversifizierungsmöglichkeiten der Familienmitglieder weitgehend einschränkt. Außer mit schwerwiegenden ökonomischen Schäden wird die Eignerfamilie im Krisenfall auch mit akuten persönlichen und sozialen Verlusten konfrontiert. Aus der Funktion des Unternehmens als zentrales Identifikations- und Profilierungsvehikel der Familie folgt insbesondere, dass seine Gefährdung als persönliches Versagen empfunden wird und hohe soziale Kosten in Form von Reputationseinbußen verursacht630. Im Gegensatz zu der auf gut diversifizierte Aktionäre anwendbaren Risikoneutralitätsannahme zeichnen sich Familienunternehmer aus den geschilderten Gründen durch ein risikoscheues Verhalten aus631. Dies sollte sich – entgegen den Erwartungen der eingangs erörterten Kontrollhypothese – in einer weniger aggressiven Kapitalstrukturpolitik widerspiegeln. Bestätigend lässt sich in diesem Sinn anführen, dass nicht nur die Kosten des Fremdkapitals anhand der obigen Argumentation weit über dem dafür zu korrespondierenden (Zins-) Preis liegen, sondern auch die ihm zuzuschreibenden Vorteile weniger ausgeprägt anfallen. Die personelle Vereinigung von Eigentum und Führung bzw. die starken MonitoringAnreize konzentrierter Anteilseigner schmälern aus Sicht der Unternehmerfamilie die Bedeutung des Fremdkapitals als Disziplinierungsdevise für das Management, wie Lyagoubi632 empirisch nachweist. Außer niedrigeren Verschuldungsquoten legt das Risikoaversion-Argument (im Einklang mit der kontrollorientierten Hypothese) einen Vorzug von Familienunternehmen für langfristige Kreditverträge nahe. Kurzfristige Finanzierungsinstrumente beinhalten ein höheres Refinanzie628 629 630 631 632
Vgl. Lyagoubi (2003), S. 239 – 240. Vgl. Haynes et al. (1999), S. 237 – 238. Vgl. Gallo / Vilaseca (1996), S. 392. Vgl. Lyagoubi (2003), S. 240. Vgl. Lyagoubi (2003), S. 246 – 247.
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rungsrisiko, welches sich sowohl auf die Verfügbarkeit als auch auf die Konditionen der Anschlussfinanzierung bezieht633. Empirische Untersuchungen634 haben die Tendenz von Familienunternehmen – mit Schwerpunkt auf die unteren Größenklassen – zu niedrigeren Verschuldungsquoten mehrfach belegt. Zugunsten einer nachfragebedingten Zurückhaltung bei der Inanspruchnahme von Fremdmitteln spricht dabei, dass gerade junge und wenig profitable Familienunternehmen (welche über begrenzte interne Finanzreserven verfügen und aus Kreditgebersicht zugleich eher wenig attraktiv sind) nach den Ergebnissen von Coleman und Carsky635 höhere Leverage-Verhältnisse aufweisen. Ältere und erfolgreiche Familiengesellschaften, die auf einen größeren Innenfinanzierungsspielraum zählen können, gehen hingegen mit der Aufnahme von Fremdkapital umsichtiger um. Das Ergebnis, welches den Vorhersagen der Hackordnungshypothese entspricht, unterstützt im Hinblick auf die Einstellung von Familienunternehmen zu Fremdkapital die zuletzt präsentierte RisikoaversionHypothese und impliziert dabei, dass unternehmerische Wachstumsziele dem Sicherheits- und Unabhängigkeitsbedürfnis der Eigentümerfamilie durchaus geopfert werden können. Doch dieser Befund reicht allein nicht aus um auszuschließen, dass die Ursachen des verhältnismäßig niedrigen Fremdfinanzierungsanteils in Familienunternehmen vielmehr auf der Angebots- als auf der Nachfrageseite liegen. Gerade der Widerspruch zwischen dem bei ihnen festgestellten überdurchschnittlichen Umfang an kurzfristigen Fremdmitteln636 und ihrer oben abgeleiteten Präferenz für langfristige Kreditierungsziele lenkt die Aufmerksamkeit auf die Existenz angebotsinduzierter Finanzierungsrestriktionen. Auch die Tatsache, dass die Leverage-Evidenz637 für größere Familiengesellschaften weitaus weniger eindeutige Ergebnisse liefert, kann vor dem Hintergrund der wohl dokumentierten Kreditzugangsschwierigkeiten von Klein- und mittelständischen Unternehmen638 als Hinweis für eine stärkere Diskriminierung von Familienunternehmen – vor allem beschränkter Größe – interpretiert werden. Kreditvergaberestriktionen können sich sowohl auf den Umfang der erhältlichen Finanzierungsmittel als auch auf deren Kosten auswirken. Ihre Entstehung ist auf 633 Zu der Schutzfunktion von langfristigen Kreditverträgen aus Sicht der Kapitalnehmer vgl. u. a. Hart / Moore (1994), S. 866. 634 Vgl. z. B. Villalonga / Amit (2006), S. 396; Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 22; Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 310; Lyagoubi (2003), S. 245; McConaughy / Matthews / Fialko (2001), S. 40. 635 Vgl. Coleman / Carsky (1999), S. 81. 636 Vgl. Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 22; Lyagoubi (2003), S. 247; Poutziouris (2001), S. 283. 637 Vgl. Ellul / Guntay / Lel (2005), S. 10; Harijono / Ariff / Tanewski (2004), S. 17 – 24; Menéndez-Requejo (2003), S. 276; Anderson / Reeb (2003b), S. 670 – 673. 638 Vgl. z. B. Wagenvoort (2003), insb. S. 33 – 43; Berger / Udell (1998).
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den Informationsnachteil des kapitalgebenden Subjektes und auf den gleichzeitigen Anreiz der besser informierten Partei zurückzuführen, den eigenen Vorsprung opportunistisch auszunutzen. Kreditempfänger können insbesondere von einem nachträglichen Wechsel zu risikoreichen Investitionsvorhaben profitieren, da sie in unterschiedlichem Maße an den Verlusten bei Projektfehlschlag und den Überschüssen im Erfolgsfall beteiligt sind (Risikosubstitutionsproblem)639. Überwachungsmechanismen und Absicherungsdevisen (z. B. mit grundpfandrechtlichem Charakter), mit denen Kreditgeber solcher Gefahr entgegenwirken, stehen nicht kostenlos zur Verfügung und können ohnehin keinen gleichmäßigen Schutz unter allen möglichen Zukunftsszenarien anbieten. Wachsen die Agency Kosten des Fremdkapitals, so steigt auch die von den Financiers abverlangte Prämie für die Finanzmittelüberlassung. Der Interessenkonflikt zwischen Fest- und Residualanspruchsberechtigten mündet sodann in eine Erhöhung der Fremdkapitalkosten. Der Anstieg der geforderten Sollzinssätze löst allerdings zwei aus Anbietersicht ebenso unerwünschte Konsequenzen aus640. Dadurch werden zum einen risikoscheue Investoren zugunsten risikofreudigerer Wirtschaftsakteure verdrängt (Problem der negativen Auslese). Zum anderen geht aus der Kreditverteuerung der Ansporn aus, rentablere und somit auch riskantere Projekte in Angriff zu nehmen (Risikoanreiz-Effekt). Die kombinierte Wirkung beider Phänomene überkompensiert ab einer bestimmten Preisgrenze den erlösfordernden Effekt der Zinssatzsteigerung. Eine auf die Maximierung der Zinserlöse bedachte Kreditvergabestrategie setzt aus diesem Grund die Festlegung von oberen Preislimits und die konsequente Beschränkung des zu Marktbedingungen erwerbbaren Kreditvolumens voraus. Ein Rationierungsphänomen tritt ein, in dessen Folge bestimmte Kategorien von Finanzierungssuchenden keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum Kreditangebot erhalten. Unternehmen, die eine höhere Informationstransparenz pflegen und das Risiko opportunistischen Verhaltens gegenüber den Fremdkapitalgebern glaubhaft eingrenzen, haben somit bessere Chancen, dass ihre Finanzierungsnachfrage einschnittsfrei und zu günstigen Bedingungen befriedigt wird. Die strukturellen Eigenschaften von Familienunternehmen machen aus ihnen scheinbar kaum geeignete Kandidaten für die Erfüllung dieser Prämissen. Die zum Teil fehlende Trennung zwischen Eigentum und Management sowie die charakteristisch zurückhaltende Informationspolitik tragen vielmehr zur Erweiterung des Informationsgefälles zwischen Unternehmensinsidern und externen Kapitalgebern bei. Die Risikoeinschätzung seitens der Kreditanbieter ist deswegen auch problematisch, weil die Projektauswahl in Familiengesellschaften dem Einfluss von Faktoren unterliegt, die von außen schwierig zu antizipieren und zu beurteilen sind. Dazu gehören in erster Linie die Präferenzen der herrschenden Anteilseignerfamilie, welche per Definition keine exklusiv ökonomische Ausrichtung haben, 639 Vgl. Abschnitt 4.4.1 in der Arbeit. Für einen zusammenfassenden Überblick siehe auch Anderson / Mansi / Reeb (2003), S. 266. 640 Vgl. hier und im Folgenden Stiglitz / Weiss (1981), S. 393 – 402.
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und ihre – nicht zuletzt wegen der eher fließenden Grenzen zwischen privatem und unternehmerischem Vermögen – wenig übersichtliche Portfolio-Situation641. Hinzu kommt, dass die konzentrierte Eigentumsposition der Familienkoalition konkret auch die Macht verleiht, im Unternehmen Vermögensumschichtungen zum eigenen Vorteil und auf Kosten der sonstigen Kapitalgeber zu erzwingen. Als Gegengewicht zu diesen Argumenten bietet die Betrachtung der Zielfunktion von Familienunternehmern Anhaltspunkte, die auf eine Milderung des Interessenkonfliktes mit den Fremdfinanzierern hinweisen und somit die Erwartung von niedrigeren (Agency) Kosten des Fremdkapitals begründen642. Der Unternehmenserhalt stellt für die Eigentümerfamilie eine Priorität dar. Er ist Voraussetzung für die Kontinuität ihrer unternehmerischen Tradition, den Schutz ihres undiversifizierten finanziellen und menschlichen Engagements sowie für die Bewahrung der monetären und nicht monetären Privilegien, die mit der Verfügungsmacht über die Gesellschaft verbunden sind. Hoch riskante Investitionsstrategien, die eine Gefährdung des Unternehmenserhalts beinhalten, treffen daher in der Eigentümerfamilie auf natürlichen Widerstand. Ihre Abneigung gegenüber einem möglichen Krisen- und Kontrollverlustszenario entspricht weitgehend den Interessen der Fremdkapitalgeber, die demzufolge weniger Ausfälle bei ihren vertraglich festgelegten Zahlungsansprüchen befürchten müssen643. Reputationsaspekte leisten einen zusätzlichen Beitrag zum Abbau von opportunistischen Anreizen im Rahmen der Kreditgeber-Kreditnehmer-Beziehung644. Das Argument greift in Familiengesellschaften verstärkt, da zum einen das soziale Ansehen der Familie maßgebend von ihrer unternehmerischen Rolle abhängt und sie zum anderen auf eine langfristige Bindung an die Unternehmung eingestellt ist. Ein Ruf als unzuverlässiger Schuldner schadet damit der gesellschaftlichen Akzeptanz der Familie und erlegt zugleich eine nachhaltige, negative Hypothek auf die Kreditwürdigkeit des Unternehmens auf. Der Anreiz zur Risikosubstitution wird dadurch automatisch entschärft. Hinzu kommt, dass die auf Dauer angelegte Verpflichtung der Familie zum Unternehmen sie in die ideale Lage versetzt, langfristige und womöglich sogar generationsübergreifende Kontakte zu den Fremdkapitalgebern aufzubauen. Der kontinuierliche Informationsaustausch im Rahmen regelmäßiger Kreditverhandlungen dient als Ausweg für das Problem asymmetrischer Informationsverteilung, während die durch wiederholte Interaktion geförderte Entstehung einer Vertrauenskomponente Schutz vor dem Phänomen des Moral Hazard sichert645. Aus dem Zusammenwirken aller erwähnten Aspekte folgt eine Senkung der Überwachungs- und Vertragsgestaltungskosten Vgl. in ähnlichem Sinn Pettit / Singer (1985), S. 52. Vgl. im Folgenden Anderson / Mansi / Reeb (2003), S. 266 – 268. 643 Vgl. auch Lyagoubi (2003), S. 240. 644 Vgl. allgemein Diamond (1989). 645 Vgl. Petersen / Rajan (1994). Für eine mehr soziologisch orientierte Betrachtung siehe auch Uzzi / Gillespie (1999a), insb. S. 448 – 450. 641 642
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der Financiers und somit die Erwartung von niedrigeren Barrieren bei der Fremdkapitalaufnahme. Ob und wie den Besonderheiten von Familienunternehmen auf dem Kreditmarkt Rechnung getragen wird, ist vor dem Hintergrund der Ambivalenz der oben erörterten Argumente und der sparsamen Evidenz hinsichtlich der Fremdfinanzierungscharakteristika von Familiengesellschaften nicht unmittelbar einsichtig. Aus der Tatsache, dass sie einen vergleichsweise höheren Umfang an gesichertem Fremdkapital aufweisen646, kann ein Zeichen für strengere Kreditzugangsbedingungen abgelesen werden. Dafür spricht auch die in der Praxis bei Bonitäts- und Ratingprüfungen durch Finanzinstitute häufig gestellte Forderung zum Nachweis einer Erb- und Nachfolgeplanung647. Die Voraussetzung ist insofern als restriktiv einzustufen, als die Vorbereitung auf den Generationswechsel oft mit Verzögerung vorgenommen wird648 und selbst dann der Beweis ihres erfolgreichen Abschlusses de facto schwierig bis unmöglich zu liefern ist. Zweifel an der damit nahe liegenden Schlussfolgerung, dass Familienunternehmen in verstärktem Maße Rationierungsmaßnahmen zum Opfer fallen, werfen jedoch die Ergebnisse der Studie von Bopaiah649 auf. Ausgehend von der Überlegung, dass die Inanspruchnahme von teurem Lieferantenkredit erst nach Ausschöpfung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen wird650, dokumentiert der Autor eine positive Auswirkung von Familieneigentum auf die Verfügbarkeit von Fremdkapitalquellen. Indes deutet der bereits angemerkte Überhang an kurzfristigen Finanzierungsmitteln in Familienunternehmen darauf, dass die Kapitalgeber vor Erteilung einer Kreditabsage weniger extreme Maßnahmen zum Schutz der eigenen Interessen einschalten. Die Verkürzung der Finanzierungslaufzeiten dient gerade in Situationen ungleicher Informationsverteilung und hoher Agency Kosten diesem Zweck651. Die Notwendigkeit, fällig werdende Verbindlichkeiten zu prolongieren bzw. zu substituieren, zwingt das Unternehmen bei kurzen Finanzierungszielen dazu, sich der ständigen Überprüfung durch die Kapitalgeber zu unterziehen. Diese erlangen dadurch die Möglichkeit, ihre Kreditvergabepolitik in nahe liegenden Zeitabständen zu revidieren und auf festgestellte oder befürchtete Rückzahlungsschwierigkeiten mit der Verweigerung weiterer Finanzierungen bzw. mit der Auferlegung belastender Bedingungen zu reagieren. Der Druck kurzfristiger FälligVgl. Bathala / Bowlin / Dukes (2003), S. 9. Vgl. Flick / Oertzen (2005a), S. 27. 648 Vgl. z. B. Corbetta / Montemerlo (1999), S. 372; Flören (1998), S. 128; Cromie / Stephenson / Monteith (1995), S. 27 – 28, sowie ausführlich Abschnitt 4.5.2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. 649 Vgl. Bopaiah (1998), S. 80 – 84. 650 Vgl. in diesem Sinn auch Petersen / Rajan (1995), S. 424 – 427. 651 Vgl. Berger / Udell (1998), S. 645; Barnea / Haugen / Senbet (1980), S. 1227 – 1230; Myers (1977), S. 158 – 159. 646 647
4.4 Determinanten und Implikationen der Kapitalstrukturentscheidung
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keitstermine erhöht folgerichtig die Kontrollmacht der Financiers und ihr Einflusspotenzial auf die unternehmerischen Entscheidungen. Ihr Vorzug für ein kurzfristiges Engagement in Familienunternehmen signalisiert daher die Erwartung hoher Kreditrisiken. Ob sich diese Einschätzung unmittelbar auch in überdurchschnittlichen Fremdkapitalkosten niederschlägt, ist empirisch eher umstritten. Gerade für größere Familiengesellschaften reicht die Evidenz diesbezüglich von höheren Risikozuschlägen652 bis hin zu niedrigeren Prämien, welche insbesondere dank der Milderung der Agency Problematik möglich sein sollen653. Bei kleineren Wirtschaftssubjekten weichen die Fremdfinanzierungskosten bestenfalls unwesentlich vom Durchschnitt vergleichbarer Unternehmen ab, liegen sonst meist darüber654. Im Anschluss an die Diskussion über die Besonderheiten des Fremdfinanzierungsverhaltens von Familiengesellschaften ist dreierlei festzuhalten: Familienunternehmen zeichnen sich durch tendenziell niedrigere Verschuldungsquoten aus. Das ist sowohl mit einer nachfragebedingten Präferenz für konservative Finanzierungspolitiken als auch mit der Einrichtung von angebotsseitigen Kreditzugangsrestriktionen kompatibel. Eine starke Eigenkapitalbasis verleiht dem Unternehmen gerade in Rezessionsphasen hohe Widerstandskraft und verringert seine Anfälligkeit für externe Markteinflüsse655. Zugleich birgt der mäßige Rückgriff auf Fremdkapitalquellen die Gefahr, dass Wachstumsoptionen ungenutzt bleiben und somit auch die Chance, sich für ein schärfer werdendes Wettbewerbsumfeld zu rüsten. Primär Angebotsursachen hat hingegen das Überwiegen kurzfristiger Kreditziele in Familienunternehmen. Während der dadurch ausgeübte finanzielle Druck positive Auswirkungen durch die Anregung zur Wahl der profitabelsten Investitionsalternativen auslösen kann, ist der Einsatz kurzfristiger Verbindlichkeiten durchaus auch mit Nachteilen versehen. Das Refinanzierungsrisiko, welches dadurch entsteht, setzt die Kreditempfänger der Gefahr aus, dass Anschlussfinanzierungen verweigert oder nur zu schlechteren Bedingungen genehmigt werden. Als Konsequenz können Familienunternehmen davon abgehalten werden, wirtschaftliche Investitionen durchzuführen bzw. von den Kreditgebern zur Liquidation auch dann gezwungen werden, wenn dies eine ineffiziente Lösung darstellt656. Schließlich, obwohl niedrigere Leverage-Verhältnisse und kurzfristige Fremdkapitalstrukturen ceteris paribus günstigere Fremdfinanzierungskosten begrün652 653 654
Vgl. Alcade Fradejas / Galve Górriz / Salas Fumás (2001), S. 195. Vgl. Anderson / Mansi / Reeb (2003), S. 269 – 281. Vgl. Bathala / Bowlin / Dukes (2003), S. 8 – 9; Brau (2002), S. 277; Bopaiah (1998),
S. 82. 655 656
Vgl. Poutziouris (2001), S. 288. Vgl. Diamond (1991), S. 717 – 718.
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den sollten, liefern die verfügbaren Daten über Familienunternehmen kaum Belege hierfür. Der Grund ist womöglich in einer kritischeren Risikoeinschätzung zu suchen. Die Argumente, die auf eine Verringerung des Interessengegensatzes zwischen den Finanzierungsbeteiligten hinweisen, werden entweder von den Kreditgebern ungenügend honoriert oder aber durch weitere spezifische Unsicherheitsfaktoren (z. B. im Zusammenhang mit der Nachfolgeregelung) überkompensiert. 4.4.3.2 Eigenfinanzierung Die Deckung des Eigenmittelbedarfs erfolgt in Familienunternehmen zunächst unter Inanspruchnahme der finanziellen Reserven der Eigentümerfamilie, die per Definition einen maßgebenden Anteil am Eigenkapital zur Verfügung stellt. Gerade in der Gründungsphase ist die Kapitalzuführung aus dem Angehörigenkreis ausschlaggebend. Die Rolle der „family angels“657 ist hier aus dem Grund unersetzbar, da weder herkömmliche Bankkredite noch Beteiligungskapital in diesem Frühentwicklungsstadium sonst zugänglich sind. Vor allem die fehlende materielle Vermögensbasis als mögliche Kreditsicherheit, die markante Informationsasymmetrie und die hohen Risiken, die mit dem Aufbau einer neuen Marktpräsenz verbunden sind, liefern eine Erklärung für die mangelhaften Finanzierungsoptionen junger und kleiner Unternehmen658. Der Rückgriff auf institutionelle Partner (Venture Capital-Gesellschaften), die auf die Finanzierung der Früh- sowie späterer Übergangsphasen (bspw. im Zusammenhang mit dem Eigentumstransfer) spezialisiert sind, stößt in Familienunternehmen nicht zuletzt wegen der umfassenden Kontroll- und Mitentscheidungsrechte, die das Beteiligungsunternehmen für sich beansprucht, auf Ablehnung659. Auf der Angebotsseite gelten zudem die Wachstumsaussichten von Familienunternehmen meist als nicht attraktiv genug, um einen Kapitaleinstieg zu rechtfertigen660. Die Bereitschaft der Angehörigengruppe, das Risiko der Gründungsfinanzierung mit zu tragen, wurzelt intuitiv in der solidarischen Ausprägung der Bindungen innerhalb des Familiennetzwerks. Basu und Parker661 zeigen modellartig und weisen zugleich empirisch nach, dass die Zusammenlegung von finanziellen Ressourcen im Verwandtenkreis auch unabhängig von altruistischen Beweggründen stattfindet. Reziprozitätserwartungen begründen in diesem Fall die Hilfestellung von eigennützigen Familienmitgliedern. Auch in den späteren Phasen des unternehmerischen Lebenszyklus kommt auf die Eigentümerfamilie eine wichtige Finanzierungsverantwortung zu. Ihr Beitrag nimmt dann aber für gewöhnlich die Form zu657 658 659 660 661
Vgl. Erikson / Sørheim / Reitan (2003), S. 167 – 170. Vgl. Berger / Udell (1998). Vgl. Poutziouris (2001), S. 286 – 287. Vgl. Upton / Petty (2000), S. 34. Vgl. Basu / Parker (2001), S. 336 – 352.
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rückhaltender Entnahmen und der Reinvestition darüber hinausgehender Ertragsteile ins Unternehmen an (Selbstfinanzierung). Weitere Kapitalzuschüsse finden in der persönlichen Vermögensausstattung der Familienmitglieder und in ihrer Bereitschaft zur Risikoübernahme eine natürliche Grenze. Das Verständnis des Unternehmens als Vermächtnis, das für die Nachfolgegeneration aufbewahrt und ihr schließlich weitergegeben werden soll, wirkt sich auf die Forderungen aus, welche die Familienteilhaber der Kapitalüberlassung zugrunde legen. Vielfach gepriesen wird insbesondere der längere Zeithorizont, auf den sie im Vergleich zu sonstigen Financiers ihre Renditeerwartungen beziehen („geduldiges Kapital“)662. Mit dem Wegfallen des kurzfristigen Ergebnisdrucks dehnt sich der für die strategische Planung relevante Zeitraum aus. Dadurch wird der Anreiz zur Verfolgung kurzsichtiger Investitionsprojekte verringert663 und eine höhere Investitionseffizienz664 sichergestellt. Ob Familienunternehmen einen kompetitiven Vorteil im Sinne durchschnittlich höherer Investitionsrenditen tatsächlich auch abschöpfen können, mag freilich angezweifelt werden. Gerade die Emphase, die auf Stabilitäts- und Kontrollbeibehaltungsziele gesetzt wird, steht einer aggressiven Unternehmenspolitik im Wege und kompensiert sodann den Vorsprung, den die Befreiung aus kurzfristigen Renditezwängen verleiht665. Auf der Kostenseite treten die Vorzüge der Familienfinanzierung in Form von mäßigen Renditeforderungen hervor. Entgegen der Prognose, dass unterlassene Diversifikation und eingeschränkte Ausstiegsoptionen durch entsprechende Preiszuschläge entgolten werden müssen666, stellt die Anteilseignerfamilie billiges Anfangskapital zur Verfügung und rechnet bei weiterer Überlassung von Finanzmitteln mit niedrigen, nicht marktgerechten Prämien667. Ein Grund hierfür liegt in den geringen Agency Kosten des Eigenkapitals, denen die Unternehmerfamilie ausgesetzt ist. Die Übernahme von Führungsfunktionen durch Familienvertreter sowie die Überwachungsvorteile konzentrierter Anteilseigner reduzieren die Gefahr, dass ihnen aus dem Interessengegensatz zu dem Management Schäden entstehen. Vielmehr noch bildet der Zugriff auf private Kontrollrenten (nicht zuletzt sichere Beschäftigungsoptionen) ein Gegengewicht zu den trotz Diversifizierungsrisikos niedrig angesetzten Renditeerwartungen auf das investierte Kapital668. Vgl. De Visscher / Aronoff / Ward (1995), S. 3. Vgl. Stein (1989), S. 656 – 664; Stein (1988), S. 64 – 74. 664 Der Wille, das Unternehmen den eigenen Nachfahren als Vermächtnis zu übergeben, spornt Familieneigentümer dazu an, die langfristigen Implikationen ihrer Konsum- und Investitionsentscheidungen für die Wohlfahrt der Familiengemeinschaft zu betrachten. Die an der Marktwertregel gemessene Gefahr der Unterinvestition sieht James (1999), S. 45 – 47, dadurch wirksam entkräftet. Vgl. in ähnlichem Sinn auch Zellweger (2005), S. 18. 665 Vgl. London Economics (2003), S. 13 – 14. 666 Vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 306; Fama / Jensen (1983b), S. 332. 667 Vgl. Basu / Parker (2001), S. 336; Upton / Petty (2000), S. 34; Gersik (1992), S. 421 – 422. 662 663
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Eine generelle Abneigung gegenüber der Möglichkeit zur externen Eigenkapitalaufnahme zeichnet die Einstellung von Familienunternehmen aus669. Vor allem die Inanspruchnahme des organisierten Kapitalmarktes (Börsennotierung) stößt auf Widerstand670. Die Scheu vor der Erweiterung des Anteilseignerkreises hat nahe liegende, nachfragespezifische Ursachen. Mit dem Einstieg fremder Financiers geht eine Relativierung des Einflussvermögens und der Verfügungsmacht der Unternehmerfamilie einher. Dies manifestiert sich u. a. in einem unerwünschten Druck zur Professionalisierung des Managements671. Solcher Anforderung gibt die Eigentümerfamilie meist nur widerwillig nach672, da infolge der Kompetenzdelegierung externe Führungskräfte über Entscheidungen zu befinden haben, die unmittelbaren Einfluss auf den Wohlstand der Familie haben (können)673. Die Pflege einer offenen Kommunikationspolitik gegenüber familienfremden Investoren zwingt sie zur Überwindung einer weiteren kulturellen Hürde. Transparenzund Berichterstattungspflichten fordern einen Tribut im Sinne der Offenlegung sensibler Informationen und können gegebenenfalls die operative Flexibilität des Unternehmens einschränken674. Die ökonomischen Ansprüche, die externe Eigenkapitalgeber geltend machen, konfrontieren Familienunternehmen zudem mit einem ungewohnten Ergebnisdruck. Aus der Notwendigkeit zur Entlohnung der überlassenen Geldmittel gemäß dem Opportunitätszinssatz für alternative, risikokongruente Anwendungsmöglichkeiten ergibt sich zum einen eine stärkere Betonung von kurzfristigen Gewinn- und Dividendenzielen 675. Zum anderen setzen die nach Marktmaßstäben ermittelten Kosten der externen Finanzierung das Unternehmen einer hohen finanziellen Belastung aus. Auslöser hierfür ist zunächst der Informationsvorsprung unternehmensinterner Entscheidungsträger, in dessen Folge familienfremde Financiers auf die Emission von riskantem Kapital zu Investitionszwecken mit einem Preisabschlag reagieren. Dass Familienunternehmen auf die externe Platzierung neuen Eigenkapitals erst nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten (intern generierter Überschüsse gefolgt von Fremdkapital) zurückgreifen, spiegelt somit die relativen Kosten unterschiedlicher Finanzierungsformen entsprechend der Hackordnungshypothese wider. 668 Zu den Effekten von privaten Kontrollrenten auf die Renditeerwartungen von Investoren vgl. allgemein auch Chua / Schnabel (1986), S. 186 – 189. 669 Vgl. Poutziouris (2001), S. 282 – 283. Für weiterführende Literatur siehe auch Upton / Petty (2000), S. 29. 670 Die private Beteiligungsfinanzierung wird einer öffentlichen Börsennotierung vorgezogen; vgl. dazu Mahérault (2004), S. 234. 671 Bhattacharya / Ravikumar (2004), S. 13, argumentieren, dass die kritische Größe, bei der Familienunternehmen professionelle, familienfremde Führungskräfte einstellen, im Fall externer Kapitalzuführung kleiner ist und schneller erreicht wird. 672 Vgl. Romano / Tanewski / Smyrnios (2001), S. 304. 673 Vgl. Menéndez-Requejo (2004), S. 286. 674 Vgl. Dreux (1990), S. 234; Pettit / Singer (1985), S. 57. 675 Vgl. Poutziouris (2001), S. 287.
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Für eine zusätzliche Verteuerung der Eigenmittelaufnahme am Kapitalmarkt ist der Interessenkonflikt zwischen Klein- und herrschenden Anteilseignern verantwortlich. Seine Entstehung lässt sich damit erklären, dass die Unternehmerfamilie den Anreiz und die Macht hat, Handlungen vorzunehmen, die ihr auf Kosten der unternehmerischen Leistungsfähigkeit (und daher der sonstigen Teilhaber) einen Nutzen bereiten. Zwar ist an anderer Stelle676 argumentiert worden, dass der hohe Stellenwert Reputations-ähnlicher Faktoren und das ausgeprägte Bewusstsein gesellschaftlicher Verantwortung Familienunternehmer vor der Tendenz zur Enteignung von betrieblichen Ressourcen (und speziell zur Abfuhr von Cashflows) bewahren; nichtsdestotrotz verschleiern konzentrierte Eigentumsstrukturen eine grundsätzliche Gefahr für die Interessen der Minderheitsbeteiligten 677. Das hohe unsystematische Risiko undiversifizierter Teilhaber veranlasst sie zur Implementierung risikoreduzierender Strategien auf Unternehmensebene. Der teilweise Verzicht auf Ertragskomponenten, der dafür in Kauf genommen werden muss, stellt aus Sicht der anderen – annahmegemäß besser diversifizierten – Residualanspruchsberechtigten einen Kostenfaktor dar. Der Interessengegensatz zwischen Familien- und weniger risikoaversen Fremdanteilseignern, zusammen mit der Liquiditätsprämie, die aufgrund der eingeschränkten Handelbarkeit der Anteilstitel entrichtet werden muss678, führt somit zur Verteuerung und zum tendenziellen Rückgang externer Eigenfinanzierungsmaßnahmen679. Der Zwiespalt zwischen den bescheidenen Renditeforderungen der Unternehmerfamilie und der teuer zu erkaufenden Aufnahme von Eigenmitteln bei fremden Investoren verhindert ein pauschales Urteil über die Gesamtkapitalkosten von Familien- relativ zu Nicht-Familienunternehmen. Ihre Höhe hängt schließlich nicht nur von der Kapitalstruktur, d. h. von der Aufteilung der Finanzierungsquellen in Eigen- und Fremdkapital, sondern zusätzlich noch von der Identität der Finanzierungsbereitsteller ab. Aus den niedrigeren Leverage-Verhältnissen von Familienunternehmen kann daher nicht unmittelbar auf eine höhere680 und daher wertmindernde finanzielle Belastung geschlossen werden. Kaum auf Einwände trifft hingegen das Argument, dass unterdurchschnittliche Fremdkapitalquoten in Verbindung mit einem schwierigen Zugang zu externem Risikokapital die Wachstumsoptionen von Familienunternehmen in ein enges Korsett hineinzwingen. Ihr Expansionspotenzial bleibt im Endeffekt auf die Verfügbarkeit von intern generierten Cashflows und auf die finanzielle Unterstützung der Eigentümerfamilie (mit den bereits angesprochenen Grenzen) angewiesen. Die Beibehaltung des Einflussvermögens in den Händen der Familienkoalition und das Unabhängigkeitsstreben gegenüber externen Kapitalgebern bedingen mit 676 677 678 679 680
Vgl. Abschnitt 4.2.3 in der Arbeit. Vgl. Fama / Jensen (1983a), S. 306. Vgl. McConaughy (1999), S. 356. Vgl. Bathala / Bowling / Dukes (2003), S. 2; Shleifer / Vishny (1997), S. 760. Vgl. hingegen Schulze / Dino (1998), S. 1.
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anderen Worten eine Unterordnung bzw. die teilweise Aufopferung von Wachstumszielen681. Tatsächlich belegt eine umfangreiche Empirie682 einhellig, dass die durchschnittliche Größe von Familienunternehmen (gemessen am Absatz, Gesamtvermögen und erzeugten Mehrwert) unter der von Nicht-Familienunternehmen liegt. Die „wirtschaftliche Unterentwicklung“683 (lese: Unterdimensionierung) von Familiengesellschaften, die aus der Kombination von Finanzierungsrestriktionen und risikoaversem Verhalten resultiert, wird in der Literatur zum Ausgangspunkt mannigfaltiger Kritik gemacht. Sie sei insbesondere für die Unterlassung lohnender Investitionsprojekte684, für Profitabilitätseinbußen und die Beeinträchtigung der mittel- bis langfristigen Wettbewerbsfähigkeit685 verantwortlich. Größenbedingte Beschränkungen seien der Grund, warum Familienunternehmen trotz höherer Effizienz im Produktionsprozess686 nicht in der Lage wären, bessere ökonomische Ergebnisse zu realisieren687. Aus ihnen gehe weiterhin eine Bedrohung für die langfristige Anpassungs- und Überlebensfähigkeit von Familienunternehmen aus. Veränderungen in ihrer Umwelt können sie nur unter Zuhilfenahme der Ressourcen begegnen, die intern verfügbar sind bzw. die Eignerfamilie ohne Gefährdung des eigenen Primats und ohne übermäßige Risikoübernahme im Privatbereich erschließen kann. Unter dieser Konstellation leiden das Reaktionsvermögen und die Krisenbeständigkeit von Familiengesellschaften 688. Die Schwierigkeiten, die sie in Zeiten der Globalisierung beim Internationalisierungsprozess erfahren689, werden als verhängnisvoller Hinweis hierfür gedeutet. Den negativen Implikationen aus den Kontroll- und Risikopräferenzen der herrschenden Anteilseignerkoalition wirken Familienunternehmen allerdings durch strategische und operative Entscheidungen entgegen, welche die Nachteile einer defizitären Kapitalausstattung und beschränkter Expansionsraten zum Teil kom681 Vgl. Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 316; Poutziouris (2001), S. 277 – 280; Gallo / Vilaseca (1996), S. 399. Dies trifft verstärkt auf Familienunternehmen der Nachfolgegeneration(en) zu; vgl. dazu McConaughy / Phillips (1999), S. 127 – 129. 682 Vgl. u. a. Ellul / Guntay / Lel (2005), S. 11; Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 18; Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 306 – 307; Anderson / Reeb (2003b), S. 664; Anderson / Mansi / Reeb (2003), S. 273 – 274; Santana Martín / Cabrera Suárez (2001), S. 450; Coleman / Carsky (1999), S. 78 – 79. 683 Dreux (1990), S. 228. 684 Vgl. Mishra / McConaughy (1999), S. 62. 685 Vgl. Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 316 – 317. 686 Vgl. auch McConaughy / Matthews / Fialko (2001), S. 40 – 42; McConaughy et al. (1998), S. 5 – 17. 687 Vgl. Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 5 u. 20 – 24; Galve Górriz / Salas Fumás (2004), S. 131 – 136. 688 Vgl. Galve Górriz / Salas Fumás (2004), S. 129. 689 Vgl. Graves / Thomas (2004), S. 15 – 17; Menéndez-Requejo (2003), S. 276. Siehe aber auch Menéndez-Requejo (2004), S. 289 – 292.
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pensieren690. Dazu gehört insbesondere die Fokussierung auf arbeits- im Gegensatz zu kapitalintensiven Produktionstechnologien691. Quasi Korollarcharakter hat daraufhin der Vorzug für Strategien, die durch Präferenzbildung bei den Abnehmern auf die Abschöpfung von Konsumentenrenten abzielen (Differenzierungsstrategien)692. Im Vergleich zur Erlangung einer Kostenführerschaftsposition, die auf aggressive Niedrigpreispolitik, Standardisierung des Leistungsangebots und große Absatzvolumina abstellt, ist ein differenzierungs- oder präferenzstrategisches Agieren mit geringerem Investitionsaufwand umsetzbar. Familienunternehmen können sich dadurch den Konsequenzen partiell entziehen, denen sie aufgrund ihrer Finanzierungsrestriktionen ausgesetzt sind. Über weitere Maßnahmen, auf die zum gleichen Zweck zurückgegriffen werden kann (schwerpunktmäßige Investitionen in immaterielle versus materielle Vermögenswerte, Suche nach Kooperationen mit dritten Partnern)693 liegen bisher keine aussagekräftigen Beweise694 vor. Auch trägt die Kritik an der mangelhaften Reaktions- bzw. Anpassungsfähigkeit von Familienunternehmen gegenüber Umweltstörungen zwei ihrer zentralen Vorteile unzureichend Rechnung. Ihre Unabhängigkeit und die langfristige Ausrichtung ihrer Vision dämpfen die Auswirkungen von zyklischen Nachfragerückgängen auf ihre investitionspolitischen Entscheidungen695. Die auf Dauer angelegte Mittelüberlassung seitens der Familienteilhaber schirmt Familienunternehmen insbesondere vor der Notwendigkeit ab, marktbedingte kurzfristige Rentabilitätsziele einzuhalten. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsakteuren sind sie daher bei averser Konjunkturentwicklung besser in der Lage, an Projekten (z. B. Forschungsund Entwicklungsaktivitäten) festzuhalten, die auf kurze Sicht zwar Ertragsabschläge bedingen, langfristig aber die Wettbewerbsposition des Unternehmens stärken. Eine größere Stabilität gegenüber zyklischen Schocks wird ihnen auf dieser Grundlage bescheinigt. Das Potenzial zum Ressourcentausch zwischen Familie und Unternehmen (so genanntes „bootstrapping“) ist der zweite Aspekt, der zugunsten der Krisenbeständigkeit von Familienunternehmen spricht696. Während das Familiensystem bei ordentlicher Geschäftstätigkeit in erster Linie als Empfänger des im Unternehmen generierten Einkommensflusses auftritt, stellen seine finanzielle und arbeitstechnische Unterstützung sowie Aufopferungsbereitschaft Vgl. hier und im Folgenden Galve Górriz / Salas Fumás (2004), S. 129 – 130. Zu der höheren Arbeitsintensität von Familienunternehmen vgl. Abschnitt 4.3.2 in der Arbeit und die dort angegebene Literatur. 692 Vgl. Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 305. Zur Einordnung allgemeiner Wettbewerbsstrategien vgl. Porter (1980), S. 34 – 46. 693 Vgl. Galve Górriz / Salas Fumás (2004), S. 130. 694 Vgl. zum ersten Aspekt Galve Górriz / Salas Fumás (2005), S. 18, sowie Poutziouris / Sitorus (2001), S. 425. Externe Kooperationen gehen Familienunternehmen vergleichsweise selten ein, vgl. dazu Roessl (2005), S. 210 – 212; Graves / Thomas (2004), S. 18 – 19; Donckels / Fröhlich (1991), S. 156 u. 159. 695 Vgl. hier und im Folgenden London Economics (2003), S. 13. 696 Vgl. Olson et al. (2003), S. 644 – 645. 690 691
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häufig den Schlüssel zur erfolgreichen Überwindung von Krisenzeiten und somit zur Sicherung der Überlebensfähigkeit von Familiengesellschaften dar697.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen 4.5.1 Generationswechsel als überlebensgefährdender Übergang Die Nachfolgeregelung stellt das im Zusammenhang mit Familienunternehmen am intensivsten diskutierte Problemfeld dar. Nicht nur bieten Berichte über spektakuläre Zusammenbrüche von unternehmerischen Familiendynastien als Folgeerscheinung von Generationsablösungsprozessen Nährboden für das breite Öffentlichkeitsinteresse an Fragen der Betriebsübergabe698. Auch in der akademischen Debatte wird dem Aspekt des Wachwechsels zwischen den Generationen eine herausragende Stellung eingeräumt. Die frühe Familienunternehmens-spezifische Literatur hat ihm geradezu ausschließliche Aufmerksamkeit gewidmet699. Tatsächlich hat mit der Hervorhebung dieser Problematik die Profilierung eines auf Familienunternehmen zugeschnittenen Forschungsgebietes im Laufe der 1970er Jahre ihren Anfang genommen700. Seitdem hat zwar das thematische Spektrum der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Besonderheiten von Familiengesellschaften reichlich an Vielfalt hinzugewonnen. Der Generationswechsel bewahrt nichtsdestotrotz mitunter sein Primat701. Die hervorstechende Bedeutung der Nachfolgefrage wird theoretisch bereits dadurch zum Ausdruck gebracht, dass die Übertragungsabsicht als Streben zur Weitergabe des Unternehmensvermächtnisses an die nachkommende Familiengeneration in der Arbeit702 zum konstitutiven Identifikations- und Abgrenzungsmerkmal von Familienunternehmen erklärt worden ist. Empirisch liegt das ungebrochene Interesse der Literatur am Phänomen der Generationsablösung in den ernüchternden Befunden hinsichtlich der Lebensdauer und der Fähigkeit von Familienunternehmen begründet, den Machtwechsel an ihrer Spitze zu überstehen. Im US-amerikanischen Raum berichtet z. B. Alcorn703, dass Familienunternehmen, welche der „Säuglingssterblichkeit“ der Gründungsphase entgangen sind, eine Vgl. auch Napoletano (2004), S. 22. Vgl. Wimmer et al. (2005), S. 260 – 261. 699 Vgl. u. a. Lansberg (1988); Beckhard / Dyer (1983b); McGivern (1978); Barnes / Hershon (1976). 700 Vgl. ausführlich Abschnitt 2.3.2 in der Arbeit. 701 Vgl. Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 4; Chua / Chrisman / Sharma (2003), S. 90 – 91. 702 Vgl. Abschnitt 3.4 in der Arbeit. 703 Vgl. Alcorn (1982), S. 2. 697 698
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
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Lebenserwartung von lediglich 24 Jahren haben. Dies entspreche gerade mal dem Zeitraum, in dem der Gründer die Unternehmensleitung innehat. Dass dem Nachfolgeübergang der Charakter einer überlebensgefährdenden Herausforderung vielfach zukommt, bestätigt der mit Poe704 früh entstandene, empirisch nicht näher belegte „Mythos“, dem gemäß nur jedes dritte Familienunternehmen den Sprung in die zweite Generation schaffen würde. Das Echo der geradezu katastrophalen Statistik können auch die Ergebnisse einer später von Ward durchgeführten Untersuchung nicht überschatten. In dieser zweiten Studie zeichnet sich ab, dass Familienunternehmen in weniger als zwei Drittel der Fälle den Generationswechsel überstehen; die Weiterführung in der dritten Familiengeneration gelinge nur 13 % der Unternehmen705. Unabhängig davon, ob man aus den obigen Prozentwerten einen „Trend zum Aussterben“706 der Familienunternehmen oder aber den Hinweis abgeleitet hat, dass ihnen auf lange Sicht nur ein „Eintagsfliegedasein“707 beschert sein kann: Mit dem destabilisierenden Potenzial des Nachfolgeübergangs, welches aus diesen Zahlen abgelesen wird, werden negative Auswirkungen nicht nur für das Schicksal der Gattung-Familienunternehmen, sondern auch für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung verknüpft. Schätzungen708, denen zufolge ein Großteil der europäischen sowie US-amerikanischen Familiengesellschaften im kommenden Jahrzehnt einen Nachfolgeprozess durchlaufen wird, werden als eindrucksvoller Beweis herangezogen. Die Krisenanfälligkeit von Familienunternehmen in Zeiten der Generationsablösung wird vor diesem Hintergrund zum Anlass, die Überlebensund langfristige Wettbewerbsfähigkeit familienbeherrschter Organisationsmodelle anzuzweifeln und die gesamtwirtschaftlichen und -gesellschaftlichen Verluste im Zusammenhang mit ihrem Scheitern (z. B. Arbeitsplatzvernichtung) zu stigmatisieren709. Bei dieser inzwischen klischeehaften Darstellung der Nachfolgeproblematik verfällt die Literatur zum Teil jener „Selbstreproduzierungsgefahr“, vor der Fletcher710 gewarnt hat. Insbesondere die Information über die hohe Sterberate von Familienunternehmen als Konsequenz misslungener Nachfolgeprozesse hat mittlerweile solche Verbreitung erfahren, dass sie nur noch als gemeinhin akzeptierte Wahrheit weiter gereicht wird. Dass der Mangel an entsprechenden VerVgl. Poe (1980), S. 23. Vgl. Ward (1997), S. 1. 706 Watermann (1999), S. 3. 707 Vgl. Albach (2002), S. 164 – 165. 708 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2006), S. 3; MassMutual Financial Group / Raymond Institute (2003), S. 3 u. 11; Sharma / Chrisman / Chua (2003a), S. 668. Die EU-Daten beziehen sich streng genommen auf die Übertragungen von Klein- und mittelständichen Unternehmen; zur Relation von Familienunternehmen zu Klein- und mittelständischen Unternehmen vgl. Abschnitt 3.5 in der Arbeit. 709 Vgl. Miller / Steier / Le Breton-Miller (2003), S. 514; Lansberg (1988), S. 119 – 120. 710 Vgl. Fletcher (2001), S. 26. 704 705
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gleichsdaten über Nicht-Familienunternehmen ihre Aussagekraft nicht unerheblich einschränkt, findet kaum711 Erwähnung. Analog vernachlässigt bleibt die Thematisierung des möglichen Widerspruchs712 zwischen der angeblich kürzeren Lebensdauer von Familienunternehmen und deren empirisch häufig festgestelltem, höherem713 Durchschnittsalter. Vor allem kritisch erscheint jedoch, dass die in der angloamerikanischen Literatur so oft vorgeführten Daten hinsichtlich der Mortalität von Familienunternehmen im Wesentlichen auf der nicht weiter dokumentierten Aussage von Poe und auf der Pionieruntersuchung von Ward beruhen. Zitate aus Sekundärquellen714 und quellenlose Angaben715 haben über die Entstehung einer schwer überschaubaren Verflechtung an Querverweisen eine mehrfache Belegung der besagten Ergebnisse vielfach nur vorgetäuscht. Dabei ist die Qualität der Originalquellen selbst nicht weiter hinterfragt worden. Ward hat sich zwar verdient gemacht, einen langjährigen Zeithorizont (der sich zwischen 1924 und 1984 über 60 Jahre erstreckt) beobachtet zu haben. Doch die beschränkte Repräsentativität der Stichprobe (200 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit Sitz in Illinois), die fehlende Datendokumentation und vor allem der Mangel an einer stringenten Definition von Familienunternehmen und familieninterner Nachfolgeregelung raten zur Umsicht bei der Interpretation seiner Befunde. Gerade die Deutung des Nachfolgebegriffs erweist sich generell als Ursache eines sprachlichen Missbrauchs bzw. Missverständnisses. Die Familienunternehmens-spezifische Literatur hat meist (Familien-)Nachfolge und Erfolg synonym verwendet716. Die Übertragung der Senior-Management Verantwortung von einem Familienmitglied zum nächsten wird in der Regel zur Bedingung ihres Eintreffens gemacht717. Zweierlei ist an der Auslegung anzumerken. Zum einen impliziert solches Nachfolgeverständnis eine Definition von Familienunternehmen, die eine 711 Für eine Ausnahme vgl. Nicholson / Björnberg (2004), S. 332 – 333. Wimmer et al. (2005), S. 261, behaupten zwar, dass die Mortalität bei Familienunternehmen doppelt so hoch sei wie bei anderen Firmen; zur Untermauerung ihrer Behauptung können sie jedoch keine Quellen angeben. 712 Der Widerspruch lässt sich nicht mit einer höheren Sterblichkeit von Familienunternehmen in der Gründungsphase erklären, da sich die Daten Alcorns auf Unternehmen beziehen, die diese bereits erfolgreich überstanden haben. 713 Vgl. u. a. Poutziouris (2001), S. 283 – 284; Klein (2000), S. 162; Westhead / Cowling (1998), S. 44. Siehe dagegen Hillier / McColgan (2005), S. 11; Daily / Dollinger (1993), S. 87. 714 Ein Beispiel sei hier stellvertretend aufgezeigt. Lee / Lim / Lim (2003), S. 658, geben Kets de Vries (1993); Beckhardt / Dyer (1983b); Morris at al. (1997) sowie Birley (1986) als Quellen an. Die zwei zuerst erwähnten Aufsätze stützen ihre Aussage auf die Ergebnisse von Ward (1997) und Poe (1980), ohne explizit auf sie zu verweisen. Morris et al. (1997), S. 386, berufen sich wiederum auf Kets de Vries (1993) und Ward (1997); Birley (1986), S. 36, führt die Aussage auf Benson (1984) zurück, der seinerseits die Daten von Poe (1980) wiedergibt, ohne dies kenntlich zu machen. 715 Vgl. u. a. Aronoff (1998), S. 181; Kets de Vries (1993), S. 60 – 61. 716 Vgl. Kaye (1996), S. 355. 717 Vgl. z. B. Sharma / Chrisman / Chua (2003a), S. 669.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
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– wie auch immer geartete – (Mindest-)Besetzung von Leitungsposten durch Vertreter der Angehörigengruppe für erforderlich hält. Von dieser Sichtweise distanziert sich jedoch die der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegte Abgrenzung des Untersuchungsobjektes ausdrücklich. Als missglückte Nachfolgefälle gelten zum anderen nach obiger Auffassung alle Szenarien, in denen die Unternehmerfamilie ihre (herrschende) Eigentums- und Führungsbeteiligung nicht gleichzeitig aufrechterhält. Der Rückzug der Inhaberfamilie aus der Leitungsfunktion sowie die Übertragung von Eigentumsrechten außerhalb des Verwandtenkreises werden gleichermaßen darunter subsumiert. Keine Differenzierung wird zwischen solchen Konstellationen und jenen vorgenommen, wo es infolge des Generationswechsels zur Stilllegung des Unternehmens kommt. Das Ausscheiden aus der Kategorie der Familienunternehmen ist aber nicht per se einem Scheitern718 – mit dem damit einhergehenden Stigma – gleichzusetzen. Die kontinuierliche Involvierung der Familie als Eigentümer und / oder Manager und der Fortbestand des Unternehmens sind drei unterschiedliche obgleich miteinander verbundene Aspekte. Der (gänzliche oder teilweise) Rücktritt der Familie aus dem Unternehmen ist nicht zwangsweise die Folge schlechten Managements: Manche Veränderungen werden in der Tat durch Fehlschläge erzwungen, andere sind eher Effekt von physiologischen unternehmerischen und / oder familiären Entwicklungen719. So z. B. kommt eine unter italienischen Familienunternehmen durchgeführte Studie720 zum Ergebnis, dass die Verkaufsentscheidung nur in rund einem Fünftel der analysierten Fälle persönliche Beweggründe hat, welche Schwierigkeiten bei der Nachfolgeregelung (Unfähigkeit oder Indifferenz der Nachkommen, Uneinigkeit und mangelnde Kooperationsbereitschaft unter ihnen) widerspiegeln. Ausschlaggebend sind vielmehr strategische und finanzielle Überlegungen vor dem Hintergrund wachsender Wettbewerbsanforderungen und lukrativer Übernahmeangebote. Auch die Tatsache, dass nur geschätzte 10 % aller EU-Insolvenzanträge auf ein schlechtes Management des Generationsablösungsprozesses zurückgeführt werden können721, relativiert die Dramatik der eingangs dargestellten Statistik über die „Mortalität“ von Familienunternehmen im Zuge der Staffelstabsübergabe zwischen alter und neuer Generation.
718 Für eine Kritik an der traditionellen Auffassung von Kontinuität in Familienunternehmen vgl. auch Drozdow (1998), S. 337 – 340. 719 Vgl. Winter et al. (2004), S. 555. 720 Vgl. Lassini (2003), S. 223 – 230. 721 Vgl. Bjuggren / Sund (2002), S. 124.
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4.5.2 Zur Besonderheit der Nachfolgefrage in Familienunternehmen Im vorherigen Abschnitt wurde darauf hingewiesen, dass die quantitative Fundierung des vielfach unterstellten Zusammenhangs zwischen der Sterblichkeitsrate von Familienunternehmen und den von ihnen erlebten Schwierigkeiten im Laufe des Nachfolgeübergangs nicht einwandfrei zu überzeugen vermag. Die Aussagekraft der Statistik, die lediglich in 3 (laut Poe) bzw. 6 (nach Ward) von 10 Fällen Überlebenschancen jenseits der Gründergeneration dokumentiert, ist somit kritisch zu sehen. Ähnliches gilt für die allzu pauschalen Urteile über die Implikationen solcher Befunde für die gesamtwirtschaftliche und -gesellschaftliche Wohlfahrt und die Zukunftsträchtigkeit des Modells Familienunternehmen. Unbeschadet dieser Prämisse ist die Erkenntnis festzuhalten, dass der Generationsablösung eine neuralgische Schlüsselrolle im Lebenszyklus von Familienunternehmen zukommt722. Die Literatur bezeichnet die Nachfolgeregelung einhellig als die härteste Herausforderung, zu deren Bewältigung Familiengesellschaften berufen sind723. Der Wachwechsel an der Unternehmensspitze stelle daher für sie den ultimativen Prüfstand dar724. Von einem inhaltlichen Standpunkt her lassen sich unter dem Stichwort Nachfolge zwei unterschiedliche Phänomene subsumieren: der Eigentums- und der Führungswechsel. Die Tatsache, dass zwischen diesen distinkten, obwohl zusammenhängenden Dimensionen des Öfteren nicht konsequent differenziert wird, ist auch bei Fachvertretern Ursache von Unklarheiten und Stringenzmangel. Dabei bezieht sich die Eigentumsnachfolge auf die Rechtsnachfolge des / der eintretenden Gesellschafter(s). Die Umverteilung / Weitergabe von Stimm- bzw. Eigentumsrechten steht bei ihr im Vordergrund. Die Führungsnachfolge fokussiert hingegen auf den Transfer der Unternehmerrolle bzw. der Geschäftsleitungsaufgabe. In diesem Sinn beinhaltet sie die Übertragung der Führungsverantwortung von der / den bis dato amtierenden Person(en) auf den / die designierten Nachfolger725. Aus der aufgestellten Definition von Familienunternehmen, welche die Beteiligung der Familie am Management als akzessorisch qualifiziert, folgt, dass die Kontinuität des Familienvermächtnisses im Unternehmen dann als bewahrt gilt, wenn die Eigentumsnachfolge im Kreis der Angehörigen vollzogen wird. Der Führungswechsel mag hingegen auch unter Einbeziehung externer Kandidaten stattfinden, ohne dass der Status als Familienunternehmen darunter zwangsläufig zu leiden hat. Ungeachtet der konkreten Lösungsgestaltung sind beide Problematiken in der Tat so eng miteinander verzahnt, dass sie im Rahmen der Nachfolgeregelung gemeinsam adressiert werden müssen. 722 723 724 725
Vgl. Wimmer et al. (2005), S. 261. Vgl. z. B. Varamäki / Pihkala / Routamaa (2003), S. 338. Vgl. Gersick et al. (1997), S. 193. Vgl. Klein (2003b), S. 198.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
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Neben dem inhaltlichen spielt auch ein zeitpunktbezogener Aspekt eine wichtige Rolle bei der Charakterisierung der Besonderheit der Nachfolgefrage in Familienunternehmen. Nachfolge versteht sich demnach nicht als isolierter Vorfall oder momentanes Ereignis, sondern als mehrstufiger Prozess726, dessen Abwicklung einen entsprechend langen Zeitraum – fünf Jahre werden hierfür allgemein als Untergrenze genannt – in Anspruch nimmt. Während dieser Periode vollzieht sich eine Gleichgewichtsverschiebung, die zugleich auf betrieblicher und familiärer Ebene greift. Der Ersatz etablierter Management- und Eigentumsstrukturen im Unternehmen ruft unweigerlich nach einer Neudefinition der Beziehungen innerhalb der Familiengemeinschaft und stellt traditionelle Einfluss- und Autoritätsmuster in der Familie sowie im Unternehmen in Frage727. Ein zentraler Unterschied zur Nachfolgeproblematik in Nicht-Familienunternehmen ist damit indirekt angesprochen. Dort wird vor allem juristischen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen, mit Schwerpunkt auf das Unternehmens- und Marktumfeld, Relevanz beigemessen. Im Fall von Familienunternehmen haben psychologische und soziologische Komponenten in Zusammenhang mit der Evolution der Anteilseignerfamilie und mit der persönlichen Entwicklung ihrer Mitglieder gleiche, wenn nicht übergeordnete Bedeutung728. Die Effektivität der Nachfolgeregelung lässt sich im Ergebnis nicht einzig daran messen, ob eine Nachfolgelösung zustande gebracht und der Erhalt des Unternehmens somit gesichert wird. Auch rein wirtschaftliche Maßstäbe an der Leistungsfähigkeit des Unternehmens nach erfolgtem Generationswechsel greifen nur einen Teilaspekt auf. Eine gelungene Staffelstabsübergabe setzt in Familienunternehmen die gleichzeitige Erfüllung von ökonomischen und nicht ökonomischen Anforderungen voraus729. Die einen sind Bedingung für den Fortbestand und das Prosperieren des Unternehmens sowie für das Wachstum des unternehmensgebundenen Eigentums. An den anderen entscheidet sich, inwieweit der Nachfolgeprozess jene Unterstützung durch die Familie erfährt, die für seine erfolgreiche Implementierung (und somit auch für das langfristige Überleben des Unternehmens) unerlässlich ist. Das an sich bereits anspruchsvolle Ziel einer Balance zwischen den besagten, interaktiven Dimensionen (Zufriedenheit der Familienstakeholder mit den Modalitäten der Nachfolgeregelung einerseits und positive Performance-Entwicklung bzw. Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens andererseits) trifft in der Praxis auf weitere erschwerende Umstände. Diese resultieren daraus, dass der Eigentums- und der Führungswechsel (wie später eingehend dis726 Vgl. u. a. Le Breton-Miller / Miller / Steier (2004), S. 324; Gersick et al. (1997), S. 193; Handler (1994), S. 134 – 137. 727 Vgl. Lansberg (1988), S. 121. 728 Vgl. Klein (2004a), S. 317 – 318. 729 Vgl. Le Breton-Miller / Miller / Steier (2004), S. 306; Sharma / Chrisman / Chua (2003a), S. 669; Handler (1994), S. 134.
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kutiert) häufig parallel mit Lebenszyklusveränderungen730 in der Familie sowie auf dem Markt bzw. in den Produkten des Unternehmens verlaufen. Nicht zuletzt aus diesem Grund agiert der Prozess der Generationsablösung in der Regel als Katalysator, der die in der Familie wie auch im Unternehmen angelegten Schwächen virulent macht bzw. schonungslos aufdeckt731. Daher auch die Scheu, sich dem Nachfolgeproblem zu stellen. Vor allem die Notwendigkeit, emotionsgeladene Themen (z. B. in Zusammenhang mit dem Alterungsprozess des amtierenden Familien- und Unternehmensoberhauptes) anzusprechen, ruft häufig Verdrängungsreaktionen bzw. gar eine Blockadehaltung unter den Beteiligten hervor. Darin begründet sieht Lansberg732 eine der akutesten Gefahren für die Kontinuität der Familienunternehmen: Die mangelnde Bereitschaft, den Generationsablösungsprozess explizit zu adressieren und ihm durch rechtzeitige Vorbereitungsmaßnahmen proaktiv zu begegnen. Defizitäre Planung733 zählt nach verbreiteter Meinung734 zu den primären Ursachen fehlgeschlagener Nachfolgeübergänge in Familienunternehmen. Selbst das Ergebnis von Astrachan und Kolenko735, die keinerlei Zusammenhang zwischen Nachfolgeplanung und langfristigem Überleben von Familiengesellschaften empirisch nachweisen konnten, hat keine ernsthaften Zweifel an der Wertigkeit dieser Aussage aufkommen lassen. Durch sie angetrieben haben sich die Forschungsbemühungen auf die normative Frage schwerpunktmäßig konzentriert, wie der Übergang zur nächsten Eigentums- und Führungsgeneration idealerweise gestaltet werden sollte. Den daraufhin entstandenen, allgemeinen Auflistungen von Erfolgsbzw. Überlebensfaktoren ist vielfach die Sorge zu entnehmen, das Übergreifen ungelöster familiärer Konflikte auf das Unternehmen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Diese Herangehensweise hat zum einen durch die Fokussierung auf die innerfamiliären Beziehungen und Wechselwirkungen eine introvertierte bzw. dekontestualisierte736 Vision der Nachfolge gefördert. Zum anderen hat die Emphase auf die Gefahren, denen es im Zuge des Generationswechsels auszuweichen gilt, vor allem die Risiken dieses Prozesses in den Vordergrund gestellt, unter unzureichender Berücksichtigung der damit verbundenen Chancen737. Von diesem 730 Vgl. zu den frühen Beiträgen zum Thema Davis / Tagiuri (1989); Churchill / Hatten (1987); Peiser / Wooten (1983); Barnes / Hershon (1976). 731 Vgl. Klein (2004a), S. 317 – 324. 732 Vgl. Lansberg (1988), S. 120 – 121. 733 Vgl. Hennerkes (2004), S. 123; Corbetta / Montemerlo (1999), S. 372; Flören (1998), S. 128; Handler (1994), S. 133, sowie die dort angegebene Literatur. 734 Vgl. z. B. Terberger (1998), S. 172; Lansberg (1988), S. 132; Poe (1980), S. 23. Der Mangel an formalisierten Übertragungsplänen schließt allerdings nicht aus, dass das Nachfolgeproblem erkannt worden ist und informelle Mechanismen zu dessen Lösung bereits operativ sind. 735 Vgl. Astrachan / Kolenko (1994), S. 260. Sharma / Chrisman / Chua (2003a), S. 680, können aber beweisen, dass die Nachfolgeplanung die Zufriedenheit sowohl des ausscheidenden als auch des aufstrebenden Unternehmensleaders erhöht. 736 Vgl. Westhead (2003), S. 373. 737 Vgl. Klein (2003b), S. 196.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
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Blickwinkel soll sich die folgende Betrachtung ablösen, um die Nachfolgeproblematik stattdessen in Anlehnung an den dialektischen Untersuchungsmodus zu charakterisieren, der im Laufe des vorliegenden Kapitels durchweg Verwendung gefunden hat.
4.5.3 Führungsnachfolge 4.5.3.1 Individuelle und beziehungsorientierte Betrachtungsebene Wie bereits angeführt, bezieht sich der Begriff der Führungsnachfolge auf die Ablösung eines Hauptverantwortungsträgers (Vorstandsvorsitzender, geschäftsführender Gesellschafter. . . ) durch ein anderes Organisationsmitglied, ob dieses zur Eigentümerfamilie gehört oder nicht. Dem Prozess der Staffelstabsübergabe auf Ebene der Unternehmensleitung widmet die Nachfolgeforschung quasi ungeteilte Aufmerksamkeit. Insbesondere das Ausscheiden der Gründergeneration aus ihrer aktiven unternehmerischen Rolle nimmt dabei einen zentralen Stellenwert ein. Der problematische Charakter speziell des ersten Führungswechsels hat eine unmittelbare Ursache in dem Erfahrungsmangel, welcher beim ersten Wachwechsel an der Unternehmensspitze überbrückt werden muss738. Sich anschließende Generationsübergänge können hingegen von einem gewissen Lerneffekt profitieren. Die Gründerablösung bewirkt außerdem eine substanzielle Umbildung der bis dahin geltenden Autoritätsmuster sowie ihrer Legitimationsgrundlage. Weber739 beschreibt diese Transformation als „Versachlichung“ bzw. „Veralltäglichung“ (Institutionalisierung) des Charismas und sieht in ihr die anspruchvollste Herausforderung, die zur Wahrung der Herrschaftskontinuität bewältigt werden muss. Im Kontext der Familienunternehmen rühren Schwierigkeiten u. a. davon her, dass die Aufbau- und Ablauforganisation auf die Person des Gründers typischerweise zugeschnitten ist, der mangels stringenter Aufgabendelegierung mehrfache Funktionen in sich vereint740. Sein Ersatz gestaltet sich in der Regel schon deshalb problematisch, weil der potenzielle Nachfolger in den seltensten Fällen die Eignung mitbringt, diese undifferenzierten Rollen gleich kompetent zu besetzen. Zwar bietet sich dann die Lösung, verschiedenen Nachfolgern abgegrenzte Verantwortungsbereiche zuzuordnen. Doch dafür müssen die organisatorischen Kenntnisse erst einmal erworben werden, um ein im Vergleich zur Vergangenheit revolutioniertes Organisationsmodell funktionieren zu lassen741. Traditionell werden aber vor allem persönliche, emotionale und sonstige Entwicklungscharakteristika des ausscheidenden Unternehmensleaders als wesentliche Bestimmungsfaktoren für die Qualität des Nachfolgeprozesses betrachtet. 738 739 740 741
Vgl. Corbetta (1995a), S. 185. Vgl. Weber (1980), S. 140 – 148 u. 654 – 687. Vgl. Habig / Berninghaus (1998), S. 39. Vgl. Corbetta (1995a), S. 184.
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Den Ausgangspunkt bildet in dem Zusammenhang die Feststellung, dass sich die Einflussrichtung bei der Machtüberlassung allgemein von oben nach unten entfaltet. Die Verantwortlichkeit für die Initiierung des Führungswechsels obliegt mit anderen Worten dem amtierenden Oberhaupt742. Gerade in Familienunternehmen der ersten Generation, in denen die Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf strategische Fragestellungen ebenso wie auf die Besetzung von Leistungsposten stark zentralisiert sind, hängt die Effektivität des Nachfolgeübergangs in hohem Maße von der Einstellung des Firmenpatriarchen ab743. Psychologisch und soziologisch ausgerichtete Studien der Unternehmerpersönlichkeit744 haben in dieser Hinsicht eine Vielzahl von Argumenten hervorgebracht, die den tendenziellen Widerstand insbesondere des Gründers belegen, sich mit der eigenen Nachfolge systematisch und konsequent zu beschäftigen. Die Niederlegung des Amtes als führende Unternehmensinstanz beinhaltet eine unmittelbare Aufgabe von Kontroll- und Gestaltungsmacht. Dies fällt umso schwerer, weil damit nicht nur der Entzug einer wesentlichen Motivations- und Energiequelle, sondern auch die Trennung von einem zentralen Identifikationsmedium einhergeht745. Da das Unternehmen einen überaus wichtigen Lebensinhalt für seinen Schöpfer und Lenker darstellt, neigt er dazu, die eigene Wertschätzung in erster Linie aus der von ihm bekleideten Stellung innerhalb der Organisation abzuleiten746. Der Rückzug aus aktiven Führungsposten zwingt ihn dazu, die Tatsache der eigenen Entbehrlichkeit wahrzunehmen, und greift unmittelbar sein Selbstbewusstsein an. Einbußen an gesellschaftlichem Ansehen folgen der Verlust an „heroischer Größe“, welche die prestigeträchtige Rolle des Unternehmensleaders verleiht, sowie der weniger aufwändige Lebensstil, den der Übertritt zum Pensionärdasein gegebenenfalls erforderlich macht747. Zusätzlich verunsichernd wirkt außerdem, dass mit der Übergabe des Kontrollzepters an die heranwachsende Generation auch die Zentralität des Firmenpatriarchen innerhalb der Familiengemeinschaft nicht länger unumstritten bleibt748. Und das gerade zu einem Zeitpunkt im Lebenszyklus des Unternehmers, in dem ihm das unabwendbare Fortschreiten des eigenen Alterungsprozesses schmerzhaft bewusst wird und der schon aus dem Grund eine äußert kritische Phase markiert749: „For the founder, giving up the company is like signing his own death warrant“750. So z. B. Klein (2003b), S. 202. Vgl. aber Sharma / Chrisman / Chua (2003b), S. 9 u. 12. Vgl. Ward (1997), S. 65 – 66. 744 Für eine Übersicht der relevanten Literatur vgl. auch Handler (1994), S. 137 – 140; Handler / Kram (1988), S. 363 – 365; Lansberg (1988), S. 123 – 126. 745 Vgl. Levinson (1971), S. 91. 746 Vgl. Habig / Berninghaus (1998), S. 38. 747 Vgl. Klein (2004a), S. 92 – 97; Handler (1994), S. 139. 748 Vgl. Klein (2004a), S. 97 – 99; Lansberg (1988), S. 125. 749 Vgl. Lansberg (1999), S. 249; Kets de Vries (1993), S. 67 – 68. 750 Barnes / Hershon (1976), S. 108. 742 743
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Nahe liegend ist es unter den geschilderten Umständen, dass die weit reichende Umstellung, die das Ausscheiden aus der aktiven unternehmerischen Rolle zur Folge hat, Angst und womöglich Verdrängungsreaktionen auslöst. Mangelnde Rücktrittsbereitschaft, die ein Ausdruck hiervon ist, gilt freilich als schwerwiegendstes Hindernis für die erfolgreiche Durchführung des Nachfolgeprozesses in Familienunternehmen751. Die Abneigung des amtierenden Leaders loszulassen, die vor allem in der Gründergeneration ausgeprägt ist752, kann sich auf unterschiedliche Art manifestieren. Die Bagatellisierung des Problems der Nachfolgeregelung bzw. die wiederholte Vertagung dessen Adressierung auf einen späteren Zeitpunkt, der mehrmalige Aufschub der effektiven Machtübergabe an den designierten Nachfolger sowie im Extremfall seine bewusste oder unbewusste Sabotage sind Beispiele hiervon753. Mit der Hinauszögerung des Wachwechsels steigt in einer durch zunehmende Dynamik gekennzeichneten Welt die Gefahr, dass das Unternehmen die Anbindung an das für es relevante gesellschaftliche und marktliche Umfeld verliert. Veraltete Strukturen, verschlafene Entwicklungsmöglichkeiten und schwache Nachwuchsführungskräfte legen dann die Prämissen für eine hohe Krisenanfälligkeit des Unternehmens754. Ob der Nachfolgekandidat aus den Familienreihen oder extern rekrutiert wird, hat auf die skizzierte Problemkonstellation keinen Einfluss. Über den Vorzug für Mitglieder des Angehörigenkreises bei der Besetzung von strategischen Leistungsposten wurde bereits an anderer Stelle755 berichtet. Während solche Form der personellen Kontinuität von Familienunternehmern gern als Stärke beansprucht wird756, hat die Literatur nepotistische Praxen weitgehend stigmatisiert. Die vergleichsweise geringere Qualifikation und Fähigkeit der Familiennachkommen in Verbindung mit dem besonderen Kündigungsschutz, den der Eigentümerstatus oder die Erwartung dessen erbrechtlicher Erlangung einräumen, werden insbesondere als Risikofaktor hervorgehoben757. Unter welchen Umständen eine familieninterne Nachfolgeregelung gegenüber der externen Akquirierung von Führungskompetenz tatsächlich auch effizient – d. h. wertsteigernd – sein kann, wurde im ersten Teil des Kapitels ausgiebig diskutiert. Die Agency-theoretische Argumentation wiegt die Kosteneinsparung bei symmetrischem Altruismus bzw. wirksamen sozialen Überwachungsmechanismen innerhalb der Familiengruppe gegen die Gefahr opportunistischer Handlungen unter den Bedingungen einseitigen Altruismus und emotional beeinträchtigter Urteilsfähigkeit des Prinzipals-Eigentümers. Im Vgl. Sharma et al. (2001), S. 22 – 23, und die dort zitierte Literatur. Die Amtszeit der zweiten Generation ist kürzer als die der ersten; vgl. Corbetta (1995a), S. 184. 753 Vgl. Terberger (1998), S. 85 – 86. 754 Vgl. Terberger (1998), S. 86. 755 Vgl. Abschnitt 4.2.2 in der Arbeit. 756 Vgl. z. B. Demattè / Corbetta (1993), S. 60 – 63. 757 Vgl. ausführlich Abschnitt 4.3.1.1 in der Arbeit. 751 752
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Rahmen des ressourcenorientierten Ansatzes gilt es zu überprüfen, inwiefern bei Familiennachfolgern das Vermögen an idiosynkratischen Kenntnissen (d. h. an implizitem Wissen) und an sozialem Kapital trotz eventuell schwächeren Kandidatenprofils einen Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen begründen kann758. Unabhängig von der Familienzugehörigkeit der aufstrebenden Nachfolger, hat die Qualität ihres Verhältnisses zum Vorgänger eine entscheidende Auswirkung auf den Ausgang des Nachfolgeprozesses759. Die starke emotionale Färbung der innerfamiliären Beziehungen – ganz besonders zwischen Eltern und Kindern – hat in dieser Hinsicht seit jeher veranlasst, vor der hohen Konfliktanfälligkeit eines im Kreis der Angehörigen vollzogenen Führungswechsels zu warnen760. Demgegenüber belegen die Ergebnisse einer jungen Untersuchung761, dass die Verzögerung der Machtübergabe seitens des Unternehmers vor allem dann zu Anspannungen führt, wenn familienfremder Nachwuchs auserkoren worden ist. Nachkommen aus den Familienreihen würden vielmehr die wegweisende Unterstützung, welche die charismatische Präsenz des Vorgängers / Mentors sicherstellt, willkommen heißen. Die oft registrierte Unsicherheit der Familiensprösslinge in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten762 legt freilich einen anderen kritischen Aspekt offen. Dies hängt mit den besonderen Herausforderungen zusammen, die sie auf dem Wege des Aufbaus einer selbstbewussten und unabhängigen Persönlichkeit bewältigen müssen. Ihr Individuationsprozess leidet häufig darunter, dass die Entscheidung für eine Karriere im familieneigenen Unternehmen aus einem Verpflichtungsgefühl gegenüber der Familie heraus getroffen wird763. Alternative Laufbahnen werden in diesem Fall mehr oder weniger bewusst dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zur Familiengemeinschaft geopfert, die in der unternehmerischen Arena eine ideelle Ausdehnung764 erfährt. Der schleichende Gedanke, die beanspruchte Position innerhalb der Organisation per Geburtsrecht statt aufgrund persönlichen Leistungsvermögens erlangt zu haben, bietet dabei Nährboden für Selbstzweifel und Ressentiments765. Erdrückend für den Entwicklungsprozess von „Kronprinzen“ wirkt zu758 Vgl. dazu auch Lee / Lim / Lim (2003); Cabrera-Suárez / De Saá-Pérez / García-Almeida (2001); Steier (2001). 759 Vgl. Cabrera-Suárez / De Saá-Pérez / García-Almeida (2001), S. 41 – 43; Fox / Nilakant / Hamilton (1996), S. 20. 760 Vgl. z. B. Terberger (1998), S. 73 – 76; Kepner (1983), S. 67; Levinson (1971), S. 91 – 94. Dabei hat das Geschlecht des Nachfolgers durchaus Einfluss auf die in der Familie und im Unternehmen entstehende Konfliktsituation, vgl. dazu u. a. Dumas (1992), S. 48 – 49. 761 Vgl. Deimel (2004), S. 15 – 16. 762 Vgl. Eckrich / Loughead (1996), S. 380. 763 Vgl. Halter / Frey / Zellweger (2005), S. 11. Für eine eingehende Analyse der Beweggründe von Familiennachfolgern vgl. Sharma / Irving (2005). 764 Vgl. Hall (2004), S. 227. 765 „[ . . . ] being a member of the family is sufficient; membership needs no other qualification than birth; family loyalities ensure that the competent will serve and the incompetent will be protected“; Craig (2004), S. 59.
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dem der Schatten der vorhergehenden Generation766. Eine zögerliche Übergabe der Eigentumsrechte (vgl. später Abschnitt 4.5.4) akzentuiert dieses Phänomen, indem den Nachfolgern dadurch die Legitimationsgrundlage entzogen wird, das Unternehmen in Eigenverantwortung zu leiten. Auf die Schwierigkeiten, denen Nachkommen von Unternehmerfamilien bei der Bildung und Abgrenzung einer selbstständigen Identität ausgesetzt sind, und auf die darunter leidende Interaktion mit der elterlichen Partei ist nach Miller et al.767 eine zentrale Ursache des Misslingens zahlreicher Nachfolgeprozesse in Familienunternehmen zurückzuführen. Neben der vertikalen Beziehung zwischen Vertretern der ausscheidenden Generation und designierten Nachfolgern ist die horizontale Beziehung zwischen den aus der Familie stammenden Kandidaten für die Übernahme der Unternehmensleitung ein traditionelles Thema. Rivalität um die Führung ist bei Vorhandensein mehrerer, williger Nachkommen vor allem dann zu befürchten, wenn die Nachfolgefrage zwischen ihnen im Sinne eines noch auszuhandelnden oder auszukämpfenden Preises steht. Ungelöste familiäre Erblasten drohen dann mit einer Eskalation des Konfliktes und das Unternehmen selbst kann instrumentalisiert werden, um Kinderdefizite aufzuarbeiten, deren offene Austragung im Elternhaus möglicherweise unterdrückt wurde768. Widersprüchliche Auffassungen von Gerechtigkeit, wie sie für das Familien- und das Unternehmenssystem typisch sind, bilden insbesondere den Hintergrund destruktiver Streitereien. Während das Gerechtigkeitsverständnis im ersten Fall dem Gleichbehandlungsprinzip im Wesentlichen entspricht, knüpft das Gebot der Verteilungsgerechtigkeit im Unternehmen an das individuelle Verdienst an769. Die Schwierigkeit, einen Kompromiss zwischen beiden Anforderungen zu finden, und die konsequente Angst, durch eine entsprechende Entscheidung das emotionale Gleichgewicht der Familie zum Kollaps zu bringen, verführen die übergebende Generation oft dazu, den endgültigen Transfer von Verfügungsmacht über das Unternehmen hinauszuschieben. Das geschieht u. a. in der Form, dass die Eigentumsrechte und damit der ultimative Kontrollanspruch einbehalten werden. Unklare Perspektiven hinsichtlich der definitiven Nachfolgeregelung schaffen aber geradezu die Prämisse für eine Verschärfung des Konfliktpotenzials. Familiennachkommen, die im Unternehmen tätig sind, werden dadurch zu Schlüsselfiguren in inkongruenten Familien-, Eigentums- und Führungshierarchien770. Wenn ihnen im Zuge des Eigentumswechsels keine Stimmmehrheit zuerkannt wird, bleibt ihre prekäre Position von „primus inter pares“ auf die Zustimmung und das Vertrauen der restlichen Familienerben angewiesen.
Vgl. Hall (2004), S. 219; Davis / Harveston (1999), S. 314 – 315. Vgl. Miller / Steier / Le Breton-Miller (2003), S. 523 – 525. 768 Vgl. Klein (2004a), S. 82 – 83; Terberger (1998), S. 92 – 93. 769 Vgl. Lansberg (1983), S. 42 – 43. Eine alternative Auffassung von Gerechtigkeit als Ausweg aus dem Dilemma schlagen Van der Heyden / Blondel / Carlock (2005) vor. 770 Vgl. Barnes (1988), S. 11 – 13; Holland / Boulton (1984), S. 18 – 19. 766 767
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4.5.3.2 Strategisch-organisatorische Betrachtungsebene Im Kontext der Nicht-Familienunternehmen werden die Begriffe Kontinuitätsplanung und strategische Entwicklung synonym verwendet771. Der Wachwechsel auf Führungsebene wird in diesem Sinn aus dem Blickwinkel des evolutionären Werdens der Gesamtorganisation betrachtet. Bei Familiengesellschaften gilt es hingegen, den Nachfolgeprozess mit Schwerpunkt auf das Beziehungsgeflecht zu analysieren, welches zwischen den Familienakteuren bzw. diesen und dem Unternehmen besteht772. Individuelle Variablen im Zusammenhang vor allem mit den Figuren der ausscheidenden Unternehmerpersönlichkeit und seines Nachfolgers sowie deren Interaktion mit und in dem System Familienunternehmen werden entsprechend in den Vordergrund gestellt. Gleichzeitig geraten markt- und organisationsspezifische Gegebenheiten als Folge dieses introvertierten Fokus773 meist an den Rand. In Wahrheit zeigt der Entwicklungsprozess von Familienunternehmen im Zeitablauf, dass die Generationsablösung in der Regel parallel mit gravierenden Transformationen im Wettbewerbsumfeld verläuft, die sehr wohl Einfluss auf den Nachfolgeverlauf und möglicherweise -ausgang ausüben. So findet der erste Führungswechsel gemäß dem Lebenszyklusmodell Rosenbauers774 unmittelbar vor Eintritt in die Sättigungs- bzw. Reifephase statt, an deren Ende sich der Übergang von der zweiten zur dritten Generation vollzieht. Dass Familienunternehmen in der kritischen Reifephase häufig zusätzlich mit der Nachfolgefrage konfrontiert werden, bestätigt auch eine von Goehler775 durchgeführte Studie. Klein776, die den Versuch einer dynamischen Betrachtung von Familienunternehmen wieder aufnimmt, führt als Erklärung an, dass gerade das virulent werden von marktinduzierten Problemen in diesem Entwicklungsstadium den nötigen Druck aufbaut, um den Eintritt in die Übergangsphase von Führung und Eigentum auszulösen. Ohne auf das Lebenszykluskonzept und auf seine zahlreiche Interpretationen im Einzelnen eingehen zu wollen777, sei an dieser Stelle kurz auf die wesentlichen Merkmale hingewiesen, die in der Literatur778 zur Charakterisierung eines reifen Marktentwicklungsstadiums herangezogen werden. Eine stagnierende bzw. zurückgehende Nachfrage bedingt zu diesem Zeitpunkt die Verschärfung der Wettbewerbsbedingungen. Gedrängt von der Entstehung zunehmender Überkapazitäten und vom einsetzenden Verlust an Marktanteilen, greifen die Marktteilnehmer ver771 772 773 774 775 776 777 778
Vgl. Drozdow (1998), S. 339. Vgl. Dunemann / Barrett (2004), S. 39. Vgl. Westhead (2003), S. 373. Vgl. Rosenbauer (1994), S. 99. Vgl. Goehler (1993), S. 84. Vgl. Klein (2004a), S. 315. Umfassend behandelt wird das Thema in Pümpin / Prange (1991), insb. S. 45 – 136. Vgl. auch Harrigan (1988), S. 1 – 5; Porter (1980), S. 238 – 240.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
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stärkt auf aggressive Marketingstrategien, vor allem im Bereich der Preispolitik, zurück. Sinkende Umsatzzuwächse bzw. gar Umsatzrückgänge und konsequente Ertragseinbußen markieren darauf hin den Eintritt in eine bedrohliche Krisensituation. Die Abhängigkeit vieler Familienunternehmen von einem Produkt (mit Variationen) und somit von einem Markt779 setzt sie der Konjunkturanfälligkeit der Branche in starkem Maße aus. Verdrängungswettbewerb sowie Erlös- und Gewinneinbrüche erhöhen während der Reifephase die Anforderungen an das Management und den strategischen Entscheidungsbedarf erheblich780. Dabei gilt gerade die Diskussion über die strategische (Neu-)Ausrichtung des Unternehmens in Familiengesellschaften als häufiger Kristallisationspunkt für den Generationenkonflikt781. Differierende Erfahrungen, Erwartungen und Risikoprofile zwischen amtierenden Geschäftsführern und aufstrebenden Nachfolgekandidaten, wie sie zum Teil rein altersbedingt zu erklären sind, münden dann in Dissens über den für das Unternehmen künftig zu erschließenden Kurs. Dass parallel dazu die Nachfolgefrage geklärt und damit eine Einigung hinsichtlich der generationsübergreifenden Verlagerung von Macht und Entscheidungsbefugnissen erreicht werden muss, wirkt in dieser ohnehin spannungsgeladenen Atmosphäre im Sinne einer zusätzlichen Belastung. In der Tat sind beide Aspekte so eng miteinander verzahnt, dass die Debatten über die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie und die Ablösung der älteren Generation von ihrer Führungsverantwortung de facto ineinander verschmelzen. Streitigkeiten über die Neuausrichtung des Familienunternehmens und eine noch ungelöste bzw. noch nicht umgesetzte Nachfolgeregelung drohen im schlimmsten Fall mit einer Lähmung des Unternehmens; der Wandel wird schließlich zur Kraftprobe782. Nicht zuletzt aufgrund dieser Dimensionsüberlagerung und ihrer problemkatalysierenden Wirkung lässt sich erklären, warum der Führungswechsel traditionell als krisenauslösender Übergang783 erfasst wird, der als solcher den Fortbestand der Unternehmung substanziell und nachhaltig gefährden oder sogar unmöglich machen kann. Solch negativ anmutende Sichtweise stellen jedoch die Ergebnisse einer neueren Studie von Compagno und Pittino784 in Frage, denen zufolge der Prozess der Führungsnachfolge vielmehr als bedeutendster Entwicklungsfaktor für Familienunternehmen auszulegen ist. Den unausgesprochenen Ausgangspunkt bildet hierbei die Feststellung, dass die organisationsprägende Werthaltung der Eigentümerfamilie in 779 Vgl. Klein (2003b), S. 207. Dass Familienunternehmen einen vergleichsweise geringen Diversifikationsgrad aufweisen, bestätigen auch die Ergebnisse von Hillier / McColgan (2005), S. 11, sowie von Anderson / Reeb (2003b), S. 664 – 669. 780 Vgl. Goehler (1993), S. 127. 781 Vgl. Terberger (1998), S. 81. 782 Vgl. Klein (2004a), S. 305; Terberger (1998), S. 89. 783 Vgl. zur Krisendefinition Krystek (1987), S. 6 – 7. 784 Vgl. Compagno / Pittino (2001), S. 206 u. 219.
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Verbindung mit der überdurchschnittlich langen Verweildauer der leitenden Angestellten eine große Stabilität des Systems Familienunternehmen zwischen den einzelnen Nachfolgeübergängen herbeiführt785. Schon aus dem Grund erzeugt die Aussicht auf einen grundsätzlichen Perspektivenwechsel unter den Beteiligten Angst und, damit verbunden, Widerstand. Im Zuge der Generationsablösung wird allerdings eine Überprüfung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens wie auch der Stellung der Familie ihm gegenüber unumgänglich. Darin verborgen liegt das Potenzial für einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu Nicht-Familienunternehmen786. Eine umfassende, kritische Auseinandersetzung mit dem bisher Gültigen kann im zuletzt genannten Fall nur durch einen Willensakt unter Inkaufnahme erheblichen Aufwands eingeleitet werden. Der Veränderungsprozess, den die Regelung der Nachfolge in Familienunternehmen auslöst, reißt hingegen automatisch die bestehenden Strukturen und Orientierungen sowohl auf Ebene der Organisation als auch innerhalb der Familie mit. Die biologische Uhr, die ihn antreibt, schließt dabei die Möglichkeit aus, sich solchem Umbruch zu entziehen. Auf ihn geht die Chance – und manchmal direkt die Notwendigkeit – zurück, die Basis der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit zu erneuern und die Familie wiederum auf eine für die Zukunft geteilte Linie einzuschwören. Dass diese Gelegenheit in der Praxis auch wahrgenommen wird, beweist die Tatsache, dass bei einer überwiegenden Mehrheit an Nachfolgeübergängen in Familienunternehmen Produkt- und /oder Prozessinnovationen als Folgeerscheinung787 registriert werden. Zugleich bietet die auf die kontinuierliche Präsenz der Eigentümerfamilie zurückgehende Stabilität des Kulturmodells788 von Familienunternehmen Halt gegen die desorientierende Wirkung, welche der nachfolgebedingte Wandel begründet. Speziell Unternehmen der ersten Generation, die der Gründer wesentlich geprägt und mitgestaltet hat, leiden im Zuge des Führungswechsels unter einem Ziel- und Visionsverlust789. Diese Gefahr kontert in Familienunternehmen eine tief verankerte und verhaltensbestimmende Wertebasis, die u. a. durch die Entsendung von Familienangehörigen in leitende Positionen perpetuiert wird. Sie fungiert zum einen als Leitlinie, auf deren Grundlage die Ausrichtung des organisatorischen Handelns auf ein übergeordnetes Ziel Unterstützung erfährt. Zum anderen stellt sie eine glaubhafte Absicherung für die Aufrechterhaltung bestehender impliziter Verträge790 mit den Unternehmensstakeholdern (z. B. mit der Belegschaft) dar. Beide Vgl. Klein (2003b), S. 204. Vgl. hier und im Folgenden Klein (2003b), S. 212. 787 Vgl. Compagno / Pittino (2001), S. 218. Offen bleibt freilich, ob das biologisch bedingte Erneuerungstempo in Anbetracht der zunehmenden Veränderungsgeschwindigkeit im gesellschaftlichen und marktlichen Umfeld überhaupt noch ausreichend ist. 788 Vgl. Abschnitte 4.3.1.2 u. 4.3.2 in der Arbeit. 789 Vgl. Fiegener et al. (1996), S. 15. 790 Vgl. Abschnitt 4.3.2 in der Arbeit. 785 786
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Bedingungen fördern einen reibungslosen Übergang zur nächsten Führungsgeneration und legen die Prämisse für eine höhere organisatorische Stabilität in der PostNachfolgephase791.
4.5.4 Eigentumsnachfolge 4.5.4.1 Nachfolgemodalitäten und steuerrechtliche sowie betriebswirtschaftliche Implikationen Im Rahmen des Eigentumswechsels soll die Aufteilung des unternehmensgebundenen Familienvermögens und seine Weitergabe an die nachrückende Generation von Familiennachkommen geregelt werden. Die Rechtsnachfolge der eintretenden Gesellschafter kann dabei entweder zu Lebzeiten der ausscheidenden Eigentümer oder nach deren Tod stattfinden. Ausgewählten Mitgliedern der Angehörigengruppe werden im erstgenannten Fall die Anteils- und Mitbestimmungsrechte am Unternehmen entgeltlich durch Verkauf bzw. unentgeltlich im Wege einer Schenkung übertragen. Beide Varianten der auf diese Art charakterisierten vorweggenommenen Erbfolge werfen in der Praxis eine Reihe von Problemen auf, die ihrer Implementierung Hindernisse bereiten. So setzt eine entgeltliche Vermögensübergabe voraus, dass die aufstrebenden Familiengesellschafter die Mittel zur Finanzierung der Kauftransaktion auch tatsächlich aufbringen können. Da private Rücklagen kaum diesem Zweck gewachsen sein können, bleibt der Eigentumstransfer auf die Einschaltung externer Finanzierungsinstanzen angewiesen. Die Belastung, welche diese Lösung dem Unternehmen aufbürden würde, ruft aus bereits diskutierten Gründen (vgl. Kontrollbeibehaltungs- und Risikoaversionshypothese)792 eine ablehnende Reaktion seitens der Teilhaberfamilie hervor. Ein finanzielles Problem, obgleich auf der anderen Kontrahentenseite, macht auch den Rückgriff auf die Schenkungsalternative wenig attraktiv. Dafür ist die regelmäßig beobachtete finanzielle Abhängigkeit der Familiengesellschafter vom Unternehmen793 verantwortlich zu machen. Wenn sie kein relevantes Privatvermögen aufgebaut haben und ihr Einkommen im Wesentlichen aus dem Unternehmen (in Form von Arbeitseinkommen, Rentenansprüchen und Ausschüttungen) beziehen, droht die unentgeltliche Aufgabe der Eigentumsrechte mit Einbrüchen im Versorgungsniveau während der Ruhestandsphase794. Psychologische und strategische Beweggründe, wie zum Teil bereits unter Abschnitt 4.5.3 erörtert, tragen weiterhin zu einer tendenziellen Abneigung gegenüber dem frühzeitigen Abschluss des Eigentumswechsels bei. Vor allem der Macht- und Ansehensverlust (gesellschaftlich wie auch innerhalb der Familiengemeinschaft), 791 792 793 794
Vgl. Phan / Butler / Lee (2005), S. 5. Vgl. Abschnitt 4.4.3.1 in der Arbeit. Vgl. Habig / Berninghaus (1998), S. 43. Vgl. Klein (2004a), S. 96.
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welchen der Austritt aus der unternehmerischen Einflusssphäre begleitet, beeinträchtigt die Rückzugsbereitschaft der älteren Generation. Gleichermaßen begründet der Anspruch, die Nachkommen auf ihre Fähigkeiten hin zu prüfen, bevor ihnen die ultimative Entscheidungsmacht über das Unternehmen überlassen wird, einen Aufschub der Eigentumsnachfolge, die oft Jahre nach der Führungsübergabe in Angriff genommen wird795. In der Regel findet daher die Übertragung der Eigentumsrechte in Familienunternehmen weniger im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge als vielmehr erst von Todes wegen statt796, gemäß einem testamentarisch oder erbvertraglich verankerten Willen bzw. entsprechend den im Erbrecht kodifizierten Vorgaben. Diesen Möglichkeiten korrespondieren nach deutschem Recht die Typen der gewillkürten und der gesetzlichen Erbfolge797. Neben Vorschriften des Abfindungs- und des Erbschaftsrechts kommt bei Familienunternehmen vor allem auch steuerlichen Regelungstatbeständen eine herausragende Bedeutung zu. Aus der Verpflichtung zur Entrichtung von Erbschafts- und Schenkungssteuern geht insbesondere eine Gefahr für das finanzielle Gleichgewicht des Familienunternehmens und folglich für seine Kontinuität aus798. USDaten799 bestätigen, dass inadäquate Vermögensplanung zu den prominentesten Ursachen des Zusammenbruchs von Familienunternehmen im Zuge der Generationsablösung zählt, längst vor den sonst viel öfter zitierten Unzulänglichkeiten im Prozess der Führungsnachfolge. Dies ungeachtet, stößt das Thema des Eigentumswechsels in der Literatur wie auch in der Praxis auf vergleichsweise untergeordnete Aufmerksamkeit800. Die mit dem Eigentumstransfer entstehende Steuerbelastung erweist sich vor allem deshalb als kritisch, weil die Vermögensstruktur von Familiengesellschaftern meist einseitig auf das Unternehmen konzentriert ist. Aus diesem Grund ist die Möglichkeit, entsprechende Zahlungsverpflichtungen unter Inanspruchnahme von unternehmensfremden Kapitalreserven zu bestreiten, als Ausnahme zu betrachten801. Zudem stoßen sich die charakteristisch hohe Eigenkapitalquote und die langfristige Kapitalbindung von Familienunternehmen mit den in der Regel sofort fälligen Steueransprüchen802. Die Notwendigkeit zur unverzüglichen Entrichtung der Erbschafts- und Schenkungssteuern kann unter Umständen den Betroffenen Vgl. Kimhi (1997), S. 311. Vgl. Thomas (2001), S. 340. 797 Vgl. ausführlicher Hennerkes (2004), S. 131 – 147. 798 Vgl. Empfehlung 94 / 1069 / EG, ABl. Nr. L 385 vom 31. 12. 1994, S. 15. 799 Vgl. File / Prince (1996), S. 177 – 181; Soldano (1996), S. 299 – 300. 800 Vgl. MassMutual Financial Group / Raymond Institute (2003), S. 4 – 5 u. 14 – 15; Thomas (2001), S. 333 – 334. 801 Vgl. u. a. Astrachan / Tutterow (1996), S. 310. 802 Vgl. Flick / Oertzen (2005b), S. 26. Eine Ausnahme ist z. B. in den USA vorgesehen, wo eine gestundete Bezahlung der Erbschaftssteuern möglich ist; vgl. dazu Davis et al. (1996), S. 289. 795 796
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keine andere Alternative lassen, als einen Teil der Aktiva zu verwerten oder das gesamte Unternehmen zu verkaufen und im Extremfall sogar zu liquidieren803. Selbst im ersten, wenig dramatischen Szenario ist festzuhalten, dass die steuerliche Bürde – eventuell zusammen mit den Anforderungen weichender Erben und mit sonstigen güterrechtlichen sowie Pflichtteilansprüchen – Kapitalabzüge aus dem Unternehmen herbeiführt. Der resultierende Desinvestitionseffekt kommt einem Vitalitätsabfluss gleich und wird von Familieneigentümern explizit für einen negativen bis völlig hemmenden Einfluss auf das langfristige Wachstum und das Weiterbestehen des Unternehmens verantwortlich gemacht804. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn der Eigentumswechsel vor dem Hintergrund einer ohnehin krisenhaften Konstellation auf Organisationsebene stattfindet (vgl. marktinduzierte strategische Neuausrichtung während der Reifephase), deren Überwindung den Einsatz erheblicher Ressourcen erfordert. Die Offenlegung der schädlichen Auswirkungen, die Unternehmen aufgrund von Erbschafts- und Schenkungssteuern erleiden, hat in den Vereinigten Staaten eine kritische Diskussion über die Zweckmäßigkeit ihrer Auferlegung entfacht. Zur Debatte steht nicht so sehr ihre soziale und ideologische Motivation, nämlich ein (partielles) Gegengewicht zur steigenden Wohlstandskonzentration zu schaffen. Wohl angezweifelt wird aber, ob eine teilweise Konfiszierung des Eigentums beim Transfer von Vermögenswerten von einer Generation zur nächsten diesem Ziel am besten dient805. Auf EU-Ebene haben ähnliche Überlegungen zu konkreten Maßnahmen veranlasst. Besorgt, dass Unzulänglichkeiten im Recht der Mitgliedsstaaten Unternehmen (speziell kleinen und mittleren) unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Übertragung ihrer Tätigkeit bereiten können, hat die Europäische Kommission 1994 die Empfehlung Nr. 1069 vom 7. Dezember806 erlassen. Gezielte Eingriffe ins Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht werden u. a. in diesem Kontext zum Abbau der Hindernisse für erfolgreiche Unternehmensübertragungen befürwortet. Anvisiert, wie in späteren EU-Unterlagen ausdrücklich bestätigt807, sind insbesondere die Übertragungen an ein anderes Familienmitglied. Durch eine angemessene Steuerbehandlung wird dabei in erster Linie angestrebt, „marktwidrige“808 (da nicht durch Marktkräfte verursachte) Hürden zum Vollzug des Eigentumswechsels innerhalb der Familie abzuschaffen. Vorgeschlagen werden zu diesem Zweck eine Steuerentlastung für betriebliche Aktiva, die im Wege der Schenkung oder Erbschaft weitergegeben werden, sowie die Einführung von Stundungsmöglichkeiten bei der Entrichtung entsprechender Zahlungen (Art. 6). Die Berücksichtigung der Wertentwicklung des Unternehmens 803 804 805 806 807 808
Vgl. Empfehlung 94 / 1069 / EG, ABl. Nr. L 385 vom 31. 12. 1994, S. 15. Vgl. Soldano (1996), S. 300. Vgl. Astrachan / Tutterow (1996); Foster / Fleenor (1996); Wagner (1996). Vgl. Empfehlung 94 / 1069 / EG, ABl. Nr. L 385 vom 31. 12. 1994, S. 14 – 17. Vgl. Europäische Kommission (2002), S. 54. Vgl. Empfehlung 94 / 1069 / EG, ABl. Nr. L 385 vom 31. 12. 1994, S. 14.
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bis einige Monate nach erfolgter Generationsablösung für steuerliche Berechnungen (Art. 6) und die Steuerneutralität von Vorgängen (z. B. Spaltung und Austausch von Anteilen) in Zusammenhang mit der Vorbereitung einer Übertragung (Art. 4) ergänzen die Liste der Empfehlungen zur Milderung der mit dem Transfer des Unternehmens innerhalb der Familie verbundenen Steuerbelastung. Dieser Anregung folgend hatten bis 2006 nicht weniger als 21 Mitgliedsstaaten Sondervorschriften für die Erbschafts- und Schenkungssteuer im Fall einer Unternehmensübertragung eingeleitet 809. Im Grenzfall Italiens810 wurden Erbschafts- und Schenkungssteuer sogar ersatzlos gestrichen. Die positive Rezeption, die sich der oben erörterte Teil der Empfehlung insbesondere erfreut hat, zeugt indirekt von der verbreiteten Überzeugung, dass das Verbleiben der Eigentumskontrolle in den Händen der Unternehmerfamilie mit Vorteilen verbunden ist811. Demgegenüber wird die Möglichkeit des Verkaufs an Dritte als Alternative zur Sicherung der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit in der Empfehlung eher als residual betrachtet. Da die Kommission selbst ihren Aufruf auf primär ökonomische Argumente stützt812, gilt von ihrer Seite die stillschweigende Annahme, dass der Wert des Unternehmens unter der Bedingung einer familieninternen Eigentumsnachfolge höher ist als im Fall einer fremden Veräußerung. Das liegt ceteris paribus an der Nicht-Übertragbarkeit von privaten Kontrollrenten mit Reputationscharakter sowie am Verlust des impliziten Wissens und des sozialen Kapitals, von denen Familiennachfolger Träger sind813. Der Marktwert eines Familienunternehmens unterschätzt aus den genannten Gründen in der Regel deutlich seinen Wert als „going concern“ unter der Beteiligung der Eigentümerfamilie814. Bjuggren und Sund815 machen zudem darauf aufmerksam, dass Informationsasymmetrien zwischen den verhandelnden Parteien (Familie und externen Kaufwilligen) eine faire Bewertung des Verkaufsobjektes verhindern und schließlich sogar einen Zusammenbruch des Marktes816 für den Transfer von Familienunternehmen begründen können. Der Informationsnachteil von außenstehenden Interessenten macht zuverlässige Prognosen über das künftige Cashflow-Potenzial des Unternehmens schwierig bis unmöglich bzw. nur zu hohen Kosten ermittelbar. Das dadurch bedingte Ausbleiben einer objektiven, von beiden Seiten als angemessen empfundenen Preisfindung / Bewertung beeinträchtigt die Funktionsfähigkeit des Marktes für solche Transaktionen und bringt ihn gegebenenfalls zum Kollaps. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2006), S. 13. Eine Abschaffung der Erbschaftssteuer ist auch in Estland, Schweden, Zypern und in der Slowakei zu verzeichnen. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2006), S. 9. 811 Vgl. auch Bjuggren / Sund (2002), S. 125. 812 Vgl. Empfehlung 94 / 1069 / EG, ABl. Nr. L 385 vom 31. 12. 1994, S. 14. 813 Vgl. Abschnitte 4.2.3 und 4.3.1 in der Arbeit. 814 Vgl. Kimhi (1997), S. 309. 815 Vgl. Bjuggren / Sund (2002), S. 127. 816 Vgl. Akerlof (1970). 809 810
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4.5.4.2 Familiendynamik: Generationsabdriftung und Beziehungsabkühlung Mit dem Vollzug des Eigentumswechsels und der Rechtsnachfolge der zweiten bzw. späterer Generation(en) von Familiengesellschaftern sind zwei Entwicklungen verbunden, deren Ursprung zwar in der Familiensphäre anzusiedeln ist, die aber schwerwiegende Implikationen für das interne Gleichgewicht und die Funktions- bzw. Leistungsfähigkeit des Unternehmens entfalten. Nach dem konzeptionellen Modell von Gersick et al.817 lässt sich zunächst ein Phänomen der so genannten Generationsabdriftung („generation drift“818) charakterisieren. Darunter werden das Wachstum der Mitglieder der Familiendynastie und die daran anschließende Ausdehnung der Eigentümerkoalition im Laufe der Zeit erfasst. Das Voranschreiten dieses Prozesses ist natürlich bedingt durch die Fruchtbarkeitsrate der Familie. Die Struktur ihrer Unternehmensbeteiligung behält im Fall eines einzelnen Nachkommens monolithische Züge bzw. erhält sie nach zwischenzeitlicher Kapitalzersplitterung zurück819. Bei mehreren Erbanspruchsträgern kann eine konzentrierte Gesellschafterstruktur nur mittels gezielter Eingriffe („pruning the tree“820) bewahrt werden. Monarchische und männlich-dynastische Nachfolgemodelle (nach einem Geburts- und / oder Geschlechtsprimat) bieten zu diesem Zweck eine Lösung, auf die vor allem in der Vergangenheit821 häufig zurückgegriffen wurde. Ihnen gebührt das Verdienst, für klare Autoritätshierarchien zu sorgen, Machtkämpfe zwischen gleichberechtigten Anteilseignern zu vermeiden (monarchische Nachfolge) oder zumindest einzugrenzen (männlich-dynastische Nachfolge). Die selektive Übertragung der Stimm- und Eigentumsrechte am Unternehmen zugunsten einzelner bzw. ausgewählter Nachfolger wirft allerdings ein Problem der Gerechtigkeit auf. Nicht nur werden dieser Form der Diskriminierung durch erbschaftsrechtliche Bestimmungen zum Teil Grenzen gesetzt. Die Verletzung des Gleichbehandlungsprinzips zieht darüber hinaus einen zunehmenden Rechtfertigungsbedarf nach sich, indem sie gegen die gesellschaftlich inzwischen dominanten Kulturwerte verstößt, und droht vor allem, Ressentiments zu entfachen, welche das Miteinander in der Familie gravierend belasten oder sogar unmöglich machen. Die „pruning the tree“-Strategie ist daher in der Regel nur dann einsetzbar, wenn nicht unternehmensgebundene Ressourcen in ausreichendem Maße vorhanden sind, um die von der unternehmerischen Eigentumsnachfolge ausgeschlossenen Familienmitglieder adäquat zu kompensieren. In AnVgl. Gersick et al. (1997). Corbetta (1995b), S. 258. 819 Vgl. zu den Eigentumsstrukturen, die infolge des Generationswechsels entstehen können, Lansberg (1999), S. 27 – 49. 820 Corbetta (1995b), S. 259. 821 Vgl. García Álvarez / López-Sintas / Saldan˜a Gonzalvo (2002), S. 191 u. 200. 817 818
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betracht der allgemein schlechten Vermögensdiversifizierung von Familiengesellschaftern ist diese theoretisch vielfach gepriesene822 Möglichkeit in der Praxis nur selten praktikabel. Bei Vorhandensein mehrerer Nachkommen führt der Eigentumswechsel daher typischerweise zur Entstehung von erweiterten Familienunternehmen, welche die Form von Geschwisterpartnerschaften oder Vetternkonsortien823 annehmen können. Eng verzahnt mit dem Eintreten der Generationsabdriftung ist ein zweites, sich im Zeitablauf abzeichnendes Phänomen, welches die Qualität der Verhältnisse zwischen Familiengesellschaftern im Zusammenhang mit der nachfolgebeding-ten Ausdehnung der Eigentümerkoalition aufgreift. Der Begriff der Beziehungsabkühlung („cooling off“824) beschreibt die Abschwächung der gefühlsmäßigen Betonung der Familienbande bei zunehmender Entfernung des Verwandtschaftsgrades. Mit der Abdämpfung des Zugehörigkeitsgefühls zur erweiterten Familiengemeinschaft geht eine progressive emotionale Distanzierung vom Unternehmen einher. Obwohl die starke Identifizierung mit ihm dadurch Einbußen erfährt, schreitet der Abkühlungsprozess fast nie zu dem Punkt, dass die Familienteilhaber ihre Gesellschaftsbeteiligung im Sinne einer reinen Finanzanlage betrachten825. Die geschilderten Begleiterscheinungen des Eigentumstransfers setzen eine Reihe von Konsequenzen in Gang, deren ultimative Auswirkung auf die Funktionsfähigkeit des Unternehmens nicht eindeutig zuordenbar ist. Die Generationsabdriftung ist für eine unmittelbare Kapitalzersplitterung verantwortlich und leitet parallel dazu einen schrittweisen Differenzierungsprozess unter den Familiengesellschaftern ein. Der wachsende Ressourcenbedarf, den die ausgedehnte Familienkoalition gegenüber dem Unternehmen meldet, kann nur durch einen erfolgreichen Expansionsprozess bzw. eine Verbesserung der ökonomischen Ergebnisse befriedigt werden826. Bleiben diese Entwicklungen aus, so drohen die finanziellen Forderungen einer steigenden Anzahl an Anteilseignern Mittel aus dem Unternehmen abzuführen, die letztlich der Finanzierung von dessen Wachstum und der weiteren strategischen Planung entzogen werden. Sowohl die Schwierigkeit, für eine sich erhöhende Anzahl an Nachfolgern attraktive Positionen im familieneigenen Unternehmen bereit zu halten, als auch ihre abweichenden Interessenlagen machen eine zunehmende Rollendiversifizierung unabdingbar. Diese spiegelt sich in erster Linie in der Koexistenz von Anteilseignern, die zugleich auch Führungsaufgaben übernehmen (aktive Eigentümer), und solchen, die nicht im Tagesgeschäft des Unternehmens involviert sind (passive 822 823 824 825 826
Vgl. Broseta et al. (2001), S. 291. Vgl. dazu Lansberg (1999), S. 29 – 37; Gersick et al. (1997), S. 29 – 56. Corbetta (1995b), S. 259. Vgl. Demattè / Corbetta (1993), S. 110 – 111. Vgl. Demattè / Corbetta (1993), S. 124 – 125.
4.5 Nachfolgeproblematik in Familienunternehmen
181
Eigentümer), wider. Gerade wenn die Aufteilung der Stimmrechte unter den Nachfolgern anhand eines paritätischen Kriteriums erfolgt ist, hegen Konflikte zwischen einzelnen Familienmitgliedern bzw. -stämmen um Fragen der Beherrschung und der Kontrolle des Unternehmens ein destabilisierendes Potenzial827. Auseinandersetzungen um den Führungsanspruch haben ihren Ursprung in dem Macht- und Prestigedenken der jeweiligen Beteiligten, sie können aber auch auf die Befürchtung zurückgeführt werden, bei einer Leitung durch Vertreter anderer (Familien-)Anteilseignergruppen in Sachentscheidungen oder Informationsweitergabe benachteiligt zu werden828. Wie bereits unter Abschnitt 4.4.2 diskutiert, stellt die Dividendenpolitik einen häufigen Kristallisationspunkt für den Konflikt zwischen geschäftsführenden Gesellschaftern und passiven (Familien-)Eigentümern. Während sich die einen für eine konsequente Thesaurierungsstrategie einsetzen, neigen die anderen zu einer starken Cashflow-Präferenz. Eine unzureichende Pflege der Kommunikation zu den im Unternehmen nicht tätigen Anteilseignern schwächt deren Vertrauensbasis und trägt zur Entstehung weiterer Spannungen innerhalb der Familienkoalition bei. Ein Agency Problem tritt im Endeffekt zwischen den in unterschiedlichen Rollen tätigen Familieneigentümern auf, wobei die in der Regel eingeschränkte Titelmobilität 829 dem Prinzipal / Outsider die Ausstiegsoption nur – wenn überhaupt – unter Inkaufnahme hoher Wertabschläge ermöglicht. Die Beziehungsabkühlung sorgt indes auch für eine Milderung der emotionsgeladenen Konfliktanfälligkeit von Beziehungen, die durch große Nähe gekennzeichnet sind. Gleichzeitig wirft sie jedoch ein Kohäsionsproblem auf: Das Nachlassen des starken Zugehörigkeitsgefühls zur Familie und zum Unternehmen macht es schwieriger, Konflikte positiv zu überwinden und die Gesellschafterkoalition nur kraft affektiver Bindungen zusammenzuhalten. Um der Gefahr zu entgehen, dass das Familiensystem seine integrierende Kraft verliert und zentrifugale Tendenzen die Oberhand gewinnen, bedarf es nach institutionalisierten Regeln und Vorgehensweisen – z. B. hinsichtlich der Selektionskriterien für Familienkandidaten bei der Besetzung von Leitungsposten – und nach der Formalisierung von Strukturen der Governance auch auf Familienebene 830. Familienräte („family councils“) und regelmäßige Familientreffen („family meetings“) mit gemischtem sozialem und informativem Charakter bieten geeignete Diskussionsbühnen zur Erarbeitung geteilter Visionen und deren Überprüfung sowie zur Erneuerung der gegenseitigen Vertrauensbasis, sind jedoch mit Kosten verbunden, welche die Agency Vorteile einer familienbasierter Kontrollstruktur erodieren. Vgl. Broseta et al. (2001), S. 291; Barach (1984), S. 3. Vgl. hierzu Terberger (1998), S. 71 – 72 u. 93 – 94. 829 Dazu tragen explizite Klauseln bei, die auf einen Verbleib der Eigentumstitel innerhalb der Familie abzielen; vgl. z. B. Wimmer / Groth (2005), S. 124 – 125; Clark (1986), S. 763 – 765. 830 Vgl. Montemerlo / Corbetta (2003), S. 439 – 444. 827 828
182
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Die größere emotionale Distanz zu den Mitgesellschaftern und dem Unternehmen lässt schließlich die Perspektive einer Trennung mehr akzeptabel erscheinen. Dies trifft auf eine Konstellation, in der die Aufteilung der Anteilsrechte auf mehrere Nachfolger Abfindungen zugunsten ausscheidender Familieneigentümer überhaupt erst tragbar macht831. Mit dem Austritt verkaufswilliger Familienvertreter aus dem Kreis der Gesellschafter liegt eine strukturelle Lösung für das Problem des Entscheidungsstillstands vor, für das eine zerstrittene Kontrollkoalition häufig verantwortlich ist832.
4.6 Zwischenfazit Im Rahmen der mikrotheoretischen Betrachtung sollte überprüft werden, ob das Beharrungsvermögen von Familienunternehmen im Lichte nicht imitierbarer Leistungspotenziale erklärt werden kann, oder ob modellimmanente Schwächen Zweifel an der Zukunftsträchtigkeit familienbasierter Organisationsformen – gerade als mehrgenerationaler Konstrukte – aufwerfen. Den Leitfaden der Diskussion hat eine multidimensionale Zielauffassung gebildet, welche der Existenz nicht ökonomischer Handlungsdeterminanten in Verbindung vor allem mit der Wahrnehmung familiärer und sozialer Verantwortung explizit Rechnung trägt. Gerade die Erweiterung des im traditionellen finanzwirtschaftlichen Paradigma verankerten Zielverständnisses um nicht monetär quantifizierbare Größen gilt in der Literatur als unerlässlicher Schritt auf dem Weg der Entwicklung einer Theorie der Familienunternehmung833. Die Auswirkungen der so erfassten multiplen Rationalität auf die Funktionsfähigkeit von Familienunternehmen wurden im vorliegenden Kapitel an ausgewählten Themenkomplexen herausgearbeitet, die anfangend mit den Agency Beziehungen zwischen Eigentümern und Managern bzw. Familien- und externen Anteilseignern über Personal- und Finanzierungsfragen bis hin zur Nachfolgeproblematik ein umfassendes Bild der Eigenart von Familienunternehmen wiedergeben. In der Tabelle 4-2 sind die dabei gewonnenen Erkenntnisse überblicksartig zusammengefasst.
Vgl. aber Terberger (1998), S. 84. Vgl. Demattè / Corbetta (1993), S. 114. 833 „[ . . . ] a theory of the family firm will have to include consideration of benefits, decisions and behaviors unrelated to economic performance“; Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 24. 831 832
4.6 Zwischenfazit
183
Tabelle 4-2 Ambivalente Attribute von Familienunternehmen als fundierendes Merkmal ihrer Eigenart Spannungsfeld zwischen Eigentum und Führung bzw. zwischen Familien- und externen Anteilseignern aus Agency-theoretischer Sicht Besetzung von Führungspositionen durch Familienmitglieder Verringerung der Agency Kosten aus der Trennung von Eigentum und Management unter der Voraussetzung von symmetrischem Altruismus und / oder bei Wirksamkeit sozialer Kontroll- bzw. Überwachungsmechanismen. Entstehung zusätzlicher Agency Kosten unter Bedingungen einseitigen Altruismus und mangelnder Selbstdisziplin seitens der altruistischen Persönlichkeit(en). Besetzung von Führungspositionen durch professionelle Manager Verringerung der Agency Kosten aus der Trennung von Eigentum und Management dank der starken Überwachungsanreize der Familienkoalition und Überwindung des „free rider“ Problems. Langfristige Ausrichtung der Beziehung zum Unternehmen sichert der Familie einen Informationsvorsprung gegenüber anderen konzentrierten Anteilseignern und erhöht die Effizienz ihrer Monitoring-Tätigkeit. Dominierende Stellung der Familienkoalition Entstehung zusätzlicher Agency Kosten durch den Anreiz konzentrierter Anteilseigner zur Extraktion privater Kontrollrenten. Prominente Bedeutung von nicht monetären Kontrollrenten und hoher Stellenwert von Reputation und gesellschaftlicher Akzeptanz für Familieneigentümer verringern die Expropriationsgefahr relativ zu anderen konzentrierten Teilhabern. Personalpolitische Fragen im Hinblick auf das soziale Kapital und auf die Organisationskultur von Familienunternehmen Mitwirkung von Familienmitgliedern im Unternehmen Aufbau und generationsübergreifende Weitergabe von sozialem Kapital. Vorteile von starken Bindungen aus netzwerktheoretischer Perspektive: Förderung des Erkenntnisaustausches (vor allem im Bereich des idiosynkratischen Wissens), Stiftung von Solidarität und Kooperationsgeist, Ausbau und Verbreitung eines Bündels geteilter Orientierungen und Wertvorstellungen (Stichwort: starke Unternehmenskultur). Beschränkter Arbeitspool bei der Auswahl der Führungskandidaten (InkompetenzVorwurf), Mangel an objektiver Leistungsbeurteilung und fehlende Austauschbarkeit. Nachteile von starken Bindungen aus netzwerktheoretischer Perspektive: Übermittlung redundanter Informationen mit konsequenter geringer Permeabilität des Unternehmens für externe Stimuli; Blockierung neuer Orientierungen und Flexibilitätsmangel aufgrund starker Unternehmenskultur. Mitwirkung von Nicht-Familienmitgliedern im Unternehmen Loyalität sowie überdurchschnittliche Einsatz- und Leistungsbereitschaft als Folge der koordinierenden und sinnstiftenden Wirkung einer starken Organisationskultur und der ex ante Effizienz von impliziten Verträgen zwischen der Unternehmerfamilie und der Belegschaft. Unscharfe Verantwortungsabgrenzungen und unkodifizierte Koordinationsmechanismen. Ex post Ineffizienz der Einhaltung von impliziten Verträgen mit der Belegschaft. Kognitive Herausforderung im Zusammenhang mit der Komplexität der Zielfunktion von Familienunternehmen und entsprechende Konsequenzen. Fortsetzung nächste Seite
184
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Fortsetzung Tabelle 4-2 Kapitalstrukturentscheidung Innenfinanzierung Intensive Ausschöpfung der Gewinnthesaurierungsmöglichkeiten Flexibilität durch Verfügungsmacht über hohe finanzielle Reserven und Stärkung der Unternehmensunabhängigkeit gegenüber Kapitalgebern und Markteinflüssen. Verringerung der Finanzierungskosten. Zusätzliche Bündelung der familiären Vermögenswerte im Unternehmen mit konsequentem Verzicht auf Diversifikationsvorteile und hoher Verwundbarkeit gegenüber außerordentlichen Liquiditätsabflüssen. Konfliktpotenzial zwischen aktiven und passiven Familienmitgliedern bzw. Groß- und Kleinanteilseignern. Außenfinanzierung in Form der Fremdfinanzierung Niedrige Verschuldungsquote Starke Eigenkapitalbasis verleiht dem Unternehmen hohe Widerstandskraft und verringert seine Anfälligkeit für externe Markteinflüsse. Wachstumsoptionen bleiben ungenutzt und damit auch die Chance, sich für ein schärfer werdendes Wettbewerbsumfeld zu rüsten. Überhang an kurzfristigen Kreditzielen Disziplinierende Wirkung des erhöhten finanziellen Drucks kurzfristiger Fälligkeitstermine. Hohes Refinanzierungsrisiko und damit verbundene Ineffizienzen in Form der Unterlassung wirtschaftlicher Investitionen und der möglichen Entstehung eines Liquidierungszwangs. Außenfinanzierung in Form der Eigenfinanzierung Vorzugsweiser Rückgriff auf die finanziellen Reserven der Familienkoalition Kostenvorteile infolge mäßiger Renditeforderungen der Familienfinanciers. Der langfristige Zeithorizont und das Wegfallen des kurzfristigen Ergebnisdrucks sichern ceteris paribus eine höhere Investitionseffizienz und größere Stabilität gegenüber Marktschocks. Stärkung der Krisenbeständigkeit von Familienunternehmen durch die Möglichkeit zum jederzeitigen Ressourcenaustausch zwischen Familie und Unternehmen. Die persönliche Vermögensausstattung der Familienmitglieder und ihre Bereitschaft zur Risikoübernahme setzen Kapitalbeschaffungsmaßnahmen natürliche Grenzen. Schwieriger Zugang zu externem Risikokapital Hohe Kosten der externen Eigenkapitalaufnahme aufgrund von Informationsasymmetrien, Liquiditätsprämien und des antizipierten Interessenkonfliktes zwischen Familienteilhabern und Minderheitsanteilseignern. Investitionseffizienzund Profitabilitätseinbußen infolge beschränkter Wachstumsoptionen. Limitiertes Reaktionsvermögen gegenüber Veränderungen im Wettbewerbsumfeld. Nachfolgeproblematik Führungsnachfolge Chance, die Basis der unternehmerischen Wettbewerbsfähigkeit zu erneuern und die Familie wiederum auf eine gemeinsame Linie einzuschwören. Dabei: Schutz vor einem Ziel- und Visionsverlust dank der Stabilität des Kulturmodells von Familienunternehmen.
4.6 Zwischenfazit
185
Prozess der Institutionalisierung des Charismas als Herausforderung vor allem bei der Gründerablösung. Widerstand der amtierenden Persönlichkeit, sich mit der eigenen Nachfolge konsequent zu beschäftigen, und daraus resultierende Probleme. Unsicherheit der Familienkandidaten bezüglich der eigenen Fähigkeiten und mögliche Rivalitäten um die Führung. Problemkatalysierende Wirkung der Überlagerung des Generationsablösungsprozesses mit gravierenden Transformationen im Wettbewerbsumfeld des Unternehmens (Stichwort: Lebenszykluskonzept). Eigentumsnachfolge Übertragung von privaten Kontrollrenten mit Reputationscharakter sowie von implizitem Wissen und sozialem Kapital. Kapitalabzüge aufgrund von Erbschafts- und Schenkungssteuern, Forderungen weichender Erben und sonstigen güterrechtlichen sowie Pflichtteilansprüchen. Auswirkungen von Generationsabdriftung und Beziehungsabkühlung auf die Ressourcenbalance zwischen Familie und Unternehmen und auf die Konfliktanfälligkeit der Beziehungen im Angehörigenkreis.
Ein Blick auf die in den vorausgegangenen Abschnitten präsentierten und in Tabelle 4-2 nochmals stichwortartig festgehaltenen Ergebnisse zeigt, wie das auszeichnende Merkmal von Familienunternehmen auf die systematische Ambivalenz ihrer Attribute zurückgeführt werden kann. In einem älteren Artikel hatten Tagiuri und Davis den Begriff von „bivalent attributes“ zur Schilderung der Einzigartigkeit von Familienunternehmen bereits eingeführt. „Bivalent attributes“ verstehen sie in diesem Zusammenhang als „unique, inherent features of these firms [family firms; Anm. d. Verf.]“, wobei „each of these key attributes is a source of benefits and disadvantages“834. Die im Laufe des Kapitels erlangten Einsichten erweitern den Ansatz der beiden Autoren, deren Aufmerksamkeit auf vereinzelte Aspekte der innerfamiliären Beziehungsdynamik sowie ihrer Auswirkungen auf die betriebliche Sphäre beschränkt blieb, und verleihen ihm allgemeinen Charakter. Sie präzisieren ihn zudem dahingehend, dass die Verflechtung von ökonomischen und nicht ökonomischen Zieldeterminanten als Ursache besagter Ambivalenz identifiziert wird. Aus verschiedenen Gründen ist die Bedeutung dieser Erkenntnis hervorzuheben: Ganz im Sinne von Fletchers Aufruf zu einer kritischeren Einstellung gegenüber den „taken for granted realities of family business practices/processes“835, auf welche Fachspezialisten ihre Forschungsbemühungen konzentrieren, hat die dialektische Argumentation des Kapitels Widersprüche und Unstimmigkeiten konsequent aufgedeckt, die sich hinter den angestammten „Wahrheiten“ über Familienunternehmen verbergen. Die diskutierten Implikationen aus den unterschiedlichen Altruismusausprägungen der Beziehungen innerhalb der Familiengemeinschaft (symmetrische versus asymmetrische Altruismusannahme) und der hervorgehobene Stellenwert nicht pekuniärer privater Kontrollrenten für die 834 835
Tagiuri / Davis (1996), S. 200 – 201. Fletcher (2001), S. 36.
186
4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Unternehmerfamilie fordern die traditionelle Agency Charakterisierung des Verhältnisses zwischen Eigentümern und (Familien-)Managern sowie zwischen Familien- und externen Anteilseignern heraus. Dem regelmäßig stigmatisierten Leistungsdefizit von Familiennachfolgern gegenüber professionellen Führungskräften wurde aus netzwerkanalytischer Sicht der Beitrag erstgenannter zur Kumulation und Weitergabe von sozialem Kapital und zur Schöpfung damit verbundener Wertpotenziale entgegengehalten. Schattenseiten der oft gepriesenen Leistungs- und Einsatzbereitschaft der Beschäftigten in Familienunternehmen wurden in der ihnen durch das multidimensionale Zielverständnis der Organisation aufgebürdeten kognitiven Herausforderung sowie in den Kosten identifiziert, welche die Eigentümerfamilie für die Aufrechterhaltung impliziter Verträge mit der Belegschaft eingeht. Schließlich brachte die Auseinandersetzung mit den Hintergründen der vielfach beklagten, hohen Sterblichkeitsquote von Familienunternehmen836 manche empirische und konzeptionelle Schwachstellen der im Rahmen der Nachfolgeforschung diesbezüglich dokumentierten Evidenz ans Licht. Hingewiesen wurde zugleich darauf, dass Vermögensplanungsdefizite in Zusammenhang mit dem Eigentumswechsel viel gravierendere Konsequenzen auf die Überlebensfähigkeit von Familienunternehmen als die sonst immer wieder vorgetragenen Unzulänglichkeiten im Prozess der Führungsnachfolge haben. Die Charakterisierung der Andersartigkeit von Familienunternehmen in Form der Ambivalenz deren Eigenschaften, welche in der multiplen Rationalität ihrer Handlungsdeterminanten wurzelt, überwindet die tautologische Qualität der in der Literatur verbreiteten Aussage, dass die Überlappung von Familie, Eigentum und Management als differenzierendes Merkmal von Familienunternehmen aufzufassen sei837, und füllt sie mit Inhalt und Konkretion. Dadurch gelingt es zugleich, ein bislang viel beklagtes Manko zu beheben: „[ . . . ] to this date, we know little about the specific mechanisms through which family firms affect performance [ . . . ]. As a result, it is hard to identify the distinctive features of family firms that distinguish them from other corporations [ . . . ]“838. Aus der obigen Bemerkung folgt – quasi als Korollar –, dass der Einfluss einer herrschenden Anteilseignerfamilie den Wertschöpfungsprozess auf distinktive Art prägt. Die Frage nach der Einzigartigkeit von Familienunternehmen und damit nach der Legitimationsgrundlage eines auf sie zugeschnittenen Forschungsgebietes (dessen Existenzberechtigung nicht widerspruchsfrei anerkannt ist839) wird sodann positiv gelöst. Vgl. hingegen Kormann (2005), S. 8 – 10. Vgl. z. B. Mussolino / Viganò (2005), S. 3. 838 Bennedsen et al. (2005), S. 1. In ähnlichem Sinn vgl. auch Gallo / Tàpies / Cappuyns (2004), S. 303; Chami (2001), S. 3. 839 Vgl. Bird et al. (2002), S. 338. 836 837
4.6 Zwischenfazit
187
Festgestellt, dass die unternehmerische Beteiligung einer Familienkoalition die betrieblichen Ressourcen, Strukturen und Prozesse, sprich die Modalitäten der Werterzeugung signifikant beeinflusst840, bleibt zu klären, welche Auswirkungen sie auf das Niveau der Wertschöpfung und auf die Wettbewerbsfähigkeit von Familienunternehmen ausübt. Das hier vertretene Argument, dem entsprechend die ambivalente Natur der Attribute von Familienunternehmen als fundierendes Kennzeichen ihrer Eigenart als Unternehmensgattung anzusehen ist, schließt die Möglichkeit aus, eine pauschale Aussage über den wertschöpfenden bzw. -verbrauchenden Charakter der ihnen innewohnenden Dynamik abzuleiten. Als gleichermaßen unhaltbar erweisen sich sowohl die Thesen841, die eine positive marginale Substitutionsrate zwischen ökonomischen und nicht ökonomischen Zielsetzungen in Familienunternehmen unterstellen, als auch manche romantisch gefärbte Auffassung842, welche von der Existenz komplementärer Beziehungen zwischen den Zielkomponenten von Familienunternehmen ausgeht. Auf der Suche nach jenen endgültigen Antworten hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Familien- versus Nicht-Familienunternehmen, welche die Theorie nicht zu liefern vermag, ist die Zuflucht in die Empirie vielfach als Ausweg vorgeschlagen worden843. Doch die Befunde bislang durchgeführter Untersuchungen fallen bei weitem nicht einhellig aus, wie in den Tabellen 4-3 bis 4-5 auszugsweise dokumentiert. Sicherlich beeinträchtigen die inkonsistenten Definitionen844 von Familienunternehmen und die unterschiedlich gewählten Performance-Maße845 die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Auch können die schwerpunktmäßige Fokussierung auf börsennotierte Objekte bemängelt und die relativ kurzen Erhebungszeiträume u. a. dafür verantwortlich gemacht werden, dass kein eindeutiger Zusammenhang zwischen unternehmerischer Familienbeteiligung und Performance empirisch nachweisbar ist.
Vgl. auch Klein (2004b), S. 12. Vgl. z. B. Galve Górriz / Salas Fumás (2004), S. 128; Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 29. 842 Vgl. Brokaw (1992), S. 76. 843 Vgl. u. a. Menéndez-Requejo (2005), S. 2; Anderson / Reeb (2003a), S. 1302. 844 Vgl. z. B. Villalonga / Amit (2006), S. 412 – 414. Eine konsequente Umsetzung der Arbeitsdefinition bei der Auswahl der präsentierten Empirie war aufgrund der beschränkten Anzahl an bislang durchgeführten Untersuchungen nicht möglich. In Anlehnung an die vorgeschlagene Begriffsabgrenzung wurden aber Studien in Betracht gezogen, in denen die Eigentumsverhältnisse der Familienkoalition das ausschlaggebende Kriterium für die Identifikation als Familienunternehmen darstellen. 845 Aus den Tabellen lässt sich jedoch erkennen, dass selbst bei Zugrundelegung einheitlicher Erfolgsmessungskriterien die Widersprüchlichkeit der Befunde beibehalten bleibt. Die alternative Auswahl von Marktbewertungsmaßstäben (vgl. Tobin’s q), bilanziellen RenditeKennziffern (vgl. Return on Assets bzw. Gesamtkapitalrentabilität) oder Effizienzindikatoren (vgl. Total Factor Productivity) kann daher keine (alleinige) Erklärung für die abweichenden Untersuchungsergebnisse bieten. 840 841
Autor(en)
Ehrhardt / Nowak / Weber
Barontini / Caprio
Galve Górriz / Salas Fumás
Poutziouris
Gnan / Montemerlo
Jahr
2006
2005
2005
2005
2001
Verwendete Definition von Familienunternehmen
620 kleine und mittlere italienische Unternehmen (mit bis zu 500 Mitarbeitern und 250 Mio. A Umsatz) beobachtet im Zeitraum 1995 – 1999
687 Gesellschaften, die zum FTSE All-Share Index gehören und mindestens 5 Jahre lang (im Zeitabschnitt 1999 – 2004) am London Stock Exchange notieren
53 Unternehmen, die im Zeitraum von 1990 bis 2004 am spanischen Aktienmarkt notieren (unter Ausschluss von Finanzinstituten und öffentlichen Einrichtungen)
675 börsennotierte Unternehmen des nicht finanziellen Sektors mit je einem Gesamtvermögen von mehr als 300 Mio. A aus 11 kontinentaleuropäischen Ländern
Performance-Maß(e)
Total Factor Productivity
Aktionäre mit dem gleichen Familiennamen kontrollieren (direkt und / oder indirekt) das größte Aktienpaket unter allen Großanteilseignern des Unternehmens
Unternehmen, die zumindest eine der folgenden Anforde- Return on Sales; rungen erfüllen: i) mindestens 51 % des Eigenkapitals ist Return on Investments; im Familienbesitz; ii) die Familie besitzt weniger als 51 % Return on Equity des Eigenkapitals, kontrolliert jedoch das Unternehmen gemeinsam mit Freunden, anderen Unternehmern und Mitarbeitern; iii) die Befragten nehmen das Unternehmen als Familienunternehmen wahr
Aktienpreis / KapitalisieGesellschaften mit mindestens 10 % Familieneigentum, die bereits einen Generationswechsel erfahren haben und rung in denen mindestens ein Familienmitglied im Direktorium vertreten ist, sowie solche, auf die obige Bedingungen nicht zutreffen, in denen aber beabsichtigt wird, das Familieneigentum in der nächsten Generation zu erhalten
Tobin’s q (Marktwert zu Wiederbeschaffungskosten der Aktiva); Return on Assets
Return on Assets
Eine Familie kontrolliert als Großanteilseigner entweder mehr als 51 % der direkten Stimmrechte oder mehr als doppelt so viele direkte Stimmrechte wie der zweitgrößte Aktionär
Die Gründerfamilie übt auf das Unternehmen einen Je 62 deutsche, börsennotierte Familien- und Nicht-Familienunterneh- dominierenden Einfluss aus, der durch eine Stimmrechtskonzentration von mehr als 50 % dokumentiert wird men, die vor 1913 gegründet wurden und 2003 fortbestehen
Stichprobe
Empirische Performancemessung: überlegene Leistungsfähigkeit von Familienrelativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse)
Tabelle 4-3 188 4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
Autor(en)
Ehrhardt / Nowak / Weber
Sacristán Navarro / Gómez Ansón
Sraer / Thesmar
Poutziouris / Sitorus
Santana Martín / Cabrera Suárez
Thomsen / Pedersen
Jahr
2006
2005
2004
2001
2001
2000
Verwendete Definition von Familienunternehmen
435 der größten Unternehmen des nicht finanziellen Sektors aus 12 europäischen Ländern im Jahr 1990
108 Unternehmen des nicht finanziellen Sektors, die Ende 1999 an der Madrid Stock Exchange notieren
4.854 etablierte, unabhängige UKGesellschaften im Privatbesitz mit mehr als 10 Mitarbeitern, 1 Mio. Pfund Umsatz und 10 % Wachstum im letzten Finanzjahr
470 Unternehmen, die im Zeitraum 1994 – 2000 am französischen Aktienmarkt notieren (unter Ausschluss des Finanz- und des Immobiliensektors)
86 Unternehmen, die Ende 2002 an den elektronischen Märkten der vier spanischen Wertpapierbörsen notieren
Tobin’s q (aber: höheres q, wenn das Familienunternehmen gründergeführt ist) Sustainable Growth Rate (vom Unternehmen ohne Erhöhung des Financial-Leverage höchst erzielbare Wachstumsrate)
Der größte Endeigentümer ist eine Familie, die mindestens 20 % der Anteile kontrolliert
Unternehmen, die folgende Anforderungen erfüllen: i) Überlappung von Eigentum und Management; ii) Familienname mehrfach im Eigentum und / oder Management vertreten; iii) mehr als 50 % der Stimmrechte in den Händen der Familieneigentümer bzw. -manager
Gesellschaften, deren größter Eigentümer eine Familie ist
Umsatzwachstum
Return on Assets; Eine Familie ist am Eigentum und an der Kontrolle des Unternehmens beteiligt, d. h. sie hält mindestens 10 % der Return on Equity Anteile und ist im Direktorium vertreten
(branchenadjustierter) Markt- zu Buchwert des Eigenkapitals
Langfristige Aktienperformance
Performance-Maß(e)
Unternehmen, deren wichtigster Großaktionär eine Familie oder ein Individuum ist, die bzw. das – gegebenenfalls über mehrere Kontrollstufen hinweg – mindestens 10 % der Stimmrechte kontrolliert
Die Gründerfamilie übt auf das Unternehmen einen Je 62 deutsche, börsennotierte Familien- und Nicht-Familienunterneh- dominierenden Einfluss aus, der durch eine Stimmrechtskonzentration von mehr als 50 % dokumentiert wird men, die vor 1913 gegründet wurden und 2003 fortbestehen
Stichprobe
Empirische Performancemessung: keine signifikanten Unterschiede in der Leistungsfähigkeit von Familienrelativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse)
Tabelle 4-4
4.6 Zwischenfazit 189
Cronqvist / Nilsson
Morck / Stangeland / 246 öffentlich gehandelte GesellschafYeung ten unter den 500 umsatzstärksten Unternehmen Kanadas im Jahr 1988
Thomsen / Pedersen
2003
2000
2000
435 der größten Unternehmen des nicht finanziellen Sektors aus 12 europäischen Ländern im Jahr 1990
Return on Assets; Return on Sales Markt- zu Buchwert des Eigenkapitals; Return on Assets
Unternehmen, die von ihren Gründern oder deren Nachkommen mit einem Aktienpaket von mindestens 20 % kontrolliert werden Gesellschaften, deren größter Eigentümer eine Familie ist
Unternehmen, in denen der Stimmrechtsanteil eines Indi309 schwedische Gesellschaften, die im Zeitraum 1991 – 1997 an der Stock- viduums oder einer Familie mindestens 25 % beträgt holm Stock Exchange notieren
86 Unternehmen, die Ende 2002 an den elektronischen Märkten der vier spanischen Wertpapierbörsen notieren
Tobin’s q
(branchenadjustierter) Return on Assets
Unternehmen, deren wichtigster Großaktionär eine Familie oder ein Individuum ist, die bzw. das – gegebenenfalls über mehrere Kontrollstufen hinweg – mindestens 10 % der Stimmrechte kontrolliert
Sacristán Navarro / Gómez Ansón
2005
(Vermögens-)Wachstum
Aktionäre mit dem gleichen Familiennamen kontrollieren (direkt und / oder indirekt) das größte Aktienpaket unter allen Großanteilseignern des Unternehmens
53 Unternehmen, die im Zeitraum von 1990 bis 2004 am spanischen Aktienmarkt notieren (unter Ausschluss von Finanzinstituten und öffentlichen Einrichtungen)
Galve Górriz / Salas Fumás
2005
Total Factor Productivity
Unternehmen, deren Anteile sich zu mindestens 33 % im Besitz eines Individuums oder einer Familie befinden
438 Unternehmen, die dem norwegischen Wirtschafts- und Industrieverband angehören und mehr als 10 Mitarbeiter im Jahr 1996 aufweisen
Performance-Maß(e)
Verwendete Definition von Familienunternehmen
Stichprobe
Barth / Gulbrandsen / Schøne
Autor(en)
2005
Jahr
Empirische Performancemessung: unterlegene Leistungsfähigkeit von Familienrelativ zu Nicht-Familienunternehmen (ausgewählte Ergebnisse)
Tabelle 4-5
190 4 Familienunternehmen aus mikrotheoretischer Sicht
4.6 Zwischenfazit
191
Vor dem Hintergrund der theoretisch gewonnenen Einsichten scheint aber die widersprüchliche Evidenz in erster Linie als Bestätigung dafür interpretiert werden zu können, dass der Anspruch, eine allgemeine These über einen möglichen Effizienzvorsprung bzw. -rückstand von Familienunternehmen gegenüber anderen Organisationsformen aufzustellen, fehlgeleitet ist. Er beruht auf der Prämisse, dass der Begriff Familienunternehmen repräsentativ für die Strategie und Struktur aller sich im Familieneigentum befindlichen Unternehmen eingesetzt werden kann. Die angesprochene Vielfalt an Interaktionsmustern innerhalb der Familiengemeinschaft (z. B. in Zusammenhang mit Aspekten wie Altruismus und Selbstkontrolle) sowie die Art, wie sich diese auf das unternehmerische Geschehen (in etwa bei der Nachfolgeregelung) auswirken und die einmalige Symbiose zwischen Familie und Unternehmen bestimmen, machen stattdessen klar, dass die einheitliche Bezeichnung Familienunternehmen nicht über die schattierungsreiche Qualität der darunter subsumierten Wirtschaftsakteure hinweg täuschen darf. Eine weitere Grenze der in den Tabellen 4-3 bis 4-5 beispielhaft angeführten Studien ist darin zu sehen, dass sie auf die Erfassung ökonomisch-finanzieller Größen und Maßzahlen fokussiert bleiben. Es werden keine Anstrengungen unternommen, nicht monetäre Dimensionen im Bewertungsprozess zu berücksichtigen846. In Anbetracht der Beschaffenheit der Zielfunktion von Familienunternehmen, die eine multiple Rationalität widerspiegelt, ist die Eignung eines solchen Ansatzes eher problematisch847, auch und gerade wenn es darum geht, die Wettbewerbsbeständigkeit und die Werthaltigkeit des Modells Familienunternehmen zu beurteilen. Denn zum einen lässt eine verhältnismäßig schwache ökonomische Leistung nicht unmittelbar auf eine Gefährdung des Familienunternehmens schließen, so lange die Erfüllung weiterer Prioritäten nicht monetären Charakters einen ausgleichenden Effekt ausübt. Gleichzeitig gilt auch, dass ein Familienunternehmen trotz guter fundamentaler Daten aufgrund der Verfolgung nicht ökonomischer Motive in seinem Bestand gefährdet werden kann. Zum anderen kann aus gesamtwirtschaftlicher wie auch aus gesellschaftspolitischer Sicht ein Urteil über die Werthaltigkeit von Familienunternehmen als Organisationsform von der Thematisierung der Frage nicht abstrahieren, wie „ethical, intellectual, human, and social values contribute to the overall financial well being of society“848.
Vgl. für eine Ausnahme Gimeno / Labadie / Saris (2004), insb. S. 149. Vgl. dazu Mussolino / Tàpies (2005), S. 3; Zellweger (2005), S. 3 – 6; Haynes et al. (1999), S. 238. 848 Klein (2004b), S. 13. 846 847
5 Zusammenfassende Schlussbetrachtung und Ausblick Die Funktionsweise moderner Wirtschaftssysteme basiert auf ökonomischen Spezialisierungsprozessen, die sich u. a. in der Trennung von Produktions- und Konsumtätigkeiten widerspiegeln. Dabei gelten Unternehmen als Produktionsstätten, während Familien in erster Linie als Konsumeinheiten angesehen werden. Für Unternehmen, die sich im Familieneigentum befinden, erweist sich solche Differenzierung jedoch als weitgehend abstrakt849. In dieser Konstellation tritt die Familie nach wie vor als Protagonist der unternehmerischen Landschaft selbst in den fortschrittlichsten Industrienationen auf. Trotz der zeit- und landesübergreifenden Beständigkeit von Familienunternehmen hat ihre Behandlung in der wissenschaftlichen Diskussion lange ein Schattendasein gefristet. Auf der Suche nach den Gründen hinter diesem oft bestaunten Paradox hat das zweite Kapitel der Arbeit das Werden von Familienunternehmen als Gegenstand wissenschaftlichen Interesses bis zu den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts zurückverfolgt. Damit wurde der zuletzt von Zahra und Sharma850 nachdrücklich formulierten Anforderung Genüge getan, die Entstehung sowie die historische Entwicklung des speziell auf Familienunternehmen zugeschnittenen Studiengebietes zu rekonstruieren. Der aufgespannte Bogen über die zu diesem Zweck relevante Veröffentlichungsproduktion der letzten sieben Jahrzehnte hat dokumentiert, wie das Erwachen der akademischen Aufmerksamkeit für das Modell Familienunternehmen parallel mit der Erosion des Glaubens an den unaufhaltsamen Anstieg des anonymen Großunternehmens als organisatorischer Modus des Wirtschaftens verlief. Der zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts prognostizierte Siegeszug der Publikumsgesellschaft mit gestreuter Aktionärsstruktur ordnete familienbasierten Unternehmensformen perspektivisch nichts weiter als ein Marginaldasein zu. Die nachhaltige Wirkung dieser mit den Namen von Berle und Means allgemein in Verbindung gebrachten Prophezeiung erklärt, warum sich die wissenschaftliche Literatur über Jahrzehnte hinweg kaum mit dem Thema Familienunternehmen beschäftigt hat. Inzwischen lässt sich feststellen, dass Familienunternehmen keineswegs jenem drohenden Schicksal erlegen sind, das ihnen die zunehmende Bedeutung des bürokratischen Großunternehmensmodells bescheren sollte. Während die Dokumentation der starken Verbreitung familiärer Eigentumsverhältnisse in der Kategorie 849 850
Vgl. Corbetta (1995a), S. 1 – 2. Vgl. Zahra / Sharma (2004), S. 332.
5 Zusammenfassende Schlussbetrachtung und Ausblick
193
der Klein- und mittelständischen Unternehmen mit wenig Verwunderung registriert wurde, haben internationale Forschungsberichte ausgehend von den 1990er Jahren eine eher überraschende Wahrheit ans Licht gebracht. Demnach stellen familiengeprägte Kontrollstrukturen eine überaus gewichtige Präsenz auch unter den größten börsennotierten Gesellschaften westlicher Industrieländer – einschließlich der angelsächsischen – dar. Die These, dass Familienunternehmen lediglich als Übergangsform zwischen der individuellen unternehmerischen Initiative und der durch ein professionelles Management gesteuerten Publikumsgesellschaft taugen, gerät damit offen ins Visier der Kritik851. Für eine Quantifizierung der zahlenmäßigen Verbreitung von Familienunternehmen und die Einschätzung ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung ist freilich eine präzise definitorische Erfassung des Untersuchungsobjektes unerlässlich. Die Unschärfe, welche bei der Anwendung des Terminus Familienunternehmen in den unter Kapitel 2 präsentierten Aufsätzen zu verzeichnen ist, legt den herausfordernden Charakter dieser Aufgabe offen. Nicht zuletzt, um dem (falschen) Eindruck einer stringenten Begriffsführung in der Literatur vorzubeugen, erfolgte in der Arbeit die Diskussion der definitorischen Grundlagen erst im Anschluss an den historischen Rückblick. Wie im Rahmen von Kapitel 3 eingehend thematisiert, stoßen bei jedem Definitionsversuch von Familienunternehmen die Erfordernisse einer theoretisch zufrieden stellenden Abgrenzung und der Anspruch ihrer erfolgreichen Operationalisierung aufeinander. Dies erklärt, warum sich bis dato kein gemeinhin akzeptiertes Begriffsverständnis herauskristallisieren konnte. Die negativen Konsequenzen der Definitionskontroverse für die Entwicklung und die Glaubwürdigkeit852 der entsprechenden Forschungsrichtung wurden daraufhin zum Anlass für eine intensive Auseinandersetzung mit der Problematik genommen. Über eine von der Verfasserin entworfene Systematisierung existierender Ansätze, die theoretische, merkmalsorientierte und multidimensionale Definitionen unterscheidet, konnten im Text die Anforderungen kritisch herausgearbeitet werden, denen eine begriffliche Abgrenzung genügen soll. Diese dienten dann als Richtlinie für die Formulierung eines eigenen Definitionsvorschlags. Relevante Kriterien hierfür bildeten aus theoretischer Sicht das unstrittige Potenzial einer Familienkoalition zur Einflussnahme auf die Unternehmensgeschehnisse sowie ihr Wille, dieses der eigenen Nachkommenschaft weiterzugeben. Während die Verankerung der Erhaltungsabsicht an objektiv feststellbaren Merkmalen nur mittels pauschaler Indikatoren erfolgen konnte, ließ sich die Einhaltung der Kontrollerfordernis durch Mindestbedingungen für die Stimmrechtsbeteiligung der Verwandtschaftsgruppe konkretisieren. Auf der Grundlage einer einheitlichen, statistisch greifbaren Abgrenzung konnte anschließend eine Auswertung der aus Sekundärquellen verfügbaren, stark heterogenen Empirie bezüglich der Verbreitung familienbasierter Organisationsformen 851 852
Vgl. Colli (2003), S. 21, und die dort angegebene Literatur. Vgl. Habbershon / Williams (1999), S. 5.
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vorgenommen werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Familienunternehmen zwei Drittel bis drei Viertel aller Unternehmen der unteren Größenklasse ausmachen, und zwar ohne nennenswerte Unterschiede im Ländervergleich. Ihre Präsenz geht bei steigender Unternehmensgröße erwartungsgemäß zurück, bleibt jedoch selbst in der engen Auswahl der größten öffentlich notierten Gesellschaften beachtenswert, wobei hier die Differenzen zwischen kontinentaleuropäischen und angloamerikanischen Kapitalismusmodellen markanter werden. Die aufgeführten Daten über den Beitrag von Familienunternehmen zur Wertschöpfung und zur Bereitstellung von Arbeitsplätzen bestätigen ihren hervorstechenden volkswirtschaftlichen Stellenwert. Auf diesen empirischen Befund geht zwar die Neuentdeckung von Familienunternehmen seitens der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung im Wesentlichen zurück. Doch vehement umstritten bleibt, ob sich Familienunternehmen im Wettbewerb mit anderen Unternehmensformen auf Dauer bewähren können bzw. wie ihre Präsenz unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Auf der einen Seite wird nicht gezögert, Familienunternehmen als Vergangenheitsrelikt853 zu brandmarken, deren Schicksal perspektivisch in einem Eintagsfliegendasein854 erschöpft sei. Effizienz- und Konkurrenzfähigkeitseinbußen würden ihnen demnach eine Zukunft, erst recht als mehrgenerationalen Konstrukten, absprechen. Familiäre Kontrollstrukturen unter den gehobenen Betriebsgrößen wären insbesondere als Zeichen finanzieller Unterentwicklung855 zu deuten. Eine Rückbesinnung auf die potenziellen Vorzüge familienbasierter Organisationsmodelle, mit Blick vor allem auf ihre gerade in schwierigen Zeiten höhere Widerstands- und Überlebensfähigkeit, ist auf der anderen Seite auch außerhalb der auf Familienunternehmen sensibilisierten Forschungsgemeinschaft infolge der Börsenkrise um die Jahrtausendwende zu signalisieren856. Eine Erklärung für den sich hierin abzeichnenden Nachholbedarf bei der Untersuchung der grundlegenden Frage nach der Kontinuität dieser Unternehmensgattung strebt u. a. die Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Entstehung und des Werdens eines darauf ausgerichteten Studiengebietes an. Die im zweiten Kapitel vorgenommene, historische Einrahmung der Debatte über Familienunternehmen dokumentiert, wie das erst jung entfachte akademische Interesse für familienbasierte Organisationsmodelle eine fragmentarische Wissenschaftsproduktion auslöste, die sich nur langsam von einem beratungs- und problemlösungsorientierten Schwerpunkt erhoben hat. Selbst wenn dem diesbezüglich geäußerten Vorwurf der mangelnden theoretischen Fundierung857 inzwischen begegnet werden konnte, steht der vorzugsweise nahe Fokus der in der Fachliteratur behandelten Themen853 854 855 856 857
Vgl. Albach / Freund (1989), S. 261 – 272. Vgl. Albach (2002), S. 164 – 165. Vgl. Burkart / Panunzi / Shleifer (2003), S. 2193. Vgl. London Economics (2003), S. 3. Vgl. z. B. Smyrnios / Tanewski / Romano (1998), S. 50; Brockhaus (1994), S. 25 – 26.
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komplexe der Entwicklung umfassender „Paradigmen“858 entgegen, welche deren Zusammenhänge und Wechselwirkungen aufzeigen könnten. Die dafür unausweichliche Notwendigkeit zur Aufspannung eines integrativen Ansatzes würde insbesondere die Inangriffnahme entsprechender Vorhaben aufhalten. Dem somit begründeten Bedarf für die Adressierung übergeordneter (im Sinne von weniger spezialistischen) Problemstellungen im Rahmen interdisziplinärer Forschungsbestrebungen trägt die Arbeit Rechnung, indem sie der Frage nach der Beständigkeit von Familienunternehmen in modernen, entwickelten Industrievolkswirtschaften nachgeht und ihre zeit- und raumübergreifende Beharrlichkeit im Hinblick auf die auszeichnenden Merkmale ihrer Gattung diskutiert. Zwei Untersuchungsperspektiven wurden zu diesem Zweck zugrunde gelegt. Die erste hat historisch-soziologischen Charakter und fokussiert auf die Implikationen, welche die Evolution der Struktur und der Funktionen der Familie als sozioökonomischer Einheit für die Kontinuität der auf ihr basierenden Unternehmensmodelle hat. Die zweite argumentiert mikrotheoretisch, indem sie ihr Augenmerk spezifisch auf die Leistungs- und Ausdauercharakteristika von Familienunternehmen richtet. Die historisch-soziologische Betrachtung pflegt einen im Rahmen der Studien über Familienunternehmen so weit vernachlässigten Ansatz. Für die Analyse der Familiendimension wird dort traditionell die Familienpsychologie zuständig gemacht, deren schwerpunktmäßiges Interesse der Qualität und den Modalitäten des familiären Miteinanders sowie ihren Auswirkungen auf die betriebliche Sphäre gilt. Ergänzend dazu wurde die Aufmerksamkeit in der Arbeit auf die strukturellen und funktionalen Transformationen der Familie mit Blick auf ihre Konsequenzen für die Zukunftsträchtigkeit der sie involvierenden Unternehmensgattung gelenkt. Auslöser der Diskussion ist die Auseinandersetzung mit dem Familienbegriff gewesen, weshalb die Ausführungen unter Kapitel 3 subsumiert wurden. Durch Anwendung rechtlicher, biologischer und sozio-antropologischer Definitionskriterien wurde zunächst auf die Vieldeutigkeit des Signifikanten Familie hingewiesen und ihre mangelnde Thematisierung in der Familienunternehmen-spezifischen Literatur kritisch vermerkt. Der konstitutive Charakter dynastischer Aspekte für die Identifizierung als Familienunternehmen legte es nahe, sich für eine weite Auslegung des Konzeptes von Familiengemeinschaft zu entscheiden, wie sie Begriffe wie Familienclan bzw. -sippe zum Ausdruck bringen. Das sich historisch abzeichnende Phänomen der Privatisierung der Familie könnte indes Zweifel an der Relevanz der getroffenen Abgrenzung und damit an der Eignung und der Fähigkeit der Familie, ihrer Rolle als Träger unternehmerischer Verantwortung auch künftig gerecht zu werden, aufwerfen. Gegen solchen Einwand hat die gepflegte Recherche soziologischen Materials gezeigt, dass zum einen die strukturelle Isolierung der Kleinfamilie dem Weiterbestehen enger, übergenerationaler Solidaritätsbeziehungen im Verwandtschaftsnetz nicht widerspricht. Zum anderen geht die Intensivie858
Wortman (1994), S. 3.
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rung ihrer Aufgaben in der Sphäre der Intimbeziehungen keineswegs mit einem monotonen Verlust an ökonomischen Funktionen einher. Vielmehr stellen die von der Zugehörigkeit zu einer Familiengemeinschaft ausgehende Motivationswirkung und die in ihr agierenden schutz-solidarischen Mechanismen die bewährte unternehmerische Berufung der Familie auch perpektivisch sicher. Wohl aber begründen die skizzierten Evolutionsprozesse den zunehmenden Bedarf, das auf dem bürgerlichen Ideal und der es fundierenden ehelichen Institution basierende Verständnis von Familie zu revidieren. Was dann zählt, ist nicht so sehr, was „die“ Familie ist, sondern dass Familie eine sprachliche und konzeptionelle Ressource zur Spezifizierung von einer bestimmten Kategorie von menschlichen Beziehungen untereinander darstellt859. Zwar kann das Ende der Monopolstellung des bürgerlichen Familientyps nicht an sich als Gefahr für die Zukunft des Familienunternehmens gedeutet werden; doch in dem Maße, in dem die ihn ersetzenden Formen der Gemeinschaftsbildung eine hohe Instabilität aufweisen, könnte der für Familienunternehmen wesensbestimmende Kontinuitätsgedanke schwierig mit ihnen zu vereinbaren sein. Der zweiten, mikrotheoretisch fundierten Untersuchungsperspektive ist das vierte Kapitel der Arbeit gewidmet worden. Die konsequente Fokussierung auf die Leistungsmerkmale familienbasierter Organisationsformen trug hier u. a. dazu bei, den (aus Kapitel 2 bekannten) fragmentarischen Charakter der auf dieser Ebene geleisteten Forschungsbeiträge zumindest teilweise zu überwinden. In Anlehnung an die für die Arbeit relevante Fragestellung galt es an dieser Stelle zu debattieren, ob die Möglichkeit zur Ausschöpfung nicht imitierbarer Performance-Potenziale Zeugnis für das Durchsetzungs- und Ausdauervermögen der Familienunternehmen ablegt, oder ob deren Schwächen dazu bestimmt sind, ihre Zukunftsfähigkeit zu beeinträchtigen. Den Ausgangspunkt der Ausführungen hat die Konzeptualisierung eines multidimensionalen Zielverständnisses gebildet, das der Existenz nicht ökonomischer Handlungsdeterminanten in Verbindung mit der Wahrnehmung familiärer und sozialer Verantwortung explizit Rechnung trägt. Die Implikationen der so erfassten multiplen Rationalität von Familienunternehmen auf ihre Leistungs- und Überlebensfähigkeit wurden daran anschließend an ausgewählten Themengebieten herausgearbeitet, zu denen die Agency Beziehungen zwischen Eigentümern und Managern bzw. Familien- und externen Anteilseignern, Personal- und Finanzierungsfragen sowie Aspekte der Nachfolgeregelung zählen. Die dialektisch geführte Argumentation, die sich gemäß der Anforderung von Chrisman et al.860 verschiedenartiger theoretischer Ansätze aus dem betriebswirtschaftlichen wie auch aus dem soziologischen Bereich bediente, ist in die Hervorhebung der Ambivalenz der Attribute von Familienunternehmen als deren auszeichnendes Merkmal gemündet. Die unternehmerische Beteiligung einer Familienkoalition erweist sich mit an859 860
Vgl. Gubrium / Holstein (1990), S. 37. Vgl. Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 5.
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deren Worten auf jedem der untersuchten Gebiete zugleich als Quelle potenzieller Vor- und Nachteile. Eine ältere Überlegung von Tagiuri und Davis861, die als erste von „bivalent attributes“ im Zusammenhang mit den spezifischen Charakteristika von Familienunternehmen gesprochen hatten, wurde somit wieder aufgegriffen und entsprechend dem Aufruf von Salvato und Melin862 erweitert. Nicht nur dem Anspruch einer kritischen Revision mancher klischeehafter Darstellungen von Familienunternehmen wurde damit Genüge getan. Eine wichtige Einsicht in die Natur ihrer Andersartigkeit konnte darüber hinaus gewonnen werden, wie in der Literatur schon lange ersehnt863. Indem klar gemacht wurde, dass die Einflussnahme einer Eigentümerdynastie die Modalitäten der Wertschöpfung auf besondere Weise prägt, gelang es schließlich auch, die (immer noch strittige) Frage nach der Legitimationsgrundlage eines speziell auf Familienunternehmen zugeschnittenen, unabhängigen Forschungsfeldes positiv zu beantworten. Implizit im vorgetragenen Ambivalenz-Argument ist, dass weder die These eines Wettbewerbsvorsprungs noch die spiegelbildliche Unterstellung eines Effizienzrückstands von Familienunternehmen gegenüber anderen Organisationsformen unter einem (mikro-)theoretischen Standpunkt haltbar sind. Selbst im Fall des Nachfolgeübergangs, der in der Literatur als dazu prädestiniert gilt, die eingebauten Schwächen familienbasierter Unternehmensformen geradezu dramatisch zum Vorschein zu bringen, konnte im Laufe des Kapitels gezeigt werden, dass sich der vielfach propagierte Zusammenhang zwischen fehlgeschlagener Nachfolgeregelung und vermeintlich höherer Mortalität von Familienunternehmen auf eine fragwürdige Empirie stützt. Nicht zuletzt die fehlende Auseinanderhaltung der Aspekte des Führungs- und des Eigentumswechsels sowie die mangelnde Differenzierung zwischen der kontinuierlichen Involvierung der Familiengruppe (als Eigentümer und / oder Manager) und dem Fortbestand des Unternehmens an sich wurden dabei kritisch hervorgehoben. Ernüchternd wirkte in diesem Kontext auch die Feststellung, dass die wichtigste Krisenursache im Zuge des Generationenübergangs keinen unmittelbaren Bezug zu familien- bzw. unternehmensinternen Gegebenheiten sowie zu marktbedingten Verdrängungsmechanismen hat. Vielmehr ist sie steuerlichen Regelungstatbeständen in Verbindung mit der Verpflichtung zur Entrichtung Vgl. Tagiuri / Davis (1996). „The family business literature so far has failed both to enrich and refine this simple list of aggregate family-related factors [the list of bivalent attributes going back to Tagiuri and Davis; Anm. d. Verf.], and to develop new ones“; Salvato / Melin (2003), S. 326. Analog beklagen Wimmer / Groth (2005), S. 92, dass „Dieser Aspekt der Gleichzeitigkeit von Risiken und Chancen ist bisher kaum erforscht worden“ (Hervorhebung im Original). 863 „[ . . . ] family business research needs to identify the nature of family firms’ distinctions, if any, and the process by which these distinctions result from family involvement [ . . . ]. To a large extent, this ignorance about the uniqueness of family firms has prevented the development of a rigorous integrated theory of the family firm“; Chrisman / Chua / Sharma (2003), S. 13. 861 862
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von Erbschafts- und Schenkungssteuern zuzuschreiben. An deren teilweisen Abbau, der in den EU-Ländern bereits eingeleitet wurde, kann somit die Erwartung positiver Auswirkungen für die Kontinuität und die Funktionsfähigkeit von Familienunternehmen geknüpft werden. Genauso wenig lässt sich eine pauschale Aussage hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Familien- versus Nicht-Familienunternehmen auf empirischem Weg ableiten. Zwar können für die widersprüchlichen Befunde vorliegender Erhebungen u. a. auch die verschiedenen Definitionen des Untersuchungsobjektes, die jeweils abweichenden Performance-Maße sowie weitere Einzelheiten des Untersuchungsdesigns verantwortlich gemacht werden. Vor dem Hintergrund der theoretisch herausgearbeiteten Ergebnisse bestätigt aber die inkonsistente Empirie vielmehr die grundsätzliche Unzulässigkeit des Anspruchs, eine allgemeine These über die mögliche Über- bzw. Unterlegenheit von Familienunternehmen vis-a-vis anderen Organisationsmodellen aufzustellen. Grund hierfür ist, dass die einheitliche Bezeichnung Familienunternehmen nicht mit einer inhaltlichen Normierung der Strategien und Strukturen aller sich im Familieneigentum befindlichen Unternehmen verwechselt werden darf. Dagegen spricht der schwierig standardisierbare Reichtum an Interaktionsmustern innerhalb der Familiengemeinschaft und die nicht zuletzt darauf zurückzuführende, einzigartige Qualität des Tauschverhältnisses zwischen Eigentümerkoalition und Unternehmen, wie sie sich im System Familienunternehmen niederschlägt. In diesem Sinn dürfte auch der provokative Aufruf Fletchers864 zu einer (partiellen) Rückbesinnung auf Fallstudienanalysen seitens der Fachforschung zu deuten sein. Fügt man die Einsichten aus beiden der Arbeit zugrunde gelegten Untersuchungsperspektiven zusammen, so ist Folgendes festzuhalten. Soziologische Entwicklungen betreffend die Komposition und den Verantwortungsbereich der Familie lassen nicht per se auf eine künftige Abschwächung ihrer unternehmerischen Rolle schließen. Der säkulare Schrumpfungsprozess des Personalbestandes der Familie sowie ihre funktionale Spezifikation laufen nicht deterministisch auf eine negative Hypothek für das Schicksal der Gattung Familienunternehmen hinaus. Wohl aber birgt die zunehmende Destrukturierung des traditionellen Familienmodells insoweit eine Bedrohung, als die gegebenenfalls höhere Instabilität der aufkommenden Formen der Gemeinschaftsbildung mit dem für Familienunternehmen kennzeichnenden dynastischen Streben in Konflikt geraten könnte. Aus einem mikrotheoretischen Standpunkt lässt sich die Aussage, dass Familienunternehmen in ihren Zukunftsaussichten inhärent begrenzt sind865, kaum untermauern. Die innewohnende Ambivalenz ihrer Charakteristika steht auf dieser Ebene einem schlüssigen Urteil über das Erfolgspotenzial von Familien- gegenüber Nicht-Familienunternehmen entgegen. Als problematisch erweist sich zudem, dass das Überleben von Familienunternehmen als solche in unmittelbarer Verbin864 865
Vgl. Fletcher (2001), S. 37. So z. B. Morikawa (2001), S. 179.
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dung nicht nur mit ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit, sondern auch mit der Sicherstellung eines befriedigenden Gleichgewichts zwischen monetären und nicht monetären Zielrealisationen steht. Die sie auszeichnende multiple Rationalität stellt schließlich eine grundsätzliche Hürde bei der Feststellung der Werthaltigkeit von Familienunternehmen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht dar. Dafür, wie im Anschluss an Kapitel 4 suggeriert, ist eine so weit vernachlässigte Auseinandersetzung mit der Frage unabdingbar, wie u. a. ethische, intellektuelle und soziale Werte zur (finanziellen) Wohlfahrt einer Gesellschaft beitragen. An dieser Stelle setzt auch der künftige Forschungsbedarf an. Arbeiten sind anzustreben, welche die Komplexität des Zielverständnisses in Familienunternehmen thematisieren und empirisch untersuchen. Ein viel versprechender Klassifikationsansatz könnte darauf aufbauend versuchen, Familienunternehmen anhand ihrer Prioritätenauffassung und -gewichtung statt auf Basis struktureller Eigenschaften (wie z. B. der Eigentums- und / oder der Managementanteil der herrschenden Familienkoalition) homogenen Typologien zuzuordnen866. Dies würde auf mikrotheoretischer Ebene den Bemühungen um eine systematische Erfassung der Ähnlichkeiten und Unterschiede von Familienunternehmen im Vergleich zu anderen Organisationsmodellen neue Impulse verleihen. Implizit in der Auseinandersetzung mit der Zieldimension ist zudem der Anreiz, über die Grenzen einer rein mikrotheoretisch orientierten Analyse hinauszugehen. Insbesondere dürfte die Bedeutung soziokultureller Einflüsse auf die unternehmerische Zielkonfiguration zur Geltung kommen. Als allzu sehr vereinfachend erweist sich vor diesem Hintergrund die mikrotheoretisch unterstellte Idee einer länderübergreifenden Gleichartigkeit von Familienunternehmen. Eine zentrale Herausforderung künftiger Forschungsarbeiten wird in diesem Sinn darin bestehen, das institutionelle Umfeld und die es bedingenden, ökonomischen wie auch politischen und soziologischen867 Entwicklungen auf ihren Einfluss auf die Verbreitung und die Beständigkeit von Familienunternehmen sowie auf deren Beitrag zur Wohlstandsschöpfung zu überprüfen868: „[ . . . ] there is a need for economics based upon the facts of history and political and social life. Such economics will have little to say a priori but will reason from numerous painfully gathered facts. It will have the merit of describing the world in which we actually live. Altruism, especially altruism derived from group and organizational loyalities will play a major role in it“869. 866 Für die Idee, Familienunternehmen von Nicht-Familienunternehmen anhand ihrer Zielauffassung abzugrenzen, vgl. auch Chua / Chrisman / Sharma (1999), S. 24 – 26. 867 Vgl. für ein junges Beispiel in dieser Richtung Bertrand / Schoar (2006). 868 Der Versuch, internationale Unterschiede in der Präsenz von Familienunternehmen unter den größten börsennotierten Gesellschaften auf Basis des Schutzniveaus für Minderheitsanteilseigner in „civil-“ und „common-law“ Ländern zu erklären, geht nur partiell in die suggerierte Richtung. Denn die Analyse bleibt statisch (historische Hintergründe werden nicht recherchiert) und auf die Besonderheiten familienbasierter Kontrollstrukturen (gerade in Bezug auf die Zielformulierung) wenig bedacht. 869 Simon (1993), S. 160.
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Sachwortverzeichnis Agency Beziehung – zwischen Eigen- und Fremdkapitalgebern 141, 149 – 154 – zwischen Eigentümern und Managern 25, 41 – 42, 48 – 50, 57 – 58, 111, 113 – 122, 127, 141, 169, 182 – 183, 186, 196 – zwischen Familien- und familienfremden Anteilseignern 25, 111 – 112, 122 – 125, 157, 182 – 183, 186, 196 – zwischen Familienanteilseignern 146, 181, 184 Agency Kosten 41 – 42, 113 – 114, 118 – 120, 124, 141, 150 – 152, 155, 183 Altruismus 25, 52, 63, 111 – 112, 116 – 120, 126 – 127, 154, 169, 183, 185, 191, 199 Amenities 50 – 51, 124 Anteil an Familienunternehmen 40, 97 – 104 Arbeitsintensität 137, 159 Aufsichtsgremium 38, 74, 76, 80 – 81, 104, 119, 127 Ausschüttungspolitik 145 – 147, 181 Außenfinanzierung 147 – 160 Averse Selektion 127, 150, 178 Axiomatik-Welle 36 Beirat siehe Aufsichtsgremium Betriebszugehörigkeit 112, 135 Beziehungsabkühlung 113, 179, 180 – 182, 185 Bureconic theory 34 Clanorganisation 43 – 45, 114 Corporate-System – Insider-System 59 – marktorientiertes System 104 – netzwerkorientiertes System 104 Definition Familienunternehmen – merkmalsbasierend-operationalisierte 76 – 78 – merkmalsgestützte 74 – 76
– multidimensionale 78 – 81 – operationale 74, 96 – systemtheoretische 70 – 71 – theoretische 71 – 73, 93 – zur Problematik 62, 68 – 69, 97 Differenzierungsstrategie 159 Diversifikation – der Unternehmerfamilie 145, 148, 155, 180, 184 – des Unternehmens 31 – 32, 35, 173 Durchschnittsalter 162 Dynastie 46, 68, 92, 96, 104, 106, 136 – 137, 160, 179, 197, 198 Eigenfinanzierung 144 – 147, 154 – 160 Eigentumsnachfolge 112 – 113, 164, 165, 171, 175 – 182, 185, 186, 197 Endeigentum 59, 102, 189 Erbschafts- und Schenkungssteuern 176 – 178, 185, 198 Erhaltungsziel 73, 84, 96, 106, 110, 112, 124, 144, 147 – 148, 151, 155, 157 – 158, 165, 175, 193 Erweiterte Familie siehe Großfamilie Fairness siehe Gerechtigkeit Familie – Begriff 69, 82 – 85, 94, 105, 195 – Destrukturierung 88 – 89, 106, 196, 198 – Funktionen 83, 90 – 92, 106, 196 – Instabilität siehe Destrukturierung – Isolierung 86, 87, 106, 195 – Konzentration 85 – Normlosigkeit 106 – Privatisierung 70, 105, 195 – Spezialisierung 51, 90 – 91, 106, 192 – Struktur 85 – 89 Familienclan 85, 88, 94, 96, 105, 195 Familienpsychologie 69, 195 Familienrat 181
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Sachwortverzeichnis
Familiensippe siehe Familienclan Family angels 154 Feldtheorie 64 Finanzierung – Formen 144 – 160 – Kosten 153 – 154, 155 – 157, 184 – Laufzeit 149, 152 – 153, 155, 184 – Restriktionen 149 – 152, 155, 157 – 158, 184 Formalismus 36 F-PEC Skala 80 – 81 Free rider Problem 121, 183 Fremdfinanzierung 147 – 154 Führungsnachfolge 46, 112 – 113, 164, 165, 167 – 175, 176, 184 – 185, 186, 197 Gattenfamilie siehe Kernfamilie Geduldiges Kapital 155 Generationsabdriftung 113, 179 – 180, 185 Generationswechsel 19, 46 – 47, 56, 63, 120, 146, 152, 160 – 167, 188 Gerechtigkeit 54, 132, 138, 171, 179 Gewinnthesaurierung siehe Selbstfinanzierung Going Private-Bewegung 57 Großfamilie 85 – 88, 180 Hackordnungshypothese 142 – 143, 144 – 145, 149, 156 Herkunftsfamilie 86 Humankapital 148 Implizite Verträge 112, 136 – 137, 174, 183, 186 Implizites Wissen 131, 170, 178, 183, 185 Individualisierungsethik 88 Informationsasymmetrie 49, 113, 118, 140 – 142, 144, 150 – 151, 154, 156, 178, 183 – 184 Informationspolitik 144, 150, 156 Inkompetenz 112, 125, 127, 183 Innenfinanzierung 144 – 147 Internationalisierungsprozess 158 Investitionsverhalten 47, 112, 151, 153, 155, 158 – 159, 177, 184 Kernfamilie 75, 83 – 88, 90, 106, 195 Kleinfamilie siehe Kernfamilie
Kommunikation 83, 156, 181 Konflikt in der Unternehmerfamilie 46, 54, 56, 114, 116 – 120, 131 – 132, 146 – 147, 166, 170 – 171, 173, 181, 183 – 185 Konjugalfamilie 85 – 86 Kontinuität 20, 22, 24, 33, 36, 70, 73, 88, 93, 94, 96, 111, 122, 126, 129, 135, 148, 151, 163, 164, 166, 167, 169, 172, 176, 194 – 198 Kontrolle – Begriff 39, 74 – 76, 93 – 96 – Hebel 36, 59, 95 – Präferenz für siehe Erhaltungsziel Kontrollrenten – private 25, 51, 61, 112, 122 – 125, 145 – 146, 148, 155, 178, 183, 185 – teilbare 122 Kostenführerschaft 159 Kreditrationierung 149 – 152 Krise 19, 56, 57, 89, 91, 130, 135, 148, 151, 158 – 160, 161, 169, 173, 177, 184, 194, 197 Kultur 43, 73, 80 – 81, 84, 93, 112, 115, 125, 133 – 135, 156, 174, 179, 183 – 184, 199 Lebensdauer 88, 160 – 162 Lebenszyklus 47, 55 – 56, 79, 154, 164, 166, 168, 172, 185 Leverage siehe Verschuldungspolitik Liquidität 122, 144 – 147, 148, 157, 184 Loyalität 52, 112, 114, 116, 135 – 137, 183, 199 Managerial – Kapitalismus 18, 38 – Literatur 28 – 35, 37, 39 – Revolution 30, 38, 41 Marktregulierung 42, 48, 51 Modigliani-Miller-Kapitalstrukturmodell 139 – 140 Multidivisionale Organisation 31 – 32, 35, 57 Nachfolge – Planung 96, 120, 152, 166 – Problematik 56, 63, 112, 154, 160 – 182, 197 – Prozess 47, 63, 81, 161, 165 – 166, 167 – 172
Sachwortverzeichnis – Übertragung der Eigentumsrechte siehe Eigentumsnachfolge – Übertragung der Führungsverantwortung siehe Führungsnachfolge Negative Auslese siehe Averse Selektion Nepotismus 25, 126, 169 Netzwerkanalyse 128 – 130, 132, 183, 186 Pecking-Order-Theorie siehe Hackordnungshypothese Performancemessung 109, 187 – 191, 198 Personenorientierung 126, 132, 136 – 137 Private benefits of control siehe private Kontrollrenten Property Rights 42 Pruning the tree-Strategie 179 Publikumsgesellschaft – Entmystifizierung 18, 37 – 43, 48, 57 – 59 – Mythos 17 – 18, 27, 28 – 35, 65 – 66, 192 – 193 – Verbreitung 28 – 29, 39 – 40, 58 – 59 Rationaler Ansatz 45, 53, 55, 108 Rationalität – begrenzte 29, 127, 138 – multiple 23, 25, 108, 110 – 111, 182, 186, 191, 196, 199 – nicht ökonomische 45, 110 – 111, 138, 143, 182, 196 Refinanzierungsrisiko 148 – 149, 153, 184 Reputation 51, 109, 111, 115, 124 – 125, 148, 151, 157, 178, 183, 185 Risikoaversion 112, 148 – 149, 157 – 158, 175 Risikosubstitutionsproblem 141, 150 – 151 Rotten Kid Theorem 117 – 118 Samariters Dilemma 118 Schwache Bindungen 130 – 131 Selbstfinanzierung 145 – 147, 155, 181, 184 Selbstkontrolle 116, 118 – 120, 183, 191 Shared benefits of control siehe teilbare Kontrollrenten Shareholdervalue 109
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Solidarität 19, 44, 85 – 87, 90, 91, 94, 106, 111, 114, 126, 131, 154, 183, 195 – 196 Soziales Kapital 25, 112, 125, 128 – 130, 170, 178, 183, 185, 186 Stakeholder-Theorie 109 Starke Bindungen 130 – 132, 183 Sterblichkeit 112, 160 – 163, 164, 186 Stewardship Theorie 114 – 116 Systemtheorie 53 – 55, 63 – 64, 70 – 71 Theorie der selbstreferentiellen Systeme 65 Trade-Off-Hypothese 140, 142, 145 Transaktionskosten 28, 43, 51 – 52, 140 Trittbrettfahrerproblem siehe Free rider Problem Typ Z-Organisation 44 – 45 Unternehmensbürokratie 18, 27, 32 – 35, 39, 43 – 44, 66, 135, 192 Unternehmenserfolg 109 Unternehmenstechnokratie 31 – 35, 38 Unternehmenswert 42, 109 – 110, 122, 125, 134, 139 – 141, 178 Unternehmerpersönlichkeit 33, 35, 91 – 92, 133, 167 – 169, 172 Vergütung 54, 115, 119 – 120, 123, 136 – 137 Verschuldungspolitik – allgemein 139 – 143 – in Familienunternehmen 145, 147 – 154, 157, 184 Wachstumsausrichtung 34, 47, 112, 149 Wachstumspotenzial 29 – 31, 57, 153, 154, 157 – 158, 177, 180, 184 Wertesystem 25, 43, 52, 72 – 73, 81, 83, 110, 132 – 133, 143, 174, 199 Zeithorizont 86, 110 – 111, 114 – 115, 122, 137, 155, 159, 162, 184 Zeugungsfamilie 86 Zielfunktion 25, 109 – 111, 138, 151, 183, 191