Die Kündigung von Verwaltungsverträgen: Zugleich ein Beitrag zur Gestaltung verwaltungsvertraglicher Kündigungsregelungen [1 ed.] 9783428515516, 9783428115518

Wie kündigt man einen Verwaltungsvertrag? Was ist im einzelnen zu berücksichtigen? Welche Regeln müssen bei der Vereinba

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Die Kündigung von Verwaltungsverträgen: Zugleich ein Beitrag zur Gestaltung verwaltungsvertraglicher Kündigungsregelungen [1 ed.]
 9783428515516, 9783428115518

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 985

Die Kündigung von Verwaltungsverträgen Zugleich ein Beitrag zur Gestaltung verwaltungsvertraglicher Kündigungsregelungen

Von

Uwe Kaminski

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

UWE KAMINSKI

Die Kündigung von Verwaltungsverträgen

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 985

Die Kündigung von Verwaltungsverträgen Zugleich ein Beitrag zur Gestaltung verwaltungsvertraglicher Kündigungsregelungen

Von

Uwe Kaminski

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Technischen Universität Dresden hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11551-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Cathleen

Vorwort Im Sommer 2002 beauftragte der Bund durch Vertrag das Konsortium Toll Collect GmbH, für die Benutzung der Bundesautobahnen mit Lastkraftwagen ein Mautsystem zu entwickeln und zu betreiben. Die von der Öffentlichkeit mit großer Aufmerksamkeit beobachtete Public Private Partnership geriet schon bald in eine Schieflage. Wegen technischer Schwierigkeiten bei der Zusammenschaltung der Systemkomponenten konnte das Mautsystem nämlich nicht – wie geplant und vertraglich vereinbart – im August 2003 fristgerecht in Betrieb genommen werden; Folge der zeitlichen Verzögerung waren Einnahmeausfälle in Höhe von monatlich rund 160 Millionen Euro. Nach dem Verstreichen weiterer Fertigstellungszusagen, Starttermine und Ultimaten stellte das Bundesministerium für Verkehr die Kündigung des Entwicklungs- und Betreibervertrags in Aussicht; die dem Konsortium Mitte Februar 2004 zugestellte Kündigungsanzeige räumte Toll Collect allerdings noch eine zweimonatige Frist für Nachbesserungen ein. Dem Auftraggeber war die Ausübung seines Kündigungsrechts erkennbar schwer gefallen, weil damit an sich eine Neuausschreibung des gesamten Vorhabens mit weiteren Verzögerungen und entsprechenden Einnahmeausfällen verbunden war. Nach langwierigen intensiven Verhandlungen verständigten sich die Beteiligten deshalb am Abend des 29. Februar 2004 auf ein Konzept zur Fortsetzung des Projekts. Diese Vorgänge zeigen exemplarisch die hohe praktische Bedeutung des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen, und zwar nicht nur für die Vertragsbeendigung, sondern auch für die „Vertragsanpassung“. Gleichwohl handelt es sich bei der Kündigung um ein von der Verwaltungsrechtswissenschaft bislang eher vernachlässigtes Thema. Obschon der Verwaltungsvertrag in den zurückliegenden Jahren wiederholt Gegenstand eingehenderer Untersuchungen war, steht eine monographische Bearbeitung des Kündigungsrechts noch aus. Hier setzt die vorliegende Studie an. Sie bereitet das Recht der Kündigung von Verwaltungsverträgen dogmatisch auf und will damit zugleich einen Beitrag zur Fortentwicklung der Verwaltungsvertragsrechtslehre leisten. Dabei orientiert sie sich an der Notwendigkeit einer rechtsdogmatischen Annäherung und rechtsformunabhängigen Betrachtungsweise (Walter Krebs) und zielt dementsprechend auf die Erarbeitung gemeinsamer Standards für die Kündigung von Verwaltungsverträgen sowohl öffentlich- als auch privatrechtlicher Provenienz.

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Vorwort

Die Arbeit wurde im Sommersemester 2003 abgeschlossen und im Wintersemester 2003/2004 von der Juristischen Fakultät der Technischen Universität Dresden als Dissertation angenommen. Sie wurde engagiert betreut von Herrn Prof. Dr. Hartmut Bauer, dem ich in hoher Verehrung meinen Dank aussprechen möchte. Seine hilfreiche Förderung dieser Untersuchung war während der gesamten Zeit ihrer Erstellung in fachlicher wie menschlicher Hinsicht vorbildlich. Gedankt sei weiterhin Herrn Prof. Dr. Martin Schulte sowie Herrn Prof. Dr. Christoph Degenhart für die Übernahme der Zweit- und Drittgutachten sowie Frau Roswitha Hartmann für ihre vielfältige Unterstützung. Einige interessante Hinweise verdanke ich Frau Kirsten Hirche-Mechau und den Herren Benno Kaplonek und Frank Mikulin, die sich vor allem mit dem Korrekturlesen des Manuskripts einbrachten. Schließlich, aber nicht zuletzt gilt mein tiefempfundener Dank meiner Frau Cathleen, ohne die diese Arbeit nicht entstanden wäre. Ihr sei sie daher gewidmet.

Dresden, im Mai 2004

Uwe Kaminski

Inhaltsübersicht

Erstes Kapitel Zum aktuellen Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik 29 § 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags – eine Zwischenbilanz................................................................................................. 29 I. Historisch begründete Vorbehalte gegen den Verwaltungsvertrag ..................... 30 II. Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns in der Verwaltungsrealität.................................................................................. 33 III. Der Verwaltungsvertrag als Handlungsinstrument des kooperativen Staates.... 38 § 2 Entwicklungsstand und Anforderungen an die Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik .................................................................................................................. 50 I. Dogmatische und normative Unterbilanz des Verwaltungsvertragsrechts – defizitäre Verwaltungsvertragsrechtslehre ......................................................... 50 II. Anforderungen an eine Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik ............................ 65 III. Kündigung als Gegenstand der Verwaltungsvertragsrechtslehre – Gang der Untersuchung ..................................................................................... 71

Zweites Kapitel Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

74

§ 3 Gestaltungsrechte und Verwaltungsvertrag .............................................................. 74 I. Die Bedeutung von Gestaltungsrechten für Verwaltungsverträge ...................... 74 II. Die Bedeutung der Kündigung von Verwaltungsverträgen................................ 75 III. Kündigung und andere Vertragsbeendigungstatbestände .................................. 82 § 4 Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung..................................................... 87 I. Terminologische Vorklärung .............................................................................. 87

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Inhaltsübersicht II. Der Anwendungsbereich der Kündigung ........................................................... 89

§ 5 Die Kündigungsarten ............................................................................................... 91 I. Die ordentliche Kündigung.................................................................................. 92 II. Die außerordentliche Kündigung ....................................................................... 93 III. Konturenunschärfe der beiden Kündigungsarten ............................................... 94 IV. Die Unterscheidungen von ordentlicher und außerordentlicher, befristeter und fristloser Kündigung bei Verwaltungsverträgen ......................................... 96 V. Weitere Kündigungsformen ............................................................................. 107 § 6 Die Kündigungserklärung ...................................................................................... 109 I. Rechtsnatur der Kündigungserklärung ............................................................. 109 II. Inhalt der Kündigungserklärung....................................................................... 116 III. Adressat und Erklärender der Kündigung ........................................................ 117 IV. Schriftform der Kündigungserklärung ............................................................. 118 V. Begründung der Kündigungserklärung ............................................................ 141 VI. Gemeinsame Standards zur Kündigungserklärung .......................................... 151

Drittes Kapitel Besonderer Teil – Die Kündigung von Verwaltungsverträgen im einzelnen 152 § 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags ................................ 153 I. Gesetzliche Regelungen der außerordentlichen Kündigung ............................. 153 II. Vertraglich vereinbarte Regelungen der außerordentlichen Kündigung........... 217 III. Fazit: Gemeinsame Standards .......................................................................... 240 § 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags......................................... 241 I. Zur grundsätzlichen Notwendigkeit unbefristeter Verträge .............................. 241 II. Gesetzliche Regelungen der ordentlichen Kündigung...................................... 242 III. Vertraglich vereinbarte Regelungen der ordentlichen Kündigung................... 269 IV. Fazit: Gemeinsame Standards ......................................................................... 285 § 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung ............................... 286 I. Vertragsbeendigung als Hauptrechtsfolge ........................................................ 286

Inhaltsübersicht

11

II. Sekundäre Kündigungswirkungen.................................................................... 287 III. Fazit: Gemeinsame Standards .......................................................................... 296

Viertes Kapitel Zusammenfassung und Ausblick

297

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen.................................. 297 I. Zu den Aufgaben der Verwaltungsvertragsdogmatik........................................ 297 II. Zum Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen.................. 298 III. Zum Besonderen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen ................... 300 IV. Zu den wesentlichsten gemeinsamen Standards für die Kündigung von Verwaltungsverträgen zivil- und öffentlich-rechtlicher Provenienz ......... 307 § 11 Kodifikation des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen?.................. 310

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 314 Sachwortverzeichnis................................................................................................... 336

Inhaltsverzeichnis

Erstes Kapitel Zum aktuellen Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik 29 § 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags – eine Zwischenbilanz................................................................................................. 29 I. Historisch begründete Vorbehalte gegen den Verwaltungsvertrag ..................... 30 II. Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns in der Verwaltungsrealität.................................................................................. 33 1. Einsatzfelder des Verwaltungsvertrags in der heutigen Verwaltungswirklichkeit ............................................................................... 33 2. Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags.................................................. 36 a) Personelle und zeitliche Dimension.......................................................... 36 b) Normersetzende Funktion, Normausgestaltung und Normkonkretisierung......................................................................... 37 c) Kompensationsfunktion ............................................................................ 38 III. Der Verwaltungsvertrag als Handlungsinstrument des kooperativen Staates..... 38 1. Zum Wandel der Handlungsformen im kooperativen Verwaltungsstaat........ 39 2. Motive für den Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns ..... 41 a) Akzeptanzsicherung.................................................................................. 42 b) Nutzung privaten Potentials ..................................................................... 42 c) Konkrete einzelfallbezogene Aufgabenwahrnehmung.............................. 43 d) Flexibilität und Wirtschaftlichkeit............................................................ 45 3. Der Trend zum aktivierenden Staat................................................................ 46 4. Zukunftschancen für den Verwaltungsvertrag ............................................... 49

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Inhaltsverzeichnis

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen an die Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik ......................................................................................................... 50 I. Dogmatische und normative Unterbilanz des Verwaltungsvertragsrechts – defizitäre Verwaltungsvertragsrechtslehre ......................................................... 50 1. Der Begriff des Verwaltungsvertrags............................................................. 50 a) Zum umfassenden Verständnis vom Verwaltungsvertrag – Kooperationsvertrag ................................................................................. 50 b) Die Abgrenzung von zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag .............................................. 53 aa) Die Feststellung der Rechtsnatur........................................................ 54 bb) Koordinationsrechtlicher und subordinationsrechtlicher Vertrag...... 58 2. Stand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik.............................................. 59 a) Mangel an rechtsdogmatischer Durchdringung ........................................ 59 b) Ursachen der dogmatischen Defizite ........................................................ 61 c) Normative Unterbilanz ............................................................................. 62 d) Positive Vertragsrechtslehre ..................................................................... 63 II. Anforderungen an eine Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik ............................. 65 1. Aufgaben der Verwaltungsvertragsrechtslehre .............................................. 65 2. Annäherung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen...... 66 a) Rechtsdogmatische Annäherung und rechtsformunabhängige Betrachtungsweise .................................................................................... 66 b) Hilfestellungen der Zivilrechtsdogmatik .................................................. 69 3. Prozedurale Vorgehensweise zur dogmatischen Durchdringung................... 70 III. Kündigung als Gegenstand der Verwaltungsvertragsrechtslehre – Gang der Untersuchung ..................................................................................... 71

Zweites Kapitel Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

74

§ 3 Gestaltungsrechte und Verwaltungsvertrag .............................................................. 74 I. Die Bedeutung von Gestaltungsrechten für Verwaltungsverträge ...................... 74 II. Die Bedeutung der Kündigung von Verwaltungsverträgen................................ 75

Inhaltsverzeichnis

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1. Aus rechtspraktischer Sicht............................................................................ 75 2. Die Bedeutung der Kündigung für Stabilität und Flexibilität im Verwaltungsvertrag .................................................................................. 76 a) Stabilität des Verwaltungsvertrags............................................................ 76 b) Anpassungsflexibilität und Kündigung .................................................... 78 3. Weitere Funktionen der Kündigung von Verwaltungsverträgen.................... 79 III. Kündigung und andere Vertragsbeendigungstatbestände................................... 82 1. Aufhebungsvertrag......................................................................................... 82 2. Tod oder Untergang eines am Vertragsverhältnis Beteiligten........................ 83 3. Anfechtung des Verwaltungsvertrags ............................................................ 84 4. Fristablauf bei Zeitverträgen, (aufschiebende und auflösende) Bedingung und Rücktrittsvorbehalt............................................................... 85 5. Widerrufsvorbehalt in Verwaltungsverträgen ................................................ 86 § 4 Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung..................................................... 87 I. Terminologische Vorklärung .............................................................................. 87 II. Der Anwendungsbereich der Kündigung ........................................................... 89 § 5 Die Kündigungsarten ............................................................................................... 91 I. Die ordentliche Kündigung................................................................................. 92 II. Die außerordentliche Kündigung ....................................................................... 93 III. Konturenunschärfe der beiden Kündigungsarten ............................................... 94 IV. Die Unterscheidungen von ordentlicher und außerordentlicher, befristeter und fristloser Kündigung bei Verwaltungsverträgen ......................................... 96 1. Die Ursachen einer Vertragskündigung ......................................................... 97 2. Dogmatische und normative Basis der Kündigungsarten .............................. 99 a) Am Beispiel der außerordentlichen Kündigung...................................... 100 b) Am Beispiel der ordentlichen Kündigung .............................................. 104 3. Zwischenergebnis – Gemeinsame Standards ............................................... 107 V. Weitere Kündigungsformen ............................................................................. 107 1. Die Änderungskündigung ............................................................................ 107 2. Die Teilkündigung ....................................................................................... 107

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Inhaltsverzeichnis

§ 6 Die Kündigungserklärung ...................................................................................... 109 I. Rechtsnatur der Kündigungserklärung ............................................................. 109 1. Willenserklärung oder Verwaltungsakt?...................................................... 110 2. Verwaltungsaktsähnliche Willenserklärung? ............................................... 111 3. Konsequenzen aus der Rechtsnatur ............................................................. 114 4. Kündigungserklärung öffentlich-rechtlicher Verträge als Verfahrenshandlung............................................................................... 116 II. Inhalt der Kündigungserklärung....................................................................... 116 III. Adressat und Erklärender der Kündigung ........................................................ 117 IV. Schriftform der Kündigungserklärung ............................................................. 118 1. Schriftform bei der Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge.................................................................................... 118 a) Öffentlich-rechtliche Formerfordernisse für die Kündigungserklärung.. 118 b) Öffentlich-rechtliche Formfreiheit für die Kündigungserklärung? ......... 119 2. Schriftform bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge....... 119 a) Zivilrechtliche Formerfordernisse für die Kündigungserklärung............ 119 b) Zivilrechtliche Formfreiheit für die Kündigungserklärung..................... 120 3. Umfassendes Formerfordernis für die Kündigungserklärung von Verwaltungsverträgen........................................................................... 121 a) Divergenz der Formerfordernisse innerhalb des Instituts Verwaltungsvertrag ................................................................................ 122 b) Generelles Formerfordernis für die Kündigungserklärung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen................................... 125 c) Generelles Formerfordernis für die Kündigungserklärung von privatrechtlichen Verwaltungsverträgen .......................................... 128 aa) Verwaltungsverfahrensrechtliche Bindungen für privatrechtliche Handlungsformen der Verwaltung................................................... 129 bb) Verfassungssubstanz des § 60 II 1 VwVfG ..................................... 130 cc) Einfachgesetzliche Bestätigung........................................................ 135 dd) Umfassender persönlicher Anwendungsbereich des generellen Formerfordernisses .................................................. 135 4. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis ................. 136

Inhaltsverzeichnis

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5. Rechtsfolgen des Schriftformerfordernisses................................................. 137 6. Gestaltungshinweise für die Vertragspraxis – Problem der Massengeschäfte ..................................................................... 138 V. Begründung der Kündigungserklärung ............................................................ 141 1. Begründung von Kündigungserklärungen bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen.................................................................................. 141 a) Charakter der Begründungsregelung und Rechtsfolgen fehlender Begründung ............................................................................ 141 b) Zur Schriftlichkeit der Begründung........................................................ 144 c) Anwendbarkeit des § 60 II 2 VwVfG auf alle Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verträge ............................................................... 145 d) Vereinbarung eines Begründungserfordernisses..................................... 146 2. Begründung von Kündigungserklärungen bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen.................................................................................. 147 3. Einheitliches Begründungserfordernis für alle Verwaltungsverträge?......... 149 4. Fazit ............................................................................................................. 150 VI. Gemeinsame Standards zur Kündigungserklärung ......................................... 151

Drittes Kapitel Besonderer Teil – Die Kündigung von Verwaltungsverträgen im einzelnen 152 § 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags ................................ 153 I. Gesetzliche Regelungen der außerordentlichen Kündigung ............................. 153 1. Spezialgesetzliche Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge .................................................................... 154 a) Die außerordentliche Kündigung kommunaler Arbeitsgemeinschaften gemäß Art. 6 II 2 BayKommZG ............................................................. 154 b) Die außerordentliche Kündigung kommunaler Zweckvereinbarungen gemäß Art. 14 III 2 BayKommZG.......................................................... 157 c) Verhältnis der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG zu den Kündigungsregelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes ........... 160 2. Kündigungsregelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge............................................. 161

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Inhaltsverzeichnis a) § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ........................................................................... 161 aa) Der Regelungsgehalt des § 60 I 1 VwVfG....................................... 162 bb) Die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ................................................................................. 169 (1) Veränderung der Verhältnisse seit Abschluß des Vertrags ........ 170 (a) Verhältnisänderung.............................................................. 170 (b) Nachträgliche Veränderung ................................................. 174 (2) Verhältnisse, die für den Abschluß des Vertrags maßgeblich waren ...................................................................... 176 (3) Wesentlichkeit der Veränderung – Festhalten am Vertrag unzumutbar ................................................................................ 178 (4) Keine Vertragsanpassung möglich oder zumutbar..................... 183 (5) Ergänzende Voraussetzungen .................................................... 186 b) § 60 I 2 VwVfG (behördliches Sonderkündigungsrecht) ....................... 187 aa) Das Verhältnis von § 60 I 2 VwVfG zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ..... 187 bb) Die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG........ 189 (1) Schwere Nachteile für das Gemeinwohl .................................... 189 (2) Verhüten oder Beseitigen........................................................... 192 (3) Keine Vertragsanpassung möglich............................................. 192 c) § 62 S. 2 VwVfG in Verbindung mit bürgerlich-rechtlichen Regelungen............................................................................................. 193 aa) Das Verhältnis der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ............................................................... 194 bb) Das Verhältnis spezialgesetzlicher Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge zu den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB bzw. zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ............................................................... 199 cc) Die außerordentliche Kündigung gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB ............................................................................ 200 (1) Wichtiger Grund ........................................................................ 200 (a) Objektives Vorliegen von Tatsachen ................................... 201 (b) Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – Interessenabwägung – Zweistufenprüfung .......................... 202

Inhaltsverzeichnis

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(2) Verhältnismäßigkeit der Kündigung .......................................... 205 (a) Keine Vertragsanpassung möglich....................................... 207 (b) Abhilfefristbestimmung und Abmahnung............................ 207 (3) Erklärungsfrist............................................................................ 211 dd) Die außerordentliche Kündigung gemäß § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. weiteren bürgerlich-rechtlichen Regelungen ........................ 213 3. Zivilrechtliche Kündigungsregelungen für privatrechtliche Verwaltungsverträge.................................................................................... 214 a) Spezialgesetzliche Kündigungsregelungen für den Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge (spezielle Kündigungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs)......................... 214 b) Kündigungsregelung des § 314 BGB ..................................................... 215 II. Vertraglich vereinbarte Regelungen der außerordentlichen Kündigung........... 217 1. Der grundsätzliche Vorrang vertraglicher Regelungen................................ 218 2. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Vereinbarung wichtiger Kündigungsgründe ...................................................................................... 219 a) Ausschluß der außerordentlichen Kündigung......................................... 219 b) Einschränkung der außerordentlichen Kündigung ................................. 221 aa) Bindung an weitere Voraussetzungen .............................................. 222 bb) Ausschluß bestimmter Kündigungsgründe ...................................... 223 c) Erweiterung der außerordentlichen Kündigung ...................................... 226 d) Fazit: Gestufte Zulässigkeit von außerordentlichen Kündigungsvereinbarungen im Verwaltungsvertragsrecht ..................... 230 3. Die Anforderungen an eine vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung ....................................................................... 230 a) Vertraglicher wichtiger Grund ................................................................ 231 aa) Parteiendifferenzierung .................................................................... 232 bb) Antizipation der Interessenabwägung.............................................. 232 b) Grenzen der Vertragsgestaltung.............................................................. 234 aa) Notwendigkeit sachlicher Motive .................................................... 234 bb) Antizipation der Verhältnismäßigkeit.............................................. 236 4. Individualvertragliche Sonderkündigungsrechte der Behörde ..................... 239

20

Inhaltsverzeichnis III. Fazit: Gemeinsame Standards .......................................................................... 240

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags ......................................... 241 I. Zur grundsätzlichen Notwendigkeit unbefristeter Verträge .............................. 241 II. Gesetzliche Regelungen der ordentlichen Kündigung...................................... 242 1. Subsidiarität der gesetzlichen ordentlichen Kündigung............................... 243 2. Grundsätzliche Rechtsformoffenheit der ordentlichen Kündigung.............. 243 3. Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen ............................... 244 a) Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen im Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge ............................................ 244 aa) Die ordentliche Kündigung kommunaler Arbeitsgemeinschaften nach Art. 6 II 1 BayKommZG ......................................................... 245 bb) Die ordentliche Kündigung kommunaler Zweckvereinbarungen nach Art. 14 III 1 BayKommZG...................................................... 247 b) Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge.................................................... 248 aa) Arbeits-, Miet-, Pacht-, Darlehens- und Gesellschaftsverträge zwischen Privaten und Trägern öffentlicher Gewalt........................ 249 bb) Das „Freie Kündigungsrecht“ des § 649 BGB ................................ 250 (1) Zur Einordnung unter die Kündigungsart „Ordentliche Kündigung“ .......................................................... 250 (2) Die Problematik der Einseitigkeit des freien Kündigungsrechts ...................................................................... 252 4. Die ordentliche Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen ........................ 254 a) Die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen................................................................ 254 aa) Die dogmatische Herleitung des Rechts zur ordentlichen Kündigung....................................................................................... 255 (1) Die ordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen über eine ergänzende Vertragsauslegung ................................... 255 (2) Die ordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen über die Rechtsanalogie bestehender gesetzlicher Kündigungsregelungen .............................................................. 257

Inhaltsverzeichnis

21

bb) Voraussetzungen des zivilrechtlichen Grundsatzes der ordentlichen Kündigung .................................................................. 259 (1) Wahrung einer angemessenen Frist............................................ 260 (2) Weitere Tatbestandsvoraussetzungen......................................... 261 cc) Erstreckung der allgemeinen Grundsätze auf befristete Verträge ........................................................................... 261 b) Die Übertragung der Grundsätze auf das Verwaltungsvertragsrecht ...... 262 aa) Auf privatrechtliche Verwaltungsverträge ....................................... 262 bb) Auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge ............................... 262 c) Zusätzliche Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen gegenüber solchen reiner Privatverträge – Zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes .......................... 264 aa) Vorherige Vertragsanpassung bzw. Abmahnung? ........................... 265 bb) Rücksichtnahmegebot? .................................................................... 267 cc) Sachgerechtigkeit ............................................................................. 267 III. Vertraglich vereinbarte Regelungen der ordentlichen Kündigung................... 269 1. Der Vorrang vertraglicher Regelungen ........................................................ 270 2. Der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit.............................................. 271 a) Die Abbedingung der allgemeinen Grundsätze ordentlicher Kündbarkeit............................................................................................ 272 b) Die Abbedingung spezialgesetzlicher ordentlicher Kündigungsnormen ................................................................................ 272 c) Keine Erstreckung der Abbedingung auf die außerordentliche Kündigung.............................................................................................. 273 d) Die zeitliche Einschränkung der ordentlichen Kündigung ..................... 273 3. Die Vereinbarung der ordentlichen Kündigung befristeter Verwaltungsverträge.................................................................................... 274 4. Die Anforderungen an eine vertraglich vereinbarte ordentliche Kündigung................................................................................................... 275 a) Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist............................... 275 aa) Länge der Frist; Wirkungstermin ..................................................... 275 bb) Ausnahmsweise: sofortige ordentliche Kündigung ......................... 277

22

Inhaltsverzeichnis b) Vereinbarung weiterer Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung.............................................................................................. 278 aa) Vereinbarung von Kündigungsgründen ........................................... 278 bb) Verweis auf bürgerlich-rechtliche Kündigungsvorschriften ............ 280 cc) Genehmigung/Einvernehmen als Wirksamkeitsvoraussetzung ........ 281 c) Grenzen der Vertragsgestaltung.............................................................. 282 aa) Kein Widerspruch zu bestehenden Gesetzen ................................... 282 bb) Keine einseitigen ordentlichen Kündigungsrechte .......................... 283 cc) Antizipation der Verhältnismäßigkeit bzw. Sachgerechtigkeit......... 283 5. Kombination der ordentlichen Kündigung mit der außerordentlichen Kündigung................................................................................................... 285 IV. Fazit: Gemeinsame Standards .......................................................................... 285

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung ............................... 286 I. Vertragsbeendigung als Hauptrechtsfolge ........................................................ 286 II. Sekundäre Kündigungswirkungen.................................................................... 287 1. Ausgleichsleistungen, Entschädigungen und Schadensersatz...................... 287 2. Spezielle fachgesetzliche sekundäre Kündigungswirkungen ....................... 290 3. Die verwaltungsvertragliche Vereinbarung sekundärer Kündigungswirkungen ................................................................................ 290 a) Vereinbarung einer Schadensersatzrechtsfolge....................................... 291 b) Entschädigungsregelungen ..................................................................... 292 c) Vereinbarung spezieller Kündigungswirkungen und Rechtsfolgen ........ 292 d) Wiederherstellungsregelungen ............................................................... 293 e) Heimfallrechte ........................................................................................ 294 f) Konkurrenzschutzklauseln und Wettbewerbsverbote.............................. 295 g) Automatische Laufzeitverlängerung ....................................................... 295 III. Fazit: Gemeinsame Standards .......................................................................... 296

Inhaltsverzeichnis

23

Viertes Kapitel Zusammenfassung und Ausblick

297

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen.................................. 297 I. Zu den Aufgaben der Verwaltungsvertragsdogmatik........................................ 297 II. Zum Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen.................. 298 III. Zum Besonderen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen ................... 300 1. Zur außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen .................... 300 2. Zur ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen............................. 303 3. Zu den Rechtsfolgen der Kündigung ........................................................... 306 IV. Zu den wesentlichsten gemeinsamen Standards für die Kündigung von Verwaltungsverträgen zivil- und öffentlich-rechtlicher Provenienz ......... 307 § 11 Kodifikation des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen?.................. 310

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 314 Sachwortverzeichnis................................................................................................... 336

Abkürzungsverzeichnis A.A., a.A.

andere Auffassung

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

Abs.

Absatz

Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BauGB

Baugesetzbuch

BayKommZG

Bayerisches Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

Bd.

Band

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

bspw.

beispielsweise

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts

bzw.

beziehungsweise

Abkürzungsverzeichnis d.h.

das heißt

ders.

derselbe

dies.

dieselbe(n)

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

Einl v

Einleitung von

Erl.

Erläuterung

etc.

et cetera

f.

folgende (Seite, Paragraph)

ff.

fortfolgende (Seiten, Paragraphen)

Fn.

Fußnote

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

ggf.

gegebenenfalls

H.M., h.M.

herrschende Meinung

Hrsg., hrsg.

Herausgeber, herausgegeben

insb.

insbesondere

i.S.v.

im Sinne von

i.ü.

im übrigen

i.V.m.

in Verbindung mit

JA

Juristische Arbeitsblätter

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

Lfg.

Lieferung

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

NdsVBl.

Niedersächsische Verwaltungsblätter

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

25

26

Abkürzungsverzeichnis

Nr.

Nummer, -n

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NVwZ-RR

NVwZ-Rechtsprechungs-Report

NWVBl.

Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter

o.J.

ohne Jahresangabe

Ordnr.

Ordnungsnummer

OVG

Oberverwaltungsgericht

RGZ

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer, -n

S.

Seite; Satz

SächsVBl.

Sächsische Verwaltungsblätter

Schriftl.

Schriftleitung

sog.

sogenannte, -er, -en

u.

und

u.a.

und andere, -r, -s; unter anderem

Überbl v

Überblick vor

UPR

Umwelt- und Planungsrecht

usw.

und so weiter

v.

vom, von

VBlBW

Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg

VerwArch

Verwaltungs-Archiv

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

Vorbem

Vorbemerkung

VR

Verwaltungsrundschau

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

Abkürzungsverzeichnis

27

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz

WUR

Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht, Zeitschrift des gesamten öffentlichen Wirtschaftsrechts einschließlich der Umweltbezüge

z.B.

zum Beispiel

ZfV

Zeitschrift für Verwaltung

ZG

Zeitschrift für Gesetzgebung

ZHR

Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht

Wegen weiterer Abkürzungen wird ergänzend auf Hildebert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl., Berlin 2003, verwiesen.

Erstes Kapitel

Zum aktuellen Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik § 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags – eine Zwischenbilanz Der Verwaltungsvertrag1 ist als Institut zur konsensualen Begründung, Feststellung, Abänderung und Aufhebung von Rechtsverhältnissen zwischen Verwaltung und Bürger sowie zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern2 nicht mehr wegzudenken und nimmt heute einen gesicherten Platz in den Rechtsformen des Verwaltungshandelns ein3. Die Entwicklung des Verwaltungsvertrags zu einem selbstverständlichen, unverzichtbaren und weitverbreiteten Handlungsinstrument4 war lange Zeit von Vorbehalten begleitet, eröffnet ihm aber für die Zukunft die „schönsten Aussichten“5 und stellt die Verwaltungsrechtslehre vor neue Herausforderungen. ___________ 1 Nach einer im Schrifttum im Vordringen begriffenen Ansicht umfaßt der Oberbegriff „Verwaltungsvertrag“ sowohl zivil- als auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Verwaltungsträgern und Privaten sowie zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern; siehe dazu im einzelnen unten § 2 I 1 und § 2 II 2. 2 Zu der umstrittenen weitergehenden, hier nicht zu erörternden Problematik öffentlich-rechtlicher Verträge zwischen Privaten siehe etwa Alfons Gern, Der Vertrag zwischen Privaten über öffentlichrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen – Zur Dogmatik des öffentlichrechtlichen Vertrags, 1977; ders., Zur Möglichkeit öffentlichrechtlicher Verträge zwischen Privaten, NJW 1996, S. 694 ff.; Hans-Hermann Kasten/ Arnulf Rapsch, Der öffentlichrechtliche Vertrag zwischen Privaten – Phänomen oder Phantom?, NVwZ 1996, S. 708 ff.; Thomas Clemens, Öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Privaten, Die Verwaltung 12 (1979), S. 380 ff. 3 Statt vieler Walter Krebs, Konsensuales Verwaltungshandeln im Städtebaurecht, DÖV 1989, S. 969 ff. (S. 969); siehe zur „Normalität des Vertrages“ auch Eberhard Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, S. 265 f. 4 Hans J. Wolff/Otto Bachof/Rolf Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1 (§§ 1-43 [11. Aufl. 1999]) und Bd. 2 (§§ 44-79 [6. Aufl. 2000]), § 54 I Rn. 2d (S. 202). 5 W. Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 280).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

I. Historisch begründete Vorbehalte gegen den Verwaltungsvertrag Daß es nicht immer so aussichtsreich um den Verwaltungsvertrag stand, zeigt die mal schwächere, mal stärkere, mittlerweile über ein Jahrhundert andauernde wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Wandel der Handlungsformen im öffentlichen Recht. So hat der Verwaltungsvertrag wie kein anderes Institut im öffentlichen Recht eine Entwicklung durchlebt, die fast als revolutionär zu bezeichnen ist. Historisch betrachtet, hat sich vor allem die strikte Ablehnung des Verwaltungsvertrags durch Otto Mayer, den Begründer des modernen Verwaltungsrechts6, hemmend auf diese Entwicklung ausgewirkt7. Er vertrat die Ansicht, daß Verträge auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts nicht möglich seien, weil der Vertrag Gleichordnung der Rechtssubjekte voraussetze, das öffentliche Recht aber durch die Überordnung des Staates bestimmt sei8. Ohne zu weit geschichtlich auszuholen9, kann hier festgehalten werden, daß diese vermeintlich herrschende Ansicht Mayers schon damals heftig kritisiert wurde10. „Nachmayersche“ Abhandlungen versuchten, den Verwaltungsvertrag grundsätzlich anzuerkennen11, abzusichern12 bzw. ohne Vorbehalt einer gesetzlichen Ermächtigung generell für zulässig zu erklären13. Dennoch hat die negative Einstellung Otto Mayers nachhaltig beeindruckt und Wirkung gezeigt. So verbreitete sich in der Literatur gegenüber dem Verwaltungsvertrag eine grundsätzliche kritische Distanz. Die allmähliche Anerkennung des Verwaltungsvertrags ent___________ 6 Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Erster Band Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, S. 51; Wolfgang Meyer-Hesemann, Die paradigmatische Bedeutung Otto Mayers für die Entwicklung der deutschen Verwaltungsrechtswissenschaft, Rechtstheorie 13 (1982), S. 496 ff. (S. 497). 7 Die Vorbehalte Mayers bezogen sich an sich nur auf Verträge zwischen Staat/Verwaltung und Bürger, nicht auch auf Verträge zwischen einzelnen Verwaltungsträgern; dennoch wirkte sich diese Differenzierung nicht aus und lähmte den Verwaltungsvertrag im ganzen. 8 Otto Mayer, Zur Lehre vom öffentlichrechtlichen Vertrage, AöR 3 (1888), S. 3 ff., (S. 42). 9 Vgl. dazu näher Martin Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt – Zu den Handlungsformen und Handlungsprinzipien der öffentlichen Verwaltung nach deutschem und englischem Recht, 1962, S. 179 ff.; Paul Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Band I, 5. Aufl. 1911, S. 433 ff. (S. 446 ff.). 10 So z.B. von Fritz Fleiner, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 1. Aufl. 1911, S. 177, 8. Aufl. 1928, S. 211. 11 Vgl. F. Fleiner, Institutionen (Fn. 10), S. 175 ff. bzw. S. 209 ff.; Walter Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1931, S. 253 f.; w.N. bei Klaus Stern, Zur Grundlegung einer Lehre des öffentlichen Vertrages, VerwArch 49 (1958), S. 106 ff., (S. 114 ff.). 12 Vor allem Willibalt Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920. 13 Hans Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949, S. 154 f.; H. J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1974, S. 343 ff.; E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts (Fn.6), S. 273 ff.

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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wickelte sich mehr und mehr zu einer Duldung und nicht zu einer Beachtung14. Ganz anders erging es dem Verwaltungsakt, den Otto Mayer in das Zentrum des Verwaltungsrechts rückte15. Diese Handlungsform der Verwaltung wurde in ihrer gesamten Entfaltung und Weiterentwicklung fast bis ins letzte Detail erforscht und dogmatisch durchdrungen16, bis sie auf einer Ebene angelangte, um als beherrschendes Handlungswerkzeug in Erscheinung zu treten. So gibt es mitwirkungsbedürftige Verwaltungsakte, die ein Handeln des Bürgers voraussetzen, zustimmungsbedürftige Verwaltungsakte, die ein solches einer anderen Behörde verlangen, und diverse Formen von Nebenbestimmungen, die vor allem ein flexibles und weitreichendes Einsatzspektrum eines Verwaltungsakts erreichen und garantieren sollen17. Teilweise wird damit versucht, Materien in den Griff zu bekommen, für die eine vertragliche Lösung konsequenter und einfacher, ja sogar ökologischer, ökonomischer, technologischer und sozialer sein könnte18. Die mangelnde Akzeptanz des Verwaltungsvertrags mag auch in seiner stiefmütterlichen Behandlung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen begründet sein19. Betrachtet man die §§ 54 bis 62 VwVfG, so erkennt man schon an der Überschrift des Vierten Teils des Verwaltungsverfahrensgesetzes („Öffentlichrechtlicher Vertrag“), daß der Gesetzgeber nicht an alle Probleme gedacht hat, ___________ 14 Was nicht heißen soll, daß man den Verwaltungsvertrag „in die Ecke“ stellte. Es fand eine Diskussion statt (vgl. dazu die ausführlichen Nachweise bei Robert Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht, Zugleich ein Beitrag zur Rechtsverhältnislehre, 1997, S. 24 ff.), die aber im wesentlichen nicht über eine grundsätzliche Anerkennung hinausging. 15 W. Meyer-Hesemann, Rechtstheorie 13 (1982), S. 496 ff. (S. 497). 16 Vgl. nur Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, §§ 912; siehe auch Hans-Uwe Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, §§ 12-21 (S. 265-385) zum Verwaltungsakt [im Vergleich dazu rudimentär der Verwaltungsvertrag: §§ 22-29 (S. 393-423)]. Siehe dazu allgemein auch Reimund Schmidt-De Caluwe, Der Verwaltungsakt in der Lehre Otto Mayers, Staatstheoretische Grundlagen, dogmatische Ausgestaltung und deren verfassungsbedingte Vergänglichkeit, 1999, S. 269 ff. 17 Flexibilität wird anderweitig auch über vorläufige und vorsorgliche Verwaltungsakte zu erreichen versucht; siehe dazu H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 9 Rn. 63 b, c. Friedrich K. Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 199 ff. (S. 232 ff.). 18 So Manfred Bulling, Kooperatives Verwaltungshandeln (Vorverhandlungen, Arrangements, Agreements und Verträge) in der Verwaltungspraxis, DÖV 1989, S. 277 ff. (S. 277). 19 So auch Werner Thieme, Über die Notwendigkeit einer Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, DÖV 1996, S. 757 ff. (S. 758).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

die sich aus vertraglichem Verwaltungshandeln ergeben20. Daß etwa Verträge zwischen Verwaltung und Privaten auf dem Gebiet des Privatrechts geschlossen werden dürfen, ist der weit überwiegenden Meinung jedenfalls im Ergebnis selbstverständlich21. Auch waren „subordinationsrechtliche“ Verträge lange Zeit nicht selbstverständlich, sondern erst, als die Verwaltungsverfahrensgesetze sie ausdrücklich für zulässig erklärten22. Für die Gesetzgeber war der Vertrag dabei eine „atypische“ Handlungsform23, was sich in der die Formenwahl bereits als solche begrenzenden und sodann die zulässigen Inhalte variantenreich beschneidenden charakteristischen Art der Gesetze fortwirkend ausdrückt. Damit wurde aber immerhin eine Rechtslage geschaffen, die sich nicht an einer gesetzlichen Ermächtigung orientiert, sondern „nur“ voraussetzt, daß im Einzelfall Recht nicht entgegensteht24. Mithin akzeptierte das Verwaltungsrecht das Institut des Verwaltungsvertrags, wenn auch nur skeptisch. Grund dafür war sicher auch die Zurückhaltung, mit der die Erforschung des Verwaltungsvertrags betrieben wurde25, und nicht zuletzt der teilweise massive Widerstand, der dem Verwaltungsvertrag entgegenbrandete26. Dieser Widerstand beruhte auf generellen Vorbehalten und Bedenken gegen den Abschluß von Verwaltungsverträgen. Zum einen sprach man vom „Ausverkauf von Hoheitsrechten“27 beziehungsweise der „Käuflichkeit des Ermessens“28 oder es ___________ 20

Etwa an die Möglichkeit privatrechtlicher Verwaltungsverträge; siehe dazu unten § § 2 I 1 und § 2 II 2. 21 Vgl. zu Kontroversen Karl Albrecht Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, 1986, S. 5 ff., kritisch auch Christian Pestalozza, Formenmißbrauch des Staates, 1973, S. 37, 181 f. 22 Philip Kunig, Verträge und Absprachen zwischen Verwaltung und Privaten, DVBl. 1992, S. 1193 ff. (S. 1194). 23 Vgl. die amtliche Begründung zum Gesetzesentwurf, BT-Drs. 7/910, S. 81. 24 Vgl. bspw. H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, in: Hermann Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 15 ff. (S. 32). 25 So H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag (Fn. 24), S. 16. 26 So etwa von Horst Konrad, Der öffentlich-rechtliche Vertrag – Institution oder Trugbild?, 1975; überwiegend kritisch auch Joachim Burmeister, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 190 ff.; Albert Bleckmann, Verfassungsrechtliche Probleme des Verwaltungsvertrags, NVwZ 1990, S. 601 ff.; Günter Püttner, Wider den öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger, DVBl. 1982, S. 122 ff.; Heinz Hübner, Der öffentlich-rechtliche Vertrag – ein Instrument zur Aushöhlung des Privatrechts?, in: Paul Hofmann/Ulrich Meyer-Cording/ Herbert Wiedemann (Hrsg.), Festschrift für Klemens Pleyer zum 65. Geburtstag, 1986, S. 497 ff. 27 M. Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt (Fn. 9), S. 18, 140, 254 f.

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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wurde – schon im Hinblick auf den Musterentwurf des Verwaltungsverfahrensgesetzes – mit der Verletzung von Grundrechten geliebäugelt, mit dem Argument, daß die Verwaltung zwangsläufig der stärkere Vertragspartner sei29. Weil das Verwaltungsvertragshandeln die Durchsetzung der öffentlichen Interessen gefährde30, werde zudem das Rechtsstaatsprinzip verletzt. Schließlich wurde eingewandt, daß, soweit der Verwaltung beim Abschluß von Verwaltungsverträgen ein Abweichen von öffentlichem Recht und damit von der notwendigen Allgemeinheit des Gesetzes gestattet werde, der Vertrag dem Gleichheitssatz stärker und häufiger widersprechen könne als der Verwaltungsakt31.

II. Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns in der Verwaltungsrealität Mittlerweile ist es um die Bedenken ruhiger geworden, und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Verwaltungsvertragsrecht hat begonnen. Ein Hauptgrund dafür ist sicherlich das „Ins-Bewußtsein-Treten“ der mannigfaltigen Einsatzfelder und Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags in der heutigen Verwaltungswirklichkeit, was dazu beigetragen hat, diese Form des Verwaltungshandelns letztlich aus ihrem Schattendasein herauszuführen. 1. Einsatzfelder des Verwaltungsvertrags in der heutigen Verwaltungswirklichkeit In den letzten Jahren ist die Waagschale erheblich zugunsten des Verwaltungsvertrags ausgeschlagen, da es mittlerweile Rechtsbereiche gibt, in denen man das vertragliche Verwaltungshandeln durchaus als „klassisch“ bezeichnen darf, so etwa bei der Ablöse der Stellplatzpflicht32 und auch im Städtebau___________ 28

G. Püttner, DVBl. 1982, S. 122 ff. (S. 125). Carl Hermann Ule/Franz Becker, Verwaltungsverfahren im Rechtsstaat, 1964, S. 70 ff. mit Blick auf das einseitige Kündigungsrecht des § 60 I 2 VwVfG. 29

30

A. Bleckmann, NVwZ 1990, S. 601 ff. (S. 606 f.). A. Bleckmann, NVwZ 1990, S. 601 ff. (S. 607); vgl. dazu auch die Ausführungen bei Helmuth Schulze-Fielitz, Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, DVBl. 1994, S. 657 ff. (S 660). 32 Vgl. Dirk Ehlers, Die Zulässigkeit von öffentlich-rechtlichen Verträgen über die Ablösung der Stellplatz- oder Garagenbaupflicht, DVBl. 1986, S. 529 ff.; Jürgen Ziegler, Zur Ablösung der Stellplatzpflicht, DÖV 1984, S. 831 ff., jeweils m.w.N.; Stephan J. Bultmann, Neuregelungen der Stellplatzablösung in den Bauordnungen der neuen Bundesländer unter besonderer Berücksichtigung der BbgBO und SächsBO, BauR 2001, S. 174 ff. (insb. S. 176 f. [Stellplatzablöse durch Vertrag], S. 188 ff. [Regelungen durch öffentlich-rechtlichen Vertrag]). 31

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

recht33. Aber auch in bisher wenig involvierten Bereichen ist der Verwaltungsvertrag im Vordringen begriffen, so beispielsweise im Sozialrecht34, etwa in Form öffentlich-rechtlicher Darlehensverträge (Sozialhilfe) oder Pflegesatzvereinbarungen zwischen Sozialhilfe- und Heimträgern35. Gleiches gilt für das Ab-

___________ 33 Siehe dazu Hans-Jörg Birk, Die neuen städtebaulichen Verträge nach dem Baugesetzbuch und dem BauGB-Maßnahmengesetz, SächsVBl. 1994, S. 7 ff., 51 ff., 77 ff., 124 ff., 195 ff., 260 ff.; ders., Der „neue“ Vorhaben- und Erschließungsplan und seine rechtlichen Bindungswirkungen, in: Hans-Joachim Driehaus/Hans-Jörg Birk (Hrsg.), Baurecht – Aktuell, Festschrift für Felix Weyreuther, 1993, S. 213 ff.; ders., Verträge als Möglichkeit der Problembewältigung in der Bebauungsplan-Abwägung, in: Jörg Berkemann u.a. (Hrsg.), Planung und Plankontrolle, Otto Schlichter zum 65. Geburtstag, 1995, S. 113 ff.; André Turiaux, Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, NJW 1999, S. 391 ff.; Jürgen Busse, Kooperatives Recht im Bauplanungsrecht, BayVBl. 1994, S. 353 ff.; Herbert Grziwotz, Zur Zulässigkeit und Absicherung vertraglicher Baugebote und Veräußerungsgebote, DVBl. 1991, S. 1348 ff.; ders., Städtebauliche Verträge als Weg zu einer sozialgerechten Bodennutzung?, DVBl. 1994, S. 1048 ff.; ders., Praktische Probleme beim Abschluß städtebaulicher Verträge, NVwZ 1996, S. 637 ff.; ders., Städtebaulicher Vertrag und AGB-Recht, NVwZ 2002, S. 391 ff.; Henning Jäde, Neue Aspekte städtebaulicher Verträge, BayVBl. 1992, S. 549 ff.; W. Krebs, Konsensuales Verwaltungshandeln im Städtebaurecht, DÖV 1989, S. 969 ff.; ders., Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, in: H. Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen (Fn. 24), S. 77 ff.; Willy Spannowsky, Städtebauliche Verträge als Instrumente zur komplexer städtebaulicher Entwicklungsaufgaben bei der Wiedernutzung von Brachflächen?, UPR 1996, S. 201 ff.; E. Schmidt-Aßmann, Vertragstypen der städtebaulichen Praxis, in: ders./W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, Vertragstypen und Vertragslehren, 2. Aufl. 1992, S. 1 ff.; Wolfgang Kahl, Das Kooperationsprinzip im Städtebaurecht, DÖV 2000, S. 793 ff.; vgl. auch Hans-Jürgen Papier, Grunderwerbsverträge mit „Bauplanungsabreden“ – BVerwG, NJW 1980, S. 2538, JuS 1981, S. 498 ff.; Christoph Degenhart, Vertragliche Bindungen der Gemeinde im Verfahren der Bauleitplanung, BayVBl. 1979, S. 289 ff.; Rupert Stettner, Die Bindung der Gemeinde durch den Folgekostenvertrag, AöR 102 (1977), S. 544 ff. Siehe zur Vertragsgestaltung: H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, 2002, 5. Teil § 1 Rn. 320 ff. 34 Siehe dazu Volker Neumann, Dogmatische und prinzipiengeleitete Argumente bei der Abgrenzung von Verwaltungsverträgen – Zur Rechtsnatur der Pflegesatzvereinbarungen im Sozialrecht, DÖV 1992, S. 154 ff.; ders., Freiheit und Bindung bei der Leistungserbringung im Gesundheitswesen: Ambulante und stationäre Pflege, in: Bundestagung des Deutschen Sozialrechtsverbandes e.V. (Hrsg.), Freiheit und Bindung bei der Leistungserbringung im Gesundheitswesen, 1994, S. 109 ff. 35 Siehe für weitere Beispiele Heinz Hillermeier/Wolfram Castorph/Karl Klaus Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht, Handbuch für die Vertragsgestaltung und Sammlung von Vertragsmustern mit Erläuterungen, 1985, Stand: 52. Lfg. Mai 2002 (die Anzahl der Vertragsmuster wurde im Grundwerk reduziert, sämtliche Vertragsmuster befinden sich auf der CD-ROM Hillermeier, „Kommunales Vertragsrecht“), Ordnr. 36 ff.

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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gabenrecht36 und das Subventionsrecht37. Ein wichtiger Bereich für den Einsatz von Verwaltungsverträgen liegt auch im Umweltrecht38. Dort spielt vor allem der sogenannte Vertragsnaturschutz eine wichtige Rolle39. ___________ 36 Rainer Döring, Verträge zur Erschließung von Bauland, NVwZ 1994, S. 853 ff.; Wilfried Erbguth/A. Rapsch, Der öffentlich-rechtliche Vertrag in der Praxis: Rechtliche Einordnung und Rechtsfragen von Erschließungsabreden, DÖV 1992, S. 45 ff. (S. 47 f.); Werner Heun, Die Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge im Bereich der Kommunalabgaben, DÖV 1989, S. 1053 ff.; Monika Jachmann, Vereinbarungen über Erschließungsbeiträge im Rahmen von Grundstücksverträgen mit Gemeinden, BayVBl. 1993, S. 326 ff.; Paul Tiedemann, Der Vergleichsvertrag im kommunalen Abgabenrecht, DÖV 1996, S. 594 ff.; Felix Weyreuther, Die Zulässigkeit von Erschließungsverträgen und das Erschließungsbeitragsrecht, UPR 1994, S. 121 ff.; A. Gern, Die Zulässigkeit der Vertragsform zur Festsetzung von Kommunalabgaben, KStZ 1979, S. 161 ff.; Gustav Knobloch, Spezielle Fragen bei der Erhebung von Kanalbenutzungsgebühren, KStZ 1975, S. 205 ff.; Erwin Allesch, Zur Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge im Kommunalabgabenrecht, DÖV 1988, S. 103 ff.; BVerwG DÖV 1978, S. 611 ff. (S. 611); VGH Mannheim VBlBW 1987, S. 141 ff. (S. 145); VGH München BayVBl. 1987, S. 335 ff.; VGH München BayVBl. 1977, S. 246 f.; VG Arnsberg KStZ 1987, S. 137 ff. m.w.N.; OVG Koblenz KStZ 1977, S. 33 ff.; OVG Lüneburg KStZ 1976, S. 71 ff.; vgl. auch Jürgen Sontheimer, Der verwaltungsrechtliche Vertrag im Steuerrecht, 1987; Walter Schick, Vergleiche und sonstige Vereinbarungen zwischen Staat und Bürger im Steuerrecht, 1967; Hartmut Mohr, Austauschverträge mit Steuerbehörden, NJW 1978, S. 790 ff. Siehe zur Vertragsgestaltung: H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 3. Teil § 2 Rn. 218 ff. 37 Sergio Giacomini, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und Verfügung im Subventionsverhältnis „Staat – Privater“, 1992; OVG Münster, NVwZ 1984, S. 522 ff.; dazu Hanspeter Knirsch, Gestaltungsfreiräume kommunaler Subventionsgewährung, NVwZ 1984, S. 495 ff.; siehe auch Georg Jochum, Sicherheiten für Rückzahlungsansprüche staatlicher Zuwendungen, in: Burkhardt Ziemske/Theo Langheid/Heinrich Wilms/Görg Haverkate (Hrsg.), Staatsphilosophie und Rechtspolitik, Festschrift für Martin Kriele zum 65. Geburtstag, 1997, S. 1193 ff.; vgl. ferner H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 17 Rn. 20 ff. und die auf den Vertrag ausgerichtete Gesamtkonzeption bei Wilhelm Henke, Das Recht der Wirtschaftssubventionen als öffentliches Vertragsrecht, 1979. Siehe zur Vertragsgestaltung: H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 4. Teil § 2 Rn. 284 ff. 38 Siehe dazu Udo Di Fabio, Vertrag statt Gesetz?, DVBl. 1990, S. 338 ff.; Martin Gellermann/Andreas Middeke, Der Vertragsnaturschutz, NUR 1991, S. 457 ff.; HansWerner Rengeling/M. Gellermann, Kooperationsrechtliche Verträge im Naturschutzrecht, ZG 1991, S. 317 ff.; Martin Beckmann/Holger Matuschak, Altlastensanierung und Störerauswahl im Verwaltungsvertrag, WUR 1990, S. 70 ff.; Christoph Müllmann, Altlastensanierung und Kooperationsprinzip – der öffentlich-rechtliche Vertrag als Alternative zur Ordnungsverfügung, NVwZ 1994, S. 876 ff.; Kay Arthur Pape, Die Bewältigung von Altlasten in der Praxis, NJW 1994, S. 409 ff. (S. 411); Walter Frenz/Pascal Heßler, Altlastensanierung und öffentlich-rechtlicher Sanierungsvertrag, NVwZ 2001, S. 13 ff.; Hartmut Fischer, Sanierungsverträge in der Praxis, BauR 2000, S. 833 ff.; siehe auch Michael Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl. 1998, § 5 Rn. 201 ff. (S. 290 ff.); H.W. Rengeling, Das Kooperationsprinzip im Umweltrecht, 1988, S. 15 ff; vgl. auch Jürgen Fluck/Thomas Schmitt, Selbstverpflichtungen und Umweltvereinbarungen – rechtlich gangbarer Königsweg deutscher und europäischer Umweltpolitik?, VerwArch 89

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

Die nur exemplarische Aufzählung verwaltungsvertraglicher Gegenstandsbereiche läßt sich um eine Reihe weiterer Einsatzfelder ergänzen, die in der Literatur mittlerweile diskutiert werden: Infrastruktur- und Stadtentwicklung, kommunale Ver- und Entsorgung, Forschung und Entwicklung (Technologietransfer), Kultur- und Bildungsbereich und nicht zuletzt auch der Fremdenverkehr40. 2. Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags Neben dem breiten Einsatzspektrum ist der Verwaltungsvertrag auch durch eine Reihe von Funktionen gekennzeichnet, die ihn vor allem in die Kategorie „flexibles Verwaltungshandeln“ rücken. Seine wichtigsten Funktionen sind hier nur kurz in Erinnerung zu rufen. a) Personelle und zeitliche Dimension Vorteile birgt der Verwaltungsvertrag vor allem, wenn mehr als zwei Rechtssubjekte an den Rechtsverhältnissen beteiligt sind. Man spricht dann nicht mehr von „bipolaren“, sondern von „multipolaren“ Rechtsverhältnissen41, so daß sich auch Verwaltungsaufgaben in makroadministrativen Dimensionen wahrnehmen lassen42. Der Verwaltungsvertrag dient damit der „Bewältigung komplexer Pro___________ (1998), S. 220 ff. Siehe zur Vertragsgestaltung: H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 5. Teil § 3 Rn. 378 ff. 39 Vgl. dazu Eckard Rehbinder, Vertragsnaturschutz – Erscheinungsformen, Rechtsprobleme, ökologische Wirkungen, DVBl. 2000, S. 859 ff.; U. Di Fabio, DVBl. 1990, S. 338 ff.; M. Gellermann/A. Middeke, NUR 1991, S. 457 ff.; H.-W. Rengeling/M. Gellermann, ZG 1991, S. 317 ff.; siehe ferner auch die Zusammenstellungen bei H. Maurer/Bruno Bartscher, Die Praxis des Verwaltungsvertrages im Spiegel der Rechtsprechung, 2. Aufl. 1997; W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 250 f.); Arno Scherzberg, Grundfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, JuS 1992, S. 205 ff. (S. 205) m.w.N. 40 Vgl. nur dazu die Zusammenstellung von Sibylle Roggencamp, Public Private Partnership – Entstehung und Funktionsweise kooperativer Arrangements zwischen öffentlichem Sektor und Privatwirtschaft, 1999, S. 39 f. 41 Terminologisch ähnlich Hartmut Bauer, Subjektiv öffentliche Rechte des Staates, DVBl. 1986, S. 208 ff. (S. 218); E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, VVDStRL 34 (1976), S. 221 ff. (S. 236); Friedrich Schnapp, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, DÖV 1986, S. 811 ff. (S. 817); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 252). 42 Zum Beispiel die Errichtung immissionsschutzrechtlich relevanter Anlagen. Da hier sehr viele Rechtssubjekte beteiligt sind (Betreiber, Genehmigungsbehörden, u.U. eine große Anzahl von Nachbarn), würde ein einseitig hoheitliches Handeln des Trägers öffentlicher Gewalt wahrscheinlich nur eine Flut von Klagen hervorrufen. Um dem wirkungsvoll zu begegnen, ist es erforderlich möglichst frühzeitig zu agieren. Hierfür ist der Verwaltungsvertrag gut geeignet, da nur mit ihm ein Konsens auf breiter Ebene denkbar ist.

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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blemlagen“43, und zwar letztlich nicht nur in personeller Hinsicht, sondern auch in bezug auf die zunehmend schwieriger werdende Regelungsfähigkeit komplexer Materien, die die Entscheidungsfindungsprozesse heutzutage verkomplizieren44. Neben der Möglichkeit, multipolare Rechtsverhältnisse zu erfassen, hat der Verwaltungsvertrag auch noch den Vorteil, Rechtsverhältnisse in verschiedenen Zeitdimensionen koordinieren zu können. Er ist in der Lage, mittel- und langfristige Beziehungen zu erfassen und daher nicht auf eine punktuelle Interessenkonvergenz zwischen Verwaltung und Bürger beschränkt45. Des weiteren ist er das klassische Mittel zur Begründung und Gestaltung von Dauerschuldverhältnisse zwischen Verwaltung und Bürger46. b) Normersetzende Funktion, Normausgestaltung und Normkonkretisierung Eine weitere wichtige Funktion des Verwaltungsvertrags liegt in seiner Fähigkeit, Rechtsnormen zu ersetzen. Dabei geht es nicht nur um Bereiche, die bisher ohne normativen Ansatz geblieben sind, in denen der Inhalt des Verwaltungsvertrags folglich von dem bestimmt wird, was die Kooperationsparteien untereinander vereinbart haben. Es geht insoweit auch um eine normersetzende Dimension, in denen er an die Stelle einseitig-hoheitlicher Regelungen (etwa von Verordnungen) tritt47. Damit eng verbunden ist die verwaltungsvertragliche Funktion der Normausgestaltung bzw. -konkretisierung48. ___________ 43

W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 252). Siehe dazu auch H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts – Zugleich ein Beitrag zur Vertragsgestaltung im Verwaltungsrecht, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, 1996, S. 11 ff. (S. 28 f.). 45 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 252 ). 46 Zu Dauerschuldverhältnissen z.B. in der Leistungsverwaltung siehe ausführlich Peter Krause, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, VVDStRL 45 (1987), S. 212 (S. 224 ff.). 47 Z.B. im Bereich des Vertragsnaturschutzes, etwa wenn die Bewirtschafter ökologisch bedeutsamer Grundflächen durch vertragliche Absprachen aktiv am Natur- und Landschaftsschutz beteiligt werden. Vertraglich vereinbarte Bewirtschaftungsrestriktionen treten insoweit an die Stelle von Rechtsverordnungen. Es lassen sich somit die Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes durch freiwillige Vereinbarungen erreichen und zwar dergestalt, daß ein rechtsverbindlicher öffentlich-rechtlicher Vertrag eine ansonsten mögliche Rechtsverordnung teilweise oder überwiegend ersetzt. Vgl. zum ganzen M. Gellermann/A. Middeke, NUR 1991, S. 457 ff. (S. 458); siehe auch W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 253); Claus Leitzke, Der normersetzende Vertrag – ein zukunftsfähiges Instrument im Umweltrecht?, UPR 2000, S. 361 ff. (insb. S. 364 f. zu den Vor- und Nachteilen normersetzender Verträge). Beachte im Rahmen der norm44

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

c) Kompensationsfunktion Eine weitere interessante verwaltungsvertragliche Funktion birgt die Plangewährleistungsproblematik49. Wird durch hoheitliche Planung auf das Verhalten der Bürger eingewirkt, dann bleibt fraglich, ob und unter welchen Voraussetzungen sich an diesen Tatbestand Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Bürger anschließen, die einer einseitigen Abänderung oder Nichtbeachtung der ursprünglichen Pläne durch den Staat entgegenstehen oder aber zumindest Ansprüche des Bürgers auf Übergangsregelungen oder Entschädigung auslösen50. Verwaltungsverträge können hier eine Möglichkeit sein, größere finanzielle Einbußen abzufedern. Zu denken ist vor allem an eine vertragliche Absicherung des Planungsrisikos durch Einräumung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen bei Ausbleiben des erhofften Planungsergebnisses oder bei unvorhergesehener Planänderung51. III. Der Verwaltungsvertrag als Handlungsinstrument des kooperativen Staates Die nur allmählich bewußt gewordene Breite der Einsatzfelder und die Funktionenvielfalt haben inzwischen eine sehr intensive Auseinandersetzung mit der ___________ ersetzenden Dimension des Verwaltungsvertrags auch seine mitunter normvorbereitende Funktion, vgl. dazu etwa W. Krebs, Zulässigkeit und Wirksamkeit vertraglicher Bindungen kommunaler Bauleitplanung, VerwArch 72 (1981), S. 49 ff.; beispielhaft für die Normvorbereitung ist der Vertrag über die Ausarbeitung eines Bebauungsplans, siehe dazu Klaus Finkelnburg, in: ders./Karsten-Michael Ortloff, Öffentliches Baurecht, Band I: Bauplanungsrecht, 5. Aufl. 1998, § 14 I (S. 173 f.). 48 So ließe sich etwa ein umweltrechtliches Schutzkonzept in eine allgemeinverbindliche Rechtsverordnung und in einen oder mehrere Verwaltungsverträge mit einzelnen Betroffenen teilen. Ebenso ließe sich ganz allgemein eine Basisrechtsverordnung erlassen, wobei dann Einzelheiten und Wesen der Umsetzung durch Verwaltungsverträge ausgestaltet werden könnten; vgl. dazu U. Di Fabio, DVBl. 1990, S. 338 ff. (S. 341); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 253). 49 Siehe zu dieser Problematik statt vieler Martin Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, 1970; Steffen Detterbeck/Kay Windthorst/Hans-Dieter Sproll, Staatsfinanzrecht, 2000, 8. Teil, §§ 28 ff. (S. 451 ff.); Ulrich Battis, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2002, C. IV. 5. (270 f.); Fritz Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl. 1998, 10. Teil, S. 379 ff. 50 Reiner Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, 1990, § 10 II 7 (S. 490 f.). 51 Vgl. dazu W. Krebs, Zulässigkeit und Wirksamkeit vertraglicher Bindungen kommunaler Bauleitplanung, VerwArch 72 (1981), S. 49 ff. (S. 59). Siehe dazu auch die Rolle der Kündigung, insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarung von Kündigungsrechtsfolgen unten § 9 II 3 a) und b).

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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rechtlichen Seite des Verwaltungsvertrags angestoßen52. Sie findet ihre Stütze zu weiten Teilen im Leitbild des „kooperativen Staates“, für den das Verwaltungshandeln durch Vertrag symptomatisch ist53. 1. Zum Wandel der Handlungsformen im kooperativen Verwaltungsstaat Die momentane Gesellschaft ist gekennzeichnet durch einen globalen Prozeß fundamentaler wirtschaftlicher, wissenschaftlich-technologischer sowie sicherheitspolitischer Entwicklungen und Veränderungen und damit einhergehender Umweltzerstörungen, technischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten und gesellschaftlichen Konflikten. Die Bewältigung dieser Krisensituationen und ihrer negativen Folgen ist eine Hauptaufgabe des Staates, zu deren Durchführung er auf die Mittel der Rechtsordnung zurückgreifen kann und muß. Angesichts der Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen, mit der die Änderung der Staatsaufgaben einhergeht54, erscheint eine Umorientierung staatlichen Handelns nahezu unausweichlich. Der Staat tritt kaum noch als alleiniger Problemlöser auf, sondern ist in einer zunehmend arbeitsteilig vernetzten Umwelt vielmehr auf die Kooperation mit anderen, öffentlichen wie privaten, Handlungsträgern angewiesen55. Damit ist aber auch die tradierte Auffassung nicht mehr die einzig richtige, nach der der Staat vornehmlich durch das einseitig-hoheitliche Instrument des Gesetzes und durch die gesetzesakzessorischen Mittel hoheitlicher Verwaltung für die Übereinstimmung zwischen seinem Willen und dem Verhalten der privaten Rechtssubjekte sorgt. Denn eine Kooperation zwischen Staat und Bürger kann zumeist nicht erzwungen, sondern muß eingeworben werden. Insoweit ___________ 52 Entscheidend für den Durchbruch des Verwaltungsvertrags dürfte vor allem auch der Staatsrechtslehrervortrag von W. Krebs im Jahre 1992 gewesen sein, siehe dazu VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. 53 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258). 54 Stichwort „Verantwortungsteilung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben“, siehe dazu das Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ , Kabinettsbeschluß vom 1. Dezember 1999, S. 2 (das Dokument kann als pdf-Datei im Internet unter www.staat-modern.de heruntergeladen werden, Stand April 2003). Dieses Programm war eines für die abgelaufene 14. Legislaturperiode. Dementsprechend wurde die Stabsstelle „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ am 15. Januar 2003 aufgelöst. Modernisierung von Staat und Verwaltung soll aber dessen ungeachtet weiterhin eine hohe Bedeutung haben. Die damit verbundenen Aufgaben wurden daher im wesentlichen dem Referat O 1 (Verwaltungsorganisation, Verwaltungsmodernisierung) des Bundesministeriums des Innern übertragen. 55 Joachim Jens Hesse, Verhandlungslösungen und kooperativer Staat, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Konfliktbewältigungen durch Verhandlungen, Band I: Informelle und mittlergestützte Verhandlungen im Verwaltungsverfahren, 1990, S. 97 ff. (S. 100).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

kann man vom Ersatz des Prinzips der Einseitigkeit durch sein Gegenteil sprechen: durch das Prinzip der Zweiseitigkeit oder Zusammenarbeit56. Der Bürger ist nach diesem modernen Verständnis nicht mehr nur Gewaltunterworfener, sondern auch Partner der Verwaltung. Die Zusammenarbeit erfolgt in Rechtsverhältnissen, die sich am Kooperationsprinzip57 orientieren und somit den kooperativen Staat58 reflektieren. Es geht also um einen Staat, der sich mit organisierten Gruppen der Gesellschaft oder auch mit Einzelpersonen in Zusammenarbeit verbindet, der Großunternehmen, Oligopolen und organisierten Gruppen Zugang zu seinen Entscheidungsvorgängen gewährt und der demgemäß die Gruppenmeinungen und Gruppeninteressen als bewegende Kraft der Gemeinwohlprozesse in der pluralistischen Demokratie anerkennt59. Kooperation ist somit die Kunst, die Interessen der beteiligten Akteure zum Ausgleich zu bringen und daher ein dynamischer Prozeß wachsender, zunehmend dauerhafterer und wechselseitiger Festlegungen und Selbstbindungen auch unter Einsatz von Macht- und Drohpotentialen60. Die Handlungsformenwahl kooperativen Vorgehens muß sich dabei an den neuen zukunftsentscheidenden Politikbereichen orientieren, die sich nicht zuletzt durch die Auslagerung öffentlicher Aufgaben im Zuge von Privatisierung, Deregulierung und Kommunalisierung und dem damit verbundenen Anwachsen staatlicher Orientierungs- und Kontrollfunktionen ergeben. Die Mehrung der Anwendung konsensualer61 Handlungsinstrumente, etwa von Verwaltungsverträgen, ist damit letztlich nur logische Konsequenz und nicht zuletzt wegen der ___________ 56

Ernst-Hasso Ritter, Der kooperative Staat, AöR 104 (1979), S. 389 ff. (S. 391). Dieses Prinzip findet seit dem Verpackungsteuer-Urteil des BVerfG NJW 1998, S. 2341 ff. auch in der höheren Rechtsprechung Anerkennung. Siehe zum Kooperationsprinzip auch Gunnar Folke Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 435 ff.). 58 Ein kooperativer Staat ist einer, der sich der Träger sozialer und ökonomischer Macht zur Umsetzung seiner Ziele bedient und der öffentliche Aufgaben zur kooperativen Erledigung mit eben diesen Machtträgern „vergesellschaftet“, so schon Herbert Krüger, Das Wirtschaftspolitische Mitwirkungsverhältnis, 1974, S. 40. Siehe zum kooperativen Staat auch G. F. Schuppert, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 435 ff.). 59 E. H. Ritter, AöR 104 (1979), S. 389 ff. (S. 391). 60 W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsrechtsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Grundfragen, 1993, S. 115 ff. (S. 148 ff.). 61 Konsensuales Verwaltungshandeln ist nicht explizit mit kooperativen Verwaltungshandeln gleichzusetzen, da ersteres ansonsten jeden eigenständigen Erkenntniswert verlieren würde; so auch H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 ff. (S. 658); Horst Dreier, Informales Verwaltungshandeln, Staatswissenschaft und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 ff. (S. 651). Ein Verwaltungsvertrag als solcher kann aber Ergebnis konsensualer wie auch kooperativer Vorgänge sein. 57

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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geringereren Steuerungskraft des materiellen Rechts nur Folge eines enormen Kooperationsbedarfs angesichts der in hohem Maße offenen und konkretisierungsbedürftigen Vorgaben für Entscheidungen und der Komplexität der zu treffenden Entscheidungen selbst62. Dies korrespondiert mit der sich mehrenden Erkenntnis, daß die klassischen Handlungsformen zur Bewältigung der genannten Probleme nur noch begrenzt greifen63. Der Vertrag wird so zu einem wichtigen Handlungsmittel, wenn ein einseitiges hoheitliches Instrument nicht zur Verfügung steht64. Insgesamt ist damit eine Entwicklung zu erkennen, die parallel zu der des Verwaltungsvertrags lief bzw. läuft und sich eher durch Konsens- als Konfliktorientiertheit kennzeichnet.

2. Motive für den Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns Einer der Hauptgründe für den Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns ist die bereits dargestellte breite Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags65. Hinzu kommen eine Reihe von Faktoren, die typisch für konsensuales und kooperatives Verwaltungshandeln sind, dagegen eher fremd für herkömmliche Verwaltungsmittel des imperativen Befehlsbereichs (Verwaltungsakte, Satzungen und Rechtsverordnungen).

___________ 62 Vgl. dazu H. Bauer, Informelles Verwaltungshandeln im öffentlichen Wirtschaftsrecht, VerwArch 78 (1987), S. 241 ff. (S. 251); P. Kunig/Susanne Rublack, Aushandeln statt Entscheiden? – Das Verwaltungsverfahrensrecht vor neuen Herausforderungen, Jura 1990, S. 1 ff. (S. 1); Jens-Peter Schneider, Kooperatives Verwaltungsverfahren, VerwArch 87 (1996), S. 38 ff. (S. 46); Arthur Benz, Verhandlungen, Verträge und Absprachen in der öffentlichen Verwaltung, Die Verwaltung 1990, S. 83 ff. (S. 86). 63 Ähnlich auch H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 ff. (S. 658); Christian Schrader, Das Kooperationsprinzip – ein Rechtsprinzip?, DÖV 1990, S. 326 ff. (S. 328). 64 W. Krebs, DÖV 1989, S. 969 ff. (S. 970). Beispiel sind die Reprivatisierungsfälle im Städtebaurecht, vgl. dazu: Rolf-Peter Löhr, Privatisierung und Reprivatisierung im Städtebaurecht, NJW 1979, S. 2169 ff.; sowie E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 15 ff.: Eine Gemeinde hat beispielsweise nach § 89 I BauGB „Grundstücke zu veräußern, die sie 1. durch Ausübung des Vorkaufsrechts erlangt hat oder die 2. zu ihren Gunsten enteignet worden sind, um sie für bauliche Nutzung vorzubereiten oder der baulichen Nutzung zuzuführen“. Dabei hat die Gemeinde nach § 89 III BauGB „die Grundstücke unter Berücksichtigung weiter Kreise der Bevölkerung an Personen zu veräußern, die sich verpflichten, das Grundstück innerhalb angemessener Frist entsprechend den baulichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme zu nutzen“. Der Vertrag ist hier also ein rechtlich unverzichtbares Instrument der Erledigung städtebaulicher Aufgaben. 65 Siehe dazu oben § 1 II 2.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

a) Akzeptanzsicherung Eines der grundlegendsten Motive für den Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns dürfte im Bereich der Akzeptanzsicherung anzusiedeln sein. Ansatzpunkt ist dabei, daß es dem Menschen zu eigen ist, lieber frei als unter Zwang zu handeln. Kooperatives Handeln setzt von vornherein auf die Freiwilligkeit der beteiligten Partner und die mit diesem Handeln verbundenen Anreize; Werbungen und moralische Inpflichtnahmen zielen direkt auf soziale Integrationsmechanismen und lassen das Recht als gestaltende Macht zurücktreten66. Vertrags- und Plantreue werden dann nicht in erster Linie als Rechtsgehorsam, wie etwa bei befehlsorientiertem hoheitlichen Handeln, sondern in Erfüllung sozialer Normen (pacta sunt servanda) und Loyalitätsbindungen geschuldet67. Konsenslösungen versprechen also nicht nur größere Akzeptanz68, sondern auch die Bereitschaft zur Mitwirkung der gesellschaftlichen Gruppen, auf die der Staat gerade bei solchen Maßnahmen angewiesen ist69. Diese Mitwirkung bietet aber nicht ausschließlich für die staatliche Verwaltung Vorteile. Sie bewirkt letztlich einen umfassenden wechselseitigen Informationsaustausch über Problemsituationen, mögliche Lösungen und die Belastungsgrenze aller Beteiligten. b) Nutzung privaten Potentials Ein weiterer Grund für den Bedeutungszuwachs liegt in der kooperationsimmanenten Möglichkeit der Nutzung fremden privaten Know-hows durch Träger öffentlicher Gewalt. Der Staat steht vor einem begrenzten Pool „intellektueller, ___________ 66 So ausdrücklich Josef Schlarmann, Die Wirtschaft als Partner des Staates, 1972, S. 160. 67 Vgl. dazu E. H. Ritter, AöR 104 (1979), S. 389 ff. (S. 409). 68 So insgesamt auch Gerlinde Dauber, Möglichkeiten und Grenzen kooperativen Verwaltungshandelns, in: Kathrin Becker-Schwarze u.a. (Hrsg.), Wandel der Handlungsformen im öffentlichen Recht – 31. Tagung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachrichtung „Öffentliches Recht“ – Bremen 1991, 1991, S. 67 ff. (S. 80); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 ff. (S. 288); J.-P. Schneider, VerwArch 87 (1996), S. 38 ff. (S. 46); Thomas Würtenberger, Akzeptanz durch Verwaltungsverfahren, NJW 1991, S. 257 ff.; W. Kahl, DÖV 2000, S. 793 ff. (S. 801). 69 Winfried Brohm, Rechtsgrundsätze für normersetzende Absprachen, DÖV 1992, S. 1025 ff. (S. 1026); Joseph H. Kaiser, Industrielle Absprachen im öffentlichen Interesse, NJW 1971, S. 585 ff.; M. Oldiges, Staatlich inspirierte Selbstbeschränkungsabkommen der Privatwirtschaft, WiR 1973, S. 1 ff. (S. 6 f.); Janbernd Oebbecke, Die staatliche Mitwirkung an gesetzesabwendenden Vereinbarungen, DVBl. 1986, S. 793 ff. (S. 794); Jürgen Becker, Informales Verwaltungshandeln zur Steuerung wirtschaftlicher Prozesse im Zeichen der Deregulierung, DÖV 1985, S. 1003 ff. (S. 1003); Friedrich v. Zezschwitz, Wirtschaftsrechtliche Lenkungstechniken – Selbstbeschränkungsabkommen, Gentlemen`s Agreement, Moral Suasion, Zwangskartell, JA 1978, S. 497 ff. (S. 501).

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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personeller und finanzieller Ressourcen“70, was dazu führt, daß sich die staatliche Aufmerksamkeit auf die Einbindung gesellschaftlicher Kräfte in die staatliche Aufgabenwahrnehmung richtet71. Ausgangspunkt dafür ist, daß der Staat seine Aufgaben ohne freiwillige Mitwirkung organisierter oder nicht organisierter gesellschaftlicher Kräfte entweder gar nicht oder nicht in der angestrebten Art und Weise erfüllen könnte72. Auch insoweit ist die Kooperation wieder von gewaltigem Nutzen für private Wirtschaftssubjekte. Sie erhalten die Chance, frei von staatlichen Vorgaben innovative, neue und marktgerechtere Problemlösungen zu entwickeln73 und in die Aufgabenwahrnehmung einzubinden. c) Konkrete einzelfallbezogene Aufgabenwahrnehmung Ein weiteres Motiv für den Bedeutungszuwachs verwaltungsvertraglichen Handelns ist in der Möglichkeit zu sehen, eine konkret einzelfallbezogene Aufgabenwahrnehmung durchzuführen. Die Kooperationsparteien gewinnen mit der Verwendung von Verwaltungsverträgen Spielraum, ihre Maßnahmen und Handlungen den Bedürfnissen des Einzelfalls anzupassen. Dies erscheint für einen effektiven Aufgabenvollzug geradezu erforderlich, weil eine hochdifferenzierte Industriegesellschaft zum Einzelfall tendiert, der eine präzise generellabstrakte Regelung erschwert74. Die Regelung möglichst vieler Lebenssachverhalte per Gesetz, Verordnung oder Satzung kann naturgemäß nur generalklauselartig75 erfolgen. Dennoch kommt es zu einer unglaublichen „Normsetzungs___________ 70

E. H. Ritter, Das Recht als Steuerungsmedium im kooperativen Staat, in: Dieter Grimm, Wachsende Staatsaufgaben – sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, S. 69 ff. (S. 73). 71 Vgl. dazu auch das Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 2. 72 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 254 f.). 73 So die Argumentation zur Einführung einer Zielfestlegung nach § 14 II AbfG als neues Handlungsinstrument, BT-Drs. 10/5656 (Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses), S. 74 f.; dazu von einem kritischen Standpunkt aus: Jürgen Jekewitz, Zielfestlegungen nach § 14 Abs. 2 Abfallgesetz – ein Regelungsinstrument mit fraglichem Rechtscharakter, DÖV 1990, S. 51 ff. (S. 53). 74 Dazu näher W. Brohm, Situative Gesetzesanpassung durch die Verwaltung, NVwZ 1988, S. 794 ff. 75 Dies führt letztlich zur zunehmenden Verwendung hochabstrakter gesetzlicher Tatbestände in Form von unbestimmten Rechtsbegriffen, Abwägungsklauseln, Billigkeits- und Härteklauseln, „final programmierten“ Aufträgen und Zielbestimmungen. Hinzu kommt, daß gesetzliche Generalklauseln durch administrative Rechtsetzung in Form von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften konkretisiert werden müssen und selbst dann noch der Verwaltung breite Anwendungsspielräume überlassen, vgl. dazu W. Brohm, Rechtsvorgaben für informelles Verwaltungshandeln, DVBl. 1994, S. 133 ff. (S. 138 f.); ähnlich H. Dreier, Zur „Eigenständigkeit“ der Verwaltung, Die Verwaltung 25 (1992), S. 137 ff. (S. 148 ff.); ausführlich H. Dreier, Hierarchische Ver-

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

flut“ und „Überregelung“ bis hin zur Grenze der Normen-Verarbeitungskapazität der Verwaltung76. Dies führt in der Folge dazu, daß sich Verwaltung und Bürger in zunehmender Weise wegen des finalen Regelungscharakters, wegen der komplexen Sachverhalte oder wegen der Notwendigkeit der planenden oder prognostischen Abwägungsentscheidungen über den gesetzlichen Vollzug verständigen müssen77. Der dazu hervorragend nutzbare Verwaltungsvertrag tritt an die Stelle von Normkonkretisierungen und -interpretationen. Was dann als Recht gilt, ist das Resultat eines Kommunikationsprozesses, in dem die kooperative Rechtsgewinnung in und durch Verfahren zur Bedingung materiellrechtlicher Richtigkeit wird78. Die Kooperationen dienen der Konkretisierung und Individualisierung des (abstrakten) Gesetzes für den Einzelfall und schaffen durch kommunikative und kooperative Beteiligung des Gesetzesadressaten an der Gesetzesauslegung und -anwendung nicht nur eine hohe Akzeptanz und Legitimationswirkung der Entscheidung, sondern auch eine spezifischere und gerechtere Einzelfallösung. Im Ergebnis führt dies auch zu einer wünschenswerten Aufrechterhaltung der Regelungskraft der Vorschriften. Der Umstand, daß die Regelungskraft allgemein des Gesetzesrechts und speziell des besonderen Verwaltungsrechts abnimmt, macht kooperatives Verwaltungshandeln zu einer vorzugswürdigen Praxis, die unvermeidlich und im Sinne einer Verfahrensökonomie des Verwaltungshandelns auch geboten ist79.

___________ waltung im demokratischen Staat, 1991, S. 185 ff., S. 191 ff.; H. Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, 1988, S. 136 ff., S. 140 ff. 76 Vgl. dazu H. Bauer, Der Gesetzesvorbehalt im Subventionsrecht, DÖV 1983, S. 53 ff. (S. 59); Hans Joachim Becker, Normenflut und Rechtsschutzgewährung, ZBR 1980, S. 116 ff.; J. Becker, DÖV 1985, S. 1003 ff., R. Stober, Rechtsstaatliche Übersteuerung, Der Rechtsstaat in der Rechtsetzungsfalle, in: K. Stern (Hrsg.), Vier Jahre Deutsche Einheit, 1995, S. 65 ff. 77 Siehe z.B. Rainer Pitschas, Entwicklung der Handlungsformen im Verwaltungsrecht – Vom Formendualismus des Verwaltungsverfahrens zur Ausdifferenzierung der Handlungsformen, in: Willi Blümel/R. Pitschas (Hrsg.), Reform des Verwaltungsverfahrensrechts, 1994, S. 229 ff. (S. 242 f.); H. Dreier, Staatswissenschaft und Staatspraxis 4 (1993), S. 647 ff. (S. 658 f.); Klaus Lange, Staatliche Steuerung durch offene Zielvorgabe im Lichte der Verfassung, VerwArch 82 (1991), S. 1 ff. (S. 6 f.); M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 ff. (S. 288); H. Hill, Gesetzesgestaltung und Gesetzesanwendung im Leistungsrecht, VVDStRL 47 (1989), S. 172 ff. (S.193); vgl. auch W. Kahl, DÖV 2000, S. 793 ff. (S. 800). 78 Ausführlich F. Schoch, Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, (Fn. 17) S. 199 ff. (S. 222 ff.). 79 H. Schulze-Fielitz, DVBl. 1994, S. 657 ff. (S. 658).

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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d) Flexibilität und Wirtschaftlichkeit Letztlich ist die Möglichkeit einer Behörde, mittels Verwaltungsvertrag rasch und flexibel auf veränderte Situationen zu reagieren, ein weiterer Grund für dessen Bedeutungszuwachs und den Handlungsformenwandel hin zu neuartigen flexibleren Instrumenten im Verwaltungsrecht80. Damit verbunden ist nicht zuletzt auch eine Kosten- und Zeitersparnis aller Beteiligten, was den Verwaltungsvertrag im Hinblick auf den „Schlanken Staat“ besonders günstig erscheinen läßt81. Insbesondere das Postulat des „Schlanken Staates“ in seiner Umsetzung in Form der Privatisierung82 von Verwaltungsaufgaben und Public Private Partnership83 verhalf dem Verwaltungsvertrag dazu, seine gewonnene Position zu festi___________ 80 So auch W. Brohm, DÖV 1992, S. 1025 ff. (S. 1026); G. Dauber, Möglichkeiten und Grenzen kooperativen Verwaltungshandelns (Fn. 68), S. 81; vgl. auch W. Frenz/P. Heßler, NVwZ 2001, S. 13 ff. (S. 16); siehe dazu auch unten § 3 II 2. 81 A. Benz, Kooperative Verwaltung: Funktionen, Voraussetzungen und Folgen, 1994, S. 26 f.; W. Brohm, DÖV 1992, S. 1025 ff. (S. 1026); G. Dauber, Möglichkeiten und Grenzen kooperativen Verwaltungshandelns (Fn. 68), S. 80. 82 Privatisierung ist bei unbefangener Betrachtung das Resultat einer Grenzerreichung staatlicher Leistungsfähigkeit, was dadurch zum Ausdruck kommt, daß sich der Staat eines Teils seiner Aufgaben und Vermögenswerte entledigt, um einerseits Potential für die verbleibenden Aufgaben zu haben und andererseits diese finanzieren zu können, vgl. dazu H. Bauer, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, VVDStRL 54 (1995), S. 243 ff. (S. 245); vgl. auch F. Schoch, Rechtsfragen der Privatisierung von Abwasserbeseitigung und Abfallentsorgung, DVBl. 1994, S. 1 ff. (S. 3); ders., Rechtsfragen der Privatisierung, DVBl. 1994, S. 962 ff. (S. 962 f.); aber auch Franz-Ludwig Knemeyer, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, WiVerw 1978, S. 65 ff. (S. 67); Wolfgang Däubler, Privatisierung als Rechtsproblem: Demokratie und Rechtsstaat, 1980, S. 16; G. F. Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die öffentliche Hand, private Anbieter und Organisationen des Dritten Sektors, in: Jörn Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben: private Finanzierung kommunaler Investitionen, 1994, S. 17 ff.; Andreas Wellenstein, Privatisierungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland: Hintergründe, Genese und Ergebnisse am Beispiel des Bundes und vier ausgewählter Bundesländer, 1992, S. 6; Wilfried Berg, Verfassungsfragen wirtschaftlicher Betätigung des Staates, ThürVBl. 1994, S. 145 ff. (S. 145). 83 Public Private Partnership bedeutet im Grunde genommen nichts anderes, als das die Verwaltung sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben der Kooperation mit Privaten bedient; vgl. dazu G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, 2001, S. 5. Vergleiche zur Terminologie auch Peter Eichhorn, Public Private Partnership – Praxis, Probleme, Perspektiven, in: Lothar F. Neumann/Frank Schulz-Nieswandt (Hrsg.), Sozialpolitik und öffentliche Wirtschaft, In memoriam Theo Thiemeyer, 1995, S. 173 ff.; Dietrich Budäus/P. Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership: Neue Formen öffentlicher Aufgabenerfüllung, 1997. Siehe zur Vertragsgestaltung bei Public Private Partnership: H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 6. Teil § 2 Rn. 435 ff.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

gen. Die Umsetzung der Privatisierung, also die Übertragung von Verwaltungsaufgaben und Vermögenswerten auf Private, erfolgt zu einem großen Teil durch Verträge84, so daß sich bereits eigene Vertragstypen herauskristallisiert haben85. Integriert werden diese in verwaltungspraktische Modelle, wie etwa Betreiber-, Betriebsführungs-, Leasing- oder Konzessionsmodelle86. Der Verwaltungsvertrag wird so zum Beschreibungsinstrument dieser Modelle, die auch der Public Private Partnership geläufig sind87. 3. Der Trend zum aktivierenden Staat Haben veränderte gesellschaftliche Bedingungen einen Wandel der Handlungsformen im kooperativen Verwaltungsstaat verbunden mit einem Bedeutungszuwachs vertraglichen Verwaltungshandelns bewirkt und damit letztlich den Anstoß zu einer sehr intensiven Auseinandersetzung mit der rechtlichen Seite des Verwaltungsvertrags gegeben, kann momentan davon ausgegangen werden, daß diese rechtliche Würdigung ihren augenblicklichen Höhepunkt im ___________ 84

Vgl. dazu die Zusammenstellung bei W. Henke, Praktische Fragen des Vertragsrechts – Kooperationsverträge -, DÖV 1985, S. 41 ff. 85 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 278): „Beschaffungs-/Privatisierungsverträge“ und „Verträge zur gemeinsamen Erfüllung öffentlicher Aufgaben (‚Kooperationsverträge’)“. 86 Siehe zu den Modellen: H. Bauer, Private Aufgabenerfüllung unter staatlicher Gewährleistung im Abwassersektor, in: H. Hill/Hagen Hof (Hrsg.), Wirkungsforschung zum Recht, II. Verwaltung als Adressat und Akteur, 2000, S. 303 ff. (S. 309 f.); Hannes Rehm, Modelle zur Finanzierung kommunaler Investitionen durch Private, in: J. Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben (Fn. 82), S. 93 ff.; F. Schoch, DVBl. 1994, S. 1 ff. (S. 10 ff.); Rudolf Wendt, Haushaltsrechtliche Probleme der Kapitalbeteiligung Privater an öffentlichen Infrastrukturinvestitionen, in: J. Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben (Fn. 82), S. 37 ff. (S. 57 ff.). 87 Man kann insoweit auch von Public Private Partnership – Modellen sprechen [vgl. dazu die Überblicke bei F. Schoch, DVBl. 1994, S. 1 ff. (S. 10 f.); ders., DVBl. 1994, S. 962 ff. (S. 974); Peter J. Tettinger, Die rechtliche Ausgestaltung von Public Private Partnership, DÖV 1996, S. 764 ff. (S. 765 f.)], weil auch sie in der Praxis ihren Ursprung haben und allgemeine Struktur- und Inhaltsbeschreibungen für die Ausgestaltung der Zusammenarbeit von Trägern öffentlicher Verwaltung und Privaten enthalten, vgl. H. Bauer, Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, S. 89 ff. (S. 91). Vgl. zum „Betreibermodell“: R. Stober, Möglichkeiten und Grenzen einer Privatisierung der kommunalen Abfallentsorgung, in: P. J. Tettinger (Hrsg.), Rechtlicher Rahmen für Public Private Partnership auf dem Gebiet der Entsorgung, 1994, S. 25 ff. (S. 36 f.); P. J. Tettinger, DÖV 1996, S. 764 ff. (S. 765 ); Wolf Gottschalk, Praktische Erfahrungen und Probleme mit Public Private Partnership (PPP) in der Versorgungswirtschaft, in: D. Budäus/P. Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership (Fn. 83), S. 153 ff. (S. 159 ff.). Zum „Kooperationsmodell“: Mathias Habersack, Private Public Partnership: Gemeinschaftsunternehmen zwischen Privaten und der öffentlichen Hand, ZGR 1996, S. 544 ff. (S. 549).

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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Avancieren des Verwaltungsvertrags zum Hauptinstrument des neuen Staatsverständnisses vom „Aktivierenden Staat“88 hat. Ausdruck der Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Staat und Bürger im aktivierenden Staat ist eine Verantwortungsteilung89. Im Vordergrund steht das Zusammenwirken staatlicher, halbstaatlicher und privater Akteure zum Erreichen gemeinsamer Ziele90. In diesem Sinne bedeutet „aktivierender Staat“, die Selbstregulierungspotentiale der Gesellschaft zu fördern und ihnen den notwendigen Freiraum zu schaffen, also das erwähnte Zusammenwirken zu entwikkeln und auszugestalten91. Dabei geht es nicht nur um die Schaffung rechtlicher Gestaltungsmittel, die dann zum Einsatz kommen, wenn hoheitliches Handeln aus irgendwelchen Gründen nicht angebracht oder zu starr ist92. Vielmehr geht es darum, generell rechtliche Rahmenbedingungen für kooperative Vertragsverhältnisse zu schaffen, indem für die Ausgestaltung von Kooperationsbeziehungen taugliche Vertragstypen und Vertragsklauseln im Verwaltungsverfahrensrecht verankert werden93. Das Leitbild des aktivierenden Staats hängt eng mit der Entwicklung und Wandlung der Staatsaufgaben zusammen94. Die sich entwickelnde Integration des Verwaltungsvertrags in die Handlungsformen der Verwaltung ist daher nicht zuletzt eine Folge des fortschreitenden Umbruchs in ___________ 88 Siehe dazu das Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54). Das kommunale Pendant des aktivierenden Staates stellt die Bürgergesellschaft (Bürgerkommune) dar, siehe dazu H. Hill, Partnerschaften und Netzwerke – Staatliches Handeln in der Bürgergesellschaft –, BayVBl. 2002, S. 321 ff. (S. 322). 89 Siehe zur Verantwortungsteilung auch G. F. Schuppert, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 427 ff.); Wolfgang Weiß, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, DVBl. 2002, S. 1167 ff. (S. 1168 ff.). 90 Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 2. 91 Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 2. 92 Dabei sollte nicht übersehen werden, daß auch Verwaltungsverträgen eine gewisse Stabilität und Statik immanent ist. Verträge stehen zwar nicht immer, aber vielfach in einem Spannungsverhältnis von Flexibilität und Stabilität. Sie sollen den Parteien einerseits Sicherheit über den Bestand ihrer vertraglich begründeten Rechtspositionen geben und andererseits inhaltliche Richtigkeit gewährleisten. Vgl. dazu ausführlich H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: W. Hoffmann-Riem/ E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns (Fn. 78), S. 245 ff. (S 251, 274 ff.). 93 Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 7. 94 Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 1.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

Staat und Gesellschaft95. Charakteristisch dafür ist gerade die Entwicklung hin zu mehrpoligen verwaltungsrechtlichen Rechtsbeziehungen96, zu deren Handhabung der Verwaltungsvertrag besonders geeignet ist97. Um die Frage zu klären, welche generellen rechtlichen Rahmenbedingungen für kooperative Vertragsverhältnisse geschaffen werden müssen, hat die Bundesregierung im Jahr 2000 zwei Gutachten in Auftrag gegeben98, deren wesentlicher Gegenstand die Frage war, ob die im Kooperationsspektrum zwischen staatlicher und privater Aufgabenerfüllung handelnde Verwaltung einer rechtlichen Rahmenordnung bedarf, die über das schon jetzt im Verwaltungsverfahrensgesetz bereitgestellte Instrumentarium des öffentlich-rechtlichen Vertrags (§§ 54 ff. VwVfG) hinausgeht99. Der Erkenntniswert der Gutachten besteht im wesentlichen darin, daß sie die besondere Bedeutung kooperativer Vertragsverhältnisse, von Public Private Partnership und allgemein des Verwaltungsvertragsrecht unter Berücksichtigung des gegenwärtigen Entwicklungsstands hervorheben und entsprechende Vorgehensweisen für die Schaffung eines zukünftigen Verwaltungskooperationsrechts bereitstellen100. Beide Gutachter kommen zum Ergebnis, daß im Hinblick auf Kooperationen von Staat und Privaten ge-

___________ 95

Mit der Folge seiner immer häufigeren Verwendung, vgl. dazu exemplarisch Peter Arnold, Die Arbeit mit öffentlich-rechtlichen Verträgen im Umweltschutz beim Regierungspräsidium Stuttgart, VerwArch 80 (1989), S. 125 ff.; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 ff.; sowie die in dem von H. Hill 1990 herausgegebenen Sammelband „Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen“ (Fn. 24) enthaltenen Beiträge. 96 Dazu H. Bauer, Verwaltungsrechtslehre im Umbruch? – Rechtsformen und Rechtsverhältnisse als Elemente einer zeitgemäßen Verwaltungsrechtsdogmatik, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 ff. (S. 323 ff. m.w.N.). 97 Siehe dazu bereits oben § 1 II 2 a). 98 Gutachten 1: G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Juni 2001, mit dem Ansatz, wie das Leitbild des aktivierenden Staates im Verwaltungsverfahrensrecht konzeptionell verwirklicht werden kann („Erfordernis verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse [Public Private Partnership]“); Gutachten 2: Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Innern, Juni 2001, mit dem Schwerpunkt der rechtlichen und regelungstechnischen Weiterentwicklung der Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag. Die Gutachten können als pdf-Dokumente im Internet unter www.staat-modern.de (Stand: April 2003) heruntergeladen werden. 99 Vgl. Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54), S. 7. 100 Beide Gutachten enden mit dem Vorschlag eines Gesetzesentwurfs.

§ 1 Entwicklungsstand und -perspektiven des Verwaltungsvertrags

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setzgeberischer Handlungsbedarf besteht101. Sie schlagen zur Frage der rechtlichen Regelungen von Kooperationsverhältnissen im Verwaltungsverfahrensgesetz eine „große Lösung“ vor, die alle Verträge der Verwaltung erfassen soll, unabhängig davon, ob sie zivilrechtlich, öffentlich-rechtlich, vergaberechtlich und/oder gesellschaftsrechtlich geprägt sind (Figur des Kooperationsvertrages)102. In der Folge hat sich der „Beirat Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern zur Fortentwicklung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag unter Einbeziehung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse“ mit den Gutachten beschäftigt und Probleme bei der Konstruktion des Kooperationsvertrags und mögliche rechtliche Überschneidungen mit anderen Rechtsgebieten gesehen103. Der Beirat kommt zu dem Ergebnis, daß die von den Gutachten angeregte „große Lösung“ noch nicht entscheidungsreif ist; sie solle noch weiter untersucht und präzisiert werden104. Er setzt sich aber zugleich für eine schon jetzt anstrebenswerte „kleine Lösung“ ein, mit der eine Anpassung der §§ 54 ff. VwVfG an gesellschaftliche Veränderungen erfolgen soll, die u.a. auch die Schaffung der Handlungsform des Kooperationsvertrags umfassen soll105. 4. Zukunftschancen für den Verwaltungsvertrag Spätestens seit der Strukturierung des Leitbildes „Aktivierender Staat“ hat das Institut des Verwaltungsvertrags endgültig sein historisch bedingtes Schattendasein verlassen. Die obige Darstellung macht deutlich, daß gerade Akzep___________ 101

Soweit der hier allein interessierende Themenbereich „Kündigung von Verwaltungsverträgen“ betroffen ist, wird an geeigneter Stelle darauf zurückzukommen sein; siehe dazu auch unten § 2 III. 102 Siehe zu diesem umfassenden Verständnis vom Verwaltungsvertrag detailliert unten § 2 II 2. 103 Beschlußempfehlung des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern zur Fortentwicklung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag unter Einbeziehung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse, abgedruckt in NVwZ 2002, S. 834 f. (S. 834). 104 Beschlußempfehlung des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 103), NVwZ 2002, S. 834 f. (S. 834). 105 Beschlußempfehlung des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 103), NVwZ 2002, S. 834 f. (S. 834 f.). Die Figur des Kooperationsvertrages meint aber im Sinne des Beirats wohl etwas anderes als bei den Gutachten, wenn ein zukünftiger § 54 a VwVfG folgende Fassung erhalten soll: „Kooperationsverträge können auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts geschlossen werden, um Private an der Erledigung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen.“ Siehe zum hier vertretenen umfassenden Verständnis vom Verwaltungsvertrag detailliert unten § 2 II 2.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

tanzsicherung, Einzelfallorientierung, Nutzung privaten Potentials und Flexibilität Aspekte sind, die den Bedeutungszuwachs des Verwaltungsvertrags charakterisieren. Mit der Entwicklung und Wandlung der Staatsaufgaben fand und findet eine Metamorphose des Verwaltungshandelns statt, die sich mit einer massiven Hinwendung zu kooperativen und konsensualen Handlungsmitteln beschreiben läßt. Angesichts des Leitbilds des aktivierenden Staats kann die Zukunftsprognose gewagt werden, daß das Resultat einer Handlungsmittelwahl immer häufiger ein Verwaltungsvertrag sein wird. Dies ist ganz im Sinne einer Strategie für die Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland, da es auf Vereinfachung und Flexibilisierung des Rechts, auf Verfahrensbeschleunigung und den Abbau bürokratischer Hemmnisse abzielt106. Die beschriebene Entwicklung des Verwaltungsvertrags kann dazu führen, den imperativen Befehl im Verwaltungsrecht jedenfalls partiell als Auslaufmodell zu betrachten. Fraglich bleibt dann nur noch die dogmatische Durchdringung des Rechtsinstituts „Verwaltungsvertrag“ und die damit verbundenen Problemlagen einer dogmatischen „Verwaltungsvertragsrechtslehre“. Der Verwaltungsvertrag muß letztlich vergleichbar dem Zivilrechtsvertrag eine Durchgliederung erfahren, die allgemeingültig ist, und die ihn in der facettenreichen Einsatzbreite für „jedermann“ verwendungs- und praxistauglich macht.

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen an die Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik I. Dogmatische und normative Unterbilanz des Verwaltungsvertragsrechts – defizitäre Verwaltungsvertragsrechtslehre 1. Der Begriff des Verwaltungsvertrags a) Zum umfassenden Verständnis vom Verwaltungsvertrag – Kooperationsvertrag Eine Verwaltungsvertragsrechtslehre setzt eine terminologische Klarstellung des Begriffs „Verwaltungsvertrag“ voraus. Dazu besteht Anlaß, weil bislang kein einheitliches Begriffsverständnis auszumachen ist. Bisher wurde in der vorliegenden Arbeit mit einer Selbstverständlichkeit vom „Verwaltungsvertrag“ ___________ 106 Vgl. dazu Hans Hoffmann/Klaus G. Meyer-Teschendorf, Modernisierung von Staat und Verwaltung im Zeichen der Globalisierung, ZG 12 (1997), S. 338 ff.; Matthias Wittstock/Birgit Wöstmann, Bürokratieabbau: Wege zur Verbesserung des Standortes Deutschland, ZG 12 (1997), S. 384 ff.

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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gesprochen, ohne vorweg erläutert zu haben, was man eigentlich darunter zu verstehen hat. Dies erfolgte jedoch nicht ohne Grund. So deutet Maurer den Verwaltungsvertrag als einen Vertrag, der ein verwaltungsrechtliches Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat, der verwaltungsrechtliche Rechte oder Pflichten begründet, ändert oder aufhebt. Er soll ein Unterfall des weitergehenden öffentlich-rechtlichen Vertrages sein und dem privatrechtlichen Vertrag gegenüberstehen107. Doch ist indes zu beachten, daß die Verwaltung sich bei ihrer Aufgabenerfüllung aufgrund der Freiheit bei der Wahl der Handlungsformen sowohl privatrechtlicher als auch öffentlich-rechtlicher Verträge bedienen kann, beide Vertragsarten somit zum Handlungsspektrum gehören108. Davon geht auch der Gesetzgeber in § 11 BauGB aus, der gleichermaßen für öffentlich-rechtliche wie für privatrechtliche städtebauliche Verträge gilt109. Die einen Vertrag schließende Verwaltung wird teilweise selbst nicht wissen, welcher Rechtsform der von ihr geschlossene Vertrag angehört110. Vielfach wird sie sich auch gar nicht dafür interessieren. Im Anschluß an Vorarbeiten von W. Krebs ist es daher überzeugender den zivilrechtlichen Vertrag zwischen Verwaltung und Privaten nicht als eigenständige Rechtsform des Verwaltungshandelns zu konzipieren, sondern unter die umfassendere Kategorie des Verwaltungsvertrags zu rubrizieren. Der zivilrechtliche Vertrag ist demnach kein aliud zum verwaltungsrechtlichen Vertrag, sondern eine Variante des Verwaltungsvertrags, der terminologisch beide Rechtsformen umschließt und nach dem heutigen Verständnis auch als Kooperationsvertrag bezeichnet wird111. Dies ist insbesondere vom Sinn und Zweck des Ver___________ 107 So H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag (Fn. 24), S. 15; ebenso Helmut Lecheler, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, BayVBl. 1992, S. 545 ff. (Fn. 1 auf S. 545). 108 Allgemein BVerwGE 13, S. 47 ff. (S. 54); BVerwG DVBl. 1990, S. 712 f. (S. 713); zur allgemeinen argumentativen Herleitung vgl. nur H. J. Wolff/O. Bachof/ R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 4), § 23 Rn. 1 ff. (S. 286 ff.). 109 Michael Quaas, in: Hans Schrödter (Begr.), Baugesetzbuch, Kommentar, 6. Aufl. 1998, § 11 Rn. 6; Klaus-Peter Dolde, Novellierung des Baugesetzbuchs, NVwZ 1996, S. 209 ff. (S. 212). 110 W. Krebs, DÖV 1989, S. 969 ff. (S. 969). 111 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258); ebenso Heinrich Kreuzer, Der vertragswidrige Verwaltungsakt, 1988; terminologisch anderer Ansicht etwa KlausDieter Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 9; Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 26 f.; Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner – Empirie und Dogmatik verwaltungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Behörde und Bürger, 2000, S. 164 ff. Zum Verständnis vom Kooperati-

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

waltungsvertrags her einleuchtend. Die Verwaltung erfüllt auch dann ihre öffentlichen Aufgaben, wenn sie sich nicht des öffentlich-rechtlichen, sondern des zivilrechtlichen Vertrags bedient. Es kommt mithin zur Erfüllung von Staatsaufgaben mit Hilfe des privatrechtlichen Verwaltungsvertrags und zwar praktisch mit der gleichen Intention, als wenn dieselben Staatsaufgaben mit Hilfe eines öffentlich-rechtlichen Vertrags erledigt worden wären112. Der in der Arbeit bisher verwendete Begriff „Verwaltungsvertrag“ soll deshalb umfassend und im Sinne eines Kooperationsvertrags verstanden werden und nicht auf öffentlichrechtliche Verträge beschränkt sein. Als Verwaltungsvertrag wird hier also jeder Vertrag bezeichnet, an dem auf mindestens einer Seite ein Träger öffentlicher Verwaltung beteiligt ist113. Er kann öffentlich-rechtlicher oder auch privatrechtlicher Natur sein114. Die Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag ist letztlich, was noch näher zu erläutern sein wird, für seine Dogmatik bzw. die Dogmatik der Kündigung ohne wesentliche Bedeutung, wohl aber für die Eröffnung des Rechtsregimes der §§ 54 ff. VwVfG und der Rechtswegzuweisung115. Gerade im Bereich der Vertragsgestaltung selbst hat das den privatrechtlichen städtebaulichen Vertrag beherrschende Verwaltungsprivatrecht116 die Bedeutung der Unterscheidung um eini___________ onsvertrag siehe oben § 1 III 3; vgl. auch die dort angegebenen Nachweise zur „großen Lösung“ der Gutachten (Fn. 98). 112 Vgl. dazu auch BVerwG NJW 1993, S. 2695 ff. (S. 2696); H. J. Wolff/O. Bachof/ R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 4), § 23 Rn. 13 (S. 297). 113 E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverträge im Städtebaurecht, in: Wolfgang Lenz (Hrsg.), Festschrift für Konrad Gelzer zum 75. Geburtstag, Düsseldorf 1991, S. 117 ff. (S. 117); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258); W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, 1994, S. 47 f. 114 W. Krebs, Grundfragen des öffentlich-rechtlichen Vertrages, in: D. Ehlers/ W. Krebs (Hrsg.), Grundfragen des Verwaltungsrechts und des Kommunalrechts – Symposium aus Anlaß der Emeritierung von Professor Dr. Hans-Uwe Erichsen am 5. Mai 2000 in Münster, 2000, S. 41 ff. (S. 41); E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Reformbedarf und Reformansätze, in: W. HoffmannRiem/E. Schmidt-Aßmann/Gunnar Folke Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts (Fn. 60), S. 11 ff. (S. 58). 115 Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/H. J. Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 54 Rn. 73; W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn 113), S. 111. 116 Dazu grundlegend Wolfgang Siebert, Privatrecht im Bereich öffentlicher Verwaltung – Zur Abgrenzung und Verflechtung von öffentlichem Recht und Privatrecht, in: Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Göttingen (Hrsg.), Festschrift für Hans Niedermeyer zum 70. Geburtstag, 30. November 1953, S. 215 ff.; sowie D. Ehlers, Rechtsstaatliche und prozedurale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, DVBl. 1983, S. 422 ff.; Christoph Gusy, Die Bindung privatrechtlichen Vertragshandelns an das öffentliche Recht, DÖV 1984, S. 872 ff.; F. v. Zezschwitz, Rechtsstaatliche und prozessuale Probleme des Verwaltungsprivatrechts, NJW 1983, S. 1873 ff.; BGH DVBl. 1985, S. 793 ff. (S. 795) m.w.N.

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ges nivelliert, so daß sie erst im Bereich der „Vertragspathologie“, also im Rechtsschutzfall, interessant wird117. Das klargestellte umfassende Verständnis des Begriffs Verwaltungsvertrag (Kooperationsvertrag) ist zumindest in der moderneren Literatur mittlerweile eingebürgert und dort zur terminologischen Basis der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik geworden118. Das Gegenteil des Verwaltungsvertrags sind die Verträge, die „reine“ Privatrechtssubjekte untereinander schließen. Soweit diese in der vorliegenden Arbeit eine Rolle spielen, sollen sie schlicht „Privatverträge“ genannt werden. Staats- und Kirchenverträge sowie völkerrechtliche Verträge bleiben bei der vorliegenden Untersuchung ausgeklammert, weil sonst der Rahmen der Arbeit gesprengt würde. b) Die Abgrenzung von zivilrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag Nach dem beschriebenen umfassenden Verständnis kommt der Verwaltungsvertrag in öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rechtsform vor. Bei der nachfolgenden Aufarbeitung der Kündigung von Verwaltungsverträgen wird es zum Teil – vor allem wegen des teilweise unterschiedlichen Rechtsregimes – notwendig sein, den privatrechtlichen und den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag getrennt voneinander zu betrachten. Es ist daher erforderlich, die beiden Rechtsformen von Verwaltungsverträgen kurz voneinander abzugrenzen.

___________ 117 E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 162. 118 Vgl. nur H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 12, Fn. 6); Michael Krautzberger, in: Werner Ernst/ Willy Zinkahn/Walter Bielenberg/M. Krautzberger (Hrsg.), Baugesetzbuch, Kommentar, Band I, Loseblattsammlung (Stand: Januar 2002), § 11 BauGB Rn. 2 ff.; W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 47 f.; E. SchmidtAßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 137, Fn. 328; ders., Verwaltungsverträge im Städtebaurecht, in: W. Lenz (Hrsg.), Festschrift für Konrad Gelzer (Fn. 113), S. 117 ff. (S. 117); so auch die in Fn. 98 genannten Gutachten. Allerdings sind die Streitigkeiten in Bezug auf die Begrifflichkeit noch nicht vollständig behoben. So werden „Verwaltungsvertrag“ und „öffentlich-rechtlicher Vertrag“ häufig im gleichen Sinn verwendet. Hinzu kommen nun auch Überschneidungen bezüglich der Begrifflichkeit „Kooperationsvertrag“, vgl. dazu oben Fn. 105, die hier aber im Sinne der „großen Lösung“ (vgl. dazu oben § 1 III 3) verstanden wird und daher zivilrechtliche, öffentlich-rechtliche, vergaberechtliche und gesellschaftsrechtliche Verträge umfaßt und somit letztlich mit dem hier verwendeten Begriff des „Verwaltungsvertrags“ gleichzusetzen ist.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

aa) Die Feststellung der Rechtsnatur Zu dieser Abgrenzung schweigt das Verwaltungsverfahrensrecht, so daß insoweit auf die gebräuchlichen Differenzierungslehren zur Qualifikation von Verträgen zurückgegriffen werden muß119. Bei § 54 S. 1 VwVfG ist für die Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags vom privatrechtlichen Vertrag entscheidend, ob ein „Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ geregelt werden soll. Ist demnach auf die Rechtsnatur des geregelten Rechtsverhältnisses und damit – wie von der Literatur und Rechtsprechung heute im Grundsatz anerkannt – auf den Gegenstand des Vertrages abzustellen120, ist die Rechtsnatur des Vertrages nach objektiven Kriterien, also unabhängig von den Vorstellungen der Parteien zu bestimmen121. Maßgebend ist insoweit also nicht der Vorstellungshorizont der beteiligten Parteien, sondern die objektive Zuordnung des durch den Vertrag geregelten Rechtsverhältnisses122. Da___________ 119 Sehr ausführlich zu den einzelnen Lehren: A. Scherzberg, JuS 1992, S 205 ff.; K. Lange, Die Abgrenzung von öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Vertrag, JuS 1982, S. 500 ff.; ders., Die Abgrenzung des öffentlichrechtlichen vom privatrechtlichen Vertrag, NVwZ 1983, S. 313 ff.; A. Gern, Neue Aspekte der Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen vom privatrechtlichen Vertrag, VerwArch 70 (1979), S. 219 ff.; aus der neueren Literatur vgl. nur Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz – Eine vergleichende Untersuchung zum Verhältnis von vertraglicher Bindung und staatlicher Normsetzungsautorität, 2000, S. 24 ff.; zur Problematik der sog. gemischten Verträge siehe Paul Tiedemann, in: Klaus Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, hrsg. von Roland Fritz, 3. Aufl. 1999, § 54 Rn. 20 ff.; Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 54 Rn. 27 ff. 120 BVerwGE 22, S. 138 ff.; BVerwGE 25, S. 299 ff. (S. 301); BVerwGE 30, S. 65 ff. (S. 67); BVerwGE 32, S. 214 ff. (S. 216); BVerwGE 42, S. 331 ff. (S. 332); GmS-OGB BVerwGE 74, S. 368 ff. (S. 370); BVerwGE 84, S. 236 ff. (S. 238); BVerwG NJW 1976, S. 2360; BVerwG DVBl. 1980, S. 686 ff. (S. 687); BVerwG NJW 1993, S. 2695 ff. (S. 2696); BayVGH BayVBl. 2000, S. 595 ff. (S. 596); BGHZ 22, S. 246 ff.; BGHZ 35, S. 70 ff. (S. 71); BGHZ 56, S. 365 ff. (S. 368); BGHZ 57, S. 130 ff.; BGHZ 58, S. 386 ff. (S. 388); BGH NJW 1979, S. 2615 ff.; BGH NJW 1988, S. 1264 f. (S. 1264); BGH DVBl. 1994, S. 1240 f. (S. 1241); vgl. auch BT-Drs. 7/910 (Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, Einzelbegründung), S. 78; K. Lange, JuS 1982, S. 500 ff. (S. 501 f.); Wolfgang Rüfner, Anmerkung zu Urteil des BGH v. 29.09.1972, -V ZR 140/70-, JZ 1973, S. 421 ff. (S. 421); Hans-Günter Henneke, in: Hans Joachim Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 54 Rn. 2; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 27. 121 H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 14 II Rn. 9; Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlich-rechtlichen Vertrages – Eine rechtsvergleichende Untersuchung zum griechischen, französischen und insbesondere deutschen Verwaltungsvertragsrechts, 1988, S. 116; C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 111), S. 51 ff. 122 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 115), § 54 Rn. 75.

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nach ist ausschlaggebend, ob die den Vertrag kennzeichnenden Rechte und Pflichten der Vertragspartner, die durch den Vertrag begründet, geändert, aufgehoben oder bindend festgestellt werden, dem Gebiet des öffentlichen Rechts zuzuordnen sind123. Zur Feststellung der Rechtsnatur eines Vertrags ist das vertraglich gestaltete Rechtsverhältnis einer Rechtsform zuzuordnen und sodann deren Qualifikation vorzunehmen. Dies ist relativ einfach, wenn der Vertrag nicht selbst die das Rechtsverhältnis begründende Regelung setzt, sondern eine bereits bestehende Rechts- und/oder Pflichtenbeziehung zum Gegenstand hat124. Es kommt dann für seine Qualifikation lediglich darauf an, ob die dieses Rechtsverhältnis gestaltende Regelung dem öffentlichen Recht angehört125. Hat der Vertrag dagegen keine durch Rechtsnormen ausgestaltete Beziehung der Parteien zum Gegenstand, sind die Voraussetzungen seiner Zuordnung zu Normen des öffentlichen Rechts umstritten. Dafür werden eine Vielzahl von Anknüpfungsmodellen vorgeschlagen, von denen hier die wichtigsten anzureißen sind126. Nach der „Vorbehaltslehre“ ist maßgebend, ob mindestens ein Zuordnungssubjekt des Gegenstands der vertraglichen Rechtsbeziehungen nur ein Träger öffentlicher Gewalt sein kann, weil es um die Regelung der diesem vorbehaltene Rechte oder Pflichten geht127. Die „Aufgabentheorie“ stellt darauf ab, ob die Vereinbarung der mittelbaren oder unmittelbaren Erledigung von Verwaltungsaufgaben dient128, und schließlich ist nach der herrschenden „Vorordnungsleh___________ 123 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 28; Im Zweifelsfall ist eine Bewertung des Gesamtcharakters des Vertrages anzustellen, die sich auch am Vertragszweck sowie dem Sachzusammenhang orientiert, BayVGH BayVBl. 2000, S. 595 ff. (S. 596). 124 A. Scherzberg, JuS 1992, S. 205 ff. (S. 207); vgl. auch BVerwG DVBl.1990, S. 438 ff. mit Anmerkung von Volkmar Götz. 125 BVerwGE 60, S. 208 ff. (S. 210); D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 444; E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 167; a.A. K. Lange, NVwZ 1983, S. 313 ff. (S. 318). 126 Da es zu diesem Abgrenzungsthema eine unübersichtliche Vielzahl an Literatur und Rechtsprechung gibt, beschränkt sich die Arbeit auf eine sehr knappe Darstellung. Es ist nicht Aufgabe der Arbeit, detailliert mit jeder Auffassung ins Gericht zu gehen; zur Kritik sei daher auf A. Scherzberg, JuS 1992, S. 205 ff. (S. 207); E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 164 ff.; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 119), S. 24 ff. und auf V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 111), S. 110 ff., verwiesen. 127 K. Lange, NVwZ 1983, S. 313 ff. (S. 316 f.); ähnlich OVG Münster NJW 1991, S. 61 f. 128 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 125), S. 199 ff.; zur Kritik: Der Verwaltung stehen bei der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtliche Rechtsformen ohne weiteres zur Verfügung; vgl. F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwal-

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

re“ hingegen entscheidend, ob der Vertrag „auf von der gesetzlichen Ordnung öffentlichrechtlich ... geregelte Sachverhalte“ einwirkt129. Das ist der Fall, wenn er in Vollzug einer dem öffentlichen Recht angehörenden Regelung geschlossen wird, die zur Wahl der vertraglichen Handlungsform ermächtigt und damit inzident auch die Begründung einer öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehung vorsieht (vgl. etwa §§ 124 I, 110, 111 BauGB)130. Hier spielen insbesondere der Gesamtcharakter des Vertrages131 und sein Zweck132 mit hinein. Diese kurze Darstellung der häufigsten Abgrenzungstheorien zu diesem recht weitläufigen Streit mit einer Vielzahl von Rechtsprechung und Literaturbeiträgen soll genügen. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß die gesamten Theorien nur dazu dienen, den „Gegenstand“ des Vertrages133 zu ermitteln. Sie übernehmen damit die gleiche Funktion, wie der nach einer anderen Ansicht proklamierte „Kriterienkatalog“134, der bei der Zuordnung der Verträge behilflich sein soll, solange das allein ausschlaggebende Kriterium, mit dessen Hilfe sich ___________ tungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 28; BVerwG BayVBl. 1993, S. 405 ff. (S. 406). 129 BVerwGE 42, S. 331 ff. (S. 332); BVerwG NJW 1976, S. 2360; BVerwG NJW 1985, S. 989 f.; BGHZ 56, S. 365 ff. (S. 368); H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 24 II Rn. 2 (S. 394). 130 A. Scherzberg, JuS 1992, S 205 ff. (S. 207); siehe dort auch zur weiteren Begründung dieser herrschenden Theorie. 131 BGHZ 56, S. 365 ff. (S. 368); BVerwGE 22, S. 138 ff. (S. 138). 132 Grundlegend BVerwGE 42, S. 331 ff.; BVerwGE 30, S. 65 ff. (S. 67); BGH DVBl. 1994, S. 1240 f. (S. 1241); BVerwG NJW 1976, S. 2360; BVerwG NJW 1993, S. 2695 ff.; BGH DVBl. 1992, S. 615 ff. (S. 616). 133 Im Gegensatz zu dieser herrschenden „Gegenstandstheorie“ steht die an der Sonderrechtslehre angelehnte Theorie. Karl August Bettermann, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 21.12.1964 – III ZR70/63 -, JZ 1966, S. 445 ff. (S. 445) qualifiziert unter ausdrücklicher Ablehnung der Gegenstandslehre einen Vertrag dann als öffentlich-rechtlich, wenn er einen Träger öffentlicher Gewalt als solchen berechtigt oder verpflichtet, d.h. wenn er Rechte oder Pflichten begründet, aufhebt oder ändert, die einem Träger öffentlicher Gewalt als solchem oder einem anderen Rechtssubjekt gegenüber einem solchen Gewaltenträger zustehen oder obliegen, oder – anders ausgedrückt – wenn die in einem Vertrag getroffene Regelung, wäre sie normativ erfolgt, eine Norm des öffentlichen Rechts wäre. Diese Theorie wird ebenfalls vertreten von: Christian-Friedrich Menger, Zum Stand der Meinungen über die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht, in: C.-F. Menger (Hrsg.), Fortschritte des Verwaltungsrechts, Festschrift für Hans J. Wolff zum 75. Geburtstag, 1973, S. 149 ff. (S. 164 f.); ders., Zum Koppelungsverbot bei öffentlich-rechtlichen Verträgen, VerwArch 64 (1973), S. 203 ff. (S. 205); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 4), § 22 III Rn. 55 (S. 271 f.); vom Grundsatz her auch Albert v. Mutius, Zulässigkeit und Grenzen verwaltungsrechtlicher Verträge über kommunale Folgelasten, VerwArch 65 (1974), S. 201 ff. (S. 205). 134 E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 168.

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die Abgrenzung des öffentlich-rechtlichen vom privatrechtlichen Vertrag stets und sicher vornehmen läßt, fehlt. Entsprechend der insbesondere von der Rechtsprechung vertretenen Gegenstandstheorie135, muß ein Vertrag dann als öffentlich-rechtlich angesehen werden, wenn er gerade durch das öffentliche Recht seine besondere Prägung erhalten hat136. Die so formulierte Grobregel läßt erkennen, daß es sich hierbei „auch“ nur um eine, die Abgrenzung bestimmende Leitlinie handelt. Damit wird aber die Abgrenzung in praktischer Hinsicht nicht einfacher, denn „Gegenstand“, „Charakter“, „Zweck“ und „Kriterium“ sind auch nur unbestimmte Rechtsbegriffe und damit ihrerseits interpretationsbedürftig. Andererseits hat die Verwaltungs- und Gerichtspraxis über Jahre hinweg im Rahmen ihrer Aufgabenerledigung eine relative Sicherheit bezüglich der Einordnung bestimmter Vertragsarten entwickelt. Nicht als öffentlich-rechtlich sind zum Beispiel Verträge einzuordnen, die zwar mitunter der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben dienen, die aber nicht eine unmittelbare Änderung oder Ausgestaltung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung oder Verpflichtung selbst regeln oder jedenfalls in unmittelbarem notwendigen Zusammenhang damit stehen, sondern allenfalls mittelbar deren Vorbereitung oder Erfüllung dienen137. Ebenfalls nicht als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren sind auch Verträge, die öffentlich-rechtliche Träger im Rahmen ihrer Teilnahme am Privatrechtsverkehr schließen138. Insoweit gibt es einen gewissen Fundus an Verwaltungsverträgen, bei denen man sicher feststellen kann, daß sie zivilrechtlicher Natur sind. Dies ist bei Werk- und Dienstverträgen (Arbeitsverträgen), Kaufverträgen, insbesondere Grundstückskaufverträgen, Gesellschaftsverträgen und Verträgen im Bereich der fiskalischen Hilfsgeschäfte der Fall139. Letztlich sind auch die Verträge über öffentliche Aufträge keine öffentlich-rechtlichen Verträge, sondern zivilrechtliche Verwaltungsverträge140. Auf diese – nicht als öffent___________ 135

Siehe dazu oben die Nachweise in Fn. 120. W. Erbguth/A. Rapsch, DÖV 1992, S. 45 ff. (S. 46), ähnlich A. Scherzberg, JuS 1992, S 205 ff. (S. 207). 137 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 38 mit dem dort genannten Beispiel eines Vertrags einer Gemeinde mit einem privaten Träger zur Errichtung und zum Betrieb eines Krankenhauses. 138 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 39. 139 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 39. 140 Herrschende Meinung, vgl. nur: GmS-OGB BVerwGE 74, S. 368 ff.; Meinrad Dreher, Perspektiven eines europa- und verfassungskonformen Vergaberechtsschutzes, NVwZ 1996, S. 345 ff. (S. 346); Angela Faber, Drittschutz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, DÖV 1995, S. 403 ff. (S. 405); V. Götz, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1997, S. 72 f.; Ulrich Hösch, Die Nachprüfung von Vergabeentscheidungen der öffentlichen Hand, BayVBl. 1997, S. 193 ff. (S. 194); Franz Josef Kunert, Staatliche Bedarfsdeckungsgeschäfte und öffentliches Recht, 1977, S. 57 f.; Jost Pietzcker, Der Staatsauftrag als Instrument des Verwaltungshandelns, 1978, S. 362; ders., Die deutsche 136

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

lich-rechtlich zu qualifizierenden – Vertragsarten soll sich die Untersuchung der Kündigung zivilrechtlicher Verwaltungsverträge im weiteren Verlauf der Arbeit konzentrieren. bb) Koordinationsrechtlicher und subordinationsrechtlicher Vertrag Innerhalb der Rechtsform „öffentlich-rechtlicher Vertrag“ stellt sich eine weitere Abgrenzungsfrage, die hier der Vollständigkeit halber aufgenommen werden soll. Das Verwaltungsverfahrensgesetz unterscheidet zwischen koordinationsrechtlichem und subordinationsrechtlichem Vertrag141. Koordinationsrechtliche Verträge liegen immer dann vor, wenn die Vertragspartner gleichgeordnet sind, also nicht im Verhältnis der Über- oder Unterordnung zueinander stehen142. Beispielhaft dafür sind der Zusammenschluß von Gemeinden und sonstigen Planungsträgern und -verbänden nach § 205 BauGB oder auch Wasserleitungsüberlassungsverträge143. Subordinationsrechtliche Verträge (vgl. Wortlaut § 54 S. 2 VwVfG) liegen hingegen vor, wenn die Vertragsparteien außerhalb des Vertragsverhältnisses in Über- oder Unterordnung zueinander stehen, etwa wie Staat und Bürger. Auch innerhalb der Verwaltung können Stufenverhältnisse bestehen, wie dies z.B. zwischen Kommune und Aufsichtsbehörde der Fall ist144. Es spielt also eine Rolle, ob die Vertragspartner in einem Subordinationsverhältnis dergestalt stehen, daß der eine Vertragspartner grundsätzlich – oder jedenfalls hinsichtlich des konkreten Vertragsgegenstandes – die Rechtsmacht hat, das Rechtsverhältnis statt mit Hilfe eines Vertrages auch mit einem Verwaltungsakt zu regeln145. Als subordinationsrechtlicher Vertrag ist daher regelmäßig der öffentlichrechtliche Vertrag zu qualifizieren, bei dem ein Träger öffentlicher Verwaltung ___________ Umsetzung der Vergabe- und Nachprüfungsrichtlinien im Lichte der neuen Rechtsprechung, NVwZ 1996, S. 313 ff. (S. 316); ders., Die neue Gestalt des Vergaberechts, ZHR 162 (1998), S. 427 ff. (S. 456 ff.); Fritz Rittner, Rechtsgrundlagen und Rechtsgrundsätze des öffentlichen Auftragswesens, 1988, S. 27, 30, 78; Veit J. Walthelm, Das öffentliche Auftragswesen, 1979, S. 131 f. 141 Siehe zu den Einzelheiten F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 47 ff. 142 Siehe nur P. Tiedemann, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 48. 143 Vgl. dazu BGH MDR 1986, S. 736 f. 144 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 120), § 54 Rn. 9; VGH Mannheim NVwZ 1991, S. 583 ff. (S.584). 145 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 119), § 54 Rn. 48; Hans Meyer, in: H. Meyer/Hermann Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1982, § 54 Rn. 46.

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auf der einen Seite und ein oder mehrere Bürger auf der anderen Seite miteinander kooperieren146. Bei subordinationsrechtlichen Verträgen unterscheidet man ferner „benannte“ Verträge, also solche, die in zahlreichen Rechtsvorschriften zugelassen sind, und „unbenannte“ Verträge, die nicht ausdrücklich durch spezialgesetzliche Ermächtigung zugelassen, aber nach § 54 VwVfG möglich und zulässig sind147. Beispielhaft für erstere sind Erschließungsverträge nach § 124 I BauGB, durch die die Gemeinde die Erschließung von Bauflächen, was nach dem Gesetz zu ihren Aufgaben gehört, durch Vertrag auf einen Dritten (Wohnungsbaugesellschaft, Siedlungsunternehmen) überträgt148. Zur zweiten Gruppe zählen etwa Verträge über Baudispenserteilung149 oder Vereinbarungen über Vorauszahlungen von Erschließungsbeiträgen150. Sofern sich aus der Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und zivilrechtlichem Verwaltungsvertrag kündigungsspezifische Probleme ergeben, werden diese an geeigneter Stelle der Arbeit ihre Berücksichtigung finden. 2. Stand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik a) Mangel an rechtsdogmatischer Durchdringung Die Frage nach einer Dogmatik des Verwaltungsvertragsrechts wird zu einer Grundsatzfrage in Bezug auf die Eigenständigkeit des Rechtsinstituts „Verwaltungsvertrag“151. Auf höchster Entwicklungsstufe wäre sie eine sich zu einem eigenen System abschließende Elementarlehre von Rechtsbegriff und -institut ___________ 146

H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 23 Rn. 2 (S. 392); E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 176; D. Ehlers, Rechtsfragen der freien Wohlfahrtspflege – dargestellt am Beispiel der Nichtseßhaftenhilfe, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 802 mit Fn. 19); G. Püttner, DVBl. 1982, S. 122 ff. (S. 123); A. v. Mutius, Die Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung, Jura 1979, S. 223 ff. (S. 223); A. Scherzberg, JuS 1992, S 205 ff. (S. 208); unter Privaten kommen subordinationsrechtliche Verträge nur in Betracht, wenn einer der Vertragspartner Beliehener ist, H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 120), § 54 Rn. 9. 147 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 120), § 54 Rn. 10 und 11. 148 BVerwGE 32, S. 37 ff. (S. 38); BVerwG DÖV 1979, S. 756; BGHZ 54, S. 287 ff. (S. 289); BGHZ 58, S. 386 ff. (S. 389); BGHZ 76, S. 343 ff. (S. 348); BGH NJW 1986, S. 1109 f. 149 BGH DVBl. 1972, S. 824 ff. 150 BGH JZ 1973, S. 420 f. 151 Siehe ausführlich und allgemein zur Dogmatik des Verwaltungsrechts W. Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben, VVDStRL 30 (1972), S. 245 ff.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

„Verwaltungsvertrag“152. Allerdings ist diese Abstraktionsebene noch nicht erreicht153, und angesichts der ständig wachsenden Bedeutung des Verwaltungsvertrags ist die Rechtswissenschaft mehr denn je gefordert, eine Lehre vom Verwaltungsvertrag zu entwickeln. Zwar ist insgesamt ein Wandel der Dogmatik des öffentlichen Rechts zu verzeichnen, der sich durch die Wiederherstellung von Rechtsverhältnissen und subjektiven Rechten zwischen Staat und Bürgern, die Trennung von materiellem und formellem Recht und den Anschluß an die Geschichte des Rechts und der juristischen Dogmatik auszeichnet154, jedoch ist dieser Wandel noch nicht soweit erfolgt, daß er eine vollständige rechtsdogmatische Durchdringung des Verwaltungsvertragsrechts – vergleichbar jener des Verwaltungsakts – bewirkt hätte. Die Dogmatik des Verwaltungsvertrags einschließlich der dazugehörigen vor- und nachvertraglichen Rechtsverhältnisse gilt noch immer als unterentwickelt155. Von einer „angeborenen Schwäche“ der Verwaltungsrechtsdogmatik hinsichtlich des Vertragsrechts ist die Rede156, und auch davon, daß das „öffentliche Vertragsrecht als umfassende dogmatische Aufgabe ... nicht erkannt, geschweige denn ausgearbeitet“ sei157. Mag dies angesichts der zwischenzeitlichen Untersuchungen158 und des Leitbildwandels hin zum aktivierenden Staat heute übertrieben wirken, so ändert dies nichts daran, ___________ 152

So die Subsumtion unter die Definition der Rechtsdogmatik von Josef Esser, Möglichkeiten und Grenzen des dogmatischen Denkens im modernen Zivilrecht, AcP 52 (1972), S. 97 ff. (S.98). 153 W. Krebs, Grundfragen des öffentlich-rechtlichen Vertrages (Fn. 114), S. 41 ff. (S. 43); vgl. auch oben § 1 III 3. 154 Siehe dazu ausführlich W. Henke, Wandel der Dogmatik des öffentlichen Rechts, JZ 1992, S. 541 ff; ferner E. Schmidt-Aßmann, Zur Funktion des Allgemeinen Verwaltungsrechts – Ein Exposé, Die Verwaltung 27 (1994), S. 137 ff.; H. Bauer, Die Verwaltung 25 (1992), S. 301 ff. 155 So H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 248); ders., Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 13); W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 225; W. Krebs, Grundfragen des öffentlich-rechtlichen Vertrages (Fn. 114), S. 41 ff. (S. 43); abgeschlossen sollte die Dogmatik des Verwaltungsvertragsrechts dann sein, wenn in den Lehrbüchern des Allgemeinen Verwaltungsrechts dem Verwaltungsvertrag genauso viel Platz eingeräumt wird, wie dem Verwaltungsakt. 156 Ingo Heberlein, Wider den öffentlichen Vertrag?, DVBl. 1982, S. 763 ff. (S. 766); C. Gusy, Öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Staat und Bürgern, DVBl. 1983, S. 1222 ff. (S. 1229). 157 So pointiert W. Henke, JZ 1992, S. 541 ff. (S. 546), obwohl diese Aussage zum Zeitpunkt 1992 schon als obsolet betrachtet werden konnte. 158 In jüngster Zeit hinzugekommen insbesondere: V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 111), E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 119); Paula Macedo Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, 1999; Worachet Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, 2000; Georg Butterwegge, Verwaltungsvertrag und Verwaltungsakt, 2001.

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daß der Verwaltungsvertrag zumindest in Teilen immer noch ein Desiderat verwaltungsrechtlicher und verwaltungswissenschaftlicher Durchdringung ist159 und der Begriff der defizitären Vertragsrechtslehre160 noch eine gewisse Berechtigung findet. b) Ursachen der dogmatischen Defizite Die Ursachen für diesen Zustand sind vielfältig, so daß hier nur die wichtigsten genannt werden können. Als Grund wird zum Beispiel angeführt, daß das Verwaltungsrecht insgesamt noch eine vergleichsweise junge Disziplin sei161. Dies ist sicherlich ein Motiv dafür, daß es im Verwaltungsrecht bisher nicht abschließend gelungen ist, eine im Vergleich zum Zivilrecht ähnlich präzis detaillierte (allgemeine) Vertragsrechtsdogmatik zu entwerfen162. Möglicherweise wird es die Ausarbeitung einer verwaltungsvertraglichen Dogmatik auch auf Dauer nicht ganz einfach haben, historisch bedingte Hemmnisse163 zu überwinden und staatstheoretischen Vorbehalten164 entgegenzutreten. Als weitere Ursache der dogmatischen Schwäche des Verwaltungsvertrags gilt folgender Umstand: Wenn ein Vertragssystem bzw. ein Einzelvertrag die zwischen den Vertragsparteien regelungsbedürftigen Materien zufriedenstellend behandelt, alle Beteiligten sich erwartungsgemäß an ihre vertraglichen Verpflichtungen halten und zudem von außen keine Zweifel an den Vertrag herangetragen werden, wird es nicht dazu kommen, daß der Verwaltungsvertrag einer Kontrollinstanz vorgelegt wird. Mit anderen Worten: Nur streitbefangene, also „pathologische“ Verwaltungsverträge geraten vor die Gerichte. Es fehlt daher zu einem großen Teil der wichtige und impulsgebende Faktor gerichtlicher Entscheidungen, welcher in bedeutendem Maße zur Entwicklung einer Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik beitragen würde, vergleichbar etwa der Entwicklung der Arbeitsvertragsrechtsdogmatik durch das Bundesarbeitsgericht. Der ___________ 159 So ausdrücklich nur für den öffentlich-rechtlichen Vertrag H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 247). 160 Insoweit begriffsprägend W. Thieme, DÖV 1996, S. 757 ff. (S. 760 f.), der allerdings die Defizite auf die Schriftform des § 57 VwVfG bezüglich öffentlich-rechtlicher Verträge zurückführt, was wiederum zur Einengung des öffentlich-rechtlichen Vertrags im Vergleich zum bürgerlich-rechtlichen führt; terminologisch ähnlich bereits R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil (Fn. 50), § 10 II 5 (S. 483). 161 I. Heberlein, DVBl. 1982, S. 763 ff. (S. 766). 162 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 249). 163 Siehe dazu oben § 1 I. 164 Siehe dazu z.B. W. Henke, Allgemeine Fragen des öffentlichen Vertragsrechts, JZ 1984, S. 441 ff. (S. 441 f.).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

Verwaltungsvertrag beschäftigt die Gerichte weit weniger als der Verwaltungsakt – die schlechthin herkömmliche Handlungsform der Verwaltung165. Früher wurden zudem die Ursachen für die fehlende Dogmatik in der Verwaltungspraxis und dort im Mangel eines umfassenden Bildes empirischer Angaben gesehen166. Allerdings existieren mittlerweile nicht nur Rechtsprechungsanalysen und Praktikerberichte167, sondern auch einige sehr ausführliche und umfassende rechtstatsächliche Darstellungen der Verwendungshäufigkeit von Verwaltungsverträgen in der Praxis168. c) Normative Unterbilanz Neben die Defizite im dogmatischen Bereich des Verwaltungsvertrags tritt eine normative Unterbilanz für den Bereich des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts. Die Verwaltungsverfahrensgesetze behandeln den öffentlich-rechtlichen Vertrag nur „stiefmütterlich“169, was Konsequenzen für die normative Vorordnung mit sich bringt170. Lediglich neun Paragraphen beschäftigen sich zentral im Verwaltungsverfahrensgesetz mit dem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag (§§ 54 ff. VwVfG). Das Problem weniger normativer Anhaltspunkte für ei___________ 165 W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 32, vgl. auch die gesamte Darstellung von H. Maurer/B. Bartscher, Die Praxis des Verwaltungsvertrages im Spiegel der Rechtsprechung (Fn. 39). 166 So H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 249); ähnliche Einschätzung bei H. Lecheler, BayVBl. 1992, S. 545 ff. (S. 545). 167 Siehe zum Beispiel H. Maurer/B. Bartscher, Die Praxis des Verwaltungsvertrages im Spiegel der Rechtsprechung (Fn. 39); P. Arnold, VerwArch 80 (1989), S. 125 ff.; M. Bulling, DÖV 1989, S. 277 ff. 168 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 111), S. 689 ff.; B. Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, rechtstatsächliche Untersuchung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Praxis der Verwaltungsbehörden, 1997. Das Ergebnis dieser empirischen Darstellungen ist allerdings etwas ernüchternd. Die Verwendungshäufigkeit von Verwaltungsverträgen im Vergleich zu anderen Verwaltungshandlungsformen liegt nach diesen genannten Darstellungen bei etwa 10-15 Prozent. Nachforschungen des Verfassers während seiner Verwaltungsstation im Referendariat (Oktober 2000 – Februar 2001) haben ergeben, daß beim Landratsamt Coburg der öffentlich-rechtliche Vertrag die Ausnahmehandlungsform darstellt. 169 W. Hoffmann-Riem, Verwaltungsreform – Ansätze am Beispiel des Umweltschutzes, in: ders./E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts (Fn. 60), S. 115 ff. (S. 155). 170 Neben dem Verwaltungsverfahrensgesetz gibt es noch eine Reihe von Fachgesetzen, die den Verwaltungsvertrag rudimentär aufgreifen, wie z.B. § 11 BauGB den städtebaulichen Vertrag. Auch in diesen Bereichen werden folglich normative Unzulänglichkeiten geltend gemacht, siehe nur Ralph Alexander Lorz, Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvertragsrechts am Beispiel der städtebaulichen Verträge, DÖV 2002, S. 177 ff. (S. 182 ff.).

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ne erfolgversprechende Verwaltungsvertragsgestaltung ist dem Gesetzgeber allerdings bekannt und soll im Rahmen des Programms der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ mit dem kreierten Leitbild des aktivierenden Staates in Angriff genommen werden171. Es bleibt abzuwarten, was sich daraus entwickelt, und zu hoffen, daß im Sinne einer produktiven Vertragsgestaltung eine maßvolle Gesetzgebung erfolgt und keine handlungshemmende Überregulierung stattfindet172. d) Positive Vertragsrechtslehre Die bisher vorherrschende konventionelle Behandlung des Verwaltungsvertragsrechts legte den Schwerpunkt auf dessen negative Funktion173: Sie konzentrierte sich auf die „Schranken“ verwaltungsvertraglichen Handelns, widmete ihr Interesse primär tatsächlich oder vermeintlich rechtswidrigen Verhaltensweisen des Staates und zeichnete sich damit insgesamt durch eine gewisse „Pathologieorientiertheit“174 aus. Charakteristisch für die negativ funktionale Verwaltungsvertragsrechtslehre ist somit die Betrachtung aus der Vogelperspektive, die aber nicht immer überzeugt, da das Vertragsrecht sich gerade durch eine aktive Rechtsgestaltung auszeichnet. Die genannte Vorgehensweise beruht auf dem Vertrauen in die Flexibilität des Vertragsrechts, die unter Umständen auch ausreicht, um sich überschneidende oder auch gegensätzliche Interessen der Kooperationspartner miteinander in Einklang zu bringen, und um geeignete Wege zu finden, mit denen die Vertragsgestaltung den Steuerungsbedürfnissen und der Einwirkungspflicht der öffentlichen Verwaltung hinreichend Rechnung tragen kann175. Es ist aber nicht abträglich, Möglichkeiten zu suchen, diese sicherlich schon vorhandene Flexibilität des Vertragsrechts zu kanalisieren. Solange dies maßvoll und kooperationsanregend geschieht, ist ein neu zu beschrei___________ 171 Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung vom 20. Oktober 1998, Kapitel IX, Nr. 11, 2. Abs., Kabinettsbeschluß vom 1. Dezember 1999 (Programm der Bundesregierung „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“ (Fn. 54)). Vgl. zu dem Thema bereits oben § 1 III 3. 172 Siehe dazu im Hinblick auf die Regelung der Kündigung von Verwaltungsverträgen unten § 2 III. 173 So klarstellend H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 13). 174 So treffend Andreas Voßkuhle, Verwaltungsdogmatik und Rechtstatsachenforschung – Eine Problemskizze, VerwArch 85 (1994), S. 567 ff. (S. 578 f.); vgl. dazu auch W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 32. 175 G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten (Fn. 83), S. 66.

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

tender Weg zu begrüßen. Dieses Postulat sollte aber keinesfalls als Aufforderung zur Überregulierung verstanden werden. Der negativ funktionalen Verwaltungsvertragsrechtslehre steht – diesem genannten neuen Weg entsprechend – die wissenschaftlich bislang viel zu wenig ausgearbeitete „positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts“176 gegenüber. Sie begreift den Verwaltungsvertrag als „wirkungsvolles Instrument“177, das der Verwaltung zusätzlich zu dem herkömmlichen Handlungsarsenal (Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften, Verwaltungsakte usw.) für die Erfüllung und Erledigung ihrer Aufgaben zur Verfügung steht. Insoweit wird der Verwaltungsvertrag positiv auf die „Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben“178 ausgerichtet und ein entsprechend positives Verständnis des Verwaltungsvertragsrechts ermöglicht, das jenseits exklusiv-aktionsbegrenzender Regelungsintentionen liegt179. Das Gesetz ist damit nicht nur – negativ – „Schranke“ des Verwaltungsvertrags, sondern steuert zugleich – positiv – vertragliches Verwaltungshandeln; Ansatzpunkte, die nunmehr im Rahmen des Leitbilds „Aktivierender Staat“ umgesetzt werden sollen180. Dies kann und soll durch Vorgaben für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung, Abwicklung und Aufhebung verwaltungsvertraglicher Rechtsverhältnisse, einschließlich der gesetzlich belassenen oder eröffneten Spielräume für die Selbststeuerung der am Vertrag beteiligten Akteure, geschehen. Dabei ist, wie schon angedeutet, Vorsicht walten zu lassen. Überregulierung kann mitunter mehr zerstören, als kooperatives Verhalten fördern. Diese kurz umschriebene positiv verstandene Funktion des Verwaltungsrechts soll keineswegs die negative verdrängen, sondern vielmehr ergänzen und Wegweiser für eine zu entwickelnde Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik sein. Gefordert wird von der positiven Funktion des Verwaltungsvertragsrechts somit nicht notwendigerweise ein Perspektivenwechsel, zumindest aber eine Perspektivenerweiterung, weg von den Schranken behördlicher Verhaltensspielräume ___________ 176

H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 14). 177 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 256). 178 Zu dieser Zweckbindung von Verwaltungsverträgen siehe etwa W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 256) und H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 254 f.). 179 H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 14 f.). 180 E. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsverträge im Städtebaurecht (Fn. 113), S. 117 ff. (S. 122): „Das Gesetz gibt dem Vertrag Rahmen und Richtpunkte. Es ist nicht nur Grenze, sondern auch Determinante der Vertragsgestaltung.“ Siehe zum Leitbild des aktivierenden Staates oben § 1 III 3. Die in diesem Gliederungspunkt angesprochenen Gutachten (Fn. 98) greifen folglich die positive Vertragsrechtslehre auf.

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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und hin zur Berücksichtigung der tagtäglichen Verwaltungspraxis181. Die Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Vertragsdogmatik erscheint somit besonders bedeutsam, wobei sich diese in Richtung einer positiv verstandenen Verwaltungsvertragsrechtslehre orientieren und dabei beachten sollte, daß sich ein Vertrag von der Annäherungsphase der Parteien über Vertragsverhandlungen und Vertragsschluß bis hin zur Erfüllung und eventuellen Beendigung spannt. II. Anforderungen an eine Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik 1. Aufgaben der Verwaltungsvertragsrechtslehre Der erste Teil der Arbeit (§ 1) hat deutlich gezeigt, daß Funktionenvielfalt und Einsatzbreite des Verwaltungsvertrags beträchtlich und sein Bedeutungszuwachs enorm sind. An diesem Befund hat sich auch die zu entwickelnde Verwaltungsvertragsrechtslehre zu orientieren. Für die Entwicklung einer Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik hat W. Krebs mit seinem Staatsrechtslehrervortrag von 1992 eine wegweisende Schneise geschlagen, u.a. dadurch, erstmals ein „Anforderungsprofil“ für die Dogmatik des Verwaltungsvertrags formuliert zu haben: „Sie muß zum einen dem Verwaltungsvertrag helfen, ein wirkungsvolles Instrument der Verwaltung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu sein, zum anderen die potentielle Einsatzbreite und die damit verbundene Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags aufnehmen und schließlich die Gemeinsamkeiten der Verwaltungsverträge herausarbeiten, ohne die es eine Dogmatik ‚des’ Verwaltungsvertrages nicht gäbe182.“ Untersuchungswürdig ist in diesem Zusammenhang, wie das „Anforderungsprofil“ für die Dogmatik des Verwaltungsvertrags im Detail auszusehen hat. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es maßgeblich darauf an, welche Aufgaben sie zu bewältigen hat. Um der grundsätzlich befürworteten positiven Funktion des Verwaltungsvertragsrechts gerecht zu werden, ist vordringliche Aufgabe einer Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik die Bereitstellung eines allgemeinen Rechtsrahmens zur Gestaltung von Verwaltungsverträgen und Steuerung der Rechtsanwendung183. Der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik kommt damit u.a. die Aufgabe zu, der kooperativen Verwaltung Verwaltungsvertragstypen ___________ 181

H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 15). 182 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 255 f.). 183 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts – Statement –, in: G. F. Schuppert, Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privatem Sektor, 1999, S. 251 ff. (S. 254).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

und -muster zur Verfügung zu stellen184, den in Betracht kommenden Kooperationspartnern Strukturierungsangebote zu unterbreiten185 und den beteiligten Akteuren Orientierungshilfen und Regelungsanleitungen zur Vertragsgestaltung zu geben186. Auf einen Nenner gebracht: Es ist Aufgabe der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik, durch Schaffung von Grundsätzen der Strukturierung des Vertragsrechts zu dienen, vergleichbar etwa der geforderten Kodifizierung eines Verwaltungskooperationsrechts für den gesamten Bereich der Public Private Partnership187. 2. Annäherung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verträgen a) Rechtsdogmatische Annäherung und rechtsformunabhängige Betrachtungsweise Um das beschriebene „Anforderungsprofil“ für die Dogmatik des Verwaltungsvertrags umzusetzen, bedarf es der Beachtung seiner Besonderheiten. Ein Verwaltungsvertrag dient der Verwaltung als spezifisches Handlungsinstrument zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Gemeinwohlinteresse und kann öffentlich-rechtlich wie auch privatrechtlich ausgestaltet sein188. Daher ist die Ansicht von Krebs überzeugend und einleuchtend, den zivilrechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger dem öffentlich-rechtlichen Vertrag rechtsdogmatisch anzunähern189. Hauptargument für diese These ist der hier gewählte terminolo___________ 184

H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 15); ders., Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts (Fn. 183), S. 251 ff. (S. 264). 185 Instruktiv dazu die Auflistung für Betreiberverträge bei Klaus Sinz, Praktische Erfahrungen und Probleme mit Public Private Partnership in der Entsorgungswirtschaft, in: D. Budäus/P. Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership (Fn. 83), S. 185 ff., S. 189. 186 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts (Fn. 183), S. 251 ff. (S. 263). 187 Vgl. G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten (Fn. 83), S. 67. 188 Siehe dazu bereits oben § 2 I 1 a). 189 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 257 f., 273 ff.); E. SchmidtAßmann, Verwaltungsverträge im Städtebaurecht (Fn. 113), S. 117 ff. (S. 127 ff.); ders., Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts (Fn. 114), S. 11 ff. (S. 58); ders., Diskussionsbeitrag in VVDStRL 52 (1993), S. 326 ff. (S. 327); H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 92), S. 245 ff. (S. 252); ders., Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 44), S. 11 ff. (S. 12); ders., DÖV 1998, S. 89 ff. (S. 90); E. Schmidt-Aßmann/W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge (Fn. 33), S. 118; Peter M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht,

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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gische Ansatz, wonach der Verwaltungsvertrag beide, die öffentlich-rechtliche wie auch die zivilrechtliche Rechtsform, umfaßt190. Die mit Rechtsunsicherheiten belastete Zäsur, zu der das Prozeß- und Verfahrensrecht zwingen, sollte sich nicht mehr als nötig in der Dogmatik des Verwaltungsvertrages niederschlagen191. Für diese Krebssche Auffassung spricht auch, daß es im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit einzelner Vertragsklauseln ohnehin nicht auf die abstrakte Zuordnung zu einer Teilrechtsordnung, sondern „auf die das Handeln steuernde fachgesetzliche Norm ankommt“192. Für den zivilrechtlichen Vertragsabschluß zwischen Verwaltungsträger und Privaten muß daher im Ergebnis dieselbe rechtsdogmatische Grundaussage gelten wie für den öffentlich-rechtlichen Vertrag193. Die sich somit vollziehende Annäherung von öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsvertrag gipfelt darin, daß die für den Verwaltungsvertrag geltenden Grundregeln prinzipiell rechtsformunabhängigen Charakter haben sollten194. Im Ergebnis geht es um die Erarbeitung von Gemeinsamkeiten von öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Verwaltungsverträgen (gemeinsame Standards) auf einem mittleren bzw. höheren Abstraktionsniveau195. Um allerdings den Kontakt dieser allgemeingültigen Aussagen zur umrissenen figurativen Funktionenvielfalt und Einsatzbreite des Verwaltungsver___________ 2. Aufl. 1997, S. 222; Matthias Ottmann, Der städtebauliche Vertrag, Einsatzmöglichkeiten zur Steuerung der Siedlungsentwicklung am Beispiel der Region München, 1995, S. 22 f.; Hans Christian Röhl, Verwaltung und Privatrecht – Verwaltungsprivatrecht?, VerwArch 86 (1995), S. 531 ff. (S. 545); W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 162 ff., S. 193; Theodor Schilling, Der „unfreiwillige“ Vertrag mit der öffentlichen Hand, VerwArch 87 (1996), S. 191 ff. (S. 198 ff.); wohl auch das Bundesverwaltungsgericht, BVerwGE 92, S. 56 ff. (S. 65). 190 Siehe dazu oben § 2 I 1 a). 191 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258). 192 Eckart Hien, Bemerkungen zum städtebaulichen Vertrag, in: Jörg Berkemann u.a. (Hrsg.), Planung und Plankontrolle (Fn. 33), S. 129 ff. (S. 141). 193 Vgl. W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258); siehe dazu auch die Nachweise in Fn. 189. 194 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258). Dieser überzeugenden Ansicht werden allerdings prozessuale Umsetzungsprobleme entgegengesetzt. Ebenso wird eingewandt, daß bei der Einheitsbetrachtung offen bleibt, in welcher Weise bestehende formale und materiellrechtliche Unterschiede zwischen privatrechtlichem und öffentlich-rechtlichem Verwaltungsvertrag zu einem einheitlichen Verwaltungsvertragsrecht verschmolzen werden sollen. Es sei nicht plausibel, welche Nichtigkeitsregeln gelten bzw. ob die formalen Anforderungen der §§ 57, 58 VwVfG auch für den privatrechtlichen Verwaltungsvertrag gelten sollen; siehe zu dieser Kritik V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 111), S. 167. Diese Kritiken übersehen aber – mit einzelnen Differenzierungen –, daß es gerade Aufgabe der noch nicht durchdrungenen Verwaltungsvertragsdogmatik ist, diese Probleme zu lösen und das erst am Ende dieser Entwicklungsphase ein vollständiges System bestehen kann. 195 Vgl. dazu W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 256).

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

trags zu halten, bietet sich das Einziehen dogmatischer Zwischenebenen an, auch und gerade unter Berücksichtigung der Offenlegung von fortwährenden Besonderheiten und der Abstrahierung von Spezialproblemen der konkreten Vertragspraxis196. Diese rechtsdogmatische Annäherung der Verwaltungsverträge hat Konsequenzen für die nachfolgende Bearbeitung der Kündigung von Verwaltungsverträgen. Die Darstellung der verwaltungsrechtlichen Kündigung wird – dem Postulat nach allgemeingültigen Grundregeln entsprechend – mit dem Erkenntnisinteresse der Erarbeitung von gemeinsamen Standards für die Kündigung von öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Verwaltungsverträgen erfolgen. Sie wird dann Rücksicht auf die Unterscheidung zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsverträgen nehmen, wenn und soweit das aufgrund der Besonderheiten der einzelnen Rechtsformen oder der unterschiedlichen normativen Vorgaben als geboten erscheint. Die zur Ausdifferenzierung der Vertragsdogmatik dienende Zwischenebene wird dabei insoweit eingezogen als daß die Gliederung der verwaltungsvertraglichen Kündigung in einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil erfolgt. Diese Aufteilung kommt einerseits innerhalb der Dogmatikentwicklung der geforderten Vermittlungs- und Entlastungsfunktion zugute197 und deckt sich andererseits mit der deutschen Rechtstradition, in der die Aufteilung in einen Allgemeinen und einen Besonderen Teil typisch ist (z.B.: BGB-AT, StGB-BT). Der Allgemeine Teil der verwaltungsvertraglichen Kündigung strukturiert diesen Bereich des Verwaltungsvertragsrechts nach allgemeinen bzw. häufig maßgeblichen Begriffen, Instituten, Handlungs- und Organisationsmustern, die Querschnittscharakter haben198. Demgegenüber befaßt sich der Besondere Teil der verwaltungsvertraglichen Kündigung mit der Ordnung einzelner Kündigungsprobleme und -voraussetzungen oder mit bestimmten Teilbereichen der Kündigung, um letztlich gleichfalls in der Lage zu sein, gemeinsame Standards abzuleiten. Die genannte rechtsdogmatisch annähernde Behandlung der verwaltungsvertraglichen Kündigung ist auch unter praktischen Gesichtspunkten wichtig. Unabhängig davon, welches Rechtsgebiet gegeben ist, hat es etwa der Vertragsgestalter leichter, wenn ihm aus dogmatischer Sicht gemeinsame Standards zur Seite stehen, mit deren Hilfe er die spezielle Problematik der ihm angetragenen Regelungsmaterie beurteilen kann, ganz gleich, ob es sich dabei eben um einen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Verwaltungsvertrag handelt. Exi___________ 196

W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 259 f.). W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 259 f.). 198 Vgl. dazu K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 2 (Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung), 1980, § 41 I 3 (S. 739 f.) in Bezug auf das „Allgemeine Verwaltungsrecht“. 197

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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stiert nämlich ein im wesentlichen angenähertes verwaltungsrechtliches Vertrags(kündigungs-)recht, lassen sich solche Fragen mitunter rechtsformunabhängig lösen und rechtsformbedingte Probleme auf andere Ebenen abstrahieren, welche dann ihrerseits unter Umständen gar nicht mehr gestaltungs- oder entscheidungserheblich sind. b) Hilfestellungen der Zivilrechtsdogmatik Gerade was die Dogmatik der Kündigung angeht, ist diese im Zivilrecht sehr ausgeprägt199. Sich dort Unterstützung und Anleihen zu holen, bietet sich also förmlich an. Damit ist keine blinde Übernahme der Zivilrechtsdogmatik bzw. Zivilrechtsvorschriften gemeint. Die Verweisung in § 62 S. 2 VwVfG auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bewirkt zwar grundsätzlich die entsprechende Anwendung des Vertragsrechts des BGB auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge200, soweit das Verwaltungsverfahrensgesetz keine eigenen Regelungen enthält. Sie gibt aber keinen Anlaß dazu, vorbehaltlos und ungeprüft von der Zivilvertragsdogmatik auf die des Verwaltungsvertrages zu schließen. Dies liegt in erster Linie daran, daß dem Staat keine Privatautonomie zusteht201. Nach der überwiegenden Ansicht ist die Privatautonomie wesentlicher Ausfluß insbesondere des Freiheitsrechts aus Artikel 2 I GG und kann daher nicht von der Verwaltung als grundsätzlich lediglich Grundrechtsverpflich___________ 199

Siehe dazu beispielsweise unten § 7 I 2 c), § 7 I 3 oder § 8 II 4. Aus dem privatrechtlichen Vertragsrecht finden z.B. die Vorschriften über die Erfüllung/Nichterfüllung entsprechende Anwendung; siehe dazu ausführlich H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 115), § 62 Rn. 22 ff., insb. 26 ff. Im übrigen ist nun auch im Verwaltungsvertragsrecht das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz zu beachten. Die entsprechende Anwendung früherer Ansprüche bei Unmöglichkeit, Verzug, culpa in contrahendo und positiver Vertragsverletzung wird daher auch im Verwaltungsvertragsrecht durch das Globalinstitut „Pflichtverletzung“ (zentraler Begriff des Leistungsstörungsrechts, § 280 BGB) ersetzt. 201 Darüber, daß der Staat sich nicht auf die Privatautonomie berufen kann, dürfte weit überwiegend Einigkeit bestehen, vgl. nur K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 3/1 Allgemeine Lehren und Grundrechte, 1988, § 74 IV 4; W. Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns (Fn. 113), S. 276; J. Burmeister, VVDStRL 52 (1993), S. 190 ff. (S. 213 ff.); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 256, Fn. 29); Bernhard Kempen, Die Formenwahlfreiheit der Verwaltung – Die öffentliche Verwaltung zwischen öffentlichem und privatem Recht, 1989, S. 71; Norbert Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, Ein Lehrbuch, 2. Aufl. 1986, § 1 Rn. 23 (S. 12); D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 125), S. 87 f.; ders., in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 2 Rn. 79 (S. 67); ders., DVBl. 1983, S. 422 ff. (S. 424); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 4), § 22 III Rn. 17 (S. 259); H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 16), § 3 Rn. 13. 200

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

tetem in Anspruch genommen werden202. Zwar ist die Freiheit, Verträge zu schließen, Kernstück der Privatautonomie203, was allerdings nicht gleichbedeutend damit ist, daß dem Staat keine Vertragsschlußkompetenz zusteht: Entscheidend ist, ob die Rechtsordnung der Verwaltung vertragliches Handeln als Handlungsform zuweist. Diese Kompetenzzuweisung durch die Rechtsordnung entscheidet über die Fähigkeit der Verwaltung, öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verträge abzuschließen204. Die damit vorhandene Vertragsschlußkompetenz der Verwaltung rechtfertigt es aber durchaus auch, auf Regeln und Standards zurückzugreifen, die der Zivilvertragsdogmatik entspringen. Es bleibt also festzuhalten, daß die Dogmatik des Privatvertrages wichtige Anhaltspunkte liefert, die in jeweils konkret geprüfter und u.U. modifizierter Form helfen kann, die Dogmatik des Verwaltungsvertrages mit Leben zu erfüllen. 3. Prozedurale Vorgehensweise zur dogmatischen Durchdringung Neben der konzeptionellen Beachtung des „Anforderungsprofils“ für die Dogmatik des Verwaltungsvertrages erscheint es vorteilhaft, auch einen weiteren Denkansatz von W. Krebs zu verfolgen, nämlich die vom ihm vorgeschlagene prozedurale Konzeption zur Durchdringung der Verwaltungsvertragsdogmatik205. Kommunikationsergebnisse zwischen Bürger und kooperativer Verwaltung werden vom Verwaltungsvertrag in eine rechtliche Form gebracht, die unterschiedlich lang andauern kann. Es findet ein Prozeß statt, der über Akzeptanz- und Konsenssuche, vorvertragliche Beziehungen, Entscheidungsfindung, Vertragsschluß, Vertragserfüllung und unter Umständen über Vertragsrückabwicklung führt. Der Verwaltungsvertragsschluß als solcher ist damit nur ein rechtsförmlicher Ausschnitt aus einem Verwaltungsverfahren, dem ein prävertragliches Stadium vorausgeht und das keinesfalls mit dem Vertragsschluß beendet sein muß206. Die Dogmatik des Verwaltungsvertrags kann somit der Ent___________ 202 Wolfram Höfling, Vertragsfreiheit – eine grundrechtsdogmatische Studie, 1991, S. 6 ff.; Dieter Floren, Grundrechtsdogmatik im Vertragsrecht – Spezifische Mechanismen des Grundrechtsschutzes gegenüber der gerichtlichen Anwendung von Zivilvertragsrecht, 1999, S. 133 ff.; BVerfGE 12, S. 341 ff. (S. 347); BVerfGE 73, S. 261 ff. (S. 270); BVerfGE 77, S. 370 ff. (S. 377); beachte aber, daß Art. 2 I GG ein Auffangtatbestand ist – daher können auch die spezielleren Grundrechte Art. 12 I, 14 I GG einschlägig sein, siehe dazu BVerfGE 8, S. 274 ff. (S. 328); BVerfGE 74, S. 129 ff. (S. 152). 203 E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 119), S. 245. 204 E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 119), S. 246; vgl. auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 1. Teil § 3 Rn. 65, der insoweit von einer Vertragsgestaltungsfreiheit der Verwaltung spricht. 205 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 258). 206 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 259).

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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stehungsgeschichte und der „Lebenszeit“ eines Verwaltungsvertrags Rechnung tragen und die „Vor- und Nachwirkungen“ des Vertragsschlusses beachten. Es empfiehlt sich daher, die Vertragsdogmatik prozedural zu konzipieren und den Verwaltungsvertrag „phasenspezifisch“ zu betrachten207. III. Kündigung als Gegenstand der Verwaltungsvertragsrechtslehre – Gang der Untersuchung Bei dieser Betrachtung ergibt sich ein erweitertes Themenspektrum für die Verwaltungsvertragsdogmatik. Es läßt sich mit der Konzeption vergleichen, die aus dem Zivilrecht bekannt, bewährt und vertraut ist und sich grob wie folgt unterteilen läßt: ̛

Vertragsanbahnungsphase (vorvertragliche Rechtsverhältnisse),

̛

Vertragsverhandlungen,

̛

Vertragsgestaltung,

̛

Vertragsschluß,

̛

Vertragsverhältnis (Wahrnehmung der spezifischen primären und sekundären Rechte und Pflichten, Gewährleistungsrechte und -pflichten),

̛

Vertragsbeendigung (Vertragserfüllung oder Ausübung von Gestaltungsrechten) und

̛

Nachvertragsphase (Betreuungspflichten, etc.).

Innerhalb dieser Bereiche ist bereits einiges für die Ausarbeitung der Verwaltungsvertragsdogmatik geschehen. Schwerpunkte der bisherigen Bearbeitung waren u.a. Darstellungen zu den „vorvertraglichen Schuldverhältnissen im Verwaltungsrecht“ und die Konkretisierung der Problematik in einer „verwaltungsrechtlichen culpa in contrahendo“208. Die Rechtsfigur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht209 und die Vertragsstrafen210 wurden ___________ 207

Ebenso wie W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 259). R. Keller, Vorvertragliche Schuldverhältnisse im Verwaltungsrecht (Fn. 14) und Sigurt Littbarski, Die Haftung aus culpa in contrahendo im öffentlichen Recht, JuS 1979, S. 537 ff. 209 Dieter Lorenz, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, DVBl. 1997, S. 865 ff.; S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht – Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des § 60 I VwVfG, 1982. 210 H. Meyer, Vertragsstrafe und Unterwerfungserklärung im öffentlichen Recht, JZ 1996, S. 78 ff.; Ronald Kessler/Jürgen Kortmann, Die Vertragsstrafe im öffentlichrechtlichen Vertrag, DVBl. 1977, S. 690 ff.; T. Schilling, Die Vertragsstrafe in Verträgen mit der öffentlichen Hand, VerwArch 85 (1994), S. 226 ff. 208

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1. Kap.: Aktueller Entwicklungsstand der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik

ebenso prävalent beleuchtet wie der Vertragsschluß211, die Zwangsvollstrekkung212 und die Bestandskraft von Verwaltungsverträgen ganz allgemein213. In jüngster Zeit ist außerdem insbesondere die Vertragsgestaltung in den Vordergrund gerückt214, „die ein wichtiges Arbeitsfeld des zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts darstellt“215. Viele wichtige Bereiche sind aber noch offengelassen und unbearbeitet, so daß noch einiges an Forschungsarbeit zu leisten ist. Dazu zählt der Bereich der Beendigung von Verwaltungsverträgen, insbesondere durch Kündigung. Zwar gibt es Werke, die diese Problematik ansprechen216, sich aber hauptsächlich anderen Themenbereichen zuwenden und sie daher letztlich nicht erschöpfend behandeln. Die vorliegende Arbeit versucht eine umfassende Aufarbeitung der Kündigung als ein Gestaltungsrecht zur Beendigung von Verwaltungsverträgen und will einen Beitrag zur dogmatischen Aufarbeitung des Verwaltungsvertrags im Sinne der angesprochenen prozeduralen Konzeption leisten. In der Arbeit sollen die mit der Kündigung von Verwaltungsverträgen verbundenen Probleme gesichtet, analysiert und geordnet werden. Nach Darstellung der Bedeutung einer verwaltungsvertraglichen Kündigung und deren Stellung im System verwaltungsrechtlicher Gestaltungsrechte (§ 3) werden Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung näher betrachtet (§ 4). Ein Hauptanliegen der Arbeit wird die Klarstellung sein, daß auch bei Verwaltungsverträgen in ___________ 211 Z.B. Wilfried Kluth, Rechtsfragen der verwaltungsrechtlichen Willenserklärung – Auslegung, Bindung, Widerruf, Anfechtung, NVwZ 1990, S. 608 ff. 212 Z.B. Axel Baumann, Die Zwangsvollstreckung aus öffentlich-rechtlichen Verträgen – Zugleich ein Beitrag zur Frage der Wirksamkeit rechtswidriger Verträge, 1978. 213 Z.B. P.-M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlich-rechtlichen Vertrages (Fn. 121); erst unlängst ist hinzugekommen: P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 158). 214 Unlängst erst H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33); vgl. auch die Beiträge von ders., Einführung in die Vertragsgestaltung im Öffentlichen Recht, JuS 1998, S. 807 ff., 902 ff., 1013 ff., 1113 ff., JuS 1999, S. 36 ff., 145 ff. und 245 ff. 215 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts (Fn. 183), S. 251 ff. (S. 262). 216 Beispielsweise P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 158), S. 91 ff.; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 111), S. 521 ff.; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 119), S. 565 ff.; W. Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages (Fn. 158), S. 152 ff.; Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht: dargestellt anhand der privatrechtlichen Regeln über Rechtsgeschäfte und anhand des allgemeinen Schuldrechts, 1999, S. 494 f.; J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 98), S. 150 ff.; rudimentär auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 2. Teil § 4 Rn. 192.

§ 2 Entwicklungsstand und Anforderungen

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die Kündigungsarten „ordentliche“ und „außerordentliche“ Kündigung zu unterteilen ist (§ 5). Im großen und ganzen orientiert sich das Arbeitsprogramm am bekannten Ablaufschema einer Kündigung, so daß der Kündigungserklärung, insbesondere deren Formbedürftigkeit breite Aufmerksamkeit zukommt (§ 6). Im Anschluß daran sind die jeweiligen Voraussetzungen der Kündigungen von Verwaltungsverträgen zu behandeln. Begonnen wird mit der außerordentlichen (§ 7) und fortgefahren mit der ordentlichen (§ 8) Kündigung von Verwaltungsverträgen. Der Aufbau innerhalb der einzelnen Kündigungsarten folgt dabei einem einheitlichen Grundschema, so daß jeweils in gesetzlich geregelte und vertraglich vereinbarte Voraussetzungen unterteilt wird. Der letzte Teil der Arbeit beschäftigt sich schließlich mit den Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung (§ 9). Innerhalb eines jeden Abschnitts wird jeweils der Versuch unternommen, die gewonnenen Erkenntnisse in Kündigungsklauseln zu fassen und somit zur Entwicklung der verwaltungsrechtlichen Vertragsgestaltung beizutragen. Dem Erkenntnisinteresse entsprechend217 ist es Anliegen der Arbeit, bezüglich der Kündigung von Verwaltungsverträgen unter Beachtung der Unterschiede gemeinsame Standards herauszufiltern und zu untersuchen, ob ein Grundbestand an Regelungen und Instituten existiert, der die Minimalbasis für eine praxisorientierte Gestaltung von Kündigungsklauseln darstellt. Die vorliegende Arbeit wird dabei den Beweis erbringen, daß im wesentlichen bereits gesetzlich geregelt ist (öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich), was zur Kündigung von Verwaltungsverträgen notwendig ist. Insoweit wird eine kündigungsspezifische Ergänzung des Verwaltungsverfahrensgesetzes im Rahmen des Programms „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“218 nicht notwendig sein. Die Arbeit verzichtet daher bewußt und ganz im Sinne der Deregulierung auf einen konkreten Gesetzesvorschlag.

___________ 217 218

Siehe dazu oben § 2 II 2 a). Siehe dazu oben § 1 III 3.

Zweites Kapitel

Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen Die hier vertretene rechtsdogmatisch-annähernde Behandlung der Verwaltungsverträge macht die Abstrahierung von Zwischenebenen erforderlich1, was im Rahmen der Untersuchung der Kündigung als Institut der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik zur Unterteilung des Rechts der verwaltungsvertraglichen Kündigung in einen allgemeinen und einen besonderen Teil führt. Dabei versteht sich dieses zweite Kapitel als ein Allgemeiner Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen, in dem näher zu prüfen ist, ob es gemeinsame Standards gibt, die sozusagen vor die Klammer zu ziehen sind und damit allgemein für alle Kündigungsarten und auch unabhängig von einer eventuell wegen rechtsformbedingten Besonderheiten2 notwendig werdenden Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag gelten.

§ 3 Gestaltungsrechte und Verwaltungsvertrag I. Die Bedeutung von Gestaltungsrechten für Verwaltungsverträge Die Kündigung eines Verwaltungsvertrags ist die Ausübung eines Gestaltungsrechts. Gestaltungsrechte sind Rechte zur unmittelbaren Einwirkung auf eine Rechtslage, insbesondere zur Begründung, Veränderung und Beendigung/ Aufhebung von Rechtsbeziehungen. Sie geben dem Inhaber die Macht, allein, daß heißt ohne die Mitwirkung eines anderen, auf eine bestehende Rechtslage einzuwirken3. Darin ist zugleich ihre größte Bedeutung zu sehen. Da das Gestaltungsrecht auf die Rechtsstellung auch des Empfängers ohne dessen Zutun einwirkt, muß sich die beabsichtigte Rechtsänderung klar und unzweideutig aus der Geltendmachung des Gestaltungsrechts ergeben. Gestaltungsrechte sind daher ___________ 1

Siehe dazu oben § 2 II 2 a). Stichwort: Sonderkündigungsrecht der Behörde nach § 60 I 2 VwVfG. 3 So die zivilrechtliche Definition, vgl. Hans Brox, Allgemeiner Teil des BGB, 25. Aufl. 2001, § 28 II Rn. 580 (S.284 f.); zur weitgehend inhaltsgleichen öffentlichrechtlichen Definition siehe Hans J. Wolff/Otto Bachof/Rolf Stober, Verwaltungsrecht, Band 1 (§§ 1-43 [11. Aufl. 1999]) und Band 2 (§§ 44-79 [6. Aufl. 2000]), § 43 I Rn. 7 (S. 644). 2

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grundsätzlich bedingungsfeindlich4 und „gestalten“ im Ergebnis mit ihrem Wirksamwerden das (vertragliche, d.h. auch das verwaltungsvertragliche5) Rechtsverhältnis. Die Gestaltungswirkung kann somit zu einem Eingriff in den Grundsatz „pacta sunt servanda“ führen6. Im Rahmen von Verwaltungsverträgen sind Gestaltungsrechte in gleicher Weise relevant wie im reinen Zivilrecht. Beachtung verlangen so auch die Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB bzw. §§ 62 VwVfG i.V.m. 387 ff. BGB – Rechtfolge: Erlöschen von Forderungen)7, der Widerruf (Rechtsfolge: Auflösungswirkung ex-tunc)8, der Rücktritt (§§ 346 ff. BGB bzw. §§ 62 VwVfG i.V.m. 346 ff. BGB – Rechtsfolge: Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Abwicklungsschuldverhältnis)9 oder eben die Kündigung.

II. Die Bedeutung der Kündigung von Verwaltungsverträgen 1. Aus rechtspraktischer Sicht Die aus praktischer Sicht wohl wichtigste Bedeutung der Kündigung eines Verwaltungsvertrags ist ihre Rechtsfolge – die Vertragsbeendigung. Darauf wird im einzelnen zurückzukommen sein10.

___________ 4 Helmut Heinrichs, in: Otto Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl. 2002, Überl v § 104 Rn. 17. Für die Aufrechnung ist dies in § 388 S. 2 BGB festgeschrieben. 5 Hier interessieren ausschließlich Gestaltungsrechte, die auf ein Vertragsverhältnis einwirken. Darüber hinaus gibt es im öffentlichen Recht noch Gestaltungsrechte, die mit Verwaltungsverträgen nichts zu tun haben, wie etwa das aktive Wahlrecht, das Recht zur Annahme, Ablehnung oder Niederlegung eines Mandats oder der Beitritt zu oder der Austritt aus einem öffentlichen Verband. 6 Siehe dazu sogleich § 3 II 2 a). 7 BVerwG DVBl. 1960, S. 36; BVerwG BayVBl. 1972, S. 416 f.; BGHZ 16, S. 124 ff.; OVG Münster NJW 1976, S. 2036 ff.; Ingwer Ebsen, Öffentlich-rechtliche Aufrechnung und Forderungsdurchsetzung durch Verwaltungsakt, DÖV 1982, S. 389 ff.; Rainer Pietzner, Grundfragen der Aufrechnung im öffentlichen Recht, VerwArch 73 (1982), S. 453 ff.; zur Frage, wann zivilrechtliche Forderungen gegen öffentlich-rechtliche aufgerechnet werden können, vgl. H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 55 IV Rn. 47 f. (S. 252); OVG Münster DÖV 1961, S. 555 ff.; BGHZ 16, S. 124 ff. 8 Zu denken ist hier zum Beispiel an den Widerruf eines öffentlich-rechtlichen Auftrags (vgl. § 671 BGB); siehe sogleich § 3 III 5. 9 Hans-Günter Henneke, in: Hans Joachim Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 62 Rn. 16; siehe sogleich § 3 III 4. 10 Siehe dazu unten § 9.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

2. Die Bedeutung der Kündigung für Stabilität und Flexibilität im Verwaltungsvertrag Auch die dogmatische Bedeutung der Kündigung ist nicht zu unterschätzen: sie ist eine wichtige Ausnahme des Grundsatzes, daß Verträge einzuhalten sind11. Damit gewinnt sie an Essenz im Rahmen des Verhältnisses von Stabilität und Reaktionsvermögen auf veränderte Umfeldbedingungen. a) Stabilität des Verwaltungsvertrags Es entspricht gesetzlichen Regelungszielen und rechtlichen Grundsatzgedanken, daß die Parteien durch die zwischen ihnen geschlossenen Verträge gebunden werden: „pacta sunt servanda“ 12. Dieser Grundsatz soll gewährleisten, daß sich eine Vertragspartei auf das Wort der anderen Partei verlassen und ihr eigenes Verhalten entsprechend ausrichten kann. Er ist Ausdruck von Verläßlichkeit und Stabilität und schafft zwischen den Vertragsparteien sichere13 Verhältnisse. Ohne die bindende Wirkung der Verträge gäbe es kein gesichertes Miteinander und keinen Rechtsfrieden14. ___________ 11 „Pacta sunt servanda“, siehe zu diesem Grundsatz ausführlich Paula Macedo Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, 1999. 12 Dieser Rechtssatz gilt auch für öffentlich-rechtliche Verträge; vgl. BVerwGE 25, S. 299 ff. (S. 302); BVerwG NVwZ 1991, S. 1096 ff.; VGH München BayVBl. 1970, S. 330 f.; VGH München BayVBl. 1982, S. 177 ff.; VGH München NVwZ 1989, S. 167 ff.; OVG Münster DVBl. 1975, S. 46 ff. (S. 47); OVG Münster DVBl. 1980, 763 ff.; OVG Münster NVwZ 1991, S. 1106 f.; BGH MDR 1986, S. 736 f. (S. 737); BAG JZ 1986, S. 1124; Christian-Friedrich Menger, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, VerwArch 52 (1961), S. 196 ff. (S. 210); Goswin Pieper, Zulässigkeit und Funktion des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Verhältnis Staat und Bürger, insbesondere im Vergleich zur Funktion des Verwaltungsakts, DVBl. 1967, S. 11 ff. (S. 16); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 54 X Rn. 48 (S. 225 f.); Wilfried Fiedler, Zum Wirkungsbereich der clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff.; Klaus Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht, in: Dieter Schwab/Dieter Giesen/Joseph Listl/ Hans-Wolfgang Strätz (Hrsg.), Staat, Kirche, Wissenschaft in einer pluralistischen Gesellschaft, Festschrift zum 65. Geburtstag von Paul Mikat, 1989, S. 775 ff. 13 Siehe dazu genauer Eberhard Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Josef Isensee/ Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I Grundlagen von Staat und Verfassung, 1987, § 24 Rn. 81 ff. (S. 1030 ff.). 14 Heinz Joachim Bonk, Vereinheitlichung und Fortentwicklung des Verwaltungsverfahrensrechts in Bund und Ländern, DVBl. 1986, S. 485 ff. (S. 495); ders., Einführung in das Verwaltungsverfahrensrecht, LKV 1991, S. 353 ff. (S. 358); Wilfried Braun, Wandel in den Handlungsformen der Verwaltung – Hat der öffentlich-rechtliche Vertrag eine Zukunftsperspektive?, BayVBl. 1983, S. 225 ff. (S. 227); Volker Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge, 1979, S. 2; Christoph Müllmann, Altlastensanierung und Kooperationsprinzip – der öffentlich-rechtliche Vertrag als Alternative

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Bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen wird Stabilität hauptsächlich über die erhöhte Fehlerresistenz15 erreicht. Die gesetzgeberische Entscheidung zugunsten dieser relativen Fehlerresistenz würde torpediert, wenn sich die Verwaltung vom rechtswidrigen, aber gleichwohl wirksamen Vertrag ohne weiteres lösen16 oder die Erfüllung des vertraglich Geschuldeten verweigern17 dürfte. Rechtssicherheit und Stabilität sind somit Eigenschaften des Verwaltungsvertrags, die ihn in die Nähe des Verwaltungsakts rücken, ihn insoweit auf eine vergleichbare Ebene heben18. Wie der Verwaltungsakt statuiert der Verwaltungsvertrag eine bestimmte Rechtslage, in der „auf der Grundlage und in den Grenzen des Gesetzes“ Rechte und Pflichten konkretisiert und individualisiert werden19. Mit der Festschreibung, wie im Einzelfall vorzugehen ist, kommt dem Verwaltungsvertrag, genau wie dem Verwaltungsakt, Rechtsquellencharakter zu, mit der Folge, daß er für die rechtliche Bewertung der auf seiner Grundlage erfolgten Handlungen und Entscheidungen maßgeblich ist20. Dies gilt, wie angedeutet, auch für rechtswidrige, aber dennoch rechtswirksame (also nicht nichtige) Verwaltungsverträge21. Sofern dem Verwaltungsvertrag die Wirksamkeit ___________ zur Ordnungsverfügung, NVwZ 1994, S. 876 ff. (S. 879); auch schon OVG Münster OVGE 16, S. 12 ff. (S. 17). 15 Vgl. zu Inhalt und Bedeutung dieser Fehlerresistenz Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner – Empirie und Dogmatik verwaltungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Behörde und Bürger, 2000, S. 352. 16 Alexander Blankenagel, Folgenlose Rechtswidrigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge, VerwArch 76 (1985), S. 276 ff. (S. 292 ff.), der bei rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Verträgen ein Rücktrittsrecht nach § 62 VwVfG i.V.m. §§ 346 ff. BGB annimmt. 17 So für sog. „Zusageverträge“ Martin Bullinger, Leistungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 815), der dem Verwaltungsträger die Möglichkeit geben will, die Erfüllung eines rechtswidrigen, aber wirksamen Vertrages zu verweigern und den Vertrauensschaden des privaten Vertragspartners in Geld auszugleichen. 18 So auch Walter Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 270). 19 P. Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, in: J. Isensee/P. Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III Das Handeln des Staates, 2. Aufl. 1996, § 59 Rn. 152 (S. 183 f.). 20 So auch W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 270). 21 Hans Meyer, in: H. Meyer/Hermann Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1982, § 58 Rn. 10 und § 54 Rn. 77; Norbert Bernsdorff, in: Klaus Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, hrsg. von Roland Fritz, 3. Aufl. 1999, § 59 Rn. 13 ff.; Jürgen Fluck, Die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Verpflichtungsvertrages durch Verwaltungsakt, 1985, S. 65 ff.; diese Ansicht ist jedoch nicht unumstritten, a.A. etwa Hartmut Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, in: Hermann Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 15 ff. (S. 27); Wilhelm Henke, Allgemeine Fragen des öffentlichen Ver-

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

also nicht versagt wird, tritt mit dem Abschluß des Vertrags Bindungswirkung ein. b) Anpassungsflexibilität22 und Kündigung Wie jede rechtliche Regelung besitzt der Verwaltungsvertrag also eine gewisse Stabilität, welche prinzipiell wegen der Verläßlichkeit des einverständlich als rechtsverbindlich Gewollten unentbehrlich ist. Diese Starrheit der Regelung bringt andererseits Probleme mit sich, wenn die Rechtsbeziehungen auf Dauer angelegt sind. Denn mit der Zeit können Situationen und Umstände eintreten, welche ein Festhalten am Vertrag durch die Parteien in Frage stellen. Damit entsteht ein gewisses Interesse an einer Reaktion auf die veränderten Umstände. Die Parteien können insoweit die unterschiedlichsten Bestandsschutz-, Anpassungs- oder Vertragsbeendigungsinteressen haben23. Es geht namentlich um das Spannungsverhältnis von Stabilität und Flexibilität von Verträgen und um den möglichen Widerstreit der Ansprüche an Rechtssicherheit und inhaltliche Richtigkeit. Zur Lösung des Spannungsproblems wird den Vertragspartnern grundsätzlich die Möglichkeit gegeben, entweder per Vereinbarung oder mit Hilfe gesetzlicher Anpassungstatbestände ihre Verträge zu modifizieren und anzugleichen. Grundlage hierfür können einerseits Tatbestände vertraglicher Flexibilitätsvorsorge sein24. Andererseits haben die Vertragsparteien die Möglichkeit, jederzeit durch einen neuen Vertrag nachträgliche Vertragsänderungen vorzunehmen, und zwar bis hin zur einvernehmlichen Vertragsaufhebung25. Im Zusammenhang mit diesen Vertragsanpassungsgedanken steht die Eigenschaft der Kooperationsparteien, auch nach Vertragsabschluß noch „Herren der Verträge“ zu sein26. Diese Eigenschaft der Vertragspartner gewinnt auch bei ___________ tragsrechts, JZ 1984, S. 441 ff. (S. 445) und Carl Hermann Ule/Hans-Werner Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. 1995, § 69 V (S. 775). 22 Begriffsprägend Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 ff. 23 Norbert Horn, Die Vertragsdauer als schuldrechtliches Regelungsproblem, in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band I, 1981, S. 551 ff. (S. 563 ff.). 24 Siehe dazu H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 22), S. 245 ff. (S. 274 ff.). 25 Zur prinzipiellen Zulässigkeit von nachträglichen Änderungs- und Aufhebungsverträgen siehe H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 22), S. 245 ff. (S. 284); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 73; OVG Münster DVBl. 1973, S. 696 ff. (S. 697). 26 Siehe dazu auch § 3 II 3 mit den entsprechenden Nachweisen.

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Umfeldveränderungen an Bedeutung. Wenn die Situationsveränderung so gravierend ist, daß die von den Vertragsparteien zunächst verbindlich geregelten und festgelegten Verhältnisse nicht mehr mit der momentanen Lage übereinstimmen, besteht unter Umständen das Bedürfnis, die Vertragsbeendigungsinteressen höher als die der Vertragsanpassung zu gewichten. Im Widerstreit des Spannungsverhältnisses von Stabilität und Flexibilität von Verträgen kann die Lösung folglich nicht immer in der Vertragsanpassung gesucht werden27. In concreto bedeutet dies, daß dann ein die Parteiinteressen wiederherstellender „Anpassungsbedarf“ ausschließlich in eine Vertragsbeendigung mündet, wenn und soweit nur so den Parteiinteressen wirklich gedient ist. Die Kündigung des Vertrags schlüpft dann in die Rolle des praktisch letzten Mittels (ultima ratio) und tritt in Opposition zur Stabilität des Verwaltungsvertrags. Die Besonderheit im Vergleich zur Vertragsanpassung besteht bei der Kündigung in der Möglichkeit zur einseitigen Handlung eines Kooperationspartners. Die Kündigung verdient damit auch Beachtung im Rahmen der Vertragsanpassungslehre28 und im beschriebenen Spannungsverhältnis von Stabilität und Flexibilität des Verwaltungsvertrags. 3. Weitere Funktionen der Kündigung von Verwaltungsverträgen Der Kündigung kommt auch eine gewisse verwaltungspolitische Bedeutung zu. Sie kann beispielsweise als Kontrollmechanismus im kooperativen Verwaltungshandeln verwendet werden. Dieser Art des Verwaltungshandelns steht nämlich nicht selten der Argwohn gegenüber, daß Verantwortlichkeiten verwischt werden, wenn die Gemeinwohlverantwortung an parakonstitutionelle Akteure überantwortet wird29. In den Fällen, in denen der Staat sich die Handlungsbeiträge Privater außerhalb einer praktisch wirksamen Letztverantwortung zu eigen macht oder an sie anknüpft, sind gerade zur Sicherstellung der normativ fortbestehenden Verwaltungsverantwortung Klauseln in den Verwaltungsvertrag einzubauen, welche die Gemeinwohlverträglichkeit der Verwaltungsver___________ 27 N. Horn, Vertragsbindung unter veränderten Umständen, NJW 1985, S. 1118 ff. (S. 1118). 28 Siehe zu dieser detailliert H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 22), S. 245 ff. 29 So Gunnar Folke Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Juni 2001, S. 76 (das Gutachten kann als pdf-Dokument im Internet unter www.staat-modern.de heruntergeladen werden, Stand: April 2003).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

träge absichern30. Erforderlich sind dafür gewisse Vorfeldsicherungen, „die bestimmte Mindeststandards bei der Verflechtung staatlicher und privater Handlungsbeiträge sicherstellen, um durch legitimatorische Vor- oder Nachwirkungen den Status der privaten Akteure ihrer Funktion innerhalb der Kooperationsvorgänge anzupassen und ihnen Bindungen aufzuerlegen, die eine mangelnde inhaltliche Entscheidungsbeherrschung des Staates kompensieren“31. Letztlich geht es darum, die Verwaltung reaktionsfähig zu halten und in die Lage zu versetzen, die „Zügel in der Hand“ zu behalten32. Zu diesem Zweck können Kündigungsrechte hervorragend eingesetzt werden33. Wenn die Verwaltungsbehörde bemerkt, daß ihr privater Partner seine verwaltungsvertraglich übernommenen Pflichten nicht absprachegemäß, also letztlich nicht entsprechend der gemeinwohlorientierten Intention des Vertrags, erfüllt, kann sie den Verwaltungsvertrag kündigen34. Sie „reißt damit wieder das Ruder an sich“ und kommt so ihrer Letztverantwortung für die Erledigung der öffentlichen Aufgabe nach. Es bleibt der Verwaltungsbehörde aber unbenommen, sich für die Erledigung dieser Aufgabe abermals einen privaten Vertragspartner zu suchen. Damit wird die Kündigung zu einem wichtigen rechtlichen Sicherungsmittel bei der wirkungs- und verantwortungsvollen Erledigung öffentlicher Aufgaben. Sie wird zur Regelung über die organisatorische, aber auch personelle Sicherstellung des öffentlichen Auftrags bzw. dessen Erledigung durch den Privaten und ermöglicht staatliche

___________ 30 H. Bauer, Privatisierungsimpulse und Privatisierungspraxis in der Abwasserentsorgung – Eine Zwischenbilanz, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); G. F. Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 425); siehe auch Wolfgang Weiß, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, DVBl. 2002, S. 1167 ff. (S. 1178 ff.). 31 Hans-Heinrich Trute, Vom Obrigkeitsstaat zur Kooperation, in: Reinhard Hendler/ Peter Marburger/Michael Reinhardt/Meinhard Schröder (Hrsg.), Umwelt und Technikrecht, Band 48 (Rückzug des Ordnungsrechtes im Umweltrecht), 1999, S. 13 ff. (S. 20 f.). Es geht praktisch um die Umsetzung staatlicher Gewährleistungsverantwortung, siehe dazu W. Weiß, DVBl. 2002, S. 1167 ff. (S. 1180). 32 H. Bauer, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten (Fn. 29), S. 94. 33 Vgl. H. Bauer, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571). Im Gegensatz dazu Herbert Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, 2002, 2. Teil § 2 II Rn. 155 ff., der im Rahmen der Sicherungsmöglichkeiten zwar die Rücktrittsrechte erkennt, die Kündigungsrechte aber übersieht. 34 Soweit auch die übrigen Voraussetzungen gegeben sind; siehe dazu die §§ 6 ff. der weiteren Gliederung.

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Einwirkungs- und Überwachungsrechte35. Die Kündigung dient damit gerade der fortbestehenden staatlichen Gemeinwohlverantwortung. Selbstverständlich ist es erforderlich, zwischen der staatlichen Verwaltung und den nicht-staatlichen Akteuren ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Funktionsgerechtigkeit, Verantwortungsteilung und Verantwortungsfähigkeit anzustreben36. Sollte dies aber nicht gelingen, so muß gerade mit Blick auf die Gemeinwohlverantwortlichkeit der Verwaltung eine Loslösung vom Verwaltungsvertrag möglich sein. Der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik kommt so mit der Strukturierung eines verwaltungsvertraglichen Kündigungsrechts eine gewisse Bereitstellungsfunktion37 zu. Dies korrespondiert mit der von E. Schmidt-Aßmann entwickelten Lehre vom Doppelauftrag des Allgemeinen Verwaltungsrechts38: „Die Formenlehre hat wie das Verwaltungsrecht insgesamt ___________ 35 Siehe zum Ganzen vor allem H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts – Zugleich ein Beitrag zur Vertragsgestaltung im Verwaltungsrecht, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, 1996, S. 11 ff. (S. 25 f.) und allgemein zur rechtlichen Möglichkeit einer Grenzziehung für Verwaltungskooperation aufgrund staatlicher Gemeinwohlverantwortlichkeit Christoph Gusy, Der Wandel präventiver Schutzgewährung in der staatlichen Finanzkrise, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, 1998, S. 175 ff. 36 G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten (Fn. 29), S. 77. 37 Zum Begriff: G. F. Schuppert, Verwaltungsrechtswissenschaft als Steuerungswissenschaft, Zur Steuerung des Verwaltungshandelns durch Verwaltungsrecht, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Grundfragen, 1993, S. 65 ff. (S. 96 f.); Michael Kloepfer, Planung und prospektive Rechtswissenschaft, in: Wilfried Erbguth (Hrsg.), Planung, Festschrift für Werner Hoppe zum 70. Geburtstag, 2000, S. 111 ff. (S. 116). 38 E. Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVBl. 1989, S. 533 ff. (S. 535, 541); ders., Der Beitrag der Gerichte zur verwaltungsrechtlichen Systembildung, VBlBW 1988, S. 381 ff. (S. 383); ders., Allgemeines Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Grundlagen und Aufgaben der verwaltungsrechtlichen Systembildung, 1998, S. 16 ff.; im Anschluß daran Helmut Lecheler, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, BayVBl. 1992, S. 545 ff. (S. 548); Friedrich K. Schoch, Der Verfahrensgedanke im Allgemeinen Verwaltungsrecht, Anspruch und Wirklichkeit nach 15 Jahren VwVfG, Die Verwaltung 25 (1992), S. 21 ff. (S. 27); ders., Der Verwaltungsakt zwischen Stabilität und Flexibilität, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 199 ff. (S. 207); Martin Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, Tübingen 1995, S. 125, 189; Helmuth Schulze-Fielitz, Kooperatives Recht im Spannungsfeld von Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensökonomie, DVB. 1994, S. 657 ff. (S. 661); G. F. Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung – Erscheinungsformen von Public Private Partnership als Herausforderung an Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaft, in:

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

einen ‚Doppelauftrag’. Es geht darum, die Rechtsstellung des Bürgers zu schützen (Schutzauftrag) und zugleich die Verwaltung in die Lage zu versetzen, ihre legitimen Aufgaben wahrzunehmen (Bewirkungsauftrag). In diesem Sinne dient die Formenlehre dazu, das Verwaltungshandeln mit Rechtsinstrumenten zu versehen und rechtsstaatlich zu disziplinieren.“ Ein solches Rechtsinstrument ist die verwaltungsvertragliche Kündigung. Sie ist nämlich, wie eben dargestellt, nichts anderes als ein Mittel zur Sicherung dieses Bewirkungsauftrags. Daher kann auch keine Rede davon sein, daß der Kündigung von Verwaltungsverträgen bloß dogmatische Bedeutung zukommt39. Diese Überlegungen mögen genügen, um die Bedeutung der Kündigung von Verwaltungsverträgen ins richtige Licht zu rücken. III. Kündigung und andere Vertragsbeendigungstatbestände Neben der Kündigung als wichtigstem Fall der Beendigung von Vertragsverhältnissen40 gibt es diverse andere Möglichkeiten, einen Verwaltungsvertrag zu beenden, von denen hier die relevantesten in sehr knapper Form dargestellt werden sollen41. Dabei ist die Abgrenzung als solche nicht besonders schwierig, da diese kündigungsdifferenten Institute jeweils andere Ausgangssachverhalte betreffen. 1. Aufhebungsvertrag An erster Stelle ist hier der Aufhebungsvertrag zu nennen. Im Wege der vertraglichen Vereinbarung kann ein Verwaltungsvertragsverhältnis zu jedem Zeitpunkt ohne Beachtung von Kündigungsregelungen beendet werden42. Dem steht ___________ Dietrich Budäus/Peter Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership: Neue Formen öffentlicher Aufgabenerfüllung, 1997, S. 93 ff. (S. 94). 39 Verwunderlich daher Worachet Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, 2000, S. 136, der bloß auf die dogmatische Bedeutung abstellt und die praktische leugnet. 40 So auch Heinz Peter Moritz, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis (I), Jura 1992, S. 281 ff. (S. 281). 41 Siehe dazu für zivilrechtliche Verträge genauer bei Peter Schwerdtner, Beendigung von Dauerschuldverhältnissen, Jura 1985, S. 207 ff.; ders., in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Kurt Rebmann/Franz Jürgen Säcker/ Roland Rixecker, Band 4 Schuldrecht, Besonderer Teil II §§ 607-707, 3. Aufl. 1997, Vor § 620 Rn. 16-53. 42 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 22), S. 245 ff. (S. 284); Hans-Uwe Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 27 Rn. 2 (S. 420).

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auch nicht § 60 VwVfG entgegen, da beide Tatbestände nebeneinander anwendbar sind43. 2. Tod oder Untergang eines am Vertragsverhältnis Beteiligten Einen indirekten und kündigungsabhängigen Vertragsbeendigungstatbestand kann der Tod der am Verwaltungsvertrag beteiligten Privatperson darstellen44. Neben allgemeinen Fragen der Rechtsnachfolge im Verwaltungsrecht (Stichworte: Nachfolgefähigkeit und Nachfolgetatbestand45) ist hierbei von kündigungsrechtlichem Interesse der Tod des privaten Mieters einer in der Verfügungsgewalt eines öffentlich-rechtlichen Trägers stehenden Sache oder Einrichtung, da insoweit nach § 580 BGB sowohl der Erbe als auch der öffentlichrechtliche Vermieter berechtigt ist, das Mietverhältnis innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung vom Tod des Mieters außerordentlich mit der gesetzlichen Frist zu kündigen46. Im Gegensatz dazu wird die Erfüllung oder Durchführung eines Verwaltungsvertrags durch den Untergang des beteiligten öffentlich-rechtlichen Rechtssubjekts nicht gehindert, da es immer einen Nachfolger gibt, der für die Handlungen des staatlichen Rechtsvorgängers verantwortlich zeichnet47. Geht ___________ 43 Vgl. nur Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 60 Rn. 3. 44 Vgl. im Gegensatz dazu ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Träger öffentlichrechtlicher Gewalt und einer Privatperson. Der Tod des Arbeitnehmers beendet das Arbeitsverhältnis immer und sofort. Dies folgt bereits aus § 613 S. 1 BGB; vgl. dazu P. Schwerdtner, Jura 1985, S. 207 ff. (S. 207); ders., in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 30. Immer wenn es um die Erfüllung höchstpersönlicher Pflichten geht, kommt auch eine (Gesamt-) Rechtsnachfolge der Erben in die verwaltungsrechtliche Pflicht nicht in Frage, H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 42 VIII 3 Rn. 54 (S. 636). 45 Siehe dazu näheres bei H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 42), § 11 II Rn. 50 f. (S. 258 ff.); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 42 VIII Rn. 51 ff. (S. 635 ff.); Franz-Joseph Peine, Die Rechtsnachfolge in öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten, DVBl. 1980, S. 941 ff.; Willy Spannowsky, Probleme der Rechtsnachfolge im Verwaltungsverfahren und im Verwaltungsprozeß, NVwZ 1992, S. 426 ff. 46 Walter Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 536a Rn. 7 und § 564 Rn. 7 ff. 47 Eine Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge eines Trägers öffentlicher Verwaltung in Verpflichtungen und Berechtigungen eines anderen ist nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes möglich; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 41 IV Rn. 16 f. (S. 610); H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 42), § 11 II Rn. 49 (S. 257). Der Umkehrschluß bedeutet, daß eine Rechtsnachfolge ohne Gesetz nicht möglich ist. Gibt es demnach einmal keine Rechtsnachfolge, kommt es zum Sonderfall der Funktionsnachfolge und damit zur tatsächlichen Über-

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

so z.B. eine Gemeinde völlig unter48, tritt die Nachfolgekörperschaft in die verwaltungsvertragliche Pflicht ein. Sie besitzt dann aber grundsätzlich das Recht, nach allgemeinen Grundsätzen vom Vertrag Abstand zu nehmen49. Für öffentlich-rechtliche Verträge wird insoweit § 60 I VwVfG ins Spiel gebracht50. 3. Anfechtung des Verwaltungsvertrags Eine weitere Form, sich von einer einmal gegebenen verwaltungsrechtlichen Willenserklärungen zu lösen, ist die Anfechtung. Insoweit kommt es beim Verwaltungsvertrag zur Anwendung der BGB-Vorschriften §§ 119 ff., die über § 62 VwVfG auch für den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag gelten51. Gemäß § 142 I BGB bzw. §§ 59 I VwVfG i.V.m. 142 I BGB sind angefochtene Verwaltungsverträge grundsätzlich von Anfang an nichtig52. ___________ nahme von Kompetenzen eines weggefallenen oder handlungsunfähigen Verwaltungsträgers. Zwar findet der Rechtsgedanke des früheren § 419 BGB (Norm aufgehoben durch Art. 33 EGInsO v. 05.10.1994 [BGBl. I S. 2911]; beachte dazu die Übergangsvorschriften in Art. 223a EGBGB) auf öffentlich-rechtliche Vorgänge keine Anwendung (BGHZ 16, S. 184 ff. [S. 187]), aber auch unabhängig von einem Vermögensübergang nehmen Wissenschaft und Rechtsprechung einen Übergang der mit den übernommenen Kompetenzen verbundenen gesetzlichen und vertraglichen öffentlichen Verbindlichkeiten auf den Funktionsnachfolger an, wenn eine Rechtsnachfolge nicht eingetreten ist, BVerwG NJW 1954, S. 935 ff. (S. 936); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 41 IV Rn. 18 (S. 610 f.); vgl. zur öffentlich-rechtlichen Rechtsnachfolge auch Alexander Schink, Rechtsnachfolge bei Zuständigkeitsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung, 1984. 48 Z.B. nach Art. 11 BayGO bzw. § 8 SächsGemO. 49 Olav Rumpf, Die Rechtsnachfolge im öffentlichen Recht, VerwArch 78 (1987), S. 269 ff. (S. 304 f.); siehe dazu auch Eberhard Menzel/Knut Ipsen, Völkerrecht, 2. Aufl. 1979, § 26 III (S. 189). 50 O. Rumpf, VerwArch 78 (1987), S. 269 ff. (S. 305). 51 Siehe dazu und zu den Ausnahmen nur H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 62 Rn. 7; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 62 Rn. 7; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 12; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 32-38; H. J. Bonk, in: Paul Stelkens/H. J. Bonk/Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 62 Rn. 28. 52 Für die Anwendbarkeit der Nichtigkeitsfolge bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen: BVerwG, Buchholz 316, Nr. 12 zu § 59 VwVfG; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 59 Rn. 36; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 59 Rn. 41 ff.; Ingo Tschaschnig, Die Nichtigkeit subordinationsrechtlicher Verträge nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz – Die §§ 54 ff. VwVfG im Spannungsfeld von Vertragsfreiheit und Legalitätsprinzip, 1984, S. 98 ff.; siehe zur Wirkung der Anfechtung bei Arbeitsverhältnissen nur P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar

§ 3 Gestaltungsrechte und Verwaltungsvertrag

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4. Fristablauf bei Zeitverträgen, (aufschiebende und auflösende) Bedingung und Rücktrittsvorbehalt Es kann vorkommen, daß zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht sämtliches Entscheidungsmaterial vorliegt. Dann besteht die Möglichkeit der Vereinbarung von verwaltungsrechtlichen Vor-, Teil- bzw. Rahmenverträgen oder aber der Rückgriff auf Vorsorgemöglichkeiten des BGB. Die vertraglichen Leistungspflichten können unter Bedingungen (aufschiebende oder auflösende) oder Befristungen gestellt (§§ 158-163 BGB) oder es kann ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart werden (§ 346 I BGB). Es spricht nichts dagegen, die gleichen Institute auch im Verwaltungsvertragsrecht zu verwenden, sei es nun im öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Verwaltungsvertrag. Es handelt sich nämlich um vertragliche Instrumente, mit denen dem Vertrag eine gewisse Flexibilität eingeräumt wird und die nicht speziell zivilrechtlich geprägt, sondern allgemeiner Natur und auch von § 62 S. 2 VwVfG umfaßt sind53. Im übrigen sind Bedingungen und Befristungen dem Verwaltungsrecht nicht wesensfremd. Gemäß § 36 II Nr. 1 und 2 VwVfG sind sie als mögliche Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten zugelassen. Verwaltungsverträge mit wirksamer Befristungsabrede enden durch bloßen Zeitablauf54, solche mit einer Bedingungsvereinbarung mit Ablauf oder Eintritt des Bedingungstatbestandes. Die Vertragsbeendigungswirkung ist jeweils ex nunc und ohne das es einer entsprechenden Willenserklärung der Partei bedarf. Im Gegensatz dazu bedarf es bei einem vereinbarten Rücktrittsvorbehalt einer Rücktrittserklärung, und die Rechtsfolge dieses Gestaltungsrechts ist die Umwandlung des Verwaltungsvertragsverhältnisses in ein Abwicklungsschuldverhältnis55. ___________ (Fn. 41), Vor § 620 Rn.48; grundlegend BAG AP Nr. 35 zu § 123 BGB = EzA § 123 BGB Nr. 35. 53 Für Befristungen und Bedingungen siehe N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 25; vgl. dazu auch schon Willibald Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920, S. 195 ff.; für den Rücktrittsvorbehalt siehe N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 173; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 21), § 71 Rn. 3. 54 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts – Statement –, in: G. F. Schuppert, Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privaten Sektor, 1999, S. 251 ff. (S. 269); siehe zur Funktion und Aufgabe von Befristungsklauseln vor allem auch H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 35), S. 11 ff. (S. 25); vgl. insoweit für verwaltungsrechtliche Arbeitsverträge § 620 I BGB. 55 Vgl. H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Einf v § 346 Rn. 2.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

5. Widerrufsvorbehalt in Verwaltungsverträgen Schließlich ist auch der Widerruf von verwaltungsvertraglichen Willenserklärungen denkbar. Ein vereinbartes Widerrufsrecht kann in Kooperationsverträgen den privaten Vertragspartner dazu anhalten, gesetzliche Bestimmungen einzuhalten, etwa dergestalt, daß sich die Verwaltung vorbehält, im Falle einer Rechtsverletzung den Vertrag zu widerrufen. Das Widerrufsrecht wird somit zum Mittel der gesetzesdirigierten Gestaltung von Verwaltungsverträgen56 und stellt zugleich eine Möglichkeit der Verwaltung dar, auf die Verletzung gesetzlicher Pflichten zu reagieren57. Auch die Vereinbarung von Kündigungsklauseln ist eine Möglichkeit zur Umsetzung der angesprochenen gesetzesdirigierten Gestaltung von Verwaltungsverträgen58. Der Unterschied des Widerrufs zur Kündigung wird aber sichtbar, wenn man die Auflösungsrechte nach ihren Wirkungen unterscheidet59. Während die Kündigung ex nunc nur für die Zukunft wirkt, bezieht sich der Widerruf auch auf die Vergangenheit60. Bei Verwaltungsverträgen mit langer Laufzeit wird daher die Vereinbarung eines Widerrufsrechts eher der eines Kündigungsrechts weichen, weil letzteres entschieden flexibler handhabbar ist. Eine ex tunc-Wirkung mit anschließender Rückabwicklung bei Vertragslaufzeiten von vielleicht mehreren Jahrzehnten wäre allen Kooperationspartnern gegenüber unbillig und praktisch undurchführbar61. Andererseits spricht nichts dagegen, auf Widerrufsrechte zurückzugreifen, wenn die Verwaltungsverträge eine relativ kurze Laufzeit haben. Diese Aspekte sind bei der Gestaltung von Verwaltungsverträgen zu beachten.

___________ 56

Siehe dazu H. Bauer, Verwaltungsrechtliche und verwaltungswissenschaftliche Aspekte der Gestaltung von Kooperationsverträgen bei Public Private Partnership, DÖV 1998, S. 89 ff. (S. 91 ff.). 57 W. Henke, Praktische Fragen des öffentlichen Vertragsrechts – Kooperationsverträge, DÖV 1985, S. 41 ff. (S. 49). 58 H. Bauer, DÖV 1998, S. 89 ff. (S. 93); W. Henke, DÖV 1985, S. 41 ff. (S. 49). 59 Dieter Medicus, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 12. Aufl. 2000, § 47 Rn. 533 f. (S. 251). 60 D. Medicus, Schuldrecht I AT (Fn. 59), § 47 Rn. 533 f. (S. 251). 61 Für das Arbeitsrecht gelten nach ständiger Rechtsprechung des BAG ähnliche Erwägungen zur ex tunc-Wirkung, vgl. nur Hans Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 611 Rn. 23.

§ 4 Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung

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§ 4 Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung Begriff und Anwendungsbereich einer verwaltungsvertraglichen Kündigung sind nicht legaldefiniert. Allerdings bietet das Zivilrecht eine Fülle von normativ durchgebildeten Kündigungsregelungen und auch eine Lehre zur Kündigung62. Es empfiehlt sich daher, das Zivilrecht nicht aus den Augen zu verlieren, zumal die Kündigung von Verträgen weder ein spezifisches noch ein neues Problem des Verwaltungsvertrags- bzw. Verwaltungsrechts ist63. Das verleiht der Einschätzung der Kündigung in zivilrechtlichen Abhandlungen besonderes Gewicht und gibt ihr praktisch eine gewisse Leitbildfunktion für das Verwaltungsvertragsrecht (und zwar nicht nur bei Verwaltungsverträgen, die dem Verwaltungsprivatrecht entstammen). Grundlage der weiteren Bearbeitung werden daher in einem nicht zu unterschätzenden Umfang zivilrechtliche Ansätze sein, freilich nicht ohne die Besonderheiten des Verwaltungsrechts zu berücksichtigen. I. Terminologische Vorklärung Die moderne Lehrbuch- und Kommentarliteratur versteht unter einer Kündigung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, welche als Gestaltungsrecht ein dauerndes Schuldverhältnis für die Zukunft beendet64. Die Kündigung wird also von der Rechtsnatur her definiert und daher recht weit gefaßt. Das erscheint sinnvoll, zumal es selbst im zivilen Schuldrecht auch nach dessen „Modernisierung“ durch Gesetz vom 26.11.2001 (BGBl. I, S. 3138 ff.) kein ei-

___________ 62

Siehe dazu die Nachweise innerhalb der weiteren Bearbeitung. Vgl. zur ähnlich gelagerten Vertragsanpassungsproblematik W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 271). 64 Vgl. nur D. Medicus, Schuldrecht I AT (Fn. 59), § 50 I Rn. 562 (S. 263), § 50 III Rn. 566 (S. 265); Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987, § 19 II (S. 273 f.); Peter Hanau, in: Walter Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Harm Peter Westermann, 1. Band §§ 1-853, 10. Aufl. 2000, § 620 Rn. 81; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 1; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem zu § 620 Rn. 28; Dirk Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 620-630), 13. Bearbeitung 1995, Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 31. Vgl. für das öffentliche Recht allgemein: H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 54; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15. 63

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

genständiges Kapitel „Kündigung“ gibt65. Schon Ende des 19. Jahrhunderts hat man versucht, die Kündigung „schärfer und präziser“66 zu definieren und diverse Zeit- und Ursachenmomente zu integrieren. Man sprach von „Endterminsetzung“67 oder davon, „daß das ... bestehende Rechtsverhältniß zu einem bestimmten Zeitpunkte sein Ende erreichen solle“68, bzw. von einer gesetzlichen oder vertraglichen (Beendigungs-)Berechtigung69. Allerdings haben sich diese Definitionsnuancen nie richtig zu einer allgemeinen Definition verdichtet. Die beschriebenen Aspekte, ob das Rechtsverhältnis sofort oder nach einer Frist, mit oder ohne Grund beendet sein soll, dienen heute vielmehr der Unterscheidung von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Auffällig ist aber, daß im Zivilrecht immer nur von der Kündigung von Schuldverhältnissen gesprochen wird70. Der Bezug auf einen Vertrag wird damit bewußt nicht vorgenommen. Dem öffentlichen Recht sind solche subtilen Unterschiede nicht geläufig, wie § 60 I VwVfG deutlich zeigt, der ausdrücklich nur von einer Vertragskündigung spricht71. Nicht nur im Hinblick auf die Kündigung von Verwaltungsverträgen ist der genannte Unterschied aber ohne größere Bedeutung, weil ein Vertrag – und das gilt auch für das reine Privatrecht – unzweifelhaft ein Entstehungsgrund für ein Schuldverhältnis („Wiege eines Schuldverhältnisses“) ist72. Die Kündigung eines vertraglich begründeten Schuldverhältnisses führt damit zwangsläufig auch zur Kündigung des Vertragsteils, der dieses Schuldverhältnis betrifft. Andersherum bewirkt die Kündigung des gesamten Vertrages gleichfalls die Beendigung des begründeten Schuldverhältnisses bzw. aller Schuldverhältnisse, soweit im Vertrag mehrere zur Entstehung gekommen sind. Die angesprochene Unterscheidung rechtfertigt damit keine differenzierte Betrachtung der „Kündigung von Verträgen“, und zwar we___________ 65 D. Medicus führt dies auf die beträchtlichen Unterschiede zwischen den sehr mannigfaltigen Anwendungsfällen der Kündigung zurück, Schuldrecht I AT (Fn. 59), § 50 Rn. 561 (S. 262). 66 Thiele, Die Kündigung, insbesondere bei Darlehen, nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, AcP 89, S. 85 ff. (S. 87). 67 Gruchot, Beiträge, Bd. III, S. 198, zitiert bei Thiele, AcP 89, S. 85 ff. (S. 86). 68 RGZ 26, S. 189 ff. (S. 191). 69 RGZ 26, S. 189 ff. (S. 191), vgl. Thiele, AcP 89, S. 85 ff. (S. 89). 70 Vgl. die Nachweise unter Fn. 66. 71 Dirk Ehlers, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung, DVBl. 1986, S. 912 ff.; die Kommentarliteratur zum VwVfG ist dazu uneinheitlich, vgl. nur F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15 „Rechtsverhältnis“; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13 „Rechtsverhältnis“; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 54 „Vertragsverhältnis“. 72 H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Einl v § 241 Rn. 5.

§ 4 Begriff und Anwendungsbereich der Kündigung

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der im Verwaltungsrecht noch im Zivilrecht. Es erscheint im Gegenteil als selbstverständlich, daß der Begriff der Kündigung in beiden Rechtsgebieten ein und dasselbe Institut beschreibt. In der Konsequenz bedeutet dies auch, daß der Begriff der Kündigung bei öffentlich-rechtlichen Verträgen kein anderer sein kann als der bei zivilrechtlichen Verwaltungsverträgen. Als erstes Ergebnis des Kapitels „Allgemeiner Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen“ kann also festgehalten werden, daß der Terminus „Kündigung“ im Zivilrecht und im öffentlichem Recht gleichbedeutend aufzufassen ist. II. Der Anwendungsbereich der Kündigung Der Anwendungsbereich der Kündigung beschränkt sich grundsätzlich auf Dauerschuldverhältnisse und Langzeitverträge, die abgeschlossen wurden und nicht nichtig sind. Als Rechtsinstitut dient die Kündigung der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen, also solchen Schuldverhältnissen, die auf einen längeren Zeitraum angelegt sind (Zeitelement), währenddessen die Vertragspartner sich ein andauerndes Verhalten oder wiederkehrende Leistungen nebst Neben- und Schutzpflichten laufend zu gewähren haben, so daß der Gesamtumfang der Leistung von der Dauer der Rechtsbeziehung abhängt73. Die zeitliche Dimension und das Merkmal ständiger Pflichtenerfüllung kennzeichnen ein Dauerschuldverhältnis. Die Funktion der Kündigung besteht somit vornehmlich darin, eine andauernde Bindung der Vertragsparteien zu unterbrechen, indem sich jeder der Beteiligten aus der Bindung befreien kann (Vertragsbeendigungswirkung74). Anwendung findet die Kündigung auch bei Langzeitverträgen, die sich von Dauerschuldverhältnissen prinzipiell nur durch ihre Befristungen unterschei___________ 73 K. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band AT (Fn. 64), § 2 VI (S. 29); Arndt Teichmann, in: Hans Theodor Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432), 12. Aufl. 1990, § 241 Rn. 6; vgl. auch BGH NJW 1991, S. 1478 ff. (S. 1479); so auch die amtliche Gesetzesbegründung zur Einführung des § 314 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 176 f. Der Begriff des Dauerschuldverhältnisses ist im Anschluß an Otto von Gierke, Dauernde Schuldverhältnisse, JherJb 64 (1914), S. 355 ff., von Rechtsprechung und Rechtslehre herausgearbeitet worden, seit langem allgemein anerkannt und dann auch durch die ehemaligen §§ 10 Nr. 3, 11 Nr. 1 und Nr. 12 AGBG in die Gesetzessprache eingegangen. Siehe zum Begriff des Dauerschuldverhältnisses auch jüngst Andreas Kirsch, Schuldrechtsreform und Unternehmen – Umstellungen bei Langzeitverträgen, NJW 2002, S. 2520 ff. (S. 2521). 74 Neben der Vertragsbeendigungswirkung der Kündigung ist noch ihre Fälligkeitsfestsetzungswirkung von Bedeutung. So kann etwa durch die Kündigung eines Darlehensvertrages (§ 608 I BGB) die Leistungszeit festgelegt und dadurch die Fälligkeit der Forderung herbeigeführt werden.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

den75. Festzuhalten bleibt, daß die Kündigung nur möglich ist, wenn sich aus dem Vertrag noch fortdauernde Wirkungen ergeben. Erschöpfen sich dagegen die vertraglichen Beziehungen in einem einmaligen Austausch von Leistung und Gegenleistung, ist damit der Vertrag erfüllt (§ 362 BGB bzw. §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 362 BGB) und für eine Kündigung kein Raum mehr76. Daneben kommt die Kündigung auch in einigen Sonderbereichen zum Einsatz, in denen keine Langzeit- oder Dauerschuldverhältnisse im klassischen Sinne vorliegen. Hierzu gehören etwa der Werkvertrag (§§ 631 ff., 649, 650 BGB) und der Auftrag (§§ 662 ff., 671 BGB). Bei diesen Vertragstypen ist zu beachten, daß sich ihre Erfüllung über einen gewissen Zeitraum erstreckt. Sie „dauern“ damit eine bestimmte Zeit an, so daß die Anwendung der Kündigung auf solche Vertragsverhältnisse keinen Systembruch darstellt. Schließlich findet die Kündigung auch bei Rechtsfiguren Anwendung, die keine Schuldverhältnisse darstellen: § 1141 BGB (Hypothek) und § 1193 BGB (Grundschuld). Da es sich bei der Kündigung um ein Gestaltungsrecht handelt, ist für die Ausübung nur die Phase nach dem Vertragsschluß von Bedeutung. Eine Kündigung setzt denknotwendig einen abgeschlossenen Vertrag voraus, da nur zustandegekommene Rechtsverhältnisse gestaltet und daher auch beendet werden können. Dies ergibt sich schon aus der Natur des Gestaltungsrechts, wobei allerdings zu beachten ist, daß der vorher niedergelegte Vertragsinhalt bereits Re___________ 75

Langzeitverträge sind Dauerverträge, die von der US-amerikanischen Literatur entwickelt wurden („long-term-contracts“) und auf langfristige Kooperationen angelegt sind, vgl. dazu Ernst A. Kramer, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von K. Rebmann/F. J. Säcker/R. Rixecker, Band 2 Schuldrecht, Allgemeiner Teil (§§ 241-432), 4. Aufl. 2001, Einl. Rn. 104; vgl. zur Dogmatik der Langzeitverträge auch Joachim Jickli, Der langfristige Vertrag: eine rechtswissenschaftliche Untersuchung auf institutionen-ökonomischer Grundlage, 1996, S. 141 ff. 76 BT-Drs. 7/910, S. 82 – Begründung des Entwurfs des heutigen § 60 VwVfG. Soweit die Kommentarliteratur (vgl. F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 43], § 60 Rn. 4; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs [Hrsg.], Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 51], § 69 Rn. 4) und die Rechtsprechung (BVerwG NVwZ 1991, S. 1096 ff. [S. 1097]; OVG Münster NVwZ 1991, S. 1106 f.) den § 60 I VwVfG auf alle öffentlich-rechtlichen Verträge beziehen, also nicht nur auf solche mit wiederkehrenden Leistungen bei Dauerschuldverhältnissen, sondern auch auf solche mit einmaligen Zahlungspflichten (z.B. Ablöseverträge), ist damit nur die Anpassungsrechtsfolge der Vorschrift gemeint. Eine Vertragsanpassung ist ohne weiteres auch bei Nichtdauerschuldverhältnissen möglich, während eine Kündigung bei solchen schon wegen der grundsätzlichen ex nunc-Wirkung keinen Sinn macht. Solche Rechtsverhältnisse, die keine Dauer- oder Langzeitschuldverhältnisse darstellen, sind, wie die Gesetzesbegründung schon richtig erkennt, regelmäßig nicht kündbar; im Ergebnis so auch Rüdiger Nierwetberg, Privatrechtliche Regeln im öffentlichen Recht: Zinsen bei Erstattung vertraglicher Vorauszahlungen auf die Erschließungskosten?, NVwZ 1989, S. 535 ff. (S. 539). Siehe zu den Ausnahmen die weitere Bearbeitung.

§ 5 Die Kündigungsarten

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gelungen für eine eventuelle spätere Kündigung enthalten kann77. Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Kündigung ist das Vorliegen eines wirksamen Vertrags; er kann rechtswidrig, darf aber keinesfalls nichtig sein (vgl. § 59 VwVfG)78. Die Anwendungsbereiche „Dauerschuldverhältnis“ und „Langzeitvertrag“ stellen keine rein zivilrechtlichen Besonderheiten dar. Im Ressort der Verwaltungsverträge sind auch außerhalb des fiskalischen Handelns regelmäßig verwaltungsrechtliche Dauerschuldverhältnisse und Langzeitverträge zu beobachten79.

§ 5 Die Kündigungsarten Die Kündigung von Schuldverhältnissen ist im Allgemeinen Schuldrecht nicht als eigenständiger Teil geregelt. Es existieren daher auch keine allgemeinen normativen Ansätze bezüglich der Kündigungsarten. Dieser Umstand wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 200180 nicht geändert. Dennoch sind im Zivilrecht unzweifelhaft die Formen der außerordentlichen und der ordentlichen Kündigung anerkannt81. Diese Unterscheidung deckt sich in der Regel mit der weiteren Differenzierung in befristete und fristlose Kündigung. Bei ersterer wird zunächst eine Frist in Lauf gesetzt, mit deren Ablauf das dauernde Vertragsverhältnis erlischt. Die fristlose Kündigung bewirkt hingegen mit dem Zugang ihrer Erklärung das sofortige Ende des Dauerschuld- bzw. Langzeitvertragsverhältnisses. Diese beschriebene Differenzierung beruht auf dem Eintritt der Kündigungswirkung, während die Unterscheidung in ordentliche und außerordentliche Kündigung auf den jeweiligen

___________ 77

Siehe zu den vertraglichen Kündigungsregelungen unten § 7 II und § 8 III. Bloße Anfechtbarkeit genügt zum Beispiel nicht; siehe zum ganzen H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21. 79 Siehe dazu die zahlreichen Beispiele unten §§ 7 und 8. 80 BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff.; allerdings wurde nunmehr mit § 314 BGB die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund in das Allgemeine Schuldrecht aufgenommen. 81 Vgl. statt vieler D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 87; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 54, 56; Alfons Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651), 12. Aufl. 1997, Vor § 620 Rn. 20; siehe im übrigen die folgende Darstellung. 78

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Voraussetzungen fußt82. Ob diese Unterscheidungen auch im Verwaltungsrecht Geltung beanspruchen, bedarf der näheren Untersuchung. Das Verwaltungsverfahrensgesetz trifft zu den genannten Unterscheidungen jedenfalls keine konkrete Aussage, so daß zur Klärung bei den kündigungsdogmatischen Grundlagen angesetzt werden muß. Daher ist es erforderlich, das Verständnis von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung zu erhellen. I. Die ordentliche Kündigung Eine ordentliche Kündigung bedeutet im Zivilrecht die Wahrnehmung einer vertraglichen oder gesetzlichen, bei regelmäßigem Verlauf des Dauerschuldverhältnisses vorgesehenen Beendigungsmöglichkeit83. Sie ist dadurch gekennzeichnet, daß in der Regel kein Kündigungsgrund notwendig, dafür aber die Einhaltung von Fristen erforderlich ist84. Nur ausnahmsweise verlangt das Gesetz aus sozialen oder gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten bei einigen zivilrechtlichen Verträgen einen Kündigungsgrund, wie etwa bei der Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses oder eines Arbeitsverhältnisses (vgl. § 568 BGB, § 1 KSchG). Es ist den Vertragsparteien jedoch regelmäßig unbenommen, auch für die ordentliche Kündigung einen speziellen Kündigungsgrund vorzusehen85. Eine ordentliche Kündigung kann auch eine sofortige Vertragsbeendigung bewirken, daß heißt sie kann auch ohne Einhaltung einer Frist und ohne Vorliegen eines Kündigungsgrundes das Vertragsverhältnis sofort beenden. Dies ist immer dann der Fall, wenn Kündigungsfristen nicht vorgesehen und gesetzlich auch nicht zwingend vorgeschrieben sind86. Im übrigen kennzeichnet die ordentliche Kündigung die grundsätzliche Möglichkeit vertraglicher Kündigungsbeschränkungen87.

___________ 82 Siehe zum ganzen D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 86. 83 H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem zu § 620 Rn. 42. 84 P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 54; H. P. Moritz, Jura 1992, S. 281 ff. (S. 282); D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 100. 85 Siehe zur Koppelung der ordentlichen Kündigung mit besonderen Kündigungsgründen im einzelnen unten § 8 III 4 b) aa). 86 D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 88. Siehe z.B. § 723 I 1 BGB. 87 Siehe dazu unten § 8 III 2; zu den Besonderheiten im Arbeitsrecht vgl. nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem zu § 620 Rn. 44.

§ 5 Die Kündigungsarten

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II. Die außerordentliche Kündigung Die außerordentliche Kündigung ist sowohl bei Dauerschuldverhältnissen mit bestimmter als auch mit unbestimmter Zeit möglich88. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 wurde nunmehr die außerordentliche Kündigung in § 314 ausdrücklich ins Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen. Die Vorschrift führt die amtliche Überschrift: „Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund“. Allgemein sprach das Gesetz schon bisher vom Erfordernis eines „wichtigen Grundes“ (vgl. § 626 BGB). Was darunter zu verstehen ist, regelt nun § 314 I 2 BGB. Ein wichtiger Grund liegt danach vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Eine außerordentliche Kündigung ist also nur zulässig, wenn die besonderen gesetzlich ausgesprochenen oder aber vertraglich vereinbarten89 Voraussetzungen (Kündigungsgründe) vorliegen. Sie führt regelmäßig zur sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses und ist meistens eine fristlose Kündigung. Die außerordentliche Kündigung kann aber auch befristet sein90. Das außerordentliche Kündigungsrecht ist im Zivilrecht unabdingbar91. Es spricht vieles dafür, daß es sich im Verwaltungsvertragsrecht ähnlich verhält92.

___________ 88 H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem zu § 620 Rn. 45. 89 Siehe zur Problematik der parteilichen Vereinbarung von besonderen Kündigungsgründen unten § 7 II 2. 90 Etwa durch ein sog. soziales Auslaufmodell, vgl. dazu im Mietrecht die Kündigung gegenüber dem Eintrittsberechtigten nach §§ 563 IV i.V.m. 573d BGB. Vgl. i.ü. P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn.56; siehe zu dem erwähnten Beispiel Birgit Grundmann, Die Mietrechtsreform – Wesentliche Inhalte und Änderungen gegenüber der bisherigen Rechtslage, NJW 2001, S. 2497 ff. (S. 2502). 91 Vgl. allgemein BGH BB 1973, S. 819 und z.B. für das zivile Arbeitsrecht Ernst Fischermeier, in: Friedrich Becker/Wilfried Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 6. Aufl. 2002, § 626 BGB Rn. 57; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 81), § 626 Rn. 12; Günter Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl. 2000, § 125 Rn. 15; Alfred Söllner, Grundriß des Arbeitsrechts, 12. Aufl. 1998, § 35 III (S. 300); vgl. aber auch Franz Gamillscheg, Der zweiseitig-zwingende Charakter des § 626 BGB, AuR 1981, S. 105 ff. (S. 105). 92 Siehe dazu im einzelnen unten § 7 II 2.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

III. Konturenunschärfe der beiden Kündigungsarten Die Reduzierung auf die grundsätzlichen Merkmale der jeweiligen Kündigungsart zeigt, daß für die ordentliche Kündigung nur die Fristbestimmung und für die außerordentliche Kündigung nur der wichtige Grund regelmäßig vorliegen muß. Die ordentliche Kündigung bedarf dagegen grundsätzlich keines Grundes, es sei denn, daß Gesetz ordnet einen solchen ausdrücklich an (z.B. in § 1 KSchG) oder die Vertragsparteien vereinbaren ihn. Die außerordentliche Kündigung hingegen erfordert keine Frist, wobei jedoch eine etwa vertraglich fixierte Fristsetzung (z.B. im Rahmen eines Auslaufmodells) denkbar ist. Damit ist nicht angedeutet, daß eine „begründete“ ordentliche Kündigung zur außerordentlichen bzw. eine „befristete“ außerordentliche zur ordentlichen Kündigung wird. Jedoch wird man ein gelegentliches „Verschwimmen“ der Kündigungsarten nicht leugnen können, zumal mitunter die gleichen Wirkungen erzielt werden oder die eine Kündigungsart in die andere umgedeutet wird. Denn allein die Tatsache, daß ein Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegt, macht die Kündigung noch nicht zu einer außerordentlichen. Es bleibt immer noch die Möglichkeit, statt in der für die außerordentliche Kündigung zulässigen Form mit den für die ordentliche Kündigung geltenden Einschränkungen zu kündigen93. Man verzichtet dann praktisch auf die Geltendmachung des wichtigen Grundes. Diese recht unscharfe Trennung94 mag vielleicht in ihrer dogmatischen Bedeutung relativ sein, praktisch ist sie jedoch geeignet, für einige Verwirrung zu sorgen, vor allem dann, wenn unter Umständen noch Besonderheiten des Verwaltungsrechts hinzukommen. Die Verwirrung wird um so massiver, je weniger die Unterschiede der Kündigungsarten bei der konkreten Vertragsgestaltung beachtet werden. Als Beispiel soll dafür folgender Ausschnitt eines Vertragsmusters eines Zusatzwasser-Lieferungsvertrags dienen: „§ 7 Beginn der Wasserlieferung, Vertragsdauer, Kündigung“ (1) ... (Aufnahme der Wasserlieferung). ___________ 93

Erich Molitor, Die Kündigung, 1935, S. 189. Diese theoretische und formalistische Ansicht ist zwar zur Aufarbeitung der Verwaltungsvertragsdogmatik interessant, pragmatisch aber einigen Bedenken ausgesetzt. Denn liegt ein Grund vor, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, und hält die betroffene Vertragspartei trotzdem bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung am Vertrag fest, so ist doch zweifelhaft, ob überhaupt ein wichtiger Grund vorlag, wenn sich die Partei die Vertragsfortsetzung bis zum Zeitpunkt der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung selbst zumutet. 94 E. Molitor, Die Kündigung (Fn. 93), S. 189, spricht sogar von der Unmöglichkeit der Trennung zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung.

§ 5 Die Kündigungsarten

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(2) Dieser Vertrag wird zunächst auf die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen; er verlängert sich jeweils um weitere 5 Jahre, wenn er nicht 5 Jahre vor Ablauf der Geltungsdauer schriftlich gekündigt wird. (3) Eine Kündigung nach Abs. 2 ist nur zulässig, wenn der andere Vertragsteil trotz Anmahnung wiederholt gegen wesentliche Verpflichtungen aus der Vereinbarung verstößt oder wenn aus sonstigen Gründen ein Festhalten an dieser, auch unter Berücksichtigung des Interesses an der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung, nicht zumutbar ist. (4) Das Recht zur außerordentlichen Kündigung nach gesetzlichen Bestimmungen und nach von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen bleibt unberührt. (5) ... (Rechtsfolge der Kündigung)“95. Nach dem Muster wird die Ausübung der ordentlichen Kündigung (Abs. 2) von der Vornahme einer Abmahnung96 abhängig gemacht (Abs. 3), die ihrerseits erfordert, daß der andere Vertragsteil in unzumutbarer Weise gegen wesentliche Vertragsverpflichtungen verstößt. Die Abmahnung ist daher nur dann erforderlich, aber auch geboten, wenn Gründe vorliegen, die insoweit sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden97. Mit der Regelung in Absatz 3 des Musters wird die ordentliche Kündigung dann praktisch hinfällig. Die Kündigungsfrist von fünf Jahren verliert ihre Bedeutung, weil der in Absatz 3 umschriebene Grund schon die sofortige Vertragsbeendigung im Sinne von Absatz 4 des Musters rechtfertigen würde. Hier ist das „Verschwimmen“ der Kündigungsarten praktisch Folge einer unglücklichen Vertragsgestaltung, in dem die Voraussetzungen der ordentlichen mit denen der außerordentlichen Kündigung mit Hilfe der Abmahnungsregelung vermischt werden. Die Gestaltung einer spezifischen fristlosen und einer unabhängigen ordentlichen Kündigungsregelung bzw. die Knüpfung der ordentlichen Kündigung an spezielle Kündi___________ 95 Muster entnommen bei Heinz Hillermeier/Wolfram Castorph/Karl Klaus Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht, Handbuch für die Vertragsgestaltung und Sammlung von Vertragsmustern mit Erläuterungen, Loseblattsammlung, 1985, Stand: 52. Lfg. Mai 2002 (die Anzahl der Vertragsmuster wurde im Grundwerk reduziert, sämtliche Vertragsmuster befinden sich auf der CD-ROM Hillermeier, „Kommunales Vertragsrecht“), Ordnr. 30.62 (S. 3). 96 Das Muster spricht zwar von einer „Anmahnung“, meint aber sicherlich eine „Abmahnung“. Materiell sind jedenfalls keine Unterschiede ersichtlich, weil das Muster mit der „Anmahnung“ ganz eindeutig den Sachverhalt abdecken möchte, der herkömmlich mit einer Abmahnung in den Griff zu bekommen ist. Siehe zur Abmahnung im Verwaltungsvertragsrecht im einzelnen unten § 7 I 2 c) cc) (2) (b). 97 Siehe zu den Voraussetzungen unten IV. und im einzelnen im Dritten Kapitel § 7.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

gungsgründe wäre hier wesentlich hilfreicher gewesen98. Denn welchen Sinn macht im obigen Beispiel die Abmahnung nach 15 Jahren, wenn sich der gleiche Umstand 3 Jahre später wiederholt, die ordentliche Kündigung aber erst nach 25 Jahren möglich ist und der Vertragspartner sich dann vertragstreu verhält? Es empfiehlt sich daher, die Konturenunschärfe der Kündigungsarten bei der Analyse der einzelnen Kündigungsvoraussetzungen in Obacht zu behalten und bei der außerordentlichen wie auch bei der ordentlichen Kündigung das Augenmerk auf die jeweiligen Voraussetzungen und Wirkungen zu legen. Die vorliegende Arbeit wird dies berücksichtigen, die Besonderheiten der einzelnen Kündigungsarten verdeutlichen und auf diese Weise versuchen einen rechtsübergreifenden Beitrag zur klareren Abgrenzung bzw. sichereren Handhabung von ordentlicher und außerordentlicher Kündigung zu leisten. IV. Die Unterscheidungen von ordentlicher und außerordentlicher, befristeter und fristloser Kündigung bei Verwaltungsverträgen Verwaltungsverträge, d.h. privatrechtliche sowie öffentlich-rechtliche, müssen, soweit die jeweiligen Voraussetzungen gegeben sind, ordentlich wie auch außerordentlich kündbar sein. Diese These orientiert sich an den oben dargestellten Unterscheidungen von befristeter und fristloser sowie ordentlicher und außerordentlicher Kündigung. Zu untersuchen ist, ob diese Differenzierungen auch im Verwaltungsvertragsrecht Geltung beanspruchen. Um diese Frage beantworten zu können, muß man sich vor Augen halten, warum Verträge überhaupt gekündigt werden. Was veranlaßt Kooperationspartner dazu, von einmal wirksam geschlossenen Verträgen wieder Abstand zu nehmen? Wenn die Ursachen dafür rechtsgebietsübergreifend sind, spricht – vorbehaltlich einer Herleitung – nichts dagegen, auch die Wirkungen als rechtsgebietsunabhängig zu begreifen. Sind die Kündigungsursachen also letztlich gleichartig, bleibt es unbenommen, gleich dem Zivilrecht, auch im Verwaltungsvertragsrecht, in ordentliche und außerordentliche Kündigung zu unterteilen. Zurecht wird dies schon seit einiger Zeit behauptet und gefordert99 sowie in ___________ 98

Siehe zur Zulässigkeit solcher Regelungen und zur Gestaltung unten § 7 II, § 8 III 4 und § 8 III 4 b) aa). 99 Explizit von VG Wiesbaden DVBl. 1974, S. 243 ff. (S. 245); der Sache nach auch VGH Mannheim ESVGH 43, S. 10 ff. (S. 13); VGH Mannheim VBlBW 1994, S. 17 ff. (S. 20); VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92); H. Bauer, Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 35), S. 11 ff. (S. 25); unlängst auch von V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 522.

§ 5 Die Kündigungsarten

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der Verwaltungsvertragspraxis angewendet100. Hier wird der Versuch unternommen, dies herzuleiten und auf dogmatische und normative Grundlagen zu stellen. 1. Die Ursachen einer Vertragskündigung Im Grunde genommen stellt sich die Problematik so dar, daß sich die Ursachen einer Kündigung aus einem oder mehreren, dem einen Vertragspartner widerfahrenden Umständen ergeben, mithin objektive wie auch subjektive Elemente eine Rolle spielen. Aus irgendeinem Grund hat dieser eine Vertragspartner kein Interesse mehr daran oder keine Möglichkeit mehr, den Vertrag weiter durchzuführen. Die Kündigungsursachen sind folglich Umstände, die in Opposition zur Bindungswirkung des Vertrages treten101. Es können so Situationen und Momente auftauchen, die ein Festhalten am Vertrag durch eine Parteien in Frage stellen. Dies wiederum können Faktoren sein102, an welche die Parteien bei Vertragsschluß nicht gedacht haben bzw. gar nicht denken konnten oder wollten oder die der Gesetzgeber als so gravierend ansieht, daß der Eintritt des Umstandes für sich allein genügt, einer Vertragspartei die einseitige Auflösung des Vertrags zu ermöglichen. Im letzteren Fall sind die objektiven und subjektiven antivertraglichen Gegebenheiten positiv-gesetzlich festgehalten (vgl. z.B. das mietvertragliche Kündigungsrecht des § 569 II BGB, wonach die Qualität der Störung, aber auch das Verschulden eine Rolle spielen103). Es handelt sich dabei praktisch um eine Normierung von Kündigungsursachen. Letztlich können Kündigungsursachen auch solche Faktoren sein, bei denen die Parteien es selber wünschen, daß unter gewissen Voraussetzungen, die etwa bereits in dem zugrunde liegenden Vertrag fixiert wurden, ein Kündigungsrecht besteht. Diese Faktoren sind der Ursprung von parteilichen Kündigungsregelungen. Es handelt sich auch dabei um Normierungen bindungswirkungsoppositioneller Kündigungsursachen. Manche dieser Ursachen (Gruppe 1) sind so stark, daß die Rechtsordnung einem sofortigen Loslösen vom Vertrag nicht im Wege steht. Sie werden innerhalb des Bereichs der fristlosen Kündigung berücksichtigt. ___________ 100 Vgl. nur die zahlreichen Beispiele in der Vertragsmustersammlung H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 95). 101 Vgl. dazu oben § 3 II 2. 102 Wie etwa die Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse; siehe zur Problematik der sog. clausula rebus sic stantibus und der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage unten § 7 I 2 a) aa). 103 Siehe dazu und zur Reform des zivilen Mietrechts B. Grundmann, NJW 2001, S. 2497 ff. (S. 2503).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Andere Ursachen wiederum sind schwächer (Gruppe 2), so daß eine Vertragsbeendigung erst dann in Betracht kommt, wenn eine gewisse Zeit verstrichen ist. Es ist dann von einer befristeten Kündigung die Rede. Hier sollte allerdings beachtet werden, daß die Ursachen für diese Art der Vertragsbeendigung eher im Bereich der inneren Beweggründe zu suchen sind. Äußere Umstände dienen hauptsächlich wohl nur als „Abwägungsmaterial“ für den Entscheidungsfindungsprozeß, ob der Vertrag nun gekündigt werden soll oder nicht. Sie bewegen sich im Rahmen des Zumutbarkeitsspektrums und haben somit die Schwelle noch nicht erreicht, die eine sofortige Vertragsbeendigung rechtfertigen würde. Schließlich gibt es noch Ursachen (Gruppe 3), die die Rechtsordnung für eine Vertragsbeendigung überhaupt nicht anerkennt. Dann bleibt es beim Grundsatz pacta sunt servanda104, und der Vertragspartner wird trotz seiner Vertragsbeendigungsmotivation die vertraglichen Pflichten erfüllen müssen. Allenfalls kann der betroffene Vertragspartner in solchen Fällen versuchen, bei seinem Gegenüber eine Anpassung des bestehenden Vertrags an die ja nur einseitig veränderten Verhältnisse zu erreichen105. An dieser Dreiteilung (Gruppen 1 bis 3) wird eine Abstufung in der Wertigkeit der Vertragsbeendigungsursachen sichtbar, die sich auch auf die Vertragskündigung auswirkt. Die zuerst angesprochenen „starken“ Ursachen stellen wichtige Gründe dar, einen Vertrag zu kündigen. Ihrer Rechtsnatur nach sind sie daher der außerordentlichen Kündigung zuzuordnen106. Die zweite Gruppe der „schwächeren“ Ursachen rechtfertigen eine solche außerordentliche Kündigung nicht. Es besteht aber dennoch die Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen, wobei in der Regel eine gewisse Frist eingehalten werden muß. Meist haben sich die Vertragsparteien eine solche Lösungsoption im Vertrag vorbehalten. Diese Ursachengruppe wird von der ordentlichen Kündigung erfaßt107. Die genannte dritte Ursachengruppe rechtfertigt eine Kündigung in keinem Fall. Ihre Wertigkeit im Verhältnis zum „pacta sunt servanda“-Grundsatz ist als so gering einzuschätzen, daß eine vorzeitige Vertragsbeendigung nicht in Frage kommt. Im Grunde genommen bedeutet dies, daß das Interesse der einen Partei ___________ 104

Siehe dazu oben § 3 II 2. Siehe dazu oben § 3 II 2 b). Dies hat nichts mit dem Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu tun, das u.U. in den Bereich der „starken Ursachen“ fallen kann, vgl. dazu unten § 7 I 2 a) bb). 106 Siehe dazu im einzelnen unten § 7. 107 Siehe dazu im einzelnen unten § 8. 105

§ 5 Die Kündigungsarten

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an der Vertragsbeendigung hinter das Interesse der anderen Partei an der Vertragserhaltung und -durchführung zurücktritt. Die beschriebenen Ursachen sind, was ihre Auswirkungen auf den jeweiligen Vertrag angeht, völlig unabhängig von einer Unterteilung in ziviles und öffentliches Recht. Manche reichen für die Vertragsbeendigung aus, andere wiederum nicht. Dieses Verständnis ist rechtsgebietsneutral, selbst wenn die einzelnen Ausgangstatbestände unterschiedlich sein sollten. Dies wird auch dadurch untermauert, daß trotz verschiedener (objektiver oder subjektiver) Polarität der Kündigungsursachen ein Willensentschluß des vertragsmüden Partners zur Abgabe der Kündigungserklärung notwendig bleibt. Schon die Tatsache, daß sowohl bei privatrechtlichen Verträgen wie auch bei Verwaltungsverträgen auf beiden Seiten Menschen tätig werden, spricht für einen gewissen Gleichklang im Gesamtbereich der Vertragsbeendigungsursachen. Sei es die Privatperson oder der Träger öffentlicher Gewalt bzw. jeweils deren gesetzliche Vertreter, überall sind natürliche Personen am Werk, deren Überzeugungen letztlich ausschlaggebend für eine eventuelle Vertragsbeendigung sind. Dabei ist nicht einmal erforderlich, daß es sich um höchstpersönliche Motive handelt, weil auch die Sorge um das öffentliche Wohl, welches schließlich einen Hauptgrund für eine mögliche Verwaltungsvertragsbeendigung darstellt108, als Ursache für eine Kündigung ausreichen kann. Es kommt im Zivilrecht wie auch im öffentlichen Recht für ein „Nichtweiterdurchführenwollen“ des Vertrags immer nur darauf an, daß aus irgendeinem Grund das Vertrauen der Vertragspartner erschüttert ist bzw. das sich die ursprünglichen Verhältnisse verändert haben. Diese Ursachen wiederum sind von unterschiedlicher Wertigkeit, so daß rechtsgebietsübergreifend die oben vorgenommene Abstufung der Vertragsbeendigungsursachen gilt. Es spricht also grundsätzlich nichts dagegen, auch ihre „Folgen“, also die Kündigungsarten, rechtsgebietsunabhängig aufzufassen, wenn schon letztlich die Kündigungsursachen gleichartig sind. Es würde auch im Besonderen nichts dagegen sprechen, wenn die dogmatischen und normativen Fundamente vergleichbar wären, was im folgenden zu untersuchen ist. 2. Dogmatische und normative Basis der Kündigungsarten Das rechtsgebietsübergreifende Verständnis der Kündigungsarten wäre überzeugend, wenn ihre Herkunft gewissermaßen losgelöst von einem konkreten Rechtsgebiet bestimmt werden könnte. Dazu sind die einzelnen Fundamente der Kündigungsarten heranzuziehen, wobei hier ein Blick in das Zivilrecht sehr hilfreich ist. Die Einordnung der dargestellten Ursachengruppen in die Dogma___________ 108

Vgl. nur den Wortlaut des § 60 I 2 VwVfG.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

tik und Gesetzmäßigkeit der Kündigungen ist im Zivilrecht nämlich längst vollzogen und wohl unbewußt selbstverständlich. Es bleibt zu untersuchen, ob sich rechtsgebietsunabhängige Verallgemeinerungen finden lassen. a) Am Beispiel der außerordentlichen Kündigung Im Rahmen der vorgenommenen Wertabstufung stellen die „starken“ Ursachen die wichtigen Gründe dar; einen für die Kündigungsdogmatik besonders wichtigen Bereich. Sie sind die Basis für eine außerordentliche Kündigung. Nach § 314 I 2 BGB ist ein wichtiger Grund gegeben, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 ins Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommene § 314 stellt aber insoweit keine Neuerfindung dar, sondern nimmt nur die von der Rechtsprechung zur Kündigung aus wichtigem Grund entwickelten allgemeinen Grundsätze in das Gesetz auf109. Die Rechtsprechung sah bisher einen wichtigen Grund als gegeben an, wenn die Durchführung des Vertrags erheblich gefährdet und daher ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar war110. Dies war der Fall, wenn Tatsachen vorlagen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar machten111. Weiteren positivgesetzlichen Niederschlag findet die Kündigung aus wichtigem Grund auch weiterhin z.B. in § 626 BGB und § 543 BGB. Unbestritten existierte daher das Dogma des wichtigen Grundes im Zivilrecht schon vor Einführung des § 314 I 1, 2 BGB ins Bürgerliche Gesetzbuch. Soweit man keine gesetzliche Ausformulierung fand (wie etwa in § 89a I HGB), wurde dieses Kündigungsrecht auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gestützt112. So war und ist z.B. für das Darlehen in ___________ 109

Vgl. dazu die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 94, 177. Vgl. statt vieler BGH NJW 1951, S. 836 f.; BGHZ 41, S. 104 ff. (S. 108). 111 BGHZ 41, S. 104 ff. (S. 108); BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265); BGH NJW 1989, S. 1482 f. (S. 1483). 112 So H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 47. Aufl. 1988, § 242 Anm. F; P. Schwerdtner, Jura 1985, S. 207 ff. (S. 208); Burkhard Schmidt, Zur unberechtigten Kündigung aus wichtigem Grunde beim Werkvertrag, NJW 1995, S. 1313 ff. (S. 1314); BGHZ 41, S. 104 ff. (S. 108); BGHZ 50, S. 312 ff. (S. 315); BGH NJW 1951, S. 836 f.; BGH NJW 1986, S. 978 ff. (S. 980); BGH NJW 1989, S. 1482 f. (S. 1483); BGH BB 1962, S. 497; vgl. auch BGHZ 29, S. 171 ff. (S. 172) und BGH NJW 1999, S. 1177 ff. (S. 1178); siehe auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ 110

§ 5 Die Kündigungsarten

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§ 608 II BGB nur das ordentliche Kündigungsrecht geregelt. Dessen ungeachtet war auch vor Einführung des § 314 I BGB allgemein anerkannt, daß ein Darlehen ebenfalls außerordentlich gekündigt werden kann113. Es hatte sich der allgemeine Grundsatz durchgesetzt, daß „bei Rechtsverhältnissen von längerer Dauer, die ein persönliches Zusammenarbeiten von Beteiligten voraussetzen, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit die Aufkündigung erfolgen kann“114. Daran hat die Einführung des § 314 I BGB nichts geändert, vielmehr hat die Vorschrift nur das bestätigt und positiviert, was seither einhellige Ansicht war115. In der Gesetzesbegründung zu § 314 BGB wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das bisherige Fehlen einer allgemeinen gesetzlichen Regelung des genannten Rechtsgrundsatzes kein nennenswerter Mangel war. Es wäre jedoch unbefriedigend, im Zuge einer allgemeinen Überarbeitung und Änderung des Leistungsstörungsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine solche Regelung nicht nachzuholen116. Eine Kündigung aus wichtigem Grund war und ist also stets nur dann gegeben, wenn einem Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, das Schuldverhältnis fortzusetzen117. Auch der „neue“ § 314 I 2 BGB spricht schließlich von einem Zumutbarkeitserfordernis. Dies muß auch im öffentlichen Recht so gelten. Eine Kündigung aus wichtigem Grund muß gerade wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben auch bei Verwaltungsverträgen möglich sein. Dabei ist bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen ein Rückgriff auf diesen Grundsatz nicht stets notwendig, weil auch gesetzliche Sonderregelungen zur Kündigung aus wichtigem Grund existieren. So sind zum Beispiel in Bayern gemäß Art. 14 III 2 BayKommZG Zweckvereinbarungen zwischen Kommunen, ___________ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 25; VGH München, BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660). Nach K. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band AT (Fn. 64), § 10 II (S. 137) ergab sich dieser Rechtssatz bereits im Wege einer Gesamtanalogie (Rechtsanalogie) aus denjenigen gesetzlichen Vorschriften, in denen er jeweils für ein bestimmtes Schuldverhältnis ausgesprochen war (z.B. §§ 554a a.F., 626, 723 BGB, 89b HGB); ebenso Olaf Werner, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), § 242 Rn. 62. 113 P. Schwerdtner, Jura 1985, S. 207 ff. (S. 208); Volker Beuthien/Hansjörg Weber, Ungerechtfertigte Bereicherung und Aufwendungsersatz, 1. Aufl. 1976, S. 118; BGH WM 1969, S. 335 ff. (S. 336). 114 RGZ 150, S. 193 ff. (S. 199); vgl. auch BGHZ 50, S. 312 ff. (S. 315). 115 Vgl. dazu die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 177. 116 BT-Drs. 14/6040, S. 177. 117 BGHZ 50, S. 312 ff. (S. 315); BGH Warnmeyer 1965 Nr. 183, S. 386 ff. (S. 388); BGH LM BGB § 242 (Ba) Nr. 2; BGH LM BGB § 581 Nr. 24; es ist wohl davon auszugehen, daß der Grundsatz von Treu und Glauben in § 314 I BGB eine weitere Verortung gefunden hat.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

welche öffentlich-rechtliche Verträge darstellen118, aus wichtigem Grund (außerordentlich) kündbar119. Aber auch das Verwaltungsverfahrensgesetz hat die Kündigung aus wichtigem Grund verortet. Im Rahmen des öffentlichrechtlichen Vertrags wird von zahlreichen Autoren der § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG richtigerweise ausdrücklich als außerordentliches Kündigungsrecht angesprochen120. Bei den anderen, von § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG nicht genannten, also verwaltungsverfahrensgesetzlich nicht normierten, „starken“ Ursachen121 ist es jedoch erforderlich und angezeigt, die beschriebenen Grundsätze aus dem Zivilrecht zu übernehmen. Da der § 60 I VwVfG insoweit nicht abschließend ist, könnte man der Ansicht sein, über den § 62 S. 2 VwVfG den § 314 I BGB Anwendung finden zu lassen. Allerdings wäre dann bereits hier im einzelnen zu prüfen, welcher Anwendungsraum dem § 314 I BGB neben dem § 60 I VwVfG noch verbleibt. Der § 62 S. 2 VwVfG, welcher bestimmt, daß ergänzend die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelten, bedeutet nämlich keine generelle entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB, sondern vielmehr, daß die Besonderheiten des öffentlichen Rechts im allgemeinen oder des öffentlichen Vertragsrechts nicht entgegenstehen dürfen, was bei jeder Vorschrift konkret zu prüfen ist122. Diese Prüfung ist aber dem Besonde___________ 118 Ganz h.M., vgl. nur Gernot Lissack, Bayerisches Kommunalrecht, 1997, § 9 Rn. 37 (S. 255); Franz-Ludwig Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 9. Aufl. 1996, Rn. 338. 119 Dieses interessante Beispiel genügt für sich allein noch nicht, um die oben aufgeworfene These zu beweisen. Es handelt sich bei Art. 14 III 2 BayKommZG „nur“ um eine landesrechtliche Regelung – nicht alle Bundesländer haben sich für diese Form der Beendigung der kommunalen Zusammenarbeit entschieden, vgl. nur Sachsen, wo die Zweckvereinbarung ‚aufgehoben’ werden kann, § 72 III 1 SächsKomZG –, so daß angesichts des Art. 31 GG keine allgemeingültigen, das gesamte öffentliche Vertragsrecht bestimmenden Schlüsse gezogen werden können. Insbesondere ist eine entsprechende Anwendung über § 62 VwVfG bzw. Art. 62 BayVwVfG nicht möglich, weil der Wortlaut der Normen dies nicht hergibt. Siehe zu den die außerordentliche Kündigung regelnden Spezialvorschriften unten § 7 I 1. 120 Vgl. nur H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 15; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 17; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 54 X Rn. 48a (S. 226); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 62 Rn. 25 spricht von einer Kündigung aus wichtigem Grund, was praktisch gleichbedeutend ist. 121 Z.B. Vereinbarungen besonderer Kündigungsgründe durch die Kooperationsparteien; für diese soll der § 60 VwVfG nicht gelten, vgl. H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; zur rechtlichen Möglichkeit solcher Regelungen siehe unten § 7 II 2. 122 BVerwGE 36, S. 108 ff. (S. 113); BVerwG DVBl. 1985, S. 850 ff. (S. 851); OVG Koblenz DVBl. 1984, S. 281 ff. (S. 283); Fritz Haueisen, Zum Problem des Vertrauens-

§ 5 Die Kündigungsarten

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ren Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen vorbehalten123. Sie bereits an dieser Stelle vorzunehmen würde dem eingeschlagenen Weg der Trennung von Allgemeinem und Besonderem Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen widersprechen. Im hier interessierenden Zusammenhang spielt jedoch das Verhältnis der beiden Vorschriften keine Rolle. § 314 I BGB ist insoweit nur von Bedeutung, als er entsprechend der Gesetzesbegründung die Kodifikation der von der Rechtsprechung gefundenen allgemeinen Grundsätze zur Kündigung aus wichtigem Grund darstellt124. Zum Beweis der oben genannten These ist daher hier eine nähere Untersuchung der Vorschrift noch nicht notwendig. Prinzipiell stellen nämlich die oben dargestellten und nunmehr von § 314 I BGB positivierten allgemeinen Grundsätze keine ausschließlichen Besonderheiten des Zivilrechts dar, sondern sind solche, die für das gesamte deutsche Recht gelten125. Es ist daher möglich, über § 62 S. 2 VwVfG hier ausschließlich den oben dargestellten Grundsatz der prinzipiellen Kündigung aus wichtigem Grund auf den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag zu übertragen. Soweit es nur um diesen Grundsatz geht, wird dabei auch § 62 S. 2 VwVfG nicht verletzt, weil ja nur der kündigungsrelevante Grundsatz übertragen wird, der früher sonst aus § 242 BGB entnommen worden wäre. Einer Transformation dieser Vorschrift bzw. deren Grundsätze standen auch bisher keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber126. Der Grundsatz der möglichen Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen gilt also gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB auch bei öffentlich-rechtlichen Verträgen. Damit ist der Nachweis der Kernthese, daß auch öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge immer außerordentlich gekündigt werden können, angetreten, ohne die Klärung der Relation von § 60 I VwVfG und § 314 I BGB vorweggenommen zu haben127. ___________ schutzes im Verwaltungsrecht, DVBl. 1964, S. 710 ff. (S. 711); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 62 Rn. 5; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 62 Rn. 6; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 62 Rn. 22; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 17 ff. 123 Siehe dazu unten im § 7 I 2 c); die Prüfung ist auch notwendig, weil wegen der „Neuigkeit“ des § 314 BGB dessen Anwendbarkeit gemäß § 62 S. 2 VwVfG auf den öffentlich-rechtlichen Vertrag noch nicht untersucht wurde. 124 Vgl. dazu bereits oben und die Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 94, 177. 125 Vgl. nur BT-Drs. 14/6040, S. 177. 126 Gesicherte Rechtsprechung, vgl. nur BVerwGE 55, S. 337 ff. (S. 339). 127 Siehe dazu im einzelnen unten § 7 I 2 c) aa).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen stellt sich die Sache weniger problematisch dar. Hier gilt der § 314 I BGB mit seinem außerordentlichen Kündigungsgrundsatz direkt. Ein Rückgriff auf den Treu und GlaubenGrundsatz des § 242 BGB ist hier (mittlerweile) hinfällig, weil die außerordentliche Kündigung nunmehr allgemein geregelt ist. Von Bedeutung sind aber weiterhin die Spezialvorschriften zur außerordentlichen Kündigung (etwa die §§ 490, 543, 569, 580, 626 und 723 BGB). Privatrechtliche Verwaltungsverträge sind also jedenfalls außerordentlich kündbar. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, daß Verwaltungsverträge, die Dauerschuldverhältnisse zum Gegenstand haben bzw. bei denen der Anwendungsbereich der Kündigung eröffnet ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen immer außerordentlich gekündigt werden können. Dies gilt auch bei Kündigungsursachen, die nicht von § 60 I VwVfG erfaßt werden, aber eben „stark“ genug sind. Einschränkungen, die sich für die außerordentliche Kündigung jeweils aus den Besonderheiten des öffentlichen Rechts ergeben, werden an Ort und Stelle im Dritten Kapitel behandelt. b) Am Beispiel der ordentlichen Kündigung Zu untersuchen bleibt noch der Ansatz der befristeten Kündigung. Ein dogmatisches und normatives Fundament wäre auch hier sehr hilfreich, die Geltung der oben beschriebene Kündigungsart „ordentliche Kündigung“ bei Verwaltungsverträgen nicht nur behaupten und fordern zu können, sondern nachzuweisen und zu belegen, um deren vielschichtige Anwendung128 auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Ausgangspunkt ist wieder die vorgenommene Gewichtungsabstufung der Kündigungsursachen. Die zweite Gruppe der „schwächeren“ Ursachen kommt, da sie die Schwelle der sofortigen Vertragsbeendigung nicht erreicht, nur mit Hilfe einer zeitlich begrenzten Auslauffrist zum Ansatz. Im Zivilrecht geschieht dies unproblematisch über die ordentliche Kündigung, die beispielsweise in § 620 II BGB ihren Niederschlag gefunden hat. Im Verwaltungsvertragsrecht kann anders als bei der außerordentlichen Kündigung nicht auf das Verwaltungsverfahrensgesetz zurückgegriffen werden, weil die ordentliche Kündigung dort nicht etabliert ist. § 60 I VwVfG enthält keine Vorgaben für die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags. Insoweit ist der Blick zwangsweise auf das Zivilrecht zu richten. ___________ 128 Siehe dazu die entsprechenden Vertragsmuster bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 95).

§ 5 Die Kündigungsarten

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Als Basis der Herleitung soll hier ein Muster einer ordentlichen Kündigungsregelung eines Dienstleistungsvertrags einer Behörde mit einem privaten Kooperationspartner dienen: „§ ... Vertragsdauer, Kündigung (1) Der Vertrag tritt am ... in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von ... Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung hat schriftlich durch Einschreiben oder Postzustellungsurkunde zu erfolgen. (2) ...“129. Diese Vertragsklausel wäre auch für einen Vertrag unter reinen Privatrechtssubjekten keine Besonderheit. Vom bloßen Wortlaut her ist sie in öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen, privatrechtlichen Verwaltungsverträgen, aber auch in reinen Privatverträgen verwendbar. Auch vom Sinn und Zweck her sind derartige Kündigungsregelungen rechtsgebietsübergreifend, weil ihre beabsichtigten Wirkungen vergleichbar sind. Ein Hauptbestandteil der Klausel ist die Fristbestimmung, mit der die Vertragsbeendigungswirkung hinausgezögert wird. Die Fristbestimmung dient damit in erster Linie dazu, dem Vertragspartner, „dem gekündigt wird“, eine Möglichkeit zu geben, sich auf die veränderte Rechtssituation einzustellen. Derartige Fristbestimmungen verfolgen also in erster Linie Kündigungsschutzgedanken. Sie bewahren den Erklärungsgegner vor vollendeten Tatsachen, die eine sofortige Vertragsbeendigung mit sich bringen würde, vor übereilten Aktionen im Hinblick auf die eigene Disposition und letztlich auch vor dem gänzlichen Verlust etwaiger mit der Vertrag getätigter Investitionen. Die Frist dient dem anderen Vertragspartner also auch dazu, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Er soll in die Lage versetzt werden, lückenlos seinen primären Zweck weiterzuverfolgen, in dem er sich etwa einen neuen Vertragspartner sucht130. Die Frist ist somit praktisch der erhörte Appell an eine aus welchen Gründen auch immer131 mangelbehaftete Flexibilität. Die Fristregelung einer ordentlichen Kündigung besitzt noch einen weiteren Sinn, der seinen Ursprung prinzipiell bei den Kündigungsursachen hat. Diese können, wie dargestellt, bei ordentlichen Kündigungen ganz allgemeiner, sogar ___________ 129 Beispiel für einen Gebäude- und Glasflächenreinigungsvertrag; Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 95), Ordnr. 30.14 (S. 6) aus 41. Lfg. März 1999. 130 Vgl. dazu P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), § 621 Rn. 1, § 622 Rn. 1; siehe auch Ulrich Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), § 621 Rn. 4 und § 622 Rn. 9. 131 Also auch aus nicht verschuldeten Gründen.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

lapidarer Natur sein, da grundsätzlich gerade keine „wichtigen Gründe“ verlangt werden. Liegen dennoch solche vor, ist das ordentliche Kündigungsrecht natürlich nicht verschlossen132. Die Fristbestimmungen machen es jedoch überhaupt erst möglich, daß bei Ursachen gekündigt werden kann, die weit unter der Schwelle der „wichtigen Gründe“ liegen. Im obigen Muster geben sie etwa der Behörde eine Möglichkeit, ein wirtschaftlich günstigeres Gebäudereinigungsunternehmen zu beauftragen, um so besser dem Gebot der wirtschaftlichen Haushaltsführung zu entsprechen (vgl. z.B. Art. 61 II BayGO; § 72 II SächsGO)133. Auch das Telos der ordentlichen Kündigungsregelungen zeigt somit, daß sie keine zivilrechtlichen Besonderheiten sind. Das Hinausschieben der Vertragsbeendigungswirkung hat rechtsgebietsübergreifende Bedeutung und gilt daher auch bei Verwaltungsverträgen. Die obigen Gedanken des Kündigungsschutzes sind ohne weiteres auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragbar, da sie kein spezifisches Zivilrecht darstellen. Verwaltungsverträge sind daher bei Vorliegen der Voraussetzungen134 ordentlich kündbar. Auch dogmatisch und normativ läßt sich dieses gefundene Ergebnis belegen. Soweit im Verwaltungsvertrag Regeln über ein ordentliches Kündigungsrecht fehlen, ist bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen auf die Grundsätze der zivilrechtlichen ordentlichen Kündigung über § 62 S. 2 VwVfG zurückzugreifen. Bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen sind die genannten Regeln direkt anwendbar, soweit spezielle ordentliche Kündigungsregelungen nicht vorhanden sind135. Letztlich finden sich aber auch außerhalb des Verwaltungsverfahrensrechts Anhaltspunkte dafür, daß öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge ordentlich kündbar sind. So ist es beispielsweise u.a. in Bayern den beteiligten Kommunen möglich, gemäß Art. 14 III 1 BayKommZG Zweckvereinbarungen ordentlich zu kündigen. Zu beachten ist aber, daß diese Vorschrift wegen des klaren Wortlauts des § 62 VwVfG bzw. Art. 62 BayVwVfG nicht auf andere öffentlichrechtliche Verträge übertragbar ist. ___________ 132

Vgl. E. Molitor, Die Kündigung (Fn. 93), S. 189; siehe näher oben § 5 III. Vgl. zur Möglichkeit, dies durch eine Kündigung zu erreichen BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1. 134 Siehe dazu im einzelnen unten § 8. 135 Siehe zum Ganzen detailliert unten § 8 II 4. Hier ging es ausschließlich um den Nachweis des „Ob“ einer ordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags. Siehe zum „Wie“ der ordentlichen Kündigung, insbesondere zur Problematik der ordentlichen Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen, sofern spezialgesetzliche Regelungen fehlen, und der Übertragung dieser Grundsätze auf das öffentlich-rechtliche Vertragsrecht unten im angegebenen Abschnitt. 133

§ 5 Die Kündigungsarten

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Als weiteres Zwischenergebnis kann damit festgehalten werden, daß die ordentliche Kündigung in ihrer Wirkung als rechtsgebietsunabhängig aufzufassen ist. Verwaltungsverträge, die Dauerschuldverhältnisse zum Gegenstand haben, sind daher bei Vorliegen der Voraussetzungen ordentlich kündbar. Einschränkungen, die sich für die ordentliche Kündigung jeweils aus den Besonderheiten des öffentlichen Rechts ergeben, werden an Ort und Stelle im Dritten Kapitel dargestellt. 3. Zwischenergebnis – Gemeinsame Standards Die Unterscheidungen in befristete und fristlose sowie ordentliche und außerordentliche Kündigung gelten auch im Verwaltungsvertragsrecht. Öffentlichrechtliche und privatrechtliche Verwaltungsverträge, die Dauerschuldverhältnisse zum Gegenstand haben bzw. bei denen der Anwendungsbereich der Kündigung eröffnet ist, sind bei Vorliegen der Voraussetzungen sowohl außerordentlich als auch ordentlich kündbar. V. Weitere Kündigungsformen Nicht um eigenständige Kündigungsarten, wohl aber um gesonderte Erscheinungsformen, handelt es sich bei der Änderungskündigung und der Teilkündigung. 1. Die Änderungskündigung Die Änderungskündigung, deren klassischer Bereich wohl im Arbeitsrecht zu finden ist (beachte aber auch § 573 I 2 BGB), kann als ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden136. Sie bildet daher keine hier genauer zu erörternde eigene Kündigungsart. Für ihre rechtliche Einordnung und Behandlung sei auf die einschlägigen Fundstellen verwiesen. 2. Die Teilkündigung Auch bei der Teilkündigung handelt es sich nicht um eine spezielle Kündigungsart in dem hier verstandenen Sinne137. Sie ist vielmehr eine Erscheinungs___________ 136

P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 58. Sie ist nämlich theoretisch gleichfalls in ordentlicher wie auch in außerordentlicher Form aussprechbar, wobei wegen des Umstandes, daß die Teilkündigung nur einzelne Vertragsbedingungen beseitigen soll, praktisch nur die außerordentliche Kündigung in Betracht kommen wird. In diesem Kontext ist auch die sogleich folgende Argumentation im Hinblick auf die Vertragsanpassung zu verstehen, weil diese wohl letztlich nur bei einer außerordentlichen Kündigung in Frage kommen wird. Zur Problematik des 137

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

art einer Kündigung in Form eines weniger umfassenden Instituts im Vergleich zu einer Totalkündigung. Mit ihr soll nicht der ganze Vertrag, sondern nur einzelne Vertragsbedingungen beseitigt werden138. Im Zivilrecht ist der Figur der Teilkündigung die rechtliche Anerkennung versagt geblieben139. Der Grund dafür liegt in der Einheitlichkeit und Untrennbarkeit des jeweiligen Rechtsverhältnisses. Nur soweit andere Rechtsverhältnisse mit einem weiteren selbständigen verbunden sind, kann eine teilweise Kündigung erfolgen140, was allerdings letztlich auch auf eine Totalkündigung des fraglichen (separaten) Rechtsverhältnisses hinausläuft. Es handelt sich folglich um die (vollständige) Kündigung der betroffenen Vereinbarung, die nur wegen des Verbundes Vertragsbestandteil wurde, vom Regelungsinhalt her jedoch ein selbständiger Vertrag hätte sein können. Die Rechtsfigur der Teilkündigung ist auch im Verwaltungsrecht abzulehnen, einerseits wegen der zivilrechtlichen Diffusität, andererseits wegen der Eindeutigkeit des Wortlauts des § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG, der von der Vertragskündigung, also von einer vollständigen Kündigung spricht141. Für diese Ansicht streitet auch der Umstand, daß die Teilkündigung nur einzelne Vertragsbedingungen beseitigen soll. Dies kann aber im Verwaltungsvertragsrecht z.B. mit Hilfe des in § 60 I VwVfG vorgesehenen Anpassungsverlangens geschehen. Wenn und ___________ Verhältnisses von ordentlicher Kündigung und Vertragsanpassung siehe unten § 8 II 4 c) aa). 138 P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 59. 139 Vgl. zum ganzen Wilhelm Herschel, Zur Frage der Teilkündigung, BB 1958, S. 160 ff.; Klaus Schrooten, Die Teilkündigung als Gestaltungsrecht im Bereich der Dauerschuldverhältnisse, 1965, insb. S. 29 ff.; zur Unzulässigkeit der Teilkündigung des weiteren P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 59; D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 82; LAG Düsseldorf, BB 1968, S. 1384 (S. 1384); BAG AP Nr. 25 zu § 123 GewO; BAG AP Nr. 1 zu § 620 BGB; die Unzulässigkeit der Teilkündigung nahm der Gesetzgeber auch zum Anlaß für die Schaffung der Änderungskündigung in § 2 KSchG durch Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14.08.1969, vgl. dazu D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 82. 140 G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 91), § 123 Rn. 53; D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 82. 141 A.A. VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 661), der in den Urteilsgründen eindeutig von der Möglichkeit einer Teilkündigung ausgeht, sich letztlich aber für die vollständige Kündigung ausspricht, weil sich die betroffene Partei nicht nur auf eine Teilkündigung verweisen lassen muß. Es scheint aber so, als ob sich der VGH München bei seiner Urteilsbegründung nicht bewußt war, was er mit der Option der Teilkündigung bewirkt. Es ist daher davon auszugehen, daß er die Konsequenzen nicht bedachte und die Möglichkeit der Teilkündigung in Wirklichkeit auch nicht wollte.

§ 6 Die Kündigungserklärung

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soweit nun einzelne Vertragsbedingungen beseitigt werden sollen, ist eine Teilkündigung folglich nicht notwendig, weil dies ja über eine Vertragsanpassung mit den gleichen Folgen erreicht werden kann. Für eine Teilkündigung besteht daher auch im Verwaltungsvertragsrecht kein Bedürfnis. Verwaltungsvertragsrechtlich betrachtet ist die Problematik der Teilkündigung keine Frage der Reichweite der Kündigung, sondern vielmehr eine Frage der Kündigungsberechtigung, die verneint werden muß, wenn die Änderung einzelner Vertragsbedingungen im Wege einer Vertragsanpassung erreicht werden kann (ultima ratio-Prinzip der Kündigung). Ist dies nicht der Fall, weil unzumutbar, bleibt immerhin die Möglichkeit der Totalkündigung. Im Bereich der Vertragsgestaltung sollte beachtet werden, daß Teilkündigungsklauseln aus den genannten Gründen als Vereinbarungen von Widerrufsvorbehalten behandelt werden142.

§ 6 Die Kündigungserklärung Die vorangegangenen Ausführungen haben aufgezeigt, daß auch im Verwaltungsvertragsrecht zwischen ordentlicher und außerordentlicher Kündigung unterschieden werden muß. Die sich daraus ergebenden Folgen werden im Besonderen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen genauer untersucht143. Im Allgemeinen Teil interessieren zunächst nur die gemeinsamen Standards beider Kündigungsarten. Dazu zählt die Kündigungserklärung, die die erste Voraussetzung der Kündigung eines Verwaltungsvertrags darstellt, unabhängig davon, ob es sich um eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung handelt. Wie jedes Gestaltungsrecht bedarf auch die Kündigung eines Verwaltungsvertrags eines gestaltenden Akts in Form einer Handlung des kündigenden Vertragspartners. Er muß eine auf die Beendigung des Verwaltungsvertragsverhältnisses gerichtete Handlung in Form einer Kündigungserklärung vornehmen. I. Rechtsnatur der Kündigungserklärung Soweit es um die Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge geht, sind keinerlei Differenzierungen zu reinen Privatverträgen angezeigt. Eine speziell zivilrechtliche Prägung der Materie ist nicht ersichtlich. Es versteht sich von selbst, daß die Kündigungserklärung eines privatrechtlichen Verwaltungsvertrags eine Willenserklärung sein muß, weil diese Verwaltungsverträge viel ___________ 142

So jedenfalls im Zivilrecht, vgl. BAG AP Nr. 5 zu § 620 BGB; D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 83 m.w.N. 143 Siehe dazu unten im Dritten Kapitel.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

„näher“ an den reinen Privatverträgen sind und Kündigungserklärungen dort selbstverständlich Willenserklärungen darstellen144. Der Begriff „Kündigungserklärung“ ist allgemein-technischer Natur und hat daher auch im Verwaltungsrecht seine Berechtigung145. Für die Kündigungserklärung als solche ist es auch ohne Bedeutung, ob es sich um eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung handelt. Welcher Rechtsnatur die Kündigungserklärung bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen ist, war allerdings eine Zeit lang strittig. 1. Willenserklärung oder Verwaltungsakt? Die in der Zwischenüberschrift angeführte Frage wird heute nicht mehr ernsthaft gestellt. Ihr ist deshalb nur aus Gründen der Vollständigkeit kurz nachzugehen. Grundsätzlich muß bei einer Entscheidung über die Rechtsnatur der Kündigungserklärung das gesamte Handlungsspektrum der Verwaltung beachtet werden, ebenso aber, daß auch der private Vertragspartner den Verwaltungsvertrag kündigen kann146. Daß es sich bei der Kündigungserklärung eines öffentlichrechtlichen Vertrags um eine Willenserklärung handelt, ist unumstritten147. Eine Qualifizierung der Kündigungserklärung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen als reinen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG ist nämlich dann abwegig, wenn sie vom privaten Kooperationspartner ausgeht, da dieser anderenfalls mangels Kompetenz niemals kündigen könnte. Es ist dann ___________ 144

Vgl. statt vieler: D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 33; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Überbl v § 104 Rn. 17; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem v § 620 Rn. 28. 145 Vgl. dazu allgemein N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 62 Rn. 22; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 62 Rn. 26. 146 Ausnahme: behördliches Sonderkündigungsrecht, siehe dazu § 7 I 2 b). 147 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31b; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 54; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 820), der die „Verwaltungsaktsähnlichkeit“ nicht auf die bloße Rechtsnatur bezieht; OVG Bremen, NVwZ 1987, S. 250 f. (S. 251); H. J. Wolff/ O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 55 I Rn. 32 (S. 245); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13 und F. O. Kopp/ U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15; vgl. auch Stephan J. Bultmann, Neuregelungen der Stellplatzablösung in den Bauordnungen der neuen Bundesländer unter besonderer Berücksichtigung der BbgBO und SächsBO, BauR 2001, S. 174 ff. (S. 189).

§ 6 Die Kündigungserklärung

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evident, daß auch auf der Behördenseite die Kündigungserklärung keinen Verwaltungsakt darstellt148. Konsequenterweise wären ansonsten die Ansprüche des öffentlich-rechtlichen Vertragspartners einseitig durchsetzbar, wären Rechtsmittelfristen einzuhalten, müßten die Regeln über die Fehlerhaftigkeit und die Bestandskraft von Verwaltungsakten angewendet werden. Eine solche Beendigung von Verwaltungsverträgen mit Hilfe einseitig durchsetzbarer Hoheitsakte entspricht nicht den deutschen Rechtsvorstellungen149. Auch bei subordinationsrechtlichen Verträgen ist anerkannt, daß eventuelle Ansprüche aus Leistungsstörung von beiden Vertragsteilen im Klagewege durchzusetzen sind150. Kündigungserklärungen sind daher niemals Verwaltungsakte151. 2. Verwaltungsaktsähnliche Willenserklärung? Teilweise wird der Kündigungserklärung bei der Kündigung von öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen zusätzlich „verwaltungsaktsähnlicher Charakter“ zugesprochen. Es sei im einzelnen zu prüfen, welche der für den Verwaltungsakt geltenden Verfahrensregeln unter den besonderen Gegebenheiten der Abwicklung vertraglicher Leistungsstörungen entsprechend herangezogen werden können (z.B. Anhörungspflichten)152. Die selektive Übernahme von „Verfahrenssicherungen des Verwaltungsaktsverfahrens“ sei erwägenswert, weil der Verfahrensschutz des Vertragspartners der Behörde vermißt wird, der bei einem Verwaltungsaktshandeln und teilweise auch beim Vertragshandeln selbst gegeben ist, da nach der Definition in § 9 VwVfG die Abwicklung des öffentlich___________ 148 So auch H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 22. 149 So auch M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 820) für den öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrag. 150 BVerwGE 50, S. 171 ff. (S. 175); H.-U. Erichsen, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht – Rechtsfragen des verwaltungsrechtlichen Vertrages, VerwArch 68 (1977), S. 65 ff. (S. 69 ff.); Lutz Eckert, Leistungsstörungen in verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen, DVBl. 1962, S. 11 ff. (S. 21). 151 Allgemeine Meinung, vgl. nur H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31b; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13 und F. O. Kopp/ U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15. 152 M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 820); wohl auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 55 a.E., der vor der Kündigung durch die Behörde den Vertragspartner gemäß § 28 VwVfG anhören möchte, dann aber in H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 56 nicht ganz konsequent klarstellt, daß die §§ 35 ff. VwVfG nicht – auch nicht teilweise – anwendbar sind. Der § 28 I VwVfG verlangt die Anhörung aber gerade nur bei Verwaltungsakten. Differenzierend auch H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 22, siehe dazu auch in der nächsten Fußnote.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

rechtlichen Verwaltungsvertrags nicht mehr zum Verwaltungsverfahren gehört153. Für die Wertung der Kündigungserklärung der Behörde als verwaltungsaktsähnliche Willenserklärung besteht aber aus mehreren Gründen kein Bedürfnis. Fraglich erscheint bereits die These, daß ein verwaltungsaktstypischer Verfahrensschutz für den privaten Vertragspartner notwendig sei. Vielfach wird der Private in Vertragsangelegenheiten und somit auch in Vertragsbeendigungsangelegenheiten versierter, sicherer und auch erfahrener sein. Es liegt sogar nahe, bei ihm von einer strukturellen Überlegenheit in Sachen Vertragshandeln auszugehen, weil er auch keine andere Handlungsmöglichkeit gegenüber Seinesgleichen hat. Der schlicht-imperative Befehl steht ihm, anders als dem öffentlichen Vertragspartner, bei einem Handeln mit anderen Privaten nicht zu Verfügung. Bei dem öffentlichen Kooperationspartner verhält es sich dagegen diametral. Seine aufgrund der bisherigen Verwendungshäufigkeit von Verwaltungsverträgen zwangsläufig vorhandene Unerfahrenheit154 hat bereits dazu geführt, daß im Rahmen des zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts155 gefordert wird, die Qualifikationsanforderungen an die Vertragspartner nicht nur im Bereich der privaten, sondern auch bei den öffentlichen Vertragspartnern zu beobachten156. Die öffentliche Seite müsse Kompetenz gewinnen157 und „lernen,

___________ 153 M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 820); im Ergebnis ebenso H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 22, jedoch mit der Beschränkung auf subordinationsrechtliche Verträge und deren Rückabwicklung durch Kündigung nach § 60 VwVfG, da sich bei ihnen, anders als bei koordinationsrechtlichen Verträgen, die Übertragung der Vorschriften des Verwaltungsaktsverfahrens trotz der Gleichordnung durch das Vertragshandeln anböte und die Rückabwicklung sehr nahe an die Vertragsänderung herankäme, die ihrerseits ein Verwaltungsverfahren nach § 9 VwVfG eröffne. 154 Vgl. dazu Bruno Bartscher, Der Verwaltungsvertrag in der Behördenpraxis, rechtstatsächliche Untersuchung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag in der Praxis der Verwaltungsbehörden, 1997, S. 161 ff., S. 174 ff., S. 204 ff., 249 ff. S. 297 ff.; das Ergebnis dieser empirischen Darstellung ist bezeichnend, belegt aber eine zunehmende Verwendungshäufigkeit von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen. Vgl. zu neueren empirischen Feststellungen auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 689 ff., insb. S. 701 f., wonach die Verwendungshäufigkeit des Verwaltungsvertrags weiterhin zugenommen hat, aber im Vergleich zum imperativen Verwaltungshandeln noch immer überdeutlich zurückliegt, was letztlich auch auf die Vertragserfahrung schließen läßt. Beachte aber jeweils die einzelnen Ermittlungsmethoden und unterschiedlichen Verwaltungsbereiche. 155 Siehe dazu ausführlich auch oben § 1 III 3. 156 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts (Fn. 54), S. 251 ff. (S. 261).

§ 6 Die Kündigungserklärung

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wie man sich ... mit geschickter Verhandlungsführung behauptet ... und ... die Folgen von Vertragsklauseln“ abschätzt158. Es wird also letztlich gerade für den öffentlichen Kooperationspartner die verstärkte Ausbildung der juristischen Fertigkeit des Verhandelns und der Erwerb zusätzlichen Wissens in der Formulierung von Vertragsklauseln gefordert159. Der private Vertragspartner ist also nicht notwendigerweise der schützenswertere Kooperationspartner. Gegen die Wertung der Kündigungserklärung der Behörde als verwaltungsaktsähnliche Willenserklärung spricht weiterhin, daß die Kündigung kein außerordentlicher Rechtsbehelf ist, vor dessen Ausübung der andere Vertragsteil durch einen etwa gesondert anfechtbaren Verwaltungsakt („Verfahrenssicherung des Verwaltungsaktsverfahrens“ in Form einer behördlichen Entscheidung durch Verwaltungsakt über die Rückabwicklung des Vertrags neben der Kündigung als solcher160) zu schützen ist, sondern ein (u.U. vertraglich vereinbartes) Recht, mit dessen Ausübung der Vertragspartner rechnen muß161. Die bereits bei der Kündigung und der Bestimmung eventueller Rückabwicklungsmodalitäten zu beachtenden sozialen Gesichtspunkte gewährleisten schon nach Vertragsrecht den gebotenen Schutz des anderen Vertragspartners. Ein Bedürfnis für einen weitergehenden verwaltungsaktstypischen Schutz besteht nicht. Somit ist insbesondere auch die Anhörung des privaten Vertragspartners nicht notwendig162. Es besteht aus den genannten Schutzzweckgründen kein Erfordernis für eine analoge Anwendung des § 28 VwVfG163, vor allem deswegen nicht, weil die Diskrepanz im Vergleich zu einer Kündigung durch den privaten Kooperationspartner aufgrund dessen vertragshandlungsstruktureller Überlegenheit nicht begründbar wäre. Die verwaltungsaktstypischen Verfahrenssicherungen enthalten insoweit keine allgemeinen Rechtsgedanken, die auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragen werden könnten. ___________ 157 D. Budäus/Gernod Grüning, Public Private Partnership – Konzeption und Probleme eines Instruments zur Verwaltungsreform aus Sicht der Public Choise-Theorie, in: D. Budäus/P. Eichhorn (Hrsg.), Public Private Partnership (Fn. 38), S. 25 ff. (S. 63). 158 D. Budäus/G. Grüning, Public Private Partnership (Fn. 157), S. 25 ff. (S. 63). 159 H. Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts (Fn. 54), S. 251 ff. (S. 261 f.). Vgl. zum geringeren Schutzbedürfnis des privaten Vertragspartners auch Heribert Schmitz, Moderner Staat – Modernes Verwaltungsverfahrensrecht, NVwZ 2000, S. 1238 ff. (S. 1241). 160 So VG Bremen in Urteil vom 17.10.1985, Ausgangsentscheidung zu OVG Bremen NVwZ 1987, S. 250 ff. (S. 251), zitiert ebenda. 161 OVG Bremen NVwZ 1987, S. 250 ff. (S. 251). 162 So auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 14 f. 163 Der ausdrücklich gerade nur vom Verwaltungsakt spricht.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Es bleibt also bei dem gefundenen Ergebnis: Die Kündigungserklärung eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags ist eine reine Willenserklärung164. Die Kündigungserklärung von Verwaltungsverträgen gleich welcher Rechtsnatur ist damit immer eine Willenserklärung. 3. Konsequenzen aus der Rechtsnatur Die Einordnung der Kündigungserklärung des Verwaltungsvertrags als verwaltungsrechtliche Willenserklärung bleibt natürlich nicht folgenlos. Mangels Verwaltungsaktsqualität sind die §§ 35 ff. VwVfG nicht anwendbar165. Da auch ein verwaltungsaktsähnlicher Charakter nicht gegeben ist, besteht nach richtiger Ansicht auch kein Bedarf für eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die auf den Erlaß eines Verwaltungsakts gerichtet sind166. Im Gegensatz dazu sind die willenserklärungstypischen Zivilrechtsvorschriften der §§ 116 ff. BGB (beim öffentlich-rechtlichen Vertrag über § 62 S. 2 VwVfG) anwendbar167, so daß die Kündigungserklärung auch angefochten werden kann, mithin etwaige Willensmängel Berücksichtigung finden. Aus der Anwendbarkeit der willenserklärungsspezifischen Vorschriften ergibt sich zugleich die interessanteste Konsequenz der Rechtsnatur: Die Kündigungserklärung muß zugehen, § 130 I 1 BGB (beim öffentlich-rechtlichen Vertrag i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG), und zwar allen Kooperationspartnern168. Diese Wirksamkeitsvoraussetzung ist Folge der Qualifizierung der Kündigungserklä-

___________ 164

Im Ergebnis so auch H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15; Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Innern, 2001, S. 60 (das Gutachten kann als pdf-Dokument im Internet unter www.staat-modern.de heruntergeladen werden, Stand: April 2003); OVG Bremen NVwZ 1987, S. 250 f. (S. 251). 165 Siehe oben § 6 I 1. 166 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15. 167 Für den öffentlich-rechtlichen Vertrag vgl. nur H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31b. 168 Für die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags: H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31, 31b; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 55; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; vgl. auch H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 42), § 22 II Rn. 5 (S. 387); Peter Krause, Die Willenserklärung des Bürgers im Bereich des öffentlichen Rechts, VerwArch 61 (1970), S. 297 ff. (S. 319).

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rung als empfangsbedürftige Willenserklärung169. Es muß folglich zwischen der Abgabe der Kündigungserklärung, ihrem Wirksamwerden und unter Umständen der Entfaltung der Wirkung unterschieden werden. Letzteres wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, daß eine Kündigungserklärung eine Terminsbestimmung enthalten kann, die regelt, wann die Kündigung erst wirksam werden soll170. Die Kündigung des Vertrages kann also zu einem anderen Zeitpunkt wirksam werden als die Kündigungserklärung selbst, was bei letzterer ja im Zeitpunkt des Zugangs der Fall ist. Wenn die Kündigungserklärung erst einmal wirksam geworden ist, kann sie nicht mehr zurückgenommen werden171, ganz gleich, ob sie ihre materielle Vertragsbeendigungswirkung unmittelbar oder zum genannten Zeitpunkt entfaltet. Auf diese materielle Wirkung kommt es wegen des rechtsgestaltenden Charakters der Erklärung172 nicht mehr an. Einzig und allein der Zugang der Kündigungserklärung ist von Bedeutung – danach ist sie unwiderruflich, vgl. § 130 I 2 BGB. Fällt nach ihrem Zugang der Kündigungsgrund weg, ist der Vertrag auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht mehr zu retten. Auch dies verbietet der Charakter des Gestaltungsrechts, so daß nachträgliche Umstände nicht mehr berücksichtigt werden können173.

___________ 169 Für die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags siehe nur: N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 54; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13. 170 Für die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags siehe: H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13; siehe dazu auch unten § 8 II 4 a) bb) (1). 171 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 55; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem zu § 620 Rn. 38; Detlev Belling, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), § 620 Rn. 108; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 162; ders., Rücknahme der Kündigung und Kündigungsschutzprozeß, ZIP 1982, S. 639 ff. (S. 640); D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 96; BAG AP Nr. 22 zu § 1 KSchG; vgl. auch BAG, NJW 1983, S. 1628 f. (S. 1628); andere Ansicht H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31b, der sich insoweit selbst widerspricht, da er in Rn. 31 die Rechtswirkung der Kündigung auch mit dem Zugang annimmt. 172 Siehe dazu bereits oben § 3 I. 173 U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), § 626 Rn. 71.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

4. Kündigungserklärung öffentlich-rechtlicher Verträge als Verfahrenshandlung Die Rechtsnatur der Kündigungserklärung als Willenserklärung ändert nichts daran, daß sie in bezug auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag eine Verfahrenshandlung darstellt, so daß für die Kündigungserklärung auch Handlungsfähigkeit (§ 12 VwVfG) des Kündigenden notwendig ist174. II. Inhalt der Kündigungserklärung Der notwendige Inhalt einer Kündigungserklärung ist auch im Verwaltungsrecht rechtlich relativ unkompliziert zu fassen, so daß größere Ausführungen nicht notwendig sind. Es ist nur erforderlich, daß aus der Kündigungserklärung erkennbar ist, daß es sich um eine Kündigung handelt, auf welchen Vertrag sie sich bezieht und wer sie ausspricht175. Es muß deutlich werden, daß dem Verwaltungsvertrag ein Ende gesetzt werden soll, damit sich der Vertragspartner auf die veränderte Rechtssituation einrichten und entsprechende Maßnahmen treffen kann. Der Inhalt der Kündigungserklärung muß daher in besonderem Maße dem gestaltungsrechtstypischen Gebot der Rechtsklarheit entsprechen176. Eine Kündigung kann daher nicht in der auf einen Abschluß eines Anpassungsvertrags gerichteten Willenserklärung gesehen werden177. Insoweit anderer Ansicht ist der VGH München, wenn er ausführt: „... eine ... Anpassung kann sehr vielgestaltig sein, je nachdem, in welcher Weise und in welchem Maße sich die Lage verändert hatte. Waren diese Veränderungen so weitreichend, daß es einer Vertragspartei nicht mehr zugemutet werden konnte, sich an den früher getroffenen Vereinbarungen festhalten zu lassen, kam für sie die in die Zukunft wirkende Kündigung in Betracht.“178 Das Gericht verkennt hier den Charakter eines Gestaltungsrechts. Die Kündigungserklärung erfordert zwingend, daß aus ihr die beabsichtigte Rechtsände___________ 174

In bezug auf das öffentliche Recht: H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31b; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 55; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 13; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 15. 175 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 20. 176 Dieter Lorenz, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872). 177 So auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872). 178 VGH München NVwZ 1989, S. 167 ff. (S. 169).

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rung klar und unzweideutig hervorgeht179. Schließlich ist auch die Umdeutung einer Kündigung in ein bloßes Anpassungsverlangen wegen der Gegensätzlichkeit beider Rechtshandlungen in Inhalt und Zielrichtung nicht möglich180. Dies wird insbesondere daran deutlich, daß der mit dem Vertragsende liebäugelnde Vertragspartner im Fall eines Anpassungsverlangens die von ihm begehrte Änderung inhaltlich wenigstens allgemein umschreiben muß181. An dieser Voraussetzung fehlt es bei einer Kündigungserklärung, die bekanntlich auf die Beendigung des Vertragsverhältnisses gerichtet ist. III. Adressat und Erklärender der Kündigung Die Kündigungserklärung muß an alle betroffenen Vertragspartner gerichtet sein, deren Rechte und Pflichten von dem Verwaltungsvertrag berührt sind182. Sind also mehrere Personen am Vertrag beteiligt, denen gegenüber die Kündigung notwendig ist, muß sie auch gegenüber jedem Kooperationspartner ausgesprochen werden183. Andererseits steht die Befugnis zur Kündigung eines Verwaltungsvertrags nur demjenigen zu, den die noch nicht erloschene vertragliche Verpflichtung trifft184.

___________ 179

Siehe dazu bereits oben § 3 I. So auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872). 181 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 870); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 10; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 21), § 71 Rn. 15 f. 182 Für die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags: H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31, 31b; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 55; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 21; vgl. auch H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 42), § 22 II Rn. 5 (S. 387); P. Krause, VerwArch 61 (1970), S. 297 ff. (S. 319 f.). 183 Vgl. die Nachweise in der vorangegangenen Fußnote. 184 Für die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags: VGH Mannheim VBlBW 1987, S. 388 ff. (S. 395). Die Kündigungsbefugnis kann mitunter mehreren zustehen. Die Kündigungsberechtigten haben sich dann über die Ausübung des Kündigungsrechts zu verständigen. Dies kann bereits im Vertrag im Rahmen der Kündigungsklausel geschehen: Beispiel: Stadt-Umland-Vertrag: „§ 16 ... (3) Verstößt ein Beteiligter – trotz vorheriger Abmahnung – wiederholt gegen die sich aus diesem Vertrag ergebenden Pflichten, so können die übrigen Beteiligten aufgrund einstimmigen Beschlusses diesem kündigen.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 95), Ordnr. 34.10 (S. 5); siehe auch Ordnr. 30.16 (S. 19). 180

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

IV. Schriftform der Kündigungserklärung Weiterhin erörterungswürdig ist die Formbedürftigkeit der Kündigungserklärung. Da es hier unterschiedliche normative Vorgaben gibt, ist es angebracht, eine nach Rechtsgebieten getrennte Betrachtung der Verwaltungsverträge vorzunehmen. 1. Schriftform bei der Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge Zunächst ist die Formbedürftigkeit der einen öffentlich-rechtlichen Vertrag betreffenden Kündigungserklärung zu untersuchen. a) Öffentlich-rechtliche Formerfordernisse für die Kündigungserklärung Eine gesetzliche Regelung zur Schriftform der Kündigungserklärung enthält das Verwaltungsverfahrensgesetz für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge. Gemäß § 60 II 1 VwVfG bedarf die Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge der Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Diese Regelung erstreckt sich sowohl auf Kündigungen nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG als auch auf solche nach § 60 I 2 VwVfG185. Sie erstreckt sich hingegen nicht auf das Anpassungsverlangen nach § 60 I 1 1. Alt. VwVfG, da wegen der Unzweideutigkeit des Gesetzeswortlauts eine unmittelbare oder analoge Anwendung ausscheidet186. Grund für die ungleiche Behandlung beider Reaktionsmöglichkeiten des § 60 I VwVfG – Anpassung oder Kündigung – ist die Unmittelbarkeit der Wirkung: Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, beendet die Kündigung das Vertragsverhältnis unmittelbar, während das Anpassungsverlangen nur ein erster Schritt zur Modifikation des Vertragsverhältnisses ist187. Mündliche Anpassungsverlangen sind daher ohne weiteres gültig.

___________ 185 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 20. 186 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 20; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 12; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75. 187 Vgl. F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 20.

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b) Öffentlich-rechtliche Formfreiheit für die Kündigungserklärung? Die „Unzweideutigkeit“ des Gesetzeswortlauts läßt allerdings auch ein nicht unerhebliches Problem zu Tage treten. Das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG bezieht sich wörtlich und systematisch auf die Kündigungen nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG und § 60 I 2 VwVfG. Es stellt sich daher die Frage, was mit den Kündigungserklärungen ist, bei denen die Kündigungen sich gerade nicht auf die Gründe der § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG berufen, sondern etwa ihren Ursprung in vertraglichen Vereinbarungen188 oder von § 60 VwVfG nicht erfaßten Kündigungssituationen haben. Ein Teil des Schrifttums stellt dazu pauschal und ohne Begründung fest, daß § 60 VwVfG nicht gelte189. Ob dem im Ergebnis gefolgt werden kann oder gleichwohl ein Schriftformerfordernis greift, bleibt zu untersuchen. Dieses Problem tritt auch bei den Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge auf, was sich sogleich zeigen wird. 2. Schriftform bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge Bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge ist es zunächst folgerichtig, sich an den zivilrechtlichen Vorgaben zur Schriftform zu orientieren. Es gibt im Zivilrecht eine Reihe von Regelungen zur Formbedürftigkeit von Kündigungserklärungen, bei weitem aber nicht für alle in Betracht kommenden Vertragsarten190. a) Zivilrechtliche Formerfordernisse für die Kündigungserklärung Im Zivilrecht ist die Tendenz des Gesetzgebers zu erkennen, Kündigungserklärungen einem Schriftformerfordernis zu unterstellen. Gemäß § 623 BGB sind seit dem 30.03.2000191 Arbeitsverträge schriftlich zu kündigen. § 549 II BGB sieht die Schriftlichkeit nunmehr auch für Kündigungen von Mietverträgen bei besonderem Wohnraum vor, der nicht nur eingeschränkt dem Mieterschutz unterliegt192. Soweit privatrechtliche Verwaltungsverträge Arbeits- oder ___________ 188 Z.B. vertragliche Vereinbarungen von ordentlichen Kündigungen oder spezieller besonderer Kündigungsgründe (siehe zur rechtlichen Möglichkeit letzterer unten § 7 II 2. 189 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; vgl. auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75. Soweit ersichtlich äußern sich die übrige Literatur und die Rechtsprechung zu dieser Problematik nicht. 190 Vgl. nur die folgende Darstellung zum Werkvertrag unter Punkt b). 191 BGBl. I S. 333. 192 § 549 II BGB wurde durch Gesetz vom 19.06.2001, BGBl. I S. 1149, eingeführt. Bisher galt die Schriftlichkeit der Kündigungserklärung nur für normalen Wohnraum, vgl. § 568 I BGB. Siehe dazu auch B. Grundmann, NJW 2001, S. 2497 ff. (S. 2503).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Wohnraummietverhältnisse zum Gegenstand haben, ist es notwendig, für die Kündigungserklärung der jeweils betroffenen Dauerschuldverhältnisse die genannten Vorschriften anzuwenden. Dies ist zwingend und anders gar nicht möglich, weil sonst die gesetzliche Wertung der Zivilrechtsnormen193, die hier ja Anwendung finden194, unterlaufen würde. b) Zivilrechtliche Formfreiheit für die Kündigungserklärung Grundsätzlich besteht im Zivilrecht jedoch Formfreiheit für die Kündigungserklärung, soweit nicht die obigen Vertragsarten in Rede stehen195. Dies gilt sowohl für die ordentliche als auch die außerordentliche Kündigung. Die mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001196 erfolgte Einführung des § 314 BGB (Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund) hat an dieser generellen Formfreiheit nichts geändert. Unbeschadet von Individualvereinbarungen gibt es somit im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Reihe von Vertragsarten, die Formerfordernisse für ihre Kündigungstatbestände nicht vorsehen. Ein interessantes, näher zu erläuterndes Beispiel ist die sog. „freie“ Kündigung im Werkvertragsrecht197, welches insbesondere im Städtebaurecht198 eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Anzutreffen sind privatrechtliche Werkverträge dort vor allem bei der Regelung der Durchführung bestimmter, der Erschließung dienender Maßnahmen199. In aller Regel wird die Gemeinde Erschließungsanlagen nämlich nicht mit eigenen Bediensteten herstellen, sondern damit einen Bauunternehmer beauftragen. Der mit diesem geschlossene Vertrag ist ein Werkvertrag im Sinne der §§ 631 ff. BGB200. ___________ 193 Siehe zum Zweck des § 623 BGB nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 623 Rn. 2; zum Zweck der §§ 549 II, 568 I BGB W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 549 Rn. 1 und § 568 Rn. 1. 194 Siehe allgemein zur Anwendbarkeit zivilrechtlicher Normen im Verwaltungsrecht Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht: dargestellt anhand der privatrechtlichen Regeln über Rechtsgeschäfte und anhand des allgemeinen Schuldrechts, 1999. 195 Vgl. dazu H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), Vorbem v § 620 Rn. 30 und auch § 609 Rn. 5; H. Brox, AT BGB (Fn. 3), § 13 I Rn. 252 (S.147). 196 BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff.; auch der neueingeführte § 314 BGB trifft keine Aussage über die Form der Kündigungserklärung. 197 Die Kündigungserklärung ist insoweit an keine Form gebunden, Hans Hermann Seiler, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), § 649 Rn. 2. 198 Siehe dazu die Nachweise oben bei § 1 II 1. 199 Vgl. BGH NJW 1970, S. 2107 ff. (S. 2107 f.). 200 Rolf-Peter Löhr, in: Ulrich Battis/Michael Krautzberger/R.-P. Löhr, Baugesetzbuch – BauGB –, 8. Aufl. 2002, § 124 Rn. 2.

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Diese Werkverträge sind streng abzugrenzen von dem eigentlichen Erschließungsvertrag i.S.v. § 124 I BauGB, welcher dem Bauunternehmer die Erschließung als solche überträgt, während erstere nur die Übertragung der Erschließungsarbeiten im einzelnen betreffen201. Die Erschließungsverträge nach § 124 I BauGB sind öffentlich-rechtlicher Natur202, so daß für die Kündigungserklärung bei solchen Verträgen, anders als bei den erwähnten Werkverträgen, grundsätzlich das Formerfordernis des § 60 II 1 VwVfG gilt. Das genannte Beispiel verdeutlicht, daß im Rahmen eines Themenkomplexes für die Kündigungserklärung zwei verschiedene Formregelungen in Betracht kommen können: Formfreiheit bei Werkverträgen und Formbedürftigkeit bei Erschließungsverträgen. 3. Umfassendes Formerfordernis für die Kündigungserklärung von Verwaltungsverträgen Nicht nur wegen des Beispiels, sondern vor allem wegen der im folgenden darzustellenden Problemlage ergibt sich die These eines umfassenden Formerfordernisses für die Kündigungserklärung von Verwaltungsverträgen.

___________ 201 Hans-Jörg Birk, Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98 – Inhalte und Leistungsstörungen, Erschließungsvertrag, Städtebaulicher Vertrag, Vorhaben- und Erschließungsplan, Vorhabenbezogener Bebauungsplan, 3. Aufl. 1999, S. 63 Rn. 133 (vgl. dazu auch die Vorauflage: Die neuen städtebaulichen Verträge – Inhalte und Leistungsstörungen, Erschließungsvertrag, Städtebaulicher Vertrag, Freiwillige Bodenordnung, Folgelastenvertrag, Vorhaben- und Erschließungsplan, 2. Aufl. 1996, S. 17 Rn. 5); Martin Oldiges, IV. Baurecht, in: Udo Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht – Ein Lehrbuch –, 6. Aufl. 1999, Rn. 274 (S. 604); BGH NJW 1970, S. 2107 ff. (S. 2107 f.). 202 H.-J. Birk, Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98 (Fn. 201), S. 21 Rn. 7, S. 22 Rn. 8; E. Schmidt-Aßmann, Vertragstypen der städtebaulichen Praxis, in: ders./ W. Krebs, Rechtsfragen städtebaulicher Verträge, Vertragstypen und Vertragslehren, 2. Aufl. 1992, S. 55; Werner Ernst, in: W. Ernst/Willy Zinkahn/Walter Bielenberg/Michael Krautzberger, Baugesetzbuch, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Mai 2001, § 124 Rn. 10; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 54 Rn. 146; Hans-Joachim Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Aufl. 1999, § 6 Rn. 8 (S. 86); Hans Schrödter, in: ders. (Hrsg.), Baugesetzbuch, BauGB-Maßnahmengesetz, Kommentar, 5. Aufl. 1999, § 124 Rn. 12; W. Erbguth/Arnulf Rapsch, Der öffentlich-rechtliche Vertrag in der Praxis: Rechtliche Einordnung und Rechtsfragen von Erschließungsabreden, DÖV 1992, S. 45 ff. (S. 47); M. Oldiges, IV. Baurecht, in: U. Steiner (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht (Fn. 201), Rn. 274 (S. 604); W. Krebs, Baurecht, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, Rn. 163 (S. 415); BVerwGE 32, S. 37 ff. (S. 38); BVerwG DVBl. 1969, S. 699 ff. (S. 699); BVerwG DÖV 1969, S. 863 ff. (S. 863); BVerwG DÖV 1972, S. 858 ff. (S. 858 f.); BGHZ 54, S. 287 ff. (S. 290).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

a) Divergenz der Formerfordernisse innerhalb des Instituts Verwaltungsvertrag Die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben zu den Formerfordernissen sowohl bei den öffentlich-rechtlichen als auch bei den privatrechtlichen Verwaltungsverträgen zeigen – wie bereits dargestellt – eine gewisse Divergenz. Je nach Vertragsart oder Kündigungsgrund/-ursache muß die Kündigungserklärung eine bestimmte Form einhalten oder nicht. Im reinen Privatrecht mag dieser Kontrast seine Berechtigung haben, sei es aus Gründen der Privatautonomie bzw. deren Einschränkungen aus sozialen Gesichtspunkten, was letztlich auch durch die zivilrechtlichen Formerfordernisse für Kündigungserklärungen bewirkt wird203, oder aber diversen anderen Gründen. Im Verwaltungsvertragsrecht ist dagegen eine differenziertere Betrachtungsweise angezeigt, da dem Träger hoheitlicher Gewalt allein schon das Berufen auf die Privatautonomie versagt bleibt204. Hauptursache für eine andere Betrachtungsweise sind aber praktische Probleme, die sich aus der oben erwähnten Divergenz ergeben. Dies zeigt sich besonders deutlich, soweit es um die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags geht. Solange die Kündigung auf einen Grund nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG oder § 60 I 2 VwVfG gestützt wird, muß die Kündigungserklärung gemäß § 60 II 1 VwVfG schriftlich erfolgen. Wenn sie hingegen auf einem vertraglich vereinbarten Kündigungsgrund oder einer vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigung fußt, wäre dies nach dem Wortlaut des § 60 II 1 VwVfG nicht notwendig. Die Verwendung der Begriffe „Die Kündigung bedarf ...“ sowie die Systematik der Vorschrift lassen ziemlich eindeutig den Schluß zu, nur den Bezug zu § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG herstellen zu wollen, allerdings ohne in der Formulierung so eindeutig zu sein, das Schriftformerfordernis nur auf die genannten Kündigungstatbestände zu beschränken205. Was ist aber nun, wenn sich die Kündigungsgründe überlappen, die vertragsmüde Partei etwa meint, aus vertraglichem Recht zu kündigen, obwohl schon ein Grund nach § 60 I 1 2. Alt. ___________ 203 So trägt § 623 BGB sicherlich auch auf seine Weise zur Bestandssicherung von Arbeitsplätzen bei, vgl. Wolfgang Trittin/Thomas Backmeister, Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz, DB 2000, S. 618 ff. (S. 621); Wolfgang Böhm, § 623 BGB: Risiken und Nebenwirkungen, NZA 2000, S. 561 ff. (S. 564). Im übrigen ist zu den Beschränkungen der Privatautonomie durch die Kreierung von Schriftformerfordernissen in den amtlichen Begründungen zu § 623 BGB (BT-Drs. 14/626, S. 11 = BR-Drucks. 321/98, S. 15) und §§ 549 II, 568 I BGB (BT-Drs. 14/4553, S. 45 ff., 63 f.) nichts oder nur ansatzweise etwas zu finden; deutlicher W. Trittin/T. Backmeister, DB 2000, S. 618 ff. (S. 621). 204 Siehe dazu oben § 2 II 2 b). 205 So im Ergebnis auch H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; vgl. auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75. Soweit ersichtlich gehen die übrige Literatur und die Rechtsprechung auf diese Problematik nicht ein.

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VwVfG vorliegt? Was ist, wenn die Parteien eine Kündigungsregelung treffen, die einen Tatbestand normiert, bei dem eine Vertragsfortsetzung unzumutbar sein soll? Was ist bei der ordentlichen Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags? Kann die Kündigungserklärung dann jeweils mündlich erfolgen, weil § 60 II 1 VwVfG nicht gilt206? Was soll gelten, wenn umfangreiche öffentlichrechtliche Vertragsgebilde geschlossen werden, die mehrere Vertragsinhalte zum Gegenstand haben? Soll ein Teil schriftlich gekündigt werden, weil § 60 I 2 VwVfG einschlägig ist, während für einen anderen Teil eine mündliche Erklärung genügt? Was gilt schließlich, wenn für die Kündigung öffentlichrechtlicher Verträge vollumfänglich auf zivilrechtliche Normen verwiesen wird, die keine Schriftformerfordernisse für die Kündigungserklärung vorsehen207? Diese Fragen gewinnen an Brisanz, wenn man sich die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Schriftform vor Augen hält: die Kündigungserklärung ist unwirksam208! Der vertragsmüde Partner wird also entweder die Kündigungsursache genauestens prüfen oder gleich schriftlich kündigen müssen – ein zumindest aus dogmatischen Gesichtspunkten nicht sehr befriedigendes Ergebnis. Aber nicht nur bei der Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge führt die oben erwähnten Divergenz im Bereich der Schriftformerfordernisse zu praktischen Schwierigkeiten. Gleiches gilt im Grundsatz auch im Rahmen der Kündigung von privatrechtlichen Verwaltungsverträgen oder Verwaltungsvertragsteilen bzw. Kombinationen von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen. So können verschiedene Formanforderungen an die Kündigungserklärung zwangsläufig zu Diskrepanzen führen, insbesondere wenn die Beendigung von Vertragswerken in Rede steht, die diese Mischformen enthalten. Eine Kombination beispielsweise von öffentlich-rechtlichem Erschließungsvertrag und privatrechtlichem Werkvertrag ist nämlich durchaus vorstellbar und mitunter sogar ratsam209, etwa dann, wenn der Vertragspartner der Gemeinde Grundstückseigentümer und Erschließungsträger, aber auch gleichzeitig

___________ 206 So H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20. 207 So das Muster eines öffentlich-rechtlichen städtebaulichen Vertrages (Durchführungsvertrag gemäß § 12 BauGB), welches für die Kündigung auf § 649 BGB verweist, in Karl Otto Bergmann/Jörn Haverkämper/Werner Vogel, in: K. O. Bergmann/Hermann Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung, Band IV Öffentlich-rechtliche Verträge, 2001, E. B. II. 7.2.2. (S. 91). 208 Siehe dazu im einzelnen unten § 6 IV 6. 209 H.-J. Birk, Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98 (Fn. 201), S. 63 Rn. 133.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Bauträger für die Erschließung von Drittgrundstücken ist210. Im globalen Vertragsbeendigungsfall ist dann die Situation denkbar, daß der Erschließungsvertrag gemäß § 60 II 1 VwVfG schriftlich gekündigt werden müßte, während für den Werkvertrag ein einfacher Anruf ausreicht. Praktische Schwierigkeiten für die Form der Kündigungserklärung können sich, wie bereits erwähnt, auch dann ergeben, wenn für die Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge vollumfänglich auf zivilrechtliche Normen verwiesen wird, die ihrerseits keine Schriftformerfordernisse für ihre Kündigungserklärungen vorsehen211. Es liegt auf der Hand, daß dies insbesondere bei umfangreichen Vertragsgebilden nicht gerade zur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beiträgt. Zwar kann man in der Praxis davon ausgehen, daß wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters des Erschließungsvertrags und wegen § 60 II 1 VwVfG sowieso die schriftliche Form der Kündigungserklärung gewählt werden und in diesem Rahmen auch die Kündigung eventueller Werkverträge oder Werkvertragsbestandteile schriftlich erfolgen wird. Es bleiben aber durchaus Unsicherheiten, vor allem in den Fällen, in denen es nicht um eine komplette Vertragsbeendigung geht. Existieren in den beschriebenen Beispielen neben einem Erschließungsvertrag eine Reihe von separaten Werkverträgen, mit denen einzelne Erschließungsarbeiten übertragen werden, wird der jeweilige vertragsmüde Kooperationspartner schon allein aus Unkenntnis und wegen der Gefahr einer wegen Verstoßes gegen § 60 II 1 VwVfG unwirksamen Kündigung die schriftliche Form wählen, ohne sich über die Rechtsnatur und damit über eventuelle Formerfordernisse Gedanken zu machen. Er wird die schriftliche Form von sich aus wählen, um folgenreichen Irrtümern vorzubeugen und um letztlich auch in den Genuß der übrigen Vorteile (Beweisfunktion, Warnfunktion etc.) zu kommen, die die Schriftform dem Kündigenden auch sonst gewährt212. Aus rein praktischer Sicht wäre es daher im ___________ 210

Der Erschließungsträger kann im Rahmen des Erschließungsvertrages mit der Gemeinde vereinbaren, daß die Einzelanlage, an der ein Drittanlieger liegt, als Einzelanlage hergestellt (= werkvertraglicher Bestandteil, da insoweit allein die Herstellungsseite geregelt ist, vgl. R.-P. Löhr, in: U. Battis/M. Krautzberger/R.-P. Löhr, Baugesetzbuch [Fn. 200], § 124 Rn. 3; H.-J. Birk, Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98 [Fn. 201], S. 63 Rn. 133), der Gemeinde in Rechnung gestellt und gegenüber den dem Erschließungsvertrag beigetretenen Grundstückseigentümern im Wege der Ablösung abgerechnet wird, H.-J. Birk, Die städtebaulichen Verträge nach BauGB 98 (Fn. 200), S. 111 Rn. 271; so auch BVerwG NVwZ 1996, S. 794 ff. (S. 797). 211 Siehe oben Fn. 207. 212 Die wohl überwiegende praktische Vertragsgestaltung berücksichtigt diesen Umstand und nimmt in die Verträge beispielsweise folgende Klausel auf: „Die Kündigung bedarf der Schriftform.“, vgl. nur H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 95), Ordnr. 31.34 (S. 8), 32.13 (S. 5), 32.30 (S. 4), 32.80 (S. 2), 34.33 (S. 6), 34.60 (S. 4); vgl. im übrigen zu den Vorteilen der Schriftform oben § 6 IV 1.

§ 6 Die Kündigungserklärung

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Hinblick auf Rechtssicherheit und -klarheit angezeigt, neben den Kündigungserklärungen öffentlich-rechtlicher Verträge aus jedwedem Grund oder wegen jeder Kündigungsart auch die Kündigungserklärung von Werkverträgen zwischen Verwaltungsträgern und Privaten dem Schriftformerfordernis zu unterstellen. Man verhindert somit eventuelle Unsicherheiten, vereinheitlicht rechtsformunabhängig das Verwaltungsvertragsrecht und konstatiert das, was in der Praxis sowieso meist geschieht. Diese Forderung nach einem einheitlichen Formerfordernis verleitet zu der These, daß Kündigungserklärungen von kündbaren Verwaltungsverträgen immer schriftlich zu erfolgen haben. Es ist also überlegenswert, ob nicht nur für die Kündigung öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge eine einheitliche Lösung für die Form der Kündigungserklärung gefunden werden kann, sondern auch, ob für die Kündigung kündbarer privatrechtlicher Verwaltungsverträge egal welcher Art gleichermaßen gemeinsame Standards gelten. Dabei wird die Konzentration auf das eventuelle Vorliegen einheitlicher rechtsformunabhängiger Prinzipien für den Verwaltungsvertrag gerichtet sein. b) Generelles Formerfordernis für die Kündigungserklärung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen Es empfiehlt sich schon wegen der Einheitlichkeit des Rechtsinstituts „öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag“ bei dem Schriftformerfordernis der Kündigungserklärung des § 60 II 1 VwVfG auch dann zu bleiben, wenn sich die Kündigungsursachen nicht aus § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG ergeben. Denn es ist nicht einzusehen, warum Kündigungen, die ihren Ursprung in vertraglichen Vereinbarungen213 haben, insoweit anders zu behandeln sein sollen. Daß ein Schriftformerfordernis insoweit nicht gelte214, kann zuletzt auch deswegen nicht überzeugen, weil § 60 II 1 VwVfG praktisch das Pendant zu § 57 VwVfG215 auf der Vertragsbeendigungsseite ist. Wenn schon alle öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge gemäß § 57 VwVfG schriftlich geschlossen werden müssen216, ___________ 213

Z.B. Vereinbarungen einer ordentliche Kündigung oder von besonderen Kündigungsgründen. 214 Vgl. dazu H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; wohl auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75. 215 Siehe zum Schriftformerfordernis öffentlich-rechtlicher Verträge nur V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 451 ff. 216 Praktisch als Ausnahme zum Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens des § 10 S. 1 VwVfG.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

dann muß dies a maiore ad minus auch für die Schriftlichkeit der Kündigungserklärung nach § 60 II 1 VwVfG gelten217. Es ist nicht nachvollziehbar, warum alle öffentlich-rechtlichen Verträge schriftlich geschlossen, aber nur ein Teil von ihnen schriftlich gekündigt werden muß. Daß der Wortlaut dieser Vorschrift Kündigungen wegen vereinbarter Gründe oder ordentlicher Kündigung nicht mit aufgreift218, ist nur auf ein unbewußtes Übersehen dieser Beendigungstatbestände durch den Gesetzgeber zurückzuführen219. Dies läßt sich deutlich an der Gesetzesbegründung zu § 60 II 1 VwVfG erkennen. Der Gesetzgeber führt aus: „Die Schriftlichkeit der Kündigung und ihre Begründung erscheinen im Hinblick auf eine etwa nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung zweckmäßig. Weitere Formvorschriften für die Kündigung sind nicht notwendig. Anderweitige weitergehende Formvorschriften bleiben auch hier unberührt.“220 Der Gesetzgeber macht keine Einschränkungen für das Schriftformerfordernis im Hinblick auf einen besonderen Kündigungsgrund oder eine besondere Kündigungsart. Vielmehr ist es so, daß es im Hinblick auf eine eventuell nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung generell zweckmäßig ist, wenn gewisse Sachverhalte mit schriftlichen Beweisstücken belegt werden können. Es kann dann keinen Unterschied machen, ob die Kündigungsursachen gesetzlich normiert sind oder aber auf parteilicher Vereinbarung beruhen. Da der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung aber auch keine Anhaltspunkte für eine Ausschließlichkeit der Schriftlichkeit für die Kündigungstatbestände des § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG erkennen läßt, kann vorliegend festgestellt werden, daß § 60 II 1 VwVfG in der beschriebenen Weise planwidrig unvollständig, also unbewußt lückenhaft ist221. Es ist daher eine Normergänzung notwendig, für die sich eine ___________ 217

So im Ergebnis auch H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 54 X Rn. 48a (S. 226); vgl. auch J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 164), S. 34, wonach § 57 VwVfG auch für die Kündigungserklärung gilt. Siehe auch den Gesetzesvorschlag des Gutachtens von J. Ziekow (S. 204 des Gutachtens), der für die Schriftlichkeit der Kündigungserklärung von Verwaltungsverträgen plädiert. 218 Siehe dazu oben § 6 IV 3 a). 219 Das Phänomen der „Unvollständigkeit“ des Gesetzes ist im Verwaltungsvertragsrecht nicht zuletzt eine Folge der normativen Unterbilanz (vgl. dazu oben § 2 I 2 c]). 220 So die amtliche Begründung zu § 56 Abs. 2 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 II VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 82 f. 221 Eine Lücke im Gesetz liegt regelmäßig dann vor, wenn der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes einen bestimmten Umstand nicht oder nicht richtig in seine Willensbildung aufgenommen hat oder sich dieser Umstand erst später ergibt (anfängliche und nachträgliche Lücke), siehe dazu ausführlich Karl Larenz/Claus-Wilhelm Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 191 ff., S. 198. Vorliegend dürfte es sich um eine sog. „offene Lücke“ handeln, weil das Gesetz für bestimmte Fallgruppen keine Regel enthält (§ 60 II 1 VwVfG bezieht sich entsprechend Wortlaut und Systematik nur

§ 6 Die Kündigungserklärung

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Analogie des § 60 II 1 VwVfG anbietet. Neben der planwidrigen Lücke ist vorliegend auch die weitere Voraussetzung einer Analogie222, die Vergleichbarkeit der Sachverhalte, gegeben. Einerseits ergibt sich die Vergleichbarkeit bereits aus dem oben aufgeworfenen Fragenkatalog223 und nicht zuletzt auch aus dem beschriebenen Umstand, daß es für das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG keinen Unterschied macht, ob die Kündigungsursachen gesetzlich normiert sind oder aber auf parteilichen Vereinbarungen beruhen. Hinzukommt, daß die Gesetzesbegründung des Schriftformerfordernisses des § 60 II 1 ___________ auf Kündigungen nach § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG, siehe dazu oben § 6 IV 3 a]; vgl. auch H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 9], § 60 Rn. 20 und auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 21], § 60 Rn. 75), die auf sie anwendbar wäre, obgleich es nach seiner eigenen Teleologie eine solche enthalten sollte, K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 198. Das Gegenteil bilden sog. „verdeckte Lücken“, die dann gegeben sind, wenn das Gesetz zwar eine auch auf Fälle solcher Art anwendbare Regel enthält, diese aber ihrem Sinn und Zweck nach hier nicht passt, weil sie gerade für die Wertung dieser Fälle relevante Besonderheiten derselben außer Acht läßt. Die Lücke besteht dann im Fehlen einer Einschränkung, K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 198. Eine verdeckte Lücke ist hier also nicht gegeben, weil § 60 II 1 VwVfG theoretisch ordentliche Kündigungserklärungen erfassen würde. Verdeckte Lücken werden durch einschränkende Auslegung/teleologische Reduktion geschlossen, K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 210 ff. 222 Das Ausfüllen vorhandener offener Gesetzeslücken geschieht regelmäßig im Wege der Analogie oder des Rückgangs auf ein im Gesetz angelegtes Prinzip, K. Larenz/ C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (Fn. 221), S. 202. Unter einer Analogie versteht man die Übertragung der für einen Tatbestand (A) oder für mehrere, untereinander ähnliche Tatbestände im Gesetz gegebene Regel auf einen vom Gesetz nicht geregelten ihm „ähnlichen“ Tatbestand (B). Die Übertragung gründet sich darauf, daß infolge ihrer Ähnlichkeit in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten beide Tatbestände gleich zu bewerten sind, also auf die Forderung der Gerechtigkeit, gleichartiges gleich zu behandeln. Die Voraussetzungen einer Analogie sind demnach das Vorhandensein einer planwidrigen Lücke sowie die rechtsethische Vergleichbarkeit des Verglichenen. Die Ausfüllung der Gesetzeslücke im Wege des Rückgangs auf ein im Gesetz angelegtes Prinzip gründet sich darauf, daß der im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Sachverhalt ein solcher ist, auf den das Prinzip (ebenfalls) zutrifft, ein Grund, hier eine Ausnahme von dem Prinzip zu machen, aber nicht vorliegt, siehe zum ganzen K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (Fn. 221), S. 202. Die ausdehnende Anwendung einer Gesetzesbestimmung auf einen gesetzlich nicht geregelten Fall bezeichnet man als Gesetzesanalogie/Einzelanalogie, K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (Fn. 221), S. 204. Vorliegend steht also genau eine solche Einzelanalogie des § 60 II 1 VwVfG in Rede. (Davon unterscheidet man die Rechtsanalogie/Gesamtanalogie, bei der mehreren gesetzlichen Bestimmungen, die an verschiedene Tatbestände die gleiche Rechtsfolge anknüpfen, ein „allgemeiner Rechtsgrundsatz“ entnommen wird, der auf einen im Gesetz nicht geregelten Tatbestand wertmäßig ebenso zutrifft wie auf die geregelten Tatbestände, K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft [Fn. 221], S. 204). 223 Siehe dazu oben § 6 IV 3 a).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

VwVfG allgemeingültige Rechtsgedanken aufgreift und es selbst sogar eine bestimmte Verfassungssubstanz224 besitzt. Damit ist es gerechtfertigt, das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG nicht nur auf die in ihm konkret geregelten Kündigungsfälle zu beziehen, sondern auf sämtliche Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verträge. Es ist daher bei allen Kündigungen öffentlichrechtlicher Verwaltungsverträge zu beachten. Das Bedürfnis für ein einheitliches Schriftformerfordernis besteht nicht zuletzt in der einheitlichen Behandlung des einheitlichen Rechtsinstituts „öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag“. Der hier vertretenen Ansicht der umfassenden Geltung des § 60 II 1 VwVfG bei allen Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge stehen nur die zitierten Auffassungen zum Anwendungsbereich des § 60 II 1 VwVfG gegenüber. Soweit ersichtlich werden im übrigen bezüglich der Anwendbarkeit des § 60 II 1 VwVfG auf besondere Kündigungsarten oder -ursachen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge keine Einschränkungen gemacht, die Problematik aber auch nicht gesehen. c) Generelles Formerfordernis für die Kündigungserklärung von privatrechtlichen Verwaltungsverträgen Die genannten praktischen Erwägungen und die oben vorgenommenen Ausführungen zu den §§ 623, 549 II, 568 I BGB legen es nahe, auch bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen für die Kündigungserklärungen ein generelles Formerfordernis zu konstatieren. Dafür sprechen einerseits die obigen pragmatischen Gegebenheiten und andererseits auch die öffentlich-rechtlichen Bindungen, denen auch die privatrechtlichen Verwaltungsverträge unterworfen sind225. Der Beweis der These soll daher insoweit anhand der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bindungen für privatrechtliche Handlungsformen der Verwaltung vorgenommen werden. Ein Handeln der Verwaltung mittels privatrechtlichem Verwaltungsvertrag könnte nämlich unter anderem auch an die Vorgaben des § 60 II 1 VwVfG gebunden sein. ___________ 224

Siehe zum Nachweis, daß § 60 II 1 VwVfG einen verfassungsrechtlich verankerten allgemeingültigen Rechtsgrundsatz enthält, unten § 6 IV 3 c) bb). Siehe zum Begriff „Verfassungssubstanz“ Fritz Ossenbühl, Grundrechtsschutz im und durch Verfahrensrecht, in: Georg Müller/Rene A. Rhinow/Gerhard Schmid/Luzius Wildhaber (Hrsg.), Staatsorganisation und Staatsfunktionen im Wandel, Festschrift für Kurt Eichenberger zum 60. Geburtstag, 1982, S. 183 ff. (S. 183 ff., 195). 225 Siehe zu den öffentlich-rechtlichen Bindungen der Verwaltung beim Handeln in Privatrechtsform sehr ausführlich D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 212 ff.; siehe auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 1. Teil § 3 II Rn. 62 ff.

§ 6 Die Kündigungserklärung

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aa) Verwaltungsverfahrensrechtliche Bindungen für privatrechtliche Handlungsformen der Verwaltung Fraglich ist also, ob auch für die Kündigungserklärung privatrechtlicher Verwaltungsverträge das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG entsprechend herangezogen werden kann bzw. muß. Dies bestimmt sich danach, inwiefern die privatrechtsförmige Verwaltung an die Verwaltungsverfahrensgesetze gebunden ist226. Gemäß § 1 I VwVfG (in Bayern Art. 1 I BayVwVfG) gilt das Verwaltungsverfahrensrecht nur für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden. Aus dem Blickwinkel des Grundrechtsschutzes durch Verfahren227 (hier: Verfahrenssicherung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsverfahrens) wäre zu überlegen, ob nicht trotzdem eine Anwendung des verwaltungsvertragstypischen Verwaltungsverfahrensrechts oder von Teilen davon in Betracht kommt. Teilweise wird eine allgemeine Analogie mit dem Hinweis abgelehnt, daß dem Gesetzgeber die Problematik bekannt war228. Die wohl überwiegende Meinung ist aber gleichwohl für die Erstreckung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen auf die privatrechtliche Verwaltungstätigkeit229, wenn und soweit sie sich auf höherrangiges, die Verwaltung durchgehend bindendes Verfassungsrecht zurückführen lassen oder als Ausfluß allgemeiner bzw. analogiefähiger ___________ 226 Diese Problematik darf nicht mit der unter § 6 I 2 dargestellten Problemstellung verwechselt werden. Bei der Problematik der „verwaltungsaktsähnlichen Willenserklärung“ ging es um die Übertragung von Verwaltungsaktsqualitäten auf Vertragshandeln, hier aber um die Bindung an allgemeingültige Grundsätze des Verwaltungsverfahrensrechts. Hier: Verfahrenssicherung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsverfahrens, nicht des Verwaltungsaktsverfahrens. 227 Siehe dazu statt vieler Ingo von Münch, in: ders./Philip Kunig (Hrsg.), Grundgesetz-Kommentar, Band 1 (Präambel bis Art. 19), 5. Aufl. 2000, Vorb. Art. 1-19 Rn. 25 ff.; detailliert auch Helmut Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien, Ein Beitrag zum Verständnis des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, 1981, S. 343 ff. 228 H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 23 V Rn. 33 (S. 312), wohl in Anlehnung an die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 7/910, S. 41 f. 229 D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 42), § 2 IV 3 Rn. 81 (S. 68); ders., Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 226 ff.; Jost Pietzcker, Das Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und Rechtsschutzauftrag, VVDStRL 41 (1983), S. 193 ff. (S. 230, These Nr. 13); ders., Rechtsbindungen der Vergabe öffentlicher Aufträge, AöR 107 (1982), S. 61 ff. (S. 92); Norbert Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, Ein Lehrbuch, 2. Aufl. 1986, § 12 IV 3b Rn. 25 (S. 223); Hans Christian Röhl, Verwaltung und Privatrecht – Verwaltungsprivatrecht?, VerwArch 86 (1995), S. 531 ff. (S. 559); Joachim Becker, Verwaltungsprivatrecht und Verwaltungsgesellschaftsrecht, am Beispiel des Rechtsschutzes bei Entscheidungen der Treuhandanstalt, 1994, S. 73 ff.; H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Rechtsgedanken angesehen werden können230. Soweit die Verwaltungsverfahrensvorschriften einen allgemeinen Rechtsgedanken wiedergeben, leitet sich dieser regelmäßig aus dem Verfassungsrecht ab231. Eine Bindung der privatrechtlichen Verwaltung an die verwaltungsverfahrensgesetzlichen Regelungen kommt deshalb insbesondere dann in Betracht, wenn sich das Verwaltungsverfahrensrecht als „konkretisiertes Verfassungsrecht“ erweist232. Letzteres beansprucht auch Geltung für das privatrechtliche Handeln der Verwaltung233. Allerdings besagt die erwähnte Verfassungsherkunft nicht, daß alle dem Grundrechtsschutz und Schutz der Grundgesetzprinzipien dienenden Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts verfassungsrechtlichen Bestandsschutz genießen. Vielmehr müssen sie zum Schutz der jeweilig berührten Verfassungsrechtsgüter zwingend erforderlich sein234. Damit darf keine schematische Ausdehnung der Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechts auf das privatrechtliche Handeln der Verwaltung erfolgen, sondern es muß für jede Vorschrift gesondert ermittelt werden, ob und inwieweit von Verfassungs wegen eine solche Erstreckung möglich und notwendig ist235. bb) Verfassungssubstanz des § 60 II 1 VwVfG Zu prüfen ist also, ob § 60 II 1 VwVfG „konkretisiertes Verfassungsrecht“ enthält. Der von § 60 II 1 VwVfG vorgesehene Formenzwang236 dient hauptsächlich der Kündigungsklarheit und der Kündigungswahrheit. Zweckentsprechend geht es darum, Entscheidungsprozesse und Vertragsnachverhandlungen von der tatsächlichen Kündigung abzugrenzen, um letztlich feststellen zu können, daß eine auf die Beendigung des öffentlich-rechtlichen Vertrages abzielende, vom erfor___________ 230

Für eine prinzipielle Anwendung aller verwaltungsverfahrensrechtlicher Bestimmungen auf die Verwaltung in Privatrechtsform, N. Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 229), § 12 IV 3b Rn. 25 (S. 223). 231 Vgl. BVerfGE 53, S. 30 ff. (S. 65); Peter Häberle, Verfassungsprinzipien „im“ Verwaltungsverfahrensgesetz, in: Walter Schmitt Glaeser (Hrsg.), Verwaltungsverfahren, Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Richard Boorberg Verlags, 1977, S. 47 ff. (S. 47 ff.); H. Goerlich, Grundrechte als Verfahrensgarantien (Fn. 227), S. 343 ff. 232 Vgl. dazu Fritz Werner, „Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht“, DVBl. 1959, S. 527 ff. (S. 527 ff.). 233 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 227; vgl. auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f. 234 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 227. 235 J. Pietzcker, AöR 107 (1982), S. 61 ff. (S. 74). 236 Vgl. zu den verschiedenen Funktionen der Schriftform im öffentlichen Recht BVerwGE 2, S. 190 ff. (S. 191); BVerwGE 36, S. 296 ff. (S. 298); BVerwGE 45, S. 189 ff. (S. 193).

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derlichen Erklärungsbewußtsein mit Rechtsbindungswillen getragene, gestaltende Willenserklärung vorliegt237. Weitere Ziele des Formenzwangs sind Inhaltsklarheit238, der Schutz vor Übereilung (Warnfunktion) und die Beweissicherung für den Fall einer streitigen Auseinandersetzung bezüglich Inhalt, Art, Ausmaß usw. (Beweisfunktion)239. Diese Formzwecke sind jedoch keine Besonderheit des § 60 II 1 VwVfG, denn bereits in den Motiven zum BGB wurden sie plastisch folgendermaßen zusammengefaßt: „Die Nothwendigkeit der Beobachtung einer Form ruft bei den Betheiligten eine geschäftsmäßige Stimmung hervor, weckt das jur. Bewußtsein, fordert zu besonnenen Ueberlegungen heraus und gewährleistet die Ernstlichkeit der gefaßten Entschließung. Die beobachtete Form ferner stellt den rechtlichen Charakter der Handlung klar, dient, gleich dem Gepräge einer Münze, als Stempel des fertigen jur. Willens und setzt die Vollendung des Rechtsaktes außer Zweifel. Die beobachtete Form sichert endlich den Beweis des Rechtsgeschäftes seinem Bestande und Inhalte nach für alle Zeit; sie führt auch zur Verminderung oder doch zur Abkürzung und Vereinfachung der Prozesse“240. Gerade wenn man sich Klarstellungs- und Beweisfunktion näher betrachtet, wird ersichtlich, daß diese wiederum einem übergeordneten Ziel zu dienen bestimmt sind, welches sich weitläufig mit Verläßlichkeit umschreiben läßt. Dies verdeutlicht der Umstand, daß mit einem Verwaltungsvertrag, also auch mit einem privatrechtlichen, geltendes Recht modifiziert oder geändert werden kann241. Dieser Gedanke vermag die Annahme zu rechtfertigen, daß die Schriftform größtmögliche Inhaltsklarheit gewährleisten soll, denn nur so legitimiert ___________ 237 Vgl. für die Schriftform eines öffentlich-rechtlichen Vertrags allgemein H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 4. 238 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 4; Oliver Weihrauch, Verwaltungsrechtlicher Vertrag und Urkundeneinheit – Zur Anwendbarkeit des § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB auf den verwaltungsrechtlichen Vertrag, VerwArch 82 (1991), S. 543 ff. (S. 559). 239 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 4; H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten (Fn. 21), S. 15 ff. (S. 23); Paul Tiedemann, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 57 Rn. 2; Wolfgang Beyer, Der öffentlichrechtliche Vertrag, informales Handeln der Behörden und Selbstverpflichtungen Privater als Instrumente des Umweltschutzes, 1986, S. 112; Jürgen Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag, 1988, S. 204; O. Weihrauch, VerwArch 82 (1991), S. 543 ff. (S. 557). 240 Mot. I. S. 179 = Benno Mugdan (Hrsg. u. Bearb.), Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band 1 Einführungsgesetz und Allgemeiner Teil, 1899 (Neudruck: 1979), S. 451. 241 Vgl. dazu näher oben § 1 II 2 b).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

sich für alle Vertragsparteien und eventuelle Dritte die Abweichung vom geltenden Recht. Die Klarstellungsfunktion als klassischer Formzweck gilt nun – wie angeführt – gleichermaßen für Vertragsschluß und Vertragsbeendigung und wird durch die Schriftform zur körperlichen Manifestation eines parteilichen vertragsberührenden Entschlusses. Die Schriftform wird somit zu einem Mittel, das die Ernsthaftigkeit der gefaßten Entschließung zementiert und für alle Beteiligten rechtsverbindlich festschreibt. Das Erfordernis der Schriftlichkeit folgt daher aus einem Bedürfnis nach Verläßlichkeit242. Nichts anderes als die Verläßlichkeit meint aber der Gesetzgeber des § 60 II 1 VwVfG, wenn er der Ansicht ist, daß die Schriftlichkeit der Kündigung im Hinblick auf eine etwa nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung zweckmäßig erscheint243. Aber nicht nur die Verbindlichkeit, die die Schriftform bewirkt, dient der Verläßlichkeit, sondern auch die Beweisbarkeit. Der durch die Schriftlichkeit ermöglichte Urkundsbeweis (vgl. §§ 98 VwGO i.V.m. 415 ff. ZPO) versetzt eine Partei im Falle eines Rechtsstreits auf ziemlich einfache Art und Weise in die Lage, ihre Sachverhaltsdarstellung vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen244. Die Schriftlichkeit produziert damit einen verläßlichen Beweis und gehorcht daher gleichfalls dem Postulat der Verläßlichkeit. Mit der aus der Schriftlichkeit herausgearbeiteten Verläßlichkeit schließt sich nun wiederum der Kreis zum Verfassungsrecht, weil die Verläßlichkeit ihrerseits Ausfluß der Rechtssicherheit ist245. Und das Bedürfnis nach Rechtssicherheit gilt unbestritten seit jeher als ein wesentliches Element des im Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsprinzips246. Wie sich aus diesen Ausführungen ergibt, kann die Konkretisierung der rechtsstaatlichen Anforderungen, die in den Verwaltungsverfahrensgesetzen ___________ 242

So schon das Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 45, S. 189 ff. (S. 193). BT-Drs. 7/910, S. 82. 244 Vgl. dazu und zum Urkundsbeweis allgemein: für den Zivilprozeß Klaus Reichold, in: Heinz Thomas/H. Putzo/K. Reichold/Rainer Hüßtege, Zivilprozeßordnung, 24. Aufl. 2002, Vorbem zu § 415 Rn. 1 ff., § 415 Rn. 4 f., § 416 Rn. 2 f., § 417 Rn. 2; für den Verwaltungsprozeß F. O. Kopp/Wolf-Rüdiger Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Aufl. 2000, § 98 Rn. 18 f. 245 Vgl. nur BVerwGE 36, S. 296 ff. (S. 298); BVerwGE 45, S. 189 ff. (S. 193). 246 BVerfGE 2, S. 380 ff. (S. 403); BVerfGE 3, S. 225 ff. (S. 237 f.); BVerfGE 7, S. 194 ff. (S. 196) und seither ständige Rechtsprechung; vgl. auch K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band 1 Grundbegriffe und Grundlagen des Staatsrechts, Strukturprinzipien der Verfassung, 2. Aufl. 1984, § 20 IV 4 (S. 796 f.); E. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: J. Isensee/P. Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I (Fn. 13), § 24 Rn. 81 (S. 1030 ff.). 243

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speziell für die öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Verwaltung normiert worden sind, auch den Bereich des privatrechtlichen Verwaltungshandelns beeinflussen. So wie der § 60 II 1 VwVfG mit dem Schriftformerfordernis der Verläßlichkeit von öffentliches Recht tangierendem Handeln und damit der Rechtssicherheit dient, dem Schutz dieses Verfassungsrechtsguts mithin förderlich ist, muß dies folglich auch im Bereich des privatrechtlichen Verwaltungshandelns so gelten. Der Verwaltungsträger wird durch das Verfassungsrecht und die Grundgesetzprinzipien gebunden und kann sich daher nicht auf die Privatautonomie bzw. privatrechtliche Formenfreiheiten berufen. Die strenge Gesetzesbindung247 gebietet es dem Verwaltungsträger, auf das in § 60 II 1 VwVfG „konkretisierte Verfassungsrecht“ Rücksicht zu nehmen. Daher sind die genannten privatrechtlichen kündigungsrelevanten Formfreiheiten, gleich ob gesetzlich freigestellt oder individual vereinbart, für Verwaltungsverträge im Bereich der Kündigung ohne Bedeutung. Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge haben daher immer schriftlich zu erfolgen. Auch hier ist wiederum ganz gleich, ob die Kündigung ordentlicher oder außerordentlicher Natur ist, da schon im Rahmen der Kündigung öffentlichrechtlicher Verträge bei § 60 II 1 VwVfG insoweit kein Unterschied zu machen ist. Vor allem ist nicht ersichtlich, warum hier die einzelnen Kündigungsarten unterschiedlich behandelt werden sollen248; der „neueingeführte“ § 314 BGB spricht definitiv nicht dafür, da er keine Aussagen zur Kündigungserklärung trifft. Um dem Ergebnis, daß Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge schriftlich zu erfolgen haben, gerecht zu werden, kann hier zur Normergänzung wiederum der Weg einer Gesetzesanalogie249 zu § 60 II 1 VwVfG beschritten werden. Dieser Schritt ist notwendig, weil zwar § 60 II 1 VwVfG die dargestellte, das Verwaltungshandeln beeinflussende Verfassungssubstanz enthält, aber eben keine Aussagen zur Form von Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge trifft. Freilich, der Annahme einer insoweitigen unbewußten offenen Unvollständigkeit des Gesetzes könnte entgegengehalten werden, daß die §§ 54 ff. VwVfG gerade nur die öffentlich___________ 247 Vgl. dazu Berthold Gries/Elmar Willebrand, Entstehung der auf Leistung und Nutzung gerichteten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse, JuS 1990, S. 103 ff. (S. 103); Joachim Martens, Einführung in die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 6. Teil: Die Entscheidung, JuS 1978, S. 607 ff. (S. 607); vgl. auch Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz – Eine vergleichende Untersuchung zum Verhältnis von vertraglicher Bindung und staatlicher Normsetzungsautorität, 2000, S. 377 ff. 248 Ebenso D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 41. 249 Siehe allgemein zur Analogie Fn. 221 und 222.

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rechtlichen Verträge regeln wollten. Allerdings hat auch der Gesetzgeber mittlerweile erkannt, daß das Institut des öffentlich-rechtlichen Vertrags nicht allein in der Lage ist, dem Wandel der Handlungsformen im kooperativen Verwaltungsstaat Rechnung zu tragen, was schließlich zur Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts mit der Aufnahme von Kooperationsverträgen in das Verwaltungsverfahrensgesetz führen soll250. Das VwVfG ist damit in Bezug auf die Schriftform von Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge planwidrig lückenhaft, da es für diese bestimmten Fallgruppen keine Regel enthält251. Ebenso ist ein Rückgriff auf das reine Zivilrecht mit seinen die Kündigungserklärung betreffenden Normen nicht möglich, da dieser Weg aufgrund der Bindung der privatrechtlichen Verwaltungstätigkeit an die über § 60 II 1 VwVfG vermittelten verwaltungsverfahrens- und verfassungsrechtlichen Grundgedanken versperrt ist252. Auch die weitere Voraussetzung einer Einzelanalogie, die Vergleichbarkeit der Sachverhalte, ist gegeben253. Einerseits ergibt sich diese Vergleichbarkeit auch hier aus dem oben aufgeworfenen Fragenkatalog254 und andererseits aus dem Umstand des rechtsübergreifenden Verständnisses vom Verwaltungsvertrag, insbesondere im Hinblick auf die insoweit nahezu identische Situation bei einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Provenienz. Eine Kündigungserklärung ist allein wegen ihres Rechtscharakters als Gestaltungsrecht immer notwendig und das Schriftformerfordernis beruht auf allgemeingültigen Rechtsgedanken mit Verfassungssubstanz. Damit ist es gerechtfertigt, das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG nicht nur auf die in ihm konkret geregelten Kündigungsfälle zu beziehen, sondern analog auf die Kündigungserklärungen sämtlicher Verwaltungsverträge.

___________ 250

Vgl. dazu ausführlich oben § 1 III 1 ff., insb. 3. § 60 II 1 VwVfG bezieht sich entsprechend Wortlaut und Systematik nur auf Kündigungen nach § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG, vgl. dazu oben § 6 IV 3 a). 252 Siehe dazu § 6 IV 3 c) aa) und bb). 253 Siehe zu den Voraussetzungen K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft (Fn. 221), S. 202, 204 und oben Fn. 222. Die Ausfüllung der Gesetzeslücke im Wege des Rückgangs auf ein im Gesetz angelegtes Prinzip (siehe dazu K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft [Fn. 221], S. 202), ist hier nicht möglich, da die Vorschrift des § 60 II 1 VwVfG gerade zur Begründung des Grundsatzes, daß alle Verwaltungsverträge schriftlich zu kündigen sind, herangezogen wird. 254 Siehe dazu oben § 6 IV 3 a). 251

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cc) Einfachgesetzliche Bestätigung Dieses gefundene Ergebnis findet nicht nur im Verfassungsrecht, sondern auch im einfach-gesetzlichen Recht seine Stütze. § 57 VwVfG bestimmt, daß öffentlich-rechtliche Verträge, sofern nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, stets schriftlich zu schließen sind. Für städtebauliche Verträge wird diese gesetzliche Anordnung in den §§ 11 III, 124 IV BauGB wiederholt, was allerdings überflüssig ist, weil das Verwaltungsverfahrensgesetz unstreitig für den Bereich des Baurechts gilt255 und die ersichtlich an § 57 VwVfG angelehnte Fassung der genannten Vorschriften (vgl. demgegenüber § 159 II BauGB) deutlich macht, daß die formalen Anforderungen identisch sein sollen. Ein eigenständiger Anwendungsbereich bleibt den §§ 11 III, 124 IV BauGB nur dann, wenn ein städtebaulicher Vertrag einmal als zivilrechtlich einzustufen ist. Ist dieser zivilrechtliche städtebauliche Vertrag aber schriftlich zu schließen, ist es nur konsequent, auch die Vertragsbeendigung durch – etwa analog § 60 II 1 VwVfG – schriftliche Kündigungserklärung vorzunehmen. Ein Rückgriff auf eventuelle zivilrechtliche Formfreiheiten wäre nicht stringent und damit letztlich systemwidrig. dd) Umfassender persönlicher Anwendungsbereich des generellen Formerfordernisses Dieses Schriftformerfordernis bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge muß auch der private Vertragspartner im Falle seiner Kündigungserklärung beachten. Zwar wird ausschließlich der Verwaltungsträger durch das Verfassungsrecht und die Grundgesetzprinzipien gebunden und kann sich daher nicht auf die Privatautonomie bzw. privatrechtliche Formenfreiheiten berufen, was einem privaten Kooperationspartner durchaus zustünde. Allerdings wird auch bei der direkten Anwendung des § 60 II 1 VwVfG nicht danach unterschieden, welcher Vertragspartner die Kündigung erklärt. Das auch der private Vertragspartner somit nicht in den Genuß privatrechtlicher Formfreiheiten kommt, beruht auf dem Umstand, daß er sich eben einen öffentlich-rechtlichen Vertragspartner ausgesucht hat. Diese Einschränkungen seiner Privatautonomie sind mit Rücksicht auf die Bindungen des öffentlich-rechtlichen Vertragspart___________ 255 Siehe statt vieler Karl-Heinz Neuhausen, in: Hermann Brügelmann, Baugesetzbuch Kommentar, Loseblattsammlung, 1987, Stand: 47. Lfg. September 2001, § 11 Rn. 11; Punkt 6.6. des Mustereinführungserlasses der Fachkommission „Städtebau“ der ARGEBAU zum städtebaulichen Vertrag (§ 11 BauGB) zitiert bei M. Krautzberger, in: W. Ernst/W. Zinkahn/W. Bielenberg/M. Krautzberger, Baugesetzbuch (Fn. 202), § 11 Rn. 26.

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ners an Recht und Gesetz hinzunehmen. Sie sind Folge dessen, daß im Verwaltungsvertragsrecht andere Regeln als im reinen Privatrecht gelten. 4. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis Die Mißachtung des Schriftformerfordernisses gemäß § 60 II 1 VwVfG bzw. analog § 60 II 1 VwVfG hat die Unwirksamkeit der Kündigungserklärung zur Folge256. Sie ist gemäß § 125 S. 1 BGB bzw. §§ 62 S. 2 BGB i.V.m. 125 S. 1 BGB nichtig257, 258. Die Schriftlichkeit der Kündigungserklärung ist also eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die gesamte Kündigung259. Eine mündliche Kündigungserklärung ist folglich nichtig, kann jedoch schriftlich nachgeholt werden260. Die Wirkung der Kündigung tritt dann aber auch erst mit Zugang der schriftlichen Erklärung ein261. Eine Heilung des Formmangels ist nicht möglich262. Denkbar wäre allerdings, die Berufung auf den Formmangel der Kündigungserklärung als treuwidrig zu bezeichnen und über § 242 BGB bzw. den rechtsgebietsübergreifenden Grundsatz von Treu und Glauben die Vertragsbeendigung als wirksam zu betrach___________ 256

Vgl. nur N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 76. 257 Praktisch ist dies der logische Gegenpart zur Nichtbeachtung der Schriftform des § 57 VwVfG beim Vertragsschluß, vgl. dazu W. Beyer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag (Fn. 239), S. 124; J. Fluck, Grundprobleme des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts, Die Verwaltung 22 (1989), S. 185 ff. (S. 201); P. Tiedemann, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 57 Rn. 20; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 12, 25; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 21), § 69 Rn. 9; Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 130. 258 Vgl. allgemein zur Anwendbarkeit des § 125 S. 1 BGB im Verwaltungsvertragsrecht H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 62 Rn. 11; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 55 IV 1 Rn. 32 (S. 245); siehe zur Nichtigkeitsrechtsfolge des § 125 S. 1 BGB nur Dorothee Einsele, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von K. Rebmann/F. Jürgen Säcker/R. Rixecker, Band 1 Allgemeiner Teil §§ 1-240, AGBG, 4. Aufl. 2001, § 125 Rn. 38. 259 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 618 in Fn. 223; so auch P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 96 und BAG AP Nr. 1 zu § 54 BMT-G II. 260 Allerdings ist dies dann die erste formwirksame Kündigung, vgl. für den Vertragsschluß V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 451. 261 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20. 262 Vgl. für den Bereich des § 57 VwVfG H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 28.

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ten263. Dann wäre aber der Umgehung von § 60 II 1 VwVfG (direkt oder analog) Tür und Tor geöffnet. Sach- und rechtskundigen Verwaltungskooperationspartnern wird man schon aus diesem Grunde eine Berufung auf Treu und Glauben versagen müssen264. 5. Rechtsfolgen des Schriftformerfordernisses Die Schriftform für Kündigungserklärungen von Verwaltungsverträgen hat zur Folge, daß besondere Vorschriften zu beobachten sind. Zunächst gilt für die Kündigungserklärung aller Verwaltungsverträge § 126 BGB. Für die Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge gilt er direkt, für die öffentlichrechtlicher entsprechend265. Die Kündigungserklärung ist mithin vom Kündigenden eigenhändig zu unterschreiben, wobei es nicht der besonderen Erläuterung bedarf, daß dabei die entsprechenden gesetzlichen Vertretungsregeln zu beachten sind266. Zwar läßt auch § 60 II 1 VwVfG offen, was eigentlich unter Schriftlichkeit zu verstehen ist, allerdings stellt sich nicht die gleiche Problematik, die insoweit § 57 VwVfG im Hinblick auf die Anwendbarkeit des § 126 BGB aufwirft267. Da es sich bei der Kündigung um ein Gestaltungsrecht, eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung handelt268, erscheint zwangsläufig nur eine Unterschrift (die des Kündigenden) in einer Urkunde. Die Frage, ob eine einheitliche Urkunde vorliegen muß oder getrennte Willenserklärungen ausreichen269, erübrigt sich also.

___________ 263

Vgl. für den Bereich des § 57 VwVfG in OVG Lüneburg NJW 1992, S. 1404 ff. (S. 1406). 264 Mit ebenfalls sehr restriktiver Tendenz im Hinblick auf solche Möglichkeiten J. Punke, Verwaltungshandeln durch Vertrag (Fn. 239), S. 202 ff.; J. Fluck, Die Verwaltung 22 (1989), S. 185 ff. (S. 206 f.). 265 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 76; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 20; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31. 266 Vgl. dazu H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 126 Rn. 7, 8 f. 267 Siehe dazu ausführlich V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 453 ff. 268 Siehe oben § 3 I und § 6 I. 269 Siehe zu den einzelnen vertretenen Ansichten die Nachweise bei V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 454 f. in Fn. 100-106.

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Für die Schriftform des § 60 II 1 VwVfG in ihrer direkten Anwendung gilt des weiteren § 37 III VwVfG entsprechend270. Nach dieser Vorschrift muß die schriftliche Kündigung im gegebenen Falle die kündigende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Diese Vorschrift macht keinen Sinn, soweit der private Kooperationspartner den öffentlich-rechtlichen Vertrag kündigt. Es versteht sich aber von selbst, daß die Kündigung gleichfalls den Aussteller erkennen lassen und dessen Unterschrift enthalten muß. Dies ergibt sich bereits aus § 126 BGB271. Aus diesem Grund stellt sich auch nicht die Frage einer anlogen Anwendung des § 37 III VwVfG auf die schriftliche Kündigungserklärung von privatrechtlichen Verwaltungsverträgen. Dort gilt § 126 BGB direkt. Da verwaltungsvertragliches Handeln modernes Verwaltungshandeln darstellt, werden für die Übermittlung der Kündigungserklärung und damit auch für die Schriftform die modernen Kommunikationsformen wie Telefax, aber auch e-mail und Internet regelmäßig ausreichen272. Gemäß § 3a II 1 VwVfG kann eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden (beachte aber die notwendige Zugangseröffnung, § 3a I VwVfG). Es ist allerdings zu erwarten, daß die modernen Kommunikationsformen auch eine Reihe neuer, hier nicht zu vertiefender, Probleme mit sich bringen werden (Stichworte: elektronische Dokumente und Signatur, §§ 3a VwVfG und 126 a BGB). 6. Gestaltungshinweise für die Vertragspraxis – Problem der Massengeschäfte Die unter § 6 IV 3 angesprochene Divergenz der Formerfordernisse innerhalb des Instituts Verwaltungsvertrag macht es für die verwaltungsvertragsgestaltende Praxis ratsam, von vornherein die Schriftlichkeit der Kündigungserklärung im Verwaltungsvertrag zu regeln. Die Kooperationsparteien sollten von sich aus Kündigungsklauseln folgender Gestalt vereinbaren: ___________ 270 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 76; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 20; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31. 271 Vgl. nur H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 126 Rn. 5, 7, 8 f. 272 So auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31; siehe dazu im einzelnen auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 33), 2. Teil § 1 II Rn. 104.

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„Die Kündigungserklärung hat schriftlich zu erfolgen.“ Derartige Regelungen wären zwar rein deklaratorischer Natur, tragen aber um so mehr der hier vertretenen Ansicht Rechnung, wonach § 60 II 1 VwVfG für alle Kündigungserklärungen gilt, ganz gleich ob es sich um kündbare öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verwaltungsverträge handelt. Eine vertragliche Abbedingung des § 60 II 1 VwVfG ist nicht möglich, allenfalls ist eine Ersetzung der Schriftform durch eine strengere Form (z.B. notarielle Beurkundung) denkbar273. Nun gibt es diverse Fallkonstellationen, in denen normalerweise schon die Rechtsbeziehungen nur mündlich begründet werden und ein Schriftformerfordernis für die Kündigungserklärung auch deshalb wenig Sinn machen würde, weil es sich vornehmlich um alltägliche, wenig bedeutsame und routinemäßig abgewickelte Geschäfte handelt274, für die weder Übereilungsschutz gewährt werden muß, noch ein Dokumentationsinteresse besteht. Zu denken sind hier vor allem an kleinere Reparaturarbeiten etwa in Behördengebäuden, also Werkverträgen, deren mögliche Kündigung nach der hier vertretenen Auffassung gleichfalls schriftlich zu erfolgen hat. Um diese Rechtsbeziehungen formlos kündigen zu können, müßte ein Weg gefunden werden, die direkte oder analoge Geltung des § 60 II 1 VwVfG auszuschalten. Da sich die gleiche Problematik praktisch auch beim Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG stellt, ist bereits versucht worden, dort die Schwierigkeit mit mehr oder weniger umständlichen Konstruktionen in den Griff zu bekommen. Es wurde die teleologische Reduktion des § 57 VwVfG erwogen275 oder auch die Zulässigkeit eines Ausschlusses der Schriftform in der einschlägigen gemeindlichen Satzung276. All diese Versuche sind aber nicht wirklich überzeugend. Gegen die teleologische Reduktion spricht vor allem, daß, obwohl der Bundesgesetzgeber wohl nicht an die Möglichkeit der erwähnten Massengeschäfte gedacht hat277, keine klare Grenzzie___________ 273 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 76. 274 D. Ehlers spricht von sog. Massengeschäften, siehe D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 208. 275 Wienhold Schulte, Zulässigkeit allgemeiner Haftungsregelungen bei der Benutzung kommunaler öffentlicher Einrichtungen, 1978, S. 74 ff., 76. 276 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 57 Rn. 10; H. Maurer, Der Verwaltungsvertrag – Probleme und Möglichkeiten, DVBl. 1989, S. 798 ff. (S. 803); ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, § 14 IV Rn. 29; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1998, Rn. 279. 277 „Solange der Vertrag – im Gegensatz zu seiner Bedeutung im Zivilrecht und im Gegensatz zu dem eingebürgerten Verwaltungsakt – als atypische Regelung anzusehen“

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

hung zwischen den öffentlich-rechtlichen Verträgen möglich ist, in denen die Zwecke des § 57 VwVfG durchaus zum Tragen kommen und denen, wo dies eher nicht der Fall ist278. Im übrigen spricht auch der eindeutige Wortlaut des § 57 VwVfG gegen die teleologische Reduktion279. Gegen den Schriftformausschluß in einer kommunalen Satzung kann ins Feld geführt werden, daß der Wortlaut des § 57 VwVfG „soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist“ nicht auf eine Lockerung des Formenzwangs hinausläuft, sondern – im Gegenteil – die Schriftform als Mindestform immer gewahrt bleiben muß und nur dann, wenn das Gesetz für spezielle Fälle strengere oder andersartige Formerfordernisse aufstellt, diese Sondervorschriften unberührt bleiben280. All die genannten Konstruktionen zur Einschränkung des § 57 VwVfG vermögen daher nicht zu überzeugen und können folglich nicht herangezogen werden, um das Schriftformerfordernis des § 60 II 1 VwVfG zu eliminieren. Soweit man angesichts des obigen Beispiels bzw. überhaupt bei Massengeschäften Ausnahmen vom Formenzwang zulassen möchte, wird dies in Zukunft nur nach einer entsprechenden Reaktion des Gesetzgebers möglich sein281. ___________ ist, Begründung des Entwurfs eines Verwaltungsverfahrensgesetzes zu § 53 [jetzt § 57] BT-Drs. 7/910, S. 81. 278 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 463, mit weiteren Argumenten gegen die teleologische Reduktion. 279 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 209, mit weiteren Argumenten gegen die teleologische Reduktion. 280 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 463; W. Beyer, Der öffentlich-rechtliche Vertrag (Fn. 239), S. 123 f.; P. Tiedemann, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 57 Rn. 18; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 57 Rn. 22; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 21), § 69 Rn. 10; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 276), Rn. 279. 281 Für eine flexiblere Gestaltung der Schriftformvorschrift § 57 VwVfG eintretend die Beschlußempfehlung des Beirats Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern zur Fortentwicklung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag unter Einbeziehung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse, abgedruckt in NVwZ 2002, S. 834 f. (S. 835) – der Vertrag soll durch den Beginn des Vollzugs entsprechend § 311 b I 2 BGB Gültigkeit erlangen können; siehe zur Forderung von Ausnahmen vom Schriftformerfordernis des § 57 VwVfG auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 156 f., 464; ebenfalls für die Lockerung der Schriftform eintretend H. Schmitz, NVwZ 2000, S. 1238 ff. (S. 1241) und J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 164), S. 137 ff., der dann aber dennoch, und dies zu Recht, auf S. 204 des Gutachtens für die Aufnahme der Schriftform von verwaltungsvertraglichen Kündigungserklärungen ins Gesetz eintritt.

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V. Begründung der Kündigungserklärung Im Rahmen der Kündigungserklärung ist als nächstes deren Begründungsbedürftigkeit zu erörtern. Aufgrund unterschiedlicher normativer Vorgaben ist es auch hier wieder angebracht, zunächst eine nach Rechtsgebieten getrennte Betrachtung vorzunehmen. 1. Begründung von Kündigungserklärungen bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen Gemäß § 60 II 2 VwVfG „soll“ die Kündigung begründet werden. a) Charakter der Begründungsregelung und Rechtsfolgen fehlender Begründung Nach verbreiteter Ansicht in der Kommentarliteratur entspricht der Charakter dieser Vorschrift einem sog. Regelermessen282. Das bedeutet, daß die Kündigung der betroffenen Verträge regelmäßig begründet werden muß283. Nur aus wichtigem Grund oder in atypischen Fällen könne daher von einer Begründung abgesehen werden284. Solche Gründe liegen z.B. vor, wenn die Kündigungsberechtigung unter den Kooperationspartnern eindeutig und unbestritten ist285 oder wenn dem Vertragspartner die Auffassung des Kündigenden über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung für ihn ohne ___________ 282 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 77; H. Meyer, in: H. Meyer/H. BorgsMaciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 20; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; siehe zur Bedeutung eines Regelermessens M. Sachs, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 40 Rn. 26; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 40 Rn. 33; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 40 Rn. 44; vgl. zu den Ausnahmefällen vom Regelermessen allgemein: BVerwG NJW 1984, S. 70 ff. (S. 71); BVerwGE 84, S. 220 ff. (S. 232 f.); eingehend auch H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 31 IV 2 Rn. 34 f. (S. 456 f.). 283 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a; vgl. im übrigen die Nachweise in der vorangegangenen Fußnote. 284 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 77; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21. 285 Ansonsten sei die Berechtigung zur Kündigung nachzuweisen, N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 77.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

weiteres erkennbar ist286. § 60 II 2 VwVfG solle mithin sicherstellen, daß der Vertragspartner die wesentlichen Gründe für die Vertragsbeendigung kennenlernt, was letztlich nach § 39 II Nr. 2 VwVfG überflüssig ist, wenn ihm die Gründe aus vorangegangenen Verhandlungen oder entsprechender Korrespondenz bereits geläufig sind287. Für Inhalt und Umfang der Begründung gelte § 39 I 2 VwVfG entsprechend, wonach die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die den Kündigenden zu seiner Entscheidung bewogen haben288. Die Begründungsregelung entfalte auch für den privaten Kooperationspartner Wirkung289. Dieser Deutung als Regelermessen ist beizupflichten, soweit es um den Wortlaut „soll“ der Vorschrift § 60 II 2 VwVfG geht. Dieser spricht für eine Soll-Vorschrift im klassischen Sinne, also für ein Regelermessen. Im übrigen vermag die Rechtsansicht nicht zu überzeugen. Hauptargument dagegen ist, daß das Fehlen einer Begründung die Kündigung – im Gegensatz zum Mangel in der Schriftform – nicht unwirksam macht290. Die Wirkungen der Kündigung treten also völlig unabhängig von irgendeiner Begründung ein. Nach Ansicht der zitierten Kommentarmeinungen sei der Grund dafür, daß die Begründung jederzeit nachgeholt werden könne291 bzw. wegen Kenntnis der Umstände überflüssig, weil unumstritten ist. Wenn nun aber die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG schon nicht wirkungskonstitutiv für die Kündigung ist, macht es auch keinen Sinn, sie auf die Ebene einer grundsätzlichen Begründungspflicht zu erheben und nur im Ausnahmefall fallenzulassen. Es wäre daher mit ___________ 286

Dies entspricht dem Regelungsgedanken des § 39 II Nr. 2 VwVfG. H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a. 288 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21; H.G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20, § 39 Rn. 5. 289 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 77; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 20. 290 Einhellige Meinung: vgl. VGH München BayVBl. 1988, S. 721 ff. (S. 723); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 77; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 20; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 15), S. 618 f. in Fn. 223; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 21), § 71 Rn. 20. 291 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20. 287

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dem VGH München292 vorzugswürdig, ganz auf das Begründungserfordernis zu verzichten, weil eben eine fehlende Begründung für die Wirksamkeit der Kündigung unschädlich ist. Der Wortlaut „soll“ deckt diese Auslegungsmöglichkeit jedenfalls noch. Zweck des Begründungserfordernisses ist letztlich nur, daß dem kündigenden Kooperationspartner die Behauptungs- und Darlegungslast dafür auferlegt wird, daß sämtliche Kündigungsvoraussetzungen vorliegen293. Dies erscheint auch geboten, damit die übrigen Vertragspartner prüfen können, ob sie die Kündigung anerkennen oder die Berechtigung der Kündigung bezweifeln294. Wird nach einer umstrittenen Kündigung ein Prozeß geführt, so geht das Fehlen einer Begründung zu Lasten des kündigenden Kooperationspartners, wenn die Gegenseite sich darauf beruft und die Kündigung auf bisher nicht bekannte Gründe gestützt wird295. Aus alledem wird ersichtlich, daß dem gekündigten Kooperationspartner schon allein mit den prozessualen Folgen einer mangelnden Kündigungsbegründung geholfen ist, seine Interessen zu wahren. Warum neben der Wirksamkeit der Kündigung dann auch noch die Gründe für ein Abweichen vom Regelermessen vom Verwaltungsgericht296 geprüft werden sollen, ist nicht einleuchtend297. Dem gekündigten Vertragspartner hilft dies jedenfalls nicht weiter. Ob das Gericht beim Fehlen einer Begründung unter Umständen von Amts wegen die maßgeblichen Kündigungsgründe ermitteln muß oder ob es darauf verzichten kann, ist nicht ganz unproblematisch298. Richtig ist wohl, daß es ermitteln muß, wenn und soweit erst dann über die Zulässigkeit der Kündigung abschließend entschieden werden kann299. Vielfach wird sich das jedoch erübrigen, weil sich bei der Prüfung der vorrangigen Vertragsanpassung nach § 60 I 1 1. Alt. VwVfG ergeben wird, was schließlich zur Kündigung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags führte. Dies ist letztlich ein weiteres ___________ 292

VGH München BayVBl. 1988, S. 721 ff. (S. 723). So auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21. 294 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21. 295 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 60 Rn. 21. 296 Dies ist bei einer Sollvorschrift im Sinne eines Regelermessens notwendig, BVerwG DÖV 1967, S. 424 f. (S. 425). 297 Dafür gibt auch die amtliche Begründung zu § 56 Abs. 2 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 II VwVfG, keine Anhaltspunkte, vgl. BT-Drs. 7/910, S. 82 f. 298 Vgl. dazu VGH München BayVBl. 1987, S. 531 ff. (S. 532), der keinen Anlaß sieht, den Sachverhalt von Gerichts wegen zu klären. 299 So auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 51), § 60 Rn. 31a. 293

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Argument gegen ein Regelermessen im Rahmen des § 60 II 2 VwVfG, weil die Gründe der Kündigung wegen der Stufenrechtsfolge praktisch immer schon bekannt sein dürften. Die somit vorgenommene Auslegung300 der Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG spricht also nach der hier vertretenen Ansicht lediglich für ein „normales“ Ermessen der Vorschrift und nicht für ein Regelermessen. Eine fehlende Begründung führt daher „nur“ zur allgemeinen Ermessensfehlerfolge301 und im speziellen (gegebenenfalls) zu den erwähnten prozessualen Folgen. Hinreichende Gründe zur Abweichung vom Regelermessen sind insoweit nicht erforderlich und vom Verwaltungsgericht auch nicht zu prüfen. b) Zur Schriftlichkeit der Begründung Entgegen einer Ansicht in der Literatur braucht die Begründung der Kündigung ihrerseits nicht schriftlich zu sein302. Die Begründung ist nach dem oben Gesagten gerade kein zwingender Bestandteil der Kündigungserklärung. Warum soll also die Nichtigkeitsrechtsfolge der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 125 S. 1 BGB für die Begründung der Kündigungserklärung303 greifen, wenn sie für die Wirksamkeit der Kündigung noch nicht einmal notwendig ist? Im streitigen Prozeß wird das Gericht die vorgebrachten Begründungsargumente gleichwohl berücksichtigen. Eine schuldhafte Nichtbegründung der Kündigung mit der Kostenfolge des § 155 V VwGO wird man der vertragsmüden Partei dann nicht vorwerfen können, weil sie die Kündigung ja tatsächlich, wenn auch mündlich, begründet hat. Ein sanktionierbarer Verstoß gegen das Schriftformerfordernis liegt solange nicht vor, wie die Kündigungserklärung als solche schriftlich erfolgt ist.

___________ 300 Und diese entscheidet schließlich über das „Ob“ und „Wie“ des Ermessens einer Behörde, vgl. nur BVerwG DVBl. 1981, S. 975 ff. (S. 977); Clemens Weidemann, Die behördliche Feststellung nach § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung, DVBl. 1992, S. 1568 ff. (S. 1573); Siegfried R. Schöpfer, Die ablehnende Entscheidung nach § 172 BauGB – gebundene Entscheidung oder Ermessensentscheidung?, NVwZ 1991, S. 551 ff. (S. 552). 301 Siehe statt vieler F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 43), § 40 Rn. 57 ff.; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 3), § 31 IV 4 Rn. 44 ff. (S. 462 ff.). 302 Für ein Schriftformerfordernis der Begründung N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 78; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 20. 303 Wenn nicht sogar für die gesamte Kündigung, siehe insoweit P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 145 a.E.

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Dafür, daß die Begründung nicht notwendigerweise schriftlich sein muß, spricht auch die Gesetzesbegründung zu § 60 II 2 VwVfG. Der Gesetzgeber führt aus: „Die Schriftlichkeit der Kündigung und ihre Begründung erscheinen im Hinblick auf eine etwa nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung zweckmäßig. ...“304. Wenn der Gesetzgeber auch die Schriftlichkeit der Begründung gewollt hätte, dann hätte er den Erläuterungssatz wie folgt formulieren können: „Die Schriftlichkeit der Kündigung und ihrer Begründung erscheinen im Hinblick auf eine etwa nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung zweckmäßig“. c) Anwendbarkeit des § 60 II 2 VwVfG auf alle Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verträge Nach nicht unbeachtlicher Ansicht in der Literatur erstreckt sich auch die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG nur auf Kündigungen öffentlichrechtlicher Verträge nach § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG305. Wie bei dem generellen Schriftformerfordernis für die Kündigungserklärung wäre es wegen der Einheitlichkeit des Rechtsinstituts „öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag“ ratsam, auch die Begründungsregelung insoweit zu vereinheitlichen306. Begründet werden „sollten“ also auch die Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verträge, bei denen sich die Kündigungsursachen nicht aus § 60 I 1 2. Alt. oder S. 2 VwVfG ergeben. Die Gesetzesbegründung307 zu § 60 II 2 VwVfG spricht jedenfalls nicht dagegen. Der Gesetzgeber macht genau wie bei dem Schriftformerfordernis keine Einschränkungen für die Begründungsregelung im Hinblick auf einen besonderen Kündigungsgrund bzw. Kündigungsart. Es kann auch für die Kündigungsbegründung keinen Unterschied machen, ob die Kündigungsursachen gesetzlich normiert sind oder aber auf parteilichen Vereinbarungen beruhen. Des weiteren ergeben sich auch keine Differenzen im Hinblick auf die Begründungszwecke. ___________ 304 So die amtliche Begründung zu § 56 Abs. 2 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 II VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 82. 305 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 21), § 60 Rn. 75; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 9), § 60 Rn. 20. 306 Dieses Postulat entspricht der dogmatischen Betrachtung, auch wenn das Begründungserfordernis für die praktische Wirksamkeit der Kündigung nur von rudimentärer Bedeutung ist. 307 „Die Schriftlichkeit der Kündigung und ihre Begründung erscheinen im Hinblick auf eine etwa nachfolgende gerichtliche Auseinandersetzung zweckmäßig. Weitere Formvorschriften für die Kündigung sind nicht notwendig. Anderweitige weitergehende Formvorschriften bleiben auch hier unberührt.“ – amtliche Begründung zu § 56 Abs. 2 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 II VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 82 f.

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Allerdings ist bei der Forderung nach einer insoweit einheitlichen Behandlungsweise auch zu beachten, daß eine fehlende Begründung die Kündigung eben nicht unwirksam macht. Dem Postulat kommt damit nur eine geringe praktische Bedeutung zu. Es trägt allerdings zur dogmatischen Standardisierung bei und fungiert auch als Argument gegen die Deutung als Regelermessen. Denn auch bei einer beispielsweise auf parteilichen Vereinbarungen beruhenden ordentlichen Kündigung ist es für den gekündigten Vertragspartner durchaus von Interesse zu wissen, warum die Kündigung erfolgte. Freilich sind bei ordentlichen Kündigungen – wegen der Natur der Sache – an die Begründung keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht insoweit schon aus, daß angegeben wird, daß wegen vereinbarter ordentlicher Kündigung zu dem angegebenen Datum fristgerecht gekündigt wird. Das Begründungserfordernis wird dann aber praktisch immer zur Ausnahme von der Regel, weil der „gekündigte Kooperationspartner“ aufgrund der zeitlichen Regelung den Sachverhalt immer nachvollziehen können wird. In den Fällen der ordentlichen Kündigung eines öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrags würde daher dann die Ausnahme vom Begründungserfordernis zur ständigen Regel und Fälle des Regelermessens zur absoluten Ausnahme werden. Als Zwischenergebnis bleibt aber festzuhalten, daß die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG bei allen Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge zu beachten ist. Dies kann bei vereinbarten Kündigungsgründen oder ordentlicher Kündigung gleichfalls wieder im Wege einer Analogie geschehen. Das Bedürfnis für die Analogie besteht auch insoweit in der einheitlichen Behandlung des einheitlichen Rechtsinstituts „öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag“. Es ist allerdings wegen der geringen Bedeutung im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung entsprechend niedrig einzuschätzen. d) Vereinbarung eines Begründungserfordernisses Selbstverständlich bleibt es den Vertragspartnern unbenommen, im öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag die Begründungspflicht einer Kündigung auch speziell zu vereinbaren und als Wirksamkeitsvoraussetzung zu kreieren. In Verbindung mit einem Schriftformerfordernis der Kündigungserklärung gesetzt, kann die Regelung so getroffen werden, daß auch die Begründung dem Schriftformerfordernis unterliegt. Dem Begründungserfordernis kommt in Fällen spezieller Vereinbarung konstitutive Wirkung zu. Eine fehlende Begründung führt dann zur Nichtigkeit der Kündigung gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 125 S. 2 BGB308. ___________ 308

Vgl. H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 626 Rn. 32.

§ 6 Die Kündigungserklärung

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Bei weniger deutlichen bzw. ungenauen Vertragsklauseln sollte der Vertragsgestalter beachten, daß die Verwaltungsgerichte bei vereinbartem Begründungszwang stets prüfen werden, ob die Begründung tatsächlich Wirksamkeitsvoraussetzung für den Beendigungstatbestand sein soll309 oder ob dem gekündigten Kooperationspartner lediglich die Kündigungsursachen transparent gemacht werden sollten. Im Zweifel werden sie davon ausgehen, daß mit der Vereinbarung eines Begründungszwangs keine Wirksamkeitsvoraussetzung gewollt ist310. 2. Begründung von Kündigungserklärungen bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen Soweit es um die Begründung von Kündigungserklärungen bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen geht, ist der Blick wieder auf das Privatrecht zu richten. Dort existiert keine allgemein-grundsätzliche Begründungspflicht für ordentliche oder außerordentliche Kündigungen. Insbesondere hat der Gesetzgeber mit der Aufnahme der Kündigung aus wichtigem Grund in den § 314 BGB keine allgemeinen Aussagen über ein eventuelles Begründungserfordernis getroffen. Auch dem § 626 II 3 BGB als Bestandteil der Vorschrift, die maßgeblich für die Entwicklung des Instituts `Kündigung aus wichtigem Grund` steht, ist ein solches nicht zu entnehmen. Nach dieser Vorschrift muß der Kündigende dem anderen Teil nur auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich mitteilen. Es handelt sich dabei nach allgemeiner Meinung um keine Wirksamkeitsvoraussetzung für diesen Kündigungstatbestand311. Die Vorschrift bezweckt nur, daß sich der Kündigungsempfänger rechtzeitig über die Erhebung einer Klage schlüssig werden kann312. Im Zivilrecht ist daher die Kündigungsbegründung keine allgemeingrundsätzliche Wirksamkeitsvoraussetzung einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung313. Die Einführung der Bekanntgabe der Kündigungs___________ 309

Vgl. für den Bereich des zivilen Arbeitsrechts BAG AP Nr. 1 zu BMT G II § 54. So für das zivile Arbeitsrecht P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 146. 311 P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 147; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 626 Rn. 32. 312 Vgl. dazu die amtliche Begründung BT-Drs. 5/3913 zu Art. 2 Nr. 6, S. 11; vgl. auch BAG AP Nr. 65 zu § 626. 313 Siehe für das zivile Arbeitsrecht nur P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 41), Vor § 620 Rn. 143; ders., Anmerkung zu Urteil des BAG vom 28.09.1972, JZ 1973, S. 377 ff. (S. 379 ff.); BAG AP Nr. 1 zu § 67 HGB; BAG AP Nr. 55, 56 zu § 1 KSchG; BAG NJW 1958, S. 1136 ff. (S. 1136 ff.). 310

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

gründe würde schon bei Ausübung des Gestaltungsrechts auf die Einführung einer formellen Kündigungsvoraussetzung hinauslaufen, die im geltenden Recht, von Sonderfällen abgesehen, nicht vorgesehen ist314. Solche gesetzlichen Sonderregelungen finden sich etwa im Mietrecht bei den §§ 569 IV und 573 III 1 BGB. Die jeweilige Begründungspflicht soll sicherstellen, daß der Kündigungsempfänger erkennen kann, welcher Umstand zur Kündigung geführt hat und ihm damit Klarheit über seine Rechtsstellung verschaffen315. Eine weitere gesetzliche Sonderregelung stellt der § 15 III BBiG dar. Danach bedarf die Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit einer Begründung, wenn der Auszubildende die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will oder das Ausbildungsverhältnis fristlos gekündigt wird. Die Angabe der Begründung ist jeweils Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung, da die Begründungserfordernisse der Vorschriften als zwingende Formvorschriften aufzufassen sind. Fehlt die Angabe, ist die Kündigung gemäß § 125 S. 1 BGB unwirksam316. Von den genannten gesetzlichen Sonderregelungen lassen sich aber keine allgemeinverbindlichen Grundsätze für das Verwaltungsvertragsrecht ableiten, weil die Sonderregelungen den betroffenen Rechtsgebieten immanenten besonderen sozialen und gesellschaftlichen Hintergründen gezollt sind317, die nicht pauschal auf Kündigungen verwaltungsvertraglicher Dauerschuldverhältnisse übertragen werden können. Ihre Substanz ist auch nicht jener der Schriftlichkeit der Erklärung vergleichbar. Selbstverständlich können die Verwaltungskooperationsparteien auch im privatrechtlichen Verwaltungsvertrag die Begründungspflicht einer Kündigung vereinbaren. Es gilt dann das zum öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag Gesagte318. ___________ 314 BAG AP Nr. 1 zu § 67 HGB; so ein Sonderfall kann streng genommen auch nicht in § 60 II 2 VwVfG gesehen werden, weil die Kündigung bei Verstoß gegen diese Begründungsregelung ja nicht unwirksam ist, vgl. oben § 6 V 1 a. 315 W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 569 Rn. 23 und § 573 Rn. 47; vgl. auch BT-Drs. 14/5663, S. 82 und BT-Drs. 14/4553 S. 66 u. 91. 316 BAG AP Nr. 1 zu § 15 BBiG; D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 64), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 39; W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 4), § 569 Rn. 23 und § 573 Rn. 47. 317 Vgl. dazu allgemein Dietrich von Stebut, Der soziale Schutz als Regelungsproblem des Vertragsrechts – die Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmern und Wohnungsmietern, 1982, passim. 318 Siehe oben § 6 V 1 d).

§ 6 Die Kündigungserklärung

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3. Einheitliches Begründungserfordernis für alle Verwaltungsverträge? Vergleichbar der Situation bei dem oben dargestellten einheitlichen Schriftformerfordernis könnte sich angesichts eines Begründungserfordernisses auch die Frage stellen, ob für die Kündigungserklärung privatrechtlicher Verwaltungsverträge gleichfalls die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG entsprechend herangezogen werden kann bzw. muß. Allerdings läßt sich hier eine eventuelle Analogie nicht so ohne weiteres begründen, weil dem Begründungserfordernis nicht dieselbe Bedeutung zukommt wie dem Schriftformerfordernis319. Aspekte wie Rechtssicherheit und Verläßlichkeit lassen sich zwar der Schriftlichkeit zuschreiben320, jedoch kaum mit der Begründungsregelung derart in Verbindung bringen, daß von „konkretisiertem Verfassungsrecht321“ gesprochen werden kann. Die Übertragung des § 60 II 2 VwVfG auch auf die Kündigungserklärungen privatrechtlicher Verwaltungsverträge wäre nur möglich, wenn und soweit er sich auf höherrangiges, die Verwaltung durchgehend bindendes Verfassungsrecht zurückführen läßt oder als Ausfluß allgemeiner bzw. analogiefähiger Rechtsgedanken angesehen werden könnte322. Schon die Tatsache, daß die Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags auch bei Verstoß gegen § 60 II 2 VwVfG wirksam ist, bestätigt, daß dem Begründungserfordernis nicht der gleiche Stellenwert eingeräumt wird wie dem Schriftformerfordernis. Bei einem Verstoß dagegen wäre die Kündigung unwirksam, bei einem Verstoß gegen das Begründungserfordernis hingegen nicht. Mangels Stringenz an Wirksamkeitsunerläßlichkeit produziert die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG somit keinen derart verläßlichen Beweis und gehorcht auch nicht vergleichbar dem Postulat der Verläßlichkeit, wie dies bei der Schriftlichkeit der Kündigungserklärung der Fall ist. Auch eine nicht begründete Kündigung vermag für den Kooperationspartner Rechtssicherheit zu gewährleisten, wenn ihm nur ersichtlich ist, daß das Verwaltungsvertragsverhältnis beendet sein soll. Die Frage nach dem „Warum“ ist eine andere, weil sie eben die Wirksamkeit der Kündigung als solche grundsätzlich nicht berührt323. Waren die Beendigungsursachen genügend, ist der Vertrag beendet, waren sie es nicht, ist die Kündigung unwirksam und der Vertrag lebt mit all seinen Rechtsverhältnissen fort. Ob die Beendigungsursachen in der Kündigung aufge___________ 319 Siehe dazu oben § 6 IV 4 b) bb); vor allem hat es keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kündigung. 320 Siehe dazu oben § 6 IV 4 b) bb). 321 Vgl. dazu F. Werner, DVBl. 1959, S. 527 ff. (S. 527 ff.). 322 D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform (Fn. 225), S. 226; siehe dazu auch oben § 6 IV 4 b) aa). 323 Siehe oben § 6 V 1 a).

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2. Kap.: Allgemeiner Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

führt wurden, spielt für dieses Verständnis nur insoweit eine Rolle, als es für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung von Nöten ist. Wie sie in den Beurteilungsvorgang eingebracht werden, ist letztlich unerheblich. Geschieht es außerhalb der Kündigungserklärung, heißt das gerade nicht, daß sie zur Beendigung des Verwaltungsvertragsverhältnisses nicht ausreichten. Die Darlegung der Kündigungsursachen in der Erklärung ist also nicht von solch hoher Signifikanz, daß sie mit der aus der Schriftlichkeit herausgearbeiteten Verläßlichkeit kongruent ist. Letztlich bezweckt das Begründungserfordernis auch nicht die Verläßlichkeit, sondern kommt „nur“ Behauptungs- und Darlegungsbedürfnissen des Kündigenden zu Gute324. § 60 II 2 VwVfG dient also mit dem Begründungserfordernis nicht vergleichbar dem Schriftformerfordernis der Verläßlichkeit von öffentliches Recht tangierendem Handeln und damit auch nicht dem Schutz des Verfassungsrechtsguts Rechtssicherheit. § 60 II 2 VwVfG enthält mit dem Begründungserfordernis kein konkretisiertes Verfassungsrecht. Die Vorschrift findet daher im Ergebnis bei der Kündigung von privatrechtlichen Verwaltungsverträgen keine Anwendung. Es besteht auch mangels Wirksamkeitsunerläßlichkeit kein Bedürfnis für eine Analogie des § 60 II 2 VwVfG beim privatrechtlichen Handeln der Verwaltung. 4. Fazit Die Auslegung der Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG ergibt lediglich ein „normales“ Ermessen und kein Regelermessen. Die Begründung der Kündigung ist keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine fehlende Begründung kann aber prozessuale Folgen haben. Die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG ist bei allen Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge zu beachten, gleichviel, ob es sich um Kündigungen nach § 60 I VwVfG oder wegen vereinbarter Ursachen (besondere Kündigungsgründe bzw. ordentliche Kündigung) handelt. Bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge sind vorbehaltlich spezialgesetzlicher Anordnung keine Begründungserfordernisse zu beachten. Eine Analogie des § 60 II 2 VwVfG ist nicht angezeigt.

___________ 324

Vgl. oben § 6 V 1 a).

§ 6 Die Kündigungserklärung

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VI. Gemeinsame Standards zur Kündigungserklärung Im Rahmen der Darstellung der Kündigungserklärung können als gemeinsame Standards aller Kündigungen von Verwaltungsverträgen festgehalten werden: ̛

die Kündigungserklärung eines Verwaltungsvertrags ist unabhängig von seiner Rechtsnatur immer eine reine Willenserklärung,

̛

zum notwendigen Inhalt einer Kündigungserklärung gehört, daß aus ihr erkennbar wird, daß es sich um eine Kündigung handelt, auf welchen Vertrag sie sich bezieht und wer sie ausspricht; es muß deutlich werden, daß dem Verwaltungsvertrag ein Ende gesetzt werden soll,

̛

die Kündigungserklärung muß an alle betroffenen Vertragspartner gerichtet sein, deren Rechte und Pflichten von dem Verwaltungsvertrag berührt werden; die Befugnis zur Kündigung eines Verwaltungsvertrags steht nur demjenigen zu, den die noch nicht erloschene vertragliche Verpflichtung trifft,

̛

die Kündigungserklärung unterliegt im Verwaltungsvertragsrecht einem einheitlichen Formerfordernis; Kündigungserklärungen von kündbaren Verwaltungsverträgen haben immer schriftlich zu erfolgen, ganz gleich, ob die Verträge öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind, auf welchen Ursachen die Kündigungen beruhen oder welcher Art diese sind.

Damit ist auch insoweit der Versuch geglückt, für den Verwaltungsvertrag weitgehend einheitliche rechtsformunabhängige Lösungsmöglichkeiten für Probleme der Kündigung von Verwaltungsverträgen zu finden. Bezüglich der Begründung der Kündigungserklärung lassen sich gemeinsame Standards für alle Verwaltungsverträge nur dann abstrahieren, wenn und soweit die Begründung der Kündigung gesetzlich zwingend angeordnet ist. Die Begründung wird dann zum Wirksamkeitserfordernis.

Drittes Kapitel

Besonderer Teil – Die Kündigung von Verwaltungsverträgen im einzelnen Die Ausführungen zum Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen haben deutlich gezeigt, daß insoweit innerhalb des Rechtsinstituts „Kündigung“ mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede bestehen. Es ist – trotz der Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag – weit überwiegend möglich, im Rahmen allgemeiner Themenbereiche gemeinsame Maßstäbe anzulegen. Der Besondere Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen dient dazu, näher zu prüfen, ob es auch bei den jeweiligen Kündigungsarten gemeinsame Standards gibt, die generell gelten. Es geht hier um die Ordnung einzelner Kündigungsprobleme bei der jeweiligen Kündigungsart, die Betrachtung der jeweiligen Kündigungsvoraussetzungen und -rechtsfolgen sowie um die Beleuchtung bestimmter Teilbereiche der Kündigung von Verwaltungsverträgen. Dabei wird es nicht immer möglich sein, von vornherein eine rechtsformunabhängige Betrachtungsweise zu verfolgen, da im Besonderen Teil, wie auch im Allgemeinen Teil, rechtsformbedingte Besonderheiten1 existieren, und es letztlich auch verschiedene Vertragstypen gibt, die sich eindeutig einer Rechtsform zuordnen und folglich die Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag notwendig werden lassen. Auch hier wird diese mitunter notwendige Vorgehensweise aber nur dazu dienen, gemeinsame, allgemeingültige Grundsätze zu entwickeln bzw. zu verdeutlichen. Damit soll letztlich dem Postulat der neueren Literatur nach für alle Verwaltungsverträge gleichermaßen geltenden Grundregeln rechtsformunabhängigen Charakters2 entsprochen werden. Begonnen wird mit der Darstellung der außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen (§ 7). Danach folgt die ordentliche Kündigung (§ 8), wobei jeweils der Aufbau der einzelnen Kündigungsarten einem einheitlichen ___________ 1 Stichwort: Sonderkündigungsrecht der Behörde nach § 60 I 2 VwVfG, siehe dazu unten § 7 I 2 b). 2 Siehe dazu oben § 2 II 2.

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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Grundschema folgt. Dieses Vorgehen ermöglicht Vergleiche und erleichtert die Verwendung der einzelnen Kündigungsarten bei der Vertragsgestaltung. Für jede Kündigungsart wird unterteilt in gesetzlich geregelte und vertraglich vereinbarte Voraussetzungen. Ein dritter Gliederungsparagraph (§ 9) beschäftigt sich schließlich mit den Rechtsfolgen der Kündigung eines Verwaltungsvertrags.

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags Verwaltungsverträge sind außerordentlich, also aus wichtigem Grund3, kündbar4. Im folgenden sind in erster Linie die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung zu strukturieren. Die Untersuchung der Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags hängt davon ab, in welcher Form der Beendigungstatbestand gegeben ist. In Betracht kommen zwei mitunter kumulativ vorliegende Möglichkeiten. Entweder sehen die Verwaltungsvertragsparteien die außerordentliche Kündigung bereits im Vertrag selbst vor oder aber die normative Rechtsordnung bietet die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung. Mit letzterem sind gesetzliche Kündigungstatbestände gemeint bzw. der Grundsatz, daß Dauerschuldverhältnisse immer aus wichtigem Grund gekündigt werden können5. An dieser Stelle kann bereits vorweggenommen werden, daß gerade den vertraglichen außerordentlichen Kündigungsregelungen eine hohe Bedeutung zukommt. Die rechtmäßige Handhabung dieser setzt allerdings voraus, daß die gesetzlichen Regelungen bekannt sind, da diese in nicht zu unterschätzendem Maße Individualregelungen beeinflussen. Deshalb bietet es sich an, mit der Untersuchung der gesetzlichen Regelungen der außerordentlichen Kündigung zu beginnen. I. Gesetzliche Regelungen der außerordentlichen Kündigung Je nachdem, ob es sich um privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge handelt, existieren unterschiedliche normative Ansätze. Insoweit gewinnt freilich auch die Unterscheidung der Rechtsgebiete an Bedeutung. Innerhalb dieser sind dann weiterhin spezielle und allgemeine Kündigungsrege___________ 3

Siehe dazu oben § 5 IV 2 a). Siehe oben § 5 IV 3. 5 Dieser Grundsatz ist nunmehr in § 314 BGB (eingeführt durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff.) verortet, so daß stets auf eine gesetzliche Regelung zurückgegriffen werden kann, vgl. dazu unten § 7 I 2 c) cc) und oben § 5 IV 2 a). 4

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

lungen zu trennen. Die Untersuchung wird insgesamt auf gemeinsame Standards konzentriert, was bei schon flüchtiger Betrachtung wegen der Existenz einer Brückennorm (§ 62 S. 2 VwVfG) erfolgsversprechend erscheint. 1. Spezialgesetzliche Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge Soweit die Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge mit gesetzlichen Regelungen in Verbindung gebracht wird, fällt der Blick naturgemäß zuallererst auf den § 60 I VwVfG bzw. seine weit überwiegend wortgleichen „Schwestervorschriften“ in den Landes-Verwaltungsverfahrensgesetzen. Allerdings existieren auch eine Reihe von Gesetzen, die für die Kündigung spezieller öffentlich-rechtlicher Verträge eigene Vorschriften bereithalten. Diese Kündigungsvorschriften treten für den Bereich der öffentlich-rechtlichen Verträge in Konkurrenz zu denen der Verwaltungsverfahrensgesetze. Derartige Normkollisionen auf der selben Rangstufe werden allgemein mit der lex-specialis-Regel gelöst6. Die spezielleren Regelungen gehen daher der Anwendung der Kündigungsvorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze insoweit vor, als daß sie denselben Tatbestand regeln und erfassen7. Es kann daher bereits hier festgehalten werden, daß, sobald ein öffentlichrechtlicher Vertrag gegeben ist, der seine Basis in speziellen verwaltungsrechtlichen Vorschriften hat, stets zu prüfen ist, ob nicht genau diese Vorschriften für die Beendigung des Vertrags spezielle Beendigungstatbestände, insbesondere Kündigungsregelungen, bereithalten. Spezialgesetzliche Kündigungsregelungen sind im Bereich der öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträge gelegentlich anzutreffen (z.B. in § 13 III ThürKGG und § 27 II HessKGG). Exemplarisch dafür soll hier für den Freistaat Bayern ein Ressort klassischer verwaltungsrechtlicher Kooperation, die kommunale Zusammenarbeit, etwas näher betrachtet werden. a) Die außerordentliche Kündigung kommunaler Arbeitsgemeinschaften gemäß Art. 6 II 2 BayKommZG In Bayern können Gemeinden, Landkreise und Bezirke durch öffentlichrechtlichen Vertrag einfache und besondere Arbeitsgemeinschaften bilden, ___________ 6

Vgl. statt vieler Hans-Uwe Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 7 IV Rn. 11 (S. 184 f.); Rudolf Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Aufl. 1994, § 15 (S. 83). 7 Siehe zu dieser Problematik auch unten § 7 I 2 c) bb).

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

155

Art. 4 I 1, 5 BayKommZG8. Gemäß Art. 6 II 2 BayKommZG können nun diese (besonderen9) Arbeitsgemeinschaften auch aus wichtigem Grund gekündigt werden (außerordentliche Kündigung). Wann ein solcher wichtiger Grund gegeben ist, besagt das Gesetz allerdings nicht, so daß auf andere Hilfestellungen zurückgegriffen werden muß. In Anlehnung an § 314 I 2 BGB und die Rechtsprechung zu § 626 I BGB ist ein wichtiger Grund i.S.v. Art. 6 II 2 BayKommZG gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen aller Vertragsteile die Fortsetzung der Arbeitsgemeinschaft bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum Eintritt anderer Beendigungsgründe (etwa der vereinbarten Aufhebung der Arbeitsgemeinschaft) nicht zumutbar ist10. An diesen Voraussetzungen des wichtigen Grundes wird deutlich, daß die Wirksamkeit der Kündigung letztlich vom Ergebnis eines Abwägungsvorgangs abhängt. Eine andere Ansicht zur Ermittlung der Voraussetzungen eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung im Bereich kommunaler Zusammenarbeit vertritt das VG Magdeburg11. Demnach seien zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen eines wichtigen Grundes angenommen werden kann, die in § 60 I 1 (SachsAnh)VwVfG verankerten Rechtsgrundsätze entsprechend heranzuziehen. Diese Meinung überzeugt jedoch nicht. Schon der Blick auf die Voraussetzungen des § 60 I 1 VwVfG läßt erahnen, daß es sich bei der Norm nicht um „die“ Generalkündigungsnorm handelt. Ihre Voraussetzungen sind schon vom bloßen Wortlaut her wesentlich subtiler ausgestaltet und ähneln denen des § 313 I BGB12, der zivilrechtlichen Pendantvorschrift für den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Der schlichte Satz „... können aus wichtigem Grund gekündigt werden (außerordentliche Kündigung)“ rechtfertigt viel eher ___________ 8

In den anderen Bundesländern existieren mehr oder weniger vergleichbare Modelle der interkommunalen Zusammenarbeit, vgl. dazu die jeweiligen Landesvorschriften. 9 Art. 6 BayKommZG regelt ausdrücklich nur die Beendigung und Kündigung der besonderen Arbeitsgemeinschaften, er ist jedoch entsprechend auch auf die einfachen Arbeitsgemeinschaften anwendbar, Norbert Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Gemeindeordnung, Landkreisordnung, Bezirksordnung, Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Kommunale Zusammenarbeit), Loseblattsammlung, Stand: 321. Lfg. Februar 2002, Art. 6 KommZG Erl. 4 (S. 45). 10 So auch N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 10), Art. 6 KommZG Erl. 3.2 (S. 45); HansJoachim Wachsmuth/Gerhard Oehler/Wolfgang Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern, VGemO und KommZG, Kommentar, 1985, Art. 7 KommZG Anm. 3.2 (S. 115). 11 LKV 2001, S. 521 ff. (S. 522). 12 Eingeführt durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

einen Rückgriff auf § 314 I BGB und die Rechtsprechung zu § 626 I BGB. Diese Auslegung liegt daher um einiges näher als die Zuhilfenahme des § 60 I 1 VwVfG, welcher mit den erwähnten Vorschriften nicht identisch ist13. Ein wichtiger Grund ist im Rahmen der angesprochenen Form kommunaler Zusammenarbeit also dann gegeben, wenn die Fortsetzung der Arbeitsgemeinschaft dem betroffenen Arbeitsgemeinschaftsmitglied nach den Umständen nicht mehr zuzumuten ist14. Wann dies konkret der Fall ist, muß jeweils anhand des gegebenen Einzelfalls gesondert geprüft werden15. Dabei ist zu beachten, daß die Arbeitsgemeinschaft für die von ihr zu erfüllende Angelegenheit auf Dauer angelegt ist, so daß für jedes beteiligte Mitglied grundsätzlich die Pflicht zur Treue besteht („pacta sunt servanda“ ). Weil die zu erfüllende Angelegenheit alle Arbeitsgemeinschaftsbeteiligten gemeinsam berührt (vgl. Art. 4 II 1 BayKommZG), ist weiterhin zu berücksichtigen, daß ein besonderes im öffentlichen Interesse geschütztes Vertrauen der übrigen Arbeitsgemeinschaftsmitglieder auf die Dauerhaftigkeit der Gemeinschaftslösung existiert. In jedem Fall ist daher die Aufkündigung der Beteiligung an der Arbeitsgemeinschaft nur dann gerechtfertigt, wenn das diesbezügliche Einzelinteresse unter Beachtung des Interesses an einer dauerhaften Erledigung der von der Arbeitsgemeinschaft übernommenen Angelegenheit mehr Gewicht hat als die Pflicht zur Arbeitsgemeinschaftstreue. Es existiert bereits eine Reihe von Fällen, in denen von einem wichtigem Grund zur Kündigung einer Arbeitsgemeinschaft ausgegangen werden kann. So ist ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund etwa dann gegeben, wenn die Arbeitsgemeinschaft ihre Aufgabe erfüllt hat oder ihr die Erfüllung ihrer Aufgabe unmöglich geworden ist, ohne daß vereinbart wurde, daß die Arbeitsgemeinschaft mit der Aufgabenerfüllung bzw. der Unmöglichkeit aufgehoben ist16. Ein Recht zur außerordentlichen Kündigung kann je nach Lage des Einzelfalls aber auch dann gegeben sein, wenn ein Beteiligter die Arbeitsgemeinschaft durch ordentliche Kündigung17 verlassen hat18. In einem ___________ 13

Siehe dazu im einzelnen unten § 7 I 2 c) aa). Josef Prandl/Joachim Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (VGemO) und Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (KommZG), 5. Aufl. 1986, Art. 7 KommZG Erl. 3 (S. 89). 15 Siehe zur Vorgehensweise auch detailliert unten § 7 I 2 a) bb) (3). 16 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 3.2 (S. 115). 17 Siehe zur ordentlichen Kündigung einer kommunalen Arbeitsgemeinschaft unten § 8 II 3 a) aa). 18 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.2 (S. 45). 14

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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solchen Fall kann dann unter Umständen die Weiterführung der Arbeitsgemeinschaft deswegen untunlich geworden sein, weil etwa die Erfüllung ihrer Aufgabe nicht mehr erreicht werden kann. Es können aber auch andere Folgeumstände mit der ordentlichen Kündigung eines Arbeitsgemeinschaftsmitglieds eingetreten sein, die die Weiterführung für ein anderes Mitglied unzumutbar machen. Hierbei ist in erster Linie an einen (erheblich) gestiegenen finanziellen Mehraufwand zu denken19. Im Rahmen der Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung20 nach Art. 6 II 2 BayKommZG ist weiterhin erwähnenswert, daß die Kündigung der Arbeitsgemeinschaft ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist wirksam wird21. Die Kündigungserklärung muß zwingend schriftlich erfolgen22 und das Recht zur außerordentlichen Kündigung einer Arbeitsgemeinschaft ist unabdingbar23.

b) Die außerordentliche Kündigung kommunaler Zweckvereinbarungen gemäß Art. 14 III 2 BayKommZG Eine weitere spezialgesetzliche außerordentliche Kündigungsregelung für den Bereich der kommunalen Zusammenarbeit enthält Art. 14 III 2 BayKommZG. Danach kann jede Zweckvereinbarung, die in Bayern gemäß Art. 7 I BayKommZG von Gemeinden, Landkreisen und Bezirken durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen werden kann, auch aus wichtigem Grund gekündigt werden (außerordentliche Kündigung)24. Wann ein solcher gegeben ist, besagt das Gesetz auch in diesem Fall nicht. Es ist daher auch hier wieder auf § 314 I 2

___________ 19 Beachte aber, daß finanzielle Aspekte bei der Begründung wichtiger Gründe problematisch sind; so hat in einem anderen Zusammenhang das BVerwG die Unzumutbarkeit bei Differenzbeträgen bis 50% der Ursprungssumme bei einmaliger Zahlung verneint, BVerwG NVwZ 1991, S. 1096 ff. (S. 1098). 20 Siehe zu den Rechtsfolgen unten § 9 II 2. 21 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.2 (S. 45); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 3.2 (S. 115). 22 Siehe dazu allgemein oben § 6 IV 3 und zu den übrigen allgemeinen Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung oben das Zweite Kapitel. 23 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 3.1 (S. 115). 24 Die Gesetze über die interkommunale Zusammenarbeit der anderen Bundesländer enthalten teilweise ebenfalls außerordentliche Kündigungsvorschriften bei Zweckvereinbarungen, vgl. z.B. § 13 III ThürKGG, § 27 II HessKGG.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

BGB und die Rechtsprechung zu § 626 I BGB zurückzugreifen25. Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung einer Zweckvereinbarung ist also gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen aller Vertragsteile die Fortsetzung der Zweckvereinbarung bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zum Eintritt anderer Beendigungsgründe nicht zumutbar ist26. Zur plastischen Darstellung der Definition seien folgende Beispiele angeführt: Vorbehaltlich einer Untersuchung des konkreten Einzelfalls kommt als wichtiger Grund zur Kündigung einer Zweckvereinbarung etwa die Unwirtschaftlichkeit des Zweckverbandes in Betracht, weil etwa eine Gemeinde die Aufgabe wirkungsvoller allein erledigen könnte. Ein weiterer wichtiger Grund könnte auch gegeben sein, wenn sich die Aufgabenerledigung als nicht bürgernah genug herausstellt, die Aufgaben also „zu weit vom Bürger entfernt“ erledigt werden27. Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger ___________ 25

Die einschlägigen Kommentierungen verweisen insoweit auf die Erläuterungen zur außerordentlichen Kündigung einer Arbeitsgemeinschaft, vgl. N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135); J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 15 KommZG Erl. 2 (S. 103); auch in diesem Fall vermag die Ansicht des VG Magdeburg, LKV 2001, S. 521 ff. (S. 522) zur Auslegung des Begriffes „wichtiger Grund“ nicht zu überzeugen, vgl. dazu oben § 7 I 1 a. 26 So auch N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64) mit Verweis auf Art. 6 KommZG Erl. 3.2 (S. 45); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135) mit Verweis auf Art. 7 KommZG Anm. 3.2 (S. 115). Wann dies entsprechend der Definition konkret der Fall ist, muß gleichfalls anhand des gegebenen Einzelfalls gesondert geprüft werden. Dabei ist zu beachten, daß die Zweckvereinbarung für die von ihr zu erfüllende Aufgabe auf Dauer angelegt ist, so daß für jedes beteiligte Mitglied grundsätzlich die Pflicht zur Treue besteht („pacta sunt servanda“). Die zu erfüllenden Aufgaben können entweder einer beteiligten Gebietskörperschaft übertragen (Art. 7 II BayKommZG) oder aber von allen gemeinschaftlich durchgeführt werden (Art. 7 III BayKommZG). Den Aufgaben muß aber immanent sein, daß sie in einem bestimmten Zweck zusammenhängen (vgl. Art. 7 II, III BayKommZG). Wegen dieses Zusammenhangs ist daher zu berücksichtigen, daß ein besonderes im öffentlichen Interesse geschütztes Vertrauen der übrigen Zweckvereinbarungsmitglieder auf die Dauerhaftigkeit der Gemeinschaftslösung besteht. In jedem Fall ist daher die Aufkündigung der Beteiligung an der Zweckvereinbarung nur dann gerechtfertigt, wenn das Einzelinteresse unter Beachtung des Interesses an einer Dauererledigung der von der Zweckvereinbarung übernommenen Aufgaben mehr Gewicht hat als die Pflicht zur Zweckvereinbarungstreue. 27 Vgl. dazu Hans Stimpfl/Dieter Weisenberger, Sächsisches Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (SächsKomZG), in: Dieter Schlempp/Richard Seeger/Inge Hu-

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

159

Grund wäre auch dann gegeben, wenn eine Gemeinde auf ihrem Gebiet eine geeignete Trinkwasserquelle findet und daher nicht mehr von der Nachbargemeinde mitversorgt werden muß oder aber in einer Gemeinde ein Industriebetrieb eine Kläranlage errichtet und es daher nicht mehr notwendig ist, das Abwasser in die Kläranlage der Nachbargemeinde zu leiten, welche vielleicht sogar bereits erheblich überlastet ist28. An dieser kurzen Aufzählung wichtiger Gründe wird eines deutlich: all diesen Beispielen für außerordentliche Kündigungsgründe ist gemeinsam, daß sie unmittelbar Gründe des öffentlichen Wohls widerspiegeln. Dies ist allerdings für einen wichtigen Grund i.S.v. Art. 14 III 2 BayKommZG keine geschriebene bzw. zwingende Voraussetzung29, da ein wichtiger Grund auch außerhalb unmittelbarer Gemeinwohlorientierung liegen kann. Wenn zum Beispiel eine mehrere Mitglieder umfassende Zweckvereinbarung von einem ihrer Mitglieder gekündigt, aber dadurch nicht aufgehoben wird, dürften die anderen Beteiligten in aller Regel einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung haben30. Der unmittelbare Kündigungsgrund liegt dann im Fortfall eines der Mitglieder. Mittelbares Motiv der außerordentlichen Kündigung ist aber dennoch die Beobachtung des öffentlichen Wohls31. Im übrigen ist im Rahmen der Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung nach Art. 14 III 2 BayKommZG noch festzuhalten, daß sie als solche nicht anzeige- oder genehmigungspflichtig ist32. Es bedarf nur dann einer Ge___________ man/Andre Jacob/Wolf-Uwe Sponer/H. Stimpfl/D. Weisenberger/Uwe Human, Kommunalverfassungsrecht Sachsen (Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen [SächsGemO], Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen [SächsLKrO], Sächsisches Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit [SächsKomZG], Sächsisches Kommunalwahlrecht [KomWG/KomWO]) – Kommentare, Band II, Loseblattsammlung, 1993, Stand: 12. Lfg. Februar 2002, § 72 SächsKomZG Erl. 9 (S. 154). 28 Beispiele entnommen von H. Stimpfl/D. Weisenberger, SächsKomZG, in: D. Schlempp/R. Seeger/I. Human/A. Jacob/W.-U. Sponer/H. Stimpfl/D. Weisenberger/ U. Human, Kommunalverfassungsrecht Sachsen (Fn. 27), § 72 SächsKomZG Erl. 9 (S. 154). 29 Anders also als etwa bei dem Sonderkündigungsrecht einer Behörde nach § 60 I 2 VwVfG. 30 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 65). 31 Mit der Aufkündigung der Zweckvereinbarung können nämlich keine gemeinwohlverpflichtungsfreie Interessen verfolgt werden. Dies wäre aber im genannten Beispiel auch nicht der Fall, weil die Kündigung letztlich die Beseitigung des „Mantels“ der Zweckvereinbarung bewirkt und damit zur Verringerung des Verwaltungsaufwands führt. 32 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64 f.); J. Prandl/ J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 15 KommZG Erl. 3

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

nehmigung nach Art. 14 II 1 BayKommZG, wenn bereits die Kündigung die Aufhebung der Zweckvereinbarung bewirkt, nicht also bei der bloßen Fortsetzung einer Zweckvereinbarung nach vorheriger Kündigung eines Beteiligten33. Weiterhin ist festzuhalten, daß die außerordentliche Kündigung nach Art. 14 III 2 BayKommZG mit Zugang ihrer Erklärung beim letztem Beteiligten sofort, also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, wirksam wird34. Die Kündigungserklärung muß gleichfalls zwingend schriftlich erfolgen35, und die außerordentliche Kündigung nach Art. 14 III 2 BayKommZG kann von den Zweckvereinbarungsbeteiligten nicht ausgeschlossen werden36. c) Verhältnis der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG zu den Kündigungsregelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes Es wurde bereits angesprochen, daß Kündigungsregelungen spezialgesetzlicher öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge denen der Verwaltungsverfahrensgesetze vorgehen, soweit inhaltliche Überschneidungen bestehen (lexspecialis-Grundsatz). Es könnte daher ein Konkurrenzverhältnis der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG zu Art. 60 I BayVwVfG37, aber auch zu Art. 62 S. 2 BayVwVfG38 i.V.m. § 314 I BGB gegeben sein. Wie diese Konkurrenzverhältnisse konkret ausgestaltet sind, hängt maßgeblich davon ab, wie sich die verwaltungsverfahrensrechtlichen Kündigungsregelungen intern und untereinander verhalten. Es ist daher zunächst das Verhältnis von § 60 I VwVfG und §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB zu ermitteln39, so daß im speziellen auf das Verhältnis der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG zu den Kündigungsre___________ (S. 103). Siehe zur Genehmigung einer Kündigung der Mitgliedschaft in einem Zweckverband aus wichtigem Grund auch OVG Weimar, LKV 2002, S. 336 ff. 33 J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 15 KommZG Erl. 3 (S. 103); mit anderer Konstruktion, aber letztlich gleichem Ergebnis auch N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64 f.). 34 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 5.2 (S. 137); N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64) mit Verweis auf Art. 6 KommZG Erl. 3.2 (S. 45). 35 Siehe dazu allgemein oben § 6 IV 3 und zu den übrigen allgemeinen Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung oben das Zweiten Kapitel. 36 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135) mit Verweis auf Art. 7 KommZG Anm. 3.1 (S. 115). 37 Wortgleiche Schwestervorschrift zu § 60 I VwVfG. 38 Wortgleiche Schwestervorschrift zu § 62 S. 2 VwVfG. 39 Siehe dazu unten § 7 I 2 c) aa).

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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gelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes an geeigneter Stelle zurückgekommen wird40. 2. Kündigungsregelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes für öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge Wenn und soweit Spezialgesetze keine eigenen außerordentlichen Kündigungsregeln enthalten, kann auf das allgemeinere Gesetz zurückgegriffen werden. Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge ist dann das Verwaltungsverfahrensgesetz heranzuziehen, vgl. § 1 I VwVfG. Dieses enthält im Prinzip drei Kündigungsregelungen: ̛

§ 60 I 1 2. Alt. VwVfG,

̛

§ 60 I 2 VwVfG und

̛

§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. bürgerlich-rechtlichen außerordentlichen Kündigungsregelungen.

Letztere Vorschrift ist als Brückennorm (auch) in das Kündigungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verstehen. Sie eröffnet die mögliche Verwendung bürgerlich-rechtlicher außerordentlicher Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge. a) § 60 I 1 2. Alt. VwVfG Die sicherlich auffälligste Vorschrift im Bereich der Kündigung von Verwaltungsverträgen ist § 60 I VwVfG, der in seinen zwei Sätzen zwei Kündigungstatbestände normiert. Hier soll zunächst nur der Satz 1 interessieren. Gemäß § 60 I 1 VwVfG gilt: „Haben die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend sind, sich seit Abschluß des Vertrages so wesentlich geändert, daß einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht mehr zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag kündigen.“ Bevor im einzelnen eine Analyse der Vorschrift erfolgt, soll der Versuch unternommen werden, sie auf ihren Regelungsinhalt hin zu beleuchten. Dabei wird das Augenmerk weniger auf die Einzelheiten der mittlerweile bunten Meinungsvielfalt als vielmehr darauf gelegt, die normativen und dogmatischen ___________ 40

Siehe dazu unten § 7 I 2 c) bb).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Strukturen vor allem auch im Hinblick auf das Verhältnis zu den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB zu ordnen. aa) Der Regelungsgehalt des § 60 I 1 VwVfG Nach wie vor ungeklärt ist die dogmatische Basis des § 60 I 1 VwVfG41. Es werden dazu zwei Institute ins Spiel gebracht: die Lehre von der clausula rebus sic stantibus und die vom Wegfall der Geschäftsgrundlage. Beide Institute stehen innerhalb von § 60 I 1 VwVfG in nicht eindeutiger Beziehung zueinander42. Dies hat in der Folge zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeit im Hinblick auf die Institute selbst, aber auch bezüglich der zwischen ihnen bestehenden Verbindungslinien geführt43. Die wohl weit überwiegende Meinung nimmt deshalb keine besondere Differenzierung vor, sondern gebraucht die Institute parallel, gleichbedeutend und/oder vielfach schlicht anwendungsorientiert44. Eine strenge ___________ 41 So z.B. auch Volker Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner – Empirie und Dogmatik verwaltungsrechtlicher Vereinbarungen zwischen Behörde und Bürger, 2000, S. 607. 42 Hartmut Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag, in: Wolfgang Hoffmann-Riem/Eberhard Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation und Flexibilität des Verwaltungshandelns, 1994, S. 245 ff. (S. 285). Auch der Gesetzgeber entscheidet sich nicht konkret, sondern konstatiert, daß die Vorschrift den Vorstellungen der Institute entspricht, er verwendet sie praktisch synonym, vgl. die amtliche Begründung zu § 56 Abs. 1 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 I VwVfG, BT-Drs. 7/910, S. 82. 43 „Probleme von zum Teil sehr grundsätzlicher Natur“, so H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 285); siehe in Bezug auf diese Abgrenzungsproblematik vor allem auch Wilfried Fiedler, Zum Wirkungsbereich der clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff.; Sigurt Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht – Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des § 60 I VwVfG, 1982; Juliane Kokott, Entschädigungsfragen bei der Ausübung des einseitigen Kündigungsrechts der Behörde beim öffentlich-rechtlichen Vertrag (§ 60 Abs. 1 Satz 2 VwVfG), VerwArch 83 (1992), S. 503 ff.; Pavlos-Michael Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags: eine vergleichende Untersuchung zum griechischen, französischen und insbesondere deutschen Verwaltungsvertragsrechts, 1988, S. 291 ff.; Klaus Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht, in: Dieter Schwab/Dieter Giesen/Joseph Listl/ Hans-Wolfgang Strätz (Hrsg.), Staat, Kirche, Wissenschaft in einer pluralistischen Gesellschaft, Festschrift zum 65. Geburtstag von Paul Mikat, 1989, S. 775 ff.; aus der älteren Literatur: Lothar Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse, 1967; Dieter Erich Tober, Die „clausula rebus sic stantibus“ bei verwaltungsrechtlichen Verträgen – ein Beitrag zu den Besonderheiten der Lehre von der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht, 1970; für den Bereich der Rechtsprechung vgl. nur BVerwG Buchholz, Nr. 17 zu § 125 BBG; BVerwGE 25, S. 299 ff. (S. 302 f.); BVerwG Buchholz, Nr. 1 zu Art. 134 GG; BVerwG VerwRspr. 19, Nr. 185, S. 723 ff. 44 Von einer weitgehenden sachlichen Koinzidenz der Lehre von der Geschäftsgrundlage und der clausula rebus sic stantibus gehen wie hier aus: Martin Bullinger, Lei-

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Differenzierung der Institute wird nur noch vereinzelt vertreten und orientiert sich in erster Linie an der Unterscheidung von objektiven und subjektiven Bestandteilen der Lehren45. Die objektiv verstandene clausula rebus sic stantibus ist jedem Vertrag auch ohne besondere Abrede immanent und besagt, daß kein Vertragspartner an einem einmal geschlossenen Vertrag festgehalten werden dürfe, wenn dessen „Endzweck“46 wegen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse nicht mehr eintreten könne47. Nach der von Paul Oertmann entwickelten ___________ stungsstörungen beim öffentlich-rechtlichen Vertrag, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 813); P.M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 291 ff., S. 308; Klaus-Dieter Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung, 1984, S. 98 f.; Christian Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtswidrigkeit, 1982, S. 303 f.; Roman Seer, Verständigung im Steuerverfahren, 1996, S. 424 f.; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 607; siehe aber auch Hans J. Wolff/Otto Bachof/Rolf Stober, Verwaltungsrecht, Band 1 (§§ 1-43 [11. Aufl. 1999]) und Band 2 (§§ 44-79 [6. Aufl. 2000]), § 54 X Rn. 48 (S. 225 f.); W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 135); J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 506); D. E. Tober, Die „clausula rebus sic stantibus“ bei verwaltungsrechtlichen Verträgen (Fn. 43), S. 19 m.w.N.; Dieter Lorenz, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 865 und in Fn. 1); Stephan Hobe, Wegfall der Geschäftsgrundlage und Anpassung öffentlichrechtlicher Verträge, JA 1997, S. 217 ff. (S. 217); Paula Macedo Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag, 1999, S. 75 ff.; HansGünter Henneke, in: Hans Joachim Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 60 Rn. 3; Norbert Bernsdorff, in: Klaus Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, hrsg. von Roland Fritz, 3. Aufl. 1999, § 60 Rn. 1; Ferdinand O. Kopp/Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl. 2000, § 60 Rn. 2; wohl auch Heinz Joachim Bonk, in: Paul Stelkens/ H. J. Bonk/ Michael Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 2001, § 60 Rn. 1 f. 45 K. Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht (Fn. 43), S. 775 ff. (S. 784); Eberhard Schwerdtner, Verwaltungsverträge im Spannungsfeld unbedingter Vertragsbindung und dem Interesse auf Vertragsanpassung bei veränderter Sachlage – Anmerkungen zur „clausula rebus sic stantibus“ im Verwaltungsrecht, VBlBW 1998, S. 9 ff. (S. 10); S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), S. 9 ff.; BVerfGE 34, S. 216 ff. (S. 229 ff.) – insbesondere dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts fällt durch die sorgsame Trennung beider Institute auf (insoweit für das Recht der Staatsverträge). Seine hohe Bedeutung liegt folglich auch darin, die Diskussion wieder angefacht zu haben. 46 So die Definition des § 378 I 5 Preuß. Allgemeines Landrecht. 47 K. Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht (Fn. 43), S. 775 ff. (S. 775); für die generelle Anwendung dieser objektiven Theorie Karl Heinz Böckstiegel, Wegfall der Geschäftsgrundlage und clausula rebus sic stantibus im Staatsvertragsund Völkerrecht – BVerfGE 34, 216, JuS 1973, S. 759 ff. (S. 761); Lutz Eckert, Leistungsstörungen in verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen, DVBl. 1962, S. 11 ff. (S. 16); Gerd Beinhardt, Der öffentlich-rechtliche Vertrag im deutschen und französischen Recht – Eine rechtsvergleichende Betrachtung, Teil II, VerwArch 55 (1964), S. 210 ff. (S. 258 f.); L. Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldver-

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und nunmehr im Zivilrecht fest verankerten (vgl. § 313 BGB)48 subjektiv aufgefaßten Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage wird hingegen nicht an objektive Vertragsgrundlagen angeknüpft, sondern an die (nicht Vertragsinhalt gewordenen) subjektiven Vorstellungen, die für den Willensentschluß einer Partei bestimmend waren49: „Geschäftsgrundlage ist die beim Geschäftsschluß zutage tretende und vom etwaigen Gegner in ihrer Bedeutsamkeit erkannte und nicht beanstandete Vorstellung eines Beteiligten oder die gemeinsame Vorstellung von mehreren Beteiligten vom Sein oder vom Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage der Geschäftswille sich aufbaut“50. Bei beiden Ansätzen handelt es sich jedoch nur um einzelne Ausgangspunkte der genannten Institute51. Es ist kaum möglich, die Fülle der Gesichtspunkte hier wiederzugeben, die bei der Fortentwicklung und Kritik der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, aber auch der clausula rebus sic stantibus zur Abgrenzung und Kategorisierung vorgetragen wurden52. Dies ist auch nicht

___________ hältnisse (Fn. 43), S. 185; E. Tober, Die „clausula rebus sic stantibus“ bei verwaltungsrechtlichen Verträgen (Fn. 43), S. 59 f. 48 Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ist fester Bestandteil der Zivilrechtsdogmatik, vgl. nur Helmut Heinrichs, in: Otto Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl. 2002, § 242 Rn. 110 ff.; Günter H. Roth, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Kurt Rebmann/Franz Jürgen Säcker/Roland Rixecker, Band 2 Schuldrecht, Allgemeiner Teil (§§ 241-432, FernAbsG), 4. Aufl. 2001, § 242 Rn. 589 ff.; Arndt Teichmann, in: Hans Theodor Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432), 12. Aufl. 1990, § 242 Rn. 199 ff.; Jürgen Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (Einleitung zu §§ 241 ff., §§ 241-243), 13. Bearbeitung 1995, § 242 Rn. 942 ff. – jeweils m.w.N. Mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff., erfolgte nunmehr auch die normative Verortung der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch – § 313 BGB, siehe dazu BT-Drs. 14/6040, S. 174 ff. 49 Siehe zur geschichtlichen Entwicklung auch K. Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht (Fn. 43), S. 775 ff. (S. 775 ff. m.w.N.). 50 Paul Oertmann, Die Geschäftsgrundlage: ein neuer Rechtsbegriff, 1921, S. 37. 51 Insbesondere, was die Theorien betrifft. Daneben werden – vor allem im Zivilrecht – noch die Addition bzw. Verknüpfung von subjektiver und objektiver Theorie diskutiert; vgl. nur A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 242 Rn. 208-213; vgl. auch W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 136). 52 Aus diesem Grund verlagerte sich die dogmatische Unterscheidung wohl auch auf ein mehr terminologisches Gebiet, so W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 135) bzw. auf eine theoretisch-dogmatische Ebene, so V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 607.

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Aufgabe und Absicht der vorliegenden Arbeit, die sich grundsätzlich nur mit den Kündigungsspezifika beider Lehren beschäftigen möchte53. Im Ergebnis ergibt sich aus diesem objektiv und subjektiv trennenden Blickwinkel aber eine sehr interessante Konsequenz. Folgt man der strengen Differenzierung in Wegfall der Geschäftsgrundlage und clausula rebus sic stantibus, so muß dies zwangsläufig auch auf die Interpretation des § 60 I 1 VwVfG Auswirkungen haben. Nach der „Differenzierungstheorie54“ enthält die Vorschrift folgerichtig nur die Lehre von der (objektiven) clausula rebus sic stantibus55. Was dann mit der subjektiven Geschäftsgrundlage, also den gemeinsamen Vorstellungen oder Erwartungen beider Vertragsparteien, von denen sie sich beim Abschluß des Vertrages derart haben leiten lassen, daß sie bei Kenntnis ihrer Unrichtigkeit den Vertrag so nicht geschlossen oder ihrem Geschäftspartner redlicherweise nicht angesonnen hätten56, geschehen soll, wenn ihr gegenüber Veränderungen auftreten, bleibt unbeantwortet. Führt man den Gedankengang zu Ende, müßte konsequenterweise der Wegfall der Geschäftsgrundlage bei öffentlich-rechtlichen Verträgen einem anderen Normengefüge anheim gestellt werden. § 60 I 1 VwVfG käme ja nicht in Betracht. In Anlehnung an die Rechtslage vor dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, die den Wegfall der Geschäftsgrundlage dem Treu und Glauben-Grundsatz des § 242 BGB zuordnete57, hätten, soweit der öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu kündigen war, folglich die ___________ 53

Es ist hier nicht der Ort, eine weitergehende Untersuchung der einzelnen Ansichten vorzunehmen. Vielmehr genügt es, nur die dogmatischen Ausgangspunkte des § 60 I 1 VwVfG aufzugreifen, die für die kündigungsrelevanten Konsequenzen von Interesse sind. Hinsichtlich der Begriffe „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ wird vor- wie nachstehend dem inzwischen auch im Verwaltungsrecht üblichen Sprachgebrauch gefolgt, wobei klarzustellen ist, daß es sich vielfach nur um eine wesentliche Veränderung oder Störung der Geschäftsgrundlage handeln wird (vgl. dazu auch den Wortlaut des § 313 BGB). 54 Hier so genannt wegen der Unterscheidung in subjektiven Wegfall der Geschäftsgrundlage und objektive clausula rebus sic stantibus. 55 So K. Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht (Fn. 43), S. 775 ff. (S. 784 ff.); dem folgend E. Schwerdtner, VBlBW 1998, S. 9 ff. (S. 10 f.); wohl auch Worachet Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages, 2000, S. 152. 56 So die Definition von N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 3. 57 Vgl. nur H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 110 ff. m.w.N.; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), § 242 Rn. 596; A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241432) (Fn. 48), § 242 Rn. 222; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 942; RGZ 99, S. 115 ff. (S. 116); RGZ 99, S. 258 ff. (S. 259).

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§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 242 BGB herangezogen werden müssen. Dies wäre einerseits möglich gewesen, weil eine denkbare Rechtsfolge des Wegfalls der Geschäftsgrundlage die Kündigung des Dauerschuldverhältnisses war58. Die clausula als solche sprach andererseits auch nicht dagegen, weil sie im Bereich des Zivilrechts in die Lehre von der Geschäftsgrundlage eingefügt und von dieser assimiliert wurde59. Ein Rückgriff auf § 242 BGB hätte daher nicht gegen § 62 S. 2 VwVfG verstoßen, weil die clausula im Zivilrecht keine separate Bedeutung mehr hatte60. Eine Anwendungskollision von § 60 I 1 VwVfG und den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 242 BGB wäre nur gegeben gewesen, wenn § 242 BGB neben dem Wegfall der Geschäftsgrundlage auch die clausula repräsentiert hätte. Kündigungsdogmatisch hätte die Einordnung derart erfolgen können, daß der Wegfall der Geschäftsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags als Fall einer Kündigung aus wichtigem Grund begriffen worden wäre61. Dies wäre insoweit rational gewesen, weil bekanntlich die Kündigung aus wichtigem Grund ihre dogmatische Heimat gleichfalls in § 242 BGB hatte62, problematisch allerdings im Hinblick auf das Verhältnis der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 242 BGB zu § 60 I 1 VwVfG63. Allerdings haben auch die Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 bezüglich der darge___________ 58 Wenn eine Anpassung im Einzelfall unmöglich oder unzumutbar ist, vgl. BGH WM 1985, S. 32 ff. (S. 33 f.); BGHZ 133, S. 316 ff. (S. 327); BGH NJW 2000, S. 1714 ff. (S. 1716); vgl. auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 132; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), § 242 Rn. 644; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1133. 59 So die wohl herrschende Meinung, vgl. nur W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 135); D. E. Tober, Die „clausula rebus sic stantibus“ bei verwaltungsrechtlichen Verträgen (Fn. 43), S. 19 m.w.N.; Ralf Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz, 1991, S. 139; mißverständlich dagegen H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 110; ders., in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, Ergänzungsband zu Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch 61. Auflage, 2002, § 313 Rn. 22. 60 Vgl. die Nachweise in der vorangehenden Fußnote. In der Gesetzesbegründung zu § 313 BGB, der nunmehr den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Bürgerlichen Gesetzbuch positiviert, wird die clausula rebus sic stantibus begrifflich gar nicht mehr erwähnt, siehe dazu BT-Drs. 14/6040, S. 174 ff. 61 Gleichfalls so, wie dies bei Vorliegen der Voraussetzungen im Zivilrecht vertreten wird, vgl. nur OLG Celle OLGZ 1990, S. 88 ff. (S. 88 f.); BGH LM BGB § 242 (Ba) Nr. 57; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1133. Beachte zu dieser Problematik unbedingt auch § 7 I 2 c) aa). 62 Siehe dazu oben § 5 IV 2 a). 63 Siehe dazu unten § 7 I 2 c) aa) im Hinblick auf § 314 BGB, der heute statt des § 242 BGB bei einer Kündigung aus wichtigem Grund herangezogen wird.

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stellten Konsequenzen der „Differenzierungstheorie“ zu keinen großartigen Auswirkungen geführt. Vermittelt durch diese Gesetzesänderung müßten ausschließlich die zivilrechtlichen Bezugsnormen ausgetauscht werden. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags wäre also nach wie vor ein wichtiger Grund, der bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde64. Normativ müssen nunmehr nur die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I bzw. 313 III BGB herangezogen werden65. Damit bewirkt aber auch die Änderung der Rechtslage keine Änderung des hier in Rede stehenden Grundtenors. Das Fundament des § 60 I 1 VwVfG bleibt weiterhin problembehaftet, vor allem deshalb, weil mit der strengen Differenzierung der beiden genannten Institute das Grundproblem, nämlich ihre Abgrenzung, nicht gelöst wird. Die „Differenzierungstheorie“ führt lediglich dazu, daß das normative Fundament einer denkbaren Kündigung des öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage anders beziffert wird. Offen bleibt nach wie vor, wie die Institute Wegfall der Geschäftsgrundlage und clausula rebus sic stantibus voneinander abzugrenzen sind. Es erfolgt keine spürbare Erleichterung und das Ins-Spiel-Bringen verschiedener (neuer) Tatbestände verkompliziert nur die ansonsten schon sehr schwierige Abgrenzung. Es ist daher nur konsequent, den Anwendungsbereich des § 60 I 1 VwVfG mit der herrschenden Meinung auf alle Fälle des (objektiven und subjektiven) Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie der clausula zu erstrecken. Bei genauerer Analyse fällt nämlich auf, daß sich die beiden Rechtsinstitute allenfalls minimal unterscheiden66: Bei beiden wird eine wesentliche Änderung der – tatsächlichen und/oder rechtlichen – Umstände vorausgesetzt, beide formulieren auf der Rechtsfolgenseite ein Anpassungs- oder Auflösungsrecht, und beide ha-

___________ 64 So ausdrücklich die amtliche Gesetzesbegründung zu § 313 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 176. Beachte zu dieser Problematik unbedingt unten § 7 I 2 c) aa). 65 Vgl. dazu unten § 7 I 2 c). 66 Es handelt sich immer nur um graduelle Unterschiede, Aspekte und Hervorhebungen und eine „reine“ Theorie kommt nicht ohne die Elemente der Gegenrichtung aus. So strömen zum Beispiel über den Begriff der (Un-)Zumutbarkeit subjektive Kriterien in die an sich objektiv gefaßte clausula-Formel ein, vgl. dazu W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 136). Auch schon P. Oertmann, Die Geschäftsgrundlage (Fn. 50), S. 45, erkannte, daß es sich nämlich nur um „zwei verschiedene Ausdrucks- und Erfassungsformen des gleichen rechtspolitischen Gedankens“ handelt.

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ben ihren Ursprung letztlich im Grundsatz von Treu und Glauben67. Hinzu kommt, daß sich § 60 I 1 VwVfG für keines der Institute ausdrücklich erklärt68. Entscheidend ist aber vor allem, daß die Vorschrift losgelöst von dieser theoretischen Frage zur Anwendung kommen kann, weil für die praktische Rechtsanwendung allein der konkrete Wortlaut des § 60 I 1 VwVfG und dessen im spezifisch verwaltungsvertraglichem Kontext gebotene Auslegung von Bedeutung ist69. Nachdem nunmehr der Regelungsgehalt des § 60 I 1 VwVfG umrissen ist, steht einer kündigungsspezifischen Analyse der Voraussetzungen der Norm nichts mehr im Weg.

___________ 67 So richtig W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 134); R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 424 m.w.N.; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 607; BVerwG Buchholz, Nr. 17 zu § 125 BBG, S. 51 ff. („Ausprägungen“ des § 242 BGB); BVerwG VerwRspr. 19, Nr. 185, S. 723 ff. (S. 725: „Unterfall“ von Treu und Glauben); VGH München BayVBl. 1970, S. 330 f. (S. 331: „Ausfluß“ des Grundsatzes von Treu und Glauben“); ferner OVG Münster DVBl. 1975, S. 46 ff. (S. 47). 68 Die amtliche Begründung nimmt vielmehr auf beide gleichzeitig Bezug, BT-Drs. 7/910, S. 82; dies deutet im übrigen darauf hin, daß § 60 VwVfG im Sinne einer „Vereinigungsformel“ (so R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren [Fn. 44], S. 425) auf den Rechtsgedanken beider Institute fußt. 69 So auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 607. Dies läßt sich auch eindrucksvoll an folgendem Beispiel verdeutlichen: Sind die Parteien gemeinsam nach dem damaligen Stand der Dinge berechtigterweise davon ausgegangen, ein bestimmtes Ereignis trete ein – etwa, es werde die besondere behördliche Genehmigung erteilt, die Anlage zu errichten – und kommt es dann zu einer anderen Entwicklung, so läßt sich die gemeinsame Erwartung als subjektive Geschäftsgrundlage qualifizieren. Ebenso läßt sich aber die Auffassung vertreten, hier liege eine Änderung der äußeren Daten nach Abschluß des Vertrages als ein Fall der clausula rebus sic stantibus vor. Das Beispiel belegt, daß sich die systematische Einteilung – vor allem die Trennung von objektiven und subjektiven Bestandteilen – faktisch gar nicht durchführen läßt.

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bb) Die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG70 Haben die Kooperationsparteien einen Vertrag wirksam geschlossen, sind sie in der Folgezeit an das Vereinbarte streng und grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gebunden71. Nur durch einen Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrag kann die vertragliche Bindung beseitigt bzw. modifiziert werden72 – abgesehen von den Fällen, in denen der Vertrag von vornherein mit Befristungs- oder Kündigungsregelungen bzw. dergleichen ausgestattet wurde73 oder solche Rechte unterdessen leistungsstörungsbedingt entstanden sind. Im Falle unvorhergesehener und unvorhersehbarer späterer Änderungen des „Vertragsumfelds“74 kann diese strikte Bindung, so willkommen die damit verbundene Stabilisierung der rechtlichen Verhältnisse75 zunächst sein mag, für einen Kooperationspartner ganz erhebliche Belastungen zur Folge haben. Während der Laufzeit des Vertrags vom Vertragsschluß an können sich die rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse und Umstände oder auch deren Beurteilung durch die Vertragsparteien, geändert haben. Daraus kann unter Umständen folgen, daß auf der Basis der bisherigen Regelung die Erreichung der Vertragszwecke gefährdet oder ausgeschlossen ist, der im Vertrag abgestimmte Interessenausgleich einseitig verlagert wird oder öffentliche Gemeinwohlinteressen ___________ 70 Diesem Themenbereich des Verwaltungsvertragsrechts hat sich die verwaltungsrechtliche Literatur vergleichsweise ausführlich angenommen, vgl. nur H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 1 ff.; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 1 ff.; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 1 ff.; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 1 ff.; Hans Meyer, in: H. Meyer/Hermann Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1982, § 60 Rn. 1 ff.; Volker Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge, 1979, insb. S. 127 ff.; W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff.; K. Stern, Die clausula rebus sic stantibus im Verwaltungsrecht (Fn. 43), S. 775 ff.; Hans-Jürgen Wipfelder, Geschäftsgrundlage und öffentliches Interesse, BayVBl. 1976, S. 423 ff.; D. E. Tober, Die „clausula rebus sic stantibus“ bei verwaltungsrechtlichen Verträgen (Fn. 43), passim; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff.; P.M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), insb. S. 291 ff.; S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), passim; R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 422 ff. 71 „Pacta sunt servanda“, vgl. dazu oben § 3 II 2; vgl. auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 610. 72 Siehe dazu im einzelnen H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 27 Rn. 2 (S. 420); vgl. auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 610. 73 Siehe dazu oben § 3 III. 74 M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 817). 75 Siehe dazu oben § 3 II 2 a).

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bedroht erscheinen76. Alles in allem Belastungen, die stringent nach einer Flexibilisierung der Bindungswirkung verlangen und ausnahmsweise sogar eine Vertragsaufhebung auch gegen den Willen des anderen Vertragspartners ermöglichen müssen. Um gerade letzteres zu erreichen, also die verwaltungsvertragsrechtliche Bindung zu durchbrechen, bietet § 60 I 1 2. Alt. VwVfG das entsprechende Regulativ. Damit ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG gekündigt werden kann, bedarf es vier Voraussetzungen: Es müssen sich die Verhältnisse verändert haben, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegeben waren – (1). Es muß sich um Verhältnisse handeln, die für den Vertragsinhalt maßgebend waren – (2). Die Veränderung muß so wesentlich sein, daß es einer Vertragspartei nicht mehr zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten – (3). Eine Vertragsanpassung darf nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten sein – (4). (1) Veränderung der Verhältnisse seit Abschluß des Vertrags Für die erste Tatbestandsvoraussetzung einer Kündigung eines öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrags nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ist zu fragen, ob die Verhältnisse, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegeben waren, sich seitdem geändert haben. (a) Verhältnisänderung Es ist daher zunächst festzustellen, ob sich die ökonomischen und/oder sozialen, naturwissenschaftlichen oder andere Rahmenbedingungen im Vergleich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verändert haben. Jeder Vertragsschluß ist in eine Fülle von sozialen (einschließlich der rechtlichen) und wirtschaftlichen Gegebenheiten der vertragsschließenden Parteien eingebettet. Er setzt eine ganze Reihe von Fakten voraus, die seinen Abschluß erst sinnvoll erscheinen lassen. Ohne eine inhaltliche Ausuferung des Vertragswerks zu provozieren, ist es nicht möglich, all diese Rahmendaten selbst im Vertrag zu fixieren77. Den Ko___________ 76 Walter Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 271). 77 Solche Rahmendaten sind zum Beispiel das Preis- und Kostenniveau (N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 44], § 60 Rn. 18; vgl. zu gestiegenen Personalkosten OVG Lüneburg, NdsVBl. 1995, S. 77 f. [S. 77 f.]), politische Gegebenheiten, der Stand der Technik (etwa bei der Feststellung

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operationsparteien bleibt also gar nichts anderes übrig, als konkludent vorauszusetzen, daß die Parameter gleich bleiben. Die Starrheit dieser Parameter wird jedoch nicht immer gewährleistet sein. Die Umstände können über die Zeit (und von den Vertragsparteien unbeeinflußt) einem Wandel unterliegen und sich daher verändern. Die Änderung der Verhältnisse ist nach objektiven Anhaltspunkten zu bestimmen78, wobei jedoch nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren, auf gemeinsamen Geschäftswillen beruhenden Tatsachen, Berücksichtigung finden79. Lediglich einseitige, dem anderen Partner unerkannt gebliebene Vorstellungen80 sowie Umstände, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen von den Parteien ausdrücklich oder stillschweigend zum Vertragsbestandteil gemacht worden sind81, werden von § 60 I 1 VwVfG nicht erfaßt. Es versteht sich von selbst, daß daher vor der Anwendung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG der genaue Inhalt des Vertrags, notfalls durch Vertragsauslegung82, zu ermitteln ist. Genauso versteht sich, daß sich die Änderung der Verhältnisse regelmäßig bis zur endgültigen Abwicklung des öffentlich-rechtlichen Vertrags ergeben haben muß83. ___________ von Verunreinigungen), die Haushaltslage (vgl. dazu OVG Münster, NVwZ-RR 1997, S. 475 ff.; bezüglich Berufungsvereinbarungen: Michael Kloepfer, Berufungsvereinbarungen in der Krise, JZ 1999, S. 161 ff. [S. 166]) oder die Möglichkeit, in den Genuß von Subventionen oder Steuervorteilen zu kommen. Vgl. im übrigen die Aufzählung bei V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 151 f. 78 H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 54 X Rn. 48 (S. 226); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 4. 79 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10 m.w.N.; vgl. auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 611; BVerwGE 25, S. 299 ff. (S. 303); BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 340f.). Es reicht nicht schon, daß ein Vertragspartner nach der heutigen Interessenlage vernünftigerweise nicht mehr in den Vertragsschluß einwilligen würde, H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 3. 80 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 122 f.; VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660). 81 P.-M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 300; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 122; Franz-Joseph Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1998, Rn. 305; R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 427. 82 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 611. 83 Sind die Leistungspflichten erloschen (z.B. durch Erfüllung), spielen Änderungen gleich welcher Art keine Rolle mehr, F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 11. Selbstverständlich muß die Änderung der Verhältnisse

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Die für § 60 I 1 VwVfG relevanten Änderungen des Vertragsumfelds können sich im tatsächlichen oder rechtlichen Bereich abspielen84, wobei die rechtlichen Änderungen noch etwas näher zu betrachten sind85. Bei der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist in erster Linie an die Aufhebung bzw. Modifikation der den Vertrag bestimmenden Rechtsvorschriften durch Normenkontrollgerichte oder eine Gesetzesnovellierung86 zu denken. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber, daß nicht jede Änderung der Rechtslage zwingend auch den Anwendungsbereich des § 60 I 1 VwVfG eröffnet87. Wegen der Fülle denkbarer Rechtsänderungen empfiehlt sich im Großen und Ganzen folgende Vorgehensweise: Die Norm bleibt verschlossen, wenn und soweit die Rechtsänderung unmittelbar in den Vertrag eingreift88 oder ein Recht auf eine neue Entscheidung einräumt89. Die Feststellung ___________ auch im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits erfolgt sein, so richtig auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 871). 84 Einhellige Meinung, vgl. nur H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 4; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 153; H. Meyer, Das neue öffentliche Vertragsrecht und die Leistungsstörungen, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1710 f.); Carl Hermann Ule/Hans-Werner Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. 1995, § 71 Rn. 11 (S. 810 f.); D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); VGH Mannheim NuR 1997, S. 245 ff. (S. 247). 85 Beispiele für tatsächliche Parameteränderungen finden sich in Fn. 77. 86 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 5; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14 f.; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 155 f.; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 81), Rn. 305; R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 436 f.; C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 305; VGH München, BayVBl. 1988, S. 721 ff. (S. 722); a.A. Werner Thieme, Der verfassungswidrige Verwaltungsvertrag, NJW 1974, S. 2201 ff. (S. 2202). 87 Einhellige Meinung, siehe dazu die Nachweise in den folgenden Fußnoten. Siehe im übrigen zum Streitstand des Verhältnisses von rechtlicher Unmöglichkeit und der clausula-Lehre Stephan Schumacher, Intertemporaler Satzungserlaß versus Vertrag – Das Verhältnis einer nachträglich erlassenen kommunalen Norm zu einem dieser widersprechenden bestehenden Vertrag, VR 1995, S. 484 ff. (S. 486 f.). 88 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 5; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14.

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der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag ist in diesen Fällen ebenso irrelevant wie in den Situationen, in denen die Rechtsänderung bestehende Verträge unberührt läßt90. § 60 I 1 VwVfG findet auch dann keine Anwendung, wenn die neue Rechtslage die Vertragsabwicklung schlicht unmöglich macht91 oder aber neue Nichtigkeitsgründe im Sinne von § 59 II VwVfG schafft und somit rückwirkend in bestehende Verträge eingreift92. Der Anwendungsbereich des § 60 I 1 VwVfG ist hingegen dann eröffnet, wenn sich die Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses ändern93, der Vertrag also nicht angetastet, sondern vielmehr nur seine rechtliche Basis modifiziert wird94. Dies kann dergestalt geschehen, daß dem öffentlich-rechtlichen Vertrag seine Grundlage entzogen wird, indem zum Beispiel die Änderung der Anspruchsgrundlagen95 oder der bisherigen Rechtsprechung96 erfolgt. All diesen Fällen ist gemeinsam, daß die Änderung der Rechtslage die den Vertrag determinierenden Rechtsvorschriften betrifft. Nur wenn sie diese vertragsgrundlagenbetreffende Qualität erreicht, ist bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen an die Kündigung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags zu denken. Ein Sonderproblem bei der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen stellt die gerichtliche Aufhebung einer Norm wegen Ver___________ 89 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 5; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. 90 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 612; vgl. auch C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 304; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1710). 91 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 612. 92 Siehe dazu und zur verfassungsrechtlichen Bedenklichkeit einer solchen Vorgehensweise V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 612; so auch schon W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 146). 93 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9. 94 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 613 mit Beispiel in Fn. 178. 95 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14; W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 146). 96 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 6; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 153 ff.; C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 305 f.; C. H. Ule/ H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 11 (S. 810 f.); BGHZ 58, S. 355 ff. (S. 362 ff.); BVerwGE 17, S. 256 ff. (S. 260 ff.); BVerwGE 35, S. 234 ff. (S. 236 ff.); a.A. S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), S. 42.

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fassungswidrigkeit dar. Nach wohl herrschender Meinung bleibt § 60 I 1 VwVfG auch in diesen Fällen anwendbar97. Das läßt sich mit § 79 II BVerfGG begründen, der den allgemeinen Rechtsgedanken enthält, daß die Ungültigkeit einer Norm nicht auf die auf ihr beruhenden Einzelakte durchschlägt98. (b) Nachträgliche Veränderung § 60 I 1 VwVfG verlangt, daß sich die Verhältnisse nachträglich, daß heißt nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, verändert haben. Die Vorschrift regelt damit unmittelbar nur den Fall, daß die Änderungen, die für den Wegfall der Vertragsbindung relevant sein können, bei Vertragsschluß nicht absehbar waren und darum von den Kooperationsparteien im Verwaltungsvertrag nicht berücksichtigt werden konnten oder bekannt waren, aber nicht berücksichtigt werden sollten99. Angesprochen wird also lediglich der Fall des nachträglichen Wegfalls bzw. der nachträglichen Änderung der „Geschäftsgrundlage100“. Es stellt sich mithin die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn die Kooperationsparteien beim Abschluß des Vertrags irrig von der Existenz bestimmter, für den Vertragsschluß relevanter tatsächlicher oder rechtlicher Umstände ausgingen und sich später herausstellt, daß diese Parameter von Anfang an nicht gegeben waren. In solchen Fällen ist dann lediglich die Erkenntnis über den Irrtum gewonnen, während die Umstände objektiv schon zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht gegeben waren101. Nach der herrschenden Meinung ist § 60 I 1 VwVfG auch auf ___________ 97 Vgl. nur H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 15; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 613; a.A. wohl BVerwG NJW 1974, S. 2250 ff. (S. 2251 f.). 98 VGH München DVBl. 1970, S. 977 ff. (S. 979 f.); R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 436 f; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 613. 99 So oder so ähnlich auch H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 8; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 11; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866). 100 Es wird hier der mittlerweile im Verwaltungsvertragsrecht gängigen Terminologie gefolgt. Nachdem dargestellt wurde, daß § 60 I 1 VwVfG sowohl die Lehre von der clausula wie auch die von der Geschäftsgrundlage erfaßt [vgl. oben § 7 I 2 a) aa)], kann diese Anlehnung an das Zivilrecht problemlos erfolgen, so neben der Literatur auch die Rechtsprechung: VGH Mannheim NuR 1997, S. 245 ff. (S. 247); VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660). 101 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. Ein bloßes Aufdecken des Irrtums würde keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse darstellen, so richtig F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 11.

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ein solches Fehlen der subjektiven Geschäftsgrundlage, also des anfänglichen gemeinsamen Irrtums über die Geschäftsgrundlage, entsprechend anzuwenden102. Die Gegenansicht103 vermag trotz des Hinweises auf den klaren Wortlaut des § 60 I 1 VwVfG und der (eventuellen104) besonderen Ermittlungspflicht bezüglich aller für den Vertrag wesentlichen Umstände nicht zu überzeugen, denn auch im Zivilrecht werden (nachträglicher) Wegfall und (ursprüngliches) Fehlen der Geschäftsgrundlage nach denselben Grundsätzen behandelt105. Der mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001 geschaffene § 313 II BGB regelt dies nun sogar ausdrücklich106. Es ist nichts dafür ersichtlich, warum der Gesetzgeber des Verwaltungsverfahrensgesetzes die genannten Fälle anders regeln wollte. Insbesondere erscheinen die Konsequenzen der oben genannten Gegenmeinung nicht folgerichtig. So sollen für das anfängliche Fehlen der Geschäftsgrundlage über § 62 S. 2 VwVfG nicht die zivilrechtlichen Grundsätze für das Fehlen der Geschäftsgrundlage107 bzw. nunmehr § 313 II BGB herange___________ 102

H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 13; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 11; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 619; C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 309; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1710); H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 10; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 10 (S. 810); VG Berlin VIZ 1995, S. 729 ff. (S. 731). Vgl. auch Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Innern, 2001, S. 157 (das Gutachten kann als pdf-Dokument im Internet unter www.staat-modern.de heruntergeladen werden; Stand: April 2003), der insoweit für die Klarstellung des Problems in seinem Gesetzesvorschlag für ein zu schaffendes Verwaltungskooperationsrecht eintritt (vgl. dazu § 313 II BGB). 103 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 8; Joachim Martens, Einführung in die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 8. Teil: Wiederaufnahme des Verfahrens, JuS 1979, S. 114 ff. (S. 116). 104 Wegen größerer Sach- und Rechtskenntnisse, – was mittlerweile wohl nicht mehr für jeden Bereich zutreffend sein sollte, vgl. dazu oben § 6 I 2. 105 So die h.M., vgl. nur: H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 123; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), § 242 Rn. 624; BGHZ 25, S. 390 ff. (S. 392 ff.); BGH NJW 1986, S. 1348 f. (S. 1349); a.A. bspw. J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1037. Vgl. zur Vorgehensweise bei Vergleichsverträgen V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 620. 106 Es werden die Fälle des ursprünglichen Fehlens der subjektiven Geschäftsgrundlage ausdrücklich als Anwendungsfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingeordnet, siehe BT-Drs. 14/6040, S. 176. 107 So aber H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 10 und C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht

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zogen werden, sondern eine Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB erfolgen108. Dagegen spricht aber, daß in den genannten Fällen ein beiderseitiger Irrtum vorliegt, auf welchen mit den Rechtsfolgen des § 60 I 1 VwVfG wesentlich flexibler zu reagieren ist. Mit einer Anfechtung ist nämlich eine Vertragsanpassung nicht zu erreichen, weil sie zwingend die Nichtigkeitsrechtsfolge des §§ 59 I VwVfG i.V.m. 142 I BGB nach sich zieht109. Aber auch die Lösung der genannten Fälle über § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. den zivilrechtlichen Grundsätzen für das Fehlen der Geschäftsgrundlage ist wenig überzeugend. Gegen ein Heranziehen dieser zivilrechtlichen Grundsätze spricht vor allem, daß, wie dargelegt, das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch im öffentlichen Recht beheimatet ist. Schon aus methodischen Gründen ist daher die Lösung über § 60 I 1 VwVfG vorzugswürdig110. Es bedarf insoweit keines Rückgriffs auf die zivilrechtlichen Grundsätze (§ 313 BGB), da Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Wegfalls der objektiven und subjektiven Geschäftsgrundlage über § 60 I 1 VwVfG übereinstimmend konkretisiert werden111. (2) Verhältnisse, die für den Abschluß des Vertrags maßgeblich waren Die Maßgeblichkeit der Verhältnisse für den Abschluß des Vertrages als Tatbestandsvoraussetzung einer Kündigung eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nach § 60 I 1 2. Alt VwVfG betrifft die Qualität der sich ändernden Verhältnisse. Sie grenzt den Kreis der in Betracht kommenden Rahmendaten erheblich ein. Zu diesen „bei Vertragsschluß maßgebenden Verhältnissen“ i.S.d. § 60 I 1 VwVfG zählen alle vertragswesentlichen Umstände, also solche Umstände, deren Vorhandensein und Fortbestand beim Vertragsschluß nach Inhalt, Zweck und wirtschaftlicher Bedeutung des Vertrags als unabdingbar vorauszusetzen waren und/oder von den Parteien tatsächlich vorausgesetzt wurden, weil die Vertragsregelung sonst keinen Sinn gemacht hätte112. Diese maßgeblichen ___________ (Fn. 84), § 71 Rn. 10 (S. 810), die für die analoge Anwendung der Zivilrechtsgrundsätze, hinsichtlich der Rechtsfolgen jedoch für Anpassungs- und Kündigungsrecht analog § 60 VwVfG eintreten. 108 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 8; J. Martens, JuS 1979, S. 114 ff. (S. 116). 109 Siehe dazu oben § 3 III 4 mit den dort angeführten Nachweisen. 110 So auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. 111 So ausdrücklich Frank Oppenländer/Klaus-Peter Dolde, Auswirkung veränderter Verhältnisse auf den Zweckverband als Freiverband, DVBl. 1995, S. 637 ff. (S. 642). 112 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 610 f.; in dieser Richtung auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 309; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwal-

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Umstände stellen das dar, was bisher als „Geschäftsgrundlage“ des öffentlichrechtlichen Verwaltungsvertrags bezeichnet wurde. Sie wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluß aber ausdrücklich oder stillschweigend zutage getretenen gemeinsamen und wesentlichen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Vertragspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen sich der Geschäftswille der Parteien aufbaut113. Die für die Festsetzung des Vertragsinhalts wesentlichen Umstände im Sinne von § 60 I 1 VwVfG sind also alle Rahmenbedingungen, ohne die bzw. deren Veränderung einkalkuliert, die Kooperationsparteien die Vertragspflichten anders geregelt hätten114. Nicht zur Geschäftsgrundlage zählen indessen Beweggründe einzelner oder aller Kooperationspartner115. Soweit die Änderungen daher Ziele, Absichten, Erwartungen oder andere innere – unerkannt gebliebene – Vorstellungen betreffen, sind sie für § 60 I 1 VwVfG unerheblich, soweit sie nicht Geschäftsgrundlage geworden sind116.

___________ tungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 8; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 9 (S. 809 f.); F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 81), Rn. 305; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 122 f.; Michael Germann, Die Anwendung von Art. 60 BayVwVfG auf vertragliche Kirchenbaulasten, BayVBl. 1998, S. 422 ff. (S. 423); VGH Mannheim NuR 1997, S. 245 ff. (S. 247). 113 BVerwGE 25, S. 299 ff. (S. 303); VGH Mannheim NVwZ-RR 2000, S. 206 f. (S. 206 f.); BGHZ 25, S. 390 ff. (S. 392); BGHZ 70, S. 370 ff. (S. 372); BGHZ 84, S. 1 ff. (S. 8); BGHZ 89, S. 226 ff. (S. 231); BGH NJW 1991, S. 1478 ff. (S. 1478); so auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; H.G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 7; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10. 114 Diese Parameter waren mithin für die Vertragsparteien von solch essentieller Bedeutung, daß der Inhalt der Vereinbarungen mit ihnen steht und fällt. Vgl. dazu auch Elke Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz – Eine vergleichende Untersuchung zum Verhältnis von vertraglicher Bindung und staatlicher Normsetzungsautorität, 2000, S. 557. 115 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 7; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 8; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 85. 116 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 611; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 122 f.; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660).

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Anhand dieser Aspekte wird deutlich, daß auch hier wieder vor der Anwendung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG der genaue Inhalt des Vertrags, gegebenenfalls durch Vertragsauslegung117, zu ermitteln ist. Ergibt sich auf diese Weise, daß der Vertrag bereits Regelungen enthält, wie zu verfahren ist, wenn die Veränderung bestimmter Verhältnisse eintritt, ist für § 60 I 1 VwVfG kein Raum mehr118. (3) Wesentlichkeit der Veränderung – Festhalten am Vertrag unzumutbar Die nächste Anwendungsvoraussetzung einer außerordentlichen Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG verlangt, daß die in den ersten beiden Tatbestandsvoraussetzungen näher beschriebenen Verhältnisse sich so wesentlich geändert haben, daß der davon betroffenen Vertragspartei ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist. Die Frage, wann sich die für beide Kooperationsparteien bedeutenden Vertragsparameter so schwerwiegend verschoben haben, daß die Erfüllung der Vertragspflichten eine unbillige Härte für einen oder beide Vertragspartner darstellen würde, läßt sich nicht ohne weiteres beantworten. Grund dafür ist in erster Linie, daß diese dritte Kündigungsvoraussetzung einzelfall- und parteiinteressenorientierte Wertungsgesichtspunkte enthält119. Andererseits ist diese auch sehr restriktiv zu handhaben, weil sie eine Möglichkeit zur Durchbrechung des zentralen rechtsstaatlichen Grundsatzes der Vertragstreue darstellt120. Diese Voraussetzung des § 60 I 1 VwVfG ist somit wohl ___________ 117 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 611; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 7. 118 H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 7; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 10; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 611; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 122; F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 81), Rn. 305; R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 427; P.-M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 300; vgl. dazu auch Norbert Horn, Vertragsbindung unter veränderten Umständen, NJW 1985, S. 1118 ff. (S. 1118); BGH NJW 1983, S. 2034 ff. (S. 2036); OVG Münster NVwZ 1991, S. 1106 f. (S. 1106 f.). 119 In dieser Richtung auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 867); vgl. auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 12; H.G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9. 120 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 867); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 24; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 613; P. M. Weiß, Pacta sunt

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eine der Hauptursachen dafür, daß seine konkrete Anwendung insgesamt zu einem „unsicheren Geschäft“121 wird. Zur Bestimmung des Gehalts dieser dritten Anwendungsvoraussetzung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ist zunächst festzuhalten, daß die „wesentliche Änderung der Verhältnisse“ nicht losgelöst von der „Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag“ zu betrachten ist. Es handelt sich vielmehr um eine einheitliche Tatbestandsvoraussetzung122. Dementsprechend hat die Verwaltungsrechtsprechung zu ihrer Bestimmung gute, wenn auch sehr strenge123 Anhaltspunkte geschaffen: Unzumutbarkeit im Sinne des § 60 I 1 VwVfG ist dann anzunehmen, wenn unter Abwägung der Interessen aller Partner der Vereinbarung für einen von ihnen die Bindung an den Vertrag nach Treu und Glauben zu einem mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbaren Ergebnis führen würde124. Voraussetzung für ein auf diese Weise unzumutbares Ergebnis ist in jedem Fall, daß das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung so stark gestört ist, daß das von jedem Vertragsbeteiligten normalerweise zu tragende Risiko weit überschritten ist und es dem benachteiligten Partner unmöglich wird, in der ursprünglichen vertraglichen Regelung seine Interessen auch nur annähernd gewahrt zu sehen125. Rechtliche Relevanz im Sinne des § 60 I 1 VwVfG ist also

___________ servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 86; siehe zum Grundsatz „pacta sunt servanda“ auch oben § 3 II 2. 121 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 272). 122 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 613 f., der dies damit begründet, daß eine (objektiv) wesentliche Veränderung des Vertragsumfelds dann vorliegt, wenn das Festhalten am Vertrag (subjektiv) unzumutbar ist und umgekehrt; vgl. dazu auch R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 427. 123 Anders die Zivilrechtsprechung, die den Wegfall der Geschäftsgrundlage teils sehr großzügig annimmt, vgl. nur Darstellung bei Volker Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 4. Aufl. 1997, S. 313, S. 340 f., S. 346. 124 VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 ff. (S. 257); OVG Koblenz AS 24, S. 12 ff. (S. 17); BGHZ 84, S. 1 ff. (S. 9); BGH NJW 1991, S. 1478 ff. (S. 1479); BGH NJW 1996, S. 990 ff. (S. 992); OVG Berlin DÖV 1997, S. 879 ff. (S. 880); OVG Münster NWVBl. 1991, S. 375 ff. (S. 376). Siehe auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 18; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 24; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 614; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 561. 125 VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 ff. (S. 258); OVG Koblenz AS 24, S. 12 ff. (S. 17); VGH Mannheim NVwZ-RR 1998, S. 465 f. (S. 466); BGH NJW 1991, S. 1478 ff. (S. 1479); vgl. auch R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 428.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

dann gegeben, wenn der Vertrag bei Zugrundelegung der gewandelten Bedingungen von den Parteien mit Sicherheit (so) nicht geschlossen worden wäre126. Diese Konditionen der „Unzumutbarkeit“ belegen deutlich die Herkunft dieser dritten Anwendungsvoraussetzung des § 60 I 1 VwVfG: dem Grundsatz von Treu und Glauben127. Sie machen zugleich deutlich, daß die Grenzziehung zwischen einer ohne Kündigungsmöglichkeit hinzunehmenden Äquivalenzstörung im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einerseits und einem nicht mehr zu tolerierenden groben Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung andererseits einer umfassenden Berücksichtigung des Einzelfalls bedarf128. Es ist einleuchtend, daß aus diesem Grund allenfalls eine negative Abgrenzung erfolgen kann. An Unzumutbarkeit fehlt es zum Beispiel, wenn sich das Risiko bestimmter Änderungen der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse realisiert, welches von Anfang an erkennbar war oder dem Vertragstyp/-inhalt immanent ist129, wenn der betroffene Vertragspartner die Änderung der maßgeb-

___________ 126 VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660); VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 ff. (S. 257); VGH Mannheim NVwZ-RR 1998, S. 465 f. (S. 466), VG Braunschweig NdsVBl. 1996, S. 42 ff. (S. 43); D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); vgl. auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19. 127 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 18; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 24; P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 86; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 561. 128 Vgl. VGH Mannheim VBlBW 1996, S. 257 ff. (S. 258); siehe auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615. Maßgebend ist, was redlich denkende Kooperationspartner verständigerweise vereinbart haben würden, wenn sie die eingetretene Lage von vornherein gekannt hätten, H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19. 129 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 12; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 20; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 und 27; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; F. Oppenländer/K.-P. Dolde, DVBl. 1995, S. 637 ff. (S. 643); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 135 f.; P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 87; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 561; OVG Münster NVwZ-RR 1997, S. 475 ff. (S. 476); BVerwG NVwZ 1991, S. 1096 ff. (S. 1097).

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lichen Verhältnisse selbst verursacht oder gar verschuldet hat130 oder wenn die Veränderungen beide Kooperationsparteien in gleichem Maße belasten131. Diese Fälle fehlender Unzumutbarkeit könnte man in der Problematik der sogenannten Störung im eigenen Risikobereich zusammenfassen132. Liegen die Gründe nämlich im Risikobereich einer Vertragspartei, geben sie grundsätzlich nicht das Recht, sich unter Berufung auf § 60 I 1 2. Alt. VwVfG vom Vertrag zu lösen, weil die Rechtsfolgen einer Änderung der Geschäftsgrundlage nicht zu einer Beseitigung der im Vertrag liegenden Risikoverteilung führen dürfen133. Weiterhin fehlt es an der Unzumutbarkeit, wenn ein Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung dem betroffenen Kooperationspartner lediglich unwesentliche Opfer auferlegt134. Diese kurzen generalisierenden Aussagen zur Abgrenzung verdeutlichen, in welchem Dilemma sich der Vertragsverwender befindet. Wegen der bezeichneten restriktiven Rechtsprechung drängen sich parteiliche Vorkehrungen nahezu auf. Dies kann je nach Regelungsinhalt und Risikobewußtsein der Parteien mit

___________ 130 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 12; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 20; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 867); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 136; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 12 (S. 811); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 561; OVG Koblenz AS 24, S. 12 ff. (S. 17). 131 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 135; C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 12 (S. 811); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 26; BGHZ 7, S. 238 ff. (S. 243). 132 Siehe dazu H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 9; vgl. auch P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 30. 133 So für die gleichgelagerten Fälle im Zivilrecht BGH NJW 1996, S. 714 f. (S. 714); vgl. auch BGH WM 1971, S. 1300 ff. (S. 1302); BGH WM 1981, S. 66 ff. (S. 67). 134 Dann ist die notwendige Opfergrenze nicht überschritten, so auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562; P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 87.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Hilfe eines sog. Vorrangs der vertraglichen Risikoverteilung135 oder über die ausführliche (ergänzende) Normierung von außerordentlichen Kündigungsgründen, die konkret die jeweiligen Probleme der Geschäftsgrundlage berücksichtigen136, geschehen. Es ist insoweit an parteiliche Kündigungsregelungen zu denken, welche mutmaßliche und erhebliche Veränderungen der Vertragsparameter vorauszusehen versuchen und damit die Konditionen der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag für die betroffene Vertragspartei spezifizieren. Im Rahmen der vorliegenden dritten Voraussetzung einer Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ist noch kurz auf folgenden Disput einzugehen: Es ist umstritten, ob und inwieweit bei der Ermittlung der Unzumutbarkeit für die behördliche Seite eine vorrangige Berücksichtigung öffentlicher Interessen geboten ist137. Wäre dies notwendig, würde man innerhalb des § 60 I 1 VwVfG für die Bestimmung der Unzumutbarkeit zwei verschiedene Maßstäbe anlegen, ohne daß dafür ein besonderer Grund ersichtlich wäre138. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber den privaten Kooperationspartner für eine besondere Berücksichtigung des öffentlichen Interesses in die Pflicht nehmen wollte139. Nur im Bereich des § 60 I 2 VwVfG hat der Gesetzgeber dem von der Behörde zu vertretenden öffentlichen Interesse prinzipiellen Vorrang vor den Bürgerinteressen eingeräumt140. Ansonsten ist das öffentliche Interesse nur als ___________ 135

P.-M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 300, mit Nachweisen aus dem Zivilrecht. 136 So auch André Turiaux, Der Vorhabenbezogene Bebauungsplan gem. § 12 BauGB: Beschleunigungspotential, Durchführungsverpflichtung und praktische Probleme, NJW 1999, S. 391 ff. (S. 394). Siehe im einzelnen unten § 7 II 2 u. 3. 137 Vgl. Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Erster Band Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973, S. 282 f.; W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 148); H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1711); siehe auch Willibald Apelt, Der verwaltungsrechtliche Vertrag, 1920, S. 218 ff. 138 Schon die amtliche Begründung zu § 56 Abs. 1 VwVfG, der Vorgängervorschrift zu § 60 I VwVfG führte aus: „Wenn sich die Verwaltungsbehörden vertraglicher Handlungsformen bedienen, müssen auch sie grundsätzlich dem Satz `pacta sunt servanda` unterworfen sein. Der Entwurf geht davon aus, daß beide Vertragspartner grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten haben müssen, sich vom Vertrage zu lösen.“, BT-Drs. 7/910, S. 82. 139 E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 561; siehe auch H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1711); M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 820 f.); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 137; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 867). 140 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsver-

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Abwägungsgesichtspunkt für die Zumutbarkeit auf Seiten des behördlichen Vertragspartners zu berücksichtigen141. (4) Keine Vertragsanpassung möglich oder zumutbar Die vierte und letzte Voraussetzung einer außerordentlichen Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ist dem Subsidiaritätsverhältnis der beiden möglichen Rechtsfolgen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gewidmet. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift genießt die Vertragsanpassung Vorrang gegenüber der Kündigung, so daß die fehlende Anpassungsfähigkeit zur Kündigungsvoraussetzung wird142. Eine Kündigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags kommt dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend als ultima ratio143 nur dann in Betracht, wenn die Vertragsanpassung nicht ausreicht oder nicht geeignet ist, die berechtigten Interessen der betroffenen Vertragspartei zu gewährleisten144. Eine Vertragsanpassung reicht nicht aus, daß heißt, sie ist unzumutbar im Sinne von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG, wenn einer oder beiden Parteien der Fortbestand des Vertrags und der Leistungspflichten nach dem Inhalt des letzten Vertragsanpassungsangebots aus der Sicht eines verständigen Betrachters nicht angesonnen werden kann, weil die beiderseitigen Leistungen weiterhin in einem solchen Mißverhältnis stehen würden, daß auch nach einer solchen Änderung des Vertrags eine die Opfergrenze überschreitende Äquivalenzstö___________ fahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 11; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; vgl. auch J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 509). 141 Vgl. statt vieler N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 24; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615. 142 So richtig auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 871). Die fehlende Anpassungsfähigkeit muß im Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits gegeben sein. Eine spätere Entwicklung, die nunmehr eine Lösung vom Vertrag rechtfertigen würde, kann der Kündigung nicht nachträglich zur Wirksamkeit verhelfen, D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865f (S. 871). Hauptargument dafür ist die der Kündigung so typische Gestaltungswirkung, die eine Rechtsunsicherheit hinsichtlich ihres Wirksamwerdens nicht toleriert, vgl. dazu oben § 3 II. 143 Einhellige Meinung, vgl. nur D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 871); S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), S. 50; K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 140; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25. Das entspricht auch der ratio legis des § 60 I 1 VwVfG, wonach der Vertrag im Regelfall aufrechterhalten und lediglich den veränderten Situationen angepaßt werden soll, vgl. BT-Drs. 7/910, S. 82: „Pacta sunt servanda“; siehe zu diesem Grundsatz auch oben § 3 II 2. 144 Die Anpassung als vorrangige Rechtsfolge eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage wird so zugleich zur zusätzlichen, negativen Voraussetzung der nachrangigen Rechtsfolge der Kündigung, D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 871).

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rung fortbesteht145. Nichtgeeignetheit bzw. Unmöglichkeit der Vertragsanpassung liegt hingegen vor, wenn die inhaltliche Umgestaltung des Vertrags aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen zwischen den Kooperationsparteien nicht erreicht werden kann146. Die Ausgestaltung dieser Voraussetzungen zeigt auf, daß eine Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG nur in Betracht kommt, wenn eine Vertragsanpassung im Verhandlungswege ausgeschlossen ist147. Ist sie das nicht, hat der andere Kooperationspartner einen Anspruch auf eine Vertragsmodifikation148. Die Umsetzung der Anpassung würde mit Hilfe eines Änderungsvertrags erfolgen, welcher den Anforderungen des § 57 VwVfG149 und denen des § 59 VwVfG150 genügen muß. Verweigert in einem solchen Fall der von den Änderungen der Rahmenbedingungen nicht betroffene Vertragspartner den berechtigten Abschluß des Änderungsvertrags151, bedeutet dies noch nicht, daß eine automatische Umwandlung des Anpassungsanspruchs in ein Kündigungsrecht erfolgt152. ___________ 145 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25a. Die Unzumutbarkeit kann sich auch aus zwischenzeitlichen inhaltlichen, räumlichen, zeitlichen, wirtschaftlichen oder personellen Veränderungen ergeben, so daß ein neuer Vertrag mit einem anderen als dem ursprünglichen Inhalt unter veränderten Umständen keinen Sinn macht, H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25a. 146 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25a; siehe auch F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 13; D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 869); H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1710); VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 659). 147 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 48. 148 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 869); C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 16 (S. 812); F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 13; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 32 ff., insb. Rn. 35; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618; vgl. auch BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 340). 149 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 869); V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 40; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 12. 150 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 23a. 151 Siehe zum möglichen Inhalt eines solchen Vertrags V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618 m.w.N. in den Fn. 219-222. 152 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 870); V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 11; vgl. auch BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 341).

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Der betroffene Vertragspartner müßte zur gerichtlichen Durchsetzung des Abschlusses des Änderungsvertrags schreiten153. Wegen des Vorrangs der Vertragsanpassung im Verhandlungswege ist die Kündigung i.S.d. § 60 I 1 2. Alt. VwVfG kein absolutes Kündigungsrecht, wie dies etwa bei einem einzelvertraglich geregelten außerordentlichen Kündigungsrecht der Fall wäre. Fraglich bleibt allein noch die technische Ausgestaltung vorliegender Kündigungsvoraussetzung. Als gegeben kann jedenfalls angenommen werden, daß der vertragsmüde Kooperationspartner vor Abgabe einer Kündigungserklärung154 stets zu prüfen hat, ob der Vertrag nicht an die veränderten Rahmenbedingungen angepaßt werden kann. Von ihm kann jedoch nicht verlangt werden, daß er darlegt und beweist, daß eine Vertragsanpassung im Verhandlungswege ausgeschlossen ist155. Gegen eine derart objektivierte Betrachtung spricht schon, daß, wenn eine Vertragspartei der Kündigung widerspricht, weil sie die Voraussetzung nicht für gegeben erachtet, ein entsprechender Prozeß mit dem Feststellungsziel geführt werden müßte, daß die Kündigung das Vertragsverhältnis beendet bzw. nicht beendet hat156. Die kündigende Partei hätte dann darzulegen, daß eine Vertragsanpassung nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist157. Für eine allzu strenge technische Durchführung der vierten Kündigungsvoraussetzung besteht also gar kein Grund, weil die Rechtsfragen im Streitfall uneingeschränkter gerichtlicher Beurteilung unterliegen. Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit einer Vertragsanpassung sind immerhin in einem rein objektiven Sinn zu verstehen158. Dagegen spricht auch, daß nicht jedwede Anpassungsmöglichkeit hingenommen zu werden braucht. Das Verhandlungsergebnis muß nämlich für den betroffenen Kooperationspartner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch zumutbar erscheinen lassen159. Vor diesem Hintergrund er___________ 153 Leistungsklage auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung, ggf. verbunden mit einer Klage auf Erfüllung des angepaßten Vertrags; siehe dazu genauer V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 618, S. 646 ff.; siehe auch D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 870); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 23b. 154 Siehe dazu ausführlich oben § 6. 155 So aber D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872). 156 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25b, der allerdings von einer Klage auf Feststellung der Zulässigkeit der Kündigung ausgeht. 157 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25b. 158 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 12; so auch wieder D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872). 159 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14.

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scheint es nicht einleuchtend, daß ein erfolgloser Anpassungsversuch zum Kündigungserfordernis hochstilisiert wird, mit dem Ergebnis, daß die Kündigung schon dann unwirksam ist, wenn es dem anderen Vertragspartner gelingt darzutun, daß Verhandlungen eine Anpassungslösung hätten erbringen können160. Solche überspitzten Anforderungen würden das Kündigungsrecht des betroffenen Kooperationspartner über Gebühr beschränken. Die Prüfungspflicht der Anpassungsmöglichkeit genügt also regelmäßig zur technischen Durchführung der beschriebenen vierten Voraussetzung einer Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG. Es kann allerdings im Zweifelsfall durchaus ratsam sein, daß der Vertragspartner, der die Kündigung beabsichtigt, an den anderen Vertragspartner herantritt, Verhandlungsbereitschaft signalisiert und versucht, eine Modifikation des bestehenden Vertrags zu erreichen; dies aber nicht vor dem Hintergrund zwingend notwendiger Kündigungsvoraussetzungen, sondern dem generellen Interesse entsprechend, eine gütliche Einigung zu erzielen. (5) Ergänzende Voraussetzungen Neben den bisher beschriebenen vier Voraussetzungen von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG gibt es eine Reihe weiterer Aspekte, die bei einer außerordentlichen Kündigung nach dieser Vorschrift zu beachten sind. Dazu gehören natürlich diejenigen, die bereits im Allgemeinen Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen dargestellt worden sind. Daneben gewinnt noch eine Besonderheit der außerordentlichen Kündigung an Bedeutung, die auch bei § 60 I 1 2. Alt. VwVfG zu finden ist: Die Kündigung bzw. genauer die Kündigungserklärung ist nicht fristgebunden161. Das Kündigungsrecht kann allerdings verwirkt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung erstmals möglich war, längere Zeit verstrichen ist und die verspätete Kündigung gegen Treu und Glauben verstoßen würde (Einwand der unzulässigen Rechtsausübung)162. Wann dies schließlich der Fall ist, hängt wieder – wie bei Anwendung des § 60 I 1 VwVfG gängig – von einer umfassenden Analyse des Einzelfalls ab.

___________ 160 So aber eben D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 872), der damit eine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die § 60 I VwVfG-Kündigung schafft. 161 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 52; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25b; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 20. 162 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 52; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25b; vgl. auch G. Beinhardt, VerwArch 55 (1964), S. 210 ff. (S. 259 f.).

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Last but not least ist nochmals festzuhalten, was verschiedentlich bereits angesprochen wurde. Das außerordentliche Kündigungsrecht nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG steht allen Kooperationspartnern zu; es kann also selbstverständlich auch von der Behörde geltend gemacht werden163. b) § 60 I 2 VwVfG (behördliches Sonderkündigungsrecht) Der § 60 I 2 VwVfG normiert ein behördliches Sonderkündigungsrecht, dessen praktische Bedeutung allerdings wesentlich geringer ist164 als die des § 60 I 1 VwVfG. Vorhandene dogmatischen Streitfragen können daher relativ kurz abgehandelt und es kann in größerem Umfang auf vorhandenes Schrifttum verwiesen werden. aa) Das Verhältnis von § 60 I 2 VwVfG zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG Das behördliche Sonderkündigungsrecht wegen Gemeinwohlgefährdung gemäß § 60 I 2 VwVfG ist unabhängig von den Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, hat folglich nichts mit dem Kündigungsrecht des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG zu tun und ist von diesem zu unterscheiden165. Das Sonderkündigungsrecht stellt daher keinen Unterfall der Lehren der clausula rebus sic stantibus und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage dar166. Freilich ist diese An-

___________ 163 Einhellige Meinung, vgl. nur H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlichrechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 44; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 7; a.A. wohl nur Albert Bleckmann, Verfassungsrechtliche Probleme des Verwaltungsvertrags, NVwZ 1990, S. 601 ff. (S. 607). 164 Siehe dazu die empirische Erfassung von V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 620, die die bisherige Nichtanwendung des § 60 I 2 VwVfG in der Verwaltungspraxis belegt; die gleiche Arbeit kommt auch zu dem Ergebnis, daß die Rechtsprechung bis dahin noch nicht mit der Norm beschäftigt war. 165 So auch W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 272); H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287); D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 865); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562; J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 506); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 59; P.M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 346; W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 147 f.); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 143; Carsten Schappmann, Der Sanierungsvertrag, Altlastensanierung und Verwaltungsvertrag, 1998, S. 195. 166 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287), spricht von einer nur sehr lockeren Verbindungslinie.

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sicht nicht unumstritten167, dafür aber stringent. Das Sonderkündigungsrecht dient nämlich gerade nicht der Korrektur von aus dem Bereich der Geschäftsgrundlage resultierenden Vertragsstörungen, sondern sichert vielmehr im Kollisionsfall den Vorrang der Interessen der Allgemeinheit vor den Interessen des privaten Kooperationspartners168. Die Vorschrift dient also der Verhütung oder Beseitigung einer (schweren) Beeinträchtigung des Gemeinwohls infolge des Vertragsschlusses169 und besitzt daher einen selbständigen Regelungsgehalt170. Die Gegenauffassung, die der Norm einen lediglich klarstellenden Charakter einräumt, weil jede Gemeinwohlgefährdung immer auch als unzumutbar im Sinne von § 60 I 1 VwVfG zu verstehen sei und daher sogleich die Kündigung rechtfertige171, führt letztlich nur zur Relativierung und Infragestellung des gesamten § 60 I VwVfG. Vertragsanpassungsuntunlicher Wegfall der Geschäftsgrundlage und schwere Gemeinwohlgefährdung führen nämlich immer dazu, daß die Fortsetzung des Verwaltungsvertrags unzumutbar wird. Daher wird zu___________ 167

Für die Annahme eines Unterfalls die wohl h.M.: vgl. nur J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 60; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 27; H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 54 X Rn. 48 (S. 226); V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 621 f.; M. Bullinger, DÖV 1977, S. 812 ff. (S. 822); Wolf-Rüdiger Schenke, Der rechtswidrige Verwaltungsvertrag nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, JuS 1977, S. 281 ff. (S. 290); vgl. auch Christian-Friedrich Menger, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Verwaltungsrecht, VerwArch 52 (1961), S. 196 ff. (S. 210); L. Eckert, DVBl. 1962, S. 11 ff. (S. 16 f.); G. Beinhardt, VerwArch 55 (1964), S. 210 ff. (S. 259); E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts (Fn. 137), S. 283; Goswin Pieper, Zulässigkeit und Funktion des öffentlich-rechtlichen Vertrages im Verhältnis Staat und Bürger, insbesondere im Vergleich zur Funktion des Verwaltungsakts, DVBl. 1967, S. 11 ff. (S. 16); Fritz Haueisen, Zum Problem des Vertrauensschutzes im Verwaltungsrecht, DVBl. 1964, S. 710 ff. (S. 711); Egon Barocka, Vereinbarungen und Verträge im Wasserrecht unter besonderer Berücksichtigung von Wasserentnahme-Gestattungsverträgen zur Bodenbewässerung, VerwArch 51 (1960), S. 1 ff. (S. 18); BVerwG DVBl. 1967, S. 619 ff. (S. 620); C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 304. 168 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 865 f.); J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 508); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 59; P.-M. Efstratiou, Die Bestandskraft des öffentlichrechtlichen Vertrags (Fn. 43), S. 345 f.; W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 147 f.); V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 143 ff.; P. M. Weiß, Pacta sunt servanda im Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 91 f.; so nun aber auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 27. 169 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866). 170 Vgl. auch H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287), der insbesondere den Sinn des Sonderkündigungsrechts als Ausfluß der Gemeinwohlorientierung allen Verwaltungshandelns hervorhebt. 171 So V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 621.

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mindest immer eine Kündigung auf Grund von §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB in Betracht kommen. Für die hier vertretene Auffassung spricht auch die Nähe des § 60 I 2 VwVfG zum Notrecht des § 49 II Nr. 5 VwVfG172. Der Tatbestand des § 49 II VwVfG unterteilt schließlich auch in Reaktionsmöglichkeiten auf Rahmenbedingungsänderungen (Nr. 1-4) und in die Begegnung schwerer Gemeinwohlgefährdungen (Nr. 5)173. Ferner streitet für die Eigenständigkeit des § 60 I 2 VwVfG, daß das Sonderkündigungsrecht eben nur der Behörde zusteht, während Kündigungsrechte wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ja letztlich vertragsimmanent sind174. Das Sonderkündigungsrecht stellt sich folglich als ein von außen kommender und zugleich hoheitlicher Eingriff dar175. bb) Die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG § 60 I 2 VwVfG stellt das notwendige Korrelat zum Spannungsverhältnis der Individualinteressen der Kooperationsparteien und dem Allgemeininteresse dar176. Letzterem Vorrang gewährend bestimmt die Vorschrift, daß die Behörde den Vertrag auch kündigen kann, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. (1) Schwere Nachteile für das Gemeinwohl Schwere Nachteile für das Gemeinwohl sind stets dann gegeben, wenn eine Beeinträchtigung oder Gefährdung besonderer, wichtiger, erheblicher, überragender Gemeinschaftsgüter vorliegt, durch die dem Staat auf seinen verschiedenen Ebenen unzumutbare Lasten auferlegt würden177. Unter diesen eng auszule___________ 172 So auch H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562. 173 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); vgl. auch Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2000, § 11 Rn. 39 ff., 44a. 174 D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); vgl. auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 58 und H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. 175 W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 147); H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1711); D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 508); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 59. 176 So auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 27; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17. 177 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwal-

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genden178 Begriff „schwere Nachteile“ fallen auch die Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit Einzelner, weil auch deren Schutz vorrangige Aufgabe der Gemeinschaft ist179. Kündigungen nach § 60 I 2 VwVfG sind daher denkbar zur Vorsorge im Bereich der Volksgesundheit oder dem Schutz natürlicher Lebensgrundlagen und Grundrechte. Nicht umfaßt hingegen sind lediglich fiskalische Interessen des Staates oder Vermögensinteressen Einzelner180. Auch die bloße, nicht zur Nichtigkeit im Sinne von § 59 VwVfG führende Rechtswidrigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags stellt keinen schweren Nachteil dar181, weil die Verwaltung nicht das Ende des Vertrags durch Kündigung herbeiführen kann, wenn schon der Gesetzgeber seine Unwirksamkeit nicht wollte. Wann ein Nachteil für das Gemeinwohl die Schwelle eines schweren Nachteils überschritten hat, hängt, vergleichbar zu den Voraussetzungen des § 60 I 1 ___________ tungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 65. Wegen der beschriebenen Nähe der Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG zum Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts sind bei der Sonderkündigung praktisch die gleichen Maßstäbe anzulegen, wie bei § 49 II Nr. 5 VwVfG, N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 62. Bei dieser Auslegung ist aber zu beachten, daß Verträge im besonderen Maße Vertrauenstatbestände schaffen, um so mehr, weil ja ein wirksamer Vertrag vorliegt, ebenso H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 26 Rn. 32 (S. 419); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562. 178 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 65; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17; H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1711); F.-J. Peine, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 81), Rn. 307; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 622; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562. 179 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 65; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 49 Rn. 57; vgl. auch VG Düsseldorf GewArch. 1979, S. 33 ff. (S. 34). 180 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 65; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 49 Rn. 57; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17; vgl. auch C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 63 Rn. 21 (S. 678). 181 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 67; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 15, 17; W.-R. Schenke, JuS 1977, S. 281 ff. (S. 290); Götz Frank, Nichtigkeit des substituierenden Verwaltungsvertrages nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), DVBl. 1977, S. 682 ff. (S. 683); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563; dies., Grundlagen des Verwaltungsvertrages (II), Jura 2001, S. 731 ff. (S. 736); siehe auch C. Schimpf, Der verwaltungsrechtliche Vertrag (Fn. 44), S. 308.

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VwVfG, von einer umfassenden Wertung des Einzelfalls ab182. Die Abwägung im Einzelfall muß das Eingreifen in den öffentlich-rechtlichen Vertrag vom Standpunkt der Allgemeinheit aus zwingend geboten erscheinen lassen183. Dabei ist jedoch nicht erforderlich, daß allein die Kündigung in der Lage ist, schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen. Es reicht aus, daß die Kündigung im Zusammenspiel mit anderen behördlichen Maßnahmen geeignet ist, das Gemeinwohl zu schützen184. Das behördliche Sonderkündigungsrecht ist nicht darauf beschränkt, daß die gemeinwohlschädlichen Ereignisse nach dem Vertragsschluß eingetreten sind. § 60 I 2 VwVfG kann, anders als § 60 I 1 VwVfG185, auch dann zur Anwendung kommen, wenn schwere Nachteile für das Gemeinwohl bei (bzw. vor) Vertragsschluß bereits objektiv vorhanden, aber von der Behörde noch nicht erkannt worden sind186. Das ergibt sich einerseits aus der Auslegung der Vorschrift: Der Wortlaut beschränkt sich in keiner Weise auf den Eintritt der gemeinwohlschädlichen Ereignisse nach Vertragsschluß. Andererseits ergibt sich dies auch aus dem Telos der Vorschrift: Warum soll der Behörde die Kündigung verwehrt sein, wenn ihr die von Anfang an bestehende Gemeinwohlschädlichkeit erst später bewußt wird187? ___________ 182 Dabei sind prinzipiell auch die Interessen des anderen Vertragspartners zu berücksichtigen, W. Fiedler, VerwArch 67 (1976), S. 125 ff. (S. 150). 183 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 67; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17. Wegen möglicher Diskrepanzen zwischen den Standpunkten von Behörde und Allgemeinheit besteht die Möglichkeit, die Behörde im Wege der Aufsicht anzuweisen, den Vertrag zu kündigen. 184 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 64; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. 185 Bei § 60 I 1 VwVfG löst die herrschende Meinung die entsprechende Problematik über die analoge Anwendung der Vorschrift, siehe oben § 7 I 2 a) bb) (1) (b). 186 N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 63; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 29; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 18; W.-R. Schenke, JuS 1977, S. 281 ff. (S. 290); E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563. 187 Mit gleichem Ergebnis, allerdings mit Argumenten, die an der Meinung, daß § 60 I 2 VwVfG ein Unterfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage darstellt, ausgerichtet sind, auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 29; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 14. A.A. C. H. Ule/Franz Becker, Verwaltungsverfahren im Rechtsstaat – Bemerkungen zum Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, 1964, S. 71 f.

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(2) Verhüten oder Beseitigen Vom Wortlaut („verhüten“ und „beseitigen“) her bietet der § 60 I 2 VwVfG zwei verschiedene Wirkungsmöglichkeiten. Die Kündigung kann – zukunftsorientiert – bei Sachlagen erfolgen, die ohne Kündigung zu einer schweren Benachteiligung des Gemeinwohls führen würden oder auch – vergangenheitsbewältigend – dann geschehen, wenn sich infolge des Vollzugs des Vertrags bereits eine schwere Gemeinwohlschädlichkeit eingestellt hat188. Der kündigende Kooperationspartner sollte sich dieser Wirkungsmöglichkeiten bewußt sein, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung der folgenden Kündigungsvoraussetzung. (3) Keine Vertragsanpassung möglich Als weitere Voraussetzung einer Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG wird einhellig gleichfalls wie bei § 60 I 1 VwVfG die fehlende Anpassungsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags verlangt189. Dies wird in erster Linie mit dem Übermaßverbot begründet. Wegen des besonderen Vertrauenstatbestands, den ein wirksamer öffentlich-rechtlicher Vertrag produziert, ist bei der Kündigung nach § 60 I 2 VwVfG das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten, was insoweit über die Prüfung einer Vertragsanpassung realisiert wird190. Die Kündigung wird damit zur ultima ratio der Abwehr von Schäden für das Gemeinwohl191. Die Kündigungsvoraussetzung der fehlenden Anpassungsfähigkeit bedeutet bei § 60 I 2 VwVfG im Detail, daß es unmöglich bzw. unzumutbar sein muß, die Verhütung oder Beseitigung der schweren Nachteile für das Gemeinwohl durch eine Anpassung des Vertrags zu erreichen192. Die Vertragsanpassung muß ___________ 188

N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 68. 189 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287); D. Lorenz, DVBl. 1997, S. 865 ff. (S. 866); H. Meyer, NJW 1977, S. 1705 ff. (S. 1711); N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 60; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 15; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 19; H. Meyer, in: H. Meyer/ H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 19; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 562; vgl. auch S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), S. 51. 190 Siehe dazu die Nachweise in der vorangegangenen Fußnote. 191 So auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 28. 192 Vgl. dazu oben § 7 I 2 a) bb) (4).

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damit zur Wahrung der öffentlichen Belange ausreichen und den Beteiligten zumutbar sein193; anderenfalls kommt nur eine Kündigung in Betracht. Für die praktische Durchführung einer Vertragsanpassung sind noch folgende Überlegungen zu beachten: Wenn ein öffentlich-rechtlicher Vertrag eine solche Qualität besitzt bzw. erreicht, daß seine weitere Durchführung schwere Nachteile für das Gemeinwohl mit sich bringt, wird es vielfach schwierig sein, ihn noch reformieren zu wollen, geschweige denn zu können. Bei einer solchen Schieflage des Vertrags wird man daher in der Praxis kaum anders reagieren können, als ihn aufzulösen. Eine Anpassung des bestehenden Vertrags bedeutet nämlich in concreto nichts anderes als einen neuen Vertrag, mit anderem, nunmehr gemeinwohlkonformem Inhalt, zu schließen. c) § 62 S. 2 VwVfG in Verbindung mit bürgerlich-rechtlichen Regelungen Neben den außerordentlichen Kündigungsregelungen des § 60 I VwVfG gibt es weitere allgemeine Regelungen für die Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge. Es wurde bereits angedeutet, daß § 62 S. 2 VwVfG als „Brückenkündigungsnorm“ in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzufassen ist, welche die Verwendung bürgerlich-rechtlicher außerordentlicher Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge ermöglicht. Im Hinblick auf das notwendige Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags liegt die bei weitem größte kündigungsspezifische Bedeutung des § 62 S. 2 VwVfG darin, den § 314 BGB für den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrag zu erschließen194. Es wurde schon im Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen festgestellt, daß der Grundsatz der Kündigung aus wichtigem Grund bei Dauerschuldverhältnissen gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB auch bei öffentlich-rechtlichen Verträgen gilt195. § 62 S. 2 VwVfG wurde insoweit aber nur für die Transformation dieses Grundsatzes verwendet. Bevor nun näher auf die Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB eingegangen wird, sollte jedoch klar sein, welcher ___________ 193 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 17; vgl. auch S. Littbarski, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage im öffentlichen Recht (Fn. 43), S. 51. 194 Die bürgerlich-rechtlichen außerordentlichen Kündigungsnormen wie §§ 490 (Darlehen), 543, 569, 580 (Mietrecht), 626 (Arbeitsrecht) und 723 (Gesellschaft) BGB spielen in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen weniger eine Rolle, weil derartige Inhalte dem Verwaltungsprivatrecht angehören und damit privatrechtlichen Verwaltungsverträgen zuzuordnen sind; siehe dazu unten § 7 I 3 b). 195 Siehe dazu oben § 5 IV 2 a).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Anwendungsspielraum einer solchen Kündigung im Gefüge des Verwaltungsvertragsrechts überhaupt zur Verfügung steht. Diese Frage stellt sich deswegen, weil nach § 62 S. 2 VwVfG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur ergänzend entsprechend gelten. Der Anwendungsbereich der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB wäre folglich verschlossen, wenn § 60 I 1 2. Alt. VwVfG alle denkbaren Fälle einer außerordentlichen Kündigung umfaßt. aa) Das Verhältnis der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG Die Relation von §§ 62 S. 2 i.V.m. 314 I BGB und § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ist hauptsächlich von den Voraussetzungen des § 62 S. 2 VwVfG geprägt. § 62 S. 2 VwVfG bedeutet nämlich keine generelle entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB, sondern vielmehr, daß die Besonderheiten des öffentlichen Rechts im allgemeinen oder des öffentlichen Vertragsrechts im speziellen nicht entgegenstehen dürfen, was jeweils bei jeder Vorschrift konkret zu prüfen ist196. Der mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001197 eingeführte § 314 I 1 BGB bestimmt, daß jeder Vertragsteil Dauerschuldverhältnisse aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen kann. Satz 2 der Vorschrift regelt, wann ein wichtiger Grund gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Gesetzeswortlaut macht deutlich, daß es sich bei § 314 BGB um eine sehr umfassende Norm handelt, eine Vorschrift, die die Kündigung aus wichtigem Grund generalisierend erfaßt. Ein solcher generalisierender Effekt in be___________ 196 BVerwGE 36, S. 108 ff. (S. 113); BVerwG DVBl. 1985, S. 850 ff. (S. 851); OVG Koblenz DVBl. 1984, S. 281 ff. (S. 283); F. Haueisen, DVBl. 1964, S. 710 ff. (S. 711); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 5; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 6; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 22; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 17 ff.; siehe allgemein zur Handhabung des § 62 S. 2 VwVfG Heinrich de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht: dargestellt anhand der privatrechtlichen Regeln über Rechtsgeschäfte und anhand des allgemeinen Schuldrechts, 1999; vgl. auch Herbert Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht, 2002, 2. Teil § 3 I Rn. 179 ff., Rn. 183 ff., insbesondere zur Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verwaltungsvertragsrecht. 197 BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff.

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zug auf eine Kündigung aus wichtigem Grund ist dem § 60 I 1 2. Alt. VwVfG nicht zu eigen, was ein Blick auf seinen Regelungsgehalt zeigt. Dieser umfaßt auch für den Bereich der Kündigung „lediglich“ Situationen, die aus einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse resultieren und landläufig mit den Lehren vom Wegfall der Geschäftsgrundlage und von der clausula rebus sic stantibus erklärt werden198. Diese klare, an der Ansicht der herrschenden Meinung orientierte Beschreibung des Regelungsgehalts des § 60 I 1 VwVfG bringt für das hier in Rede stehende Verhältnis von §§ 62 S. 2 i.V.m. 314 I BGB und § 60 I 1 2. Alt. VwVfG einen entscheidenden Vorteil. Sie gewährleistet eine genaue Abgrenzung der einzelnen Fälle gesetzlicher außerordentlicher Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen. Es besteht so nämlich die konkrete Möglichkeit, das angesprochene Verhältnis aufzuschlüsseln. Beide Rechtsinstitute, also die clausula-Lehre als willensunabhängiger, objektiv-ungeschriebener Bestandteil jedes Vertrags und die Lehre von der Geschäftsgrundlage als subjektive Vorstellungen der Parteien über außerhalb des Vertrags liegende Umstände, werden im Bereich der Rechtsfolge „Vertragsauflösung“ von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG erfaßt, während praktisch für alle anderen wichtigen Gründe einer außerordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB heranzuziehen sind (z.B. für die vielfältigen Fälle der vertraglichen Pflichtverletzung). Dies ist aber keinesfalls im Sinne einer strikten Trennung zu verstehen. Vielmehr stellt der nichtanpassungsfähige Wegfall der Geschäftsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags gleichfalls einen wichtigen Grund im Sinne der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB (i.V.m. § 313 BGB) dar199. Begründen läßt sich dieses Ergebnis mit einem Vergleich der Tatbestandsvoraussetzungen. Charakteristischstes Merkmal des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse200. Kann auf diese nicht mit einer zumutbaren Vertragsanpassung reagiert werden, besteht ein Kündigungsrecht201. Daran knüpft der Telos des § 314 BGB nahtlos an. Ist nämlich die Fortsetzung aufgrund mangelnder Vertragsanpassungsmöglichkeit ___________ 198

Vgl. dazu oben § 7 I 2 a) aa). So richtig auch VGH München BayVBl. 1995, S. 659 ff. (S. 660); vgl. für das Zivilrecht OLG Celle OLGZ 1990, S. 88 ff. (S. 88 f.); BGH LM BGB § 242 (Ba) Nr. 57; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1133; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 9; Wilhelm Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Dauerschuldverhältnissen, 1979, S. 135; so auch ausdrücklich die amtliche Gesetzesbegründung zu § 313 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 176. Siehe für das Verhältnis von § 314 BGB zu § 313 BGB unten § 7 I 3 b). 200 Vgl. dazu oben § 7 I 2 a) bb) (2) und (3). 201 Siehe oben § 7 I 2 a) bb) (4). 199

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

unzumutbar, besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Die Voraussetzungen und auch Anwendungsbereiche beider Institute überschneiden sich folglich202, beide sind Ausfluß des Grundsatzes von Treu und Glauben203, und schließlich wird mit dem Begriff der Unzumutbarkeit auf den selben Wertmaßstab verwiesen204. Fraglich bleibt allein, wie dieses Konkurrenzverhältnis der außerordentlichen Kündigungsrechte wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 60 I 1 2. Alt. VwVfG) und wegen wichtigen Grundes (§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB) aufzulösen ist205. Die Zivilrechtsdogmatik plädiert dabei u.a. für folgenden Ansatz: Soweit sich die Anwendungsbereiche nicht decken, stehen die Rechtsinstitute nebeneinander, während die Regeln zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen im Überschneidungsbereich, in dem für das Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ mit Rechtsfolge der Vertragsauflösung kein Bedürfnis besteht, vorgehen206. Begründet wird die Subsidiarität der außerordentlichen Kündigung in___________ 202 W. Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage (Fn. 199), S. 135. Siehe zur Voraussetzung fehlender Vertragsanpassung auch bei einer Kündigung nach § 314 I BGB bei wesentlicher Veränderung der Verhältnisse unten § 7 I 2 c) cc) (2) (a). Die praktische Relevanz des Konkurrenzverhältnisses von Kündigung aus wichtigem Grund und wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bei derartigen Problemkonstellationen ist also relativ, weil bei beiden die fehlende Vertragsanpassungsmöglichkeit zu prüfen ist. Der pauschalen Trennung von §§ 313 und 314 BGB anhand der Vertragsanpassungsfrage von Karl v. Hase, Fristlose Kündigung und Abmahnung nach neuem Recht, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2279), kann also nur schwerlich gefolgt werden. Vielmehr würde eine Kündigung wegen der Problematik „Wegfall/Störung der Geschäftsgrundlage“ (im Zivilrecht nunmehr § 313 BGB) ebenfalls nach § 314 BGB erfolgen, vgl. dazu unten § 7 I 3 b). 203 Siehe dazu oben § 7 I 2 a) aa) und § 5 IV 2 a). 204 A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 242 Rn. 270. 205 Dieses Konkurrenzverhältnis ist auch im Bereich des Zivilrechts umstritten, vgl. W. Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage (Fn. 199), S. 127 ff. m.w.N.; siehe zum grundsätzlichen Verhältnis der Kündigungsrechte auch Berthold Gries/Elmar Willebrand, Beendigung der auf Leistung oder Nutzung gerichteten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse, JuS 1990, S. 193 ff. (S. 196 f.). Für das Verhältnis der §§ 313 und 314 BGB wird dies allerdings nicht richtig berücksichtigt von Achim Albrecht/Dennis Flohr/Günter Lange, Schuldrecht 2002, 2001, S. 33; Herrmann Amann/Günter Brambring/Christian Hertel, Die Schuldrechtsreform in der Vertragspraxis, 2002, S. 94; Jürgen Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht, Anwendungen und Auswirkungen in der Praxis, 2002, Rn. 649; Hans-Joachim Weber/Joachim Dospil/Hedwig Hanhörster, Mandatspraxis Neues Schuldrecht, 2002, C. VIII. 10 (S. 86 f.). 206 Wohl herrschende Meinung, vgl. nur A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 242 Rn. 270; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 313

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folge Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit der Existenz einer normativen Regelung der Kündigung aus wichtigem Grund207. Dieser Ansatz der Zivilrechtsdogmatik vermag im Bereich der öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträge nicht zu überzeugen, was bereits allein die Existenz von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG beweist208. Die Subsidiarität der außerordentlichen Kündigung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage kann dann nicht greifen, wenn selbige als Spezialregelung in § 60 I 1 2. Alt. VwVfG existiert und die außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 BGB) wegen § 62 S. 2 VwVfG ausschließlich ergänzend gilt. Im Gegensatz zur Zivilrechtsdogmatik sind die Vorzeichen hier vielmehr umgekehrt. Die Subsidiarität trifft die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB). Hier zeigt sich deutlich, daß die Besonderheiten des öffentlichen Rechts und des öffentlichen Vertragsrechts keine generelle, über § 62 S. 2 VwVfG vermittelte, entsprechende Anwendung der Vorschriften und Grundsätze des Bürgerlichen Rechts dulden. Die Existenz des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG verlangt für das Verwaltungsvertragsrecht insoweit die Durchbrechung herkömmlicher zivilrechtlicher Grundsätze. Die Vorschrift hätte sonst im Angesicht der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314, 313 BGB keinerlei Bedeutung mehr, wenn sich bei Dauerschuldverhältnissen die Frage der Auflösung des Vertrags

___________ Rn. 26; W. Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage (Fn. 199), S. 136 m.w.N.; BGH ZIP 1997, S. 257 ff. (S. 259); BGHZ 24, S. 91 ff. (S. 95 f.); vgl. auch BGHZ 133, S. 316 ff. (S. 327): „Es sind an die Vertragsauflösung aufgrund eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage strengere Anforderungen zu stellen als an die außerordentliche Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses“. Siehe dazu auch ausführlich J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1391 ff., mit der Darstellung der Ansätze jeweils aus der Sicht der einzelnen Institute und der favorisierten Lösung über eine Differenzierung der Risikotragung. Insgesamt handelt es sich bei der Problematik um eine Streitfrage erheblichen Ausmaßes, der schon aus Platzgründen hier nicht im Detail nachgegangen werden kann. Im übrigen interessiert der Streit hier auch nur insoweit, als er das Verhältnis zu § 60 I VwVfG berührt. 207 Z.B. § 626 BGB und mittlerweile § 314 BGB; vgl. auch BGHZ 24, S. 91 ff. (S. 95 f.); so auch A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 242 Rn. 270; BAG NJW 1987, S. 981 f. (S. 919). Nach K. v. Hase, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2279), sei für diese Argumentation im Rahmen von § 313 BGB und § 314 BGB heute kein Raum mehr. Das überzeugt nicht ganz, weil zu bedenken ist, daß eine Kündigung wegen der Problematik „Wegfall/Störung der Geschäftsgrundlage“ nunmehr wegen § 313 III 2 BGB nach § 314 BGB erfolgt, vgl. dazu unten § 7 I 3 b). 208 Natürlich stellt sich insoweit der Zivilrechtsprechung der § 60 I VwVfG nicht in den Weg. Allerdings könnte sich das gleiche Problem auch bei den §§ 313 und 314 BGB ergeben, siehe dazu unten § 7 I 3 b).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

stellt und das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund die Grundsätze der Geschäftsgrundlage verdrängen würde209. Andererseits kommt eine völlige Verdrängung der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB durch § 60 I 1 2. Alt. VwVfG selbst nicht in Betracht. Die Vorschrift kann nämlich für sich nicht in Anspruch nehmen, daß sie alle Kündigungsmöglichkeiten der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB mit abdeckt. Letztere umfassen auch die Fälle pflichtwidrigen Verhaltens210 eines Kooperationspartners, also Umstände, die auf enttäuschten Erwartungen gegenüber dem Vertragspartner basieren und die von wesentlichen Änderungen der Rahmendaten des Vertrags zu differenzieren sind. Im öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertragsrecht ist das Konkurrenzverhältnis daher über den Grundsatz „lex specialis derogat lex generalis“ aufzulösen. Die außerordentliche Kündigungsregelung der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314, 313 BGB umfaßt demnach zwar die Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, ist insoweit aber nachrangig gegenüber der Kündigungsregelung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG211. Wenn und soweit es bei Dauerschuldverhältnissen um eine Kündigung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage geht, dann ist als Rechtsgrundlage dafür immer § 60 I 1 2. Alt. VwVfG einschlägig und nicht die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314, 313 BGB. Bei allen anderen wichtigen Gründen sind aber die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB heranzuziehen. Diese folgerichtige Ansicht offenbart allerdings auch eine nicht ganz zu leugnende Erkenntnis: § 60 I 1 2. Alt. VwVfG steht im Gefüge der Kündigungsdogmatik gleichsam als Fremdkörper im System. Ein Umstand, der wegen seiner Existenz hinzunehmen ist, der aber auch und gerade im Hinblick auf die §§ 313, 314 BGB den Ruf nach dem Gesetzgeber rechtfertigt.

___________ 209

Im Ergebnis so auch Wolfgang Dötsch, Schuldrechtsmodernisierung und öffentliches Recht, NWVBl. 2001, S. 385 ff. (S. 386 f.). Reine Alternativität beider Kündigungsregelungen kann also auch keine Lösung sein (so aber F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz [Fn. 44], § 60 Rn. 3), sofern man an § 60 I 1 2. Alt. VwVfG festhalten möchte. 210 Siehe dazu unten § 7 I 2 c) cc) (1). 211 In diesem Sinne auch die amtliche Gesetzesbegründung zu § 313 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 176; W. Dötsch, NWVBl. 2001, S. 385 ff. (S. 386 f.); so auch Max-Emanuel Geis, Die Schuldrechtsreform und das Verwaltungsrecht, NVwZ 2002, S. 385 ff. (S. 387), der allerdings betreffend die Kündigung § 313 BGB nicht von § 314 BGB differenziert [siehe zu dieser Problematik unten § 7 I 3 b)]; vgl. auch Timur Gelen/Sebastian Jungnickel, Schicksal privatrechtlicher Entsorgungsverträge bei Gebietsreformen, SächsVBl. 1999, S. 177 ff. (S. 181); a.A. H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 281 ff.

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bb) Das Verhältnis spezialgesetzlicher Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge zu den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB bzw. zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG Im Rahmen der Relation von Wegfall der Geschäftsgrundlage und der Kündigung aus wichtigem Grund ist thematisch auch die Problematik des Verhältnisses spezialgesetzlicher Kündigungsregelungen für den Bereich öffentlichrechtlicher Verträge zu den §§ 62 S. 2 i.V.m. 314 I BGB bzw. zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG einzuordnen. Sie soll daher auch an diese Stelle placiert sein. Es wurde bereits angesprochen212, daß Kündigungsregelungen spezialgesetzlicher öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge denen der Verwaltungsverfahrensgesetze vorgehen, soweit inhaltliche Überschneidungen stattfinden (lex-specialisGrundsatz), sie also den selben Tatbestand regeln und erfassen213. Als Beispiel mögen wieder die Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG dienen. Deren Verhältnis zu Art. 60 I 1 2. Alt. BayVwVfG214 wird teilweise folgendermaßen beschrieben: Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG lassen „das Recht unberührt, nach Art. 60 Abs. 1 BayVwVfG die Anpassung des Vertrages an die geänderten Verhältnisse zu verlangen oder den Vertrag zu kündigen“215. Wenn „unberührt“ „Parallelität“ bedeutet, kann dieser Ansicht nach den obigen Darstellungen zum Verhältnis von Wegfall der Geschäftsgrundlage und Kündigung aus wichtigem Grund nicht gefolgt werden. Die Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG sind vom Aufbau und Wortlaut her („Kündigung aus wichtigem Grund“) eher mit § 314 I BGB vergleichbar als mit Art. 60 I BayVwVfG. Das Verhältnis der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG zu Art. 60 I 1 2. Alt. BayVwVfG ist daher das gleiche wie zwischen den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB zu § 60 I 1 2. Alt. VwVfG. Die außerordentlichen Kündigungsregelungen der Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG umfassen demnach zwar auch die Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, sind aber insoweit ebenso nachrangig gegenüber der Kündigungsregelung des Art. 60 I 1 2. Alt. BayVwVfG. Wenn und soweit es bei derartigen öffentlich-rechtlichen, spezialgesetzlichen Dauerschuldverhältnissen um eine Kündigung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage geht, dann ist als Rechtsgrundlage dafür immer Art. 60 I 1 2. Alt. BayVwVfG einschlägig und nicht Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG. Bei allen anderen wichtigen Gründen sind aber die Art. 6 II 2 und 14 III 2 ___________ 212

Siehe oben § 7 I 1 c). Vgl. dazu H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 7 IV Rn. 11 (S. 184 f.). 214 Wortgleiche Schwestervorschrift zu § 60 I VwVfG. 215 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 3.4 (S. 115), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135). 213

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BayKommZG heranzuziehen. Insoweit tritt dann aber auch im Wege der Spezialität die außerordentliche Kündigungsregelung der Art. 62 S. 2 BayVwVfG216 i.V.m. § 314 I BGB zurück. Im Verhältnis von Art. 6 II 2 und 14 III 2 BayKommZG und Art. 62 S. 2 BayVwVfG i.V.m. § 314 I BGB bleibt es also bei dem bereits oben beschriebenen Vorrang spezialgesetzlicher Regelungen217. Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß das beschriebene Verhältnis der Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und Kündigung aus wichtigem Grund richtungsweisend für die gesamte den Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge betreffende Kündigungsdogmatik ist, ganz gleich, ob sich die gesetzlichen außerordentlichen Kündigungsregelungen aus Spezialgesetzen oder aber den Verwaltungsverfahrensgesetzen ergeben. cc) Die außerordentliche Kündigung gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB Nachdem der Anwendungsbereich einer außerordentlichen Kündigung gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB feststeht, bleibt zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine solche Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen kann. Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Begriff des „wichtigen Grundes“ zu218. (1) Wichtiger Grund Die Rechtsprechung sah bis zur Einführung des § 314 I 2 BGB einen wichtigen Grund als gegeben, wenn die Durchführung des Vertrages erheblich gefährdet und daher ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar war219. Dies war der Fall, wenn Tatsachen vorlagen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages für den Kündigenden unzumutbar machten220. An dieser Rechtsan___________ 216

Wortgleiche Schwestervorschrift zu § 62 S. 2 VwVfG. Vgl. dazu oben § 7 I 1. 218 Der § 314 I 2 BGB bestimmt, wann ein wichtiger Grund gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. 219 Vgl. statt vieler BGH NJW 1951, S. 836 f.; BGHZ 41, S. 104 ff. (S. 108). 220 BGHZ 41, S. 104 ff. (S. 108); BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265); BGH NJW 1989, S. 1482 f. (S. 1483); BGH NJW 1993, S. 1972 ff. (S. 1973); BGH NJW 1999, S. 1177 ff. (S. 1178). 217

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sicht hat sich mit der Einführung des § 314 I 2 BGB nichts geändert, weil die Norm lediglich die von der Rechtsprechung und Wissenschaft zur Kündigung aus wichtigem Grund entwickelten allgemeinen Grundsätze in das Gesetz aufgenommen hat221. Ein wichtiger Grund im Sinne von §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB ist also weiterhin so zu interpretieren222, wobei eine Anlehnung an die Voraussetzungen und Grundsätze des § 626 I BGB erfolgen kann223. (a) Objektives Vorliegen von Tatsachen Ein wichtiger Grund im Sinne von §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB verlangt zunächst das Vorliegen von Tatsachen. Das bedeutet, daß alle tatsächlichen Umstände, die den wichtigen Grund ausfüllen, zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung objektiv gegeben sein müssen224. Die Tatsachen müssen aber nicht notwendig nach Vertragsschluß entstanden sein, es ist durchaus möglich und ausreichend, daß sie bereits vor dem Zustandekommen des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags gegeben waren225. Umstände, die erst nach Abgabe der Kündigungserklärung entstanden sind, können dagegen die bereits erklärte Kündigung nicht im nachhinein rechtfertigen, sondern lediglich als Grundlage für eine weitere Kündigung dienen226. Das objektive Gegebensein der tatsächlichen Umstände führt im Verwaltungsvertragsrecht gleichsam wie im Zivilrecht dazu, daß der kündigende Kooperationspartner einen wichtigen Grund, der ihm im Zeitpunkt des Ausspruchs ___________ 221

So die amtliche Gesetzesbegründung BT-Drs. 14/6040, S. 94, 177. So für den § 314 I 2 BGB auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 7. 223 So für die zivilrechtliche Interpretation des § 314 BGB die amtliche Begründung BT-Drs. 14/6040, S. 94, 178. 224 Vgl. für die zivilrechtliche Interpretation Hans Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 37; Alfons Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651), 12. Aufl. 1997, § 626 Rn. 25, 26; Ulrich Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 620-630), 13. Bearbeitung 1995, § 626 Rn. 57 f., 66; vgl. auch Peter Schwerdtner, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von K. Rebmann/F. J. Säcker/R. Rixecker, Band 4 Schuldrecht, Besonderer Teil II (§§ 607-707), 3. Aufl. 1997, § 626 Rn. 47, 62. 225 Siehe für das Zivilrecht BAG NJW 2002, S. 162 ff. (S. 163 f.); BAG AP Nr. 65 zu § 626 BGB; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 7. Dies entspricht faktisch der analogen Anwendung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG für die Fälle des anfänglichen Fehlens der Geschäftsgrundlage, vgl. dazu oben § 7 I 2 a) bb) (1) (b). 226 Etwa, wenn die erste unwirksam gewesen sein sollte; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 58; BAG AP Nr. 9 zu § 626 BGB. 222

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der außerordentlichen Kündigung noch unbekannt war, auch zur Begründung der außerordentlichen Kündigung nachschieben kann227. Dies ist zwar einerseits konsequent, weil auch eine zwingende und wirksamkeitsnotwendige Begründungspflicht der Kündigungserklärung im Verwaltungsvertragsrecht nicht existiert228, andererseits in der Praxis, wegen der dogmatischen Herkunft der Problematik aus § 626 BGB und in Anbetracht der Regelungsinhalte öffentlichrechtlicher Vertragsgebilde, eher ohne größere Relevanz. Die Darlegungs- und Beweislast über das Vorliegen der Tatsachen trifft den kündigenden Kooperationspartner229. (b) Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – Interessenabwägung – Zweistufenprüfung Bei der Prüfung, ob ein wichtiger Grund im Sinne von §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB vorliegt, bedarf es stets einer Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls und einer Abwägung der Interessen der Vertragspartner230, wobei hier im Bereich des öffentlich-rechtlichen Vertragsrechts vor allem die Besonderheiten öffentlich-rechtlicher Verträge zu beachten sind231. Die Interessenabwägung ist aber nur dann erforderlich, wenn die gegebenen Tatsachen überhaupt als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen. Die Prüfung des wichtigen Grundes im Sinne von §§ 62 S. 2 ___________ 227 Vgl. zur zivilrechtlichen Problematik des Nachschiebens von Kündigungsgründen U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 66; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 27; BAG NZA 1986, S. 674 ff. (S. 674 f.); BGH DB 1980, S. 967 ff. (S. 968); zweifelnd P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 48. 228 Siehe dazu oben § 6 V 1. 229 Vgl. nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 37; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 100; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 79; BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829). 230 Diese Voraussetzung ist letztlich der allgemeinen Formulierung der Kündigung aus wichtigem Grund gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB gezollt. Sie macht es unumgänglich, wie auch bei einer Kündigung nach § 60 I 1 2. Alt., 2 VwVfG, eine Einzelfallentscheidung vorzunehmen. Vgl. für die zivilrechtliche Handhabung bei § 626 BGB H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 38, 39; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516651) (Fn. 224), § 626 Rn. 33; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 53; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 73. 231 Es ist den Besonderheiten des jeweiligen Vertragstyps in ausreichendem Umfang Rechnung zu tragen, so die amtliche Begründung des § 314 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 178; siehe dazu vor allem die Beispiele in den Fn. 247 f.

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VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB hat daher genau wie bei § 626 I BGB in zwei Stufen zu erfolgen232. Es ist zunächst zu fragen, ob der vorliegende Sachverhalt „an sich“ einen wichtigen Grund für die vorzeitige Beendigung des öffentlichrechtlichen Vertrags darstellt. Ist dies zu verneinen, scheidet die Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB von vornherein aus. Ist hingegen ein an sich wichtiger Grund gegeben, so ist weiter zu prüfen, ob dieser Grund im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, unter Abwägung der Interessen der Kooperationspartner, die sofortige Auflösung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags rechtfertigt233, ob dem kündigenden Vertragspartner also eine sofortige Beendigung des öffentlich-rechtlichen Vertrags zugebilligt werden kann234. Dies ist letztlich nur dann der Fall, wenn die Fortsetzung des Verwaltungsvertrags für den kündigenden Kooperationspartner unzumutbar ist. Unzumutbarkeit ist also immer im Verbund mit der beschriebenen Interessenabwägung zu sehen, weil sie sich auch nur aus dieser ergeben kann und praktisch ein Ergebnis der Interessenabwägung ist235. Sie ist also nicht anzunehmen, wenn die Abwägung ergibt, daß die Fortsetzung des öffentlichrechtlichen Vertrags bis zum Zeitpunkt, zu dem ordentlich gekündigt werden kann oder bis zum zeitlichen Ablauf des Vertragsverhältnisses dem Kündigenden nach Treu und Glauben zugemutet werden kann236. Bei der Entscheidung der Frage, ob einem Vertragsteil die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zuzumuten ist, spielt im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände auch das Verhalten des Kündigenden eine erhebliche Rolle237. Soweit sich der wichtige Grund auf eine – von den §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB hier allerdings nicht erfaßte – wesentliche Änderung der Verhältnisse bezieht, unterfällt die Problematik der sog. Störung im eigenen Risikobereich238. Im übrigen geht es um eine Differenzierung des Verhaltens der ___________ 232 Siehe dazu A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 33; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 53. 233 Vgl. zu dieser Vorgehensweise im Zivilrecht A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 33; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 53. 234 Vgl. dazu die amtliche Begründung zu § 314 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 178. 235 Vgl. dazu U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 50; siehe für die zivilrechtliche Interpretation auch die amtliche Begründung zu § 314 BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 178. 236 Vgl. dazu H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 40; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 39. 237 Vgl. dazu BGHZ 44, S. 271 ff. (S. 275); BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265). 238 Siehe dazu oben § 7 I 2 a) bb) (3).

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Kooperationspartner. Für die Entstehung des wichtigen Grundes ist das Verschulden des anderen von der Kündigung betroffenen Vertragspartners gleichgültig239 – es ist weder erforderlich noch ausreichend240. Auch eigenes Verschulden des Kündigenden schließt das Kündigungsrecht nicht notwendig aus241, allerdings darf die Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB auch nicht auf Umstände gestützt werden, die dem Gefahrenbereich des Kündigenden entstammen242. Demzufolge hat in der Regel auch derjenige kein außerordentliches Kündigungsrecht wegen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung, der bei beiderseits verschuldeter Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses das überwiegende Verschulden daran trägt243. An diesen Voraussetzungen wird die nahe Verwandtschaft, wenn nicht sogar Identität der Verschuldens- und Verursachungsfrage zur Problematik der Störung im eigenen Risikobereich deutlich – eine Untermauerung der engen Beziehungen der einzelnen Bereiche einer Kündigung aus wichtigem Grund. Bei der beschriebenen Abwägung der Interessen der Kooperationsparteien werden die Interessen der Allgemeinheit nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wäre dies anders, würde man dem privaten Kooperationspartner eine besondere Berücksichtigung des öffentlichen Interesses aufbürden. Die der Verwaltung von Verfassungs wegen stets auferlegte Gemeinwohlverpflichtung würde zu einer nicht gewollten geminderten Bedeutung der Interessen privater Vertragspartner führen244. Es ergibt sich die gleiche Problematik, die schon bei der Auslegung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG diskutiert wurde245. Nur im Bereich des § 60 I 2 VwVfG hat der Gesetzgeber den von der Behörde zu vertretenden öffentlichen Interessen prinzipiellen Vorrang vor den Bürgerinteressen einge-

___________ 239

Vgl. nur BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829). Vgl. nur BGH DB 1972, S. 2054 f. (S. 2055); H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 7. 241 Vgl. nur BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265); BGH DB 1969, S. 1403; BGH DB 1972, S. 2054 f. (S. 2055); siehe auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 7. 242 So für die gleichgelagerte zivilrechtliche Problematik BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829). 243 Vgl. dazu BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829); BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265); H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 7. 244 Vgl. dazu H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286). 245 Siehe oben § 7 I 2 a) bb) (3). 240

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räumt246, folglich können bei der Auslegung der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I 2 BGB derartige Ansätze grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Das öffentliche (Allgemein-)Interesse wird aber auch hier als Gesichtspunkt für die Zumutbarkeit auf Seiten des behördlichen oder aber auch des privaten Vertragspartners zu beobachten sein247. So können und werden zum Beispiel Zwangsverhältnisse, bei denen der Träger öffentlicher Gewalt die mit dem Dauerschuldverhältnis verfolgten Zwecke nicht ohne weiteres aufgeben darf, das Pendel je nach Zweckrichtung des Zwangsverhältnisses zugunsten der öffentlich-rechtlichen oder aber privaten Seite ausschlagen lassen248. (2) Verhältnismäßigkeit der Kündigung Neben der Voraussetzung „wichtiger Grund“ verlangt eine außerordentliche Kündigung nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB auch ihre Verhältnismä___________ 246 H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 9; H. Meyer, in: H. Meyer/H. Borgs-Maciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 11; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; vgl. auch J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 509). 247 Vgl. dazu auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 24; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 615; siehe zur Berücksichtigung des Allgemeininteresses zugunsten des privaten Vertragspartners, etwa im Rahmen von Gesundheitsleistungen, sogleich und Fn. 248. 248 Beachte die Fälle des Anschluß- und Benutzungszwangs (zugunsten der öffentlichen Seite) oder Gesundheitsleistungen (zugunsten der privaten Seite), vgl. dazu H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 494 f.; Peter Krause, Rechtsverhältnisse in der Leistungsverwaltung; VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 233); Michael Faude, Selbstverantwortung und Solidarverantwortung im Sozialrecht: Strukturen und Funktionen der sozialrechtlichen Relevanz des Selbstverschuldens, 1983, S. 458 ff. Das Leistungsstörungen in diesen Bereichen (auch) keine außerordentlichen Kündigungsrechte begründen sollen [so H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 393, 414 f. u. 494 f.; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 232 f.); Burkhard Tiemann, Grundfragen der Staats- und Benutzerhaftung in öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnissen, VerwArch 65 (1974), S. 381 ff. (S. 392 f.); L. Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse (Fn. 43), S. 117 f., 144], ist nicht einzusehen. Zwar existieren in diesen Bereichen durch das Sozialstaatsprinzip verstärkte Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen, allerdings können diese ausreichend und umfassend im Rahmen der Interessenabwägung (Zumutbarkeit) berücksichtigt werden. Eine Kündigung wird dann am Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen scheitern (eben aufgrund der Besonderheiten des Vertragsverhältnisses, vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 178). Sie aus diesen Bereichen ganz zu verbannen, verstößt massiv und nicht hinnehmbar gegen den elementaren Grundsatz, daß Dauerschuldverhältnisse außerordentlich gekündigt werden können, vgl. dazu oben § 5 IV 2 a).

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ßigkeit. Dies ist Ausfluß des Grundsatzes „pacta sunt servanda“249 und entspricht dem Verständnis einer Kündigung aus wichtigem Grund als ultima ratio250. Die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB kommt demnach nur in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel erschöpft sind, das in der bisherigen Form nicht mehr haltbare öffentlich-rechtliche Vertragsverhältnis fortzusetzen. Wenn es sich bei dem ultima-ratio-Grundsatz auch um einen gesamtvertraglichen, also nicht spezifisch verwaltungsvertraglichen Grundsatz handelt, spielt die Verhältnismäßigkeit einer Kündigung aus wichtigem Grund im Verwaltungsvertragsrecht noch aus einem anderen Grund eine entscheidende Rolle. Soweit nämlich der öffentlich-rechtliche Kooperationspartner kündigt, agiert ein Verwaltungsorgan, dessen gesamtes Handeln gemäß Art. 20 III GG dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterliegt251. Eine Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB seitens einer Behörde beseitigt mit dem Rechtsverhältnis auch eine bestehende Rechtsposition des privaten Vertragspartners, stellt mithin einen Eingriff dar. Die Kündigung einer Behörde muß folglich schon aus diesem Grund verhältnismäßig sein. Sie wäre es nicht, wenn der gleiche Zweck auch mit milderen Mitteln, zum Beispiel einer Vertragsanpassung, erreicht werden könnte252. Allerdings bedeutet dies nun nicht, daß die behördliche Kündigung „doppelt verhältnismäßig“ sein und entsprechend streng gehandhabt werden muß. Art. 20 III GG dient hier vielmehr nur als weiteres Argument für die Verhältnismäßigkeitsprüfung einer Kündigung aus wichtigem Grund. Eine weitergehende Verschärfung wäre sonst eine unangemessene Benachteiligung des Verwaltungsträgers, der sich mit dem privaten Kooperationspartner schließlich auf die Ebene der Gleichordnung begibt. Welche milderen Mittel der vertragsmüde Kooperationspartner vorher zu versuchen hat, hängt maßgeblich von den Erscheinungsbereichen des wichtigen Grundes ab. Diese lassen sich im großen und ganzen in zwei Kategorien eintei___________ 249

Siehe dazu oben § 3 II 2. So zu § 626 BGB A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 41; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 39; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 86. Siehe dazu für den Bereich des § 60 I VwVfG auch oben § 7 I 2 a) bb) (4) und § 7 I 2 b) bb) (3). 251 Vgl. nur Dirk Ehlers, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 4 II 3 Rn. 24 (S. 124); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 30 II Rn. 8 (S. 430). 252 Allgemein dazu etwa BVerfGE 17, S. 306 ff. (S. 314), BVerfGE 26, S. 228 ff. (S. 239). 250

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len: die wesentliche Veränderung der Verhältnisse und das pflichtwidrige Verhalten des anderen Vertragsteils253. (a) Keine Vertragsanpassung möglich Für den Bereich der wesentlichen Änderung der Verhältnisse, welcher im Rahmen der Kündigung nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG gesperrt wird, kommt als milderes Mittel eine Vertragsanpassung in Betracht, die aus diesem Grund auch als Kündigungsvoraussetzung bei § 60 I 1 2. Alt. VwVfG ausformuliert ist254. Soweit allerdings dieser Kündigungsbereich aus irgendwelchen Gründen dem § 60 I 1 2. Alt. VwVfG verschlossen bleibt, wäre auch bei §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB die fehlende Vertragsanpassungsmöglichkeit als Kündigungsvoraussetzung zu prüfen255. (b) Abhilfefristbestimmung und Abmahnung Für den Bereich des pflichtwidrigen Verhaltens einer Vertragspartei hält § 314 II BGB nunmehr einen Katalog von milderen Mitteln bereit, die wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Voraussetzung einer Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB sind. § 314 II BGB regelt: „Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. § 323 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.“ Die Norm greift damit die bisherige herrschende Rechtsansicht auf, daß bei Dauerschuldverhältnissen eine Kündigung grundsätzlich erst zulässig ist, wenn der Vertragspartner zuvor nachdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrages hingewiesen wurde256. Während bei einer außerordentlichen Kündigung häufig zunächst an die Abmahnung als mildestes Mittel gedacht wird, bringt der § 314 II 1 BGB nun eine Alternative, die bisher nur bei § 326 BGB a.F. gängig war: die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe. Sie und das erfolglose Verstreichen dieser Frist wird insbesondere bei der außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen eine entscheidende Rolle spielen. Den Kooperationspartnern öffentlich___________ 253 Für diese Einteilung auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 8 f. 254 Siehe dazu oben § 7 I 2 c) aa) und § 7 I 2 a) bb) (4). 255 So auch K. v. Hase, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2279), für das Verhältnis von § 313 BGB und § 314 BGB. 256 BT-Drs. 14/6040, S. 178; siehe dazu auch BGH NJW 1981, S. 1264 ff. (S. 1265).

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rechtlicher Verträge wird es allein schon wegen der öffentlichen Aufgabenerfüllung und der damit verbundenen Verantwortungsteilung für das Gemeinwohl257 in erster Linie auf die tatsächliche Besorgung der Angelegenheiten und damit letztlich auf die Erfüllung des Vertrages ankommen. Eine Abmahnung würde dem anderen Vertragspartner zwar auch seine Vertragspflichten in Erinnerung rufen, die Abhilfeaufforderung ihn aber konkret zur nunmehr sofortigen Vertragserfüllung bestimmen. Die Länge der Frist muß so bestimmt sein, daß der schuldende Kooperationspartner die Leistung auch tatsächlich erbringen kann258. Allerdings muß sie dem Schuldner, der noch nichts zur Erbringung der Leistung unternommen hat, nicht ermöglichen, die Leistung erst anzufangen oder gar zu erbringen259. Eine Ablehnungsandrohung wie bei § 326 BGB a.F. ist bei §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 1 BGB nicht erforderlich, weil es sich letztlich um ein unberechtigtes Hindernis für den vertragstreuen Gläubiger handelt260. Dennoch wird der Hinweis auf die Kündigung nicht unangebracht sein, vor allem um Zweifeln an der Ernsthaftigkeit vorzubeugen. Die Abhilfefristbestimmung im Sinne von §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 1 BGB könnte auch sonst dem Vorwurf ausgesetzt sein, daß durch sie die Schwelle für eine Kündigung aus wichtigem Grund zu weit abgesenkt werde. Andererseits darf in diesem Zusammenhang auch nicht vergessen werden, daß es gerade auf ein Verschulden des Kündigungsgegners nicht ankommt261. Im übrigen hat der Schuldner eine fällige Leistung zum versprochenen Zeitpunkt nicht erbracht. Wenn er in dieser Lage vom Kooperationsgläubiger unter Setzung einer angemessenen Frist zur Leistung aufgefordert wird, muß er damit rechnen, daß die Aufforderung auch Folgen haben wird262. Als weiteres milderes Alternativmittel zur Kündigung aus wichtigem Grund bestimmen die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 1 BGB die Abmahnung. Dabei handelt es sich um eine tatsächliche individualrechtliche Erklärung des Koope___________ 257

Vgl. dazu Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Innern, 2001, S. 4 f. (das Gutachten kann als pdf-Dokument im Internet unter www.staat-modern.de heruntergeladen werden, Stand: April 2003). 258 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 138. 259 Vgl. BGH NJW 1982, S. 1279 f. (S. 1280); BGH NJW 1985, S. 855 ff. (S. 857); OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, S. 951. 260 So auch BT-Drs. 14/6040, S. 184 für die zivilrechtliche Situation. 261 Vgl. nur BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829). Siehe dazu auch oben § 7 I 2 c) cc) (1) (b). 262 Vgl. dazu auch die amtliche Begründung zu § 314 II, BT-Drs. 14/6040, S. 184.

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rationsgläubigers, durch die er dem Vertragspartner verdeutlicht, daß sein vertragswidriges Verhalten nicht länger hingenommen wird263. Die Abmahnung kann sich auf alle vertraglichen Pflichten erstrecken, einschließlich der Schutzund Nebenpflichten264. Um ihrer Ankündigungs- und Warnfunktion265 gerecht zu werden, muß die Abmahnung, die im übrigen von einer bloßen Vertragsrüge (Ermahnung etc.) zu unterscheiden ist266, inhaltlich bestimmt genug sein. Sie muß daher den eindeutigen und unmißverständlichen Hinweis enthalten, daß bei künftigen gleichartigen Vertragsverletzungen das öffentlich-rechtliche Vertrags-

___________ 263 Vgl. nur U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 108; Günter Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 9. Aufl. 2000, § 61 Rn. 28, 32. Vgl. insgesamt zur Abmahnung im Verwaltungsrecht als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips Peter Rädler, Die „Abmahnung“ im Verwaltungsrecht, NVwZ 2000, S. 1260 ff. (S. 1261); BVerwGE 49, S. 160 ff. (S. 169). Abzulehnen ist die Ansicht Sieghart Ott/Dieter W. Lüer/Benno Heussen (Hrsg.), Anwalts-Checkbuch Aktuell – Schuldrechtsreform, 2001, S. 520 Rn. 321, wonach eine Abmahnung eine Frist zur Abhilfe enthalten müsse. Nach § 314 II BGB muß der Vertragsgläubiger vor einer Kündigung entweder zunächst erfolglos eine Nachfrist setzen oder abgemahnt haben. 264 Vgl. dazu Klemens Dörner, in: Reiner Ascheid/U. Preis/Ingrid Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht, 2000, § 1 KSchG Rn. 376; Ernst Fischermeier, in: Friedrich Becker/Wilfried Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, 6. Aufl. 2002, § 626 BGB Rn. 283; Gerrick von Hoyningen-Huene, Die Abmahnung im Arbeitsrecht, RdA 1990, S. 193 ff. (S. 200); U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 108; so auch BT-Drs. 14/6040, S. 178. 265 Siehe dazu P. Rädler, NVwZ 2000, S. 1260 ff. (S. 1261); Karlheinz Schmid, Die Abmahnung und ihre rechtliche Problematik, NZA 1985, S. 409 ff. (S. 410 f.); U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 108; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 61 Rn. 32; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 1 KSchG Rn. 348; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 255; G. von Hoyningen-Huene, RdA 1990, S. 193 ff. (S. 198). 266 Siehe dazu U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 110. A.A. K. v. Hase, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2280), der eine einfache Verhaltensrüge genügen lassen will. Er begründet das mit der Beseitigung der Notwendigkeit der Ablehnungsandrohung bei dem neuen § 323 I BGB im Gegensatz zum § 326 I a.F. BGB, aus dem die notwendige Androhung der Rechtsfolgen bei einer Abmahnung hergeleitet wurde, vgl. BGH DB 1976, S. 1010 ff. (S. 1011). Dabei wird aber übersehen, daß eine außerordentliche Kündigung ein schwerer Eingriff in das Dauerschuldverhältnis ist. Eine bloße Verhaltensrüge läßt nicht ohne weiteres den Schluß zu, daß das angerügte Verhalten für den anderen Vertragspartner so gravierend ist, daß er bei Wiederholung den gesamten Vertrag kündigt. Um reine Willkürhandlungen – etwa die Anmahnung lapidarer Unpäßlichkeiten – zu verhindern, wird man auch beim § 314 II BGB an der Warnfunktion der Abmahnung festhalten müssen, um der Kündigung aus wichtigem Grund ihre ultima-ratio-Funktion zu erhalten.

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verhältnis gefährdet ist267. Sie muß folglich auch das Fehlverhalten des betroffenen Kooperationspartners genau bezeichnen268. Aus diesem Grund ist zu Beweiszwecken die Schriftform der Abmahnung ratsam269, allerdings im Gegensatz zur Schriftlichkeit der späteren Kündigungserklärung nicht zwingend notwendig270. Die Abmahnung bewirkt die Verwirkung einer Kündigung wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung waren, auf welche folglich nur dann zurückgegriffen werden kann, wenn weitere kündigungsrechtlich erhebliche Umstände eintreten oder nachträglich bekannt werden271. Wann besser eine Abhilfefristbestimmung ratsam ist bzw. wann sich eher eine Abmahnung anbietet, läßt sich nicht abschließend klären. Vorzugswürdig ist aber folgender Ansatz272: Dauert die Pflichtverletzung an, ist eine angemessene Nachfrist zu setzen, innerhalb derer ein vertragsgemäßes Verhalten durch den Schuldner zu erfolgen hat. Ist die Pflichtverletzung bereits abgeschlossen, kann immer abgemahnt werden. Abhilfefristbestimmung bzw. Abmahnung sind entbehrlich, wenn der pflichtwidrige Vertragspartner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert (§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 2 i.V.m. 323 II Nr. 1 BGB), wenn eine im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses geschuldete Fixschuld nicht rechtzeitig erbracht wird (§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 2 i.V.m. ___________ 267 Vgl. für zivilrechtliche Abmahnungen G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 61 Rn. 28; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 1 KSchG Rn. 348; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 255 f.; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 108; K. Schmid, NZA 1985, S. 409 ff. (S. 410). 268 Siehe dazu U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 114; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 1 KSchG Rn. 349; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 256; LAG Köln DB 1983, S. 124 f. (S. 125); vgl. auch Peter Bader, Die arbeitsrechtliche Abmahnung und ihre Entfernung aus der Personalakte – Versuch einer Rückbesinnung auf die Grundlagen, ZTR 1999, S. 200 ff. 269 Vgl. dazu G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 61 Rn. 38; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 1 KSchG Rn. 366; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 112. 270 Siehe dazu oben § 6 V. 271 Siehe zur vergleichbaren zivilrechtlichen Seite G. Schaub, ArbeitsrechtsHandbuch (Fn. 263), § 61 Rn. 62; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 1 KSchG Rn. 404; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 114; vgl. auch BAG NZA 1989, S. 272 f. (S. 272 f.). 272 So K. v. Hase, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2280).

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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323 II Nr. 2 BGB), oder wenn besondere Umstände die sofortige Kündigung rechtfertigen (§§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 II 2 i.V.m. 323 II Nr. 3 BGB). Die letzte Variante versteht sich als Generalklausel und wird auch im Verwaltungsvertragsrecht eine bedeutende Rolle spielen. Abhilfefristbestimmungen bzw. Abmahnungen werden insoweit vor allem dann entbehrlich sein, wenn die Vertragsverletzungen so schwerwiegend sind, daß vernünftigerweise nicht von einer Duldung durch den Kooperationsgläubiger ausgegangen werden kann (etwa, wenn das Vertrauensverhältnis so schwerwiegend gestört ist, daß eine sofortige Beendigung des öffentlich-rechtlichen Verwaltungsvertrags gerechtfertigt erscheint, wenn Fristsetzung oder Abmahnung keinen Erfolg versprechen oder die Vertrauensgrundlage anderweitig erschüttert ist)273, oder wenn eine Verhaltensänderung objektiv, etwa aus rechtlichen Gründen, nicht möglich ist274. Die Abhilfefristbestimmung/Abmahnung muß also jedenfalls geeignet sein, ein vertragsgerechtes Verhalten des Kooperationspartners in der Zukunft zu erreichen. (3) Erklärungsfrist Die letzte Voraussetzung einer Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB ist die Einhaltung der Erklärungsfrist des § 314 III BGB. Diese Vorschrift bestimmt, daß der Berechtigte nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen kann, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Sinn und Zweck der Norm liegt zum einen darin, daß der andere Teil in angemessener Zeit Klarheit darüber erhalten soll, ob von der Kündigungsmöglichkeit Gebrauch gemacht wird, zum anderen kann nach längerem Abwarten nicht mehr angenommen werden, daß die Fortsetzung des öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses wirklich unzumutbar ist275. Im Rahmen der Erklärungsfrist der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 III BGB ergeben sich im wesentlichen zwei Probleme. Einerseits stellt sich die Frage der ___________ 273

So im Zivilrecht auch A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 42; BAG EzA § 102 BetrVG Nr. 71; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 61 Rn. 58; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 260. Es ist in all den beschriebenen Situationen erkennbar, daß der Kooperationsgläubiger ein solches Verhalten zukünftig nicht billigen wird. Jeder weitere Good Will und jede weitere Ermahnung wäre reiner Formalismus, vgl. dazu Reinhard Becker-Schaffner, Die Abmahnung im Arbeitsrecht in der Rechtsprechung, DB 1985, S. 650 ff. (S. 651). 274 Vgl. dazu U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 117, 121. 275 Vgl. dazu die amtliche Begründung zu § 314 III BGB, BT-Drs. 14/6040, S. 178; vgl. auch K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 116.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

konkreten Fristlänge. Andererseits ist zu bestimmen, wann die Erklärungsfrist zu laufen beginnt. Die erste Frage kann insbesondere wegen der Vielgestaltigkeit öffentlich-rechtlicher Dauerschuldverhältnisse nicht genau beantwortet werden. Eine einheitliche Bemessung für alle öffentlich-rechtlichen Verträge ist nämlich kaum möglich276. Die Obergrenze wird aber in der Verwirkung des Kündigungsrechts, ähnlich wie im Bereich des § 60 I VwVfG, zu finden sein277. Die Kündigung bzw. genauer das Recht zur Kündigungserklärung kann somit als verfristet278 angesehen werden, wenn seit dem Zeitpunkt, zu dem die Kündigung erstmals möglich war, längere Zeit verstrichen ist und die verspätete Kündigung gegen Treu und Glauben verstoßen würde (Einwand der unzulässigen Rechtsausübung)279. Wann dies der Fall ist, hängt wie bei der Anwendung des § 60 I VwVfG von einer umfassenden Analyse des Einzelfalls ab. Wegen der Charakteristik öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge wird dies aber wohl kaum unterhalb einer Frist von zwei Monaten anzunehmen sein. Bei der Frage des Beginns der Erklärungsfrist kann nun wieder und insoweit anders als bei der Fristlänge selbst auf die Erkenntnisse zu § 626 BGB zurückgegriffen werden280. Die Erklärungsfrist des § 314 III BGB beginnt demnach, sobald der kündigungsberechtigte Kooperationspartner281 positive Kenntnis der

___________ 276

So im Ergebnis für das Zivilrecht auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 10; vgl. dazu auch BT-Drs. 14/6040, S. 178. Die pauschale Empfehlung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 II BGB von K. v. Hase, NJW 2002, S. 2278 ff. (S. 2279), für – wohl nur – zivilrechtliche Dauerverträge verkennt in jeder Hinsicht die Mannigfaltigkeit und Einzelfallabhängigkeit von Dauerschuldverhältnissen. 277 Siehe dazu oben § 7 I 2 a) bb) (5). 278 Nicht „verwirkt“, weil eine Verwirkung neben dem gesetzlich konkretisierten Kündigungsbeschränkungstatbestand § 314 III BGB nicht in Betracht kommt, so die jedenfalls herrschende Meinung, vgl. nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 31; BAG NZA 1986, S. 467 f. (S. 467 f.); a.A. Klaus Popp, Ausschlußfrist gem. § 626 II 1, 2 BGB – ein gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand ?, NZA 1987, S. 366 ff. (S. 368). 279 Vgl. dazu N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 52; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25b; vgl. auch G. Beinhardt, VerwArch 55 (1964), S. 210 ff. (S. 259 f.). 280 So auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 10. 281 Vgl. dazu oben § 6 III; siehe dazu zivilrechtlich BAG NJW 1972, S. 463 f. (S. 464); G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 27; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 343 ff.

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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Tatsachen erlangt, die den wichtigen Grund ausmachen282. Die Kenntnis der Tatsachen muß sicher sein und darf nicht von weiteren Aufklärungen der Grundlagen abhängen283. Folglich sind dem kündigenden Kooperationspartner die notwendigen Ermittlungszeiten zur Ausräumung von Unsicherheiten zuzugestehen284. Ein bloßes Kennenmüssen bzw. die grob fahrlässige Unkenntnis der Tatsachen genügt nämlich nicht285. dd) Die außerordentliche Kündigung gemäß § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. weiteren bürgerlich-rechtlichen Regelungen Theoretisch könnten über die Transformationsnorm § 62 S. 2 VwVfG weitere außerordentliche Kündigungstatbestände des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Rolle spielen. Zu denken wäre dabei insbesondere an die Regelungen in den §§ 490, 543, 569, 580, 626 und 723 BGB. Insoweit ist jedoch zu beachten, daß die jeweils zugrunde liegenden Institute – Darlehen, Miete, Arbeits- und Dienstverpflichtung sowie Gesellschaft – in öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnissen allenfalls eine Nebenrolle spielen. Soweit derartige Verträge für die öffentliche Aufgabenerfüllung und Daseinsvorsorge zur Anwendung kommen286, handelt es sich regelmäßig um privatrechtliche Verwaltungsverträge. Im Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge wird also nur dem bürgerlich-rechtlichen außerordentlichen Kündigungsrecht des § 314 I BGB eine größere Bedeutung zukommen.

___________ 282

Vgl. dazu H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 23; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 27; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 319; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 125; siehe auch BGH NJW 1996, S. 1403 f. (S. 1403 f.); BAG NJW 1989, S. 733 ff. (S. 734). 283 Vgl. dazu BGH NJW 1996, S. 1403 f. (S. 1403 f.); G. Schaub, ArbeitsrechtsHandbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 27; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 125. 284 Vgl. K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 127 ff. 285 Vgl. zum Zivilrecht H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 10; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 27; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 319; K. Dörner, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar Kündigungsrecht (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 125; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 88. 286 Siehe zu diesen Aspekten auch oben § 1 II.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

3. Zivilrechtliche Kündigungsregelungen für privatrechtliche Verwaltungsverträge Ausgehend von den jeweils unterschiedlichen normativen Ansätzen – je nachdem, ob es sich um öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Verwaltungsverträge handelt – werden im folgenden die gesetzlichen außerordentlichen Kündigungsrechte privatrechtlicher Verwaltungsverträge etwas näher betrachtet. Es kann insoweit nur auf die verwaltungstypischen Besonderheiten eingegangen werden. Im übrigen wird auf die breite und umfangreiche zivilrechtliche Dogmatik verwiesen. Innerhalb des verwaltungsprivatrechtlichen Bereichs ist ebenfalls wieder in spezielle und allgemeine Kündigungsregelungen zu unterteilen. So kommt gerade § 314 BGB nur dann zur Anwendung, wenn keine anderen, das Vertragsverhältnis explizit berücksichtigenden, außerordentlichen Kündigungsregelungen existieren287. a) Spezialgesetzliche Kündigungsregelungen für den Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge (spezielle Kündigungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs) Im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge (Verwaltungsprivatrecht288) liegen wie bei öffentlich-rechtlichen Verträgen eine Reihe spezieller außerordentlicher Kündigungsregelungen vor, die für ganz konkrete Vertragstypen in das Gesetz aufgenommen wurden und für deren spezifische außerordentliche Kündigung zur Anwendung kommen: ̛

§ 490 BGB für das Darlehen,

̛

§§ 543, 569, 580 BGB für Mietverträge,

̛

§ 626 BGB für Arbeits- und Dienstverträge und

̛

§ 723 BGB für Gesellschaften bürgerlichen Rechts.

Es kann hier schon aus Platzgründen nicht auf jede einzelne Kündigungsnorm eingegangen werden289. Allerdings läßt sich festhalten, daß sich die genannten wichtigsten Kündigungsnormen in zwei Gruppen untergliedern. Die er___________ 287 H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 4; BT-Drs. 14/6040, S. 94, 177. 288 Siehe dazu beispielsweise H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 173), § 3 Rn. 9 ff., § 17 Rn. 1 f.; siehe allgemein auch D. Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, passim; ders., in: H.-U. Erichsen/ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2002, § 2 Rn. 71 ff. (S. 64 ff. m.w.N.). 289 Siehe dazu jeweils die einschlägigen Kommentierungen.

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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ste Gruppe ist dadurch gekennzeichnet, daß der Gesetzgeber bestimmte Tatbestände normiert hat, die wichtige Gründe zur Vertragskündigung darstellen sollen (§§ 490, 569, 580 und 723 BGB). Bei der zweiten Gruppe der Kündigungsnormen (§§ 543, 626 BGB) verzichtet der Gesetzgeber auf eine genaue Umschreibung und faßt statt dessen den wichtigen Grund allgemein, so wie das von § 314 BGB her bekannt ist. Bei dieser zweiten Gruppe ist bei der Prüfung des wichtigen Grundes daher entsprechend § 314 BGB zu verfahren290, während bei der ersteren Gruppe vorrangig die spezifischen Kündigungsvoraussetzungen zu beachten sind. Diese Feststellung ist deswegen interessant, weil die Kündigungsnormen der ersteren Gruppe praktisch die gleiche Stellung einnehmen wie Kündigungsklauseln, die selbständige wichtige Gründe zur Vertragskündigung normieren291. Für den im Rahmen der Daseinsvorsorge wichtigen Bereich der Miete sollte noch folgender Hinweis für eine Kündigung nach § 543 BGB Beachtung finden: § 545 S. 1 BGB enthält die Regelung, daß das Mietverhältnis auch nach einer außerordentlichen Kündigung292 unbefristet fortgesetzt wird, wenn der Vermieter nicht rechtzeitig darlegt, daß er mit einer stillschweigenden Verlängerung nicht einverstanden ist293. § 545 BGB kann allerdings mietvertraglich wirksam ausgeschlossen werden294. b) Kündigungsregelung des § 314 BGB Soweit privatrechtliche Verwaltungsverträge nach § 314 I BGB gekündigt werden, gelten die gleichen Erwägungen wie bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen bezüglich §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB295. Eine erörterungswürdige Besonderheit ist aber gegeben. Es wurde bereits festgestellt, daß, wenn und soweit es bei öffentlich-rechtlichen Dauerschuldverhältnissen um eine Kündigung aufgrund nichtanpassungsfähigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage geht, als Rechtsgrundlage dafür immer § 60 I 1 2. Alt. VwVfG einschlägig ist und nicht die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB296. Nach der Einführung des ___________ 290 Vgl. nur Walter Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 543 Rn. 31 ff.; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 37 ff. Siehe zur Vorgehensweise der Prüfung oben § 7 I 2 c) cc). 291 Siehe dazu unten § 7 II. 292 BGH NJW 1980, S. 1577 ff. (S. 1578). 293 Siehe zu den Einzelheiten der Vorschrift nur W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 545 Rn. 1 ff. 294 BGH NJW 1991, S. 1750 ff. (S. 1751); BGH ZMR 1966, S. 241. 295 Siehe dazu oben § 7 I 2 c) cc). 296 Siehe dazu oben § 7 I 2 c) aa).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

§ 313 III BGB297 könnte dieses Phänomen auch für die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 I BGB zutreffen298. Es ist nämlich vom Wortlaut des § 313 III BGB her nicht unbedingt zwingend, daß nur § 314 I BGB für eine Kündigung wegen nichtanpassungsfähigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage in Frage kommt. § 313 III BGB bestimmt: „Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung“. Welches Recht zur Kündigung dies sein soll, wird nicht gesagt. Insbesondere erfolgt keine Verweisung auf § 314 BGB. Es könnte also genauso gut und gerade wegen des Wortlauts behauptet werden, daß § 313 III BGB ein eigenes Kündigungsrecht enthalte, eben ein Kündigungsrecht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den Fall, daß eine Vertragsanpassung nicht möglich oder unzumutbar ist. Die Norm wäre dann eine Spezialregelung des wichtigen Grundes „nichtanpassungsfähiger Wegfall der Geschäftsgrundlage“ und ginge insoweit dem § 314 I BGB vor. Es gibt aber eine Reihe gewichtiger Gründe, die gegen eine solche Interpretation des § 313 III BGB sprechen. Den ersten liefert der Gesetzgeber in seiner amtlichen Begründung zu § 313 III BGB299: „In Absatz 3 ist in Übereinstimmung mit der allgemeinen Auffassung in Rechtslehre und Rechtsprechung bestimmt, dass eine Aufhebung des Vertrags dann und nur dann verlangt werden kann, wenn eine Anpassung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Aufhebung kommt also nur subsidiär in Betracht. Notwendig für eine Auflösung des Vertrags ist eine Rücktrittserklärung der benachteiligten Partei. Bei Dauerschuldverhältnissen tritt an die Stelle des Rücktrittsrechts das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund nach § 314 RE. Damit wird die bereits jetzt bestehende allgemeine Auffassung in das Gesetz übernommen.“ Hier kommt der Wille des Gesetzgebers klar zum Vorschein: er wollte gerade kein neues Kündigungsrecht schaffen, sondern das „vorhandene“ in § 314 BGB zur Anwendung kommen lassen. Er bewegt sich insoweit auf der Linie der von ihm kodifizierten allgemeinen Ansicht und diese spricht gegen die oben erwähnte Interpretation des § 313 III BGB. Der nichtanpassungsfähige Wegfall der Geschäftsgrundlage ist nämlich lediglich der Rechtsgrund für eine außerordentliche Kündigung, die

___________ 297 Durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff. 298 Und damit praktisch einen langen Abgrenzungsstreit beseitigen. Vgl. dazu die Problematik der Abgrenzung von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG und §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB oben unter § 7 I 2 c) aa). 299 BT-Drs. 14/6040, S. 176.

§ 7 Die außerordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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ihrerseits folglich nur die Rechtsfolge ist300. § 313 III 2 BGB stellt demnach selbst kein gesetzliches Kündigungsrecht dar, sondern nur den Rechtsgrund für ein solches und ist im übrigen nur als Hinweisvorschrift auf § 314 I BGB zu verstehen301. Dies wird auch durch die systematischen Nähe beider Vorschriften bestätigt. Warum sollte § 313 III BGB eine eigene Kündigungsvorschrift darstellen, wenn im nächsten Paragraphen die ultimative Kündigungsnorm zu finden ist? Fazit: Im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge werden wie auch bei reinen Zivilrechtsverträgen die Fälle des nichtanpassungsfähigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vollumfänglich und ausschließlich von der Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 I BGB erfaßt; diesbezügliche eigenständige Kündigungsrechte sind, soweit sie überhaupt existieren, subsidiär302. II. Vertraglich vereinbarte Regelungen der außerordentlichen Kündigung Neben den gesetzlichen Regelungen der außerordentlichen Kündigung existiert die Möglichkeit der individuellen Vereinbarung der außerordentlichen Kündigung in Verwaltungsverträgen durch die Kooperationsparteien. Es kann hier bereits vorweggenommen werden, daß es sich insoweit um einen Bereich von immenser praktischer Bedeutung handelt303. In aller Regel wird die Verwaltungspraxis vertragliche Kündigungsrechte vereinbaren304, vor allem in den vielfältigen Bereichen der Betrauung Privater mit der Erfüllung von Verwaltungs___________ 300 Vgl. dazu BGH WM 1985, S. 32 ff. (S. 33 f.); BGHZ 133, S. 316 ff. (S. 327); BGH NJW 2000, S. 1714 ff. (S. 1716); vgl. auch H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 132; G. H. Roth, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), § 242 Rn. 644; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1133. 301 Zweifel an der Interpretation des § 313 III 2 BGB hätte der Gesetzgeber vermeiden können, wenn er die Norm sinnigerweise folgendermaßen formuliert hätte: „An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund“. 302 Dies entspricht der wohl herrschenden Meinung im Zivilrecht zum Streit bezüglich der Abgrenzung von Kündigung aus wichtigem Grund und Wegfall der Geschäftsgrundlage, siehe dazu nur A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 242 Rn. 270; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 313 Rn. 26; W. Haarmann, Wegfall der Geschäftsgrundlage (Fn. 199), S. 136 m.w.N.; BGH ZIP 1997, S. 257 ff. (S. 259); BGHZ 24, S. 91 ff. (S. 95 f.); vgl. auch BGHZ 133, S. 316 ff. (S. 327). Siehe dazu auch oben § 7 I 2 c) aa). 303 Vgl. dazu die empirischen Erhebungen bei V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521 ff. 304 So auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 523; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

aufgaben305. Sie beugt damit letztlich auch dem Risiko vor, welches die Anwendung gesetzlicher Kündigungsrechte mit sich bringt306. War es bei der gesetzlichen außerordentlichen Kündigung aufgrund unterschiedlicher normativer Ansätze noch notwendig, in privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge zu unterteilen, ist die Unterscheidung der Rechtsgebiete bei der vertraglich geregelten außerordentlichen Kündigung vernachlässigbar. Hier ist von Anfang an der Blick auf gemeinsame Standards möglich. 1. Der grundsätzliche Vorrang vertraglicher Regelungen Die gesetzliche außerordentliche Kündigung berührt vertragliche Kündigungsrechte nicht307. Vielmehr gilt, daß vertragliche Regelungen einer außerordentlichen Kündigung Vorrang gegenüber einer entsprechenden gesetzlichen Regelung genießen308. Ein von den Voraussetzungen gesetzlicher außerordentlicher Kündigungsregelungen unabhängiges individuelles Kündigungsrecht besteht dann, wenn im Vertrag selbst sonstige Kündigungsrechte unter näher genannten Voraussetzungen vereinbart worden sind309. Der Vorrang des Vertrages hängt allerdings davon ab, wie die einzelnen außerordentlichen Kündigungsrechte ausgestaltet sind. Wiederholen sie lediglich gesetzliche Tatbestände, bestehen überhaupt keine Bedenken. Greifen sie jedoch in diese ein, eröffnet sich ___________ 305 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 523; siehe dazu vor allem auch die Beispiele bei H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); ders., Die negative und die positive Funktion des Verwaltungsvertragsrechts – Zugleich ein Beitrag zur Vertragsgestaltung im Verwaltungsrecht, in: Detlef Merten/Reiner Schmidt/Rupert Stettner (Hrsg.), Der Verwaltungsstaat im Wandel, Festschrift für Franz Knöpfle zum 70. Geburtstag, 1996, S. 11 ff. (S. 25); D. Ehlers, Rechtsfragen der freien Wohlfahrtspflege – dargestellt am Beispiel der Nichtseßhaftenhilfe, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 805); Wilhelm Henke, Praktische Fragen des Vertragsrechts – Kooperationsverträge -, DÖV 1985, S. 41 ff. (S. 52); BVerwG NVwZ 1996, S. 174. 306 Siehe nur die vergleichsweise sehr strenge Handhabung der Voraussetzungen des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG durch die Verwaltungsrechtsprechung; vgl. dazu oben § 7 I 2 a) bb) (3). 307 Herrschende Meinung für den Bereich des § 60 I VwVfG, vgl. nur F. O. Kopp/ U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 3; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 20; siehe auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521. 308 So auch BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 343); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 22; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 74. 309 So auch H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 23.

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folgende Problematik, welche zu den schwierigsten der verwaltungsvertraglichen Kündigungsdogmatik zu zählen ist. Es stellt sich die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer Vereinbarung einer außerordentlichen Kündigung. Das Kernproblem liegt hier in der Zulässigkeit der Festlegung wichtiger Kündigungsgründe durch die Kooperationsparteien. Diese können dann in eine offene Konkurrenz zu den „absoluten“ Kündigungsrechten der §§ 60 I VwVfG und 314 I BGB treten310. Dieses Konkurrenzverhältnis gilt es zu untersuchen, weil von ihm letztlich die rechtliche Zulässigkeit parteiindividueller Kündigungsrechte abhängt. 2. Zur rechtlichen Zulässigkeit der Vereinbarung wichtiger Kündigungsgründe Eine vertraglich vereinbarte Regelung über eine außerordentliche Kündigung ist in drei verschiedenen Formen denkbar: das Recht zur außerordentlichen Kündigung könnte ausgeschlossen werden, es könnte eingeschränkt, es könnte aber auch erweitert werden. Jede dieser Varianten bedarf im einzelnen der näheren Untersuchung. a) Ausschluß der außerordentlichen Kündigung Die Variante des vertraglichen Ausschlusses einer außerordentlichen Kündigung ist nicht möglich. In Verwaltungsverträgen können also weder die Rechte aus § 60 I VwVfG noch aus § 314 BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG) abbedungen werden. Diese Rechtsansicht entspricht der ganz herrschenden Meinung311 und ist auch im Verwaltungsvertragsrecht überzeugend. Dies ergibt sich ___________ 310

Die Betrachtung konzentriert sich hier auf diese beiden gesetzlichen Kündigungsrechte, vom Prinzip her gilt sie aber für sämtliche Ausformungen der Kündigung aus wichtigem Grund, vgl. nur §§ 723 III, 569 V BGB; vgl. auch W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 543 Rn. 3; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 2; beachte dagegen H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 609 Rn. 3. 311 Vgl. nur F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 1; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 74; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 3; H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 2; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 12; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 65; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 38; Detlev Belling, in: Walter Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von Harm Peter Westermann, 1. Band §§ 1-853, 10. Aufl.

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aus der Funktion der außerordentlichen Kündigung als Kontrollmechanismus im Bereich des kooperativen Verwaltungshandelns312. Wenn sich der Staat schon der Handlungsbeiträge Privater bedient, sind gerade zur Sicherstellung der normativ fortbestehenden Verwaltungsverantwortung auch Regeln notwendig, welche die Gemeinwohlfähigkeit der Verwaltungsverträge gewährleisten können313. Dies ist schließlich eine der Hauptaufgaben außerordentlicher Kündigungsrechte314. Eine weitere ist ihre Funktion als Fehlerkorrektiv315. Die Abbedingung verbietet sich folglich auch deshalb, weil die außerordentliche Kündigung bei Vorliegen der Voraussetzungen die behördliche Einflußnahmemöglichkeit sichert, etwa wenn gesetzesabweichende, aber wirksame Verträge vorliegen. Letztlich besteht die außerordentliche Kündigung aber auch im Interesse des privaten Kooperationspartners, weil sie verhindern kann, daß er bei Unzumutbarkeit der Fortführung auf ewig an den Verwaltungsvertrag gebunden und damit in seiner Freiheit beschränkt ist316. ___________ 2000, § 626 Rn. 21; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 15; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 64; BGH BB 1973, S. 819; BAGE 26, S. 417 ff. (S. 422); BAG AuR 1975, S. 220 ff. (S. 221); siehe für den § 314 BGB auch BT-Drs. 14/6040, S. 176. A.A. V. Emmerich, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 535-563, etc.), 13. Bearbeitung 1995, § 545 Rn. 78 und BGH WM 1987, S. 932 ff. (S. 934): Abbedingung, soweit kein Gesetz ausdrücklich dagegen steht. Wegen § 60 I VwVfG und des nunmehrigen § 314 BGB dürfte diese Ansicht jedenfalls im Verwaltungsvertragsrecht keine Rolle mehr spielen. 312 Siehe dazu oben § 3 II 3. 313 H. Bauer, Privatisierungsimpulse und Privatisierungspraxis in der Abwasserentsorgung – Eine Zwischenbilanz, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); Gunnar Folke Schuppert, Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 425). 314 Vgl. dazu auch oben § 3 II 3. Nicht nachvollziehbar daher J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 165, 204, der die Kündigung nach § 60 I VwVfG insgesamt für ausgeschlossen hält, wenn die Rückabwicklung erbrachter Leistungen nicht mehr möglich ist. Eine Loslösung vom Dauerschuldverhältnis muß aber nach dem oben Gesagten immer möglich sein und eine Rückabwicklung des durch Kündigung beendeten Dauerschuldverhältnisses stellt ohnehin nur eine absolute Ausnahme dar, vgl. dazu unten § 9 II 1. 315 Willy Spannowsky, Grenzen des Verwaltungshandelns durch Verträge und Absprachen, 1994, S. 459 f., 464. 316 Vgl. dazu nur U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 38; Peter Ulmer, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg. von K. Rebmann/F. J. Säcker/R. Rixecker, Band 5 Schuldrecht, Besonderer Teil III (§§ 705-853), 3. Aufl. 1997, § 723 Rn. 42; vgl. auch oben § 5 IV 2 a) und § 7 I 2 a) bb).

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Unzulässig sind damit insbesondere Sperrfristen dergestalt, daß eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund erst nach Ablauf einer bestimmten Frist möglich sein soll317. Soweit vertreten wird, daß dennoch gegen solche Sperrfristen nichts einzuwenden sei, wenn die Interessen so gelagert sind, daß beiden Parteien die unbedingte Bindung befristet zuzumuten ist318, müssen sich die Vertreter dieser Ansicht fragen lassen, ob es insoweit überhaupt um eine vertragliche (zeitliche) Beseitigung oder Beschränkung geht, oder ob nicht bloß die konkrete Ausfüllung des Kündigungstatbestandes aus wichtigem Grund in Rede steht. Wenn und soweit nämlich eine Kooperationspartei zur Erfüllung des Vertrags oder damit verbundener Pflichten die unbedingte zeitliche Bindung benötigt, also ein berechtigtes Interesse am (befristeten) Bestand des Vertrages hat, wird der anderen Partei, der schließlich im Wege der Interessenabwägung auch die Belange der bindungsbedürftigen Partei aufgebürdet werden, die (befristete) Fortsetzung des Vertrages zuzumuten sein. Die gesamte Problematik ist daher eher eine Frage der Tatbestandsvoraussetzungen der Kündigung, statt einer solchen, die die Abbedingung des außerordentlichen Kündigungsrechts betrifft. Es bleibt folglich bei der Unzulässigkeit von Sperrfristklauseln. Auch andere Regelungen („Maßnahmen gleicher Wirkung“), die vielleicht nur in versteckter Art und Weise die außerordentliche Kündigung ausschließen, sind rechtlich nicht zulässig. b) Einschränkung der außerordentlichen Kündigung Zu untersuchen ist, wie es sich verhält, wenn man die „Eingriffsschwelle“ herabsetzt. Die nächste denkbare vertragliche Regelung im Hinblick auf eine außerordentliche Kündigung wäre folglich ihre Einschränkung. Eine solche kann praktisch derart gestaltet sein, daß das außerordentliche Kündigungsrecht an weitere Voraussetzungen gebunden wird oder daß bestimmte Kündigungsgründe generell vertraglich ausgeschlossen werden. ___________ 317 Beachte dazu die Klauselbeispiele bei Heinz Hillermeier/Wolfram Castorph/Karl Klaus Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht, Handbuch für die Vertragsgestaltung und Sammlung von Vertragsmustern mit Erläuterungen, 1985, Stand: 52. Lfg. Mai 2002 (die Anzahl der Vertragsmuster wurde im Grundwerk reduziert, sämtliche Vertragsmuster befinden sich auf der CD-ROM Hillermeier, „Kommunales Vertragsrecht“), Ordnr. 30.05 (S. 3), Ordnr. 30.35 (S. 9), Ordnr. 31.24 (S. 13). Diese meinen sicherlich nur den rechtlich zulässigen Ausschluß der ordentliche Kündigung (dazu unten § 8 III 2), sind aber insoweit unglücklich formuliert, als daß dies nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut hervorgeht. 318 Joachim Gernhuber, Das Schuldverhältnis, Begründung und Änderung, Pflichten und Strukturen, Drittwirkungen, 1989, § 16 II 5 (S. 394); J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1388; BGH BB 1973, S. 819.

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aa) Bindung an weitere Voraussetzungen Der Alternative „Bindung an weitere Voraussetzungen“ stehen insoweit Bedenken gegenüber, als daß der gesetzgeberischen Wertung zuwider Tatbestandsvoraussetzungen normiert werden, die die gesetzlich an sich schon bestehende Lösungsmöglichkeit vereitelt. Denn schließlich müssen, um den Vertrag auflösen zu können, noch weitere Tatbestandsvoraussetzungen hinzukommen, die kumulativ zu dem gesetzlichen Kündigungstatbestand erfüllt sein müssen. Im Ergebnis wäre die Kündigung aus wichtigem Grund so zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, doch aber je nach Ausgestaltung mehr oder minder erheblich erschwert und eingeschränkt. Solche Vertragsklauseln sind ebenfalls unzulässig319. Zur Begründung läßt sich auf die Argumente verweisen, die schon gegen die Abbedingung der Kündigung aus wichtigem Grund gesprochen haben. Auch solche Klauseln verkennen nämlich die besondere Bedeutung der außerordentlichen Kündigung, die sie insbesondere im Verwaltungsvertragsrecht genießt320. Die Verschärfung der Voraussetzungen ist daher untunlich, weil sie nicht zuletzt zur Verwässerung der Kündigung aus wichtigem Grund in ihrer Funktion als Vorfeldsicherung führt, welche ihrerseits bestimmte Mindeststandards bei der Verflechtung staatlicher und privater Handlungsbeiträge sicherstellen soll321. Die außerordentliche Kündigung bewirkt schließlich die Möglichkeit der Reglementierung des Handelns privater Akteure innerhalb der Kooperationsvorgänge und kompensiert damit eine der Gleichordnung gezollten, mangelnde inhaltliche Entscheidungsbeherrschung des Staates322. Da hier aber die „Eingriffsschwelle“ geringer ist, vor allem, weil es zu keinem absoluten Ausschluß der außerordentlichen Kündigung kommt, sind von dem Verbot der Einschränkung der außerordentlichen Kündigung Ausnahmen denkbar. Modifikationen, die an sich nichts mit dem Kündigungsrecht zu tun ___________ 319 So auch, allerdings jeweils ohne Begründung, H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 2; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 13; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 42; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 16; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 64; a.A. Franz Gamillscheg, Der zweiseitig-zwingende Charakter des § 626 BGB, AuR 1981, S. 105 ff. (S. 108 f.). 320 Siehe dazu oben § 3 II. 321 Siehe dazu bereits oben § 3 II 3. 322 Siehe dazu insgesamt auch Hans-Heinrich Trute, Vom Obrigkeitsstaat zur Kooperation, in: Reinhard Hendler/Peter Marburger/Michael Reinhardt/Meinhard Schröder (Hrsg.), Umwelt und Technikrecht, Band 48 (Rückzug des Ordnungsrechtes im Umweltrecht), 1999, S. 13 ff. (S. 20 f.).

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haben, bleiben also jedenfalls möglich323. Die Grenze solcher und anderer Modifikationen ist aber immer dann überschritten, wenn das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund unzumutbar erschwert wird324. bb) Ausschluß bestimmter Kündigungsgründe Unzulässig ist auch die Alternative „Ausschluß bestimmter Kündigungsgründe“325, weil auf diese Art und Weise gewisse Tatbestände den Kündigungsregelungen aus wichtigem Grund (z.B. §§ 60 I 1 2. Alt. VwVfG und 314 I BGB) entzogen, also nicht mehr an den gesetzlichen Vorgaben gemessen werden326. Solche Klauseln sind insbesondere dann gegeben, wenn durch Vereinbarung bestimmte Gründe nicht als wichtige oder nur bestimmte Gründe als wichtige angesehen werden327. Für die Zulässigkeit der ersten Alternative spricht aller___________ 323 Dazu zählen etwa interne gesellschaftsrechtliche Bindungen, wie vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung etc., BAG EzA § 37 GmbHG Nr. 1, 2. Vgl. im übrigen dazu U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 42; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 64. In diese Richtung ist wohl auch V. Emmerich, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 311), § 545 Rn. 78 zu verstehen; vgl. auch BGH WM 1987, S. 932 ff. (S. 934). 324 A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 13; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 64. 325 Im Ergebnis und sinngemäß so auch E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 66; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 14; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 41; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 17; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 68; Adolf Baumbach/Klaus J. Hopt, Handelsgesetzbuch, 30. Aufl. 2000, § 89a Rn. 28; siehe auch BAGE 26, S. 417 ff. (S. 422); BAG AuR 1975, S. 220 ff. (S. 221); a.A. hingegen F. Gamillscheg, AuR 1981, S. 105 ff. und Walther Hadding, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 4 Schuldrecht III (§§ 705-853), 11. Aufl. 1985, § 723 Rn. 31. 326 P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 68; BAGE 26, S. 417 ff. (S. 423); BAG AuR 1975, S. 220 ff. (S. 221). 327 Beispiel: Mietvertrag (Anmietung privater Räume für öffentliche Zwecke): „§ 3 ... Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.40 (S. 1); Beispiel: Plakatierungsvertrag mit Werbefirma: „§ 6 ... Im Falle einer wesentlichen Obliegenheitsverletzung bleibt das außerordentliche Kündigungsrecht unberührt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 35.70 (S. 3); Beispiel: Festplatzvertrag: „§ 12

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dings, daß die Kooperationspartner bei Vertragsschluß ihre übereinstimmende Ansicht bekundet haben, bestimmte Umstände für die vorzeitige Auflösung regelmäßig nicht als ausreichend anzusehen, und damit zum Ausdruck gebracht haben, welche künftigen Störungen sie in Kauf zu nehmen bereit sind328. Dennoch sind solche Klauseln unzulässig, weil schließlich eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht mehr möglich wäre, wenn sich später aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, daß die ausgeschlossenen Umstände die Fortsetzung des Verwaltungsvertrags für eine Partei doch unzumutbar machen329. Denn angesichts der Zukunftsoffenheit eines derartigen Vertrags kann kein Vertragspartner davon ausgehen, daß die ursprünglich angenommene Belanglosigkeit der zu tolerierenden Störung für die gesamte Laufzeit erhalten bleibt330. Bei der stringenten Beachtung der angesprochenen zweiten Klauselalternative sind die Tatbestände, in denen außerordentlich gekündigt werden kann, vorgegeben oder im wesentlichen vorbestimmt, während alle anderen Tatbestände für eine außerordentliche Kündigung wortlautgemäß faktisch ausgeschlossen sind. Dies kann wegen der oben genannten, gegen die Abbedingung der außerordentlichen Kündigung sprechenden Gründe nicht zulässig sein, es sei denn, man betrachtet die betreffenden Klauseln lediglich als deklaratorische Hinweise. Anderenfalls würde man dem betroffenen Kooperationspartner letztlich auch eine unzumutbare Situation aufbürden, bei der er im Normalfall hätte außerordentlich kündigen können331. Das beschriebene Klauselverbot besagt allerdings nicht, daß derartige kündigungsbeschränkende Parteivereinbarungen überhaupt keine Bedeutung hätten. Wegen der im Vergleich zur vollständigen Abbedingung geringeren Eingriffsintensität derartiger Klauseln liegt auch hier wieder die Grenze in der Unzumutbarkeit im Hinblick auf die Erschwerung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund332. Aber auch wenn diese Grenze überschritten ist, können kündigungs___________ Bei vertragswidrigem Gebrauch des Vertragsgegenstandes und bei sonstigen wesentlichen Vertragsverletzungen ist die Gemeinde berechtigt, diesen Vertrag fristlos zu kündigen.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.80 (S. 4). 328 So P. Ulmer, in: Münchener Kommentar (Fn. 316), § 723 Rn. 55. 329 Dies auch einräumend P. Ulmer, in: Münchener Kommentar (Fn. 316), § 723 Rn. 55. 330 In diesem Sinne auch N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 27. 331 Vgl. dazu G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 15. 332 In diesem Sinne auch Wilhelm Herschel, Beschränkung der Befugnis zur außerordentlichen Kündigung – zugleich ein Beitrag zur absoluten und relativen Unzumutbarkeit, in: Eduard Bötticher u.a. (Autorenkollektiv), Festschrift für Arthur Nikisch, 1958, S. 49 ff. (S. 60); ders., Gedanken zur Theorie des arbeitsrechtlichen Kündigungsgrun-

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beschränkende Klauseln noch bedeutsam sein. Die Kooperationsparteien verlieren nämlich als „Herren der Verträge“333 nicht das Recht auf die, wenn auch erheblich abgeschwächte, Berücksichtigung der vereinbarten Tatbestände als wichtige oder als nicht wichtige Gründe. Diese Gründe sind im Rahmen der Gesamtwürdigung bei der Abwägung der Interessen der beteiligten Kooperationsparteien zur Feststellung des wichtigen Grundes als Parteiwille zu beachten334. Die Parteien haben schließlich mit der Vereinbarung der Kündigungsgründe bestimmt und damit zu erkennen gegeben, welche Umstände ihnen unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweiligen Verwaltungsvertragsverhältnisses als Gründe für die vorzeitige Beendigung besonders wichtig erscheinen. Dem erkennenden Gericht wird also praktisch mit den vertraglich vereinbarten Kündigungsklauseln ein Anhaltspunkt für den tatsächlichen Parteiwillen an die Hand gegeben, welchen es bei der Interessenabwägung mit einfließen lassen sollte. ___________ des, in: Theo Mayer-Maly/Reinhard Richardi/Herbert Schambeck/Wolfgang Zöllner (Hrsg.), Arbeitsleben und Rechtspflege, Festschrift für Gerhard Müller, 1981, S. 191 ff. (S. 195 f.); vgl. auch U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 46; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 66 f.; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 14 mit Beispiel für die Zumutbarkeit: Beschränkung der außerordentlichen Kündigung im öffentlichen Dienst auf Gründe, die bei einem Beamten zur Entlassung führen können. Wegen der Zumutbarkeitsabhängigkeit einer Erschwerung des Kündigungsrechts überzeugt auch die Ansicht von F. Gamillscheg, AuR 1981, S. 105 ff. (S. 109) nicht, die von dem beschriebenen Dogma abweichen will. Etwaige soziale und Gerechtigkeitsdiskrepanzen werden sich immer über eine einzelfallbezogene Zumutbarkeitsprüfung der entsprechenden Vertragsklausel lösen lassen. Von Unzumutbarkeit wird daher immer dann nicht auszugehen sein, wenn Zwangsverhältnisse existieren, bei denen der Träger öffentlicher Gewalt, die mit dem Dauerschuldverhältnis verfolgten Zwecke nicht ohne weiteres aufgeben darf, mithin durch das Sozialstaatsprinzip verstärkte Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen gegeben sind, vgl. dazu oben Fn. 247 f. und H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 393, 414 f. u. 494 f.; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 232 f.); B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 ff. (S. 392 f.), die insoweit allerdings zu Unrecht von einer Kündigungsbeschränkung ausgehen. 333 H. Bauer, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); siehe dazu näher auch oben § 3 II 2 b), 3. 334 So im Ergebnis auch U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 45; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 14; G. Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 17; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 69; BAG AP Nr. 67 zu § 626 BGB; A. Baumbach/K. J. Hopt, Handelsgesetzbuch (Fn. 325), § 89a Rn. 28; a.A. P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 69; differenzierend W. Herschel, Beschränkung der Befugnis zur außerordentlichen Kündigung (Fn. 332), S. 49 ff. (S. 60 f.).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

c) Erweiterung der außerordentlichen Kündigung Trotz dieser weitreichenden Einschränkungen hinsichtlich der Vereinbarung von außerordentlichen Kündigungsrechten entspricht es breiter Meinung in Literatur und Rechtsprechung, daß Aufhebungsrechte über die gesetzlich geregelten Fälle hinaus vertraglich vereinbart werden können335. Derartige Dispositionen der Kooperationsparteien sind keinesfalls gänzlich ausgeschlossen, denn schließlich sind sie primär dazu berufen, die Toleranzen zu kennzeichnen, bis zu deren Grenzen ihnen die Fortsetzung des Verwaltungsvertrags als zumutbar erscheint336. Es ist demzufolge nichts gegen Verwaltungsverträge einzuwenden, in denen einzelne Tatbestände für die außerordentliche Kündigung zusätzlich modelliert werden, so wie auch das Gesetz bisweilen mit bestimmten Tatbeständen ausnahmslos ein Recht zur fristlosen Kündigung verbindet337. Wichtig ist jeweils nur, die Kündigungsklausel so zu formulieren, daß die Gesetzeslage hinsichtlich der Kündigung aus wichtigem Grund nur ergänzt oder erweitert ___________ 335 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563; vgl. auch, allerdings zumeist nur beiläufig oder inzidenter, H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 282); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 6; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 3; H. Meyer, in: H. Meyer/H. BorgsMaciejewski, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 70), § 60 Rn. 2; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f.; Manfred Bulling, Umweltschutz und Wirtschaftsüberwachung, in: Hermann Hill (Hrsg.), Verwaltungshandeln durch Verträge und Absprachen, 1990, S. 147 ff. (S. 153); W. Henke, DÖV 1985, S. 41 ff. (S. 52); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 271); R. Seer, Verständigung im Steuerverfahren (Fn. 44), S. 441 f.; A. Turiaux, NJW 1999, S. 391 ff. (S. 394); vgl. auch C. H. Ule/H.-W. Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht (Fn. 84), § 71 Rn. 3 (S. 808); BVerwG NVwZ 1996, S. 174; BSGE 71, S. 27 ff. (S. 32); VGH Mannheim ESVGH 43, S. 10 ff. (S. 13); VGH Mannheim VBlBW 1994, S. 17 ff. (S. 20); VG Wiesbaden DVBl. 1974, S. 243 ff. (S. 245). Vgl. für das Zivilrecht J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis (Fn. 318), § 16 II 5 (S. 394); Wolfgang Leinemann, in: Jürgen Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, 6. Aufl. 1999, § 89a Rn. 12; Walther Heintzmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 554a Rn. 25; Franz Häuser, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 609 Rn. 45; Wolfgang Kummer, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 605 Rn. 1; H. P. Westermann, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 609 Rn. 7; wohl auch J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), § 242 Rn. 1388; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 3; und auch A. Baumbach/K. J. Hopt, Handelsgesetzbuch (Fn. 325), § 89a Rn. 27; siehe auch BGH BB 1973, S. 819; BGHZ 82, S. 354 ff. (S. 359); BGH WM 1971, S. 798 f. (S. 799); OLG München BB 1956, S. 20. 336 So auch J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis (Fn. 318), § 16 II 5 (S. 394). 337 Z.B. §§ 490, 569, 580 und 723 BGB.

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wird338. Die Vereinbarung parteilicher wichtiger Gründe muß also dergestalt erfolgen, daß bei ihrem Vorliegen der Verwaltungsvertrag auch und nicht allein deswegen außerordentlich gekündigt werden kann. Es darf also nicht suggeriert werden, daß die Kündigung aus wichtigem Grund nur bei den genannten Fällen möglich ist339. Die Vereinbarung wichtiger Gründe kann insoweit mit dem Hinweis geschehen, daß im übrigen die außerordentliche Kündigung unberührt bleibt340. Freilich ist der Unterschied zu den Klauseln, die die außerordentliche Kündigung einschränken, indem vereinbart wird, daß bestimmte Gründe nicht als wichtige oder nur bestimmte Gründe als wichtige angesehen werden, nur minimal. Er entscheidet aber letztlich über die Zulässigkeit der Kündigungsklausel. Wegen der hohen Bedeutung des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund ist eine derart subtile Vorgehensweise bei der Formulierung notwendig. Diese Sichtweise gilt nicht nur im Rahmen des § 314 I BGB, sondern auch bei § 60 I 1 2. Alt. VwVfG, denn auch diese Norm will den Vertragsparteien nicht verbieten, Kündigungsrechte für anders gelagerte Fälle oder für tatsächli-

___________ 338

Beispiel: Vertrag zur Vorbereitung der Stadtsanierung: „§ 10 Kündigung Der Vertrag kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, und zwar mit sofortiger Wirkung. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn die Stadt die Sanierungsabsicht aufgibt“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.65 (S. 8); Beispiel: Städtebauliches und landschaftliches Strukturkonzept mit Umweltverträglichkeitsprüfung: „§ 9 Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund (1) Die Vertragspartner können den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere dann vor, wenn das Forschungsprojekt von der Auftraggeberin abgebrochen wird, weil erkennbar ist, daß der angestrebte Erfolg nicht erreichbar ist.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.33 (S. 6); Beispiel: Bau und Betrieb von Kläranlagen durch Private: „§ 12 3. Kündigung Der Vertrag kann von beiden Parteien vor Vertragsablauf nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Als wichtiger Grund gilt auch ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.23 (S. 14). 339 Etwa wie in folgendem Beispiel: Abfall- und Wertstoffvertrag: „§ 27 Außerordentliche Kündigung Eine fristlose Kündigung ist möglich 1. ..., 2. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.73 (S. 10). 340 Beispiel: Durchführungsvertrag für die Errichtung von Mieteinfamilienhäusern: „§ 14 Kündigung Die Stadt ist berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn die Vorhaben- und Erschließungsplansatzung durch die Stadt gem. § 12 Abs. 6 BauGB aufgehoben wird. ... Das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bleibt unberührt.“ – Muster entnommen bei Karl Otto Bergmann/Jörn Haverkämper/Werner Vogel, in: K. O. Bergmann/Hermann Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung, Band IV Öffentlich-rechtliche Verträge, 2001, E. B. II. (S. 111).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

che und/oder rechtliche Veränderungen anderen Umfangs im Vorfeld des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu vereinbaren341. Die wohl weit überwiegende Ansicht in der zivilrechtlichen Literatur und Rechtsprechung teilt die hier vertretene Ansicht zur Erweiterung der Kündigungsgründe im Rahmen der bisherigen Standardkündigung aus wichtigem Grund § 626 BGB nicht342. Dies wird insbesondere damit begründet, daß ansonsten die zwingenden Mindestkündigungsfristen des § 622 BGB umgangen würden. Soweit Arbeitsverhältnisse zwischen Trägern öffentlicher Gewalt und Privaten in Rede stehen, mag dies auch für das Verwaltungsvertragsrecht so gelten. Tendenzen, die das strikte Verbot der Erweiterung auf den gesamten Bereich der Kündigung aus wichtigen Grund übertragen wollen343, muß aber entschieden entgegengetreten werden. Dafür spricht eine Vielzahl gewichtiger Argumente: Zum einen existieren im Verwaltungsvertragsrecht, und im übrigen auch im privaten Vertragsrecht, keine generellen Mindestkündigungsfristen, so daß eine solche Hürde schon gar nicht entgegensteht344. Die Ansichten zu § 626 BGB sind daher nicht zu verallgemeinern und weder auf § 60 I VwVfG noch auf § 314 I BGB pauschal übertragbar. Zum anderen sprechen für die Möglichkeit der Vereinbarung wichtiger Gründe durch die Kooperationsparteien im Prinzip die gleichen Argumente, mit denen oben der Ausschluß der außerordentlichen Kündigung verneint wurde. Durch die Erweiterung der außerordentlichen Kündigung wird auch ihre Funktion als Kontrollmechanismus im Bereich des kooperativen Verwaltungshandelns345 erweitert. Dies erhöht letztlich die Sicherstellung der normativ fortbestehenden Verwaltungsverantwortung und trägt somit erheblich dazu bei, die Gemeinwohlfähigkeit der Verwaltungsverträge ab___________ 341 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521; N. Horn, NJW 1985, S. 1118 ff. (S. 1119). 342 So U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 43; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 15; G. Schaub, ArbeitsrechtsHandbuch (Fn. 263), § 125 Rn. 18 f.; E. Fischermeier, in: F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz (Fn. 264), § 626 BGB Rn. 68 m.w.N.; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 68; BAGE 26, S. 417 ff. (S. 422); BAG AuR 1975, S. 220 ff. (S. 221). Eine Konkretisierung der Kündigungsgründe soll hingegen zulässig sein, vgl. dazu nur U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 46; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516651) (Fn. 224), § 626 Rn. 16; a.A. hingegen F. Gamillscheg, AuR 1981, S. 105 ff. 343 So P. Schwerdtner, Beendigung von Dauerschuldverhältnissen, Jura 1985, S. 207 ff. (S. 208). 344 In diesem Sinne auch A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 15. 345 Siehe dazu oben § 3 II 3.

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zusichern346. Letztlich können auch die Interessen des privaten Kooperationspartners besser berücksichtigt werden, wenn eindeutig geregelt wird, unter welchen Bedingungen seine Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist. Das Verbot des Ausschlusses und die Erweiterung der außerordentlichen Kündigung bewirken also das gleiche und sind daher in ein und demselben Kontext zu sehen. Für die Erweiterung der außerordentlichen Kündigung gerade im Bereich des § 60 I 1 VwVfG spricht auch der Umstand der zurückhaltenden Rechtsprechung bei der Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift347. Es bleibt den Kooperationsparteien folglich nicht erspart, selbständig Lösungsmöglichkeiten für die Problematik des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu finden. Schwierig ist dabei allerdings, daß gerade wegen der Besonderheit der Geschäftsgrundlage, nämlich, daß sie nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen wurde und bei Vertragsschluß eben „nur“ (ausdrücklich oder stillschweigend) zutage trat, Reaktionen auf ihre unvorhergesehenen und unvorhersehbaren späteren Änderungen nur schwerlich vertraglich fixiert werden können348. Es ist aber möglich, vertraglich zu regeln, was unter allen Umständen genügen soll, um sich vom Vertrag lösen zu können349. Dies kann freilich wegen der Zukunftsoffenheit öffentlich-rechtlicher Dauerschuldverhältnisse und damit verbundener Unsicherheiten in Bezug auf die Leistungs-Gegenleistungs-Äquivalenz350 nicht abschließend, aber doch erheblich risikominimierend geschehen. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß Vereinbarungen der Kooperationsparteien hinsichtlich der Erweiterung der außerordentlichen Kündigung für die Verwaltungsvertragsgestaltung von besonderer Bedeutung sind, weil sie letztlich einem gemeinsamen Konsens entspringen und so Streitigkeiten für den „Krankheitsfall“ des Verwaltungsvertrags vermeiden helfen. Die Parteien beugen einem ___________ 346 Siehe dazu H. Bauer, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); siehe dazu auch oben § 3 II 3 und G. F. Schuppert, Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (S. 425). 347 Siehe dazu die ausführlichen Nachweise bei V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 614 in Rn. 190-192 und S. 617 in Fn. 211. 348 Siehe zu dieser Problematik oben § 7 II 1 b) bb). 349 Beispiel: Vertrag nach den Richtlinien über Bewirtschaftungsverträge des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf landwirtschaftlich nutzbaren Flächen (Bayerisches Vertragsnaturschutzprogramm): „§ 4 Dauer des Vertrages ... Der Vertrag kann gekündigt werden, wenn: – die in diesem Vertrag enthaltenen Verpflichtungen um mehr als 10 v.H. nicht erfüllt werden, ..., – die haushaltsrechtliche Ermächtigung für die Zahlung des Entgelts nicht mehr gegeben ist ... Im übrigen gilt Art. 60 BayVwVfG.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.66 (S. 3). 350 Siehe dazu N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 27.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

gewaltigen Unsicherheitsfaktor vor, der zukunftsorientierten bilateralen oder multilateralen Verwaltungsvertragsverhältnissen immanent ist. d) Fazit: Gestufte Zulässigkeit von außerordentlichen Kündigungsvereinbarungen im Verwaltungsvertragsrecht Die Untersuchung ergibt, daß vertraglich vereinbarte Regelungen betreffend eine außerordentliche Kündigung nicht automatisch möglich sind. Je nachdem, wie groß sich der Eingriff in das Institut „Kündigung aus wichtigem Grund“ darstellt, ist auch seine Rechtmäßigkeit zu beurteilen. Man kann daher von einer gestuften Zulässigkeit von außerordentlichen Kündigungsvereinbarungen im Verwaltungsvertragsrecht sprechen: Die Abbedingung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung ist nicht möglich, Einschränkungen können allenfalls im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit berücksichtigt werden und Erweiterungen der Kündigung aus wichtigem Grund sind von den Kooperationsparteien aushandelbar. 3. Die Anforderungen an eine vertraglich vereinbarte außerordentliche Kündigung Nachdem feststeht, daß aufgrund der gestuften Zulässigkeit allenfalls Kündigungsvereinbarungen in Betracht kommen, die die außerordentliche Kündigung erweitern, bleibt zu untersuchen, welche Vorgaben bei einer entsprechenden Vertragsgestaltung zu beachten sind. Entscheidende Bedeutung kommt hier der Kreierung der Tatbestände zu, die (auch) einen „wichtigen Grund“ bilden sollen. Auch soweit es um die vertragliche Vereinbarung zur außerordentlichen Kündigung geht, sollte man keinen Anstoß an der synonymen Verwendung der Begriffe „außerordentliche Kündigung“, „Kündigung aus wichtigem Grund“ und „fristlose Kündigung“ nehmen. Im Allgemeinen Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen wurde zwar erläutert, daß zwischen außerordentlicher und fristloser Kündigung gewisse (subtile) Unterschiede bestehen351. Allerdings werden diese Begrifflichkeiten von der vertragsgestaltenden Praxis nicht sonderlich streng genommen, was verständlich ist, da in den meisten Fällen eine außerordentliche Kündigung wohl fristlos erfolgen wird und es zu ihrer Durchführung immer wichtiger Gründe bedarf. Teilweise wird die Fristlosigkeit der

___________ 351

Siehe dazu oben § 5 III.

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Kündigung sogar schon im Wortlaut der Kündigungsklauseln verankert352 oder es wird die sofortige Wirkung der außerordentlichen Kündigung besonders hervorgehoben353. a) Vertraglicher wichtiger Grund Den Kooperationsparteien ist es gestattet, im Verwaltungsvertrag Regelungen zu einzelnen wichtigen Gründen aufzunehmen, um damit die Kündigung aus wichtigem Grund zu ergänzen. Sie legen damit verbindlich fest, wann eine oder beide Parteien berechtigt sein sollen, den Vertrag mit sofortiger Wirkung oder zeitlich kurzer Frist zu beenden. Die Parteien nehmen im Falle einer vertraglichen Ergänzung der Kündigung aus wichtigem Grund das Recht wahr, selbst zu entscheiden, welche Tatsachen maßgeblich sein sollen, die dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden können, mithin also ein wichtiger Grund vorliegt354.

___________ 352 Beispiel: Landwirtschaftlicher Pachtvertrag: „§ 14 ... (1) Der Pachtvertrag kann aus wichtigem Grunde fristlos gekündigt werden. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.14 (S. 4), siehe auch Ordnr. 34.71 (S. 2). 353 Beispiel: Mietvertrag (Anmietung privater Räume für öffentliche Zwecke): „§ 3 ... Der Vermieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen, ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.40 (S. 1); siehe auch das Muster bei Hermann Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. C. II. (S. 129). 354 Wegen der vielen Vertragstypen und der damit verbundenen unendlich großen Anzahl von möglichen Kündigungsgründen mögen hier einige Beispiele zu Verdeutlichung genügen: – Vertrag zur Vorbereitung der Stadtsanierung: „§ 10 Kündigung Der Vertrag kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, und zwar mit sofortiger Wirkung. Als wichtiger Grund gilt insbesondere, wenn die Stadt die Sanierungsabsicht aufgibt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.65 (S. 8); – Allgemeine Vertragsbestimmungen für Architekten-/Ingenieurleistungen: „§ 8 Kündigung ... Ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn die Baumaßnahme nicht durchgeführt oder nicht weitergeführt wird.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.80 (S. 3); – Darlehensvertrag: „§ 7 Kündigung Das Darlehen kann ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn insbesondere a) der Grund für die Gewährung des Darlehens wegfällt, b) die sozialhilferechtliche Notlage wegfällt oder zweckmäßigerweise anders beseitigt werden kann, c) ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 36.10 (S. 2).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

aa) Parteiendifferenzierung Dabei ist bei der Vereinbarung der Kündigungsgründe nicht zwingend erforderlich, daß diese jeweils auf beide Vertragspartner anwendbar sind. Es ist vielmehr auch möglich, hinsichtlich der Kooperationsparteien zu differenzieren und jedem seine „eigenen“ wichtigen Gründe zuzugestehen355. Dies hat den Vorteil der konkret individuellen, auf die Bedürfnisse der einzelnen Parteien exakt angepaßten Vertragsgestaltung und trägt letztlich einer erhöhten Rechtsfolgenakzeptanz Rechnung. Die kündigungstatbestandliche Parteiendifferenzierung wird das Intervenieren gegen die außerordentliche Kündigung verringern, da die betroffene Partei wußte, daß in der konkreten Situation gekündigt werden konnte und nicht nur auf das bloße noch überprüfungswürdige Vorliegen eines wichtigen Grundes verwiesen werden durfte. Ein Argument, das letztlich nicht nur für die Parteiendifferenzierung der Kündigungsgründe spricht, sondern für die gesamte Erweiterung der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. bb) Antizipation der Interessenabwägung Bei den Vertragsverhandlungen müssen die Kooperationsparteien, wenn sie in Bezug auf eine außerordentliche Kündigung individuelle wichtige Gründe ergänzend vereinbaren wollen, eine antizipierte Abwägung ihrer eigenen gegenseitigen Interessen für den Vertragsauflösungsfall vornehmen. Dies ist deswegen notwendig, weil die Parteien mit der vertraglichen Fixierung des wichtigen Grundes zugleich auch die Entscheidung darüber treffen, daß bei Eintritt der Tatbestandsvoraussetzungen dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden kann, mithin also ein ___________ 355

Beispiel: EDV-Vertrag: „§ 9 Vertragsdauer, Kündigung (2) ... Zu den Gründen, die den Auftragnehmer zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, gehören insbesondere .... Zu den Gründen, die den Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, gehören insbesondere ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/ W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 39.55 (S. 12); Beispiel: Deponiegasvertrag: „§ 3 Vorzeitiges Kündigungsrecht Die Firma ... kann den Vertrag (unter anderem [= Einfügung des Verf.]) aus nachstehenden Gründen vorzeitig beenden: ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/ W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.90 (S. 1); Beispiel: Nutzungsvertrag für erwerbsorientierte Landwirtschaft: „§ 4 Kündigung ... Darüber hinaus kann der Verpächter jederzeit das Pachtverhältnis kündigen, wenn das Vertragsobjekt oder Teile davon vom Verpächter selbst bewirtschaftet oder einer Bebauung zugeführt werden sollen. ...“ – Muster entnommen bei Rainer Heß, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung, Band I Privatrechtliche Verträge (Grundstücksrecht, Bauverträge, Überlassungs- und Nutzungsverträge), 1998, B. IV. 3. (S. 317).

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wichtiger Grund vorliegt356. Sie haben die Entscheidung darüber folglich nicht mehr einer erst im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung der Interessen überlassen357, sondern vielmehr durch die konkrete Benennung der Kündigungsgründe zum Ausdruck gebracht, daß bei deren Vorliegen eine kurzfristige Vertragsbeendigung zulässig sein soll, ohne daß dabei eine weitere Interessenabwägung stattfinden muß358. Es wird folglich auch keine Instanz mehr geben, die eine einzelfallorientierte Abwägung der Parteiinteressen im streitigen Vertragsbeendigungsfall vornimmt, weil insoweit nur noch eine Kontrolle der Voraussetzungen des Kündigungstatbestandes stattfinden wird359. Die Kooperationsparteien müssen somit bei der Normierung wichtiger Gründe vorausschauend agieren und sich in Eigenverantwortung bewußt sein, daß eventuell später hinzutretende Begleitumstände keinen Ausschlag mehr geben werden (es sei denn, diese rechtfertigen bereits die gesetzliche außerordentliche Kündigung). Einer möglichen Rettung des Vertrags bei überwiegenden Interessen einer Partei an seiner Aufrechterhaltung wird somit eine Absage erteilt360. Ergänzungen wichtiger Gründe ist also ein gewisses Restrisiko immanent, welches quasi als Preis für die vertragliche „Freiheit“ hinzunehmen ist. Die kündigungsrechtliche Vertragsgestaltung wird somit zu einem Bereich, in dem die Kreativität und vorausschauende Sichtweise der Parteien am meisten gefragt ist. Dieser unterscheidet sich dadurch in erheblicher Weise von jenem, der mit hinweisenden außerordentlichen Kündigungsklauseln auskommt. Solche liegen vor, wenn entweder nur auf die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung verwiesen wird361 oder aber der Hinweis erfolgt, daß die Ausübung der außerordentlichen Kündigung von anderen Kündigungsregelungen unberührt bleibt362. ___________ 356

So auch BGH BB 1988, S. 1771 f. (S. 1771). Vgl. A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 15; BGH BB 1988, S. 1771 f. (S. 1771). 358 Vgl. A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 15; BGH BB 1988, S. 1771 f. (S. 1771). 359 So BGH BB 1988, S. 1771 f. (S. 1771). 360 Allerdings können diese Folgen erheblich abgemildert werden, in dem die Kooperationsparteien entsprechende Mittel der Verhältnismäßigkeit einbauen; siehe dazu unten § 7 II 3 b) bb). 361 Beispiel: Pachtvertrag (Vereinsanlagen auf Gemeindegrund): „§ 8 ... Unbeschadet des § 2 kann der Pachtvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.15 (S. 2). 362 Beispiel: Stadt-Umland-Vertrag: „§ 16 ... (2) Das Recht jedes Beteiligten zur Kündigung aus wichtigem Grund (außerordentliche Kündigung) bleibt unberührt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.10 (S. 5), vgl. auch Ordnr. 34.40 (S. 5); siehe auch das Vertragsmuster bei K. O. Bergmann/J. Haverkämper/W. Vogel, in: K. O. 357

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

b) Grenzen der Vertragsgestaltung Es ist leicht nachvollziehbar, daß das Recht zur Ergänzung wichtiger Gründe nicht uferlos und unbeschränkt besteht. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß sich der öffentlich-rechtliche Kooperationspartner nicht auf die Privatautonomie berufen kann363. Zum anderen spielen auch im Verwaltungsvertragsrecht Aspekte wie Treu und Glauben und Sittenwidrigkeit eine Rolle364 und letztlich ist das Verwaltungsvertragsrecht als Handlungsmodus der öffentlichen Verwaltung auch den entsprechenden verfassungs- und öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen365. aa) Notwendigkeit sachlicher Motive Eine vertragsgestalterische Grenze bei der Erweiterung der außerordentlichen Kündigung ergibt sich aus der Notwendigkeit, daß sich die Kooperationsparteien bei der Normierung wichtiger Gründe nur von sachlichen Motiven leiten lassen dürfen366. Dies ergibt sich aus dem Umstand, daß wegen des die ganze Rechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben sachgerechte Gründe für die Kündigung vorliegen müssen367. Eine Kündigungsklausel ist demnach unwirksam, wenn die spätere Ausübung der vertraglich eingeräumten Kündigungsmöglichkeit willkürlich und aus rechtlich zu mißachtenden Gründen erfolgen würde368. Schon bei der Vereinbarung der Kündigungsklausel ist daher zu beachten, daß eine spätere Kündigung sachgerecht sein muß. Diese ___________ Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. B. II. (S. 101). 363 Siehe dazu die Nachweise bei § 2 II 2 b); vgl. auch § 6 IV 3 c) bb). 364 Vgl. statt vieler J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 25 II Rn. 3 (S. 337); BVerwG NVwZ 1993, S. 1102 ff. (S. 1104); BVerwGE 94, S. 294 ff. (S. 298); BVerwG NJW 1974, S. 2247 ff. (S. 2248). 365 Vgl. dazu allgemein B. Gries/E. Willebrand, Entstehung der auf Leistung und Nutzung gerichteten verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnisse, JuS 1990, S. 103 ff. (S. 103); J. Martens, Einführung in die Praxis des Verwaltungsverfahrens, 6. Teil: Die Entscheidung, JuS 1978, S. 607 ff. (S. 607); vgl. auch E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 377 ff.; H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f.; VGH Mannheim NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). Siehe insgesamt zu dieser Problematik auch oben § 6 IV 3 c) aa). 366 So auch V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f. 367 So BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; BVerwG NVwZ 1996, S. 174; W. Leinemann, in: J. Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch (Fn. 335), § 89a Rn. 12; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f. 368 Vgl. BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; vgl. auch BGH LM BGB § 138 (Bb) Nr. 28.

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Sachgerechtigkeit einer verwaltungsvertraglichen Kündigung erklärt sich über die Bedeutung, die ihr im Rahmen des Verwaltungsvertragsrechts zukommt369. Sie steht im Zusammenhang mit ihrer Funktion und wäre folglich mißbilligenswert, wenn damit nicht genau die Zwecke erreicht werden sollten, die ihr vom Gesetzgeber oder vom Verwaltungsvertragsrecht allgemein eingeräumt werden370. Ein beliebiger Vertragspartneraustausch mit Hilfe einer außerordentlichen Kündigung dürfte also nur schwerlich in Frage kommen. Vielmehr ist ein weitergehender Zweck erforderlich, etwa wenn der neue Vertragspartner für (neue) Aufgaben geeigneter und wirtschaftlich leistungsfähiger ist371. Bei einer gesetzlichen außerordentlichen Kündigung wird die Sachgerechtigkeit mit dem Vorliegen ihrer Tatbestandsvoraussetzungen impliziert. Bei der Kreierung spezifischer wichtiger Gründe muß sie hingegen vorab berücksichtigt und bei der Vertragsgestaltung konkret gewahrt werden. Die Klauselgestaltung muß insoweit die Vorgaben der §§ 138, 242, 307 BGB wahren372, was bereits dadurch geschehen kann, daß sie vertragszweck- und regelungsinhaltsorientiert erfolgt. Dabei kann eine Orientierung am Koppelungsverbot des § 56 I 2 VwVfG erfolgen, wonach die „Gegenleistung“, hier also die individuelle ergänzende Vereinbarung eines wichtigen Grundes, den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit „der vertraglichen Leistung der Behörde“, hier also mit dem Verwaltungsvertrag als solchem, stehen muß373. Daß die Klauselgestaltung hingegen nicht gegen Gesetze verstoßen darf, ist selbstverständlich und bedarf keiner näheren Erläuterung. Dazu gehört auch, daß bei ihr der gesteckte Kompetenzrahmen der Kooperationspartner nicht überschritten wird374. Ferner sind bei der Klauselgestaltung auch Zwangsverhältnisse zu beachten, bei denen der Träger öffentlicher Gewalt die mit dem Dauerschuldverhältnis verfolgten Zwecke nicht ohne weiteres aufgeben darf, ___________ 369

Siehe dazu detailliert oben § 3 II. Siehe zu den Zwecken oben § 3 II und § 7 II 2 a). 371 So das BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1. 372 So auch H. P. Westermann, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 609 Rn. 7; Carl Soergel, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 649 Rn. 5. 373 Siehe zu den Einzelheiten des Koppelungsverbots H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 56 Rn. 3; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 56 Rn. 12 ff.; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/ H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 56 Rn. 3 ff.; Paul Tiedemann, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 56 Rn. 21 ff.; V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 477 ff. 374 So kann eine Gemeinde als Vertragspartner insbesondere nicht in einem Bereich kündigungsklauselgestaltend tätig werden, der ihr nach Art. 28 II 1 GG gar nicht zusteht, vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). 370

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

mithin durch das Sozialstaatsprinzip verstärkte Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen gegeben sind375. bb) Antizipation der Verhältnismäßigkeit Der vielleicht wichtigste Aspekt bei der Vertragsgestaltung im Hinblick auf die Normierung wichtiger Gründe ist die Beachtung der Vorwegnahme sämtlicher Verhältnismäßigkeitserwägungen. Die Verhältnismäßigkeit der außerordentlichen Kündigung ist eine ihrer elementarsten Voraussetzungen376, so daß auf sie auch bei der Ergänzung der wichtigen Gründe nicht verzichtet werden kann. Zwar erfolgt durch die zusätzliche Normierung wichtiger Gründe keine Einschränkung der Verhältnismäßigkeitsaspekte377 der Kündigung aus wichtigem Grund als solche378, allerdings können diese Verhältnismäßigkeitsaspekte unberücksichtigt bleiben, wenn die Voraussetzungen eines vereinbarten wichtigen Grundes vorliegen und eine Partei infolgedessen zur außerordentlichen Kündigung berechtigt ist379. Dies korrespondiert letztlich mit der Problematik der antizipierten Interessenabwägung380; auch dort ist bei Vorliegen des Kündigungstatbestandes keine weitere Interessenabwägung vorzunehmen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit müssen schon aus Gründen der Konsequenz die gleichen Maßstäbe gelten, da ansonsten das Recht zur Erweiterung der außerordentlichen Kündigung verwässerte. Andererseits kann aber die Verhältnismäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung auch und gerade im vertraglichen Bereich nicht ganz ausgeblendet bleiben. Das ergibt sich zum einem daraus, daß die außerordentliche Kündigung, auch wenn sie vertraglich erweitert wird, nach wie vor eine Einschränkung des Grundsatzes „pacta sunt servanda“381 ist und sich an ihrem Verständnis als ultima ratio382 nichts ändert. Zum anderen agiert auch im individuellen ___________ 375 Vgl. dazu oben Fn. 248 mit Beispielen, siehe auch H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 393, 414 f. u. 494 f.; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 232 f.); B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 ff. (S. 392 f.), die insoweit allerdings zu Unrecht von einer Kündigungsbeschränkung ausgehen. 376 Siehe dazu oben § 7 I 2 c) cc) (2). 377 Siehe dazu § 7 I 2 a) bb) (4), § 7 I 2 b) bb) (3), § 7 I 2 c) cc) (2). 378 Siehe dazu oben § 7 II 2 a). 379 In diese Richtung wohl auch BGH BB 1988, S. 1771 f. (S. 1771). 380 Siehe dazu oben § 7 II 3 a) bb). 381 Siehe dazu oben § 3 II 2. 382 So zu § 626 BGB A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/1 (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 41; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 39; U. Preis, in: J. von Staudingers Kommentar zum

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Gestaltungsbereich ein öffentlich-rechtlicher Kooperationspartner, dessen Handeln gemäß Art. 20 III GG dem Verhältnismäßigkeitsprinzip unterliegt383. Die Kündigung wegen vertraglich fixiertem wichtigen Grund kommt also ebenfalls nur dann in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel bei der konkreten Vertragsgestaltung bedacht worden sind. Die Beachtung dieses Rechtsgrundsatzes kann bei einer Kündigung aus vertraglich vereinbartem (ergänzten) wichtigen Grund nur dergestalt erfolgen, daß bereits bei der Aufnahme der Kündigungstatbestände in den Verwaltungsvertrag auch Vorkehrungen für einen verhältnismäßigen Auflösungsfall getroffen werden. Die Verhältnismäßigkeitsaspekte sind antizipiert zu berücksichtigen und mit entsprechenden gestalterischen Mitteln den Kündigungstatbeständen beizufügen. Bei der Wahl der angemessenen Mittel haben die Kooperationsparteien die konkreten Umstände des jeweiligen Vertragsgebildes zu berücksichtigen. Ansonsten sind sie aber relativ frei in ihrer Entscheidung über das „Wie“ der Mittel. Leitgedanke der Vertragsgestaltung sollte immer sein: „Kann der gleiche Zweck auch mit milderen Mitteln erreicht werden384?“. Bei einer vertraglichen Ergänzung der Kündigung aus wichtigem Grund kann die Verhältnismäßigkeit einer späteren außerordentlichen Kündigung zum Beispiel durch Klauseln erreicht werden, die die Vorrangigkeit einer Vertragsanpassung vorsehen385, und/oder Klauseln, die Abmahnungs-386 oder Abhilfefrist___________ Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 224), § 626 Rn. 86. Siehe für den Bereich des § 60 I VwVfG auch oben § 7 I 2 a) bb) (4) und § 7 I 2 b) bb) (3). 383 Vgl. nur D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 4 II 3 Rn. 24 (S. 124); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 30 II Rn. 8 (S. 430). Siehe zu dieser Problematik auch oben § 7 I 2 c) cc) (2). 384 Vgl. dazu allgemein BVerfGE 17, S. 306 ff. (S. 314), BVerfGE 26, S. 228 ff. (S. 239). 385 Beispiel: Infrastrukturanschlußvertrag für die Erschließung eines Gemeindegebiets: „§ 9 Kündigung (3) Entsprechendes gilt [d.h. fristlose Kündigung, Anm. d. Verf.], wenn die Geschäftsgrundlage entfällt oder der Betrieb auf Dauer eingestellt wird. Bei bloßen Veränderungen hat eine Vertragsanpassung zu erfolgen.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.40 (S. 6); Beispiel: Abfall- und Wertstoffvertrag: „§ 26 Änderungskündigung Ändern sich die einschlägigen abfallrechtlichen Bestimmungen oder werden die Einzugsbereiche der Abfallentsorgungsanlagen anders festgelegt und ist deshalb eine Änderung des Vertrages notwendig oder zweckmäßig, sind beide Vertragspartner verpflichtet, notwendige Vertragsanpassungsverhandlungen zu führen. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist der Landkreis berechtigt, die Schiedsstelle anzurufen; ... Der Landkreis weist den Unternehmer auf geplante Änderungen hin.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.73 (S. 10); Beispiel: Gestattungsvertrag zur Leitungssicherung: „§ 13 Kündigung (1) Eine Kündigung ist ausgeschlossen, wenn dem wichtigen

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setzungsbestimmungen387 festschreiben. Bei der Normierung von Klauseln letzteren Typs empfiehlt sich die Orientierung an den Vorgaben des § 314 II BGB388. ___________ Grund auch durch Verlegen der Leitung Rechnung getragen werden kann und das Unternehmen hierzu auf seine Kosten bereit ist.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/ W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.34 (S. 7). Bei dem letzten Beispiel ist zu beachten, daß die Formulierung „Kündigung ist ausgeschlossen“ wegen der Unzulässigkeit der Kündigungsabbedingung sehr unglücklich ist. Andererseits zeigt das Beispiel, daß die Vertragsparteien auch ganz konkret regeln können, wie eine Vertragsanpassung aussehen kann. 386 Beispiel: Gestattungsvertrag zur Leitungssicherung: „§ 13 Kündigung (2) Bei bestandskräftiger Nichterteilung oder bestandskräftigen Unwirksamwerden einer notwendigen öffentlichrechtlichen Genehmigung oder bei schwerer Verletzung der Vertragspflichten durch das Unternehmen trotz wiederholter Abmahnung ist der Vertrag (auch) [= Anm. d. Verf.] jederzeit mit sofortiger Wirkung kündbar.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.34 (S. 7); Beispiel: Grundstücksüberlassungsvertrag: „§ 3 Vertragsdauer (2) Ist das Vertragsverhältnis auf bestimmte Zeit eingegangen, so kann es von der Stadt fristlos gekündigt werden, falls a) der Benutzer ungeachtet schriftlicher Abmahnung einen vertragswidrigen Gebrauch des Vertragsobjekts fortsetzt; ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.08 (S. 2); Beispiel: Vereinbarung zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft (Bau und Betrieb gastronomischer Anlagen): „§ 10 ... (3) Verstößt ein Beteiligter – trotz vorheriger Abmahnung – wiederholt gegen die sich aus diesem Vertrag ergebenden Pflichten, so können die übrigen Beteiligten aufgrund einstimmigen Beschlusses diesem kündigen.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.16 (S. 19). 387 Beispiel: Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien: „§ 8 ... 6. Verhält sich eine der Vertragsparteien grob vertragswidrig, kann die andere Partei den Vertrag (auch) [= Anm. d. Verf.], fristlos kündigen, wenn sie vorab eine angemessene Frist zur Beseitigung der Vertragswidrigkeit fruchtlos gesetzt hat.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.14 (S. 7); Beispiel: Werkvertrag über eine Biotopkartierung: „§ 9 Kündigung und Rücktritt durch den Auftraggeber (1) Verzögert der AN den Beginn der Ausführung ganz oder teilweise oder gerät er mit den Arbeiten ganz oder teilweise in Verzug, so kann der AG dem AN eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären, daß er nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Vertrag kündigt [Anm. d. Verf.: Die Kündigungsandrohung ist nach dem geltenden Recht des § 314 BGB nicht mehr notwendig, siehe dazu oben § 7 I 2 c) cc) (2) (b)]. Kommt der AN einer Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht fristgerecht nach oder ist die Leistung nach Fristablauf immer noch nicht vertragsgemäß erbracht, kann der AG kündigen; einer weiteren Fristsetzung unter Androhung der Kündigung bedarf es in diesem Falle nicht.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.60 (S. 4); Beispiel: Gestattungsvertrag Telekommunikation: „§ 12 Vertragsdauer (2) ... Im übrigen kann, wenn sich eine der Vertragsparteien grob vertragswidrig verhält, die andere Partei den Vertrag nach Fristsetzung kündigen“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.13 (S. 6).

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4. Individualvertragliche Sonderkündigungsrechte der Behörde Die Ausübung der außerordentlichen Kündigung zum Zweck der Erhaltung oder Schaffung des Allgemeinwohls ist nicht auf die gesetzliche Ausformung in § 60 I 2 VwVfG beschränkt. Genausogut ist es möglich, entsprechende vertragliche Kündigungsvereinbarungen zu treffen389. Bei derartigen Klauseln wird das Kündigungsrecht an das Gebotensein der Kündigung für das Allgemeinwohl geknüpft. Mit der Kündigung sollen schwere Nachteile für des Rechtsgut Allgemeinwohl verhindert oder beseitigt werden. Der Unterschied zu den bisher beschriebenen tatbestandsergänzenden Kündigungsklauseln, die, soweit behördlicherseits ausgesprochen, letztlich ja auch dem öffentlichen Wohl dienen, besteht darin, daß bei den an § 60 I 2 VwVfG orientierten Klauseln die Qualität, Art oder Bestimmtheit des wichtigen Grundes von den Parteien bei Vertragsschluß nicht genau bezeichnet wurde390. Kommt ein Umstand für einen wichtigen Grund in Betracht, stellt sich für die Wirksamkeit der Kündigung nur die Frage, ob die Vertragsbeendigung dazu führt bzw. dient, daß Gefahren für das Gemeinwohl verhindert oder beseitigt werden. Der Ausgangs- und Betrachtungspunkt ist also ein anderer. Während die Vertragsparteien bei den klassischen tatbestandsergänzenden Klauseln schon beim Vertragsschluß vereinbaren, was ein wichtiger, unter Umständen also das Allgemeinwohl gefährdender Grund ist, wird bei den an § 60 I 2 VwVfG orientierten Kündigungsklauseln davon ausgegangen, daß dafür prinzipiell zunächst einmal jeder wichtige Grund in Betracht kommt. Es werden dann die konkreten Auswirkungen des wichtigen Grundes analysiert und der Vertrag im Anschluß gekündigt, soweit die Gefährdung/Schädigung des Allgemeinwohls akut erscheint. Die Ausübung des Kündigungsrechts dient dann folglich der Gefahrenabwehr bzw. -beseitigung und setzt eine Gefahrenprognose im Zeitpunkt der Ausübung des Kündigungsrechts voraus. Diese Klauseln unterscheiden sich in ihrer Wirkung und Handhabung nicht von dem gesetzlichen Kündigungsrecht des § 60 I 2 VwVfG; vor allem ist bei ihrer Kreierung keine antizipierte Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgt genau wie bei § 60 I 2 VwVfG erst ___________ 388

Siehe dazu auch oben § 7 I 2 c) cc) (2) (b). Beispiel: Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien: „§ 12 ... 5. Die Gemeinde ist berechtigt, diesen Vertrag jederzeit außerordentlich fristlos zu kündigen, wenn dies zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl geboten ist. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.14 (S. 7). 390 Meist werden allerdings in Zusatzprotokollen zu den Verträgen Vereinbarungen dahingehend getroffen, daß die „schweren Nachteile für das Gemeinwohl“ offensichtlich und evident nachweisbar sein müssen, vgl. H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.14 (S. 7 in Fn. 1). 389

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

dann, wenn konkret über die Auflösung des Verwaltungsvertrags entschieden werden muß. III. Fazit: Gemeinsame Standards Als Ergebnis der Beobachtung der außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen kann festgehalten werden, daß sich im wesentlichen alles um das Tatbestandsmerkmal „Wichtiger Grund“ dreht. Dabei spielt die Rechtsform des Verwaltungsvertrags nur insoweit eine Rolle, als das die jeweils richtige (gesetzliche) Vorschrift zur Begründung der außerordentlichen Kündigung herangezogen wird. Dies fokussiert den Blick auf die Kündigungsrechte der §§ 60 I VwVfG und 314 BGB, wobei die Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes hauptsächlich durch ihre tatsächliche Existenz Bedeutung erfährt. Gäbe es sie nicht, könnten dennoch alle denkbaren Fälle einer außerordentlichen Kündigung von einer normativen Grundlage gedeckt werden: § 314 BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG). Dies macht diese Vorschrift, die die bisherigen Grundsätze zur außerordentlichen Kündigung positiviert, zu einer Art Generalkündigungsnorm – eine Vorschrift, die das Verhältnis zwischen einer Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und deren Überbau, der Kündigung wegen wichtigen Grundes, zu fassen vermag. Der Vergleich der Kündigungsvoraussetzung von § 60 I VwVfG und §§ 313, 314 BGB bestätigt dies eindrucksvoll: Ist eine Vertragsanpassung bei wesentlicher Änderung der Umstände unzumutbar, dann ist auch eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar. Beides legitimiert eine außerordentliche Kündigung. Dabei ist auch die Rechtsnatur des Verwaltungsvertrags völlig unerheblich, weil sowohl Ausgangspunkt als auch Reaktion im öffentlichen Recht und im Zivilrecht identisch sind. Für den zivilvertraglichen Kündigungsfall zwischen Verwaltungsträger und Privatem gilt daher im Ergebnis dieselbe rechtsdogmatische Grundaussage wie für den öffentlich-rechtlichen Kündigungsfall. Die für den Verwaltungsvertrag geltenden Grundregeln zur außerordentlichen Kündigung haben folglich im Grundsatz rechtsformunabhängigen Charakter. Die sich vollziehende kündigungsrechtliche Annäherung von öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag wird insbesondere bei der vertraglichen Vereinbarung von wichtigen Gründen deutlich. Sind solche Regelungen zwar wegen der überragenden Bedeutung des Instituts „Außerordentliche Kündigung“ nur eingeschränkt möglich (Stichwort: Ergänzung), wird aber auch deutlich, daß die rechtsformbedingten Unterschiede doch allenfalls von marginaler Bedeutung sind – ein Umstand, der gerade unter praktischen Gesichtspunkten begrüßenswert ist. Abschließend betrachtet lassen sich bei der Kündigungsart „Außerordentliche Kündigung“ erheblich mehr generelle Geltung beanspruchende gemeinsame

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Standards abstrahieren als gravierende Unterschiede feststellen, von denen im wesentlichen nur das behördliche Sonderkündigungsrecht des § 60 I 2 VwVfG verbleibt.

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags Verwaltungsverträge sind nach den Feststellungen des Allgemeinen Teils der Kündigung von Verwaltungsverträgen391 auch ordentlich kündbar. Im folgenden geht es um die Strukturierung der Voraussetzungen dieser Kündigungsart sowie deren besondere Probleme. Ähnlich wie bei der außerordentlichen Kündigung kennt auch das Recht der ordentlichen Kündigung zwei Erscheinungsformen des Kündigungsrechts, nämlich gesetzliche Kündigungsrechte und vertraglich vereinbarte Kündigungsrechte. Bevor im einzelnen in die Untersuchung dieser Erscheinungsformen eingestiegen wird, sind zunächst einige konkretere Erwägungen zum Anwendungsbereich der ordentlichen Kündigung notwendig392. Während bei einer außerordentlichen Kündigung keine Differenzierungen hinsichtlich der Dauerschuldverhältnisse vorgenommen werden, ergibt sich bei ordentlichen Kündigungen insoweit eine Besonderheit, die zugleich eine der ersten materiellen Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung ist. I. Zur grundsätzlichen Notwendigkeit unbefristeter Verträge Die (ordentliche) Beendigung von Dauerschuldverhältnissen richtet sich grundsätzlich danach, ob diese befristet oder unbefristet sind393. Grundsätzlich sind nur die unbefristeten Dauerschuldverhältnisse (ordentlich) kündbar, während befristete automatisch mit Fristablauf enden394. Diese Regel findet ihre Stütze auch innerhalb der normativen Rechtsordnung395. ___________ 391

Siehe oben § 5 IV 3. Vgl. allgemein zum Anwendungsbereich der Kündigung oben § 4 II. 393 Befristete Dauerschuldverhältnisse sind Langzeitverträge, also solche, die auf langfristige Kooperationen angelegt sind, vgl. dazu Ernst A. Kramer, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), Einl. Rn. 104; vgl. zur Dogmatik der Langzeitverträge auch Joachim Jickli, Der langfristige Vertrag: eine rechtswissenschaftliche Untersuchung auf institutionen-ökonomischer Grundlage, 1996, S. 141 ff. 394 H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; ders., in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 13; E. A. Kramer, in: Münchener Kommentar (Fn. 48), Einl. Rn. 99; Dirk Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 620630), 13. Bearbeitung 1995, Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 99; A. Teichmann, in: H. T. 392

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Schon im Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen wurde aber festgestellt, daß sich der Anwendungsbereich des Gestaltungsrechts „Kündigung“ auch auf Langzeitverträge, also befristete Dauerschuldverhältnisse erstreckt, weil für ein kündbares Vertragsverhältnis lediglich notwendig ist, daß sich aus dem Vertrag fortdauernde Wirkungen ergeben396. Diese Erkenntnis würde bei stringenter Beachtung des obigen Grundsatzes ad absurdum geführt, so daß Modifikationen des Grundsatzes notwendig werden. Die Erforderlichkeit solcher Modifikationen ergibt sich schon allein aus dem Bedürfnis, den Kooperationsparteien eine vorzeitige ordentliche Lösungsmöglichkeit bei jahrzehntelanger Vertragsdauer einzuräumen397. Soweit nicht bereits der Gesetzgeber diese Problematik erkannt hat398, obliegt es den Kooperationsparteien zunächst selbst, entsprechende Modifikationen des Grundsatzes und damit Lösungsmöglichkeiten von Langzeitverträgen vorzusehen399. II. Gesetzliche Regelungen der ordentlichen Kündigung Die weiteren Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen bestimmen sich danach, ob die Verwaltungsvertragsparteien die ordentliche Kündigung im Vertrag selbst vorgesehen haben oder ob ein Rückgriff auf die normative Rechtsordnung notwendig wird. Es kann bereits an dieser Stelle festgehalten werden, daß die Bedeutung und Häufigkeit von parteilich vereinbarten ordentlichen Kündigungsregelungen gegenüber der gesetzlichen ordentlichen Kündigung weit überwiegt400. Die rechtmäßige Handhabung individueller Vereinbarungen setzt allerdings auch hier voraus, daß die gesetzlichen Regelungen bekannt sind. ___________ Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn.48) § 241 Rn. 9. 395 Siehe nur § 542 BGB: „(1) Ist die Mietzeit nicht bestimmt, so kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis nach den gesetzlichen Vorschriften kündigen. (2) Ein Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist, endet mit dem Ablauf dieser Zeit, sofern es nicht 1. in den gesetzlich zugelassenen Fällen außerordentlich gekündigt oder 2. verlängert wird.“ Siehe auch § 723 I 1 BGB: „Ist die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen.“; vgl. dazu P. Ulmer, in: Münchener Kommentar (Fn. 316), § 723 Rn. 13. 396 Siehe dazu oben § 4 II. 397 Dies korrespondiert mit der Bedeutung, die der Kündigung eines Verwaltungsvertrags zukommt, siehe dazu oben § 3 II. 398 Vgl. nur die Art. 6 II 1, 14 III 1 BayKommZG; dazu sogleich unter § 8 II 3 a). 399 Siehe dazu und zur rechtlichen Zulässigkeit entsprechender Klauseln unten § 8 III 3. 400 Vgl. dazu die empirischen Erhebungen von V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521 ff.

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1. Subsidiarität der gesetzlichen ordentlichen Kündigung Die Kooperationsparteien können grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob überhaupt und unter welchen Voraussetzungen sie eine ordentliche Kündigung im Verwaltungsvertrag zulassen401. Nur für den Fall, daß parteiliche Regelungen über ein ordentliches Kündigungsrecht fehlen – nicht also, wenn es ausdrücklich und wirksam ausgeschlossen wurde –, stellt sich die Frage eines Rückgriffs auf gesetzliche Regelungen zur ordentlichen Kündigung402. Die gesetzliche ordentliche Kündigung ist mithin grundsätzlich subsidiär und insoweit anders zu handhaben als die gesetzliche außerordentliche Kündigung, die faktisch immer im Hintergrund existent ist403. Für den Rechtsanwender ergibt sich im Falle der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer ordentlichen Kündigung immer zunächst die Pflicht zur Konsultation der Vertragsschrift und deren Durchsicht nach ordentlichen Kündigungsregelungen. 2. Grundsätzliche Rechtsformoffenheit der ordentlichen Kündigung Während bei der außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen im normativen Regelungsbereich mit den Vorschriften § 60 I VwVfG und § 314 I BGB zwei „unterschiedliche“ Ansätze existieren und sich damit eine rechtsformberücksichtigende Untersuchung anschloß, kann bei der Darstellung der Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung grundsätzlich auf die Differenzierung in privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge verzichtet werden. Das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht kennt nämlich keine gesetzlichen Regelungen für die ordentliche Kündigung von öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen. Es ist daher nur fraglich, inwieweit die zivilrechtlichen Grundsätze zur ordentlichen Kündigung mittels der Brückennorm des § 62 S. 2 VwVfG auf das öffentlich-rechtliche Vertragsrecht übertragen

___________ 401 Siehe zu den Einzelheiten des Vorrangs vertraglicher ordentlicher Kündigungsregelungen, zu ihren Voraussetzungen und zur Möglichkeit ihrer Abbedingung unten § 8 III. 402 H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; ders., in: O. Palandt, Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (Fn. 59), § 314 Rn. 13; BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); BGH NJW-RR 1993, S. 1460 f. (S. 1460); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 343); VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92); VGH Mannheim NVwZ 1993, S. 903; vgl. auch BVerwG NVwZ 1996, S. 174; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; Herbert Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65. 403 Vgl. dazu oben § 7 II 1 u. 2 a).

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werden können404. Die grundsätzliche rechtsformunabhängige Analyse der Kündigungsvoraussetzungen entspricht letztlich auch der hier vertretenen Ansicht und dem Postulat der neueren Literatur nach rechtsformunabhängigen Maßstäben für alle Verwaltungsverträge405. Allerdings gewinnt im Rahmen der verwaltungsvertraglichen Kündigung die Unterscheidung der Rechtsformen von Verwaltungsverträgen insoweit wieder an Bedeutung, als daß spezielle ordentliche Kündigungsregelungen existieren, die auch an spezielle Rechtsformen gebunden sind. 3. Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen Im Bereich des Vertragsrechts existieren eine Reihe von Gesetzen, die auch für die ordentliche Kündigung spezieller verwaltungsrechtlicher Verträge eigene Vorschriften bereithalten406. Diese Kündigungsvorschriften treten in Konkurrenz zu den überkommenen zivilrechtlichen Grundsätzen zur ordentlichen Kündigung407, die gegebenenfalls auch für öffentlich-rechtliche Verträge über § 62 S. 2 VwVfG Anwendung finden408. Wie schon von der außerordentlichen Kündigung her bekannt, werden Normkollisionen dieser Art mit der lexspecialis-Regel gelöst409. Sie gehen daher der Anwendung allgemeiner ordentlicher Kündigungsregeln insoweit vor, als daß sie den selben Tatbestand regeln und erfassen410. a) Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen im Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen sind im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge gelegentlich anzutreffen. Exemplarisch soll dafür, wie schon bei der außerordentlichen Kündigung, am Beispiel ___________ 404 Siehe dazu unten § 8 II 4 b). Vgl. zur grundsätzlichen Handhabung des § 62 VwVfG auch H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), passim; vgl. dazu auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 2. Teil § 3 I Rn. 179 ff., Rn. 183 ff., insbesondere zur nunmehrigen Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verwaltungsvertragsrecht. 405 Siehe dazu oben § 2 II 2. 406 Z.B. §§ 573 ff. BGB für Mietverträge zwischen Privaten und Verwaltungsträgern; §§ 620 ff. BGB für entsprechende Dienst- und Arbeitsverträge. 407 Siehe zu den Einzelheiten unten § 8 II 4. 408 Siehe dazu unten § 8 II 4 b). 409 Vgl. statt vieler H.-U. Erichsen, in: ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 7 IV Rn. 11 (S. 184 f.); R. Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht (Fn. 6), § 15 (S. 83). 410 Vgl. dazu auch oben § 7 I 2 c) bb).

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des Freistaates Bayern ein Ressort klassischer verwaltungsrechtlicher Kooperation, die kommunale Zusammenarbeit, etwas näher betrachtet werden. aa) Die ordentliche Kündigung kommunaler Arbeitsgemeinschaften nach Art. 6 II 1 BayKommZG In Bayern können Gemeinden, Landkreise und Bezirke durch öffentlichrechtlichen Vertrag einfache und besondere Arbeitsgemeinschaften bilden, Art. 4 I 1, 5 BayKommZG411. Für besondere Arbeitsgemeinschaften enthält Art. 6 II 1 BayKommZG Vorgaben, die im Rahmen der Vertragsgestaltung respektive der Gestaltung von ordentlichen Kündigungsrechten zu beachten sind. Die Vorschrift bestimmt: „Wird eine besondere Arbeitsgemeinschaft auf unbestimmte Zeit oder auf mehr als 20 Jahre gebildet, so ist in der Vereinbarung über ihre Bildung zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen, innerhalb welcher Frist und in welcher Form sie von den Beteiligten gekündigt werden kann (ordentliche Kündigung).“ Die Norm erscheint vom Wortlaut her nicht wie ein spezielles ordentliches Kündigungsrecht, sondern hält auf den ersten Blick lediglich Gestaltungsvorgaben bereit, die bei der Kreierung individueller ordentlicher Kündigungsregelungen zu beachten sind. Seinen Rechtscharakter als ordentliches Kündigungsrecht offenbart Art. 6 II 1 BayKommZG aber dann, wenn im zugrundeliegenden, die besondere Arbeitsgemeinschaft begründenden Verwaltungsvertrag, keine Regelung bezüglich einer ordentlichen Kündigung aufgenommen wurde. Dann ist die Vorschrift einem allgemeinen Grundsatz gleich als eigenständiges Kündigungsrecht zu verstehen, als eine Vorschrift, die nicht nur Gestaltungsvorgaben positiviert, sondern ein eigenes Auflösungsrecht begründet412. Art. 6 II 1 BayKommZG kann insoweit entnommen werden, daß jeder Beteiligte spätestens nach Ablauf von 20 Jahren auch ohne Angabe von Gründen ordentlich kündigen kann413. Dies korrespondiert mit dem Zweck der Vorschrift, unlösbare Bindungen der Arbeitsgemeinschaftsbeteiligten über zwei Jahrzehnte hinaus zu verhindern414. ___________ 411 In den anderen Bundesländern existieren mehr oder weniger vergleichbare Modelle interkommunaler Zusammenarbeit, siehe dazu die jeweiligen Landesvorschriften; siehe zu den Voraussetzungen solcher Modelle die einschlägigen Fundstellen. 412 Im Ergebnis so auch H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.1 (S. 114). 413 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.1 (S. 114) und Anm. 2.4 zu den weiteren Rechtsfolgen fehlerhafter Klauseln. 414 Siehe dazu J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 7 KommZG Erl. 2 (S. 89) m.w.N.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Die Pflicht zur Bestimmung einer ordentlichen Kündigung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen betrifft nur die besonderen Arbeitsgemeinschaften i.S.v. Art. 5 BayKommZG415. Bei Arbeitsgemeinschaften i.S.v. Art. 4 I 1 BayKommZG besteht diese Pflicht nicht; es steht den Beteiligten aber frei, dennoch eine Vereinbarung über die ordentliche Kündigung der Mitgliedschaft zu treffen416. Art. 6 II 1 BayKommZG sieht vor, daß die ordentliche Kündigung auch in den Fällen, in denen eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vereinbart werden muß, an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden kann417. Es entsteht somit ein ordentliches Kündigungsrecht mit besonderem Grund418. Die Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung dürfen dabei nicht so eng sein wie bei einer außerordentlichen Kündigung, also nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt werden419. Eine absolut umfassende und abschließende Beschreibung der Voraussetzungen, unter denen die ordentliche Kündigung zulässig sein soll, braucht schon wegen der Zukunftsoffenheit nicht zu erfolgen420. Es bestehen aber beispielsweise folgende Möglichkeiten: Weiterhaftung für die Verbindlichkeiten der Arbeitsgemeinschaft, die Pflicht zur Begründung der Kündigung, das Verbot der (ordentlichen) Kündigung vor Ablauf einer be___________ 415 J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 7 KommZG Erl. 2 (S. 88); N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.1 (S. 45); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2 (S. 114). 416 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2 (S. 114); N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 4 (S. 45). 417 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.1 (S. 114). 418 Siehe dazu bereits oben § 5 I u. III. 419 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.1 (S. 45); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.1 (S. 114). Die Zustimmung der Partner des Kündigenden dürfte demnach keine zulässige Voraussetzung sein, da auf diese Weise die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung von Willen der anderen Beteiligten abhängig gemacht und der Kündigungswille so auf die außerordentliche Kündigung beschränkt werden könnte, N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.1. (S. 45); insoweit a.A. J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 7 KommZG Erl. 2 (S. 88). 420 J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 7 KommZG Erl. 2 (S. 88).

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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stimmten Anzahl von Jahren, die Übernahmepflicht des kündigenden Mitglieds für in seinem Gebiet gelegene Gegenstände und die Abfindungszahlung dafür und die Pflicht zu bestimmter Vermögensaufteilung421. Nach Art. 6 II 1 BayKommZG sind im öffentlich-rechtlichen Vertrag weiterhin die Frist und die Form der ordentlichen Kündigung zu vereinbaren. Die Frist muß so bestimmt sein, daß sich die Beteiligten auf die neue Rechtslage einstellen können422. Das gilt insbesondere dann, wenn die Kündigung die Aufhebung der Arbeitsgemeinschaft zur Folge hat423. Ist die Frist zu kurz oder zu lang bemessen, so tritt eine angemessene Frist in Kraft; die übrigen Vereinbarungen bleiben aber wirksam424. Bezüglich der Formvorgaben ist vollumfänglich auf die Problematik der Schriftform von verwaltungsrechtlichen Kündigungserklärungen zu verweisen425. Die Arbeitsgemeinschaftsbeteiligten haben also die zwingende Mindestpflicht zur Vereinbarung der Schriftform426; darüber hinausgehende schärfere Formvorgaben der Kündigungserklärung sind allerdings möglich. Art. 6 II 1 BayKommZG ist also im Lichte des zwingende Schriftformerfordernisses von verwaltungsvertraglichen Kündigungserklärungen einschränkend auszulegen. Trotz des relativ offenen Wortlauts der Vorschrift ist die Vereinbarung einer mündlichen Kündigungserklärung rechtlich nicht möglich. bb) Die ordentliche Kündigung kommunaler Zweckvereinbarungen nach Art. 14 III 1 BayKommZG Eine weitere spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelung für den Bereich der kommunalen Zusammenarbeit enthält Art. 14 III 1 BayKommZG. Die Vorschrift enthält für die Gestaltung ordentlicher Kündigungsrechte im Rahmen von Zweckvereinbarungen, die in Bayern gemäß Art. 7 I BayKommZG von ___________ 421 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.1 (S. 45); J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 7 KommZG Erl. 2 (S. 88 f.). 422 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.2 (S. 114). 423 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.2 (S. 114). 424 H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.2 (S. 114). 425 Siehe dazu im einzelnen oben § 6 IV. 426 Im Ergebnis so auch N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 6 KommZG Erl. 3.1 (S. 45); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.3 (S. 114).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Gemeinden, Landkreisen und Bezirken durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen werden können, Vorgaben, die im Rahmen der Vertragsgestaltung zu beachten sind427. Art. 14 III 1 BayKommZG bestimmt: „Ist die Zweckvereinbarung nicht befristet oder auf mehr als 20 Jahre geschlossen, so muß sie bestimmen, unter welchen Voraussetzungen, innerhalb welcher Frist und in welcher Form sie von einem Beteiligten gekündigt werden kann (ordentliche Kündigung).“ Zu den Voraussetzungen dieser ordentlichen Kündigungsvorschrift kann auf die im wesentlichen gleichgelagerte Regelung bei den besonderen Arbeitsgemeinschaften verwiesen werden428. Dies gilt insbesondere für die Auslegung der Vorschrift als eigenständiges Kündigungsrecht für den Fall, daß der die Zweckvereinbarung begründende öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertrag keine Regelung bezüglich einer ordentlichen Kündigung enthält429. Warum also auf Art. 62 S. 2 BayVwVfG i.V.m. § 723 BGB, also letztlich auf die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze zur ordentlichen Kündigung430, zurückgegriffen werden soll431, ist nicht einleuchtend. Dieser Rückgriff verbietet sich sogar, weil mit der hier vertretenen Auslegung des Art. 14 III 1 BayKommZG ein spezielles und umfassendes Kündigungsrecht gegeben ist, welches die Anwendung der allgemeinen Grundsätze sperrt432. b) Spezialgesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge Auch und gerade im Bereich der privatrechtlichen Verwaltungsverträge sind spezialgesetzliche bzw. – genauer – besondere spezielle Vertragstypen betreffende ordentliche Kündigungsregelungen anzutreffen. Diese zeichnen sich ___________ 427 Die Gesetze über die interkommunale Zusammenarbeit der anderen Bundesländer enthalten teilweise ebenfalls ordentliche Kündigungsvorschriften für Zweckvereinbarungen, vgl. z.B. § 13 III 1 ThürKGG. 428 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 64); J. Prandl/J. Gillessen, Verwaltungsgemeinschaftsordnung (Fn. 14), Art. 15 KommZG Erl. 2 (S. 103); H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135). Siehe folglich oben § 8 II 3 a) aa). 429 Im Ergebnis so auch H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3 (S. 135) i.V.m. Art. 7 KommZG Anm. 2.1 (S. 114), vgl. auch Art. 15 KommZG Anm. 3.1 (S. 136). Siehe genauer oben § 8 II 3 a) aa). 430 Siehe dazu unten § 8 II 4. 431 So N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 65). 432 Siehe dazu oben § 8 II 3.

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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durch eine über Jahrzehnte gewachsene, dem zivilen Vertragsrecht insgesamt immanente, breite und umfangreiche Dogmatik sowie die damit verbundene Sicherheit im Umgang mit entsprechenden ordentlichen Kündigungsrechten und -klauseln aus. In dem hier interessierenden Kontext genügt daher ein kursorischer Überblick. aa) Arbeits-, Miet-, Pacht-, Darlehens- und Gesellschaftsverträge zwischen Privaten und Trägern öffentlicher Gewalt Spezielle Vertragstypen betreffende ordentliche Kündigungsregelungen im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge sind beispielsweise in den §§ 621, 622 BGB (für Arbeitsverträge) und §§ 542, 573 ff. BGB (für Mietverträge) enthalten. Sie berühren mit dem Arbeits- und Mietvertragsrecht einen wirtschaftlich und sozial sehr bedeutenden Bereich433. Sei es, daß ein Träger öffentlicher Gewalt als Arbeitgeber in Erscheinung tritt oder aber daß er als Mieter oder Vermieter von Gebäuden/Wohnungen agiert; jeweils sind mit den Vertragstypen Gebiete tangiert, bei denen gesellschafts- und sozialpolitische Aspekte im Vordergrund stehen434, die letztlich auch in die Vertragsgestaltung einfließen und schließlich bei der Auflösung der jeweiligen Verträge zu berücksichtigen sind435. Weitere spezielle bürgerlich-rechtliche ordentliche Kündigungsregelungen existieren für Pachtverträge (§§ 584, 594a ff. BGB), Darlehensverträge (§ 608 II BGB) und schließlich auch für Gesellschaftsverträge (§ 723 I 1 BGB). Entsprechend hat sich in den genannten Bereichen für die jeweiligen privatrechtlichen Verträge eine die jeweils besonderen Umstände berücksichtigende Dogmatik und Rechtsprechung entwickelt, die hier in ihren Details schon aus Platzgründen nicht dargestellt werden kann. Es sei insoweit auf die einschlägigen Kommentierungen und Fundstellen verwiesen436. ___________ 433 Vgl. grundlegend Dietrich von Stebut, Der soziale Schutz als Regelungsproblem des Vertragsrechts – die Schutzbedürftigkeit von Arbeitnehmern und Wohnungsmietern, 1982, passim. 434 Vgl. statt vieler U. Preis, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht (Fn. 264), Grundlagen B Rn. 2 ff.; Ralph Kossmann, in: Wolfgang Köhler (Hrsg.), Handbuch der Wohnraummiete, 5. Aufl. 2000, § 3 Rn. 1 ff. (S. 6 f.). 435 Vgl. dazu nur U. Preis, in: R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht (Fn. 264), Grundlagen B Rn. 14 ff.; R. Kossmann, in: W. Köhler (Hrsg.), Handbuch der Wohnraummiete (Fn. 434), § 3 Rn. 4 ff. (S. 7 f.), B II Rn. 5 (S. 322). 436 Siehe für das zivile Arbeitsrecht beispielsweise R. Ascheid/U. Preis/I. Schmidt, Großkommentar zum Kündigungsrecht (Fn. 264); F. Becker/W. Hillebrecht (Mitbegr.), Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzgesetz; G. Schaub, Arbeitsrechts-Hand-

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

bb) Das „Freie Kündigungsrecht“ des § 649 BGB Ein weiteres, spezielle Vertragstypen betreffendes Kündigungsrecht im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge soll hingegen etwas näher betrachtet werden, nämlich das sog. „freie Kündigungsrecht“ nach § 649 BGB437. Dieses spielt, zumeist integriert über den Weg der öffentlichen Auftragsvergabe438, in die insgesamt wirtschaftlich bedeutsamen kommunalen Bauverträge hinein. Die Vorschrift gibt dem Besteller das Recht, einen Werkvertrag jederzeit und ohne Angabe eines Grundes bis zur Vollendung des Werkes zu kündigen439. Das freie Kündigungsrecht bietet im hier interessierenden Zusammenhang zwei erörterungswürdige Problemstellungen. (1) Zur Einordnung unter die Kündigungsart „Ordentliche Kündigung“ Die erste Problemstellung ist kündigungsspezifischer Natur und damit nicht auf das Verwaltungsvertragsrecht beschränkt. Sie ergibt sich aus der hier vorgenommenen Einordnung des freien Kündigungsrechts des § 649 BGB unter die Kündigungsart „Ordentliche Kündigung“. Dies entspricht nicht der wohl herrschenden Meinung. Insbesondere die Rechtsprechung orientiert sich bei der Handhabung des freien Kündigungsrechts an dessen Verhältnis zur Kündigung aus wichtigem Grund440, die bekanntlich bei Bauverträgen, die einem Dauerschuldverhältnis angenähert sind441, zulässig ist442. Die Rechtsprechung ist wohl ___________ buch (Fn. 263), § 124 Rn. 1 ff. Für das private Mietrecht: Ulrich Grapentin, in: WolfRüdiger Bub/Gerhard Treier (Hrsg.), Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. 1999, IV. 1. 1.3. (S. 1145 ff.); R. Kossmann, in: W. Köhler (Hrsg.), Handbuch der Wohnraummiete (Fn. 434), §§ 89 ff. (S. 322 ff.); siehe auch die einschlägigen mietrechtlichen Kommentierungen. Für das Pacht-, Darlehens- und Gesellschaftsrecht: siehe die einschlägigen Kommentierungen. 437 Auch insoweit kann keine abschließende Betrachtung der Vorschrift erfolgen. Allerdings ergeben sich in ihrem Rahmen einige kündigungsspezifische und verwaltungsvertragliche Problem, die es näher zu betrachten lohnt. Im übrigen sei auf die einschlägigen Kommentierungen verwiesen. 438 Siehe dazu näher R. Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, Gewerberecht und andere Wirtschaftszweige, Subventionsrecht, 12. Aufl. 2001, § 61 (S. 398 ff.); Stefan Ulrich Pieper, Keine Flucht ins Privatrecht – Die Vergabe öffentlicher Aufträge durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, DVBl. 2000, S. 160 ff. 439 Siehe im einzelnen auch Burkhard Schmidt, Zur unberechtigten Kündigung aus wichtigem Grunde beim Werkvertrag, NJW 1995, S. 1313 ff. (S. 1314); vgl. auch Hartwig Sprau, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 649 Rn. 1 ff. 440 Siehe dazu die Darstellung und Nachweise bei Frank Peters, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Zweites Buch: Recht der Schuldverhältnisse (§§ 631-651), Neubearbeitung 2000, § 649 Rn. 10. 441 Siehe dazu oben § 4 II.

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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dahin zu verstehen, daß die Kündigung aus wichtigem Grund ein Unterfall des § 649 BGB ist, aus dem für den Besteller ein umfassendes Kündigungsrecht abgeleitet wird443. Die Literatur hingegen begreift die freie Kündigung wohl überwiegend als eigenständiges Kündigungsrecht444. Im Hinblick auf die Erscheinungsformen der Kündigungsarten (Einteilung in ordentliche und außerordentliche445) spricht vieles dafür, die freie Kündigung sinnvoller der ordentlichen Kündigung zuzuordnen. Zum einen wäre die Einordnung in das System der Kündigungsarten vollzogen, was letztlich auch dem Postulat gemeinsamer Standards im Verwaltungsvertragsrecht entspräche446. Zum anderen streiten für diese Zuordnung auch dogmatische Überlegungen. Bei der richterrechtlichen Unterfallösung wird systemwidrig von einer Kündigung, die keines Grundes bedarf, auf eine Kündigung geschlossen, deren essentielle Wirksamkeitsvoraussetzung das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist. Daß die freie Kündigung regelmäßig fristlos erfolgt, steht dem nicht zwingend entgegen, weil dies auch im Rahmen von Kündigungsrechten üblich sein kann, die eindeutig ordentlicher Natur sind447. Weiterhin sprechen auch historische Gründe gegen die Einordnung der Kündigung aus wichtigem Grund in den Regelungsbereich des § 649 BGB. Rechtsprechung und Literatur haben nämlich das Institut der Kündigung aus wichtigem Grund erst nach dem Inkrafttreten des § 649 BGB geschaffen und es als besonderen Rechtsbehelf neben die gesetzlich vorgesehenen Beendigungsmöglichkeiten eines Vertrags gesetzt448. Die Unterfallösung ist dogmatisch also nicht überzeugend. Es kann also im Ergebnis davon ausgegangen werden, daß es sich bei dem freien Kündigungsrecht des § 649 BGB richtigerweise um ein ordentliches ___________ 442 BGH BB 1962, S. 497; BGH WM 1984, S. 1375 ff. (S. 1376); BGH NJW 1982, S. 2553 ff. (S. 2554); BGH NJW 1993, S. 1972 ff. (S. 1973). 443 RGZ 169, S. 203 ff. (S. 208); so auch Otto Mühl, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen, Band 3 Schuldrecht II (§§ 516-704), 11. Aufl. 1980, § 649 Rn. 6; vgl. dazu auch B. Schmidt, NJW 1995, S. 1313 ff. (S. 1314). 444 Vgl. nur Hans Hermann Seiler, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 311), § 649 Rn. 11; Carl Soergel, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 649 Rn. 1; H. Sprau, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 631 Rn. 8a. 445 Siehe dazu oben § 5 I u. II. 446 Siehe dazu oben § 2 II 2. 447 Z.B. § 723 I 1 BGB, der vom Wortlaut her („..., so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen.“) auch eine sofortige ordentliche Kündigung zuläßt; vgl. dazu P. Ulmer, in: Münchener Kommentar (Fn. 316), § 723 Rn. 13; H. P. Westermann, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 311), § 723 Rn. 10. 448 So auch B. Schmidt, NJW 1995, S. 1313 ff. (S. 1314).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Kündigungsrecht handelt449. In der praktischen Handhabung des § 649 BGB gewinnt diese Einteilung insoweit an Bedeutung, als daß vertragliche Modifikationen des freien Kündigungsrechts einfacher und umfassender möglich sind450 als das bei einer Einordnung als außerordentliches bzw. außerordentlichähnliches Kündigungsrecht der Fall wäre451. Gegen die Einordnung als eigenständiges Kündigungsrecht spricht vor allem, daß eine solche nicht zwingend notwendig ist. Die Unterstellung unter die ordentliche Kündigung ist ausreichend und wird auch den Eigenarten des freien Kündigungsrechts in genügender Weise gerecht. (2) Die Problematik der Einseitigkeit des freien Kündigungsrechts Das zweite Problem für das freie Kündigungsrecht des § 649 BGB ergibt sich aus den Besonderheiten des Verwaltungsvertragsrechts aufgrund folgender Überlegung: Ein unbegrenztes, an keinerlei sachliche oder zeitliche Voraussetzungen geknüpftes Kündigungsrecht kann im Hinblick auf § 138 BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG) bzw. § 56 VwVfG problematisch werden, wenn es lediglich einer Partei zugestanden wird452. Eine solche Regelung schließt die Bindung der einen Seite an das vertraglich Vereinbarte praktisch aus, während die andere Seite am Vertrag festgehalten wird, ohne irgendeine Dispositionssicherheit zu genießen453. Sie bewirkt damit, sofern nicht ausnahmsweise ein öffentliches Interesse an derart weitgehender vertraglicher Flexibilisierung vorhanden ist, die Unangemessenheit der Vertragsregelung (§ 138 BGB, ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG bzw. § 56 I 2 VwVfG) und die Unwirksamkeit der Kündigungsklausel (§ 139 BGB bzw. § 59 III VwVfG)454. Zu untersuchen ist, ob diese Argumentation auch auf das freie Kündigungsrecht übertragbar ist. Dafür könnte sprechen, daß das Verwaltungsvertragsrecht ___________ 449

So kann auch B. Schmidt, NJW 1995, S. 1313 ff. (S. 1314) verstanden werden. Siehe dazu und zu den Möglichkeiten H. Sprau, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 649 Rn. 8; H. H. Seiler, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 311), § 649 Rn. 8 f.; C. Soergel, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 649 Rn. 5; F. Peters, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 440), § 649 Rn. 12 f. 451 Siehe zu den engen Grenzen vertraglicher Modifikationen der außerordentlichen Kündigung oben § 7 II 2. 452 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522, der die Problematik an § 56 VwVfG messen will, während BVerwG NVwZ 1996, S. 174, sie an § 138 BGB festmacht. Vgl. zur Problematik sachlicher Motive auch oben § 7 II 3 b) aa). 453 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522. 454 BVerwG NVwZ 1995, S. 174 (herangezogen als Grenze: § 138 BGB); V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522 f. (herangezogen als Grenze: § 56 I 2 VwVfG). 450

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zum einen an Aspekten wie Treu und Glauben und Sittenwidrigkeit zu messen ist455 und zum anderen im besonderen Maße als Handlungsmodus der öffentlichen Verwaltung den entsprechenden verfassungs- und öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen ist456. Diesen Bindungen werden verwaltungsvertragliche Kündigungen regelmäßig nur dann gerecht, wenn sie sich von sachlichen Motiven leiten lassen457. Eine Kündigung ist demnach unwirksam, wenn von der vertraglich eingeräumten Kündigungsmöglichkeit aus rechtlich zu mißachtenden Gründen Gebrauch gemacht wird458. Von einer Mißbilligungswürdigkeit kann aber dann nicht die Rede sein, wenn der Gesetzgeber einer einzelnen Partei ein einseitiges Kündigungsrecht einräumt (vgl. nur § 60 I 2 VwVfG). Die Sachgerechtigkeit einer verwaltungsvertraglichen freien Kündigung erklärt sich dann über ihre normative Existenz und dem mit ihr verfolgten Zweck. Das freie Kündigungsrecht des § 649 BGB soll den Interessen des Bestellers, dem vorzugsweise an der Ausführung des Werkes gelegen ist, insbesondere auch etwaigen Veränderungen in seinen persönlichen Verhältnissen, Rechnung tragen, ohne andererseits gegen den Unternehmer „unbillig und ungerecht“ zu sein459. Die freie Kündigung steht also jedenfalls dann im öffentlichen Interesse, wenn der Staat als Auftraggeber entsprechende Bauleistungen einkauft. Ihre Sachgerechtigkeit steht außer Zweifel, wenn mit ihr genau die Zwecke erreicht werden sollen, die ihr vom Gesetzgeber eingeräumt werden und wird mit dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen indiziert. Ob dies bei frei vereinbarten Kündigungsrechten auch so ist bzw. wie zu verfahren ist, stellt eine in einem anderen Zusammenhang zu klärende Frage dar460.

___________ 455

Vgl. statt vieler H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 25 II Rn. 3 (S. 337); BVerwG NVwZ 1993, S. 1102 ff. (S. 1104); BVerwGE 94, S. 294 ff. (S. 298); BVerwG NJW 1974, S. 2247 ff. (S. 2248). 456 Vgl. dazu allgemein B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103 ff. (S. 103); J. Martens, JuS 1978, S. 607 ff. (S. 607); vgl. auch E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 377 ff.; H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f.; VGH Mannheim NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). Siehe insgesamt zu dieser Problematik auch oben § 6 IV 3 c) aa). 457 So auch V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f.; BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; BVerwG NVwZ 1996, S. 174; W. Leinemann, in: J. Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch (Fn. 335), § 89a Rn. 12. 458 BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; vgl. auch BGH LM BGB § 138 (Bb) Nr. 28. 459 Benno Mugdan (Hrsg. u. Bearb.), Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band 2 Recht der Schuldverhältnisse, 1899 (Neudruck: 1979), S. 281. 460 Siehe dazu im einzelnen unten § 8 II 4 c) cc).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

4. Die ordentliche Kündigung nach allgemeinen Grundsätzen Das Verwaltungsverfahrensgesetz kennt keine allgemeine gesetzliche Regelung für die ordentliche Kündigung von Verwaltungsverträgen. Insoweit ist der Blick notwendigerweise auf das Zivilrecht zu richten, um zu eruieren, wie die ordentliche Kündigungsdogmatik dort etabliert ist und um letztlich herauszufinden, inwieweit die zivilrechtlichen Grundsätze zur ordentlichen Kündigung mittels der Brückennorm § 62 S. 2 VwVfG auf das öffentlich-rechtliche Vertragsrecht übertragen werden können461. Der Frage nach dem „Ob“ braucht insoweit nicht mehr nachgegangen zu werden, da bereits festgestellt wurde, daß Verwaltungsverträge mit Dauerschuldverhältnissen als Vertragsgegenstand grundsätzlich ordentlich kündbar sind462. a) Die allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen Es ist ein im Zivilrecht allgemein anerkannter Grundsatz, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind463, auch wenn keine konkret anwendbaren Regelungen im Gesetz bzw. im Vertrag stehen. Dies wird hauptsächlich damit begründet, daß es keinen allgemeinen Rechtssatz des Inhalts gibt, daß Dauerschuldverhältnisse nur aus wichtigem Grund gekündigt werden können464. Wenn ein Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden ist, bedeutet dies nicht zugleich, daß er nicht gekündigt werden kann und die Par___________ 461 Siehe zur grundsätzlichen Handhabung des § 62 VwVfG auch H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), passim; vgl. dazu auch H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 2. Teil § 3 I Rn. 179 ff., Rn. 183 ff., insbesondere zur nunmehrigen Anwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Verwaltungsvertragsrecht. 462 Siehe dazu oben § 5 IV 2 b). 463 Vgl. nur H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 241 Rn. 9; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; J. Gernhuber, Das Schuldverhältnis (Fn. 318), § 16 II 4 (S. 391); Lutz Michalski, Zur Rechtsnatur des Dauerschuldverhältnisses, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); Erich Molitor, Die Kündigung, 1935, S. 43; Otto von Gierke, Dauernde Schuldverhältnisse, JherJb 64 (1914), S. 355 ff. (S. 382); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW-RR 1993, S. 1460 f. (S. 1460); BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2587); BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); BGH VersR 1960, S. 653 ff. (S. 654); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27); LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689); a.A. wohl nur Norbert Horn, Die Vertragsdauer als schuldrechtliches Regelungsproblem, in: Bundesminister der Justiz (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Band I, 1981, S. 551 ff. (S. 552 f.). Vgl. dazu insgesamt auch oben § 5 IV 2 b). 464 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH VersR 1960, S. 653 ff. (S. 654).

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teien an ihn auf alle Zeiten gebunden sind465. Es würde jeder Lebenserfahrung widersprechen, anzunehmen, daß der von einer eventuellen Kündigung betroffene Vertragspartner angesichts auch seiner für eine unbegrenzte Zeit und ohne die Möglichkeit einer Kündigung bestehenden Haupt- und Nebenpflichten, an den Abschluß eines Dauerschuldverhältnis herantritt466. Es kann folglich auch nicht angenommen werden, daß sich der kündigende Vertragspartner seinerseits in Anbetracht der bei Vertragsschluß jedenfalls noch völlig ungewissen Abwicklung der Beziehungen zu einer so weitgehenden, jeder Verkehrsübung widersprechenden Verpflichtung unterworfen haben würde467. Ein zeitlich unbegrenztes Dauerschuldverhältnis unter Ausschluß jeglicher (d.h. auch ordentlicher) Kündigungsmöglichkeit bildet in der deutschen Rechtsordnung die Ausnahme und kann nur angenommen werden, wenn ein dahingehender Parteiwille unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist468. Die ordentliche Kündigung ist dabei als „natürliche“ Kündigungsart des auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dauervertrags zu begreifen, die das Gegengewicht zu dessen fortwirkender Verpflichtungskraft darstellt469. aa) Die dogmatische Herleitung des Rechts zur ordentlichen Kündigung Strittig ist allerdings die dogmatische Herleitung dieses Rechts zur ordentlichen Kündigung. Dazu werden im wesentlichen zwei Lösungsansätze vertreten: die Herleitung über eine ergänzende Vertragsauslegung und der Weg über eine Rechtsanalogie der bestehenden bürgerlich-rechtlichen Vorschriften zur ordentlichen Kündigung. (1) Die ordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen über eine ergänzende Vertragsauslegung Es ist vor allem der Rechtsprechung zu verdanken, daß sich bezüglich der „allgemeinen“ ordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen eine gewisse Dogmatik entwickelt hat. Die Literatur dagegen hat sich der Problematik bisher nur sporadisch gewidmet470. Die Rechtsprechung war es dann auch, die ___________ 465

OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 467 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 468 H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; BGH NJW 1988, S. 332 ff. (S. 333). 469 Eduard Nehm, Die kündbaren Rechtsverhältnisse im Schuldrecht – Versuch der Herausarbeitung der für die Kündigung maßgeblichen Tatbestände, 1933, S. 117; BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 470 So auch L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); vgl. aber die insgesamt sehr interessante Arbeit von E. Molitor, Die Kündigung (Fn. 463), passim. 466

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

erstmals grundsätzliche Gedanken zur ordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen für den Fall äußerte, daß die Parteien keine eigenen Regelungen getroffen hatten und auch keine speziellen Kündigungstatbestände eingriffen471. So müsse eine Vertragsauflösung zugelassen werden, soweit der Charakter des Vertrags dies gestatte und eine Auflösungsmöglichkeit nach den besonderen Umständen des Einzelfalls geboten erscheine472. Die Lücke, die eine fehlende Parteivereinbarung zur Auflösung des Dauerschuldverhältnisses schlage, müsse im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden473. Da es den Parteien freisteht, ihre Rechtsbeziehungen so zu gestalten, wie es ihrem Willen entspricht, muß auch für Dauerschuldverhältnisse und ihre Abwicklung jeweils geprüft werden, in welcher Weise die Parteien ihre Beziehungen geregelt wissen wollen; das gilt für die Durchführung des Vertrags in allen Einzelheiten, also auch für seine Auflösung474. Unter welchen Voraussetzungen die Vertragsbeziehungen gekündigt werden können und welche Fristen bei einer solchen Auflösung einzuhalten sind, läßt sich infolge des Fehlens bestimmter Parteiabreden nur unter Würdigung der gesamten Umstände des Falles und in gerechter Abwägung der beiderseitigen Parteiinteressen ermitteln475. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, wie die einzelnen Vertragspflichten rechtlich einzuordnen sind. Wesentlich ist vielmehr die tatsächliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses und die Erforschung, welche Pflichten sich für die Parteien jeweils aus etwaigen Interessengegensätzen oder auch aus einem beiderseitigen Zusammenwirken nach Treu und Glauben im Hinblick auf die Verkehrssitte ergeben476. Als Ergebnis dieser dogmatischen Herleitung des Rechts zur ordentlichen Kündigung über die ergänzende Vertragsauslegung kann festgehalten werden, daß nicht vorhandene oder unwirksame (vereinbarte) Kündigungsregelungen

___________ 471 Grundlegend vor allem RGZ 78, S. 421 ff. (S. 424); RGZ 95, S. 166 ff. (S. 168); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 472 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; vgl. auch LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562). 473 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; vgl. auch BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2587); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689). 474 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 475 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2587); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689). 476 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689).

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durch eine Rechtslage ersetzt werden, die sich aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ergibt477. (2) Die ordentliche Kündigung von Dauerschuldverhältnissen über die Rechtsanalogie bestehender gesetzlicher Kündigungsregelungen Eine andere, jüngere Strömung setzt bei der dogmatischen Herleitung des Rechts zur ordentlichen Kündigung auf eine Gesamtanalogie (Rechtsanalogie) der vorhandenen bürgerlich-rechtlichen ordentlichen Kündigungsregelungen478. Diese Form der Herleitung des ordentlichen Kündigungsrechts beruht auf folgender Überlegung: Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Mietvertrag kann gemäß § 542 I BGB unter Einhaltung der in § 573c BGB festgelegten Fristen gekündigt werden479. Dasselbe gilt gemäß §§ 594a BGB für einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Pachtvertrag. Aber auch bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Darlehensvertrag ist es gemäß § 608 I, II BGB nicht anders, und hinsichtlich eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Dienstvertrages gewährt § 620 II BGB ein in den §§ 621-623 BGB näher festgelegtes ordentliches Kündigungsrecht. Finden sich nun Vertragskonstruktionen, die den genannten Schuldverhältnissen ähnlich sind, dann ist es auch nicht fernliegend, sondern vielmehr gängige Praxis, die genannten ordentlichen Kündigungsrechte auf diese ähnlich gelagerten Vertragsverhältnisse anzuwenden480. Der Weg zur Gesamtanalogie ist dann nur noch ein kleiner Schritt. Denn ist eine Gesetzesanalogie zu den einzelnen Bestimmungen zulässig, muß auch eine analoge Anwendung der Gesamtheit dieser Vorschriften möglich sein (Rechtsanalogie)481. Ähn___________ 477

BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2587); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); LG Hamburg NJW-RR 1987, S. 687 ff. (S. 689). 478 H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 241 Rn. 9; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405). Aber auch in der Rechtsprechung gibt es Vertreter der Rechtsanalogie: BGH NJW-RR 1993, S. 1460 f. (S. 1460); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 479 Beachte dazu aber die mietrechtlichen Kündigungsschutzspezifika, wie z.B. § 573 BGB etc. 480 So H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; RGZ 78, S. 421 ff. (S. 424); BGH VersR 1960, S. 653 ff. (S. 654); BGH LM HGB § 89 Nr. 1. Vgl. zum Beispiel die Anwendung des § 723 I 1 BGB auf gesellschaftsähnliche Vertragsverhältnisse, BGH LM BGB § 723 Nr. 6. 481 So auch L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405).

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lich gelagerte Vertragsverhältnisse sind solche, die das der gesetzlichen Regelung charakteristische, eine vergleichbare Interessenlage begründende Merkmal, nämlich ein auf Dauer gerichtetes Schuldverhältnis, aus dem sich ständig neue Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ergeben, aufweisen482. Daher können auch gesetzlich nicht geregelte Dauerschuldverhältnisse trotz Fehlens einer dahingehenden Vereinbarung der Vertragsparteien bzw. eines besonderen gesetzlichen Tatbestandes ordentlich gekündigt werden483. Die dogmatische Herleitung des Rechts zur ordentlichen Kündigung mittels einer Gesamtanalogie (Rechtsanalogie) der vorhandenen bürgerlich-rechtlichen ordentlichen Kündigungsregelungen ist gegenüber der ergänzenden Vertragsauslegung vorzugswürdig. Freilich, der Weg über die ergänzende Vertragsauslegung ist sicherlich nicht die schlechteste Lösung, schon allein deswegen, weil letztlich auch die Rechtsanalogie Folge einer ergänzenden (insoweit aber Gesetzes-) Auslegung ist484. Die Durchführung einer ergänzenden Vertragsauslegung bedarf aber stets des Vorliegens eines konkreten Vertrags. Eine Rechtsanalogie hingegen ist in der Lage, alle möglichen Dauerschuldverhältnisse zu erfassen und dem Rechtsanwender einen einheitlichen Ausgangspunkt zur Bearbeitung aller erdenklichen Fälle an die Hand zu geben. Dieser Umstand gewinnt um so mehr an Bedeutung, je mehr in den Bereich des Verwaltungsvertragsrechts vorgedrungen wird, welches förmlich nach einer umfassenden Vorgehensstrategie verlangt485. Demgegenüber ist die Lösung über die ergänzende Vertragsauslegung allenfalls in der Lage, einzelne, bereits existierende und konkret in Rede stehende Dauerschuldverhältnisse zu erfassen, die ihrerseits in die Situation ordentlicher Vertragsauflösung geraten sind. Damit ist der Blick auf ein einzelnes Vertragsverhältnis fokussiert, so daß verallgemeinerungsfähige Regeln allenfalls unter schwierigen Bedingungen abzuleiten wären. Gerade auf diese übergreifenden Regeln zielt eine Dogmatik ab, so daß zur Erklärung der Grundsätze der ordentlichen Kündigung der Weg über die Rechtsanalogie prädestiniert ist. Der Lösungsweg „Ergänzende Vertragsauslegung“ erweckt zu___________ 482

Damit ist der Kreis zu den Dauerschuldverhältnissen geschlossen, siehe dazu näher oben § 4 II; vgl. auch L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405). 483 So auch L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 241 Rn. 9; J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; BGH NJW-RR 1993, S. 1460 f. (S. 1460); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 484 Hans Brox, Allgemeiner Teil des BGB, 25. Aufl. 2001, § 3 II Rn. 63 ff., 66 (S.41 f.). 485 Vgl. dazu auch oben § 2 II 2.

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dem den Eindruck, mit der Analyse eines jeden neuen Dauerschuldverhältnisses auf seine ordentliche Kündbarkeit hin nicht die bloße Frage der konkreten Realisierung der ordentlichen Kündigung zu betreffen, sondern die Frage, ob die ordentliche Kündigung überhaupt in Betracht kommt486. Zwar ist der Lösung über eine ergänzende Vertragsauslegung zugute zu halten, daß sie das ordentliche Kündigungsrecht aus dem konkreten Wesen des betroffenen Dauerschuldverhältnisses folgert487. Allerdings ist diese Vorgehensweise auch der Lösung über die Gesamtanalogie nicht fremd. Einzelne Besonderheiten eines jeden Dauerschuldverhältnisses sind auch bei der Rechtsanalogie zu beachten, da sie wegen ihres Grundsatzcharakters nicht für eine blinde Anwendung steht. Damit wird auch deutlich, daß beide Herleitungsansätze der ordentlichen Kündigung im Prinzip das gleiche Ziel haben. Immer wenn es zur gesamtanalogen Anwendung der bürgerlich-rechtlichen ordentlichen Kündigungsvorschriften kommen kann, wird auch die ergänzende Auslegung des Dauerschuldverhältnisses zum gleichen Ergebnis führen. Die weitere Bearbeitung wird zeigen, daß die rechtsanaloge Vorgehensweise auf die konkreten Vertragsverhältnisse Rücksicht nehmen muß. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, daß zivilrechtliche Dauerschuldverhältnisse in rechtsanaloger Anwendung der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB ordentlich kündbar sind. bb) Voraussetzungen des zivilrechtlichen Grundsatzes der ordentlichen Kündigung Eine andere Frage ist die nach den Tatbestandsmerkmalen des zivilrechtlichen Grundsatzes der ordentlichen Kündigung. In der Literatur findet man zumeist nur den Hinweis, daß hinsichtlich der Länge der Kündigungsfristen und der sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen auf die obengenannte Analogie unter Berücksichtigung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages (Vertragsauslegung) zurückzugreifen ist488. ___________ 486 Das eine ordentliche Kündigung auch und gerade im Zivilrecht grundsätzlich möglich sein muß, wurde ja bereits festgestellt, vgl. oben § 5 I, § 5 IV 2 b) und auch § 8 II 4 a). Hier geht es schließlich nur noch um das „Wie“ einer grundsätzlich möglichen ordentlichen Kündigung. 487 Vgl. BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2587). 488 H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; vgl. aber auch OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Fakt ist, daß sich für die unterschiedlichen Dauerschuldverhältnisse nicht gemeinsam feststellen läßt, in welchem Umfang sie ordentlich gekündigt werden dürfen. Was allerdings möglich sein wird, ist eine Pauschalierung der Tatbestandsvoraussetzungen dergestalt, wie sie seinerzeit vor Einführung des § 314 BGB für die außerordentliche Kündigung erfolgt ist. (1) Wahrung einer angemessenen Frist Einer ordentlichen Kündigung ist immanent, daß die Vertragsauflösung nicht sofort erfolgt, sondern daß bis dahin eine gewisse Frist verstreichen muß489. Ebenso wie die Annahme, daß eine unkündbare Bindung der Parteien gewollt gewesen sei, würde es jeder Erfahrung widersprechen, daß der kündigende Vertragspartner ungeachtet der von ihm auf Dauer übernommenen Verpflichtung berechtigt sein soll, jederzeit fristlos diese Beziehungen wieder aufzulösen490. Damit steht zumindest fest, daß eine angemessene Fristwahrung jedenfalls Voraussetzung einer ordentlichen Vertragskündigung ist491. Welche Frist indessen der Kündigende zu wahren hat und welcher Kündigungstermin eingehalten werden muß, kann pauschal nicht für jedes Dauerschuldverhältnis bestimmt werden492. Insoweit zeigen sich die Grenzen einer vom einzelnen Vertragsverhältnis losgelösten Betrachtungsweise. Hierzu bedarf es folglich einer gesonderten Feststellung anhand des konkreten Dauerschuldverhältnisses, welche Frist nach den Gesamtumständen verkehrsüblich erscheint493. Dafür sind nicht nur die Umstände des Vertragsschlusses maßgeblich, sondern es ist nach dem Gebot von Treu und Glauben die Angemessenheit der Kündigungsfrist unter Berücksichtigung der veränderten Verhältnisse zu beurteilen, die unter Umständen nach einem langen Zeitablauf nicht ohne Einfluß auf die Voraussetzungen für die Kündigung geblieben sind494. Für die Be___________ 489

Siehe dazu bereits oben § 5 I. BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. 491 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). Eine analoge Anwendung des § 723 I 1 BGB im Rahmen dieser Grundsatzvoraussetzung ist daher eher nicht möglich, vgl. BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562). Allerdings kann die Auslegung des Vertrags auch genau diese Vorgehensweise nahelegen. 492 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 493 BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562). 494 Vgl. BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8, der auch bei Vertragsschluß vorliegende Anhaltspunkte für eine hypothetische Kündigungs490

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stimmung der Kündigungsfrist ist eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen und anhand der Einzelumstände festzustellen, wie lange die Kündigungsfrist zu laufen hat495. Für ihre Ermittlung können verschiedene Kriterien von Bedeutung sein, die sich jeweils aus den konkreten Dauerschuldverhältnissen ergeben496. (2) Weitere Tatbestandsvoraussetzungen Es wurde bereits erwähnt, daß neben der Länge der Kündigungsfristen auch bezüglich der sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung auf die oben genannte Gesamtanalogie und den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zurückzugreifen ist497. Insoweit können sich also noch weitere Tatbestandsvoraussetzungen für eine ordentliche Kündigung ergeben. Dazu zählen insbesondere zeitweilige Kündigungsausschlüsse oder aber auch Kündigungsgründe, die freilich nicht die Schwelle „wichtiger Gründe“ im Sinne von § 314 I 2 BGB erreichen müssen. Zur Ermittlung dieser, neben der Fristwahrung existierenden Tatbestandsvoraussetzungen, ist in erster Linie eine Vertragsauslegung des Dauerschuldverhältnisses vorzunehmen498. In Einzelfällen kann es aber auch ratsam und tunlich sein, derartige Voraussetzungen mittels einer Interessenabwägung festzustellen499. cc) Erstreckung der allgemeinen Grundsätze auf befristete Verträge Der Bundesgerichtshof hat vor einiger Zeit die allgemeinen Grundsätze zur ordentlichen Kündigung von Dauerschuldverhältnissen auch auf befristete Verträge ausgeweitet und damit eine ordentliche Kündigung auch für auf bestimmte ___________ frist von einer ganz bestimmten zeitlichen Dauer an den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte messen will. 495 OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8. BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586) will anstatt einer Interessenabwägung eine Vertragsauslegung durchführen. 496 Siehe dazu insbesondere die Beispiele bei OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586). 497 H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381; H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Einl v § 241 Rn. 22; vgl. aber auch OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 498 BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381. 499 Z.B. die Ermittlung zeitweiliger Kündigungsausschlüsse.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Zeit geschlossene Verträge eingeräumt, ohne das es auf das Vorliegen bestimmter Gründe ankommen müsse500. Begründet wird dies mit der Tatsache, daß auch das Gesetz in § 624 BGB davon ausgehe, daß es nach der Interessenlage geboten sein kann, trotz rechtsgeschäftlich festgelegter Vertragsdauer ein ordentliches Kündigungsrecht zu gewähren501. Es handelt sich dabei um eine sehr begrüßenswerte Entscheidung, nicht zuletzt deswegen, weil sie mit dem Dogma bricht, daß nur unbefristete Verträge ordentlich kündbar seien502. b) Die Übertragung der Grundsätze auf das Verwaltungsvertragsrecht Zu klären bleibt, ob die oben dargestellten Grundsätze der zivilrechtlichen ordentlichen Kündigung, mithin die Gesetzesanalogie zu den §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB, auch auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragen werden können503. aa) Auf privatrechtliche Verwaltungsverträge Soweit privatrechtliche Verwaltungsverträge in Rede stehen, stellt dies kein näher zu erörterndes Problem dar, weil insoweit eine direkte Anwendung der Grundsätze möglich ist504. Die ordentliche Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge erfolgt daher, soweit keine spezialgesetzlichen oder parteilich vereinbarten Kündigungsregelungen den Vorzug beanspruchen, in rechtsanaloger Anwendung der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB. bb) Auf öffentlich-rechtliche Verwaltungsverträge Im Bereich der öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträge hängt die Anwendung der zivilrechtlichen Grundsätze zur ordentlichen Kündigung von § 62 S. 2 VwVfG ab. Es fragt sich also, ob die rechtsanaloge Anwendung der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB ___________ 500

BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586). BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586). 502 Vgl. dazu oben § 8 I. Siehe zur ordentlichen Kündbarkeit befristeter Verträge im einzelnen § 8 II 4 a) cc) und § 8 III 3. 503 Es geht hier nur noch um die Übertragung des „Wie“ einer ordentlichen Kündigung; siehe zum „Ob“ bereits oben § 5 IV 2 b). 504 Beachte allerdings die zusätzlichen Besonderheiten, die sich insoweit aus dem Verwaltungsvertragsrecht ergeben, dazu unten § 8 II 4 c). 501

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mittels § 62 S. 2 VwVfG in das öffentlich-rechtliche Verwaltungsvertragsrecht transformiert werden kann. § 62 S. 2 VwVfG, welcher bestimmt, daß ergänzend die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend gelten, bedeutet keine generelle entsprechende Anwendung der Vorschriften des BGB, sondern, daß die Besonderheiten des öffentlichen Vertragsrechts und die des öffentlichen Rechts im allgemeinen nicht entgegenstehen dürfen, was jeweils bei jeder Vorschrift bzw. jedem Rechtsgrundsatz gesondert zu prüfen ist505. Die Prüfung reduziert sich hier letztlich auf eine solche des Anwendungsspielraums des zivilrechtlichen Normgefüges einer ordentlichen Kündigung in der Struktur des Verwaltungsvertragsrechts. Da das öffentliche Verwaltungsvertragsrecht nun aber keine allgemeinen Regeln für die ordentliche Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen bereithält, ist diese Prüfung schnell beendet. Da die grundsätzliche ordentliche Kündbarkeit von Verwaltungsverträgen eingangs bejaht wurde, stellt sich nämlich lediglich die Frage nach dem Norm- bzw. Grundsatzgefüge. Im übrigen sind dagegen sprechende Besonderheiten des öffentlichen Vertragsrechts bzw. des allgemeinen öffentlichen Rechts nicht ersichtlich. Freilich wäre insoweit auch eine analoge Anwendung bereits vorhandener öffentlich-rechtlicher Kündigungsvorschriften, wie etwa des Art. 14 III 1 BayKommZG506, zumindest denkbar. Allerdings ist zu beachten, daß diese Norm wegen des klaren Wortlauts des § 62 VwVfG bzw. Art. 62 BayVwVfG jedenfalls nicht über diese Vorschriften auf andere öffentlich-rechtliche Verträge übertragbar ist. Es würde also die Brückennorm fehlen und die Analogie wäre angesichts der bürgerlich-rechtlichen Grundsätze, für die § 62 S. 2 VwVfG schließlich greift, wesentlich schwerer zu begründen507. Wegen des Postulats angenäherter rechtsformunabhängiger Strategien für die Kündigung von Verwaltungsverträgen müßte dann außerdem – konsequenterweise – Art. 14 III 1 ___________ 505

BVerwGE 36, S. 108 ff. (S. 113); BVerwG DVBl. 1985, S. 850 ff. (S. 851); OVG Koblenz, DVBl. 1984, S. 281 ff. (S. 283); F. Haueisen, DVBl. 1964, S. 710 ff. (S. 711); H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 5; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 17 ff.; F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 6; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 62 Rn. 22; siehe allgemein zur Handhabung des § 62 S. 2 VwVfG H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), passim. 506 Vgl. dazu oben § 8 II 3 a) bb). 507 Zudem wäre es auch im Hinblick auf Art. 31 GG problematisch, spezifische Landesvorschriften auf bundesrechtliche Verwaltungsverträge anzuwenden. Im übrigen regeln die Vorschriften des BayKommZG nur Verwaltungsverträge zwischen Verwaltungsträgern und nicht zwischen Verwaltung und Bürger.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

BayKommZG analog auch auf privatrechtliche Verwaltungsverträge angewendet werden. Dies würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Die ordentliche Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge erfolgt daher, soweit keine spezialgesetzlichen oder parteilich vereinbarten Kündigungsregelungen den Vorzug genießen, in rechtsanaloger Anwendung der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG508. Dagegen sprechende Besonderheiten des öffentlichen Vertragsrechts bzw. des allgemeinen öffentlichen Rechts sind nicht ersichtlich; allerdings sind solche gegeben, die eine Modifikation der genannten rechtsanalogen Anwendung notwendig werden lassen. c) Zusätzliche Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen gegenüber solchen reiner Privatverträge – Zur Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Die Geltung der Rechtsanalogie zu den zivilrechtlichen Vorschriften über die ordentliche Kündigung bringt für das Verwaltungsvertragsrecht zunächst einmal die Beachtung der Wahrung einer angemessenen Kündigungsfrist mit sich509. Daneben sind bei der ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen weitere Voraussetzungen zu beachten, die sich aus den Besonderheiten des Verwaltungsvertragsrechts und denen des allgemeinen öffentlichen Rechts ergeben. Für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge wurde dies bereits von der Rechtsprechung entschieden510; für den Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge ergibt sich dies einerseits aus dem Umstand fehlender Privatautonomie beim Handeln von Trägern öffentlicher Gewalt511 und zum anderen daraus, daß das Verwaltungsvertragsrecht als Handlungsmodus der öffentlichen Verwaltung auch den entsprechenden verfassungs- und öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen ist512. Die hier in Rede stehenden zusätzlichen verwaltungsvertragsspezifischen Voraussetzungen einer ordentlichen verwaltungsvertraglichen Kündigung erge___________ 508 So auch VGH Mannheim, NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905); VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92); VGH Mannheim ESVGH 43, S. 10 ff. (S. 13). 509 Siehe dazu oben § 8 II 4 a) bb) (1). 510 VGH Mannheim, NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). 511 Siehe dazu die Nachweise bei § 2 II 2 b); vgl. auch § 6 IV 3 c) bb). 512 Vgl. dazu allgemein B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103 ff. (S. 103); J. Martens, JuS 1978, S. 607 ff. (S. 607); vgl. auch E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 377 ff.; H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f. Siehe zu dieser Problematik insgesamt auch oben § 6 IV 3 c) aa).

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ben sich aus der Notwendigkeit, daß der kündigende Kooperationspartner bei seiner ordentlichen Kündigung den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten hat513. Dies ist einerseits Ausfluß des Grundsatzes „pacta sunt servanda“514 und andererseits des Art. 20 III GG. Insbesondere wenn ein Verwaltungsorgan agiert, ist letztlich dessen gesamtes Handeln am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen515. Zu klären bleibt allerdings, wie das Verhältnismäßigkeitsprinzip angesichts einer ordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags ausgestaltet ist. Es darf vor allem nicht übersehen werden, daß das Institut der ordentlichen Kündigung gerade eine ordentliche Lösungsmöglichkeit vom Verwaltungsvertrag eröffnet. Eine zu scharfe Interpretation des Verhältnismäßigkeitsprinzips würde daher eine so starke Auflösungsbeschränkung bedeuten, die letztlich der Idee der ordentlichen Kündigung zuwiderläuft. Die Ausfüllung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei einer ordentlichen verwaltungsvertraglichen Kündigung beruht daher auf einem angemessenen Ausgleich zwischen der ordentlichen Vertragsauflösung und dem „pacta sunt servanda-Grundsatz“ bzw. Art. 20 III GG. aa) Vorherige Vertragsanpassung bzw. Abmahnung? Einem angemessenen Abwägungsergebnis in diesem Sinne könnte es entsprechen, wenn vor Abgabe der Kündigungserklärung die Erschöpfung vorhandener milderer Mittel festgestellt wird. Wie bei der außerordentlichen Kündigung wäre insoweit an eine vorherige Vertragsanpassung oder Abmahnung zu denken516. Allerdings stehen der Anwendung dieser Mittel im Rahmen der ordentlichen Kündigung erhebliche Bedenken gegenüber. Die Erwägung einer Vertragsanpassung im Rahmen einer ordentlichen Kündigung ist nämlich ausgeschlossen517. Sinn und Zweck der Vertragsanpassung ist es beispielsweise, die Parteien nicht an vertraglichen Absprachen festzuhalten, die aufgrund einer wesentlichen Änderung der Geschäftsgrundlage ihre Ausgleichsfunktion eingebüßt haben, an die sie aber ohne den Anspruch auf ___________ 513

So auch VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92). Siehe dazu oben § 3 II 2. Im übrigen ist auch dem Zivilrecht die Pflicht zur verhältnismäßigen Rechtsausübung nicht fremd. 515 Vgl. nur D. Ehlers, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht (Fn. 6), § 4 II 3 Rn. 24 (S. 124); H. J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 30 II Rn. 8 (S. 430). 516 Siehe für den Bereich der außerordentlichen Kündigung oben § 7 I 2 a) bb) (4), § 7 I 2 b) bb) (3) bzw. § 7 I 2 c) cc) (2). 517 So wohl auch BVerwG NVwZ 1996, S. 171 ff. (S. 173). 514

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Umgestaltung gebunden wären518. Sieht nun ein Gesetz oder der Vertrag selbst die Möglichkeit der Vertragsbeendigung in einem angemessenen Zeitraum im Wege der Kündigung vor, so ist es den Parteien an die Hand gegeben, ihr Rechtsverhältnis im Rahmen der Vertragsgestaltungsautonomie neu zu ordnen und so erneut zu einem als gerecht empfundenen Interessenausgleich zu finden519. In einem solchen Fall ist kein Raum für einen Anspruch auf Vertragsanpassung. Kein Raum bleibt auch für ein vorheriges Abmahnungserfordernis. Zwar wird behauptet, daß § 314 II BGB auch für das Abmahnungserfordernis vor einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung bedeutsam sei und die Ansicht damit begründet, daß einem „Erst-recht-Schluß“ zu entnehmen sei, daß, wenn das Gesetz schon für die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung eine vorherige Abmahnung anordne, dies erst recht für die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gelten müsse520. Allerdings übersieht diese Ansicht, daß § 314 II BGB letztlich nur als Korrektiv zum aus gesamtvertraglicher Sicht massiven Eingriff des § 314 I BGB „geschaffen“ wurde521. Eine Abmahnung auch für eine ordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung zu fordern würde bedeuten, diese Kündigungsart in die unmittelbare Nähe einer außerordentlichen Kündigung zu rücken. Dies erscheint untunlich, weil die ordentliche Kündigung selbst als eine mildere Alternative zur außerordentlichen Kündigung zu begreifen ist, was der Wortlaut des § 314 I 2 BGB eindrucksvoll verdeutlicht. Ein „Erst-recht-Schluß“ würde im übrigen nur überzeugen, wenn der Gesetzgeber die Verhältnismäßigkeitsschranke für das weniger schwerwiegende Institut „Ordentliche Kündigung“ geschaffen hätte und es nun hieße, sie auf das massivere Institut „Außerordentliche Kündigung“ zu übertragen. Vorherige Vertragsanpassung und Abmahnung sind folglich im Rahmen der ordentlichen Kündigung als Mittel der Verhältnismäßigkeit nicht brauchbar. Dies gilt unter Verwendung der gleichen Argumentation auch für die Abhilfefristbestimmung im Sinne des § 314 II BGB.

___________ 518

BVerwG NVwZ 1996, S. 171 ff. (S. 173); vgl. dazu auch oben § 7 I 2 a) bb) (4) und § 7 I 2 b) bb) (3). 519 So auch BVerwG NVwZ 1996, S. 171 ff. (S. 173), welches aber auf die Privatautonomie abstellt. 520 Wilfried Berkowsky, Was ändert die Reform im Arbeitsrecht?, AuA 2002, S. 11 ff. (S. 149). 521 Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 178; siehe dazu auch § 7 I 2 c) cc) (2).

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bb) Rücksichtnahmegebot? Die Ausfüllung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei einer ordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags könnte auch dergestalt erfolgen, daß in besonderer Weise auf das Rücksichtnahmegebot abgestellt wird. Dieser Umstand wird mitunter bereits bei der Vertragsgestaltung konkret berücksichtigt522. Allerdings geschieht dies dann in erster Linie zugunsten Dritter, deren Interessen bei bilateralen Kündigungslagen eher zweitrangig sind523. Um den Belangen des Kündigungsempfängers gerecht zu werden, bietet sich das Rücksichtnahmegebot als solches weniger an, weil es letztlich wie das Verhältnismäßigkeitsprinzip selbst einer näheren Konkretisierung bedarf, es hier aber gerade zur Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips herangezogen werden soll. cc) Sachgerechtigkeit Es gibt dennoch eine Möglichkeit, die Ausgestaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und auch des Rücksichtnahmegebots im Rahmen einer ordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags trefflich zu beschreiben: die Sachgerechtigkeit der ordentlichen Kündigung. Die Notwendigkeit der Sachgerechtigkeit einer ordentlichen Kündigung folgt aus dem die ganze Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben, nach dem sachgerechte Gründe für die Kündigung vorliegen müssen524. Dies gilt nicht nur für die Fälle der Normierung von Kündigungsgründen durch die Kooperationsparteien selbst525, sondern auch für die Fälle der ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen nach allgemeinen Grundsätzen526. Eine ordentliche Kündigung ist demnach unwirksam, wenn von der Kündigungsmöglichkeit aus rechtlich zu mißachtenden Gründen Gebrauch gemacht ___________ 522 Beispiel: Vertrag über die Verlegung kommunaler Versorgungsleitungen durch Straßengrundstücke: „§ 9 Kündigung ... (2) Bei der Entscheidung über die Kündigung ... sind die Belange der öffentlichen Versorgung und der Wasserwirtschaft angemessen zu berücksichtigen.“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), D. II. (S. 143). 523 Vgl. dazu die Darstellung unter § 7 I 2 a) bb) (3). 524 So BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; BVerwG NVwZ 1996, S. 174; W. Leinemann, in: J. Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch (Fn. 335), § 89a Rn. 12; V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f. 525 Siehe dazu etwa oben § 7 II 3 b) aa). 526 So auch D. Ehlers, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 805); im Ergebnis so auch VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

wird527. Die Sachgerechtigkeit einer verwaltungsvertraglichen ordentlichen Kündigung erklärt sich über die Bedeutung, die ihr im Rahmen des Verwaltungsvertragsrechts zukommt528. Sie steht im Zusammenhang mit ihrer Funktion und wäre folglich mißbilligenswert, wenn damit nicht genau die Zwecke erreicht werden sollen, die ihr vom Gesetzgeber oder vom Verwaltungsvertragsrecht allgemein eingeräumt werden529. Ein bloßer Vertragspartneraustausch mit Hilfe einer ordentlichen Kündigung dürfte also nur schwerlich in Frage kommen, vielmehr ist ein weitergehender Zweck erforderlich, etwa wenn der neue Vertragspartner für (neue) Aufgaben geeigneter und wirtschaftlich leistungsfähiger ist530. Bei einer gesetzlichen außerordentlichen Kündigung wird die Sachgerechtigkeit durch das Vorliegen ihrer Tatbestandsvoraussetzungen indiziert531. Bei einer ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen nach allgemeingesetzlichen Grundsätzen geschieht dies nicht automatisch, weil grundsätzlich insoweit nur die Kündigungsmöglichkeit unter Wahrung einer angemessenen Frist niedergelegt ist532. Die Sachgerechtigkeit der ordentlichen Kündigung muß folglich gesondert gegeben sein und ist insoweit auch voll gerichtlich überprüfbar533. Welche Aspekte eine ordentliche verwaltungsrechtliche Kündigung letztlich sachgerecht machen, ist eine Frage der konkreten Umstände und anhand der beiderseitigen Interessen zu ermitteln534. Dabei kann auch auf die Vertragsauslegung des Dauerschuldverhältnisses zurückgegriffen werden535. Für die Rechtmäßigkeit der Kündigung genügt beispielsweise die Nichterfüllung besonderer, den Vertrag näher bestimmender gesetzlicher Voraussetzungen536. Bei der Bestimmung der Sachgerechtigkeit einer Kündigung sind auch eventuell existierende Zwangsverhältnisse zu beachten, bei denen der Träger öffentlicher Gewalt die mit dem Dauerschuldverhältnis verfolgten Zwecke nicht ohne weiteres aufgeben darf, mithin durch das Sozialstaatsprinzip verstärkte ___________ 527 Vgl. BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1; vgl. auch BGH LM BGB § 138 (Bb) Nr. 28. 528 Siehe dazu detailliert oben § 3 II. 529 Siehe zu den Zwecken oben § 3 II und § 7 II 2 a). 530 So das BVerwG Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 1. 531 Siehe oben § 7 II 3 b) aa). 532 Siehe dazu oben § 8 II 4 a) bb). 533 Vgl. nur BVerwG NVwZ 1996, S. 174. 534 Vgl. dazu auch oben § 8 II 4 a) bb) (2). 535 Vgl. dazu etwa BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); L. Michalski, JA 1979, S. 401 ff. (S. 405); J. Schmidt, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 48), Einl zu §§ 241 ff. Rn. 381. 536 D. Ehlers, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 805).

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Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen gegeben sind537. Daß in diesen Bereichen keine ordentliche Vertragskündigung möglich sein soll538, ist nicht einzusehen, weil die durch das Sozialstaatsprinzip implizierten Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen ausreichend und umfassend bei der Würdigung der Sachgerechtigkeit der ordentlichen Kündigung berücksichtigt werden können. Eine ordentliche Kündigung des Verwaltungsvertrags wird dann am Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen scheitern – hier dann praktisch an der Unverhältnismäßigkeit der Kündigung wegen mangelnder Sachgerechtigkeit. Die Rechtswidrigkeit der ordentlichen Kündigung ergibt sich insoweit aus der Besonderheit des konkreten Vertragsverhältnisses. Sie ganz aus diesen Bereichen zu verbannen, verstößt massiv und nicht hinnehmbar gegen den elementaren Grundsatz, daß Dauerschuldverhältnisse ordentlich gekündigt werden können539. III. Vertraglich vereinbarte Regelungen der ordentlichen Kündigung Neben den spezialgesetzlichen und rechtsgrundsätzlichen Regelungen der ordentlichen Kündigung existiert die Möglichkeit der individuellen kooperationsvertraglichen Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte im Verwaltungsvertrag. Es kann bereits vorweggenommen werden, daß es sich insoweit auch hier um einen Bereich von immenser praktischer Bedeutung handelt540. In aller Regel wird die Verwaltungspraxis vertragliche Kündigungsrechte vereinbaren541, vor allem in den vielfältigen Bereichen der Betrauung Privater mit der Erfüllung von Verwaltungsaufgaben542. Auch individualvertragliche ordentliche ___________ 537

Etwa die Fälle des Anschluß- und Benutzungszwangs oder Gesundheitsleistungen, vgl. dazu H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 494 f.; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 233); M. Faude, Selbstverantwortung und Solidarverantwortung im Sozialrecht (Fn. 248), S. 458 ff.; B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 ff. (S. 392 f.). Die Fundstellen gehen allerdings zu Unrecht von einer Kündigungsbeschränkung aus; siehe dazu sogleich. 538 So H. de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht (Fn. 196), S. 393, 414 f. u. 494 f.; P. Krause, VVDStRL 45 (1987), S. 212 ff. (S. 232 f.); B. Tiemann, VerwArch 65 (1974), S. 381 ff. (S. 392 f.); L. Simons, Leistungsstörungen verwaltungsrechtlicher Schuldverhältnisse (Fn. 43), S. 117 f., 144. 539 Vgl. dazu oben § 5 IV 2 b). 540 Vgl. dazu die empirischen Erhebungen bei V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 521 ff. 541 So auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 523; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 563. 542 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 523; siehe dazu vor allem auch die Beispiele bei H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 286); ders., Die negative und die positive Funktion des

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Kündigungsrechte sind Maßnahmen der Flexibilitätsvorsorge und können, gerade und weil ihre Problembelastung nicht an die der außerordentlichen Kündigung heranreicht, sehr vielgestaltig, gefühlvoll und interessenorientiert eingesetzt werden. Bisweilen werden die Kooperationsparteien gar nicht um die Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte herumkommen, weil das Fachrecht mitunter vertragliche Kündigungsregelungen geradezu verlangt543. 1. Der Vorrang vertraglicher Regelungen Es wurde bereits kurz angesprochen, daß gesetzliche ordentliche Kündigungsregelungen gegenüber individualvertraglich vereinbarten regelmäßig subsidiär sind544. Daraus ergibt sich ein grundsätzlicher Vorrang vertraglicher Regelungen einer ordentlichen Kündigung gegenüber entsprechenden gesetzlichen Regelungen545 bzw. dem auch im Verwaltungsvertragsrecht Geltung beanspruchenden allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatz, daß Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind. Die Hauptursache dieser Vorrangstellung ist in der Eigenschaft der Kooperationsparteien zu suchen, „Herren der Verträge“ zu sein546. Es ist zuvörderst ihre persönliche Angelegenheit, Auflösungsrechte selbst zu vereinbaren und konkret in die gegebene Situation einzufügen. Ein von den Voraussetzungen gesetzlicher bzw. allgemeingrundsätzlicher ordentlicher Kündigungsregelungen unabhängiges individuelles Kündigungsrecht besteht dann, wenn von den Kooperationsparteien im Vertrag selbst ordentliche Kündigungsrechte unter näher genannten Voraussetzungen vereinbart worden sind547. ___________ Verwaltungsvertragsrechts (Fn. 305), S. 11 ff. (S. 25); D. Ehlers, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 805); W. Henke, DÖV 1985, S. 41 ff. (S. 52); BVerwG NVwZ 1996, S. 174. 543 Vgl. VGH Mannheim VBlBW 1994, S. 17 ff. (S. 17, 20): Das Gericht weist zurecht darauf hin, daß die Sondernutzungserlaubnis nach § 8 II 1 FStrG und den entsprechenden landesrechtlichen Regelungen nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf und es daher rechtlich geradezu geboten ist, in einem nicht von vornherein befristeten Vertrag eine Kündigungsmöglichkeit vorzusehen. Vgl. dazu auch oben § 8 II 3 a) aa) und bb). 544 Siehe oben § 8 II 1. 545 So auch BVerwGE 97, S. 331 ff. (S. 343); H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/ M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 22; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 74, jeweils für den Bereich des § 60 I VwVfG. 546 H. Bauer, VerwArch 90 (1999), S. 561 ff. (S. 571); siehe dazu näher auch oben § 3 II 3. 547 Vgl. dazu H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 23.

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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Die Subsidiarität gesetzlicher oder allgemeingrundsätzlicher ordentlicher Kündigungsrechte hängt allerdings davon ab, wie die einzelnen vertraglichen Regelungen ausgestaltet sind. Daher ergibt sich folgendes Schema: Fehlen vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen vollständig, gelten die spezialgesetzlichen Regelungen bzw., soweit auch solche nicht gegeben sind, der allgemeine Grundsatz ordentlicher Kündbarkeit. Fehlen vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen, obwohl deren Vereinbarung gesetzlich vorgeschrieben ist, gilt die entsprechende gesetzliche Regelung wie ein allgemeiner Kündigungsgrundsatz548. Sind rechtmäßige vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen vorhanden, so ist ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen bzw. den allgemeinen Grundsatz ordentlicher Kündbarkeit nicht zulässig549. 2. Der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit Dieses Schema ist insbesondere für die Frage der Abbedingung der ordentlichen Kündbarkeit von Interesse. Aus ihm wird ersichtlich, welche enorme Bedeutung der Beziehung von vertraglicher ordentlicher Kündigungsregelung und allgemeinem Kündigungsgrundsatz zukommt. Ist von den Kooperationsparteien ein „dauerndes“ Schuldverhältnis wirklich gewollt, kommen sie nach den in der bisherigen Arbeit gewonnenen Erkenntnissen grundsätzlich nicht umhin, eine Regelung bezüglich der Abbedingung der ordentlichen Kündigung in den Verwaltungsvertrag aufzunehmen. Diese Notwendigkeit der Abbedingung der ordentlichen Kündigung bei unbefristeten Verträgen mag zwar im Hinblick auf das Institut „Dauerschuldverhältnis“ zunächst etwas verwunderlich erscheinen, ist dem Vertragsrecht aber nicht wesensfremd, weil im deutschen Recht zeitlich unbegrenzte Dauerschuldverhältnisse unter Ausschluß jeglicher (d.h. auch ordentlicher) Kündigungsmöglichkeit lediglich Ausnahmen darstellen550. Die Abbedingung der ordentlichen Kündigung ist es also wert, näher betrachtet zu werden.

___________ 548 Siehe dazu oben die Beispiele Art. 6 II 1 BayKommZG [§ 8 II 3 a) aa)] und Art. 14 III 1 BayKommZG [§ 8 II 3 a) bb)]. 549 Beachte dazu allerdings die Problematik unzulässiger Gesetzesbeschränkung, unten § 8 III 4 c) aa). 550 So auch H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65; BGH NJW 1988, S. 332 ff. (S. 333).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

a) Die Abbedingung der allgemeinen Grundsätze ordentlicher Kündbarkeit Mit der Anerkennung des allgemeinen Grundsatzes ordentlicher Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen korrespondiert auch dessen Abdingbarkeit. Er kommt – wie bereits dargelegt – nur in Betracht, wenn im Verwaltungsvertrag Regeln über ein ordentliches Kündigungsrecht fehlen551. Die Abbedingung des allgemeinen Grundsatzes kann folglich schon konkludent durch die Aufnahme von spezifischen ordentlichen Kündigungsregelungen in den Verwaltungsvertrag erfolgen552. Sie kann aber auch durch ausdrücklichen Ausschluß der ordentlichen Kündigung vorgenommen werden. b) Die Abbedingung spezialgesetzlicher ordentlicher Kündigungsnormen In welchem Umfang die einfachgesetzliche ordentliche Kündigung durch vertragliche Vereinbarung begrenzt oder ausgeschlossen werden darf, läßt sich für die unterschiedlichen Dauerschuldverhältnisse nicht gemeinsam feststellen. Festzuhalten bleibt aber, daß sich die Ausschlußproblematik der ordentlichen Kündigung zur außerordentlichen Kündigung in einem umgekehrten RegelAusnahme-Verhältnis bewegt: Während die außerordentliche Kündigung unabdingbar ist (Ausnahmen nur bezüglich der Erweiterung der außerordentlichen Kündigung durch die Schaffung zusätzlicher Kündigungsgründe553), bleibt die ordentliche Kündigung grundsätzlich abdingbar554. Im übrigen bestehen für einzelne Vertragstypen eine Reihe gesetzlicher und rechtlicher Beschränkungen. Insbesondere die ordentliche Kündigung gegenüber Arbeitnehmern und Wohnungsmietern ist aus sozialen Gründen weitgehend eingeschränkt555. Ähnlich verhält es sich in Bereichen, in denen Vorschriften existieren, die zwingende Gestaltungsvorgaben für vertragliche Kündigungsregelungen bereithalten556. Die Vernachlässigung solcher Mußinhalte durch die allgemeine Abbedingung der ordentlichen Kündigung würde trotz al___________ 551

Siehe oben § 8 II 4 a) und § 8 III 1. Vgl. VGH Mannheim, NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905); VG München RsDE 13 (1991), S. 87 ff. (S. 92). 553 Siehe im einzelnen oben § 7 II 2 c). 554 H.M., vgl. nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), Vorb v § 620 Rn. 44. 555 Vgl. grundlegend D. v. Stebut, Der soziale Schutz als Regelungsproblem des Vertragsrechts (Fn. 433), passim; vgl. auch H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 65. 556 Siehe dazu oben die Beispiele Art. 6 II 1 BayKommZG [§ 8 II 3 a) aa)] und Art. 14 III 1 BayKommZG [§ 8 II 3 a) bb)]. 552

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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ledem zur Möglichkeit der ordentlichen Kündigung führen, weil diese Vorschriften, dann insoweit zwingende, allgemeine Kündigungsgrundsätze enthalten557. c) Keine Erstreckung der Abbedingung auf die außerordentliche Kündigung Teilweise finden sich in Verwaltungsvertragsmustern Regelungen, mit denen ein zumeist zeitlich beschränkter Kündigungsausschluß bezweckt wird558. Dies ist nach dem oben gesagten grundsätzlich problemlos möglich559. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß sich der Kündigungsausschluß nicht auch auf die außerordentliche Kündigung erstreckt, da eine solche Klausel unzulässig wäre560. Es empfiehlt sich daher, solche Kündigungsausschlüsse ausdrücklich nur für die ordentliche Kündigung festzulegen oder aber diesbezüglich nähere Erläuterungen für die außerordentliche Kündigung vorzunehmen561. Man umgeht damit praktische Schwierigkeiten, die sich aus Formulierungsungenauigkeiten ergeben562. d) Die zeitliche Einschränkung der ordentlichen Kündigung Die vorangegangenen Ausführungen haben zugleich eine Möglichkeit aufgezeigt, den Ausschluß der ordentlichen Kündigung – ganz im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips – abzumildern: den zeitlich beschränkten Ausschluß der ___________ 557 Im Ergebnis so auch H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 7 KommZG Anm. 2.1, 2. 4 (S. 114). 558 Beispiel: Vertrag über eine Wertstoffsammlung: „§ 5 Vertragsdauer, Kündigung ... (2) Die Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie kann für Wertstoffsammelstellen frühestens nach Ablauf von 5 Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt 1 Jahr. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.71 (S. 2). 559 Vgl. nur H. Sprau, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 723 Rn. 7; BGHZ 10, S. 91 ff. (S. 98). 560 Siehe oben § 7 II 2 a). 561 Etwa in derart, wie dies in dem erwähnten Beispiel des Vertrags über eine Wertstoffsammlung in einem eigenen Absatz geschieht: „§ 5 Vertragsdauer, Kündigung ... (3) Die Parteien sind berechtigt, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist den Vertrag schriftlich zu kündigen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.71 (S. 2). 562 Freilich, aus dem Wortlaut der Kündigungsklausel wird sich vielfach schließen lassen, daß mit dem Kündigungsausschluß nur die ordentliche Kündigung gemeint ist. Andererseits verbieten sich in guten Verträgen jegliche Ungenauigkeiten, die zu einer Vertragsauslegung zwingen. Ein deutlicher Hinweis auf die Unberührtheit der außerordentliche Kündigung ist daher keinesfalls fakultativ.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

ordentlichen Kündigung563. Die Vereinbarung derartiger Sperrfristen korrespondiert eng mit der für ordentliche Kündigungen so typischen Wahrung einer angemessenen Frist. Sie bewahrt den Erklärungsgegner mehr noch als die Kündigungsfrist vor einer unvermittelten Vertragsbeendigung, schiebt die Suche nach entsprechenden Reaktionsmöglichkeiten hinaus und sichert in erheblichem Maße die vorgenommenen, mitunter kostenintensiven Investitionen564. Zumindest während der Sperrfrist kann der „kündigungsbedrohte“ Vertragspartner nämlich grundsätzlich mit dem Erhalt der Gegenleistung rechnen. 3. Die Vereinbarung der ordentlichen Kündigung befristeter Verwaltungsverträge Eingangs des Teils wurde der Grundsatz dargestellt, daß nur unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind, während befristete automatisch mit Fristablauf enden565. Es wurde aber auch festgestellt, daß es den Kooperationsparteien möglich ist, entsprechende Modifikationen des Grundsatzes und damit Lösungsmöglichkeiten auch von Langzeitverträgen vorzunehmen. Dies kann im Besonderen durch die konkrete Vereinbarung der ordentlichen Kündigung bei befristeten Verwaltungsverträgen erfolgen. Zwar ist die rechtliche Zulässigkeit entsprechender Klauseln nicht unbestritten566, allerdings sprechen die besseren Argumente für ihre Statthaftigkeit567. Sie stehen nämlich gleichsam im Kontext mit dem Grundsatz „pacta sunt servanda“568. Sieht der Verwaltungsvertrag selbst Ausnahmen vom Grundsatz der Unkündbarkeit befristeter Verträge vor, so gilt für die Kooperationsparteien „pacta sunt servanda“, daß eben auch befristete Verträge vorzeitig durch ordentliche Kündigung been___________ 563

Beispiel: Verpachtung einer Stadthalle: „§ 5 Pachtdauer ... Der Pachtvertrag läuft auf unbestimmte Zeit, er kann weder vom Verpächter noch vom Pächter in den ersten fünf Jahren (ordentlich [= Einfügung des Verf.]) gekündigt werden. Die Sperrfrist ist nicht geboten, wenn ein Teil des Pächterehepaares stirbt. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.05 (S. 3); Beispiel: Gesellschaftsvertrag zur Privatisierung kommunaler Krankenhäuser: „§ 4 ... (3) Die Gesellschaft ist bis zum 31. Dezember ... (ordentlich [= Einfügung des Verf.]) unkündbar. Ab diesem Zeitpunkt kann jeder Gesellschafter die Gesellschaft zum Ende eines Geschäftsjahres kündigen, wobei eine Kündigungsfrist von sechs Monaten einzuhalten ist. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.35 (S. 9). 564 Vgl. dazu auch oben § 5 IV 2 b). 565 Siehe oben § 8 I. 566 Ablehnend wohl A. Teichmann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), § 241 Rn. 9. 567 Siehe dazu auch oben § 8 I. 568 Siehe dazu oben § 3 II 2.

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det werden können569. Dieser Umstand ist letztlich nicht nur als Ausnahme zur Regel, sondern als Modifikation des Grundsatzes selbst zu verstehen. Demzufolge sind nicht nur unbefristete Dauerschuldverhältnisse (ordentlich) kündbar, sondern ebenso befristete, wenn die Vertragsparteien dies im Vertrag so vorgesehen haben570. Dies gilt rechtsgebietsübergreifend für das gesamte Vertragsrecht, also auch für das öffentliche Recht571. 4. Die Anforderungen an eine vertraglich vereinbarte ordentliche Kündigung Zu klären sind abschließend die Voraussetzungen einer vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigung. Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu beachten, daß sich wegen der Vielzahl von unterschiedlichen verwaltungsvertraglichen Dauerschuldverhältnissen nicht gemeinsam feststellen läßt, welche einzelnen Voraussetzungen eine ordentliche Kündigung jeweils haben muß. Es kann allenfalls eine Pauschalierung der Tatbestandsvoraussetzungen mit der Absicht erfolgen, dem Vertragsgestalter einen groben Anhaltspunkt für die Gestaltung von ordentlichen Kündigungsklauseln zu liefern. a) Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist Bei der vertraglichen Schaffung ordentlicher Kündigungsrechte ist jedenfalls das Hauptmerkmal einer ordentlichen Kündigung zu beachten, nämlich daß die Vertragsauflösung nicht sofort erfolgt, sondern bis dahin eine gewisse Frist verstreichen muß572. Die Berücksichtigung einer angemessenen Kündigungsfrist ist folglich grundsätzlich bei jeder Formulierung eines ordentlichen Kündigungsrechts zu beachten573. aa) Länge der Frist; Wirkungstermin Welche Frist dabei jeweils zu vereinbaren ist, kann pauschal nicht für jedes Dauerschuldverhältnis bestimmt werden574. Die Vertragsparteien sollten daher ___________ 569

Siehe grundsätzlich zur Kündbarkeit befristeter Verträge § 8 II 4 a) cc). So auch V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 523. 571 Siehe oben § 4 II. 572 Siehe dazu bereits oben § 5 I und § 8 II 4 a) bb) (1). 573 Vgl. dazu auch BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 574 Vgl. BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8; BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH NJW 1972, S. 1128 ff. (S. 1129); OLG München NJW-RR 1996, S. 561 ff. (S. 562); OLG Hamburg NJW 1975, S. 26 f. (S. 27). 570

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

im Lichte ihres konkreten Verwaltungsvertrags folgende gestaltungsleitende Direktiven beachten: Der öffentlich-rechtliche Vertragspartner muß sich bei der Bestimmung der Fristlänge der ordentlichen Kündigung stets der Absicherungsfunktion der ordentlichen Kündigung bewußt sein575. Wegen seiner originären Verpflichtung wird er immer gefordert sein, für den Fall, daß die Aufgabe vom privaten Vertragspartner nicht ordnungsgemäß erfüllt wird, eine vertragliche Absicherung, insbesondere auch über Umfang und Dauer der Aufgabenwahrnehmung, in den Verwaltungsvertrag aufzunehmen576. Dadurch kann vor allem sichergestellt werden, daß gewichtige organisatorische und etwa auch vermögensrechtliche Fragen innerhalb einer angemessenen Kündigungsfrist geregelt werden können und der öffentliche Träger dadurch den besonderen Schwierigkeiten einer plötzlichen Aufgabenrückübertragung nicht ausgesetzt ist. Wie lang diese Reaktionszeit im einzelnen sein soll, hängt daher letztlich vom konkreten Vertragsgegenstand und von der Personal- und Sachausstattung des jeweiligen öffentlichen Trägers ab. Der seriöse private Vertragspartner wird Verständnis für diese Überlegungen haben, ist aber natürlich auch berufen, eigene Fristüberlegungen mit einzubringen. Letztlich ist auch ihm eine angemessene Reaktionszeit zuzugestehen, um ihm Dispositionsmöglichkeiten im Rahmen seiner privaten Interessen zu belassen. Die Bestimmung der Fristlänge steht folglich im Licht des Gebotes von Treu und Glauben577. Im Prinzip sind bei der Bestimmung des Wirkungstermins der ordentlichen Kündigung, den die Kooperationsparteien gleichfalls frei festlegen können, die gleichen Erwägungen anzustellen. Unter dem Wirkungstermin versteht man den Zeitpunkt, zu dem die ordentliche Kündigung den Verwaltungsvertrag auflösen soll (zum Beispiel zum Ende des Monats, Haushaltsjahres, Kalenderjahres usw.)578. Bei der Fristlängen- und Wirkungsterminsfestlegung sollte schließlich auch berücksichtigt werden, daß sich nach langem Zeitablauf eventuell veränderte Verhältnisse beeinflussend auf die Voraussetzungen der Kündigung auswirken können579. Die gegenseitigen Interessen sind folglich auch unter diesem Ge___________ 575

Siehe zu dieser Funktion oben § 3 II 3. Siehe genauer oben § 3 II 3. 577 Siehe dazu auch oben § 8 II 4 a) bb) (1). 578 Der Wirkungstermin ist nicht mit dem Zeitpunkt des Zugangs des Kündigungsschreibens zu verwechseln, der seinerseits zwar für die Wirksamkeit der Kündigung insgesamt wichtig ist, außer bei der sofortigen Kündigung aus wichtigem Grund aber nichts über den konkreten Zeitpunkt der Auflösung des Vertrags aussagt, vgl. dazu auch oben § 6 I 3. 579 Vgl. BGH NJW 1985, S. 2585 ff. (S. 2586); BGH LM BGB § 242 (Bc) Nr. 8, der auch bei Vertragsschluß vorliegende Anhaltspunkte für eine hypothetische Kündigungs576

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sichtspunkt zu hinterfragen und anhand der Einzelumstände abzuwägen. Die Kooperationsparteien sind im Ergebnis also gehalten, im Einzelfall eine antizipierte Interessenabwägung im Hinblick auf die Bestimmung von Kündigungsfrist und Wirkungstermin vorzunehmen580. Dabei können sie durchaus zu dem Ergebnis kommen, Kündigungsfristen für jede Partei einzeln festzulegen (Parteiendifferenzierung)581. bb) Ausnahmsweise: sofortige ordentliche Kündigung Die konkreten Umständen des einzelnen Dauerschuldverhältnisses können ergeben, ganz auf Kündigungsfristen zu verzichten und der ordentlichen Kündigung damit eine sofortige Wirkung mit Zugang des Kündigungsschreibens zu verschaffen582. Solche Vereinbarungen sind zwar als Ausnahme zum Dogma der notwendigen Kündigungsfrist möglich583, grundsätzlich aber wegen ihrer Vor___________ frist von einer ganz bestimmten zeitlichen Dauer an den Grundsätzen von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte messen will. 580 Beispiele für verschiedene Kündigungsfrist- und Wirkungsterminsvereinbarungen: – Zweckvereinbarung Verkehrsüberwachung: „§ 8 Dauer der Zweckvereinbarung, Kündigung ... (2) Sie kann unter Einhaltung einer vierteljährlichen Frist jeweils zum Ende eines Haushaltsjahres, frühestens jedoch zum ... gekündigt werden. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.55 (S. 4); – Vereinbarung über die Trägerschaft des Schulaufwands nach Art. 8 Abs. 2 BaySchFG: „§ 6 Laufzeit ... (2) Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit, jeder Vertragspartner kann den Vertrag unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum Ende eines Schuljahres (31. Juli) kündigen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 33.40 (S. 2); – Vereinbarung über den Betrieb eines Kindergartens: „§ 9 Kündigung (1) Diese Vereinbarung wird auf mindestens ... Jahr(e)/wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine ordentliche Kündigung kann nur zum Ende eines Kindergartenjahres (31.8.) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 33.80 (S. 4). 581 Vgl. dazu die Parteiendifferenzierung hinsichtlich der Regelung von Kündigungsgründen zur Erweiterung der außerordentlichen Kündigung, oben § 7 II 3 a) aa). Beachte aber auch die Problematik der einseitigen Kündigungsrechte, dazu unten § 8 III 4 c) bb). 582 Beispiel: Gestattungsvertrag zur Leitungssicherung: „§ 13 Kündigung ... (4) Das Unternehmen kann den Vertrag jederzeit kündigen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 31.34 (S. 8); Beispiel: Verlegung kommunaler Entwässerungsleitungen durch Privatgrundstücke: „§ 6 Kündigung/Beseitigung der Anlagen (1) Die Berechtigte kann diesen Vertrag jederzeit schriftlich kündigen. ...“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), D. II. (S. 137). 583 Vgl. nur das freie Kündigungsrecht des § 649 I BGB oder auch den § 723 I 1 BGB, der vom Wortlaut her („..., so kann jeder Gesellschafter sie jederzeit kündigen.“)

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

aussetzungslosigkeit im Rahmen einer kooperativen Vertragsgestaltung nicht ratsam. Sie beseitigen jegliche Reaktionsfrist und sind daher nur dort zu verwenden, wo es auf die Offenhaltung von Dispositionsmöglichkeiten nicht entscheidend ankommt (was sich wohl nur selten richtig einschätzen lassen wird). b) Vereinbarung weiterer Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung Eine absolut vollständige Beschreibung der möglichen weiteren Voraussetzungen, die für eine ordentliche Kündigung vereinbart werden können, kann schon wegen der Zukunftsoffenheit dauernder Verwaltungsverträge nicht erfolgen. In der Praxis haben sich jedoch folgende Aspekte als besonders bedeutsam erwiesen: aa) Vereinbarung von Kündigungsgründen Neben der sofortigen Beendigungsmöglichkeit ist die Vereinbarung von besonderen Kündigungsgründen eine weitere, insoweit sinnvollere Möglichkeit, Elemente der außerordentlichen Kündigung in den Anwendungsbereich der ordentlichen Kündigung zu bringen584. Der besondere Vorteil dieser Gestaltungsmöglichkeit liegt hier vor allem darin, Gründe für die Auflösung eines Verwaltungsvertrags nutzbar zu machen, die weit unterhalb der Schwelle von „wichti___________ eine sofortige ordentliche Kündigung zuläßt; vgl. dazu P. Ulmer, in: Münchener Kommentar (Fn. 316), § 723 Rn. 13; H. P. Westermann, in: W. Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 311), § 723 Rn. 10. 584 Beispiel: Straßenbenutzung durch Versorgungsleitung: „§ 11 Kündigung (1) Die Straßenbauverwaltung kann diesen Vertrag erstmals zum Ablauf von 20 Jahren und dann jeweils zum Ablauf von weiteren 10 Jahren mit einer Frist von mindestens zwei Jahren (ordentlich [= Einfügung des Verf.]) kündigen, um ihn an geänderte Verhältnisse anzupassen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.10 (S. 9); Beispiel: Vertrag über Verlegung kommunaler Versorgungsleitungen durch Straßengrundstücke: „§ 9 Kündigung (1) Die Gemeinde kann diesen Vertrag erstmals zum ... und dann jeweils zum Ablauf von weiteren ... Jahren mit einer Frist von mindestens ... Jahren (ordentlich [= Einfügung des Verf.]) kündigen, um ihn an geänderte Verhältnisse anzupassen. Im übrigen kann der Vertrag von der Gemeinde mit einer Frist von ... Jahren gekündigt werden, wenn die Beseitigung oder Stillegung der Anlage aus Gründen des öffentlichen Wohls, die im Bereich der Straße liegen, erforderlich ist. ...“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), D. II. (S. 143); Beispiel: Nutzungsvereinbarung wegen atypischen Gebrauchs einer Straße: „§ 2 Dauer der Benutzung Das Recht auf Benutzung wird auf die Dauer von ... Monaten/Jahren ab dem ... eingeräumt. Der Vertrag kann mit einer Frist von ... Monaten gekündigt werden, wenn es im öffentlichen Interesse erforderlich ist.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.60 (S. 2).

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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gen Gründen“ im Sinne von § 314 I BGB liegen und eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen würden. Dies birgt aber zugleich eine Reihe von Gefahren in sich, die eine besonders behutsame Vertragsgestaltung notwendig werden lassen. Erstens darf niemals eine Umgehung der Kündigung aus wichtigem Grund erfolgen, was unter Umständen der Fall wäre, wenn statt einer – hier notwendigen – Kündigungsfrist eine sofortige Wirkung vereinbart würde. Die Vereinbarung einer angemessenen Kündigungsfrist ist also obligatorisch und darf nicht zu kurz erfolgen585, weil sonst eine der außerordentlichen Kündigung vergleichbare Wirkung erzielt werden könnte. Es darf nicht möglich sein, bei Gründen fristlos zu kündigen, die eine außerordentliche Kündigung niemals rechtfertigen586. Zweitens ist bei der Vereinbarung von Gründen für eine ordentliche Kündigung zu beachten, daß sie den Zweck der ordentlichen Kündigung nicht torpedieren darf. Fesseln die Parteien die an sich grundlose ordentliche Kündigung an besonders starke Gründe, wird sie letztlich hinfällig, weil in diesen Fällen stets auch eine außerordentliche Kündigung greifen würde. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, daß keine Bindung der ordentlichen Kündigung an Voraussetzungen erfolgt, die üblicherweise nur bei außerordentlichen Kündigungen in Betracht kommen587. Die Verwaltungsvertragsparteien sind aber grundsätzlich in der Position, jeden Auflösungsgrund als Kündigungsgrund zu gestalten und diesen in Verbindung mit einer angemessenen Kündigungsfrist zur Voraussetzung einer ordentlichen Kündigung zu machen. Der Sinn und Zweck solcher Kündigungsklauseln ist im Bereich des Kündigungsschutzes zu suchen. Eine bloß temporär orientierte ordentliche Kündigung wird nämlich undurchführbar, weil zusätzlich noch der vereinbarte Kündigungsgrund gegeben sein muß. Bei der Schaffung besonderer Gründe als Tatbestandsvoraussetzung einer ordentlichen Kündigung müssen prinzipiell die gleichen Vorgaben wie bei der Erweiterung der außerordentlichen Kündigung beachtet werden588, wobei sich die Grenzen des Kündigungsrechts (Verhältnismäßigkeit usw.) allerdings aus ___________ 585 Die Länge der Frist ist wieder von verschiedenen Faktoren abhängig, vgl. oben § 8 III 4 a) aa). 586 Der Vertragsgestalter geht jedenfalls allen Problemen aus dem Weg, wenn er die zusätzliche Formulierung „Die Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.“ verwendet, vgl. dazu oben § 7 II 2. 587 Etwa die Vereinbarung einer Abmahnung für die ordentliche Kündigung [vgl. dazu oben § 8 II 4 c) aa)]. Dies führt zum Verschwimmen der Kündigungsarten mit der Folge, daß eine ordentliche Kündigung überflüssig wird; siehe dazu oben § 5 III mit erläuterndem Beispiel. 588 Siehe dazu im einzelnen oben § 7 II 3 a).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

den Vorgaben des Instituts der ordentlichen Kündigung ergeben589. Es ist auch eine nach verschiedenen Vertragsparteien aufgeschlüsselte Gründevereinbarung möglich (Parteiendifferenzierung)590. Im Falle der Kündigung müssen die Kündigungsgründe nachweisbar vorliegen, da ansonsten die ordentliche Kündigung unwirksam wäre. Die Darlegungsund Beweislast trägt der Kündigungserklärende591. bb) Verweis auf bürgerlich-rechtliche Kündigungsvorschriften Bei der Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten in Verwaltungsverträgen besteht auch die Möglichkeit, daß sich die Vertragsparteien die Voraussetzungen bürgerlich-rechtlicher Kündigungstatbestände nutzbar machen. Dies geschieht zumeist in Form einer Verweisung auf Kündigungstatbestände des Bürgerlichen Gesetzbuchs592. Gerade im Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge besteht oft sogar ein Bedürfnis für die Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Kündigungsregelungen. Dies wird deutlich am Beispiel des Durchführungsvertrags593 für ein Bauwerk594. Die bürgerlich-rechtliche (hier werkvertragliche) Kündigungsregel ___________ 589

Siehe dazu oben § 8 II 4 c). Vgl. dazu die Parteiendifferenzierung hinsichtlich der Regelung von Kündigungsgründen zur Erweiterung der außerordentlichen Kündigung, oben § 7 II 3 a) aa). Beachte aber auch die Problematik der einseitigen Kündigungsrechte, dazu unten § 8 III 4 c) bb). 591 Vgl. nur H. Putzo, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 626 Rn. 37; A. Kraft, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 4/1 Schuldrecht III/I (§§ 516-651) (Fn. 224), § 626 Rn. 100; P. Schwerdtner, in: Münchener Kommentar (Fn. 224), § 626 Rn. 79; BGH NJW 1991, S. 1828 ff. (S. 1829). 592 Beispiel: Durchführungsvertrag für die Errichtung von mehreren Einfamilienhäusern in ökologischer Bauweise: „§ 15 Kündigungsrecht Das Kündigungsrecht richtet sich nach § 649 BGB. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund bleibt unberührt.“ – Muster entnommen bei Stephan Blankemeyer/Paul Uebbert, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. B. II. (S. 101). 593 Ein Durchführungsvertrag nach § 12 BauGB ist nach herrschender Meinung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, vgl. nur Michael Krautzberger, in: U. Battis/M. Krautzberger/R.-P. Löhr, Baugesetzbuch – BauGB, 8. Aufl. 2002, § 12 Rn. 13. 594 Beispiel: Durchführungsvertrag für die Errichtung einer Golfanlage: „§ 19 Kündigung Das Kündigungsrecht richtet sich nach § 649 BGB. Die Kündigung bedarf der Schriftform.“ – Muster entnommen bei S. Blankemeyer/P. Uebbert, in: K. O. Bergmann/ H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. B. II. (S. 91); Beispiel: Durchführungsvertrag für die Errichtung von mehreren Einfamilienhäusern in ökologischer Bauweise: „§ 15 Kündigungsrecht Das Kündigungsrecht richtet sich nach § 649 BGB. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Das Kündi590

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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des § 649 BGB entspricht in ihrer Charakteristik und Tatbestandlichkeit viel eher den tatsächlichen Umständen und Parteivorstellungen als etwa der für öffentlich-rechtliche Verträge so typische § 60 I 1 2. Alt. VwVfG. Insgesamt bleibt allerdings zu beachten, daß der Verweis auf bürgerlichrechtliche Vorschriften in Verwaltungsverträgen nicht über die Grenzen des Verwaltungsvertragsrechts hinweghilft595. Soweit also entsprechende Tatbestände äquivalente Schutzgedanken nicht selbst indizieren, sind im Rahmen einer verweisenden ordentlichen Kündigung auch Verhältnismäßigkeit bzw. Sachgerechtigkeit zu beachten596. cc) Genehmigung/Einvernehmen als Wirksamkeitsvoraussetzung Eine weitere, unter Umständen notwendige Tatbestandsvoraussetzung einer vereinbarten ordentlichen Kündigung ist die Genehmigung bzw. das Einvernehmen der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde597. Diese Voraussetzung wird sich vielfach weniger aus dem gemeinsamen Wunsch der Kooperationsparteien als vielmehr unmittelbar oder mittelbar aus dem Fachrecht als spezielle Folge eines bestimmten Vertrags ergeben598. Bei der Vereinbarung ordentlicher Kün___________ gungsrecht aus wichtigem Grund bleibt unberührt.“ – Muster entnommen bei S. Blankemeyer/P. Uebbert, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. B. II. (S. 101). 595 Siehe dazu im einzelnen oben § 8 II 4 c). 596 Vgl. dazu oben § 8 II 4 c). 597 Beispiel: Vereinbarung über die Trägerschaft des Schulaufwands nach Art. 8 Abs. 2 BaySchFG: „§ 6 Laufzeit, Änderung und Aufhebung des Vertrages ... (3) Dieser Vertrag bedarf zu seiner Wirksamkeit das Einvernehmen des Bayer. Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Das gleiche gilt für Änderungen oder die Aufhebung des Vertrages.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 33.40 (S. 2); Beispiel: Öffentlich-rechtlicher Schulvertrag: „§ 10 Laufzeit und Kündigung ... (2) Die nach Absatz 1 ausgesprochene Kündigung wird nur wirksam, wenn sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde genehmigt wird (Art. 8 Abs. 2 u. 3 BaySchFG). Die Genehmigung hat die Kündigungsgemeinde einzuholen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 33.20 (S. 2) 598 Art. 8 II BaySchFG bestimmt: „Eine kommunale Körperschaft, die nicht oder nicht allein nach Absatz 1 verpflichtet ist, kann sich im Einvernehmen mit den nach Absatz 1 verpflichteten Körperschaften und mit Zustimmung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, bei Volksschulen für Behinderte, Berufsschulen für Behinderte und Berufsschulen der zuständigen Regierung, bei Volksschulen der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, verpflichten, den Schulaufwand an Stelle der verpflichteten Körperschaft zu tragen.“ Damit regelt die Vorschrift zwar nicht konkret, wie bei der Auflösung einer entsprechenden Vereinbarung zu verfahren ist. Da diese aber den actus contrarius zur Übernahme des Schulaufwands darstellt, kann davon ausgegangen wer-

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

digungsrechte sind also stets die betroffenen Fachgesetze zu konsultieren und zu ermitteln, ob diese nicht konkrete Gestaltungsvorgaben für die Schaffung ordentlicher Kündigungsrechte bereithalten599. c) Grenzen der Vertragsgestaltung Auch das Recht zur Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte in Verwaltungsverträgen besteht nicht uferlos und unbeschränkt. Es sind insbesondere die Spezifika des Verwaltungsvertragsrechts und die des allgemeinen öffentlichen Rechts zu beachten600. Einschränkungen ergeben sich somit vor allem aus dem Umstand fehlender Privatautonomie beim Handeln durch Verwaltungsvertrag601 und den dabei existierenden verfassungs- und öffentlich-rechtlichen Bindungen602. Weiterhin ist zu beachten, daß auch im Verwaltungsvertragsrecht Aspekte wie Treu und Glauben und Sittenwidrigkeit eine Rolle spielen603. aa) Kein Widerspruch zu bestehenden Gesetzen Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß vertraglich vereinbarte ordentliche Kündigungsrechte immer dann unzulässig sind, wenn sie den Vorgaben oder der allgemeinen Zweckrichtung des jeweils einschlägigen Fachrechts widersprechen604. Ferner sind ordentliche Kündigungsvereinbarungen auch unzulässig, wenn sie die besondere Bedeutung der Kündigung aus wichtigem Grund mißachten, vor allem im Hinblick auf das Verbot ihres Ausschlusses605. Es ist ___________ den, daß Art. 8 II BaySchFG zumindest analog gilt. Argumentativ spricht dafür insbesondere der Schutzzweck der Vorschrift: Die Übertragung des Schulaufwands geschah vielleicht aus finanziellen Gründen, den die nunmehr nach Art. 8 I BaySchFG wieder verpflichtete kommunale Körperschaft nicht zu tragen in der Lage ist. 599 Vgl. dazu auch oben § 8 II 3 a) aa) und bb). 600 Vgl. etwa für den Bereich öffentlich-rechtlicher Verträge VGH Mannheim, NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). 601 Siehe dazu die Nachweise unter § 2 II 2 b); vgl. auch § 6 IV 3 c) bb). 602 Vgl. dazu allgemein B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 103 ff. (S. 103); J. Martens, JuS 1978, S. 607 ff. (S. 607); vgl. auch E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 377 ff.; H. Grziwotz, Vertragsgestaltung im öffentlichen Recht (Fn. 196), 1. Teil § 3 II Rn. 65 f. Siehe insgesamt zu dieser Problematik auch oben § 6 IV 3 c) aa). 603 Vgl. statt vieler J. Wolff/O. Bachof/R. Stober, Verwaltungsrecht (Fn. 44), § 25 II Rn. 3 (S. 337); BVerwG NVwZ 1993, S. 1102 ff. (S. 1104); BVerwGE 94, S. 294 ff. (S. 298); BVerwG NJW 1974, S. 2247 ff. (S. 2248). 604 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522; D. Ehlers, NJW 1990, S. 800 ff. (S. 805 ff.). 605 Siehe dazu oben § 7 II 2.

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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daher empfehlenswert, bei der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte stets die Unberührtheit der außerordentlichen Kündigung klarzustellen606. Ordentliche Kündigungsvereinbarungen sind auch unzulässig, wenn ein Kooperationspartner den ihm gesteckten Kompetenzrahmen überschreitet607. bb) Keine einseitigen ordentlichen Kündigungsrechte Ein pauschal lediglich einer Partei zugestandenes, unbegrenztes, an keinerlei sachliche oder zeitliche Voraussetzungen geknüpftes Kündigungsrecht kann im Hinblick auf § 138 BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG) bzw. § 56 VwVfG problematisch werden608. Eine solche Regelung schließt die Bindung der einen Seite an das vertraglich Vereinbarte praktisch aus, während die andere Seite am Vertrag festgehalten wird, ohne irgendeine Dispositionssicherheit zu genießen609. Sie bewirkt damit, sofern nicht ausnahmsweise ein Allgemeininteresse an derart weitgehender vertraglicher Flexibilität vorhanden ist, die Unangemessenheit der Vertragsregelung (§ 138 BGB, ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG bzw. § 56 I 2 VwVfG) und damit letztlich die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigungsklausel (§ 139 BGB bzw. § 59 III VwVfG)610. cc) Antizipation der Verhältnismäßigkeit bzw. Sachgerechtigkeit Eine vertragsgestalterische Grenze bei der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte ergibt sich auch aus der Notwendigkeit, daß eine ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags verhältnismäßig sein muß611. Wie bereits ___________ 606

Beispiel: Vereinbarung über den Betrieb eines Kindergartens: „§ 9 Kündigung (1) Diese Vereinbarung wird auf mindestens ... Jahr(e)/wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Eine ordentliche Kündigung kann nur zum Ende eines Kindergartenjahres (31.8.) unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 12 Monaten erfolgen. Die außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 33.80 (S. 4). 607 So kann eine Gemeinde als Vertragspartner insbesondere nicht in einem Bereich kündigungsklauselgestaltend tätig werden, der ihr nach Art. 28 II 1 GG gar nicht zusteht, vgl. dazu VGH Mannheim NVwZ 1993, S. 903 ff. (S. 905). 608 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522, der die Problematik an § 56 VwVfG messen will, während BVerwG NVwZ 1996, S. 174 sie an § 138 BGB festmacht. 609 V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522. 610 BVerwG NVwZ 1995, S. 174 (herangezogen als Grenze: § 138 BGB); V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 522 f. (herangezogen als Grenze: § 56 I 2 VwVfG). 611 Siehe dazu oben § 8 II 4 c).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

dargestellt, wird bei der ordentlichen Kündigung die Verhältnismäßigkeit über ihre Sachgerechtigkeit erreicht612. Die Kooperationsparteien sind daher wie bei der Normierung wichtiger Gründe gehalten, sich auch bei Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte nur von sachlichen Motiven leiten zu lassen613. Sie haben deshalb bereits bei der Gestaltung ordentlicher Kündigungsklauseln die Sachgerechtigkeit614 einer späteren eventuellen Kündigung antizipiert zu beachten615. Dabei ist das Augenmerk insbesondere auf „Zwangsverhältnisse“ zu legen, bei denen der Träger öffentlicher Gewalt die mit dem Dauerschuldverhältnis verfolgten Zwecke nicht ohne weiteres aufgeben darf, mithin durch das Sozialstaatsprinzip verstärkte Bindungen bei der Gewährung dieser Leistungen gegeben sind616. Werden diese Aspekte bereits bei der Vertragsgestaltung beachtet, können die Kooperationsparteien davon ausgehen, daß eine spätere ordentliche Kündigung zumindest daran nicht scheitert. Allerdings hilft die bei der Vereinbarung der ordentlichen Kündigungsrechte beachtete Antizipation der Verhältnismäßigkeit nicht darüber hinweg, daß letztlich auch der Kündigungsakt selbst verhältnismäßig sein muß617. Ausfluß des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es auch, wenn die Kooperationsparteien bei der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte in besonderer Weise auf das Rücksichtnahmegebot achtgeben618. Es besteht somit fakultativ die Möglichkeit, Interessen Dritter oder der Allgemeinheit mit einfließen zu lassen, die sonst bei bilateralen Kündigungslagen grundsätzlich zweitrangig sind619.

___________ 612

Siehe dazu oben § 8 II 4 c) cc). Vgl. V. Büchner, Die Bestandskraft verwaltungsrechtlicher Verträge (Fn. 70), S. 136 f. 614 Siehe zur Sachgerechtigkeitsproblematik im einzelnen § 8 II 4 c) cc). 615 Vgl. zur Antizipation der Verhältnismäßigkeit oben § 7 II 3 b) bb). 616 Siehe zu dieser Problematik oben § 8 II 4 c) cc). 617 Dies betrifft die Durchführung der Kündigung, vgl. dazu oben § 8 II 4 c) cc). 618 Beispiel: Vertrag über die Verlegung kommunaler Versorgungsleitungen durch Straßengrundstücke: „§ 9 Kündigung ... (2) Bei der Entscheidung über die Kündigung ... sind die Belange der öffentlichen Versorgung und der Wasserwirtschaft angemessen zu berücksichtigen.“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), D. II. (S. 143). 619 Vgl. dazu die Darstellung unter § 7 I 2 a) bb) (3). 613

§ 8 Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags

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5. Kombination der ordentlichen Kündigung mit der außerordentlichen Kündigung Abschließend zu diesem Teil sei noch anzumerken, daß sich die einzelnen Kündigungsarten selbstverständlich nebeneinander verwenden lassen. In Verwaltungsverträgen werden daher häufig Kündigungsklauseln vereinbart, die sowohl ordentliche als auch außerordentliche Kündigungsrechte enthalten620. IV. Fazit: Gemeinsame Standards Zusammenfassend betrachtet lassen sich bei der Kündigungsart „Ordentliche Kündigung“ größtenteils generelle Geltung beanspruchende gemeinsame Standards abstrahieren, wohingegen rechtsformbedingte Unterschiede Ausnahmecharakter besitzen und sich im wesentlichen auf spezialgesetzliche Besonderheiten reduzieren. Hauptgrund dafür ist vor allem der aus dem Zivilrecht stammende allgemein anerkannte Grundsatz, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind (Gesamtanalogie [Rechtsanalogie] der bürgerlichrechtlichen ordentlichen Kündigungsregelungen der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB), welcher auch auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragbar ist (bei öffentlich-rechtlichen Verträgen über § 62 S. 2 VwVfG). Entsprechend des genannten Grundsatzes muß bei einer ordentlichen Kündigung eines Verwaltungsvertrags gleich welcher Rechtsnatur die Wahrung einer angemessenen Frist bis zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung gewährleistet sein. Ferner lassen sich gemeinsame Standards bei den genannten Kündigungen auch im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsaspekts feststellen, dem im Wege einer gesamtverhältnisberücksichtigenden Sachgerechtigkeitserwägung genüge getan werden kann und muß. Gemeinsame Standards finden sich ebenso im Bereich der Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten. Dabei geht es nicht nur um die grundsätzliche Vereinbarungsmöglichkeit, sondern auch um die inhaltliche Gestaltung, die unabhängig von der Rechtsform einheitlichen Grundregeln gehorcht (Stichworte: Wahrung der gegenseitigen Interessen [antizipierte Interessenabwägung] bei der Bestimmung von Kündigungsfristen und des Wirkungstermins, keine einseitigen und unsachlichen ordentliche Kündigungsrechte). Die sich vollziehende kündigungsrechtliche Annäherung von öffentlichrechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag wird nach alledem auch ___________ 620

Vgl. nur die Muster Ordnr. 30.40 (S. 1), Ordnr. 30.15 (S. 1 f.), Ordnr. 31.23 (S. 14) bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

bei der Kündigungsart „Ordentliche Kündigung” ersichtlich. Rechtsformbedingte Unterschiede sind hier schon wegen der Notwendigkeit der Brückennorm § 62 S. 2 VwVfG von noch marginalerer Bedeutung, als dies bereits bei der außerordentlichen Kündigung zu verzeichnen war.

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung Nachdem die Voraussetzungen von außerordentlichen und ordentlichen Kündigungen von Verwaltungsverträgen feststehen, bleibt nur noch zu untersuchen, welche Rechtsfolgen damit verbunden sind. Das Augenmerk ist dabei nicht nur auf die Vertragsbeendigungswirkung einer Kündigung zu legen, sondern es geht auch um daran anschließende, mit der Vertragsauflösung unmittelbar zusammenhängende Folgen. Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung lassen sich im wesentlichen in zwei Kategorien einteilen. Die erste Kategorie betrifft mit der Vertragsbeendigungswirkung die Hauptrechtsfolge einer Kündigung. Die zweite Kategorie hingegen spricht eher sekundäre Kündigungswirkungen an, nämlich solche, die sich als Rechtsfolge der Vertragsbeendigungswirkung ergeben. Derartige Kündigungswirkungen können sich einerseits unmittelbar oder mittelbar aus dem Gesetz ergeben; andererseits handelt es sich um solche, auf deren Eintritt die Kooperationsparteien selbstbestimmend Einfluß genommen haben. I. Vertragsbeendigung als Hauptrechtsfolge Die zentrale Rechtsfolge der Kündigung ist die Beendigung des Verwaltungsvertrags und damit das Erlöschen aller vertraglichen Rechte und Pflichten von dem Zeitpunkt an, zu dem die Kündigung Wirksamkeit erlangt621. Die Kündigung wirkt grundsätzlich nur für die Zukunft (ex nunc), führt also nicht zur Rückabwicklung des gesamten Schuldverhältnisses622. Bereits erbrachte Lei___________ 621 J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 60; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 51; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44) § 60 Rn. 13; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c; B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 193 ff. (S. 196); D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 394), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 32, 85; H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 62, 64. 622 F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 16; H.-G. Henneke, in: H. J. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 13; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung

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stungen sind daher nicht zurückzugewähren623. Für sie bleibt der Verwaltungsvertrag Rechtsgrund und die erhaltene Gegenleistung das Äquivalent624. II. Sekundäre Kündigungswirkungen Unter sekundären Kündigungswirkungen versteht man solche, die sich ihrerseits als Rechtsfolge der Vertragsbeendigung, also der ex nunc-Wirkung, darstellen. Solche Kündigungswirkungen können sich – wie bereits erwähnt – einerseits unmittelbar oder mittelbar aus dem Gesetz oder aber andererseits aus vorausschauenden parteilichen Vereinbarungen des Verwaltungsvertrags ergeben. 1. Ausgleichsleistungen, Entschädigungen und Schadensersatz Es kann durchaus Fälle geben, in denen die obengenannte fehlende Pflicht der Leistungsrückgewähr unbillig erscheint, etwa dann, wenn ein einzelner Vertragspartner im Vertrauen auf den Fortbestand des Vertrags und der darin vereinbarten bzw. zugrundegelegten beiderseitigen Vertragsleistungen bereits seine Leistungen erbracht hat, ohne daß er hierfür eine Gegenleistung bekommen hat oder die Gegenleistung nicht äquivalent zu seiner Vorleistung gewesen war. In

___________ (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c; VGH Mannheim VBlBW 1987, S. 388 ff. (S. 395); D. Neumann, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn. 394), Vorbem zu §§ 620 ff. Rn. 85; H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 64. 623 Vgl. für § 60 I 1 2. Alt. VwVfG V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), 2000, S. 619; N. Bernsdorff, in: K. Obermayer, Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 51. A.A. BVerfGE 34, S. 216 ff. (S. 237 f.); BVerfGE 42, S. 345 ff. (S. 363 f.) mit der Begründung, dies sei zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen vertraglichen Leistungen und Gegenleistungen in Gestalt von Geldleistungen nötig. Diese pauschale Ansicht macht jedoch in den Fällen keinen Sinn, in denen das erwähnte Gleichgewicht bis zur Kündigung bestanden hat (vgl. im Gegensatz dazu die Fälle unter § 9 II 1). Jede weitere Ausgleichspflicht würde dem Sinn einer Kündigung zuwiderlaufen, weil der Vertrag praktisch weiter laufen würde; im Ergebnis so auch B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 193 ff. (S. 196). Nicht nachvollziehbar J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 165, 204, der eine Kündigung nach § 60 I VwVfG insgesamt für ausgeschlossen hält, wenn die Rückabwicklung erbrachter Leistungen nicht mehr möglich ist. Eine Loslösung vom Dauerschuldverhältnis muß aber immer möglich sein [vgl. dazu oben § 7 II 2 a)] und die Rückabwicklung des durch Kündigung beendeten Dauerschuldverhältnisses stellt ohnehin nur eine Ausnahme dar, vgl. dazu sogleich § 9 II 1. 624 Vgl. dazu H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c.

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

diesen Fällen wird daher zu Recht eine Rückabwicklung befürwortet625. Wie dies geschieht, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab626, wobei die Kooperationsparteien auch selbst Einfluß nehmen können, etwa durch eine sinnvolle Vertragsgestaltung627. Ansonsten ist an eine Lösung über einen Rückgewähr- oder Wertausgleichsanspruch nach den auch im Verwaltungsvertragsrecht geltenden allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben i.V.m. § 346 I BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG) zu denken, mit dem das ungefähre Gleichgewicht der beiderseitigen Leistungen wiederhergestellt wird628. Denn wenn ein Verwaltungsvertrag etwa deswegen gekündigt wurde, weil die Leistung der anderen Kooperationspartei ausgeblieben ist, darf sie von den gegebenenfalls hohen Vorleistungen der Gegenseite nicht auch noch profitieren629. Nicht überzeugend ist hingegen die Propagierung und Annahme einer extunc-Wirkung der Kündigung etwa bei § 60 I 1 2. Alt. VwVfG mit entsprechender Entnahme eines Rücktrittsrechts aus dieser Vorschrift630. Zwar war es vor der Schuldrechtsmodernisierung631 auch im Zivilrecht anerkannt, daß der Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Rücktrittsrecht begründen konnte632, doch wird diese Ansicht nach dem klaren Wortlaut des § 313 III 2 BGB jedenfalls für Dauerschuldverhältnisse nicht mehr vertretbar sein633. Im übrigen würde diese Auslegung des Begriffs „Kündigung“ der hier vertretenen Ansicht der weitestgehenden Einheitlichkeit von § 60 I 1 2. Alt. VwVfG und §§ 313, ___________ 625 Vgl. für § 60 I 1 2. Alt. VwVfG F. O. Kopp/U. Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 16; H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c; B. Gries/E. Willebrand, JuS 1990, S. 193 ff. (S. 196); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag (Fn. 44), S. 142; J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 60. 626 Vgl. H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c. 627 Siehe dazu auch unten § 9 II 3 a) und b). 628 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c. 629 H. J. Bonk, in: P. Stelkens/H. J. Bonk/M. Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz (Fn. 44), § 60 Rn. 25 c. 630 So aber wohl V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 619 in Fn. 225. 631 Durch Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26.11.2001, BGBl. I Nr. 61/2001, S. 3138 ff. 632 Vgl. nur V. Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen (Fn. 123), S. 356 f.; R. Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz (Fn. 59), S. 248. 633 Die Vorschrift bestimmt: „An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse die Kündigung.“

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung

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314 I BGB in bezug auf Kündigungen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage widersprechen634. Auch der Ansicht, die verwaltungsvertraglich vereinbarten Kündigungsklauseln die materielle Wirkung gleich einem Widerrufsvorbehalt zuspricht635, ist nicht zuzustimmen. Zwar würde dies unter Umständen die Rückabwicklung leichter gestalten, letztlich aber dazu beitragen, die beiden Gestaltungsrechte Kündigung und Widerruf in verwirrender Weise zu vermengen. Der Widerruf bezieht sich nun einmal auf die Vergangenheit, während die Kündigung ex nunc nur für die Zukunft wirkt636. Neben der Problematik von Kompensationsleistungen im Falle fehlender Pflicht zur Leistungsrückgewähr stellt sich auch die Frage von Kompensationsleistungen im Falle einseitiger Kündigungsrechte637. So werden Ausgleichsleistungen bei dem behördlichen Sonderkündigungsrecht des § 60 I 2 VwVfG mit Recht ganz überwiegend als angemessen empfunden638 und normativ etwa mit einer analogen Anwendung von § 49 VI VwVfG639 begründet640. ___________ 634

Siehe dazu oben § 7 III. So Richard Bartlsperger, Die Werbenutzungsverträge der Gemeinden, 1975, S. 124, 128; dem folgend VGH Mannheim ESVGH 43, S. 10 ff. (S. 13). 636 Dieter Medicus, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 12. Aufl. 2000, § 47 Rn. 533 f. (S. 251); vgl. dazu auch oben § 3 III 5. 637 Vgl. dazu oben § 9 III 4 c) bb) – im Rahmen der ordentlichen Kündigung sind solche also nicht möglich. 638 Vgl. nur H. Bauer, Anpassungsflexibilität im öffentlich-rechtlichen Vertrag (Fn. 42), S. 245 ff. (S. 287); W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 273) m.w.N.; vgl. auch die ausführliche Darstellung der Problematik bei J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 60 f.; kritisch dagegen J. Kokott, VerwArch 83 (1992), S. 503 ff. (S. 513 ff.), die Satz 2 wegen eines Verstoßes gegen die Junktimklausel für verfassungswidrig hält. 639 W. Krebs, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 273); K.-D. Kawalla, Der subordinationsrechtliche Verwaltungsvertrag und seine Abwicklung (Fn. 44), S. 147; R. Köbler, Die „clausula rebus sic stantibus“ als allgemeiner Rechtsgrundsatz (Fn. 59), S. 269; Wolf-Rüdiger Schenke, Vertrauensschutz bei staatlicher Planung, WuV 1977, S. 18 ff. (S. 23); Joachim Scherer, Rechtsprobleme normersetzender „Absprachen“ zwischen Staat und Wirtschaft am Beispiel des Umweltrechts, DÖV 1991, S. 1 ff. (S. 7). Siehe insgesamt zum Spektrum der vertretenen Lösungswege V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 623. 640 Eine eingehendere Bearbeitung der Problematik würde hier in keinem Verhältnis zur Bedeutung und Verwendungshäufigkeit von § 60 I 2 VwVfG [siehe dazu oben § 7 I 2 b)] – vor allem in Bezug zu parteilichen Vereinbarungen – stehen, siehe daher vielmehr die Darstellungen zu § 60 I 2 VwVfG z.B. bei V. Schlette, Die Verwaltung als Vertragspartner (Fn. 41), S. 622 ff.; E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), 635

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

Zu den weiteren sekundären Kündigungswirkungen sind letztlich auch Schadensersatzansprüche des von der Kündigung betroffenen Kooperationspartners zu zählen, die sich einerseits aus Amtshaftungsgrundsätzen641, andererseits auch aus dem bürgerlich-rechtlichen Leistungsstörungsrecht642 ergeben können. 2. Spezielle fachgesetzliche sekundäre Kündigungswirkungen Kündigungen von spezifischen Verwaltungsverträgen haben mitunter fachrechtstypische Kündigungswirkungen. Die Kündigungen von (bayerischen) Arbeitsgemeinschaften (nach Art. 6 II BayKommZG) und (bayerischen) Zweckvereinbarungen (nach Art. 14 III BayKommZG) führen zunächst zur kündigungsspezifischen Hauptrechtsfolge, der Auflösung der entsprechenden Form kommunaler Zusammenarbeit. Daneben sind, jedenfalls bei den Zweckvereinbarungen, weitere sekundäre Kündigungswirkungen bedeutsam. Sobald eine Kündigung nach Art. 14 III BayKommZG wirksam ist, fallen die übertragenen Aufgaben und Befugnisse wieder auf die ausscheidende Gebietskörperschaft zurück, deren Rechte und Pflichten insoweit wieder aufleben643. Satzungen und Verordnungen, die aufgrund der Übertragung von einer anderen Gebietskörperschaft erlassen worden waren, gelten im Gebiet der ausgeschiedenen Körperschaft solange weiter, bis diese neue Regelungen trifft (vgl. Art. 12 II 3 BayGO)644. 3. Die verwaltungsvertragliche Vereinbarung sekundärer Kündigungswirkungen Die aus vertragsparteilicher Sicht wohl interessantesten sekundären Kündigungswirkungen ergeben sich aus dem Verwaltungsvertrag selbst, wenn die Kooperationsparteien entsprechende vertragliche Regelungen vorgenommen haben. Die Möglichkeit, derartige Klauseln in Verwaltungsverträgen zu vereinbaren, ist gesetzlich verbürgt, obwohl die (weiteren) Rechtsfolgen der Kündigung eines Verwaltungsvertrags als solche im Gesetz nicht umfassend positiviert worden sind. Nach der Gesetzesbegründung des VwVfG soll es grundsätz___________ S. 565 f. oder W. Pakeerut, Die Entwicklung der Dogmatik des verwaltungsrechtlichen Vertrages (Fn. 55), S. 155 ff. 641 Siehe dazu näher E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 566 f. 642 Siehe dazu näher E. Gurlit, Verwaltungsvertrag und Gesetz (Fn. 114), S. 568 ff. 643 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 65); vgl. dazu auch H.-J. Wachsmuth/G. Oehler/W. Reif, Kommunale Zusammenarbeit in Bayern (Fn. 10), Art. 15 KommZG Anm. 3.2.3 (S. 136). 644 N. Schulz, in: ders. (Schriftl.), Praxis der Kommunalverwaltung – Landesausgabe Bayern, Kommentar, Band 1 (Fn. 9), Art. 14 KommZG Erl. 3 (S. 65).

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung

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lich dem Einzelfall überlassen bleiben, wie sich die Abwicklung des Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern zu gestalten hat645. Es ist daher zuvörderst Aufgabe der Kooperationsparteien und des Vertragsgestalters, entsprechende Kündigungswirkungen zu kreieren. Sie haben dabei die Möglichkeit, konkrete Umstände des einzelnen Vertrags zu berücksichtigen und entsprechende sekundäre Kündigungswirkungen, die über die bloße Vertragsbeendigung hinausgehen, an die Bedürfnisse der einzelnen Vertragspartner und Situationen anzupassen. Aus dem folgenden ergibt sich eine beispielhafte – freilich keine vollständige – Aufzählung möglicher sekundärer Kündigungswirkungen: a) Vereinbarung einer Schadensersatzrechtsfolge Die Folgen einer fristlosen Kündigung treffen mitunter gerade den Kündigenden besonders hart, insbesondere dann, wenn er wegen erheblicher Investitionen auf die Gegenleistung des Kooperationspartners angewiesen war. Die Vereinbarung entsprechender Schadensersatzregelungen bei schuldhafter Verursachung der Kündigungslage kann diese Folgen abmildern helfen646. Allerdings ist dabei zu beachten, daß der Zweck der außerordentlichen Kündigung nicht zerstört wird. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Höhe des Schadensersatzes so ausfallen würde, daß sie wirtschaftlich einer Fortführung des Dauerschuldverhältnisses entspräche647. Ein Anspruch auf Schadensersatz umfaßt ___________ 645 BT-Drs. 7/910, S. 82. Aus diesem Grund und weil die jeweiligen Umstände des Einzelfalls gar nicht abschließend überschaubar sind, empfiehlt es sich auch nicht, eine Rückgewährregelung zwingend per Gesetz vorzuschreiben, so aber der Gesetzesvorschlag für eine Einarbeitung des Verwaltungskooperationsrecht in das VwVfG von J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 204. 646 Beispiel: Leasing-Vertrag über Fotokopiergerät: „§ 13 Außerordentliche Kündigung ... (2) Macht der Vermieter von der Möglichkeit der fristlosen Kündigung Gebrauch, ist er berechtigt, vom Mieter die Herausgabe des Mietgegenstandes zu verlangen sowie Schadensersatz i.H.d. für die Dauer der ordentlichen Kündigung hypothetischen zu zahlenden Mietzinses bei einer Abzinsung i.H.v. 7 % zu fordern und diesen Anspruch sofort fällig zu stellen. Gelingt es dem Vermieter, den Mietgegenstand währen der vorgesehenen Restlaufzeit anderweitig zu verwerten, erstellt dieser eine Abrechnung in der Weise, daß er dem Mieter die ersparten Aufwendungen und den Nettoerlös nach Abzug der Kosten gutschreibt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/ K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 39.50 (S. 5 f.). 647 Rechtlich bedenklich daher folgendes Beispiel, weil insoweit die Angabe der Dauer der Schadensersatzpflicht fehlt: Landwirtschaftlicher Pachtvertrag: „§ 14 ... (1) Der Pachtvertrag kann aus wichtigem Grunde fristlos gekündigt werden. Hat der Pächter die fristlose Kündigung durch eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung herbeigeführt, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch eine nicht sofort mögliche oder niedrigere Verpachtung entsteht.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Ca-

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folglich nur den durch die Kündigung entstandenen Schaden, und auch nur für die ursprüngliche Dauer der vertraglichen Bindung, daß heißt, bis zur nächstmöglichen ordentlichen Kündigung648. Dieser Umstand ist bei der Vertragsgestaltung zu beachten649. b) Entschädigungsregelungen Eine weitere Möglichkeit, wirtschaftliche Einbußen abzumildern, besteht in der Vereinbarung von Entschädigungsregelungen, etwa für Teile der Gegenleistung, die wegen der Vertragsbeendigung hinfällig geworden sind650. Dabei kann auch eine Berücksichtigung der Risikosphären nach dem jeweiligen Vertretenmüssen erfolgen651. c) Vereinbarung spezieller Kündigungswirkungen und Rechtsfolgen Die Besonderheit bestimmter Verwaltungsverträge kann es erforderlich machen, für die Zeit nach Beendigung des Vertrags durch Kündigung spezielle ___________ storph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.14 (S. 4). 648 Allgemeine Meinung, vgl. nur W. Weidenkaff, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 543 Rn. 61; H. Wiedemann, in: H. T. Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 2 Schuldrecht I (§§ 241-432) (Fn. 48), Vor § 323 Rn. 64; BGH LM BGB § 249 (Ha) Nr. 6; BGH WM 1986, S. 480 ff. (S. 484). 649 Vgl. das Beispiel in Fn. 646. 650 Beispiel: EDV-Vertrag: „§ 9 Vertragsdauer, Kündigung ... (4) Bei vorzeitiger Vertragsbeendigung hat die Vertragspartei, aus deren Sphäre der Auflösungsgrund stammt, für die seit der letzten Instandsetzungs- und Wartungsleistung verstrichene Zeit einen entsprechenden Teil des Jahrespreises zu vergüten. Wird das Vertragsverhältnis vorzeitig gelöst gilt folgendes: 1. Bei einer Kündigung durch den Auftraggeber erfolgt eine Rückzahlung zuviel entrichteter jährlicher Vergütung. Dabei wird ein Kalendertag mit einem Dreihundertfünfundsechzigstel der Vergütung in Ansatz gebracht. Eine Verzinsung erfolgt nicht. 2. Bei einer Kündigung durch den Auftragnehmer verbleibt es bei der Bezahlung der Jahresvergütung. Weitere Rechte der Parteien bleiben unberührt.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 39.55 (S. 12). 651 Beispiel: Städtebauliches und landschaftliches Strukturkonzept mit Umweltverträglichkeitsprüfung: „§ 9 Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund ... (3) Hat der Auftragnehmer den Kündigungsgrund zu vertreten, so werden nur die bis dahin erbrachten Einzelwerke vergütet, soweit sie von der Auftraggeberin verwertet werden können. ... (5) Der Auftragnehmer hat den Kündigungsgrund insbesondere dann nicht zu vertreten, wenn der Beweis erbracht wird, daß das Arbeitsprogramm aus Gründen, die nicht im Bereich des Auftragnehmers liegen, undurchführbar ist.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.33 (S. 6).

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Regelungen für die nachvertragliche Abwicklung zu vereinbaren652. Dies ist meist dann der Fall, wenn sich an den zu kündigenden Verwaltungsvertrag weitere Maßnahmen der ehemaligen Vertragspartner anschließen653 oder aber der Vertrag mit den übrigen Kooperationspartnern unter entsprechenden Modifikationen weitergeführt werden soll. Zu diesem Bereich gehören auch die mannigfaltigen Regelungsmöglichkeiten in Gesellschaftsverträgen, auf die hier nicht im einzelnen einzugehen ist654. d) Wiederherstellungsregelungen Eine weitere Form verwaltungsvertraglich aushandelbarer sekundärer Kündigungswirkungen stellen Wiederherstellungsregelungen dar. Dabei handelt es ___________ 652

Beispiel: Bohr- und Abbauvertrag (Sand, Kies, Gips usw.) mit Rekultivierungsregelung: „§ 12 Auflösung und Kündigung ... Bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages hat entsprechend dem jeweiligen Stand der Abbauarbeiten eine nachvertragliche Abwicklung zu erfolgen. Dies bedeutet insbesondere, daß die Firma noch alle Entgelt-, Entschädigungs- und Haftungsansprüche zu befriedigen ... hat.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.80 (S. 5); Beispiel: Vereinbarung zur Übertragung der Durchführung rettungsdienstlicher Aufgaben auf Hilfsorganisationen: „§ 13 ... (3) Sofern der Kreis die Vereinbarung kündigt, um den Rettungsdienst mit eigenen Kräften durchzuführen, übernimmt er alle mit seiner Genehmigung eingestellten Rettungssanitäter der Hilfsorganisation in seinen Dienst. (4) Sollte der Kreis diese Vereinbarung kündigen, verpflichtet er sich, die Durchführung von gesetzlichen Aufgaben des Rettungsdienstes nur dann auf einen Dritten zu übertragen, wenn dieser alle mit Genehmigung des Kreises eingestellten Rettungssanitäter der Hilfsorganisation übernimmt. ...“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. F. II. (S. 204); Beispiel: Erschließungsvertrag mit finanzieller Beteiligung der Gemeinde: „§ 9 Beendigung des Vertragsverhältnisses ... (3) Hat die Erschließungsunternehmerin den Kündigungsgrund zu vertreten, ist die Stadt berechtigt, die Erschließungsanlagen aus Mitteln der Sicherheit nach § 3 zu Ende zu führen.“ – Muster entnommen bei K. O. Bergmann/J. Haverkämper/W. Vogel, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. B. II. (S. 65). 653 Etwa die Folgen bei gekündigten Zweckvereinbarungen, vgl. dazu auch oben § 9 II 2. Beispiel: Zweckvereinbarung Atemschutzübungsstrecke: „§ 5 Kündigung ... Die übrigen Beteiligten haben innerhalb von 3 Monaten nach der Kündigung, spätestens am 30.9. des Jahres, zu beschließen, ob sie diese Zweckvereinbarung fortsetzen, ändern oder aufheben wollen.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 35.15 (S. 2); Beispiel: Vereinbarung zum Zwecke der Förderung des Fremdenverkehrs: „§ 5 Kündigung ... (2) Nach der Aufhebung der Vereinbarung hat eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten zu erfolgen. Der weitere Betrieb der Anlage ist zu gewährleisten.“ – Muster entnommen bei Marlies Brinkmann, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. I. II. (S. 366). 654 Vgl. dazu die Vertragsmuster bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.35 (S. 9), 31.24 (S. 13).

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

sich quasi um eine besondere Form der zuvor beschriebenen speziellen Regelungen für die nachvertragliche Abwicklung. Wiederherstellungsregelungen verstehen sich als eine Art Vertragsfolgenbeseitigung und sind dadurch gekennzeichnet, daß sie entweder die Wiederherstellung des prävertraglichen Zustandes sichern655 oder aber die Beendigung vertragsdurchführungstypischer Maßnahmen gewährleisten656. Je nach Art des Verwaltungsvertrags können Wiederherstellungsregelungen freilich unterschiedlichster Natur sein. e) Heimfallrechte Eng verwandt mit den Wiederherstellungsregelungen sind sog. Heimfallrechte. Mit diesen wird erreicht, daß Gegenstände, die zur Durchführung des Vertrags notwendig und folglich dem Kooperationspartner überlassen worden sind, wieder auf den ursprünglich Berechtigten zurückfallen657. Inwiefern sich die Vereinbarung derartiger sekundärer Kündigungswirkungen anbietet, ist letztlich anhand der Umständen des Einzelfalls festzustellen. ___________ 655 Beispiel: Nutzungsvereinbarung wegen atypischen Gebrauchs einer Straße: „§ 8 Wiederherstellungsanspruch Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung oder Zeitablauf oder Aufgabe der Nutzung ist die Straße wieder in ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Den fachgerechten Weisungen der Stadt/Gemeinde ist hierbei Folge zu leisten. Wird diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen, gilt § 6 entsprechend.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.60 (S. 3); Beispiel: Vertrag über die Verlegung kommunaler Entwässerungsleitungen durch Privatgrundstücke: „§ 6 Kündigung/Beseitigung der Anlagen ... (2) Nach dem Wegfall des Leitungsrechts beseitigt die Berechtigte die Anlagen und stellt den ordnungsgemäßen Zustand wieder her; §§ 3 und 4 gelten sinngemäß. Sie veranlaßt die Löschung der Dienstbarkeit aus dem Grundbuch auf ihre Kosten.“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. D. II. (S. 137). 656 Beispiel: Bohr- und Abbauvertrag (Sand, Kies, Gips usw.) mit Rekultivierungsregelung: „§ 12 Auflösung und Kündigung ... Bei einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages hat entsprechend dem jeweiligen Stand der Abbauarbeiten eine nachvertragliche Abwicklung zu erfolgen. Dies bedeutet insbesondere, daß die Firma noch ... alle vertraglichen und behördlichen Rekultivierungsbedingungen und Auflagen zu erfüllen hat.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.80 (S. 5). 657 Beispiel: Erbbaurechtsvertrag Bau und Betrieb von Kläranlagen durch Private: „§ 11 Heimfall Der Grundstückseigentümer ist berechtigt, von dem jeweiligen Erbbauberechtigten im Wege des Heimfallrechts die Übertragung des Erbbaurechtes auf sich oder einen von ihm benannten Dritten zu verlangen, wenn: ... – der Vertrag zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten über die Beseitigung der Abwässer der Gemeinde durch den Betreiber (Betreibervertrag) durch Zeitablauf oder Kündigung aufgelöst ist.“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 30.27 (S. 6).

§ 9 Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung

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f) Konkurrenzschutzklauseln und Wettbewerbsverbote Eine weitere, für die Vertragspartner interessante Form sekundärer Kündigungswirkungen ergibt sich aus der Vereinbarung von Wettbewerbsverboten658. Derartige Konkurrenzschutzklauseln sind aber im Hinblick auf § 138 BGB bzw. §§ 59 I VwVfG i.V.m. 138 BGB nur wirksam, wenn sie durch ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten gefordert werden und sich nach ihrem örtlichen, zeitlichen und gegenständlichen Umfang im Rahmen des Angemessenen halten659. Bei der Vereinbarung derartiger Klauseln in Verwaltungsverträgen sind diese, aus dem Sittenwidrigkeitsgrundsatz resultierenden Gestaltungsvorgaben zu beachten660. g) Automatische Laufzeitverlängerung Schließlich soll noch eine Wirkung erwähnt werden, die an sich keine sekundäre Kündigungswirkung darstellt, sondern vielmehr die Folge der Nichterklärung einer Kündigung ist: die automatische Laufzeitverlängerung. Vielfach werden in Verwaltungsverträge Regelungen aufgenommen, die die zeitliche Fortgeltung des Vertragsgebildes für den Fall anordnen, daß das (ordentliche) Kündigungsrecht nicht ausgeübt wird661. Dies gilt insbesondere für die Dauer___________ 658 Beispiel: Vertrag über den Betrieb eines Ambulanzflugdienstes: „§ 10 (1) Bei einer vorzeitigen Kündigung verpflichten sich die Hilfsorganisationen, sich bis zum ... (Datum des Ablaufs der ersten Vertragslaufzeit) Aktivitäten zu enthalten, die den Betrieb oder die Wirtschaftlichkeit des RTH beeinträchtigen könnten. Sie verzichten insbesondere darauf, im Bereich der Primärtransporte, Primäreinsätze oder KurzstreckenSekundärtransporte tätig zu werden. ...“ – Muster entnommen bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. F. II. (S. 231). 659 Ständige Rspr., vgl. nur BGHZ 91, S. 1 ff. (S. 6); BGH NJW 1986, S. 2944 f. (S. 2944 f.); BGH NJW-RR 1996, S. 741 f. (S. 742). 660 Siehe zu den Einzelheiten etwa H. Heinrichs, in: O. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (Fn. 48), § 138 Rn. 104 ff.; vgl. auch das Beispiel bei H. Paßlick, in: K. O. Bergmann/H. Schumacher (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Vertragsgestaltung Band IV (Fn. 340), E. F. II. (S. 231 in Fn. 151) in Bezug auf das Klauselbeispiel in Fn. 658. 661 Beispiel: Vertrag über die Benutzung öffentlicher Wege für Telekommunikationslinien: „§ 8 Dauer des Vertrages (1) Dieser Vertrag wird auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Er verlängert sich automatisch jeweils um zehn Jahre, wenn er nicht zwei Jahre vor Ablauf der Dauer gekündigt wird. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.12 (S. 11); Beispiel: Vereinbarung über die Durchführung der Straßenreinigung: „D. Vertragsdauer und Kündigung 1. Der gegenwärtige Vertrag wird auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen. Das Vertragsverhältnis verlängert sich jeweils um ein Jahr, sofern der Vertrag nicht durch die Stadt als auch durch den Unternehmer mit einer Frist von zwei Monaten jeweils zum 31. Dezember gekündigt wird. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Ver-

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3. Kap.: Besonderer Teil zur Kündigung von Verwaltungsverträgen

schuldverhältnisse, die grundsätzlich zunächst befristet sind, zu deren Auflösung es aber dennoch einer Kündigung bedarf. Im Fall der Nichtkündigung setzt sich dann das Vertragsverhältnis – unter Umständen ewig – fort. III. Fazit: Gemeinsame Standards Im Ergebnis lassen sich schließlich auch bei den Rechtsfolgen verwaltungsvertraglicher Kündigungen auf mittlerem Abstraktionsniveau generelle Geltung beanspruchende gemeinsame Standards abstrahieren, wohingegen auf untergeordneteren Ebenen eine deutlichere Abhängigkeit vom konkreten, allerdings nicht notwendig rechtsformbedingten, Vertragsverhältnis zu verzeichnen ist. Ohne Ansehung der Rechtsform ist die Hauptrechtsfolge einer jeden Kündigung die Beendigung des Verwaltungsvertrags, mit dem Ergebnis des Erlöschens aller vertraglichen Rechte und Pflichten für die Zukunft (ex nunc) ohne grundsätzliche Rückabwicklung des verwaltungsrechtlichen Dauerschuldverhältnisses. Daneben kann als allgemeine Grundregel verwaltungsvertraglicher Kündigungen anerkannt werden, daß sich aus der Vertragsbeendigung ihrerseits weitere sog. sekundäre Kündigungswirkungen ergeben können. Solche sind entweder bereits vom Gesetz vorgesehen oder den Vertragsparteien zur individuellen Vereinbarung anheim gestellt. Im übrigen sind die sekundären Kündigungswirkungen aber sehr abhängig vom jeweiligen Vertragstyp und auch von der jeweiligen Kündigungsart, so daß allgemeine Grundaussagen auf einem noch niedrigeren Abstraktionsniveau nur schwerlich zu treffen sind. Dies betrifft jedenfalls sekundäre Kündigungswirkungen wie Kompensationsleistungen, Schadensersatzrechtsfolgen, Entschädigungsregelungen, Wiederherstellungsregelungen usw. Es bleibt insoweit grundsätzlich dem Einzelfall überlassen, wie sich die Abwicklung des Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern gestaltet.

___________ tragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 32.70 (S. 4); Beispiel: Stadt-Umland-Vertrag: „§ 16 ... (1) Diese Vereinbarung wird zunächst auf 5 Jahre geschlossen. Sie wird um jeweils 2 Jahre verlängert, wenn nicht mindestens ein Beteiligter 3 Monate vor Ablauf der Frist dem Vorsitzenden schriftlich mitteilt, daß er ausscheiden will. In diesem Falle haben die zuständigen Organe der übrigen Beteiligten binnen 2 Monaten darüber zu beschließen, ob sie die Vereinbarung fortsetzen, ändern oder aufheben wollen. ...“ – Muster entnommen bei H. Hillermeier/W. Castorph/K. K. Hartmann (Hrsg.), Kommunales Vertragsrecht (Fn. 317), Ordnr. 34.10 (S. 5).

Viertes Kapitel

Zusammenfassung und Ausblick § 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen I. Zu den Aufgaben der Verwaltungsvertragsdogmatik (1) Nach Überwindung historischer Vorbehalte1 erfährt der Verwaltungsvertrag einen ständigen und erheblichen Bedeutungszuwachs, was vor allem auf mannigfaltige Einsatzfelder und Funktionenvielfalt zurückzuführen ist2. (2) Der Verwaltungsvertrag ist ein wichtiges Handlungsinstrument des kooperativen Staates, welcher sich dadurch auszeichnet, den Bürger nicht mehr nur als Gewaltunterworfenen, sondern – am Kooperationsprinzip orientiert – auch als Partner der Verwaltung zu begreifen3. Der Verwaltungsvertrag avanciert zum Hauptinstrument des neuen Staatsverständnisses vom „Aktivierenden Staat“, bei dem das Zusammenwirken staatlicher, halbstaatlicher und privater Akteure zum Erreichen gemeinsamer Ziele im Vordergrund steht, zu entwickeln und auszugestalten ist4. (3) Der Begriff des Verwaltungsvertrags ist im Sinne eines Kooperationsvertrags umfassend zu verstehen und umfaßt sämtliche Verwaltungsverträge, bei denen zumindest ein Vertragspartner ein Träger öffentlicher Verwaltung ist. Er kann öffentlich-rechtlicher oder auch privatrechtlicher Natur sein5. Die Unterscheidung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Verwaltungsvertrag6 ist für die Dogmatik des Verwaltungsvertrags bzw. für die Dogmatik der Kündigung von Verwaltungsverträgen ohne wesentliche Bedeutung, wohl aber

___________ 1

Siehe § 1 I. Siehe § 1 II. 3 Siehe § 1 III. 4 Siehe § 1 III 3. 5 Siehe § 2 I 1 a). 6 Siehe § 2 I 1 b). 2

298

4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

für die Eröffnung des Rechtsregimes der §§ 54 ff. VwVfG und die Rechtswegzuweisung7. (4) Der Verwaltungsvertrag leidet noch immer an einer mangelnden rechtsdogmatischen Durchdringung8. (5) Neben die herkömmliche Betrachtungsperspektive der negativen Vertragsrechtslehre tritt die positive Vertragsrechtslehre. Das Gesetz ist damit nicht länger nur als Schranke, sondern als Steuerungselement zu begreifen, welches Vorgaben für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung, Abwicklung und Aufhebung verwaltungsvertraglicher Rechtsverhältnisse bereitstellt9. (6) Aufgabe der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik ist, durch Schaffung von Grundsätzen der Strukturierung des Vertragsrechts zu dienen10. (7) Dem umfassenden Verständnis vom Verwaltungsvertrag entsprechend ist es folgerichtig, den zivilrechtlichen Vertrag zwischen Staat und Bürger dem öffentlich-rechtlichen Vertrag rechtsdogmatisch anzunähern. Dabei geht es um die Ermittlung rechtsdogmatischer Grundaussagen, allgemeingeltender Grundregeln rechtsformunabhängigen Charakters und die Erarbeitung von für öffentlichrechtliche und zivilrechtliche Verwaltungsverträge gemeinsam geltenden Standards unter Berücksichtigung der Offenlegung von fortwährenden Besonderheiten und der Abstrahierung von Spezialproblemen der konkreten Vertragspraxis11. (8) Zur Durchdringung der Verwaltungsvertragsdogmatik bietet sich eine prozedurale Vorgehensweise an; orientiert am Ablauf eines Vertragsverhältnisses: beginnend mit der Vorvertragsphase und endend mit der Vertragserfüllung oder der Vertragsrückabwicklung12. II. Zum Allgemeinen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen (9) Die Kündigung ist im Spektrum von verwaltungsvertraglicher Stabilität und Flexibilität eine wichtige Ausnahme des Grundsatzes „pacta sunt servanda“13. ___________ 7

Siehe § 2 I 1. Siehe § 2 I 2. 9 Siehe § 2 I 2 d). 10 Siehe § 2 II 1. 11 Siehe § 2 II 2. 12 Siehe § 2 II 3. 13 Siehe § 3 II 2. 8

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

299

(10) Die Kündigung von Verwaltungsverträgen ist insbesondere im Hinblick auf den Bewirkungsauftrag und die Letztverantwortung der Verwaltung bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hoher Bedeutung14. (11) Der Terminus Kündigung ist im Zivilrecht und im öffentlichen Recht gleichbedeutend. Er ist vom Begriff her bei öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Verwaltungsverträgen identisch15. (12) Der Anwendungsbereich der Kündigung beschränkt sich grundsätzlich auf Dauerschuldverhältnisse und Langzeitverträge, die abgeschlossen wurden und nicht nichtig sind16. (13) Die Unterscheidungen in befristete und fristlose sowie in ordentliche und außerordentliche Kündigung gelten auch im Verwaltungsvertragsrecht17. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verwaltungsverträge, die Dauerschuldverhältnisse zum Gegenstand haben bzw. bei denen der Anwendungsbereich der Kündigung eröffnet ist, sind bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen sowohl außerordentlich als auch ordentlich kündbar18. (14) Die Kündigungserklärung eines Verwaltungsvertrags ist unabhängig von dessen Rechtsnatur immer eine Willenserklärung19. (15) Kündigungserklärungen unterliegen im Verwaltungsvertragsrecht einem einheitlichen Formerfordernis (§ 60 II 1 VwVfG direkt oder analog)20. Sie haben immer wenigstens schriftlich zu erfolgen, unabhängig davon, ob die Verträge öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind21. Auch die jeweiligen Kündigungsursachen und -arten sind dafür unerheblich. (16) Die Auslegung der Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG ergibt lediglich ein „normales“ Ermessen und kein Regelermessen22. Die Kündigungsbegründung ist keine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung23. Eine fehlende Begründung kann aber prozessuale Folgen haben24. Die Begründungsregelung des § 60 II 2 VwVfG ist bei allen Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verwal___________ 14

Siehe § 3 II 3. Siehe § 4 I. 16 Siehe § 4 II. 17 Siehe § 5 IV. 18 Siehe § 5 IV. 19 Siehe § 6 I. 20 Siehe § 6 IV. 21 Siehe § 6 IV 3. 22 Siehe § 6 V. 23 Siehe § 6 V 1. 24 Siehe § 6 V 1 a). 15

300

4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

tungsverträge zu beachten25. Bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge sind Begründungserfordernisse grundsätzlich nicht gegeben26. III. Zum Besonderen Teil der Kündigung von Verwaltungsverträgen 1. Zur außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen (17) Sofern ein Verwaltungsvertrag vorliegt, der seine Basis in speziellen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vorschriften hat, ist stets zu prüfen, ob diese Vorschriften für die Beendigung des Vertrags spezielle Beendigungstatbestände – insbesondere außerordentliche Kündigungsregelungen – bereithalten27. (18) § 60 I 1 VwVfG umfaßt das Rechtsinstitut der clausula rebus sic stantibus als willensunabhängigen, objektiv-ungeschriebenen Bestandteil eines jeden Vertrags und die Lehre von der Geschäftsgrundlage als subjektive Vorstellung der Parteien über außerhalb des Vertrags liegende Umstände28. (19) Damit ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsvertrag nach § 60 I 1 2. Alt. VwVfG außerordentlich gekündigt werden kann, müssen folgende vier Voraussetzungen kumulativ vorliegen29: Es müssen sich die Verhältnisse verändert haben, die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gegeben waren. Diese Verhältnisse müssen ursprünglich für den Vertragsinhalt maßgebend gewesen sein. Die Veränderung muß so wesentlich sein, daß es einer Vertragspartei nicht mehr zugemutet werden kann, am Vertrag festzuhalten. Schließlich darf eine Vertragsanpassung nicht ausreichen oder nicht geeignet sein, die berechtigten Interessen der einen Vertragspartei zu gewährleisten. (20) § 60 I 2 VwVfG ist eine eigenständige, von den Voraussetzungen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage unabhängige Kündigungsvorschrift für öffentlich-rechtliche Verträge30. Sie enthält ein Sonderkündigungsrecht für die an einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beteiligte Behörde. Die Voraussetzungen ___________ 25

Siehe § 6 V 1 c). Siehe § 6 V 2. 27 Siehe § 7 I 1. 28 Siehe § 7 I 2 a) aa). 29 Siehe § 7 I 2 a) bb). 30 Siehe § 7 I 2 b) aa). 26

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

301

des Sonderkündigungsrechts sind erfüllt, wenn schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen sind und dies nicht bereits durch eine Anpassung des Vertrags erreicht werden kann31. (21) Die außerordentliche Kündigungsregelung der §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB umfaßt zwar die Fälle des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, ist aber insoweit nachrangig gegenüber der Kündigungsregelung des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG32. Wenn und soweit es bei Dauerschuldverhältnissen um eine Kündigung aufgrund Wegfalls der Geschäftsgrundlage geht, dann ist als Rechtsgrundlage dafür immer § 60 I 1 2. Alt. VwVfG einschlägig und nicht die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB33. Bei allen anderen wichtigen Gründen sind die §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 BGB heranzuziehen34. (22) Das Verhältnis der Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und der Kündigung aus wichtigem Grund ist richtungsweisend für die gesamte, den Bereich öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge betreffende Kündigungsdogmatik. Dabei ist es gleichgültig, ob sich die gesetzlichen außerordentlichen Kündigungsregelungen aus Spezialgesetzen oder aber den Verwaltungsverfahrensgesetzen ergeben35. (23) Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung von öffentlichrechtlichen Verwaltungsverträgen nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB ist gegeben, wenn die Durchführung des Vertrages erheblich gefährdet und daher ein Festhalten am Vertrag für den Kündigungsberechtigten nicht mehr zumutbar ist36. Dies ist der Fall, wenn Tatsachen vorliegen, die unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar machen (Zweistufenprüfung)37. Bei der Abwägung der Interessen der Kooperationsparteien spielen die Interessen der Allgemeinheit nur eine untergeordnete Rolle. Die außerordentliche Kündigung nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB muß verhältnismäßig sein, was sich für den öffentlich-rechtlichen Kündigungsberechtigten bereits aus Art. 20 III GG ergibt38. Mittel der Verhältnismäßigkeit sind fehlende Vertragsanpassungsmöglichkeit bzw. Abhilfefristbestimmung und Abmahnung, je nachdem, ob der Erscheinungsbereich „wesentliche Veränderung der Verhältnisse“ ___________ 31

Siehe § 7 I 2 b) bb). Siehe § 7 I 2 c) aa). 33 Siehe § 7 I 2 c) aa). 34 Siehe § 7 I 2 c) aa). 35 Siehe § 7 I 2 c) bb). 36 Siehe § 7 I 2 c) cc). 37 Siehe § 7 I 2 c) cc) (1) (b). 38 Siehe § 7 I 2 c) cc) (2). 32

302

4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

oder der Erscheinungsbereich „pflichtwidriges Verhalten des anderen Vertragsteils“ gegeben ist39. Bei der Kündigung aus wichtigem Grund nach §§ 62 S. 2 VwVfG i.V.m. 314 I BGB ist die Erklärungsfrist des § 314 III BGB zu beachten40. (24) Die wichtigste gesetzliche außerordentliche Kündigungsnorm bei der Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge ist § 314 BGB41. (25) Im Bereich privatrechtlicher Verwaltungsverträge werden die Fälle des nichtanpassungsfähigen Wegfalls der Geschäftsgrundlage vollumfänglich und ausschließlich von der Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 I BGB erfaßt42. (26) Vertragliche Vereinbarungen bezüglich der außerordentlichen Kündigung gehen gesetzlichen Regelungen vor43. (27) Vertragliche Vereinbarungen zur außerordentlichen Kündigung sind nicht in jeder Form möglich44. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach der Intensität, mit der in das Institut „Kündigung aus wichtigem Grund“ eingegriffen wird45. Dies führt zur gestuften Zulässigkeit von außerordentlichen Kündigungsvereinbarungen im Verwaltungsvertragsrecht: Die Abbedingung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung ist nicht möglich, Einschränkungen können allenfalls im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit berücksichtigt werden, Erweiterungen der Kündigung aus wichtigem Grund sind hingegen von den Kooperationsparteien jederzeit aushandelbar46. (28) Im Rahmen einer vertraglichen Ergänzung der Kündigung aus wichtigem Grund nehmen die Kooperationsparteien das Recht wahr, selbst zu entscheiden, welche Tatsachen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes maßgeblich sein sollen47. Dabei ist es möglich, hinsichtlich der Kooperationsparteien zu differenzieren und jeder Partei ihre „eigenen“ wichtigen Gründe zuzugestehen48. ___________ 39

Siehe § 7 I 2 c) cc) (2) (a) und (b). Siehe § 7 I 2 c) cc) (3). 41 Siehe § 7 I 3 b). 42 Siehe § 7 I 3 b). 43 Siehe § 7 II 1. 44 Siehe § 7 II 2. 45 Siehe § 7 II 2 a), b) und c). 46 Siehe § 7 II 2 d). 47 Siehe § 7 II 3 a). 48 Siehe § 7 II 3 a) aa). 40

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

303

(29) Bei den Vertragsverhandlungen zur Vereinbarung ergänzender wichtiger Gründe müssen die Kooperationsparteien wegen der im Kündigungsfall nicht mehr zu treffenden Entscheidung über eine im Einzelfall vorzunehmende Abwägung der Interessen eine antizipierte Abwägung dieser gegenseitigen Belange vornehmen49. (30) Das Recht zur Ergänzung wichtiger Gründe besteht nicht unbeschränkt50. Die Kooperationsparteien dürfen sich bei der Normierung wichtiger Gründe einerseits nur von sachlichen Motiven leiten lassen, mithin nur vertragszweck- und regelungsinhaltsorientiert vorgehen, wobei eine Orientierung am Koppelungsverbot des § 56 I 2 VwVfG erfolgen kann51. Andererseits müssen die Vertragsparteien bei der Gestaltung wichtiger Gründe die Vorwegnahme sämtlicher Verhältnismäßigkeitserwägungen beachten52. Diese antizipierte Verhältnismäßigkeitsprüfung kann nur dergestalt erfolgen, daß bereits bei der Aufnahme der Kündigungstatbestände in den Verwaltungsvertrag auch Vorkehrungen für einen verhältnismäßigen Auflösungsfall getroffen werden. Dazu stehen die Mittel der Vertragsanpassung, Abmahnung und/oder Abhilfefristsetzung zur Verfügung53. (31) Die Ausübung der außerordentlichen Kündigung zum Zweck der Erhaltung oder Schaffung des Allgemeinwohls ist nicht auf die gesetzliche Ausformung des § 60 I 2 VwVfG beschränkt. Sie kann auch durch entsprechende vertragliche Kündigungsvereinbarung vorgenommen werden54. Bei derartigen Klauseln wird das Kündigungsrecht an das Gebotensein der Kündigung für das Allgemeinwohl geknüpft; es sollen schwere Nachteile für des Rechtsgut Allgemeinwohl verhindert oder beseitigt werden55. 2. Zur ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen (32) Nach nicht mehr unbestrittenem Grundsatz sind nur unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar, während befristete automatisch mit Fristablauf enden56. Befristete Dauerschuldverhältnisse sind jedenfalls (ordent-

___________ 49

Siehe § 7 II 3 a) bb). Siehe § 7 II 3 b). 51 Siehe § 7 II 3 b) aa). 52 Siehe § 7 II 3 b) bb). 53 Siehe § 7 II 3 b) bb). 54 Siehe § 7 II 4. 55 Siehe § 7 II 4. 56 Siehe § 8 I, § 8 II 4 a) cc). 50

304

4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

lich) kündbar, wenn die Vertragsparteien dies im Vertrag ausdrücklich so vorsehen57. (33) Sofern ein Verwaltungsvertrag vorliegt, der den Anwendungsbereich spezieller öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Vorschriften eröffnet, ist stets zu prüfen, ob diese Vorschriften für die Beendigung des Vertrags spezielle ordentliche Kündigungsregelungen bereithalten58. (34) Es ist ein im Zivilrecht allgemein anerkannter Grundsatz, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind59. Die dogmatische Herleitung dieses Grundsatzes erfolgt nach der hier vertretenen Ansicht mit Hilfe einer Gesamtanalogie (Rechtsanalogie) der vorhandenen bürgerlich-rechtlichen ordentlichen Kündigungsregelungen60. Wesentlicher Inhalt des zivilrechtlichen Grundsatzes der ordentlichen Kündigung ist die Wahrung einer angemessenen Frist bis zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung61. Wie lang diese sein muß, ist mittels einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Einzelumstände festzustellen62. Die Ermittlung weiterer Tatbestandsvoraussetzungen der ordentlichen Kündigung erfolgt mit Hilfe einer Vertragsauslegung des Dauerschuldverhältnisses63. (35) Der allgemein anerkannte zivilrechtliche Grundsatz, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind, ist auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragbar64. Die ordentliche Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge erfolgt, soweit keine spezialgesetzlichen oder parteilich vereinbarten Kündigungsregelungen Vorzug genießen, in rechtsanaloger Anwendung der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB65. Mangels allgemeiner verwaltungsrechtlicher Regeln zur ordentlichen Auflösung erfolgt die ordentliche Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge ebenfalls in rechtsanaloger Anwendung dieser bürgerlichrechtlichen Vorschriften i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG66.

___________ 57

Siehe § 8 III 3. Siehe § 8 II 3. 59 Siehe § 8 II 4. 60 Siehe § 8 II 4 a) aa). 61 Siehe § 8 II 4 a) bb). 62 Siehe § 8 II 4 a) bb) (1). 63 Siehe § 8 II 4 a) bb) (2). 64 Siehe § 8 II 4 b). 65 Siehe § 8 II 4 b) aa). 66 Siehe § 8 II 4 b) bb). 58

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

305

(36) Bei der ordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen sind weitere Voraussetzungen zu beachten, die sich aus den Besonderheiten des Verwaltungsrechts ergeben67. Insbesondere muß eine ordentliche verwaltungsrechtliche Kündigung verhältnismäßig sein68. Wegen der besonderen Struktur der ordentlichen Kündigung ist ihre Verhältnismäßigkeit jedoch nicht an der Erschöpfung milderer Mittel zu messen, sondern an ihrer gesamtverhältnisberücksichtigenden Sachgerechtigkeit69. (37) Die Kooperationsparteien können grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob überhaupt und unter welchen Voraussetzungen sie eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit im Verwaltungsvertrag zulassen70. Die gesetzliche ordentliche Kündigung ist grundsätzlich subsidiär und daher nur für den Fall vorgesehen, daß einvernehmliche Regelungen durch die Vertragsparteien über ein ordentliches Kündigungsrecht fehlen71. Daraus ergibt sich folgendes Schema: Fehlen vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen vollständig, gelten die spezialgesetzlichen Regelungen bzw. – soweit auch solche nicht gegeben sind – der allgemeine Grundsatz ordentlicher Kündbarkeit. Fehlen vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen, obwohl deren Vereinbarung gesetzlich vorgeschrieben ist, gilt die entsprechende gesetzliche Regelung wie ein allgemeiner Kündigungsgrundsatz. Sind rechtmäßige vertragliche ordentliche Kündigungsregelungen vorhanden, ist ein Rückgriff auf gesetzliche Regelungen bzw. den allgemeinen Grundsatz ordentlicher Kündbarkeit nicht zulässig. (38) Die ordentliche Kündigung ist in Verwaltungsverträgen grundsätzlich abdingbar72. Für den allgemein anerkannten Grundsatz der ordentlichen Kündbarkeit von Dauerschuldverhältnissen gilt dies unmittelbar73. Im Bereich spezialgesetzlicher Kündigungsregeln sind hingegen die entsprechenden gesetzlichen und rechtlichen Beschränkung zu beachten, was im Mißachtensfall zum Erhalt der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung führt74. Die Abbedingung der or-

___________ 67

Siehe § 8 II 4 c). Siehe § 8 II 4 c). 69 Siehe § 8 II 4 c) cc). 70 Siehe § 8 III 1. 71 Siehe § 8 III 1. 72 Siehe § 8 III 2. 73 Siehe § 8 III 2 a). 74 Siehe § 8 III 2 b). 68

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4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

dentlichen Kündigung kann auch zeitlich beschränkt durch Vereinbarung von Sperrfristen erfolgen75. (39) Bei der Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte, insbesondere bei der Bestimmung von Kündigungsfristen und des Wirkungstermins, haben die Kooperationsparteien die Umstände des Einzelfalls und die gegenseitigen Interessen zu beachten (antizipierte Interessenabwägung)76. Im übrigen besteht die Möglichkeit, weitere Voraussetzungen für die ordentliche Kündigung zu beschließen (z.B. Kündigungsgründe)77. (40) Das Recht zur Vereinbarung ordentlicher Kündigungsrechte in Verwaltungsverträgen besteht nicht unbeschränkt78. Ordentliche Kündigungsrechte dürfen vor allem keinen Widerspruch zu bestehenden Gesetzen darstellen, dürfen nicht einseitig nur einer Partei zugute kommen und müssen erkennen lassen, daß bei ihrer Vereinbarung sachliche Motive eine Rolle spielten79. 3. Zu den Rechtsfolgen der Kündigung (41) Die Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Die Vertragsbeendigungswirkung als Hauptrechtsfolge und die sekundären Kündigungswirkungen80. (42) Die Hauptrechtsfolge der Kündigung besteht in der Beendigung des Verwaltungsvertrags und damit im Erlöschen aller vertraglichen Rechte und Pflichten für die Zukunft (ex nunc)81. Es kommt grundsätzlich zu keiner Rückabwicklung des verwaltungsrechtlichen Dauerschuldverhältnisses. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind jedoch möglich, wenn eine Nichtrückabwicklung unbillig erscheint. In diesen Fällen ist an einen Rückgewähr- oder Wertausgleichsanspruch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben i.V.m. § 346 I BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG) zu denken. (43) Sekundäre Kündigungswirkungen sind solche, die sich ihrerseits als Rechtsfolge der Vertragsaufhebung darstellen82. Sie können sich entweder unmittelbar oder mittelbar aus dem Gesetz oder aber direkt aus dem Verwaltungsvertrag ergeben. ___________ 75

Siehe § 8 III 2 d). Siehe § 8 III 4 a). 77 Siehe § 8 III 4 b). 78 Siehe § 8 III 4 c). 79 Siehe § 8 III 4 c). 80 Siehe § 9 I und II. 81 Siehe § 9 I. 82 Siehe § 9 II. 76

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

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(44) Als unmittelbar oder mittelbar gesetzliche sekundäre Kündigungswirkungen kommen je nach Vertragstyp und Kündigungsart gegebenenfalls und unter anderem Kompensationsleistungen analog § 49 VI VwVfG (so beim behördlichen Sonderkündigungsrecht nach § 60 I 2 VwVfG), Schadensersatzansprüche des von der Kündigung betroffenen Kooperationspartners nach Amtshaftungsgrundsätzen und auch das bürgerlich-rechtliche Leistungsstörungsrecht in Betracht83. (45) Kündigungen von spezialgesetzlichen Verwaltungsverträgen können mitunter fachrechtstypische Kündigungswirkungen auslösen84. (46) Da es hinsichtlich der weiteren Rechtsfolgen einer verwaltungsvertraglichen Kündigung grundsätzlich dem Einzelfall überlassen ist, wie sich die Abwicklung des Interessenausgleichs zwischen den Vertragspartnern gestaltet, ist es zuvörderst Aufgabe der Kooperationsparteien bzw. des Vertragsgestalters, sekundäre Kündigungswirkungen zu kreieren85. Als solche kommen beispielsweise in Betracht: Schadensersatzrechtsfolgen, Entschädigungsregelungen, spezielle Kündigungswirkungen und Rechtsfolgen, Wiederherstellungsregelungen, Heimfallrechte, Konkurrenzschutzklauseln und Wettbewerbsverbote sowie schließlich auch – als Folgen einer Nichtkündigung – automatische Laufzeitverlängerungen. IV. Zu den wesentlichsten gemeinsamen Standards für die Kündigung von Verwaltungsverträgen zivil- und öffentlich-rechtlicher Provenienz (47) Auch im Verwaltungsvertragsrecht ist in ordentliche und außerordentliche Kündigung zu unterscheiden. Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Verwaltungsverträge bei denen der Anwendungsbereich der Kündigung eröffnet ist, sind bei Vorliegen der Voraussetzungen sowohl außerordentlich als auch ordentlich kündbar86. (48) Die Kündigungserklärung eines Verwaltungsvertrags ist unabhängig von seiner Rechtsnatur eine Willenserklärung87. (49) Zum notwendigen Inhalt einer Kündigungserklärung gehört, daß aus ihr erkennbar wird, daß es sich um eine Kündigung handelt, auf welchen Vertrag ___________ 83

Siehe § 9 II 1. Siehe § 9 II 2. 85 Siehe § 9 II 3. 86 Siehe § 5 IV 3. 87 Siehe § 6 VI. 84

308

4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

sie sich bezieht und wer sie ausspricht; es muß deutlich werden, daß dem Verwaltungsvertrag ein Ende gesetzt werden soll88. (50) Die Kündigungserklärung muß an alle betroffenen Vertragspartner gerichtet sein, deren Rechte und Pflichten von dem Verwaltungsvertrag berührt werden; die Befugnis zur Kündigung eines Verwaltungsvertrags steht nur demjenigen zu, den die noch nicht erloschene vertragliche Verpflichtung trifft89. (51) Die Kündigungserklärung unterliegt im Verwaltungsvertragsrecht einem einheitlichen Formerfordernis; Kündigungserklärungen von kündbaren Verwaltungsverträgen haben immer schriftlich zu erfolgen, ganz gleich, ob die Verträge öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sind, auf welchen Ursachen die Kündigungen beruhen oder welcher Art diese sind90. (52) Wesentliches Tatbestandsmerkmal der außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen gleich welcher Rechtsnatur ist der „wichtige Grund“; die Rechtsform des Verwaltungsvertrags spielt nur insoweit eine Rolle, als daß die jeweils richtige (gesetzliche) Vorschrift zur Begründung der außerordentlichen Kündigung herangezogen wird91. (53) Ohne die Existenz des § 60 I 1 2. Alt. VwVfG wären trotzdem alle denkbaren Fälle einer außerordentlichen Kündigung von Verwaltungsverträgen von einer normativen Grundlage gedeckt, nämlich § 314 BGB (ggf. i.V.m. § 62 S. 2 VwVfG)92. (54) Die Kündigungsvoraussetzungen von § 60 I 1 VwVfG und §§ 313, 314 BGB enthalten dieselben Grundgedanken: Ist eine Vertragsanpassung bei wesentlicher Änderung der Umstände unzumutbar, dann ist auch eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar; die Legitimation für eine außerordentliche Kündigung ist jeweils gegeben. Sowohl Ausgangspunkt als auch Reaktion sind unabhängig von der Rechtsnatur des Verwaltungsvertrags identisch. Für den zivilvertraglichen Kündigungsfall zwischen Verwaltungsträger und Privatem gilt daher im Ergebnis dieselbe rechtsdogmatische Grundaussage wie für den öffentlich-rechtlichen Kündigungsfall. Die für den Verwaltungsvertrag geltenden Grundregeln zur außerordentlichen Kündigung haben im Grundsatz rechtsformunabhängigen Charakter93. ___________ 88

Siehe § 6 VI. Siehe § 6 VI. 90 Siehe § 6 VI. 91 Siehe § 7 III. 92 Siehe § 7 III. 93 Siehe § 7 III. 89

§ 10 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

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(55) Die marginale Bedeutung rechtsformbedingter Unterschiede wird besonders im Rahmen vertraglicher Regelungen der außerordentlichen Kündigung deutlich, da in bezug auf die Vereinbarung wichtiger Gründe diese jeweils nur in Form einer Ergänzung der wichtigen Gründe möglich ist94. (56) Die ordentliche Kündigung von Verwaltungsverträgen folgt weitestgehend rechtsformunabhängigen Grundregeln, was in erster Linie auf dem aus dem Zivilrecht stammenden allgemein anerkannten Grundsatz beruht, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse ordentlich kündbar sind (Gesamtanalogie [Rechtsanalogie] der bürgerlich-rechtlichen ordentlichen Kündigungsregelungen der §§ 542 I i.V.m. 573c, 594a, 608 I, II, 620 II i.V.m. 621 ff., 671 I, 723 I 1 BGB). Dieser ist auf das Verwaltungsvertragsrecht übertragbar (bei öffentlich-rechtlichen Verträgen über § 62 S. 2 VwVfG)95. (57) Bei der ordentlichen Kündigung sowohl eines öffentlich-rechtlichen wie auch eines zivilrechtlichen Verwaltungsvertrags muß die Wahrung einer angemessenen Frist bis zum Zeitpunkt der Vertragsauflösung gewährleistet sein96. (58) Die ordentliche Kündigung eines Verwaltungsvertrags gleich welcher Rechtsnatur muß verhältnismäßig im Sinne einer gesamtverhältnisberücksichtigenden Sachgerechtigkeit sein97. (59) Der grundsätzlichen Möglichkeit der Vereinbarung von ordentlichen Kündigungsrechten stehen einheitliche Grundregeln für die inhaltliche Gestaltung, etwa in Bezug auf die Wahrung gegenseitiger Interessen (antizipierte Interessenabwägung) bei der Bestimmung von Kündigungsfristen und Wirkungsterminen bzw. das Verbot einseitiger und unsachlicher ordentlicher Kündigungsrechte, gegenüber98. (60) Die Rechtsfolgen von Kündigungen von Verwaltungsverträgen folgen auf einem mittleren Abstraktionsniveau rechtsformunabhängigen Grundregeln. Generelle Geltung ohne Ansehung der Rechtsform beansprucht die zentrale Rechtsfolge einer Kündigung: die Beendigung des Verwaltungsvertrags mit dem Ergebnis des Erlöschens aller vertraglichen Rechte und Pflichten für die Zukunft (ex nunc) ohne grundsätzliche Rückabwicklung des verwaltungsrechtlichen Dauerschuldverhältnisses99. ___________ 94

Siehe § 7 III. Siehe § 8 IV. 96 Siehe § 8 IV. 97 Siehe § 8 IV. 98 Siehe § 8 IV. 99 Siehe § 9 III. 95

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4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

(61) Als allgemeine Grundregel verwaltungsvertraglicher Kündigungen ist die Möglichkeit sekundärer Kündigungswirkungen zu begreifen, die ihrerseits durch die zentrale Vertragsbeendigungswirkung bedingt sind. Sekundäre Kündigungswirkungen sind entweder bereits vom Gesetz vorgesehen oder den Vertragsparteien zur individuellen Vereinbarung anheim gestellt100.

§ 11 Kodifikation des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen? Teilt man die Einschätzung von der Notwendigkeit der Kodifikation eines Verwaltungskooperationsrechts, so schließt sich hieran die Frage nach konkreten Maßnahmen an, welche der Erreichung dieses Ziels dienlich sein könnten. Daß sich eine Kodifikation eines Verwaltungskooperationsrechts z.B. zu den verschiedenen Formen privatrechtlichen Verwaltungshandelns äußern muß, dürfte selbstverständlich sein101. Die Ausgestaltung im einzelnen bedarf hingegen eingehender Überlegungen102. Im Kern geht es um die Frage, ob und wie eine Kodifikation in der Lage ist, die jeweiligen übergeordneten Ziele und Zwecke zu erreichen. Dabei stellen im Ausgangspunkt weder eine Kodifikation noch eine Herausarbeitung übergreifender Strukturen und allgemeiner Interpretationsmaßstäbe für vergleichbare Regelungen im Sinne einer verbindenden Dogmatik für sich betrachtet einen Selbstzweck dar. Die Entscheidung für die eine oder andere „Rechtsetzungsform“ kann nur im Einzelfall getroffen werden. In diesem Sinne hat die vorliegende Arbeit zwar gezeigt, daß gesetzliche Defizite bei den Regelungen der Kündigung von Verwaltungsverträgen – insbesondere soweit es die ordentliche Kündigung betrifft – vorhanden sind, gleichzeitig hat sie aber auch deutlich gemacht, daß die Materie dogmatisch faßbar und praktikabel ist103. Gerade wegen der Existenz des § 62 S. 2 VwVfG ist es nicht gerechtfertigt, einen eigenen Teil mit dem Titel „Die Kündigung von Verwaltungsverträgen“ in das Verwaltungsverfahrensgesetz, etwa im Rahmen des Pro___________ 100

Siehe § 9 III. Rainer Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, Strukturprobleme, Funktionsbedingungen und Entwicklungsperspektiven eines konsensualen Verwaltungsrechts, 1990, S. 101. 102 Dazu dienen u.a. auch die Gutachten: Jan Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten, erstattet für das Bundesministerium des Innern, Juni 2001; Gunnar Folke Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten erstellt im Auftrag des Bundesministeriums des Innern, Juni 2001; siehe dazu auch oben § 1 III 3. 103 Wenn auch nur mit Hilfe bürgerlich-rechtlicher Vorschriften. 101

§ 11 Kodifikation des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen?

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gramms „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“104, aufzunehmen. Ein vergleichbarer Titel existiert noch nicht einmal im Zivilrecht. Da die Kündigung dort aber „funktioniert“, liegt es nahe, sie auch im Verwaltungsrecht – gegebenenfalls mit Hilfe der Rechtsfortbildung – „funktionieren zu lassen“. Sicherlich realisiert sich staatliche Verantwortung im freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat in erster Linie durch Rechtsetzung105. Dennoch sollten gesetzliche Regelungen immer nur dann geschaffen werden, wenn ein entsprechender Kodifizierungsbedarf besteht. Dies wurde vorliegend aber sowohl für die außerordentliche Kündigung als auch für die ordentliche Kündigung von Verwaltungsverträgen einschließlich der jeweiligen Rechtsfolgen wegen prinzipiell vorhandener gesetzlicher Regelungen verneint. Die rechtspolitisch motivierte Frage, ob das Recht der Kündigung von Verwaltungsverträgen als solches nicht zumindest teilweise kodifiziert werden sollte, ist daher grundsätzlich gleichlautend zu beantworten. Nach der hier vertretenen Ansicht besteht auch kein Kodifikationsbedarf, soweit es nur um eine gesetzesdirigierte Gestaltung der Kündigung geht106. Derartige Vorschriften wären nicht in der Lage, wirklich alle erdenklichen Vertragskonstellationen abzudecken; sie hätten daher nur generalstrukturierenden Charakter. Gerade im Bereich langandauernder, vielen Einflüssen ausgesetzter Verwaltungsverträge können gesetzesdirigierte Gestaltungsvorgaben letztlich nur dazu führen, den Kooperationsparteien Ketten anzulegen. Gesetzesdirigierte Kündigungsgestaltung könnte nur generalklauselartig geschehen und würde dabei die Einzelfallorientiertheit jedes einzelnen Verwaltungsvertrags – und damit letztlich den Vertragsgedanken als solchen – mißachten. Hinzu kommt, daß die Differenziertheit und Komplexität der konkreten Lebenssachverhalte heute vermehrt spezielle Regelungen erfordern. Würde aber ein kündigungsspezifisches Gesetzesdirigat zu umfassend erfolgen, drohte vielleicht auch insoweit ein „Partikularismus, der durch eine kaum mehr überschaubare Fülle unabgestimmter oder womöglich widersprüchlicher Regelungsvarianten, Begrifflichkeiten und Detailausprägungen gekennzeichnet ist“107. ___________ 104

Siehe dazu oben § 1 III 3 und zu dem genannten Programm Fn. 54 unter § 1 III. Siehe dazu Andreas Voßkuhle, Beteiligung Privater an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben und staatliche Verantwortung, VVDStRL 62 (2003), S. 266 ff. (S. 327) m.w.N. 106 Vgl. etwa den Gesetzesvorschlag mit detaillierten Kündigungsgestaltungsvorgaben von J. Ziekow, Verankerung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse (Public Private Partnership) im Verwaltungsverfahrensgesetz, Wissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 203 f. 107 So in Bezug auf eine enorme Fülle und Vielgestaltigkeit des Besonderen Verwaltungsrechts Matthias Schmidt-Preuß, Das Allgemeine des Verwaltungsrechts, in: Max105

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4. Kap.: Zusammenfassung und Ausblick

Vorliegend wird daher im Sinne der Deregulierung bewußt auf einen konkreten Gesetzesvorschlag verzichtet108. Dies fördert die Kreativität der Kooperationsparteien und trägt schließlich zum Leitbild des aktivierenden Staates bei. Der Zielvorgabe der Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik, durch Schaffung von Grundsätzen der Strukturierung des Vertragsrechts zu dienen109, ist für den Bereich der Kündigung von Verwaltungsverträgen mit einer systematischen Entwicklung und Rechtsfortbildung weit mehr gedient als mit einer Kodifikation. Damit und durch den bestehenden allgemeinen Rechtsrahmen kann eine kündigungsrechtliche Gestaltung von Verwaltungsverträgen und eine entsprechende Steuerung der Kündigungsrechtsanwendung gewährleistet werden. Gleichsam ist es über selbige möglich, den Kooperationspartnern kündigungsspezifische Strukturierungsangebote, Orientierungshilfen und Regelungsanleitungen zu unterbreiten. Wenn und soweit zukünftig die Schaffung eines Verwaltungskooperationsgesetzes konkreter in Rede stehen sollte110, bleibt zu überlegen, ob und in welcher Form einzelne Elemente des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen aufbereitet werden könnten. Dies sollte letztendlich partiell geschehen, da der Tatsache Rechnung zu tragen ist, daß ein Verwaltungskooperationsrecht die Materie aufgreifen muß, wenn es seinem Gegenstand gerecht werden will111. Es bleibt zu hoffen und zu fordern, daß im Sinne einer praxisgerechten Vertragsge___________ Emanuel Geis/Dieter Lorenz (Hrsg.), Staat, Kirche, Verwaltung, Festschrift für Hartmut Maurer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 777 ff. (S. 277). 108 Der Gesetzesvorschlag des Gutachtens von G. F. Schuppert, Grundzüge eines zu entwickelnden Verwaltungskooperationsrechts – Regelungsbedarf und Handlungsoptionen eines Rechtsrahmens für Public Private Partnership, Rechts- und verwaltungswissenschaftliches Gutachten (Fn. 102), S. 126, 133, beinhaltet hinsichtlich der Kündigung von Verwaltungsverträgen ebenfalls keine über den jetzigen § 60 I VwVfG hinausgehenden Vorschläge. 109 „Sie muß zum einen dem Verwaltungsvertrag helfen, ein wirkungsvolles Instrument der Verwaltung bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu sein, zum anderen die potentielle Einsatzbreite und die damit verbundene Funktionenvielfalt des Verwaltungsvertrags aufnehmen und schließlich die Gemeinsamkeiten der Verwaltungsverträge herausarbeiten, ohne die es eine Dogmatik ‚des’ Verwaltungsvertrages nicht gäbe”, Walter Krebs, Verträge und Absprachen zwischen der Verwaltung und Privaten, VVDStRL 52 (1993), S. 248 ff. (S. 255 f.). 110 Der Beirat Verwaltungsverfahrensrecht beim Bundesministerium des Innern zur Fortentwicklung der Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Vertrag unter Einbeziehung verwaltungsrechtlicher Kooperationsverhältnisse zieht dies zum Beispiel in Betracht; es sei aber noch nicht entscheidungsreif, vgl. dazu die Beschlußempfehlung des Beirats, abgedruckt in NVwZ 2002, S. 834 f. (S. 834). 111 Vgl. Hartmut Bauer, Zur notwendigen Entwicklung eines Verwaltungskooperationsrechts – Statement –, in: G. F. Schuppert, Jenseits von Privatisierung und „schlankem“ Staat, Verantwortungsteilung als Schlüsselbegriff eines sich verändernden Verhältnisses von öffentlichem und privaten Sektor, 1999, S. 251 ff. (S. 271).

§ 11 Kodifikation des Rechts der Kündigung von Verwaltungsverträgen?

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staltung eine maßvolle Gesetzgebung erfolgt und keine handlungshemmende Überregulierung stattfindet. Daher offeriert sich vor allem der Weg der Verweisungstechnik in das Bürgerliche Recht. Die vorliegende Arbeit hat schließlich gezeigt, daß gerade mit Hilfe bürgerlich-rechtlicher Normen jeder verwaltungsvertragliche Kündigungsfall in den Griff zu bekommen ist. Weiterhin bietet sich die Vereinigung der bestehenden Zweigleisigkeit der die § 60 I 1 2. Alt. VwVfG und § 314 BGB berührenden Kündigungsfälle zu einem Strang dergestalt an, die systemstörende Verwaltungsverfahrensgesetzesvorschrift abzuschaffen. Schließlich darf ein Verwaltungskooperationsgesetz auch auf das Formerfordernis der Schriftlichkeit der Kündigungserklärung nicht verzichten.

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Sachwortverzeichnis Abbedingung 139, 220, 221, 222, 224, 230, 271, 272, 273, 302, 305 Abdingbarkeit 272 Abfindungszahlung 247 Abgabenrecht 34 f. Abhilfeaufforderung 208 Abhilfefristbestimmung 207 ff., 266, 301 Abhilfefristsetzung 303 Ablehnungsandrohung 208 Abmahnung 95, 96, 207 ff., 237, 265 f., 301, 303 – Schriftform 210 Abmahnungserfordernis 266 Abmahnungsregelung 95 Absicherungsfunktion 276 Abstrahierung von Zwischenebenen 74 Abstraktionsniveau 67, 296, 309 Abwägungsergebnis 265 Abwägungsvorgang 155 Abwicklung 64, 111, 171, 255, 256, 291, 293, 294, 296, 298, 307 Abwicklungsschuldverhältnis 75, 85 Aktivierender Staat (Leitbild) 46 ff., 49, 50, 60, 63, 64, 298, 312 Akzeptanz 31, 42, 44 Akzeptanz- und Konsenssuche 70 Akzeptanzsicherung 42 Allgemeininteresse 189, 283 Allgemeinwohl 239, 303 Amtshaftungsgrundsätze 290, 307 Analogie 127, 129, 146, 149, 150, 259, 263 Änderungskündigung siehe Kündigungsformen

Änderungsvertrag 169, 184, 185 Anfechtung 84, 176 Anforderungsprofil 65 ff., 70 Anhörungspflichten 111 Ankündigungs- und Warnfunktion 209 f. Annäherungsphase 65 Anpassungsanspruch 184 Anpassungsbedarf 79 Anpassungsfähigkeit 183, 192 Anpassungsflexibilität 78 f. Anpassungslösung 186 Anpassungsmöglichkeit 185, 186 Anpassungstatbestände 78 Anpassungsverlangen 108, 117, 118 Anpassungsversuch 186 Antizipation der Interessenabwägung 232 f. Antizipation der Verhältnismäßigkeit 236 ff., 283 f. Anwendungskollision 166 Äquivalenzstörung 180 Arbeitsgemeinschaften, kommunale 154 ff., 245 ff., 248, 290 Arbeitsgemeinschaftstreue 156 Arbeitsverhältnisse 92, 228 Arbeitsverträge 57, 119, 249 Aufgabenerfüllung 48, 51, 156, 208, 213 Aufgabenrückübertragung 276 Aufgabentheorie siehe Differenzierungslehren Aufgabenwahrnehmung 43 f., 276 Aufhebungsrechte 226 Aufhebungsvertrag 82 f.

Sachwortverzeichnis Auflösungsbeschränkung 265 Auflösungsfall 237, 303 Auflösungsgrund 279 Auflösungsmöglichkeit 256 Auflösungsrecht(-e) 86, 167, 245, 270 Aufrechnung 75 Aufsichtsbehörde 58 Auftragsvergabe, öffentliche 250 Ausbildungsverhältnis 148 Ausgleichsfunktion 265 Ausgleichsleistungen 287 ff. Auslegung 144, 150, 156, 168, 191, 204, 205, 248, 258, 259, 288, 299 Ausschluß bestimmter Kündigungsgründe 223 ff. Automatische Laufzeitverlängerung 295 f., 307

Baudispenserteilung 59 Bauleistungen 253 Bauverträge 250 Bedingung (aufschiebende und auflösende) 85 f. Bedingungsvereinbarung 85 Beendigungsmöglichkeit(-en) 92, 251, 278 Beendigungstatbestände 126, 154, 300 Beendigungsursachen 149 Befristungsabrede 85 Begründung der Kündigungserklärung 141 ff., 151 – bei öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverträgen 141 ff., 145 ff. – bei privatrechtlichen Verwaltungsverträgen 147 ff. – Schriftlichkeit 144 f. – Vereinbarung 146 f. Begründungserfordernis siehe Begründung der Kündigungserklärung Begründungspflicht 142, 146, 147, 148, 202

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Begründungszwecke 145 Behauptungs- und Darlegungslast 143 Bereitstellungsfunktion 81 Berufausbildung 148 Betreuungspflichten 71 Beurteilungsvorgang 150 Beweisbarkeit 132 Beweisfunktion 124, 131 Beweissicherung siehe Ziele des Formenzwangs Bewirkungsauftrag 82, 301 Bindungswirkung 78, 97, 170 Brückenkündigungsnorm 193 Brückennorm 154, 161, 243, 254, 263, 286

clausula rebus sic stantibus 162 ff., 187, 195, 300 culpa in contrahendo, verwaltungsvertragliche 71

Darlegungs- und Beweislast 202, 280 Darlehen 100, 101, 213, 214 Darlehensverträge 34, 249, 258 Daseinsvorsorge 213, 215 Dauerschuldverhältnis 89 ff. Deregulierung 40, 73, 312 Dienstleistungsvertrag 105 Dienstvertrag 257 Differenzierungslehren siehe öffentlich-rechtlicher Vertrag Differenzierungstheorie 165, 167 Dispositionsmöglichkeiten 276, 278 Dispositionssicherheit 252, 283 Dokumentationsinteresse 139 Doppelauftrag des Allgemeinen Verwaltungsrechts 81 f. Durchführungsvertrag 280

Eigenverantwortung 233 Einflußnahmemöglichkeit 220 Eingriff 75, 206, 230, 266

338

Sachwortverzeichnis

Eingriffsintensität 224 Eingriffsschwelle 221, 222 Einsatzfelder 33 ff., 38, 297 Einseitigkeit 40, 252 Einvernehmen 281 Einwirkungs- und Überwachungsrechte 81 Einzelanalogie 134 Einzelfallorientiertheit 311 e-mail 138 Entschädigungen 287 Entschädigungsregelungen 292, 296, 307 Entscheidungsbeherrschung (des Staates) 80, 222 Entscheidungsfindung 70 Entscheidungsfindungsprozeß 37, 98 Entstehungsgeschichte (eines Verwaltungsvertrags) 70 f. Erarbeitung von Gemeinsamkeiten 67 Erkenntnisinteresse 68, 73 Erklärungsbewußtsein 131 Erklärungsfrist 211 ff., 302 Erklärungsgegner 105, 274 Ermahnung 209 Ermessensfehlerfolge 144 Ermittlungspflicht 175 Ermittlungszeiten 213 Erscheinungsbereich 301, 302 Erscheinungsformen 107, 241, 251 Erschließungsanlagen 120 Erschließungsvertrag (-verträge) 59, 121, 123, 124 Erst-recht-Schluß 266 ex nunc (Wirkung) 85, 86, 286, 287, 289, 296, 306, 309 ex tunc (Wirkung) 75, 86

Fachgesetze 282 Fachrecht 270, 281, 282 Fehlerkorrektiv 220 Fehlerresistenz 77

Feststellungsziel 185 Fiskalische Hilfsgeschäfte 57 Fixschuld 210 Flexibilisierung 50, 170, 252 Flexibilität 45 f., 50, 63, 76, 78, 79, 85, 105, 283, 298 Flexibilitätsvorsorge 78, 270 Formbedürftigkeit (der Kündigungserklärung) 73, 118 ff. Formenlehre 81, 82 Formenwahl 32 Formenzwang 130, 131, 140 Formerfordernisse siehe Schriftform der Kündigungserklärung Formfreiheit siehe Schriftform der Kündigungserklärung Formmangel 136 Formulierungsungenauigkeiten 273 Formvorgaben 247, 248 Formzwecke 131 Fragenkatalog 127, 134 Fremdenverkehr 36 Fremdkörper 198 Fristablauf 85, 241, 274, 303 Fristbestimmung 94, 105, 106 Fristlänge 212, 276 Fristwahrung 260, 261 Funktionenvielfalt 33, 36, 38, 41, 65, 67, 297 Funktionsgerechtigkeit 81

Gebietskörperschaft 290 Gebot der wirtschaftlichen Haushaltsführung 106 Gefahrenabwehr 239 Gefahrenbereich 204 Gefahrenprognose 239 Gegenleistung 90, 179, 180, 235, 274, 287, 291, 292 Gegenstandstheorie siehe Differenzierungslehren

Sachwortverzeichnis Gemeinsame Standards 67, 68, 73, 74, 107, 125, 151, 152, 154, 218, 240 f., 285 f., 296 Gemeinschaftsgüter 189 Gemeinschaftslösung 156 Gemeinwohl 188, 189 ff., 192, 193, 208, 239, 301 Gemeinwohlfähigkeit 220, 228 Gemeinwohlgefährdung 187, 188, 189 Gemeinwohlinteresse 66, 169 Gemeinwohlorientierung 159 Gemeinwohlschädlichkeit 191, 192 Gemeinwohlverantwortung 79, 81 Gemeinwohlverpflichtung 204 Gemeinwohlverträglichkeit 79 Genehmigung 281 Generalklausel 211 Generalkündigungsnorm 155, 240 Gesamtanalogie 257, 258, 259, 261, 285, 304, 309 Gesamtwürdigung 203, 225 Geschäftswille 164, 171, 177 Gesellschaftsverträge 57, 249, 293 Gesetzesanalogie 133, 257, 262 Gesetzesauslegung 44 Gesetzesbegründung 101, 103, 126, 127, 145, 290 Gesetzesbindung 133 Gesetzesdirigat, kündigungsspezifisches 311 Gesetzesdirigierte Gestaltung 86 Gesetzesdirigierte Kündigungsgestaltung 311 Gesetzesnovellierung 172 Gesetzesvorschlag 73, 312 Gestaltungsmöglichkeit 278 Gestaltungsrechte 71, 72, 74 ff., 289 – Anfechtung 84, 176 – Aufrechnung 75 – Bedeutung 74 ff. – Rücktritt 75, 85 – Widerruf 75, 86, 289

339

Gestaltungsvorgaben 245, 272, 282, 295, 311 Gestufte Zulässigkeit 230 Gewährleistungspflichten 71 Gewährleistungsrechte 71 Gleichordnung 30, 206, 222 Globaler Vertragsbeendigungsfall 124 Gründevereinbarung 280 Grundgesetzprinzipien 130, 133, 135 Grundrechtsschutz 129, 130 Grundschuld 90

Handlungsarsenal, herkömmliches 64 Handlungsbeiträge 79, 80, 220, 222 Handlungsfähigkeit 116 Handlungsformen 30, 39 ff., 46, 47, 51, 128, 129, 134 Handlungsformenwahl 40 Handlungsinstrument 29, 38, 40, 66, 297 Handlungsmodus 234, 253, 264 Hauptrechtsfolge 286 f., 290, 296, 306 Haushaltsjahr 276 Heimfallrechte 294, 307 „Herren der Verträge“ 78, 225, 270 Hinweisvorschrift 217 Hypothek 90 Individualinteressen 189 Individualregelungen 153 Individualvereinbarungen 120 Informationsaustausch 42 Infrastrukturentwicklung 36 Inhaltsklarheit siehe Ziele des Formenzwangs Interessenabwägung 202 ff., 221, 225, 232 f., 236, 261, 277, 285, 304, 306, 309 Interessenausgleich 169, 266, 291, 296, 307 Internet 138 Interpretationsmaßstäbe 310

340

Sachwortverzeichnis

Investitionen 105, 274, 291 Irrtumsanfechtung 176

Klarstellungsfunktion siehe Ziele des Formenzwangs Klauselgestaltung 235 Kodifikation 66, 103, 310 ff. Kodifikationsbedarf 311 Kodifizierung siehe Kodifikation Kodifizierungsbedarf siehe Kodifikationsbedarf Kommunale Zusammenarbeit 154, 155, 156, 157, 245, 247, 290 Kommunalisierung 40 Kommunikationsergebnisse 70 Kommunikationsprozeß 44 Kompensationsfunktion 38 Kompensationsleistungen 289, 296, 307 Kompetenzrahmen 235, 283 Kompetenzzuweisung 70 Konkretisiertes Verfassungsrecht 130, 150 Konkurrenzschutzklauseln 295, 307 Konkurrenzverhältnis 160, 196, 198, 219 Konsenslösung 42 Kontrollinstanz 61 Kontrollmechanismus 79, 220, 228 Kooperationsbedarf 41 Kooperationsprinzip 40, 297 Kooperationsspektrum 48 Kooperationsvertrag 49, 297 – Begriff 50 ff. Kooperative Vertragsverhältnisse 47, 48 Kooperatives Handeln 42 Koordinationsrechtliche Verträge 58 Koppelungsverbot 235, 303 Kriterienkatalog siehe Differenzierungslehren

Kündigung von Verwaltungsverträgen – Allgemeiner Teil 74 ff. – Anwendungsbereich 72, 87, 89 ff., 104, 107, 242, 299, 307 – außerordentliche 93, 100 ff., 153 ff. – Bedeutung 75 ff. – befristete und fristlose Kündigung 96 ff. – Begriff 87 ff. – Besonderer Teil 153 ff. – Dauerschuldverhältnisse 89 ff. – Erarbeitung von gemeinsamen Standards 67 – gesetzliche Regelungen der außerordentlichen Kündigung 153 ff. – gesetzliche Regelungen der ordentlichen Kündigung 242 ff. – Gliederung in Allgemeinen und Besonderen Teil 68 – Kontrollmechanismus 79 ff. – Kündigungsarten 91 ff. – Kündigungserklärung 109 ff. – ordentliche 92, 104 ff., 241 ff. – Rechtsfolgen 286 ff. – Schriftform der Kündigungserklärung 118 ff. – Schuldverhältnisse 87 f. – Ursachen einer Vertragskündigung 97 ff. – vertragliche Regelungen der außerordentlichen Kündigung 217 ff. – vertragliche Regelungen der ordentlichen Kündigung 269 ff. Kündigungsarten 73, 74, 91 ff., 107, 109, 128, 133, 152, 153, 251, 285 – dogmatische und normative Basis 99 ff. – Kombination 285 – Konturenunschärfe 94, 96 Kündigungsausschluß 273 Kündigungsbegründung 143, 145, 147, 299

Sachwortverzeichnis Kündigungsbeschränkungen 92 Kündigungsempfänger 147, 148, 267 Kündigungserklärung 73, 99, 109 ff., 157, 160, 185, 186, 201, 202, 210, 212, 247, 248, 265, 299, 307, 308, 313 – Adressat und Erklärender 117 – Begründung 141 ff. – Inhalt 116 f. – Rechtsnatur 109 ff. – Schriftform 118 ff. – Verfahrenshandlung 116 – Zugang 91, 114 f., 136, 160, 277 Kündigungsformen 107 – Änderungskündigung 107 – Teilkündigung 107 ff. Kündigungsfrist(-en) 92, 93, 95, 100, 155, 157, 158, 160, 194, 200, 231, 232, 259, 260 f., 264, 274, 275 ff., 279, 285, 306, 309 Kündigungsgrundsatz, allgemeiner 271, 305 Kündigungsklarheit siehe Ziele des Formenzwangs Kündigungsklauseln 73, 86, 138, 215, 225, 231, 233, 239, 275, 279, 284, 285, 289 – praxisorientierte Gestaltung 73 Kündigungslage 267, 284, 291 Kündigungsschreiben 277 Kündigungsschutz 106, 279 Kündigungsschutzgedanken 105 Kündigungstermin 260 Kündigungsursachen siehe Ursachen einer Vertragskündigung Kündigungsvereinbarung(-en) 230, 239, 282, 283, 302, 303 Kündigungswahrheit siehe Ziele des Formenzwangs Kündigungswirkungen 286, 287 ff., 296, 306, 307, 310

341

Langzeitverträge 89, 91, 242, 274, 299 Lebenserfahrung 255 Legitimationswirkung 44 Leistungs-Gegenleistungs-Äquivalenz 229 Leistungsrückgewähr 287, 289 Leistungsstörungsrecht 101, 290, 307 Leitbildfunktion 87 Letztverantwortung 79, 80, 299 lex specialis -Regel/-Grundsatz 154, 160, 198, 199, 244

Massengeschäfte 138, 139, 140 Mietrecht 148 Mietverhältnis 83, 215 Mietverträge 119, 214, 249 Mietvertragsrecht 249 Mindestkündigungsfristen 228 Mindeststandards 80, 222 Mißbilligungswürdigkeit 253 Moderner Staat – Moderne Verwaltung (Programm der Bundesregierung) 63, 73, 311 Modernisierung des Schuldrechts 87, 91, 93, 100, 194 Nachvertragsphase 71 Namenswiedergabe 138 Nichterfüllung 268 Nichtigkeitsgründe 173 Nichtigkeitsrechtsfolge 144, 176 Normenkontrollgerichte 172 Normergänzung 126, 133 Normgefüge 165, 263 Normkollisionen 154, 244 Notarielle Beurkundung 139 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 58, 192, 193 – Abgrenzung 53 ff. – Differenzierungslehren 54 ff.

342

Sachwortverzeichnis

Opfergrenze 183 Orientierungshilfen 66, 312

Pachtverträge 249, 257 pacta sunt servanda (Grundsatz) 42, 75, 76, 98, 156, 206, 236, 265, 274, 298 Parakonstitutionelle Akteure 79 Parteiabreden 256 Parteiendifferenzierung 232, 277, 280 Parteiinteressen 79, 233, 256 Parteivereinbarungen 224 Parteivorstellungen 281 Parteiwille 225, 255 Partikularismus 311 Pathologieorientiertheit 63 Personal- und Sachausstattung 276 Perspektivenerweiterung 64 Pflegesatzvereinbarungen 34 Pflichtverletzung 195, 210 Planänderung 38 Plangewährleistungsproblematik 38 Planwidrige Lücke 127 Positive Vertragsrechtslehre siehe Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik Prävertragliches Stadium 70 Prinzip der Zweiseitigkeit 40 Privatautonomie 69, 70, 122, 133, 135, 234, 264, 282 Privatisierung 40, 45, 46 Privatverträge 53, 105, 109, 110, 264 Prozedurale Konzeption 70, 72 Prozedurale Vorgehensweise 70, 298 Public Private Partnership 45, 46, 48, 66

Qualifikationsanforderungen an Vertragspartner 112 Querschnittscharakter 68

Rahmenbedingungen 39, 47, 48, 170, 172, 173, 177, 184, 185

Rahmenbedingungsänderungen 189 Rahmendaten 170, 176, 198 Reaktionsfrist 278 Reaktionszeit 276 Rechtsanalogie 255, 257 ff., 264, 285, 304, 309 Rechtsaufsichtsbehörde 281 Rechtsbindungswillen 131 Rechtsetzungsform 310 Rechtsfolgen, einer verwaltungsvertraglichen Kündigung 286 ff. Rechtsfolgenakzeptanz 232 Rechtsformoffenheit 243 Rechtsfortbildung 311, 312 Rechtsfrieden 76 Rechtsklarheit (Gebot) 116, 124 Rechtsnachfolge 83 – Nachfolgefähigkeit 83 – Nachfolgekörperschaft 84 – Nachfolgetatbestand 83 Rechtsordnung 39, 70, 97, 98, 153, 234, 241, 242, 255, 267 Rechtsquellencharakter 77 Rechtsrahmen 65, 312 Rechtssicherheit 77, 78, 124, 125, 132, 133, 149, 150 Rechtsstaatsprinzip 33, 132 Rechtstradition, deutsche 68 Rechtswegzuweisung 52, 298 Regel-Ausnahme-Verhältnis 272 Regelermessen 141 ff., 146, 150, 299 Regelungsanleitungen 66, 312 Regelungsgehalt des § 60 I 1 VwVfG 162 ff., 168, 195 Risikobereich 181, 203, 204 Risikobewußtsein 181 Risikosphären 204 Risikoverteilung 181, 182 Rückabwicklung 86, 113, 286, 288, 289, 296, 306, 309 Rückabwicklungsmodalitäten 113 Rücksichtnahmegebot 267, 284

Sachwortverzeichnis Rücktritt 75 Rücktrittserklärung 85, 216 Rücktrittsrecht 216, 288 Rücktrittsvorbehalt 85

Sachgerechtigkeit 235, 253, 267 ff., 281, 283 f., 285, 305, 309 Satzungen 41, 64, 290 Schadensersatz 287, 291 Schadensersatzansprüche 38, 290, 307 Schadensersatzrechtsfolge 291 f., 296, 307 Schadensersatzregelungen 291 Schriftform der Kündigungserklärung 118 ff. – bei Kündigung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsverträge 118 ff. – bei Kündigung privatrechtlicher Verwaltungsverträge 119 ff. – Divergenz der Formerfordernisse 122 ff., 138 – Rechtsfolge bei Verstoß 136 f. – Rechtsfolgen des Schriftformerfordernisses 137 f. – umfassendes Formerfordernis 121 ff. Schriftformerfordernis siehe Schriftform der Kündigungserklärung Schuldrechtsmodernisierung 288 Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 120, 165, 166, 175 Schutz vor Übereilung siehe Ziele des Formenzwangs Schutzauftrag 82 Sekundäre Kündigungswirkungen 286, 287 ff., 296, 306, 307, 310 Selbstregulierungspotentiale 47 Selbststeuerung 64 Sicherungsmittel 80 Signatur 138 Sittenwidrigkeit 234, 253, 282

343

Sittenwidrigkeitsgrundsatz 295 Situationsveränderung 79 Sonderkündigungsrecht(-e) 187 ff., 191, 239 f., 241, 289, 300, 301, 307 Sozialrecht 34 Sozialstaatsprinzip 236, 268, 269, 284 Spannungsverhältnis (von Stabilität und Flexibilität von Verträgen) 78, 79 Sperrfristen 221, 274, 306 Sperrfristklauseln 221 Spezialgesetze 161, 200, 301 Spezialität 200 Staats- und Kirchenverträge 53 Staatsaufgaben 39, 47, 50, 52 Staatsverständnis 47, 297 Stabilität 76 ff., 298 Städtebauliche Verträge 51, 52, 135 Städtebaurecht 120 Stadtentwicklung 36 Standardkündigung 228 Stellplatzpflicht 33 Störung im eigenen Risikobereich 181, 203, 204 Strukturelle Überlegenheit im Vertragshandeln (des Privaten) 112 f. Strukturierungsangebote 66, 312 Subordinationsrechtliche Verträge 32, 58 f., 111 Subsidiarität 196, 197, 243, 271 Subsidiaritätsverhältnis 183 Subventionsrecht 35

Teilkündigung siehe Kündigungsformen Teilrechtsordnung 67 Telefax 138 Totalkündigung 108, 109 Transformation 103, 193 Transformationsnorm 213

344

Sachwortverzeichnis

Treu und Glauben (Grundsatz) 101, 104, 115, 136, 137, 165, 179, 180, 186, 196, 203, 212, 253, 256, 260, 267, 276, 282, 306

100, 168, 234, 288,

Übereilungsschutz 139 Übermaßverbot 192 Übernahmepflicht 247 Überregulierung 63, 64, 313 ultima ratio (Prinzip) 79, 109, 183, 192, 206, 236 Umfeldveränderungen 79 Umweltrecht 35 Unangemessenheit 252, 283 Unkündbarkeit 274 Unmöglichkeit 156, 184, 185 Unsicherheitsfaktor 230 Unterfallösung 251 Unverhältnismäßigkeit 269 Unwirksamkeit 136, 190, 252, 283 Unwirtschaftlichkeit 158 Unzumutbarkeit i.S.v. § 60 I 1 VwVfG 173, 178 ff., 203, 204, 220 Urkundsbeweis 132 Ursachen einer Vertragskündigung 97 ff.

Ver- und Entsorgung, kommunale 36 Verantwortlichkeiten 79 Verantwortungsfähigkeit 81 Verantwortungsteilung 47, 81, 208 Vereinbarungsmöglichkeit 285 Verfahrensbeschleunigung 50 Verfahrensökonomie 44 Verfahrensschutz 111, 112 Verfahrenssicherungen 111, 113, 129 Verfassungsherkunft 130 Verfassungsrecht 129, 130, 132, 133, 135, 149 Verfassungsrechtsgüter 130, 133, 150 Verfassungsstaat 311

Verfassungssubstanz 128, 130 ff., 133, 134 Verhaltensänderung 211 Verhältnisänderung 170 ff. Verhältnismäßigkeit 205 ff., 236 ff., 266, 269, 279, 281, 283 f., 301, 305 Verhältnismäßigkeitsaspekt(-e) 236, 237, 285 Verhältnismäßigkeitserwägungen 236, 303 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 264, 265, 284 Verhältnismäßigkeitsprinzip 183, 192, 206, 237, 265, 267, 273 Verhältnismäßigkeitsprüfung 206, 239, 303 Verhältnismäßigkeitsschranke 266 Verhandlungsbereitschaft 186 Verhandlungsführung 113 Verkehrssitte 256 Verkehrsübung 255 Verläßlichkeit 76, 78, 131, 132, 133, 149, 150 Vermittlungs- und Entlastungsfunktion 68 Vermögensaufteilung 247 Vermögensinteressen 190 Verordnungen 37, 290 Verpflichtungskraft 255 „Verschwimmen“ der Kündigungsarten 94, 95 Vertrags- und Plantreue 42 Vertragsabwicklung 173 Vertragsanbahnungsphase 71 Vertragsänderungen 78 Vertragsanpassung 79, 109, 143, 170, 176, 183 ff., 192 f., 195, 206, 207, 216, 237, 240, 265 f., 300, 303, 308 Vertragsanpassungsgedanken 78 Vertragsanpassungslehre 79 Vertragsanpassungsmöglichkeit 195, 207, 301

Sachwortverzeichnis Vertragsaufhebung 78, 170, 306 Vertragsauflösung 195, 196, 256, 258, 260, 265, 275, 285, 286, 304, 309 Vertragsauflösungsfall 232 Vertragsauslegung 171, 178, 255 ff., 258 f., 261, 268, 304 Vertragsbeendigung 71, 75, 79, 92, 95, 98, 99, 104, 105, 124, 132, 135, 136, 142, 233, 239, 266, 274, 286 f., 291, 292, 296 Vertragsbeendigungsfall 124, 233 Vertragsbeendigungsinteressen 78, 79 Vertragsbeendigungsmotivation 98 Vertragsbeendigungswirkung 85, 89, 105, 106, 115, 286, 306, 310 Vertragsbestandteil 108, 171 Vertragsbeziehungen 256 Vertragsdauer 94, 105, 242, 262 Vertragserfüllung 70, 71, 208, 298 Vertragsfolgenbeseitigung 294 Vertragsfortsetzung 123, 204 Vertragsgebilde 123, 124, 202, 237, 295 Vertragsgegenstand 58, 254, 276 Vertragsgestaltung 52, 63, 66, 71, 72, 73, 94, 95, 109, 153, 229, 230, 232, 233, 235, 236, 237, 245, 248, 249, 267, 278, 279, 282, 284, 288, 292 – gesetzesdirigierte Gestaltung 86 – Grenzen 234 ff., 282 ff. – Steuerungsbedürfnisse 63 Vertragsgestaltungsautonomie 266 Vertragsinhalt 90, 123, 161, 164, 170, 177, 229, 300 Vertragsklauseln 47, 67, 113, 147, 222 Vertragsmodifikation 184 Vertragsnachverhandlungen 130 Vertragsnaturschutz 35 Vertragsparameter 178, 182 Vertragspartneraustausch 235, 268 Vertragspflichten 177, 178, 208, 256 Vertragsrüge 209

345

Vertragsschluß, -abschluß 65, 67, 70, 71, 72, 78, 85, 90, 97, 132, 169, 170, 174, 176, 177, 188, 191, 201, 224, 229, 239, 255, 260, 300 Vertragsschlußkompetenz, staatliche 70 Vertragsstrafen 71 Vertragstreue 178 Vertragstyp(-en) 46, 47, 65, 90, 152, 180, 214, 248, 249 f., 272, 296, 307 Vertragsumfeld 169, 172 Vertragsverhandlungen 65, 71, 232, 303 Vertragsverletzung 209, 211 Vertrauensgrundlage 211 Vertrauenstatbestand 192 Vertretungsregeln 137 Verwaltungsakt 31, 33, 41, 58, 60, 62, 64, 77, 85, 110 f., 113, 114 – Einsatzspektrum 31 – mitwirkungsbedürftiger 31 – Nebenbestimmungen 31 – verwaltungsaktstypischer Verfahrensschutz 111, 112, 113 – zustimmungsbedürftiger 31 Verwaltungsaufgaben 36, 45, 46, 55, 64, 269 Verwaltungskooperationsgesetz 312, 313 Verwaltungskooperationsrecht 48, 66, 72, 112, 134, 310, 312 Verwaltungsorgan 206, 265 Verwaltungsprivatrecht 52, 87, 214 Verwaltungsrechtslehre 29 Verwaltungsverantwortung 79, 220, 228 Verwaltungsvertrag – Bedeutungszuwachs 33 ff., 41 ff., 46, 50, 65, 297 = Akzeptanzsicherung 42 = Flexibilität und Wirtschaftlichkeit 45 f.

346

Sachwortverzeichnis

= konkrete einzelfallbezogene Aufgabenwahrnehmung 43 f. = Nutzung privaten Potentials 42 f. – Begriff 50 ff., 297 f. – Einsatzfelder 33 ff. – Entwicklungsstand 29 ff. – Feststellung der Rechtsnatur 54 ff. – Funktionenvielfalt 33, 36, 38, 41, 65, 67, 297 = Kompensationsfunktion 38 = normersetzende Funktionen, Normgestaltung, Normkonkretisierung 37 = personelle und zeitliche Dimension 36 f. – Handlungsinstrument 38 ff. – Historische Vorbehalte 30 ff. – normative Unterbilanz 50 ff., 62 f. – subordinationsrechtliche Verträge 32, 58 f., 111 – umfassendes Verständnis 50 ff. – Zukunftschancen 49 f. – zurückhaltende Erforschung 32 – Zwischenbilanz 29 ff. Verwaltungsvertragsdogmatik 70, 71, 297, 298 Verwaltungsvertragsgestaltung siehe Vertragsgestaltung Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik – Abstrahierung von Spezialproblemen 68, 298 – Anforderungen 50 ff. – Anforderungsprofil 65, 66, 70 – Aufgaben 65 f., 298 – Bereitstellungsfunktion 81 – defizitäre Vertragsrechtslehre 50 ff. – dogmatische Zwischenebenen 68, 74 – Entwicklungsstand und Anforderungen 50 ff. – Erarbeitung von Gemeinsamkeiten 67, 68

– Gemeinsame Standards 67, 68, 73, 74, 107, 125, 151, 152, 154, 218, 240 f., 285, 296 – Hilfestellungen der Zivilrechtsdogmatik 69 f. – negative Funktion 63 – normative Unterbilanz 50 ff., 62 f. – Perspektivenerweiterung 64 – Positive Vertragsrechtslehre 63 ff., 298 – prozedurale Vorgehensweise zur dogmatischen Durchdringung 70, 298 – rechtsdogmatische Annäherung 66 ff. – rechtsformunabhängige Betrachtungsweise 66 ff. – Stand 59 ff. Verwaltungsvertragsrechtslehre siehe Verwaltungsvertragsrechtsdogmatik Verwaltungsvertragstypen siehe Vertragstypen Verweisungstechnik 313 Verwirkung 210, 212 Völkerrechtliche Verträge 53 Volksgesundheit 190 Vorbehaltslehre siehe Differenzierungslehren Vorfeldsicherung 80, 222 Vorleistung 287, 288 Vorordnungslehre siehe Differenzierungslehren Vorsorgemaßnahmen 105 Vorvertragliche Beziehungen/Rechtsverhältnisse 70, 71 Vorvertragsphase 298

Warnfunktion 124, 131, 209 Wegfall (Änderung/Störung) der Geschäftsgrundlage 71, 155, 162 ff., 174 ff., 177, 181, 182, 183, 187 ff., 195 ff., 199, 200, 215 ff., 228, 229, 240, 265, 288, 289, 300, 301, 302

Sachwortverzeichnis Weiterhaftung 246 Werkvertrag (Werkvertragsrecht) 90, 120, 123, 124, 250 Wertausgleichsanspruch 288, 306 Wettbewerbsverbote 295, 307 Wichtiger Grund 93, 94, 98, 100 ff., 106, 120, 147, 153, 155 f., 157 ff., 166, 167, 193, 194 ff., 199 f., 200 ff., 205 ff., 211, 213, 215 ff., 219 ff., 230 ff., 239, 240, 246, 250, 251, 254, 261, 278 f., 282, 284, 301, 302, 303, 308, 309 Widerruf 75, 86, 289 Widerrufsrecht 86 Widerrufsvorbehalt 86, 109, 289 Wiederherstellung 60, 294 Wiederherstellungsregelungen 293 f., 296, 307 Willenserklärung 84, 85, 86, 87, 109 ff., 116, 131, 137, 151, 299, 307 Willensmängel 114

347

Wirksamkeitsvoraussetzung 114, 136, 146, 147, 148, 150, 251, 281, 299 Wirkungstermin 275 ff., 285, 306, 309 Wirkungsterminfestlegung 276

Zeitelement 89 Ziele des Formenzwangs 130, 131 Zivilrechtsdogmatik 69 f., 196, 197 Zivilvertragsdogmatik 69, 70 Zukunftsoffenheit 224, 229, 246, 278 Zumutbarkeitserfordernis 101 Zumutbarkeitsgrenze 229 Zusammenarbeit, kommunale siehe kommunale Zusammenarbeit Zwangsverhältnisse 205, 235, 268, 284 Zwangsvollstreckung 72 Zweckvereinbarungen, kommunale 101, 106, 157 ff., 247, 290 Zweigleisigkeit 313 Zweistufenprüfung 202 ff., 301 Zwischenebene, dogmatische 68, 74