Schwarzer Rolli, Hornbrille: Plädoyer für einen Wandel in der Planungskultur 9783868599671, 9783868596984

According to a recent American study, sexism and racism are so widespread in architecture that there is a distaste for t

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German Pages 144 [160] Year 2022

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Junge Frauen und junge Architektinnen
Wahrnehmung weiblicher Architekturgeschichte
Schwarzer Rolli, Hornbrille
Architektur lernen
Entwerfen Frauen anders?
Öffentliche und private Räume
Fachdiskurs in Selbstreflexion
Im Gespräch mit Afaina de Jong
Perspektive
Glossar
Endnoten
Literatur
Dank
Bildnachweis
Impressum
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Schwarzer Rolli, Hornbrille: Plädoyer für einen Wandel in der Planungskultur
 9783868599671, 9783868596984

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Schwarzer Rolli, Hornbrille Plädoyer für einen Wandel in der Planungskultur

Karin Hartmann

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Vorwort 9 Junge Frauen und junge Architektinnen 13 Atmosphäre in der Architektur 15 Strukturelle Benachteiligung 15 Bürostrukturen 19 Alternative Selbstständigkeit 20 Alte und neue Aufgaben 20 Mutter werden als Sollbruchstelle 23 Schublade Teilzeit 24 Kinderbetreuung am Limit 25 Individuelle Entscheidungen 26 Wahrnehmung weiblicher Architekturgeschichte Eine Frage der Relevanz 30 Das Erbe und seine Wahrnehmung 33 Zurückdrängung 34 Sorge vor einem eigenen Genre 37 Architektinnen als Avantgarde 38 White Men as an Institution 41 Aufarbeitung 42 29

Inhalt

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7

Schwarzer Rolli, Hornbrille 45 Vom Lone Genius zum Star 45 Insignien und Privilegien 48 Architektin und Frau 50 Individuelle Entscheidungen 53 Kulturwandel auf Sicht 53 Architektur lernen 57 Initiationsrituale 58 Lernen durch Nachahmung 59 Wandel in der Lehre 61 Berufung ohne Theorie 62 Entwerfen Frauen anders? 67 Das Homeoffice der Familie Poelzig Care 70 Entwerfen ohne Kontext 73 Kritik an der Stadt heute 74 Jane Jacobs und Robert Moses 75 New York 77 Barcelona 77 Wien 78 Einflüsse aus Europa und der Welt 80

68

Öffentliche und private Räume 89 Der Raum, der bleibt 90 Orte für Mädchen und junge Frauen 92 Wahrnehmung schulen 94 Fachdiskurs in Selbstreflexion 101 Medien als Verstärker 102 Gegenbewegungen 104 Ausstellungen 107 Ambivalente Wettbewerbskultur 108 Auszeichnungsverfahren 110 Frauennetzwerke 110 Parallelstrukturen 111 Im Gespräch mit Afaina de Jong 117 Perspektive 127 Glossar 128 Endnoten 134 Literatur 148 Dank 155 Bildnachweis 156 Impressum 160

9—11

Vorwort

Der gesellschaftliche Diskurs um Chancengleichheit von Frauen und weiteren marginalisierten Gruppen hat in den letzten drei Jahren an Geschwindigkeit und Intensität zugelegt. Es scheint, als sei ein tipping point überschritten, und die Diskussion um strukturelle Benachteiligungen hat die Mitte der Gesellschaft erreicht. Ob zum Gender Care, Gender Pay oder Gender Pension Gap, zur Karriere von Kommunalpolitikerinnen oder zur Benachteiligung von Frauen in Kunst und Literatur: Die „Gender-Frage“ ist in aller Munde. In der Planungs- und Baubranche hat die Anzahl der Publikationen, Initiativen und Aktionen zum Thema Chancengleichheit zugenommen: Der Status quo wird offengelegt, diskutiert und visualisiert. Diskriminierende Strukturen in Universitäten und Büros werden öffentlich gemacht. Veröffentlichungen, Podcasts und Bildbände stellen das vergessene Werk von Planerinnen und Architektinnen explizit vor. Insbesondere in den sozialen Medien sind Initiativen aktiv, die nicht aus einem Problembewusstsein heraus, sondern proaktiv und selbstverständlich ihre eigenen Inhalte behandeln und neue Netzwerke bilden. Hier knüpft der Titel Schwarzer Rolli, Hornbrille an. Die Assoziationen zu Corbusier, Mies und Co. lassen uns zwar in eine bestimmte Nostalgie verfallen, doch: Bilden unsere Helden die vielfältige heutige (Architektur-)Welt noch ab? Wer hat eine Stimme, und wer darf sprechen? Was ist relevant, und wer entscheidet darüber? Die Debatten 9

haben zum Ziel, neue Blickwinkel zu eröffnen, aber auch alte zu korrigieren. So geht es weniger darum, die fehlenden Erfahrungen aus Lebensrealitäten zum Beispiel von Frauen zur gegenwärtigen Perspektive der Planung zu addieren, sondern eher darum, einen intersektionalen Standpunkt einzunehmen und zur Grundlage eines Wandels in der Planungskultur zu machen. Auch dem Mainstream-Fachdiskurs aus Lehre, Medien, Institutionen und Praxis dämmert, dass die Frage der Chancengleichheit sich bei aller Offenheit für Lösungen nicht automatisch lösen wird. Auf dem Arbeitsmarkt fehlen die gut ausgebildeten Frauen, damit steigt der Handlungsdruck, die dahinterliegenden Ursachen anzuschauen. Fehlt es an role models in Lehre und Praxis? Ist der historisch gewachsene Habitus der Profession zu wenig anschlussfähig? Warum nehmen Frauen den Platz nicht ein, der ihnen zusteht? Angekommen in der vierten Welle eines Feminismus, der sich zunehmend einer intersektionalen Ausrichtung verschreibt, und in einer dritten Welle feministischer Debatten in der Architektur, lässt sich der fachkulturelle Diskurs kaum ohne den gesellschaftlichen führen. Zur Debatte steht die Perspektive an sich. Eine vornehmlich durch einen male gaze geplante Umwelt lässt oftmals die Bedürfnisse von Frauen – Schwarz, weiß und of Color –, Älteren, Kindern und Personen mit Kinderwagen oder Rollstuhl außen vor. Darüber hinaus gelten als bauliche Hochkultur weiterhin vor allem Architektur und Städtebau, die den westlichen Industrienationen entstammen und die Perspektive des westlichen Denkens zum Maßstab machen. Um die Sicht und das Handeln explizit der Frauen früher wie heute zu verstehen, ist es sinnvoll, auf systemische Ursachen der Diskriminierung zu schauen, die in der Architektur verstärkt wirken, und auf den Nachhall der Sozialisierung als Frau. In Schwarzer Rolli, Hornbrille wird weiter die Frage thematisiert, welche Leerstellen die fehlenden Perspektiven in der Architektur und Planung hinterlassen. Was geht durch fehlende Lebensrealität von anderen verloren? Darf man den kausalen Zusammenhang zwischen abwesenden Perspektiven und einer respektive wenig vielfältigen gebauten Umwelt überhaupt herstellen? Leben wir nicht in 10

einer neutralen, fertigen Stadt, die für alle die gleiche Hintergrundfolie ihres Alltags bildet? Die Erreichung von Chancengleichheit ist nicht nur ein Nice-to-Have der Branche in Deutschland oder Europa. Viele Indizien sprechen dafür, dass die Neuorientierung der gesamten Baubranche im Zeichen des Klimawandels – und zwar weltweit – eng mit der Debatte um Gender Equality verbunden ist. Fehlende Handlungspraktiken von Architekten, eine historisch androzentrisch geprägte Entwurfshaltung und die Frage, wer welches Geld wofür ausgibt, haben in den letzten Jahrzehnten einen entscheidenden Einfluss auf die eher wenig entschiedene Verfolgung der Klimaziele ausgeübt. In den vergangenen Jahren haben sich, oft aus Universitäten heraus, Initiativen, Kollektive und Netzwerke gegründet, die eine diversere Neuausrichtung von Lehre und Fachdiskurs fordern. Sie kommen ohne Traditionen aus – es gibt kaum Berührungspunkte zum „klassischen Fachdiskurs“. Die Architektin des niederländischen Pavillons der Architekturbiennale in Venedig 2021 Afaina de Jong thematisiert mit ihren Arbeiten Fragen zwischen Raum und Gesellschaft und spricht im Interview zu ihrer Haltung zwischen Aktivismus und Architektur. Die fachliche Debatte um Gleichberechtigung in der Architektur ist vollends entbrannt. Möge Schwarzer Rolli, Hornbrille dazu beitragen, dass die Diskussion und die Aushandlungsprozesse in der Planungskultur tiefer und breiter werden. Mögen die gemeinsame Liebe zur Architektur und die Demut gegenüber dem Privileg, unsere gebaute Umwelt gestalten zu dürfen, als gemeinsamer Nenner für eine Weiterentwicklung und ein Verständnis untereinander dienen. Möge aus einer Einfalt eine Vielfalt werden!

11

13—27

Junge Frauen und junge Architektinnen

„Ich war keine Feministin. Aber durch den Architekturberuf bin ich eine geworden.“1  Anna Heringer, Studio Anna Heringer

Studierende der Architektur erwarten nach ihrem Abschluss sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Branche boomt, gute Leute sind gefragt. Mit großer Wahrscheinlichkeit können sie ihren Beruf erfüllend ausüben, sich weiterentwickeln und in leitende Positionen aufsteigen. Die Entwicklung zeigt jedoch, dass Absolventen in der Architektur nach ihrem Berufseinstieg eine andere Entwicklung nehmen als Absolventinnen – und dies bei gleicher Qualifikation. Seit 2006 Jahren schließen mehr Frauen als Männer das Architekturstudium ab. Dennoch machen sie seltener Karriere und bleiben eher in weisungsgebundenen Positionen. Sie verdienen weniger und werden seltener befördert. In vielen Fällen wenden sie der Architektur im Laufe ihrer Berufsbiografie ganz den Rücken zu. Alternativ entscheiden sie sich für architekturnahe, aber bauferne Bereiche und arbeiten in Fachmedien, Stiftungen, Verbänden oder im Mittelbau der Lehre. Diese Entwicklung und Prognose zu Studienabgängerinnen erhöhen die beruflichen Chancen für Absolventen. Die Kommilitoninnen bilden statistisch keine große Konkurrenz, im Gegenteil: Ihr perspektivischer Drop-out verbessert die Karriereaussichten der Männer. 13

Warum? Schließlich ist die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter seit Langem vollzogen. Während die Frage der Unsichtbarkeit von Architektinnen die Planung schon seit den 1970er Jahren beschäftigt, sind die Auswirkungen noch immer die gleichen geblieben: Architektinnen fassen weniger Fuß in ihrem Beruf oder bleiben im Mittelfeld. Während es in den MINT-Fächern eigentlich darum geht, Frauen zum Studium zu motivieren, scheint es in der Architektur zusätzlich ein Problem zu sein, sie im Beruf zu halten. eingetragene Architektinnen

Absolventinnen

100%

60% 50%

23%

21%

18 %

35%

40%

Abb. 1: Absolventinnen im Fach Architektur versus eingetragene Architektinnen 1995–2020. Quelle: Bundesarchitektenkammer/Statistisches Bundesamt H201/ Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018/Auswertung: Karin Hartmann/ Infografik: PAPINESKA 14

2020

2015

2010

2005

2000

1995

0%

Atmosphäre in der Architektur Entsprechend der Statistik der Bundesarchitektenkammer 2020 beträgt der Frauenanteil der angestellten oder selbstständigen eingetragenen Architekten 35 Prozent.2 Nur 28 Prozent der Professuren in der Architektur sind von Frauen besetzt. Über die Hälfte der Architektinnen, jedoch nur jeder vierte Architekt arbeitet in weisungsgebundenen Positionen, sei es in Architektur- und Stadtplanungsbüros, dem öffentlichen Dienst oder der gewerblichen Wirtschaft. Auf der europäischen Ebene hat sich der Anteil von Architektinnen in zehn Jahren erhöht. Laut der Sektorenstudie des Architects’ Council of Europe stieg die Anzahl der Architektinnen in Europa von 31 Prozent im Jahr 2010 auf 42 Prozent im Jahr 2020. Das ist eine erstaunliche Entwicklung, die vor allem einem sehr hohen Anteil von Architektinnen in Serbien, Kroatien, Schweden und Polen zu verdanken ist.3 Ein Prozent der Befragten bezeichnet sich als nonbinär oder möchte zum Geschlecht keine Aussage machen.4 Strukturelle Benachteiligung Der Studie Frauen in der Architektur der Technischen Universität München zufolge sind beide Geschlechter hochzufrieden mit ihrem Studienentschluss und gehen in ihrem Fach auf.5 Was geschieht danach mit den gut ausgebildeten Hochschulabsolventinnen? Wie immer wieder genannt trifft sie nach Ankunft im Beruf eine Art Praxisschock. Vermutlich erleben sie, wie viele Benachteiligte in anderen Fächern, bei ihrem Eintritt in den Arbeitsmarkt strukturelle Diskriminierungen. Für Deutschland und Europa liegen kaum Daten zum Ausmaß und zur Systematik struktureller Benachteiligung von Frauen und marginalisierten Gruppen in der Architekturbranche vor. In Nordamerika ist das Feld wesentlich weiter erschlossen. Während in Deutschland das Ausmaß der Diskriminierung im Mainstream allenfalls partiell angekommen ist, liegen für die Vereinigten Staaten mit der Studie des American Institute of Architects (AIA) und Center for WorkLife Law veröffentlicht im Januar 2022 endlich differenzierte Daten zum Bias auf der Grundlage von Gender oder race/Ethnie in der Architekturpraxis vor. 15

Bias ist laut der Definition der Studie: „Eine einfache Definition von Bias ist die, dass zwei ansonsten gleiche Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe unterschiedlich behandelt werden; tatsächlich wird Bias oft gemessen, indem bei Menschen, denen gleiche Lebensläufe gegeben wurden, dokumentiert wird, wie Menschen unterschiedlicher sozialer Gruppen unterschiedlich behandelt werden.“  6 Im Ergebnis einer Befragung von 1346 Architekturschaffenden aller Altersstufen, Positionen, Ethnien und Geschlechter werden auf 192 Seiten gezielt die verschiedenen Bias in der Architektur ermittelt, definiert und analysiert. Das Ergebnis ist schlagend und gab der Studie ihren Namen: „We found an elephant in the room: White Men are having a different experience than all other groups in architecture workplaces.“ 7 In 13 untersuchten Arbeitsfeldern, von Zugehörigkeit über Langzeitperspektive bis hin zur Fairness bei der Beförderung zeigt die Studie auf, welche Disparitäten sich offenbaren unter Schwarzen Männern und Frauen, men/ women of color und weißen Männern und Frauen. Die Studie legt nicht nur die Missstände der Branche detailliert dar: Mit den Bias Interrupters liefert die Studie differenzierte Instrumente, mit denen Diskriminierung abgebaut und die Diversität im Betrieb systematisch erhöht werden kann. Evidenz- und datenbasiert sind sie einfach einsetzbare Arbeitshilfen, um Abläufe nachhaltiger zu strukturieren. Mit dieser Studie ist für die Architekturbranche ein Meilenstein gesetzt. Sie sucht in Umfang und Untersuchungstiefe ihresgleichen. Obwohl die ökonomische, soziale und arbeitskulturelle Situation in Nordamerika anders ist als in Deutschland, decken sich fachkulturelle Aspekte in der Architektur, da sie der gleichen Genese entstammen, die weltweit für die Profession des Architekten gilt und exportiert wurde. So setzt die Studie neue Standards und entlässt die Branche aus ihrer Ahnungslosigkeit. Sie analysiert differenziert die Arbeitssituation der Diskriminierten und gibt ihnen Handlungsmöglichkeiten an die Hand – aber auch Argumente für die Entscheidung, in einer so stark diskriminierenden Branche erst gar nicht arbeiten zu wollen. Ein wiederholter Fingerzeig der Studie ist der Hinweis, 16

Abb. 2: Die gleichen Aussagen von Frauen und Männern können unterschiedlich ausgelegt werden. Quelle: Sarah Cooper/Mentor Verlag Berlin

dass die vollen Potenziale der Belegschaft dank Diskriminierung und Silencing 8 nicht gehoben werden. In der Konsequenz arbeiten die besten Mitarbeiter:innen weit unter ihren Möglichkeiten, zu Lasten der Wirtschaftlichkeit des Büros. Die Komikerin Sarah Cooper illustriert, wie gleiche Aussagen im Büro unterschiedlich bewertet werden.

Es bleibt spannend zu beobachten, welchen Einfluss die Erkenntnisse der AIA-Studie auf Europa und Deutschland haben werden. Eine vergleichbare Studie liegt in Deutschland nicht im Ansatz vor. Die Bundesarchitektenkammer hat 2020 eine geschlechtsspezifische Auswertung der Befragung ihrer Mitglieder vorgenommen. Bei der Analyse der niedrigen Rate der Frauen in Führungspositionen kommt das Forscherteam Reiß & Hommerich zu dem Fazit: „Es zeigt sich jedoch, dass die Frauen unter den angestellten Kammermitgliedern unabhängig von der Dauer ihrer Berufserfahrung seltener in leitenden Positionen tätig sind als ihre männlichen Kollegen. […] Der unterdurchschnittliche Anteil von Frauen in leitenden 17

60%

Männer

Frauen

100%

64 %

50% 40%

0%

Anzahl Büros

32 %

4 %

Abb. 3: Geschlechterbalance in den Architekturbüros des BauNetz-Ranking Top 100 national Quelle: BauNetz-Ranking Top 100 national Januar 2021/ Infografik: PAPINESKA

Positionen ist […] nicht auf ihre im Vergleich geringere Berufserfahrung zurückzuführen.“  9 Diese Aussage weist auf strukturelle Diskriminierung hin, die jedoch in dem Rahmen der Auswertung nicht analysiert wird. Hinweise auf eine geschlechtsspezifische Diskriminierung gibt die Münchner Studie. Sie deckt die in der Architektur fachkulturell verankerten besonders exkludierenden Professionalisierungsprozesse auf, die Frauen daran hindern könnten, in Leitungspositionen aufzusteigen: „Frauen werden die nötigen Fähigkeiten zur Ausübung des Berufs abgesprochen und sie werden zunehmend zu Hilfstätigkeiten und in Assistentinnenpositionen gedrängt.“ 10 18

Bürostrukturen Wie sich die Verteilung der Geschlechter in den Strukturen deutscher Architekturbüros im Ergebnis niederschlägt, zeigt sich bei einer Analyse des BauNetz-Ranking Top 100 national. Eine Auszählung der Partnerinnen oder Geschäftsführerinnen führt zu folgenden Ergebnissen: Von 100 Büros sind 64 in rein männlicher Hand. Weitere 32 werden gemeinsam geführt – hier aber selten paritätisch und nicht ein einziges Mal in weiblicher Überzahl – allein vier Büros sind in rein weiblicher Hand. Wer die Branche kennt, braucht nicht lange nachzudenken, um wen es sich dabei handeln könnte. Zu einem faktischen Ungleichgewicht kommt die Tradition freier Berufe, Büros entsprechend den Nachnamen der Inhaber:innen zu benennen – ist eine Frau dabei, ist sie nicht auf den ersten Blick sichtbar. So gehen viele Büroinhaberinnen an ihr Telefon und müssen erst aufklären, dass sie nicht die Ehefrau von Herrn Schmidt sind, sondern Schmidt.11 Es gibt jedoch mehrere Büros von Architektinnen, die mit ihrem Vor- und Nachnamen firmieren wie Studio Anna Heringer und Helga Blocksdorf Architektur. Die Architektin Gesine Weinmiller firmierte viele Jahre unter ihrem Namen, obwohl sie von Beginn an einen gleichberechtigten Büropartner hatte. Natürlich ist es kein Problem, die erste Arbeitsstelle als Absolventin in einem Büro mit männlicher Geschäftsführung zu beginnen. Aber es ist augenöffnend, sich einmal das Gegenteil vorzustellen, macht es doch die Situation klar, die jeder Absolvent der Architektur nun einmal nach dem Abschluss vorfindet. Als Absolventin in einem renommierten Büro lernen zu wollen und dabei 64 Büros mit weiblicher Führung zur Auswahl zu haben und nur vier mit männlicher, ist kaum vorstellbar. Global sieht es nicht viel anders aus. Das Magazin Dezeen untersuchte in einer Studie 2017 die öffentlich zugänglichen Informationen zu den 100 weltgrößten Architekturfirmen in Bezug auf Gender Balance und kam zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Frauen geringer wird je höher die Managementebene. Nur drei der 100 Firmen werden auch von Frauen geführt, keine einzige ausschließlich.12

19

Alternative Selbstständigkeit Daten aus der Münchner Studie legen nahe, dass analog zur Absolventinnenrate auch die Zahl der Eintragungen steigt, da der Eintritt in die Architektenkammern erst zeitverzögert erfolgt. Leider liegen auf Bundesebene aktuell noch keine nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten der Kammereintritte vor. So lässt sich noch nicht analysieren, ob dieser Trend für ganz Deutschland gilt und welche regionalen Unterschiede es möglicherweise gibt. Auch existieren kaum Daten dazu, in welcher Zeit nach dem Abschluss der Kammereintritt erfolgt. Die Recherche der Münchner Forscher:innen ergab einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren. Nicht alle in der Architektur Tätigen zwischen Abschluss und Kammereintritt sind in der Statistik der Bundesarchitektenkammer erfasst. Und die Kammerzulassung ist, neben ihrer praktischen Bedeutung der Bauvorlageberechtigung, auch eine Form der Qualifikation und Professionalisierung und damit eine Chance, die Karriere weiterzuentwickeln. Sie bildet auch die Grundlage, um in einigen Berufsverbänden aufgenommen zu werden.13 In einer Diskussion zur Unsichtbarkeit von Frauen in der Architektur sagt Heike Hanada, eine der vier Architektinnen aus dem BauNetz-Ranking, hierzu: „Man wird in diesem Beruf erst wirklich sichtbar, wenn man selbstständig ist.“14 Eine differenzierte Erhebung der Daten nach Geschlecht würde ermöglichen, den Kammereintritt als mögliche strukturelle Hürde zur Ausführung der Profession für Frauen und weitere benachteiligte Gruppen zu untersuchen. Eine Studie über den Verlauf der Karriere nach der Universität wäre für beide Geschlechter aufschlussreich. Alte und neue Aufgaben „Junge Frauen sind brillant. Sie sind brillant“, sagte die britische Autorin Laurie Penny 2015 und beschreibt junge Frauen als zielstrebig, smart und professionell. Sie hätten konkrete Ziele und entwickelten gute Strategien, sie umzusetzen.15 Gleichzeitig werden von Kindheit an viele Erwartungen an sie gestellt. Dazu gehört eine gute Ausbildung, aber auch die Gründung einer Familie. Von ihnen wird erwartet, dass sie gut kochen können und gut aussehen.16 Für Männer 20

sollen sie attraktiv sein, sie jedoch sexuell nicht herausfordern. Weil sie Mädchen sind, werden sie „beschützt“, und in der Folge wird ihr Bewegungsraum mehr beachtet. Ihr Aussehen und Verhalten werden von klein auf kommentiert. Sie sollen entspannt sein. Sie sollen lächeln. In fast keinem Lebensbereich gilt für junge Frauen ein lässiges come as you are. Gelingt die Performance Ausbildung, Karriere, Partnerschaft, Kind nicht rechtzeitig, nehmen die besorgten Nachfragen zu. Eine Reihe abschreckender Bilder „alleinstehender Frauen“ können heraufbeschworen werden. Wenig fürchtet eine junge Frau mehr, als alleinerziehend zu sein.17 So lässt der gesellschaftliche Druck junge Frauen oftmals ihre eigenen Pläne hintenanstellen, zugunsten einer Partnerschaft zur rechten Zeit. Auch an junge Männer werden viel zu hohe, jedoch andere Erwartungen gestellt: Sie sollen smart sein, viel Geld verdienen, Karriere machen, aber auch ein guter, präsenter Vater sein. Jedoch haben sie einen anderen Zeitplan, und ihnen wird zugestanden, dass sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren und sich in der freien Zeit erholen. Werden sie erst nach 45 Vater, ist es zwar nicht ideal, aber dank des statistischen Hangs zur jüngeren Partnerin biologisch möglich und gesellschaftlich in Ordnung. Vaterschaft nimmt gesellschaftlich einen anderen Stellenwert ein als Mutter werden. Das äußert sich an der gesellschaftlichen Diskriminierung von kinderlosen Frauen, die sich selbst gegen Kinder entschieden haben. Junge Frauen sehen in ihrem Umfeld, wie gut ausgebildete Frauen nolens volens ihren gut bezahlten Job an den Nagel hängen, um sich um ihre Familie zu kümmern und ihrem Partner „den Rücken zu stärken“ – der gesellschaftliche Applaus hierfür ist immer noch groß. Mit dieser Sozialisierung im Rucksack, die natürlich individuell sehr verschieden ausgeprägt sein kann, betreten Architekturabsolventinnen nach dem Studium ein Architekturbüro und treffen zusätzlich auf die historisch gewachsenen fachkulturellen Narrative. Allein das Bild des allzeit verfügbaren Architekten, der sich gänzlich seiner Berufung hingeben kann, und die Annahme, Architektur könne man nur in Vollzeit machen, lässt junge Frauen vorhersehen, dass es in 21

dieser Profession schwierig wird, Familie und Beruf zu vereinbaren. Aktuell leben Frauen besser von ihrer Witwenrente als von der in ihrer Lebenszeit erwirkten Rente für bezahlte Arbeit – vorausgesetzt, ihre Ehe hat gehalten.18 Dieser Trend wird in wenigen Jahren enden, da die Erwerbstätigkeit von Frauen stark zugenommen hat, wie Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin in ihrem Buch Es geht nur gemeinsam aufzeigt: Während die Erwerbsquote von Frauen ab 1882 im Deutschen Reich und Westdeutschland bis zur Wende zwischen 35 und 50 Prozent lag, stieg sie nach 1989 bis auf 72,8 Prozent an. Der Anteil der erwerbstätigen Frauen hat sich also in gut 30 Jahren fast verdoppelt. 2018 unterscheidet sie sich nur noch um 8 Prozent von der Erwerbsquote der Männer mit 80,5 Prozent. Allmendinger fasst zusammen: „Während sich bei Männern in Sachen Erwerbsarbeit in der Mitte des Lebens seit über 100 Jahren wenig geändert hat, haben Frauen ihr Leben massiv umgebaut. Sie haben eine Erwerbsarbeit aufgenommen, unterstützen ihre Familie finanziell und stärken die Wirtschaft maßgeblich.“ 19 Parallel dazu hat sich die Verteilung der Care-Arbeit kaum verändert. Der Gender-Care-Gap liegt im Durchschnitt bei 52,4 Prozent. Leben Kinder im Haus, erledigen Frauen 83,3 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als ihr Partner, das entspricht einem täglichen Zeitaufwand von 2,5 Stunden.20 Der Wunsch nach beruflicher Selbstverwirklichung nimmt zwar einen immer größeren Stellenwert für junge Frauen ein – führt sie aber unmittelbar in die sogenannte second shift 21. Werden sie Mutter, übernehmen sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die mentale Verantwortung für alle Abläufe in der Familie, die mental load  22, de facto ein zweiter Job, der in vielen Fällen direkt in die Erschöpfung führt. Die familienpolitischen Anreize der Bundesregierung haben über Jahrzehnte zwar die Institution der Ehe, jedoch nicht ihre Beteiligten zu gleichen Teilen unterstützt. Das Ehegattensplitting, die beitragsfreie Mitversicherung und Minijobs wurden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in ihrer Studie Mitten im Leben 2016 für die Familie als „existenzbedrohend“ und für Frauen als „abhängigkeitsfördernd“ bezeichnet.23 Denn trotz 22

allen guten Willens wird rund jede dritte Ehe in Deutschland geschieden. Oder wie die Scheidungsanwältin Helene Klaar es kurzfasst: „Für Männer ist die Scheidung ein finanzielles Problem, für Frauen ein existenzielles.“ 24 So müsste ein Paar mit der Absicht, eine Familie zu gründen, die familienpolitischen Anreize in vollem Bewusstsein und anlässlich jeder Lebensentscheidung erneut ignorieren, um langfristig die „richtige“ Entscheidung für beide Ehegatten zu treffen, um Fehlanreize zu vermeiden, die sich erst später auswirken.25 Mutter werden als Sollbruchstelle Aufgrund der geschilderten Rahmenbedingungen, sei es aus Sozialisierung, Fachkultur oder Familienpolitik, spricht vieles dafür, dass die Planung der Mutterschaft oder die Geburt des ersten Kindes zur Sollbruchstelle in der Berufsbiografie von Architektinnen wird. Zum einen ist die Architektur für Eltern mit Care-Aufgaben ob ihrer Narrative eher unwirtlich, zum anderen haben sie, und hier insbesondere Alleinerziehende, schlicht keine Zeit mehr für das aufwendige Berufshobby Architektur. Diese Erkenntnis kommt im Laufe ihres Arbeitslebens nicht überraschend, sondern scheint von Anfang an impliziter Teil der Berufskultur zu sein: Laut einer Studie des Architects Journal 2014 denken 88 Prozent der Frauen, Muttersein habe einen negativen Einfluss auf die Karriere, auch 63 Prozent der Männer vertreten diese Meinung.26 Die genannte Studie des AIA kommt bei der Untersuchung des maternal wall bias zu dem Ergebnis, dass Mütter anders als erwartet die Architektur nicht wegen tatsächlicher Unvereinbarkeit verlassen. Eine große Rolle spielt die Diskriminierung aufgrund von Mutterschaft. Den Studienteilnehmer:innen wurden zwei identische Lebensläufe von Frauen vorgelegt, einer enthielt die Mitgliedschaft in einer Eltern-Lehrer-Organisation: „Die Studie ermittelte ein sehr hohes Maß an Bias: Die Mutter wurde mit einer 79 Prozent geringeren Wahrscheinlichkeit eingestellt, mit nur halb so großer Wahrscheinlichkeit befördert, man bot ihr ein durchschnittlich 11.000 US-Dollar geringeres Anfangsgehalt, und sie musste höheren Leistungs- und Pünktlichkeitsstandards entsprechen.“ 23

Die Geschlechterdifferenzen innerhalb des maternal wall bias gehören innerhalb der gesamten Untersuchung zu den größten.27 Leider ist auch hier die Datenlage für Deutschland sehr dünn. Interessant wäre in diesem Zusammenhang zusätzlich, wie viele Architektinnen in Deutschland bewusst oder unbewusst auf Kinder verzichtet haben, da es ihnen nicht möglich schien, sie mit ihrem Beruf zu vereinbaren.28 Sollten die Verhältnisse sich insgesamt in Bezug auf Mutterschaft ähnlich darstellen wie in Nordamerika, besteht hier ein dringender Handlungsbedarf. Schublade Teilzeit Mit der gepflegten Präsenzkultur und dem Narrativ der Allzeitverfügbarkeit erscheint die Architektur in Bezug auf eine Akzeptanz von Teilzeit quasi als Nulltoleranz-Zone. Untersuchungen kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass Teilzeitkräfte weniger bezahlt und weniger befördert werden. Zudem erhalten sie weniger verantwortungsvolle Aufgaben.29 Für Frauen gerät Teilzeit somit zur Abwärtsspirale und in der Konsequenz eventuell sogar zum subtilen Karrierekiller. Für viele angestellte Architektinnen mit Kindern bedeutet dies, dass sie mehrfach bestraft sind. Sie erhalten weniger Geld, weniger Verantwortung und haben nur sehr geringe Aussichten auf eine Beförderung. Gleichzeitig wird von ihnen im Job erwartet, dass sie der wichtigen Sache wegen Überstunden leisten – während sie zu Hause unaufschiebbare Care-Arbeit erledigen müssen. Kommen diese Bedingungen mit den benannten familienpolitischen Anreizen, zum Beispiel dem Ehegattensplitting, zusammen, wird die teuer erkaufte Zeit im Planungsbüro de facto zum Hobby, das sich auf Dauer nicht lohnt. Verständlich, dass dies nicht nur frustriert, sondern tatsächlich keine berufliche Perspektive darstellt, zumal mit der Mutterschaft der Zug, Architektur als Berufung zu leben, endgültig abgefahren zu sein scheint. Dabei ist die Präsenz- und Überstundenkultur besonders deutsch: Skandinavische Länder können für eine ausgewogene Work-Life-Balance als Vorbild dienen.30 Wie janusköpfig die Zurückhaltung der Branche zur Teilzeit aufgrund von Care-Aufgaben ist, wird deutlich, sobald ein:e Büropart24

ner:in eine Professur bekommt. Teilzeit im Büro ist schon möglich, allein auf den Grund kommt es an. Die Voreingenommenheit gegenüber Müttern ist obsolet. Sie lässt außen vor, wie effektiv Personen mit Care-Aufgaben in Teilzeit arbeiten müssen, wie gut sie ausgebildet sind und welche Bereicherung ihre Perspektive für die Planung bedeutet. Anders als bei ihren Kolleg:innen in Vollzeit ist bei ihnen sicher, dass sie mit vielen Lebenssituationen in Berührung kommen. Woher soll der Blick für Vielfalt kommen bei einer Fachkultur, die das private Leben der Planer:innen bis zur Askese vereinnahmt? Die kanadische Geografie-Professorin und Autorin des Buches Feminist City Leslie Kern führt aus, dass Frauen die Stadt auch als eine Reihe von physischen, sozialen, wirtschaftlichen und symbolischen Hindernissen erleben, die ihr alltägliches Leben beeinträchtigen: „Viele dieser Hindernisse sind unsichtbar für Männer, weil ihr eigener Erfahrungshorizont bedeutet, dass sie ihnen nur selten begegnen.“ 31 Zu Ende gedacht bedeutet die Aufrechterhaltung der einschränkenden Glaubenssätze in der Fachkultur leider auch, dass alternative interessante Ansätze jenseits der Vollzeittätigkeit – wie Netzwerke und Büros gemeinsam arbeitender Mütter oder eine Bewegung zur Entschleunigung wie Slow Architecture von Mette Aamodt32, aber auch viele Innovationen der New Work – in der Branche unter dem Radar laufen. Margit Sichrovsky, Mitinhaberin des frauengeführten Architekturbüros LXSY Architekten aus Berlin sagte hierzu in einem Podcast, bei der Bürogründung mit ihrer Partnerin Kim Le Roux habe im Vordergrund gestanden, sich ihr Arbeitsumfeld selbst auszusuchen und zu gestalten.33 Kinderbetreuung am Limit Einer der Gründe, warum Frauen weniger arbeiten können und wollen, liegt in einer unzureichenden Kinderbetreuung. Linda Scott zeigt in ihrem Buch Das weibliche Kapital auf, wie sich das Angebot einer kostenlosen, hochwertigen Kinderbetreuung in wenigen Jahren amortisiert, da die von Frauen erwirtschafteten Steuern perspektivisch erheblich höher ausfallen als der Aufwand.34 Sie legt 25

dar, wie der Westen Kinder als privaten Luxus betrachtet, und führt aus: „Die fehlenden Investitionen der reichen Länder in Kinderbetreuung [zwingen] Millionen von Frauen, die gerne in Vollzeit arbeiten würden, zu Teilzeitarbeit oder zur gänzlichen Aufgabe ihres Berufs, wodurch das Bruttoinlandsprodukt um Milliarden geringer ausfällt.“ 35 Scott erläutert, wie viel in die Ausbildung dieser Frauen investiert wird durch Familienersparnisse, Ausbildungsförderungen vom Staat und Stipendien, Spenden für Universitäten und Steuergelder, während auf der anderen Seite ein Mangel an hoch qualifizierten Arbeitskräften entstehe.36 Die Ansprüche der Frauen an eine gute, fördernde Betreuung sind richtig: Als oft de facto Zuständige für die Entwicklung des Kindes geben sie sich erst zufrieden, wenn die Betreuung sehr gut ist. Alles in allem eine verantwortliche Haltung, die der gesamten Gesellschaft zugutekommt. Scott resümiert: „Unter allen politischen Maßnahmen zur Unterstützung berufstätiger Mütter ist kostenlose Kinderbetreuung die einzige, die nachgewiesenermaßen funktioniert.“ 37 Ironischerweise ist es genau diese Maßnahme, die erfolgreichen Vollzeitvätern auch in der Architekturbranche durch das staatlich subventionierte Ernährermodell jahrzehntelang den Rücken freihielt – durch eine Frau, die sich zu Hause um alles kümmerte. Genau das wünschen sich Frauen, um „in Ruhe“ arbeiten zu können. Die Inanspruchnahme der Verfügbarkeit ruft damit den bei Arbeitnehmerinnen selbst empfundenen Mangel hervor.38 Diese Fragestellung kann nicht gelöst werden, ohne die Präsenzkultur an sich infrage zu stellen. Ist die Tätigkeit der Architekt:innen tatsächlich so zeitintensiv oder wird dies antizipiert?39 Die Branche tut gut daran, diese „Normen“ zu hinterfragen und Sorgetragende in jeder Form zu unterstützen, sei es in Form von Betriebskindergärten oder durch das Angebot von mehr Flexibilität. Individuelle Entscheidungen In der Studie Frauen in der Architektur klingt in den Interviews an vielen Stellen an, dass die Frauen „nicht wollen“, sich „nicht überfordern wollen“ et cetera. Doch diese Sichtweise lässt die Architek26

tinnen und alle marginalisierten Gruppen mit ihren Zweifeln allein. Katharina Weresch weist in ihrem Artikel im Deutschen Architektenblatt „Rund um die Uhr gefordert“ darauf hin, dass Architektinnen sich in Folge der beschriebenen Prozesse mit einem persönlichen Konflikt konfrontiert sehen, den sie allein lösen müssen, und konstatiert: „Diese Individualisierung ist falsch; es handelt sich um ein gesellschaftliches Problem, das wir alle lösen müssen.“ 40 Als eine der ersten Studien in Großbritannien legte „Why Do Women Leave Architecture?“ des Royal Institute of British Architects (RIBA) erstmals die Benachteiligungen der Branche offen. Anlässlich der Veröffentlichung der Studie sagte RIBA-Präsident George Ferguson bereits 2003: „Wir haben hervorragende Architektinnen, verlieren aber einige unserer besten Absolventinnen aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen, der Macho-Kultur und der schlechten Bezahlung in diesem Beruf. Die architektonische Praxis muss aktiv werden, wenn wir talentierte und engagierte Architektinnen anziehen und in der Branche halten möchten.“ 41

27

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Wahrnehmung weiblicher Architekturgeschichte

Anlässlich ihrer Erforschung der Biografie von Thekla Schild, der zweiten deutschen Architekturabsolventin, beobachtete die USamerikanische Architekturprofessorin Despina Stratigakos, wie ein Eintrag über Schild in die Wikipedia gestellt wird. Doch kaum 13 Minuten online, wird ein Antrag zur Schnelllöschung gestellt. Die Autorin beschreibt ihre Gefühle, als sie die Löschdiskussion live mitliest: „Doch fielen mir zwei Dinge auf (und trieben meinen Blutdruck in die Höhe): Erstens behauptete Der Krommodore, dass Schild nicht qualifiziert genug für einen Wikipedia-Eintrag gewesen sei; und zweitens bezweifelte er, dass Schild jemals existiert habe. In den 20 Jahren, in denen ich über Architektinnen geschrieben habe, […] hatte niemand je bezweifelt, dass diejenigen, über die ich schreibe, tatsächlich existieren.“ 42 Während Stratigakos die Biografie von Thekla Schild selbst erforscht und belegt hatte, unterstellte der Administrator Der Krommodore, sie sei erfunden – denn er fand zu Thekla Schild nicht genug Quellen, um sie in die Wikipedia aufzunehmen. Stratigakos’ Anekdote verdeutlicht, wo bei der Sichtbarmachung weiblicher Baugeschichte die Fallstricke liegen: Wer heute nicht googlebar ist, war gestern nicht vorhanden. Der Eindruck entsteht, die Person sei nicht relevant genug gewesen. Viele Architektinnen des 20. Jahrhunderts bestehen den Vergleich der Quellenlage mit 29

ihren männlichen Kollegen nicht. In ihrem Grundlagenwerk Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert erläutert Caroline Criado-Perez diese sich selbst erzeugende Systematik, die nicht nur in der Baugeschichte zum Tragen kommt: „Die Annahme, alles Männliche sei allgemeingültig, ist eine direkte Folge der geschlechtsbezogenen Datenlücke. […] Aber die Selbstverständlichkeit des Männlichen ist auch ein Grund für die Datenlücke: Frauen werden nicht gesehen, und man erinnert sich nicht an sie, weil Männer den Großteil unseres Wissens ausmachen. So erscheint alles Männliche als allgemeingültig.“ 43 Eine Frage der Relevanz Der Anteil von Architektinnen am Anteil aller weiblichen Biografien beträgt in der Wikipedia 4,9 Prozent. Im Ranking von 30 aufgelisteten beruflichen Tätigkeitsfeldern erreichen sie nur den drittletzten Platz.44 Nur „Ingenieurwissenschaftler/in“ und „Geistliche/r“ weisen einen noch geringeren Anteil an Frauenbiografien auf, während die Quote bei den Geistlichen so niedrig ist, da Frauen diesen Beruf vielfach nicht ausüben dürfen. Wie ist es möglich, dass weibliche Biografien in der Architektur so weit hinten liegen? Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Wikipedia stand die westliche und männliche Perspektive der Enzyklopädie in der Kritik. Im Zusammenhang mit der fehlenden Diversität wurde auch die Organisationsstruktur von Wikipedia kritisiert. Die Enzyklopädie wird zwar ausschließlich durch Ehrenamtliche erstellt, Administrator:in kann jedoch nur werden, wer sehr viel schreibt und präsent ist. Mit dieser Struktur als Grundlage ist die Mehrheit der Administrator:innen in der deutschen Wikipedia männlich, weiß und über 50 Jahre alt. Möglicherweise führt auch die fehlende Geschlechterbalance in der Organisationsstruktur in der Tendenz zu einer eher rauen, teilweise diskriminierenden Diskussionskultur, zur Darstellung von Frauen, bildlich und im Text, aus eher männlicher Perspektive und zu überlangen männlichen und fehlenden weiblichen Biografien. So treffen die unglücklichen Umstände weiblicher Architekturgeschichte in der Wikipedia auf eine 30

100 %

60 %

50 %

40 %

0%

Männer 83,1 % Frauen 16,9 %

Architekten 95,1 % Architektinnen 4,9 %

Abb. 4: Anteil weiblicher Biografien versus Architektinnenbiografien in der Wikipedia Deutschland Quelle: Wikipedia Deutschland/Auswertung: Karin Hartmann/ Infografik: PAPINESKA

Art zeitgenössische Basisdemokratie. Die Struktur scheint auf den ersten Blick gerecht, wenn systemische Einflüsse nicht mitbedacht werden. Die Mitarbeit an der Enzyklopädie steht der Mehrheit der Bevölkerung nicht offen, wenn man bedenkt, dass die Autor:innen mit Bildung und Zeitressourcen versehen sein müssen, ohne auf ein Honorar angewiesen zu sein. Eingang in die Wikipedia findet, was Relevanz hat. Für jede Berufsgruppe gelten eigene Kriterien, die eine Person relevant genug machen, in die Enzyklopädie aufgenommen zu werden. Die Relevanzkriterien für Biografien in der Architektur liegen verhältnismäßig hoch: Als Architekt:innen aufgenommen werden Personen, die im BauNetz-Ranking Top 100 national vertreten sind, bedeutende nationale oder internationale Preise gewonnen haben oder über 31

deren Werk Dritte publiziert haben. Sobald sie Teil eines Büros sind, bekommen sie zugunsten einer Büroseite kein eigenes Lemma. Ist es schon schwierig, mit diesen Relevanzkriterien zeitgenössische Architektinnen unterzubringen, so wird es noch schwieriger bei historischen Persönlichkeiten. Ohne einschlägige Quellen werden sie nicht in die Enzyklopädie aufgenommen. Nur haben fehlende Veröffentlichungen und Auszeichnungen oft andere Ursachen als eine mangelnde Qualität des Werks. Es gibt einige Aktionen und Zusammenschlüsse, die zum Ziel haben, den Anteil weiblicher Biografien zu erhöhen. Die Initiative Frauen in Rot45 als Teil des internationalen Projekts Women in Red zeigt relevante Frauen an, über die noch keine Biografie erstellt wurde. In Edit-a-thons schreiben Gruppen kollaborativ eine vorher definierte Zahl an Frauenbiografien, so organisierte die Initiative WomanD 2015 temporäre Edit-a-thons zu Biografien von Architektinnen.46 Dennoch ist offensichtlich, dass ein großer struktureller Schritt, zum Beispiel eine Diversitätsquote bei Administrator:innen oder eine konsequente Analyse aller Relevanzkriterien auf systemisch diskriminierende Zugangsbeschränkungen, die Chancengleichheit erheblich voranbringen würde. Der Blick auf die Wikipedia zeigt, wie wichtig Quellen sind, um weibliche Baugeschichte sichtbar zu machen. Erst die Erforschung von Architektinnen und die Publikation der Ergebnisse machen es möglich, sie ins Verhältnis zu setzen zu ihren männlichen Kollegen, die historisch in fast jeder Hinsicht die besseren Arbeitsbedingungen hatten. Aber es müssen nicht nur Bücher geschrieben werden – es fehlen vor allem Archive. Das International Archive of Women in Architecture in Blacksburg, Virginia, ist das größte analoge Archiv für Nachlässe von Architektinnen aus der ganzen Welt. Es enthält Material von Architektinnen aus 40 Ländern in 17 Sprachen. Neben diesem bildet das Dynamic National Archive of Women in American Architecture der Beverly-Willis-Architekturstiftung das größte Online-Archiv für US-amerikanische Architektinnen. In Deutschland halten die Technische Universität Berlin sowie das Deutsche Architekturmuseum interessantes Archivmaterial. Die Wissenschaftlerin 32

Mary Pepchinski weist darauf hin, dass in den Nachlässen der männlichen Kollegen viele Hinweise auf das Wirken von Frauen enthalten sein können. Ein wesentlicher Schritt, dieses Erbe zu sichten, sind Findbücher. Sie zeigen an, in welchen Briefen oder Manuskripten Material zu finden sein könnte, und geben potenziellen Forscher:innen die Möglichkeit, dieses zu untersuchen.47 Ein eigenes OnlineArchiv zum Beispiel deutschsprachiger Länder wäre perspektivisch ein bedeutender Schritt, Architektinnen und Planerinnen besser sichtbar zu machen und damit – relevant. Das Erbe und seine Wahrnehmung Eine weitverbreitete Annahme in der Baugeschichte ist, es hätte aufgrund von Zugangsbeschränkungen und gesellschaftlichen Hürden im letzten Jahrhundert nur einzelne Architektinnen gegeben. Kerstin Dörhöfer stellte 2004 fest, die Wahrnehmung des weiblichen Architekturerbes sei defizitärer als seine Realität. Im Verlauf ihrer Untersuchung zu Pionierinnen in der Architektur fragte sie sich, ob der Beitrag von Architektinnen zum Baugeschehen nicht der Rede wert sei.48 Sie unterteilt die weiblichen Architekturschaffenden des 20. Jahrhundert in fünf Phasen und liefert einen ersten systematischen Überblick zu weiblicher Baugeschichte. „Es ging mir […] nicht um die Frage, ob Architektinnen anders bauen, die so oft gestellt wird (ihr Werk wird selbst die Antwort geben) […]. Es ging mir darum, eine defizitäre Baugeschichte zu ergänzen.“ 49 Wie konnte es dazu kommen, dass zusätzlich zu allen faktisch vorhandenen Hindernissen die rückblickende Wahrnehmung des weiblichen Architekturerbes so stark beeinträchtigt war? Um das Ausmaß der Zurückdrängung von Architektinnen und ihrem Werk zu verstehen, ist es sinnvoll, sich vor Augen zu führen, dass es nicht die eine oder andere Benachteiligung gab, die sozusagen zeitgemäß kulturell zu erwarten war. Auch schränkten nicht nur aktive Zugangsbeschränkungen ihr Wirken ein. Allein die Überlagerung der Auswirkungen einer individuellen, strukturellen und institutionellen Diskriminierung50 verursachte eine partielle Auslöschung weiblicher Architekturgeschichte. 33

Zurückdrängung Über die Werke der ersten deutschen Architektin, Emilie Winkelmann, wurde fachlich kaum berichtet. In Buchpublikationen und Fachzeitschriften wurde ihre Arbeit wenig erwähnt, obwohl ihre Reformarchitektur durchaus in einer Reihe stand mit der von zum Beispiel Hermann Muthesius. Deutlich wurde das aktive Ausblenden ihres Werks bei einer Teilnahme an einer Aufforderung für Entwurfseinreichungen für das Seminar Orientalische Sprachen der Berliner Universität: In die groß aufgemachte Berichterstattung der Kollegen Bruno Taut, Peter Behrens und Hans Poelzig fand ihre Entwurfsidee keinen Eingang.51 Das galt nicht nur für Winkelmann. Dörhöfer stellt heraus: „Wenn auch Emilie Winkelmanns Arbeit lobend erwähnt wurde, so wurde sie doch kaum mit Zeichnungen und Abbildungen präsentiert und fachlich besprochen wie die Werke vieler Kollegen mit vergleichbaren Architekturen. Das individuelle Werk einzelner Architektinnen wurde nicht genauer betrachtet und vorgestellt.“ 52 Wurde es besprochen, so nur zu Bereichen, die Frauen gesellschaftlich zustanden wie Innenräume, Küche, Dekor. Emilie Winkelmann äußerte sich selbst sehr nüchtern zu ihrer Aufgabe: „Die Praxis bietet keine Schwierigkeiten, wie könnte sie auch der Frau beruflich schwerer werden, die die gleiche Ausbildung hat wie der Mann.“ 53 Das sahen ihre Rezensenten anders. Ihr wurden Entwurfsqualitäten für Innenräume zugesprochen, so wie sie von einer Frau erwartet wurden. Eileen Gray, die 1929 mit ihrem spektakulären Haus E.1027 eine der Ikonen der Moderne erschuf, wurde bis vor Kurzem in der Wikipedia als Innenarchitektin geführt. Das Max-Frisch-Bad ist ein Architekturtipp für Zürich-Reisende. Es gilt als einziges realisiertes Bauwerk des Schriftstellers und Architekten. Die Autorin Ulrike Eichhorn untersuchte die Arbeitsbeziehung zwischen ihm und seiner Frau Trudy Frisch-von Meyenburg während der Planung und Erstellung des Freibads. Eine Reihe Indizien spricht dafür, dass Trudy Frisch einen erheblichen Teil des Entwurfs zeichnete. Max Frischs Reisezeiten während der entscheidenden Phase des Architektenwettbewerbs 1943 sind zum Beispiel durch seine Tagebücher gut belegt. Auch fand sich Trudy Frischs charakteristischer 34

Zeichenstil in der Projektierung wieder.54 Nach der Realisierung trennte sich das Paar. Das Freibad wurde zum Max-Frisch-Bad und ist laut Wikipedia „als öffentlicher Bau Frischs einziges bekanntes Architekturwerk und gilt mit seinen gestalterischen Qualitäten aus architekturgeschichtlicher Sicht als Referenzentwurf“55. Über Trudy Frisch heißt es in der Enzyklopädie, sie habe nach der Trennung wieder angefangen, als Architektin zu arbeiten.56 Eine Erforschung dieser Episode weiblicher Architekturgeschichte könnte zu dem Ergebnis kommen, dass Max Frisch als Architekt nicht ein, sondern kein wesentliches Werk erstellt hat. Die institutionellen Zugangsbeschränkungen stellten für Frauen in der Architektur lange die größte Hürde dar. Als es im Weimarer Bauhaus endlich Zugang gab, wurde dieser wieder zurückgenommen. In seiner Antrittsrede als Leiter sagte Walter Gropius 1919: „Kein Unterschied zwischen schönem und starkem Geschlecht. Absolute Gleichberechtigung, aber auch absolut gleiche Pflichten. Keine Rücksicht auf Damen, in der Arbeit sind alle Handwerker.“ 57 Doch offenbar trat nicht der erwartete Effekt ein, denn die Frauen zeigten wirklich Interesse. Im Zuge der Herausbildung des emanzipierteren Frauenbilds der „Neuen Frau“ in den 1920er Jahren zog die Reformschule junge Frauen zum Studium an. Im Ergebnis konstatieren Ute Maasberg und Regine Prinz anlässlich der Ausstellung „Der Architekt. Geschichte und Gegenwart eines Berufsstandes“ 2012 in München: „Eine absolute Gleichheit der Geschlechter hat sich [im Weimarer Bauhaus] nie eingestellt. Die Weberei entwickelte sich schnell zur reinen ‚Frauenklasse‘, allerdings ohne Diplomabschluss. Bei den meisten anderen Fächern wurde bald darauf geachtet, dass Frauen generell keinen Zutritt erlangten. Die Zulassung in die Bauabteilung wurde restriktiv gehandhabt [...]. Gropius forderte eine solide Vorbildung handwerklicher oder praktischer Arbeit. [...] Das machte den Zugang für Frauen fast unmöglich.“58 Karl Scheffler verweist mit seiner Schrift Die Frau und die Kunst 1908 die Frauen auf ihren Platz. Insbesondere von der Architektur hätten sie sich fernzuhalten.59 So resümiert Kerstin Dörhöfer zum Weimarer Bauhaus: „So wie Karl Scheffler, bevor noch eine einzige Frau zum Studium 35

Abb. 5: Statement von Susanne Gross zur Ausstellung „Frau Architekt“ in NordrheinWestfalen im November 2020 Quelle: Claudia Dreyße

zugelassen war, dem weiblichen Geschlecht insgesamt jeglichen Raumsinn abgesprochen hatte, so schien man nach den ersten handfesten Beweisen für das Gegenteil eine Ausweitung der Berufstätigkeit verhindern wollen.“60 Das liegt 100 Jahre zurück und ist ein Stück Zeitgeschichte. Doch verschwand die dahinterliegende Systematik der institutionellen Diskriminierung nicht. Noch Ende der 1990er Jahre begannen Privatuniversitäten in den USA, die Aufnahmeanforderungen für junge Männer zu senken, um ein Gleichgewicht zwischen den Geschlech36

tern aufrechtzuerhalten.61 Da „zu viele“ Frauen auf den Studiengang zugreifen wollten, sahen die Institutionen offenbar die Gefahr, an Reputation zu verlieren. Berufe und ganze Branchen werden weniger geschätzt und bezahlt, sobald sie mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden. Es bleibt spannend zu beobachten, was diese Angst vor einer Feminisierung für das Berufsbild des Architekten bedeutet, das sich zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels grundlegend verändern wird: Zum „Kümmern“ und „Sorgen“ um den Bestand sind einige weiblich konnotierte Eigenschaften erforderlich. Sorge vor einem eigenen Genre Die Angst vor einer Feminisierung und einer damit einhergehenden Abwertung ist in der Architektur stark verinnerlicht. So bezeichneten und bezeichnen sich Architektinnen gerne als „Architekt“ und vermeiden die weibliche Form. Nachdem sie 2004 den Pritzker-Preis gewann, sagte Zaha Hadid: „Früher mochte ich es nicht, wenn man mich als Architektin bezeichnete: Ich bin ein Architekt, nicht nur eine Architektin.“ 62 Als die Ausstellung des Deutschen Architekturmuseum „Frau Architekt“ 2020 in Nordrhein-Westfalen gezeigt werden sollte, suchte man zur Ergänzung der vorgestellten historischen Vorbilder Architektinnen aus der Region, die sich auf einer Tafel mit ihrem Werk präsentieren konnten. Susanne Gross reichte kein Werk ein, stattdessen den Kommentar: „Mein Ziel ist es – in diesem Falle! – von meiner Weiblichkeit abzusehen, und mich ganz selbstvergessen nur der Bauaufgabe zu widmen.“ Die Sorge davor, mit der weiblichen Architekturgeschichte verhalte es sich ähnlich wie mit anderen Formen der Kunst, ist berechtigt: Kommen Frauen hinzu, kann ein neues Genre entstehen. In Bezug auf Literatur beschreibt die Journalistin Mareice Kaiser das Phänomen: „Es gibt sogenannte Frauenbücher. Aber es gibt keine Männerbücher. Frauenbücher sind für Frauen; Männerbücher sind für Menschen.“ 63 In der Literaturbranche gab es viele Stimmen, die einen Wandel forderten, mit Erfolg: Der Literaturmarkt inklusive Auszeichnungen, Besprechungen und erscheinenden Titeln ist heute 37

ausbalancierter als noch vor wenigen Jahren. Heute trägt der Trend zum Feminismus zu einem größeren Selbstbewusstsein und Selbstverständnis bei, aber die Sorge vor einem eigenen Genre aufgrund des Geschlechts ist weiter vorhanden. Dabei zeigt die Geschichte, dass die „Norm“ immer ein Geschlecht hatte: das männliche Geschlecht.

Abb. 6: Le Corbusier ließ sich nackt fotografieren, während er die Wandbilder in E.1027 anbrachte. Quelle: Fondation Le Corbusier/VG Bild-Kunst Bonn

Architektinnen als Avantgarde Bevor die Berufsbezeichnung geschützt wurde, führte der fehlende Zugang zur Ausbildung zu vielen Autodidaktinnen, die teils erfolgreich ihren Beruf ausübten.64 Doch wurde der fehlende Abschluss zum Argument, sie fachlich weniger ernst zu nehmen. Hilde Heynen hat mit der 2019 erschienenen Biografie Sibyl Moholy-Nagy. Kritikerin der Moderne das Werk der Architekturkritikerin im deutschsprachigen Raum wieder ans Licht geholt. Als Witwe von László Moholy-Nagy begann sie in den 1950er Jahren neben ihrer Tätigkeit am Institute of Design in Chicago eine Karriere als Architekturhistorikerin. Als „reisende Beobachterin“ erforschte sie als eine der Ersten die Qualität regionaler Architektur Nordamerikas.65 Sibyl MoholyNagy wandte sich wiederholt offen gegen die Entwicklung der

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Moderne: „In ihrer Kritik an den ‚Stars‘ der modernen Architektur, Mies, Gropius, Le Corbusier – wies sie schon früh auf die Unhaltbarkeit von deren Axiomen, und die von diesen ausgehende Bedrohung urbaner Vitalität hin.“  66 In einer Reihe mit ihren Kolleginnen Jane Jacobs und Ada Louise Huxtable kritisierte sie den Trend zu einem zunehmend funktionalistischen Städtebau als zu wenig am Menschen orientiert. Trotz allen Erfolgs wurde ihr als Autodidaktin oftmals die Fachlichkeit abgesprochen.67 Obwohl sie viel publiziert hatte, exzellent vernetzt war und einen Lehrstuhl am Pratt Institute innehatte, geriet sie nach ihrem Tod in Vergessenheit. Die meisten ihrer Bücher sind vergriffen. Insbesondere bei Sibyl Moholy-Nagy ist eine Untersuchung zu den Gründen ihrer Rezeption aus Geschlechterperspektive interessant. Da sie ein freies Leben führte und am Image der „Meister“ kratzte, wurde sie möglicherweise besonders sanktioniert. Sibyl Moholy-Nagy nimmt als vielseitige Stimme der Architekturkritik des 20. Jahrhunderts noch nicht den ihr gebührenden Platz in der Geschichte ein. Eine weitere Unbill weiblicher Architekturgeschichte war, dass in Gemeinschaft entstandene Werke männlichen Kollegen zugeschrieben wurden – erst recht, wenn sie gut waren. Der Umgang von Le Corbusier mit dem erwähnten Haus E.1027, von Eileen Gray 1929 an der französischen Atlantikküste erbaut, ging weit darüber hinaus. Nach ihrem Auszug hatte Le Corbusier 1939 in E.1027 fünf große Wandgemälde angebracht, publizierte sie und machte Führungen in Grays Haus – ganz im Gegensatz zu seinem Credo, die Malerei zerstöre die Wand. Im Ergebnis wird er wiederholt als Autor von E.1027 genannt. Eileen Gray wurde erst 2000 offiziell als Architektin des Hauses anerkannt.68 Der Vorfall kann aus heutiger Sicht als übergriffiger Versuch der Aneignung gewertet werden, die zum Ziel hatte, Eileen Grays Autorenschaft zu tilgen. Le Corbusier ging mit äußerster Aggression vor. Er habe ein „rasendes Verlangen, diese Wände zu verdrecken“, schreibt Le Corbusier 1939. „Zehn Kompositionen sind fertig, genug, um alles vollzuschmieren.“69 Er ließ sich nackt beim Malen fotografieren. Seine Bilder enthielten sexuelle Anspielungen.70 39

Wäre sein Verhalten vorstellbar gewesen, wenn ein Kollege das Haus gebaut hätte? Eileen Gray gilt als eine der wenigen von Anfang an autonom schaffenden Architektinnen des 20. Jahrhunderts. Sie war lesbisch und führte für ihre Zeit ein unkonventionelles und selbstbestimmtes Leben. Sie erbaute E.1027 zwar nach Le Corbusiers fünf Punkten einer neuen Architektur, interpretierte diese jedoch neu. Ihr Haus sollte keine Wohnmaschine sein, sondern eine Erweiterung ihres Selbst. Nach dem Eingriff Corbusiers betrat Eileen Gray E.1027 nicht mehr und baute sich ein neues Haus. Von dieser Souveränität war Corbusier weit entfernt. Er blieb penetranter Belagerer und baute seine Cabanon 1951 auf dem Nachbargrundstück. Schließlich ertrank er 1965 am Fuße des Hauses, am Strand von Cap Martin. Heute wäre Le Corbusier schlicht ein Stalker. Als Gray sich wehrte, drohte er ihr offen, den Kampf um das Haus in die Öffentlichkeit zu tragen.71 Le Corbusier schien Eileen Gray nicht nur das Haus selbst zu neiden, sondern vor allem die Leistung, es erschaffen zu haben. Nach außen konnte er ihr die Autorenschaft nicht zugestehen, offenbar sich selbst nach innen auch nicht. Seine offen zur Schau getragene Besessenheit steht in starkem Kontrast zu der Kunstfigur ohne Privatleben, zu der er sich sonst stilisierte. Weibliche Architekturgeschichte neu bewerten bedeutet auch, die „Meister“ kritisch zu hinterfragen, die seit 100 Jahren auf dem Sockel stehen und den architektonischen Kanon prägen. Mit Eileen Gray wurde viele Jahre vor Sibyl Moholy-Nagy ebenfalls eine autonome Frau sanktioniert. In einer Zeit, in der Architektinnen fast nur Erfolg hatten, wenn sie von Männern unterstützt wurden oder selbst Männer unterstützten, fiel sie aus der Rolle. Viele „Meister“ hatten Arbeits- oder Liebesbeziehungen mit Architektinnen, aber waren sie nach außen hin in der Lage zu einer gleichberechtigten Beziehung auf Augenhöhe? Sehr viele Werke von Frauen wurden nicht als eigene Leistungen erwähnt, sondern als Teil einer Gruppenarbeit.72 Marion Mahony Griffin, Charlotte Perriand, Lilly Reich, Anne Tyng. Die Geschichte bietet genügend Beispiele für diese für Frauen im Rückblick eher nachteiligen Bindungen. Lange nach der 40

klassischen Moderne kritisierte Denise Scott Brown 1974 den Sexismus innerhalb des Star-Systems.73 17 Jahre später wurde der PritzkerPreis ihrem gleichberechtigten Partner Robert Venturi verliehen, und sie blieb außen vor. Als ein Journalist sie fragte, warum sie der Verleihung fernblieb, kritisierte sie ein unsicheres System, das männliche Superstars brauche: „You can’t make a mom-and-pop-guru“, erklärte sie.74 Die verzerrte Wahrnehmung weiblicher Architekturgeschichte und die mit ihr einhergehende Abwertung verstärken sich heute durch Digitalisierung und künstliche Intelligenz. So wie Google bei der Eingabe „Architektin“ nachfragt: „Meinten Sie Architekt?“, erzeugen Algorithmen eine wahrscheinlich scheinende Realität. Die Wirklichkeit war eher genau umgekehrt: Frauen, die es trotz aller Widrigkeiten und mit teils mehreren Kindern zu realisierten Projekten und einer zugewandten Öffentlichkeit brachten, mussten extrem gut sein. Sie sollten als Avantgarde gelten. White Men as an Institution Die Instrumente der Zurückdrängung zu untersuchen, bedeutet auch, die Stärkung und den Zusammenhalt der Männer untereinander zu beleuchten. Die britisch-australische Wissenschaftlerin und Vordenkerin der Critical Race Theory Sara Ahmed formuliert das Bild der white men as an institution zur Bezogenheit von weißen männlichen Akademikern untereinander: „Das gegenseitige Zitieren ist eine andere Art akademischer Relationalität. Weiße Männer werden durch eine ,Zitations-Relation‘ dargestellt. Weiße Männer zitieren andere weiße Männer: Das haben sie schon immer getan; das werden sie immer tun; das ist das, was sie einander lehren, wenn der eine den anderen lehrt. Sie zitieren; sagen wie klug er ist; was für ein großer Theoretiker. Er ist der nächste So-und-so-Philosoph: denkst du das nicht; sieh ihn denken. Die Beziehung ist häufig eine paternalistische: Der Vater zieht den Sohn groß, der schließlich seinen Platz einnehmen wird.“  75 Gegenseitiges Zitieren und sich aufeinander Beziehen, gerade auch in architektonischer Hinsicht, ist immanenter Teil der Baugeschichte und könnte ein weiterer 41

struktureller Grund dafür sein, dass dieses Ungleichgewicht in der Geschichte entstand und sich heute noch in der unzureichenden Wahrnehmung des weiblichen Erbes zeigt. So lassen sich die Instrumente der Zurückdrängung weiter an unzähligen Beispielen illustrieren. Sie entsprechen schließlich dem Machtgefälle einer zweigeschlechtlich orientierten patriarchalen Gesellschaft, in der der weiße „zivilisierte“ Bürger an der Spitze stand. Alle anderen Personen hatten weniger Privilegien. Im internationalen Diskurs werden neben dem Ruf nach einer geschlechtergerechteren Architekturgeschichte zunehmend Stimmen nach einer Reflexion des kolonialen Mindsets in der Architektur laut.76 Aufarbeitung Eine Aufarbeitung von Architekturgeschichte kann langfristig nicht weniger zum Ziel haben als eine Rekanonisierung, in der die Zurückdrängung der Werke von Architektinnen aus der Geschichte gekennzeichnet und aufgearbeitet wird zugunsten eines neuen, zeitgemäßen und intersektionalen Ansatzes. Um in der Fachwissenschaft eine um die Faktoren Gender, Klasse und race korrigierte Baugeschichte lehren zu können, sind enorme Forschungsleistungen erforderlich. Viele Forscherinnen und Forscher arbeiten bereits daran, genauso wie Initiativen, Studierende und Lehrende. Der Preis des Europäischen Forschungsrats 2021 wurde an die Professorin Kathleen James-Chakraborty verliehen für ihr Forschungsvorhaben Expanding Agency: Women, Race and the Global Dissemination of Modern Architecture. Ihre Forschung hat das Ziel, „einen diverseren Berufsstand zu unterstützen, der in der Folge von Bewegungen für soziale Gerechtigkeit wie #MeToo und Black Lives Matter besser darauf vorbereitet ist, mit einer breiten Öffentlichkeit in Beziehung zu treten und gesellschaftliche Herausforderungen wie die Integration von Migrant:innen und Nachhaltigkeit zu thematisieren“. Sie fügt hinzu: „Erfreulicherweise gibt es eine Flut von Wissenschaftler:innen, die sich heute mit Architektinnen befassen, doch liegt die Schwierigkeit jetzt darin, die neuen Forschungserkenntnisse in den Hörsaal zu bringen, und auch darin, all die anderen Arten aufzuzei42

gen, auf die Frauen und ethnische Minderheiten dazu beigetragen haben, das Klima für die moderne Architektur zu schaffen, die noch immer im Zentrum der Lehrpläne der meisten Architekturhochschulen steht.“   77 Es wird interessant zu beobachten, wie sich insbesondere die Verankerung einer intersektionalen Perspektive in der Fachwissenschaft entwickeln und die zu lehrende Baugeschichte der nächsten Generation verändern wird. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen neue Quellen zum zurückgedrängten Architekturerbe entstehen. Um dem großen Nachholbedarf zu entsprechen, könnte die Erstellung einer Biografie in der Wikipedia zum Teil des Studiums werden. Die Recherche, das Schreiben, die Diskussion um Löschung und Erhalt wären in ihrer Kombination gleichsam ein Akt der politischen Bildung ebenso wie die Auseinandersetzung mit einer diskriminierenden Geschichtsschreibung. Studierende würden als Wikipedianer:innen in die Lage versetzt, eigene neu gewonnene Erkenntnisse auch ihrer nachfolgenden Projekte direkt in der Enzyklopädie zu verankern und die Quellen anderen Interessierten zur Verfügung zu stellen. Die Lehre bietet in Ergänzung zu weiterer Forschung eine große Chance, sofort und zu Beginn der Ausbildung insbesondere die Wahrnehmung des Architekturerbes von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen zu verändern. Oder wie Kerstin Dörhöfer 2004 fragt: „Wann beginnt sich eine Tradition herauszubilden, auf die sich Nachfolgerinnen und Nachfolger berufen können? Wie bildet sich eine ‚weibliche Linie‘? Wie vieler Generationen bedarf es, dass ein kulturelles Erbe entsteht? Welche Leistungen müssen erbracht werden? Und vor allem: Wie wird das Erbe überliefert?“ 78

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45—55

Schwarzer Rolli, Hornbrille

„Afaina de Jong is not your typical architect.“ 79 Afaina de Jong, Studio AFARAI  

Unter den am ehesten mit Männern assoziierten Berufen erscheint architect auf der Grundlage der Analyse der Inhalte von Google News beim word embedding auf Platz 6, nach maestro, aber noch vor warrior und fighter pilot.80 Ihm wird eine schöpferische, verantwortungsvolle und gleichzeitig generalistische Tätigkeit zugeschrieben, die fast klischeehaft positiv konnotiert ist. Zwar gehen Mythos und Wirklichkeit an vielen Stellen auseinander, dennoch entsteht durch die positiven Erwartungen ein gewisser positiver Druck, diesen auch zu entsprechen.81 Vom Lone Genius zum Star Das Berufsbild wird von einem Netz von Narrativen geprägt, die über Jahrhunderte historisch gewachsen sind und weiterentwickelt wurden. Eines davon ist das Bild vom lone genius, der es allein schafft. Überzeichnet wird diese Figur als Howard Roark in Ayn Rands Buch und gleichnamigem Film The Fountainhead, dargestellt 1949 von Gary Cooper. Der enge Kontakt der Autorin mit Frank Lloyd Wright legt nahe, dass dieser für die Hauptfigur Pate stand. The Fountainhead erzählt die Geschichte eines unbekannten Architekten, der eine Metamorphose vom Außenseiter zum Star durchläuft. Stur glaubt er an seine Entwürfe, bis er schließlich andere 45

von seiner Genialität überzeugen kann. Menschliche Beziehungen bleiben Nebensache. Als seine Version nicht umgesetzt wird, sprengt er sein Gebäude schließlich in die Luft. The Fountainhead ist ein Plädoyer für den Individualismus. Die Figur Howard Roark versinnbildlicht eine Reihe von Glaubenssätzen in der Architektur: das unbeirrte Streben, die vollkommene Hingabe an das architektonische Werk, der Glaube an die eigene Entwurfsqualität wider allen Gegenstimmen, der Ruhm, der sich erst nach einem harten Leidensweg einstellt, die Verschmelzung von Autor und Werk. Roark verkörperte die radikale Verausgabung bis zur Sucht, aber auch die daraus entstehende Anziehungskraft, der sich alles Private unterordnet. Nachdem der Pritzker-Preis 1991 nur an Robert Venturi vergeben wurde und daraufhin eine Debatte entbrannte, stellte der Journalist Justin Davidson lakonisch fest: „Doch zeigt die Scott-Brown-Kontroverse auch, wie schwer es ist, den Mythos des einsamen Schöpfers zu entkräften, der durch Ayn Rands The Fountainhead populär wurde.“ 82 Auch Despina Stratigakos weist auf den enormen Einfluss von Howard Roark auf Studierende hin: „Roark, ein ,brillanter‘ Architekt, wird als heldenhaft-gewalttätig dargestellt, er fordert seine Rechte mit männlicher Brutalität ein. […] Roark hatte die Latte wirklich sehr hoch gelegt, und nach seiner Veröffentlichung genoss der Roman jahrzehntelang unter Architekturstudenten Kultstatus.“  83 Howard Roarks zeitgenössische Karikatur ist der Architekt Rodrigo Tomás, der Protagonist aus dem Roman The Masterplan. Rodrigo bietet sich gleich einem architektonisch-amerikanischen Traum die Gelegenheit, in Afrika eine gesamte Stadt zu bauen. Doch der Traum entpuppt sich als Illusion, in Wirklichkeit ist er die Marionette seines übermächtigen Vaters, einer Ikone der Postmoderne.84 Der Autor Reinier de Graaf, Partner im Büro Office for Metropolitan Architecture, bezeichnet den Roman als „satirische Version meiner Welt“. Er führt weiter aus: „Er soll die Welt der internationalen Architektur mit ihren guten und schlechten Seiten beschreiben. […] Das ist kein Tagebuch, in dem ich eine Beichte ablege, wenn ich auch sagen muss, dass sich gewisse Erfahrungen als nützlich erwiesen haben, als es darum ging, die Szenen zu schreiben.“ 85 Tomás’ Antrieb, durch 46

das prestigeträchtige Projekt die Anerkennung seines Vaters und der Kollegen im boys club zu erlangen, füllen den maßgeblichen Teil des Romans. Auch in der Satire spielen Frauen keine Rolle. Walter Gropius und Le Corbusier inszenierten sich in den 1920er  Jahren als Stars, zum System wurde dies jedoch erst in den neoliberalen 1980er und 1990er Jahren. Architekt:innen wie Frank O. Gehry, Richard Meier, Rafael Moneo und Zaha Hadid stehen für eine Architektur, die mit ihrem eigenen Namen als Marke verbunden ist. Die dahinterstehenden großen Bürostrukturen treten nach außen wenig in Erscheinung. Städte wie Herford „kauften“ sich einen „Gehry“ und vermarkteten Werk und Autor. Die #MeToo-Debatte kam 2017 zumindest in Nordamerika in der Architektur an. Im Internet erschien die Shitty Architecture Men List, eine Plattform, auf der Zugehörige der Branche anonym sexuelle Übergriffe dokumentieren konnten. Die Initiatorin offenbart später ihre Motive: „Wir wurden ausgebildet, Leiden als engstens mit der Arbeit verbunden anzusehen. Deshalb ist es leicht, so etwas wie das Belästigtwerden als Teil des erbrachten Opfers anzusehen.“86 Richard Meier nahm eine Auszeit, nachdem fünf Frauen ihn wegen sexueller Belästigung angezeigt hatten. Die US-amerikanische Architekturkritikerin Alexandra Lange stellte daraufhin das klassische Architektenprofil als Teil des Star-Systems infrage: „Nun kann ich deutlicher sehen, dass es eine Fiktion ist: dass ein einziger Mann (oder Zaha) das alles macht. […]. Es ist wohl an der Zeit, dem Profil des Architekten, so wie wir es heute kennen, ein Ende zu setzen.“ 87 Heute noch firmiert rund ein Viertel der 64 Büros des BauNetzRankings unter dem Namen eines einzelnen Gründers oder Inhabers, jedoch sind alternative Formen auf dem Vormarsch. Es gibt Lebensläufe erfolgreicher Architekten, die der Entwicklung vom mittellosen Anfänger bis zum Star folgten. Mary Pepchinski weist darauf hin, dass im Hinblick auf diese Erfolgsgeschichten die intersektionale Perspektive besonders interessant ist. „Solche Geschichten gibt es über Architektinnen sehr selten“, sagt sie zur Anekdote über Norman Foster, der als Student einmal Eis verkaufte, um sich zu finanzieren. Während einige etablierte Architekten aus 47

einfachen Verhältnissen kommen, haben die Frauen bis heute oftmals von vorneherein eine größere finanzielle oder ideelle Unterstützung. Als eine der wenigen bekannten historischen Ausnahmen gilt Lotte Stam-Beese. Über sie ist bekannt, dass sie im Studium viel arbeiten musste. Aber auch ihre Familie stand hinter ihr.88 Das Star-Architekten-System steht in einer männlichen Tradition, es gibt jedoch Hinweise darauf, dass auch das Werk selbst geschlechtsspezifisch codiert ist. Hilde Heynen untersuchte die Adjektive der Beurteilungen der Pritzker-Jurys ab 1978 und unterteilt sie in eher weiblich und eher männlich konnotiert. Auch legt sie die Erwähnung paternalistischer Linien in der Beurteilung offen. Söhne, Väter und Ehemänner werden erwähnt, um die positive Beurteilung zu untersetzen. In ihrer Analyse clustert sie die männlich und weiblich codierten Beschreibungen und gewichtet sie entsprechend der Häufigkeit des Auftretens. Im Ergebnis stellt sie heraus, dass die ausgezeichneten Werke in der Tendenz mehrheitlich mit männlich codierten Beschreibungen wie masterful, powerful und heroic bezeichnet wurden, während weiblich identifizierte Beschreibungen wie harmonious in der Unterzahl bleiben. Als ideale und am häufigsten vorkommende Variante erschien ein Verhältnis von 3:1. Bei Zaha Hadid war das Verhältnis 4:0.89 Trotz aller tradierten Bezüge scheint das System der Star-Architekten zunehmend an Bedeutung zu verlieren. Formen der multidisziplinären Zusammenarbeit in diverseren Teams wie die des britischen Studios Assemble oder das spanische Kollektiv Lacol sind etabliert und formulieren neue Formen der Bürokultur. Im Team und auf Augenhöhe arbeiten und der Wunsch danach sind Teil des Selbstverständnisses junger Planerinnen und Planer geworden. Insignien und Privilegien Das Bild „schwarzer Rolli, Hornbrille“ erzeugt ein Bild der „Meister“ der Moderne. Zahlreiche Veröffentlichungen belegen das mit visuellen Merkmalen, bestimmten Gesten und Verhaltensweisen identifizierte „Gehabe“ des „traditionellen Architekten“, das von Idolen der klassischen Moderne herrührt.90 Hierzu zählen reduzierte schwarze 48

Kleidung, runde Hornbrille, Fliege, Zigarre, ein kahlrasierter Kopf.91 Die visuellen Insignien sind nicht nur geschlechtsspezifisch codiert, die vorwiegend schwarzen Accessoires entfalten ihre Wirkung am besten im Kontrast zu einer weißen Hautfarbe. Grundsätzlich stellt der Habitus eine verinnerlichte Fachkultur dar, die je nach Fachbereich variiert.92 Er sorgt nach innen für ein Zugehörigkeitsgefühl, nach außen vermittelt er zum Beispiel den Bauherren und -damen Sicherheit. Der Eindruck, dass die Person eng mit ihrem Beruf (und seinen Stereotypen) verschmolzen ist, schafft Vertrauen. Schließlich geht es darum, ihr einmalige, große private oder geschäftliche Investitionen anzuvertrauen. Der Habitus hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Heute werden die im Grunde männlich codierten Marker des Auftretens zusätzlich kontrastiert, etwa durch einen farblichen Akzent, Sneaker, einen Hoodie oder einen Zopf. Der weiche, überraschende Akzent wird als Zeichen für Sensibilität und Stilbewusstsein geschätzt und ist weiblich codiert. In ihrer Schweizer Studie Zur Untervertretung von Frauen im Architekturberuf analysiert die Soziologin Christina Schumacher: „Architekten machen sich durch die gesteigerte Sorge um ihr Äußeres als solche erkennbar. Damit nutzen sie einen Spielraum zur Darstellung von Professionalität und Zugehörigkeit, der Architektinnen nicht zur Verfügung steht. Im Unterschied zu ihren männlichen Kollegen gilt eine besondere Betonung ihres Äußeren bei Frauen als geschlechtstypisch und lenkt damit die Aufmerksamkeit eher auf ihr (falsches) Geschlecht als auf ihre Professionalität.“ 93 Der Habitus geht weit über die äußerlichen Merkmale hinaus, wie Schumacher feststellt: „Die Aneignung des Privaten durch die Architektur funktioniert über ästhetisch-formale Aspekte. Die ‚gute Form‘ […] bestimmt die Gestaltung der Wohnung, die Kleidung, die Frisur und Accessoires ebenso wie die Freizeitgestaltung. Dazu gehören der Besuch von Vernissagen, Ausstellungen und Filmen, das Essen im InLokal sowie das Reisen zu den Ikonen der Architektur und des Städtebaus.“94 So weit, so gut. Läuft alles nach Plan, wird aus dem einst jungen, kunstbeflissenen und engagierten Architekten mit Hornbrille und Moleskine-Rucksack der erfolgreiche Silberrücken. 49

Viele Architekturbüros pflegen einen offiziellen oder inoffiziellen Dresscode. Die visuelle Monochromie des Berufsbilds, die sich in zurückhaltender Kleidung und einer Vorliebe für Grau und Schwarz ausdrückt, offenbart seine fehlende Vielfalt, indem persönliche Merkmale und Zeichen von Identität vermieden werden und buchstäblich hinter der Uniformierung verblassen. Der schwarze Rolli mit Hornbrille ist nicht nur Marker, sondern auch Maskierung. Architektin und Frau Auch ohne Verbindung zur Architektur mögen viele Frauen einen schlichten, reduzierten Stil, um ihre Persönlichkeit zu unterstreichen. Allein bedeuten die zurückgenommenen visuellen Merkmale, für sich und in ihrer Kombination, eine unglaubliche Reduktion der Möglichkeiten, die Frauen an Kleidung, Frisur und Accessoires und ihrem damit verbundenen individuellen Ausdruck an Lebensfreude und weiblicher Identität zur Verfügung stehen – und das eventuell ihr Leben lang. Dennoch greift der Dresscode. Fotos der Architektinnen der 1980er und 1990er Jahre wirken wie Bilder von Schwestern oder Cousinen. Der Habitus mit seinem Dresscode wird von vielen als individueller Stil wahrgenommen und nicht als Verzicht auf Ausdrucksmöglichkeiten. Die Sozialphilosophin Kate Manne untersuchte in Down Girl die gegenseitige Bedingung von Misogynie und Sexismus. Sie erläutert, wie Misogynie das durch Stereotype bedingte Raster beschreibt, in dem Frauen sich gesellschaftlich bewegen dürfen, und Sexismus dazu diene, das Verhalten der Frauen zu sanktionieren, die dieses verlassen.95 Bezogen auf den Habitus des Architekten bedeutet dies, dass der angebotene Code Frauen in einen schwer aufzulösenden Rollenkonflikt führt. Wollen sie dazugehören, verzichten sie auf wesentliche weiblichen Personen zugeschriebene Ausdrucksformen – und laufen Gefahr, gesellschaftlich und als Frau weniger geachtet zu werden. Schlagen sie die angebotene Codierung zugunsten eigener, unbeschriebener Wege aus, verzichten sie auf Erfolgsmerkmale der Profession und damit Privilegien. Bezogen auf die Fachkultur kommt Schumacher zu einem ähnlichen Schluss: „Die Notwendigkeit, sich 50

in einer pointiert männlichen Welt zu behaupten, empfinden viele als kaum vereinbar mit ihrer weiblichen Geschlechtsidentität. Im Unterschied zu ihren männlichen Kollegen stellt sich damit den Architektinnen die Aufgabe, eine Balance herzustellen zwischen beruflicher und geschlechtlicher Identität.“ 96 Diese subtil vorhandene, wenig greifbare Zwickmühle lässt den Zwiespalt erahnen, in der sich Frauen in der Architektur vorfinden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Perspektive, die Frauen erwartet, wenn sich Erfolg einstellt. Es gibt Indizien aus der Forschung, dass kompetente Frauen weniger beliebt sind und somit für ihre Karriere auch persönlich einen hohen Preis zahlen.97 Dagmar Richter, Professorin am Pratt Institute in Brooklyn, skizziert in Tanja Kullacks Architektur. Eine weibliche Profession, was eine erfolgreiche Karriere in Bezug auf ihr weiteres Leben für eine Architektin bedeuten kann: „[Es] gibt für eine Frau, die in der architektonischen Disziplin als Autorin anerkannt werden möchte, keinerlei Aussicht auf persönlichen und psychologischen Gewinn. Ein bekannter Architekt kann gut und gerne auf eine Zukunft mit mehreren jüngeren Ehefrauen, Liebhaberinnen, ihn bewundernden Assistenten, einer wohlgepflegten Familie, in der die Frau in seinem Sinne – aber für ihn nicht zeitaufwendig – die Kinder großzieht, und mit einem regen, befriedigenden Sozialleben, Sexual- und Liebesleben genüsslich hinarbeiten. […] Eine Architektin aber muss sich, je höher sie kommt, desto mehr mit Einsamkeit, sozialer Ausgrenzung, Kinderlosigkeit und Feindseligkeiten auseinandersetzen. […] Die Gesellschaft war bisher nicht bereit, das Engagement von Frauen in diesem Beruf zu würdigen. Noch weniger wurden Frauen dafür belohnt, die Regeln zu brechen oder den Status Quo in Frage zu stellen. Frauen, die dieses Risiko auf sich nehmen, werden nach wie vor völlig isoliert und gesellschaftlich ausgegrenzt.“ 98 Eine nicht besonders erbauliche Aussicht. Auch hier fehlen in der Breite gelebte und kommunizierte positive Rollenmodelle. Ein verbreiteter Teil der Fachkultur ist die Eigenschaft von Architektinnen und Architekten, sich Partner:innen aus der Profession zu suchen. Christina Schumacher stellt fest: „Der überwiegende Teil 51

der Befragten ist mit einer Partnerin respektive einem Partner desselben Berufes liiert. Dabei handelt es sich gemäß einer statistischen Untersuchung nicht um einen Zufall, sondern um einen berufskulturellen Trend.“ 99 Inés Toscano untersucht diese anhaltende Dynamik anhand einer Befragung von 400 Architektenpaaren. Sie stellt ein Muster der gemeinsamen Lebensläufe fest: Kennenlernen an der Universität, Heirat, gemeinsamer Büro- und Familienname, Wettbewerbsteilnahmen, Elternschaft, eigenes Haus mit Architekturbüro. Mit Studentinnen spielte Toscano in einem Seminar an der Hochschule Anhalt historische Partnerschaften im Rollenspiel nach. Sie stellt die Lernerfahrung dar: „Mit ihrer ganzheitlichen Körpererfahrung entlarven die künftigen Absolventinnen stereotype Geschlechterrollen, machen die Gespenster der Architekturgeschichte sichtbar und setzen sich mit Problemen des Berufs auseinander, die alle Geschlechter betreffen.“ 100 Die Geschichte hat couplings, wie Beatriz Colomina die produktiven Arbeitsbeziehungen 1999 nannte, ignoriert, obwohl ein wesentlicher Teil der „Meister“ sie führte. In der Konsequenz führen Selbstverständnis und Habitus in der Architektur zu fehlenden Rollenbildern beziehungsweise zu unterschiedlichen für Männer und alle anderen. Die wenigen Frauen, die es innerhalb des Systems „geschafft haben“, werden von Frauen als role models oft nicht anerkannt. Sie werden nur fachlich geschätzt, nicht als Vorbild. Das beste Beispiel hierfür ist die einzige „StarArchitektin“ Zaha Hadid selbst. „Wo bleibt eine Frau noch eine Frau und schafft es tatsächlich in dem System oder ändert es? Das wären für mich Vorbildfunktionen“, sagte eine der Interviewpartnerinnen von Rebecca Volpp als Teil ihrer Untersuchung Architektinnen der Zukunft zum Habitus der Profession.101 Es sind gute Nachrichten, dass im Zuge der Untersuchung der Architekturgeschichte auf Diskriminierung die Darstellung vieler Frauen neu bewertet wird. Insbesondere Zaha Hadid unterlag mehrfacher Diskriminierung.102 Einige ihrer Zuschreibungen waren rassistisch und sexistisch. Zu ihrer Ausstellung „Zaha Hadid Architecture“ im Jahr 2003 im Wiener Museum für Angewandte Kunst trugen Begleiter:innen T-Shirts mit der Aufschrift „Would they still call me a diva if I was a man?“.103 52

Individuelle Entscheidungen Zusammengenommen bedeutet eine Eintrittskarte in die Architektur für eine junge Frau unter Umständen eine richtungsweisende und in Bezug auf die Sollbruchstelle Mutterschaft eventuell endgültige (Ab-)Änderung ihres persönlichen Lebensentwurfs beziehungsweise die Aussicht, diesen nur unter erheblichem Gegenwind durchzukämpfen. Die bildhaften Insignien, die uns über die „Meister“ schmunzeln lassen, haben für Frauen existenzielle Auswirkungen. Zwar gilt für sie auch das Versprechen der Zugehörigkeit über die Anpassung an den Habitus, nur nie ganz, und wenn ja, dann zu einem absurd hohen Preis. Die Architektur kann Frauen keine selbstverständliche Heimat werden. Selbst wenn sie alles dafür geben, auf Kinder verzichten und 30 Jahre dabei sind – sie bleiben im eigenen Beruf „Zugezogene“. Oft werden die übergeordnet wirkenden berufskulturellen und familienpolitischen Einflüsse individualisiert. Rechtlich haben Frauen alle Möglichkeiten, und jede kann sich neu und anders entscheiden. Die Realität ist vielfältig und Lebensläufe bleiben im Detail individuell. Doch lässt die Individualisierung der Entscheidung die systemischen Einflüsse außen vor. So sagt die Journalistin Mareice Kaiser: „[E]s ist keine individuelle Entscheidung, sich von gesellschaftlichen Erwartungen freizumachen. Sie sind da, wir alle spüren sie, sie beeinflussen uns. Frei sind wir nur, wenn uns die Alternative unserer Entscheidung lebbar erscheint; ohne Brandmarkung von außen.“104 Ihr Statement geht mit der Untersuchung von Kate Manne zusammen: Aus Sorge vor einer gesellschaftlichen Sanktionierung passen Frauen ihr Verhalten im Zweifel lieber an.105 Kulturwandel auf Sicht Der stark männlich codifizierte Habitus äußert sich in der Konsequenz durch die Erlangung von Privilegien – und von Macht. Dabei ist die Intention in den meisten Fällen voraussichtlich nicht, Frauen aktiv auszuschließen, sondern vielmehr, Privilegien für sich zu erlangen und zu erhalten. Insbesondere die durch den Habitus meist unbewusst erreichten Vorteile werden nicht unbedingt als solche 53

erkannt und geschätzt. Aber schließlich werden sie – wie in anderen Systemen von Diskriminierung – genossen und genutzt und als Selbstverständlichkeit angesehen: Man fühlt sich wohl, es passt einfach gut. Und das hochkompetitive Feld Architektur ist stark umworben. Der hohe Einsatz fordert seinen Tribut. Und doch ist nicht hinnehmbar, dass Frauen einen höheren Eintrittspreis zahlen. Paritätische Verhältnisse bedeuteten perspektivisch für eine Seite, auf Macht zu verzichten. Beobachtungen aus der Praxis, und dies spiegelt auch die gesellschaftliche Entwicklung wider, zeigen, dass es mit dem Einsatz für Geschlechtergerechtigkeit dann eng wird, wenn es um die eigene Position geht. Ein Kulturwandel muss mitbringen, dass Frauen sie selbst bleiben, mehr noch, dass ihre Fähigkeiten und Erfahrungen das System ändern dürfen. Die Aneignung männlicher Attribute ist für Frauen so lange kontraproduktiv, wie die Gesellschaft von ihnen das Gegenteil erwartet. Für Männer sind die gegenderten Attribute wie visuelle Merkmale an keiner Stelle hinderlich, im Gegenteil, sie sind für sie gemacht. Viele Aspekte ihrer ausgelebten Persönlichkeit und Männlichkeit führen sie näher an die Berufskultur heran, vorausgesetzt, sie möchten keine abweichenden Schwerpunkte setzen. Wie viel Spielraum lässt das Korsett des Architekten für eine moderne, erfüllende Vaterschaft, in der man sich die Care-Arbeit mit der Partnerin 50:50 aufteilt? So bekommen junge Väter, die viel Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten, im Beruf des Architekten möglicherweise einen noch stärkeren Gegenwind als Mütter und werden durch die in der Bürokultur gelebte Kraft der Narrative an ihre Rolle erinnert. Innerhalb der Untersuchung des maternal wall bias kommt die Studie des AIA zur Bewertung eines sorgetragenden Vaters zu folgendem Ergebnis: „[…] bei Vätern, die in der Fürsorge für die Familie eine aktivere Rolle spielen, ist eine Beförderung oder Gehaltserhöhung weniger wahrscheinlich, wahrscheinlicher ist, dass sie von ihrem Arbeitsplatz verdrängt werden. Tatsächlich ist das Stigma der Flexibilität ein Stigma der Weiblichkeit: Väter, die sich um ihre Kinder kümmern, gelten als weniger maskulin und werden in ihrem Arbeitsumfeld dafür bestraft.“ 106 54

Ein Kulturwandel in der Planung sollte von allen getragen und institutionell verankert werden und aus der Mitte des Fachdiskurses kommen – es ist ein berufskultureller Kraftakt, der von allen gestemmt werden muss. Daher ist es notwendig, dass auch Männer den Wandel mittragen und mitgestalten, hin zu einer Berufskultur, die den tatsächlichen Bedürfnissen entspricht. Und vor allem offenbleibt für verschiedene Arbeits- und Lebensmodelle. Frauen sorgen gut für sich, indem sie ihre Persönlichkeit und Identität nicht verbiegen und verleugnen, um einer Berufskultur nachzukommen, die an offensichtlich obsoleten Vorbildern hängt. Sie tun das einzig Vernünftige: Sie wenden sich anderen spannenden Perspektiven zu, die sie mehr willkommen heißen. Mit der AIA-Studie liegen wichtige Hinweise zur Schieflage in der Branche vor. Die vorhandene branchentypische Haltung gegenüber Rassismus und Sexismus geht über eine reine Erkenntnis des Problems weit hinaus.107 Cathleen McGuigan, Chefredakteurin des amerikanischen Magazins Architectural Record kommentiert diesen Aspekt der Studie im Januar 2022 in ihrem Editorial: „Zu den wenigen positiven Beobachtungen in diesem vernichtenden Dokument gehört: ,Innerhalb des Berufsstandes waren Rassismus und Sexismus so offensichtlich, dass wir als Muster feststellten, dass weiße Männer sie mit Abneigung zur Kenntnis nahmen, etwas, was uns in keiner anderen Branche begegnete.‘ Diese weißen Männer sind es, die die Macht haben, an dem ungerechten Arbeitsumfeld, das durch sie Bestand hatte, wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Meine Herren, wenn Sie das anwidert, tun Sie bitte etwas dagegen – und dann noch mehr.“108

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Architektur lernen

„In meinem ersten Semester hatte ich eine tolle Professorin: Clotilde Barto. Das Erste, was sie uns gesagt hat, war: ‚Ich verbiete euch in ein Architekturmagazin zu schauen. Ihr müsst ins Theater gehen, Bücher lesen, euch kennenlernen und ihre werdet sehen, alle diese Dinge werden sich zusammenfügen.‘“ 109 Océane Vé-Réveillac, fem_arc collective

Ernst Neufert begann 1926, die „Erkenntnisse einer vielfältigen Praxis und Lehrtätigkeit planmäßig zu sammeln“ und sie in der Bauentwurfslehre zusammenzustellen. Das Buch von 600 Seiten dient als zentrales Nachschlagewerk für Entwerfer:innen und StandardBuchgeschenk zur Aufnahme des Architekturstudiums.110 Auch die 42. Auflage enthält sein „Prolegomena“, mit dem er gleichsam in die Geheimnisse des Berufs einweiht: „Wer einmal den Glauben zu sich gefunden hat, den Einblick in die Zusammenhänge, in das Spiel der Kräfte, der Stoffe, der Farben, der Maße, wer die Wirklichkeit, die Erscheinung der Bauten in sich aufnehmen kann, ihre Wirkung studiert, kritisch untersucht, im Geiste umbaut, der ist auf dem einzig wahren Wege zur größten Lebensfreude, die nur der tätig Schaffende verspürt. 57

Ihn dahin zu bringen, soll diese Lebensauffassung helfen.“111 Das „Prolegomena“ liest sich wie eine großartige Zukunftsverheißung, ein Versprechen, sich einst in die Reihe der „Alten“ einreihen zu dürfen. Voraussetzung ist, der Student lässt sich gänzlich ein, lässt sich von keiner Lehre beirren und widersetzt sich sämtlichen Traditionen. Einzig und allein der eigene Gestaltungswille zähle: „Ein geborener Architekt […] ist so voller eigener Vorstellungen und Ideale, dass er nur die Elemente braucht, um dann selber ins Geschirr zu gehen […].“112 Initiationsrituale Viel von den Neufert’schen Prämissen des erfolgreichen Arbeitens ist Teil der Berufskultur geworden und wirkt neben neueren Rollenbildern in der Lehre fort. Sie zeigen sich vor allem an Lehrstühlen, die durch eine besonders stringente Lehre locken und damit implizit die Ausbildung zum „echten, kompromisslosen Entwerfen“ versprechen. Die Studierenden sollen zu „folgsamen Architektursoldaten“ werden, die „fünfte Nachtschicht“ und harte Kritiken helfen gleich Initiationsritualen dabei, die richtige Architekturpersönlichkeit herauszubilden.113 Die „harte Schule“ ist keine Generationenfrage. Auch bei jüngeren Professor:innen ist zu beobachten, dass dieses Framing hilfreich ist, den Lehrstuhl zu bekommen und ihn erfolgreich zu führen. Ein Professor an einer deutschen Architekturfakultät beschreibt, wie die männlich codierte Haltung die Lehre beeinflusst und wie radikale, harte, konzeptgesteuerte Architekturen, die streng und rigoros durchgehalten werden, als bestimmte Vorstellung von guter Architektur fortleben. Doch die Initiationsrituale sorgen nicht nur nach innen für den Ritterschlag zum Architekten und symbolisieren die Aufnahme in die Profession, sondern sie schließen auch nach außen ab. Das bekommen besonders Personen zu spüren, die nicht Architektur studiert haben, aber etwas zum Diskurs beitragen wollen: „Jenen, die auf Umwegen […] in diesem Berufsfeld gelandet sind, wird häufig schnell klar, dass sie bestenfalls geduldet sind. Lehrende […] übernehmen in den Hochschulen die Aufgabe des Gatekeepers“, beobachtet der Architekt und Wissenschaftler Tors58

ten Lange. Zu den Zeichen der Geschlossenheit zähle ebenfalls ein gemeinsamer Kanon, der die „vermeintlich gemeinsame Gesprächsbasis“ bilde, jedoch hinsichtlich seiner machtvollen Konstruktion ungenannt bliebe.114 In ihrer Schweizer Studie stellt Christina Schumacher fest, dass Studierende dieses „Gehaben“ schon in der Ausbildung einüben.115 Hier lernen sie auch, was die Berufskultur ausmacht und sich später in der Praxis fortsetzt: unter hohem Druck zu arbeiten und in einer gänzlichen Hingabe an die Architektur die Inhalte vor die eigenen Bedürfnisse zu stellen. Sie lernen, für eine erfüllende Aufgabe unentgeltlich zu arbeiten. Warum Architekt:innen es selbst befürworten, in offenen Wettbewerben ein bis zwei Leistungsphasen der HOAI unentgeltlich zu erbringen, bleibt für andere Berufsgruppen ein Phänomen. Mit einer ritualisierten Verankerung in der Ausbildung wird diese Praxis nach dem Abschluss kaum mehr reflektiert. Das weitere von Neufert implizit transportierte Bild, der Architekt genüge sich selbst, um die Dinge aufs Papier zu bringen, schließt nicht nur Kritik von außen aus, sondern auch den Kontext. Die Resistenz gegen Einflüsse von außen erweist sich besonders kontraproduktiv für jegliche integrative Entwurfsansätze und entspricht in der Tendenz einem kolonialen Mindset. Denn Architektur ohne Nutzer:innen und Gebäude ohne Kontext gibt es nicht. Sehr viele der heute praktizierenden Architekt:innen sind mit dieser Form von Lehre vertraut. Die speziellen Rahmenbedingungen werden unter Architekt:innen dadurch entschuldigt, dass die „Laborsituation“ in der Universität der einzige Ort sei, um sich entwerferisch ganz frei zu entfalten. Diese Implikation lässt außen vor, dass die Freiheit erkauft wird durch das Einüben eines selbstausbeuterischen Arbeitsverhaltens und einer exklusiven Haltung. Lernen durch Nachahmung Architekturfakultäten definieren sich maßgeblich über ihre Entwurfslehrstühle. Sie dienen als Aushängeschild der Fakultät und geben einen Hinweis auf die praktizierte Schule. In der Schweizer Studie wird analysiert, wie das Wissen an den Entwurfslehrstühlen 59

nicht durch Theorie, die sich Studierende aus Lehrbüchern erarbeiten könnten, sondern durch praktisches Erfahrungswissen weitergegeben wird. 116 Über die „Tischkritik“ oder „Verteidigung“ werden Erfahrungen aus erster Hand weitergegeben. Christina Schumacher stellt heraus, damit sei die Wissensvermittlung mehr als sonst mit den beeinflussenden Personen verknüpft. Das Entwerfen im Arbeitsraum, das Erlernen von Methoden und Techniken, ergänzt durch persönliche Kritiken, erfolge durch Nachahmung: „Die akademischen Lehrer, Architekturprofessoren wie auch nationale und internationale Stars der Architekturszene, sind den Studierenden leibliche Vorbilder.“ Ein derart verkörperlichtes Wissen lasse sich kaum von der Person und somit auch nicht von seinem Geschlecht trennen: „Das geschilderte mimetische Lernen als eine Art MeisterSchüler-Lernen ist für junge Männer viel einfacher, naheliegender und selbstverständlicher als für junge Frauen.“ 117 Die Grundlage für Formen der patrilinearen Förderung ist in dieser Lehrpraxis angelegt. Bei einer Umfrage der Frauenbeauftragten zur Situation der Architekturstudentinnen an der Technischen Universität München von 2017 berichten Studentinnen von Diskriminierungserfahrungen zum Beispiel bei Präsentationen, „bei denen sie sich nicht ernst genommen fühlten“ 118. In Großbritannien legt eine Studie des Architects’ Journal 2014 offen: „[…] ,schockierende‘ 54 Prozent der Studentinnen, die sich an einer internationalen Umfrage zum Status der Frauen in der Architektur beteiligten, gaben an, in der Universität sexuelle Diskriminierung erfahren zu haben.“ 119 Bei einer Befragung von 400 Studierenden 2020 an der Architekturfakultät der Technischen Universität Wien gaben 42 Prozent der Befragten an, Diskriminierungserfahrungen gemacht zu haben.120 Daten zur Diskriminierung von Studentinnen, ob Schwarz, weiß oder of Color und anderen marginalisierten Gruppen in der Architekturausbildung, liegen in Deutschland nicht vor. Es gibt jedoch viele Hinweise dafür, dass sie vorhanden sind. Um die Strukturen in der Lehre einschätzen, analysieren und ändern zu können, ist es dringend erforderlich, hierzu Daten zu ermitteln und Betroffene zu Diskriminierungserfahrungen zu hören. 60

Wandel in der Lehre Innerhalb der zweiten Welle des Feminismus in den USA wurde in den Jahren 1975 bis 1981 eine eigene Schule, die Women School of Planning and Architecture gegründet. Sieben Frauen boten in den Sommermonaten als Summerschool experimentelle Inhalte frei von Stereotypen an.121 Teil der Lehrmethoden war ein Ansatz von Augenhöhe zwischen Lehrenden und Studentinnen mit dem Ziel, die Rolle der Lehrperson als Autorität zu minimieren. Schon vor 40 Jahren wurde von Frauen Autorität und Augenhöhe in der Architektur thematisiert. Diese Haltung spiegelt sich ebenfalls in den Interviews vieler Professorinnen mit Tanja Kullack wider. Sie betonen übergreifend, dass sie keinen Wert darauf legen, „sich anbeten“ zu lassen, und die Studierenden stattdessen dazu anleiten, viel in Teams zu arbeiten und die Leistung als Produkt einer Gruppe zu beurteilen.122 Damit lehren sie weniger personenbezogen und legen den Fokus auf den Inhalt und nicht auf das „Gehabe“ des Habitus. Auch viele Professoren lehnen den männlich codierten Duktus des Lehrens ab und wenden sich offeneren Formaten und Lehrpraktiken zu. 60 %

Gastprofessorinnen

Professorinnen

50 % 40 %

2020

23 % 2015

20 %

28,2 %

15,4 % 26,7 %

0%

2010

2005

0%

15 %

18,8 %

Abb. 7: Professorinnen und Gastprofessorinnen in der Architektur 2005–2020 Quelle: Statistisches Bundesamt/Auswertung: Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA

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Viel weist darauf hin, dass insbesondere der Anteil weiblicher Professoren die Lehre perspektivisch verändern wird. Die Anzahl der Professorinnen und Gastprofessorinnen an den Architekturfakultäten ist in den letzten Jahren angestiegen. Neben der neuen Besetzung von Lehrstühlen finden neue Inhalte Eingang in die Lehre. Hier sei zum Beispiel die Vortragsreihe von 36 internationalen Architektinnen genannt, die von Ursula Schwitalla an der Universität Tübingen organisiert wurde. Das erfolgreiche Format mündete in die Publikation Frauen in der Architektur: Rückblicke, Positionen, Ausblicke.123 Das im Kapitel „Schwarzer Rolli, Hornbrille“ vorgestellte Seminar Gender Masquerade von Inés Toscano setzt sich ganzheitlich mit der gesamten Fragestellung auseinander und lässt die Studentinnen durch das Rollenspiel die unterschiedlichen Geschlechterrollen körperlich erleben. Als Gastprofessorin des Kollektivs Claiming*Spaces lehrte Afaina de Jong an der Technischen Universität Wien Architektur als intersektional-feministische Praxis in ihrem Raum A Space of Freedom. An der Architekturfakultät der Technischen Universität München werden in jedem Semester erneut zwei Lehraufträge durch die Frauenbeauftragten vergeben. Die von Tanja Kullack interviewte Architektin Ingalill WahlroosRitter hält die Position von Frauen insbesondere außerhalb der klassischen Architekturkarriere für eine besondere Chance für einen Wandel: „Spannende Möglichkeiten tun sich in der Architektur immer dann auf, wenn Menschen nicht dem konventionellen Pfad folgen, der zur Ausübung des Berufs als Architekt eine Zulassung verlangt. Ich denke, Frauen halten es für vollkommen akzeptabel, nicht ‚lizensiert‘ zu sein, da viele darin keinen sehr befriedigenden Arbeitseinsatz sehen. Wir sollten unsere Studenten dazu ermuntern, alternative Arten der Berufsausübung in Betracht zu ziehen. Es ist kein Zufall, dass Frauen bei der Entwicklung neuer Ansätze der Arbeitspraxis führend sind.“124 Berufung ohne Theorie Analog zu einer Vermittlung von Praxiswissen werden Entwurfsprofessuren nicht über übliche universitäre Qualifikationsverfahren 62

wie Dissertation und Habilitation, sondern aus der Praxis berufen.125 Informellere und weniger quantifizierbare Kriterien können dazu führen, dass Männer bevorzugt werden. Um dies zu verändern, sind Maßnahmen nötig, die über das Ziel einer paritätischen Besetzung der Berufungskommission hinausgehen. Das Verfahren zu ändern bedeutet, den Prozess und die Kriterien nachzubessern, bis sie funktionieren. Bei welchen Kriterien fallen die Frauen bei einem Testlauf aus der engeren Wahl heraus? Welche formellen, transparenten und quantifizierbaren Auswahlkriterien können herangezogen werden? Haben die Auswahlkriterien einen Gender Bias, sind sie durch alle Personengruppen gleich erfüllbar? Sind die Kriterien selbst durch Männer selbstverständlicher zu erfüllen, welche Rolle spielt zum Beispiel Self-Branding? Dazu gehört auch, Absagen auf ihre Gründe hin zu untersuchen. Was hätte die Person benötigt, um die Professur anzunehmen? Die Besetzung von Planungsprofessuren aus der Praxis hat auch zur Folge, dass es weniger Resonanz zwischen Lehre und zum Beispiel Architekturwissenschaft gibt. Die Architektin und Professorin für Innenarchitektur Carola Ebert verglich Veranstaltungen zur Architekturpädagogik und stellt fest, dass sich diese thematisch und inhaltlich stark an aktuellen Tendenzen der Berufspraxis orientieren, gering wissenschaftlich orientiert sind und wenig Impulse aus der Fachwissenschaft und -didaktik aufnehmen: „Komplexe Fragestellungen wie die Anpassung von Curricula an ein sich wandelndes Berufsbild oder der notwendige Abgleich mit dem, was Architektinnen für [die] Berufspraxis benötigen, lassen sich ebenso wenig aus einer Mischung individueller Erfahrungswerte, Ideale, Traditionen und Anforderungen aus der hochschulpolitischen und berufsständischen Realität wie aus der Historie allein beantworten.“ Sie resümiert, dass Untersuchungen zu Studienerwartungen, Studienerfahrungen und zum weiteren Lebensweg die Perspektive der Lernenden im Diskurs zur Architekturlehre stärker sichtbar machen würden: „Statt programmatisch stets neue Ziele zu diskutieren und zu formulieren, ließen sich so die tatsächlichen Wirkungen der Architekturlehre analysieren und mit den Ausbildungszielen abgleichen.“ 126 Aus ihrer 63

Analyse wird deutlich, wie viel fachdidaktisches Wissen in der Architekturlehre nicht ankommt. Ihre Analyse ist auch eine Erklärung dafür, dass das von Schumacher beschriebene „mimetische MeisterSchüler-Lernen“ auch im 21. Jahrhundert noch praktiziert wird. Dies könnte auch eine Erklärung dafür sein, dass fachbezogene Inhalte nicht, oder nur bei besonderem Interesse, den Körper der Lehre erreichen. Als eine Studentin 2021 als Thema ihrer Bachelorarbeit an einer deutschen Universität die geschlechtsspezifische Nutzung öffentlicher Räume und die daraus entstehende Diskriminierung von Frauen wählen möchte, erhält sie zunächst keine große Unterstützung. Zunächst stellen die Assistent:innen die Relevanz ihres Themas infrage. Schließlich empfehlen sie Literatur mit Bezug zur Kunst und ihr Professor, ein renommierter Architekturtheoretiker, gibt ihr den Hinweis, nach fachbezogenen Artikeln in der Zeitschrift EMMA zu suchen. Schließlich handele es sich hier um ein neues, weitgehend unerforschtes Feld. Wer den Stand der Forschung und relevante Quellen an den Lehrstuhl brachte, war die Studentin, nachdem sie die umfängliche Literatur gesichtet hatte und mit dieser ihre Thesis untersetzte.127 Und während man noch darüber lacht, möchte man doch gleichzeitig darüber weinen, denn was gibt es Schlimmeres, als die Unkenntnis der vielen laufenden Meter Literatur aus 40 Jahren Forschung zum Zusammenhang von Geschlecht, Architektur und Raum im Epizentrum der deutschen Architekturausbildung. Der Ruf nach vielfältiger geschlechtsspezifischer Forschung zur Aufarbeitung der Ungleichheit in der Architektur und Planung ist richtig – jedoch braucht es auch den Willen, die Ergebnisse zu implementieren und davor erst einmal wahrzunehmen. Die meisten deutschen Architekturfakultäten bleiben von den Forderungen feministischer Theorie an eine geschlechtergerechte Planung bisher weitgehend unbehelligt. Auf ihren selbstreferenziellen Diskurs konzentriert erreichen die Lehre auch weitere wichtige Themen nicht, die nicht unmittelbar aus der Praxis kommen, wie zum Beispiel die erhebliche Relevanz einer Baukulturellen Bildung. Dies bestätigt ebenfalls Despina Stratigakos für den nordamerikanischen Diskurs: „Diese 64

jahrzehntelangen Forschungen und Publikationen bilden heute einen beachtlichen und bedeutenden Literaturbestand zum Thema Frauen und Gender in der Architektur. Doch ist ihr Einfluss begrenzt geblieben, weil das Wissen und die Einsichten, die sie enthalten, nur selten Eingang in die Lehrpläne der Architekturhochschulen finden […].“128 Für Deutschland resümiert Carola Ebert, dass der Kontakt der Architekturlehre zu Feldern wie der Hochschuldidaktik oder zur bildungswissenschaftlichen Forschung zu wünschen wäre.129 Insgesamt erscheint das Bewusstsein für die Forschung in der Branche gestiegen zu sein, viele Büros führen inzwischen parallel zu ihren Bautätigkeiten Forschungsprojekte durch. Jedoch handelt es sich hier oftmals um angewandte Forschung. Initiativen wie das Netzwerk Architekturwissenschaft der TU München sind ein gutes Beispiel dafür, wie Lehre, Praxis und Forschung verbunden werden können und der Wissenstransfer gefördert werden kann. Jahresthemen wie 2020/21 „Figurationen von Gender“ tragen dazu bei, die Wissenslücken zu verkleinern und Forschungsergebnisse auszutauschen. Insgesamt und insbesondere durch Kumulation und Überlagerung der verschiedenen Faktoren wie der Entwurfshaltung, einer androzentrischen Baugeschichte und fehlender role models werden schon in der Lehre exkludierende Botschaften vermittelt. Christina Schumacher fasst zusammen: „Damit sind für die jungen Frauen Ausschlusstendenzen bereits im Ausbildungskontext angelegt. Noch bevor sie ins Berufsfeld eintreten, sind sie auf einer symbolischen Ebene mit einem schlechteren Rüstzeug und mit weniger Selbstvertrauen ausgestattet; Selbstvertrauen, das für die jungen Männer aus dem Gefühl erwächst, in diesem Beruf an einem passenden Ort zu sein.“130 In der Lehre liegen die größten Chancen der Veränderung. Gerade der Praxisbezug mit oft eher informell formulierten Lehrinhalten ermöglicht es, schnell geschlechtsspezifisch relevante Inhalte aufzunehmen – hier liegt es in der Verantwortung der Lehrenden und Professuren, welche Themen sie auf die Agenda setzen. Eine Änderung des Berufsverständnisses und die zunehmende Anzahl an Frauen in der Lehre dürften perspektivisch zu anderen Lehrpraktiken und zu anders gelagerten Inhalten führen. 65

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Entwerfen Frauen anders?

„There is nobody against this [plan] – NOBODY, NOBODY, NOBODY, but a bunch of, a bunch of MOTHERS!“131 Robert Moses, zit. nach Jane Jacobs

Die häufigste Frage, die auf Podiumsdiskussionen rund um Chancengleichheit in der Architektur gestellt wird, ist: Entwerfen Frauen eigentlich anders? Gibt es weibliche Architektur? Wie die Antwort auch lautet, es schließen sich weitere Fragen an. Wird verneint, entsteht die Frage der Rechtfertigung des Aufwands. Wenn ohnehin schon eine hohe Qualität entsteht, ist es nicht gleich, wer sie entwirft und baut? Lohnt es sich dafür, die Strukturen einer traditionellen Branche zu ändern? Wird die Frage bejaht, steht die Sorge vor einer Verstärkung der Geschlechterstereotype im Raum. Führt das Wissen darum, dass Frauen besser Kindergärten entwerfen, nicht eventuell dazu, dass sie auf diese und ähnliche Aufgaben beschränkt werden? Frage und Antworten implizieren, eine „Norm“ sei vorhanden, ein Status quo, der durch neue, andere Formen oder Inhalte des Entwerfens möglicherweise angetastet werde. Denn was bedeutet anders entwerfen? Anders als wer oder was? Chancengleichheit in der Architektur zu erreichen bedeutet, bei gleicher Qualifikation für alle eine gleiche Zugänglichkeit zu Arbeitsmarkt und Leitungspositionen zu ermöglichen. Beide antizipierten 67

Antworten lassen außen vor, dass die Ursachen für fehlende Gleichberechtigung in der branchenüblichen Diskriminierung liegen und blenden gänzlich die Perspektive der Diskriminierten aus. Insbesondere der Rückzug auf eine Qualitätsdebatte ist verkürzt, denn was ist Qualität? Und für wen? Eine kluge Frau auf dem Festival „Women in Architecture“ in Berlin 2021 sagt zu dieser Frage, Menschen entwerfen anders, denn Menschen leben unterschiedlich und bringen ihre jeweiligen Lebensperspektive in den Entwurf ein. Wer das ganze Jahr zuhause arbeitet, bezieht dies beim Entwerfen von Wohnbauten mit ein. Wer täglich an mehreren Orten in der Stadt Dinge erledigen muss, entwickelt andere Mobilitätskonzepte als ein:e Pendler:in. Die Annahme, Planende können sich in jede Lebensrealität gleich hineindenken, ist eine Überschätzung und gleichzeitig eine Überforderung. Aus diesem Grund erzielen auch in der Architektur gemischte Teams aus allen Erfahrungsfeldern die besten Leistungen. Das Homeoffice der Familie Poelzig Wie der Ausdruck der eigenen Lebensrealität im Entwurf aussehen kann, wird am Grundriss des Hauses von Marlene Poelzig in Berlin sichtbar. Die Architektin hatte das großzügige Wohnhaus inklusive Architekturbüro am Berliner Grunewald 1930 für sich und ihre Familie mit drei Kindern und mehreren Bediensteten entworfen. Der Garten entstand hauptsächlich in Zusammenarbeit mit der Gartenarchitektin Herta Hammerbacher.132 Die Konzeption des Hauses weist einige Besonderheiten auf. Das Große Atelier richtet sich mit einer großen Fensterfläche zu Vorgarten, Garage und Straße. Die Außenräume zum Grunewald sind zoniert nach verschiedenen Spielnutzungen: Rasenspielplatz, Kinderspielplatz, Wasserbecken. An Küche und Speisekammer liegt das Kinderspielzimmer, zum Garten öffnet es sich mit einer Badelandschaft für die Kinder. Alle privaten Räume orientieren sich zum Grunewald, bis auf eines: im Kleinen Atelier saß Marlene Poelzig. Von hier aus hatte sie den Blick auf die gesamte Situation. Sie konnte alle Außenräume einsehen, zu denen die Kinder Zugang hatten, und sah durch 68

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Abb. 8: Grundriss des Hauses Marlene Poelzig im Berliner Westend Quelle: Scan Bauwelt 1930, Nr. 34

die gestaffelte Fassade, wenn jemand ins Haus ging. Denn wohnten auch Kindermädchen und Chauffeur mit im Haus, so nahm ihr das nicht die Verantwortung und die damit verbundene Steuerung aller Familienvorgänge. Eine Besonderheit des Entwurfs ist, dass sich die Kinderspielzimmer auf einer Ebene mit Wohnzimmer und Arbeitsbereichen befinden. Marlene Poelzigs Raum hatte anders als das Große Atelier einen Zugang zum Wohnzimmer. Vermutlich hatte Marlene Poelzig ihre Kinder gerne um sich und nutzte gleichzeitig jede Gelegenheit, um arbeiten zu können. Kurze Wege im Haus und insgesamt eine gute Beschäftigung der Kinder auf verschiedenen Spiel- und Wasserflächen konnten dazu beitragen, dass Marlene Poelzig ihren Beruf befriedigend ausüben konnte. Erwerbstätige Eltern mit kleinen Kindern wissen, wie wichtig es sein kann, Randzeiten im Alltag zu nutzen und gleichzeitig ansprechbar zu sein. Die Konzeption des Hauses Marlene Poelzig dürfte hierfür ein Referenzentwurf sein. Aus dem Grundriss ist ablesbar, wer in der Verantwortung stand für die Sorgearbeit und ihre Organisation. Das Paar saß, auf den Grundriss geschaut, Rücken an Rücken: Hans Poelzig konnte ungestört im Großen Atelier Gäste empfangen und Mitarbeiter koordinieren. Dabei konnte er unbesorgt in den Vorgarten schauen – die Beschäftigung und Erziehung seiner Kinder übernahmen auf der Rückseite des Hauses andere.  Care Die Abwesenheit von Care133 bildet den Dreh- und Angelpunkt der Debatte um die geschlechtergerechte Stadt, zeitgemäße Wohnbauten und Antworten zu der Fragestellung, welche Leerstellen in der gebauten Umwelt entstehen, wenn nur eine Bevölkerungsgruppe für ihre Planung verantwortlich ist.134 Gleichzeitig bildet die geringe Wertschätzung von Care als Teil des Lebens, im Berufsbild und seinen Narrativen einen neuralgischen Punkt in der Frage, warum Frauen die Architektur verlassen.135 Der Inbegriff der Sorgearbeit, Mutterschaft, oder nur der Wunsch danach, bildet für Frauen zeitlich innerhalb ihrer Lebensbiografie voraussichtlich nur den Anlass, 70

der Architektur den Rücken zuzuwenden. Care-Aufgaben verbannten Frauen in die Suburbs, Care wurde in der Geschichte der Stadt selten als zentrale Aufgabe in den Vordergrund gestellt. Dieses Manko wird heute zunehmend in der gesellschaftlichen Debatte bemerkt und kritisiert. Care ist in jedem planerischen Maßstab relevant. Gleichgültig, von wem Care-Aufgaben verrichtet werden – eine darauf ausgerichtete Umwelt, vom Wohnen über das Quartier bis zur Stadt, hilft dabei, sie zu erledigen.136 Care bildet die Grundlage jeder Gesellschaft und jeder Wirtschaft – weltweit. Ohne Sorgearbeit überleben Menschen nicht. Care ist Arbeit für das Leben. Care ist Wirtschaft.137 Elke Krasny weist in ihrem Essay „Architecture and Care“ nach, dass die Idee des modernen Architekten durch den Aufbau binärer Gegensätze im traditionellen westlichen Denken entscheidend beeinflusst wurde. Bei binären Gegensätzen wird eine Seite privilegiert und die andere abgewertet, zum Beispiel durch Feminisierung und Othering138. Anhand von drei kanonischen Momenten der Architekturgeschichte – der Antike, Renaissance und Aufklärung – legt Krasny offen, wie zunächst durch die Trennung von Natur und Kultur der schützende Aspekt von Architektur abgespalten und der Natur zugeordnet wurde. In der Konsequenz, legt Krasny dar, wurde es ein wesentlicher Zug der Architektur, nicht von der umgebenden Umwelt auszugehen: „Moderne Architektur wird sehr häufig auf der grünen Wiese errichtet, ein zutiefst kolonialer Mechanismus, der die Natur sowie alle und alles zunichte macht, die zuvor auf und mit diesem Land existierten.“139 Sie führt weiter aus, dass die feministische Theorie fachübergreifend schon seit Langem darauf hinweist, dass diese Trennung nicht richtig ist und Menschen unfähig macht, fürsorglich und beständig auf das heutige ökologische Trauma des Klimawandels zu reagieren. Sie stellt dar, wie dringend es angesichts der Krise ist, diese Binarität aufzulösen: „Care ist für das Überleben eines erschöpften Planeten nötig, bei dem die Häufigkeit der Katastrophen darauf hindeutet, dass die Grenze der Belastbarkeit so gut wie erreicht ist. […] der Bedarf an Architektur als Care ist dringlicher und offensichtlicher denn je.“ 140 71

Gleichzeitig macht ihr Essay deutlich, wie eingeschrieben die Binarität in das Berufsbild des Architekten ist, denn auch als der Beruf für Frauen zugänglich wurde, änderte sich daran wenig: „Der Bereich der Architektur […] hat es vermocht, weibliche Vertreter des Fachs aufzunehmen und zu integrieren, ohne sich in Richtung einer Ethik von Care zu bewegen.“141 Mit Blick auf die Genese entsteht fast der Eindruck, das Selbstverständnis der Profession basiere auf dieser Abspaltung. Aber Care ist nicht nur als reproduktive Arbeit zu verstehen. Die Care-Aspekte von Produktion, Protektion und finanziellem Sorgetragen sind laut Joan C. Tronto eher Männern zugeschrieben: „Wenn also Männer arbeiten und einen Gehaltsscheck nach Hause bringen, beschreiben sie diese Tätigkeit als Form von Care.“142 Wie sich die finanzielle Auswirkung verändert, wenn Frauen die finanzielle Verantwortung übernehmen, beschreibt Linda Scott. Mehr Gleichberechtigung und der bessere Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt führen zu einem höheren Bruttoinlandsprodukt. Dies trifft laut Untersuchungen aus 163 Ländern nicht nur auf die Dritte Welt zu, sondern auch auf Industrienationen: Dabei nehmen sie keine bestehenden Arbeitsplätze in Anspruch, sondern ihre Arbeitsplätze entstehen zusätzlich. Der ausschlaggebende Punkt für das Wirtschaftswachstum ist die Verwendung ihrer Einnahmen: „Frauen [geben] als Gruppe ihr Geld zuerst für ihre Familien – vor allem ihre Kinder – und für Gemeinschaften aus.“143 Die Investitionen der Frauen in die Gemeinschaft führen somit zu einer Stabilisierung einer Mittelklasse, die für eine stabile Marktwirtschaft erforderlich ist.144 Diese Daten werfen ein neues Licht auf die deutsche Debatte um die Finanzierbarkeit einer guten und umfänglichen Kinderbetreuung. Ein besserer Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt zählt in Deutschland als eine bekannte Wachstumschance. Die Architektin und Lehmbauspezialistin Anna Heringer bedenkt die Verwendung der Baukosten bei jedem Projekt mit. Bei der Errichtung der METI school in Bangladesch legte sie großen Wert darauf, dass die Kosten ihrer Bauten der Gemeinde zugutekommen. Da sie mit Aushub ein Material verwendet, das von Laien vor Ort verarbei72

tet werden kann, flossen die Löhne direkt in die Gemeinde zurück: „Aus dem Budget für das Gebäude entstand nicht nur eine Schule, es war zudem ein Katalysator für die Entwicklung der Gemeinde. […] In der Architektur geht es um viel Geld, und ja, wir können einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit leisten.“145 Entwerfen ohne Kontext Die Geringschätzung von Umwelt und Kontext als Teil der Entwurfshaltung spiegelt ein kolonial geprägtes Mindset wider, das mit dem „Entdecker“ korreliert, der sucht, findet, sich zu eigen macht, entwirft und bestimmt, wie Menschen zu leben haben. Leslie Kern beschreibt diese Grundhaltung des Explorativen sowohl in der Geografie wie in der Planung: „Die maskulinen, kolonialen Bilder unerschrockener Entdecker, die eine ‚neue Welt‘ vermessen, durchziehen noch immer das Feld der Geografie. Stadtgeografen spüren das nächste interessante Wohnviertel auf, um es zu untersuchen, [und] zu klassifizieren, während Planer technische, rationale und objektive Entscheidungen darüber anstreben, wie Menschen in Städten leben sollten.“146 Die Haltung, den vorhandenen Kontext weniger wertzuschätzen als einen neuen Entwurf, ist Teil der Fachkultur geworden und in großen Teilen des Lehrverständnisses verankert. Sie zeigt sich ebenfalls in der Darstellung von Architektur möglichst ohne störende Nutzerutensilien und flammt in Diskussionen auf, wenn die prämierte Architektur im laufenden Betrieb von Nutzer:innen „nicht verstanden“ wird. Sie enthält die Trennung der Nutzerqualität vom Entwurf, der unabhängig und als eigenes Werk in sich „gut“ ist oder nicht. Diese Haltung zu verändern, ist eine große Herausforderung. Doch genau sie steht für einen Wandel des Berufsbilds zur Disposition und es gibt viele Architekt:innen, die sich in diesem Bereich bewegen. Die Architektur von Lacaton & Vassal brach mit dieser Tradition und schuf neue Sehgewohnheiten, indem die Planenden in ihrer Sanierung der Hochhausscheibe Le Grand Parc in Bordeaux die individuelle Einrichtung von 530 Appartments zum Teil ihrer Architektur machten und damit die Nutzungsqualität und -perspektive in den Fokus stellten. 73

Kritik an der Stadt heute Der Blick auf die heute vorhandenen gebauten Städte macht sichtbar, welche Perspektiven ihr bei der Planung fehlten. Sie offenbaren die Leerstellen, die marginalisierte Gruppen und Frauen hinterlassen haben, da sie nicht aktiv beteiligt wurden, ihre Stimmen nicht gehört wurden oder sie nicht in Entscheidungspositionen saßen. Heute endlich ist die Frage, ob die heutigen Städte den Bedürfnissen aller Bevölkerungsgruppen gerecht werden, in der Gesellschaft angekommen. Stimmen von Sorgearbeitenden zweifeln die Qualität des Status quo an und machen mangelhafte Planung im großen und kleinen Maßstab sichtbar. Häufig genannte Mängel bei der Planung öffentlicher Räume sind öffentliche Toiletten, Barrierefreiheit und fehlende Sitzgelegenheiten, die Vernachlässigung multimodaler Wege und die Bevorzugung des Autoverkehrs.147 Wenn Care als selbstverständlicher Bestandteil unserer Architektur öfter und besser mitgedacht und auch städtebaulich mehr beachtet würde, wären Erwachsene weniger erschöpft. Paare könnten sich die Arbeit besser teilen und hätten mehr Zeit für Arbeit, Kinder und sich selbst. Leslie Kern führt in Feminist City aus, wie wir stattdessen in Städten leben, die Sorgearbeitende in der Summe ermüden, da sie ihre Bedürfnisse nicht erfüllen: „Das ständige Hin und Her zwischen Sorgearbeit, Schule, Erledigungen, Kursen, Familie und Freunde besuchen. Ich würde gerne die Zeit zurückdrehen und zu mir selbst sagen: Bleib zu Hause. Leg dich hin. Mach weniger.“148 Anstatt eine gute Erfüllbarkeit von Sorgearbeit als Teil der Alltagsumgebung in der gebauten Umwelt vorzusehen, führte der Neoliberalismus der 1990er Jahre laut Kern zu einer Verschärfung der Situation und der Disparitäten: „Im Neoliberalismus waren die meisten ,Lösungen‘ für diese [Care betreffenden] Probleme marktorientiert, was heißt, dass sie die Fähigkeit erfordern, für zusätzliche Dienstleistungen, Annehmlichkeiten und die unterbezahlte Arbeit von jemand anderem zu zahlen. Nur sehr wenige Veränderungen […] haben die gebaute Umgebung in Richtungen, die Care-Arbeit ernstnehmen, neu gedacht und überarbeitet.“149 Doch Städte planen sich mit Ausnahme besonderer Projekte wie der Seestadt Aspern in Wien nicht in 74

wenigen Jahren und aus einem Guss. So bleiben unsere Städte wie von Jane Darke bildlich beschrieben als „patriarchy written in stone, brick, glass and concrete“ noch eine Weile sichtbar bestehen.150 Jane Jacobs und Robert Moses Die Charta von Athen proklamierte 1933 einen funktionalen Städtebau, eine Richtungsentscheidung, die sich weltweit bis weit in die Nachkriegszeit hinein auswirkte. Kritisiert wurde dieses aufkommende Stadtbild von einigen Frauen, allen voran jedoch von Jane Jacobs. Als Einwohnerin von Greenwich Village in Manhattan schätzte sie ihr lebendiges Viertel und beobachtete kritisch die städtische Entwicklung großmaßstäblicher Siedlungsprojekte. Als der einflussreiche Chefplaner Robert Moses in den 1950er Jahren als Teil einer autozentrierten Planung einen Express-Highway durch Manhattan plante, mobilisierte Jane Jacobs nachbarschaftlichen Protest. 1961 veröffentlichte die Journalistin ihr Buch Tod und Leben großer amerikanischer Städte, in dem sie ihre Beobachtungen und Lösungsvorschläge zu urbaner Qualität der Großstadt darlegte. Ihrer Analyse nach kommt diese in dichten, nutzungsgemischten Vierteln zustande. Die vielen unterschiedlichen, auf die Straßen gerichteten Blicke tragen zu einer größeren gegenseitigen Verlässlichkeit und damit einer Sicherheit des Viertels bei. Währenddessen versuchte die Stadtpolitik unter der Leitung von Robert Moses die als „Slums“ wahrgenommenen dichten Viertel mit einer großmaßstäblichen Siedlungspolitik abzulösen.151 Die Auseinandersetzung zog sich über mehrere Jahre hin. Jane Jacobs konnte viele einflussreiche Stimmen gegen den Express-Highway vereinen. In einer Anhörung der Stadtbevölkerung, der einzigen persönlichen Begegnung zwischen den beiden, platzte Moses der Kragen: „There is nobody against this – NOBODY, NOBODY, NOBODY, but a bunch of, a bunch of MOTHERS!“ Die Planung wurde schließlich verworfen. Mit dem Express-Highway wären viele der neighborhoods, die Manhattan heute so anziehend machen, empfindlich zerschnitten worden. Zentrale attraktive Orte wie der Washington Square Park wären einer Auffahrt zum Highway 75

gewichen. Die jahrelange Auseinandersetzung zwischen Jacobs und Moses ist Teil des kollektiven Gedächtnisses Manhattans geworden.152 Mit A Marvelous Order wird eine eigene Oper zu diesem Konflikt konzipiert, sie wird 2022 Premiere haben.153 Jane Jacobs Kritik entzündete sich maßgeblich an der Haltung der Verantwortlichen, auf dem Reißbrett zu entscheiden, wie Menschen leben sollen.154 Sie forderte eine Orientierung der Planungsentscheidung am Menschen und am Kontext. Der Konflikt spiegelt aus heutiger Sicht beispielhaft die unterschiedlichen Haltungen einer Top-down-Politik und von Bottom-up-Ansätzen genauso wie ein Aufeinandertreffen von Planen in unterschiedlichen Maßstäben. Während die Protagonisten der Charta von Athen Utopisten waren, ging Jane Jacobs von ihrer unmittelbaren Situation vor der Tür aus. Leslie Kern kritisiert rund 60 Jahre nach der Auseinandersetzung in Manhattan eine zu theoretische Ausrichtung der Planung: „Die Planung begreift sich selbst als objektives, rationales und wissenschaftliches Forschungs- und Praxisfeld. Es ist darauf ausgerichtet, […] Dienstleistungen für einen gesichtslosen imaginären ‚Bürger‘ zu erbringen.“155 Heute sehr beliebte Städte wie Kopenhagen, Paris, Barcelona oder New York haben wesentliche Umstrukturierungsprozesse auf sich genommen, um ihre Attraktivität zu steigern. Auch wenn diese Entwicklungen Ergebnis einer Teamarbeit sind und nicht aus einer Hand kamen, wurden sie maßgeblich von Frauen initiiert, geleitet oder verantwortet. Kopenhagen wurde von 2010 bis 2019 durch seine Stadtarchitektin Tina Saaby geprägt. Sie setzte in Resonanz mit der architekturpolitischen Haltung Dänemarks eine am Maßstab Mensch orientierte Architektur und Stadtentwicklung in Kopenhagen um.156 Paris verändert seit 2014 seine urbane Qualität maßgeblich durch den Gestaltungswillen seiner Bürgermeisterin Anne Hidalgo.157 Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau gewann die Kommunalwahlen 2015 nicht als Mitglied einer Partei, sondern als Kandidatin der zivilgesellschaftlichen Plattform Barcelona en Comú. Auf ihrer Agenda stehen partizipative Prozesse auf Augenhöhe sowie eine weniger touristische, lebenswerte Stadt. 76

New York In New York schließlich wurden während der Amtszeit Janette SadikKhans als Transportation Commissioner zwischen 2007 und 2013 wesentliche Teile des Broadways sowie der Times Square und der Herald Square für Fußgänger:innen, Bus- und Radverkehr umgewidmet und neu gestaltet. Damit realisierte sie eine der spektakulärsten und einschneidendsten Umgestaltungen Manhattans.158 Anlässlich des Erscheinens ihres Buchs Street Fight. Handbook for an Urban Revolution, in dem sie darlegt, welche Hindernisse sie für ihre Umgestaltung überwinden musste, kommentiert ihr ehemaliger Vorgesetzter Michael Bloomberg: „Janette Sadik-Khan ist wie das Kind, das Robert Moses und Jane Jacobs nie hatten: eine urbane Visionärin, die entschlossen ist, die Straßen New Yorks neu zu gestalten.“ 159 Lange vor der Aufwertung der Stadträume durch Sadik-Khan legte Liz Christy in den 1970er Jahren den Grundstein für Urban Gardening in New York. Als Künstlerin beobachtete sie die Verwahrlosung in ihrem Viertel, der Alphabet City an der Lower Eastside, und gründete die Green Guerillas. Die interdisziplinäre Gruppe begann, christbaumkugelgroße „Saatbomben“ auf verwahrloste Grundstücke zu werfen, um eine „buchstäbliche Graswurzelbewegung zu starten“.160 Ein Jahr später überließ ihnen die Stadt ein Areal für einen symbolischen Dollar pro Monat. Liz Christys Garten war der erste von der Stadt genehmigte Gemeinschaftsgarten. 1978 wurde die Idee als kommunales Projekt GreenThumb verstetigt. Heute tragen über 500 Gemeinschaftsgärten zu New Yorks Klimaresilienz bei.161 Barcelona In Barcelona gibt es eine längere Tradition der geschlechtersensiblen Planung. Das Col·lectiu Punt 6 aus Barcelona lehrt, forscht und entwirft als Kooperative aus den Bereichen Architektur, Soziologie und Stadtplanung seit 2005 Strategien und Konzepte für eine gerechtere Stadt aus der Genderperspektive. Dem von der Kooperative mitformulierten urbanismo feminista liegt ein Stadtkonzept zugrunde, das alle Stadtbewohner:innen gleichermaßen adressiert und das kollektive Sorgetragen zum Ausgangspunkt aller stadtbezogenen 77

Entscheidungen macht.162 Das spanische Wortspiel aus ciudad (= Stadt) und cuidar (= sorgen) wird zusammengefügt zur ciudad cuidadora, zur Stadt der Fürsorge. Architektinnen wie Tatjana Bilbao nehmen unter anderem dieses Konzept zum Ausgangspunkt für die Entwicklung des Hauses der Fürsorge, das allen Beziehungen nutzt, indem es gemeinsame Fürsorge möglich macht.163 In der Covid-19Pandemie untersuchte das Barcelona Laboratory for Urban Environmental Justice mit Col·lectiu Punt 6, wie öffentliche Räume während der Pandemie die Gesundheit und das Wohlbefinden erhöhen.164 Die Illustratorin María del Mar Muriel entwickelte für das Projekt La Ciudad Amable ein von Frauen initiiertes, zivilgesellschaftlich-partizipatives Projekt zur Erhöhung der Lebensqualität in Sevilla, eine Grafik, die für die ciudad cuidadora steht.165 Wien Wien ist bekannt für eine hohe Lebensqualität. Gleichzeitig ist Wien die Modellstadt Europas in Bezug auf Gender Planning.166 Dies geht maßgeblich auf das Engagement der Stadtplanerin und Expertin für feministische Stadtplanung Eva Kail zurück. Sie ist bei der Stadt Wien seit den 1990er Jahren für die Umsetzung geschlechtergerechter Planung zuständig. Eva Kails Ziel ist, dass sich eine Gleichstellungspolitik auch im Stadtbild niederschlägt.167 Über den langen Zeitraum sind nicht nur viele gender-inklusive Räume entstanden. Vor allem wurden Strategien entwickelt und verstetigt, Gender Planning auf der Folie der Stadt der kurzen Wege zum Bestandteil aller städtischen Planungsvorgänge zu machen. Da realisierte Projekte auf ihre beabsichtigte Nutzung nachgehalten werden, haben 30 Jahre praktische Erfahrung eine tiefe Wissensbasis geschaffen.168 Dies sieht man der Stadt an: Freiräume wie der Reumannplatz, von der Stadtbevölkerung wegen seiner Orte für Mädchen auch Reumädchenplatz genannt, oder der Bruno-Kreisky-Park machen erlebbar, wie qualitätsvolle gender-inklusive Freiräume in der Praxis aussehen und funktionieren. Die Seestadt Aspern, ein neuer Wohn- und Arbeitsort in Wien, wurde von vorneherein unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive gebaut. Die Straßen wurden vorrangig nach 78

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Abb. 9: Die Stadt der Fürsorge – La Ciudad Cuidadora Quelle: María del Mar Muriel

Frauen benannt. Die Begründerin der Wiener Frauen*Spaziergänge, Petra Unger weist auf die Wirkung hin: „Jede Straße, die nach einer Frau benannt wird, ist eine Investition in das kollektive Gedächtnis der Stadt.“169 Darüber hinaus ist in Wien ein Netzwerk unterschiedlicher Akteur:innen entstanden, die sich dem Thema Geschlecht und Raum im weitesten Sinne widmen. Einflüsse aus Europa und der Welt Auf europäischer Ebene ist Gender Mainstreaming mit dem Amsterdamer Vertrag seit 1999 als bindende politische Strategie für jede Form von öffentlicher Governance festgeschrieben. Das Konzept bedeutet, die Gleichstellung der Geschlechter interdisziplinär in alle Politikfelder, Strategien, Forschungsprojekte und Maßnahmenkataloge zu integrieren. Gender Mainstreaming wurde zuerst auf der dritten Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985 vorgestellt und 1998 vom Europarat beschlossen.170 Für die Planung bedeutet Gender Mainstreaming, dass die Geschlechterperspektive in allen Prozessen, Phasen und Entwicklungsstufen berücksichtigt werden muss.171 Die Analyse eines internationalen Arbeitskreises der Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft zeigte 2019 auf, dass Gender Mainstreaming in den EU-Staaten noch nicht in die räumliche Planung implementiert wurde.172 Obwohl diese Lücke zwischen Zielsetzung und praktischer Umsetzung bekannt ist und das Thema in der aktuellen dritten Welle eines Feminismus an Relevanz gewonnen hat, finden sich in jüngeren europäischen Initiativen zu Architektur und Baukultur kaum Hinweise auf einen Handlungsansatz zur Realisierung gerechter Räume aus einer intersektional-feministischen Perspektive. Auf der globalen Ebene ist Gender Equality als eines der 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 der Vereinten Nationen enthalten.173 Die Weltbank veröffentlichte 2020 ein umfängliches Handbuch für gender-inklusive Planung.174

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Abb. 12, Seiten 86–87: Jane-Jacobs-Weg und Janis-Joplin-Promenade in der Seestadt Aspern in Wien Quelle: Karin Hartmann

Abb. 11, Seiten 84–85: Community Garden in der Alphabet City an der Lower Eastside Quelle: Karin Hartmann

Abb. 10, Seiten 82–83: Ausschnitte aus der Oper A Marvelous Order auf den digitalen Leinwänden am Times Square in New York City Quelle: Ka-Man Tse

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Öffentliche und private Räume

„Außerhalb von Filmen werden die Bedürfnisse und Wünsche von Mädchen und jungen Frauen in Architektur und Planung fast gänzlich ignoriert.“ 175 Leslie Kern, Feminist City

In London kam es nach der Entführung und dem Mord an der Marketingleiterin Sarah Everard 2021 zu öffentlichen Protesten. Initiativen wie Reclaim These Streets176 und Everyone’s Invited forderten sichere öffentliche Räume für Frauen. Sie erhielten innerhalb kürzester Zeit einen enormen Zulauf. Tausende Frauen schilderten ihre Erlebnisse mit sexualisierter Gewalt und reklamierten die rape culture im öffentlichen Raum.177 Medien griffen das Thema vielfach auf und starteten eigene Aufrufe.178 Auch das ZEIT Magazin sammelte 50 Zitate von Joggerinnen: „Ich finde: Mir steht in der Öffentlichkeit genauso viel Raum zu wie einem Mann. Ich gehöre genauso überall hin“, sagt die 50-jährige Anna aus Hamburg. Eine anonyme Berlinerin stellt fest, dass sie sich ihren Platz im öffentlichen Raum immer wieder neu erkämpfen muss und es kein Bewusstsein dafür gebe: „Niemand beschäftigt sich damit, wie man die Welt sicherer für uns machen kann.“179 Bemerkenswert an der Bewegung nach dem Vorfall in London und der entstandenen Öffentlichkeit ist, dass die Frauen nicht nur ihre Erfahrungen als Opfer von sexualisierter Gewalt 89

schildern, sondern auch immer stärker ihre Wut darüber ausdrücken, dass sie sich im öffentlichen Raum nicht frei bewegen können – sie fühlen sich im Gegenteil selbst wie Freiwild behandelt. Der Raum, der bleibt Die App „Safe & the City“, entwickelt von der Londonerin Jillian Kowalchuk für Großbritannien, soll Frauen helfen, einen sicheren Weg durch die Stadt zu planen.180 Tatsächlich erstellt die preisgekrönte App die sicherste Route durch die Stadt, indem sie es möglich macht, schlechte Erfahrungen von Nutzer:innen zu dokumentieren und zu verorten. Im Ergebnis schlägt sie den Weg mit den wahrscheinlich geringsten Belästigungen vor. So macht die App wie eine Negativkarte die androzentrische Stadt sichtbar: Sie schwärzt die Räume, die Frauen besser nicht benutzen. Somit wird aus den täglichen negativen Erfahrungen vieler Frauen ein kartografisches Bild. Unter dem Slogan „Kommen Sie sicher ans Ziel“ verspricht die App nicht nur einen sicheren Weg, sondern auch, durch die Veröffentlichung eigener Erfahrungen anderen zu helfen. Benutzerbewertungen wie „Das ist so eine geniale Idee, dadurch fühlt es sich nun sicher an, sich durch London zu bewegen“ werfen die Frage auf, wer dafür verantwortlich ist, dass alle Bewohner:innen der Stadt diese auch sicher benutzen können sollten. Während in vielen Internetforen diskutiert wird, ob Hinterherpfeifen despektierlich ist, macht diese App aus der konkreten Angst vor Belästigung und Gewalt im öffentlichen Raum ein Geschäft. Die Nutzerinnen sind einfach erleichtert, dass eine App ihr tägliches Problem mit wenig Aufwand „löst“ und sie am öffentlichen Raum endlich besser teilhaben können. Die Nutzerbewertungen offenbaren die Not der Nutzerinnen: „Nachdem ich im letzten Jahr überfallen wurde und die Polizei mir nicht half, habe ich nun das Gefühl, dass ich für die Menschen in dieser Gegend zumindest den Nachhauseweg sicherer machen kann. Ein geniales Stück Technik!“181 Im Ergebnis der Proteste in London sagte Boris Johnson zu, die Mittel für Überwachungskameras und Beleuchtung zu verdoppeln. Dies jedoch offenbar, ohne Forschungserkenntnisse mit einzubeziehen: 90

London gehört bereits zu einer der am meisten überwachten Städte der Welt. Die Kameras führen dazu, Täter zu überführen, aber sie verhindern die Taten nicht. Insofern ist dem Sicherheitsgefühl von Frauen durch Kameras in keiner Weise gedient, wie eine Studie von United Nations Women in England aufdeckte.182 Das Versprechen, die Stadt durch Kameras sicherer zu machen, verhält sich aus Sicht der Betroffenen in etwa so wie ein in Aussicht gestellter Geburtsvorbereitungskurs zu Verhütungsmitteln. Leslie Kern stellt heraus, dass Frauen sich durch stadtplanerische Maßnahmen nur sicherer fühlen, wenn andere Benachteiligungen auf sozialer, kultureller und ökonomischer Ebene geringer werden: „[F]ear can never simply be ‚designed out‘.“183 In der Covid-19-Pandemie konnte man auf Marktplätzen gut beobachten, wie Frauen mit Kindern an der Hand auswichen und in einem regelrechten Zick-Zack über den Platz gingen. Noch weniger als sonst wollten sie mit jemandem zusammenstoßen. Das dominante Auftreten vieler männlicher Personen im öffentlichen Raum erinnert Frauen jeden Tag daran, dass sie weniger an bestimmte Orte gehören: Die Dichotomie öffentlicher und privater Räume, die Frauen eher dem privaten Raum zuordnet, während Männer, aus der Geschichte heraus „freie Bürger“, dem öffentlichen Raum zugeordnet sind, ist bei jedem Spaziergang erlebbar. Kern weist darauf hin, wie die Angst der Frauen der sozialen Kontrolle dient: „Sie limitiert unseren Gebrauch von öffentlichen Räumen, beeinflusst unsere Entscheidungen […] und hält uns von Männern als Beschützern abhängig.“184 Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Umwege, die Frauen aus Angst nehmen müssen, sind weitgehend unbetrachtet. Auch für sie selbst: Die unwirtliche Stadt hält sie davon ab, im Alltag kürzeste Wege zur Erledigung ihrer Aufgaben zu nutzen. Die Wut von Frauen über die eingeschränkte Nutzbarkeit eines allgemeinen Guts wächst und wird an vielen Stellen sichtbar. Da ihnen mehr zugehört wird, wird die neue Sicht- und Hörbarkeit von Frauen und marginalisierten Gruppen das Kräfteverhältnis der Gesellschaft ändern. Dies könnte sich perspektivisch auch räumlich widerspiegeln. 91

Orte für Mädchen und junge Frauen Der erste für junge Frauen entworfene und bestimmte öffentliche Raum wird auch heute noch häufig genutzt: die Shoppingmall. Ökonomische Interessen hatten früh erkannt, wo sie junge Frauen und Mädchen abholen können. Leider ist es heute noch so, dass Frauen sich in Shoppingmalls am sichersten fühlen.185 Warum sich diese privatwirtschaftlichen Interessen so sehr um die Aufmerksamkeit von jungen Mädchen und Frauen ranken, ist kein Zufall: Als potenzielle und zukünftige Konsumentinnen bilden sie einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor. Bleibt die klassische Rollenverteilung in ihrer zukünftigen Partnerschaft erhalten, wird die Frau mit hoher Wahrscheinlichkeit mittelfristig als „Familienmanagerin“ über das Kapital einer Familie verfügen und entscheiden, wofür ein Großteil des allein oder gemeinsam erwirtschafteten Haushaltseinkommens ausgegeben wird.186 Der Gegensatz zur gemütlichen Shoppingmall ist der unüberschaubare öffentliche Raum. Die erweiterte Botschaft, sich dort nicht allein aufzuhalten, wird spürbar, wenn etwas passiert: Stößt Mädchen hier etwas zu, kommt nicht selten die Frage auf, was sie dort zu suchen hatten und wie sie gekleidet waren – als würden diese Faktoren ihre Sicherheit beeinträchtigen und nicht etwa die Täter. Welche Räume wünschen sich Mädchen und junge Frauen im öffentlichen Raum? Wie nehmen sie Räume wahr und eignen sie sich an? Hierzu gibt es in Deutschland nicht viele nach Geschlecht getrennt erhobene Daten. In Gesprächen mit Forscher:innen und Lehrkräften ergibt sich off the record folgendes Bild: Jungen eignen sich Räume eher raumgreifend an. Sie bevorzugen Orte, an denen man sich in der Öffentlichkeit bewegen kann, zum Beispiel Bolzplätze. Mädchen bevorzugen eher geschlossene Räume, um sich zu treffen und zu besprechen. Gleichwohl gelten sie als Problemfall, da ihre Forderungen oft unbekannt sind und weniger offensichtlich und zudem weniger spektakulär. Interessant erscheint nicht die Grundbeobachtung, dass Mädchen und Jungen unterschiedliche Zugänge haben, sondern ihre Bewertung. Martina Löw hat die verschiedenen Sichten auf geschlechts92

spezifisches Handeln im Raum in Zusammenhang gestellt.187 Untersuchungen zur unterschiedlichen Raumaneignung durch Jungen und Mädchen belegten in den 1930er Jahren geschlechtsspezifisch unterschiedliche Raumzugänge. Die Jungen zeigten ein ausschweifendes, unkontrolliertes Verhalten und streiften herum, oft allein. Die Mädchen hingegen blieben in ihrem Bezirk. Für ihr ortsgebundenes Handeln wurden Gründe gesucht: „Niemand fragt, was die Jungen treibt, herumzustreunen und sich weit von der elterlichen Wohnung zu entfernen, da ein expansives Raumhandeln normal und erstrebenswert erscheint. Die Begründung für die einseitige Problematisierung des Mädchenhandelns liegt in der symbolischen Besetzung von Frauen als das Andere, das zu Erläuternde, während Handeln von Männern als die Norm und damit nicht näher erklärenswert gilt.“188 Aus dieser „Norm“ wurden und werden bis heute Schlussfolgerungen für Mädchen gezogen: „Der Befund des größeren Aktionsradius von Jungen ist bis heute vielfach und durch unterschiedlichste empirische Erhebungen bestätigt worden. […] aber hartnäckig hält sich die Annahme, ‚ein größerer Raum‘ für Mädchen sei wünschenswert.“189 Aus dieser Bewertung heraus werden auch heute noch Programme entworfen, die Mädchen wie Jungen dazu anhalten sollen, sich mehr Raum anzueignen und sich mehr im Raum zu bewegen. Wird das Othering aufgegeben, wird deutlich, dass Mädchen ebenso raumkompetent sind wie Jungen. Löw zeigt auf, dass sie sich Räume nicht über Distanzen, sondern über Menschen aneignen. Insofern ist für sie nicht allein der Raum relevant, sondern sind die entstehenden Beziehungen im Raum von Bedeutung.190 Der Reumannplatz in Wien gilt als gelungene gender-inklusive Planung. Eine gute Übersichtlichkeit, sehr viele Sitzgelegenheiten und Nutzungsräume unterschiedlicher Qualität, öffentliche Toiletten und die direkte Anbindung an eine U-Bahn-Station machen den Platz zum Quartierstreffpunkt. Mädchen und junge Frauen haben den Platz nach ihren Vorstellungen mitgestaltet. In einem Ideenwettbewerb wurden aus den umgebenden Schulen ca. 280 Mädchen ab neun Jahren befragt. Bei einem Sicherheitstag begingen sie mit 93

Polizist:innen den Platz und brachten ihre Bedürfnisse zur Sprache. So sollten zum Beispiel eine hohe Bepflanzung und schlecht einsehbare Bereiche vermieden werden. Bei anderen Aktionstagen wurden Sitzgelegenheiten selbst bemalt und gezielt weitere Themen angesprochen. Die Reumädchenbühne wurde 2020 eingeweiht, die Mädchen hatten sie sich für ihre eigenen Veranstaltungen gewünscht. Der Platz bekam ein weiteres Straßenschild: Reumädchenplatz.191 Wahrnehmung schulen Eine systematische Heranführung von Kindern und Jugendlichen an die Bedeutung der gebauten Umwelt auf einer Wahrnehmungsebene, als Teil einer Baukulturellen Bildung, ist im deutschen Bildungssystem bisher nicht explizit verankert. Anders als in anderen europäischen Ländern werden Wissen und Kompetenzen zu räumlicher Wahrnehmung und Gestaltung bis heute vor allem ehrenamtlich von Personen aus der Praxis vermittelt. Bisher gibt es weder eine Fachwissenschaft noch eine Fachdidaktik.192 Zwar existieren sehr viele gute Ansätze, Bausteine für Curriculae, unkonventionelle niederschwellige Zugänge und Konzepte für Nachmittagsangebote, sie finden jedoch nicht systematisch Eingang in die Schule. So bleibt es dem Zufall überlassen, ob Kinder und Jugendliche in ihrer Schullaufbahn mit dem Thema in Berührung kommen. Verschiedene Experten und Expertinnen arbeiten daran, dass diese Lücke geschlossen wird und die Inhalte möglichst fächerübergreifend in der Schule gelehrt werden. Das zunehmende Bewusstsein für den Zusammenhang zwischen Planen und Bauen und der Lösung der Klimakrise könnten Anlass und Dringlichkeit liefern, das Thema endlich auf die Agenda zu setzen. Der Aufbau einer Fachwissenschaft und -didaktik birgt die Chance, diese von vorneherein geschlechtergerecht anzulegen. Mädchen und junge Frauen könnten lernen, mit ihrer Umwelt in Beziehung zu treten. Ihnen könnte vermittelt werden, dass ihre Bedürfnisse an Raum als Beitrag unerlässlich wertvoll sind für eine Gestaltung der Umwelt, die allen dient.

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Abb. 13, Seiten 96–97: Der gender-inklusiv gestaltete Reumannplatz in Wien Quelle: Karin Hartmann

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In ihrem Projekt FLICKRUM Places for Girls untersuchte das schwedische Architekturbüro White Arkitekter, welche Bedarfe Mädchen und junge Frauen an öffentliche Räume haben. Sie fanden heraus, dass Kinder zwar bis zum Alter von sieben Jahren Spielräume zu gleichen Teilen nutzen, sie ab einem Alter von acht Jahren jedoch zu 80 Prozent von Jungen genutzt werden, während Mädchen sich zunehmend zurückziehen. Insgesamt stellte White Arkitekter eine Wissenslücke in Bezug auf die Frage fest, wie öffentliche Räume die Bedürfnisse von Mädchen adressieren. In einer praktischen Übung bauten Mädchen Modelle im Maßstab 1:50. Die Aufgabe bestand darin, sich einen ihnen bekannten verwahrlosten Ort anzueignen und zu einem idealen Ort umzugestalten. Die Ergebnisse zeigen: „Das Projekt und auch die Vorgehensweisen machten deutlich, dass sie öffentliche Orte mit einem starken Charakter bevorzugten, was Farben und Formen betraf, und Plätze, an denen man sich gegenübersitzen kann und vor Wind und Wetter geschützt ist, wo man sehen kann, ohne unbedingt gesehen zu werden, die etwas Intimes, aber nichts Einengendes haben, und dass ihnen vor allem wichtig war, in ihrer Stadt einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu können.“193 Angesichts der Situation von Mädchen im öffentlichen Raum ist der Wunsch nach einem Rückzug außerhalb des Zuhauses wenig überraschend. Das ernsthafte Interesse daran, welche Räume Kinder und Jugendliche beider Geschlechter adressieren, und der Wille, sie als selbstverständlichen Bestandteil der Stadt durch die öffentliche Hand zu realisieren, bildet den Nährboden für eine gelingende Resonanz zwischen sich selbst und der Umwelt. Der im vorangegangenen Kapitel beschriebene Standpunkt zu Care als immanente Entwurfsaufgabe dient als wichtiger Meilenstein zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels. Eine neue Generation, die mit einer Baukulturellen Bildung heranwächst, die Care als implizite Aufgabe der Architektur und Planung versteht, wird mit dem wichtigen Wissen versorgt, wie sie selbst die Erderwärmung verlangsamen und dies eventuell in einem interessanten Beruf umsetzen kann. Dieser Aspekt käme der Profession unmittelbar zugute. 98

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Fachdiskurs in Selbstreflexion

„Die Anzahl der Frauen, die den Beruf tatsächlich ausüben, ist weitaus geringer als die Zahl der Studentinnen. Wie erklären wir das als Disziplin? Wie können wir nicht darüber beunruhigt sein? Natürlich müssen wir beunruhigt sein.“ 194 Monica Ponce de Leon, MPdL Studio

Lange wurde auf die Frage nach Chancengleichheit in der Architektur geantwortet mit der Aussage: Es geht um die entstehende Qualität, unabhängig davon, wer sie erstellt. Sie korrelierte mit dem „monochromen“ Selbstverständnis des Architekten, nach dem sich dem Werk alle Merkmale der Persönlichkeit unterordnen. Im Umkehrschluss musste die Aussage bedeuten, nur männliche weiße Architekten waren mehrheitlich in der Lage, qualitätsvolle Architektur zu planen und zu bauen. Diese Haltung lässt die Ursachen und Auswirkungen systemischer Diskriminierung außen vor. Der Rückzug auf eine Qualitätsdebatte hat den Fachdiskurs viele Jahre davor bewahrt, überhaupt ein Problem wahrzunehmen. Despina Stratigakos formuliert 2016 für die USA, die Stille zu Geschlechterfragen in der Architektur sei „vor allem in einer Zeit erstaunlich, in welcher der Status von Frauen für den Berufsstand zum PR-Alptraum geworden ist, denn in der Presse und in Online-Blogs 101

erscheint eine Flut von negativen Geschichten“195. Die Situation in den Vereinigten Staaten ist nicht 1:1 übertragbar, vor allem da in Deutschland und Europa der Alptraum der negativen Berichterstattung weitgehend ausblieb. Aktuell legt sich die Stille, und die Debatte geht einen entscheidenden Schritt nach vorne. Nachdem sich die Wahrnehmung der Problematik „Frauen in der Architektur“ über lange Zeit in der Publikation von Sonderheften und Sammelbänden über Architektinnen äußerte, bildete die Ausstellung „Frau Architekt“ des Deutschen Architekturmuseums 2017 den initialen Punkt einer differenzierteren Analyse der Thematik.196 Die Ausgabe der Bauwelt „Gendergerechte Architektur“ 2021 und die ARCH+ „Zeitgenössische feministische Raumpraxis“ 2021 richten endlich einen inhaltlichen Fokus auf die Zusammenhänge zwischen Architektur, Geschlecht und Raum. Die Integration der Erkenntnisse feministischer Forschung in den „klassischen“ Fachdiskurs kann zu dem Wandel führen, der für die Weiterentwicklung der Fachkultur zu einer intersektionalen und kontextorientierten Perspektive dringend erforderlich ist. Medien als Verstärker Der in dem Kapitel „Architektur lernen“ beschriebene Weg, Entwurfsprofessuren nicht nach ihrer akademischen Qualifikation, sondern aus der Berufspraxis zu besetzen, unterstützt einen eher selbstreferenziellen Fachdiskurs. Die Fachmedien spielen hier eine zentrale Rolle, da der berufliche Erfolg an Wettbewerbsprämierungen und an ausgeführten und publizierten Werken bemessen wird.197 Fachzeitschriften, Online-Magazine, Blogs und Publikationen nehmen die Funktion des Verstärkers ein: Die kontinuierliche Werk-Berichterstattung ist ein Marker für Erfolg und Anerkennung und somit Voraussetzung für den Erfolg des Büros und sich anschließenden Professuren, Awards und Einladungen zu Wettbewerben. Ist das Büro etabliert, trägt die Berichterstattung dazu bei, den Level zu halten. Despina Stratigakos stellt darüber hinaus die Monografie insbesondere in der Geschichte als elementares Mittel zur Darstellung des 102

„Architekten in einer Abstammungslinie ,großer Männer‘ “ dar, in der die partnerschaftliche Zusammenarbeit oft vernachlässigt wurde: „[Die Monografie] ist innerhalb des Star-Systems noch immer die Bibel.“ Mit der Monografie schrieben sich Architekten – teilweise selbst – in die Geschichte. Sie räumt ein, dass die Monografie ihre starke Wirkung zunehmend verliert, da sich die Perspektiven verändern.198 Inwieweit spiegeln oder verstärken Fachmedien die Geschlechterrollen? Tragen sie zur Verstetigung oder Aufrechterhaltung des Status quo der Branche bei? Eine stichprobenhafte Auswertung von Fachzeitschriften aus den Jahren 2016 und 2021/22 zeigt auf, wie sich die bildliche Darstellung von Frauen und die Beteiligung als Autorinnen in sechs Jahren verändert haben. Analysiert wurden alle Fotos, auf denen Personen dargestellt sind. Im Ergebnis ergibt sich folgendes Bild: Bei einem Frauenanteil unter den Journalisten von im Durchschnitt 29 Prozent waren auf 28 Prozent der Personenfotos Frauen abgebildet. Davon waren 90 Prozent in einer passiven Haltung dargestellt, sei es als „Verschönerung“ von Renderings, als Passantin oder in Positionen der Zuhörerin. Währenddessen waren Männer auf 75 Prozent der Bilder zu sehen, davon zu 88 Prozent in einer aktiven Position, sei es als Autor oder als handelnde Person. Bereits 2021/22 wandelt sich das Bild. Während 39 Prozent der Heftbeiträge von Frauen stammen, sind sie auf 53 Prozent der vorhandenen Personenfotos abgebildet, und hier nur noch zu 63 Prozent in einer passiven Haltung. Männer hingegen sind zwar noch auf 84 Prozent der Bilder zu sehen, jedoch nur noch zu 62 Prozent in einer aktiven Haltung. Die Medien bilden den Status quo mit unterschiedlichen Rollenerwartungen immer noch in erschreckendem Maße ab. Besonders auffällig sind die Anzeigen von Werbekunden, die Stereotype fast durchgehend bedienen. Das beginnt beim Architekten mit kantigem Gesicht und melierten Haaren und endet bei der Darstellung von Frauen als vermeintlichem Überraschungseffekt. Die Fachmedien nehmen in der Ausrichtung der Fachkultur eine gewichtige Rolle ein. Als „Lautsprecher“ der Architekturbranche haben sie die Möglichkeit, Frauen und anderen marginalisierten Gruppen 103

Autorinnenanteil

2021/ 2022

2016

100 %

abgebildete Frauen

60 %

50 %

passive Haltung Frauen

40 %

0%

aktive Haltung Männer

Abb. 14: Darstellung von Frauen und Männern mit Anteil von Autorinnen in Architekturfachzeitschriften 2016 und 2021/22 Quelle: Auswertung Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA

als Teil einer selbstverständlichen Weiterentwicklung bis hin zur Parität mehr Raum und Stimme einzuräumen. Einige Fachmedien tragen ihre männlichen Bezeichnungen noch im Namen und führen damit ein tradiertes Bild weiter. Die Umbenennung der Zeitschrift des Bundes Deutscher Architektinnen und Architekten 2022 von der architekt in Die Architekt darf als elegantes Beispiel einer Neuausrichtung gelten. Gegenbewegungen Chancengleichheit galt lange als klares und einvernehmliches Ziel gesellschaftlicher Entwicklung. Die zunehmende Sensibilisierung für die Frage, welche Rolle das Geschlecht bei verschiedenen gesellschaftspolitischen, aber auch wirtschaftlichen Entwicklungen spielt, löst seit Beginn der Covid-19-Pandemie spürbar Gegenbewegungen aus. „Wir sehen […], dass der Konsens darüber, was heutzutage Gleichheit der Geschlechter bedeutet, brüchig geworden ist“, führt 104

Dr. Alexandra Scheele, Dozentin für Arbeits- und Wirtschaftssoziologie aus. Als mögliche Ursachen benennt sie, dass Krisen ein vermehrtes Bedürfnis nach Sicherheit hervorrufen und festgelegte Geschlechterrollen möglicherweise mehr Sicherheit zur eigenen Rolle in der Gesellschaft vermitteln.199 Am deutlichsten macht sich der Zwiespalt an der Debatte um das Gendern der Sprache fest. Die erste Sendung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen im Mai 2020, in der „Steuerzahler:innen“ mit Glottisschlag gesprochen wurde, rief einen Sturm der Entrüstung hervor. Rechtspopulistische und konservative Parteien und Medien machen sich diese Aufregung um Genderthemen strategisch zunutze und verhindern damit eine wichtige inhaltliche Auseinandersetzung.200 Reaktionen in den Fachmedien Architektur folgen ähnlichen Mustern. So stellte Kerstin Kunekath 2021 im Deutschen Architektenblatt unter dem Titel „Die neuen Chefinnen“ ausführlich drei von Frauen geführte Architekturbüros vor.201 Zwei Ausgaben später wurden vier Leserbriefe abgedruckt. Zwei Frauen begrüßten den Artikel und teilten eigene biografische Aspekte. An den Reaktionen der männlichen Leserbriefschreiber lässt sich Schritt für Schritt nachvollziehen, mit welchen Mechanismen die Relevanz des Artikels bezweifelt wird. Ein selbstständiger Architekt fühlte sich als alleinerziehender Vater von der Diskussion nicht angesprochen. Damit stellte er die Berechtigung der gesamten Darstellung infrage. Er bediente damit das Not-all-Men-Argument: Verallgemeinerten, auf Statistik beruhenden Aussagen zur Privilegisierung wird die individuelle Sicht entgegengestellt – sei sie noch so selten. Damit wird die jeweilige Diskussion infrage gestellt. Der zweite Leserbriefschreiber empfand den Artikel als „Old-white-Man-Bashing“ und reklamiert, durch die Darstellung selbst diskriminiert zu werden. Die Reaktion ist individuell vielleicht nachvollziehbar, lässt jedoch außen vor, wer diskriminiert werden kann und wer nicht.202 Wolfgang Thierse wehrte sich 2021 gegen eine Berichterstattung, die ihn als „alten weißen Mann“ klassifizierte.203 Er bestand darauf, für sich in Anspruch zu nehmen, ausschließlich nach Argumenten und nicht nach der Zugehörigkeit zu einer Gruppe eingeordnet zu werden. Genau das passiert marginalisierten 105

Gruppen von Kindheit an und ihr ganzes Leben lang. Aus Sicht der Diskriminierten ist es erstaunlich, wie die privilegiertesten Mitglieder der Gesellschaft reflexartig reagieren, weil sie im Ansatz zu spüren bekommen, wie es sich anfühlt, ausschließlich aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit und des Alters in einer Schublade zu landen. Dennoch ist ihre Erfahrung nicht vergleichbar: Sie leiden nicht unter struktureller oder institutioneller Diskriminierung – im Gegenteil, sie wurden historisch und werden bis heute weltweit qua ihrer Merkmale bevorzugt. Statistisch und in der Tendenz bekommen sie den Job und die Wohnung bei gleichen Qualifikationen. So reüssiert der zweite Leserbriefschreiber im Deutschen Architektenblatt, am Ende ginge es doch um gegenseitigen Respekt und die Anerkennung der Leistung der Älteren. Genau dieser Respekt fehlte Frauen und marginalisierten Gruppen in der Architektur und führte zu der gegenwärtigen Schieflage. Schließlich kritisiert er die Tonlage des Artikels und versucht damit, dem gesamten Artikel die Relevanz abzusprechen. Silencing dient dazu, vermeintlich unbequeme Meinungen zu relativieren oder als lächerlich darzustellen, mit dem Ziel, dass sie gänzlich verstummen.204 Der Leserbrief ist das plakative Beispiel einer sicherlich in Teilen unbewussten Gegenreaktion auf unerwartete Veränderungen, sicher spiegelt er nicht die gesamte Haltung des „klassischen“ Fachdiskurses zur Weiterentwicklung von Chancengleichheit wider. In der fachlichen wie in der gesellschaftlichen Geschlechterdebatte gibt es viele reflektierte Stimmen beiderlei Geschlechts, die Missstände ansprechen und öffentlich machen. Der Journalist Christian Gesellmann schreibt im ZEIT Magazin lakonisch über Sexismus und seine eigene Rolle: „Allein die Tatsache, ein weißer cis Mann zu sein, der sich zum Thema Sexismus äußert, reicht offenbar aus, als Autor angefragt zu werden. Während meine Freundin die Wohnung putzt. Das ist kein Witz. Während ich über kritische Männlichkeit schreibe, putzt nebenan meine Freundin. Sie ist ebenfalls Autorin, hat zum Thema Sexismus garantiert mehr zu sagen als ich, aber ich sitze hier, bekomme den Auftrag, den sie nicht bekommt, bekomme die Honorare, die sie nicht bekommt.“205 Die Reaktionen in der 106

Kommentarspalte verlaufen analog zu den Leserbriefen im Deutschen Architektenblatt. Viele Frauen bedanken sich für die empathische Sicht, die meisten Männer hingegen grenzen sich ab: Die Probleme und Gedanken, die der Autor äußere, hätten sie nicht. Der Autor tue ihnen leid. Es wird interessant sein zu beobachten, wo die gesellschaftliche Debatte hinführt und wie sie sich mit der fachlichen Debatte verschränken wird. Nicht nur der Umstand, dass Frauen und andere benachteiligte Gruppen medial mehr Raum bekommen, ist zukunftsverheißend, sondern vor allem, dass ihnen zugehört wird. Ausstellungen Die Ausstellung „Der Architekt. Geschichte und Gegenwart eines Berufsstandes“, kuratiert von Winfried Nerdinger im Architekturmuseum München, fand 2012 großen Anklang, spiegelte sie doch das gesamte Werk deutscher Baumeister wider und reflektierte über den Berufsstand. Die Reflexion war jedoch äußerst einseitig – Architektinnen werden in dem im Ergebnis entstandenen Bildband von 816 Seiten nur ganze 16 Seiten gewidmet. Die Autorinnen Regine Maasberg und Ute Prinz kommen in ihrem Artikel zur weiblichen Architekturgeschichte zu dem Schluss: „Das Planen und Bauen […] in neue und vor allem nachhaltige, gesellschaftlich praktikable Konstellationen umzustrukturieren, […], hat der Berufsstand noch nicht entwickelt. Entweder ganz oder gar nicht für die Architektur brennen, scheint noch immer die Devise zu sein.“206 So wird die Ausstellung gleichsam selbst zur Zeitzeugin der eindimensionalen Sicht auf das Berufsbild. Heute, bereits zehn Jahre später, wäre eine solche Ausstellung nicht mehr möglich. Zu laut, vielfältig und interessant sind die Stimmen von Architektinnen, ihre Werke, Forschungsprojekte und Publikationen geworden. Die erste Einzelausstellung des Werks einer Architektin im Architekturmuseum München seit seiner Gründung 1976 war 2014 Lina Bo Bardi. Viele Einzelausstellungen in Architekturmuseen und -zentren Europas sind ihr gefolgt und werden ihr folgen.

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Ambivalente Wettbewerbskultur Der Architektur- und Planungswettbewerb gilt als tradiertes Instrument der Akquise spannender öffentlicher Bauaufgaben. Junge Büros nutzen in offenen Wettbewerben – soweit vorhanden – ihre Chance auf den Durchbruch durch einen Wettbewerbsgewinn. Das Credo der Anonymität, Gleichbehandlung und Transparenz bildet die zentralen Werte des Verfahrens ab.207 Allerdings stellt sich angesichts von 150 Jahren Wettbewerbskultur die Frage, inwieweit diese selbst zu dem starken Geschlechterungleichgewicht in der Profession beigetragen hat und dieses aufrechterhält. Einige erfolgreiche Architektinnen sind durch prominente Wettbewerbserfolge zu ersten größeren Aufträgen gekommen und konnten die Zukunft ihres Büros und mittelbar ihre späteren Karrieren darauf gründen. Dennoch funktioniert die Wettbewerbskultur, wie bereits im Kapitel „Architektur lernen“ angedeutet, auch aufgrund der bestehenden Narrative der Profession, wie eine Überstundenkultur einhergehend mit der Entgrenzung von Beruf und Privatleben. Die Teilnahme am Wettbewerb ist nur möglich, wenn entsprechende zeitliche und monetäre Ressourcen bestehen. Weder für das Paar mit der paritätischen Aufteilung der Sorgearbeit noch für den alleinerziehenden Vater ist ohne Weiteres ein Ausnahmezustand von mehreren Wochen organisierbar und finanzierbar. Insofern wäre es an der Zeit, auch diese fachkulturelle Praxis in Bezug auf Diskriminierung kritisch zu hinterfragen: Wen begünstigt die Teilnahme am Wettbewerb, wen der Erfolg? Wer kann nicht teilnehmen? Die internationale Organisation The Architecture Lobby setzt sich in ihrem Manifest auch für die Abschaffung unbezahlter Arbeit in der Architektur ein. Unbezahlte Wettbewerbe verfestigten die strukturelle Ungleichheit aus Faktoren wie race, Klasse und Geschlecht: „Architecture is work.“208 Welche Rolle spielt beispielsweise die Jury? Es ist ein offenes Geheimnis, dass Jurys nicht immer neutral sein können und damit die Verfahren nicht in allen Bereichen anonym sind. Der Zeichen- und Rendering-Stil vieler Büros ist ihr Markenzeichen und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Dies führt dazu, dass off the record trotz 108

eines anonymen Verfahrens viele Autor:innen der eingereichten Beiträge der Jury bekannt sind und ihre Beiträge dementsprechend auch befürwortet werden können. Die niederschwellige Zugänglichkeit zu großen Planungsaufträgen, die bei offenen Wettbewerben qua Verfahren eigentlich gegeben ist, kann durch diese fachkulturellen Praktiken eingeschränkt werden. Es liegt auf der Hand, dass durch diese weitgehend unsichtbare Praxis vorhandene Strukturen gefördert sowie Frauen und andere marginalisierte Gruppen benachteiligt werden können.209 In der Besetzung von Orchestern beispielsweise hat die Praxis, blind vorzuspielen, den Anteil von Frauen wesentlich erhöht. Einen vergleichbaren Effekt auf die Geschlechterbalance in der Architektur haben Planungswettbewerbe trotz ihrer langen Tradition bisher nicht. Es geht nicht darum, das Verfahren an sich zu revidieren, sondern vielmehr darum, diskriminierende Faktoren zu erkennen, um sie auszuschließen. Das Ziel einer Analyse benachteiligender Aspekte des Verfahrens sollte es sein, sich Wettbewerbe stattdessen als Instrument für die Erhöhung der Vielfalt und einen besseren Zugang zunutze zu machen. Denn auf der anderen Seite bilden Wettbewerbe sehr gute Chancen, geschlechtsspezifische Bedarfe innerhalb der Planung von Anfang an mitzudenken. Die Auslobung bietet die Möglichkeit, Bedarfe für den konkreten Standort zu analysieren und systematisch in die Aufgabenstellung, in die konkreten Nutzungsanforderungen und schließlich in ein Raumprogramm einzubauen. Die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat unter Mitwirkung ihres Fachfrauenbeirats den Leitfaden Gender Mainstreaming in der Stadtentwicklung herausgegeben, in dem sie konkrete Empfehlungen gibt, wie die Genderperspektive unter anderem in die Aufgabenstellung einfließen kann.210 Die Einrichtung Zentrum Frau in Beruf und Technik der Stadt Castrop-Rauxel gibt die Arbeitshilfe Gender Mainstreaming für Planungswettbewerbe heraus, in dem die Implementierung der Genderperspektive entlang der einzelnen Wettbewerbsschritten erläutert wird.211 Die Stadt Wien hat in ihrem Leitfaden für Gender Mainstreaming eine Matrix für die Vorprüfung von Wettbewerbsbeiträgen auf 109

Genderaspekte entwickelt und gibt für jede spezifische Bauaufgabe Hinweise für die Wettbewerbsauslobung.212 Die paritätische Besetzung von Jurysitzungen plus der Vertretung von Genderkompetenz wird in mehreren Leitfäden empfohlen. Mit Parität ist kein Damendrittel gemeint. Auszeichnungsverfahren Preise und Awards in der Architektur bevorzugen historisch männliche Kandidaten in einem Verhältnis von etwa 80 zu 20 Prozent.213 Die Debatte zur Geschlechterbalance des Pritzker-Preises ist seit der Verleihung an Robert Venturi 1991 und des Widerstands seiner Partnerin Denise Scott Brown nicht wieder abgeflacht. Seit einem Jahrzehnt werden verstärkt Architekturpreise für Frauen ausgelobt. Für die Vereinigten Staaten lobt die Zeitschrift Architectural Record den Award Women in Architecture in fünf Kategorien aus. Außerdem gibt es in Nordamerika weitere Awards von Stiftungen und Universitäten. Die in England vergebenen W Awards werden in einer nationalen und einer internationalen Kategorie ausgelobt.214 Auch Frankreich hat einen Architekturpreis für Frauen in mehreren Kategorien.215 Weitere Preise werden in Italien und im Irak vergeben. In Deutschland gründete sich 2021 der Verein Diversity in Architecture mit der Zielsetzung, einen internationalen Architekturpreis für Frauen auszuloben. Die erste Verleihung ist für 2023 geplant. Despina Stratigakos stellt 2016 eine größere Offenheit für Frauen-Awards in der Architektur fest: „Vor einem Jahrzehnt wäre die Einführung von auf Frauen fokussierten Preisen mit weniger Offenheit begrüßt worden […]. Aber die jüngste Freimütigkeit über Diskriminierung in diesem Beruf hat ein neues Gefühl der Solidarität hervorgebracht und sogar Stolz auf diese Identität.“216 Frauennetzwerke Ein Trend innerhalb der beruflichen Praxis sind professionelle Netzwerke für Planerinnen. Sind sie berufspolitisch engagiert, konkurrieren sie bei der Wahl der Vertretung in den Landesarchitektenkammern mit weiteren Berufsverbänden. Die architektinnen initiative 110

Nordrhein-Westfalen (ai nw) ist seit über 30 Jahren ein Karrierenetzwerk für Architektinnen aller Fachrichtungen, Bauingenieurinnen und Stadtplanerinnen. Seit dem Jahr 2000 ist sie ebenfalls berufspolitisch aktiv und zum ersten Mal in der auf fünf Jahre gewählten Vertreterversammlung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen vertreten. Während die ai nw 15 Jahre lang zwischen acht und 15 von 201 Sitzen innehatte, verdoppelte sie 2020 ihren Anteil auf 30 Sitze und wurde drittstärkster Verband. Ihre Stimmen gewann sie mit den Themen „Gender Pay Gap“ und „Auf Wiedersehen in die Elternzeit“. Besonders ist, dass die Initiative bei rund 150 Vereinsmitgliedern 1738 Stimmen erhielt: ein klares Zeichen dafür, dass viele Planerinnen ihre berufspolitischen Anliegen als Frau geklärt wissen wollen. Hier handelt es sich nicht um einen Sonderfall in NordrheinWestfalen: Neben der ai nw konnten in der jüngeren Vergangenheit auch weitere berufspolitisch engagierte Planerinnen-Netzwerke ihre Anteile in den jeweiligen Vertretungen der Kammern erhöhen wie die Baufrauen aus Nürnberg und n-ails aus Berlin. Die Nutzung von Frauennetzwerken bietet Planerinnen die Möglichkeit, sich gegenseitig zu unterstützen ohne Konkurrenz entlang der Geschlechterlinie. Der Austausch zu praktischen Themen, die gegenseitige Empfehlung für Jurys und Gremien, Vorträge und Aufträge und der Wille, geschlechterbezogene Missstände in der Profession zu beseitigen, kann Architektinnen in jeder Position in ihrem beruflichen Alltag unterstützen. Die Analyse der Geschichte des Netzwerks Planung Architektur Frauen (PAF) in der Schweiz bildet eine profunde Grundlage für Gründung und Strukturen.217 Parallelstrukturen Vielversprechende Initiativen zur Änderung der Perspektiven und Strukturen der Lehre haben sich in kurzer Zeit international aus der Studierendenschaft gegründet. Die Parity Group führte an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) 2022 zum siebten Mal die Parity Talks durch. Die Gruppe entstand 2014 mit der Zielsetzung, die mangelnde Vielfalt an der Hochschule in Hinblick auf 111

race, Klasse und Gender zu ihrer Agenda zu machen. In kurzer Zeit gründeten sich Initiativen mit ähnlicher Zielsetzung an weiteren Hochschulen: das Kollektiv Claiming*Spaces an der Technischen Universität Wien und das Parity Board an der Technischen Universität München 2019 sowie das DRAGlab an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne 2021.218 Der 2020 gegründete Dachverband Parity Front verbindet und vernetzt die Initiativen, ihnen gehören ebenfalls die Initiativen Womxn in Design der Harvard Graduate School of Design und Womxn in Design and Architecture der Princeton University an. Die Initiativen sind in den sozialen Medien und über digitale und analoge Veranstaltungen und gemeinsame Publikationen eng miteinander vernetzt. Sie sorgen insbesondere an den Hochschulen mit unterschiedlichen Formaten für einen intersektional-feministischen Diskurs. Es bleibt spannend zu beobachten, ob sich die neuen Initiativen institutionalisieren und ihre Forderungen perspektivisch zum Beispiel auch berufspolitisch sichtbar machen. Die Zunahme von Architekturpreisen und die Attraktivität von Frauennetzwerken sprechen, wie auch andere Tendenzen, für die Entwicklung von parallelen Strukturen zum Mainstream-Fachdiskurs. Sowohl in der Lehre als auch in der Praxis entwickeln Frauen, ob of Color, weiß oder Schwarz, ihre eigenen Inhalte, Netzwerke, Lehr- und Handlungspraktiken. Während der Drop-out vieler Frauen aus der klassischen Karriere dazu führt, dass sie in den Statistiken als Architektinnen nicht mehr auftauchen, prägen sie aus benachbarten Institutionen, Stiftungen, der Lehre und eigenen Initiativen neue Inhalte und Diskurse. Sie tragen maßgeblich zu einer höheren Interdisziplinarität bei. Torsten Lange stellt heraus: „Viele der gegenwärtig interessantesten, international vernetzten Akteur_innen und Gruppen, deren Arbeiten auf einem intersektionalen, queeren feministischen Ansatz beruhen, loten die Potenziale kritischer und erweiterter Praxis in der Architektur aus, wohl wissend, dass ihnen der Mainstream Akzeptanz und Respektabilität verwehrt.“219

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Abb. 15, Seite 114: Poster zu den Parity Talks III, 2018 Quelle: Parity Group/Original Photo Courtesy OMA, Design by Völlm+Walthert

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Die neuen Akteur:innen setzen ihre Stimmen politisch ein. Der WAI Think Tank und Architecture Lobby stellen Forderungen und haben klare Vorstellungen von einer Veränderung der Branche.220 Insofern hat sich die Selbstwirksamkeit der Arbeit von Architektinnen und weiteren marginalisierten Gruppen innerhalb und außerhalb des Fachdiskurses der Architektur maßgeblich geändert. Sie bitten nicht um Teilhabe, sondern bilden eigene Netzwerke und gestalten eigene Diskurse. Mittelfristig wird sich zeigen, ob sich beide Diskurse zu einem verbinden oder ob sie sich als parallele Strukturen verstetigen.

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Im Gespräch mit Afaina de Jong

Afaina de Jong ist eine niederländische Architektin und Forscherin. Mit ihrem Büro AFARAI in Amsterdam setzt sie Ansätze aus Forschung und Theorie als intersektionale feministische Handlungspraxis räumlich um. AFARAI hinterfragt den Zusammenhang von Architektur und Raum in Bezug auf seine sozialen Auswirkungen. Afaina de Jong leitet den Masterstudiengang für Contextual Design an der Design Academy Eindhoven und war 2021 Gastprofessorin des Kollektivs Claiming*Spaces an der Technischen Universität Wien. Mit Het Nieuwe Instituut und Debra Solomon kuratierte sie den niederländischen Beitrag auf der Architekturbiennale Venedig 2021. Dem vom Generalkommissar Hashim Sarkim ausgerufenen Thema der Biennale „How will we live together“ stellte sie die Frage entgegen: „Who is we?“. AFARAI thematisierte mit „The Multiplicity of Other“ die vielen Perspektiven eines „Wir“ in Form einer Rauminstallation und interdisziplinären Ansätzen. 117

KARIN HARTMANN: Afaina, du beschäftigst dich als Architektin mit deinem Werk und auch als Lehrende mit der Frage mangelnder Diversität und ihren Auswirkungen. Warum, denkst du, ist der Architekturberuf so sehr von Männern dominiert? Warum verlassen Frauen – ob Schwarz, of Color, weiß oder indigen – die Architektur, und warum sind sie in diesem Beruf unterrepräsentiert? AFAINA DE JONG: Zunächst ist wichtig: Es ist ein generelles Problem, das sich in der Gesellschaft in vielen Berufen zeigt. In der Architektur ist aber seltsam daran, dass wir in den Hochschulen mit einem Verhältnis von 50 zu 50 anfangen. Und wenn man zehn Jahre nach dem Abschluss noch einmal hinsieht, sind nur 10 bis 20 Prozent der Frauen im Beruf geblieben. In der Architektur passiert also etwas Ungewöhnliches. Darüber habe ich schon mit so vielen Frauen gesprochen. Ich denke, da kommen in gewisser Weise mehrere Dinge zusammen. Einerseits wird immer viel davon gesprochen, dass es Frauen möglich sein soll, Mutter zu sein und das mit ihrer Karriere als Architektin zu vereinbaren. Das ist aufgrund der Arbeitskultur aber manchmal schwierig. Auch möchten wir in einem Bereich arbeiten, wo unsere Meinung geschätzt wird und wir ein gewisses Maß von Handlungsfreiheit haben. Das sind Dinge, die vielleicht fehlen. Die Fachkompetenz von Frauen beispielsweise wird häufig infrage gestellt, von Kollegen oder Bauunternehmern oder Bauleitern. Und das kann ziemlich demotivierend sein. Im Allgemeinen geht es um ein Gefühl der Handlungsfreiheit, darum, einen Platz zu finden, an dem man dazugehört, wo wir uns entfalten können. Und wenn die Kultur am Arbeitsplatz keine ist, in der Frauen sich entfalten können, dann werden sie natürlich weggehen. Was schade ist, ich denke nämlich, dass die Architektur – eigentlich – der ideale Beruf ist, in vielerlei Richtungen zu gehen. Was meinst du damit? Du kannst Autor:in werden, Designer:in, Analyst:in oder Wissenschaftler:in, kannst für deine Karriere zwischen so vielen Richtungen wählen. Deshalb möchte ich all jene, die in unserem Bereich tätig 118

sind, auch dringend auffordern zu erkennen, dass durch den Dropout von Frauen und marginalisierten Gruppen viel Talent verloren geht, was ich für ein wirklich großes Problem halte. Was ist deine Vision, um die Situation im Bereich Architektur und seiner Kultur zu verändern? Wie können wir das rückständige System überwinden? Das sollte auf mehreren Ebenen passieren. Zuerst: Es muss im Rahmen der Ausbildung beginnen. Dort entwickeln wir diese Kultur, lange und bis spät abends zu arbeiten, was grauenhaft ist. Die Arbeit im Architekturbüro, bis in die Nacht, Deadlines – das gewöhnen wir uns schon in der Hochschule an. Und diejenigen, die das Studium abschließen und sich dann selbstständig machen, setzen diese Arbeitskultur fort, doch auch die Büros haben sie sich zu eigen gemacht. Wir sollten neu bestimmen, wie wir bei Architekturprojekten am besten effektiv zusammenarbeiten, oder vielleicht nicht einmal effektiv. Vielleicht aus einer Perspektive, in der wir füreinander sorgen. Wie würde das aussehen? Wie würden wir dann unsere Woche einteilen, und wie würde sich das auf die Büros übertragen? Zweitens: Auch in der Ausbildung ist es schräg. Als ich studierte, gab es keine Professorinnen, die mich unterrichtet hätten. Manchmal höre ich Architektinnen sogar sagen: „Ja, das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wo ich sie finden kann.“ Die Frauen. Oder die anderen. Doch es gibt sie. Sie sind an den Hochschulen. Doch vielleicht sind sie nicht genau dort da, sodass du nicht weißt, wie du sie erreichen kannst, und vielleicht sind sie nicht interessiert an deinem Arbeitsumfeld, oder? Weil dein Umfeld sie nicht einlädt oder anzieht – weil es so einseitig ist, in seiner Perspektive so eindimensional. Deshalb denke ich auch, dass Architekturbüros neu überlegen sollten, wie sie einige von den neuen Talenten anziehen könnten, denn diese Leute sind ja da. Es ist nicht so, dass sie nicht da wären. Wir müssen aktiv sein. Dein Artikel in der Zeitschrift ARCH+221 hat die Form eines Briefes an die amerikanische Feministin, Dichterin und Bürgerrechtlerin Audre Lorde (1934–1992) und zitiert ihren berühmten Essay 119

„Die Werkzeuge der Herrschenden werden das Haus der Herrschenden niemals einreißen“ 222 . Doch wenn wir nicht unsere alten Werkzeuge verwenden können, um ein neues System zu errichten – welche neuen Werkzeuge brauchen wir, um einen Wandel herbeizuführen? Was ist deiner Meinung nach der nächste Schritt, den wir unbedingt gehen müssen? Das ist eine sehr wichtige Frage. Wahrscheinlich gibt es tausend verschiedene Dinge, die wir tun müssen. Es ist natürlich ein sehr berühmter Gedanke von Audre Lorde. Mir fällt auf, dass wir oft über Diversität oder Inklusion reden, aber immer noch von dem Standpunkt aus denken, dass wir uns in einem dominanten System befinden und ein paar Leute hineinlassen müssen. Als ob wir sagen würden, lasst uns für sie etwas Platz machen, um sie demselben System hinzuzufügen, für das wir dieselben Werkzeuge verwenden, wir erweitern das Ganze nur ein wenig. Eines der Themen, die ich 2021 mit meiner Arbeit im niederländischen Pavillon auf der Architekturbiennale von Venedig ansprach, ist, dass wir uns der Realität, in der wir leben, auch als einer der Vielfalt nähern können. Es gibt da draußen viele, viele Arbeitsmethoden, nach denen die Dinge anders gemacht werden. So ist zu sehen, dass nun schon viel Wert auf indigenes Wissen gelegt wird. Ich denke, dass wir uns all dieser anderen Methoden einfach mehr bewusst werden sollten. Methoden, die außerhalb unseres Berufsfelds liegen, oder Arten von Wissen außerhalb unserer herkömmlichen Praxis. All dieses Wissen wird benötigt, damit diese sehr komplexe Welt für uns Sinn ergibt. Und du musst einfach erkennen, dass all die Fertigkeiten und die Werkzeuge, die du während des Architekturstudiums erlernst, nur zu einem ganz spezifischen Set gehören, ein Set, das als Moderne bezeichnet wird. Warum Moderne? Außerhalb der Moderne hat es über Jahrhunderte so viele unterschiedliche Arten gegeben, Dinge zu tun, Probleme anzugehen oder zu lösen, eine Gemeinschaft zu bilden oder sogar Häuser zu bauen, und es gibt sie immer noch. Dies erkennen und wertschätzen zu können, wäre definitiv ein Anfang. Was wäre, wenn die Architek120

turausbildung nicht mehr so brutal in ihrem Feedback wäre? Was wäre, wenn es darin mehr um das Fragen ginge oder wir uns ihr aus einer Position der Ruhe oder der Care nähern würden? Das wäre ein solcher Unterschied. Füreinander zu sorgen und für die Menschen zu sorgen, für die wir entwerfen, aber auch für die Menschen, die bauen, zum Beispiel. In der Architektur gibt es so viele schlechte Arbeitspraktiken. Ob wir überhaupt für das Sorgetragen entwerfen wollen? Wir müssen das direkt angehen. In unserem Beruf gibt es so viele Dinge, die geändert werden müssen. Denkst du, dass es notwendig ist, den sogenannten MainstreamDiskurs in der Architektur neu zu gestalten oder in eine neue Richtung zu lenken, oder siehst du Debatten und Strukturen stattdessen parallel zu denen des Mainstreams verlaufen? Die parallelen Strukturen sind ja vorhanden, nicht wahr? Wir verbinden uns nur nicht damit. Wir sind in unserer eigenen kleinen Blase, was überaus gemütlich ist, es uns zugleich aber auch sehr schwer macht, relevant zu sein, weil die Komplexitäten so groß werden. Ich selbst bin sehr daran interessiert, in unserem Diskurs und unserer Arbeitsweise unterschiedliche Realitäten ineinanderfließen zu lassen und auch Arten, etwas „anders“ zu machen – das heißt auf eine andere Weise. Ich mag diese Art von anders. Das „wie machst du es anders?“. Vielleicht ist das einfach eine Frage, die man sich immer stellen musst. Oder ich habe das Gefühl, dass ich, aufgrund des Ortes, an dem ich aufwuchs, und den Menschen, mit denen ich aufwuchs, viele andere Dinge sehe oder architektonische Aufgaben anders angehe, denn ich habe ein anderes Wissen, das einige meiner Kolleg:innen vielleicht nicht haben. Ich denke, dass das gut ist [lacht]. Und ich muss sagen, als ich Studentin war, wurde ich nicht so geschätzt. Die Antworten der Dozenten gingen eher in die Richtung „ach, das ist ja lächerlich. Das hat nichts mit der Realität zu tun“. Nun ja, vielleicht nicht mit ihrer Realität. Für viele, viele Menschen aber ist es Realität. Für mich geht es vor allem um Werte. Themen wie der gelebten Erfahrung ist kein großer Wert beigemessen worden. In einigen architektonischen Werken von Frauen 121

allerdings schon, wie ich meine. Diese hatten häufig keine andere Wahl, als nette Küchen zu planen, doch resultieren auch solche aus einer gelebten Erfahrung, so wie die Frankfurter Küche. Wir sollten diese Art von Methodik anwenden, auf die gelebte Erfahrung hören. Das finde ich fantastisch. Die Dinge anders zu bewerten – auch hier: auf eine andere Weise als zuvor. Welchen Rat gibst du deinen Studentinnen, vor allem, wenn sie Schwarz oder indigen sind, um innerhalb des Systems zu überleben? Das ist eine gute Frage. Ich meine, nicht jede wird überleben. Die Frage ist die: Möchtest du Teil des Systems sein? Zunächst musst du meiner Ansicht nach fragen: Ist das der Ort, an dem du einen Unterschied machen kannst? Oder solltest du einfach opportunistisch sein und sagen: „OK, aber ich brauche das Diplom wirklich, um als Architektin arbeiten zu können, danach gehe ich meinen eigenen Weg.“ Ich denke, dass man sich des Umfelds, in dem man sich wiederfindet, sehr bewusst sein sollte. Außerdem haben die Dinge, denen du begegnen wirst, häufig nichts mit dir persönlich zu tun, sondern sind auf eine Weise systembedingt. Aber ich glaube auch, dass die Studierenden heute viel kritischer und aufmerksamer sind; sie sind – wieder – aktiv und stellen wirklich viele Dinge infrage. Und sie lassen sich nicht so viel Mist gefallen. Wenn ich zurückblicke, staune ich manchmal über Dinge, die wir durchgehen ließen; bei meinen Studierenden heute sehe ich, dass sie all das bestens im Griff haben. Sie sagen wirklich nein zum Sexismus oder Rassismus in ihren Ausbildungsstrukturen. Und es ist zu hoffen, dass mehr Lehrende und Leiter:innen von Fachbereichen kommen werden, die diese Art von Wandel in der Lehre unterstützen. Aber wer ist dann dein Rollenmodell gewesen? Das ist wirklich komisch. In der Architektur. Nun ja, niemand. Meine ich. 122

Niemand? Nein, nein, ich würde nicht sagen niemand, aber seltsamerweise weiß ich es nicht, ich glaube nicht, dass ich in der Architektur wirklich irgendwelche Vorbilder hatte. Natürlich fand ich Rem Koolhaas sehr interessant, weil er die Grenzen der Genres überschritt, seine Interdisziplinärität mochte ich sehr. Und dann fand ich Zaha gut, weil sie eine neue formale Sprache entwickelte, völlig außerhalb dieser Denkweise der Moderne, die sagt: „Das muss ein Kasten sein.“ Auch die neue Welle junger niederländischer Architekt:innen gefiel mir damals wirklich, wie zum Beispiel NL Architects, da sie einfach Humor in den Beruf brachten. Weibliche oder Schwarze Vorbilder in der Architektur hatte ich eigentlich nie. Heute gibt es diversere Vorbilder, die uns inspirieren können. Damals waren meine Vorbilder häufig aus Bereichen außerhalb der Architektur. Sie kamen entweder aus der Musik, der Mode oder sie schrieben. Ich hatte nie das Gefühl, dass ein Vorbild jemand sein muss, der oder die genau im gleichen Bereich aktiv ist wie ich. Mir ging es darum, all diese Grenzen zu überschreiten und die Musik oder Mode oder Popkultur als nötige Informationen zu begreifen, um die aktuelle Welt zu verstehen. Und in diesem Sinn auch Design verstehen zu können – wie soll zum Beispiel die Architektur eines bestimmten Designs aussehen? Wie gehen wir als Gemeinschaft miteinander um, und wie entwirfst du dafür? Für mich beinhaltet ein solcher Ansatz, die Architektur als Teil dieser Kultur zu sehen, als Teil der Populär- oder MainstreamKultur oder der Untergrundkultur, der Gegenkultur. Ich denke, dass ich einer Gegenkultur aufgewachsen bin. Deshalb – wie kann die Architektur die Untergrund- oder Gegenkultur repräsentieren? Wie lebst du deinen intersektionalen Ansatz im eigenen beruflichen Leben? In meinem Berufsleben versuche ich, ihn auf mich selbst anzuwenden. Mich selbst zu positionieren, mir des jeweiligen Kontexts, in dem ich mich befinde, bewusst zu sein, ihn zu verstehen – egal, ob es sich nun um die heutige Gesellschaft oder den Beruf handelt. Zu sehen, welche Privilegien ich habe oder wo mir Widerstand begegnet. 123

Dieselbe Art von intersektionellem Rahmen versuche ich auch auf die Menschen anzuwenden, für die ich entwerfe. Um ihr Verhältnis zur Macht oder Ohnmacht besser zu verstehen. Das Konzept der Intersektionalität gefällt mir deshalb so gut, weil es nicht schwarz oder weiß ist. Es hat viele, viele Schichten. Was ist für dich die interessanteste Entwicklung in der aktuellen Architektur und Stadtplanung? Da gibt es einige Dinge. Mir gefällt, dass wir beginnen, in gewisser Hinsicht auch das Nichtmenschliche zu berücksichtigen. Zugleich bin ich der Ansicht, dass es auch in der menschlichen Welt noch so viel zu erreichen gilt, weil wir so viele andere Lebensweisen für so lange Zeit ausgeschlossen haben. Doch denke ich, dass wir nicht klarkommen, wenn wir nicht auch nichtmenschliches Leben berücksichtigen, vor allem weil uns diese ökologische Katastrophe bevorsteht. Und ganz allgemein finde ich es wirklich aufregend, dass Lesley Lokko die neue Kuratorin der Architekturbiennale 2023 in Venedig ist. Das ist wirklich fantastisch. OH MEIN GOTT! Sie wird unglaublich sein! Ich bin also sehr begeistert davon. Ich habe gestern ein Gespräch mit ihr gelesen und fand es einfach toll. Sie erwähnte, dass sie diese Diversity-Kommissionen nicht mehr ertragen könne, in denen fast immer nur vom Wandel gesprochen, aber nie wirklich etwas verändert wird. Dieser Aspekt spiegelt aus meiner Sicht ganz deutlich die fehlende Diversität von Institutionen. Ich kann mir vorstellen, dass sie wirklich eine neue Perspektive entwickelt – und auf diese bin ich sehr gespannt. Genau. Ich bin ihr noch nie begegnet, hoffe aber, dass ich sie treffen und Zeit mit ihr verbringen kann. Mir ist einfach nach „Ich will deine Freundin sein!“ [lacht]. Wahrscheinlich hat sie schon Freund:innen, aber wer weiß? Ich würde sie wirklich gerne kennenlernen.

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Das klingt wundervoll. Afaina, worüber reden wir in, sagen wir mal, etwa 30 Jahren? Was siehst du für diese Zeit voraus? Worüber wir dann reden? Das ist schwer zu sagen. Das wäre ungefähr das Jahr, in dem die Europäische Union völlig CO²-neutral sein soll. Ich hoffe sehr, dass wir das schaffen. Wir werden entweder über das Entwerfen angesichts der Klimakatastrophe reden, für Überschwemmungen, Brände und Erdbeben, oder darüber, wie wir das Verlassen dieses Planeten gestalten. Ich weiß es nicht. Hoffentlich wird die Lage besser aussehen. Hoffentlich können wir dann wirklich in einer ökologisch und sozial gerechteren Welt leben. 30 Jahre hört sich nach ferner Zukunft an, doch vollziehen sich bedeutende Veränderungen über einen langen Zeitraum. Das ist wahr. Ich weiß es also nicht. Ich hoffe, dass die Situation dann nicht zu düster aussehen wird [lacht]. Denn ich finde auch gut, dass wir über Feminismus und all diese Dinge in der Architektur reden. Das ist wirklich nötig, wenn wir einige der größten Probleme bewältigen wollen. Zugleich bin ich manchmal so enttäuscht, dass wir uns immer noch mit dem Thema Gleichberechtigung auseinandersetzen müssen, wo uns doch diese enorme Klimakatastrophe bevorsteht. Ich kann nicht anders, als zu denken, Mensch, darum hätten wir uns doch schon längst kümmern müssen. Hoffentlich werden wir einige dieser Probleme lösen, und es wird nicht zu spät sein. Wir werden sehen. Das waren sehr interessante Erkenntnisse, Afaina – herzlichen Dank für dieses Gespräch!

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Perspektive

Fachkulturelle und strukturelle Faktoren, subtile Diskriminierung und exkludierende Narrative signalisieren Frauen und anderen marginalisierten Gruppen, dass für sie in der Architektur kein Platz ist. Mit ihrem Ausstieg sorgen sie gut für sich selbst: Sie vermeiden eine Arbeitssituation, die ihnen absurd hohe Anpassungsleistungen abverlangt und daher untragbar wird. Die zahlreichen Entschlüsse, der Architektur den Rücken zuzukehren und damit auf einen geliebten Beruf zu verzichten, sollten als Systemanzeiger betrachtet werden. Sie weisen darauf hin, und dies bestätigt die Studie des American Institute of Architects, dass in der Architekturbranche im Bereich Chancengleichheit etwas grundsätzlich nicht in Ordnung ist. Wenn die Branche inklusive der Lehre, Institutionen, Praxis und Medienlandschaft mehr Wert auf Geschlechterbalance und Diversität legen möchte, ist es an ihr, die Grundlagen und Rahmenbedingungen dafür auf allen Ebenen zu schaffen. Audre Lordes berühmter Ausspruch „The master’s tools will never dismantle the master’s house“223 fasst in einen Satz, wie neue Perspektiven ein neues System erfordern. Mit einem Systemwechsel entstehen neue Inhalte und Handlungspraktiken – angesichts der kommenden großen Aufgaben ist dies eine vielversprechende und zukunftsfähige Aussicht. Der Architektur ist es zu wünschen: Das aktuelle Korsett der Berufskultur ist für viele zu eng geworden. Den Kulturwandel der Branche können wir in 30 Jahren hoffentlich an unseren Häusern, Städten und Landschaften ablesen. 127

Bias Die Studie des American Institute of Architects/The Center for WorkLife Law „The Elephant in the (Well-Designed) Room“ untersucht die Bias innerhalb der Architekturbranche und definiert den Begriff wie folgt: „Eine einfache Definition von Bias ist die, dass zwei ansonsten gleiche Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe unterschiedlich behandelt werden; tatsächlich wird Bias oft gemessen, indem bei Menschen, denen gleiche Lebensläufe gegeben wurden, dokumentiert wird, wie Menschen unterschiedlicher sozialer Gruppen unterschiedlich behandelt werden.“ Dimensionen der Diskriminierung Die Forscherin und Gründerin des Center for Intersectional Justice in Berlin Dr. Emilia Roig spricht von vier Dimensionen der Diskriminierung, die sich gegenseitig bedingen und verstärken: die individuelle, strukturelle, institutionelle und historische Diskriminierung. Nach Roig findet die individuelle Diskriminierung in persönlichen Interaktionen zwischen Menschen statt, zum Beispiel durch offensichtlich sexistische oder rassistische Beleidigungen. Strukturelle Diskriminierung hingegen bildet das

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Glossar

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Care Der im Buch verwendete Begriff Care orientiert sich an der von Joan C. Tronto und Berenice Fisher 1990 verfassten Definition: „Im allgemeinsten Sinne ist Care eine unserer Spezies eigene Aktivität, die alles einschließt, was wir tun, um unsere ,Welt‘ instand zu halten, weiterzuführen und wieder instand zu setzen, damit wir in ihr so gut wie möglich leben können. Diese Welt beinhaltet unseren Körper, unser Ich und unsere Umgebung, die alle wir zu einem komplexen, lebenserhaltenen Netz zu verweben suchen.“224

Skelett unserer Gesellschaft, zum Beispiel durch Gesetze und Förderstrukturen, die Diskriminierung aufrechterhalten. Die institutionelle Diskriminierung bezeichnet die Summe individueller Entscheidungen und Handlungen von Personen in machtvollen Positionen, zum Beispiel in öffentlichen Institutionen. Die historische Diskriminierung zeigt hingegen auf, wie die vergangenen Systeme die Gegenwart noch prägen.225 Gemäß dieser Definition geht eine Benachteiligung privilegierter Gruppen nicht über eine individuelle Diskriminierung hinaus, da sie keine systematischen Grundlagen hat und somit auch keine entsprechenden Auswirkungen haben kann.

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Intersektionalität und intersektionaler Feminismus Der Begriff wurde Ende der 1980er  Jahre von Kimberlé Crenshaw geprägt, als sie thematisierte, dass zum Beispiel Schwarze Frauen von einer sich überlagernden Diskriminierung aus Sexismus und Rassismus betroffen sind. Auf der Website des Center for Intersectional Justice wird Intersektionalität wie folgt definiert: „Das Konzept der Intersektionalität beschreibt die Arten und Weisen, in denen Systeme der Ungleichheit, die

Gender Planning Gender Planning setzt das Konzept Gender Mainstreaming auf allen räumlichen Ebenen um.

Othering In einem Artikel des Goethe-Instituts wird Othering wie folgt erläutert: „Von Othering wird gesprochen, wenn eine Person oder Gruppe zum Other gemacht

zifischen Lohngefälle – ohne andere Aspekte wie race, sozioökonomischer Status und Einwanderungsstatus zu berücksichtigen –, werden die Ungleichheiten unter Frauen wahrscheinlich noch verstärkt.“226 Intersektionaler Feminismus hat zum Ziel, jegliche Diskriminierung zu beenden und schließt aus, dass unterschiedliche Formen der Diskriminierung von race, Klasse und Gender gegeneinander ausgespielt werden.

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auf Gender, race, sexueller Orientierung, Genderidentität, Beeinträchtigungen, Klasse und anderen Formen der Diskriminierung beruhen, sich ,überschneiden‘, sodass spezifische Dynamiken und Auswirkungen entstehen. Wenn beispielsweise eine muslimische Frau, die den Hijab trägt, diskriminiert wird, wäre es unmöglich, ihre weibliche* von ihrer muslimischen Identität getrennt zu betrachten und den Aspekt (oder mehrere) zu isolieren, der der Grund für ihre Diskriminierung ist. Alle Formen der Ungleichheit verstärken sich gegenseitig und müssen deshalb gleichzeitig untersucht und in Angriff genommen werden, um zu vermeiden, dass eine Art der Ungleichheit eine andere verstärkt. Widmet man sich zum Beispiel nur dem geschlechtsspe-

wird, also zum Anderen im Gegensatz zu einer impliziten Norm. Diese Abgrenzung geschieht mit Hilfe der Behauptung, dass die nicht-eigene Gruppe mit einer inhärenten Andersartigkeit oder Fremdheit zu charakterisieren sei. Dieser Akt der Abgrenzung hat vor allem dann reale Folgen, wenn aus einer Machtposition gesprochen und gehandelt wird, und eben diese wird als Othering bezeichnet. […] Beispielsweise gibt es rassistische oder homophobe Beschreibungen, die sich als negativ oder beleidigend etabliert haben, um die Identitäten oder Verhaltensweisen, die nicht der Norm entsprechen, zu sanktionieren. Othering erklärt also, dass Diskriminierung eine Ausübung von Macht ist und über die Zuschreibung von Eigenschaften funktioniert.“227

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Privilegien Im „Glossar gegen die Angst vor Wörtern“ werden Privilegien im Missy Magazine wie folgt erklärt: „Privilegien sind – je nach Kontext unterschiedlich ausgestaltete – unverdiente Vorteile, die eine Person genießt. Darunter fallen Positionen wie weiß, männlich, cisgender, mit Kapital ausgestattet oder able-bodied. Je nachdem, welche Ausgangsprivilegien eine Person besitzt, ist es möglich, im Laufe der Zeit weitere Privilegien dazuzugewinnen – zum Beispiel ökonomische oder auch im Sinne von Bildung. […] Als weiße Person ist es ein Privileg, keinen Rassismus zu erfahren, als wohlhabende Person kann es ein Privileg sein, vor Armut geschützt zu sein. […] Besonders daran ist, dass die meisten Privilegien nicht erkämpft werden, sondern Teil Silencing/Hate Speech Silencing gilt als Teil von Hate Speech (Hassrede) im Netz als Strategie, um bestimmte Meinungen in Diskussionen zum Verstummen zu bringen. Johannah Lea Illgner hat analysiert, wie Hate Speech und Silencing zusammenwirken. Hate Speech richtet sich nicht gegen das einzelne Individuum, sondern gegen Personen als Mitglieder einer Gruppenidentität. Insbesondere bei vermeintlichen „Reizthemen“ wie Feminismus und Rassismus sorgt Silencing zum Beispiel durch Verunglimpfung, Demütigung und persönliche Angriffe erfolgreich dafür, unliebsame

chen, oder die stillschweigende Duldung solcher Gewalt gegen Frauen und ihre Darstellung als normal.“229

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Rape Culture Das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen (European Institute for Gender Equality – EIGE) definiert in seinem Glossar rape culture wie folgt: „Komplex von Vorstellungen, der männliche sexuelle Aggression fördert und Gewalt gegen Frauen unterstützt“. Weiter wird erläutert: „Vergewaltigungskultur beschreibt eine Gesellschaft, in der Gewalt als ,sexy‘ und Sexualität als gewaltsam angesehen wird. Erscheinungsformen einer Vergewaltigungskultur sind u. a. Fälle sexueller Gewalt, die von sexuellen Bemerkungen über sexuelle Berührungen bis zu Vergewaltigung rei-

der persönlichen Lebensgeschichte sind. Dadurch erscheinen sie denjenigen, die sie genießen, oft selbstverständlich.“228

Als weiterführende Definitionen zu Gleichstellungsfragen und Diskriminierung können die Glossare des EIGE, des Kollektivs Claiming*Spaces der Technischen Universität Wien und des Missy Magazins empfohlen werden.

Meinungen aus der öffentlichen Debatte als Teil des öffentlichen Raums zu verdrängen: „Die Andersdenkenden sollen eingeschüchtert und zum Verstummen gebracht werden. So soll der Status quo ‚erhalten‘ bleiben und beispielsweise am ‚traditionellen‘ Verständnis von Geschlechterrollen, Sexualität, Nationalität etc. festgehalten werden.“230 Illgner führt weiter aus, dass das Verschwinden von bestimmten Meinungen und Positionen durch Silencing in öffentlichen Debatten und Diskursen ein großes Legitimationsproblem für Diskussionen darstellt, die plural und divers geführt werden sollen.231

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Endnoten

1 Siehe Heringer, Anna, zit. nach Rudolph, Katharina (15.10. 2020) https://www.faz.net/aktuell/stil/quarterly/talentierte-architektinnen-zu-gast-bei-den-haus-frauen-16989018.html (letzter Zugriff: 29.05.2021) 2 Vgl. Bundesarchitektenkammer o. J.: Der Anteil der Absolventinnen im Fach Architektur liegt seit 2006 höher als 50 %. Seitdem ist er kontinuierlich gestiegen bis auf einen Anteil von 58 % im Jahr 2019, 2020 sank er auf 56 %. 2020 machen die Absolventinnen in der Innenarchitektur 86 % aus, in der Landespflege/Landschaftsgestaltung sind es 62 % und in der Raumplanung 58 %. Die Bundeskammerstatistik wird erst seit 2001 nach Geschlecht aufgeschlüsselt. Daher sind die Zahlen der eingetragenen Architektinnen erst ab 2001 dargestellt. 3 Vgl. Architects’ Council of Europe 2021: Der Anteil der Architektinnen liegt bei 67 % in Serbien, 62 % in Kroatien, 58 % in Schweden und Polen. 4 Vgl. Architects’ Council of Europe 2021 5 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018 6 Siehe Williams/Korn/Maas 2021, S. 5. Originalzitat: „A simple definition of bias is when two otherwise identical people are treated differently because of their membership in a social group; indeed, bias is often measured by giving people identical resumes and documenting how people from different social groups are treated differently.“ 134

7 Siehe Williams/Korn/Maas 2021, S. 3. Übersetzung Zitat: „Wir haben ein offensichtliches Problem gefunden, über das niemand spricht: Weiße Männer machen an Arbeitsplätzen der Architekturbranche andere Erfahrungen als alle anderen Personengruppen.“ 8 Siehe Glossar 9 Siehe Bundesarchitektenkammer 2020, S. 40–41 (Hervorhebung im Original) 10 Siehe Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018, S. 31 11 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018, S. 38: Eine selbstständige Architektin, die ihr Büro gemeinsam mit einem männlichen Partner führt, sagte im Interview: „Und auch am Telefon haben mich schon unglaublich viele für das Sekretariat gehalten. Obwohl das Studio auch meinen Namen trägt und ich mich mit meinem Namen melde. […] Und das hat mich schon häufig getroffen dann.“ 12 Vgl. Fairs, Marcus (16.11.2017): https://www.dezeen. com/2017/11/16/survey-leading-architecture-firms-revealsshocking-lack-gender-diversity-senior-levels/ (letzter Zugriff: 18.02.2022) 13 Vgl. Ihsen/Kaufmann/Villa Braslavsky 2018 14 Siehe Baukultur Nordrhein-Westfalen (23.09.2020): https://www.youtube.com/watch?v=E_9VH9uHSpA (letzter Zugriff: 17.05.2022) 15 Siehe Penny, Laurie: https://www.youtube.com/watch?v=dE4- GbGXhJc (letzter Zugriff: 21.02.2022) 16 Vgl. Schutzbach 2021 17 Vgl. Schutzbach 2021 18 Vgl. Allmendinger 2021, S. 52: Allmendinger legt dar, dass sich der Heiratsmarkt für Frauen finanziell immer noch mehr lohnt als der Arbeitsmarkt. Als Gründe hierfür gibt sie die vorhandenen familienpolitischen Anreizsysteme wie zum Beispiel Ehegattensplitting und Minijobs an. Wird die Ehe geschieden, tritt der gegenteilige Effekt ein. 19 Siehe Allmendinger 2021, S. 19 20 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2018, S. 12: „Frauen leisten täglich 52,4 Prozent mehr 135

unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Dies entspricht einem Zeitaufwand von täglich einer Stunde und 27 Minuten mehr.“ 21 Vgl. Russell Hochschild/Machung 1989 22 Vgl. Cammarata 2020 23 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2016 24 Siehe Klaar, Helene (15.02.2016): https://sz-magazin.sueddeutsche.de/liebe-und-partnerschaft/im-gesetz-steht-von-liebe-keinwort-82190 (letzter Zugriff: 30.05.2021) 25 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2016 26 Vgl. Mark, Laura (10.01.2014) In: Architects Journal zit. nach Stratigakos 2016, S. 27 27 Siehe Williams/Korn/Maas 2021, S. 45 28 Vgl. Tether, Bruce (26.02.2016): https://www.architectural-review.com/essays/results-of-the-2016-women-in-architecture-surveyrevealed (letzter Zugriff: 16.02.2022). Laut der Studie des Architects Journal 2016 haben 75 % der Architektinnen keine Kinder. 29 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018; Schumacher 2004 30 Vgl. Architects’ Council of Europe 2021: Die durchschnittliche Arbeitszeit von deutschen Architekt:innen liegt mit 42,6 Wochenstunden um 3,8 Stunden höher als in Dänemark und um 3,3 Stunden höher als in Norwegen. Selbstständige Architekt:innen in Deutschland arbeiten mit 50,1 Wochenarbeitsstunden 10,3 länger als ihre Kolleg:innen in Dänemark und 8,8 Stunden länger als ihre Kolleg:innen in Norwegen. 31 Siehe Kern 2020, S. 5. Originalzitat: „Many of these barriers are invisible to men, because their own set of experiences means they rarely encounter them.“ 32 Vgl. https://www.slowspace.org (letzter Zugriff: 11.02.2022) 33 Vgl. Bund Deutscher Architektinnen und Architekten: „Frauen in der Architektur“. Podcast DenkLabor. Folge 20 34 Vgl. Scott 2020, S. 208–209: Linda Scott legt für die USA dar, wie sich eine kostenlose Kinderbetreuung aller amerikanischen Kinder in Höhe von 84 Milliarden Dollar durch voraussichtliche Steuer136

mehreinnahmen in der Höhe von 271 Milliarden Dollar amortisieren würde. Voraussetzung wäre, Frauen arbeiteten so viel wie Männer. 35 Siehe Scott 2020, S. 24 36 Vgl. Scott 2020 37 Siehe Scott 2020, S. 208 38 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018 39 Vgl. Weresch 2012 40 Siehe Weresch 2012 41 Siehe University of the West of England (03.07.2003): https://info.uwe.ac.uk/news/uwenews/news.aspx?id=371 (letzter Zugriff: 10.02.2022) 42 Siehe Stratigakos 2016, S. 71 (Hervorhebungen im Original) 43 Siehe Criado-Perez 2020, S. 47 (Hervorhebungen im Original) 44 Vgl. Wikipedia Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Portal: Frauen/Biografien/Statistiken (letzter Zugriff: 23.01.2022) 45 Vgl. Wikipedia Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Wikipedia:WikiProjekt_Frauen/Frauen_in_Rot (letzter Zugriff: 23.01.2022) 46 Vgl. Wikipedia Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Wikipedia:WikiProjekt_Women_Wikipedia_Design/Startseite (letzter Zugriff: 10.02.2022) 47 Mary Pepchinski im Telefongespräch am 27.01.2022 48 Vgl. Dörhöfer 2004 49 Siehe Dörhöfer 2004, S. 10 50 Vgl. Roig 2021 51 Vgl. Maasberg/Prinz 2012 52 Siehe Dörhöfer 2004, S. 51 53 Siehe Winkelmann, Emilie, zit. nach Trost, Klara. „Die Frau als Architektin“. In: Die Frauenfachschule. Heft 28/1919, S. 569–572 54 Vgl. Eichhorn 2013 55 Vgl. Wikipedia Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Freibad_Letzigraben (letzter Zugriff: 23.01.2022) 56 Vgl. Wikipedia Deutschland: https://de.wikipedia.org/wiki/ Gertrud_Frisch-von_Meyenburg (letzter Zugriff: 16.01.2022) 57 Siehe Droste 2019, S. 40 137

58 Siehe Maasberg/Prinz 2012, S. 639 59 Vgl. Scheffler 1908 60 Siehe Dörhöfer 2004, S. 55 61 Vgl. Scott 2020 62 Siehe Anderson, Becky (08.12.2012): https://edition.cnn.com/ 2012/08/01/business/leading-women-zaha-hadid/index.html (letzter Zugriff: 26.05.2021) 63 Siehe Kaiser 2021, S. 175 64 Vgl. Dörhöfer 2004 65 Vgl. Moholy-Nagy 1968 66 Siehe Heynen 2019, S. 160 67 Vgl. Heynen 2019 68 Vgl. Colomina 2021a 69 Siehe Koerner von Gustorf, Oliver (09.06.2015): https://www. stylepark.com/de/news/die-rache-des-maschinisten (letzter Zugriff: 06.03.2022) 70 Vgl. Colomina 2021b 71 Vgl. Colomina 2021b 72 Vgl. Beyerle/Nemecková 2019 73 Vgl. Scott Brown 1974 74 Siehe Scott Brown, Denise, zit. nach Stratigakos 2016, S. 54. Übersetzung Zitat: „Einen Mama-und-Papa-Guru zu machen, ist nicht möglich.“ 75 Siehe Ahmed, Sara (04.11.2014): https://feministkilljoys. com/2014/11/04/white-men/ (letzter Zugriff: 23.01.2022) 76 Vgl. Fitz/Krasny 2019 77 Siehe University College Dublin (22.04.2021): https://www. ucd.ie/newsandopinion/news/2021/april/22/ercadvancedgrantforucdprojectexploringimpactofwomenandminoritiesonmodernarchitecture/ (letzter Zugriff: 17.01.2022) 78 Siehe Dörhöfer 2004, S. 6 79 Siehe de Jong 2012, S. 149 80 Vgl. Bolukbasi 2016 81 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018

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82 Siehe Davidson, Justin (2013) https://nymag.com/arts/ architecture/features/architect-couples-2013-6/ (letzter Zugriff: 11.03.2021) 83 Siehe Stratigakos 2016, S. 9 84 Vgl. de Graaf 2020 85 Siehe Siufan, Adey (24.03.2021): https://www.dezeen. com/2021/03/24/reiner-de-graaf-the-masterplan-live-talk/ (letzter Zugriff: 30.01.2022) 86 Siehe Anonym im Interview mit Suzanne Labarre (15.03.2018): https://www.fastcompany.com/90164300/exclusive-why-i-started-ashitty-architecture-men-list (letzter Zugriff: 30.01.2022) 87 Siehe Lange, Alexandra (19.04.2018): https://www.alexandralange.net/articles/547/the-end-of-the-architect-profile (letzter Zugriff: 30.01.2022) 88 Mary Pepchinski im Telefongespräch am 27.01.2022 89 Vgl. Heynen 2012 90 Vgl. Volpp 2016 91 Vgl. Schumacher 2004 92 Vgl. Ihsen 2006, zit. nach Volpp 2016, S. 11 93 Siehe Schumacher 2004, S. 26 94 Siehe Schumacher 2004, S. 22 95 Vgl. Manne 2019 96 Siehe Schumacher 2004, S. 24 97 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018 98 Siehe Richter, Dagmar, zit. nach Kullack 2011, S. 169 99 Siehe Schumacher 2004, S. 22 100 Siehe Toscano 2021, S. 39 101 Siehe Volpp 2016, S. 33 102 Vgl. Stratigakos 2016 103 Siehe Hall 2019, S. 216. Übersetzung Zitat: „Würden Sie mich auch noch als Diva bezeichnen, wenn ich ein Mann wäre?“ 104 Siehe Kaiser 2021, S. 160 105 Vgl. Manne 2019 106 Siehe Williams/Korn/Maas 2021, S. 45

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107 Siehe Williams/Korn/Maas 2021, S. 12: Die Autor:innen der Studie verweisen hier auf mehrere Untersuchungen in weiteren Branchen, z. B. Williams, J. C./Multhaup, M./Li, S./Korn, R. M. (2018). You Can’t Change What You Can’t See. Interrupting Racial & Gender Bias in the Legal Profession. American Bar Association & Minority Corporate Counsel Association: https://www.americanbar. org/content/dam/aba/administrative/women/you-cant-changewhat-you-cant-see-print.pdf (letzter Zugriff: 08.04.2022) 108 Siehe McGuigan, Cathleen (13.01.2022): https://www. architecturalrecord.com/articles/15474-january-2022-editors-letter-a-troubling-report-on-bias-in-architecture (letzter Zugriff: 12.02.2022). Originalzitat: „Among the few positive observations in this damning document: ‚Racism and sexism in the profession were so open that we found a pattern of white men noting it with distaste, something we found in no other industry.‘ It is those white men who have the power to bring about real change to the inequitable workplace they have perpetuated. Gentlemen, if you’re disgusted, please do something about it – and then do more.“ 109 Siehe Vé-Réveillac, Océane, 2021, zit. nach Sturm, Hanna: „Nächstes Mal machen wir es besser falsch“. In: Bauwelt. Nr. 17/2021, S. 37 110 Vgl. Neufert 2019 111 Siehe Neufert 2019, S. VI 112 Siehe Neufert 2019, S. VI 113 Diese Zitate über eine vermeintlich gute Ausbildung von Architekturstudierenden stammen aus persönlichen Gesprächen mit deutschen Architekturprofessor:innen. 114 Siehe Lange 2021, S. 21 115 Vgl. Schumacher 2004 116 Vgl. Schumacher 2004 117 Siehe Schumacher 2004, S. 15 118 Siehe Technische Universität München (2017): https://www. ar.tum.de/fakultaet/gleichstellung/forschung/umfrage-2017/ (letzter Zugriff: 29.05.2021) 119 Siehe Stratigakos 2016, S. 22 140

120 Vgl. Technische Universität Wien: „Claiming Spaces. Feministische* Perspektiven in Architektur und Raumplanung“. In: future.lab Magazin. Nr. 13/2020 121 Vgl. Stratigakos 2016 122 Vgl. Kullack 2011 123 Vgl. Schwitalla 2021 124 Siehe Wahlroos-Ritter, zit. nach Kullack 2011, S. 173 125 Vgl. Schumacher 2004 126 Vgl. Ebert 2019 127 Diese Betreuung hat sich 2021 an einer deutschen Universität zugetragen und wurde der Autorin im persönlichen Gespräch berichtet. 128 Siehe Stratigakos 2016, S. 23 129 Vgl. Ebert 2019 130 Siehe Schumacher 2004, S. 15 131 Siehe Kunstler, Jim (04.05.2016): https://metropolismag.com/ projects/jane-jacobs-godmother-of-the-american-city/ (letzter Zugriff: 16.02.2022). Übersetzung Zitat: „Niemand ist gegen diesen Plan – NIEMAND, NIEMAND, NIEMAND, nur eine Schar von, eine Schar von MÜTTERN.“ 132 Vgl. ARCH+ 2021 133 Siehe Glossar 134 Vgl. Kern 2020 135 Vgl. Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018 136 Vgl. Kern 2020 137 Vgl. Schnerring/Verlan 2020 138 Siehe Glossar 139 Siehe Krasny 2019, S. 35 140 Siehe Krasny 2019, S. 40 141 Siehe Krasny 2019, S. 39 142 Siehe Tronto 2019, S. 27 143 Siehe Scott 2020, S. 25. „Männer als Gruppe geben oft Geld für eigene Luxusgüter aus, statt ihre Einnahmen mit ihren Familien zu teilen. Dabei sind ihnen sogar Alkohol, Tabak, Glücksspiel, Prostitution und Waffen wichtiger als die Ausbildung ihrer Kinder.“ 141

144 Vgl. Scott 2020, S. 21–28 145 Siehe Heringer, Anna (28.10.2021): https://www.youtube. com/watch?v=EU9SMSeiGIE&list=PLj-5oka8wwqsS0zvgrTv47bu1AuT7IO4y (letzter Zugriff: 07.02.2022). Originalzitat: „The building budget did not only have a school as a result but it was also a catalyst for local development. […] Architecture is dealing with a lot of money and yes we can contribute to social justice.“ 146 Siehe Kern 2020, S. 16 147 Vgl. Murray, Christina (27.08.2018): https://www.theguardian. com/commentisfree/2018/aug/27/architects-diversity-cities-designed-mothers (letzter Zugriff: 16.02.2022) 148 Siehe Kern 2020, S. 41 149 Siehe Kern 2020, S. 46 150 Siehe Darke 1996, S. 88 151 Vgl. Jacobs 1993 152 Vgl. Paletta, Anthony (28.04.2016): https://www.theguardian. com/cities/2016/apr/28/story-cities-32-new-york-jane-jacobs-robertmoses (letzter Zugriff: 17.02.2022) 153 Vgl. A Marvelous Order (2021): http://mosesjacobsopera.com (letzter Zugriff: 01.05.2021) 154 Vgl. Jacobs 2019 155 Siehe Kern 2020, S. 154–155 156 Vgl. The City of Copenhagen: Architecture Policy for Copenhagen 2017–2025. Architecture for People. 2017 157 Vgl. Llanque, Morgane (06.09.2021): https://enorm-magazin. de/gesellschaft/urbanisierung/wie-sich-paris-neu-erfindet (letzter Zugriff: 17.02.2022) 158 Vgl. Sadik-Khan 2017 159 Siehe Amazon: https://www.amazon.de/Streetfight-HandbookRevolution-Janette-Sadik-Khan/dp/0143128973 (letzter Zugriff: 17.02.2022). Originalzitat: „Janette Sadik-Khan is like the child that Robert Moses and Jane Jacobs never had: an urban visionary determined to reshape the streets of New York.“ 160 Siehe Wikipedia United States: https://en.wikipedia.org/wiki/ Green_Guerillas (letzter Zugriff: 17.02.2022) 142

161 Vgl. lizchristygarden: http://lizchristygarden.us (letzter Zugriff: 17.02.2022) 162 Vgl. Col·lectiu Punt 6 2019, Muxí Martínez 2021 163 Vgl. Bilbao 2022 164 Vgl. FEMPUBLICBCN: https://www.bcnuej.org/projects/fempublicbcn/ (letzter Zugriff: 17.02.2022) 165 La Ciudad Amable bedeutet übersetzt „Die freundliche Stadt“. 166 Siehe Glossar 167 Vgl. Groll, Tina (13.02.2021): https://www.zeit.de/mobilitaet/2021-02/stadtplanung-wien-eva-kail-gender-planning-frauen (letzter Zugriff: 17.02.2022) 168 Vgl. Stadt Wien: https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/ alltagundfrauen/pdf/verkehr-la.pdf 169 Siehe Unger, Petra, zit. nach Cjaja, Wojciech in: Bauwelt. Nr. 17/2021, S. 35; Frauen*Spaziergänge Wien: https://frauenspaziergaenge.at (letzter Zugriff: 06.03.2022) 170 Vgl. Zibell/Damyanovic/Sturm 2019 171 Vgl. European Institute for Gender Equality: https://eige.europa.eu/publications/gender-mainstreaming-gender-planning (letzter Zugriff: 17.01.2021) 172 Vgl. Zibell/Damyanovic/Sturm 2019 173 Das Institute of Architecture and Technology, KADK Copenhagen, veröffentlichte in zwei Bänden An Architecture Guide to the UN 17 Sustainable Development Goals, siehe: https://uia2023cph.org/ the-guides (letzter Zugriff: 18.02.2022) 174 Vgl. Weltbank (04.02.2020): https://www.worldbank.org/en/ topic/urbandevelopment/publication/handbook-for-gender-inclusive-urban-planning-and-design (letzter Zugriff: 18.02.2022) 175 Siehe Kern 2020, S. 63 176 Siehe Reclaim These Streets: https://reclaimthesestreets.com/ vigils/ (letzter Zugriff: 06.02.2022) 177 Siehe Glossar 178 Siehe Falkingham, Katie (14.03.2021): https://www.bbc.com/ sport/athletics/56392440 (letzter Zugriff: 20.05.2022)

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179 Siehe Baum, Carla et al. (18.03.2021): https://www.zeit.de/ zeit-magazin/2021-03/sexismus-frauen-joggen-cat-calling-belaestigung-angst-erfahrung (letzter Zugriff: 27.03.2021) 180 Siehe Safe & the City: https://safeandthecity.com (letzter Zugriff: 27.03.2021) 181 Siehe Safe & the City: https://safeandthecity.com (letzter Zugriff: 06.02.2022). Originalzitate: „Get to your destination safely“; „This is such a brilliant idea and it makes navigating London feel safe“; „[A]fter an attack last year with no help from the police, I feel like I can at least make the journey home safer for people in the area. Brilliant piece of technology!“ 182 Vgl. United Nations Women: https://www.unwomenuk.org/ safe-spaces-now (letzter Zugriff: 21.06.2021) 183 Siehe Kern 2020, S. 158. Übersetzung Zitat: „Angst kann nie einfach nur ,weggeplant‘ werden.“ 184 Siehe Kern 2020, S. 147–148 185 Vgl. Kern 2020 186 Vgl. Scott 2020 187 Vgl. Löw 2017 188 Siehe Löw 2017, S. 247 189 Siehe Löw 2017, S. 247 190 Vgl. Löw 2017 191 Vgl. Lokale Agenda 21 Wien: https://www.agendafavoriten. at/projekte-detail/maedchen-gestalten-den-reumannplatz-p.html (letzter Zugriff: 06.03.2022) 192 Vgl. Fröbe 2020 193 Siehe White Arkitekter: https://whitearkitekter.com/project/ places-for-girls/ (letzter Zugriff: 18.02.2022) 194 Siehe Monica Ponce de Leon, zit. nach Kullack 2011, S. 167 195 Siehe Stratigakos 2016, S. 26 196 Vgl. Budde et al. 2017 197 Vgl. Schumacher 2004 198 Siehe Stratigakos 2016, S. 66 199 Siehe Hennies, Matthias (25.03.2021): https://www.deutschlandfunk.de/aus-kultur-und-sozialwissenschaften.1147.de.html 144

(letzter Zugriff: 26.03.2021) 200 Vgl. Schutzbach 2018 201 Vgl. Kunekath 2021 202 Vgl. Roig 2021: Emilia Roig spricht von vier unterschiedlichen Dimensionen der Diskriminierung, die sich gegenseitig bedingen und verstärken: die individuelle, strukturelle, institutionelle und historische Diskriminierung (siehe Glossar). Gemäß dieser Definition geht eine Diskriminierung privilegierter Gruppen nicht über die individuelle hinaus, da sie keine systematischen Grundlagen und entsprechende Auswirkungen hat. 203 Vgl. Thierse, Wolfgang (2021): https://www.deutschlandfunk. de/wolfgang-thierse-spd-ueber-identitaetspolitik-ziemlich-100.html (letzter Zugriff: 25.02.2021) 204 Vgl. Deutsches Architektenblatt Nr. 4/2021 205 Siehe Gesellmann, Christian (22.03.2021): https://www.zeit. de/zeit-magazin/leben/2021-03/femismus-sexismus-mordfall-saraheverard-belaestigung-maenner (letzter Zugriff: 05.05.2021) 206 Siehe Maasberg/Prinz 2012 207 Vgl. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (Hg.): Richtlinie für Planungswettbewerbe – RPW 2013. Berlin 2013: https:// www.bmi.bund.de/SharedDocs/ downloads/DE/veroeffentlichun- gen/2013/richtlinie-planungswettbewerbe.pdf?__blob=publication- File&v=2 (letzter Zugriff: 06.03.2022) 208 Siehe Architecture Lobby: http://architecture-lobby.org/about/ (letzter Zugriff: 19.02.2022) 209 Die Beobachtungen stammen aus professionellen Erfahrungen der Autorin auf dem Gebiet der Wettbewerbsbetreuung über einen Zeitraum von 15 Jahren. 210 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung: https://www. stadtentwicklung.berlin.de/soziale_stadt/gender_mainstreaming/ download/gender_deutsch.pdf (letzter Zugriff: 19.02.2022) 211 Vgl. Zentrum Frau in Beruf und Technik: https://www.zfbt.de/ veroeffentlichungen/dokumente/planungswettbewerbe.pdf (letzter Zugriff: 19.02.2022) 145

212 Vgl. Stadtentwicklung Wien 2013 213 Vgl. Schwitalla 2021 214 Vgl. W Awards: https://w-awards.architectural-review.com/ categories (letzter Zugriff: 17.02.2021) 215 Vgl. femmes architects: https://www.femmes-archi.org/en/ prize-2021/ (letzter Zugriff: 18.02.2021) 216 Siehe Stratigakos 2016, S. 63 217 Vgl. Zibell/Karácsony 2018 218 Vgl. ARCH+ 2021 219 Siehe Lange 2021, S. 21 220 Vgl. ARCH+ 2021 221 Vgl. de Jong 2021 222 Siehe Lorde 2021, S. 7 223 Siehe Lorde 2021, S. 7: „Denn die Werkzeuge der Herrschenden werden das Haus der Herrschenden niemals einreißen.“ 224 Tronto, Joan C./Fisher, Berenice (1990), zit. nach Tronto 2019, S. 29 (Hervorhebung im Original) 225 Vgl. Roig 2021 226 Siehe Center for Intersectional Justice: https://www.intersectionaljustice.org/what-is-intersectionality (letzter Zugriff: 23.03.2022) 227 Siehe Goethe-Institut/von Rath, Anna/Gasser, Lucia: https:// www.goethe.de/ins/no/de/kul/sup/ac/other.html (letzter Zugriff: 23.03.2022) 228 Siehe Shehadeh, Nadia: https://missy-magazine.de/ blog/2017/08/01/hae-was-heisst-denn-privilegien/ (letzter Zugriff: 23.03.2022) (Hervorhebung im Original) 229 Siehe Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen/European Institute for Gender Equality (EIGE): https://eige.europa.eu/thesaurus/terms/1341 (letzter Zugriff: 23.03.2022) 230 Siehe Illgner 2018, S. 264 231 Vgl. Illgner 2018

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Literatur

Allmendinger, Jutta: Es geht nur gemeinsam. Wie wir endlich Geschlechtergerechtigkeit erreichen. Berlin 2021 ARCH+: Zeitgenössische feministische Raumpraxis. Nr. 246/2021, 54. Jahrgang Architects’ Council of Europe: The Architectural Profession in Europe 2020. A Sector Study. Brüssel 2021 Bauwelt: Gendergerechte Architektur. Nr. 17/2021 Beyerle, Tulga/Nemecková, Klara (Hg.): Gegen die Unsichtbarkeit. Designerinnen der Deutschen Werkstätten Hellerau 1898 bis 1938. Dresden 2019 Bilbao, Tatiana: „Stadt der Fürsorge. City of Care“. In: Die Architekt. Nr. 1/2022, S. 20–24 Bolukbasi, Tolga et al.: Man is to Computer Programmer as Woman is to Homemaker? Debiasing Word Embeddings. arXiv:1607.06520v1 [cs.CL]. Boston/Cambridge 2016 Budde, Christina/Pepchinski, Mary/Schmal, Peter Cachola/Voigt, Wolfgang (Hg.): Frau Architekt. Seit mehr als 100 Jahren Frauen im 148

Architektenberuf / Over 100 Years of Women as Professional Architects. Berlin 2017 Bundesarchitektenkammer (o. J.): „Aktuelle Zahlen Absolventinnen und Absolventen“. https://bak.de/politik-und-praxis/wirtschaft-undmittelstand/ausbildung-aktuelle-zahlen-studierende/#absolventinnen-und-absolventen (letzter Zugriff: 06.03.2022) Bundesarchitektenkammer (2020): „Geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede bei angestellten Kammermitgliedern. Eine Sonderauswertung der Daten der bundesweiten Strukturbefragung der Architektenkammern der Länder im Jahr 2020.“ https://bak.de/ wp-content/uploads/2021/02/2020_bak_strukturbefragung_sonderbericht-gehaltsunterschiede-nach-geschlecht_2021.pdf (letzter Zugriff: 06.03.2022) Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.): Mitten im Leben. Wünsche und Lebenswirklichkeiten von Frauen zwischen 30 und 50 Jahren. Berlin 2016 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Zweiter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. Berlin 2018 Cammarata, Patricia: Raus aus der Mental Load-Falle. Wie gerechte Arbeitsteilung in der Familie gelingt. Weinheim/Basel 2020 Col·lectiu Punt 6: Urbanismo Feminista. Barcelona 2019 Colomina, Beatriz, im Gespräch mit Katarina Bonnevier: „Die Architekturgeschichte gegen den Strich bürsten“. In: ARCH+. Nr. 246/ 2021a, S. 116–123 Colomina, Beatriz: „Eileen Gray. E.1027“. In: Schwittala, Ursula: Frauen in der Architektur. Rückblicke, Positionen, Ausblicke. Berlin 2021b, S. 34–41 149

Criado-Perez, Caroline: Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert. München 2020 Darke, Jane: „The Man-Shaped City“. In: Booth, Christine/Darke, Jane/Yeandle, Susan (Hg.): Changing Places. Women’s Lives in the City. London 1996, S. 88–99 Dörhöfer, Kerstin: Pionierinnen in der Architektur. Eine Baugeschichte der Moderne. Tübingen/Berlin 2004 Droste, Magdalena: Das Bauhaus 1919–1933. Köln 2019 Ebert, Carola: „Inseln der Selbstreflexion. Drei Debatten zur Architekturlehre im 21. Jahrhundert“. In: Ebert, Carola/Froschauer, Eva Maria/Salge, Christiane (Hg.): Forum Architekturwissenschaft Band 3. Vom Baumeister zum Master. Formen der Architekturlehre vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Berlin 2019, S. 424–442 Eichhorn, Ulrike: Architektinnen. Ihr Beruf. Ihr Leben. Berlin 2013 Fitz, Angelika/Krasny, Elke (Hg.): Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet. Wien 2019 Fröbe, Turit: Architekturpolitik in Finnland. Wie Baukulturelle Bildung gelingen kann. Berlin 2020 de Graaf, Reinier: The Masterplan. A Novel. Amsterdam 2020 Hall, Jane: Breaking Ground. Architecture by Women. London/New York 2019 Heynen, Hilde (2012): „Genius, Gender and Architecture. The Star System as Exemplified in the Pritzker Price“. In: Architectural Theory Review. Nr. 2–3/2012. 17. Jahrgang. DOI 10.1080/13264826. 2012.727443 (letzter Zugriff: 02.03.2021) 150

Heynen, Hilde: Sibyl Moholy-Nagy. Kritikerin der Moderne. Dresden 2019 Illgner, Johannah Lea: „Hass-Kampagnen und Silencing im Netz“. In: Lang, Juliane/Peters, Ulrich (Hg.): Antifeminismus in Bewegung. Aktuelle Debatten um Geschlecht und sexuelle Vielfalt. Hamburg 2018, S. 253–272 Jacobs, Jane: Tod und Leben großer amerikanischer Städte. Braunschweig/Wiesbaden 1993 Jacobs, Jane: Cuatro Entrevistas. Barcelona 2019 de Jong, Afaina: For the People by the People. A visual Story of the DIY City. Amsterdam 2012 de Jong, Afaina. „Ein Brief an Audre Lorde“. In: ARCH+: Zeitgenössische feministische Raumpraxis. Nr. 246/2021, 54. Jahrgang, S. 166–167 Kaiser, Mareice: Das Unwohlsein der modernen Mutter. Hamburg 2021 Kaufmann, Hermann/Ihsen, Susanne/Villa Braslavsky, Paula-Irene: Frauen in der Architektur. München 2018 Kern, Leslie: Feminist City. Claiming Space in a Man-Made World. London 2020 Krasny, Elke. „Architecture and Care.“ In: Fitz, Angelika/Krasny, Elke: Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet. Architekturzentrum Wien 2019, S. 33–41 Kullack, Tanja (Hg.): Architektur – eine weibliche Profession. Berlin 2011 151

Kunekath, Kerstin: „Die neuen Chefinnen“. In: Deutsches Architektenblatt. Nr. 2/2021, S. 12–20 Lange, Torsten: „Von der Schief- in die Schräglage kommen.“ In: Bauwelt. Nr. 17/2021, S. 20–21 Lorde, Audre: Sister Outsider. München 2021 Löw, Martina: Raumsoziologie. Frankfurt am Main 2017 Maasberg, Ute/Prinz, Regine: „Aller Anfang sind wir. Wege von Architektinnen im 20. Jahrhundert“. In: Nerdinger, Winfried (Hg.): Der Architekt. Geschichte und Gegenwart eines Berufsstandes. München 2012, S. 635–651 Manne, Kate: Down Girl. Die Logik der Misogynie. Berlin 2019 Moholy-Nagy, Sibyl: Matrix of Man: An Illustrated History of Urban Environment. Westport, CT 1968 Muxí Martínez, Zaida: Beyond the Threshold. Women, houses, and cities. Barcelona 2021 Neufert, Ernst: Bauentwurfslehre. Wiesbaden 2019 Roig, Emilia: Why we matter. Das Ende der Unterdrückung. Berlin 2021 Russell Hochschild, Arlie/Machung, Anne: The Second Shift. Working Parents and the Revolution at Home. New York 1989 Sadik-Khan, Janette: Streetfight. Handbook for an Urban Revolution. New York 2017 Scheffler, Karl: Die Frau und die Kunst. Eine Studie. Berlin 1908

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Schnerring, Almut/Verlan, Sascha: Equal Care. Über Fürsorge und Gesellschaft. Leck 2020 Schumacher, Christina: Zur Untervertretung von Frauen im Architekturberuf. Forum Bildung und Beschäftigung. Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung. Bern/Aarau 2004 Schutzbach, Franziska: Die Rhetorik der Rechten. Rechtspopulistische Diskursstrategien im Überblick. Zürich 2018 Schutzbach, Franziska: Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit. München 2021 Schwitalla, Ursula (Hg.): Frauen in der Architektur. Rückblicke, Positionen, Ausblicke. Berlin 2021 Scott, Linda: Das weibliche Kapital. München 2020 Scott Brown, Denise: „Room of the Top? Sexism and the Star System in Architecture“. In: Berkeley, Ellen Perry/McQuaid, Matilda (Hg.): Architecture. A Place for Women. Washington, DC 1974, S. 237–246 Stadtentwicklung Wien (Hg.): „Gender Mainstreaming in der Stadtplanung und Stadtentwicklung“. Werkstattberichte. Nr. 130. Wien 2013 Stratigakos, Despina: Where Are the Women Architects? Princeton/ Oxford 2016 Toscano, Inés: „ ‚Gender Masquerade‘ von architektonischen Paarungen“. In: Bauwelt. Nr. 17/2021, S. 38–39 Tronto, Joan C. „Caring Architecture“. In: Fitz, Angelika/Krasny, Elke: Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet. Architekturzentrum Wien 2019, S. 26–32 153

Volpp, Rebecca: Architektinnen der Zukunft. Frauen hinterfragen den Habitus einer Profession. Norderstedt 2016 Weresch, Katharina (2012): „Rund um die Uhr gefordert. Frauen in der Architektur“. Deutsches Architektenblatt. https://www.dabonline.de/2012/11/01/rund-um-die-uhr-gefordert/ (letzter Zugriff: 07.07.2020) Williams, Joan C./Korn, Rachel M./Maas, Rachel für The American Institute of Architects/The Center for WorkLife Law (Hg.): The Elephant in the (Well-Designed) Room. An Investigation into Bias in the Architecture Profession. Washington, DC 2021 Zibell, Barbara/Damyanovic, Doris/Sturm, Ulrike (Hg.): Gendered Approaches to Spatial Development in Europe. Perspectives, Similarities, Differences. London 2019 Zibell, Barbara (Hg.)/Karácsony, Maya: Frauennetzwerke in Architektur & Planung. Erfahrungen, Orientierungen. Zürich 2018

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Dank

Ich danke allen meinen Gesprächspartner:innen für wertvolle Informationen und ihre Zeit. Afaina de Jong möchte ich für ihr Interview in Zügen und auf Bahnsteigen in den Niederlanden danken. Besonders danken möchte ich meiner Lektorin Nicole Mahne sowie Theresa Hartherz und Doris Kleilein und dem ganzen Team des JOVIS Verlag. Joann Skrypzak-Davidsmeyer hat mit Rebecca van Dyck das englische Buch geschrieben und Ute Hasekamp englische Anteile ins Deutsche übersetzt, hierfür danke ich ganz herzlich. Ein großes Shoutout geht an Monika Grobel-Jaroschewski (PAPINESKA) für ihre schöne Buchgestaltung. Es ist ihr gelungen, das komplexe Thema und mein Ansinnen in kurzer Zeit grafisch umzusetzen. Weiterhin danke ich engen Freundinnen und Freunden und Johanna, ihr habt maßgeblich dazu beigetragen, dass Schwarzer Rolli, Hornbrille ein Gedanke, eine Idee und schließlich ein Buch wurde. Mein tiefster Dank gilt meinen Kindern Lorenz, Leonhard und Konrad.

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Bildnachweis

Abb. 1: Infografik Absolventinnen Architektur versus eingetragene Architektinnen 1995–2020 Quelle: Bundesarchitektenkammer/Statistisches Bundesamt H201/ Kaufmann/Ihsen/Villa Braslavsky 2018/Auswertung: Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA Bildunterschrift: Absolventinnen im Fach Architektur versus eingetragene Architektinnen 1995–2020. Abb. 2: Unbewusste Vorurteile Quelle: Sarah Cooper/Mentor Verlag Berlin Bildunterschrift: Die gleichen Aussagen von Frauen und Männern können unterschiedlich ausgelegt werden. Abb. 3: Infografik Geschlechterbalance in den Architekturbüros des BauNetz-Ranking Top 100 national Quelle: BauNetz-Ranking Top 100 national Januar 2021/Auswertung: Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA Bildunterschrift: Geschlechterbalance in den Architekturbüros des BauNetz-Ranking Top 100 national Abb. 4: Infografik Biografien von Architektinnen in der Wikipedia Quelle: Wikipedia Deutschland/Auswertung: Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA Bildunterschrift: Anteil weiblicher Biografien versus Architektinnenbiografien in der Wikipedia Deutschland 156

Abb. 5: Statement Susanne Gross Quelle: Claudia Dreyße Bildunterschrift: Statement von Susanne Gross zur Ausstellung „Frau Architekt“ in Nordrhein-Westfalen im November 2020 Abb. 6: Le Corbusier bringt die Wandgemälde in E.1027 an. Quelle: Fondation Le Corbusier/VG Bild-Kunst Bonn Bildunterschrift: Le Corbusier ließ sich nackt fotografieren, während er die Wandbilder in E.1027 anbrachte. Abb. 7: Infografik Professorinnen und Gastprofessorinnen in der Architektur 2005–2020 Quelle: Statistisches Bundesamt/Auswertung: Karin Hartmann/ Infografik: PAPINESKA Bildunterschrift: Professorinnen und Gastprofessorinnen in der Architektur 2005–2020 Abb. 8: Grundriss Haus Marlene Poelzig Quelle: Scan Bauwelt 1930, Nr. 34 Bildunterschrift: Grundriss des Hauses Marlene Poelzig im Berliner Westend Abb. 9: Urbanismo Feminista Quelle: María del Mar Muriel Bildunterschrift: Die Stadt der Fürsorge – La Ciudad Cuidadora Abb. 10: Ausschnitte aus der Oper am Times Square Quelle: Ka-Man Tse Bildunterschrift: Ausschnitte aus der Oper A Marvelous Order auf den digitalen Leinwänden am Times Square in New York City Abb. 11: Community Garden in Alphabet City, 2015 Quelle: Karin Hartmann Bildunterschrift: Community Garden in der Alphabet City an der Lower Eastside 157

Abb. 12: Jane-Jacobs-Weg und Janis-Joplin-Promenade Quelle: Karin Hartmann Bildunterschrift: Jane-Jacobs-Weg und Janis-Joplin-Promenade in der Seestadt Aspern in Wien Abb. 13: Reumannplatz Quelle: Karin Hartmann Bildunterschrift: Der gender-inklusiv gestaltete Reumannplatz in Wien Abb. 14: Infografik Frauen in den Fachmedien Architektur Quelle: Auswertung Karin Hartmann/Infografik: PAPINESKA Bildunterschrift: Darstellung von Frauen und Männern mit Anteil von Autorinnen in Architekturfachzeitschriften 2016 und 2021/22 Abb. 15: Poster zu den Parity Talks III, 2018 Quelle: Parity Group/Original Photo Courtesy OMA, Design by Völlm+Walthert Bildunterschrift: Poster zu den Parity Talks III, 2018 Abb. Umschlaginnenseite: Reumannplatz, Wien Quelle: Karin Hartmann Bildunterschrift: Reumannplatz in Wien, auch Reumädchenplatz genannt

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Impressum

© 2022 by jovis Verlag GmbH Das Copyright für die Texte liegt bei der Autorin. Das Copyright für die Abbildungen liegt bei den Fotograf:innen/Inhaber:innen der Bildrechte. Alle Rechte vorbehalten. Gestaltung und Satz: PAPINESKA, Monika Grobel-Jaroschewski Lithografie: Bild1Druck Lektorat: Dr. Nicole Mahne Übersetzung englischer Zitate: Uta Hasekamp Gedruckt in der Europäischen Union auf Munken Print Cream 300 g/m² und Munken Print White 115 g/m² Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. jovis Verlag GmbH Lützowstraße 33 10785 Berlin www.jovis.de jovis-Bücher sind weltweit im ausgewählten Buchhandel erhältlich. Informationen zu unserem Vertrieb erhalten Sie in Ihrer Buchhandlung oder unter www.jovis.de. ISBN 978-3-86859-698-4 (Softcover) ISBN 978-3-86859-967-1 (PDF) Gefördert durch:

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