163 110 20MB
German Pages 275 [276] Year 1854
SCHLEMM'S
Operations - Hebungen am Gadaver. Dargestellt und als Leitfaden für dieselben bearbeitet von
D r . . . digiti minimi 199 . phalangis 200 7. . femoris 201 8. _ pedis in tarso 202 a. Nach L a n g e n b e c k 202 I). Mit Seitenschritten nach W a l t h e r , R u s t . 203 9. Kxarticulatio hallucis 20,i 10. Kxarticulation der mittleren Zehen 207 11. Kxarticulatio digiti minimi aus dem Mittrlfussgelenk 207 C. V o n d e r R e s e c t i o e t E x s t i r p a t i o o s s i u n i . . . 20S 1. Resection der Knochenenden 209 a. D e s Oberarmkopfes 209 I). Am Ellenbogengelenk 210 c. A m Hüftgelenk 211 2. Resection der Diaphysen und Kxstirpation .211 a. Kxstirpation des Oberkiefers 212 b. Kxstirpationen am Unterkiefer 214
Anhang. Skizce der wichtigsten Augen-Operationen. A. O p e r a t i o c a t a r a c t a e B. D i e P u p i l l e n b i l d u n g C. O p e r a t i o n d e s s c h i e l e n d e n A u g e s
'216 254 259
Einleitung in das Studium und die Bearbeitung der operativen Chirurgie.
J o d e c h i r u r g i s c h e O p e r a t i o n ist ein H e i l m i t t e l gegen bestimmte Abnormitäten des Organismus. Diese Auffassung soll mit Recht der neueren Bearbeitung der operativen Chirurgie «um Grunde liegen. Sie gewährt dem Studium der einzelnen Operationen eine Keihe leitender Gesichtspunkte, von denen aus die Fülle des Materials leichter überblickt und bequem in einzelne Abschnitte gebracht werden kann. Wir wollen versuchen, diese Abschnitte, deren logische Reihenfolge durch den genannten allgemeinen Gedanken bestimmt wird, hier darzustellen. Obenan steht: 1. Der N a m e n einer jeden Operation. E r ist zumeist der operativen Technik entnommen und giebt deshalb im Allgemeinen d a s H a n d e l n z u e i n e m b e s t i m m t e n Z w e c k an (Amputatio mammae, Krstirpatio bulbi etc.). Einige Autoren begnügen sich nun nicht damit, diese in der Regel lateinischen Bezeichnungen noch in's gute Deutsch zu übertragen, sondern sie geben auch noch unter der folgenden Rubrik „Begriff der Operation" eine nähere D e f i n i t i o n , deren L ä n g e und Breite man es oft ansieht, wie schwer sie ihnen geworden, und die 1
Kinleitnng. als blosse U m s c h r e i b u n g o d e r U e b e r s e t z u n g überflüssig ist. Diese Manier datirt o f f e n b a r a u s e i n e r Zeit, w o es ein Verstoss gegen alle L o g i k und G e l e h r s a m k e i t gew e s e n w ä r e , wenn m a n einer A b h a n d l u n g ü b e r einen beliebigen Gegenstand nicht eine g e h ö r i g e Definition vorausgeschickt hätte. J e t z t n i m m t m a n w o h l mit R e c h t a n , dass entweder die A b h a n d l u n g die Definition überflüssig macht oder u m g e k e h r t , die Definition ist so erschöpfend, d a s s es einer w e i t e r e n A b h a n d l u n g nicht bedarf. N a c h dem N a m e n d e r O p e r a t i o n , d e r also d a s H a n deln zu einem bestimmten Z w e c k a n g i e b t , f r a g e n w i r sofort nach dem n ä h e r e n I n h a l t dieses Z w e c k e s , nach dem W e s h a l b ? Diesen I n h a l t b i l d e n : 2. D i e I n d i c a t i o n e u u n d C o n t r a i n d i c a t i o n e n , d . h . die A n g a b e der A b n o r m i t ä t e n , die den operativen Eingriff e n t w e d e r n o t h w e n d i g m a c h e n o d e r verbieten. D i e strengen G r a m m a t i k e r wollen, w e n n es sich um einf a c h e Aufzählung solcher A b n o r m i t ä t e n handelt, Jndicans und Contraindicans sagen und lassen die Indication und Contraindication als c o n c r e t e r e B e s t i m m u n g e n a u s der W ü r d i g u n g d e r individuellen V e r h ä l t n i s s e d e s O r g a n i s m u s sowie d e r Operation a l s v e r l e t z e n d e n P o t e n z hervorgehen. D a n a c h ist z. 15. ein e n t a r t e t e r I l o d e an und f ü r sich stets Indicans zu seiner E c t o m i e ; allein es k o m m t im concreten Fall die A u s d e h n u n g des U e b e l s , die C o n stitution des K r a n k e n , die G r ö s s e d e r V e r l e t z u n g etc. in B e t r a c h t , und a u s d e r W ü r d i g u n g dieser V c r h ä l n i s s e ergiebt sich die Indication o d e r die C o n t r a i n d i c a t i o n z u r O p e r a t i o n . W o l l t e man indess diesen U n t e r s c h i e d in d e r Bezeichnung streng d u r c h f ü h r e n , so w ü r d e man fast bei e d e r Operation s o w o h l I n d i c a n t i e n a l s I n d i c a t i o n e n haben und bei d e r A u f z ä h l u n g dennoch o f t mit d e r W a h l des N a m e n s in V e r l e g e n h e i t sein.
Einleitung.
3
Die Kenntniss dieser Abnormitäten nun lehrt ihrer Form' und Beschaffenheit nach die pathologische Ana* tnmie; in ihrem Ablauf als spezielle Krankheitsprozesse, sowie in ihrer Bedentsamkeit für den afficirten Organismus die spezielle P a t h o l o g i e oder näher C h i r u r g i e . Diese Kenntniss setzt die Akiurgie streng genommen ebenso voraus, als die Heilinittellehre sich nicht mit der Erörterung spezieller Krankheitsprozesse befasst. — Diesem Abschnitt folgt: 3. Die Betrachtung der verschiedenen O p e r a t i o n s M e t h o d e n , d. h. der verschiedenen "Weisen, wie der operative Zweck realisirt werden kann. Dieser Zweck bleibt zwar immer derselbe, die Methode indess, die Weise ihn za realisiren, kann immer verändert werden, und da diese Veränderung zumeist von der näheren Bestimmung desselben, den I n d i c a t i o n e n , abhängt, so lässt man die Methoden beim Studium und der Bearbeitung erst hier ihren Platz finden, während sie sonst auch den Indicationen voranstehen könnten. 4. Soll der wissenschaftliche Praktiker sich eine historische Uebersicht verschaffen a) über den Entwickelungsgang des Hauptzweckes der Operation und dessen der Zeit nach verschiedene Auffassung; b) über die M e t h o d e n , welche die Autoren zur Rcalisirung desselben im Laufe d e r Z e i t erfunden und geübt haben; c) über den I n s t r u m e n t e n a p p a r a t , wie nämlich derselbe bis zur gegenwärtigen Vollendung seinen w e s e n t l i c h e n Momenten nach entwickelt worden ist. Denn dieses historische "Wissen befähigt nicht blos zur klaren Uebersicht des Geleisteten überhaupt, sondern auch zur besseren Verwcrthung und Anwendung resp. Erweiterung und Verbesserung desselben im speziellen Fall. Allerdings ist es schwierig, die Geschichte einer SpezialWissenschaft, und nun hier gar einer speziellen Opera1*
4
Einleitung.
tion, so k u r z und doch wieder so ausführlich als nöthig darzustellen oder aufzufassen, so dass die einzelnen Entvvickelungsfäden sich durch die Gesammtwissenschaft hindurch in die Universalgeschichte verlieren. Immerhin aber bleibt dies die gedankenmässige Aufgabe eines fruchtbringenden Gescliichtsstudiunis, welches überall den historischen E n t w i c k l u n g s g a n g im Ganzen und Einzelnen zu begreifen und dabei zugleich diejenigen hervorragenden Persönlichkeiten, denen die Mission geworden, die T r ä g e r derselben zu sein, in dieser ihrer Aufgabe richtig aufzufassen sich bemüht. Damit meinen wir denn auch freilich nicht dasjenige geschichtliche Wissen, welches angeben kann, „dass C e l s u s die Operation kannte, A b u l c a s e m sie näher beschrieb und H e i s t e r sie wieder v e r w a r f " ; oder welches etwa die Erfinder aller T r e p a n - Kronen der Iteihe nach aufzählen und angeben k a n n , dass S c h m u c k e r , O h l e . H e l l , R u s t . gleich der Naht der vier Meister, eine Ligatur-Pincette construirt haben — mit solchem historischen Ballast hat man mit Recht längst Witz und Spott getrieben. Ebenso ist jene Zeit zum Glück anti«{iiirt, wo man sich hinter den Tisch setzte, um ein Instrument auszudenken, was zwar Niemand je anwendete, aber doch den Erlinder, wenn er es nur recht anfing, in die l'nsterbliclikeit hineinschmuggelte. Deshalb ist denn auch die Zahl der praktisch brauchbaren Instrumente sehr beschränkt worden. W i r haben uns gegen derartigen überflüssigen Ballast durch das Recht zu schützen, dass wir jetzt Jeden a u f s Gewissen fragen, welche berechtigte Idee seinen Angaben zu Grunde liege; ob er wirklich etwas Wesentliches zur Entwickelung und Vervollkommnung eines wichtigen Instruments beigetragen, oder ob er bei seinen Angaben etwa nur im Interesse oder Dienste seiner Eitelkeit oder, was ebenso häufig, seiner Ungeschicklich-
Einleitung.
5
keit construirte. Denn gerade die ungeschickten O p e r a teure geben die meisten Instrumente nn, weil sie in der Regel so eitel sind, dass sie stets die Schuld einer ungeschickt ausgeführten oder misslungenen Operation auf die Instrumente schieben; oder es ist ein passender Assistent vorhanden, der die Schuld auf sich nehmen muss. Sie sollten 'wissen, dass es nur die kunstgeübte H a n d des Operateurs ist, die die Operation machen soll, nicht da9 Instrument. Dies ist besonders auch an vielen neuen Instrumenten tadelnd hervorzuheben, welche den längst überwundenen I r r t h u m , dass j e d e s einzelne T h u n unserer H a n d möglichst auch in irgend einem Moment am Instrumente vertreten sei, vielfach wieder erkennen lassen. E b e n s o beschäftigt die jetzigen Instrumentenmacher viel zu sehr der durchaus unrichtige Gedanke, die Geschicklichkeit der Hand durch irgend ein Instrument oder durch eine Vorrichtung am Instrumente zu ersetzen — Bestrebungen, die niemals reelle und dauernde Resultate liefern können. — Nach dieser historischen Uebersicht lassen wir 5. Die t h e r a p e u t i s c h e W ü r d i g u n g der Operation folgen. Dieser Abschnitt hat die ganze Bedeutung und den Werth der Operation als Heilpotenz darzulegen. W i e deshalb bei jedem anderen Heilmittel die physikalisch-chemischen Eigenschaften, seine W i r k u n g im Allgemeinen und auf gesunde Individuen zunächst in Betracht kommen, und dann erst seine Wirkung als Heilpotenz gegen Krankheiten, so haben wir auch hier erst zu erwägen a) den operativen Eingriff an sich, d. h. den Grad und die Bedeutsamkeit der durch ihn gesetzten Verletzung. Bei Beurtheilung derselben steht obenan die anatomisch-physiologische Wichtigkeit der verletzten Gebilde, dann folgt die Grösse der Verwundung, ferner die Möglichkeit zu wichtigen Nebenverletzungen (söge-
G
Einleitung.
n a n n t e üble E r e i g n i s s e ) und endlich im individuellen F a l l die B e s c h a f f e n h e i t des G e s a m m t - O r g a n i s m u s . O p e r i r t e s t e r b e n plötzlich, oft w ä h r e n d d e r O p e r a t i o n e n t w e d e r an b e d e u t e n d e m B l u t v e r l u s t (dieser soll d e s h a l b in allen F ä l l e n möglichst g e r i n g s e i n ) , o d e r an L u f t e i n t r i t t in die V e n e n , b e s o n d e r s bei O p e r a t i o n e n a m I l a l s e ( w o d e r T o d nach Einigen vom H e r z e n , nach A n d e r e n vom H i r n a u s g e h e n soll), o d e r in F o l g e der C h l o r o f o r m - W i r k u n g ; o d e r es fehlt d e r objectiven A n s c h a u u n g oft gänzlich eine b e s t i m m t e Causa mortis, und m a n s p r i c h t dann vom h e f t i g e n E i n d r u c k der O p e r a t i o n auf's N e r v e n s y s t e m . — D a g e g e n sind a l s F o l g e z u s t i i n d c zu b e r ü c k s i c h t i g e n : N a c h blutung, bedeutende Entzündung, erschöpfende Eiternng, P h l e b i t i s , B r a n d , V e r j a u c h u n g , E r s c h ö p f u n g . — Hierauf f o l g t b ) die W ü r d i g u n g der O p e r a t i o n als H e i l p o t e n z g e g e n die indicirenden K r a n k h e i t s z u s t ä n d e , und z w a r s o w o h l im Allgemeinen als iin speziellen F a l l . W a s nützt sie g e g e n K r e b s , F i b r o i d , P o l y p , H y d r o p s ascites etc.? w a s d a g e g e n in diesem speziellen F a l l ? W i r stehen, wie m i t diesem ganzen A b s c h n i t t , so b e s o n d e r s bei B e u r t h e i l u n g dieser speziellen P r o z e s s e im individuellen F a l l e im C e n t r u m d e r p r a k t i s c h e n M e d i c i n , von w o a u s die R a d i e n sich bis zu den fernsten P e r i p h e r i e p u n k t e n d e r W i s s e n s c h a f t und d e r E r f a h r u n g e r s t r e c k e n und d e r O p e r a t e u r sich zugleich als t ü c h t i g e r A r z t b e w ä h r e n soll. — D a b e i darf d a n n auch nicht a u s s e r A c h t bleiben c) d a s V e r h ä l t n i s s der O p e r a t i o n zu den ü b r i g e n H e i l p o t e n z e n , die ebenfalls gegen die j e d e s m a l i g e n I n d i c a t i o n c n in A n w e n d u n g k o m m e n , so d a s s diese nicht i m m e r blos als ultimum refugium a n g e s e h e n w i r d , w e n n j e n e alle vergeblich a n g e w e n d e t sind. I m G e g e n t h e i l , es m u s s d e r richtige Z e i t p u n k t d e r O p e r a t i o n den übrig e n H e i l m i t t e l n g e g e n ü b e r f e s t g e s e t z t w e r d e n . Man m u s s s t e t s g e n a u w i s s e n , w a n n o p e r i r t w e r d e n mus9. D a n n
Einleitung.
7
folgt d) die Kritik der Methoden und die richtige Ausw a h l der einen oder andern für den speziellen Fall. (Man k a n n eine Geschwulst abschneiden, abbinden c t c . , eine H ö h l e mittelst Messer, T r o k a r t eröffnen.) F e r n e r lässt j e d e Weise verschiedene Variationen in sich zu ( V a r i a n t e n d e r einzelnen Acte). W a s so eben über die Beurtheilung d e r Bedeutsamkeit der Operation im Allgemeinen g e s a g t ist, gilt auch h i e r ; ausserdem k o m m t bei der W a h l d e r Methode noch die E r f a h r u n g und vielfach auch die I n dividualität des O p e r a t e u r s in B e t r a c h t , w ä h r e n d von d e r f r ü h e r e n dreifachen A n f o r d e r u n g : tuto, cito et jueunde, n u r nocli die erste eigentlich übrig geblieben i s t Mit d e r Methode hängt eng zusammen e) die Kritik und A u s w a h l des I n s t r u m e n t e n - A p p a r a t s . W i e der Finger des Chirurgen i m m e r seine beste S o n d e ist, so ist die H a n d sein kunstvollstes W e r k z e u g , welches eine vollendete Mechanik enthält. Von d e n sie unterstützenden W e r k z e u g e n sagt mit R e c h t der u n s t e r b liche Meister: „diejenigen sind die besten, w e l c h e die einfachsten sind" (conf. sub 4.). — J e t z t f o l g t : G. D i e A u s f ü h r u n g d e r O p e r a t i o n . D a z u geh ö r t : a) Rücksicht auf die Aussenverhnltnisse (Localität, Beleuchtung, T e m p e r a t u r ) ; b) g e o r d n e t e r O p e r a t i o n s b e d a r f ; c) Assistenten (cf. S. 11); d) die L a g e r u n g des K r a n k e n ; e) Stellung des Operateurs, u n d endlich folgt die zur besseren Uebersicht in der Regel in einzelne A c t e abgetheilte A u s f ü h r u n g nebst der Berücksichtigung der Übeln Ereignisse bis zum Verbände und der dann beginnenden Nachbehandlung. F ü r die A u s f ü h r u n g a b e r ist ein sorgsames Studium und Aneignung der T e c h n i k als d e s Hauptheils dieser Disciplin n ö t h i g ; j a diese m a c h t hauptsächlich mit die Akiurgie zur speziellen chirurgischen Disciplin. D i e Bedeutung der T e c h n i k ist a b e r überall die, dass der Geist frei schaltet und waltet mit
8
Einleitung.
dem Material, in dem und durch das er sich verwirklichen soll und will. Und deshalb ist die freie Beherrschung der Technik auch hier Conditio »hie qua ncm. Die Hand des Operateurs soll gleichsam unbewusst und unbestimmt den Intentionen seines Geistes folgen; wie er gebeut, so steht's da, und siehe da, es ist sehr gut. Immerhin gehört dazu, wie zu jeder künstlerischen Produktion, eine gewisse natürliche Befähigung. Wie sehr man deshalb auch von der Wahrheit überzeugt sein mag, dass der energische Geist überall die seine Verwirklichung hemmenden natürlichen Schranken durchbricht, so muss man doch zugeben, dass es allerdings Persönlichkeiten giebt, die so aller manuellen Geschicklichkeit baar sind, dass sie sich, wie D i e f f e n b a c h mir einmal sagte, nicht ein Stück Fleisch vom Knochen abschneiden, geschweige denn eine Operation mit Kunst und Geschick ausfuhren können. Uie Zahl derselben ist aber in der That gering. Nach meinen Erfahrungen beträgt sie 2%. Ueber solche Naturen vermag selbst die LehrerRuhe und unermüdliche Ausdauer eines S c h l e m m nichts, und sie sollten zweckmässiger Weise überhaupt von der Medicin fern bleiben. Damit soll aber auch andererseits nicht gesagt sein, dass die Zahl der sogenannten geborenen Operateure so gross ist, sondern wir haben nur auf die zwischen diesen beiden Extremen liegende grosse Mitte hinweisen wollen, aus denen sich bei entsprechendem Fleiss, Unterricht und gehöriger Anleitung die Zahl der ganz tüchtig operirenden Chirurgen immer noch vergrössern lassen dürfte. Ueber den auch hier in Betracht kommenden Unterricht habe ich mich ausführlich in meinen „Prolegomena zur rationellen Diagnostik und Semiotik für Kliniker und Klinicisten" ausgesprochen, in Bezug auf dessen Mängel ich auf das dort darüber Gesagte verweise. Ebenso will ich hier auch nicht auf die
Einleitung.
9
ganze Reihe der körperlichen und geistigen Qualitäten eingehen, welche die Handbücher als nothwendige Bedingungen für einen Operateur aufzählen, sondern nur diejenigen Forderungen hervorheben, die jeder operirende Chirurg erfüllen kann, aber auch erfüllen muss. Obenan stehen: 1) genaue topographisch-anatomische und physiologische Kenntnisse; denn die Chirurgie ist zum grössten Theil „Anatomie am lebenden Körper", und die dazu nöthigen Secirübungen gewähren schon eine ganz vorzügliche Gelegenheit zur geschickten, feinen Messerfuhrung; 2) möglichst genaue Diagnose und Kenntniss des Verlaufes der in Betracht kommenden Krankheitsprozesse; 3) endlich genaues Verständnis* der einzelnen Methoden, die bis zur möglichst grössten Vollendung wieder und wieder am Cadaver eingeübt werden müssen. Indess diese Uobungen genügen nicht, zumal da sie gewöhnlich nicht häufig genug angestellt werden können. Der junge Chirurg muss sich ausserdem für sich in der ruhigen, leichten und gewandten Haltung und Führung des Messers üben, ja seine Hand, wenn es sein muss, durch verschiedene technische Beschäftigungen (Papparbeit, Sägen, Drechseln, Meissein etc.) geschickt machen und sich, wenn es irgend angeht, eine möglichst grosse Fertigkeit im freien Handzeichnen aneignen. Denn in all' seinem Thun und Handeln muss sich eine gewisse Grazie bekunden, deren Bedeutung wir in dem Grundsatz aussprechen können, dass das s c h ö n erscheinende Handeln auch einen s c h ö n e n E r f o l g hat. Dies gilt nicht vom Operireii allein, sondern auch von der Application der meisten chirurgischen Heilmittel. Denn bei der Materia chirurgica kommt hauptsächlich die Hand des Chirurgen als das Applicirende in Betracht. Von ihrer Geschicklichkeit hängt mit der Erfolg der Mittel ab. Es versteht sich freilich, dass diese Geschicklichkeit nicht in Coquet-
10 terie,
Einleitung. diese
Bewegungen
ausarten dürfen,
wie
nicht
man
mitunter v o n eitlen N a t u r e n
in
derartige
Tanzmei9tersprünge Kunststücke
ausführen
sieht,
die
wohl nicht
w e n i g s t o l z a u f i h r e v e r m e i n t e feine G e w a n d t h e i t sind. — A n d e r e r s e i t s a b e r ist nicht z u v e r g e s s e n ,
d a s s , w i e der
t ü c h t i g e S o l d a t nur in d e r S c h l a c h t z u m F e l d h e r r n w i r d , a u c h d e r O p e r a t e u r n u r in d e r b l u t i g e n A r b e i t und d u r c h sie seine letzte A u s b i l d u n g erhält.
Allein jeder charakter-
v o l l e und g e w i s s e n h a f t e A r z t w i r d , w i e ü b e r a l l ,
so be-
s o n d e r s a u c h an d i e s e A r b e i t nur dann g e h e n , w e n n er s i c h e r ist, d a s s d i e l e i d e n d e M e n s c h h e i t k e i n h o h e s , ihm s c h w e r w i e g e n d e s L e h r g e l d f ü r ihn b e z a h l e n
braucht.
Die Assistenz bei den Operationen.
A i s gewissenhafter Assistent muss jeder Chirurg sich stets verantwortlich für den Erfolg der Operation halten. Er soll deshalb vorher mitrathen und nachher mitthaten. Ausserdem aber muss jeder Operateur immer genau wissen, wie und wo seine Assistenten thütig sein sollen; ja er muss sie darin zu unterrichten und sie überhaupt richtig „anzustellen" wissen, weil namentlich der junge Operateur nicht selten hier des kundigen Fachgenossen entbehren und häufig mit Heildienern und Wärtern sich zurechthelfen muss. Andererseits kann einem jungen Chirurgen ein häufiges und aufmerksames Assistiren nicht dringend genug empfohlen werden. Schon bei den Uebungen an der Leiche erwachsen daraus wesentliche Vortheile, weil der Assistent dem Handeln in seinen zahlreichen Einzelheiten fortgehend controlirend folgen muss. Deshalb erkennt man auch oft schon früh an dem unermüdlichen Eifer, mit dem der Eine oder Andere die Assistenz übernimmt, den sorgfältigen Chirurgen, den eigentlichen Operateur. Wer nachlässig und unaufmerksam dem operativen Handeln in seinen mannigfachen Einzelheiten und Kleinigkeiten zusieht, oder letztere als überflüssig, sich
12
Assistenz bei den Operationen.
von selbst verstehend betrachtet, der wird es hier zu nichts Erheblichem bringen. „ E s ist gar schwer, sich zu bilden!" sagte einmal D i e f f e n b a c h . E r musste das tief empfunden haben, obgleich er vom Genius die Weihe zu echt künstlerischer Production erhalten hatte. — Ausführlich hat Z e i s über die Assistenz bei chirurgischen Operationen geschrieben. W i r geben hier das Wichtigste über diesen Gegenstand in folgenden Abschnitten. 1. Der Assistent muss jedesmal den Operationsplan vom Operateur erfahren. Als College muss er von dem vorliegenden Fall Kenntniss nehmen und mit der Operation einverstanden sein. E r muss die einzelnen Ilülfsleistungen wissen, die ihm und Anderen, wenn solche nöthig sind, zuertheilt werden sollen, und vom Instrumenten-App.irat, sowie von der Reihenfolge des Gebrauchs der einzelnen Werkzeuge unterrichtet sein. 2. Oft muss der Operateur dem Assistenten das äussere Arrangement übertragen. Derselbe hat dann für gute Waschschwämme zu sorgen, und findet er sie in der W o h n u n g des Kranken unsauber oder hart und zu anderen Zwecken benutzt, so sind neue zu besorgen, welche gut ausgeklopft und durch längeres Liegen in warmem Wasser passend gemacht werden. Ausserdem darf es an hinlänglicher C h a r p i e aus alter aber rein gewaschener Leinwand, an der nicht Krankheitsstoffe haften, an H a n d t ü c h e r n , gut klebendem H e f t p f l a s t e r , S c h a l e n und G e f ä s s e n mit warmem und kaltem Wasser, einem Z o b e r zur Aufnahme des schmutzigen Wassers nicht fehlen. 3. Nicht selten muss der Assistent vorher die W o h nung und Umgebung des K r a n k e n inspiciren, ob nicht ein zu enges, düsteres Zimmer die Ausführung der Operation überhaupt unmöglich macht. Freilich findet man in der W o h n u n g des Mittelstandes kein geräumiges
Assistenz bei den Operationen.
13
Operationszimmer angewiesen, und noch weniger in der Hütte des Landmannes; allein es muss doch so viel Raum sein, um sich so zu sagen kehren und wenden zu können. E s muss dann das Zusammenstellen oder Fortschaffen dieser oder jener Möbel angeordnet werden; auch die Temperaturbestimmung, besonders im Winter (12 —15°), darf nicht unterbleiben. 4. Dann ist auf die Lagerung des Kranken Bedacht zu nehmen. Er soll entweder sitzen (am besten in einem Lehnstuhl, den man nur mitunter zu niedrig oder zu hochlehnig, nach der Person des Operateurs oder der Operation abgeschätzt, vorfindet, dann aber durch Unterlegen fester Kissen passend einrichten kann), oder er soll liegen. In letzterem Falle muss häufig das Bett des Kranken benutzt werden, und dann ist es gut, z. B. bei Bruchoperationen, es mitten in's Zimmer und mit Kopfund Fussende auf kräftige Stühle zu stellen, und ausserdem sich nach einer Matratze, einem Polster oder Strolisack als Unterlage für den Kranken umzusehen uud in Verbindung mit einem Betttuch in Bereitschaft zu setzen. Oder es findet sich ein starker, nicht zu breiter Tisch, auf welchem der Kranke auf einer passenden Unterlage und mit hinlänglicher Unterstützung des Kopfes durch Kissen etc., nachdem über das Ganze ein Betttuch gedeckt ist, gelagert werden kann. Ausserdem muss ein längerer grösserer Tisch oder mehrere kleine für Wasserbecken, Handtücher, Instrumente zurecht gestellt werden. Dergleichen Vorbereitungen sind dann etwas schwer zu treffen, wenn dem Kranken Tag und Zeit der Operation noch verborgen bleiben soll. 5. Damit der Fussboden nicht zu sehr mit Blut begehmutzt werde, lasse man dick Sand oder Sägespäne streuen, um gleich nachher das Scheuern zur Entfernung des widerlichen Anblicks zu verhindern, zumal wenn der
14
Assistenz bei den Operationen.
Operirte in demselben Zimmer bleibt. Ueberhaupt lassen Blutflecke sich etwas schwer entfernen. Die damit verunreinigte Wäsche lässt mau sofort einweichen; a u s wollenen Stoffen reibt man sie nach dem vollständigen Getrocknetsein am besten aus. 6. Muss eine Operation Abends ausgeführt werden, so ist f ü r eine hinlängliche Zahl Kerzen zu sorgen, welche in Form von Wachsstöcken zu brauchen oder noch besser als Wachslichte auf niedrigen Leuchtern festgesteckt werden müssen. D a s Licht darf weder zu nah noch zu fern, auch nicht schief gehalten werden (wegen des Abtröpfelns), und immer s o , dass man das zu Beleuchtende auch übersehen kann. 7. Die Erquickungsmittel: frisches W a s s e r in Glas und Flasche, guter Weinessig, Wein oder Branntwein, etwas Zucker, ein Theclöffel, Salmiakgeist, müssen zurecht gestellt werden. 8. D a s Bett, welches den Operirten aufnehmen soll, muss mit Rücksicht auf seine Gewohnheit und Bequemlichkeit, sowie mit Rücksicht auf die Lagerung des operirten Tlieils, der etwas hoch oder niedrig liegen soll (was durch Spreukissen, die mit Wachstuch überdeckt werden, zu reguliren ist), vorher angeordnet werden. Diese Wachstuch-Unterlagen sind besonders dann nöthig, wenn durch nachfolgende kalte Umschläge oder später durch Abfluss von Se- oder E x c r e t e n eine Durchnässung stattfinden würde. F ü r die Extremitäten darf eine Reifbahre nicht fehlen. 9. Hauptsächlich muss der Assistent pünktlich zur festgesetzten Zeit erscheinen. Nichts ist so beunruhigend und verwirrend, nichts so peinlich aufregend, als wegen eines sich verspätenden Assistenten die Operation aufschieben zu müssen, abgesehen von der unverantwortlichen F o l t e r , welcher der K r a n k e ausgesetzt wird. —
Assistenz bei den Operationen.
15
D e r Assistent muss sogar etwas vorher erscheinen, wenn er e t w a bereits getroffene Anordnungen in ihrer Ausführung zu prüfen, oder die kurz vor der Operation erst nöthigen noch auszufuhren hat. Dahin gehört die Ausbreitung der Instrumente auf einem und der VerbandStücke auf einem anderen T i s c h e , von denen natürlich neugierige Hände fern zu halten sind, und die den Blicken des K r a n k e n und der Umgebung durch Bedeckung entzogen werden müssen, nur dass später beim Abnehmen derselben keine Verwirrung entstehen darf. E b e n s o hat er kurz vorher oft erst die Ligaturfäden zu bereiten (aus drellirter rother oder ungebleichter Seide — einfach oder doppelt, selbst drei- bis vierfach — '/< bis 1 E l l e lang — mit W a c h s bestrichen — zum T h e i l vorher schon in Heftnadeln gefädelt), die Baumwollenfäden zur umschlungenen Naht, das Chloroform ( 3 j — i j ) in einer starken, mit einem guten Glasstöpsel verschlossenen F l a s c h e , nebst dazu gehöriger zwei Hände breiter und vier- bis sechsfacher Leinwand-Compresse. 10. Kurz vor der Operation müssen stets alle beengenden Kleidungsstücke ( H a l s t u c h , Strumpfbänder, Schnürleiber etc.) abgelegt, die in B e t r a c h t kommenden T h e i l e entsprechend entblösst und durch Unterschieben von Tüchern gegen hcrublliessendes B l u t geschützt werden. Auch des Abrasirens der H a a r e , des Reinigens eines T h e i l s besonders von Salben und Pflastern hat sich kein Assistent zu schämen. Denn es muss bemerkt werden, das§ fortan die zu solchen Geschäften gebrauchten Chirurgen zweiter Klasse nicht mehr ausgebildet werden, und ausserdem darf dem Arzt und Operateur das ganze Geschäft der an Stelle der genannten Chirurgen tretenden Heildiener und Krankenwärter nicht nur nicht unbekannt sein, sondern es wäre mehr denn wünschensw e r t h , dass er dasselbe mehr praktisch erlernte, als es
16
Assistenz bei den Operationen.
bis jetzt noch immer geschieht. D e n n die richtige Anleitung und Beurtheilung eines K r a n k e n w ä r t e r s und dessen B e f ä h i g u n g und Geschicklichkeit bringt d e m K r a n k e n oft unermcsslichen Gewinn. W a s helfen alle Verordnung e n , w e n n sie schlecht ausgeführt w e r d e n , w a s nützt alles K ö n n e n und Wissen, wenn Nachlässigkeit und Ungeschicklichkeit in der Pflege des K r a n k e n unsere erfolgreichsten Bestrebungen immer wieder vereiteln! — A u s s e r d e m kann nur d e r Arzt sich das volle und ganze V e r t r a u e n seines K r a n k e n verschaffen, der A l l e s , was mit demselben geschehen soll, genau und vollständig anzugeben und zu controliren w e i s s , in k e i n e r W e i s e der W i l l k ü r o d e r dem Eigenwillen und G u t d ü n k e n der U m g e b u n g R a u m lässt, dessen Verordnungen also nicht im I l e c e p t erschöpft sind. 11. W ä h r e n d der Operation muss sich der Assistent r u h i g e n Gleichmuth bewahren und sein Mitgefühl in S c h r a n k e n halten; andererseits aber auch w e d e r durch Leichtsinn, noch Trivialität oder wohl gar R o h h e i t den E r n s t d e r H a n d l u n g entweihen. W o h l sollen Kühnheit und U n e r s c h r o c k e n h e i t iin Handeln die Attribute des C h i r u r g e n s e i n ; aber es spiegele sich nu beiden ein durch ernste Arbeit gewonnenes grosses Wissen und das volle Selbstbewusstsein eines vollendeten Könnens. Auf seiner ganzen Persönlichkeit ruhe Besonnenheit und stiller E r n s t , j e d e Aengstlichkeit und Z a g h a f t i g k e i t sei nied e r g e k ä m p f t und die echte Humanität habe f ü r die durch L e i d u n d Missgcschick gebeugte Menschheit ihren aufr i c h t e n d e n , herzerfrischenden Z a u b e r ausgebreitet. Aut diese W e i s e sind die von Alters her verlangten Qualitäten d e s Chirurgen zu verstehen: L u c h s a u g e n (grosses W i s sen), J u n g f e r n h ä n d e (feines K ö n n e n ) und ein L ö w e n h e r z , wenn er operirt — und doch ist keines liebevoller und voll zarteren Mitgefühls vorher und nachher.
Assistenz bei den Operationen.
17
12. D e r mit dem Chloroformiren betraute Assistent vollfuhrt dasselbe in folgender Weise: E r giesst zuerst Vi—1 Theelöffel voll Chloroform auf die genannte Compressc and hält sie dem Kranken so über die N a s e und gardinenartig über den Mund herab, dass die Augen frei bleiben und der K r a n k e noch zeitweis etwas L u f t daneben athmen k a n n ; denn das langsame Herbeifuhren der N a r k o s e ist als besonders zweckmässig erkannt. E r steht dabei hinter dem K o p f des Kranken, um denselben bei eintretender Unruhe gegen seine Brust zu iixiren, und hat den Kranken besonders im Anfang durch liebevollen Zuspruch zum ruhigen Einathmen anzuleiten. B e i Kindern und Ungebärigen muss freilich von vorn herein mit einem gewissen Zwang verfahren werden. D e r K r a n k e soll durch das Chloroform in einen ruhigen, tiefen Schlaf versetzt werden, der sich durch eine schnarchende R e s p i ration, durch einen ruhigen, anfanglich beschleunigten, später etwas verlangsamten Puls und durch den vollstündig paralytischen Zustand der Glieder (der aufgehobene Arm fällt wie todt nieder) andeutet. Wird die Respiration ängstlich, aussetzend, färbt sich des Kranken Gesicht bläulich, wird der Puls klein, sehr langsam, aussetzend oder klein und sehr beschleunigt, bekommt d a s abfliessende Blut eine dunklere venöse Färbung, so ist Gefahr für den Kranken vorhanden. Hierauf hat der Assistent stets zu achten, zumal da im Verlauf der Operation die Aufmerksamkeit des Operateurs so abgelenkt sein kann, dass er es vergisst, dem Chloroformiren M a a s s und Ziel zu setzen. Gewöhnlich überwacht der Operateur anfänglich die eintretende N a r k o s e und beginnt die Operation, sobald der K r a n k e auf Anrufen oder milde Rei^e nicht mehr reagirt, oder der von Zeit zu Zeit aufgehobene Arm in der genannten Weise herabfällt. Der Assistent steht dann vom ferneren Chloro2
18
Assistenz bei den Operationen.
formiren ab, schützt und unterstützt den Kopf des K r a n k e n und wiederholt d a s s e l b e , w o z u e r sich die F l a s c h e zur H a n d h ä l t , w i e d e r e n t w e d e r nach ergangener A u f f o r d e r u n g von Seiten des O p e r a t e u r s oder wenn der K r a n k e durch unruhige B e w e g u n g e n etc. seine wiedererhaltene Epfindung bekundet. Bei eintretender Gefahr müssen sofort Riechmittel in F o r m des Salmiakgeistes, B e s p r e n g e n des Gesichts mit k a l t e m W a s s e r und VYiederabtrocknen desselben unter L u f t a n b l a s e n , Begiessungen des Kopfes, selbst künstliche Respiration, d. h. Lufteinblasen und W i e d e r e n t l e e r u n g derselben durch H e r a b d r ü c k e n der R i p p e n und H i n a u f d r ü c k e n des Zwerchfells von der H e r z g r u b e aus, R e i b e n , Bürsten der Fusssohlen, des K ö r p e r s , auch Galvanismus angewendet werden, und sobald das Schlucken möglich, giebt mau einen Esslöflfel W e i n oder Brantwein. B e m e r k e n w i r noch, dass bei allen Hirn-, H e r z - und entzündlichen Lungenleiden d a s Chloroforniiren contraindicirt ist. 13. D a s Darreichen der Instrumente muss stets mit R u h e , und wenn auch schnell, so doch nie mit H a s t o d e r überstürzender Eile geschehen. Letztere veranlasst oft, dass statt einer Scheere ein Messer etc. gereicht wird. D e r O p e r a t e u r verlangt sie in einem kurzen, k o m m n n direnden T o n und darf nicht lange darauf warten brauchen; j a er wird es gern s e h e n , wenn der Assistent seinem Willen schon z u v o r g e k o m m e n und bereits in der H a n d h ä l t , w a s er wünscht. D a n n m u s s j e d e s I n s t r u m e n t i m m e r so z u g e r e i c h t w e r d e n , d a s s d e r O p e r a t e u r , o h n e h i n s e h e n zu b r a u c h e n u n d ohne sich zu verletzen, e s s o f o r t r i c h t i g f a s s t ; a l s o d a s M e s s e r , die S ä g e , d i e P i n c e t t e mit dem G r i f f dem O p e r a t e u r zu, die S c h e e r e mit den R i n g e n , die N a d e l mit dem K n o p f - oder Oehrende. Der Assistent braucht darum nicht das Instrument so zuzn-
Assistenz bei den Operationen.
19
reichen, dass es beim Abnehmet! ihn selbst verletzt. E r fasst das Messer deshalb immer am Griff nahe der Klinge so zwischen Damnen und den drei ersten Fingern, d a s s die S c h e i d e d a b e i s e i n e r H o h l h a n d a b g e k e h r t i s t , und in g l e i c h e r w e i s e nimmt die andere Hand, die stets frei sein muss, ein gebrauchtes Instrument wieder a b , ohne sich und Andere nachträglich damit zu verletzen. 14. Das Beinhalten der Operationswunde von Blut, damit der Operateur die vorliegenden Theile richtig beurtheilen könne, geschieht theils dadurch, dass der Assistent ein kleines blutendes Gefass sofort mit einem Finger zudrückt, theils durch Betupfen mit einem stark ausgedrückten, reineii Schwamm. Ein mildes Aufdrücken und dann schnelles Entfernen desselben ist besonders dann nothwendig, wenn der Operateur ein blutendes Gefäss aufsucht. Seine Aufforderung besteht in dem einfachen „Abtupfen" oder „Schwamm". Tiefere Wunden müssen oft zu diesem Zwecke ausgespritzt werden. — Bemerken wir noch, dass zum Abwaschen des Blutes die Schwämme etwas feuchter gehalten werden müssen, wenn auch nicht so voll W a s s e r , dass beim Andrücken es dem Kranken am Leibe herabläuft/ Das hierzu benutzte Wasser darf weder zu warm noch zu kalt sein und wird in einer Schale bereit gehalten, welche nur zur Hälfte gefüllt sein muss, damit kein Verschütten stattfindet. 15. Das Fassen und Halten geschieht vom Assistenten bald mit den Fingern und Händen (das Halten einer Hautfalte beim Einschneiden, das sanfte Aneinanderdrängen von Wundrändern bei deren Vereinigung), bald mit stumpfen oder scharfen Haken (die Wundhaken zum Auseinanderhalten einer Wunde, das Fixiren einer Geschwulst mit einem scharfen Haken), oder es wird ihm 2*
20
Assistenz bei den Operationen.
eine Zange, eine Sonde zum ruhigen Halten übergeben. Eine ruhige, sichere Hand, die weder grob zupackt noch zu zart hält, p.o dass daa Gefasste entschlüpft, ist erforderlich. Dies ist besonders nothwendig, wenn ihm bei einer Gefassligatur die Pincette oder das Tenaculum mit dem Gefäss übergeben wird, oder wenn er die Ligatur selbst ausfuhren muss. Man ergreift dann das Gefass möglichst isolirt mit der Pincette oder hakt es mit dem Tenaculum an. Mitunter blutet ein Convolut kleiner Gefässe, die man dann mit einer gemeinschaftlichen Ligatur umgiebt. Oder es quillt aus einem etwas zurückgetretenen Gefäss das Blut hervor, man kann das Lnmen desselben nicht gleich erblicken: man tupft mit einem trocken ausgedrückten Schwamm darauf und merkt dann auf einen gelblichen Punkt — das Gefässlumen — aus welchem das Blut sofort wieder hervordringt. Das Herumlegen der Ligatur geschieht so, dass man entfernt von der Wunde unter die Hand des Operateurs den Grund der Ligatur legt und durch Anziehen beider Enden zum Gefäss führt. Darauf schürzt man einen einfachen oder besser chirurgischen Knoten (man schlingt ein Fadenende statt e i n - — z w e i m a l um das andere herum), zieht ihn etwas an und schliesst ihn dann vollständig, indem man je ein Fadenende so in die volle Hand nimmt, dass es zwischen Daumen und Zeigefinger nach oben und über den Rücken der Hand hängt. Beim Schliessen sieht man darauf, dass die Ligatur r u n d um das Gefäss fällt, und fixirt das Gefass und die Ligatur auf demselben durch die beiden ausgestreckten Zeigefinger. Man darf weder zu fest zuziehen, weil dann die Ligatur durchschneidet, noch den Knoten zu locker schliessen, weil sonst die Ligatur abgleiten würde. Ferner kann dann ein gewandter Assistent beim Anlegen des Verbandes seine Geschicklichkeit bekunden.
Assistenz bei den Operationen.
21
Bald soll er einen Theil mit der vollen Hand umfassen und hier den einen, dort den andern Finger aufheben, utn einen Heftpflasterstreifen anlegen zu lassen und durch Wiederauflegen des Fingers zu fixiren; bald muss er einer Bindeutour Platz machen, eine Compresse, einen Bausch Charpie mit dem Finger andrücken etc. 16. Die Uebertragung des Kranken in sein Bett findet statt, nachdem derselbe sorgfältig gereinigt und, wenn eine Durchnässung oder Verunreinigung stattgefunden hat, umgekleidet worden ist. Die Reinigung, das Umkleiden, welches bei kranken Gliedern immer so geschieht, dass man sie zuerst an-, aber zuletzt entkleidet, die Lagerung ist wieder Sache des Assistenten, wenngleich letztere gewöhnlich vom Operateur mit besorgt wird, zumal wenn eine bedeutende Operation, z. B. an den Extremitäten, ausgeführt ist, wo der Operateur beim Uebertrageu in's Bett das operirte Glied zu halten und zu tragen pflegt. Durch derartige zarte Sorgfalt und Rücksicht übt der Operateur zugleich einen beruhigenden, wohlthuenden Einfluss auf das Gemüth des Kranken, und derartige geistige Erfrischungen verfehlen selten ihre günstige Wirkung. 17. Die Reinigung der Instrumente überlässt der Operateur immer nur einem zuverlässigen Assistenten, weil von sorglosen Händen nur zu leicht Nässe, Blut übergangen wird und hinterher Rostflecke entstehen, oder sonst durch Herum- oder Niederwerfen daran ruinirt wird. Denn an seinen Instrumenten muss der Operateur hängen mit jener Liebe und Verehrung, die als letzten Grund das Bewusstsein haben, dass dieselben nur im Dienst der leidenden Menschheit gehandhabt werden dürfen und durch denselben eine gewisse Weihe erhalten. Mit keinem anderen Bewusstsein soll und darf er sie j e ergreifen, mit keiner anderen Ueber-
22
Assistenz bei den Operationen.
zeugung sie je aus der Hand legen. — Man muss jedes Instrument einzeln reinigen, indem man es in verschlagenes Wasser taucht, mit einem leinenen Tuch abreibt und mit einem feinen Waschleder nachputzt. Alle Instrumente werden darauf in ihre Kästchen verpackt, diese sofort verschlossen, zumal wenn sie erst später transportirt werden sollen. Endlich hat der Assistent auch für die passende Verpackung der etwa näher zu untersuchenden pathol. Befunde zu sorgen. 18. Bei schweren Fällen übernimmt der Assistent endlich wohl mit die Ueberwachung des Kranken innerhalb der ersten 12 bis 24 Stunden. Hier sind es hauptsächlich die Nachblutungen. Nervenzufälle etc., welche sorgfältig beachtet werden müssen. Ausserdem sieht sich der Operateur auch selbst von Zeit zu Zeit nach dem Kranken um, und hinterlässt gewöhnlich noch, wo er bei eintretender Gefahr sicher anzutreffen ist.
I. liaj)i(ef. Operationen, welche an verschiedenen Theilen des Körpers vorkommen. A. Von der blutigen Naht Sutura vulnerum cruenta.
B e i der Wunden-Vereinigung müssen die gleichartigen anatomischen Gebilde in unmittelbare Berührung gebracht und dauernd darin erhalten werden. Dies erreichen wir ausser durch Heftpflaster, Binden, Collodium, Serres fines (kleine, von V i dal angegebene Klammern, welche die Wundränder statt der Hefte zusammenhalten sollen, und die sich besonders zur sofortigen Vereinigung frischer Dammrisse empfehlen), durch Anwendung der Hefte — blutige Naht, weil beim Nähen oft Blut iiiesst? — Dieselbe wird überall angewendet, wo prima intentw beabsichtigt wird, eine feine Narbe erzielt werden soll und die übrigen Mittel nicht ausreichend oder der Oertlichkeit wegen nicht anwendbar sind. Hierher gehören alle Wunden, wo V e r e i n i g u n g e i n z i g e I n d i c a t i o n ist und die besonders vorkommen: 1) in der Haut mit unterliegendem Hautmuskel, z. B. am Halse, an den Lippen etc.; 2) im Gesicht; 3) an Theilen, die durch natürliche Functionen bedeutenden Bewegungen ausgesetzt sind, wodurch eine
24
Knopf- oder unterbrochene Naht. Zerrung und D e h n u n g der W u n d e herbeigeführt wird, z. B. am Bauche etc.; 4) an Theilen, wo Unebenheiten das Anlegen von H e f t pflasterstreifen erschweren oder hindern, z. B. an der Nase, Ohren, Genitalien etc.; 5) an Theilen, w o durch Abfluss natürlicher Se- und E x c r e t a oder durch H a a r w u c h s die Heftpflaster losgestossen würden. Die P r a x i s , bei "Wunden der Kopfschwarte die Hefte zu vermeiden, weil durch sie die mitunter folgende erysipalatöse E n t z ü n d u n g bedingt sein soll, ist als irrthümlich verlassen. Man wendet auch hier die K n o p f n a h t mit dem besten E r folg an, und nach Exstirpation von Telangiectasien muss die umschlungene N a h t zur Blutstillung so schnell als möglich angelegt w e r d e n ; 6) bei Querwunden der M u s k e l , deren Contraction die Heftpflaster nicht genug Widerstand entgegensetzen k ö n n e n ; 7) bei allen plastischen Operationen. Hauptsächlich gebräuchlich sind j e t z t : a. Sie Knopf, ober unterßrodjene JTaljt. Sutura nodosa s. interscisan.
I h r e Ausführung geschieht auf folgende W e i s e : D e r Operateur fasst mit D a u m e n und den beiden ersten Fingern der rechten H a n d die Nadel s o , dass d e r D a u m e n auf der concaven, die beiden Finger auf d e r convexen Seite r u h e n , und fuhrt sie einige Linien v o m W u n d r a n d e , möglichst senkrecht durch denselben, von aussen in die W u n d e und von dieser in gleicher E n t fernung vom andern W u n d r a n d e wieder heraus. D i e assistirende linke H a n d drückt dabei die W u n d r ä n d e r an einander, um ein Zerren der W u n d e zu verhindern. Letzteres vermeidet man auch dadurch und erleichtert
Knopf- oder unterbrochene Naht.
25
sich zugleich, besonders an laxen Theilen (Augenlidern), das Einstechen ausserordentlich, wenn man sich, wie B . L a n g e n b e c k , den Wundrand jedesmal mittelst einer guten anatomischen, oder noch sicherer, Hakenpincette iixirt, Fig. 1, und ist das Durchstechen erschwert durch die Dicke des Wundrandes, so fasst man die Nadel mittelst eines Nadelhalters, der ähnlich einer Zahnzange construirt ist, am besten der Mitte zu, um das Abbrechen zu verhindern, oder wenn dies nicht zu besorgen, am Oehrende. Fig. 1.
B e l l hat an einem Faden zwei Nadeln befestigt und beide von der Wunde aus nach aussen geführt, wobei die entsprechende Wundlefze jedesmal von der assistirenden Hand der Nadel entgegen gefuhrt wird. E r verhütet dadurch nicht blos eine Verletzung der etwa im Grunde der Wunde gelegenen edlen Theile, sondern will auch eine genauere Vereinigung hervorbringen. Hat man so die beabsichtigte Anzahl Hefte eingeführt, deren Entfernung von einander im Allgemeinen so gross sein muss, dass die zwischen liegenden Wundtheile nicht klaffen, so knüpft man, von den Wundwinkeln beginnend, j e zwei Fäden nicht zu fest und so zusammen, dass der einfache oder besser chirurgische*) Knoten auf *) Der chirurg. Knoten zieht sieh weniger leicht wieder auf.
Umschlungene, umwundene N a h t .
2(>
einen Wundrand zu liegen Heft gleich, nachdem es Cliarpie, Compresse und lich, besonders wenn man
kommt; oder man knüpft ji'des angelegt. Heftpflasterst reifen. Binde sind oft noch erforderim weiten Umfang vom Grunde
g e l ö s t e W u n d r ä n d e r h a t ( E x s t i r p . mammae
u. A . ) .
Die Entfernung der Hefte geschieht zwischen dem dritten und höchstens achten Tage. Man schneidet aul der einen Seite entweder unterhalb des Knotens oder hart am Stichpunkt das Heft durch (damit nur der im Stichkanal liegende Tlieil des Heftes durch- und ausgezogen wird) und zieht es von der andern Seite vorsichtig aus, wobei die assistirende Hand die W u n d e sanft zusammendrückt, um Zerrung oder wohl gar das Wiederaufreissen derselben zu verhüten, und ersetzt die Hefte darauf durch Heftpflasterstreifen, oder bestreicht sie mit Collodium, welches besonders bei der umschlungenen Naht schon am andern Tage die Entfernung der Nadel gestattet. b.
Die umfdjfuugeue, umnmnbenc JtaQt. Stitura circunuoluta.
Hierzu bedient man sich jetzt allgemein der Carlsbader Insektennadel, welcher B. L a n g e n 1)eck zum bessern Einstechen eine Lancett-Spitze anschleifen liisst, die man möglichst senkrecht von aussen nach innen, zuerst durch den linken Wundrand hindurch in die Wunde, und von dieser wieder in derselben Richtung durch den rechten nach aussen führt, so dass Ein- und Ausstichspunkt genau correspondiren; darauf schiebt man sie mit ihrer Mitte bis in die Mitte der Wundspalte und umschlingt sie, jedoch nicht zu fest, in Form einer OD mit einem baumwollenen Faden. (Das Weitere hierüber s. Operation der Hasenscharte.)
Zapfennaht. — Darm naht.
27
c. D i e 3 a p f e n n a § t .
Stitura darata. Hat wohl keine Anhänger mehr. Sie wurde früher bei tiefen und besondera bei penetrirendcn Bauchwunden angewendet. d. Die D n r m n a l j t Enterorraphia. Ist ein Darm bei einer penetrirenden Bauchwunde verletzt, oder will ihn eine Exulceration von der Mucota aus perforiren, so verhütet die Natur den Erguss seines Inhalts dadurch, dass sie die defecte Stelle durch Anlöthen an die Nachbarschaft (Bauchwand, Darm etc.) ersetzt, natürlich wenn das Darmstück nicht aus der Bauchwunde prolabirt ist. (Bei Lungencavernen, Leberabscessen etc. thut sie ein Gleiches.) Ferner ist das Cavum peritoneale ja keine Höhle. Der musculöse Bauchgürtel umgiebt die Eingeweide so genau, dass Wände und Inhalt fortgehend in genauer Berührung sind und einen reeiproken Druck auf einander üben. Durch diesen wird auf den Austrittspunkt der Flüssigkeit, sei es, dass eine Vene, Arterie oder ein Darm verletzt, eine solche Resistenz ausgeübt, dass erstens ein Erguss schwer geschieht und dann ziemlich auf die Ursprungsstelle beschränkt bleibt. Dies wird indess aufhören bei Verletzung einer grösseren Arterie oder bei stark gefülltem Darm, wo das Bestreben, den Inhalt zu ergiessen, überwiegend wird. — Während nun die älteren Chirurgen vergeblich allerlei Versuche zur Heilung der Darmwunden gemacht, indem sie dieselbe 1) entweder wie jede andere Wunde zusammennähen ( N a h t der vier Meister, Schlingennaht), oder 2) die Schleimhautflächen (Kürschnernaht, Naht mit durchgezogenen Stichen), oder 3) die Mucota mit der Serota
28
Darmnaht.
durch Einschieben des oberen in das untere Darmende (Invaginatio) zur Verwachsung bringen wollten: wusste L e m b e r t als geistvoller Naturforscher durch das Experiment der Natur ihr oben angegebenes Schutzmittel abzulauschen und dasselbe höchst sinnvoll zu seiner a l l e i n g e b r ä u c h l i c h e n Darmnaht zu verwenden. Dieselbe wird so ausgeführt: Fig. 2.
Man fixirt mit Daumen und Zeigefinger (wenn man diesen durch die Wunde in's Darmlumen bringen kann) die Wundränder des Darms so, dass man den Daumen auf die äussere, den Zeigefinger auf die innere Darmoberfläche legt. An der äusseren Fläche des Darms sticht man eine feine Nähnadel mit einem Seidenfaden 2 Vi'" vom Wundrande entfernt ein, führt sie 1"' weit zwischen Serosa und Musculosa fort und sticht sie dann wieder nach aussen durch. Darauf den andern Wundrand auf dieselbe Weise fixirend, sticht man V / i " vom Rande ein, führt die Nadel wieder 1"' zwischen den Häuten durch und nach aussen. So legt man in einer Entfernung von 3 bis 4"' mehrere Hefte mit anderen Nadeln an. Darauf richtet man die Wundränder mittelst einer Sonde gegen die Darmhöhle, knüpft je zwei Fadenenden in einen Knoten und schneidet sie dicht an diesem ab. (Fig. 2.) Hierdurch wird eine adhäsive Entzündung der sich
Dirmnaht.
29
berührenden Peritonäalplatten bewirkt, die Hefte, mit Exsudat überdeckt, fallen nach innen und die in der Dannhöhle entstandene Leiste gleicht sich bald aus. Die späteren Chirurgen haben die angegebene Theorie von dein erschwerten Erguss aus einer Darmwunde entweder angenommen oder verworfen und sind danach entweder für oder gegen ein sorgfältiges Nähen der Darmwunden. So will B l a s i u s u. A. bei einfachen Spaltungen nur die Gekrösschlinge anwenden (ein Faden wird durch das Mesenterium des verletzten Darms gefuhrt und derselbe durch diese Schlinge, die aus einem Wundwinkel der gewöhnlich dann sorgfältig genähten Bauchwunde herausgelegt und nach 3 Mal 24 Stunden, wo die Anlöthung erfolgt, wieder entfernt wird, hinter der Bauchwand festgehalten); D i e f f e n b a c h u. A. dagegen wollen jede noch so kleine Wunde sorgfältig nähen. Letzterer wendet L e m b e r t ' s Naht so an, dass er die Wundränder zuerst nach innen umbiegt, so dass die serösen Platten sich berühren und von einem Assistenten fixirt werden; darauf näht er mit einem zwischen Serosa und Musculota fortlaufenden Faden und mit linienweit von einander entfernten Stichen (überwendlich — durch die Kürschnernaht). Der erste Stich wird wie eine Ligatur geknüpft und der letzte durch Schürzung und Durchziehen geendet. Bemerken wir schliesslich noch, dass die in der neueren Zeit erfundenen Darmnähte noch nicht über das Stadium des Versuches hinaus sind. Ebenso hat mit Recht weder die elastische Naht von R i g a l , noch die Naht ohne Faden von T h i e r r y die Beachtung der Chirurgen gefunden. Letzterer will den Umschlingungsfaden, durch den man ja hauptsächlich die genaue Vereinigung in seiner Gewalt hat und der in keiner Weise nachtheilig wird, fortlassen; ersterer ihn durch einen Streifen vulkanisirten Gummi ersetzen, durch dessen
30
Unterbindung der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
eines E n d e zuerst die I n s e k t c n n a d e l , dann durch die Wundränder und endlich durch das straff angezogene andere E n d e geführt werden, und der dnnn die Wundränder aneinanderziehen soll. E s ist eine scheinbare Vereinfachung auf Kosten der Sicherheit und Zuverlässigkeit. Endlich ist noch die Zellgewebsnaht zu erwähnen, welche von C h a s s a i g n a c kürzlich angegeben ist und der die Idee zu Grunde l i e g t , die Haut als empfindliches, reizbares Gebilde zu schonen und deshalb blos dat> subcutane Zellgewebe zu nähen. Auch dieses Verfahren bedarf noch der weiteren Prüfung. W i r b e s o r g e n , dass die retractile Haut auf diese W e i s e keine genaue V e r einigung zu Stande kommen lässt. —
B. Die Unterbindung der Arterien (in der Continuität). Ligatura vasorum. D i e künstliche Verschliessung einer Arterie in ihrer Continuität mittelst eines Unterbindungsfadens hat die Aufhebung der durch dieselbe stattfindenden Blutzufuhr zu einem Organe oder zu einer kranken Arterienstelle zum Z w e c k . Allgemeine Bemerkungen. 1. Man unterbindet ein Gefäss nicht gern nahe am Abgange eines Collateralastes, weil dadurch eine B e schränkung des R a u m s für die Bildung des T r o m b u s stattfinden würde; denn derselbe erstreckt sich stets bis zu dieser Stelle und könnte so leicht zu kurz werden. 2 . Man hüte sich bei den zu führenden Schnitten v o r Verletzung grösserer V e n e n - und Nervenstämme, und fasse sie vor Allem bei der Umschlingung nicht mit.
Unterbindnng der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
31
3. Die Schnittwunde, die später per prim. intent. heilen soll, muss stets so rein als möglich gehalten werden, weshalb unnöthige Nebenverletzungen in ihr sorgfaltig zu vermeiden sind. Man muss deshalb in der anatomischen Oertlichkeit einer Arterie so sichcr sein, dass man in der Wunde nicht mehr nach ihr herumsucht, weil man dadurch zu einem Zerren und Einschneiden veranlasst wird, was die Wunde nothwendig unrein und zur Eiterung geneigt macht. Die liier in Anwendung kommende Technik besteht: 1) in der Haltung und Führung des geraden und bauchigen Scalpells; 2) in der Anlegung und Haltung der Wundhaken; 3) in dem Gebrauch der Hohlsonde und Pincette zum Dilatiren der Schnittwunde und Eröffnen der Gefass- und Nervenscheiden; 4) in der Isolirung des Gefasses und dessen Umschlingung mittelst des Unterbindungsfadens. a. Die Haltung und Führung des Messers ist abhängig von seinem Gebrauche, der hier im I n c i d i r e n , Fig. 3,
32
Unterbindung der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
Dilatiren,
Fig. 5,
besteht. Zum I n c i d i r e n fasst man das bauchige Scalpell mit dem Daumen und den drei letzten Fingern der rechten Hand, während deren Zeigefinger auf dem Rücken desselben ruht. Nachdem man die Richtung des Hautschuittes und dessen Länge, welche nach der Grösse und Oertlichkeit der Arterie 2 — 3 " betragen soll, bestimmt hat, spannt man mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand die Haut gleichmässig und sorgfaltig an. Dies erleichtert die Mühe des Einschneiden und verhindert eine Verschiebung der Theile. Darauf beginne man den Schnitt sogleich mit dem Bauche des gewölbton Messers, ohne vorher mit der Spitze desselben die Weichtheile zu durchstechen, weil beim Durchstechen ein zu tiefes Eindringen nicht immer verhütet werden kann. V o r Beendigung des Schnittes hebe man stets den Griff des Messers fast bis zur perpcndiculären Richtung zur Haut, damit die Spitze desselben alle Theile im Wundwinkel gleichmässig durchscheide, und man bei wiederholten Schnitten den einmal bestimmten Endpunkt durch wiederholtes Einschneiden der Haut nicht überschreite. Dieser Hautschnitt wird in der Regel auf einem Muskelrande gemacht und dessen Fascie dann sogleich mit getrennt.
Unterbindong der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
33
Nach gemachtem Hautschnitt legt man nun gemeiniglich b. d i e W u n d h a k e n an. Bemerken wir, dass ein unvorsichtiges und unzweckmässiges Anlegen und Halten der Wundhaken eine nicht unerhebliche Zerrung und Quetschung in der Wunde bewirken kann. Demnach lege man dieselben stets so flach als möglich in die Wundränder, wodurch das Mitfassen oder wohl gar Verletzen von Theilen, die unangetastet bleiben sollen, verhindert wird, und lasse sie darauf von einem Assistenten leise, jedoch sicher, hauptsächlich aber ruhig, damit keine Verschiebung der Theile stattfindet, und gleichsam mehr schwebend halten. c. M i t t e l s t P i n c e t t e , H o h l s o n d e u n d e i n e s g e r a d e n S c a l p e l l s hat man nun in die Tiefe zu dilatiren und das Gefäss bloss zu legen. In der Regel ist noch eine Fascie oder Aponeurose zu durchschneiden, bevor man auf die Gefassscheide gelangt, und hier ist Regel, diese Trennung, wenn möglich, ebenfalls an einem Muskelrandc zu vollfuhren, wegen des von demselben gebotenen Schutzes für etwa gefährdete Theile. Das Verfahren dabei ist folgendes: Mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand fasst man die Pincettc, setzt sie geöffnet senkrecht und mit ihren Branchen immer quer zu Muskel, Gefäss etc. auf, fasst ein Stück Zellgewebe oder Fascie, hebt es kegelförmig auf und schneidet das Gefasste mit einem geraden Scalpell in einem flachen, horizontal nach sich gerichteten Zuge ab. Das Messer fasst man hierbei so, dass es mit der Breite der Klinge horizontal zur Wunde steht. (Fig. 6.)
34
Unterbindung der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
Fig- 6.
Hierbei merke man noch als allgemeine Regel, dass man nichts mit der Pincette fasse, was man nicht zugleich abschneidet; denn das einmal Gefasste muss s^ets aus der Wunde entfernt werden, weil es in Eiterung übergeht. In die gemachte Oeftnung schiebe man darauf die Hohlsonde. Diese ruhe beim Einfuhren auf den drei ersten Fingern und werde vom Daumen auf ihrer Kinne gestützt. Den Rücken der sie führenden Iland der Wunde zugekehrt, wolle man sie nicht bohrend, sondern im Ilinund Herbewegen einführen. D a s so auf die Sonde Gefasste, was man stets genau als Fascie oder einfachen Zellstoff erkennen muss, wird nun mittelst des geraden Scalpells durchschnitten. Dasselbe fasst man hierzu (Fig. 3) mit Daumen und den drei ersten Fingern der rechten Hand so, dass seine Schneide nach oben, sein Rücken der Wunde zugekehrt ist, damit man es bequem in der Rinne der Sonde entlang führen und am Ende derselben die Spitze nach vorn und oben heben kann. Ist man so nach ein- oder mehrmaligem Dilatiren und nach sanfter Entfernung mittelst der Wundhaken der
Unterbindung der Arterien. Allgemeine Bemerkungen.
35
etwa noch als Decke gedienten Mnskel oder Nerven bis Hof die Arterie gedrungen, so hat man nun d. d e r e n S c h e i d e zu ö f f n e n u n d i h r e U m s c h l i n g u n g a u s z u f ü h r e n . Dies geschieht, indem man unmittelbar von ihrer Mitte*) ein Stück der Scheide mit der Pincette auf die vorhin angegebene Weise aufhebt und abschneidet. Man fasse dabei mit den Branchen der Pincette quer zum Längsdurchmesser des Gefasscs **). (Fig. 6.) Die gemachte Oeffnung muss so gross sein, dass man bequem mit der Ilohlsonde oder einer gestielten stumpfspitzigen Aneurysraanadel eingehen und dieselbe innerhalb der Scheide unter der Arterie hindurchfuhren kann. Heim Einfuhren der Sonde fasst man erst auf der einen, dann auf der anderen Seite die Scheide, niemals aber das Gcfiiss mit der Pincette — trennt durch sanftes Hinund Herschieben der Sonde die Arterie von ihrer Scheide, bis man endlich die Sonde oder jetzt die Nadel bequem und ohne Zerrung und Verschiebung des Gefasses durchführen kann, was man immer von d e r Seite her ausführt, an welcher Nerven oder Venen neben der Arterie verlaufen, weil man 6ich dadurch am besten gegen deren Mitfassen sichern kann. Wird nun die Spitze derselben auf der entgegengesetzten Seite zwischen Scheide und Arterie sichtbar, so kann man sie an dem linken Zeigefinger einen Stützpunkt finden lassen. In Bezug auf die einzelnen erörterten Handgriffe sei schliesslich noch bemerkt, dass man sich dieselben wegen *) Man heben, weil oder Nerven **) Dies
muss deshalb stets von der Mitte der Arterie aufman sonst die zu den Seiten verlaufenden Venen leicht mitfassen und verletzen kann. gilt auch von zu eröffnenden Nervenscheiden. 3*
36
Unterbindung der Arterien. Art. carotis.
der g r o s s e n B e q u e m l i c h k e i t und Vortheile, w e l c h e sie beim Operiren bieten, sorgfaltig merken und für sich einüben m ö g e .
1. U n t e r b i n d u n g d e r A r t e r i a c a r o t i s
communis.
A n a t o m i s c h e U e b e r s i c h t . Die Carotis kommt linkerseits aus dem Bogen der Aorta, rechterseits ans der Anonima •«. Truncus
brachio-cephalicus.
ckeicularis
und
dem
Sie M.
sterno
steigt
h i n t e r d e r Articul.
- thyreoideus
Stenn
am Halse hinauf
bis
zum oberen Rande des Schildknorpels, und theilt sich hier oder zwischen diesem und dem grossen Horn des Zungenbeins in die interna und externa. Die linke ist länger als die rechte und liegt etwas tiefer wegen ihres Ursprungs aus der Aorta. Nach aussen von der Carotis liegt die V. jtigul. int. (an den Extremitäten verlaufen die Venen zumeist an der inneren Seite der Arterien), zwischen beiden und etwas nach hinten liegt der Jaffas, auf der Arterie der Ram. desc. Hi/poglossi und auf der linken Seite hinter d e r G e f ä s s s c h e i d e d e r Ductus im
Trigonum
eerriaile
vor
thoracicus.
und
einwärts
D i e Carot.
externa
v o n d e r Carot.
liegt interna,
wird vom Platysma yoides, dem hochliegenden Blatt der Fascia colli u n d d e r V. facialis
eomm. b e d e c k t , steigt z w i s c h e n d e m hin-
tern Bauche des Digastricus und M. sti/lo-glussits längs des hintern Randes des Unterkieferastes durch die Parotis empor und theilt sich hinter dem Collum des Gelenkfortsatzes des Unterkiefers in ihre beiden Endäste, die A. temporalis und A. maxill. interna. Man müsste demnach zur Unterbindung der Carot. ext. den Schnitt vom Unterkieferwinkel auf oder etwas vor dem innern R a n d e d e s 31. sterno-cleid.
mast.
f ü h r e n , Platysma
yoid.,
Fase.
coli.
trennen, und dann mit Vorsicht gegen den Digast. hin das Fettgewebe trennen. Indess ihre zahlreichen Aeste, die vielen Venen und einzelnen Nervenzweige machen sowohl ihre Unterbindung als die ihrer Zweige höchst gefährlich; andererseits hat ihre Ligatur bei Blutungen im Stich gelassen, man musste die Carot. comm. unterbinden, so dass man lieber diese sofort wählt. Das-
Unterbindung der Arterien. Art. carotis.
37
selbe gilt von ihren Aesten, deren Ligatur sich auch gewöhnlich erfolglos erweist. — Man muss deshalb bei directen Verletzungen derselben immer beide Arterionenden an Ort und Stelle zu unterbinden suchen. Die Arterie giebt in ihrem eben angegebenen Verlauf folgende Zweige: 1. Die Art. thyr. sup., welche gleich nach der Theilung der (Mrotis abgeht und, vom oberen Bauch des M. omo-hyoideut be< leckt, zum oberen Rand der Schilddrüse herabsteigt. (Man müsste sie in dem oben angegebenen Schnitt, der bis zum unteren Rand lies Schildknorpels gefuhrt wird, aufsuchen. Der M. sterno-deid. matt, wird nach aussen gedrängt, der Omo-hyoid. nach oben and aussen, und am oberen Theil des Storno-thyreoid. liegt dann die Arterie.) 2. Die Art. lingualu, welche in gleicher Höhe mit dem Cornu majut des Zungenbeins abgeht und nach vorn und oben vom vorderen Bauch des Digastricui und dem Stylo-hyoideu» bedeckt wird. (Man müsste sie hart am Cornu majut unter dem M. Afoglottut aufsuchen.) 3. Die Art. maxillaris ext., welche in einer Furche der Gland. HubmaxiUar. unter dieser zum vorderen Rande des Masteter verläuft, hier am Muskelrande unter dem Platytma yoide* und der Fascie liegt und die V. facialis vor oder hinter sich hat. 4. Die Art. pharyngea ateendent, welche in gleicher Höbe mit der Lingualu entspringt. (Noch nicht unterbunden.) 5. Die Art. occipitaUt, welche vom hinteren Bauch des Digastricui bedeckt wird und unter der Incvmra mattend, nach hinten und oben zum Occiput aufsteigt. (Man müsste hinter und unter dem Proc. matt, am Sehnenrande des Sterno-cleid. matt. einen queren Schnitt führen und den Spieniut trennen, um dann dicht unter dein hinteren Theil der Furche für den D¡gastrici!» die Arterie zu unterbinden.) 6. Die Art. auricular. post., welche hauptsächlich die Ohrmuschel und hinter dieser die Weichtheile versorgt und am vorderen Rande des Proc. matt, aufsteigt. Sie kommt zumeist bei den in dieser Gegend am häufigsten vorkommenden Areuryima anastomoticum in Betracht.
38
Unterbindung der Arterien.
Art. carotis.
7. D i e Art. tempuralis steigt über der Wurzel des Jochfortsatzes zur Schläfengegend auf. Wir werden sie bei der Arteritttomie berücksichtigen.
Bei der Unterbindung der C'ar. comm. nun entscheidet der Zweck über den anatomischen O r t , in Bezug auf welchen zwei Methoden gebräuchlich sind: 1) nach C o o p e r in der H ö h e des Kehlkopfes (Fig. 7); 2) nach Z a n g 1 — 1 W unterhalb desselben. a. Nach C o o p e r . Ein Gehülfe fixirt den nach der entgegengesetzten Seite geneigten und etwas nach hinten gerichteten Kopf. D e r Operateur denkt sich auf der entsprechenden Seite eine Linie vom K i e f e r w i n k e 1 bis zur M i 11 e d e r K e h 1 g r ü b e . Diese Linie bestimmt die Richtung des Schnittes, der in ihr geführt den inneren Rand des M. sterno-chidu mant. trifft. Fig. 7.*)
*) Man sieht die rechte Carot. auf der Hohlsonde, nach aussen die Veno nnd zwischen beiden den Vagus. Im untern Theil der Wunde den M. omo-hyoid., vom Kieferwinkel nach der Mitte der daricula die Ven. jug. ext.
Unterbindung der Arterien. Art. carotis.
39
Seine Länge sei 2Va", seine Mitte stehe in gleicher Höhe zur Mitte des Kehlkopfes. Im Hautschnitt dringt man bis auf den genannten Muskel. Sobald derselbe sichtbar geworden, legt man am innern Wundrande den stumpfen Haken an; der Operateur legt die Finger der linken Hand auf den Muskel, zieht ihn sanft nach aussen, indem er ihn zugleich durch leichte Messerzüge vom bindenden Zellgewebe lospräparirt, übergiebt ihn endlich dem stumpfen Haken, auf dem der Assistent ihn tragend nach aussen hält. Der Operateur streicht mit dem Finger die erhaltene Wunde glatt, und sieht nun schräg von aussen und unten nach innen und oben durch die Mitte der Wunde den M. omo-kyoideus verlaufen. Am äusseren Rande dieses Muskels im Kreuzungswinkel öffnet er die vorliegende Scheide, dilatirt und lässt ihn nach i n n e n ziehen, worauf sogleich die Carotis erscheint. Ihre Scheide wird geöffnet und darauf die Sonde oder Unterbindungsnadel von aussen nach innen durchgeführt. A n m e r k u n g . Man geht deshalb von aussen nach innen unter der Arterie durch, weil der Vagus und die len. jug. int., an der äusseren Seite der Arterie verlaufend, unversehrt in ihrer Scheide erhalten werden müssen, und man deren Mitfassen so am besten vermeidet. Auch den Ram. desc. Hypoglossi, der gewöhnlich auf der Arterie verläuft, muss man verschonen. b. Nach Z a n g (Fig. 8). Lage und Stellung des Kopfes ist dieselbe. Die Richtung des Schnittes wird hier durch eine Linie bestimmt, welche man sich vom Processus mastoid. oder dem Ohrläppchen nach der Articulationsstelle der Clavicula mit dem Sternum gezogeu denkt. 1 /j" von dem Höckerchen, was sich hier an der Clavicula befindet und als fixer Punkt benutzt werden kann, beginnt man zuerst den
40
Unterbindung der Arterien.
Art. carotis.
Fig. 8.*)
2 bis 2 Vi" aufwärts. Man lässt die Wundhaken anlegen und dringt zwischen die beiden Portionen des M. sternocleid.; werden diese mit den Haken auseinander gezogen, so wird der nach oben und aussen verlaufende M. omohyoid. sichtbar. An dem innern Rande dieses Muskeln dilatirt man und lässt ihn zugleich mit der Portio clavicularis des Sterno-cleid. nach aussen ziehen, worauf die Carotis zur Unterbindung vorliegt. A n m e r k u n g 1. Derselbe Schnitt wird linkerseits bei der Oesophagotomie nach E c k o l d t gemacht. Man dringt bei dieser Operation, wie angegeben, bis auf die allgemeine Gefässscheide, lässt dieselbe jedoch unereiflfnet und zieht die Gefasse und Nerven in ihr nach aussen. Zugleich dringt man mit dem Zeigefinger durch den lockeren Zellstoff im Hin- und Herschieben gegen die Wirbelsäule bis an den Oesophagus, den man daselbst als fleischige Röhre fühlt. Die Eröffnung desselben geschieht darauf auf folgende W e i s e : entweder ein einge*) Man sieht zwischen den Köpfen des Sterno-cleid. die Arterie auf der Sonde, nach aussen die V e n e , im oberen Wund-
winkel den M. omo-hyoid.
Unterbindung der Arterien. Art subclavia.
41
drungener fremder Körper hat eine Augbeugung gemacht, auf der man einschneiden k a n n , oder man bildet sich dieselbe nach V a c c a B e r l i n g h i e r i e durch Einführung des Ectrop-oesophag, indem man deuselben mit herabgedrückter Feder vom Munde her bis zur entsprechenden Stelle einführt und nun die Feder zurückzieht; oder endlich: man fasst ihn nach R u s t mit einer Pincette und schneidet ihn aus freier Iland ein. — Aehnlich kann man nach G u a t t a n i die obere Ligatarstelle ( C o o p e r ) zu dieser Operation benutzen, nur dass man den Schnitt etwas tiefer fuhrt, um hinter dem Ringknorpel den Oesophagus zu eröffnen. A n m e r k u n g 2. Nach der Unterbindung einer Carotis stellt sich der Collateralkreislauf her durch die zahlreichen Anastomosen der Carotiden unter sich, so wie durch die Vertebralis. Gefährlich ist die Ligatur beider Carotiden, wenn auch in grösserem Zwischenraum, wogen der dadurch bedingten Störung der Intelligenz.
U n t e r b i n d u n g d e r A r t e r i a s u b c l a v i a . (Fig. 9.) Nach L i s f r a n c und L a n g e n b e e k über der
Claricuia.
Die A. subclavia dextra kommt aus dem Truneudie
sinistra
aus dem Bogen der Aorta. Der Verlauf ist für beide gleich nnd nicht geradlinig, sondern bildet einen über der ersten Rippe nach oben convexen Bogen. Die Anatomen nennen sie von ihrem Austritt zwischen den Scaleni ab schon A. axillaris, die Chirurgen erst, nachdem sie nn den inneren Rand des M. eoraco - brachialis und somit in die Achsel getreten ist. Ausserdem unterscheiden diese an ihr drei Portionen: Die erste Portion liegt hinter der
Junctvra Kterno-eluric. am Trachealrande des Scalenus unticits unter der Clavicularportion des Kopfnickers. Man kann sie an dieser Stelle von der für die Carotis nach Z a n g angegebenen Wunde aus unterbinden, nur dass man den Schnitt hart am
42
Unterbindung d e r Arterien. Art. subclavia.
iiincrn R a n d e der Clavicularportion des Kopfnickers f ü h r t , die Carotin und V. jug. nach innen nimmt, und dann am innern Rande des Scalenus die Arterie fühlt. Linkerseits liegt hier die Arterie etwas tiefer und hat den Ductus thoracica» in ihrer unmittelbaren N ä h e nach innen. F e r n e r ist noch zu beachten, dass die Abgangsstelle der Zweige sehr variirt, und d a s s , w e n n ein Zweig dicht vor der Ligatur abgeht, die Troiubusentwickeliing dadurch verhindert wird. — Die Collateralgefässe kommen, wenn die Arterie an dieser Stelle unterbunden, ans der A. tliijreoidea superinr derselben Seite mit der gleichnamigen inferior, sowie aus der Thi/r. inf. der anderen Seite, indem diese Arterien zahlreich mit den Aesten des Truncus thi/reu-errrie. anastomosiren. — Die zweite P o r t i o n reicht bis zum Austritt zwischen den beiden Scaleni. Aus diesem Theil k o m m e n : 1. Die A. vertehralis, welche eine kleine Strecke hinter der Carotis mmm. und auf dem äusseren Kunde des Lonaus colli hinaufsteigt zum sechsten H a l s w i r b e l l o e h , in das sie eintritt. Dieser gerade gegenüber geht 2. Die A. mammaria interna ab, welche hinter den Rippenknorpeln und am seitlichen Urustbeinrande unmittelbar auf der Pleura herabsteigt und zwischen dem sechsten Rippenknorpel und dem Proc. xiphoidrus in die A. ejiii/ast. superior übergeht, um als solche mit der -I. epiijast. inferior (A. frurali») zu anastomosiren. 3. Der Truncus thyreo -cerricalis. Dicht vor der Vertehralis entspringend, theilt er sich bald in vier A e s t e : a) die A. thyreuidea inferior, welche am innern Ilande des Scalenvs antic. bis zum f ü n f t e n Halswirbel aufsteigt und hier hinter der Carotis zu ihrer D r ü s e g e h t ; b) die A. cerricalis ascendens, welche vor den (¿uerfortsätzen der W i r b e l hinaufsteigt und die tiefen Hals- und Nackenmuskeln versorgt; c) die A. cerricalis superficialis, welche oberflächlich über dem oberen R a n d e des Schlüsselbeins nach a u s - und rückwärts zu den Naekenmuskeln verläuft; d) die -1. transversa scapulae, welche unter dem Schlüsselbein quer zur Incimra scapulae gellt. 4. D e r Truncus costo - cerricalis, welcher dicht hinter dem Sealenus nnt. aufsteigt und sich theilt in die A. intercostalis suprema,
Unterbindung der Arterien. A r t . subclavia.
43
welche vor dem Halse der ersten und zweiten Kippe herabsteigt, und in die A. certiealis profunda, welche zu den tieferen Nackenmuskeln geht. ü. Die A. transcena colli, welche zwischen den Scaleni, mitunter auch erst nach dem Austritt der Subclavia zwischen denselben abgeht und parallel der A. transv. scap. zum oberen Rand der Scapula zu den Schultermuskeln verläuft. Die Subclavia tritt nun aus den Scaleni heraus, und hier ist ihre Unterbindung, wie gleich anzugeben, auszuführen. Dann tritt sie unter der Clavicula und dem M. subclavias durch in die M o h r c n h e i m ' s c h e Grube (vergl. Anm. S. 48), und endlich als A. ajciUari» in die Achsel. Von dieser ihrer dritten und letzten Portion entsteht noch die A. thoracica suprema, welche zwischen M. subelavius und Pector. minor zum Pector. major und zur Mamma geht. Darauf beisst sie A, axillaris, und von dieser kommen: a) die A. acromiali»; b) die A. thoracica longa; c) die A. subscaIntlaris, welche die A. circumftexa scapulae abgiebt; d) die A. ctrvumßexa humeri anterior und posterior. Ist die Axillaris zwischen den Sehnen des Pector. major nnd Ijatiss. dort, hervorgetreten, so heisst sie A. brachialis. Der N. medianus und ulnaris umgeben sie in ihrem Verlauf am innern Rande des Hiceps und die beiden Venae brachiales liegen dicht an ihr. Auf diesem Verlauf giebt sie zuerst etwa einen Zoll unter der Achselhöhle die A. profunda brachii, welche mit dem N. radial, um den Obcrarmknochen nach aussen herabgeht (hinter dem Liy. musculare externum heisst sie A. collateralis radialis), dann giebt sie die A. colhteralis ulnaris superior und inferior, welche den N. ulnaris begleiten. Diese drei Zweige treten zu dem die schwammigen Enden der Knochen umstrickenden Rete articulare cubiti zusammen. Dio A. brachüdi* theilt sirli dann in der Höhe des Proc. coronoideus ulnae in die beiden Vorderarm-Arterien. Bemerken wir indess, dass diese Theilung mitunter schon oberhalb der Profunda nahe der Achselhöhle, mitunter unterhall) derselben in der Mitte des Arms stattfindet. Die daraus dann rcsultirende Erfolglosigkeit der Ligatur, wenn sie nämlich den bei der Indication betheiligten Ast nicht trifft, begreift sich leicht. Ferner
44
Unterbindung der Arterien. Art. subclavia.
ist noch zu beachten, dass die Vorderarm - Arterien dann in der Nähe der Buge wie eine oberflächliche Vene verlaufen, j a sich mit diesen hier zum Aderlass benutzten Venen kreuzen und bei der Phlebotomie von unachtsamer Hand für eine Vene gehalten und eröffnet werden können. An diesem oberflächlichen Verlauf kann sich der Chirurg über diese Anomalie orientiren. a. A. radialis, liegt im Anfang zwischen Suptnatur longus und Pronator teren, weiter unten zwischen Sup. longus und Flexor carpi radialis, an ihrer Radialseite liegt der N. radialis. Am Handgelenk angekommen, giebt sie den mehr oder weniger starken Ramus molaris superficiale, welcher über den Daumenballen fort, nur von Haut uud Fascie bedeckt, zur Hohlhand geht und unter der Aponeurosis palmaris auf den Sehnen der Fingerbeuger durch Anostomose mit dem oberflächlichen Hohlhandast der A. ulnaris den Arcus volaris sublimis bildet. Dann wendet sie sich zwischen Proc. styloùieus radii und dem Ot scaphuideum auf den Rücken der Hand unter den Sehnen des Abductor pollicù longus und Extensor brevis (beide bilden bei starker Extension des Daumen eine Vertiefung — Tabatière — in der man die Arterie pulsiren fühlen und unterbinden kann) hindurch und tritt zwischen den Bases der Oss. metacarpi policis et digiti indicis wieder in die Hohlhand, wo sie mit dem tiefen Aste der Ulnaris den Arcus volaris profundus bildet. Vorher hat sie noch an beide Seiten des Daumens und an die Radialseite des Zeigefingers je einen Ast abgegeben. b. A. ulnaris. Sie verläuft oben unter der ersten und zweiten Schicht der vom Cond, intern, entspringenden Muskeln. Dann giebt sie unter dem Pronatur teres die Interossea, die sich bald darauf in die externa und interna spaltet, und verläuft nun unter dem Flexor carpi ulnaris, den N. ulnaris an ihrer innern Seite, zum Handgelenk, dann über dem queren Handwurzelbande an der Radialseite des Os pisi/orme zur Hohlhand, wo sie sich in den oberflächlichen und tiefen Kndast spaltet, die mit den gleichnamigen der Radialis die schon genannten Bogen bilden. Der oberflächliche Arcus volar, gehört mehr der Ulnaris, der tiefere mehr der Radialis a n ; ersterer liegt, mit der Convexität nach den Fingern, ' / j Zoll unter dem Lig. carpi transversum zwischen der Aponeurosis palmaris und den Beugesehnen der F i n g e r , und
Unterbindung der Arterien. Art. subclavia.
45
giebt die Hauptfinger - Arterien, die an der Seite derselben bis zur Spitze verlaufen; letzterer auf den Batet um. metacarpi, versieht hauptsächlich die M. intcrvetei und mit schwachen Zweigen die Dorsalseite der Finger. Fig. 9.*)
Diese Unterbindung g e h ö r t allerdings zu den schwierigen ;
ja
sie
wird
z . B . von T e x t o r .
sogar
von
namhaften
..wegen der grossen
Chirurgen,
Schwierigkeit
*) Die Art. subclavia ober- und unterhalb der Claricula. Oberlinlb sieht man am innern Wundwinkcl den Rand des Cleiilo-maft., dann den zwischen Arterien und Venen durchlaufenden Scalenm. Nach aussen von der Arterie die Armnerven, dann den 0mhi/tii.) Am innern Hände der Achillessehne macht man den Hautschnitt und dringt gerade nach vorn. Die Arterie liegt hier hinter der Sehne dos M. ßexar dig. long, und Tihialis posticiis. A n m e r k u n g 1 zu den Unterbindungen. Hartnäckige Blutungen aus Arterien werden oft einzig und allein dadurch unterhalten, dass da9 blutende G e f ä s s bei irgend einer stattgehabten Verletzung blos a n g e s c h n i t t e n ist. J a es 9ind die F ä l l e häufig, dass eine solche a n g e s c h n i t t e n e Arterie Anlass zur Bildung eines Aneurysma gegeben h a t , weil jede Wunde der Arterien, wegen der elastischen Haut, mehr oder weniger rund ausgezogen wird und deshalb klafft. Uni dies zu verhindern und die vorhandene Blutung zu stillen durchschneide man die * ) D i e Art. tib. antica
in ihrem ganzen V e r l a u f ; in der Mitte
des S c h e n k e l s zwischen M. tib. ant.
und Ext.
halluc.
Unterbindung der Arterien. Art. tibiali! postica.
59
Fig. 15.*)
Arterie vollständig, wie es auch der geniale D i e f f e n b a c h zu thun pflegte, damit sie sich zurückziehen und contrahiren kann, wodurch man oft Blutungen aus bedeutenden Gefiissen zu stillen im Stande ist. A n m e r k u n g 2. Drei Momente kommen bei der Ligatur besonders in Betracht; ihnen können wir die hier sehr zahlreichen Variationen zuschreiben, zu deren besserer Uebersicht sie sich in folgender Weise als leitende Gesichtspunkte festhalten lassen: 1) Der Prozess des Durchschneidens und Herausfallens der Ligatur. Normal ein einfacher Resorptionsprozess, kann er abnormer Weise ausgedehnte Eiterung, Eitersenkung, Zerstörung des dann nicht zu gehörigem Verschluss kommenden Gefässendes und so späte Nachblutung zur Folge haben. Wir haben deshalb eine grosse Reihe von freilich vergeb*) Art. tib. po»t. in ihrer Lage zum innern Rande der Achillessehne, auf den Sehnen des Flexor hall., Flexor comm. und tib. pott.
fiO
Ailerlass.
lichen Bemühungen, diesen Prozess überhaupt zu vermeiden. Es gehören hierher: die Ligatur aus animalischen etc. Stoffen, aus feinen Seidenfäden, welche beide unausgestossen bleiben sollten, die temporäre L i g a t u r , das Applatissement, das Presse-artère und Serre-artère, die Gefàssdurchschlingung von S t i l l i n g , das Zerquetschen von M o u n o i r , die Doppelcompression von M a l g a i g n e und endlich die noch vielfach angewendete Torsion. 2) Kommt die plötzliche Blutung, entweder durch Abgleiten oder sofortiges Durchschneiden der Ligatur bedingt, in Betracht. D a g e g e n hat man versucht: die Ligature d'attente, das Durchschneiden der Arterie zwischen zwei Ligaturen, die Durchstechung von R i c h t e r , die breiten Ligaturen und wieder Applatissement. II) D a s Glied wird brandig, wenn der Collateralkreislauf sich nicht entwickelt. E s bleibt nur die Möglichkeit, das alte Gefäss wieder wegsam zu machen; dazu wieder Applatissement, das Serre- und Presseartère.
C. Der Aderlass. Venae
Sectio,
phlebotomia.
Die Wirkung des Aderlasses besteht zunächst in der Verminderung des Blutquantum und äussert sich im ganzen Organismus durch die Herabstimmung seiner reproduetiven Thätigkeit; während dagegen beim Scarificiren, Schröpfen und den Blutegeln die Wirkung eine mehr locale ist. Man bezeichnet deshalb auch die letzteren als die ö r t l i c h e n Btutentziehungen zum Unterschied vom Aderlass
Aderlau.
61
und der Arteriotomie, als den a l l g e m e i n e n . Nach der Wirkung und dem beabsichtigten Z w e c k unterscheidet inan ferner den e v a e u i r e n d e n , d e r i v i r e n d e n und r e v u l s o r i s c h e n Aderlass. Zwischen letzteren beiden stellt man den Unterschied wieder so, dass durch ersteren (den derivirenden) das Blut den der geöffneten Vene benachbarten Gelassen entzogen wird; durch letzteren (den rcvulsorischen) hingegen soll nicht blos abgeleitet, sondern auch absichtlich nach einem anderen Theil hingeleitet werden, weil die V . S. zugleich eine Blutströmung nach dem Theil hin unterhält, an welchem dieselbe gemacht wird. So würde z. B. bei Störung der Katamenien und dadurch bedingter Congestion nach edlen Organen ein Aderlass am Fuss ein revulsorischer genannt werden müssen, weil durch ihn der doppelte Z w e c k erreicht w i r d , nämlich einmal eine Ableitung des Blutes von den bedrohten Organen und zweitens eine Hinleitung desselben zum Uterus. W a s nun den anatomischen Ort für die V . S. betrifft, so würde jede beliebige oberflächlich gelegene Hautvene, welche das beabsichtigte Blutquantum zu entleeren verspricht, über denselben entscheiden. Und so haben denn auch namentlich die alten Chirurgen an den verschiedensten Stellen des Körpers zur Ader gelassen, wobei sie allerdings oft noch besondere, etwas mystische Heilzwecke hatten. Allein jetzt ist Ort und zu eröffnende Vene allgemein dahin bestimmt, dass man wohl ausschliesslich nur noch am Ilalsc — an der Vena jug. ext. — in der Ellenbogenbeuge und am Fusse venesecirt. a. V . S. an d e r ä u s s e r e n J u g u l a r v e n e . Die eigentlichen Indicationen für die Eröffnung dieser Vene finden wir in Z u s t ä n d e n v o n U e b e r f ü l l u n g des G e h i r n s mit B l u t bei z u g l e i c h s c h w a c h e r , k r a f t l o s e r H e r z a c t i o n . Hierher gehören Fälle von
62
Aderlass.
Apoplexie, Erstickung durch Kohlcndampf, Erdrosseln und im Wasser. Wollte man unter solchen Umständen aus einer Extremitätenvene Blut lassen, so würde dies deshalb vergeblich sein, weil das schwache, unkräftige Herzleben die W i r k u n g einer solchen V. S. auf das Gehirn entweder durchaus unmöglich macht, oder für den beabsichtigten Z w e c k , der doch in einer schnellen Blutentleerung besteht, viel zu spät eintreten lassen würde. In Zuständen jedoch, wo das Herzleben kräftig und ungetrübt ist, wird man stets eine Armvene mit gleichem Erfolge anstechen können. D a s Auffinden der genannten Vene ist leicht, indem sie sich, einigermaassen gefüllt, schon deutlich genug markirt. Wenn dies aber nicht, so bezeichnet ihren Verlauf die Linie, die man vom Kieferwinkel nach der Mitte des entsprechenden Schlüsselbeins zieht (Fig. 7). Den Halbirungspunkt dieser Linie wählt man als Einstichspunkt und verfährt dabei auf folgende Weise: Ist ein Gehülfe zur H a n d , so steht er auf der entgegengesetzten Seite, fixirt den eben dahin geneigten Kopf des Kranken und comprimirt zugleich die V. junl>is nach aussen in der von der Fascia lata gebildeten Fossa oralis u n t e r dem P o u p a r t i s c h e n B a n d e als runde kugelförmige Geschwulst. Bei einiger A u s d e h n u n g w e n d e t er sich nach oben und k a n n so s c h e i n b a r über dem genannten B a n d e liegen, w a s besonders bei seiner Reposition berücksichtigt werden muss. Diese a u s f ü h r e n d , m u s s man ihn bei flectirtem Schenkel deshalb zuerst e t w a s nach vorn und a b w ä r t s und so vom P o u p a r t i s c h e n B a n d e abziehen, und dann erst von vorn nach hinten in die B a u c h h ö h l e zurückschieben. *) Man sieht den Schenkelbruch in seiner Lage zur Apert.
pubie con. inguinal, und dem Lig. Gimbernati, nach aussen von ihm im Durchschnitt die Schenkelgefässe, den Cruralnerv, den
Psoat und Iliacus.
Der Brucbschnitt. Operation des Inguinalbruches.
129
In d e r F o r m b a t dieser B r u c h Aehnlichkeit mit dem inneren L e i s t e n b r u c h e ; jedoch seine L a g e unter dem Poupartisclien B a n d e , besonders seine E n t f e r n u n g vom Tub. )>ubis, bestimmen den Unterschied. D i e Möglichkeit zu seiner E n t s t e h u n g ist in dem D u r c h t r i t t der Schenkelgefässe d u r c h den Schenkelring gegeben. D i e s e r w i r d begrenzt n a c h oben durch das Lig. Poup., nach innen durch das Lig. Gimbernati; nach unten g e h t , die Fascia lata über den M. pectineus in die Fascia iliaca über, nach aussen von den Schenkelgefa3sen. D a s Lig. Gimbernati bildet ein D r e i e c k , dessen Basis dem B r u c h e z u g e k e h r t ist und dessen Spitze am Tuberc. pubis liegt. E s erscheint zwischen d e m Lig. Poup. und dem S c h a m b e i n k a m m a u s g e s p a n n t , ist a b e r als F o r t setzung des Lig. Poup. anzusehen, w ä h r e n d die Fascia lata sich nach aussen u n g e f ä h r in seiner Mitte anheftet, dasselbe v e r s t ä r k t und besonders bei gestrecktem Schenkel anspannt. D e r zweite A n h e f t u n g s p u n k t der Fascia lata ist das Tuber ilio-pectineum, nachdem sie sich vorher in zwei Blätter gespalten, im äusseren die Oeffnung f ü r die Cruralvene gebildet und mit beiden die G e f ä s s e umfasst hat. S c a r p a hat diese Scheide, welche die Fascia lata hier um die G e f ä s s e bildet, Lig. vasorum cruralium genannt. — W a s nun die O p e r a t i o n betrifft, so handeln w i r hier nur von der B e s t i m m u n g und R i c h t u n g der zu machenden Schnitte, um sowohl zum Orte der E i n k l e m m u n g zu gelangen, als auch diese zu heben, weil es bei einer incompleten und zugleich eingeklemmten H e r n i e o f t s e h r wichtig ist, anatomisch richtig zum O r l e der E i n k l e m mung zu gelangen. Operation des eingeklemmten
Inguinalbruches.
D e r O p e r a t e u r soll den Ilautschnitt so f ü h r e n , dass er '/i Zoll ü b e r dem Schambeinhöcker beginnt, und e t w a s 9
130
Der Bruchschnitt.
Operation des Inguinalbrnches.
schräg von aussen und oben nach innen und unten zwischen Peniswurzel und Schenkelbeuge herabläuft. D a z u bildet er sich eine H a u t f a l t e , indem er den D a u m e n der einen H a n d zwischen der P e n i s w u r z e l und der, Schenkelbeuge in der Mitte auflegt, mit dem Zeigefinger sich noch einmal von der L a g e des Tub. pubis überzeugt und dann 1/2 Zoll über dasselbe hinausgreift. Neben die so aufgelegten F i n g e r legt er die entsprechenden der anderen llund, hebt die F a l t e auf, lässt sie sich zur Rechten von einem Gehülfen abnehmen, und durchschneidet sie in der bekannten Weise. In der auseinander gezogenen W u n d e überzeugt er sich noch einmal von der Lage des Tub. 2>ubis, legt dasselbe darauf von allem deckenden Zellstoff frei, w o r a u f sogleich der Samenstrang und der innere Schenkel des Leisfeiiriiigcs sichtbar werden. J e t z t mit der Spitze des Zeigefingers vom Tub. pubis nach oben und aussen abgleitend, als wollte man senkrecht in die Bauchhöhle dringen, gelangt man sogleich von dem oberen Schenkel abgeleitet in den Inguinalk a n a l , und hebt eine in demselben befindliche Strictur auf folgende W e i s e : Man sucht die Spitze des eingeführten linken Zeigefingers unter die Strictur zu bringen, während der R ü c k e n der H a n d und der übrigen Finger die E i n g e w e i d e zur ü c k h a l t e n , und schiebt an ihm S e i l e r ' s B r u c h m e s s e r flach ein, bis das an demselben befindliche K n ö p f c h e n über die Strictur hinausgclangt ist. J e t z t richtet man dessen Schneide gegen die Strictur und d r ü c k t sie mit dem unter liegenden F i n g e r in dieselbe ein, und z w a r ohne irgend eine z i e h e n d e oder s ä g e n d e B e w e g u n g mit dem Messer zu machen. Die Richtung dieses Einschnittes soll dem Verlaufe der Art. epigastr. abgewendet sein; weshalb man beim
Der Brnchichnitt. Operation des Schenkelbruches.
131
äusseren Leistenbruche nach a u s s e n und o b e n , beim inneren nach i n n e n und o b e n , und in einem oben angegebenen zweifelhaften Falle g e r a d e n a c h o b e n schneidet. Bei Lebenden ist hauptsächlich die Eröffnung des Bruchsackes mit Gefahr verbunden und erfordert deshalb viel Sorgfalt; besonders wenn derselbe degenerirt und mit dem unter liegenden Darm verwachsen ist. — Uebung im guten und sorgfältigen Aufheben und Dilatiren wird dabei von grossem Nutzen sein. Operation des e i n g e k l e m m t e n bruches.
Schenkel-
Entsprechend der vorhin angegebenen Lage dieses Bruches bildet man die Falte 1 Zoll vom Tub. pubis nach aussen, dicht unter dem Lig. Poup. So trifft der Schnitt gerade die Grenze der schiefen Fläche, welche seitlich am Möns ven. vom M. pectin. gebildet wird. Gegen diese schiefe Fläche hin trägt man nun alles im Grunde der Wunde befindliche Zellgewebe, sowie etwa hinderliche Drüsen dilatirend ab, bis man auf die Fascie gelangt ist, welche den M. pectin. überzieht. A u f d i e s e r F a s c i e schiebt man den Zeigefinger gerade nach oben, wobei man unmittelbar in den Schenkelring gelangt, an dessen innerer Seite man sogleich das scharf gespannte Lig. Gimbernati fühlt. Da dasselbe in der Regel den Grund der Einklemmung abgiebt, so fuhrt man wieder den Zeigefinger wie vorhin und auf ihm S e i l e r ' s Bruclimesser ein, und drückt dessen Schneide mit dem unter liegenden Finger h o r i z o n t a l n a c h i n n e n in das Band ein. Ein knarrendes Geräusch ist während des Einschneidens hörbar. J e nach dem Grade der Einklemmung wird man den Einschnitt 1—2 Linien tief machen, wobei man noch die Vorsicht beobachten kann, 9*
132
Der Bruchschnitt. Operation des Schenkelbruches.
nöthigen Falles nicht an e i n e r , sondern an mehreren Stellen einzuschneiden; auch k a n n man die Fascia lata. die, wie angegeben, eine S p a n n u n g dieses Bandes bew i r k t , unter Umständen e t w a s einschneiden. Statt des leitenden Fingers, wegen Raumbeschriinkung, eine I l o h l sonde einzuführen, ist i m m e r w e g e n der leicht lnüglichen Verletzung des D a r m s sehr gefährlich. Beim Einschneiden des genannten B a n d e s supponirt man stets den Fall, dass die Arteria obturatoria aus der Epigastrica kommt, und d a s s entweder diese Arterie oder der gemeinschaftliche S t a m m , a u s weichein dann beide e n t s p r i n g e n , gerade am einzuschneidenden R a n d e des Bandes verläuft. Welche a n d e r e Richtung man dem Schnitte auch geben w o l l t e , die Möglichkeit der Verletzung dieser Arterie bleibt immer dieselbe. F r ü h e r n u n , wo man sich P o t t ' s Knopfmesser zum Einschnitte bediente, musste man in einem solchen Falle u n f e h l b a r die Arterie verletzen; denn weil man dasselbe einschob und im Z u r ü c k z i e h e n das Band einschnilt. musste man theils schon durch diese z i e h e n d e Weise des Schnittes, dann a b e r auch durch d a s am Messer befindliche Knöpfchen die Arterie mit in die Schnittlinie ziehen. Beiden Uebelständen weicht man aber durch das angegebene Verfahren aus. D e n n einmal schiebt man mit dem an S e i l e r ' s Messer befindlichen Knöpfchen hei seinem E i n f ü h r e n die im lockeren Zellstoff liegende Arterie schon z u r ü c k , und bliebe sie wirklich vorliegen, so hiudert doch die Weise d e s Einsclineidens ihre Verletzung.
Einführung des Katheters.
133
C. Die Einführung des Katheters. Catheterümus. Fig. 39.
lieber den Verlauf der 6—7 Zoll langen männlichen Harnröhre haben sich rücksichtlich des Catheterismus drei Anschauungen geltend gemacht: 1) P e t i t w a r in dem Irrthum, ihren im normalen Verhalten as förmigen Verlauf an seinem S förmig gekrümmten Katheter nachbilden zu müssen. D e s a u l t hingegen erkannte ganz richtig, dass, wenn man den Penis gegen den Bauch hinaufzieht, die vordere Krümmung schwindet und nur die hintere unter dem Schambogen an der Pars membran. übrig bleibt, und gab deshalb 2) den einfach gekrümmten Katheter an, der wegen dieser richtigen Anschauung am meisten angewendet wird. Die Grösse dieser Krümmung ist verschieden angegeben. S c h l e m m benutzt eine verhältnissmässig grosse Krümmung. Er bedient sich gewöhnlich eines elastischen Ka-
134
Einführung des Katheters.
theters, den er über einen s t a r k e n D r a h t (Mandrin) z i e h t ; ähnlich wie die neueren b r a u n e n englischen Katheter construirt sind, bei denen man elastischen und soliden K a theter in einem besitzt. — Zieht man cndlich den Peni* straff an und zugleich e t w a s nach a b w ä r t s , so wird, wenn die B l a s e g e f ü l l t , das Rectum l e e r , die Prostata g e s u n d und sonstige E n t a r t u n g e n f e h l e n , auch die hintere K r ü m m u n g am I s t h m u s sich z u m T h e i l a u s gleichen und die H a r n r ö h r e einen fast geraden G a n g bilden. Von dieser A n s c h a u u n g ging besonders A m u s s a t a u s und empfahl deshalb 3) den geraden Katheter wieder, welchen schon C e l s u s b e n u t z t hatte. Z u r E i n f ü h r u n g des geraden K a t h e t e r s lässt man daher den K r a n k e n hart auf dem B e t t r a n d e mit nach vorn geneigtem K ö r p e r sitzen, giebt dem Penis mit der linken H a n d die angegebene Richtung und k a n n dann, namentlich den elastischen, w o h l e r w ä r m t e n und beölten Katheter u n t e r leicht rotirenden B e w e g u n g e n oft mit der grössten Leichtigkeit in die Blase schieben. Iliiufig indess bleibt man am I s t h m u s h ä n g e n , und dann ist dir hier vorhandene K r ü m m u n g nicht ausgeglichen, sondern die Spitze des K a t h e t e r s stösst auf den der Blase zug e k e h r t e n Schenkel derselben unter m e h r oder weniger spitzem W i n k e l auf. Man m u s s dann Penis und Katheter noch m e h r senken und zugleich vom D a m m oder Rectum a u s hebend nachhelfen. D u r c h letzteres Manöver, bes o n d e r s w e n n man recht b e h u t s a m und schonend verf ä h r t , k o m m t man oft s o g a r über vergrösserte Drüsen. S c h l e i m h a u t f a l t e n , Stricturen, die alle hauptsächlich an der unteren W a n d vorhanden, glücklich hinweg. O f t aber m a g man's anstellen, wie man w i l l ; man mag den dünnsten o d e r dicksten, den geraden oder g e k r ü m m t e n Kat h e t e r in der R ü c k e n - K n i e e l l e n b o g e n - L a g e , im Sitzen, S t e h e n etc. des K r a n k e n versuchen — man kommt nicht
Einführung des Katheters.
135
z a m Ziel, w ä h r e n d plötzlich w i e zufallig das H i n d e r n i s s schwindet. W e n n man sich u n t e r solchcn U m s t ä n d e n nicht mit „Krampf der H a r n r ö h r e " (der im Isthmus allerdings v o r k o m m t ) oder mit einer „ S t r i c t u r " (die freilich häufig) zufrieden giebt, so wird m a n finden, dass es hier theils in der H a r n r ö h r e selbst, theils in der Prostata und der übrigen U m g e b u n g noch eine Reihe von Z u s t ä n d e n und Verhältnissen giebt, die noch lange nicht sorgfältig genug erforscht und berücksichtigt sind. D e s h a l b m u s s man vor Allem eine recht g e n a u e anatomische A n s c h a u u n g der H a r n r ö h r e und ihrer A d n e x e n sich verschaffen, damit man das K a t h e t e r i s i r e n jedesmal zugleich als ein Sondiren der H a r n r ö h r e , also auch als Hülfe-' mittel der D i a g n o s e von p a t h o l o g i s c h e n Verä n d e r u n g e n und nicht blos z u r E n t l e e r u n g der B l a s e vornimmt. In solchcn Dingen muss man Bescheid w i s s e n , wie wenn man in seine W e s t e n t a s c h e g r e i f t , s a g t der berühmte K l i n i k e r P . K r u k e n b e r g . Leider a b e r sind unsere anatomischen Sectionssäle zur E r l a n g u n g dergleichen p r a k t i s c h e r K e n n t n i s s e noch g a r wenig eingerichtet, es wird in denselben höchstens, wie H y r t l sehr richtig b e m e r k t , „ a u f das gedankenlose H e r a u s schnitzeln u n t e r g e o r d n e t e r und werthloser G e f ä s s v e r zweigungen m e h r G e w i c h t g e l e g t , als auf eine in d e r Folge so oft benöthigte p r a k t i s c h e Gewandtheit." Ueber das E i n f u h r e n des D e s a u l t ' s c h e n K a t h e t e r s sei Folgendes b e m e r k t : Ein leises, eben nur h a l t b a r e s Fassen desselben ist Hauptregel. — Sein Griff r u h e deshalb auf den beiden ersten Fingern d e r rechten H a n d , während der D a u m e n gleichsam nur z u r Stütze desselben dient. Dadurch w i r d man verhindert, bei seinem E i n f u h r e n irgendwie g e w a l t sam zu verfahren; im Gegentheil wird man alle Manöver leicht und ohne N a c h t h e i l f ü r den K r a n k e n a u s f ü h r e n .
13G
Einführung des Katheters.
D e r Kranke befindet sich während des Einfahrens am besten in der Rückenlage, mit etwas flectirten Schenkeln nahe am Bettrande. D e r Operateur stellt auf seiner linken Seite und uml'asst mit Daumen und Zeigelinger der linken Iland den Penis unmittelbar hinter der eutblössten Eichel von der Seite her so, dass das Frenul. praeput. nach seiner Vota manus sieht, und drückt die Finger etwas zusammen, wodurch die Mündung der H a r n r ö h r e sich öffnet. Den beölten und durch Reiben zwischen den Fingern erwärmten Katheter wie angegeben gefasst, stützt er den kleinen Finger auf die lAnea alba in einer solchen Entfernung von der Wurzel des Penis, dass die Spitze des Katheters neben derselben über den Schambogen reicht. Diese Abmessung muss m;m nie unterlassen. Darauf senkt er die Spitze in die Ilarnröhrenmündung und zieht den Penis bei ruhig gehaltenem Katheter so weit auf diesen herauf, bis die Katheterspitze am Schambogen einen leisen Widerstand fühlen lässt. J e t z t hebt er den Griff des Katheters langsam, und leicht zwischen den Fingern gehalten, vom Bauche ab — in die Höhe — immer mehr nach vorn den Schenkeln zuneigend; während der Penis nicht wieder lierabgleiten darf. Hierbei schlüpft der Katheter oft wie von selbst unter dem Schambogen durch in die Blase. Findet er bei dieser Hebung und Durchführung unter dem Schambogen irgend einen Widerstand, so halte man sogleich inne, ziehe ihn wieder ein wenig zurück, hebe ihn dabei zugleich etwas nach oben und suche ihn darauf wieder weiter zu führen. Letzterer Handgriff ist oft von dem besten Erfolge, besonders wenn eine an der hinteren Wand der Pars membran. vorgeschobene Falte ein Hinderniss abgiebt: sowie denn überhaupt die Spitze des Katheters an der
Einführung des Katheters.
137
o b e r e n W a n d d e r H a r n r ö h r e u m den S c h a m b o g e n heru m g l e i t e n soll. D i e s e b e s c h r i e b e n e M e t h o d e heisst le tour sur le ventre z u m U n t e r s c h i e d v o n e i n e r z w e i t e n , le tour de maitre nannt.
ge-
B e i d i e s e r s t e h t d e r O p e r a t e u r a u f der rechten
S e i t e d e s K r a n k e n , w e l c h e r sich in d e r s e l b e n L a g e v o r h i n befindet, f a s s t m i t s e i n e r l i n k e n H a n d d e n von
oben her,
stützt
aber
d i e den K a t h e t e r
wie Penis
fuhrende
H a n d z w i s c h e n den S c h e n k e l n d e s K r a n k e n so a u f . d a s s die C o n v e x i t ä t
des Katheters
Spitze desselben
n a c h oben s i e h t
und die
bis an die P e n i s w u r z e l reicht.
Darauf
z i e h t e r den Penis
w i e d e r ü b e r den K a t h e t e r , b i s dessen
S p i t z e sich unter d e r Symphysis
befindet, l ä s s t d e n G r i f f
d e s s e l b e n j e t z t b l o s a u f s e i n e n F i n g e r n ruhen u n d m a c h t mit H a n d und Penis
einen B o g e n ü b e r den l i n k e n S c h e n -
k e l des K r a n k e n und d e r Mittellinie zu, so d a s s d i e C o n cavitiit d e s K a t h e t e r s n a c h o b e n k o m m t , und eine k l e i n e n a c h s c h i e b e n d e B e w e g u n g l ä s s t den K a t h e t e r s o g l e i c h in d i e B l a s e s c h l ü p f e n *). Bei W e i b e r n hat der Catheterismus weniger
Schwie-
r i g k e i t e n , s o b a l d m a n d i e S p i t z e d e s I n s t r u m e n t s in die Ilarnröhrenmündung gebracht. Schambogen
in d e r Mitte
D i e s e ist hart unter dem
dicht oberhalb des
Introitu*
*) Kürzlich ist von Frankreich aus eine A r t demi-tnur maitre empfohlen.
Ich habe dieselbe in Fällen von
vergrösscrungen werthvoll gefunden. führung die L a g e r u n g des K r a n k e n
de
Prostata-
Auch genirt bei ihrer Ausnicht.
Man stellt sieh auf
die eine oder andere Seite, ergreift den Penis wie vorhin, zieht ihn senkrecht in die H ö h e , senkt die Spitze des zum Penk gehaltenen Katheters
horizontal
in die Harnröhre, führt ihn so
tief ein, bis man unten am Schambogen anstösst, und macht nun mit dem Instrument einen B o g e n über den Schenkel der Seite, an welcher man steht, der Mittellinie des Bauches 7.11. wobei inan dasselbe zugleich in die B l a s e schiebt.
138
Der Harnblasenstich.
vaginae als kleiner k n o r p l i g e r R i n g zu f ü h l e n , so dass man einen kleinen weiblichen K a t h e t e r von D e s a u l t . oder auch einen gewöhnlichen elastischen K a t h e t e r (genirt seine Länge, so schneidet man ihn halb durch) auf der Spitze des dicht u n t e r der H a r n r ö h r e n m ü n d u n g aufgestellten Zeigefingers u n t e r der D e c k e einschieben kann. O f t liegt aber das Orißcium so versteckt, besonders wenn die Genitalien nach der E n t b i n d u n g noch e t w a s geschwollen sind, dass man d a s A u g e nothwendig beim Aufsuchen mit zu Hülfe nehmen muss.
D. D e r H a r n b l a s e n s t i c h . Punctiu s. paracentesis resicae urinariae. (Siehe Fig. 39.)
Diese Operation ist d a s ultimum refugium, wenn die Application des K a t h e t e r s nicht möglich ist. Der Methoden sind drei: 1) U e b e r der Symphysis, von R o u s s e t angegeben und von M e r r y zuerst a u s g e f ü h r t . 2) D u r c h den M a s t d a r m o d e r die S c h e i d e , von F l u r a n t zuerst ausgeführt. 3) D u r c h den D a m m , von A v i c e n n a beschrieben, von D e s a u l t , B e l l in n e u e r e r Zeit verbessert und w i e d e r geübt. a. A u s f ü h r u n g d e r e r s t e n M e t h o d e . Ein Gehülfe legt seine H ä n d e zu beiden Seiten der Blase flach auf, um sie zu fixiren und zugleich ein wenig zu comprimiren. D e r O p e r a t e u r steht an der rechton Seite des K r a n ken, legt seinen linken Zeigefinger quer über die Symph. oss. pub., ergreift mit der vollen rechten H a n d den beölten F l u r a n t ' s c h e n T r o i k a r t mit nach oben gerichteter Con-
Der Harnblasen«tich.
139
vexität, sreckt den Zeigefinger längs der Canüle aus, so dass 2 Zoll von der Spitze frei bleiben, ond stösst ihn vor seinem Finger 1 Z o l l von der Symphysis in die Blase. E r muss dabei mit der einführenden Hand einen Bogen von unten nach oben und vorn bilden, und während des Eindringens den ausgestreckten Zeigefinger nicht verrücken. Man kann auch bei fettleibigen Kranken oder bei tief stehender Blase vorher einen l ' / j Zoll langen Einschnitt von der Symphysis in der weissen Linie aufwärts machen und darauf das Zellgewebe zwischen den Mm. pyramid. trennen; nur muss man sich dabei vor Verletzung des Bauchfells hüten. Darauf entfernt man das Stilet, lässt den K r a n k e n sich auf die Seite neigen und den Urin in Pausen abfliessen; während man zugleich die Canüle tiefer in die Blase schiebt und sie umdreht, so dass ihre Convexität nach abwärts sieht, damit ein Abgleiten der entleerten Blase verhütet werde. Um ferner eine Reibung der Blase am scharfen Rande der Canüle zu verhindern, schiebt man in diese das Röhrchen von B e l l und befestigt beide durch Bänder an einander, schliesst endlich nach der Entleerung das Röhrchen durch einen Korkstöpsel, und befestigt die Platte, nachdem man eine gespaltene Compresse untergelegt hat, durch Heftpflaster und eine T Binde. Bei lang andauernder Urinverhaltung, bei welcher man eine Incrustation der Canüle zu fürchten h a t , was immer zu erwarten steht, wenn Crystalle aussen an der Canüle bemerkbar werden, bringt man, nach Entfernung von B e l l ' s Röhrchen, eine elastische Bougie, oder besser die Docke von Z a n g in die Canüle, und zieht letztere, nachdem man die Spina oss. ilium zum Stützpunkt für die einführende Hand gewählt, über diese heraus, reinigt
140
Der Harnblasenstich.
sie und schiebt sie darauf wieder zurück, entfernt dir Docke und führt B e l l ' s Röhrchen wieder ein. b. A u s f ü h r u n g d e r z w e i t e n M e t h o d e d u r c h den M a s t d a r m . Das Rectum wird vorher durch ein Klystier entleert, der Kranke wie zur Sectio lateralis gelagert; ein Gehülfe drückt mit flach über der Symphysis aufgelegter TIand die Blase a b - und hinterwärts und erbebt mit der andern Hand das Scrotuin. Der Operateur führt seinen linken beölten Zeigefinger in den Mastdarm, stellt ihn Zoll über der Prostata gerade in der Mittellinie fest, und führt auf ihm den Troikart mit zurückgezogenem Stilet und mit gegen dir Schambeine gerichteter Concavitüt ein, stösst darauf das Stilet vor und den Troikart in der Richtung nach dem Nabel 1 — Z o l l tief in die B l a s e , wobei er mit dem leitenden Finger einen Druck nach der angegebenen Richtung ausübt, damit ein Verfehlen der Blase durch Verschiebung des Troikart zwischen den Häuten des Rectum verhütet werde. Hierauf zieht er den linken Zeigefinger zurück, umfasst mit ihm und dein Daumen die Caniile, fixirt diese und zieht das Stilet aus. Dag Uebrige mit entsprechenden Modifieationen wie vorhin. Man hat streng die Mitte des Rectum zu halten, um eine Verletzung der Samenbläschen etc. zu vermeiden. Bei Weibern auf dieselbe Weise durch die Scheide zu punetiren, ist nur im Nothfall anzurathen, weil hier am leichtesten Harnfisteln zurückbleiben. T h e r a p e u t i s c h e Würdigung der Methoden. Die e r s t e hat wesentliche Vortheile vor den übrigen, denn 1) geschieht der Einstich am entferntesten von der
Der Harnblasen« tich.
141
k r a n k e n Stelle, welche gewöhnlich ihren Sitz in der Prostata oder dem Blasenhalse hat; 2) kann die Caniile längere Zeit liegen bleiben, ohne grosse Unbequemlichkeiten und Beschwerden f ü r den K r a n k e n , der gelbst dabei herumgehen k a n n ; :l) entstehen nicht lcicht Harninfiltration und Ilarniisteln. W a s die z w e i t e Methode betrifft, so sind mit ihr mehrere der genannten Nachtheile verbunden: 1) hat sie viele Beschwerden für den K r a n k e n ; '¿) kann die Caniile nicht lange liegen bleiben; 3) entstehen leicht Harninfiltration und Harnfistcl; 4) kann man bei ihrer Ausführung leicht die Samenbliischen, Prostata etc. verletzen. Man wird die zweite Methode deshalb nur dann wählen. wenn die Blase, etwa durch Degeneration ihrer W ä n d e , so klein ist, dass sie zu niedrig steht, so dass man unbedingt eine Verletzung des Bauchfells oder anderer Theile furchten müssle. Die dritte Methode hingegen ist von allen jiic schlechteste; denn man ist am entferntesten von der Blase und eine Verletzung der Prontata und anderer wichtiger Theile nicht zu vermeide». weshalb sie von den meisten Chirurgen verworfen wird. Ist das Hinderniss in der Pars membran., so macht man den Harnröhrenschnitt nuch S y m e . Man lagert den Kranken wie vorhin, bringt eine grfurchtc Leitungssonde bis zum Hinderniss, dringt '/) Zoll vom Rectum entfernt gerade in der Rnphe zur Pars membr. vor, ohne den liulbus uret/i. zu verletzen, und sticht den hervorgetriebenen T h e i l derselben entweder an oder spaltet sie von hinten nach vorn.
142
Der Blasenschnitt, Steinschnitt.
E. Der Blasenschnitt, Steinschnitt Lithotomia,
cystotomia.
G e l 8 u s hatte den gegen den Damm gedrängten Stein bei Knaben herausgeschnitten — gleich einer verhärteten Drüse aus dem subcutanen G e w e b e . E r hatte damit am männlichen Damm den W e g zur B l a s e angedeutet, auf dem aber in der dunklen Zeit des Mittelalters von seinen Nachfolgern roh und gedankenlos viel Unwesen getrieben ist. E r s t M a r i a n u s ( 1 5 1 0 ) that anatomisch einen Schritt weiter, indem er ebenfalls vom Damm nur den Isthmus der Harnröhre aufschneiden, im Uebrigen aber sich durch Dilatiren der Pars prostatira — das war allerdings wieder nicht anatomisch — eine ausgiebige Oeftnung verschaffen wollte. An M a r i a n u s complicirten und gefährlichen Encheiresen wurde gebessert, während F r a n c o (1561) genöthigt w a r , den W e g oberhalb der Symphysis einzuschlagen, da er auf dem alten nicht zum Ziele kommen konnte. E r kannte aber die Umgrenzungen des Bauchfells noch nicht, verlor wahrscheinlich seine K r a n k e n , weil er dasselbe verletzt hatte, und war ehrlich genug, deshalb von dieser seiner neuen ihm gefährlich erschienenen Methode abzurnthen. E r selbst kehrte zum .ilten W e g e zurück, den er bald besser und gefahrloser durch Angabe des eigentlichen S c i t e n s c h n i t t e s machte. Aber erst, als nicht mehr nach dem W i s s e n s drange eines V e s a l die Bannbulle geschleudert wurde, als die heilige Kirche mit ihrem ecclesia abhorret a sanquine vor Allem der Chirurgie den Scheidebrief geschrieben und die grössten Chirurgen anch als erste Anatomen zu glänzen anfingen — da fiel das eigentliche Licht a u f mancher Operations-Methode dunklen Pfad und die Zahl der in allen Ländern herumziehenden mit Stein-, B r u c h -
Der Blasenschnitt, Steinschrift. schnitt, Staarstechen etc. Gewerbetreibeoden minderte sich. E s kamen die S c a r p a ' s , C o o p e r ' s , L a n g e n b e c k ' s , D u p u y t r e n ' s und beschäftigten sich vor Allem auch hier ernstlich mit der anatomischen F r a g e : Wie ist der W e g zum Stein am gefahrlosesten und kürzesten? Mit der immer vollständigeren Lösung dieser F r a g e kam man immer mehr von den complicirten Encheiresen und einem hier grösser als irgendwo anders angehäuften Instrumenten-Apparat zurück. Die Bestrebungen F o u b e r t ' s , P o u t e a u ' 8 , G u e r i n ' s U.A., direkt unter dieser oder jener Leitung vom Damm in die Blase zu dringen, die recht sicher und gefahrlos sein sollten, erwiesen sich aus Mangel an anatomischem Hintergrund gerade umgekehrt und haben deshalb nur noch ein historisches Interesse; und die oft wunderbar anzuschauenden Werkzeuge, die man vergeblich auf einen ihnen zum Grunde liegenden Gedanken p r ü f t , erinnern nur an die rohen Hände, welche mit ihnen die blutige Discussion der F r a g e anstellten, „wie viel dazu gehört, um einen Menschen chirurgisch todt zu machen." Lange nun galt der Weg vom Damm aus als der gefahrloseste, bis man einsah, dass oberhalb der Symphysis sich das Bauchfell ganz gut vermeiden lasse, die Trennung der weissen Linie wenig verletzend, die Blase somit hier am leichtesten und an einer in der Regel gesunden Stelle (die untere Wand und die Prostata ist durch den Stein gereizt und häufig entartet) erreichbar sei und hier wie nirgend anders eine Oeffnung für den g r ö s s t e n Stein gestatte. Allein der Fettbauch, der oft tiefe Stand der Blase bei alten Leuten, die nicht selten zurückbleibenden Fisteln und vor Allein die gefährlichen, fast immer tödtlich ablaufenden Infiltrationen haben mit Recht bis auf den heutigen Tilg ihr nur wenige Anhänger verschafft. N u r bei Kindern, bei denen die Blase hoch über der Symphyse
144
Der Blasenschnitt, Steinschnitt.
steht, ist d i e s e M e t h o d e in n e u e s t e r Zeit w i e d e r h o l t mit glücklichem
E r f o l g ausgeführt.
Bei Erwachsenen
hin-
g e g e n verlaufen Operationen am B a u c h , w e l c h e W u n d e n setzen, a u s d e n e n das W u n d s e c r e t nicht fortgehend nach a u s s e n abfliessen k a n n , Bauchhöhle
s o n d e r n am b e q u e m s t e n in die
sich e r g i e s s t ,
in den ineisten F ä l l e n
lich — das ist S c h l e m m ' s Grundsatz.
tödt-
E r b e s t ä t i g t sich
durch die Erfahrung über N a b e l b r u c h - O p e r a t i o n e n
au
d e r in neuerer Zeit s o vielfach u n t e r n o m m e n e n E x s t i r p n tion d e s Ovarium
u. A.
B e s o n d e r s aus letzterem (¡runde
g i e b t der Seitenschnitt a m D a m m bei älteren Individuen e i n e weit g ü n s t i g e r e P r o g n o s e , m a g er immerhin w e g e n der w i c h t i g e n dabei g e f ä h r d e t e n T h e i l e verletzender sein. D i e s e sind: die Pudenda haemorrh. extern.), cavertiosus,
mit ihren Z w e i g e n (Transv.
der Lecator
und Sphincter
perht.
ani, der Hulbo-
b e s o n d e r s die s a m e n f ü h r e n d e n O r g a n e ,
das
bei alten L e u t e n in der R e g e l w e i t e und bei S t e i n k r a n k e n s o häufig durch H ä m o r r l i o i d e n k n o t e n und I*rolapsn/! generirte Jiectum,
endlich die entartete Prostata
oft k r a n k e Blase.
de-
und hier
Viele dieser wichtigen Verletzungen
fallen z w a r aus durch die g e n a u e n a n a t o m i s c h e n B e s t i m mungen,
welche S c h l e m m
a n g e g e b e n ; sie h a b e n aber
früher theils zur Proctocystotomia, Methoden
geführt.
m a n v o m Rectum Zoll n u f s c h e i d e n ,
theils zu D u p u y t r e n ' ^
Bei dem M a s t d a r m s c h n i t t
dann in der Mittellinie, a l s o mit Ver-
m e i d u n g der seitlichen P a r t i e n , zur Pars gen
soll
a u s den D a m m in der Raplie auf einen
und v o n dieser
aus
auf
membran.
der vorher
L e i t u n g s s o n d e in die B l a s e schneiden.
drin-
eingeführten
Allein d i e s e r W e g
hat trotz m a n c h e r L o b r e d n e r w e n i g e A n h ä n g e r g e f u n d e n . M a n b e s c h r ä n k t sie iin A l l g e m e i n e n auf den F a l l , w e n n der S t e i n a b g e s a c k t
nur v o n
A e h n l i c h ist es D u p u y t r e n Zoll v o m Rectum
hier
aus
erreichbar
ist.
ergangen, der zuerst einen
entfernt in der Raplie
nach
aufwärts
Der BUaenicbnitt, Steiiucbnitt
145
schneidend zur Pars membran. dringen und von ihr aus nach oben mit dem verborgenen Lithotom den Blasenhals einschneiden wollte, später aber, von diesem Verfahren abgehend, 6—7 Linien oberhalb des Rectum einen 12—20 Linien grossen Querschnitt machte, dessen Enden sich wegen der gefährdeten Pudenda leicht abwärts krümmen, darauf dringt er tiefer und öffnet die Pars membran., schiebt durch diese Oeffnung sein verborgenes DoppelLithotom in die Blase, bestimmt nach der Grösse des Steins die Grösse des Schnittes und schneidet im Zurückziehen Prostata und Blasenhals nach beiden Seiten hin ein (s. Fig. 40). Er schneidet auf diese Weise voroAnfangstheil der Blase ein Segment so ab, dass die s a m e n f ü h r e n d e n P a r t i e n unterhalb des Schnitt e s unversehrt liegen bleiben. Allein die Oeffnung fallt nur klein und vor Allem für die Extraction des Steins höchst unbequem aus und die Pudenda ist auf beiden Seiten sehr gefährdet. Diese Methode hat nur wegen der Schonung der Samengänge einige Anhänger. — So bleiben also beim Manne besonders die Sectio lateralis und in seltenen Fällen die Epicystotomia. Beim Weibe hingegen sind Steine überhaupt seltener und dann die anatomischen Verhältnisse einfacher. Hier kann man ähnlich dem Seitenschnitt, oder v e r t i c a l oder h o r i z o n t a l auf einer Leitungssondc von der Harnröhre aus in die Blase dringen, ausserdem aber auch die Epicystotomia machen. a. Epicystotomia. Iiier soll die Blase zwischen dem ob'eren Rande der Schambeine und der Falte des Peritoneum, die den Fundus vesicae überzieht (s. Fig. 39), eingeschnitten werden. Erster Akt: Die Sonde ä fleche wird mit zurückgezogenem Stilet wie ein Katheter in die Blase geführt und von einem Gehülfen, der auf der linken Seite des 10
146
Der Blasenschnitt, Steinschnitt.
horizontal auf einem Tisch gelagerten K r a n k e n steht, gehalten. Statt der S o n d e empfehlen Einige auch das Anfüllen der Blase, w a s schon R o u s s e t mit einem schleimigen Decoct that. Zweiter Akt: T r e n n u n g d e r B a u c h w a n d . Sie geschieht in der Linea alba zwischen Nabel und Symphysis oss. pub. Die G r ö s s e des zu machenden Schnittes soll 2—3'/2 Zoll betragen, je nach der G r ö s s e des Krank e n , der S t ä r k e der B a u c h w a n d u n g und der Grösse des Steines. D e r O p e r a t e u r steht auf der rechten Seite des K r a n k e n , spannt mit D a u m e n und Zeigefinger der linken H a n d die Haut, und f ü h r t den Schnitt von oben bis auf die Symphysis durch H a u t und Fascia superficialis. Z w e i Gehülfen, die W a n d h a k e n flach anlegend, ziehen die W u n d e auseinander. E s k o m m t nun beim folgenden Schnitte hauptsächlich darauf a n , das Bauchfell nicht zu verletzen. Der Operateur legt deshalb die Spitze seines linken Zeigefingers auf die Symphysis oss. pub., sticht über und am Nagel desselben ein wie eine Schreibfeder gefasstes Soalpell, mit dem R ü c k e n dem F i n g e r zugewendet, einige Linien e i n , lässt den genannten F i n g e r ruhig liegen, führt an ihm in die gemachte Oeffnung eine I l o h l s o n d c , schiebt dieselbe, wie beim Dilatiren, unter die Muskeln dem N a bel zu, so lang die W u n d e , drückt die S o n d e am Griffe nach a b w ä r t s und durchschneidet alles Aufgefasste dilatiren d. So ist man bis a u f s Peritoneum gelangt, hat zugleich eine glatte MuSkelwunde erhalten, in der man darauf mit beiden Zeigefingern abwechselnd das Peritoneum nach oben schiebt und es dort durch den Zeigefinger eines G e h ü l f e n fixiren lässt. Dritter Akt: E r ö f f n u n g d e r B l a s e . D e r Operateur f a s s t den Griff der eingebrachten S o n d e , zieht sie
Der Bluenschnitt, Steinschnitt.
147
etwas an, damit ihr Schnabel dicht über der Schamfuge an die nicht vom Peritoneum überzogene Blasenwand zu stehen kommt. Hat er sich mit dem linken Zeigefinger von diesem richtigen Stand der Blase überzeugt, so stemmt er den Zeigefinger hinter der Spitze an und lässt das Stilet an demselben durchstechen. Darauf umfasst er mit Zeigefinger und Daumen der linken Hand von oben her die Spitze der Sonde, um so die Blase auf der Sonde zu fixiren und zugleich deren vordere Wand straff anzuspannen. Während der Gehülfe die Sonde in dieser Lage fixirt, hält der Operateur die Spitze derselben und auf ihr die Blase fest, damit diese beim Einschneiden nicht herabgleite, ergreift das spitze Messer wie eine Schrcibfeder, stützt die Hand anf den Schamberg, und schneidet die Blase auf der Rinne des Stilets von oben nach unten hin ein. Jetzt wird das Stilet ausgezogen, der Operateur geht mit seinem rechten Zeigefinger durch die gemachte Oeffnung in die Blase ein und fixirt diese auf demselben, während die Sonde ausgezogen wird. Ist die erhaltene Oeffnung nicht gross genug, so kann man sie noch etwas erweitern, um endlich im v i e r t e n A k t den Stein, im kleinsten Durchmesser gefasst, herausnehmen zu können. b. Sectio lateralis. (Fig. 40.) Nachdem das Rectum vorher durch ein Klystier entleert worden, geschieht die Lagerung des Kranken so, dass er horizontal auf einem Tische und mit dem Steiss am Rande desselben liegt; der Kopf etwas erhöht, die Schenkel stark abducirt und im Knie ilectirt. Ausserdem soll er seine Füsse mit den Händen fassen, und Hände und Füsse sollen an einander befestigt werden. In dieser Lage wird er durch Gehülfen sicher fixirt. — 10*
HS
D e r Blasenschnitt, Stcinschnitt. F i g . 40.*)
Krster A k t :
Die
Lei tungssonde
wird
beeilt
e i n K a t h e t e r e i n g e f ü h r t und e i n e m a n d e r r e c h t e n des Kranken
stehenden Assistenten
übergehen.
wie Seite
der
sie
*) I)ic l'erinäalgegcnd freigelegt. der vordere Tlieil des S/iliiiicler und Lei ntor ani sind fortgenomnien. und in der Pur." MPiiibmit. und in der Prustrita sieht man D u p u y t r e n s Schnitte und den Seitensc.hnitt. Man sieht oben den Ihilb. urethral- vom .1/. bull/u-cai-ernus. bedeckt, seitlicli den hchiu-careriios. und den Verlauf der Art. ¡¡uilemlri mit ihren Seitenzweigen, ebenso den AVer. ¡lUili-nd. Heinerkcn wir noeh, dass der M. trauten, jederseits die ganze Gegend in eine vordere Damm- und hintere Aftergegend tlieilt. Nach vorn zu bildet derselbe mit den seitlichen Isehiw und Hulbo-carernun. einen triangulären Kaum (Triamjulu» pubo-urethmlit), in welehcn seitlieh am Ischio-eacernos. die Pudentla tritt; nach hinten begrenzt er zum Theil das zwischen Sitzknorren und Arm*
Der Blasenscbnitt, Steinsehnitt.
149
parallel mit dem rechten Schenkel und mit nach der anzugebenden Schnittlinie gerichteter Rinne ruhig und sicher hält, während er zugleich mit der andern Hand das Scrotum ergreift und es straff nach oben zieht. Zweiter Akt: Der Operateur sitzt vor dem Kranken, reinigt das Perinäum von den vorhandenen Haaren und bestimmt an ihm Ort und Richtung des Schnittes auf folgende Weise: Die beiden Höcker der Sitzbeine, die a u f - und absteigenden Aeste der Sitz- und Schambeine bilden zusammen ein Dreieck, dessen Spitze am Scrotum in der Raphe, dessen Basis zwischen den angegebenen beiden Höckern liegt. Dieses grosse Dreieck wird durch die Raphe wieder in zwei kleine rechtwinklige getheilt, von denen der Operateur das ihm zur Rechten liegende durch den zu führenden Schnitt halbiren soll. Dieser muss demnach von der Spitze (1 — 2 Linien von der Raphe entfernt) bis zum Ilalbirungspunkte der entsprechenden Grandlinie (nach der Mitte zwischen After und Sitzbeinhöcker) gefuhrt werden. Hat sich der Operateur Ort und Richtung des Schnittes genau gemerkt, so spannt er mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand die Haut und führt denselben von oben nach unten mit einem bauchigen Scalpell aus. vom Levator ani nach innen und vom Obturator internus nach aussen gebildete Carum rectu - ischiaJicum, welches viel F e t t und die Hämorrhoidalgefässe enthält und f ü r Dammabscesse von Bedeutung ist. D e r Fascien sind d r e i : die superficialis, die perinaea, mit ihrem oberflächlichen und tiefen Blatt die zum T h e i l übereinander liegenden Muskeln überziehend, und die F. pelcis, welche eine Art Diaphragma im kleinen Becken bildet und von dem austretenden Rectum und dem Blasenlialse durchbohrt w i r d ; Blasenhals und Prostata umhüllend, bildet sie das I.ig. pubo-prostaticum und das ptibo• vesicale jederseits.
150
D e r Blasenschnitt, Steinschnitt.
Der erste Schnitt trennt H a u t und Fascie; der zweite den M. transvers. perin. und den vorderen Theil des Letator ani, worauf auf der inneren Seite der Bulbo-, aut der äusseren der Ischio-cacernosus sichtbar werden. Eraterer wird mit dem Zeigefinger der linken I l a n d , mit dem man jetzt schon die Rinne der Sonde fühlt, nach innen und oben geschoben und dort zurückgehalten; während man unter diesem Finger, den man wiederholt zur Exploration der Sonde benutzt, mit dem Messer tiefer in die Wunde (unter dem Bulbus fort zur Pars metnbran.) dringt, bis endlich die Rinne deutlich in letzterer gefühlt wird. Dritter A k t : S e i t l i c h e E r ö f f n u n g d e r B l a s e . Nachdem der Operateur mit seinem untersuchenden Finger die Rinne der Sonde noch einmal deutlich gefühlt, setzt er in dieselbe den Nagel des genannten Fingers, ergreift R u s t ' s oder L a n g e n b e c k ' s Steinmesser so. dass der Daumen auf den R ü c k e n , der Zeigefinger in die an am Griffe befindliche Vertiefung zu liegen kommt, und sticht dessen Spitze neben dem Fingernagel in die Rinne. Dass dieselbe sicher und vollständig eingedrungen ist. fühlt er an ihrer Berührung mit der Solide. Die rechte Hand ruhig haltend, nimmt er mit der linken dem Gehülfen die Leitungssonde a b , indem er die Hand desselben langsam von unten nach oben von der Sonde herunterseiliebt, damit er durch Bewegung und Verrückung des Standes der Sonde nicht mit dem Messer aus der Rinne wieder herausgleite. H a t er den Grift' der Sonde fest und sicher gefasst, so wendet er dessen Fläche" genau nach der Richtung der äusseren W u n d e , neigt ihn zugleich mehr nach sich, um den Schnabel der Sonde tiefer in die Blase zu schieben, hebt sie mit ihrer concaven Fläche gegen den Schamberg in die Höhe, um mehr vom After abzukommen, hält sie in
Operation der Phimosis.
151
dieser Richtung und Stellung fest und ruhig, und schiebt das Steinmesser, indem er dessen Griff immer mehr senkt, in der Rinne fort in die Blase. Der Schnitt fällt also möglichst seitlich, damit die Samengänge nicht verletzt werden, zum Theil durch die 8 bis 9 Linien lange Pars membran., durch die 10 Linien bis 1 Zoll lange Pars prost, in den Blasenhals, und wird deshalb mindestens 1 '/a Zoll betragen.
F. Operation der Phimosis. Die Methoden richten sich hier nach den vorhandenen Ursachen und der durch diese bedingten Art des Uebels. Die Verengerung kann nämlich ihren Grund haben: 1) Indem der Uebergang -der äusseren in die innere Lamelle gleichsam einen Ring und damit eine zu enge Oeffnung der Vorhaut bildet, oder beide Lamellen auf grössere Strecke zu eng sind. Iiier wird man häufig mit der Incision des Ringes auskommen, oft wird man beide Lamellen weiter, ja bis zur Coro», gland. spalten und mitunter noch die so entstandenen Lappen abtragen müssen. 2) Im i n n e r e n Blatt des Praeputium, so dass dasselbe nur über einen kleinen Theil der Glans zurückgezogen werden kann. Hier macht man die Incision der inneren Lamelle. 3) Die Vorhaut liegt trichterförmig verlängert vor der Eichel und ist wohl zugleich krankhaft entartet. Hier macht man die Circumcision. a. I n c i s i o n b e i d e r L a m e l l e n . Der Operateur retrahirt mit seiner linken Hand das äussere Blatt der Vorhaut möglichst gegen die Wurzel
152
Operation der Phimosis.
des Penis, und fuhrt darauf entweder das R u s t 'sehe Fistelniesser mit zurückgezogener Sf>itze flach unter die Vorhaut bis zur Corona glandis, richtet die Schneide nach o b e n , stösst die Spitze d u r c h , und durchschneidet, das Messer nach sich ziehend, die V o r h a u t in einem Zuge; oder man lässt die lletraction durch einen Gehalten ausführen — führt eine geölte H o h l s o n d e , mit der Furche der Eichel zugekehrt (damit die Spitze derselben keine F a l t e der inneren Lamelle fasse), unter die Vorhaut bis zur Corona glandis, dreht die Sonde jetzt mit ihrer Furche nach oben, schiebt die Spitze e t w a s nach aussen gegen die Vorhaut, damit dieselbe an dieser Stelle noch etwas gespannt wird. Darauf fasst man ein spitzes Fistelmesser wie zum Dilatiren, sticht es an der Spitze der Sonde durch die gespannte V o r h a u t bis in die Rinne, schiebt es in derselben, indem man zugleich den Griff des Messers senkt, nach v o r w ä r t s , und durchschneidet so die Vorhaut. Man spaltet die Vorhaut auf der H o h l s o n d e auch wohl von vorn nach hinten; allein der K r a n k e zuckt beim Beginn des Schnittes stets zurück und verhindert dadurch nicht selten die Operation. Dagegen mag er bei dem angegebenen Verfahren immer zurückziehen, er wird dadurch nur selbst zur Spaltung der V o r h a u t mitwirken. Sind nun die entstandenen L a p p e n sehr aufgewulstet oder anderweitig entartet, so t r ä g t man sie mit der Scheere oder dem Messer ab ( R u s t ) und vereinigt beide Lamellen durch einige H e f t e , da deren A u s o i n a n d e r weichen eine sehr grosse W u n d f l ä c h e giebt. D a s N ä h e n beider Lamellen ist ü b e r h a u p t auch bei j e d e r anderen Methode anzurathen. — O f t g e n ü g t e s , blos den angegebenen Ring durch eine kleine Scheeren - I n c i s i o n einzuschneiden.
Operation der Phimosis.
153
b. I n c i s i o n d e r i n n e r e n L a m e l l e . D e r K r a n k e sitzt auf einem Stuhl; vor ihm steht der Operateur, spannt die enge Oeffnung der Vorhaut gegen die Eichel und schneidet den vorliegenden scharfen Rand der inneren Lamelle entweder mit einer guten Scheere oder dem Bistouri ein, zieht die Haut noch mehr zurück, wodurch sich das innere Blatt wieder deutlich über die Eichel spannt, und schneidet dasselbe wieder ein, und so fort, bis alle Spannung gehoben ist und die Vorhaut sich leicht über die Eichel zurück- und wieder vorschieben lässt. Auf diese Weise entsteht eiue gleichsam subcutane Incision der inneren Lamelle. c. C i r c u m c i s i o n ( C e l s u s ) . Ein Gehülfe retrahirt mit einer Hand an der Wurzel des Gliedes die H a u t , Daumen und Zeigefinger der anderen legt er von oben und unten an die Eichel, dass sie deren Spitze einige Linien überragen. Der Operateur fasst nun das verlängerte Praeputium zwischen Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand oder auch mit der Balkenzange, und durchschneidet es zwischen seinem und des Gehülfen Finger in einem Zuge. Dabei bleibt die innere Lamelle in der Regel etwas gegen die äussere vorstehen, weshalb man den vorstehenden Theil entweder noch mit der Scheere abträgt oder blos der Länge nach einschneidet. Nach der Operation lässt man kalte Umschläge machen und berücksichtigt den Zustand der Eichel. l l i c o r d hat in neuerer Zeit eine Zange mit durchbrochenen Branchen angegeben, welche theils d a s , besonders beim Seheerenschnitt, Ungetrenntbleiben der inneren Lamelle verhindern, theils das Anlegen der Hefte erleichtern soll. Mit der Zange soll (Fig. 41. a) der abzutragende Theil der Vorhaut erfasst, dann sollen die Hefte durchgelegt und nun der vor der Zange befindliche Theil
154
Operation der Phimosis.
F i g . 41.
fffe
weggeschnitten w e r d e n . Darauf w e r d e n die auf der Eichel liegenden H e f t e b b durchschnitten, w o d u r c h a u s j e einem zwei H e f t e werden (eins auf j e d e r Seite. Fig. 42". Fig. 42.
E i n e ähnliche Idee ist schon f r ü h e r von K a u bei der O p e r a t i o n des Entropium in ä h n l i c h e r Weise a u s g e f ü h r t . W i r sind d e r M e i n u n g , dass eine ungleiche A b t r a g u n g d e r L a m e l l e n d a d u r c h nicht v e r h i n d e r t wird. — A n m e r k u n g . D a s A b t r a g e n d e r Lamellen geschieht s c h r ä g v o n oben n a c h u n t e n u n d v o r n p a r a l l e l d e m E i c h e l r a n d e und mit S c h o n u n g des Frenulum. a u s dessen
Operation der Paraphimosis.
155
v e r l e t z t e r Arterie s o n s t , namentlich bei K i n d e r n ( B e sclineidung), gefährliche Blutungen entstehen k ö n n e n .
G. Operation der Paraphimosis. D e r vorhin angegebene Ring des Praeputium b e w i r k t hier in der Regel dicht hinter der Corona glandis die E i n s c h n ü r u n g , w ä h r e n d sich das innere Blatt ö d e m a t ö s aufg e w u l s t e t und die Einschnürung überdeckt hat (Fig. 43). Fig. 43.
L'in nun dieselbe zu h e b e n , muss man den R i n g des Praeputium an der einschnürenden Stelle durchschneiden, was man nach R i c h t e r auf folgende W e i s e a u s f ü h r t : Man hebt dicht hinter der E i n s c h n ü r u n g und zur Seite des Penis mit der Pincctte eine kleine H a u t f a l t c auf, durchschneidet sie, f ü h r t von der entstandenen Oeffnung aus eine H o h l s o n d e unter die Strictur und d u r c h schneidet diese auf der Sonde. Die S o n d e soll offenbar die Corp. cavern. schützen; indess man wird bei ihrem Einführen dieselben notlnvendig zerbohren. D e s h a l b v e r f ä h r t man einfacher und z w e c k m ä s s i g e r nach B e l l , w e n n man auf folgende W e i s e a u s f r e i e r Hand einschneidet:
Amputatio penis.
Ein Gehülfe legt seinen Zeigefinger an der betreffenden Stelle auf die Aufwulstung und zieht diese von der Einschnürung ab, wodurch er zugleich die Haut spannt. D e r Operateur spannt die Haut hinter der Strietur an und durchschneidet diese mit kräftigen Messerzügen. Eine Verletzung der Corp. cavern. braucht man nicht zu fürchten, weil der feste fibröse Ueberzug derselben sie dagegen schützt Nur muss man seitlich am Penis einschneiden und nicht in der Mitte desselben, wegen der dort verlaufenden Gefässe und Nerven. A n m e r k u n g . Vorher versucht man natürlich die Reposition, welche in den meisten Fällen gelingt. Es sind verschiedene Repositionsmanöver angegeben. Das Fig. 4 3 abgebildete ist das gebräuchlichste. Einige rathen, die Verkleinerung der Eichel durch vorhergehende eomprimirende Umwickelung mit einer schmalen Hintie zu bewirken. Ich empfehle, an der Einschnürung die Stelle aufzusuchen, wo der ödematöse "Wulst am kleinsten ist, und hier mit Hülfe der Fingernägel zuerst die Strietur über den "Wulst zu bringen. Gelingt dies (und ich habe es in schwierigen Fällen verhältnissmässig leicht zu Stande gebracht), so schlüpft der übrige Theil sehr leicht zurück.
H. Amputatio penis. Die Trennung des Penig vom Körper geschieht entweder 1) durch die Ligatur oder 2) durch den Schnitt. Das Abbinden wurde zuerst von R u y s c h vorgeschlagen, von H e i s t e r u. A. ausgeführt und in neuerer Zeit von G r ä f e verbessert und empfohlen. Letzterer benutzte dazu sein Ligaturstäbchen, nachdem er vorher einen sil-
Amputatio penis.
157
bernen Katheter durch die Harnröhre in die Blase gefuhrt hatte. Diese Methode soll eine gute Wunde und einen schönen Stumpf geben, hat aber wohl nur wenig Anhänger. Für die Amputation mit dem Messer haben wir zwei Methoden, je nachdem nämlich der Penis entweder d i c h t h i n t e r d e r E i c h e l und in d e r M i t t e , oder a n d e r W u r z e l abgeschnitten werden soll. a. D i c h t h i n t e r d e r E i c h e l und in d e r M i t t e . Ein Gehülfe umfnsst, ohne Verziehung der Haut, den hinteren Theil, der Operateur mit seiner linken Hand oder mit einer Balkenzange den abzuschneidenden Theil des Penis. Darauf fasst er das Amputationsniesser in die volle rechte Hand, setzt es mit seiner Schneidenspitze unter dem Penis an die gewählte Stelle ( R u s t ) , so dass also der Penis auf der horizontalen Schneide des Messers ruht, und schiebt dasselbe vorwärts bis zum Griifende. Durch diesen einen Zug (aber er muss kräftig und immer mit dem Amputationsmesser gefuhrt werden, weil der Penis sich schwerer durchschneiden lässt, als man glaubt) wird gewöhnlich das Glied durchschnitten. Bleibt aber noch ein Theil nach oben undurchschnitten, so trennt man denselben dadurch, dass man das Messer wieder nach sich zieht. A n m e r k u n g . Von unten nach oben schneidet man deshalb, weil man beim umgekehrten Verfuhren Gefahr läuft, dem Kranken in die Schenkel zu schneiden. b. Am h i n t e r e n T h e i l . Nach L a n g e n b e c k . Ein Gehülfe flxirt den Penis an der Wurzel, der Operateur am vorderen Theil, und durchschneidet darauf mit senkrecht aufgesetztem Messer den Penis von oben nach unten zur Hälfte. Durch das vorliegende Sejitum der Corp. cavern. zieht er jetzt eine Schlinge und übergiebt diese dem Gehülfen.
158
Die Castration.
Darauf erbebt der Operateur den Penis senkrecht, legt das Messer wieder in den ersten Schnitt und schneidet ihn jetzt horizontal vollständig durch. Durch das Anlegen der Ansa wird das Wegschlüpfen des Penis in den Hodensack, was immer geschehen würde, und Bluterguss in denselben verhütet. Die Gefässe werden nach der Amputation unterbunden und nicht, wie S c h r e g e r , der in abgesetzten Zügen schneiden will, angerathen, v o r und w ä h r e n d der Operation. E s ist wohl schwierig, in der tiefen und stark blutenden Wunde die Gefässe aufzufinden und zu unterbinden. A n m e r k u n g . Um sich nach der Operation das erschwerte Einführen des Katheters zu ersparen, kann man vorher einen e l a s t i s c h e n in die Blase schieben, bei der Operation mit durchschneiden und nachträglich etwas vorziehen. In Bezug auf die Vorhaut ist noch zu bemerken, dass man weder mit Schonung noch Verschwendung derselben operirt. Ueberhängt sie nach der Operation den Stumpf zu sehr, so trägt man sie nachträglieh ab.
I. Die Castration. Bei der Entfernung eines k r a n k e n Hoden hat man zweierlei Rücksichten zu nehmen: 1) auf den Zustand dos Samenstranges, seine Theilnahme an dem vorhandenen Krankheitsprozess; 2) auf die Beschaffenheit der äusseren Scrotalhaut; a. B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s S a m e n s t r a n g e s . Man spaltet zuerst die äussere H a u t in der L ä n g e des Samenstranges und des kranken H o d e n , und z w a r mittelst Bildung zweier Hautfalten. Die erste wird wie
Die Castration.
159
beim L e i s t e n b r u c h gebildet, n u r dass man hier d a s Tub. pubis als oberen G r e n z p u n k t annimmt. N a c h i h r e r D u r c h s c h n e i d u n g legt man an den unteren W u n d w i n k e l beide Z e i g e f i n g e r , beide D a u m e n auf den G r u n d des H o d e n , hebt die F a l t e auf und durchschneidet sie in der Richtung von innen und oben nach aussen und unten, so dass beide Schnitte jetzt einen bilden. D i e Isolirung des seiner ganzen L ä n g e nach vorliegenden S a m e n s t r a n g e s geschieht nun von oben nach unten auf folgende W e i s e : D a u m e n und Zeigefinger, mit ihren Spitzen genähert, setzt m a n seitlich neben den S a m e n s t r a n g und schiebt denselben durch E n t f e r n u n g beider F i n g e r von einander e n t w e d e r nach innen o d e r a u s s e n , und k o m m t seiner Lösung von dem ihn umgebenden lockeren Zellstoff durch seichte Messerschnitte zu Hülfe. S o v e r f ä h r t man erst auf der äusseren, dann auf der inneren Seite. J e t z t überzeugt man sich von seinem Zustande. F i n d e t mau ihn bis hoch oben in den K r a n k h e i t s p r o z e s s hineingezogen, so k a n n man ihn total u n t e r b i n d e n ; o d e r dies ist nicht der F a l l , und man will die Art. »permatica isolirt unterbinden. Letzteres ist wohl immer vorzuziehen, weil bei totaler U n t e r b i n d u n g f a s t immer Nervenzufalle entstehen. — Im ersten Falle f ü h r t man eine Aneurysmanndel mit einer Ligatur versehen an der bestimmten Stelle unter ihm durch und unterbindet i h n , wozu man sich auch ( I r ä f e ' s Ligaturstäbchen bedienen kann. Im zweiten F a l l e fasst ihn oben ein Gehülfe, der Operateur unterhalb, in gehöriger Entfernung vom H o d e n ; der Gehülfe hält ihn sicher und fest (er schlüpft leicht in die Bauchhöhle), w ä h r e n d der O p e r a t e u r das Messer Hach unterführt, die Schneide nach oben richtet und ihn mit einem Zuge durchschneidet.
160
Die Castration.
b. B e r ü c k s i c h t i g u n g d e s Scrotum. Will man den Hoden 1) mit Erhaltung des Scrotum entfernen ( C e l s u s ) , so hält der Operateur sogleich den abgeschnittenen Theil fest, zieht ihn stark an und schält den Hoden durch Schnitte, die immer gegen denselben gerichtet sind, aus. Oder 2) man will den entsprechenden Scrotaltheil mit fortnehmen ( Z e l l e r , R u s t ) . Hier kann man gleich nach der Durchschneidung des Samenstrange9 erst die Unterbindung der Arterie vornehmen. Ist die9 geschehen, so umfasst der Operateur mit beiden Händen die Hoden und zieht sie etwas auseinander, wodurch er das ganze .Scrotum gleiehmässig anspannt, lässt den gesunden darauf von einem Gehülfe» zurückhalten, so dass dieser zugleich die Scheide wund schützt, während er selbst den kranken mit dem umfassten Scrotaltheil in seiner linken Hand behält. Beide ziehen das Gefasste gleichmässig an; der Operateur greift unter seiner Hand durch nach dem Griff des ihm von einem Uehülfen vor seiner linken Hand und vor dem Schenkel des Kranken gereichten Amputationsmessers. und den hinteren Theil desselben ansetzend, schneidet er den Hoden mit dem gefassten Scrotaltheil in eitlem Zuge und mit sorgfältiger Berücksichtigung der Scheidewand ab. — Bei ausgedehnter Verwachsung und grosser Geschwulst wird mall ihn indess besser und vorsichtiger wie eine degenerirte Drüse herausschälen.
VI. Gapitef. Operationen an den Extremitäten. •.
Amputatio artanm.
Allgemeines über die
Amputationen.
a. R ü c k s i c h t l i c h d e r T e c h n i k . Wenn der Operateur sich überhaupt bei jeder Operation mit einer gewissen Gewandtheit oder dass ich so sage Gelenkigkeit bewegen soll, die jedoch weit entfernt von einer affectiven Behändigkeit sein muss: so kommt dies besonders bei den Amputationen und Exarticulationcn in Betracht. Die Erlangung technischer Fertigkeiten ist nun zwar für den Einen mit weit grösseren Schwierigkeiten verknüpft als für den Anderen, dem eine gewisse Gewandtheit und vor Allem eine manuelle Fertigkeit mehr oder weniger angeboren ist. Allein es kommt auch hier nur darauf a n , da»s das Regelnde mit dem eigentlichen Interesse erfasst. dass man, je grösser das ursprünglich Widerstrebende, mit um so mehr Sorgfalt auf Einzelheiten und scheinbar unwesentliche Kleinigkeiten achtet. Selbst dem oft vorhandenen Mangel an Gelegenheit zu hinlänglicher Uebung kann man dadurch begegnen, 11
162
Amputatio artnnm.
Allgemeines.
d a s s m a n die liier e r f o r d e r l i c h e n F e r t i g k e i t e n u n d H a n d g r i f f e zum Tlicil f ü r sich a u f d e r S t u b e , o d e r d e r F i n e a m A n d e r e n sich einüben k a n n . M a g m a n i m m e r h i n einw e n d e n , d a s s d a s G e n i e sich nicht an die l i e g e ] k e h r e , d a s s m a n hei e i n e r O p e r a t i o n sich um so w e n i g e r a n R e g e l und M e t h o d e binden k ö n n e , als im n ä c h s t e n A u g e n blick s c h o n eine V e r ä n d e r u n g b e i d e r n o t h w e n d i g w e r d e n k a n n ; dies g e r a d e ist es, w a s die v o l l k o m m e n e B e h e r r s c h u n g h e i d e r so n o t h w e n d i g m a c h t , und g e r a d e diese Beherrschung, diese zur natürlichen Fertigkeit geword e n e R e g e l w i r d V e r a n l a s s u n g , d a s s das H a n d e l n den A n s c h e i n von R e g e l l o s i g k e i t e r h ä l t . W i r wollen versuchen, folgende hierher gehörige P u n k t e zur übersichtlichen Beachtung zusammenzustellen. Beim S t u d i u m d i e s e r O p e r a t i o n seihst w o l l e man sich d e r p r a k t i s c h e n U e b e r s i c h t w e g e n die F r a g e n : w e s h a l b . w a n n , w o , w i e soll a m p u t i r t w e r d e n und w i e i s t d i e N a c h b e h a n d l u n g z u l e i t e n ? v o l l s t ä n d i g beantworten. H a t d e r O p e r a t e u r sich ü b e r die W a h l e i n e r a u s z u f ü h r e n d e n M e t h o d e o n t s c h i e d e n , so hat er 1. s e i n e A s s i s t e n t e n a n z u s t e l l e n (conf. S. 11). Bei der Amputation grösserer Glieder braucht er d e r e n f ü n f , von d e n e n z w e i bei d e r O p e r a t i o n t h ä t i g sind, e i n e r d a s C h l o r o f o r m i r e n , d e r vierte d a s T o u r n i < | u e t b e s o r g t u n d d e r f ü n f t e I n s t r u i n e n t e reicht. 2. H a t e r s e i n e S t e l l u n g z u m K r a n k e n w ä h r e n d d e r O p e r a t i o n zu b e r ü c k s i c h t i g e n . E r k a n n sieh o f t selbst im W e g e s t e h e n und b e a c h t e d e s h a l b die allg e m e i n e R e g e l , d a s s d a s zu a m p u t i r e n d e G l i e d ihm z u r r e c h t e n H a n d a b f a l l e n soll. H i e r v o n m a c h t n u r die A m p u t a t i o n d e s l i n k e n U n t e r s c h e n k e l s n a c h V e r d u i n eine A u s n a h m e (s. d i e s e ) , und w e n n m a n bei d e r A m p u t a t i o n des linken O b e r s c h e n k e l s e t w a a u s R a u n i b c s e l i r ä n k u n g
Ampntatio srtnam. Allgemeines.
163
nicht zwischen den Schenkeln des Kranken stehen könnte. F e r n e r hat er in der Regel den einen oder den anderen F u s s vorgesetzt, weil dadurch die Bewegungen des Körpers mehr Sicherheit und Gewandtheit erhalten. 3. I s t d e r r i c h t i g e G e b r a u c h s e i n e r a s s i s t i r e n d e n H a n d von W i c h t i g k e i t . E r wisse stets, w i e und w o z u er sie brauchen will, was besonders bei den Lappenschnitten, hauptsächlich aber auch bei den Exarticulationen in Betracht kommt. 4. D i e H a l t u n g u n d F ü h r u n g d e s M e s s e r s . Besonders im Anfange fasst und führt man dasselbe, selbst unbewusst in der Regel, mit einer gewissen krampfhaften Muskelspannung, wodurch die n o t w e n dige Beweglichkeit, vor Allem im Handgelenk, beeinträchtigt und die Ausführung der Operation ausserordentlich erschwert wird. Dies krampfhafte und ungelenke Fassen und Halten gilt auch zum Theil von der assistirenden Hand. Man operirt gleichsam mit dem g a n z e n K ö r p e r und darf sich deshalb nicht wundern, nach einer an sich so geringen Kraftanstrengung wie im Schweiss gebadet zu sein. Man wolle berücksichtigen, dass fast keine Operation eines grossen Kraftaufwandes bedarf; die stärksten Muskelparlien durchdringt ein gewandt und regelrecht geführtes Messer mit der gröbsten Leichtigkeit und scheint sicli dabei gleichsam spielend in der kunstgeübten Hand zu bewegen. Man fasse demnach das Messer, wenn auch s i c h e r , so doch nie k r a m p f h a f t , was man daran p r ü f e n kann, dass die n ö t h i g e B e w e g l i c h k e i t im H a n d g e l e n k u n b e e i n t r ä c h t i g t i s t , und werfe von Zeit zu Zeit einen r e l a x i r e n d e n Blick auf die unnöthige Theilnahme seines gesammten Körpers. Man beginne die Schnitte stets nach den angegebenen 11*
164
Amputatio artuani.
Allgemeines.
Kegeln und achte d a r a u f , d a s s sie immer mit d e r IIÖt h i g e n R u h e zu einem b e s t i m m t e n Z w e c k « und m i t g e h ö r i g e m Erfolge geführt werden. In den meisten Füllen soll d a s Messer immer im Zuge schneiden, wobei d a r a u f zu a c h t e n , dass man während des Schnittes dasselbe nicht zu s t a r k a u f d r ü c k e , wozu man besonders N e i g u n g h a t , weil dadurch sein freier Z u g gestört wird. D a h e r k o m m t es denn auch, d a s s man 7.. Ii. bei den Zirkelschuitten daä M e s s e r mit aller G e w a l t um da> Glied h e r u m f ü h r t , und sich trotzdem w u n d e m muss. k a u m ein Drittel des Beabsichtigten, und dies w i e d e r u m mit IJrücken, durchschnitten zu haben. Hier hat mau aber das Messer immer a n d r ü c k e n d um den K n o c h e n gleichsam h e r u m g e w ä l z t , statt dasselbe in einem freien, leichten, immer gegen sich gerichteten Zuge h e r u m z u führen. Sticht man behufs d e r L a p p e n b i l d u n g d a s Messer ein. um es in sägenden Z ü g e n nach aussen zu f ü h r e n , so ist darauf zu sehen, dass diese Z ü g e immer mögliehst lang ausfallen, d a s s dabei d a s Messer stets in p e r p e n d i c u l ä r e r R i c h t u n g zum Gliede bleibt, dass es sich beim Z u r ü c k ziehen und V o r w ä r t s s c h i e b e n nicht von den v o r d e r e n W u n d w i n k e l n entferne, weil sonst leicht Z a c k e n entstellen. Denn man beabsichtigt 5. überall eine glatte Schnittiläche zu e r h a l t e n . besonders aber an den T h e i l e n , die sich später w i e d e r vereinigen sollen. D e s h a l b vermeide man das w i e d e r h o l t e Einschneiden d e r g e n a n n t e n T h e i l e und F l ä c h e n , w a s leicht beim Umschneiden d e r K n o c h e n , b e s o n d e r s d e r z w e i r ö h rigen, und beim G e b r a u c h der S ä g e geschehen k a n n . (>. Nach der T r e n n u n g der Weichgcbilde h a t m a n die Retractionsbinde anzulegen, die f ü r einrölirige K n o c h e n z w e i - , für zweiröhrige d r e i k ö p f i g ist.
Amputatio artunm. Allgemeines.
165
Der ungethcilte Kopf derselben soll beim einfachen Lappen am Vorderarm und Unterschenkel stets auf den gebildeten Lappen zu liegen kommen. Hiernach richtet sich die Einführung des m i t t l e r e n Bindenkopfes, der mit der Pincette an seiner Spitze gefasst, zwischen den beiden Knochen durchgeführt wird, und zwar am Unterschenkel von hinten nach vorn, am Vorderarm von der Volar- nach der Dorsalseite hin. Durchgeführt soll er nach der Axe des Gliedes an demselben hinaufgelegt und darauf die beiden äusseren Köpfe auf ihm scharf gekreuzt angelegt werden. Bei Anlegung der zweiköpfigen Binde lässt man den ungetheilten Kopf nach unten fallen, und kreuzt die beiden anderen so, dass auch hier der Stumpf vollständig gedeckt ist. Der Gehülfe umfasst darauf über der Binde selbst den Stumpf und fuhrt zugleich die Retraction der Weichgebilde aus, während der Operateur den Knochen nahe an der Binde behufs der Trennung der Beinhaut umschneidet und darauf 7. z u m G e b r a u c h d e r S ä g e s c h r e i t e t . Diese setze man stets senkrecht und mit ihrem hinteren Theil zuerst auf, und zwar an dem aufgesetzten Nagel des linken Daumen, dessen man sich dabei als Leitung und zugleich zum Schutze der Weichgebilde bedient. Jetzt zieht man sie in einem langen Zuge o © nach sich und schiebt sie ebenso zurück, lässt darauf die Züge schneller, und wenn man beinahe durchgedrungen ist, wieder langsamer werden; während der das abfallende Glied haltende Gehülfe dasselbe zuletzt ein wenig liebt. Der Knochen soll horizontal zur Axe des Gliedes, vollständig und glatt durchschnitten werden und möglichst hoch an den Weichtheilen, damit er nicht vorsteht, sondern nach Entfernung der lietractoren gleichsam in die Weiclitheile hineinschlüpft. 8. Ist dann die Unterbindung der Gefässe und die
1GC
Amputatio artuum.
Allgemeines.
A n l e g u n g des V e r b a n d e s v o r z u n e h m e n . Zu unterbinden h a t man z u e r s t die H a u p t a r t o r i e und deren Hauptiiste, o h n e d a s T o u r n i q u e t zu lüften. D a r a u f m e r k t man sich bei L ü f t u n g des T o u r n i q u e t den O r t eines spritzenden Gefiisses, und u n t e r b i n d e t so lange, bis keins m e h r spritzt. D e n einen L i g a t u r f a d e n schneidet m a n dicht am Knoten a b , d e r a n d e r e w i r d auf dem k ü r z e s t e n W o g e a u s der Wunde herausgeführt. A n m e r k u n g . K l u g e pflegte mit Kocht viel G e w i c h t d a r a u f zu legen, d a s s sich d e r O p e r a t e u r k u r z v o r einer O p e r a t i o n , w e n n i r g e n d m ö g l i c h , auf keine Weise ans t r e n g e n müsse, w o z u er z. B. durch T r a g e n o d e r L a g e r u n g des K r a n k e n etc. leicht veranlasst w e r d e n k ö n n e , weil ihm d a r a u s ein Zittern der H a n d und somit eine s t ö r e n d e U n s i c h e r h e i t entstehe. b. K i i c k s i c l i t l i c h d e r M e t h o d e n . I m Allgemeinen k a n n über die V e r s c h i e d e n h e i t d e r für ein und dieselbe O p e r a t i o n a n g e g e b e n e n M e t h o d e n , so wie ü b e r den dazu g e h ö r i g e n I n s t r u n i o n t e n a p p a r a t gesagt w e r d e n , dass d e r hellblickende V e r s t a n d des O p e r a t e u r s d u r c h einen speziellen F a l l geleitet sie h e r v o r r i e f , und d e r günstige E r f o l g ihnen in der A u s f ü h r u n g und l ' e b e i l i e f e r u n g einen d a u e r n d e n P l a t z sicherte. D e r t h e r a p e u tische Z w e c k , d e r d u r c h sie realisirt werden s o l l , entscheidet ü b e r ihren W e r t h oder L ' n w e r t h und tritt vernichtend dem S p i e l e der Eitelkeit g e g e n ü b e r , die liier, wie ü b e r a l l , n u r zu g e r n ihre R e c h n u n g zu finden ges u c h t hat. F ü r das Studiuni a b e r ist uns die B e a c h t u n g d e r geschichtlichen E n t w i c k l u n g der g e n a n n t e n M e t h o d e n von W i c h t i g k e i t und I n t e r e s s e e r s c h i e n e n , und w i r w o l l e n d e s h a l b rücksichtlich d e r hier in B e t r a c h t k o m m e n d e n v e r s u c h e n , eine k u r z e historische U e b e r s i c h t d e r s e l b e n zu g e b e n , sowie ihre t h e r a p e u t i s c h e W ü r d i g u n g k u r z
Amputatio artuum. Allgemeines.
167
a n z u f ü h r e n . Die Beschreibung j e d o c h wird bei der A m p u t a t i o n der einzelnen Glieder gegeben w e r d e n . D e n therapeutischen Z w e c k , welchen wir als d a s leitende P r i n z i p ausgesprochen und auch hier durch die einzelnen Methoden hindurch zu verfolgen haben, k ö n n e n wir riicksichtlich des operativen Eingriffes selbst darin setzen: d e r W u n d e e i n e a n g e m e s s e n e F o r m z u g e b e n , um die s c h n e l l e u n d v o l l s t ä n d i g e H e i lung und eine h i n r e i c h e n d e B e d e c k u n g für den e n t b l e i s s t e n K n o c h e n z u e r z i e l e n . H i e r n a c h sind z w a r die Methoden auf verschiedene W e i s e a u s g e f ü h r t , jedoch im Wesentlichen nicht v e r ä n d e r t w o r d e n . D i e s e r H a u p t m e t h o d e n giebt es drei: d e r Z i r k e l s c h n i t t , d e r L a p p e i i 9 c h n i t t und d i e Ovalärln e t h o d e. 1. D e r Z i r k e l s c h n i t t . E r zerfällt zunächst in den einfachen und d o p p e l t e n oder zweizeitigen (en deux temps). a. D e r e i n f a c h e Z i r k e l s c h n i t t , auch der C e i s i s c h e genannt, ist die älteste und m e h r als 1500 J a h r e allein geübte Methode. Man durchschneidet in einer Kreislinie. V h bis 2 i /i Zoll unterhalb der Durchsägungsstelle, sämmtlichc Weichtheile bis auf den K n o c h e n , lässt sie dann stark zurückziehen und d u r c h s ä g t jenen dicht an den zurückgezogenen Muskeln. — Von diesem Schnitt hat man behauptet, dass er in vielen Fällen dem K n o c h e n keine hinreichende B e d e c k u n g g e w ä h r t , so da9S ein s p ä teres H e r v o r r a g e n und D u r c h t r e t e n desselben entstehe, und ihn deshalb höchstens angewendet bei m a g e r e n und entkräfteten (daher leicht verwundbaren) Individuen, mit schlaffer und sehr dehnbarer H a u t und Muskulatur, und bei mehreren Amputationen kleinerer Gliedmassen. Den genannten Uebelständen sollte nun b. d e r z w e i z e i t i g e Z i r k e l s c h n i t t (amjnitation en
A m p n t a t i o artuiun.
Allgemeines.
ileux temps) a b h e l f e n , w e l c h e r von C h e s e l d e n und P e t i t zugleich «ausgeführt w o r d e n sein soll. I i i e r soll man zue r s t den I l a u t s c l m i t t (nach P e t i t 1 Zoll u n t e r der D u r c h s ä g u n g s s t e l l e d e s K n o c h e n s ) ausführen, diese darauf stark r e t r a h i r e n lassen und dicht am I t a n d c derselben die Muskeln d u r c h s c h n e i d e n . H i e r d u r c h w e r d e n nun z w a r schon m e h r Weiehgebilde z u r D e c k u n g d e s Stumpfes e r h a l t e n ; j e d o c h die E r s p a r u n g d e r M u s k u l a t u r und die durch diese gebotene Bed e c k u n g f ü r den Stumpf ist in vielen Fällen, besonders a b e r bei den z w e i r ö h r i g e n K n o c h e n , doch noch zu gering. F ü r die einröhrigen begegnete deshalb U o y e r diesem Mangel durcli das nachträgliche H e r a u s s c h n e i d e n des M u s k e l k e g e l s , w o d u r c h der Stumpf m e h r die T r i c h t e r forin erhält. D i e s e r Muskelkegel soll nämlich nach der D u r c h s c h n e i d u n g d e r Muskeln durch d e r e n s t a r k e i t e traction gebildet und am R a n d e derselben durchschnitten werden. A n w e n d u n g : Ihre A n w e n d u n g findet diese Methode bei r i g i d e n , nicht zu m u s k u l ö s e n , aber leicht v e r w u n d b a r e n I n d i v i d u e n ; an den beiden unteren Drittheilen des O b e r a r m s ; a m O b e r s c h e n k e l nahe ü b e r dem K n i e : am U n t e r s c h e n k e l ü b e r und u n t e r der AVade; a m V o r d e r a r m k n a p p ü b e r d e m H a n d g e l e n k , sowie in allen den F ä l l e n , w o die A m p u t a t i o n s w u n d e durch E i t e r u n g (?) geheilt w e r d e n soll. F ü r die z w e i r ö h r i g e n K n o c h e n , b e s o n d e r s f ü r den U n t e r s c h e n k e l , m u s s t e jedoch, wie schon b e m e r k t , bei den g e n a n n t e n M e t h o d e n die D e c k u n g des S t u m p f e s nocli oft b e s o n d e r e S c h w i e r i g k e i t e n darbieten, zumal da d e r B o v e r s e h e K e g e l h i e r nicht in A u s f ü h r u n g k o m m e n k a n n . D e s h a l b l a g es w o h l n a h e , diese B e d e c k u n g h a u p t s ä c h l i c h am U n t e r s c h e n k e l aus der W a d e zu n e h m e n , und so k a m 2. d e r L a p p e n s c h n i t t in A n w e n d u n g , d e s s e n E r -
Amputatio artuurn. Allgemeines.
169
findung f ü r die zweiröhrigen Knochen deshalb auch der des zweizeitigen Zirkelschnittcs v o r a n g i n g , und z w a r hat L o w d h a m den e i n f a c h e n L a p p e n s c h n i t t nach der Mitte des 17. J a h r h u n d e r t s in A u s f ü h r u n g gebracht. D e r d o p p e l t e Lappenschnitt w a r ursprünglich f ü r den Unterschenkel berechnet, w u r d e aber im ersten Drittheil des vorigen J a h r h u n d e r t s von I i a v a t o n und V e r m a l e auch auf den O b e r s c h e n k e l übertragen. Diese Methode bildet eine vorzügliche F l e i s c h d e c k e f ü r den Knochen und begünstigt die schnelle Vereinigung der W u n d e vor allen andern. Anwendung: a. d e s e i n f a c h e n L a p p e n s c h n i t t e s . D i e s e r soll im Allgemeinen angewendet w e r d e n am fleischigen Theile des V o r d e r a r m s und a m U n t e r s c h e n k e l in der Gegend der W a d e , au welchen Theilen H a u t und Muskulatur wegen der festen V e r w a c h s u n g mit den doppelten Knochen und d e m Lig. inteross. nicht stark genug retrahirt werden k ö n n e n ; und am O b e r arm und Oberschenkel in den Fällen, wo die H a u t an der einen oder anderen Seite h ö h e r hinauf destruirt ist; b. d e s d o p p e l t e n L a p p e n s c h n i t t e s . D i e s e r hingegen soll angewendet werden bei nicht zu vulnerablen und entkräfteten Subjecten und w o durch schnelle Vereinigung geheilt w e r d e n s o l l ; besonders am oberen Drittheil des O b e r s c h e n k e l s und Oberarms, wo der N a c h b l u t u n g durch T a m p o n a d e mittelst der L a p p e n vorgebeugt w e r d e n soll. L e t z teres ist besonders im Kriege w i c h t i g , w o durch den T r a n s p o r t Nachblutungen a u s der M a r k h ö h l e häufig sind. W i r sehen also beim Z i r k e l s c h n i t t und seinen verschiedenen Variationen als H a u p t z w e c k d e n verfolgt,
170
Amputatio artuuni.
Allgemeines.
ein h i n l ä n g l i c h g r o s s e s P o l s t e r und zugleich eine durchweg
glatte
Trichterwunde wollte C e l s u s '
zu
bekommen.
Diesen
Forderungen
S c h n i t t nicht ge-
nügen.
A b e r auch mit der Wundform des zweizeitigen
Zirkelschnittes war man nicht zufrieden, und suchte den Trichter
durch
mehrmaliges Durchschneiden
kulatur ( T r e p p e n s c h n i t t ) oder A l l a n s o n
der Mus-
durch
seinen
Ilolilschiiitt zu verbessern, bis endlich H ö v e r dies durch den angegebenen F l e i s e h k e g e l
am besten l e i s t e t e ,
halb auch die Bestrebungen von T r e p p e n - ,
wes-
I l o l d - oder
T r i c h t e r s c h n i t t so gut als verlassen sind. In B e z u g auf die Zirkelmethode endlich sind die B e merkungen B i e r k o w s k i ' s
(Cliir. Erfahrungen 1. Heft.
B e r l i n , 1 8 4 7 ) nicht ohne Interesse.
E r giebt auf einer
T a b e l l e ideelle Abbildungen von Längsdurchschnitteii des Zirkelschnittcs und zeigt den Unterschied der Wunde auf. welche man an lebenden und todten Stümpfen erhält. D e r Grund dieses U n t e r s c h i e d e s liegt nach B i e r k o w s k i
in
der eigenthünilichen K r a f t , vermittelst der sich der Muskel des Lebenden beim Durchschneiden contraliirt. während an der L e i c h e die Schnittwunden b l e i b e n , wie sie der ( ) p e r a t e u r gemacht hat.
B e s o n d e r s stark sollen sich
die dem K n o c h e n zunächst gelegenen Muskeln r e n . während die
an der Peripherie
nur s e h r wenig tliun, weil sie daran seitigen Verbindungen dieser
mit den
Indem
nun
so
zum K n o c h e n machen,
der
Haut
Muskelscheiden die
mit
Fleischmassen
Wunde
der
Fascie
von der
und
werden.
Peripherie
eine stufeinveis zunehmende Contraction
soll man
der K n o c h e n beim
dies
durch die gegen-
etc. gehindert
bei C e l s u s ' Z i r k e l s c h n i t t
schöne gleiclnnässige Trichterwunde Tiefe
contrahi-
des (»liedes
liegt.
zweizeitigen
erhalten,
Schlechter
schon
Zirkelschnitt
schlechtesten beim Trichterschnitt.
Dies
aus
eine sehr in deren falle
die
und
¡im
h a b e man bei
Ampntatio artnum. Brachii.
171
dem Studium dieser Methoden an der Leiche übersehen und deshalb C e l s u s ' Schnitt mit Unrccht den anderen nachgesetzt. Auch der Lappenschnitt hat rücksichtlich der beiden Hauptbedingungen: g u t e s P o l s t e r und s c h ö n e W u n d e , seine Variationen erfahren. Man hat nach der üertlichkeit des Gliedes und der örtlichen Beschaffenheit der Weichgebilde bald 1 — 2 — 3 Lappen gebildet; man hat ihre Grösse verschieden ausfallen lassen, besonders L a n g e n b e c k , dessen Lappenform S c o u t e t t e n 1827 zu seiner Ovalürmethode für die Exarticula'ionen geführt haben dürfte, während endlich B l a s i u s ' Schrägschnitt sich als ein auf die Amputationen übertragener Ovalschnitt ansehen lässt, bei dem nur die Wundenvereinigung anders ausfällt. 3. D i e O v a l ü r m e t h o d e steht gleichsam in der Mitte zwischen Zirkel- und Lappenschnitt und vereinigt so vielleicht die Vortheile beider. Schliesslich sei bemerkt. dass man der einen oder anderen Methode im s p e z i e l l e n F a l l i m m e r , im A l l g e m e i n e n n i e m a l s den Vorzug geben darf.
Amputation der einzelnen Glieder. 1. A m p n t a t i o
brachii.
a. Zweizeitiger Zirkelsclinitt nach K u s t .
Haut- und Muskelschnitt werden in zwei Halbzirkelschnitten vollendet. A s s i s t e n t e n . Ein Gehülfe umfasst den ausgestreckten und etwas Hectirten Oberarm oberhalb, ein zweiter dicht über dem Ellenbogengelenk, so dass sie die Haut
172
Amputatio artiium.
Hraihii.
s p a n n e n und die gleichmassige K u n d u n g des A r m e s durch sanften D r u c k vermehren. D e r O p e r a t e u r tritt mit dem rechten F u s s vor. legt seine linke I l a n d auf die l l ä n d e d e s oberen Assistenten, greift mit dem nicht ganz in die volle H a n d gefassten Messer unter den A n n und so weit d u r c h , dass seine .Schulter fasst unter das zu a m p u t i r e n d e (ilied zu stehen kommt. 1. l l a u t s e h n i t t . E r setzt den hinteren Tlieil d Zoll lang bei gestrecktem Gliede rund abschneidet.
Exarticulatio femori«.
7. E x a r t i c u l a t i o
201
femoris.
W i r haben hier dieselben Methoden, wie bei der Exart. humeri, weil dieselben Verhältnisse und Rücksichten vorhanden sind, nur dass die Prognose entschieden ungünstiger ist. Man wählt je nach diesen Rücksichten bald die L a p penbildung (man hat mittelst eines inneren — vorderen — äusseren — inneren und äusseren Lappens operirt), zieht aber, wenn es irgend geht, den Ovalschnitt vor, und legt das Oval, ähnlich wie bei der Schulter, so an, dass seine obere Spitze nahe der Spin. ant. sup., sein unterer Theil 3—4 Querfinger vom Sitzbeinkuorren f a l l t Der Kranke liegt fast horizontal auf einem Tisch, so dass die ATates dessen Rand überragen. Ein s i c h e r e r A s s i s t e n t comprimirt die Art. crur. auf dem Schambein; ein zweiter, an der äusseren Seite des Kranken stehend, spannt die "Weichtheile; ein oder zwei andere halten den Schenkel von unten horizontal. Der O p e r a t e u r , an der inneren Seite stehend, beginnt so am linken Schenkel den inneren Schnitt, ähnlich wie bei L a n g e n b e c k ' s Lappenbildung, von vorn und oben nach innen und unten, greift wie dort mit der assistirenden Hand ü b e r , mit dem Messer u n t e r den Schenkel und setzt letzteres mit dem vorderen Theil in das Ende des ersten Schnittes, schiebt es nach vorn und oben zur oberen Schnittspitzc und dringt mit Vor- und Zurückschieben schräg bis zum Knochen. Jetzt wird der Schenkel stark abducirt, von innen her die Kapäel eröffnet, die Lig. teres durchschnitten, der hintere Theil der Kapsel, den Kopf umgehend, getrennt, und endlich der Trochanter bei stark abducirtem Schenkel herausgeschält.
202
Exarticolatio pedis in tarso.
Zu unterbinden sind hier zuerst die Zweige der Hypogastrien, deren Compression nicht möglich, albo die Ischiadica, Glutea suj)., Obturatoria, dann die Arteria cruralis und ilire Zweige, die Profunda femoris, Circumflexa int. et e.ct., sowie endlich die V. crural.
H. E x a r t i c u l a t i o p e d i s in t a r s o . — C h o p a r t . Sie geschieht in der Verbindung des Talus und Calcaneus mit dem Os variculare und Cuboideum. a. Nach
Langcnbeck.
Ein A s s i s t e n t umfasst das Fussgelenk von vorn und spannt dadurch die Haut. Der O p e r a t e u r umfasst mit seiner linken Hand den Fuss so, dass seine Yola manus auf dem Kücken desselben ruht, und setzt am r e c h t e n Fusse d e n Z e i g e f i n g e r a u f den H ö c k e r des f ü n f t e n M i t t e l f u s s k n o c h e n s , den D a u m e n a u f d a s Tuber oss. navicularis. (Am l i n k e n Fusse hat umgekehrt der Daumen den ersten, der Zeigefinger den zweiten Funkt einzunehmen.) Diese beiden Punkte fixirend, setzt er am r e c h t e n Fuss am ä u s s e r e n , am l i n k e n am i n n e r e n Fussrande den hinteren Theil des Messers vor dem dort befindlichen Finger auf und führt dasselbe quer über den Rücken des Fusses nach der anderen Seite herüber, so dass der Schnitt dicht vor dem zweiten F i n g e r endet. Hart am Rande der so getrennten und vom (Jehülfen zurückgezogenen Haut schiebt er das Messer sogleich wieder zurück, durchschneidet so die Muskeln, drückt den F u s s nach abwärts, um so die Bänder anzuspannen,
Exarticnlatio pedis in tarso.
203
und dringt durch einen leichten, am äusseren Rande etwas nach o b e n , am inneren etwas nach v o r n gerichteten Zug in's Gelenk, trennt alle Bänder, geht endlich mit dem vollen Messer um die vorderen Gelenkköpfe herum, streckt den bis jetzt nach abwärts gerichteten Fuss, indem er dessen Rücken und Planta pedis umfasst, und bildet, das Messer in Sägezügen hin und her schiebend und immer am Rande der Planta pedis bleibend, den ungefähr vier Finger breiten Plantarlappen. Dabei muss das Messer immer von den Knochen abgewendet und mit besonderer Vorsicht unter dem Höcker des fünften Mittelfussknochens durchgegangen werden. Den gebildeten Lappen kann man gegen das Gelenk halten und so die Grösse desselben abmessen, und muss ihn endlich mit schräg nach unten und vorn gerichteter Schneide in einem Zuge quer abschneiden, wobei man den Fuss besonders stark anzieht. I). Mit Seitenschritten und Bildung zweier Lappen nach Walther, Rust.
A s s i s t e n t wie vorhin. Der O p e r a t e u r hat mit beiden Händen zu operiren. Er umfasst deshalb zuerst mit der rechten Hand von der dem zu führenden Seitenschnitt entgegengesetzten Seite den Fuss so, dass der Daumen längs des Fussrückens, die Finger unter der Fusssohle liegen, und spannt nun die Haut. Das Messer in der linken Hand, fasst er mit deren Zeigefinger am r e c h t e n Fuss nach dem v o r d e r e n Rande des Malleolus externus, am l i n k e n nach dem v o r d e r e n Rande des Malleolus internus, zieht sich mit der Fingerspitze von den bezeichneten Punkten senkrecht nach der Fusssohle eine Linie, die vom Malleolus externus 1 '/a Zoll, vom Malleolus internus aus 1 Zoll be-
204
Exarticulatio pedis in tarso.
tragen soll. (Am äusseren Rande muss der Schnitt besonders tief nach der Planta pedis zu geführt werden.) Sich den Endpunkt der Linie durch einen Nageldruck bezeichnend, sticht er hier die Spitze des Messers mit nach sich gerichteter Schneide unter einem rechten Winkel zum Fussrande ein, zieht es, die ganze Schneide an den Fussrand legend, nach sich, und macht längs desselben diesen Seitenschnitt ungefähr fünf Querfinger lang. Nachdem er darauf die Hände gewechselt und den zweiten Seitenschnitt auf dieselbe Weise ausgeführt hat. umfasst er die Planta pedis mit seiner linken l'ola manns, setzt am rechten Fuss den D a u m e n in der Schnittwunde auf den H ö c k e r d e s f ü n f t e n M i t t e l f u s s k n o c h e n s , den Z e i g e f i n g e r auf das Tuber oss. v avicularis. hält den Daumen ruhig, den Zeigefinger aber zieht er einen Zoll nach vorn — am linken Fusse nehmen die Finger wieder umgekehrt diese Punkte e i n . und der Daumen wird einen Zoll nach vorn gezogen — führt den Querschnitt, der Haut und Muskel trennen soll, wie vorhin angegeben, von einein Längenschnitt aus über den Fussrücken nach der anderen Seite, so dass er hier vor dem anderen Finger in den Längenschnitt übergeht. Hier mit dem Messer angekommen, lässt er dasselbe sogleich stehen, erfasst mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand den entsprechenden Winkel des Lappens, präparirt diesen, so dass er mit der H a u t auch die Muskeln enthält, mit langen und vorsichtigen Zügen los, bis der Kopf des Astragalus frei zu sehen ist, und lässt ihn darauf vom Gehülfen nach oben halten. D e r Operateur legt seine linke Hand wieder auf den Fussrücken und dringt wie vorhin in's G e l e n k , trennt alle Bänder, bis er mit voller Messerschneide in beide Längenschnitte gelangt ist. J e t z t wendet er die Schneide wieder um die Gelenk-
205
Exarticnlatio hallucia.
köpfe nach vorn und bildet längs der Schnittränder, unter den Knochen fortgehend wie vorhin, den vier Finger breiten Lappen. Diese Methode verdient wohl deshalb den Vorzug vor der vorigen, weil hier die Strecksehnen in grösserer Ausdehnung im Dorsallappen erhalten werden und den Contractionen des Achill, wodurch der Stumpf leicht die Form des Pes equinus erhält, grösseren Widerstand entgegensetzen. Praktische Uebersicht beider Methoden. L a n g e n b e c k umfasst den Rücken des Fusses, setzt einen Finger auf den Höcker des fünften Mittelfussknochens, den anderen auf das Tub. oss. navicularis, und macht gleich den Querschnitt. R u s t macht erst die S e i t e n s c h n i t t e , dazu senkrechte Linien vom v o r d e r e n Rande der Malleoli nach der Fusssohle, und zwar vom internus 1, vom externa* i y 8 Zoll. Zum Querschnitt umfasst er die Planta pedis — der eine Finger auf dem Höcker des fünften Mittelfussknochens bleibt stehen, der andere kommt vom Os naviculare einen Zoll nach v o r n — präparirt den oberen Lappen bis zur Anschwellung.
i). E x a r t i c u l a t i o
hallucis.
Mit Hinwegnahinc des Mittelfussknochens nach
Scoutettcn.
Der A s s i s t e n t , an der äusseren Seite stehend, fasst mit der einen Hand die übrigen Zehen und abducirt sie, mit der anderen vom inneren Rande aus den Fuss so, dass der Daumen auf dem Rücken vor dem Gelenke liegt und die Haut retrahirt.
206
Exarticulatio hallucis.
D e r O p e r a t e u r f a s s t mit d e m D a u m e n und den b e i d e n e r s t e n F i n g e r n s e i n e r l i n k e n H a n d die Z e h e so. d a s s d e r D a u m e n n a c h u n t e n , d i e F i n g e r n a c h oben zu l i e g e n k o m m e n ( w i e bei d e r g l e i c h e n O p e r a t i o n a m Daumen). D a s M e s s e r in d e r r e c h t e n H a n d , f ü h l t e r Zeigefinger nach d e m K a h n b e i n h ö c k e r , zieht s e l b e n d e n F i n g e r in s c h r ä g e r R i c h t u n g l ' / a v o r n bis a u f d e n R ü c k e n de» F u s s e s , w o e r z i e m l i c h g e n a u ü b e r d e m G e l e n k e befindet.
mit von Zoll sich
deren demnach dann
I i i e r sticht e r d i e S p i t z e d e s M e s s e r s ein, z i e h t d a s s e l b e g e g e n sich a n u n d z u g l e i c h v o n d e r Mittellinie a b w e i c h e n d , und z w a r a m r e c h t e n F u s s n a c h d e r inn e r e n S e i t e hin u m d e n B a l l e n h e r u m , a m l i n k e n n a c h dem Z w i s c h e n r a u m der grossen und nächstfolgenden Zehe hin. D i e G c l e n k f a l t e . w e l c h e die Z e h e a n d e r F l a n t a r s e i t e u m g i e b t , ist a u c h liier w i e d e r R i c h t u n g b e s t i m m e n d . U n t e r d e r Z e h e e t w a s ü b e r d i e Mittellinie g e l a n g t , zieht er das Messer aus. greift mit demselben ü b e r den R ü c k e n d e r Z e h e , w o b e i e r sieh z u g l e i c h e t w a s n a c h der entgegengesetzten Seite dreht, nimmt den Schnitt w i e d e r a u f u n d f ü h r t ihn s c h r ä g n a c h o b e n in d e n e r sten ü b e r . E i n i g e L i n i e n v o r d e m A n f a n g s p u n k t e d e s e r s t e n S c h n i t t e s falle d e r z w e i t e u n t e r s p i t z e m W i n k e l in den e r s t e n h i n e i n . D a r a u f t r e n n t e r d e n /uternsseus u n d ü b e r g i e b t die Z e h e d e m G e h ü l f e n , d e r sie in s t a r k e r S t r e c k u n g e r h a l ten m u s s . D e r O p e r a t e u r l ä s s t sich auf ein K n i e n i e d e r , fasst mit D a u m e n und Zeigefinger (Daumen nach oben, Z e i g e f i n g e r n a c h u n t e n ) die B a l l e n h a u t u n d p r ä p a r i r t d e n P l a n t a r l a p p e n bis u n t e r die Osxa sesamoidea los. I s t d i e s allseitig g e s c h e h e n , s o t r e n n t e r mit. s c h r ä g g e g e n d i e M i t t e l l i n i e der Zehe gerichteter Schneide dicht
Exart digiti minimi aas dem Mittelfassgelenke.
207
hinter der vorderen Anschwellung das Muskelfleisch vom Knochen, und zwar allseitig bis zur oberen Gelenkanschwellung hinauf. Ist der Knochen so unten und seitlich frei gelegt, so fühlt man an der Verbindungsstelle des Os metatarsi und Os cuneiforme primum eine Rinne senkreckt vom innern Fussrande nach dessen Rücken hin verlaufen. H a t man diese gefühlt, so erfasst man die Zehe mit der vollen linken Hand, zieht sie stark gegen sich an, fühlt nochmals nach der Rinne, und schneidet in der Linie, welche man von ihr nach dem Rücken des F u s s e s gezogen hat, auf diesem die Sehne durch leichtes Hin- und Herschieben des Messers durch, wobei man sogleich in's Gelenk kommt ( N B . wenn man genan die Linie berücksichtigt hat). Ein Gehülfe spannt dabei die Schnittwunde vor dem Messer auseinander. Bei starker Dehnung der Zehe durchschneidet man das Gelenk vollständig, indem man vom Zwischenraum aus in einem Bogenschnitt um den Gelenkkopf herumgeht. Nach der T r e n n u n g der Sehne des Peronaeus muss die Zehe entfernt werden können.
10. D i e E x a r t i c u l a t i o n d e r m i t t l e r e n Z e h e n ist analog der gleichen Operation an der Hand.
11. E x a r t i c u l a t i o d i g i t i m i n i m i a u s d e m M i t t e l f u s s g e l e n k e , nach " W a l t h e r . a. A m r e c h t e n F u s s e . Ein A s s i s t e n t abducirt die übrigen Zehen und spannt die H a u t Der O p e r a t e u r fasst die kleine Zehe mit Zeigefinger und Daumen der linken H a n d , setzt das Messer senkrecht
208
Resectio et Exstirpatio ossium.
in den Z w i s c h e n r a u m der vierten und fünften Zehe, schiebt es gegen die Mittellinie zum G e l e n k e aufsteigend von innen nach aussen und zieht es nach der Fusssohle hin z u r ü c k , so einen B o g e n s c h n i t t bildend. Die Zehe jetzt hebelartig abducirend, öffnet er mit Bogenschnitten und w i e d e r ain stumpfen W i n k e l das G e l e n k , geht mit dem Messer um den G e l e n k k o p f herum und bildet den äusseren L a p p e n , der dem A n f a n g s p u n k t e des ersten Schnittes gegenüber langsam und rund ausgeschnitten wird. b. A i n l i n k e n F u s s e . D e r O p e r a t e u r steht an der äusseren Seite des F u s s e s , setzt die Spitze d e s Messers zuerst nach der F u s s s o h l e gerichtet an, macht den untern Plantarschnitt und f ü h r t darauf den vorhin zuerst gemachten Schnitt aus. D a s Uebrige wie vorhin. A n m e r k u n g . Auf dieselbe W e i s e kann man auch die grosse Zehe, den D a u m e n . Zeigefinger und den kleinen F i n g e r exarticuliren.
C. Von der Besectio et' Exstirpatio ossium. Die R e s e c t i o n eines k r a n k e n Stückes vom Ende oder der D i a p h y s e eines K n o c h e n s und die E x s t i r p a t i o n eines ganzen K n o c h e n s sind in neuester Zeit vielfach und oft mit glänzendem Erfolge gemacht. Man zieht deshalb natürlich diese Operationen der Amputation und E x a r t i c u l a t i o n v o r , sobald man nach E n t f e r n u n g des k r a n k e n K n o c h e n s noch ein, wenn auch n u r einigermaassen b r a u c h b a r e s Glied zurückbehalten k a n n . F ü r die A u s f ü h r u n g gilt in Bezug auf den O r t und die zu wählende S c h n i t t f o n n , um zum k r a n k e n Knochen
Resectio et Exstirpatio oisiom.
209
zii gelangen, der Grundsatz: dass man möglichst dort eindringt, wo die Decke am dünnsten, wo man wichtige Gefässe, Nerven, Muskeln, Sehnen am meisten schont. Dies ist im Allgemeinen die Streckseite der Glieder, und unter den verschiedenen Formen von Längs-, - f ~ " i T-. V - , L-. LI-, H-Schnitt ist der L ä n g s s c h n i t t parallel der Gliedaxe der vorteilhafteste. 1. R e s e c t i o n d e r K n o c h e n e n d e n . a. D e s O b e r a r m k o p f e s . Von den Schnittformen ist besonders empfohlen die L a p p e n b i l d u n g aus dem M. deltoid., wie bei der Exarticulation, und der L ä n g s s c h n i t t ; letzterer verdient entschieden den Vorzug. Ausführung: Die A s s i s t e n t e n fixiren den Arm in seiner natürlichen Stellung. Der O p e r a t e u r setzt ein starkes Scalpell hart am vorderen Rande des Acromion auf und führt, gleich i n s Gelenk dringend, den 4—5 Zoll langen Schnitt, welcher den vorderen Rand des Tub. maj. trifft, gerade nach abwärts, hebt dann mittelst eines starken Hakens den Tend. bieip. aus seiner Furche und lässt ihn zur Seite und die Wunde auseinander halten. Ein Gehülfe rollt darauf den Arm nach aussen und der Operateur trennt vom Tub. minus, was dann in die Wunde kommt, den M. subcap. und ter. maj., darauf wird der Arm nach innen gerollt, um das Tub. maj. in die Wuude zu bringen und von ihm die Mm. ter. minor, supra- et infraspinatus abzutrennen; jetzt mit geknöpftem Scalpell in's Gelenk eingehend, trennt der Operateur den Rest der Kapsel, hebt den Kopf aus der Wunde, den ein Gehülfe mit einer Knochenzange fixirt, während er mittelst einer 14
210
Resectio et Exstirpatio ossium.
gewöhnlichen oder Stichsäge decapitirt. Zu unterbinden ist höchstens die Art. circumjlexa humeri. Muss man die Cav. glenoid. mit fortnehmen, so macht man aus dem L ä n g s - einen T - S c h n i t t mit möglichster Schonung des langen Kopfes des Biceps. H a t man einen oberen Lappen gebildet, so ist die weitere Operation noch leichter. Man sucht nun stets jyriitt. intent. zu erzielen. Deshalb hinlängliche Suturen und Heftpflaster — und der Arm wird wie bei D e s a u l t ' s Verband für den Clavicularbruch am T h o r a x befestigt. Die Heilung ist nach 2 — 3 Monaten so weit vorgeschritten, dass der Kranke seinen Arm brauchen k a n n , in B l a s i u s Fall zu allen Arbeiten, wobei der Arm abwärts gerichtet sein musste; doch muss man anfänglich mit dem Gebrauch noch vorsichtig sein, weil leicht l'seudartlirosc entstehen kann. Kino Regeneration des Humerus findet nicht statt, längere oder kürzere fibrös-zellige Bandmasse stellt die Verbindung her ( T e x t o r ) . b. A m E l l e n b o g e n g e l e n k . Man nimmt entweder die eine oder andere Gelenklläche der hier in Betracht kommenden Knochen fort, oder muss alle Enden derselben entfernen. In der Bauchlage des Kranken ist von der Dorsalseite das Gelenk am besten zugängig. Der O p e r a t e u r führt am Ulnarrande des