Schiedseid oder Parteienvernehmung?: Im Hinblicke auf die Verhandlungen des deutschen Juristentages 9783486727524, 9783486727517


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Schiedseid oder Parteienvernehmung?
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Schiedseid oder Parteienvernehmung?: Im Hinblicke auf die Verhandlungen des deutschen Juristentages
 9783486727524, 9783486727517

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Schiedseid ober

H^arteienvernehmung? )m Hinblicke auf die Verhandlungen des deutschen )uristentages von

Dr. Iofef Trnttev.

----------------------------------------

München 1893. Verlag von R- Oldenbourg.

Herrn Geheimen Dustizrat

Professor Dr. Heinrich Brunner, derzeit Mitglied der ständigen Deputation

des Deutschen )uristentages,

in alter Freundschaft und warmer Verehrung

gewidmet.

^chiedseid oder Parteienvernehmung? Die von dem deutschen Juristentage bereits einmal verneinend beantwortete Frage, ob die Eideszuschiebung im Civilprozeß durch die Vernehmung der Parteien als Zeugen zu ersetzen sei, wird

auf 1893 verschobenen D. I. St.

dem für 1892 einberufenen,

zur neuerlichen Beantwortung

vorliegen.

Den vielfachen,

aus

früherer Zeit stammenden, von hervorragenden Rechtsgelehrten in Wort und Schrift dargebotenen Erörterungen jener hochwichtigen

Frage schließen sich nunmehr noch zwei Gutachten an, die von Frhrn. v. Canstein und von Kleinfeller für den D. I. T.

verfaßt und in den „Verhandlungen des 22. D. I. St." „Gut­ achten" I. Band, S. 3—66 und S. 67—107 abgedruckt sind.

Die

Verschiebung des 22. D. I. T. bietet Gelegenheit, einiges über

diese beiden Gutachten und über die Frage selbst in eingehenderer

Weise vorzubringen, als dies bei den Verhandlungen desselben selbst möglich wäre. Frhr. v. Canstein entscheidet sich für die Beibehaltung

des Schiedseides neben Zulassung der freiwillig angebotenen

zeugeneidlichen Vernehmung

und bringt bezüglich des Schieds­

eides Reformvorschläge vor, während Kleinfeller sich für

die Ersetzung des Schiedseides durch die Vernehmung der Par­ teien als Zeugen unter Aufstellung bestimmter Sätze, welche für diese zu gelten hätten, ausspricht. Trutter, Schiedseid oder Parteienvernehmung?

1

Die Erstatter der beiden Gutachten beschäftigen sich zunächst mit dem Wesen unseres Schiedseides; nach der Ansicht des einen ist dieser ein Beweismittel, nach der des anderen wird er wenigstens von derR.C.P O. als solches behandelt. Frhr. v. Can­ stein erklärt im Anschlüsse an Glaser als Beweismittel des Beweispflichtigen nicht den Eid des Delaten, sondern den des Deferenten, zu welchem dieser sich mit der Delation des Schiedseides erbietet (S. 9). In dem durch die Eideszuschiebung bewirkten, aber nicht etwa dahin, daß der Delat zu einem Zeug­ nisse über das Beweisthema, sondern bloß dahin, daß er — ähnlich wie beim Kalumnieneide — zur Beschwörung seiner bona fides, oder aber zur Beschwörung seiner Ignoranz angehalten wird, gerichteten Zwang liege ein Moment, welches es rechtfertigt, daß dem Eide des Beweispflichtigen über die Wahrheit (?) des Beweis­ themas unbedingt volle Beweiskraft geschenkt wird (S. 11). Kleinfeller führt aus, daß der zugeschobene Eid in Deutschland aller­ dings als Schiedseid und nicht als Beweiseid recipiert, wohl aber später gegen seine Natur zum Beweismittel gestempelt wurde, obwohl er nicht fähig ist, den Platz eines Wahrheitserforschungs­ mittels auszufüllen (S. 73, 74 und 76). Die Eideszuschiebung sei nicht Beweisangebot, sondern Ablehnung der Beweisführung unter Überwälzung der Beweislast auf den Gegner (S. 77). Obwohl die Erstatter der beiden Gutachten darin überein­ stimmen, daß dem. Schiedseide heute Beweismitteleigenschaft zugestanden ist, sind sie doch ganz entgegengesetzter Ansicht darüber, worin das Beweismittel bestehe; Kleinfeller erwähnt nebenbei noch eine dritte, von ihm als falsch bezeichnete Ansicht, nach welcher nicht der Eid, sondern die Eideszuschiebung Beweismittel sein soll. Kleinfeller will den Schiedseid abgesägt wissen, weil er die ihm aufgehalste Eigenschaft eines Wahrheitserforschungs­ mittels nicht auszufüllen vermag; Frhr. v. Canstein möchte einen rationell entwickelten und verbesserten Schiedseid erhalten sehen, weil er ein der Dispositionsmaxime des Civilprozesses so

3

Allgemeines.

vorzüglich entsprechendes Feststellungsmittel der Wahr­ heit

ist.

Schärfere Widersprüche

in

der Begründung

der

einander entgegenstehenden Gutachten lassen sich wohl kaum denken. Will man sich in Beantwortung der dem nächsten deutschen

Juristentage gestellten Frage für das eine oder andere entscheiden,

so wird man, glaube ich, am besten thun, zunächst zu untersuchen, ob denn der Schiedseid wirklich ein Beweismittel, ein Wahrheits­

erforschungsmittel ist, oder ob er etwa ein Mittel ist zur Feststellung einer Thatsache, die wegen Mangel von Beweismitteln dem Richter

nicht bewiesen werden kann, weiters zu sehen,

ob er nicht

gerade als solches gute Dienste zu leisten vermag, insbesondere ob er etwa als solches, nicht aber als vermeintliches Feststellungs­ mittel derWahrheit einer streitigen Thatsache derDispositions-

maxime des Civilprozesses entspricht. Ich würde die B e i b e h a l t u n g des Schiedseides befürworten, weil er kein Beweismittel ist, mit der Wahrheitserforschung gar nichts zu thun hat, sondern lediglich ein Mittel ist, eine wegen

Abganges, von Beweismitteln nicht beweisbare Thatsache im Prozesse unabhängig von der richterlichen Überzeugung von ihrer Wahr­ heit festzustellen, wie ich

dies in meinen

beiden Abhandlungen

„über prozessualische Rechtsgeschäfte" (1890) und über „bona fides

im Civilprozesse" (1892) dargcthan habe.')

Damit will ich aber

die Frage nicht ausgeschlossen wissen, ob die heutige Institution

des Schiedseides keiner Verbesserung fähig wäre; nur müßte man da verbessern wollen,

wo etwas zu bessern ist, nicht aber der

Deutschen C.P.O. Dinge in die Schuhe schieben, die sie zwar nicht

kennt, die man aber verbessern will, wie Frhr. v. Canstein dies

ttjut.2)

Für Aufnahme der Institution der Einvernehmung der

*) Die diesbezüglichen Ausführungen finden sich im II. Teile Abschnitt III, insbesondere im 3. Kapitel dieses Abschnittes „das Eidesgeschäft" der erst­ genannten Abhandlung, sowie in dem vom „Feststellen im Wege der Eides­ geschäfte" handelnden Kapitel des II. Abschnittes meiner Abhandlung über „bona fides im Civilprozesse". 2) Nach der R.C.P.O. insbesondere nach dem von Frhrn. v. Canstein (S. 24) citierten § 424 hat (derBeweispflichtige) derDeferent einen Wissens1*

4

Allgemeines.

Parteien als Zeugen unter Zwang zur Aussage könnte ich nur

dann eintreten, wenn diese Institution zugleich mit der der Civileid dahin zu schwören, daß die Thatsache wahr sei, wenn sie in einer Handlung desselben besteht oder Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen ist; über andere Thatsachen hat er einen positiven Überzeugungseid dahin zu schwören, daß

er nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung erlangt habe,

daß die Thatsache (wenn er eine negative behauptet hat, also diese) wahr sei. Einen andern Eid des Deferenten, einenJgnoranz- (richtiger negativen Überzeugungs-) Eid desselben, d. h. einen Eid des D e f e r e n t e n dahin lautend „er habe die Überzeugung nicht erlangt, daß die Thatsache wahr sei" gibt es

nicht, er kann wenigstens nach den Bestimmungen derR.C.P.O. nie Vorkommen. Dies ist für jeden, der den § 424 auch nur einmal aufmerksam gelesen und sich

die Fälle, in denen die verschiedenen Eidesnormen zur Anwendung gelangen, vergegenwärtiget hat, sonnenklar.

Frhrn. v. Canstein war es Vorbehalten, auf

dem Gebiete der R.C.P.O. eine neue Entdeckung zu machen.

Er sagt (auf S. 24):

„es sei nicht zu rechtfertigen, daß der Gegner des Beweispflichtigen durch seinen Kalumnieneid (darüber, daß es falsch ist, den negativen Überzeugungseid des Delaten als Kalumnieneid zu erklären, spreche ich mich später aus) über seine

bona fides den Beweis des Beweisthemas herstellen kann; ganz und gar nicht aber, daß jede der beiden Parteien durch Leistung eines bloßen Jgnoranzeides die Wahrheit (?) oder Unwahrheit des Beweisthemas — wenn auch nur in

einzelnen Fällen — voll beweisen könne". Um das Unerhörte, „daß auch der Deferent durch seinen Eid, daß er nichts wisse, den vollen Beweis darüber herstellen könne, daß die Thatsache, von der er nichts weiß, wahr sei"

in die Erscheinung zu bringen, weist Frhr. v. Canstein in der Note 16 aus den Fall hin, daß ein aus negative Feststellung klagender Kläger „durch den

Eid, den er als Deferent im Rückschiebungsfalle, dahin schwören würde, daß er die Überzeugung nicht erlangt habe, daß z. B. sein Erblasser ein Darlehen

vom Erblasser des Beklagten erhalten habe, den Beweis herstellen könnte, daß sein Erblasser ein Darlehen nicht erhalten habe".

Hiermit beweist

Frhr. v. Canstein nur das Eine, daß er nicht nur über die Bestimmungen des § 424, sondern auch über die negative Feststellungsklage, über die Frage der Beweislast bei einer solchen ganz im unklaren ist. Bekanntlich sind die

Ansichten über die Beweislast im Falle einer negativen Feststellungsklage geteilt;

sagt man, Kläger habe die Nichtexistenz des Rechtsverhältnisses zu beweisen, so könnte in dem Beispiele Frhrn. v. Cansteins der Kläger als Deferent und Relat nur dazu kommen, zu schwören, daß er die Überzeugung erlangt habe, daß die von ihm behauptete negative Thatsache, sein Erblasser habe vom Erb­

lasser des Beklagten ein Darlehen nicht erhalten, wahr sei; sagt man, Be­ klagter habe die Existenz des geleugneten Rechtsverhältnisses zu beweisen,

so kann der Kläger nur als Delat zum Schwure kommen, wo er dann allerdings nur einen Jgnoranzeid abzulegen haben würde.

Aber ein Eid des

Wesen des Schiedseides. jury

debütieren würde;

5

für die Parteien - Einvernehmung ohne

Zwang zur Aussage und neben dem Schiedseide nur dann, wenn sie sich mit diesem verträgt;

ob dies der Fall ist, muß,

obwohl es von Frhrn. v. Canstein behauptet wird, doch -genau

geprüft werden, zumal nach dem in obiger Note Gesagten Vor­

sicht nicht überflüssig scheint.

Frhr. v. Canstein nennt den Civilprozeß ein Königreich mit zwei Gebieten, in deren einem formelle, in deren anderem materielle Wahrheit herrsche;

auf welchem dieser Gebiete der

Rechtsstreit ganz oder teilweise auszukämpfen sei, bestimmen die

Parteien.

Das Gebiet der formellen Wahrheit erscheine als

Ausnahme gegenüber dem Gebiete der materiellen Wahrheit, weil diese immer anzustreben sei, wenn der Richter nicht im

konkreten Falle auf Grund der formellen Wahrheit zu entscheiden gebunden sei (©. 13).

Sohin werden die Fälle, in denen formelle

Wahrheit nach der R.C.P.O.

entscheiden soll, aufgezählt, und

daran die Bemerkung geknüpft, daß der Richter in denselben die Klägers als Deferenten resp. Relaten, er habe die Überzeugung nicht er­

langt, daß sein Erblasser ein Darlehen vom Erblasser des Beklagten erhallen habe, ist auch im Falle einer negativen Feststellungsklage ein Ding der aller rein st en Unmöglichkeit.

Frhr. v. Canstein hat offenbar in seinem

Feuereifer, mit dem er gegen ein Phantasiegebilde kämpft, den Eid, Kläger habe die Überzeugung nicht erlangt, daß ein Darlehen geflossen sei, mit dem, Kläger habe die Überzeugung erlangt, daß ein Darlehen nicht g-efl offen sei, verwechselt; denn daß er durch ein artiges Taschenspielerkunststückchen etwas, was nicht existiert, darthun wollte, darf ihm wohl nicht zugemutet werden. Aber er hätte auch der RCP.O. nicht zumuten sollen, daß in ihr „der Rechtssatz, den man für unmöglich Hallen würde, wenn nicht die historische

Entwickelung (?) dahinter stünde", nämlich der, „daß der Deferent durch seinen I g n o r a n z eid vollen Beweis' herstellen könne" ausgestellt wird.

Man

sollte-es beinahe „für unmöglich halten", daß der R.C.P.O. ein solcher Wider­ sinn zugemutet, und daß in einem für den deutschen Juristentag er­ statteten Gutachten dieBeseitigung eines derR.C.P.O. total unbekannten, absolut widersinnigen Rechtssatzes als unbedingt notwendige Reform

verlangt wird.

6

Wesen des Schiedseides.

betreffenden Thatsachen als wahr zu behandeln habe, während

er eine Thatsache

dann als unwahr

zu erklären habe (!?),

wenn der Beweispflichtige trotz des gegnerischen Widerspruches seine Beweispflicht nicht erfüllt (S. 13, 14).

Nachdem Vergleiche zu hinken Pflegen, so wird davon ab­

gesehen, daß ein Königreich mit zwei Gebieten, von denen eines nur ein Ausnahmsgebiet ist, nicht recht vorstellbar ist.

Aber wie

steht es mit dem behaupteten Verhältnisse der Ausnahme

zur Regel?

In den sog. Ausnahmsfällen, als deren erster

der angeführt wird, daß eine behauptete Thatsache nicht geleugnet wurde, hat der Richter, wie Frhr. v. Canstein sagt, die behauptete

Thatsache als wahr zu behandeln; dieses „als wahr behandeln" besteht nun darin, daß die behauptete und nicht geleugnete Thatsache,, ihre Erheblichkeit vorausgesetzt, dem Urteile zu Grunde zu legen ist, ohne daß das Gericht die Pflicht und das Recht

hat, sie in Bezug auf ihre Wahrheit zu prüfen; sie ist für das Gericht unanzweifelbar.

Kann man aber diesen Fall als

Ausnah msfall erklären? Der Richter hat eine jede im Prozesse behauptete Thatsache, wenn sie nicht bestritten wird, und er nicht zur Überzeugung gelangt, daß der Behauptende bei Behauptung der betreffenden Thatsache unmöglich von deren Wahrheit über­

zeugt sein konnte, daß, dieser also kein subjektives Prozeßrecht, die konkrete Thatsache zu behaupten, hatte/) dem Urteile zu Grunde

zu legen, deren Relevanz vorausgesetzt.

Weil nun jede be­

hauptete, nicht unzweifelhaft unwahre Thatsache für das Gericht

unanzweifelbar und

als

solche dem Urteile zu Grunde zu

legen ist, so wird man in diesem sogenannten „Als-wahr-behandeln" keine Ausnahme von der nirgends aufgestellten Regel, daß •) Der Nachweis der Richtigkeit des zuletzt Angeführten, daß der Richter

auch bezüglich einer nicht bestrittenen Thatsache, deren Wahrheit er also

nicht zu prüfen hat, doch stets zu prüfen habe, ob der Behauptende von

der Wahrheit der behaupteten Thatsache überzeugt sein könne, und im Falle, als sich das Gegenteil ergibt, diese nicht dem Urteile zu Grunde legen dürfe, wurde auf S. 143 ff. meiner Abhandlung „bona fides im Civilprozesse" zu

erbringen versucht und, wie ich glaube, auch erbracht.

7

Wesen des Schiedseides.

das Gericht grundsätzlich jede behauptete Thatsache in Bezug

auf ihre Wahrheit zu prüfen habe, finden können.^) Erst da­ durch, daß eine behauptete Thatsache vom Gegner verneint wird, daß dieser sein Bestreitungsrecht ausübt, tritt die Richter­

pflicht, die Thatsache in Bezug auf ihre Wahrheit zu prüfen, ein. Das Ergebnis dieser eventuell über vorangegangene Beweis­

erhebung vorgenommenen Prüfung kann nun ein zweifaches sein; das Gericht gelangt entweder zur Überzeugung, daß die That­

sache wahr sei, oder es gelangt nicht zu dieser Überzeugung.

Im ersten Falle legt es die Thatsache dem Urteile zu Grunde, im zweiten nicht; thut es letzteres, so erklärt es damit aber keines­ wegs, wie Frhr. v. Canstein meint, die bestrittene Thatsache als unwahre, sondern nur die für das Gericht anzweifelbare als zweifelhafte, welche als solche dem Urteile nicht zu Grunde gelegt werden darf, nachdem die Richterpflicht, die be­

hauptete Thatsache in Bezug auf ihre Wahrheit zu prüfen,

durch Verneinung derselben wachgerufen ist.

Es ist ein arger

Irrtum, zu sagen, die unbewiesen gebliebene Thatsache sei formell unwahr, als solche zu behandeln.

Dies wird ersichtlich

in Fällen, in denen eine andere Thatsache, welche nicht wahr sein könnte, wenn die zweifelhaft gebliebene unwahr wäre, oder doch als unwahr zu behandeln wäre, dem Urteile zu Grunde gelegt wird, was ja bei der behaupteten „Als-unwahr-Behandlung"

nicht geschehen könnte.

Eine bewiesene Thatsache ist jene, von deren Wahrheit sich das Gericht überzeugt hat; ist das Gericht zur Überzeugung von der Wahrheit einer für dasselbe anzweifelbar gewordenen *) Nichts desto weniger besteht für das Gericht die Pflicht, materielle

Wahrheit anzustreben.

Wenn es auch nicht berechtiget ist, eine nicht

bestrittene Thatsache auf deren Wahrheit zu prüfen, so ist es doch verpflichtet,

sich in Fällen, in denen ihm eine behauptete Thatsache unwahrscheinlich vorkommt, den Gegner des Behauptenden durch Ausübung seines Frage­ rechtes zu veranlassen, daß dieser von seinem Best reit nngsrechte Ge­

brauch macht, um dann mit der Wahrheitsprüfung Vorgehen zu können.

Hierüber meine Abh. bon. fid. i. C.P. S. 129 f. und 149 ff.

Wesen des Schiedseides.

8

Thatsache gelangt, entweder weil es diese Überzeugung aus dem.

gesamten Inhalte der Verhandlungen gewonnen oder seine Über­

zeugung dem Ergebnisse einer von den Parteien beantragten Be­ weisaufnahme entnommen hat, so ist doch die er- oder bewiesene Thatsache notwendig nur subjektiv wahr; es kann ja sein, daß das Gericht die Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache gewonnen hat, obwohl sie objektiv unwahr ist.

Von der

objektiven Wahrheit einer Thatsache kann sich das Gericht nur

durch Inaugenscheinnahme (auch von Urkunden) überzeugen; zur subjektiven Überzeugung von der Wahrheit einer Thatsache,

welche objektiv unwahr ist, kann das Gericht gelangen auf Grund von Zeugenaussagen; reichen diese hin zur Bildung der sub­ jektiven Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache, so nennen wir die Überzeugung eine materielle; ist aber das Gericht auf Grund von Zeugenaussagen eine Thatsache, ohne daß es von deren

Wahrheit selbst überzeugt ist, als wahr anzunehmen, durch Gesetzes­

norm angewiesen, weil etwa eine bestimmte Anzahl besonders qualifizierter Zeugen eine Thatsache als wahr bestätiget haben, so reden wir von formeller Überzeugung. Das Gericht muß

die Thatsache als bewiesen hinnehmen, obwohl es vielleicht, wenn es nach freier Überzeugung zu urteilen hätte und nicht durch Beweisregeln gebunden wäre, die Thatsache als nicht bewiesen erklären würde.

Dabei ist nicht zu übersehen, daß Beweisregeln

stets einen inneren Grund haben; weil regelmäßig für die Herstellung der subjektiven Überzeugung von der Wahrheit einer Thatsache bestimmt geartete Überzeugnngsgründe ausreichend

sind, so soll sich das Gericht bei deren Vorhandensein für

überzeugt halten; oder weil eine bestimmte Thatsache regelmäßig die Wirkung einer bestimmten anderen ist, so soll sich das Gericht von dieser für überzeugt halten, wenn es zur Überzeugung

von der Wahrheit der ersteren gelangt ist. In allen Fällen, in denen es zur Prüfung der Wahrheit einer Thatsache durch das Gericht kommt, muß dieses zu einem Ausspruche über seine Überzeugung gelangen; es kann erklären,

daß es sich eine Überzeugung nicht bilden konnte, daß ihm also die Thatsache zweifelhaft geblieben ist; erklärt es sich für über­ zeugt, so kann dies geschehen, entweder weil es die materielle Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache gewonnen, oder weil es gefunden hat, daß so viele und so geartete Beweisgründe vorliegen, die nach dem Gesetze für die Herstellung der Über­ zeugung genügen, in welchem Falle es seine formelle Über­ zeugung von der Wahrheit der Thatsache ausspricht; dieser Aus­ spruch wird durch die Beweisregel gedeckt. In beiden Fällen handelt es sich um eine Überzeugung, entweder um das spezielle Überzeugtsein, oder um das generelle Überzeugts einkönn en; dabei ist im Auge zu behalten, daß die Überzeugung etwas Menschliches ist, und daß das Gesetz dem Durchschnitts­ menschen nie zumuten darf, sich auf Grund von Überzeugungs­ gründen für überzeugt zu halten, welche eine subjektive Über­ zeugung allgemein zu bewirken nicht vermögen. So war zur Zeit der Geltung des gemeinen deutschen Civilprozeßrechtes und ist auch jetzt nach der allg. österr. Ger.-Ordn. beispielsweise nicht vorgeschrieben, daß sich das Gericht durch die beschworene Aussage eines einzigen, wenn auch klassischen Zeugen für überzeugt halten solle von der Wahrheit einer That­ sache, welche es dann dem Urteile zu Grunde zu legen hat. Und dasselbe Gesetz, welches dieBeweisregel, daß auf Grund der Aussagen von zwei weder verwerflichen noch bedenklichen Zeugen die Wahrheit der bezeugten Thatsache angenommen werden müsse, nicht ausgenommen hat, die R.C.P.O., sollte vorgeschrieben haben, daß sich das Gericht von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Thatsache überzeugt halten solle, wenn eine Prozeßpartei, die das höchste Interesse an dem Ausgange der Prozeßsache hat, beschwört, daß die Thatsache wahr oder unwahr sei, eventuell nur, daß sie überzeugt sei, die Thatsache sei wahr oder unwahr, oder gar nur, daß sie die Überzeugung nicht erlangt habe, die Thatsache sei wahr? Es mag ja sein, daß in speziellen Fällen für die Bildung der subjektiven Überzeugung des Gerichtes eine solche

Wesen des Schiedseides.

10

beschworene Aussage einer Prozeßpartei genügen kann;

ob sie

dafür genügt, das muß dem Gerichte überlassen werden, geradeso

wie es dem Gerichte überlassen ist,

sich

Aussage eines Zeugen zu begnügen.

mit der beschworenen

Aber als

Beweis­

regel kann doch das Gesetz unmöglich aufstellen, daß sich das Gericht von der Wahrheit resp. Unwahrheit einer Thatsache über­

zeugt zu halten habe, weil eine Partei beschworen hat, die That­ sache sei wahr resp, unwahr, oder sie, die Partei, sei von deren

Wahrheit resp. Unwahrheit überzeugt; noch weniger kann als

Beweisregel gelten, daß sich das Gericht von der Unwahrheit einer Thatsache überzeugt zu halten habe, weil eine Partei be­ schworen hat, sie habe die Überzeugung nicht erlangt, daß die

Thatsache wahr sei.

Obwohl nun die im § 428 ausgesprochene Norm als eine widersinnige, nicht zu rechtfertigende Beweisregel be­

sonders in Anbetracht der verschiedenen, in ihrer Wirkung ein­ ander gleichgestellten Eidesnormen allgemein erklärt wird, so ist man bis jetzt doch dabei stehen geblieben, sie als eine Beweisregel, d. i. als eine Norm zu betrachten, welche das Gericht

anweist, sich von der Wahrheit resp. Unwahrheit einer bestrittenen Thatsache f ür überzeugt zu halten.

Die Bedeutung des Schieds­

eides, nach welcher Eidesnorm immer er abgelegt wird, soll die eines formellen Beweismittels, d. i. eines solchen, durch welches die formelle Überzeugung des Gerichtes von der

Wahrheit oder Unwahrheit einer Thatsache bewirkt wird, sein. Nach dieser Auffassung der Norm des § 428

hätte der Richter

eine bestrittene Thatsache, über welche es zur Eideszuschiebung

bez. Zurückschiebung kam, oder das Gegenteil derselben für voll bewiesen anzusehen und zu erklären, wenn der zugeschobene bez.

zurückgeschobene Eid abgelegt wurde; daß dies nicht der Sinn

des § 428 sein könne, habe ich unter Hinweisung darauf dargethan, daß ja nicht diejenige Thatsache (oder deren Gegenteil) be­

schworen wird, welche fest gestellt werden soll, sondern immer nur die interne Thatsache, daß der Schwörende die Über-

11

Wesen des Schiedseides.

zeugung, welche er bezüglich der Wahrheit oder Unwahrheit der

Thatsache im Prozesse ausgesprochen, auch wirklich hat^). Ich habe nachgewiesen, daß auch der Wissenseid nur ein strengerer, besonders gearteter Überzeugungseid ist. Ich habe dargethan, daß

der Sinn der Norm des § 428 der ist, daß durch die Eides­ ablegung das Vorhandensein jener Überzeugung, welche der Schwörende bezüglich der Wahrheit der festzustellenden Thatsache ausgesprochen hat, in ihm zum Erweise gelangt, und hiedurch

die Thatsache im Sinne der von dem Schwörenden bezüglich der Wahrheit derselben ausgesprochenen Überzeugung fest-

gestellt wird. Deshalb halte ich es auch für ganz unrichtig, von der

Feststellung der Wahrheit einer Thatsache im Eideswege zu sprechen;

durch

den Schiedseid

soll

gar

nicht die objektive

Wahrheit einer Thatsache dargethan, sondern bloß bewirkt werden,

daß die Thatsache unangesehen auf ihre objektive Wahr­ heit zur Urteilsgrundlage wird, wenn und weil der Deferent beschwört, daß er die subjektive Überzeugung von der

Wahrheit derselben habe; es kann auch bewirkt werden, daß das Gegenteil der festzustellenden Thatsache Urteilsgrundlage

wird,

wenn und weil der Delat beschwört, daß er von deren Unwahr­ heit überzeugt sei, oder auch nur, daß er die Überzeugung von ihrer Wahrheit nicht erlangen konnte.

Der Schiedseid hat

mit der objektiven Wahrheit einer Thatsache und mit der Überzeugung des Gerichtes von derselben gar nichts z» thun;

durch ihn soll stets nur erhärtet werden die subjektive Über­

zeugung des Schwörenden bezüglich der Wahrheit der That­

sache, welche dann entweder selbst oder deren Gegenteil für den Prozeß festgestellt sein soll; das heißt: die behauptete That­

sache, welche durch Bestreitung für das Gericht an zweifelbar geworden ist, soll dadurch, daß der Behauptende beschwört, von

ihrer Wahrheit überzeugt zu sein, für das Gericht wieder zur 6) Darüber sowie über das Folgende finden sich die genaueren Ausführ­ ungen in meiner Abh. bon. fid. t. C P. S. 244 ff. insbef. 251, 253, 255.

Wesen des Schiedseides.

12

unanzweifelbaren werden

und als solche dem Urteile zu

Grunde gelegt werden müssen, während

durch den Eid des

Bestreitenden dahin gehend, daß er von der Unwahrheit überzeugt sei, oder daß er doch die Überzeugung von der Wahrheit nicht erlangen konnte,

das Gegenteil der behaupteten Thatsache

für

das

Gericht unanzweifelbar wird und dem Urteile zu Grunde ge­

legt werden muß.

Durch den Schiedseid wird die streitige That­

sache nicht als objektiv wahre bewiesen, sondern es soll nur sie oder deren Gegenteil als für das Gericht unanzweifelbar festgestellt werden.

Wann es zu dieser Thatsachenfeststellung

im Prozesse kommen könne, wird später besprochen werden.

Bezüglich

eines allgemein gesuchten Beweiswertes der

eidlichen Versicherung, zu welcher es über die Eideszu-

resp,

zurückschiebung kommt, für die objektive Wahrheit der streitigen

Thatsache müßte wohl dasselbe gelten, was Frhr. v. Canstein bezüglich des reinen Beweiseides

bemerkt;

dieser kann nur

jene Beweiskraft beanspruchen, die ihm an sich zukommt.

Und

daß diese Beweiskraft regelmäßig und grundsätzlich eine volle, den Richter vollständig überzeugende wäre, muß entschieden

geleugnet werden.

Es kann wohl,

wenn andere Umstände

hinzutreten, ausnahmsweise auf Grund eines solchen Eides sich die richterliche Überzeugung von der Wahrheit einstellen, aber dies kann eben nur die Ausnahme bilden (S, 10).

Weil dem

mit der Eidcszuschiebung angebotenen Eide des Deferenten an sich nicht volle Beweiskraft zugemesfen werden könnte, so sollten Garan­

tien dafür geschaffen werden, daß dieser Eid der Wahrheit ent­ spricht.

Die größtmögliche Garantie werde nun dadurch geboten,

daß der Gegner diesen Eid dadurch hintanhalten könne, daß er seinem Widerspruch durch Leistung eines Überzeugungs­ eides über die Unwahrheit des Eidesthemas Kraft verleiht, oder

aber einen Jgnoranzeid schwört (S. 23). Über zu Tage liegende Ungenauigkeiten,

welche die citierten

Bemerkungen enthalten — bekanntlich kann doch Delat nicht in allen Fällen mit der Ablegung des Überzeugungseides los-

kommen, sondern er muß, wenn es sich um Thatsachen, die in seinen Handlungen bestehen oder Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, um (ungenau) facta propria handelt, den sog. Wahrheitseid schwören — will ich mich hinwegsetzen, um zur Besprechung der Auffassung zu kommen, welche Frhr. v. Canstein von der Eideszuschiebung hat. Er nennt sie das Gegenstück zum dispositiven Geständnisse; er erklärt beide als formelle Feststellungsmittel der Wahrheit (?) im Civilprozeß, welche der hier herrschenden Dispositionsmaxime entsprungen sind und mit derselben stehen und fallen; durch beide werde die Wahr­ heitsfeststellung und das Beweisthema beschränkt durch eine Disposition der Partei, welche dem Forschen des Richters Grenzen setzen will (S. 21). Weil der Beweispflichtige durch die Eideszuschiebung das Beweisthema begrenze und dem Gegner das Recht gebe, durch seinen Eid den Sieg davonzutragen, so liege in der Eideszuschiebung eine Disposition (S. 22). Das Wesen des Schiedseides bestehe darin, daß der Beweis­ pflichtige das Sachverhältnis und das Beweisthema auf be­ stimmte Thatsachen beschränkt, und sich erbietet, die Wahr­ heit derselben durch s e i n e n W a h r h e i ts e i d zu erhärten (S. 23). Auch das Letztere ist wieder ungenau, und zwar wesentlich ungenau, denn der Deferent hat ja nur dann, wenn That­ sachen, die in seinen eigenen Handlungen bestehen oder Gegen­ stand seiner Wahrnehmung gewesen sind, den sog. Wahrheitseid zu schwören, sonst nur einen positiven Überzeugungseid; doch dies nur nebenbei. Aber wie steht es mit der „wichtigsten, bisher so gut wie über­ sehenen Disposition, die in der ohne Beweisanbietung erfolgten Eideszuschiebung gelegen" sein soll, nämlich „mit der Beschrän­ kung des Sachverhältnisses und damit des Beweisthemas auf jene Thatsachen, welche als das rechtserzeugende (?) Faktum angeführt und in das Eidesthema ausgenommen werden" (S.22)? Ich glaube, diese Beschränkung wurde bisher nur deshalb über­ sehen, weil sie nicht vorhanden ist.

14

Wesen des Schiedseides. Die den Parteien durch die Verhandlungsmaxime gewahrte

Disposition über das Thatsachenmateriale, welches der Entscheidung zu Grunde zu legen ist, erfolgt durch Ausübung des subjektiven

Prozeßrechtes, erhebliche Thatsachen zu behaupten, Wahrheit der. Behauptende überzeugt ist.

recht steht beiden Parteien zu; führen,

die

Dieses Behauptungs­

eine kann Thatsachen an­

die andere verschwiegen hat.

welche

von deren

Der Gegner

des

Behauptenden hat weiters das subjektive Prozeßrecht, behauptete

Thatsachen, von deren Unwahrheit er überzeugt ist, zu bestreiten und solche Thatsachen,

welche weder seine eignen Handlungen,

seiner Wahrnehmung

noch Gegenstand

gewesen sind,

im Wege

der Abgabe einer Nichtwissens-Erklärung anzuzweifeln. Durch Bestreitung oder Anzweiflung werden die behaupteten Thatsachen

für das Gericht anzweifelbare,

und sie müssen, wenn sie

für das Gericht zweifelhaft sind, von dem Behauptenden be­

wiesen werden,

können.

um dem Urteile zu Grunde gelegt werden zu

Den von den Parteien in Ausübung ihrer subjektiven

Prozeßrechte getroffenen Dispositionen bezüglich des Thatsachen-

materiales gegenüber hat sich das Gericht nicht passiv zu ver­ halten; vermutet das Gericht, daß ihm ein unvollständiger,

die gesamten erheblichen Thatsachen nicht

umfassender

oder

ein

wenigstens teilweise unwahrer Thatbestand vorgetragen wurde, so ist es Sache des Gerichtes, durch Ausübung seines Frage­

rechtes die Parteien dahin zu bringen, weitere ergänzende That­ sachen zu behaupten und behauptete zu bestreiten, zuzweifeln°).

eventuell an-

Darüber hinaus gibt es überhaupt kein „Er­

forschen" des Sachverhaltes seitens des Gerichtes, es kann das­ selbe daher

werden.

auch

Dagegen

hauptungsrecht

nicht

wird

erst

durch Eideszuschiebung

beschränkt

die Eideszuschiebung

das Be­

durch

beider Parteien ebenso wenig

das Fragerecht des Gerichtes.

beschränkt

als

Das Gericht muß ja nicht sofort

auf den Schiedseid erkennen; absolute Voraussetzung für die 6) Darüber finden sich die näheren Ausführungen in meiner Abh. hon. fid. i. C P. S. 129 ff.

15

Wesen des Schiedseides.

Zulässigkeit der Eidcsgeschäfte ist es vielmehr, daß sich

das

Gericht von der streitigen Thatsache oder von deren Gegenteil keine Überzeugung gebildet hat und bilden kann. Die Eides­

zuschiebung hindert das Gericht nicht im mindesten, beide Par­

teien nach von ihm vermuteten, mit der Thatsache, über welche

der Eid zugeschoben wurde, zusammenhägenden Thatsachen, durch welche

der

vorgetragene

wird, zu fragen.

Sachverhalt zum

Gesamtthatbestande

Diese Fragen müssen zwar nicht beantwortet

werden; der Behauptende, welcher im Sinne Frhrn. v. Can­

steins durch Eidesznschiebung das Forschen des Gerichtes be­ schränken

will,

zuschiebung

kann schweigen,

nicht bewirken,

daß

aber er kann

durch

Eides­

sein Gegner schweigt, der

Richter weiter fragt und so durch Fragen und Antworten jene Thatsachen in den Prozeß noch eingeführt werden, deren Vor­

bringung der Deferent durch die Eideszuschiebung abgeschnitten haben wollte.

Die von Frhrn. v. Canstein beweislos hingestellte Behaup­ tung, es werde durch die Eideszuschiebung eine Schranke für

die richterliche Forschung gezogen, ist somit unrichtig');

die Eideszuschiebung beendet nicht das Fragerecht, welches die R.C.P.O. als das vorzügliche Mittel der richterlichen For­

schung kennt; das Gericht kann nach und trotz der Eideszuschiebung erforschen, insoweit es hiezu überhaupt berechtiget ist.

Jene

7) Auch das dispositive Geständnis zieht im Gegensatze zu der von Frhrn. v. Canstein ausgestellten Behauptung für die richterliche Forschung keine Schranke. Vor allem wird die Richterpflicht durch dasselbe nicht geändert;

das Gericht hat die zugestandene Thatsache ebenso zu behandeln wie die nicht bestrittene. Weder durch das bloße Nichtbestreiten noch durch das

gerichiliche Geständnis wird das F r a g e r e ch 1 des Gerichtes alteriert. Ich halte es so^ar für die Pflicht des Gerichtes, durch Fragestellung zu bewirken, daß

der Gestehende sein Geständnis, welches er über eine augenscheinlich unwahre und rur durch einen zu Tage liegenden Irrtum zugestandene Thatsache ab­

gelegt hat, widerrufe. Außerdem weise ich nur noch auf die Fälle hin, in denen ein gerichtliches Geständnis der Rechtswirkung entbehrt; vgl. meine Abh. über proz. Rechtsgeschäfte S. 368 ff. und meine Abh. bon. fid. i. C.P.

S. 62, 145 f.

Wesen des Schiedseides.

16

Disposition — zum Begriffe einer solchen ist es doch not­ wendig, daß sie rechtsbestimmend sein muß — welche Frhr.

v. Canstein als

die

wichtigste

der Eideszuschiebung

erklärt,

fehlt: der Gegner kann nach erfolgter Eideszuschiebung neue

Thatsachen behaupten, das Gericht nach solchen fragen, ja der Deferent wird vielleicht selbst neue Thatsachen, die er sonst lieber verschwiegen hätte, vorbringen, wenn der Delat erklärt, den Eid

anzunehmen,

und der Deferent sich von dem Vorbringen neuer

Behauptungen event, in Verbindung mit einem Beweisangebot

einen Erfolg verspricht. Damit,

daß ich

Disposition leugne,

diese in der

Eideszuschiebung

liegende

will ich aber gewiß nicht behauptet haben,

daß in ihr gar keine Disposition gelegen sei; es liegt vielmehr in derselben eine rechtsgeschäftliche; es erfolgt durch Willens­ erklärung des Deferenten in rechtsbestimmender Weise eine Ab­

änderung

des

ursprünglichen Prozeßverhältniffes dahin, daß

zu den'den Inhalt desselben bildenden subjektiven Prozeßrechten

des Beantragens, Behauptens, Bestreitens und Beweisens das zur Feststellung einer Thatsache im Eideswege Hinzutritt.

Klein­

fe ller findet zwar, daß mit obigem von mir aufgestellten Satze

jedenfalls nach keiner Richtung etwas gewonnen werde (S. 93)8). „Jedenfalls" ist es leichter, dies zu sagen, als es darzuthun; der

von Kleinfeller versuchte Beweis für die Nichtigkeit seines Aus­

spruches beweist die Unrichtigkeit meines Satzes nicht.

Ich werde

der Sache bald näher kommen. 8) Auf S. 92 sagt Kleinfeller: „Dieses (das Prozeßverhältnis) erfährt

durch Zuschiebung keine Abänderung" und dazu in Note 32 „So Trutter, Über prozessuale Rechtsgeschäfte S. 318 ff." Darnach muß wohl Jedermann annehmen, daß ich lo c. cit. behauptete, das Prozeßverhältnis erfahre durch Zuschiebung keine Abänderung.

Wenn nun später angeführt wird, daß ich

die Eideszuschiebung als ein das Prozeßverhältnis abänderndes Rechtsgeschäft

erkläre, so wäre damit dargethan, daß ich mich mit mir selbst in Widerspruch

setze; dies ist nicht so, denn auch auf S. 318 sage ich wortdeutlich, daß Ab­ änderung des Prozeßverhältniffes durch das prozessuale Rechtsgeschäft der Eidesuschiebung erfolgt.

Wesen des Schiedseides.

17

anerkennt,

Während Frhr. v. Canstein

daß die Eides­

zuschiebung wichtige Dispositionen (allerdings nicht jene, die er

als die wichtigste erklärt,) enthalte,

vollkommen;

leugnet

dies Kleinfell er

nach seiner Ansicht ist die Eideszuschiebung gegen­

wärtig kein Dispositionsmittel mehr (S. 75 u. 92). Kleinfeller

kein

Nach

ist aber der zugeschobene Eid auch in Wahrheit

Beweismittel;

die

Ordnung

bestehende

der

Eides-

zuschicbung soll nicht nur mit dem Beweiszweck und der Beweis-

mitteleigcnschaft unverträglich, sondern eine hiermit verträgliche Ordnung des zugeschobenen Eides soll überhaupt unmöglich sein

(S. 91).

noch

Wenn nun der Schiedscid weher ein Dispositionsmittel

ein Beweismittel ist,

was ist er

denn?

Die Eides­

zuschiebung ist doch so lange gewesen und ist heute noch;

auch

ich erlaube mir, mich zu denen zu zählen, die das von Klein­

feller citierte

„und sie bewegt sich doch" ausrufen; auch die

deutsche Reichsgesetzgebuug hat den Schiedseid am Leben gelassen.

Allerdings verdankt er dies nach Kleinfeller nur einem gründ­ lichen Mißverständnisse; die R.C.P.O. soll ihn beibehalten haben, weil sie ihn irrtümlich als Beweismittel betrachtete, als welches

sie ihn zum Teil wirklich; zum Teil wenigstens scheinbar (S. 77) behandelt. Was Kleinfeller vorbringt, um nachzuweisen, daß der

Schiedseid

kein Beweismittel sei,

daß er mit der ihm

aufge­

drängten Beweismittelnatur unvereinbar sei, kann ich unbeschadet,

wenn ich

auch bezüglich der Nichtigkeit einzelner Ausführungen

Bedenken

habe,

da ich ja schon

als

im

Gesamtergebnisse

richtig

zugestehen,

wiederholt die bereits früher aufgestellte Be­

hauptung ausgenommen und zu rechtfertigen versucht habe,

daß dem Schiedseide trotz des Wortlautes Natur eines Beweismittels für die einer Thatsache nicht zukomme,

der R.C.P.O. die

objektive Wahrheit

sondern daß er ein Mittel ist,

eine Thatsache für den Prozeß fest zu st eilen unabhängig von der richterlichen Überzeugung von ihrer Wahrheit, das will

sagen, zu bewirken, daß eine bestrittene Thatsache, welche dem Trutter, Schiedseid oder Parteienvernehmung? 2

Wesen des Schiedscides.

18

Gerichte zweifelhaft ist und durch Beweis nicht unzweifel­ haft gemacht werden kann, oder deren Gegenteil dennoch als

aber nicht als bewiesen, Urteils­

(wieder) unanzweifelbar,

grundlage wird.

In diesem und nur in diesem Sinne kann man

von einem Dispositionsmittel sprechen, welches in der Eides­

zuschiebung samt dem hieran sich schließenden Eidesverfahren mit der abschließenden Eidesablegung oder Verweigerung, eventuell mit

dem hinzugetretenen Eideserlasse gelegen ist.

Kleinfeller gesteht nun wohl dem Schiedseide des römischen Prozesses, nicht aber dem unseres heutigen die Eigenschaft eines

Dispositionsmittels zu, nicht,

und zwar letzteres zunächst deshalb

„weil der zugeschobene Eid nicht mehr ein Mittel zur

Feststellung von Ansprüchen und Rechtsverhältnissen, sondern nur von Thatsachen ist".

Letzteres ist gewiß richtig;

denn wäre er

ersteres geblieben, so wäre er mehr als ein Dispositionsmittel,

er wäre Streitentscheidung selbst, beendung

ein Mittel zur Prozeß­

ohne richterliche Entscheidung oder höchstens unter

Hinzutritt einer nur deklaratorischen.

Ebenso wenig kann

der Eideszuschiebung ihren dispositiven Charakter nehmen,

daß

„die Wahrheit des Beschworenen nicht mehr unerheblich ist

für die Wirksamkeit des Eides, sondern das Prozeß- und Straf­

recht die Wahrheit des Eides betonen, für das Recht nicht mehr

daß es für den Prozeß,

gleichgültig ist, ob die Partei wahr

oder falsch schwor, sondern daß es auf die objektive Wahr­ heit (!) der eidlichen Erklärung ankommt, zumal unter gewissen

Voraussetzungen Gegenbeweis und Restitutionsklage zu­ lässig ist" (S. 74, 75, 92). Rechte

keine

Gewiß ist nur, daß es nach römischem

Meineids strafe

gab,

dagegen ist aus der von

Kleinfeller citierten Kodexstelltz zu entnehmen, daß Zweifel­ fälle vorkamen, in denen es fraglich war,

ob die durch einen

Meineid erfolgte Rechtsbeugung nicht wieder wettgemacht werden konnte; die Begriffe Gegenbeweiszulassung und Restitutionsklage

fehlen natürlich im römischen Prozesse wegen der vollständig freien Beweiswürdigung

und

wegen der Nichtentwickelung der Rechts-

Wesen des Schiedseides.

mittel.

19

Man kann also bezüglich des römischen Prozesses nicht

behaupten, daß es grundsätzlich gleichgültig war, ob die Partei wahr oder falsch schwor; noch weniger aber darf von einem so

genauen Kenner des Prozeß- und Strafrechtes wie Kleinfeller

die Behauptung aufgestellt werden, daß es heute stets auf die

objektive Wahrheit der eidlichen Erklärung ankomme. Was

ist

die

objektive

Wahrheit

der

eidlichen

Er­

klärung? Was kann sie sein beim sog. Wahrheitseide und was beim Überzeugungseide? Wenn der sog. Wahrheitseid nicht ebenfalls, wie ich dargethan habe, ein Überzeugungseid ist, wenn es einen wirklichen

Wahrheitseid, mit dem die Wahrheit oder Un­

wahrheit der streitigen Thatsache beschworen wird, geben würde,

(dies behauptet auch Kleinfeller S. 85),

der Ablegung

eines Wahrheitseides

so könnte im Falle

die objektive Wahrheit der

eidlichen Erklärung nur darin bestehen, daß die als wahr oder unwahr beschworene Thatsache objektiv wahr oder unwahr

ist.

Gerade das wird aber weder vom Prozeß-, noch vom

Strafrechte gefordert.

Wer eine Thatsache beschwört, weil er sie

durch seine Sinne oder durch den inneren Sinn wahrgenommen

hat, kann sicher weder wegen vorsätzlicher noch wegen fahrlässiger Verletzung der Eidespslicht verurteilt werden, wenn auch die That­ sache objektiv nicht wahr ist, die (wie ich behauptete, impli­ cite als Grund der Überzeugung beschworne) Wahrnehmung aber

auf einer nicht hintanzuhaltenden Sinnestäuschung9) beruhte.

9) In dem Gesagten liegt ein schlagender Beweis für die Richtigkeit der in meiner Abh. „bon. fid. i. C.P." S. 249 u. 251 f. aufgestellten Behaup­ tungen, daß es falsch ist, von einem Wahrheilseide zu sprechen, und daß auch der Wissenseid nichts anderes ist als ein Überzeugungseid, und zwar ein solcher, mit welchem nicht.nur die vorhandene positive Über­ zeugung, sondern auch der Grund derselben, daß die Überzeugung auf

eigener Wahrnehmung beruhe, beschworen wird.

Fehlt es an dieser

Wahrnehmung und wird die Unwahrheit der Thatsache dargethan, so wird Ver­

urteilung wegen Verletzung gegen die Eidespflicht erfolgen, wenn auch der Schwörende andere Gründe für seine Überzeugung hatte. Beim Wissenseide 2e

20

Wesen des Schiedseides.

Wenn beim Überzeugungseide von einer

objektiven

Wahrheit der eidlichen Erklärung gesprochen werden wollte, so

könnte sie vielleicht darin bestehen, daß der Schwörende seine subjektive Überzeugung, welche zu haben, er beschwor, auch wirklich hatte.

Kann man aber dies eine objektive Wahrheit

der eidlichen Erklärung nennen? Diese geht doch nur dahin, man habe die beschworene subjektive Überzeugung; eine Über­ zeugung kann objektiv wahr sein, und sie ist es dann, wenn

sie die richtige ist, sie kann aber auch objektiv unwahr sein, wenn sie eine unrichtige ist. Unter der objektiven Wahrheit einer eidlichen Erklärung, durch welche eine subjektive Überzeugung zum Ausdrucke gebracht wird, kann daher richtig nur verstanden werden, daß die subjektive Überzeugung objektiv wahr

ist, daß die Überzeugung mit der Wirklichkeit stimmt, nicht aber, daß man sie wirklich hat. Kleinfeller verwechselt das that­ sächliche Vorhandensein der Überzeugung mit der objek­

tiven Wahrheit der erklärten Überzeugung, oder er nennt das Erstere wenigstens in ganz falscher, irreführender Weise „objektive Wahrheit".

Weder Straf- noch Prozeßgesetz legen ein Gewicht

auf die objektive Wahrheit der eidlichen Erklärung beim Überzeugungseide, wie er behauptet, sondern nur auf das Vor­

handensein der beschworenen Überzeugung. Derjenige, welcher beschwor, die subjektive

Überzeugung von der

Wahrheit einer

Tbatsache zu haben, kann, wenn auch dargethan wird, daß die von ihm eidlich erhärtete subjektive Überzeugung objektiv un­

wahr

ist,

wegen

Verletzung

der Eidespflicht nicht

verurteilt

werden, wenn er nur ausreichende Gründe für seine Für-

wahrannahme hat. Die Behauptung

Kleinfellers,

objektive Wahrheit der eidlichen

daß es

Erklärung

heute

auf die

ankomme,

ist

kann man einer solchen Verurteilung nur entgehen, wenn konstatiert wird, daß bei der Wahrnehmung, welche stets implicite beschworen wird, beim Gesehen- oder Gehört-haben u. s. w. eine nicht hintanhaltbare Sinnestäuschung unterlief, daß diese die Ursache war für die unrichtige Wahrnehmung.

21

Wesen des Schiedseides.

demnach sowohl ganz bestimmt bezüglich des sog. Wahrheits-, als auch, wie ich dargethan zu haben glaube, bezüglich des Über-

zeugungseides

unrichtig.

Kann

eine Verurteilung wegen

Verletzung der Eidespflicht nicht erfolgen, so kann auch unge­

achtet dessen, daß konstatiert wurde, die eidliche Erklärung sei

objektiv unwahr, daß sich also die als wahr beschworene That­ sache objektiv

als unwahr

herausgestellt

hat,

doch

weder

Gegenbeweis geführt, noch Restitutionsklage angestrengt

werden; die durch Eid festigest eilte Thatsache bleibt unwider­

ruflich in solchem Falle Urteilsgrundlage, obwohl deren zweifel­ lose Unwahrheit sich

ergeben hat;

sie wurde ja nicht als

objektiv wahre festgestellt, sondern nur als für das Gericht unzweifelbare,

und zwar dadurch,

daß eine der von den

Parteien bezüglich der Wahrheit der Thatsache erklärten Überzeugungen eidlich erhärtet wurde, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese Überzeugung die richtige,

objektiv wahre

ist, wenn nur der Schwörende die Eidespflicht nicht verletzt hat.

Freilich wäre es grundfalsch, die Eideszuschiebung und Zurück­ schiebung

dahin

aufzufassen,

der Zuschiebende wolle kraft

seiner Dispositionsgewalt die streitige Thatsache als unwahr, der Zurückschiebende als wahr gelten lassen, wenn der Gegner das Gegenteil resp, die Thatsache beschwört; dies ist schon des­

halb falsch,

weil die streitige Thatsache resp, deren Gegenteil

nie beschworen wird, wie ich dies dargethan'"), auch daun nicht, wenn ein Wissenseid abgelegt wird, noch weniger, wenn nur ein Überzeugungseid. Die Parteien haben auch im Prozesse ebenso

wenig wie sonst im Leben die Dispositionsgewalt, zu be­ wirken, daß eine Thatsache unter irgend einer Bedingung als

wahr oder unwahr gilt; sie selbst können sich sagen, daß sie eine Thatsache für wahr oder unwahr halten oder gelten lassen

wollen, wenn dies oder jenes geschieht, also auch wenn der Gegner

schwört, von ihrer Wahrheit oder Unwahrheit überzeugt zu sein; *’) Hierüber habe ich mich wiederholt und insbesondere aus S. 254 ff. meiner Abh. „bon. fid. i. C.P." ausgesprochen.

Wesen des Schiedseides.

22

aber für einen dritten, für den Richter, der zu prüfen hat, ob die Thatsache objektiv wahr ist, können sie dieselbe kraft dieser imaginären Dispositionsgewalt nicht als wahr oder un­

wahr gelten lassen;

sie können nicht bewirken,

daß er sie als

wahre oder unwahre erkennt, weil bezüglich ihrer ein Wissens­ oder Überzeugungseid abgelegt wurde. Gewiß „enthält die in der Eideszuschiebung liegende Disposition einen

Willensakt"

(was Kleinfeller S. 92 bezüglich einer in der Eideszuschiebung eventuell liegenden „Anstiftung zum Meineide" bemerkt, übergehe

ich, da ich doch nicht sicher bin, ob diese Bemerkung nicht „eventuell" ein Witz sein soll), sie ist ja, wie ich behauptete und behaupte, eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, und zwar eine solche, durch welche das ursprüngliche Prozeßverhältnis abgeän­

dert wird;

was,

und nach

hin

welcher Richtung

mit diesem

Satze etwas gewonnen wird, habe ich bereits in meiner Abhand­

lung über prozessuale Rechtsgeschäfte in,

wie ich glaube,

nicht

unverständlicher Weise ausgesprochen und neuerdings in meiner

Abhandlung

über bona fides im Civilprozesse mit aller wün­

schenswerten Deutlichkeit ausgeführt. Schon in ersterer habe ich

darauf hingewiesen,

daß die

subjektiven Prozeßrechte, welche das ursprüngliche Prozeß­

verhältnis enthält, die Befugnis zur Vornahme jener actus be­ treffen, welche bereits Bulgarus aufzählt,

d. i. Beantragen,

Behaupten, Bestreiten und Beweisen (S. 289 loc. cit.); tritt zu diesen subjektiven Prozeßrechten üoch ein neues hinzu,

so ist das ur­

sprüngliche Prozeßverhältnis abgeändert, zumal sein Inhalt erweitert ist;

dies

allein

Rechtsverhältnissses.

genügt zur

Abänderung

eines

Erfolgt diese Abänderung dadurch,

daß ein Subjekt des Rechtsverhältnisses einerechtsbestimmende, nicht rechtsausübende Willenserklärung, mit welcher das Gesetz ohne weitere Vermittlung den Eintritt des beabsichtigten Erfolges verknüpft, so haben wir es mit einer durch ein Rechtsgeschäft

bewirkten Abänderung des ursprünglichen Rechtsverhältnisses

zu thun.

Dagegen würde gar nichts beweisen, daß die Möglichkeit zur Vornahme des abändernden Rechtsgeschäftes, die facultas agendi, schon mit der Begründung des ursprünglichen Rechtsverhält­ nisses gegeben war, worauf K l e i n f e l l e r (©. 92) hinweist, was aber, wie gleich gezeigt werden wird, für das Eidesgeschäft nicht zutrifft. Er selbst muß doch anerkennen, daß aus der Mög­ lichkeit, den Inhalt des Prozeßverhältnisses um das Recht zur Thatsachenfeststellung zu erweitern, durch Vornahme, (des Rechts­ geschäftes) der Eidesznschiebung ein Recht, und zwar ein subjek­ tives Prozeßrecht wird, welches mit der Begründung des Prozeß­ verhältnisses noch nicht da war, zu den Prozeßrechten, welche dessen Inhalt ausmachten, noch nicht gehörte. Die Möglichkeit zur Abänderung eines Rechtsverhältnisses durch ein Rechtsgeschäft kann schon mit der Existenz des Rechtsverhältnisses vorhanden sein, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechts­ geschäftes gegeben sind; diese vorhandene Möglichkeit hat aber keinen Einfluß auf das Rechtsverhältnis; erst die Vorn.ahme des Rechtsgeschäftes, durch welches der Inhalt des Rechtsverhältnisses erweitert wird, bewirkt die (inhaltliche) Abänderung desselben. Zur Entkräftung des Gesagten kann nicht mit Kleinfeller darauf hingewiesen werden, daß die Parteien dieselben geblieben sind, daß der Anspruch (Prozeßgegenstand) derselbe geblieben ist und auch der Zweck des Prozesses keine Änderung erfuhr (S. 93). Dagegen ist die hieran sich schließende Bemerkung, daß das Ver­ hältnis des Richters zu den Parteien — dies ist ja das Prozeß­ verhältnis oder richtiger wenigstens eine Seite desselben — keine Veränderung erfuhr, unrichtig. Daß das Verhältnis des Richters zu den Parteien das Prozeßverhältnis, wenigstens eine Seite des­ selben ist, scheint Kleinfeller übersetzen zu haben, denn sonst könnte er wohl nicht zu dem Schlüsse kommen: „Das Prozeß­ verhältnis wird nicht geändert, weil das Verhältnis des Richters zu den Parteien (das ist ja eben das Prozeßverhältnis, wenigstens eine Seite desselben) ebenfalls keine Veränderung erfuhr". Ab­ gesehen davon ist das idem, welches das idem beweisen soll,

Wesen des Schiedseides.

24

item falsch; gerade das Verhältnis des Richters zu den Parteien, die durch Ausübung der den Inhalt des ursprüng­

lichen Prozeßverhältnisses

bildenden Prozeßrechte wachgerufenen

Pflichten des Richters werden durch das rechtswirksame Zu­

standekommen geändert.

des

der

Rechtsgeschäftes

Eideszuschiebung

ab -

Das Gericht hat selbstverständlich die Zulässigkeit

dieses Rechtsgeschäftes zu prüfen; besteht es aber danach zu Recht,

so ist, welchen Verlauf und Ausgang das an die Zuschiebung sich anschließende

Eidesverfahreu

nehmen möge,

die

Stellung

des

Gerichtes im Prozeßverhältnisse, seine konkrete Pflicht in Bezug auf die Behandlung der festzustellenden Thatsache geändert.

Nachdem das ursprüngliche Prozeßverhültnis als subjektive Prozeßrechte der Parteien nur die des Beantragens, Behauptens, Bestreitens und Beweisens umfaßt, so können durch Ausübung

derselben nur jene Pflichten auf Seite des Gerichtes wachgerufen

werden,

welche diesen Prozeßrechten

entsprechen.

So hat ins­

besondere das Gericht behauptete Thatsachen, insoferne sie nicht

unerheblich und nicht unzweifelhaft unwahr sind, dem Urteile ohne Wahrheitsprüfung zu Grunde zu legen: dagegen behauptete und bestrittene, dadurch für das Gericht anzweifelbar gewordene

nur dann,

wenn sie für dasselbe gar nicht zweifelhaft

waren oder aufhörten, dies zu sein, d. h. wenn sich das Gericht von der Wahrheit der Thatsachen überzeugte.

Weil die

beiden Parteien in Ausübung ihrer Prozeßrechte bezüglich der Wahrheit einer Thatsache verschiedene Überzeugungen im Pro­ zesse erklärten, muß sich das Gericht, damit die Thatsache Urteils­ grundlage werden könne, davon überzeugt haben, daß sie wahr sei. Kann es diese Überzeugung nicht gewinnen, dann darf

es die Thatsache im Urteile nicht verwerten. Die der Ausübung der genannten subjektiven Prozeßrechte entsprechende, so

Weise

geartete Richterpflicht soll aber in der

abänderbar

sein,

daß

durch

rechtsbestimmende

Parteiwillenserklärung eine bestrittene Thatsache bedingungs­

weise doch Urteilsgrundlage werden muß,

obwohl sich das

Wesen des Schiedseides.

25

Gericht von ihrer Wahrheit keine Überzeugung bilden konnte, wenn es nur wenigstens nicht zur Überzeugung von dem Gegen­ teile gelangt ist.

Der Behauptende, welcher nicht in der Lage ist,

den Erfolg der Bestreitung (Anzweiflung) durch Beweisen auf­ zuheben, soll ihn in anderer Weise beseitigen können;

dafür,

daß die bestrittene Thatsache Urteilsgrundlage wird, soll nicht

gefordert werden, daß dem Gerichte eine wegen Mangels an Beweismitteln unherstellbare Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache beigebracht wird; es soll dafür genügen, daß die von dem Behauptenden ausgesprochene Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache eidlich erhärtet wird, wenn nicht der Bestreitende seine Überzeugung von der Unwahrheit, eventuell

auch nur den Mangel einer Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache eidlich erhärtet hat,

einseitige

prozessuale Rechtsgeschäft

wozu er in dem durch das der

Eideszuschiebung

geänderten Prozeßverhältnisse das Recht

erhält.

änderung des Prozeßverhältnisses besteht darin,

ab-

Die Ab­

daß zu den

ursprünglichen subjektiven Prozeßrechten das zur Feststellung einer bestrittenen, somit für das Gericht anzweifelbar gewordenen

und zweifelhaften (zweifelhaft gebliebenen und bleibenden) Thatsache

im Eideswege Hinzutritt und, daß durch die Ausübung dieses Feststellungsrechtes die Richterpflicht geändert wird. Nicht auf die unherstellbare Überzeugung des Gerichtes von der Wahr­

heit der Thatsache soll es ankommen, sondern auf die Erhärtung einer der einander widersprechenden Überzeugungen der Par­ teien, wodurch

natürlich eine Überzeugung des Gerichtes von

der Wahrheit der Thatsache nicht bewirkt werden, sondern nur

die für das Gericht anzweifelbar gewordene Thatsache aufhören soll, anzweifelbar zu sein, und zwar deshalb, weil der Bestreitende es unterließ, seine erklärte Überzeugung von der Un­

wahrheit der Thatsache oder den erklärten Mangel einer diesfälligen Überzeugung zu erhärten, dagegen der Behauptende seine Über­

zeugung von der Wahrheit der behaupteten Thatsache durch seinen Eid bekräftigte.

Wesen des Schiedseides.

26

Die Mö glichkeit, das Prozeßverhältnis in der Weise durch

rechtsbestimmende Parteiwillenserklärung abzuändern, tritt aber erst in dem Stadium des fortentwickelten Prozeßverhältnisses ein.

Keine Partei

zuschiebung

kann ohne weiteres sofort

das Feststellungsrecht

Eides­

einer

von ihr be­

einführen;

die Parteien

bezüglich

haupteten Thatsache in den Prozeß

durch

können dies erst über Ausübung des Bestreitungsrechtes

von Seite des Gegners und sie können dies nur unter der Voraussetzung, daß das Gericht, welches bereits daran­ gegangen ist, es zu versuchen, sich eine Überzeugung von der Wahrheit der streitigen Thatsache zu bilden, zu keiner eigenen Überzeugung gelangen konnte. Es ist daher die Behauptung,

daß die Möglichkeit der Thatsachenfeststellung im Eideswege schon mit der Begründung irrige.

des Prozeßverhältnisses gegeben ist,

eine

Das Gericht braucht und darf es einer bestrittenen That­

sache, welche für dasselbe anzweifelbar geworden ist, gegenüber keineswegs sofort zulafsen, daß es bei der Entscheidung nicht auf seine Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache ankommt;

es hat sich vielmehr diese Überzeugung zu verschaffen; erst

wenn es zu keiner Überzeugung gelangen kann, darf es das

auf Abänderung des Prozeßverhältnisses abzielende Rechts­ geschäft der Eideszuschiebung und im Anschlüsse hieran auch das der Eideszurückschiebung eventnell auch des Eideserlasses für zu­

lässig erklären. Hoffentlich genügt dies endlich, um darzuthun, daß durch die Einführung des Rechtes zur Thatsachenfeststellung im Eideswege

und durch die Ausübung desselben das ursprüngliche Prozeß­

verhältnis

abgeändert wird, und um klar zu machen, nach

welcher Richtung

durch Erfassen

und Verwerten des Gesagten

etwas für die Beschaffung der Urteilsgrundlage gewonnen wird;

ein abschließendes Urteil darüber, ob dies der Fall ist, kann, ich Kleinfeller nicht zugestehen. Dagegen

gestehe ich gern als richtig zu,

daß die Eides­

zuschiebung kein Mittel zur Disposition über die Beweislast

Wesen des Schiedseides.

27

ist (S. 92); diese kommt bei der Eideszuschiebung nur in der Weise

in Betracht, daß das Gesetz in § 412 als absolute Voraus­ setzung für die Zulässigkeit des Rechtsgeschäftes der Eides­

zuschiebung aufstellt, daß den Zuschiebenden die Beweis la st bezüglich der festzustellenden Thatsache trifft ^).

Kann er

den

") „Anscheinend" stellt Kleinfeller (S. 76) den Satz, daß durch die Bestimmung des § 412 die Wirksamkeit der Eideszuschiebung davon ab­

hängig gemacht wird, ob auf der zuschiebenden Partei die Beweislast ruht, so hin, als wäre dies eine längst bekannte und ausgemachte Sache, und erwähnt

nur nebenbei, daß ich darüber, wann die Beweislast zu prüfen sei, auf S. 887 ff. insbes. S. 341 u. 342 meiner Abh. über proz. Rechtsgeschäfte eine irrige Ansicht ausgesprochen habe, welche durch Hinweisung auf das von ihm

(S. 78, 79) im Texte nach Anm. 10 Gesagte abgefertigt wird. Dem gegenüber muß ich zunächst für mich unbescheidenerweise in An­ spruch nehmen, daß vor meiner erwähnten Abhandlung die Prozeßdoktrin die Bestimmung des § 412 im Anschlüsse an die Motive in anderer Weise erklärte

Und daß der Satz, es werde mit der Bestimmung des § 412 eine absolute Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsgeschäfts der Eideszuschiebung ausgestellt, zuerst von mir ausgesprochen und in längerer Ausführung auf S. 337—343 begründet wurde. Um nicht wieder die Bemerkung entgegen­ gehalten zu bekommen, mit diesem Satze werde nach keiner Richtung etwas gewonnen, will ich nur darauf Hinweisen, daß, wenn die Richtigkeit dieses Satzes

anerkannt wird, gegen jedes bedingte Endurteil, mit welchem auf einen von

dem Nichtbeweisbelasteten zugeschobenen oder ihm zurückgeschobenen Eid erkannt

wird, mit Erfolg die Berufung bzw. die Revision ergriffen werden kann.

Klein­

feller hätte mich, wenn er mich bei diesem Anlasse überhaupt citieren wollte, wozu allerdings Veranlassung vorlag, da er den von mir ausgestellten Satz adoptierte, als denjenigen nennen müssen, der denselben aufstellte und begründete; gewiß aber durfte er mich nicht citieren als Vertreter einer von mir nicht

ausgestellten Ansicht über die Frage, wann die Beweislast zu prüfen sei; das, was Kleinfeller als seine dagegen vorgebrachte richtige Ansicht hinstellt, ist ja wieder die meine, die er, wenn er genauer gelesen, bei mir hätte

finden müssen. Kleinfeller mißversteht offenbar, was ich damit, daß die Zulässigkeit des Eides mit Rücksicht auf die Beweislast erst dann zu prüfen ist, wenn das Gericht sich über das Ergebnis des Eidesverfahrens auszusprechen hat, sagen wollte und gesagt habe.

Ergebnis des Eidesverfahrens,

Der Ausspruch über das

welches sich zusammensetzt

aus Partei­

erklärungen, Zuschiebung, Einwendungen dagegen, Annahme, Zurückschiebung, Einigung der Parteien, erfolgt durch das bedingte End urteil oder durch Beweisbeschluß. Ich habe auf S. 342 ausdrücklich bemerkt, daß es zum

Eidesverfahren, d. i. zur Abgabe obiger Partei-Erklärungen ohne vor­ herige Prüfung seitens des Gerichtes kommen könne, weiters auf S. 350, 351,

28

Wesen des Schiedseides.

Beweis für diese durch Ausübung seines Beweisrechtes nicht erbringen, kann er wegen Mangels an Beweismitteln nicht hoffen, das Gericht von der Wahrheit der streitigen Thatsache zu überzeugen, dann soll

der

Beweisbelastete,

der

allein

ein

rechtliches

Interesse an der Abänderung des Prozeßverhältnisses

durch

Hinzutritt des Feststellungsrechtes zu seinem Inhalte hat,

durch

die rechtsbestimmende Willenserklärung, welche in der Eideszuschie­ bung gelegen ist, die Abänderung des Prozeßverhältnisses dahin bewirken zu können, daß es nicht nötig ist, die streitige Thatsache, damit sie Urteilsgrundlage werde, zu beweisen, sondern daß sie vom Gerichte dann ni.cht mehr angezweifelt werden dürfe, wenn im Wege der Eidesgeschäfte die eine der beiden von den Parteien erklärten Überzeugungen bezüglich der Wahrheit der

Thatsache eidlich erhärtet oder durch Eidesverweigerung als nicht bona fide abgegeben, oder durch Eideserlaß als bona fide

abgegeben dargethan wird.

Der Schiedseid, wie ihn die R.C.P.O. kennt, ist demnach kein Beweismittel, d. i. kein Mittel, durch welches die Überzeugung des Gerichtes von der Wahrheit der bestrittenen Thatsache be­ wirkt werden soll, er ist auch kein nur formelles Feststellungs­

mittel der Wahrheit einer Thatsache, indem durch dasselbe die Wahrheitsfeststellung und das Beweisthema beschränkt wird, wie Frhr.v.Canstein behauptet; er ist auch kein Mittel zur Disposition

über den Anspruch; er ist ebenso wenig ein Mittel zur Disposition daß diese Prüfung erst m i t S ch l u ß der Verhandlung regelmäßig stattsindct, ausnahmsweise schon früher, wenn die Eidesleistung durch Beweis­

beschluß ungeordnet wird, und zwar bei Fassung desselben.

Vor dem

Schlüsse der Verhandlung bzw. vor der Fassung eines Beweisbeschlusses hat

die Prüfung der Beweislast nur in dem Falle koi'nzidierender Eideszuschiebungen

zu geschehen.

Es ist daher unrichtig, mich als Vertreter der Ansicht, daß

die Beweislast bloß dann vor der Eidesauflage geprüft werden muß, wenn sich beide Parteien über dieselbe Thatsache, bzw. über Thatsache und Widerspiel

gegenseitig Eide zuschieben, anzusühren; meine Ansicht habe ich vielmehr dahin

deutlich ausgesprochen, daß die Beweislast stets dann geprüft werden muß,

wann es zur Eidesauslage durch bedingtes 'Endurteil oder Beweisbeschluß kommt, und auch schon früher im Falle koinzidierender Eideszuschiebungen.

29

Wesen des Schiedseides.

über Thatsachen in dem Sinne, daß durch Ablegung des Schiedseides Gegenbeweis

und

Restitutionsklage

dann ausgeschlossen würde,

wenn sich auch der Schwörende einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht scbuldig gemacht hat; er ist auch kein

Mittel zur Disposition über die Beweislast.

Die Eideszuschiebung

ist aber mehr, als durch den medizinisch anklingenden Satz: „sie sei

eine auf Beförderung und Erleichterung der Thatsachenfeststellung durch Eid gerichtete einseitige Willenserklärung" aus­

gedrückt wird. Die Thatsachenfeststellung durch Eid wird durch die

Eideszuschiebung nicht befördert und erleichtert, sondern dem durch Ausübung jener Prozeßrechte, welche den Inhalt des ur­ sprünglichen Prozeßverhältnisses bilden, sich gestaltenden Pro­

zesse ist die Thatsachenfeststellung durch Eid völlig fremd; zu

dieser kann es erst kommen durch Erweiterung, d i.Abänderung des Inhaltes des Prozeßverhültmsscs, und zwar nur in einem be­ stimmten Stadium der Entwickelung des Prozeßverhältnisses, unter

gewissen Voraussetzungen für die Zulässigkeit des einseitigen abändernden Rechtsgeschäftes.

Die Feststellung der nicht beweisbaren Thatsache soll dadurch

erfolgen,

daß eine der beide» von den Parteien bezüglich der

Wahrheit der streitigen Thatsache ausgesprochenen verschiedenen Überzeugungen erhärtet, und dann die Thatsache im Sinne der erhärteten Überzeugung des Behauptenden oder das Gegen­

teil derselben im Sinne der erhärteten Überzeugung des Bestrei­

tenden oder Anzweifelnden dem Urteile, ohne daß es auf die Über­ zeugung des Gerichtes von der Wahrheit der Thatsache mehr an­

kommt, als für das Gericht wieder unanzweifelbare zu Grunde gelegt wird 12). Was im speziellen Falle zu geschehen hat, wird durch das

Ergebnis des an die Eideszuschiebung sich anschließenden Eides­

verfahrens

bestimmt.

zuschiebung

wird nur

Durch

das Rechtsgeschäft der Eides­

bewirkt,

daß es zur Feststellung

12) Hierüber und über das Nächstfolgende brachte ich eingehende Aus­ führungen in meiner Abh. „hon. fid. i. C.P " S. 224 ff.

Wesen des Schiedseides.

30

der nicht beweisbaren Thatsache kommt; mit der Zuschiebung entsteht für den Dekaten das Recht, seine Überzeugung zu be­ schwören, eventuell die bis zum Wissen um die Wahrheit der That­ sache gesteigerte oder auch den Mangel jeder Überzeugung. Be­

schwört er seine Überzeugung von der Unwahrheit der Thatsache oder den Mangel einer Überzeugung, so soll das Gegenteil der

behaupteten Thatsache für das Gericht unanzweifelbar sein und

muß dem Urteile zu Grunde gelegt werden. muß

Aber der Delat

nicht schwören; er kann nur dagegen nichts machen, daß

es zur Thatsachenfeststellung kommt; dagegen ist es ihm über­ lassen, diese Feststellung durch Beschwörung seiner Überzeugung zu

bewirken oder dem Deferenten die Beschwörung seiner Über­

zeugung anheimzugeben, was durch die Vornahme des einseitigen prozessualen Rechtsgeschäftes der Eideszurückschiebung erfolgt.

Er bestimmt, durch wessen Eid die Feststellung erfolgen soll. Will er seine Überzeugung nicht beschwören und überläßt er dem Deferenten die Beschwörung seiner Überzeugung, so wird, wenn dieser schwört, von der Wahrheit der Thatsache überzeugt

zu sein, eventuell die Thatsache als wahre sogar zu wissen, die

Thatsache für das Gericht wieder unanzweifelbar und muß dem Urteile zu Grunde gelegt werden, denn der Bestreitende hat es unterlassen, seine Überzeugung zu erhärten, und die Feststellung

von der Erhärtung der Überzeugung

des Deferenten abhängig

gemacht. Gibt der Delat keine Annahme-Erklärung ab und schiebt er

auch den Eid nicht zurück, so kann es zwar zur Feststellung der Thatsache nicht kommen, aber es wird doch dem Deferenten ein für ihn gleichwertiger Erfolg, dieBestreitungserklärung

verliert ihre rechtliche Wirkung, die Thatsache ist für das Gericht nicht anzweifelbar, daher dem Urteile als unanzweifel­ bare, wenn auch nicht endgültig festgestellte zu Grunde zu legen.

Verweigert der Delat den angenommenen Eid, so soll die Überzeugung des Gegners als erhärtet gelten; ebenso, wenn der Deferent den Eid verweigert; im ersteren Falle wird die Thatsache

im Sinne der vom Deferenten, im letzteren im Sinne der vom Dekaten ausgesprochenen Überzeugung festgestellt, sie oder deren Gegenteil wird als unanzweifelbar dem Urteile zu Grunde gelegt. Durch Erlaß des Eides (ein selbständiges prozessuales Rechtsgeschäft, das aber wieder erst in einer späteren Stufe der Prozeßentwickelung, wenn einmal die Person desjenigen, durch dessen Eid die Feststellung zu erfolgen hätte, bestimmt ist, zulässig wird,) wird die Feststellung im Sinne der Überzeugung desjenigen, der seine Überzeugung zu beschwören hätte, bewirkt. Alle drei Eidesgeschäfte sind an absolute und dispositive Voraussetzungen gebunden, über deren Vorhandensein, wenn es sich um absolute handelt, oder wenn der Mangel einer dis­ positiven parteiseitlich gerügt wird oder auch, wenn dies nicht geschieht, dieselbe aber im speziellen Falle als subsidiär abso­ lute nach richterlichem Ermessen zu gelten hat, das Gericht befindet. Das Gericht wirkt beim Zustandekommen der Eidesgeschäfte in keiner Weise mit, es hat nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zulässigkeit derselben gegeben sind, nnd darüber seinen Ausspruch zu thun.") Dies ist die Regelung der Institution des Schieds­ eides nach dem Sinne der bezüglich desselben von der R.C.P.O. ausgestellten Normen.

Im Gegensatze zu dem Schiedseide, welcher nicht dem Zwecke der Wahrheitserforschung, sondern zur Beschaffung der Urteilsgrundlage durch Thatsachenfeststellung im Wege der eidlichen Erhärtung der Parteiüberzeugung dient, soll die Parteienls) Bezüglich des zuletzt Gesagten erlaube ich mir, außer aus die in der vorangehenden Note bereits anbezogenen Ausführungen auch noch auf jene hinzuweisen, welche sich in meiner Abh. „über proz. Rechtsgeschäfte" S. 174ff.,

184 f. und 331 ff. finden.

32

Parteimvernehmung neben Schiedseid.

einvernehmung als neues Wahrheitsersorschungsmittel eingeführt werden.

Ob sie als solches für den Prozeß ebenso

gute Dienste leisten kann wie der Schiedseid als Feststellungs­ mittel, ist zu untersuchen.

Denken wir uns zunächst die Parteienvernehmung als Beweis­ mittel in der Gestaltung, welche von Frhrn. v. Canstein vor­ geschlagen wird, ohne dahinter stehenden Zwang, und neben

dem Schiedseide, so dürfte sich durch Einführung derselben keine

besondere Umgestaltung des Prozesses vollziehen.

Gewiß „liegt

kein Grund vor, den Parteien zu verbieten, unter Wahrheits­ pflicht ihr Zeugnis und ihre Vernehmung anzubieten".

Aber sie

können doch auch heute schon alle jene Thatsachen, welche aus

ihnen dereinst im Stadium der Beweisaufnahme herausvernommen werden sollen, dem Gerichte bereits im Laufe derVerhandlung

mitteilen;

sie können sich eingehendst über den Sachverhalt aus­

sprechen, jede einzelne Thatsache beleuchten. Gründe für und wider die Wahrheit derselben anführen; allerdings erfolgt ein derartiges

Vorbringen der Parteien heute nicht unterWahrheitspflicht in dem Sinne, daß die Parteien wegen vorgebrachter Unwahrheiten Rechtsnachteile zu befürchten hätten;

die Parteien kein Recht, zu lügen;

aber auch heute haben

sie haben nur ein Prozeß-

Recht, solche Thatsachen zu behaupten, von deren Wahrheit sie

überzeugt sind.

Was nützt heute einer Partei eine unwahre Be­

hauptung? Muß sie nicht Bestreitung erwarten und dann darauf gefaßt sein, daß sie in die Lage kommen werde, ihre Überzeugung durch Schwur zu erhärten?

Dann wird ja die Aussage unter

Wahrheitspflicht nachträglich gestellt. Daß es sich nicht rechtfertigen lasse, einen Zwang in der

Art auf die Parteien auszuüben, daß sie sich als Zeugen unter

Wahrheitspflicht entweder über Antrag der Gegenseite oder

über Befehl des Beweis suchenden Gerichtes vernehmen lassen müssen, darin stimme ich gern mitFrhrn. v. Canstein überein.

Im Vergleiche mit der Tortur, welcher die Parteien dann unter­ zogen würden, verdient diejenige, welche man in dem heute wider

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

33

den Delaten geübten Zwange, der nur dahin geht, entweder seine Überzeugung beschwören oder den Ausgang des Prozesses der

Gewissenhaftigkeit seines Gegners überlassen zu müssen, gelegen findet, gewiß nicht jenen Namen. Ich stimme Frhrn. v. Can­ stein aus innerster Überzeugung bei, daß nur zu oft Fälle vorkommen würden, wo Parteien unwahre Thatsachen zugestehen, um nur der Tortur der Vernehmung, bei welcher sie Gefahr laufen, über die allerheikelsten Vorkommnisse ihres Privat- und

Familienlebens entgehen.

unter Wahrheitspflicht aussagen zu müssen,

zu

Es ist gewiß auch richtig, daß der Zeugniszwang als

Zwang der Partei, sich als Zeuge vernehmen zu lassen und auf

gestellte Fragen zu antworten, mit der Parteistellung unvereinbar

ist (S. 33 ff.), und zwar aus den dort angegebenen Gründen.

Dies fühlt

wohl auch Kleinfeller,

der,

obwohl er dafür

plädiert, daß die Vernehmung der Partei über Antrag des Gegners oder von Amts wegen angeordnet werden soll, den Parteien die Befugnis zugestanden wissen will, die Zeugen­

aussage zu v e r w e i g e r n, und daß es in dem Falle der Verweigerung weder zu Zwangsmaßregeln noch zur poena confessi zu kommen

brauche, sondern daß der Richter unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden habe (S. 103). Bei dieser Entscheidung würde aber doch gewiß auf den Umstand,

daß die Aussage verweigert wurde, ein großes Gewicht gelegt werden, der Richter würde, wie Frhr. v. Canstein (S. 35) sagt, in der Verweigerung der Aussage einen Vermutungsgrund gegen

die Wahrheit des Vorbringens des das Zeugnis Verweigernden

erblicken, dem Gegner mehr Vertrauen schenken, so daß die Ver­ weigerung

mit

einem

Rechtsnachteile

verbunden

wäre,

während doch den Parteien die Verweigerung der Aussage gestattet sein müßte, ohne daß sie einen Rechtsnachteil erfahren, damit

man von einer Befugnis, die Aussage zu verweigern, sprechen

kann.

Der Rechtsnachteil ist nur dann zu vermeiden, wenn die

Vernehmung nur über Antrag der zu vernehmenden Partei erfolgen darf (S. 35). Truttcr, Schiedseid oder Parteienvernehmung?

3

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

34 Dagegen,

daß es insbesondere dem Delaten nicht

gestattet sein soll, eine Eideszuschiebung dadurch zu beantworten,

daß er die Vernehmung des Deferenten beantragt, sprechen die Gründe, welche Frhr. v. Canstein auf S. 35 ff. anführt.

Nach

den von ihm gemachten Vorschlägen soll ja dem Delaten, der es nicht auf sich nehmen will, seine bezüglich der bestrittenen Thatfache erklärte Überzeugung eidlich zu erhärten, das Recht zustehen,

seine Vernehmung zu beantragen und in dieser dem Gerichte seine Überzeugungsgründe zu erschließen. Will er aber auch das nicht, so ist es gewiß nicht gerechtfertiget, dem Deferenten

die Ablegung des von ihm angebotenen Eides dadurch abzuschneiden,

daß verlangt wird, er solle sich als Zeuge vernehmen lassen. Wenn dem Delaten die Möglichkeit offen steht, entweder die streitige Thatsache dadurch für das Gericht unanzweifelbar zu machen, daß er seine Überzeugung beschwört, oder dem Richter

Beweisgründe für die Unwahrheit jener dadurch zu liefern, daß

er sich vernehmen läßt, so müßte man es auch dem Deferenten offen lassen, entweder seine Überzeugung zu beschwören, oder Beweisgründe durch seine Vernehmung zu liefern; das heißt: der Deferent würde seine Vernehmung statt der Ablegung des zurück­

geschobenen Eides anbieten können;

dieser Fall würde allerdings

kaum vorkommen, denn der Beweisbelastete wird und soll nur dann zur Eideszuschiebung greifen, wenn er nicht erwarten kann,

durch seine Vernehmung das Gericht von der Wahrheit der be­ haupteten Thatsache zu überzeugen.

Hat er nun den Eid zu­

geschoben und wurde ihm dieser zurückgeschoben, warum sollte er

seine Vernehmung beantragen? Aber dem Deferenten darf nicht durch den vom Gegner gestellten Antrag auf Vernehmung die

Ablegung seines angebotenen Eides abgeschnitten werden; der Gegner darf nur den Eid zurückschieben, wenn er weder

schwören, noch sich selbst als Zeugen vernehmen lassen will. Ebenso ungerechtfertigt wäre, es dem Deferenten

anheim­

zugeben, ob er seinem Gegner den Eid zuschieben oder dessen

Vernehmung beantragen toolle.• Auch diesbezüglich ist Frhrn.

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

35

v. Canstein beizustimmen, wenn er (S. 39 ff.) ausführt, daß ja Delat nicht zu beweisen habe, daher von ihm nicht verlangt

werden könne, daß er dem Richter durch seine Vernehmung Be­ weisgründe erschließe.

Es

wäre

zweifellos

ungerechtfertigt,

das Widerspruchsrecht (Bestreitungsrecht) in der Weise zu be­

schränken, daß es nur dann zustande, wenn der Bestreitende

bereit ist, sich der Tortur der Vernehmung zu unterwerfen.

Das

Bestreitungs- resp. Anzweiflungsrecht geht dahin, eine Thatsache,

von deren Unwahrheit man überzeugt ist, zu bestreiten, beziehungs­ weise eine solche, bezüglich deren man kein Wissen zu haben braucht, anzuzweifeln, wenn man thatsächlich gar keine Überzeugung be­ züglich der Wahrheit derselben hat. Bei der Feststellung einer streitigen Thatsache im Eidcswege hat der Delat nur seine Über-

zeugung oder den Mangel einer solchen zu beschwören.

Der

Eid des Delaten ist demnach kein Beweisgrund für die Unwahrheit

der Thatsache, er soll es auch gar nicht sein.

Hiermit stimmen

Frhrn. v. Cansteins Bemerkungen im wesentlichen,

wenn es

auch nicht richtig ist, daß der Eid des Delaten, wie er auch lautet, immer nur ein Überzeugungseid oder Ignoranzen sei, denn er lautet ja bezüglich jener Thatsachen, die in eigenen Hand­

lungen des Delaten bestehe», oder Gegenstand seiner Wahrnehmung

gewesen sind, regelmäßig:

„ich schwöre, daß die Thatsache nicht

wahr ist"; dann ist er aber ein Wissenseid.

Es trifft sich gut,

daß meine Mitte Juli 1892, also wenige Wochen vor der Publi­ zierung der Gutachten erschienene Abhandlung über bona fides im Civilprozesse die von Frhrn. v. Canstein gelassene Lücke da­

durch ausfüllt, daß dargethan wird, es sei der Wissenseid auch nur ein besonders gearteter Überzeugungseid. Weil

regelmäßig

Frhr. v. Canstein übersehen hat,

daß der Delat

über Thatsachen, welche in seinen Handlungen be­

stehen oder Gegenstand seiner Wahrnehmung gewesen sind, einen

Wissenseid abzulegen hat, kommt er dazu,

jedem Eide des

Delaten die Natur eines Kalumnieneides-zuzuschreiben, was

er gewiß doch dann nicht ist, wenn er als Wissenseid ab3*

36

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

gelegt wird. Aber er ist es auch dann nicht, wenn er als Überzeugnngs- oder sogenannter Jgnoranzeid abgelegt

wird, denn nie beschwört der Delat den Mangel der calumnia, der malitia, der Schikane, sondern seine Überzeugung, eventuell den Mangel einer Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache. Es ist aber etwas anderes, zu schwören, man habe nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Überzeugung

erlangt, daß eine Thatsache nicht wahr sei, eventuell man habe nach sorgfältiger Prüfung und Erkundigung die Über­ zeugung nicht erlangt, daß eine Thatsache wahr sei, und zu schwören, man sei frei von calumnia, malitia, Schikane

gewesen, als man die Thatsache bestritt, und sei auch jetzt noch

frei davon, indem man die Bestreitung eidlich erhärtet; der Delat schwört nicht, daß er nicht gegen seine bessere Überzeugung die

Thatsache bestritten habe, sondern daß er sie bestritten habe, weil er von ihrer Unwahrheit überzeugt ist, eventuell keine Über­ zeugung bezüglich

ihrer Wahrheit erlangen

v. Canstein widerspricht sich selbst,

indem er,

konnte.

Frhr.

obwohl er im

Texte vor Note 22 sagt, daß der Delat nur einen Eid über den Mangel der calumnia, malitia, Schikane schwöre, in der Note darauf hinweist, daß durch den Überzeugungs- resp. Jgnoranzeid

kein Beweis für die streitige Thatsache erbracht wird; denn be­ schworen werde ja nicht diese, sondern die vorhandene resp, nicht vorhandene Überzeugung des Schwörenden; das ist doch nicht Mangel an calumnia, sondern viel mehr.

Mit dem

in der Note Gesagten befinde ich mich im Einklänge; nur habe

ich noch den weiteren Beweis erbracht, daß auch durch den

Miss en seid,

der meist,

aber ungenau Wahrheitseid

genannt

wird, nicht die Thatsache oder deren Gegenteil, sondern nur das Wissen, die zum Wissen gesteigerte Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit um die streitige Thatsache beschworen wird. Die schwer wiegenden Gründe, welche gegen einen Zeugnis­ zwang sprechen, würden daher nur gestatten, mit Frhrn. v. Can­

stein die Aufnahme der Institution der Parteivernehmung unter

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

37

der Bedingung zu befürworten, daß es dazu nur dann kommen

dürfe,

wenn eine

oder beide Parteien ihre Vernehmung frei­

willig anbieten, nicht aber auch dann, wenn die eine Partei die

Vernehmung ihres Gegners beantragt, oder das Gericht dieselbe von sich aus anordnet.

Der durch einen solchen Antrag erfol­

gende Zwang des Gegners würde dadurch nicht gemildert, daß der Antrag, wie Kleinfeller (S. 99) es zu wünschen

scheint, stets auch den wider den Antragsteller gerichteten Zwang, sich selbst als Zeugen vernehmen zu lassen, enthalten

solle; ich wenigstens könnte mir nicht vorstellen, daß dem Antrag­

steller das Recht zugestanden werden sollte, zu verlangen, daß

sich sein Gegner als Zeuge vernehmen bereit

erklärt, sich

selbst

ohne daß er sich

lasse,

vernehmen zu

lassen.

Auffallend ist

allerdings, daß Kleinfeller (S. 103) von der Befugnis beider Parteien,

die

Zeugenaussage zu

verweigern,

spricht.

Sollte

danach die von Kleinfeller gewünschte gesetzliche Behandlung

des Antrages auf Vernehmung des Gegners nur dahin zu ver­ stehen sein, daß der Richter zur Vernehmung beider Parteien zu

schreiten hat, der Antragsteller aber befugt wäre, seine Aus­ sage zu verweigern?

Ich hielte dies für undenkbar.

Daß der wider den Gegner

gerichtete Zeugniszwang durch

die Befugnis zur Verweigerung der Aussage nicht gemildert

wird, liegt klar; denn auch derjenige, der seine Aussage nur des­ halb verweigert, weil er besorgt, daß Geschehnisse des intimsten

Privat- oder Familienlebens bei der Vernehmung zur Sprache kommen dürften,

wissen will,

wird

deren Erörterung er um jeden Preis vermieden

durch

seine Weigerung ein starkes Indiz

gegen die Wahrheit der zu beweisenden Thatsache liefern. Will er dies nicht, muß er sich vernehmen lassen.

Die Frage, ob der

heute nur für den Dekaten bestehende Eideszwang, der ja nur dahin geht, entweder seine bereits ausgesprochene Überzeugung

eidlich zu erhärteu, oder es dem Deferenten offen zu lassen, seine Überzeugung zu beschwören, durch Einführung eines neuen, viel unerträglicheren Zwanges, des Zeugniszwanges über gegne-

38

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

rischen Antrag

beseitigt werden solle, kann nur ablehnend be­

antwortet werden.

Der Eideszwang soll vielmehr nach den Vor­

schlägen Frhr. v. Cansteins dadurch

beseitigt werden, daß

es dem Delaten verstattet wird, freiwillig seine Vernehmung an­ zubieten, also ohne statt des alten einen neuen Zwang einzuführen. Noch

auf

bedenklicher

als

die

Vernehmung

Antrag des Gegners scheint es mir,

wie

der

Partei

Kleinseller

(S. 101) befürwortet, dem Gerichte die Macht einzuräumen, von sich aus die Vernehmung der Parteien anzuordnen.

Dies

wäre gewiß keine Erweiterung der richterlichen Prozeßleitungs­

gewalt, sondern Einführung der Jnquisitionsmaxime in den Civilprozeß.

richtet

sein,

dadurch

das

Die Prozeßleitungsgewalt kann nur dahin ge­ zur

klar zu stellen,

Entscheidung daß alle

verstellte

Rechtsverhältnis

erheblichen Thatsachen

im

Prozesse geltend gemacht, eventuell bewiesen werden; dazu ge­

nügt das richterliche Fragerecht, wenn nur von demselben der entsprechende Gebrauch gemacht wird. Aber zur Prozeß­ leitung gehört es nicht, daß sich das Gericht die Überzeugung

von der Wahrheit einer bestrittenen Thatsache dadurch zu ver­ schaffen sucht,

daß es verlangt,

die Parteien haben sich

Wahrheitspflicht vernehmen zu lassen.

unter

Müßte diesem Ver­

langen entsprochen werden, dann würden die Parteien aufhören,

es zu sein.

Kleinseller meint allerdings, das Inquisitorische

würde wesentlich gemildert — damit ist es als vorhanden

zugestanden — durch die Befugnis zur Verweigerung der Aus­

sage.

Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß die Ver­

weigerung der Aussage über vom Gegner beantragte Ver­

nehmung vielleicht in einzelnen Fällen ohne Rechtsnachteil

sein kann, dies niemals aber dann sein wird, wenn das Ge­

richt von Amtswegen die Vernehmung angeordnet hat; in diesem Falle wird sie stets von dem Gerichte als eine Auflehnung gegen seine Verfügungsgewalt angesehen und dementsprechend be­

handelt werden.

Es kann der Partei gelingen,

dem Gerichte

nahezulegen, daß der Gegner nur aus Schikane, nur um sie

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

39

die Vernehmung beantragt habe,

in die @nge zu treiben,

und

daß sie nur deshalb die Aussage verweigere, weil der Gegner

bei Stellung seines Antrages von der illoyalen Absicht geleitet war, ihr Parteiinteresse in Konflikt zu bringen mit dem berech­ tigten Interesse, über gewisse Dinge zu schweigen, in welchem Falle das Gericht vielleicht in der Verweigerung der Aussage kein Indiz finden würde.

Aber dem Gerichte

liegt doch

Schikane fern; wenn es selbst, von sich aus, die Partei zu vernehmen für gut befindet, dann bedeutet Verweigern Unter­

liegen — auch wenn

beide Parteien ihre Aussage verweigern

sollten, würde doch der Beweisbelastete unterliegen; er hätte sich müssen vernehmen lassen, wenn einmal das Gericht zur Über­ zeugung gekommen ist,

daß sich für dasselbe durch seine Ver­

nehmung die gesuchten Beweisgründe erschließen werden.

Will

man dem Gerichte die Macht einräumen, von Amtswegen die

Einvernehmung

der Parteien

anzuordnen,

dann darf das

er­

kennende Gericht es nicht mehr sein, welches die Beweisfrage zu beantworten hat.

Wenden wir uns dem Bilde zu, welches Frhr. v. Canstein vom künftigen Prozesse, in welchem zum Schiedseide die frei­ willige Partienvernehmung treten soll, entwirft, so ersehen wir

zunächst, daß die Parteien, statt das Eidesthema zu beschwören, berechtigt sein sollen, zu

den,

wenn

sie

nicht

verlangen, daß sie vernommen wer­

selbst

über

die

Subsumierbar­

kei t des

konkreten Sachverhaltes unter das abstrakte (?) Be­

weisthema

entscheiden und die Entscheidung nicht auf ihr Ge­

wissen nehmen wollen (S. 29).

ich nicht glücklich.

Die letztere Bemerkung finde

Beweisthema beim Schiedseide — ich muß

mich für den Moment auf einen Standpunkt stellen, den ich nicht einnehme — ist doch die Wahrheit einer konkreten Thatsache;

wie soll es denn abstrakt sein?

Wie weit der Schwörende

subsumieren müsse und welche logische Operation er außerdem

noch vorzunehmen und zu überprüfen habe, darüber habe ich mich eingehend in meiner Abhandlung über bona fides im Civilprozesse

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

40

(S. 264 ff.) ausgesprochen.

Nicht um eine zweifelhafte Sub­

sumtion kann es sich bei der Eidesablegung handeln,

denn ist

diese zweifelhaft, dann darf nicht geschworen werden, sondern darum, ob der Schwurpflichtige in der Lage ist, seine Überzeugung,

welche er bereits früher im Prozesse bezüglich der Wahrheit einer Thatsache ausgesprochen hat, zu beschwören, ob die Überzeugungs­

gründe, die ihn veranlaßten, seine Überzeugung auszusprechen und

aufrecht zu erhalten, ausreichend find für eine feststehende Über­ zeugung, eventuell ob

nicht etwa doch Überzeugungsgründe da

sind, in Anbetracht welcher von einem Mangel jeglicher Über­ zeugung nicht gut gesprochen werden kann.

Hiermit hat die Sub­

sumtion, welche immer nötig ist, damit eine konkrete Thatsache ausgesagt werden konnte, nichts zu thun; diese Subsumtion mußte

bereits erfolgen, damit auf Grund einer bestimmten Wahrnehmung eine konkrete Thatsache erkannt werden konnte.

welche erfolgen muß,

Die Subsumtion,

um eine konkrete Thatsache als solche zu

erkennen und auszusagen, diese Beurteilung eines Wahrgenom­ menen ist etwas anderes, als die in der Bildung einer Über­

zeugung von der Wahrheit einer Thatsache liegende Operation14). Nur in Fällen, in denen die Überzeugung bezüglich der Wahrheit einer konkreten Thatsache nicht feststeht, nicht aber, wenn es sich um die Subsumierbarkeit des Wahrgenommenen unter den Thatsachenbegriff handelt, werden und können die Parteien, statt ihre Überzeugung resp, den Mangel einer solchen zu beschwören,

sich erbieten, dem Gerichte die Überzeugungsgründe, welche u) Ich kann hier die Richtigkeit des Gesagten nicht ausführen und begründen, und muß daher auf die oben im Texte anbezogenen Ausführungen

in meiner Abh. „hon. fid. i. C.P." Bezug nehmen;

hier handelt es sich

doch nur um Prüfung der Ansicht, daß Zweifel über die Subsumierbarkeit des

konkreten Sachverhaltes unter das abstrakte Beweisthema die Parteien berechtigen sollen, ihre Vernehmung zu begehren, statt einen Schiedseid abzulegen.

Diese

Ansicht erscheint mir, abgesehen von dem im Texte Gesagten, schon deshalb irrig, weil dabei von einem falschen Standpunkte ausgegangen wird; nicht

darum handelt es sich, ob die Parteien die Entscheidung auf sich nehmen wollen, sondern ob sie die Bildung der Überzeugung dem Gerichte zu überlassen haben.

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

sie haben, klarzulegen;

sie verzichten darauf,

41

ihre Überzeugung

resp, deren Mangel zu beschwören und dadurch die Thatsache

als unanzweifelbare festzustelleti, und versuchen noch ein Letztes,

um den Richter, ich möchte sagen, durch Vorführung von argu­ menta ad hominem, die von ihnen erklärte Überzeugung, die sie doch durch ihren Eid nicht erhärten wollen, beizubringen. Die einzelnen Fälle, welche sich bei Zulassumg der frei­

willigen,

eidlichen Parteienvernehmung neben dem Schiedseide

ergeben würden, stellt Frhr. v. Canstein auf S. 60 ff. zusammen und behandelt sie unter Zugrundelegung von ihm postulierter

Abänderungen des Schiedseides. Er stellt nicht nur in erster Linie den gegenstandslosen

Abänderungsantrag, daß es in Hinkunft für den Deferenten keinen Jgnoranzeid (negativen Überzeugungseid) mehr geben dürfe, daß dieser durch den Eid, er wisse nichts, nicht mehr vollen Beweis darüber Herstellen könne,

daß die Thatsache wahr sei

(S. 24), was, zu Ehren der R.C.P.O. sei es wiederholt, ohnedies nicht der Fall ist, sondern er verlangt, daß der dem Dekaten verstattete Jgnoranzeid, den man doch genauer negativen Über­

zeugungseid zu nennen haben wird, nicht die Wirkung

haben

solle, daß der Richter das Gegenteil der behaupteten Thatsache für wahr halten müsse, sondern daß durch Ablegung desselben nur Rekusation des Schiedseides, also bewirkt werden könne,

daß Deferent geschlossen

und

von

der Beschwörung

angewiesen werde,

Weise zu beweisen.

seiner Behauptung

aus­

die Thatsache in anderer

Dieser Abänderungsvorschlag steht und fällt

mit der Aufnahme der Parteienvernehmung als neues Beweismittel.

Denn hat der Deferent überhaupt Beweismittel, so wird er, ganz abgesehen davon, daß es die bona fides erfordert, sie vorzuführen, statt zum Schiedseide zu greifen, dies gewiß in einem Falle nicht

thun, in dem der Delat mit der Ablegung eines negativen Überzeugungseides loskommen kann; hätte er es aber auch gethan,

so würde er doch gewiß nach Abgabe der Annahme-Erklärung des Delaten seine unbenützt gelassenen Beweismittel vorführen.

Parteimvernehmung neben Schiedseid.

42

Die Beseitigung der bisherigen.Wirkung des Jgnoranzeides,

an deren Stelle Rekusation bewirkt werden soll, hat für die Praxis nur dann eine Bedeutung, wenn man dem Deferenten ein Beweis­ mittel mehr als er bisher hatte — seine Vernehmung — gibt.

Wäre dies nicht, so kann es dem beweislosen Deferenten, der zum Schiedseide seine Zuflucht nehmen mußte, ziemlich gleichgültig sein, ob durch den Jgnoranzeid

das Gegenteil festgestellt oder

ihm das Feststellungsmittel genommen wird.

Bloß deshalb, weil

durch die vorgeschlagene Verbesserung etwas angeblich ganz Un­

logisches aus dem Gesetze beseitigt würde, könnte ich für dieselbe nicht eintreten,

denn der vorgeworfene Mangel

an Logik im

Gesetze ist nur dann vorhanden, wenn man hübsch beim Wort­

laute desselben stehen bleibt und sagt: durch den Eid, man habe die Überzeugung von der Wahrheit einer Thatsache nicht erlangt, werde voller Beweis des Gegenteils derselben her­

gestellt.

Das

scheinen.

Wenn man

müßte

gewiß

anwidernd

widersinnig

aber richtig erfaßt,

Schiedseid überhaupt zu keiner

er­

daß es durch den

Wahrheitsfeststellung

der

streitigen Thatsache kommt, sondern daß durch denselben nur eine der beiden im Prozesse bezüglich der Thatsache erklärten Überzeugungen erhärtet, und damit die Thatsache im Sinne der

erhärteten Überzeugung fest gestellt werden soll, so ist es gewiß, nachdem das Gesetz die Anzweiflung von facta aliena dadurch zugelassen hat, daß der Gegner erklärt, die Wahrheit derselben

nicht zu wissen, nicht gefehlt, zu bestimmen, daß durch Be­ schwörung des Umstandes, man habe die Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache nicht erlangen können, das Gegenteil der

Thatsache festgestellt werden soll. Daß man für den Delaten den negativen Überzeugungseid bezüglich jener facta aliena, über welche der Eid zugeschoben werden darf, zuließ, ist gewiß nur eine gerechtfertigte Kompensation dafür,

daß der Eid auch

über bestimmte facta aliena zugeschoben werden darf.

Was soll

es bei richtiger Auffassung der Eidesgeschäfte heißen, wenn gesagt wird, die Ablegung des Jgnoranzeides dürfe den Delaten nur

berechtigen, den Schiedseid zu refüsieren ? Nach der rechts­ geschäftlichen Willenserklärung des Deferenten soll, weil er die Thatsache, welche in einer Handlung der Rechtsvorgänger oder Vertreter des Delaten besteht oder Gegenstand der Wahrnehmung dieser Personen gewesen ist, nicht beweisen kann, diese doch dann Urteilsgrundlage werden, wenn er seine subjektive Überzeugung von ihrer Wahrheit eidlich erhärtet, es wäre denn, daß sein Gegner sich entschlösse, die Nichtwissenserklärung, durch welche er das Anzweifelbarwerden der Thatsache für das Gericht bewirkt hat, eidlich zu erhärten. Thut er dies, schwört er, daß er eine Über­ zeugung von der Wahrheit einer solchen Thatsache nicht erlangen konnte, so soll ja nicht das Gegenteil derselben als wahr be­ handelt, sondern unangesehen auf dessen Wahrheit nur deshalb dem Urteile zu Grunde gelegt werden, weil 1. der Defe­ rent, welcher zwar von der Wahrheit der Thatsache überzeugt zu sein behauptete, diese doch nicht beweisen konnte, und 2. der Delat überdies noch beschwor, daß er sich im Gegensatze zum Defe­ renten von der Wahrheit der Thatsache nicht überzeugen konnte. Würde neuerungsweise dem negativen Überzeugungseide nur die Wirkung der Rekusation des Schiedseides zugestanden, dafür aber dem Deferenten ein neues Beweismittel, das seiner Vernehmung geboten, so würde seine künftige Lage seiner heutigen gegenüber eine wesentlich bessere; er hätte trotz abgelegten Jgnoranzeides noch immer die Möglichkeit offen, den Richter durch seine Vernehmung von der Wahrheit der streitigen That­ sache zu überzeugen. Bekanntlich wird nun gegen den Schiedseid geltend gemacht, es sei nicht gut zu rechtfertigen, daß man dem Deferenten, der wegen Mangel an Beweisen voraussichtlich unterliegen würde, mit dem Schiedseide den Eideszwang gegen den Delaten gibt. Dennoch erscheint der im Schiedseid liegende sog. Eideszwang in Anbetracht dessen gerechtfertigt, daß die Be­ streitung mala fide erfolgt sein kann, und ohne Schiedseid auch durch eine solche Bestreitung der Prozeßverlust auf Seite des Deferenten unvermeidlich herbeigeführt würde. Der Deferent, der

44

Parleienvernehmung neben Schiedseid.

die Wahrheit einer Thatsache nicht zu beweisen in der Lage ist, kann heute durch Eideszuschiebung nur bewirken, daß entweder jene Überzeugung, welche den Delaten allein zur Bestreitung

berechtigt,

oder der Mangel

einer Überzeugung,

worauf

die Anzweiflung beruht, von Seite des Delaten eidlich erhärtet wird, oder daß er zur eidlichen Erhärtung seiner Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache zugelassen und so entweder das Gegenteil derselben oder diese selbst für den Prozeß als unan­

zweifelbar festgestellt wird.

Nimmt man nun dem Delaten die

Möglichkeit, diesen Feststellungserfolg durch Beschwörung des Mangels einer Überzeugung von der Wahrheit solcher

Thatsachen,

die in Handlungen seiner Vertreter

oder Rechts­

vorgänger bestehen, oder welche Gegenstand der Wahrnehmung dieser Personen gewesen sind, herbeizuführen, verbindet man mit der Ablegung des negativen Überzeugungseides nur den Erfolg,

daß dadurch die Rekusation des Schiedseides bewirkt wird, in welchem Falle dann Deferent noch immer berechtigt sein sollte,

sich als Zeuge vernehmen zu fassen, so würde darin eine neuer­

liche, und zwar nicht zu rechtfertigende Begünstigung des

Deferenten gelegen sein.

Dieser hat durch das Rechtsgeschäft der

Eideszuschiebung einmal in rcchtsbestimmender Weise erklärt, daß die Feststellung der wegen Bewcismangels nicht beweisbaren That­ sache durch eidliche Erhärtung einer der erklärten Überzeugungen, resp, des Mangels derselben als unanzweifelbare erfolgen solle; dabei muß es aber auch dann in allen Fällen bleiben.

Will

sich der Beweisbelastete als Zenge vernehmen lassen, so hätte er

dies von vornherein zu thun, er darf aber nicht fordern, daß zunächst der Delat den Mangel seiner Überzeugung beschwört und dann erst seine Vernehmung beantragen.

Aus

diesem Grunde bin ich gegen die Beseitigung der bisherigen Wirkung des sog. Jgnoranzeides

auch in dem Falle, als

die

Parteienvernehmung neben dem Schiedseide eingeführt würde.

Ganz unverständlich ist es mir, wie dadurch, daß man dem

abgelegten Jgnoranzeide seine heutige Wirkung nimmt und durch

45

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

ihn nur Rekusation des Schiedseides bewirken läßt, „die ungerecht­ fertigte Beschränkung des ß410 R.C.P.O. beseitigt, und der

Schiedseid über jedes Faktum zugelassen werden könnte" (S. 26). Dadurch, daß man dem abgelegten Jgnoranzeide seine definitve

Wirkung

benimmt, kann doch

nicht

gerechtfertigt werden, daß

auch über Thatsachen, bezüglich welcher es heute zum Schieds­ eide gar nicht kommen kann, dieser zulässig sein soll.

Man

hatte gute Gründe dafür, zu bestimmen, daß dem Delaten nicht zugemutet werden dürfe, bezüglich aller Thatsachen, welche er

durch bloße Anzweiflung für das Gericht anzweifelbar machen fcmir (§ 129 Abs. 3), sondern nur bezüglich solcher, welche in Handlungen seiner Rechtsvorgänger oder Vertreter bestehen

oder Gegenstand der Wahrnehmung dieser Personen gewesen sind, einen negativen Überzcugungseid abzulegen. Warum sollen diese Gründe dadurch behoben sein, daß der sog. Jgnoranzeid

nicht mehr Feststellung des Gegenteils, sondern nur Rekusation

des Schiedseides bewirkt?

Ich kann

den Gedankengang nicht

finden, auf dem Frhr. v. Canstein zu der von ihm aufgestellten

Ansicht gelangt ist, und muß sie vorläufig, insolange keine Gründe

für sie angeführt werden, als jeder inneren Begründung bar erkennen.

Nach Frhrn. v. Canstein (S. 60 f.) soll in Zukunft der Beweisbelastete die Wahl haben, bezüglich eines jeden bestrittenen

Faktums seinem Gegner den Eid zuzuschieben, oder seine Ver­ nehmung zu beantragen; er wird, so heißt es, letzteres thun, wenn er fürchtet, sein Gegner könnte' einen Meineid schwören.

Dieser den Deferenten bei seiner Wahl leitende Gesichtspunkt

mag praktisch sein, aber richtig ist er nicht.

Die Vernehmung

der Parteien soll ein neues Beweismittel, ein Mittel, um das Gericht von der Wahrheit einer Thatsache zu überzeugen,

sein.

Der Schiedseid ist ein Feststellungsmittel,

lässig, wenn es an Beweismitteln fehlt.

nur zu­

Darum kann der

Beweisbelastete wohl die Wahl haben, aber er hat kein Wahlrecht;

erwartet er, daß sich aus seiner Vernehmung für das Gericht

46

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

ausreichende Überzeugungsgründe anschließen, so erfordert

es vielmehr die bona fides, daß er seine Vernehmung beantrage. Nur wenn er sich von seiner Vernehmung kein Resultat für die Überzeugung des Gerichtes erwartet, wird er, den Anforderungen der Redlichkeit im prozessualen Verkehre Rechnung tragend, zum Schiedseide greifen dürfen.

Selbstverständlich kann er stets

neben der Eideszuschiebung seine Vernehmung anbieten.

Das

Gericht hat dann über die Zulässigkeit der ersteren zu entscheiden und zwar bejahend, wenn es sich Gewinnung einer Überzeugung aus der Vernehmung (event, auch

aus der des sich ebenfalls

anbietenden Gegners) nicht verspricht.

Ist aber einmal von dem

Gerichte auf den Eid, welcher ohne gleichzeitiges Anerbieten seiner Vernehmung vom Deferenten zugeschoben wurde, erkannt worden,

und hat der Delat auch nur einen Jgnoranzeid geschworen,

so

darf es doch dem Deferenten nicht mehr gestattet werden, seine

Vernehmung zu beantragen; das hätte er früher thun müssen; hätte er sie aber neben der Eidesschiebung beantragt gehabt, so kann es zu derselben nicht mehr kommen, denn zur Ablegung des negativen Überzeugungseides von Seite des Delaten durfte

es nur kommen, weil sich das Gericht von der angebotenen

Vernehmung des Deferenten keinen Erfolg versprach.

Es will

mir scheinen, daß es nicht gut angeht, dem Jgnoranzeide des

Delaten nur Rekusationswirkung zuzugestehen und dann das Be­ weismittel der Parteienvernehmung zulässig zu erklären.

Man

wird zu der Ansicht gedrängt, daß sich Schiedseid und Partei­ vernehmung nebeneinander nicht vertragen; mit der Behand­

lung der letzteren als Korrektiv der Ersteren (©. 33) will es nicht

gut gehen. Sehen wir weiter!

Über erfolgte Eideszuschiebung soll der

Delat auf vier verschiedene Arten handeln können.

den Eid zurück, dann bleibt es beim Alten.

Schiebt er

Nicht aber im

Falle der Annahme, denn der Delat soll stets die Möglichkeit haben, sich zu erklären, ob er den Überzeugungseid (einen

Wahrheitseid hätte er, nach Frhrn. v. Canstein, nur über Er-

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

47

gänzungen und Berichtigungen des Beweisthemas abzulegen) über die Unwahrheit des Beweisthemas oder statt des Überzeugungseides den Jgnoranzeid schwören wolle.

höchst bedenklichen Neuerung,

Mit Zulassung dieser

mit welcher offenbar dem

Delaten dadurch, daß er nicht einmal mehr über facta propria einen Wissens- oder positiven Überzeugungseid abzulegen

hat, ein Ersatz dafür geboten werden soll, daß ihm über alle Thatsachen der Eid zugeschoben werden kann,

sowie dafür, daß

er durch Ablegung des Jgnoranzeides nur den Schiedseid reku-

sieren,

nicht aber das Gegenteil feststellen kann,

würde jedoch

nach meiner und auch nach der an früherer Stelle ausgesprochenen Ansicht Frhrn. v. Cansteins der ganze Schiedseid wertlos. Nach Frhrn. v. Canstein (S. 11) fordert es die Rechtssicherheit,

daß der Beweisbelastete einseitig ein formelles Beweismittel mit voller Beweiskraft schaffen könne; dies Beweismittel soll der Schiedseid sein.

Wie stünde es nun mit der durch die Eides­

zuschiebung erfolgenden einseitigen Schaffung dieses formellen

Beweismittels, „welches einen bestimmten Beweiseffekt haben und den Parteien und den Parteienvertretern im Voraus die

Gewißheit geben soll, o.b ein Prozeß gewonnen werden wird oder nicht, so daß dieser Eid an Wert einer vollbeweisenden Urkunde gleichkommt", wenn der Delat stets über jedes Faktum nur

einen

Jgnoranzeid

Schiedseid refüsiert würde?

abzulegen

brauchte,

wodurch

der

Der Schiedseid würde aufhören,

ein Feststellungsmittel zu sein, wenn der Delat in allen Fällen

der Annahme des Eides damit wegkäme, zu schwören, er habe die Überzeugung von der Wahrheit 'der Thatsache nicht erlangt, statt schwören zu müssen, die Thatsache sei unwahr oder er habe die Überzeugung von ihrer Unwahrheit. Jeder, der diese hat, kann

gewiß auch den sog. Jgnoranzeid ablegen; darum ist dessen Ab­

legung für den Delaten stets einfacher; wenn er durch denselben auch nicht die Feststellung des Gegenteils bewirkt, so schneidet er

durch Ablegung desselben dem Deferenten die Feststellung ab, die er ihm vielleicht sonst durch Zurückschiebung des Eides offen lassen

48

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

müßte, wenn er nur die Wahl hätte, einen Wissens- eventuell positiven Überzeugungseid zu schwören oder zu referieren. In wie vielen Fällen, in denen heute ein gewissenhafter Delat den Eid, welchen er als positiven Überzeugungseid abzulegen hätte, zurückschieben muß, weil er doch nicht so ganz von der Unwahr­

heit der Thatsache überzeugt ist, würde statt der Zurückschiebung die Ablegung

eines sogen. Jgnoranzeides,

den

er dann noch

immer mit bestem Gewissen ablegen könnte, erfolgen, und dadurch dem Deferenten das Feststellungsmittel, welches den Parteien und ihren Vertretern im voraus die Gewißheit geben soll, ob der Prozeß zu gewinnen ist oder nicht, entwunden werden! Wenn ich mir auch

gegenwärtig halte, was Frhr. v. Canstein den Lesern seines Gut­ achtens ermahnend zuruft, daß Kritisieren und Niederreißen leicht,

Verbessern und Neuaufbauen schwieriger ist, so müßte ich doch die

darin liegende Verbesserung der R.C.P.O., daß der Delat in allen Fällen also auch in solchen, in denen es sich um Thatsachen handelt, über die er heute einen Wissens- eventuell positiven Über­ zeugungseid ablegen oder referieren muß, die Möglichkeit haben soll, sich für die Ablegung eines positiven Überzeugungseides oder

des Jgnoranzeides zu

entscheiden,

schlechterung erklären.

als eine entschiedene Ver­

Verbessern scheint wirklich sehr schwer

zu sein.

Will sich Delat über die erfolgte Eideszuschiebung weder für die Zurückschiebung noch für die Ablegung eines positiven Über-

zeugungs- oder Jgnoranzeides nach Wahl entscheiden, „so soll er auch sein Zeugnis anbieten können".

„Ist das Resultat (des Zeug­

nisses) gleich einem Jgnoranzeid'e, so kann der Beweispslichtige

sein Zeugnis anbieten; ist das Resultat g le ichs?) dem Über­

zeugungseide, so wird der Delat siegen" (S. 61). Das heißt zunächst wohl, es solle Rekusation des Schieds­

eides nicht nur durch Ablegung des Jgnoranzeides, sondern immer dadurch erfolgen können, daß Delat seine Vernehmung anbietet. Es läge daher stets in der Hand des Delaten, dem Deferenten

„das den Erfolg des Prozesses sichernde formelle Beweismittel"

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

49

zu entwinden. Mit der Feststellung einer Thatsache als unanzweifel­ barer durch Beschwörung der Überzeugung des Deferenten

ist es vorbei; er wäre darauf angewiesen,

wenn sich aus der

Vernehmung des Delaten nicht die Wahrheit der Thatsache ergibt, was im Falle, als dieser seine Vernehmung anbietet, nicht zu er­ warten ist, die Überzeugung des Gerichtes von der Wahrheit

der Thatsache zu bewirken; Prozeß verloren.

gelingt ihm dies nicht, hat er den

Auch wenn sich aus der Vernehmung des De­

laten nur ergibt, daß er bezüglich der Wahrheit der streitigen That­ sache gar keine Überzeugung habe (Resultat gleich einem Ignoranz­ eide),

so

soll der Beweispflichtige nur seine Vernehmung als

Zeuge anbieten können.

Das wäre klar.

Damit hört aber die

Eideszuschiebung auf, ein einseitiges prozessuales Rechtsgeschäft zu sein, zum Schiedseide kann es nur kommen, wenn auch De-

lat will.

Dies scheint auch Frhrn. v. Canstein (S. 11) un­

genügend, und doch plädiert er für diese, die Gestaltung der Eides­

zuschiebung als einseitiges prozessuales Rechtsgeschäft völlig umgestaltende Neuerung.

Wann ist aber das Resultat der Vernehmung des Delaten gleich dem Überzeugungseide? in welchem Falle, wie gesagt wird,

der Delat „siegen werde". Ist dies auch gewiß? Durch den positiven Überzeugungseid des Delaten wird beschworen, daß er von der Unwahrheit der Thatsache überzeugt sei; weil er dies beschworen hat, ist das Gegenteil derselben formell bewiesen, sagt

Frhr. v. Canstein, gestellt, sage ich.

ist das Gegenteil als unanzweifelbar fest­

Hat sich aber aus der Vernehmung des Delaten

ergeben, daß derselbe aus bestimmten Gründen von der Un­

wahrheit der Thatsache überzeugt ist, so kann es ja sein, daß auch das Gericht die Überzeugung der Unwahrheit gewonnen hat; es kann aber auch sein, daß sich das Gericht auf Grund der ihm bekannt gewordenen Überzeugungsgründe nicht bestimmt fühlt,

eine Überzeugung zu bilden,

wie vor zweifelhaft bleibt. laten nicht entschieden. Trutter, Schiedseid oder

daß ihm die Thatsache nach

Damit ist aber der Sieg des De­

Sollte Frhr. v. Canstein darunter, daß Parteieuvernehmung? 4

50

Parteienvernehmimg neben Schiedseid.

das Resultat der Vernehmung gleich ist dem Überzeugungseide,

n u r verstehen, daß der Richter von der Unwahrheit der Thatsache

überzeugt wird, worauf es doch beim Überzeugungseide nicht an­ kommt, dann hat er entweder in seiner Aufstellung den möglichen Fall vergessen, daß sich aus der Vernehmung mehr ergibt als die Überzeugungslosigkeit des Delaten, nämlich seine Überzeugung

von der Unwahrheit, daß aber doch das Gericht nicht über­ zeugt wird, in welchem Falle der Delat nicht siegt, sondern der

Deferent wieder durch Anbietung seines Zeugnisses siegen könnte, oder er fordert für den gedachten Fall die Aufstellung einer Be­ weis regel, dahin gehend, daß das Gericht sich von der Unwahr­

heit der Thatsache überzeugt zu halten habe, wenn der Delat durch seine Vernehmung darthut, daß er von deren Unwahrheit über­ zeugt sei. So würden sich in Zukunft die Dinge gestalten, wenn der

Beweisbelastete seine Vernehmung nicht anbietet, sondern den Eid zuschiebt, wodurch

sich kein einseitiges prozessuales

Rechtsgeschäft mehr vollziehen, sondern es in das Belieben des

Delaten gestellt würde, den Schiedseid durch das Anerbieten seiner Vernehmung auszuschließen;

wozu ist er dann noch gut?

wozu ihn beibehalten?

Wie würden sich die Dinge gestalten, wenn der Beweis­

belastete von vornherein neben

der Eidcszuschiebung sich zum

Beweise durch seine Aussage erbietet, oder das Letztere doch so­

fort dann thut, wann der Delat die Eideszuschiebnng damit be­ antwortet, daß er seine Vernehmung beantragt?

Oder sollte der

Deferent etwa hiezu nicht berechtigt sein, sollte er das Resultat der Vernehmung des Delaten abwarten müssen und diese Be­

rechtigung erst dadurch erhalten, daß das Resultat der Vernehmung

des Delaten gleich ist einem Jgnoranzeide? denkbar.

Das scheint mir un­

Nachdem es zur Thatsachenfeststellung durch den Schieds­

eid nur kommen darf, wenn es an Beweismitteln fehlt,

die

Parteienvernehmung aber zu diesen zählen würde, so muß der Deferent nicht nur gleich von vornherein berechtigt sein, neben

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

51

der Eideszuschiebung seine Aussage anzubieten, sondern auch später

dann, wann der Delat über die Eideszuschiebung seine Ver­

nehmung beantragt.

Der Deferent muß dies in seinem wohl­

verstandenen Interesse thun, damit sich das Gericht eine Vor­ überzeugung nicht auf Grund

Delaten bilde.

der einseitigen Aussage

Haben sich aber Delat und

des

Deferent zur

Aussage erboten, so kann doch das Gericht den Deferenten nicht

übergehen und den Delaten allein einvernehmen. Nur in diesem letzteren Punkte befinde ich mich in Übereinstimmung mit Frhrn. v. Canstein.

Dieser schweigt sich nicht nur darüber aus, ob es zulässig sein solle, neben der Eideszuschiebung die Vernehmung anzubieten, sondern

es folgt aus seiner Darstellung mit Notwendigkeit, daß der Beweis­ belastete, der den Eid zugeschoben hat, auf den Antrag des De­

ferenten, ihn lieber als Zeuge zu vernehmen, hin nicht berechtigt sei, sofort auch seine Vernehmung zu beantragen; denn sonst müßte er der letzteren. Möglichkeit gedenken und ihr Rechnung

tragen.

Frhr. v. Canstein sagt nämlich (S. 51), wie ich glaube

mit vollem Recht, daß, wenn

beide Parteien freiwillig ihre

Aussage angeboten haben, grundsätzlich beide Parteien als Zeugen zu vernehmen sind.

In diesem Falle habe der Richter

zuerst festzustellen, wer näher zum Beweisrechte stehe, und sodann

den Näheren zuerst zu vernehmen. Den Vortritt soll gewähren die eigene Wahrnehmung, sohin die Glaubwürdigkeit und schließlich der Umstand, daß der Gegner beweispflichtig ist (S. 52). Danach muß es,

wenn Delat seine Aussage anbietet, und Deferent das

Gleiche gethan hat oder thut, was ihm jedenfalls freistehen muß, nicht einmal zur Vernehmung des Delaten in erster Linie,

viel weniger allein kommen.

Danach könnte das S. 61 ad c

Gesagte nur dann seine teilweise Richtigkeit haben, wenn Deferent nicht ebenfalls seine Aussage angeboten hat, oder anbietet,

ein Fall, der wohl kaum vorkommen dürfte, wenn die Institution der Parteienvernehmung neben der des Schiedseides im Prozesse ihren

Platz finden soll.

Mir will scheinen,

daß

beide Institutionen 4»

52

Parteienvernehmung neben Schiedseid.

nebeneinander nicht gut bestehen können; sicher nicht so,

wie Frhr. v. Canstein sich dies vorstellt; aber auch nicht in anderer Weise. Daran müßte doch, wie immer man den Schiedseid regeln

will, festgehalten werden, daß er kein Beweismittel für die Wahrheit einer Thatsache, sondern nur ein Mittel zur Feststellung einer Thatsache unabhängig von der Überzeugung des Gerichtes

ist; es müßte denn der Schiedseid nur ausschließlich als strikter Wahrheits- (nicht Wissens-) Eid zugelassen werden, was wohl aus­

geschlossen erscheint.

Anderseits ist die Parteiaussage jedenfalls

Beweismittel; aus ihr sollen sich Beweisgründe für die Für-wahrAnnahme des Gerichtes ergeben.

Wenn nun, was wohl auch für

alle Zukunft so sein müßte, der Schiedseid nur für den Fall eines Mangels an Beweismitteln zulässig sein soll, so müßte er seinen

Platz hinter der Parteienvernehmung haben; kann das Gericht auch aus dieser keine Überzeugung von der Wahrheit oder Un­ wahrheit der streitigen Thatsache gewinnen,

rechtsbestimmende Willenserklärung

des

so müßte es über

beweislosen Deferenten

immer zum Schiedseide kommen, wenn dieser wie heute dem gleichen Zwecke dienen soll, den rechtlichen Erfolg einer Bestreitungs­ erklärung von der Beschwörung der Überzeugung einer der beiden

Parteien abhängig zu machen.

Ich gestehe selbstverständlich gern

zu, daß das Gericht in vielen Fällen in die Lage kommen würde,

sich

seine Überzeugung

bilden,

wonach

es

auf

Grund

zum Schiedseide

braucht und nicht mehr kommen kann.

der

Parteienaussagen

nicht

mehr

zu

zu komme»

Oft ist aber nicht immer.

Es werden gewiß auch Fälle Vorkommen, wo das Gericht keine eigene Überzeugung von der Wahrheit einer Thatsache erlangt,

obwohl, vielleicht auch weil es beide Parteien einvernommen hat. Will man dann nicht den Beweisbelasteten ohne weiteres unter­ liegen lassen, so muß es doch geschehen, daß die Überzeugung der

einen oder andern Partei in der Weise den Ausschlag gibt, daß die Thatsache als im Sinne der beschwor»en Überzeugung un­ anzweifelbar dem Urteile zu Grunde gelegt wird.

Parteivernehmung statt Schiedseides.

53

In allen Fällen würden die Prozesse verlängert und ver­ teuert, denn sicher müßte es stets, wenn eine Thatsache streitig

ist, zu einer Beweisaufnahme kommen.

Daß keine der beiden

Parteien ihre Aussage anbietet, ist wohl kaum anzunehmen, wenn

Entscheidung auf Grund des Schiedseides in Aussicht steht.

Hierin

würde ich aber noch immer keinen Grund erblicken, mich gegen die Parteienvernehmung auszusprechen, wenn ich sie als ein gutes

Beweismittel erkennen würde, was sie, wie sich aus Späterem er­ geben wird, nicht ist. Wäre sie dies, dann könnte man den Schieds­ eid preisgeben; ich finde es nur unthunlich, den Schiedseid als

das, was er ist, beibehalten und die Parteienvernehmung als ein sog. Korrektiv für die Mängel des Schiedseides einführen zu wollen.

Solche haften ihm, als Beweismittel betrachtet, allerdings viele und bedenkliche an. an Mängeln,

Als Feststellungsmittel leidet er nicht

die ihn zum Gebrauche untauglich machen; miß­

braucht kann er werden; dies teilt er mit vielen anderen Institu­ tionen.

Eine Korrektur, welche durch

die Nebeneinander­

stellung der beiden Institutionen bewirkt werden sollte,

mir unerreichbar.

scheint

Die Frage, ob Schiedseid, ob Parteienverneh­

mung ist ein aut-aut und verträgt keine ausgleichende Beant­ wortung, wie sie von Frhrn. v. Canstein versucht wurde.

Anders stellt sich zur Frage Kleinfeller, der die Institution

des Schiedseides aus dem Prozesse beseitigt und dafür als neues Beweismittel die Parteienvernehmung

in denselben eingeführt

wissen will. Ihm ist der Schiedseid wertlos (S. 85); daß er als

Beweismittel behandelt wertlos ist, wird zugestanden; ob aber als Feststellungsmittel, ist eine andere Frage, die ich bereits ver­ neinend beantwortet habe, indem ich in meinen beiden wiederholt citierten Abhandlungen sowie auch hier Ausführungen brachte,

aus denen sich ergibt, nach welcher Richtung durch die Eides­ geschäfte, welche das Prozeßverhältnis abändern, etwas, und zwar

54

Parteivernehmung statt Schiedseides.

etwas sehr Bedeutendes für die Herstellung der Urteilsgrundlage

gewonnen wird. Zu gewinnen ist nach der Ansicht Kleinfellers (©. 94ff.)

durch alle anderen bisher vorgeschlagenen Mittel zur Abhilfe der

Schiedseidmißstände nichts; er erblickt (©. 97 ff.) in der Verneh­ mung der Parteien als Zeugen das Heil der Zukunft, besonders

wenn jene so gestaltet wird, wie dies den von ihm ausgestellten „bestimmten Sätzen" entspricht; durch jene soll die Lücke ausgefüllt

werden, welche im Civilprozesfe durch den Mangel an sonstigen Beweisen entsteht, und welche bisher durch die Eideszuschiebung

uud den richterlichen Eid ausgefüllt wurde.

Daß die Parteien­

vernehmung würde diesen Zweck vollständig erfüllen können,

muß ich bezweifeln; aber ich stimme bei, daß sie, um diesen Zweck erfüllen zu können, ohne vorgängige Beweisführung zu­

lässig sein müßte (S. 98).

Die Gründe, welche gegen eine andere als die freiwillige

Vernehmung der Parteien sprechen, wurden bereits hervorgehoben; danach scheint es wohl

durchaus unzulässig,

daß der Beweis­

belastete berechtigt sein soll, Antrag auf Vernehmung seines Gegners zu stellen, ebenso oder noch mehr, daß dem Richter

die Befugnis eingeräumt werde, die Vernehmung von Amts­ wegen anzuordnen (S. 101), wenn man auch den Parteien die

(in ihrer Wirkung sehr zweifelhafte) Befugnis einräumen wollte, die Zeugenaussage zu verweigern (S. 103). Würde man An­

trag aus Vernehmung des Gegners für zulässig erklären, so wäre es gewiß richtig, in diesem Anträge eine Bereiterklärung des

Antragstellers, sich selbst vernehmen zu lassen, zu finden; diese Bereiterklärung müßte aber dann selbstverständlich ein späteres Geltendmachen der Befugnis,

die Aussage zu verweigern, aus­

schließen; schwierig gestaltet sich die Sache, wenn der Antragsteller

als Zeuge veruommen, die Beantwortung einzelner Fragen verweigern wollte.

Es ist ja richtig,

daß die Verweigerung der

Antwort nur von Bedeutung ist für die Bildung der richterlichen Überzeugung, Aber kann die Partei, die, weil sie den Antrag

Parteivernehmung statt Schiedseides.

55

auf Vernehmung des Gegners gestellt hat, selbst vernommen wird, uud zwar über Dinge, die der schlau berechnende Gegner zur

Sprache gebracht hat, scheinbar um die Wahrheit oder Unwahr­ heit der streitigen Thatsache zu beleuchten, in Wirklichkeit aber um den Antragsteller in die Alternative zu versetzen,

entweder sein

Schtoeigen als Beweisgrund in die Wagschale zu werfen, oder Dinge dem Gegner, dem Gerichte, der Öffentlichkeit preiszugeben,

an

deren Geheimhaltung

er

ein

begründetes

materielles oder

sonstiges Interesse hat, dem Gerichte klar machen, daß sie nur in

Wahrung dieses, ihres Interesses die Frage nicht beantworte, und

daß in deren Nichtbeantwortung kein Beweisgrund für die Un­

wahrheit der streitigen Thatsache gefunden werden könne? Kleinfeller verlangt weiters, daß immer beide Parteien,

zunächst unbeeidigt, zu vernehmen seien, und daß der Richter

auf Grund

dieser Vernehmung die Glaubwürdigkeit prüfe,

um

dann erst diejenige Partei zu beeiden, welche ihm als die glaubwürdigste und im Besitze des

besseren Wissens

erscheint

beider

(S. 99).

Beeidigung

Parteien

promissorische Eid sei zu vermeiden (S. 103).

befindliche und

der

Der Richter,

welcher sowohl bei gänzlicher Verweigerung der Aussage durch

eine Partei, als

bei Verweigerung

des Eides

und

bei Nicht­

beantwortung einzelner Fragen unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden habe (S. 103),

soll sich in jedem Falle nach dem Grundsätze der freien Beweis­

würdigung a ii ch mit der unbeeidigten Aussage begnügen können

(S. 104). Dem Anträge auf zcugeneidliche Parteivernehmung brauche

nicht stattgegeben, und die bereits erfolgte richterliche Anordnung derselben brauche nicht ausgeführt zu werden, sobald eine Partei

andere Beweismittel benennt (S. 104). Zunächst einiges über diese Sätze, insoweit sie nicht bereits

besprochen wurden.

Wenn man schon trotz der früher aus­

geführten Bedenken Vernehmung über Antrag des Gegners sowie von Amtswegen für zulässig erklären würde, so wäre es gewiß

richtig, daß der Richter beide Parteien vernehmen soll, daß Be-

Parteivernehmung statt Schiedseides.

56

eidigung beider Parteien und der promissorische Eid zu vermeiden ist. Dagegen erscheint es mir notwendig, daß die ganze Aussage der Parteien von vornherein unter Wahrheitspflicht ge­

setzt werde.

Die Parteien müßten wissen, eventuell darüber belehrt

werden, daß sie bei ihrer Vernehmung nicht so wie im Laufe der Verhandlung unwahre Thatsachen behaupten und wahre leugnen

können, ohne daß sie dafür ein Rechtsnachteil trifft.

Nur

wenn die ganzen Aussagen der Parteien unter Wahrheitspflicht

stehen, wird sich das Gericht ein verläßliches Urteil darüber bilden können, welche Partei die glaubwürdigere ist und sich im

Besitze des besseren Wissens befindet, welche es also beeiden soll.

Wenn die Parteien auch bei der Vernehmung noch straflos, ohne einen Rechts Nachteil fürchten zu müssen, lügen und sich gegenseitig verdächtigen können,

getäuscht werden.

Ich fürchte,

würde das Gericht nur zu oft daß die Gerichte, wenn sie nach

Beendigung der Vernehmung aus dem Ergebnisse desselben jene

Behauptungen zusammenfassen würden, welche beeidet werden

sollen (S. 105), und es dann zur Beeidigung kommen würde, die sonderbarsten Erfahrungen machen dürften; die Parteien werden erst wahrhaft werden, wenn ihnen bekannt gegeben ist, welche Behauptungen sie auf ihren Eid nehmen müssen; früher haben sie nur erzählt,

jetzt müssen sie schwören, und da werden, sie

manche Behauptungen aus ihren Erzählungen ausgeschieden wissen

wollen, vielleicht gerade solche, welche den Richter bestimmten,

der Partei, die er zu beeiden beschlossen,

zuzuerkennen.

das bessere Wissen

Dann muß er doch notwendig von der angeord­

neten Beeidigung

absehen und die andere Partei beeiden.

Und

dies alles sollte geschehen, ohne daß die Partei ein Rechts­ nachteil treffen

würde?

Eine Parteieneinvernehmung könnte

nur dann befürwortet werden, wenn die ganzen Aussagen

unter Wahrheitspflicht gestellt würden; wie und in welcher der verschiedenen denkbaren Weisen dies geschehen soll, ist Sache

legislatorischer Erwägung;

daß

es

aber überhaupt geschieht,

scheint mir eine absolute Notwendigkeit.

Parteivernehmung statt Schiedseides.

57

Gänzlich unerläßlich schiene es mir ferner, daß die, wenn auch

nachträgliche,

werden müßte.

Beeidigung

der Partei obligatorisch

Die Parteien sollen doch

Zeugen sein

und

müßten daher so wie Zeugen behandelt werden; wenn nun jeder Zeuge, gleichgültig, ob das Gericht auf seine Aussage ein Gewicht legt oder nicht, beeidigt werden muß, so würde es doch gewiß

gefordert werden müssen, daß jene Partei ihre Aussage beeidet, welche für das Gericht Überzeugungsgrund werden soll. Es der freien Beweiswürdigung des Gerichtes zu überlassen, ob es sich

auch durch die unbeschworene Aussage der Partei überzeugt halten wolle, schiene mir ein grober Fehler, besonders dann, wenn

die Aussage nicht ohnedies unter rechtlicher Wahrheitspflicht steht. Den Parteien das Feststellungsmittel des Schiedseides nehmen,

und dem Richter die Macht geben, es von seinem Ermessen

abhängig zu machen,

ob die Partei, welche durch ihre Aussage

den Sieg davontragen soll, dieselbe zu beschwören hat, das erschiene mir als eine gesetzgeberische That, gegen welche sich selbst,

wenn die Institution des Schiedseides sich wirklich im Volke noch

so wenig eingelebt hätte,

wie dies Kleinfeller behauptet, ein

Schrei der allgemeinen Mißbilligung erheben müßte.

Ich will ganz

davon absehen, daß eine Behandlung der Parteien als Zeugen

stets erfordern würde die Beeidigung beider Parteien; ich kann dies aber nur darum, weil ich von vornherein die Aussagen der

als Zeugen vernommenen Parteien unter Wahrheitspflicht gestellt

wissen will.

Nicht bloß jene Partei soll strafbar werden, die

gegen dieEidespflicht verstoßen hat, sondern auch diejenige,

welche durch ihre Aussage gegen die als rechtliche normierte

Wahrheitspflicht verstoßen würde.

Warum sollte man nicht

jede falsche Aussage einer als Zeuge vernommenen Partei vor Gericht als ein Delikt behandeln, oder, wenn man dies nicht will,

andere Rechtsnachteile eintreten lassen?

Einer auch für Nicht­

christen zu berechnenden Gesetzgebung soll „die christliche Auffassung

von der Heiligkeit und Wichtigkeit des Eides" nicht höher stehen,

als die von der dem Gerichte gegenüber den Parteien obliegenden

Pavteivernehmuilg statt Schiedseides.

58

Wahrheitspflicht, wenn sie sich, den Partei standpunkt auf­

gebend, dem Gerichte als Auskunftspersonen zur Ver­

fügung stellen.

Wenn uns eine Reform der R.C.P.O. die Institution der Vernehmung der Parteien als Zeugen bringen sollte, so dürfte doch die Gestaltung dieser Institution nicht unter Zugrunde­ legung jener Sätze erfolgen, die von Kleinfeller aufgestellt

werden, wenigstens nicht aller dieser Sätze,

und zwar gerade

jener nicht, welche als die wichtigsten erscheinen. Nach meinem Dafürhalten liegt aber überhaupt kein Grund vor,

zu der fraglichen Institution seine Zuflucht zu nehmen;

unser Schiedseid leistet mehr, als ihm allgemein zugestan­ den wird, und die Parteienvernehmung dürfte weniger leisten,

als man von ihr erwartet.

Man wird gutthun, sich die beiden

gewiß wahren Aussprüche Ahrens' (Naturrecht oder Philosophie

des Rechtes und des Staates Bd. I S. 323 u. 328) gegenwärtig „Der Mensch soll sich mehr als Gesetzfinder, wie als

zu halten:

Gesetzgeber betrachten!" und „das Gesetz soll in den Fluß der

unmittelbaren Rechtsbildung im Volksbewußtsein gestellt bleiben!" Die Frage,

ob Schiedseid,

ob Parteienvernehmung,

nicht das Gemüt des Volkes, sondern Juristen.

beschäftigt

nur den Verstand der

Zur Antwort drängt nicht das Volk, welches nur

einen richtig funktionierenden, raschen und billigen Prozeß verlangt; zur Antwort drängen die Juristen, welche nicht ein§ werden können, über das Wesen des Schiedseides, über das Überwiegen seiner Vor- und-Nachteile gegenüber der Par­ teienvernehmung.

Die

öffentliche

Meinung

steht

anders

wie

damals, als es sich um Einführung des mündlichen (unmittelbaren) Verfahrens handelte, unserer Frage indifferent gegenüber; es will mir scheinen, als hätte sie das richtige Gefühl, daß durch die in Frage

stehende

Neuerung

keine

heutigen Verfahrens erreicht würde.

Vervollkommnung

des

Ob es rascher und billiger

würde, möchte ich mindestens in toto bezweifeln, denn beinahe für jeden Prozeß steht dann ein

Beweisaufnahmeverfahren

^arteiberne'fjmung statt Schiedseides. bevor.

59

Ungleich wichtiger erscheint mir aber, ob durch die Neue-

rung ein richtigeres Funktionieren des Prozesses bewirkt, ob erhöhte Garantien

daß die

dafür geschaffen würden,

Urteilsgrundlage eine objektiv wahre wird. Diese Garantie ist in den Fällen nicht vorhanden, in denen sich das Gericht die Überzeugung von der objektiven Wahrheit

einer Thatsache nicht durch eigne Wahrnehmung derselben

zu verschaffen vermag, sondern darauf angewiesen ist, sich seine Überzeugung auf Grund der Aussagen von Zeugen zu bilden,

mögen dieselben auch Thatzeugen sein. Auch wenn Zeugen unter ihrem Eide bestätigen, die streitige Thatsache selbst wahrgenommen

zu haben, ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen,

daß die

Wahrnehmung oder die Wiedergabe des Wahrgenommenen eine

ungenaue war beziehungsweise ist.

Kein Zeuge kann die ob­

jektive Wahrheit einer Thatsache beschwören; auch der Thatzeuge beschwört immer nur seine Überzeugung, die Thatsache, von

der er berichtet,

so,

wie er sie angegeben hat, wahrgenommen

Darum wird der Zeugenbeweis allgemein als

zu haben.

das

unzuverlässigste Beweismittel für das Wahr sein einer That­

sache erklärt; und doch liegen bei einem Zeugen selten nicht er­ kennbare

Ursachen für eine unzuverlässige

Wahrnehmung

oder für eine ungenaue Wiedergabe des Wahrgenommenen vor, denn er steht außerhalb der Sache; seine Wahrnehmung ist

selten getrübt durch seinen Gemütszustand zur Zeit der Wahr­ nehmung, seine Wiedergabe wird nicht beeinflußt dadurch, daß

er im Momente der Wahrnehmung und später Beurteilung

des

Wahrgenommenen

vorgenommen

bereits eine

hat.

Dies

ändert sich aber, wenn die Parteien selbst Zeugen sein sollen.

Die Partei ist nicht nur an dem Ausgange ihrer Prozeßsache

interessiert,

sie war bereits an jedem einzelnen Faktum,

.welches beim Urteile in Betracht kommt, in der Zeit interessiert,

als

sich

dasselbe

zutrug.

Dieses

Interesse kann in

vielen

Fällen Grund sein für eine innere Erregung beim Vor­

gänge und folgeweise für eine ungenaue, nicht Vorurteils-

Parteivernehmung statt Schiedseides.

60

freie Wahrnehmung. Noch unverläßlicher stellt sich die Wieder­ Zwischen dieser und

gabe.

Zeitraum

gelegen,

der Wahrnehmung ist stets ein

in dem sich die Partei,

bei Fassung des Entschlusses,

insbesondere

den Prozeßweg zu betreten, und

während des Prozesses intensiv mit dem Falle, mit den ein­

zelnen den Gesammtthatbestand bildenden Thatsachen, beschäftigte:

in dieser Zeit kann und wird es oft geschehen, daß das vielleicht ohnedies ungenau Wahrgenommene verblaßt und verfärbt wird durch das Gefühl der Partei, im Rechte zu sein. Die Über­ legung

und Erwägung im Momente der Aussage ist in

Anbetracht des geleisteten

oder zu leistenden Eides eine andere

beim Zeugen als bei der Partei; ich sehe hier natürlich ganz ab von dem Prozeßinteresse, welches etwa jene bei der Partei beeinflussen könnte; beim Zeugen dürfte es nur selten Vorkommen, daß er sich

mit der Prüfung der Richtigkeit der Wahrnehmung außer in dem

Momente, in dem er sich der Wahrnehmung bewußt wurde, und

in dem Momente der Aussage befaßt; und zwar zur Zeit,

bei der Partei immer,

als der Entschluß in ihr reifte, den Prozeß

zu führen, zur Zeit, als sie ihren Rechtsfrennd informierte, sich

mit diesem konsultierte, und auch später vielleicht noch anläßlich

mancher Wendung, welche der Prozeß nahm.

daß infolgedessen ein

Ich möchte sagen,

gewisses Beharrungsvermögen

einen

Einfluß auf die Partei übt; wie oft hat die Partei die relevante

Thatsache mit all' ihren Konsequenzen schon überlegt und geprüft! Rur auf die Überzeugung von der Wahrheit derselben hin hat sie den Prozeß begonnen; hat sie nicht ihrem Rechtsfreunde, dem Zweifel aufgestiegen waren, wiederholt die Versicherung gegeben,

die Sache verhalte sich so, wie sie dieselbe dargestellt? Darum wird sie auch ohne lange, eingehende, neuerliche Überlegung und Prüfung dasselbe unter Eid aussagen, was sie früher als das Richtige erkannt, ihrem Anwälte als das Wahre mitgeteilt hat,

damit er es im Prozesse

verwerte und

ihr dadurch zum

Siege verhelfe. Die Partei wird bei der längst gewonnenen, gefestigten Überzeugung stehen bleiben, auch wenn sie als Zeuge

Parteivernehmung statt Schiedseides.

vernommen

61

wird, und ihre Aussage wird für die objektive

Wahrheit der Thatsache noch ein viel schlechteres Beweis­ mittel sein, als die eines der Sache fern stehenden Zeugen.

Eine

erhöhte Garantie dafür, daß nur objektiv Wahres Urteils­ grundlage wird, ist dadurch gewiß nicht zu beschaffen, daß man

die Parteien als Zeugen vernimmt;

es wird nur ein für den

Beweis der objektiven Wahrheit einer Thatsache noch minder­ wertigeres Beweismittel geschaffen als Zeugen sind.

Ich zweifle nicht, aber man kann sagen,

daß man dies allgemein zugeben wird,

anch

darin liege ein Gewinn für den

Prozeß, daß es dem Richter durch die Vernehmung der Parteien ermöglicht wird, sich eine subjektive Überzeugung von der Wahrheit einer Thatsache zu bilden und daß er diese nur dann

dem Urteile zu Grunde zu legen braucht, wenn er jene erlangt hat.

Dies wäre allerdings ein

zweifelloser Gewinn

für den

Gegner des Beweispflichtigen; ob es aber ein Gewinn ist für die

Institution des Prozess es, in dem es auch zum Urteile kom­

men muß, wenn das Gericht zur objektivenWahrheit nicht vorzudringen vermag, das muß erst untersucht werden. Heute hat der Beweisbelastete, dem es an Beweismitteln

fehlt, die Möglichkeit, das einseitige prozessuale Rechtsgeschäft der Eideszuschiebung vorzunehmen und dadurch zu bewirken, daß einer

mala fide - Bestreitung ihr Erfolg

genommen werde, es wäre

denn, daß der Bestreitende resp. Anzweifelnde seine bona fides darthut, indem er seine Überzeugung von der Unwahrheit der

Thatsache resp, den Mangel einer Überzeugung eidlich erhärtet. Die Partei, welche von der Wahrheit der Thatsachen überzeugt ist, und der es nur an Beweismitteln fehlt, weiß von vornherein

bestimmt, worauf es im Prozesse ankommen werde; sie weiß, daß die Entscheidung des Prozesses, weil sie den Richter von der Wahr­ heit der Thatsachen wegen Mangels von Beweismitteln nicht über­

zeugen kann, davon abhängen müsse, ob sie in die Lage kommt, ihre Überzeugung von der Wahrheit der Thatsachen zu beschwören, oder ob ihr Gegner den zugeschobenen Eid annimmt und seine

62

Parteivernehmung statt Schiedseides.

Überzeugung, welche er haben mußte, damit er zur Abgabe einer

Bestreitungserklärung berechtigt

war,

eidlich erhärtet.

Zur

Erhärtung einer der beiden einander gegenüberstehenden Über­

zeugungen muß es kommen, entweder durch Ablegung oder Ver­ weigerung oder Erlaß des Eides, wenn es nicht der Delat vor­

zieht, seine Bestreitung im Stiche zu lassen, indem er den Eid weder annimmt noch zurückschiebt.

Und es ist gut, daß es so ist,

denn der Beweisbelastete kann, wenn er von der Wahrheit der

von ihm behaupteten Thatsachen überzeugt ist, Sicherheit den Ausgang

beinahe mit

des Prozesses vorhersehen; wäre

sein

Gegner eine Person, der ein Meineid zugemutet werden kann, so wird

er sich von vornherein

danach richten

können;

er wird

keinen Eid zuschieben, sondern in der Verhandlung alle jene Umstände geltend machen, die er, als Zeuge vernommen, geltend machen könnte, um, wenn möglich, dadurch ein ihm

günstiges Resultat zu erzielen. Mit dieser Sicher!)eit derPosition des Beweisbelasteten,

dem es an Beweismitteln fehlt, wäre es vorbei, wenn man ihm

die Eideszuschiebung

nimmt, dafür

Parteien als Zeugen einführt.

aber die Vernehmung

der

Dann hängt ja die Entscheidung

des Prozesses nicht mehr davon ab, welche der beiden ein­ ander gegenüberstehenden Überzeugungen bezüglich der Wahrheit einer Thatsache eidlich erhärtet wird, sondern davon, daß die Überzeugung des Gerichtes von der Wahrheit durch die Ver­

nehmung bewirkt wird. Weiß der Beweisbelastete Umstände, durch welche die Überzeugung des Gerichtes von der Wahr­

heit hergestellt werden könnte, so wird er sie heute schon in Laufe der Verhandlung geltend machen, er braucht nicht darauf zu warten, daß er als Zeuge vernommen wird; er wird es ver­

suchen, durch Geltendmachen dieser Umstände das Gericht wenigstens

einigermaßen zu überzeugen, damit es auf den Noteid erkenne. Auf den Schiedseid als letztes und alleiniges Mittel wird er es nur dann ankommen lassen, wenn er zwar selbst von der

Wahrheit der Thatsachen überzeugt ist, aber ebenso davon, daß

er, was immer er auch noch Vorbringen möge, seine Überzeugung auf den Richter nicht zu übertragen vermöge. Greift er nun in einem solchen Falle zum Schiedseide, dann weiß er, daß es nur auf die Erhärtung einer der beiden Überzeugungen ankommen könne, nicht aber darauf, die Überzeugung des Gerichtes zu be­ wirken, wozu er keine Aussicht hat. Wenn er auch, als Zeuge vernommen, beschwört, daß er für seine Person von der Wahr­ heit der Thatsache überzeugt sei, so bleibt es immer fraglich, ob dadurch die gleiche Überzeugung des Gerichtes bewirkt wird; und wenn er diesem alle Gründe, welche er für die Fürwahrannahme der Thatsache hat, und welche für ihn zwingend sind, bei seiner Vernehmung darlegt, so brauchen sie für das Gericht nicht zwingend zu sein, und er wird im Prozesse, obwohl er seine Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache be­ schworen hat, unterliegen, weil er die gleiche Überzengnng des Gerichtes nicht zu bewirken vermag. Ich will zugeben, daß dieses Endergebnis, welches mir unerträglich erscheint, vielleicht nicht zu oft Vorkommen wird; man wird mir aber auch zugeben müssen, daß es in einzelnen Fällen Vorkommen kann; wegen dieser Mög­ lichkeit kann ich in der Ausschließung des Schiedseides und in der Einführung der Parteienvernehmung keine Verbesserung unseres heutigen Prozesses erkennen; man kann nicht sagen, darin liege eine Verbesserung, daß das Gericht nicht mehr eine That­ sache, obwohl es von ihrer Wahrheit nicht überzeugt ist, bloß deshalb dem Urteile zu Grunde legen muß, weil eine Partei die von ihr ausgesprochene Überzeugung von der Wahrheit der Thatsache beschworen hat. Wenn eine Verbesserung unseres heutigen Prozesses dadurch erfolgen sollte, daß das Gericht nicht mehr Thatsachen seinem Urteile zu Grunde zu legen hat, von deren Wahrheit es sich nicht überzeugt hat, so darf man nicht damit beginnen und sich damit begnügen, zn normieren: auch in jenen Fällen, in denen es dazu ge­ kommen ist, daß eine der beiden Parteien die von ihr ausgesprochene Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Thatsache

Parteivernehmung statt Schiedseides.

64

bei ihrer Vernehmung eidlich erhärtet hat, soll dafür, ob sie Urteilsgrundlage werde, die richterliche Überzeugung von der Wahr­ heit der Thatsache maßgebend sein; man müßte vielmehr, um eine

Thatsache, von deren Wahrheit der Behauptende überzeugt zu sein beschwor, nicht hinter eine bloß behauptete zu stellen,

in erster Linie normieren: jede behauptete Thatsache ist für das

Gericht von sich aus anzweifelbar, und nur eine solche, von deren Wahrheit sich das Gericht überzeugt hat, darf dem Urteile zu Grunde gelegt werden; auch unbestritten gebliebene oder,

wie man sich auszudrücken beliebt, stillschweigend zugestandene

Thatsachen, ja sogar gerichtlich gestandene müssen von dem Gerichte in Bezug auf ihre Wahrheit geprüft werden. Damit würde klar und offen ausgesprochen, daß das Verhandlungsprinzip, die

Dispvsitionsmaxime für den Civilprozeß auf geh ort hat zu sein, daß in ihm fortan das InquisitionsPrinzip, die Offizialmaxime

herrschen sollen, was durch die Verwerfung des Schiedseides und Einführung der Parteien-Vernehmung (wenigstens gewiß, wenn diese

von Amtswegen zulässig wäre), wenn auch nur zum Teile, aber doch sicher erreicht würde. In einem Prozesse,

in welchem der (allerdings durch die

seit Bülow von der Doktrin vielfach bekämpfte, mit Schluß der Verhandlung eintretende, aber in der totebereröffneten oder in der Berufungs-Verhandlung wieder zu beseitigende Fiktion des Ge­

ständnisses verschleierte)Grundsatz gilt, daß eine nur behaup­ tete Thatsache für das Gericht unanzweifelbar ist und für

dasselbe erst anzweifelbar durch gegnerische Bestreitung oder An­

zweiflung wird, in welchem den Parteien die Disposition in Bezug auf

das

Thatsachenmaterial

grundsätzlich

dahin

gewährt

und

gewahrt ist, daß sie nicht alle relevanten Thatsachen geltend zu machen, die geltend gemachten auch dann nicht zu bestreiten

brauchen, wenn sie auch nicht von deren Wahrheit überzeugt sind, bezüglich

welcher die eine Partei durch

die andere durch

Nichtbestreitung resp. Nicht­

und daß Thatsachen, Behauptung,

anzweiflung disponierte, dem Urteile als für das Gericht unan-

65

Partetvernehmung statt Schiedseides.

zweifelbare zu Grunde gelegt werden müssen, darf es gewiß

ohne Gefahr (zum mindesten ohne erhöhte Gefahr) für die Rechtsordnung den Parteien auch überlassen sein, bestrittene oder

angezweifelte Thatsachen,

für

die

es

an Beweismitteln

fehlt,

dadurch wieder für das Gericht unanzweifelbar zu machen,

sie für den Prozeß fest zu st eilen, daß eine der von den Par­ teien in Bezug auf die Wahrheit dieser Thatsachen erklärten Über­

zeugungen eidlich erhärtet wird. Diese durch ein das ursprüng­

liche Prozeßverhältnis, welches durch Parteidisposition geschaffen wurde und als subjektive Prozeßrechte der Parteien nur die des

Beantragens, Behauptens, Bestreitens und Beweisens kennt, ab­ änderndes prozessuales Rechtsgeschäft erfolgende Partei-Dis­ position

darf den Parteien nicht genommen und dafür ein

völlig unzureichendes, im Erfolg deshalb, weil auch die be­ schworene Überzeugung der Partei von der Wahrheit der That­ sache möglicherweise keinen Beweiseffekt für das Gericht haben

kann, ganz unberechenbares Beweismittel hingereicht werden. Um so weniger dann, wenn durch das Gebrauchmachen von

demselben, ja sogar ohne daß die Parteien von demselben Gebrauch machen, dem Gerichte eine bei Privatrechtsverhältnissen

notwendig ausgeschlossene Jnquisitionsmacht eingerüumt wird. Ich will mich diesbezüglich beschränken, nur darauf hinzuweisen,

daß es nicht nur in der Macht des Gerichtes stünde, alle einzelnen Details einer Thatsache, sondern auch die Motive jeder Hand­

lung, jeder Erklärung zu erforschen.

Das Fragerecht, welches

dem Gerichte zusteht, um durch Ausübung desselben darauf hin­

zuwirken, daß ungenügende Angaben der geltend gemachten Thatsachen ergänzt, alle für die Feststellung des Sachverhält­ nisses erheblichen Erklärungen abgegeben werden, ist in der durch

das Gesetz ausgesprochenen Begrenzung etwas total Ver­ schiedenes

von

dem Vernehmungsrechte

des

Gerichtes,

welches den Zweck haben soll, dem Gerichte Überzeugungs ­

gründe für die Wahrheit einer Thatsache zu erschließen; dieses

geht ins Unbegrenzte.

Warum sollte der Richter, dem es

Trutter, Schiedseid oder Parteienvernehmung?

tz

Parteivernehmung statt Schiedseides.

66

unwahrscheinlich vorkommt, daß eine Partei eine bestimmte geschäft­ liche Erklärung abgegeben hat,

um seine Zweifel zu beseitigen,

nicht die sehr forschende Frage stellen: „Warum haben Sie

diese Erklärung abgegeben?" womit der Befragte in die Alternative versetzt wird, entweder ein Motiv, welches weder der Richter noch sein Gegner und am allerwenigsten alle seine Geschäftskollegen, die Öffentlichkeit zu wissen braucht, bekannt zu geben, oder dem

Richter einen Beweisgrund gegen die Wahrheit dadurch in die Hand zu geben, daß er sich weigert, das Motiv, welches ihn bei Vor­

nahme seiner Handlung, bei Abgabe seiner Erklärung geleitet

hat, nach

welchem sich das Gericht

vergebens

umgesehen,

zu

nennen. Wer behauptet, das Inquisitorische der Parteienverneh­

mung werde wesentlich gemildert durch die Befugnis zur Ver­ weigerung der Aussage, der hat keine richtige Vorstellung vom

Geschäftsleben, von Geschäftsgeheimnissen, die in Frage kommen

können und weder „Kunst- noch Gewerbegeheimnisse" sind. Ich kann natürlich nicht wissen, ob für die Verweigerung der Aussage der Parteien etwa bestimmte, den für die Zeugen

geltenden Normen des § 349 ähnliche als geltend gedacht werden

sollen, da ich hierüber wenigstens bei Kleinfeller nichts finden konnte;

dies würde doch zu den „bestimmten Sätzen" gehören,

nach denen die Parteienvernehmung zu normieren wäre.

Sollten

den Bestimmungen des § 349 ähnliche oder gar diese gelten, dann

würde wohl die Parteienvernehmung (über gegnerischen Antrag oder von Amtswegen) nahezu nur negative Resultate ergeben;

wie

stünde es dann mit den Beweisgründen, die dem Gerichte erschlossen werden sollen?

Oder soll die Partei beliebig die Antworten

verweigern und dabei doch noch darauf rechnen können, daß die

Verweigerung der Antwort kein Präjudiz gegen sie schaffe?

Der

Zeuge, welcher die Antwort verweigert, hat die Thatsache, die

erwiesen werden soll, weder behauptet noch bestritten. Durch seine Nichtbeantwortung wird einfach

der versuchte Beweis

nicht erbracht, es erfolgt nichts pro, nichts contra; anders bei der Partei; diese wird stets oder doch meist, je nachdem sie die

Parteiveniehmung statt Schiedseides.

67

behauptende oder bestreitende ist, durch die Verweigerung ihrer Aussage ein Argument, welches gegen oder sü r die Wahrheit der Thatsache spricht, schaffen. Der inquirierende Richter, welcher sie

als Wahrheitserforschungsmittel behandeln will, welcher durch sie die Ansicht, der er sich zuneigt, bestätigt hören will, wird im Schweigen

diese Bestätigung auch dann finden, wenn er in seiner Inquisition weiter gegangen ist, als es Privatrechtsverhältnisse gestatten.

Würde man dem Gerichte, das heute so weit gehende Befug­ nisse hat, als sie mit derVerhandlungsmaxime vereinbar sind,

noch weitere zugestehen wollen,

so darf der inquirierende

Richter nicht mehr der entscheidende sein, sondern es muß die Entscheidung einem andern, als welchen man sich wohl am besten eine Civiljury zu denken haben dürfte, überlassen werden.

Steht die Einführung der Civiljury einmal in Frage und in Aus­

sicht, dann mag man an eine Vernehmung der Parteien als Zeugen in eigener Sache denken;

bis dahin aber möge man die wieder

aufgeworfene Frage ruhig liegen lassen und sich höchstens mit Verbesserungen der im ganzen ihrem Wesen nach beizubehaltenden Institution des Schiedseides als eines Mittels,

eine Thatsache

durch Beschwörung einer der von den Parteien bezüglich ihrer Wahrheit ausgesprochenen Überzeugungen als für das Gericht

fernerhin unanzweifelbare festzustellen, befassen.

Sollte einmal statt

der dem D. I. T. zur Beantwortung verstellten Frage: ob Schieds­

eid, ob Einvernehmung der Parteien als Zeugen? die Aufforderung

herantreten, Reforürvorschläge bezüglich der heutigen Institution

des Schiedseides zu erstatten, dann ist es Pflicht, mit solchen vor­ zutreten, von denen sich ein wirklicher Nutzen für die Institution

des Prozesses wenigstens mit einiger Berechtigung erwarten läßt. Die vorstehenden Ausführungen wollen nur anstreben, den D. I. T. vor der Abgabe eines Votums zu bewahren, durch welches

in den beiden Gutachten enthaltene Neuerungsvorschläge als den Postulaten der Doktrin und den Anforderungen der Praxis ent­

sprechend erklärt würden.