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German Pages 204 [205] Year 2012
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Band 90
Schenkungsteuergesetz Konturen einer von der Erbschaftsteuer getrennten Schenkungsteuer
Von Patriz Ergenzinger
Duncker & Humblot · Berlin
PATRIZ ERGENZINGER
Schenkungsteuergesetz
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wo l f g a n g G r a f V i t z t hu m in Gemeinschaft mit J o c h e n v o n B e r n s t o r f f , M a r t i n He c k e l K a r l -He r m a n n K ä s t n e r, F e r d i n a n d K i r c h h o f H a n s v o n M a n g o l d t , M a r t i n Ne t t e s h e i m T h o m a s O p p e r m a n n , G ü nt e r P ü t t n e r Ba rba ra Remmer t, Michael Ronel lenf itsch Christia n Sei ler sämtlich in Tübingen
Band 90
Schenkungsteuergesetz Konturen einer von der Erbschaftsteuer getrennten Schenkungsteuer
Von Patriz Ergenzinger
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen hat diese Arbeit im Sommersemester 2012 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 21 Alle Rechte vorbehalten © 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 978-3-428-13938-5 (Print) ISBN 978-3-428-53938-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-83938-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Für Franzi
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2012 von der Juristischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Herzlicher Dank gebührt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Ferdinand Kirchhof, Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, der die Arbeit durch stetes Fordern und Fördern begleitet hat. Sein Lehrstuhl, an dem ich während meiner bisherigen juristischen Ausbildung tätig sein durfte, hat durch ständige Diskussionsbereitschaft den Grundstein zu der Dissertation gelegt, wofür ich mich auch beim gesamten Lehrstuhl bedanken möchte. Dank schulde ich ferner Herrn Prof. Dr. Michael Eichberger, Richter des Bundesverfassungsgerichts, sowohl für die überaus rasche Erstellung des Zweitgutachtens als auch für seine zahlreichen Anregungen bei der Erstellung der Arbeit. Für die Aufnahme in die Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Graf Vitzthum. Meinen Eltern bin ich nicht nur für die gewährte Förderung zu Dank verpflichtet, sondern auch für ihre enorme Mithilfe bei der Korrektur des Textes. Tübingen, im Juni 2012
Patriz Ergenzinger
Inhaltsübersicht Teil 1 Einführung A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Begriff „Schenkungsteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19 19 20
Teil 2 Rechtfertigung einer Schenkungsteuer A. Rechtfertigungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 22 23 39
Teil 3
A. B. C. D.
Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
48
Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 und 72 Abs. 2 GG . . . . . . . Art. 105 Abs. 2 Var. 1 i.V. m. Art. 106 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuererfindungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48 54 55 55
Teil 4 Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer A. Belastungsgrund der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ökonomische Betrachtung des zivilrechtlichen Ausgangspunktes der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Inkonsistenzen der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften auf Tatbestandsebene de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Grundrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Optimales Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . F. Abgrenzung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
101 101 102 105 108 121 123
10
Inhaltsübersicht Teil 5 Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
126
A. Nationale Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . 154 C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
Teil 6 Konturen eines Schenkungsteuergesetzes
172
A. Bundesschenkungsteuergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B. Landesschenkungsteuergesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Teil 7 Ergebnis und Ausblick
174
Teil 8 Zusammenfassung in Thesen
175
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einführung
19
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
B. Der Begriff „Schenkungsteuer“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
Teil 2 Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
22
A. Rechtfertigungsbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22
B. Rechtfertigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Umgehungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umsetzung der Umgehungstheorie im geltenden Recht . . . . . . . . . . . . . . 2. Systeme in anderen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsrechtliche Ableitung des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . 2. Inhalt des Leistungsfähigkeitsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Maßstab der Rechtfertigung für Durchbrechungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Leistungsfähigkeitsprinzip als taugliche Rechtfertigung einer Einzelsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anknüpfung an das Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verhältnis zur Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 23 24 25 27 27 27 31 31 31
C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unbeschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Weltvermögensprinzip bei Inländereigenschaft des Erwerbers nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weltvermögensprinzip bei Inländereigenschaft des Schenkers nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . III. Erweiterungen der Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39 39
34 36 37 38
39 40 41 43
12
Inhaltsverzeichnis 1. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auslandsbedienstete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. c ErbStG . . . . . . . 3. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zweckzuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43 44 45 45
Teil 3 Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
48
A. Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Dogmatische Einordnung der Ergänzungsfunktion der Schenkungsteuer . . II. Vorliegen der behaupteten Gesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschriebene Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 105 Abs. 2 GG i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompetenz kraft Sachzusammenhangs zu Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG . .
48 49 50
B. Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 und 72 Abs. 2 GG . . . . . . .
54
C. Art. 105 Abs. 2 Var. 1 i.V. m. Art. 106 Abs. 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55
D. Steuererfindungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bestehen eines Steuererfindungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit des Art. 72 Abs. 2 GG auf Art. 105 Abs. 2 GG . . . . . . . 2. Abweichender Maßstab für Steuergesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel durch die Änderung des Art. 105 Abs. 2a GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel wegen des Finanzausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . a) Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet . . . b) Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse . . . . . . . . aa) Mehrfachbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbot von Mehrfachbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gleichartigkeitsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verbot von Mehrfachbelastungen zur Verhütung von Normenkollisionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Art. 14 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Folgen des Gebots zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen (a) Gesamtstaatliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
55 55 61 62 64
50 54
64 67 70 71 73 74 75 75 75 77 78 80 80 80 83
Inhaltsverzeichnis
13
c) Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse . . . . 86 aa) Gefahr von Mehrfachbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 bb) Erhöhte Steuerbefolgungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 cc) Wettbewerbsverzerrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 dd) Wanderungsbewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Bundeskompetenz kraft „Europarechts“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4. Kompetenz für außerfiskalische Lenkungszwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Lenkungszwecke und Steuerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Sachkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 c) Steuergesetzgebungskompetenz und Sachkompetenz . . . . . . . . . . . . . 95 d) Steuergesetzgebungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Bestehen von Kompetenzausübungsschranken . . . . . . . . . . . . . . . 97 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5. Fortgeltung nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Teil 4 Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
101
A. Belastungsgrund der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 II. Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 B. Ökonomische Betrachtung des zivilrechtlichen Ausgangspunktes der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 C. Inkonsistenzen der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften auf Tatbestandsebene de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 D. Grundrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 GG für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eröffnung des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie für die Besteuerung von Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterschiede in den grundrechtlichen Vorgaben für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Differenzierung nach verwandtschaftlichem Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . a) Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108 109 109 109 111 112 112 112 112
14
Inhaltsverzeichnis aa) Verminderte Leistungsfähigkeitssteigerung bei Vermögensübergängen im engeren Familienbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung einer Differenzierung durch das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Notwendigkeit von Freibeträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erbschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schenkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
112 114 115 117 117 117 118 119 119 121
E. Optimales Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . 121 F. Abgrenzung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Teil 5 Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz A. Nationale Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundsatz der Allgemeinheit der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Allgemeine Obergrenze der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Behandlung einzelner Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Absolute Vorgaben für einzelne Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berufsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingriff in die Berufsfreiheit des Schenkers . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eingriff in die Berufsfreiheit des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vereinigungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Differenzierung nach Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abweichung zwischen Wert des Vermögensanfalls und daraus folgender Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtfertigung von Verschonungsregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Prüfungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Legitimes Ziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sicherung von Arbeitsplätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verhinderung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
126 126 126 127 130 132 132 132 132 134 135 136 136 138 138 140 140 141 142 143 144
Inhaltsverzeichnis
15
V. Unterschiedliche Regelungen für beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsätzliche Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ideale Möglichkeit der Umsetzung einer Gleichbehandlung . . . . . . . . . . a) Konzept der „fractional taxation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folge dieses Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergänzung des Modells im Hinblick auf den Steuersatz . . . . . . . . . . . d) Utopie dieses Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Typisierung durch Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorzug einer eigenständigen Schenkungsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
145 145 146 146 147 148 149 149 154
B. Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . 154 C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anwendbarkeit der Grundfreiheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zwei zu unterscheidende Vermögenstransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Differenzierung in beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht . . . . . . . . . 1. Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159 159 161 161 162 167 167 169
Teil 6 Konturen eines Schenkungsteuergesetzes
172
A. Bundesschenkungsteuergesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B. Landesschenkungsteuergesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
Teil 7 Ergebnis und Ausblick
174
Teil 8 Zusammenfassung in Thesen
175
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
Abkürzungsverzeichnis ABl. Abs. AEUV a. F. AfK a. M. Anm. AO AöR Art. AStG Aufl. BB Bd. BeurkG BewG BFH BFHE BFH/NV BGB BGBl. BT BVerfG BVerfGE BWG d. h. DÖV Drucks. DStJG DStR DStZ DVBl. EFG EG EGBGB Einf.
Amtsblatt Absatz Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Archiv für Kommunalwissenschaften andere Meinung Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Außensteuergesetz Auflage Betriebs-Berater Band Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundestag Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundeswahlgesetz das heißt Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Veröffentlichungen der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V. Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Deutsches Verwaltungsblatt Entscheidungen der Finanzgerichte Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführung
Abkürzungsverzeichnis EMRK ErbStG Erg.-Lfg. ESt EStG EuGH EuGRZ EuR EUV EuZW EWS f. ff. FG FGO FinArch. Fn. FR FS GBl. GG GmbH GmbHR GrCh GS GVBl. Hrsg. IStR JöR JZ KG LKV n. F. NJW Nr. NVwZ OHG RFH RFHE RG RGBl. RGZ
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Ergänzungslieferung Einkommensteuer Einkommensteuergesetz Gerichtshof der Europäischen Union Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht folgende fortfolgende Finanzgericht Finanzgerichtsordnung FinanzArchiv Fußnote Finanz-Rundschau Ertragsteuerrecht Festschrift Gesetzblatt Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Charta der Grundrechte der Europäischen Union Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Herausgeber Internationales Steuerrecht Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristenzeitung Kommanditgesellschaft Landes- und Kommunalverwaltung neue Fassung/neue Folge Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Offene Handelsgesellschaft Reichsfinanzhof Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
17
18 Rn. RStBl. S. SGb Slg. StuW Tz. u. a. UR v. Var. VBlBW vgl. VO VVDStRL z. B. ZEV ZG ZRP
Abkürzungsverzeichnis Randnummer Reichssteuerblatt Seite Die Sozialgerichtsbarkeit Sammlung der Rechtsprechung Steuer und Wirtschaft Textziffer und andere Umsatzsteuer-Rundschau vom Variante Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg vergleiche Verordnung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer zum Beispiel Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Rechtspolitik
Teil 1
Einführung A. Einleitung Den Anlass dieser Arbeit bildete die Lektüre des Urteils des EuGH vom 22.04.2010,1 welches sofortigen Widerspruch weckte. In diesem Urteil wurde der einheitliche Freibetrag des § 16 Abs. 2 ErbStG bei beschränkter Schenkungsteuerpflicht wegen eines Verstoßes gegen die Kapitalverkehrsfreiheit für unionsrechtswidrig erachtet. Ziel der Arbeit war unter zunächst anderem Titel eine kritische Würdigung des Urteils im Hinblick auf dessen Begründung. Daneben sollten auch die aus dem Urteil folgenden Konsequenzen aufgezeigt werden, bei denen aufgrund erster Urteilsanmerkungen von schwerwiegenden Einwirkungen auf das Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer auszugehen war.2 Deshalb sollten die dogmatischen Grundlagen der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen dargestellt werden um auf dieser Grundlage das – vermeintlich – bewährte Konzept einer grundsätzlichen Einheit von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zu verteidigen. Bereits zu Beginn der Arbeit fiel die in der Wissenschaft wenig3 ausgeprägte Neigung zu einer eigenständigen Beurteilung der Schenkungsteuer auf. Dies zeigt sich schon daran, dass die Geschichte der Erbschaftsteuer umfassend erforscht ist,4 wohingegen die der Schenkungsteuer kaum Gegenstand wissenschaftlicher Erörterungen ist. In der Folge ergaben sich bei der Untersuchung der Gesetzgebungskompetenz erste Zweifel an der überwältigenden Mehrheit von Stimmen, die in der Schenkungsteuer lediglich eine „notwendige Ergänzung“ 5 oder einen „Unterfall“ 6 der 1
EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212. Letztlich führte das Urteil des EuGH zur Einführung des § 2 Abs. 3 Satz 1 ErbStG, wonach Erwerber bei beschränkter Steuerpflicht die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig beantragen können (vgl. zu diesem Antragsrecht und dessen Folgen D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410 ff.). 3 Als Ausnahme sei P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, genannt. 4 Vgl. G. von Schanz, FinArch. Bd. 17 (1900), S. 1 ff.; G. von Schanz, FinArch. Bd. 18 (1901), S. 553 ff.; K. Oechsle, in: FS Bayer, S. 223 ff.; D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Einführung Rn. 60 ff. 5 T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 30. 2
20
Teil 1: Einführung
Erbschaftsteuer sehen. Diese Zweifel verdichteten sich im Laufe der Arbeit zur Überzeugung, dass die Schenkungsteuer einer eigenständigen Behandlung bedarf. Die vorliegende Arbeit zeigt daher die Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer und Konturen eines Schenkungsteuergesetzes auf.
B. Der Begriff „Schenkungsteuer“ Die Schenkungsteuer wird meist nicht als eigenständige Steuer wahrgenommen. Als Folge werden die Begriffe „Erbschaftsteuer“ und „Schenkungsteuer“ häufig missverständlich verwendet. So wird in der Literatur teilweise unter dem Titel „Erbschaftsteuerrecht“ auch die Schenkungsteuer behandelt.7 Auch der Gesetzgeber verwendet die Begriffe nicht hinreichend klar. Einerseits spricht er vom Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz. Andererseits enthält der sechste Abschnitt des Bewertungsgesetzes Vorschriften allein für die Erbschaftsteuer, obwohl auch die Schenkungsteuer erfasst werden soll.8 Diese unsaubere Begriffsverwendung ist misslich, doch bleibt festzuhalten, dass allein durch die Art und Weise der Begriffsverwendung de lege lata keine praktischen Folgen eintreten, solange bei der Ermittlung der Steuer beachtet wird, ob es sich um einen Erwerb von Todes wegen oder eine Zuwendung unter Lebenden handelt,9 da manche Regelungen des ErbStG allein für Erwerbe von Todes wegen10 gelten und andere lediglich für Zuwendungen unter Lebenden.11
6 D. Leipold, in: Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Einleitung Erbrecht Rn. 227. 7 Vgl. beispielsweise W. Schulte, Erbschaftsteuerrecht, der trotz des Titels auch die Schenkungsteuer behandelt. 8 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 2. Ob dies wirklich zwingend ist, erscheint fraglich. Die Vorschriften des Bewertungsgesetzes sind für die Erbschaftsteuer durch die Verweisung in § 12 Abs. 3 ErbStG maßgeblich. § 12 Abs. 3 ErbStG gilt aber nach § 1 Abs. 2 ErbStG für Schenkungen unter Lebenden entsprechend, so dass die Erweiterung des Begriffes Erbschaftsteuer nicht notwendig für das Ergebnis ist, den sechsten Abschnitt des Bewertungsgesetzes auch auf die Schenkungsteuer anzuwenden. 9 S. Seltenreich, in: Rödl/Preißer (Hrsg.), Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 1 Tz. 1.2; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 2. 10 Beispielsweise § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG, FG Nürnberg v. 11.03.1993, IV (VI) 138/91, EFG 1993, S. 729. 11 Beispielsweise § 7 Abs. 5 ErbStG, A. Richter, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 7 Rn. 124; § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG, RFH v. 28.04.1938, III e 21/38, RStBl. 1938, S. 571 zum damaligen § 18 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG 1925 (RGBl. I 1925 S. 320); kritisch hierzu J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 27; S. Seltenreich, in: Rödl/Preißer (Hrsg.), Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 1 Tz. 7.4; vgl. auch unten Teil 4 C.
B. Der Begriff „Schenkungsteuer‘‘
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In dieser Arbeit werden die Begriffe dagegen auch zur materiellen Unterscheidung verwendet. Danach umfasst zunächst12 die „Erbschaftsteuer“ die Erwerbe von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), die „Schenkungsteuer“ dagegen Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Sollen beide Steuern umfasst werden, wird von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer gesprochen.13
12
Vgl. unten Teil 4 D. II. 3. und F. Zur Besteuerung von Zweckzuwendungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) vgl. unten Teil 2 C. IV. 13
Teil 2
Rechtfertigung einer Schenkungsteuer A. Rechtfertigungsbedürftigkeit Zu untersuchen ist, ob eine Schenkungsteuer erhoben werden darf. Die Erhebung von Steuern ist als Eingriff in Grundrechte1 zu rechtfertigen. Steuern müssen sowohl „dem Grunde nach“ 2 als auch in ihrer Ausgestaltung als konkrete Einzelsteuer gerechtfertigt sein.3 Aus dem Grundgesetz ergibt sich das Prinzip der Steuerstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland.4 Dies folgt zum einen aus der Finanzverfassung, die Steuern als Regelform der Einnahme ausgestaltet, zum anderen aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 12 und 14 GG, die nur dort umfassend verwirklicht werden können, wo der Staat grundsätzlich auf eigene wirtschaftliche Betätigung verzichtet und lediglich am Erfolg privaten Wirtschaftens partizipiert. An der Finanzierung des Gemeinwesens muss sich daher der daran teilhabende Bürger beteiligen, so dass Steuern de constitutione lata dem Grunde nach gerechtfertigt sind.5 1 Zumindest Art. 2 Abs. 1 GG ist stets berührt, F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 12. Vgl. zu den einzelnen grundrechtlichen Vorgaben unten Teil 4 D. und Teil 5 A. 2 K. Vogel, Der Staat 25 (1986), S. 481, 482. 3 M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 12, 28 ff. Nach K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 228 sind allgemeine und besondere Steuerrechtfertigungstheorie zu unterscheiden. 4 BVerfG v. 08.06.1988, 2 BvL 9/85 und 3/86, BVerfGE 78, S. 249, 266 f.; J. Isensee, in: FS Hans Peter Ipsen, S. 409 ff.; H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 167; M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 28; P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 3 ff.; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 230; F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 1; M. Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, S. 348 ff. Kritisch zum Prinzip der Steuerstaatlichkeit, soweit hieraus ein Vorrang vor anderen Einnahmearten gefolgert wird, W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 11, der die Steuer lediglich als Regeltypus der Geldlast ansieht; kritisch auch C. Perlitius, Die vorteilsabschöpfende Verwaltungsgebühr, 2010, S. 88 f. 5 H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 167; M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 29; F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 28; F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 28; G. Nohl, Vermögensredistribution durch die Besteuerung von Erbschaften und die Erbrechts- und Eigentumsgarantie in Artikel 14 des Grundgesetzes, 1979, S. 91 f. Im Ergebnis so wohl auch W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105
B. Rechtfertigungsgründe
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B. Rechtfertigungsgründe I. Umgehungstheorie Zur Rechtfertigung einer Schenkungsteuer wird vielfach eine Umgehungsoder Ergänzungstheorie vertreten. Diese geht von der Rechtfertigung einer Erbschaftsteuer aus und rechtfertigt eine Schenkungsteuer mit der Überlegung, dass ohne sie die Erbschaftsteuer durch Vermögensübertragungen unter Lebenden umgangen werden könnte. Die Notwendigkeit einer Schenkungsteuer zur Vermeidung einer Umgehung der Erbschaftsteuer wird seit langem vertreten und findet sich sowohl im Bereich der Gesetzgebung6 und der Rechtsprechung7 als auch in der Literatur,8 in der die Schenkungsteuer teilweise auch als Unterart der ErbRn. 11, der zwar einen quantitativen Vorrang von Steuern vor anderen Geldlasten verneint, für letztere aber im Gegensatz zu Steuern eine besondere Rechtfertigung verlangt. Teilweise wird in der Literatur eine Steuerpflicht als Grundpflicht angenommen. Die Steuerpflicht wird teils aus Art. 14 Abs. 2 GG (P. Kirchhof, JZ 1982, S. 305, 307; dagegen T. I. Schmidt, Grundpflichten, 1999, S. 255), teils aus dem Sozialstaatsprinzip (A. Randelzhofer, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 37 Rn. 39) hergeleitet oder teilweise als Teil der Gesetzesgehorsamspflicht angesehen (K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/2, 1994, S. 1036 f.). Demgegenüber wird in der Literatur eingewandt, dass die Steuerpflicht erst durch ein Tätigwerden des Gesetzgebers aktualisiert werde (B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte, 2010, Rn. 209). Deshalb werden die Grundpflichten auch als „legitimationsbedürftige Einschränkungen der Grundrechte“ verstanden (M. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, vor Art. 1 Rn. 58 f.; zustimmend M. Kloepfer, Verfassungsrecht, 2010, § 53 Rn. 5). Trotz der fehlenden Klarheit sowohl über den Begriff der Grundpflichten als auch über deren Verhältnis zu anderen Vorgaben der Verfassung (vgl. A. Randelzhofer, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. II, § 37 Rn. 18), müssen bei Annahme einer Steuerpflicht Steuern dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Praktische Unterschiede zur Rechtfertigung durch das Steuerstaatsprinzip dürften sich kaum ergeben, zumal zur Herleitung einer Steuerpflicht auch auf die Finanzverfassung verwiesen wird (T. I. Schmidt, Grundpflichten, 1999, S. 255). In beiden Fällen hat der Staat die Möglichkeit (eventuell auch einen Auftrag) zur Erhebung von Steuern, deren konkrete Ausgestaltung aber ebenfalls rechtfertigungsbedürftig ist. Zutreffend daher M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 158 ff., der eine Legitimation einer konkreten Einzelsteuer durch eine Steuerpflicht als Grundpflicht verneint. 6 Zum ErbStG 1906: Verhandlungen des Reichstags, Bd. 220 (1905/06), S. 946, 1054, 1060; zum ErbStG 1974: BT-Drucks. 6/3418, S. 60. 7 BVerfG v. 08.03.1983, 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, S. 312, 324. 8 J. Schulze-Osterloh, StuW 1977, S. 122, 124; M. Balke, StuW 1987, S. 371, 371 f.; G. von Schanz, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 7, S. 205; T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 30; D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Einführung Rn. 1; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 38; M. Esskandari, in: Rid (Hrsg.), Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einführung ErbStG Rn. 24, § 1 ErbStG Rn. 45; G. Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 27; H.-W. Kamps, in: Streck/Mack u. a. (Hrsg.), Tax Compliance, Rn. 2.268; K. Krüger, Die Erbschaftssteuer, 1889, S. 75; D. Frank, Erbschaftsteuer und
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Teil 2: Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
schaftsteuer9 bezeichnet wird. Dass ohne Schenkungsteuer Umgehungen der Erbschaftsteuer zu erwarten wären, belegt bereits ein Urteil des Reichsgerichts aus dem Jahre 1882.10 Die Gefahr, die der Erbschaftsteuer durch lebzeitige Vermögensübertragungen zu umgehen, erfährt durch die meist vorhandene Abneigung gegen solche lebzeitigen Weggaben von Vermögensgegenständen eine Begrenzung.11 Von dieser Abneigung werden aber die klarsten Fälle einer Umgehung, die schenkweise Übertragung in Erwartung des Todes auf dem Sterbebett, nicht ausgeschlossen. Allein durch die Abneigung gegen lebzeitige Vermögensübertragungen kann die Notwendigkeit einer Schenkungsteuer daher nicht abgelehnt werden. Gegen die Umgehungstheorie sprechen aber andere gewichtige Gründe. 1. Umsetzung der Umgehungstheorie im geltenden Recht Gegen die Umgehungstheorie könnte sprechen, dass sie de lege lata nicht durchgehend verfolgt wird. Teilweise wird die Umgehungstheorie unzweifelhaft im geltenden Recht umgesetzt. So kann beispielsweise die nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG steuerpflichtige Abfindung für einen Erbverzicht als Ergänzung zur Erbschaftsteuer verstanden werden, da der Vermögenszufluss im Hinblick auf einen später eintretenden Erbfall erfolgt.12 Für § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erscheint dies dagegen sehr zweifelhaft. Nicht jede freigebige Zuwendung wird zur Vermeidung von Erbschaftsteuer erfolgen;13 häufig dürfte allein die gewünschte Leistungsfähigkeitssteigerung des Erwerbers im Vordergrund stehen. Dementsprechend wird die Erbschaftsteuer umgekehrt sogar als „Instrument zur Vermeidung einer Umgehung der Schenkungsteuer bezeichnet“.14 Soweit dagegen eingewandt Unternehmung, 1969, S. 73; A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 501; H. Megow, Erbschaftsteuergesetz, 1955, S. 22 f.; H. Wintterlin, Das Württembergische Erbschafts- und Schenkungs-Steuer-Gesetz, 1881, S. 66 f. 9 M. Esskandari, in: Rid (Hrsg.), Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einführung ErbStG Rn. 24; D. Leipold, in: Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Einleitung Erbrecht Rn. 227; R. Kapp/J. Ebeling, Erbschaftund Schenkungsteuer, 1970, S. 72. 10 RG v. 03.02.1882, III 529/81, RGZ 6, S. 181: die Erblasserin hatte ihr Vermögen bereits zu Lebzeiten verteilt um die Erbschaftsteuer zu vermeiden, was vom Reichsgericht mangels Schenkungsteuerpflicht nach dem einschlägigen hessischen Erbschaftsteuergesetz für zulässig gehalten wurde. 11 A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 501. 12 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 210; F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 77. 13 F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 77 f.; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 211. 14 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 10.
B. Rechtfertigungsgründe
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wird, dass auch die Ergänzungsfunktion des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes zum Einkommensteuergesetz beachtet werden müsse,15 wird verkannt, dass zwar die Einkommensteuer bei Annahme der Reinvermögenszugangstheorie16 durch eine Steuer auf Erbschaften und Schenkungen ergänzt werden sollte, aber innerhalb dieser Ergänzungssteuern keine Rangordnung ableitbar ist. Die Einkommensteuer könnte demnach auch als Ergänzung der Schenkungsteuer angesehen werden. Dass dem geltenden Recht aber kein Konzept einer Ergänzung der Erbschaftsteuer zugrunde liegt, zeigt sich insbesondere an der Entstehung des § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Dieser Tatbestand wurde eingefügt um die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu korrigieren. Nach dieser Rechtsprechung war die Vereinbarung der Gütergemeinschaft lediglich schenkungsteuerbar, wenn die Vereinbarung in erster Linie erbrechtliche und nicht nur güterrechtliche Wirkungen herbeiführen sollte.17 Die Steuerbarkeit einer Vereinbarung der Gütergemeinschaft hing danach davon ab, ob hierdurch die Erbschaftsteuer umgangen werden sollte. Diese Begrenzung erachtete der Gesetzgeber als nicht sachgerecht. Das Erbschaftsteuergesetz wolle nicht nur Erbfälle besteuern und Umgehungen dieser Besteuerung verhindern, sondern vielmehr jede Bereicherung erfassen.18 Deshalb wurde § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG eingeführt, so dass nun jede Vereinbarung einer Gütergemeinschaft steuerbar ist, unabhängig von den damit bezweckten Folgen. Es kommt somit auf eine Umgehungsabsicht gar nicht mehr an. Damit wird aber auch die Umgehungstheorie nicht konsequent im geltenden Recht verfolgt.19 2. Systeme in anderen Rechtsordnungen Auch ein Blick in andere Rechtsordnungen weckt Zweifel an der Notwendigkeit einer Schenkungsteuer zur Vermeidung einer Umgehung der Erbschaftsteuer.20 So wird in Rumänien Erbschaftsteuer, aber keine Schenkungsteuer erhoben.21 In der Schweiz wird im Kanton Luzern ebenfalls lediglich Erbschaftsteuer 15
M. Balke, StuW 1987, S. 371. Danach ist Einkommen der Zugang von Reinvermögen in einer Periode, grundlegend G. von Schanz, FinArch. Bd. 13 (1896), S. 1 ff.; J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8 Rn. 32. 17 BFH v. 29.01.1964, II 78/60 U, BFHE 78, S. 532, 534; BFH v. 25.05.1966, II 159/ 63, BFHE 86, S. 314, 315. 18 BT-Drucks. 6/3418, S. 64. 19 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 212 f.; F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 78. 20 So ohne Nennung einzelner Länder auch D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 44. 21 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 123a. 16
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Teil 2: Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
und keine Schenkungsteuer erhoben,22 wobei zu beachten ist, dass Schenkungen innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tod des Erblassers der Erbschaftsteuer unterworfen werden.23 In Belgien sind Schenkungen nur bei einer Registrierung in Belgien einer vergleichbaren Registersteuer unterworfen, die allerdings nur bei Grundbesitz in Belgien nicht vermieden werden kann, so dass im Übrigen in der Praxis keine Steuer bei Schenkungen anfällt.24 Im Zeitraum von drei Jahren vor dem Todesfall erfolgte Schenkungen werden im Todesfall entweder als fiktiver Nachlass erstmalig besteuert oder im Rahmen eines Progressionsvorbehaltes nachbesteuert.25 In Norwegen besteht eine Schenkungsteuer nur, wenn der Erwerb innerhalb von sechs Monaten, bei testamentarischen Erben oder Ehegatten innerhalb von fünf Jahren, vor dem Tod erfolgte.26 In Island 27 und Litauen28 sind Schenkungen einkommensteuerpflichtig, wobei in Litauen der Erwerb vom Ehegatten, von Kindern oder Eltern steuerfrei ist. Mexiko erhebt keine Erbschaftoder Schenkungsteuer, unterwirft aber Übertragungen von Grundbesitz einer Grunderwerbsteuer und Schenkungen bei Steuerfreiheit zwischen Ehegatten und zwischen Verwandten in direkter Linie und einem Freibetrag im Übrigen der Einkommensteuer.29 Ähnliches gilt in Dänemark, wo Schenkungen nicht der als Nachlasssteuer ausgestalteten Erbschaftsteuer, sondern der Einkommensteuer unterfallen, wobei Schenkungen unter Ehegatten steuerfrei sind und für Verwandte Vergünstigungen bestehen.30 Auch im Deutschen Reich bestand vor Erhebung einer einheitlichen Erbschaftsteuer ab 1906 in vielen Ländern lediglich eine Erbschaftsteuer, aber keine Schenkungsteuer.31
22 W. Schulte, Erbschaftsteuerrecht, Rn. 993; H. Grüninger, ZEV 2009, S. 188, 188; C. Chlepas, in: Rödl/Preißer (Hrsg.), Erbschaft- und Schenkungsteuer, Anhang: Internationales Recht Tz. 3.6.2. 23 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 126. 24 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 93. 25 W. Schulte, Erbschaftsteuerrecht, Rn. 963; M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 93. 26 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 120. 27 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 104. 28 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 114. 29 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 116. 30 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 97. 31 K. Krüger, Die Erbschaftssteuer, 1889, S. 75 kritisiert dies. Auch insoweit lässt sich aber feststellen, dass eine Schenkungsteuer nicht stets zu einer Erbschaftsteuer hinzutrat.
B. Rechtfertigungsgründe
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Der völlige Verzicht auf eine Besteuerung von Schenkungen stellt sich zwar als Ausnahme dar. Aber auch die häufiger anzutreffende Besteuerung von Schenkungen lediglich innerhalb eines gewissen Zeitraumes vor dem Todesfall weckt Zweifel an der Notwendigkeit einer jede Zuwendung unter Lebenden erfassenden Schenkungsteuer, die auch Zuwendungen Jahrzehnte vor dem Todesfall besteuert. Zwar lassen sich diese Regelungen nur bedingt in die deutsche Rechtsordnung übertragen, doch fällt auf, dass Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zwar aus guten Gründen32 als Einheit ausgestaltet werden können, dass aber auch andere Regelungskonzepte durchaus möglich sind. Die Ergänzung der Erbschaftsteuer durch eine Schenkungsteuer ist mithin nicht zwingend.33 3. Ergebnis Die Umgehungstheorie der Schenkungsteuer wird de lege lata nicht durchgehend verfolgt. Zudem zeigt auch ein Blick in andere Rechtsordnungen, dass eine Schenkungsteuer nicht zwingend notwendig ist. Die Umgehungstheorie ist mithin abzulehnen. Mit ihr kann daher eine umfassende, jede freigebige Zuwendung erfassende Schenkungsteuer nicht gerechtfertigt werden, sondern allenfalls eine tatsächlich allein auf Umgehungen der Erbschaftsteuer abzielende Steuer.
II. Leistungsfähigkeitsprinzip Eine Schenkungsteuer könnte durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt werden. 1. Verfassungsrechtliche Ableitung des Leistungsfähigkeitsprinzips Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird in der Rechtsprechung und weitgehend auch in der Literatur vertreten. Uneinigkeit besteht über dessen verfassungsrechtliche Verankerung.34 Überwiegend wird das Leistungsfähigkeitsprinzip aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG entnommen.35 Dieser gebietet, wesentlich 32 Sowohl Erbschaftsteuer als auch Schenkungsteuer haben ihren Ausgangspunkt in der erhöhten Leistungsfähigkeit des Erben bzw. Beschenkten, vgl. Teil 2 B. II. 4. 33 So auch D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 150. 34 J. Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, 2008, S. 572 macht sieben unterschiedliche Begründungsansätze in der Literatur aus. Nach K. Tipke, StuW 1976, S. 293, 305 „ist es müßig, über die Berechtigung dieses Prinzips ein endloses ´wissenschaftliches Palaver‘ zu führen.“ Dogmatik ist aber kein bloßer Selbstzweck. Das Leistungsfähigkeitsprinzip muss daher auf seine verfassungsrechtliche Verankerung überprüft werden. 35 Ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt etwa BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 30; BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04,
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Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln.36 Es erfolgt dabei eine zweistufige Prüfung. Zunächst muss eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte vorliegen, die anschließend auf ihre Rechtfertigung zu untersuchen ist. Methodisch kann dabei grundsätzlich auf zwei Arten vorgegangen werden. Zum einen kann bei der Feststellung der Ungleichbehandlung ein Sachverhalt mit jedem anderen Sachverhalt verglichen werden. Bei einem derart weitgehenden Vergleich ist eine Rechtfertigung auch in weiterem Umfang möglich. Zum anderen kann bei der Frage der Vergleichbarkeit eine wertende Betrachtung vorgenommen werden, so dass nicht jeder Sachverhalt mit jedem anderen verglichen werden kann.37 Zur Vergleichbarkeit bedarf es aber in beiden Fällen eines gemeinsamen Oberbegriffs.38 Dabei sind für die hier zu behandelnden Grundsätze der Steuererhebung drei verschiedene Vergleichsmöglichkeiten ersichtlich. Verglichen werden könnte die Steuerbelastung pro Kopf, so dass unterschiedliche Belastungen der Bürger rechtfertigungsbedürftig wären (sogenanntes Kopfsteuerprinzip).39 Verglichen werden könnte auch die Belastung im Verhältnis zu den Kosten, die der Einzelne dem Staat verursacht und zu in Anspruch genommenen Leistungen des Staates. Danach wäre bei gleich hoher Inanspruchnahme von Leistungen des Staates und bei in gleicher Höhe verursachten Kosten eine unterschiedliche Steuerbelastung rechtfertigungsbedürftig (sogenanntes Äquivalenzprinzip).40 Als weitere Möglichkeit kommt in Betracht, die Steuerbelastung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu vergleichen, so dass bei gleicher finanzieller Leistungsfähigkeit eine unterschiedliche Steuerbelastung zu rechtfertigen wäre (sogenanntes Leistungsfähigkeitsprinzip).41 Mit dem Kopfsteuerprinzip wäre zwar eine formale Gleichheit verbunden, doch könnte bei der Besteuerung keine Rücksicht darauf genommen werden, ob BVerfGE 120, S. 1, 29; BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 231; F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 84; M. Kloepfer, Verfassungsrecht, 2010, § 59 Rn. 107; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 16; L. Osterloh, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 134; D. Birk, Steuerrecht, 2010, Rn. 188; W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 75; D. Birk, StuW 1989, S. 212, 213. 36 BVerfG v. 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 29; BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 230. 37 Ähnlich S. Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, S. 173 f. 38 M. Kloepfer, Verfassungsrecht, 2010, § 59 Rn. 70. 39 Dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 473 ff.; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 272 ff. 40 Dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 476 ff.; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 275 ff. 41 Dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 479 ff.; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 262 ff., 286 ff.
B. Rechtfertigungsgründe
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die Mittel nicht zur Schaffung der Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein (Existenzminimum) benötigt würden. Die hierfür erforderlichen Mittel sind aber nach Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 1 GG steuerfrei zu belassen, da der Staat die sonst erhaltenen Mittel umgehend durch Sozialleistungen zurücktransferieren müsste.42 Deshalb scheidet das Kopfsteuerprinzip als tauglicher Vergleichsmaßstab für Steuern aus.43 Das Äquivalenzprinzip versagt jedenfalls als Vergleichsmaßstab für Steuern, wenn bezogene Sozialleistungen bei der Berechnung der vom Staat empfangenen Leistungen berücksichtigt würden.44 Denn dann müssten diejenigen die höchsten Steuern tragen, die Sozialleistungen in Anspruch genommen haben. Dies ist ihnen aber regelmäßig nicht möglich. Berücksichtigt werden muss unabhängig hiervon aber die Steuerfreiheit des Existenzminimums. Deshalb kann eine – zulässigerweise – an Äquivalenzgesichtspunkten anknüpfende Steuer nur dort zugreifen, wo auch die Fähigkeit zur Zahlung, d. h. finanzielle Leistungsfähigkeit besteht.45 Als alleiniger Maßstab ist das Äquivalenzprinzip daher untauglich, sondern kann lediglich als sekundärer Maßstab berücksichtigt werden.46 Nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip wird die finanzielle (wirtschaftliche) Leistungsfähigkeit verglichen. Bei gleicher Leistungsfähigkeit wäre eine unterschiedliche Besteuerung rechtfertigungsbedürftig. Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden. Zum einen kann die Gesamtleistungsfähigkeit47 mit der Gesamtsteuerbelastung verglichen werden. Zum anderen kann aber auch nur im Binnenbereich einer Einzelsteuer ein Belastungsvergleich erfolgen. Eine Steuerfreistellung des Existenzminimums ist dabei ohne Weiteres möglich, da bis zu dieser Grenze keine finanzielle Leistungsfähigkeit vorhanden ist, die zu einer Besteue42 BVerfG v. 29.05.1990, 1 BvL 20, 26/84 und 4/86, BVerfGE 82, S. 60, 85; ohne Bezugnahme auf das Sozialstaatsprinzip so auch A. Liesenfeld, Das steuerfreie Existenzminimum und der progressive Tarif als Bausteine eines freiheitsrechtlichen Verständnisses des Leistungsfähigkeitsprinzips, 2005, S. 143. 43 So auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 475; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 273 ff.; P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, § 118 Rn. 168; J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 240 f. Sympathie für eine Kopfsteuer hegt wohl W. Möschel, in: FS Hennerkes, S. 57, 59, der eine Kopfsteuer aber immerhin für politisch nicht realisierbar hält. 44 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 276, 282. Hierauf kann bereits aufgrund des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs nicht abgestellt werden, nach dem Steuern gegenleistungsunabhängig erhoben werden, so dass keine Individualäquivalenz möglich ist, sondern allenfalls Gruppenäquivalenz. 45 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 283; J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 241. 46 H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 173. 47 Als Anknüpfungspunkte könnten Einkommen, Vermögen sowie Konsum qualifiziert werden; vgl. dazu J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8 Rn. 95.
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rung führen kann.48 Ein Vergleich der Steuerbelastung im Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit ist mithin tauglicher Vergleichsmaßstab im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG,49 so dass das Leistungsfähigkeitsprinzip dort50 verfassungsrechtlich verankert ist.51 48 Deshalb spricht R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 288 f. auch von der freiheitsrechtlichen Funktion des Leistungsfähigkeitsprinzips. 49 Teilweise wird die Ableitung aus Art. 3 Abs. 1 GG abgelehnt, da das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht selbst unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG folgen könne, sondern durch Wertmaßstäbe bereichsspezifisch zu konkretisieren sei (J. Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, 2008, S. 573; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 483, der aber das Leistungsfähigkeitsprinzip als tertium comparationis des Gleichheitssatzes für das Steuerrecht bezeichnet (S. 485)). Dem ist nicht zu folgen. Vorliegend wurde der Versuch unternommen, einen tauglichen Vergleichsmaßstab zu finden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass es weitere taugliche Vergleichsmaßstäbe gibt, doch werden solche auch von Gegnern des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht angeführt (so auch F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 84). Der Vergleich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit führt auch zu keiner Vorgabe des „einen“ Steuersystems, da Ungleichbehandlungen zwar rechtfertigungsbedürftig, aber auch rechtfertigungsfähig sind. Soweit das Leistungsfähigkeitsprinzip vollständig abgelehnt wird (etwa W. Leisner, StuW 1983, S. 97; H.-W. Arndt, in: FS Mühl, S. 17, 29), weil der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers nur durch das Willkürverbot begrenzt sei, so dass er bei der Besteuerung zwar an der Leistungsfähigkeit anknüpfen könne aber nicht müsse (H. W. Kruse, in: FS Friauf, S. 793, 797), ist dem entgegenzuhalten, dass aus der Anerkennung der Vergleichbarkeit nach der finanziellen Leistungsfähigkeit noch keine abschließende Einschränkung des Entscheidungsspielraums des Gesetzgebers folgt. Nach der sog. „Neuen Formel“ wird an die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung im Steuerrecht aber ein höherer Maßstab als eine bloße Willkürkontrolle zu legen sein (F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 187). Wird eine Ungleichbehandlung durch die Steuerbelastung gerügt, so bedarf es zunächst eines tauglichen Vergleichsmaßstabes zur Feststellung einer Ungleichbehandlung. Als solcher kommt derzeit aber allein das Leistungsfähigkeitsprinzip in Betracht. 50 C. Gröpl, in: FS Steiner, S. 228, 233; ähnlich R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 287 f. 51 Soweit bei der verfassungsrechtlichen Verankerung des Leistungsfähigkeitsprinzips auf andere Verfassungsnormen – Gleichheitssatz und Demokratieprinzip (W. Reiß, in: Woerner (Hrsg.), DStJG 13 (1990), S. 3, 12); Gleichheitssatz und Sozialstaatsprinzip (M. Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 2000, S. 10 f.); Freiheitsrechte (A. Liesenfeld, Das steuerfreie Existenzminimum und der progressive Tarif als Bausteine eines freiheitsrechtlichen Verständnisses des Leistungsfähigkeitsprinzips, 2005, S. 128 ff.); Freiheitsrechte und Sozialstaatsprinzip (D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 136, 163); Freiheitsrechte und Gleichheitssatz (R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 286 ff.); Übermaßverbot, Freiheitsrechte und Sozialstaatsprinzip (J. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1988, S. 144 ff.); Steuerertragsverteilung gemäß Art. 106 GG, Gleichheitssatz, Rechtsstaatsprinzip in seiner Ausprägung als Willkürverbot und Sozialstaatsprinzip (K. Vogel/C. Waldhoff, in: Dolzer/ Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Vorbem. z. Art. 104a–115 Rn. 519); Demokratieprinzip, Freiheitsrechte, Gleichheitsrechte und Sozialstaatsprinzip (H. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 166) – abgestellt
B. Rechtfertigungsgründe
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2. Inhalt des Leistungsfähigkeitsprinzips Das Leistungsfähigkeitsprinzip gebietet in seiner Grundaussage, dass derjenige mehr geben muss, der eine höhere finanzielle Leistungsfähigkeit besitzt als derjenige, dem eine geringere finanzielle Leistungsfähigkeit zukommt.52 Eine hiervon abweichende unterschiedliche Behandlung von Steuerpflichtigen trotz gleicher Leistungsfähigkeit ist rechtfertigungsbedürftig. a) Maßstab der Rechtfertigung für Durchbrechungen Fraglich ist hierbei der Maßstab der Rechtfertigung, d. h. ob eine bloße Willkürkontrolle vorgenommen wird oder nach der sog. „Neuen Formel“ 53 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Kontrolldichte steigt, je mehr sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung von Freiheitsrechten nachteilig auswirken kann.54 Steuern wirken sich in hohem Maße auf die Freiheitsrechte aus, so dass im Bereich des Steuerrechts regelmäßig eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist.55 b) Leistungsfähigkeit Entscheidend ist, wie Leistungsfähigkeit verstanden wird. Steuern können technisch am Einkommen, Vermögen und Konsum anknüpfen.56 Ob diese Anknüpfungspunkte auch tatsächlich Leistungsfähigkeit vermitteln, ist vorab zu klären. Dazu ist zu entscheiden, woran sich Leistungsfähigkeit zeigt. Zum einen ließe sich Leistungsfähigkeit auf die Verwirklichung57 von Mittelerwerb beziehen.58 Wer mehr Mittel erwirbt, wäre danach leistungsfähiger als wird, ist dies hier nicht näher zu untersuchen, da das Leistungsfähigkeitsprinzip jedenfalls verfassungsrechtlich fundiert ist. Vgl. zu diesen Ableitungen J. Englisch, Wettbewerbsgleichheit im grenzüberschreitenden Handel, 2008, S. 572 ff. 52 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 268. 53 Seit BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50, 89, 240/79, BVerfGE 55, S. 72, 88 ständige Rechtsprechung. 54 BVerfG v. 06.07.2004, 1 BvL 4, 5, 6/97, BVerfGE 111, S. 160, 169, ständige Rechtsprechung. Dazu L. Osterloh, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 3 Rn. 25 ff. 55 F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 187. 56 Vgl. nur J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8 Rn. 95. 57 Statt auf die Verwirklichung könnte auch auf das Potential abgestellt werden. Eine solche Besteuerung nach der Fähigkeit zum Mittelerwerb ist nicht allein wegen ihrer fehlenden Praktikabilität abzulehnen, sondern ist wegen der damit verbundenen Arbeitspflicht nicht mit Art. 12 GG vereinbar und könnte auch die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Existenzminimums nicht gewährleisten. Ablehnend auch R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 290 ff. Zur Kritik aus finanzwissenschaftlicher Sicht D. Schneider, FinArch. n. F. 37 (1979), S. 26, 43 ff. 58 D. Schneider, StuW 1979, S. 38, 39.
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derjenige, der weniger Mittel erwirbt. Zum anderen könnte Leistungsfähigkeit auch in der Verwirklichung59 von Bedürfnisbefriedigung gesehen werden.60 Dann müsste bei gleicher Bedürfnisbefriedigung auch eine gleich hohe Steuerbelastung erfolgen. Je nach Verständnis von Leistungsfähigkeit müssen andere Steuern vorgezogen werden. Mit dem Ansatz, Leistungsfähigkeit in der Verwirklichung von Mittelerwerb zu sehen, korrespondiert vor allem die Einkommensteuer, wobei an dieser Stelle keine Aussage getroffen werden soll, ob hierbei nur das Markteinkommen (so die Markteinkommenstheorie61) oder die aus einer Quelle fließenden Erträge der Steuer zu unterwerfen sein sollen (so die Quellentheorie) oder grundsätzlich jeder Vermögenszugang (so die Reinvermögenszugangstheorie).62 Wird dagegen auf die Verwirklichung von Bedürfnisbefriedigung als Maßgröße von Leistungsfähigkeit abgestellt, so scheint eine am Konsum ansetzende Steuer wie die Umsatzsteuer oder eine konsumorientierte Einkommensteuer63 vorzugswürdig. Auch die Vermögensbesteuerung hängt davon ab, welchem Ansatz gefolgt wird. Wird auf die Verwirklichung von Mittelerwerb abgestellt, bleibt für eine darüber hinaus gehende Vermögensteuer grundsätzlich kein Raum, da das bloße Innehaben von Vermögen keinen Vermögenszugang darstellt.64 Wird Leistungsfähigkeit in der Verwirklichung von Bedürfnisbefriedigung gesehen, so kann eine Vermögensteuer grundsätzlich65 gerechtfertigt sein, da sich im Innehaben von Vermögen ebenfalls Bedürfnisbefriedigung66 (etwa „Freiheit im Umgang mit Gütern“ 67) ausdrücken kann. Konsequent wäre dann der Verzicht auf eine Besteuerung des Mittelerwerbs, weil bei diesem Konzept hieraus keine Leistungsfähigkeit folgt.68
59 Statt auf die Verwirklichung könnte auch hier auf das Potential der Bedürfnisbefriedigung abgestellt werden. Dies entspricht der Reinvermögenszugangstheorie, vgl. J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8 Rn. 32. 60 D. Schneider, StuW 1979, S. 38, 39. 61 Vgl. Teil 2 B. II. 3. 62 Das Einkommensteuerrecht de lege lata verwirklicht keine der beiden Theorien voll, sondern trennt grundsätzlich nach Einkunftsarten. Vgl. dazu H. G. Ruppe, in: Hey/ Wendt u. a. (Hrsg.), Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. ESt Rn. 11 f., 32. 63 Vgl. dazu J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 4 Rn. 110 ff. 64 D. Schneider, StuW 1979, S. 38, 40. 65 Auf Probleme im Zusammenhang mit Art. 14 GG soll hier nicht eingegangen werden. Festgehalten werden soll lediglich, dass auch bei einer Vermögensteuer auf die IstLeistungsfähigkeit und nicht auf ein Potential abzustellen ist. Lediglich für die Bewertung der Ist-Leistungsfähigkeit von Vermögen kann auf den Soll-Ertrag zurückgegriffen werden, R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 293 f. 66 So etwa D. Birk, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 7, 16. 67 D. Schneider, StuW 1979, S. 38, 41. 68 D. Schneider, StuW 1979, S. 38, 41; vgl. auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 928.
B. Rechtfertigungsgründe
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Fraglich ist, ob dem Gesetzgeber eines dieser Konzepte verfassungsrechtlich vorgegeben ist und wenn dies nicht der Fall ist, ob er sich dann für eines entscheiden muss oder die Konzepte kombinieren darf. In der Literatur wird sowohl für eine Anknüpfung an die Verwirklichung von Mittelerwerb69 als auch für eine Anknüpfung an die Verwirklichung von Bedürfnisbefriedigung70 plädiert. Die Verfassung hält hierauf keine Antwort bereit,71 sondern überlässt dem Gesetzgeber einen weitreichenden Entscheidungsspielraum bei der Frage, welches Konzept er verfolgen will. Auch eine Kombination der beiden Konzepte ist verfassungsrechtlich nicht verboten,72 solange die Steuern aufeinander abgestimmt werden und übermäßige Belastungen des Bürgers vermieden werden.73 Daher kommt dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu, welche Steuerquelle er belastet und welche nicht.74 Würde dem Gesetzgeber kein Entscheidungsspielraum über die Auswahl der Steuerquellen eingeräumt, wäre das gesamte Steuerrecht verfassungsrechtlich vorgegeben. Steuerpolitik geriete so zur bloßen Ausführung von Verfassungsvorgaben.75 Selbst bloße Steuersatzänderungen würden verfassungsrechtlich unmöglich, da hierdurch die Bedeutung der Einzelsteuer für das Gesamtsteueraufkommen geändert würde, so dass eine Umqualifizierung der Leistungsfähigkeit stattfände.76 Festgehalten werden kann daher, dass es die verfassungsrechtliche Leistungsfähigkeit nicht gibt. Erst nach dem Entschluss, eine bestimmte Steuerquelle zu belasten, ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz weitgehend in seinem Entscheidungsspielraum beschnitten und muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folge69
K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 326. J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 4 Rn. 120 ff. 71 Zwar soll nach J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 8 Rn. 121 die Konsumorientierung der Verwirklichung des Gleichheitssatzes dienen, da Sparen sonst benachteiligt werde. Das ist sicherlich zutreffend, doch ist dies bei Verständnis der Leistungsfähigkeit als Verwirklichung von Mittelerwerb systemgerecht, da insoweit Mittelerwerb stattfindet. Zur Lösung der Ausgangsfrage ist somit wenig beigetragen. 72 F. Kirchhof, Die steuerliche Doppelbelastung der Zigaretten, 1990, S. 25; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 985; J. Frink, Der Ausschluß des Vorsteuerabzugs bei der Ausführung steuerfreier Umsätze im Umsatzsteuerrecht, 2002, S. 36 f.; B. Weich, Öffentliche Hand im System der Umsatzsteuer, 1996, S. 38 f. 73 Zu solch kumulativen Belastungen, vgl. G. Kirchhof, NJW 2006, S. 732; J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469. 74 F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 82; BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 230; zustimmend R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 310. In früheren Entscheidungen wurde eine Ungleichbehandlung durch Belastung einer Steuerquelle bei Nichtbelastung einer anderen Steuerquelle gerechtfertigt, wenn ein finanzpolitischer, volkswirtschaftlicher, sozialpolitischer oder steuertechnischer Grund für die verschiedene Behandlung vorliegt (BVerfG v. 11.02.1992, 1 BvL 29/87, BVerfGE 85, S. 238, 244). 75 F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 189. 76 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 310 f. 70
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richtig umsetzen (Grundsatz der Folgerichtigkeit).77 Dementsprechend muss zwischen Steuerquelle und Binnenbereich einer Steuer abgegrenzt werden. Die Abgrenzung zwischen Steuerquelle und Binnenbereich ist entbehrlich, wenn verschiedene Normgeber tätig werden, da der Gleichheitssatz nur Rechtfertigungszwang für Ungleichbehandlungen eines Normgebers auslöst.78 Bei der Abgrenzung kommt der Finanzverfassung maßgebliche Bedeutung zu. Bei der Frage, ob etwa die Biersteuer die Steuerquelle „Bier“ normiert oder im Binnenbereich einer Alkoholbesteuerung nur Bier betrifft, ist durch Art. 106 Abs. 2 Nr. 5 GG entschieden. Spricht das Grundgesetz von einer Biersteuer, so sieht die Verfassung „Bier“ als Steuerquelle an.79 Dagegen ist bei der Einkommensteuer davon auszugehen, dass das Grundgesetz jegliches Einkommen – das nicht unter andere Steuerarten fällt – als Steuerquelle ansieht, so dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einem strengen Kontrollmaßstab unterliegt und die Steuerquelle Einkommen nicht ohne besondere Gründe weiter unterteilen darf.80 Wird Einkommen im Sinne der Reinvermögenszugangstheorie verstanden, sind zwar auch Erbschaften als Einkommen im weiteren Sinne zu qualifizieren, doch muss die Steuerquelle Einkommen durch die gesonderte Erwähnung der Erbschaftsteuer in Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG insoweit eingeschränkt werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip eine Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit fordert, dabei dem Gesetzgeber im Bereich der Bestimmung der Steuerquelle einen weitreichenden Gestaltungsspielraum überlässt und nur im Binnenbereich einer Steuer eine folgerichtige Ausgestaltung verlangt. 3. Leistungsfähigkeitsprinzip als taugliche Rechtfertigung einer Einzelsteuer Fraglich ist, ob das Leistungsfähigkeitsprinzip, indem eine Steuer an die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen anknüpft, die Erhebung einer Einzelsteuer rechtfertigen kann, oder ob hierfür andere oder zusätzliche Anforderungen gestellt werden. Teilweise wird angenommen, dass die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen noch keine hinreichende Rechtfertigung der Steuererhebung darstelle.81 Unklar 77 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121, 136; BVerfG v. 09.12. 2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 230 f. 78 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 313 f.; vgl. unten Teil 3 D. II. 3. b) aa) (1) (c) und bb). 79 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 312. 80 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 313. 81 D. G. Bodenheim, Der Staat 17 (1978), S. 481, 495; J. Isensee, in: FS Hans Peter Ipsen, S. 409, 428; M. Rodi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem,
B. Rechtfertigungsgründe
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bleibt aber, welche Gründe für eine Rechtfertigung von Einzelsteuern hinzutreten müssen. So wird teilweise die Einkommensteuer gerechtfertigt, weil sich im Einkommen des Steuerpflichtigen eine Nutzung des von der Rechtgemeinschaft bereitgestellten Marktes niederschlägt, an der die Rechtsgemeinschaft wegen der Sozialpflichtigkeit des privat erworbenen Vermögens nach Art. 14 Abs. 2 GG teilhaben dürfe (sogenannte Markteinkommenstheorie).82 Ähnliches gelte für die Umsatzsteuer, die sich aus der Mitwirkung der Rechtsgemeinschaft am Umsatzvorgang rechtfertige.83 Dagegen sollen die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer ihre Rechtfertigung aus dem Gewinn an Leistungsfähigkeit finden.84 Es ist nicht ersichtlich, weshalb das Leistungsfähigkeitsprinzip einmal als hinreichende Bedingung zur Rechtfertigung angesehen wird und an anderer Stelle nicht.85 Daneben verwundert, wieso die Schenkungsteuer nicht ebenfalls als Teilhabe des Staates am sozialpflichtigen Eigentum angesehen wird, da auch Schenkungen „von der staatlichen Rechtsordnung abhängig sind“.86 Ausgangspunkt für die Rechtfertigung von Steuern ist die Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft insgesamt und nicht nur die Teilnahme an einem Markt.87 Eine Suche nach einer über das Leistungsfähigkeitsprinzip hinausgehenden besonderen Rechtfertigung für Einzelsteuern kann somit nicht durchgehalten werden. Jedenfalls für Fiskalzwecksteuern stellt sich die Frage der Rechtfertigung als die Suche nach einem sachgerechten Verteilungsprinzip dar, das zu einer gleichheitsgerechten Besteuerung führt.88 Dieses sachgerechte Verteilungsprinzip ist für Fiskalzwecksteuern typischerweise das Leistungsfähigkeitsprinzip.89 Daraus folgt nicht, dass Einzelsteuern lediglich dann gerechtfertigt werden können, wenn sie mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip in Einklang stehen, sondern nur, dass eine Einzelsteuer, 1994, S. 69; W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 28; P. Kirchhof, in: Ebling (Hrsg.), DStJG 24 (2001), S. 9, 14 f. 82 P. Kirchhof, in: Kirchhof (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, Einleitung Rn. 5; P. Kirchhof, in: Ebling (Hrsg.), DStJG 24 (2001), S. 9, 14 f. 83 P. Kirchhof, UR 2002, S. 541, 542 f.; P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, § 118 Rn. 242. 84 P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, § 118 Rn. 259. 85 Inkonsequent bereits die Ausführungen zur Umsatzsteuer, wenn die Rechtfertigung auf der Mitwirkung des Staates beruhen soll, aber dennoch für das Bestimmungslandprinzip plädiert wird (P. Kirchhof, UR 2002, S. 541, 547), so dass derjenige Staat die Steuer erhält, der am Umsatzvorgang nicht beteiligt war; so auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 982. 86 A. Steichen, in: FS Tipke, S. 365, 371. Zu weiteren Einwänden gegen die verfassungsrechtliche Verankerung der Markteinkommenstheorie vgl. auch H. Söhn, in: FS Tipke, S. 343, 349 ff. mit weiteren Nachweisen; so auch M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 35 ff. 87 R. Eckert, Die beschränkte Steuerpflicht, 1995, S. 44. 88 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 581, der auch auf die Gefahr einer Parzellierung des Steuersystems hinweist. 89 F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 187.
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Teil 2: Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
die an der finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichtet ist, regelmäßig keiner weiteren Rechtfertigung bedarf. 4. Anknüpfung an das Leistungsfähigkeitsprinzip In ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung knüpft eine Schenkungsteuer an der Bereicherung des Erwerbers an.90 Der Besteuerung unterliegt nur der Reinvermögenszugang des Erwerbers. Er wird lediglich insoweit besteuert als seine finanzielle Leistungsfähigkeit, verstanden als Verwirklichung von Mittelerwerb, erhöht ist. Wegen der Anknüpfung an die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erwerbers erscheint eine Schenkungsteuer mithin in ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung gerechtfertigt.91 Gegen diese Rechtfertigung könnte aber sprechen, dass der der Besteuerung zugrunde liegende Vorgang eine bloße Auswechslung des Zuordnungssubjekts der übergehenden Vermögensgegenstände darstellt, ohne dass irgendeine Handlung oder Marktteilnahme stattfindet. Ausreichend ist aber eine Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft. Wer an dieser teilnimmt, muss durch Steuern an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligt werden. Für eine sachgerechte Verteilung der Steuerlasten ist dann ausreichend, dass beim Bürger eine Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit eintritt. Dies ist durch den Vermögenszuwachs erfolgt. Es lässt sich aber auch ein gewisser Bezug zur Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft herstellen.92 Der Erwerbsvorgang erfolgt häufig auf Grund des von der staatlichen Gemeinschaft stammenden Bürgerlichen Gesetzbuchs. Zur Rechtsdurchsetzung stehen dem Erwerber staatliche Gerichte zur Verfügung. Auch profitiert der Erwerber nur von seiner Rechtsinhaberschaft, wenn er den Vermögensgegenstand in einer sicheren Umgebung nutzen kann. Dieser Gedanke legt zwar eine Vermögensbesteuerung zur Besteuerung des Innehabens von Vermögen nahe, doch ist dem Gesetzgeber angesichts seines weitreichenden Gestaltungsspielraum nicht verwehrt, allein oder zusätzlich zu einer Vermögensteuer die mit dem Übergang des Vermögens einhergehende und später noch folgende Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft als zur Austeilung von Finanzierungslasten ausreichend zu erachten. Es liegt also auch bei einer Schenkung eine Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft vor, die zur Zuteilung von Steuerlasten genügt. Diese Steuerlasten werden nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip verteilt. Da die Schenkungsteuer an 90
Vgl. § 10 Abs. 1 ErbStG. So F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuerund Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 85; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 245; P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, Grundgedanken zur Erbschaft- und Schenkungsteuer Rn. 1. 92 Dazu und auch zum Folgenden P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, Grundgedanken zur Erbschaft- und Schenkungsteuer Rn. 1. 91
B. Rechtfertigungsgründe
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die Erhöhung der Leistungsfähigkeit anknüpft, ist sie folglich auch gerechtfertigt.93 Entsprechendes gilt für eine Erbschaftsteuer in Form der Erbanfallsteuer94, da diese ebenfalls an die Leistungsfähigkeitssteigerung des Erwerbers anknüpft.95 5. Verhältnis zur Einkommensteuer Wird eine Schenkungsteuer mit der durch die Verwirklichung von Mittelerwerb bewirkten Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit gerechtfertigt, stellt sich anschließend die Frage zum Verhältnis zur Einkommensteuer. Diese Thematik ist in Bezug auf die insoweit gleichlaufende Erbschaftsteuer in der Wissenschaft – teils äußerst heftig96 – umstritten. Wenn allein auf die Verwirklichung von Mittelerwerb abgestellt wird, ergibt sich zwischen Schenkungsteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer grundsätzlich97 kein Unterschied. Zwar knüpft die Einkommensteuer an das erwirt93 F. Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 85; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 245; P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, Grundgedanken zur Erbschaft- und Schenkungsteuer Rn. 1. 94 Bei der Erbanfallsteuer wird der auf einen Erwerber übergehende Vermögensanfall besteuert, während bei einer Nachlasssteuer der Nachlass als solcher besteuert wird, unabhängig davon, auf wie viele Personen das Vermögen mit dem Tode übergeht. 95 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 872; F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 193; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 25; F. KleinBlenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht, 1991, S. 82 ff.; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 245; P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, Grundgedanken zur Erbschaft- und Schenkungsteuer Rn. 1; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Einführung ErbStG Rn. 16; J. P. Meincke, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 39, 40; A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 9; G. Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 26; G. Crezelius, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 73, 103 f.; H. Kobor, Die Auslegung im Erbschaftsteuergesetz, 2000, S. 53; R. Wendt, StuW 1987, S. 18, 30; C. Schlüter, Einhundert Jahre deutsches internationales Erbschaftsteuerrecht, 2001, S. 7; R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 135; M. Schindhelm, ZEV 1997, S. 8, 10; A. Berberich, Europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und deutsches Erbschaftsteuerrecht, 2008, Rn. 34. Teilweise werden trotz der Anknüpfung am Leistungsfähigkeitsprinzip Gründe gegen die Rechtfertigung der Erbschaftsteuer vorgebracht. So soll die Erbschaftsteuer etwa bereits versteuertes Vermögen nochmals besteuern, volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen haben, bei Unternehmensübergängen das Unternehmen belasten, obwohl nur der Erbe bereichert sei, übermäßig beratungsabhängig sein und eine hohe Dunkelziffer aufweisen. Hiergegen wenden sich zutreffend J. P. Meincke, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 39, 43 ff.; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 870. 96 Vgl. die sich an ein Referat von G. Crezelius, in: Wassermeyer (Hrsg.), DStJG 17 (1994), S. 135 anschließende Diskussion. Zu dieser auch J. P. Meincke, in: FS Tipke, S. 391 ff. 97 Zu berücksichtigen sind aber differenzierende verfassungsrechtliche Vorgaben.
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schaftete Einkommen an, während Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer einen unentgeltlichen Vermögenstransfer besteuern und dabei auf die Substanz zugreifen.98 Darin spiegelt sich einer Ansicht nach eine unterschiedliche Art der Leistungsfähigkeit wider.99 Demnach lägen Schenkungsteuer bzw. Erbschaftsteuer und Einkommensteuer auf verschiedenen Ebenen.100 Allerdings sind sowohl Einkommensteuer als auch Schenkungsteuern und Erbschaftsteuern Steuern, die an einen Reinvermögenszugang anknüpfen. Ausgangspunkt war, dass Leistungsfähigkeit zur Rechtfertigung einer Schenkungsteuer als Verwirklichung von Mittelerwerb verstanden wird. Dann ist die Herkunft der Mittel unerheblich. Damit werden aber Durchbrechungen, d. h. unterschiedliche Behandlungen von unentgeltlichen Vermögenstransfers durch Erwerbe unter Lebenden und von Todes wegen sowie Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes,101 noch nicht unzulässig, sondern müssen auf einer zweiten Ebene gerechtfertigt werden.102 Die Schenkungsteuer ist somit eine Einkommensteuer im weiteren Sinne und stellt sich lediglich als die speziellere Steuer dar.103 6. Ergebnis Die Erhebung einer Schenkungsteuer ist durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt. Dies gilt auch für eine Erbanfallsteuer. Beide sind Einkommensteuern im weiteren Sinne. Eine Gleichbehandlung ist deswegen aber nicht zwingend notwendig, da Ungleichbehandlungen auf einer zweiten Stufe gerechtfertigt werden können.
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R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 136. C. Trzaskalik, in: FS Tipke, S. 321, 324. 100 BFH v. 26.11.1986, II R 190/81, BFHE 148, S. 324, 327; vgl. ablehnend zu dieser These ausführlich L. Jesse, Liegen die Einkommensteuer und die Erbschaft- und Schenkungsteuer auf „verschiedenen Ebenen“?, 1992, passim. 101 Beispielsweise wegen des Schutzes von Ehe und Familie durch Art. 6 GG und der Erbrechtsgarantie des Art. 14 GG. 102 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 38; ähnlich F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 165. 103 Vgl. auch zur Erbschaftsteuer G. von Schanz, FinArch. Bd. 13 (1896), S. 1, 23 f.; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 38, 42; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 872 f., 883; G. Crezelius, in: Wassermeyer (Hrsg.), DStJG 17 (1994), S. 135, 187; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Einführung Rn. 2; A. Steichen, in: FS Tipke, S. 365, 383; K. Tiedtke, in: Tiedtke (Hrsg.), ErbStG, Einleitung Rn. 40 f.; D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 63; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 103; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Einführung ErbStG Rn. 22; D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Einführung Rn. 15; B. Hamdan, Die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung durch § 21 ErbStG, 2007, Rn. 89; C. Flämig, in: FS Frotscher, S. 557, 558; K.-A. Schwarz, in: Starck (Hrsg.), von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 54. 99
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C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata Eine Schenkungsteuer ist nicht nur in ihrer grundsätzlichen Erhebung zu rechtfertigen, sondern auch bezüglich ihrer konkreten Ausgestaltung. Dabei kommt der Steuerpflicht besondere Bedeutung zu. Hier sollen nun die Regelungen de lege lata gewürdigt werden, um die bei einer eigenständigen Schenkungsteuer vorzuziehenden Regelungen zu beleuchten.
I. Unbeschränkte Steuerpflicht Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 ErbStG tritt die unbeschränkte Steuerpflicht104 ein, wenn der Schenker oder der Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls Inländer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 ErbStG ist. Bei unbeschränkter Steuerpflicht wird bei Inländereigenschaft des Schenkers jeder weltweite Vermögensübergang von Todes wegen, bei Inländereigenschaft des Erwerbers lediglich der auf ihn entfallende weltweite Vermögensübergang von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterworfen.105 Rechtfertigungsbedürftig ist sowohl die Besteuerung des Weltvermögens (Weltvermögensprinzip)106 bei Inländereigenschaft des Erwerbers als auch die Anknüpfung der unbeschränkten Steuerpflicht an die Inländereigenschaft des Schenkers. 1. Weltvermögensprinzip bei Inländereigenschaft des Erwerbers nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG Das Erstrecken der Steuerpflicht auf den Übergang des Weltvermögens begegnet keinen völkerrechtlichen Bedenken, solange eine tatsächliche Anknüpfung zum besteuernden Staat besteht.107 Mit der Anknüpfung an die Inländereigenschaft des Erwerbers ist dies grundsätzlich gegeben. Fraglich ist dagegen die Rechtfertigung des Welteinkommens-/Weltvermögensprinzips vor nationalem Recht. Die Diskussion um die Rechtfertigung durch opfertheoretische oder nutzentheoretische Überlegungen soll hier nicht vertieft werden.108 Im Vordergrund 104 Seit Änderung des ErbStG durch das Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz (Gesetz vom 07.12.2011, BGBl. I S. 2592) sind die Begriffe „unbeschränkte“ und „beschränkte“ Steuerpflicht in das ErbStG aufgenommen worden, die zuvor bereits üblich waren (vgl. G. Frotscher, Internationales Steuerrecht, 2009, Rn. 95). 105 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 8. 106 R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 138. 107 M. N. Shaw, International Law, 2010, S. 650; A. Verdross, Völkerrecht, 1964, S. 319 f.; R. Dolzer, in: Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, Wirtschaft und Kultur im Völkerrecht Rn. 101; M. Keuthen, Die Vermeidung der juristischen Doppelbesteuerung im EG-Binnenmarkt, 2009, S. 24 f. 108 Dazu K. Vogel, in: FS Franz Klein, S. 361, 365 ff.; H. Schaumburg, in: FS Tipke, S. 125, 128 ff.; S. Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, S. 246 ff.
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soll vielmehr eine Auseinandersetzung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip stehen. Nach diesem muss die dem Grunde nach gerechtfertigte Steuererhebung auf die einzelnen Bürger entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. Dabei kommt dem Gesetzgeber ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Deshalb ist es dem Gesetzgeber weder verwehrt, den im Ausland verwirklichten Mittelerwerb äquivalent dem inländischen zu besteuern, noch ist ihm vorgegeben, den ausländischen Mittelerwerb in gleichem Maße109 leistungsfähigkeitssteigernd zu qualifizieren wie den inländischen.110 Für die zweite Variante sprechen Gründe der gerechten Verteilung des Steuersubstrats zwischen den einzelnen Staaten.111 Für die erste Variante spricht die dadurch erreichte Gleichbehandlung von Steuerpflichtigen, die einen gleichen Mittelerwerb verwirklicht haben, unabhängig von der Mittelherkunft.112 Dem Gesetzgeber steht hierbei eine weitreichende Einschätzungsprärogative offen, so dass weder das Weltvermögensprinzip noch der Verzicht hierauf verfassungsrechtlich zu beanstanden sind. Angesichts des hohen Werts der Besteuerungsgleichheit113 erscheint das Weltvermögensprinzip aber rechtspolitisch vorzugswürdig, zumal eine gerechte Verteilung des Steuersubstrats angesichts zunehmender Möglichkeiten des Informationsaustauschs zwischen den Staaten leichter handhabbar werden dürfte. 2. Weltvermögensprinzip bei Inländereigenschaft des Schenkers nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG Die Rechtfertigung der Besteuerung des Weltvermögens bei unbeschränkter Steuerpflicht bei Anknüpfung an den Schenker erscheint zweifelhaft. Bürger, die 109 Zweifelhaft erscheint die Überlegung, den ausländischen Mittelerwerb bei der Einkommensteuer nicht in gleichem Maße leistungsfähigkeitssteigernd anzusehen, da im Ausland regelmäßig ein höheres Risiko eingegangen werden müsse, K. Vogel, in: Vogel (Hrsg.), DStJG 8 (1985), S. 3, 26. Die Umstände der Verwirklichung des Mittelerwerbs sind für die Besteuerung grundsätzlich unbeachtlich. Jedenfalls für die Schenkungsteuer kann dieser Gedanke nicht fruchtbar gemacht werden, da ein inländischer Erwerber für den Mittelerwerb im Ausland keine Anstrengungen unternimmt. 110 H. Schaumburg, in: FS Tipke, S. 125, 130 f.; K. Vogel, in: FS Franz Klein, S. 361, 369. 111 H. Schaumburg, in: FS Tipke, S. 125, 131. Dabei muss aber beachtet werden, dass nicht nur mittels einer Beschränkung der Besteuerung auf inländischen Mittelerwerb eine internationale Doppelbesteuerung vermieden werden kann, sondern auch bei Umsetzung des Welteinkommens-/Weltvermögensprinzips ohne gleichzeitige Normierung einer beschränkten Steuerpflicht, die inländisches Einkommen bzw. Vermögen unabhängig von der Inländereigenschaft des Steuerpflichtigen normiert, S. Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, S. 250 Fn. 1303. 112 H. Debatin, FR 1969, S. 277, 278; so wohl auch BFH v. 14.04.1993, I R 29/92, BFHE 170, S. 454, 457 f. 113 Pointiert J. Isensee, StuW 1994, S. 3, 7: „Mit der Gleichheit steht und fällt die Steuer.“
C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata
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am Gemeinwesen teilhaben, müssen dieses finanzieren, so dass ihnen gegenüber eine Steuererhebung dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Die Austeilung der daraus folgenden Steuerlast ist gleichheitsgerecht entsprechend dem Leistungsfähigkeitsprinzip vorzunehmen. Durch die Anknüpfung an die Bereicherung des Erwerbers entspricht eine Schenkungsteuer grundsätzlich dem Leistungsfähigkeitsprinzip und ist daher gerechtfertigt. Hat der Erwerber aber keinerlei Beziehung zum Inland, ist kein Grund für eine Finanzierung des Gemeinwesens ersichtlich, soweit ausländisches114 Vermögen auf ihn übergeht.115 Die Besteuerung des weltweiten Vermögensübergangs, wenn lediglich der Schenker als Inländer zu qualifizieren ist, ist daher nicht zu rechtfertigen. Verfehlt und nicht zu rechtfertigen ist auch die Qualifizierung des Schenkers als Steuerschuldner (§ 20 Abs. 1 ErbStG), da bei ihm keine Bereicherung eintritt.116
II. Beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Wenn weder Schenker noch Erwerber Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wird der Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG besteht, nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG der Besteuerung unterworfen (beschränkte Steuerpflicht). Da die beschränkte Steuerpflicht an der Bereicherung des Erwerbers ansetzt, soweit dieser durch den Übergang von Inlandsvermögen bereichert ist, erscheint ihre Erhebung grundsätzlich gerechtfertigt. Allerdings muss beachtet werden, dass der Erwerber keine persönliche Beziehung zum Inland hat. Ausreichend für die Rechtfertigung einer Steuererhebung ist aber nach hier vertretener Auffassung jegliche Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft. Der Erwerber nimmt an dieser Teil,117 indem ihm diese den rechtlichen Übergang des Vermögensgegenstandes ermöglicht und diesen für ihn auch schützt und ihm zur Rechtsdurchsetzung staatliche Gerichte zugänglich macht. Durch diese Teilhabe ist daher eine Zuteilung von Finanzierungslasten des staatlichen Gemeinwesens gerechtfertigt.118 Die territoriale Bindung des Vermögens zum Inland rechtfertigt demnach die beschränkte Steuerpflicht.119 114 Vgl. zu inländischem Vermögen die Ausführungen zur beschränkten Steuerpflicht, sogleich II. 115 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.4; M. Schindhelm, ZEV 1997, S. 8, 10; J. P. Meincke, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 39, 57; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 8; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 139; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 84. 116 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 878; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 20 Rn. 6; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 134; R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 153 f. 117 R. Eckert, Die beschränkte Steuerpflicht, 1995, S. 73 f. 118 Vgl. C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 842 mit weiteren Nachweisen. 119 Vgl. D. Birk, Steuerrecht, 2010, Rn. 1452.
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Aber auch diese Finanzierungslasten des staatlichen Gemeinwesens müssen gleichheitsgerecht verteilt werden, denn Art. 3 GG gilt auch für nicht im Inland ansässige Personen.120 Zu vergleichen gilt es hier mehrere Konstellationen. Zum einen muss die Steuerlast der beschränkt Steuerpflichtigen zueinander gleichheitsgerecht sein. Dabei sind auch Nichtsteuerpflichtige einzubeziehen, die inländisches Vermögen, das nicht als Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG qualifiziert wird, erwerben. Zum anderen muss die Steuerlast der beschränkt Steuerpflichtigen auch im Verhältnis zu unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichheitsgerecht sein. In der Literatur zum Einkommensteuerrecht wird diese Frage oftmals durch die Erörterung eines Objektsteuercharakters121 oder zumindest objektsteuerähnlichen Charakters122 verdeckt.123 Durch die Ausgestaltung als Objektsteuer sei die Ungleichbehandlung von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht gerechtfertigt. Dabei wird zum einen übersehen, dass für die Bejahung eines Objektsteuercharakters diejenigen Normen herangezogen werden, deren Verfassungsmäßigkeit gerade in Frage steht.124 Zum anderen ist auch bei Annahme der Geltung des Leistungsfähigkeitsprinzips eine Ungleichbehandlung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht nicht von vornherein unzulässig, sondern kann bei Vorliegen eines hinreichenden Sachgrundes gerechtfertigt werden.125 Ist das Leistungsfähigkeitsprinzip aber für den Vergleich von Steuerlasten einmal als der grundsätzlich richtige Vergleichsmaßstab anerkannt, bedarf es eines gewichtigen, zusätzlichen Grundes, davon abzuweichen, nur weil der Anknüpfungspunkt der grundsätzlichen Steuerpflicht nicht die Ansässigkeit im Inland, sondern inländisches Einkommen oder Vermögen ist.126 Dass die beschränkte Steuerpflicht de lege lata nicht jegliches inländisches Vermögen erfasst, sondern nur das in § 121 BewG genannte, könnte im Vergleich der Personen einerseits, die inländisches Vermögen im Sinne des § 121 BewG erwerben, und Personen andererseits, die inländisches nicht unter § 121 BewG fallendes Vermögen erwerben, zweifelhaft erscheinen. Fraglich ist, ob die Einordnung des § 121 BewG für die beschränkte Steuerpflicht als Auswahl einer Steuerquelle oder als Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage zu qualifizieren ist. Bei Annahme als Auswahl einer Steuerquelle käme dem Gesetzgeber ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu, so dass die Entscheidung einer Differenzie120
BVerfG v. 12.10.1976, 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, S. 1, 6. Etwa D. Gosch, in: Kirchhof (Hrsg.), Einkommensteuergesetz, § 49 Rn. 1. 122 E. Wied, in: Heuermann/Brandis (Hrsg.), Blümich, § 49 Rn. 3. 123 Zutreffend H.-W. Arndt, StuW 1990, S. 364, 365; K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten Steuerpflicht im Erbschaftsteuerrecht, 1996, S. 7. 124 M. Engelschalk, Die Besteuerung von Steuerausländern auf Bruttobasis, 1988, S. 85. 125 Vgl. dazu Teil 5 A.V. 126 H.-W. Arndt, StuW 1990, S. 364, 365; F. Wassermeyer, in: Vogel (Hrsg.), DStJG 8 (1985), S. 49, 55. 121
C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata
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rung des steuerbaren Vermögens nicht zu beanstanden ist. Bei einer Qualifizierung als Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage ist der Gesetzgeber zu einer folgerichtigen Umsetzung der einmal getroffenen Belastungsentscheidung gezwungen, von der er nur bei Vorliegen eines rechtfertigenden Grundes abweichen darf. Es ist aber nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber die Bindung eines Bankguthabens als wohl wichtigsten Fall des nicht von § 121 BewG erfassten inländischen Vermögens aufgrund der bloßen Position im Inland nicht als derart stark ansieht wie etwa bei einem Grundstück. Gleichwohl könnte der Gesetzgeber sich auch für die Ausdehnung des steuerpflichtigen Vermögens entscheiden.127
III. Erweiterungen der Steuerpflicht 1. Erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b ErbStG Die sogenannte erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b ErbStG findet innerhalb eines Fünfjahreszeitraums128 auf deutsche Staatsbürger Anwendung, wenn – nach bestehender unbeschränkter Steuerpflicht nach lit. a129 – der Wohnsitz130 im Inland aufgegeben wurde. Teilweise wird in der Literatur die Erweiterung der unbeschränkten Steuerpflicht lediglich für deutsche Staatsbürger wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG für verfassungswidrig gehalten, da nicht ersichtlich sei, weshalb deutsche Staatsangehörige schärfer besteuert werden als Ausländer.131 Als sachlicher Grund der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung kommt vor allem die Verhinderung einer Umgehung der Schenkungsteuer durch kurzfristige Wohnsitzverlegung in das Ausland in Betracht.132 Diese Umgehung der Schenkungsteuer ist zwar auch für Ausländer 127 Für eine Ausdehnung des § 121 BewG plädiert wegen Bedenken bezüglich der erweiterten beschränkten Steuerpflicht – dazu sogleich – F. Wassermeyer, in: Vogel (Hrsg.), DStJG 8 (1985), S. 49, 76. 128 Abweichend nach Art. 3 des Gesetzes vom 15.09.2000 (BGBl. II S. 1170) gilt für den Wegzug in die USA ein Zehnjahreszeitraum, da eine Besteuerung in den USA erst nach zehn Jahren erfolgt, so dass es zu einer Besteuerungslücke käme, vgl. M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 24. 129 A. Richter, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 2 ErbStG Rn. 11. 130 Ob die Aufgabe eines gewöhnlichen Aufenthalts genügt, ist streitig. Dafür spricht neben dem allerdings unscharfen Wortlaut die Gleichwertigkeit von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in lit. a, H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.24. A. M. A. Richter, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 2 ErbStG Rn. 12; M. Jülicher, in: Troll/ Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 21; B. Noll, DStZ 1995, S. 713; C. Watrin/C. Kappenberg, ZEV 2011, S. 105, 106. 131 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.24. 132 BR-Drucks. 140/72 S. 61 f.
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Teil 2: Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
möglich, doch ist die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers133 zu beachten. Zu verhindern gilt es, durch kurzzeitigen Wegzug die Schenkungsteuer zu umgehen. Die Wertung des Gesetzgebers, dass viele Ausländer, die im Inland einen Wohnsitz hatten und diesen nun wieder aufgeben, sich nicht allein aus fiskalischen Gründen zu diesem Schritt entschlossen haben, ist nicht zu beanstanden. Denn eine Umgehungsprüfung erscheint im Steuerrecht als auf Typisierung angewiesener Massenverwaltung nicht durchführbar. Daneben ist bereits fraglich, ob nicht die Staatsangehörigkeit in Fällen, die sonst keinen Bezug zum Inland haben, nicht durch die damit verbundene Beziehung zum Staat134 als sachgerechtes Differenzierungskriterium genügt.135 Die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht kann jedenfalls zur Verhinderung von Steuerumgehungen gerechtfertigt werden.136 2. Auslandsbedienstete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. c ErbStG Die Erstreckung der Inländereigenschaft auf Auslandsbedienstete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. c ErbStG greift erst nach fünf Jahren nach Aufgabe des letzten Wohnsitzes137 in Deutschland ein, da zuvor die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 lit. b ErbStG vorrangig ist.138 Voraussetzung ist zudem, dass keine der deutschen unbeschränkten Steuerpflicht vergleichbare Steuerpflicht im neuen Ansässigkeitsstaat besteht (Satz 2). Die Rechtfertigung dieser weiten Anknüpfung zur Besteuerung des Übergangs des Weltvermögens ergibt sich aus dem Dienstverhältnis zu einer inländischen juristi-
133 Vgl. dazu BVerfG v. 08.10.1991, 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, S. 348, 359 f.; R. Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, 1999, S. 75 ff. 134 Etwa durch das Wahlrecht, vgl. § 12 Abs. 2 BWG. 135 Auch unionsrechtlich ist dies unbedenklich, EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1998, Rn. 47 f. 136 Unionsrechtliche Bedenken werden angeführt von (H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.24), weil das vom EuGH (EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1998, Rn. 48) geforderte System von Steuergutschriften, das eine Doppelbesteuerung vermeiden soll, angesichts der geringen Zahl der Doppelbesteuerungsabkommen bezüglich der Erbschaftsteuer und dabei wohl mitgedacht auch für die Schenkungsteuer nicht gewährleistet sei. Auch § 21 ErbStG genüge für Fälle der vom Zuwendenden abgeleiteten erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht „wegen des engen Auslandsvermögensbegriffs des § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG“ nicht (M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 25). Da die Ableitung der unbeschränkten Steuerpflicht vom Zuwendenden hier abgelehnt wird, bestehen für die verbleibende Anknüpfung an den Erwerber keine unionsrechtlichen Bedenken; so auch insgesamt B. Michel, in: FS P+P, S. 479, 485. 137 Zum Streit, ob auch die Aufgabe eines gewöhnlichen Aufenthalts genügt, vgl. oben Teil 2 C. III. 1. 138 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 2 Rn. 28; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.25.
C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata
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schen Person des öffentlichen Rechts und des Bezugs des Arbeitslohns aus einer inländischen öffentlichen Kasse. 3. Erweiterte beschränkte Steuerpflicht Zur Vermeidung von Vermögensverlagerungen wird in § 4 AStG eine erweiterte beschränkte Steuerpflicht normiert, die zu einer Ausdehnung des steuerpflichtigen Vermögens über § 121 BewG hinaus führt. Geltung erlangt dies lediglich für deutsche Staatsangehörige. Wegen dieser Benachteiligung im Vergleich zu Ausländern wird § 4 AStG teilweise für verfassungswidrig gehalten.139 Diese Ungleichbehandlung könnte aber von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt sein.140 Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht kam bisher in der Praxis nur in wenigen Fällen zur Anwendung, da sie relativ leicht umgangen werden kann.141 Die erweiterte beschränkte Steuerpflicht bietet daher nur einen geringen Anreiz gegen Vermögensverlagerungen,142 so dass jedenfalls rechtspolitisch ein Verzicht auf diese Regelung vorzugswürdig erscheint.
IV. Zweckzuwendungen De lege lata werden nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG auch Zweckzuwendungen besteuert. Als Grund hierfür erscheint eine sonst eintretende Besteuerungslücke. Erhält ein Erwerber Vermögensgegenstände nicht zur freien Verfügung, sondern muss sie für einen bestimmten Zweck einsetzen, tritt bei ihm insoweit keine Bereicherung ein.143 Bei ihm kann also grundsätzlich keine Besteuerung erfolgen. Eine Besteuerung beim letztendlichen Empfänger der Zweckzuwendung ist mangels individuell Bereichertem ebenfalls nicht möglich. Dies zeigt sich auch am Ausgangsfall der Zweckbesteuerung.144 Eine Gutsherrin hatte ihrem Enkel145 ein Vorausvermächtnis mit der Auflage vermacht, die Zinsen zur Fortführung des für 139 H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.55; M. Elicker, in: Heuermann/Brandis (Hrsg.), Blümich, § 4 AStG Rn. 5 i.V. m. § 2 AStG Rn. 4. 140 Unionsrechtliche Bedenken hat H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 7.55. Dabei ist zu beachten, dass die vom EuGH (EuGH v. 23.02.2006, C513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1998, Rn. 48) geforderte Verhinderung der Doppelbesteuerung durch ein System von Steuergutschriften durch § 21 ErbStG insoweit erreicht wird. 141 F. Wassermeyer, IStR 2001, S. 113, 114; G. Kraft, in: Kraft (Hrsg.), Außensteuergesetz, § 4 Rn. 25 ff. 142 G. Kraft, in: Kraft (Hrsg.), Außensteuergesetz, § 4 Rn. 28. 143 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 8 Rn. 2. 144 RG v. 17.02.1911, VII 239/10, RGZ 75, S. 378. 145 Von J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 11 und M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 39 Fn. 141 fälschlich als Sohn bezeichnet.
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Teil 2: Rechtfertigung einer Schenkungsteuer
Kinder der Arbeiter des Gutes zur Verfügung stehenden Gutskindergartens zu verwenden. Da der Kindergarten keine Rechtspersönlichkeit hatte, konnte bei ihm keine Bereicherung eintreten. Der Personenkreis, dem die Zuwendung letztendlich zu Gute kam, die Kindergartenkinder, änderte fortwährend seinen Umfang und seine Mitglieder, so dass bei den Kindern keine individuelle Bereicherung festzustellen war. Dies zeigt, dass der Anwendungsbereich der Besteuerung von Zweckzuwendungen relativ klein ist. Denn wenn sich ein individuell Bereicherter – auch ein individuell bereicherter abgrenzbarer Personenkreis genügt – feststellen lässt, kann die Zuwendung bei diesen besteuert werden.146 Lässt sich ein individuell Begünstigter nicht feststellen, sind Zweckzuwendungen in der Praxis häufig steuerfrei, da mit ihnen regelmäßig nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 und 17 ErbStG steuerfrei gestellte mildtätige, gemeinnützige oder kirchliche Zwecke verfolgt werden.147 Ist auch dies nicht der Fall, erfolgt die Besteuerung bei dem unmittelbar Bereicherten, der die Zweckzuwendung zu erbringen hat.148 Der unmittelbar Bereicherte kann aber die auf die Zweckzuwendung entfallende Steuer aus dieser Vermögensmasse entnehmen.149 Wenn dies durch Anordnung des Zuwendenden nicht zulässig ist, kann der unmittelbar Bereicherte die Steuer als weitere Last nach § 10 Abs. 2 ErbStG abziehen.150 Die Rechtfertigung dieser Besteuerung erscheint fraglich, da sie nicht an einer Bereicherung einer Person anknüpft. Nach Ansicht des Reichsfinanzhofs soll die 146 D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 8 Rn. 1. 147 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 12; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 40. 148 Die Technik dieses Steuerzugriffs entspringt dem früheren Verständnis von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer als Verkehrsteuer, R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 129; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 39 Fn. 142. 149 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 40; S. Schuck, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 8 ErbStG Rn. 13. Dies ergibt sich durch Auslegung der Zwecksetzung und soll auch der Regelung des § 20 Abs. 1 ErbStG zu Grunde liegen, J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 8 Rn. 10. 150 D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 8 Rn. 3. A. M. wegen des Wortlauts von § 10 Abs. 2 ErbStG S. Schuck, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 8 ErbStG Rn. 13; zweifelnd J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 8 Rn. 10; ihm folgend M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 40 Fn. 144. § 10 Abs. 2 ErbStG liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Steuer den Vermögenszugang schmälert und wenn diese Folge durch Übernahme der Steuer durch einen anderen nicht eintritt, die Steuer als weitere Zuwendung zu berücksichtigen ist, um die daraus folgende weitere Bereicherung zu erfassen, D. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 10 Rn. 70. Diese Interessenlage ist auch bei einer Zweckzuwendung gegeben. Daher ist § 10 Abs. 2 ErbStG zumindest analog anzuwenden.
C. Rechtfertigungsprobleme de lege lata
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Rechtfertigung der Besteuerung von Zweckzuwendungen aus der „Bereicherung des Zwecks“ erfolgen.151 Hiergegen ist einzuwenden, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG nicht die Bereicherung des Zwecks der Besteuerung unterliegt, sondern an dessen Stelle die Verpflichtung des Beschwerten tritt152 und Leistungsfähigkeit nicht auf einen Zweck bezogen werden kann,153 sondern nur auf Personen.154 In der Literatur wird deshalb vorgeschlagen, die Besteuerung durch eine Einschränkung des Abzugs der für die Verfolgung des Zwecks zu verwendenden Mittel zu erreichen.155 Hiergegen bestehen Bedenken, ob in diesem Fall auch die nicht vollumfängliche Leistungsfähigkeitssteigerung des unmittelbaren Erwerbers ausreichend berücksichtigt werden kann. Zu fragen ist aber vielmehr, ob überhaupt ein Bedürfnis für die Besteuerung besteht. Auf den ersten Blick scheint tatsächlich eine Besteuerungslücke vorzuliegen. Betrachtet man aber die Verfolgung des Zwecks durch den Zuwendenden, erscheint dies zweifelhaft. So stellen im Ausgangsfall die Aufwendungen der Gutsherrin zur Aufrechterhaltung des Gutskindergartens nicht zu berücksichtigende Einkommensverwendungen dar. Es ergibt sich keinerlei Folge für das Schenkungsteuerrecht. Wenn die Aufwendungen nun von einem Dritten getragen werden, der die hierzu erforderlichen Mittel erhält, ist nicht ersichtlich, wieso ein Bedürfnis für eine Besteuerung vorliegt. Daher kann jedenfalls de lege ferenda auf eine Besteuerung von Zweckzuwendungen verzichtet werden.
151
RFH v. 07.02.1923, VI A 236/22, RFHE 11, S. 257, 258. J. P. Meincke, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 39, 51. 153 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 12. 154 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 6. 155 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 11; zustimmend M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 40. 152
Teil 3
Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer A. Meinungsstand in der Literatur Die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer wird in der Literatur meist ohne nähere Begründung entsprechend der Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer nach Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 72 Abs. 2 GG gesehen.1 So wird vertreten, die Schenkungsteuer des Erbschaftsteuergesetzes gehöre unstreitig zur Erbschaftsteuer i. S. d. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG;2 die Erbschaftsteuer erfasse „den Erwerb auf Erbschaft, Vermächtnis oder Schenkung“.3 Teilweise wird die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer als nicht mehr vom Wortlaut des Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG gedeckt angesehen und stattdessen apodiktisch festgestellt, dass sich die Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer kraft Sachzusammenhangs auch auf die Schenkungsteuer beziehe.4 Die ausführlichste Begründung zur Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer entsprechend derjenigen der Erbschaftsteuer ist darin zu sehen, dass die Schenkungsteuer „ihrem Wesen nach eine notwenige Ergänzung der Erbschaftsteuer“ darstelle, „weil sonst die Erbschaftsteuer durch Schenkungen unter Lebenden umgangen werden“ könne.5 Dabei erfolgt allerdings keine dogmatische Einordnung.
1 Unklar K.-A. Schwarz, in: Starck (Hrsg.), von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 54, wonach Schenkungen von der Erbschaftsteuer erfasst werden, zu welcher aber auch die Schenkungsteuer gehört. 2 A. Kienemund, in: Hömig (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 106 Rn. 4. 3 J.-P. Schneider, in: Denninger/Hoffmann-Riem u. a. (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 106 Rn. 6. Ohne Begründung auch H.-G. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 106 Rn. 17; S. Wimmer-Leonhardt, in: Staudinger, BGB, § 516 Rn. 230. 4 M. Heintzen, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 24; zustimmend H. Kube, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 106 Rn. 15. 5 T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 30; so auch J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1439.
A. Meinungsstand in der Literatur
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I. Dogmatische Einordnung der Ergänzungsfunktion der Schenkungsteuer Wird die Grundlage der Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer in ihrer Ergänzungsfunktion zur Erbschaftsteuer gesehen, handelt es sich um eine ungeschriebene Kompetenz.6 Diese werden in Kompetenzen kraft Sachzusammenhangs, Annexkompetenzen und Kompetenzen kraft Natur der Sache unterteilt. Eine Kompetenz kraft Natur der Sache liegt vor, wenn Bereiche geregelt werden sollen, die in einem Bundesstaat einer Regelung durch die Länder a priori entzogen sind, weil sie begriffsnotwendig nur vom Bund geregelt werden können.7 Davon kann bei der Schenkungsteuer nicht ausgegangen werden.8 Die Kategorie der Kompetenz kraft Sachzusammenhangs wird häufig nicht exakt von der Annexkompetenz unterschieden,9 obwohl eine Unterscheidung begrifflich möglich ist.10 Eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs liegt vor, wenn eine vom Grundgesetz nicht vorgesehene Kompetenz aus tatsächlichen Zwängen unerlässlich ist.11 Eine Annexkompetenz liegt dagegen vor, wenn die fragliche Kompetenz lediglich nicht ausformuliert wurde, obwohl sie in einer anderen Kompetenz mitgedacht wurde.12 Sie geht nicht wie die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs in die Breite, sondern in die Tiefe13 und umfasst regelmäßig die Stadien der Vorbereitung und Durchführung von Vorschriften.14 6 Oder auch stillschweigende Kompetenz; zu den terminologischen Unklarheiten vgl. R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 70 Rn. 64. 7 Vgl. z. B. P. Kunig, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 70 Rn. 27 mit weiteren Nachweisen. 8 Zwar wird in der Literatur teilweise angenommen, dass die grundsätzliche Parallelität von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer nach § 1 Abs. 2 ErbStG „aus der Natur der Sache“ folge, W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 74; dem folgend A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 34. Dass damit Bezug auf die Gesetzgebungskompetenz genommen werden soll, ist nicht anzunehmen. Denn „begriffsnotwendig“ ist die Parallelität nicht, vgl. auch oben Teil 2 B. I. Es ist davon auszugehen, dass damit eher der enge Zusammenhang zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer betont werden soll. Inhaltlich geht es jedenfalls um die notwendige Ergänzung der Erbschaftsteuer durch eine Schenkungsteuer, deren dogmatische Einordnung nun folgend vorgenommen wird. 9 Z. B. M. Bullinger, AöR 96 (1971), S. 237, 243. 10 Vgl. F. Kirchhof, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 83 Rn. 50. 11 BVerfG v. 16.06.1954, 1 PBvV 2/52, BVerfGE 3, S. 407, 421. 12 F. Kirchhof, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 83 Rn. 50. 13 A. Uhle, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 70 Rn. 65. 14 R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Vor Art. 70 Rn. 29; R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 70 Rn. 73.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
Wird auf die ergänzende Funktion der Schenkungsteuer abgestellt, so ist diese Ergänzung nicht in der Erstreckung in ein Stadium der Vorbereitung oder Durchführung zu sehen. Eine Ergänzung geht vielmehr in die Breite. Mithin gehen wohl auch die Vertreter der Ergänzungsfunktion der Schenkungsteuer von einer Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs aus.
II. Vorliegen der behaupteten Gesetzgebungskompetenzen 1. Geschriebene Gesetzgebungskompetenzen nach Art. 105 Abs. 2 GG i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG Eine geschriebene Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG wäre gegeben, wenn die „Erbschaftsteuer“ auch die „Schenkungsteuer“ umfasst. Der Wortlaut des Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG scheint insoweit eindeutig. Wird auf die der Besteuerung zugrunde liegenden Vorgänge, d. h. auf „Erbschaft“ und „Schenkung“ abgestellt, ist offensichtlich, dass der mögliche Wortsinn überschritten ist, wenn eine „Schenkung“ von einer „Erbschaft“ erfasst werden soll. Wird dagegen die „Erbschaftsteuer“ betrachtet, ist das Ergebnis nicht derart offensichtlich. Zum einen ist auf die unklare Verwendung der Begriffe hinzuweisen.15 Zum anderen ist zu beachten, dass bei der Verabschiedung des Grundgesetzes das „Erbschaftsteuergesetz“ auch Schenkungen erfasste16 und erst 197417 in „Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz“ geändert wurde.18 Diese unklare Begriffsverwendung zeigt sich auch an der Entstehungsgeschichte der Art. 105 und 106 GG. In Art. 105 GG 194919 wurden Schenkungen gesondert erwähnt.20 In den Beratungen des Parlamentarischen Rates wurde zunächst eine Gesetzgebungskompetenz für „Einkommen- und Körperschaftsteuer, Vermögensteuern und Erbschaftsteuer“ vorgesehen. Dies wurde auf Vorschlag von Paul Binder in eine Kompetenz für „Steuern vom Einkommen, Vermögen und von den Erbschaften“ geändert, um für künftige Entwicklungen im Steuerrecht offen zu sein.21 Auf Anregung von Otto Heinrich Greve wurden die Schen15
Vgl. oben Teil 1 B. Diese Überschrift wird deshalb kritisiert bei R. Kapp/J. Ebeling, Erbschaft- und Schenkungsteuer, 1970, S. 72. 17 Gesetz vom 17.04.1974, BGBl. I S. 933. 18 In der Gesetzgebung fehlte der Begriff „Schenkungsteuer“ seit dem Gesetz vom 20.07.1922, RGBl. I 1934 S. 695, vgl. T. Kipp, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 1927, § 3 Anm. 3; H. Megow, Erbschaftsteuergesetz, 1955, S. 22. 19 Bei den Beratungen im Parlamentarischen Rat Art. 122a. 20 Nach Art. 105 Abs. 2 GG hatte der Bund die konkurrierende Gesetzgebung über: „2. die Steuern vom Einkommen, Vermögen, von Erbschaften und Schenkungen“. 21 14. Sitzung des Hauptausschusses vom 02.12.1948, Stenographisches Protokoll S. 169; zitiert nach H.-P. Schneider, (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1997, S. 328. Vgl. JöR n. F. 1 (1951), S. 758. 16
A. Meinungsstand in der Literatur
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kungen hinzugefügt, da diese sonst nicht erfasst würden.22 Es zeigt sich hierbei das bewusste Trennen von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer. Bei Art. 106 GG lässt sich aber das Gegenteil feststellen. Nach der Änderung des Art. 105 GG und der gesonderten Erwähnung der Schenkungen fragte Hermann HöpkerAschoff bei den sich anschließenden Beratungen zu Art. 106 GG 194923, ob nicht entsprechend der Änderung bei der Gesetzgebungskompetenz „Erbschaftsteuer“ durch „Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer“ zu ersetzen sei. Eine Änderung wurde nach Hinweis von Binder, dass „die Erbschaftsteuer die Besteuerung der Erbschaften und Schenkungen“ umfasse, nicht vorgenommen.24 Eine Erklärung für diese Widersprüchlichkeit lässt sich darin sehen, dass Art. 105 GG 1949 auf längerfristige Geltung angelegt war, wohingegen die Verteilung des Steueraufkommens in Art. 106 GG 1949 lediglich provisorisch gedacht war. Eine endgültige Aufteilung sollte nach Art. 107 GG 1949 durch zustimmungspflichtiges einfaches Bundesgesetz bis zum 31.12.195225 erfolgen. In Art. 106 GG 1949 sollten lediglich die zur Zeit der Beratungen des Parlamentarischen Rates erhobenen Steuern verteilt werden. Eine darüber hinausgehende Bindung sollte nicht erfolgen. Nach Art. 105 GG 1949 erfasste also die Gesetzgebungskompetenz zur Besteuerung von Erbschaften nicht die Kompetenz zur Besteuerung von Schenkungen. Art. 106 GG 1949 sollte lediglich die damals erhobenen Steuern verteilen, ohne dass eine weitere Bindung eintreten sollte. Die Änderung der Art. 106 und 107 GG durch das Finanzverfassungsgesetz vom 23.12.195526 befreite den einfachen Gesetzgeber von der Pflicht zur Regelung der endgültigen Verteilung des Steueraufkommens und nahm diese selbst in der Verfassung vor. Die Bundesregierung ging bei ihrem Vorschlag davon aus, dass die Erbschaftsteuer die „Steuern auf den Erwerb von Todes wegen, auf Schenkungen unter Lebenden und auf Zweckzuwendungen“ umfasse.27 Dabei nahm sie ausdrücklich auf das damals geltende Erbschaftsteuergesetz vom 30.06.195128 Bezug. Auch hierin zeigt sich eine Widersprüchlichkeit. Wenn Steuern auf Erbschaften von Steuern auf Schenkungen unterschieden werden können, ist nicht ersichtlich, wieso unter den Begriff „Erbschaftsteuer“ beide Steuern fallen sollten. Dies lässt sich allein durch die Überschrift des damals gel22 14. Sitzung des Hauptausschusses vom 02.12.1948, Stenographisches Protokoll S. 169 f.; zitiert nach H.-P. Schneider, (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1997, S. 328. Vgl. JöR n. F. 1 (1951), S. 758. 23 Bei den Beratungen im Parlamentarischen Rat Art. 122b. 24 14. Sitzung des Hauptausschusses vom 02.12.1948, Stenographisches Protokoll S. 172; zitiert nach H.-P. Schneider, (Hrsg.), Das Grundgesetz, 1997, S. 911. 25 Durch Gesetz vom 20.04.1953, BGBl. I S. 130 in 1954, und durch Gesetz vom 25.12.1954, BGBl. I S. 517 in 1955 geändert. 26 BGBl. I S. 817. 27 BT-Drucks. 5/480, S. 109. 28 BGBl. I S. 764.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
tenden „Erbschaftsteuergesetz“ erklären. Es ging dabei allein um die Verteilung der damals erhobenen Steuern. Die Gesetzgebungskompetenz wurde nicht thematisiert. Zu beachten ist, dass bei der Formulierung der Ertragskompetenz zwischen Steuergruppen und Einzelsteuern differenziert wurde.29 Die Erbschaftsteuer wurde dabei als Einzelsteuer in ihrer damaligen Ausgestaltung angesehen. Angesichts der bewusst für künftige Gestaltungen offengehaltenen Formulierung bei der Gesetzgebungskompetenz in Art. 105 Abs. 2 GG 1949 und der Überlegungen zur Ertragshoheit bei Einführung neuer Steuern30 kann nicht davon ausgegangen werden, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber eine einheitliche Gestaltung von Erbschaft- und Schenkungsteuer vorgeben wollte. Dies wäre auch eine Frage der Gesetzgebungskompetenz gewesen, die nicht geändert wurde. Festgehalten werden kann daher, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber im Rahmen der Ertragshoheit nach wie vor lediglich damals bestehende Steuern verteilen wollte, aber keine Änderung bei den Gesetzgebungskompetenzen herbeiführen wollte, wo zwischen einer Besteuerung von Erbschaften und einer Besteuerung von Schenkungen getrennt wurde. Eine Änderung ergab sich bei den Gesetzgebungskompetenzen durch das Finanzreformgesetz vom 12.05.1969.31 Dabei blieb die Ertragshoheit unberührt; die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG wurde aber geändert. An die Stelle der als „sachlich nicht begründet“ 32 angesehenen Beschränkung der Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes durch die Aufzählung von Steuerkategorien trat eine offene Formulierung, nach der die Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG bestimmt wird. Dies könnte bedeuten, dass nun die Vorstellung des verfassungsändernden Gesetzgebers des Art. 106 GG, der alle vom Erbschaftsteuergesetz erfassten Steuern verteilen wollte, auch für die Interpretation der Gesetzgebungskompetenz Bedeutung erlangt. Eine solche Vermengung von Ertragshoheit und Gesetzgebungskompetenz bei verschiedenen Änderungen kann aber nicht angenommen werden. Art. 106 GG sollte lediglich den Ertrag einer derzeit erhobenen Einzelsteuer in bestimmter Weise einer Körperschaft zuweisen ohne die Gesetzgebungskompetenz zu hinterfragen. Bei der Änderung der Gesetzgebungskompetenzen des Art. 105 GG sollte keine Änderung für bestehende Steuern erreicht werden, sondern allein eine sich durch die Aufzählung von Steuern ergebende Einschränkung beseitigt werden. Dass bezüglich Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ein Regelungsdefizit vorlag, wurde nicht gesehen. Würde die Schenkungsteuer von der Erbschaftsteuer erfasst, wäre der Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers stark einge29 30 31 32
BT-Drucks. 5/480, S. 108. BT-Drucks. 2/480, S. 3, 110 f. mit dem Entwurf eines Art. 106d GG. BGBl. I S. 359. BT-Drucks. 5/2861, S. 32.
A. Meinungsstand in der Literatur
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schränkt. So könnte beispielsweise das Konzept einer Nachlasssteuer nicht verfolgt werden. Die Möglichkeit einer solchen Umgestaltung wird aber auch von der Bundesregierung angenommen.33 Die mit einer Nachlasssteuer einhergehenden Probleme im Verhältnis zu einer Besteuerung von Schenkungen34 könnten durch eine Integration der Schenkungsteuer in die Einkommensteuer oder ähnlich weit reichende Reformen gelöst werden.35 Dass dem Gesetzgeber solche alternativen Regelungsmodelle nicht möglich sein sollten und er auf ein Konzept der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen festgelegt werden sollte,36 ist nicht anzunehmen.37 Vielmehr kann allenfalls eine grundsätzliche Zulässigkeit der Erhebung einer Schenkungsteuer angenommen werden.38 Es zeigt sich also, dass bei der Reform der Gesetzgebungskompetenzen das Problem der Schenkungsteuer nicht erkannt wurde. Da aber insoweit keine Änderung eintreten sollte, ist die Interpretation der Gesetzgebungskompetenzen fortzuführen und nicht auf die lediglich auf die damals erhobenen Steuern fixierte Auslegung der Ertragshoheit abzustellen. Auch die zur Zeit der Grundgesetzänderungen vorherrschende Qualifizierung der Schenkungsteuer als Unterfall der Erbschaftsteuer,39 legt nahe, dass zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer unterschieden werden kann. Dies spricht ebenfalls dafür, einen Fall der ungeschriebenen Gesetzgebungskompetenzen anzunehmen, welche gerade für Unterfälle40 bereit stehen und nicht den Begriff 33
BT-Drucks. 6/3418, S. 59 f. Vgl. K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 873 f., der eine Nachlasssteuer zudem aus denselben Gründen wie eine Vermögensteuer ablehnt. 35 So beispielsweise in Dänemark, M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 97. 36 So aber W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 17 f., der die Grundprinzipien der Erbschaftsteuer für verfassungsfest hält. 37 So auch J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1439, der trotz der Freiheit des Gesetzgebers die Schenkungsteuer vom „Steuerkern“ der Erbschaftsteuer umfasst sieht, dabei allerdings zu Unrecht von der Notwendigkeit einer ergänzenden Schenkungsteuer ausgeht (vgl. dazu oben Teil 2 B. I. und unten Teil 3 A. II. 2.). Hiergegen spricht bereits, dass der Begriff „Schenkungsteuer“ zwischen 1922 und 1974 weder in den Gesetzen noch – soweit ersichtlich – in den Gesetzgebungsmaterialien vorkommt. Soweit eine Legitimation der Schenkungsteuer aus BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 172 abgeleitet wird (M. Esskandari, in: Rid (Hrsg.), Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, Einführung ErbStG Rn. 3), ist zu beachten, dass dort allein von der Erbschaftsteuer die Rede ist. Auch ein Abstellen auf die Garantie des Erbrechts in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG führt für die Frage nach der Schenkungsteuer nicht weiter. 38 Vgl. zur Rechtfertigung der Grundstruktur der Gewerbesteuer, BVerfG v. 15.01. 2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, S. 1, 27. 39 H. Megow, Erbschaftsteuergesetz, 1955, S. 22 f.; R. Kapp/J. Ebeling, Erbschaftund Schenkungsteuer, 1970, S. 72. 40 So die Kompetenz kraft Sachzusammenhangs für aus tatsächlichen Zwängen notwendige Regelungen und die Annexkompetenz für mitgedachte, aber nicht ausformulierte Bereiche, vgl. oben Teil 3 A. I. 34
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
„Erbschaftsteuer“ derart weit auszulegen, dass auch noch eine „Schenkungsteuer“ darunter fällt. Angesichts des klaren Wortlauts des Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG und der unklaren Entstehungsgeschichte, in der die Schenkungsteuer nur vereinzelt gesondert gewürdigt wurde, ist festzuhalten, dass eine geschriebene Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer nicht entsprechend der Gesetzgebungskompetenz für die Erbschaftsteuer besteht.41 2. Kompetenz kraft Sachzusammenhangs zu Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Schenkungsteuer könnte sich kraft Sachzusammenhangs zur Erbschaftsteuer ergeben. Hierfür müsste die Schenkungsteuer aus tatsächlichen Zwängen unerlässlich sein.42 Ein solcher tatsächlicher Zwang zur Erhebung einer Schenkungsteuer neben einer Erbschaftsteuer könnte sich aus sonst möglichen Umgehungen der Erbschaftsteuer ergeben. Wie oben gezeigt,43 ist die Notwendigkeit einer Ergänzung der Erbschaftsteuer durch eine Schenkungsteuer abzulehnen, da sie de lege lata nicht durchgehend verfolgt wird und auch ein Blick in andere Rechtsordnungen deren Entbehrlichkeit aufgezeigt hat. Ergänzend kann hier auf die sonst möglichen Folgen abgestellt werden. Ergäbe sich ein faktischer Zwang zur Erhebung einer Schenkungsteuer, könnte der Gesetzgeber in seinem Gestaltungsspielraum stark eingeengt werden. Wäre die Schenkungsteuer als notwendige Ergänzung der Erbschaftsteuer zu sehen, könnten alternative Gestaltungen nicht umgesetzt werden. So wäre etwa eine Ausgestaltung als Nachlasssteuer mit Integration der Schenkungsteuer in die Einkommensteuer nicht möglich. Damit würden trotz der von der Verfassung gewollten Flexibilität Lösungsmöglichkeiten abgeschnitten. Da angesichts der vorgebrachten Gründe keine faktischen Zwänge zur Ergänzung der Erbschaftsteuer bestehen, hat der Bund keine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs für die Schenkungsteuer.
B. Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 und 72 Abs. 2 GG Die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer könnte sich aus Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 3 und 72 Abs. 2 GG ergeben. Hierfür müsste die Schenkungsteuer eine Verkehrsteuer sein. Dies wird verein41 So wohl auch M. Heintzen, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 24; zustimmend H. Kube, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 106 Rn. 15. 42 Vgl. Teil 3 A. I. 43 Teil 2 B. I.
D. Steuererfindungsrecht
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zelt angenommen.44 Verkehrsteuern knüpfen an einen Akt des Rechtsverkehrs an und bemessen sich nach der durch diesen Vorgang indizierten Leistungsfähigkeit.45 Die Schenkungsteuer bemisst sich aber nach der beim Beschenkten eingetretenen Bereicherung46 und ist folglich nicht als Verkehrsteuer zu qualifizieren.47
C. Art. 105 Abs. 2 Var. 1 i.V. m. Art. 106 Abs. 3 GG Die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer könnte sich aus Art. 105 Abs. 2 Var. 1 i.V. m. Art. 106 Abs. 3 GG ergeben. Dazu müsste sich die Gesetzgebungskompetenz für die Einkommensteuer auch auf die Schenkungsteuer erstrecken. Zwar zählt die Schenkungsteuer nach der Reinvermögenszugangstheorie zu den Einkommensteuern im weiteren Sinne, doch kann aus Art. 105 Abs. 2 Nr. 2 GG 194948 geschlossen werden, dass die Steuern von Erbschaften und Schenkungen neben die Einkommensteuer treten sollten. Deshalb ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer nicht aus Art. 105 Abs. 2 Var. 1 i.V. m. Art. 106 Abs. 3 GG.
D. Steuererfindungsrecht I. Bestehen eines Steuererfindungsrechts Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Schenkungsteuer könnte sich ergeben, wenn ein Steuererfindungsrecht des Bundes besteht. Nach Art. 105 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern zumindest teilweise zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Fraglich ist, was unter den „übrigen Steuern“ zu verstehen ist. Denkbar sind hier grundsätzlich zwei gegenüberstehende Alternativen.49 Zum einen könnte hierunter jede 44 BFH v. 22.09.1982, II R 61/80, BFHE 137, S. 188, 189; BFH v. 07.11.2007, II R 28/06, BFHE 218, S. 414, 417. 45 J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1442; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 31. 46 Eine Bemessung nach dem Brutto-Erwerb ist schwer vorstellbar, vgl. A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 488. 47 BFH v. 09.08.1983, VIII R 35/80, BFHE 139, S. 253, 255 f.; BT-Drucks. 6/3418, S. 46; vgl. für die Erbschaftsteuer BFH v. 18.12.1972, II R 87–89/70, BFHE 108, S. 393, 436; M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 3; R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 135; G. Crezelius, Erbschaftund Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 24. 48 „Steuern vom Einkommen, Vermögen, von Erbschaften und Schenkungen“. 49 Vgl. M. Küssner, Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992, S. 56.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
nur denkbare Steuer fallen. Folge wäre ein grundsätzlich unbegrenztes Steuererfindungsrecht von Bund und Ländern, bei dem lediglich die Funktionsfähigkeit des Steuerverteilungssystems die äußerste Grenze markierte.50 Zum anderen könnten die „übrigen Steuern“ aber auch als Verweisung auf Art. 106 GG verstanden werden. Danach könnte es lediglich die in Art. 106 GG genannten Steuern geben.51 Als vermittelnde Position kommt in Betracht, lediglich den Ländern ein unbegrenztes Steuererfindungsrecht zuzusprechen, dem Bund ein Steuererfindungsrecht aber nur insoweit zuzusprechen, als sich die Steuer in Art. 106 GG einordnen lässt.52 Einigkeit besteht insoweit, als Art. 105 GG als abschließende Regelung der Steuergesetzgebungskompetenz verstanden wird, so dass ein Rückgriff auf die Gesetzgebungskompetenz der Länder nach Art. 70 Abs. 1 GG nicht möglich ist. Denn da Art. 105 Abs. 2 GG die „übrigen“ Steuern umfasst, kommen daneben weitere Steuern nicht in Betracht.53 Die Entstehungsgeschichte von Art. 105 Abs. 2 GG in der Fassung durch das Finanzreformgesetz54 wird sowohl für55 als auch gegen56 die Existenz eines Steuererfindungsrechts vorgebracht. Einerseits sollte eine umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes geschaffen werden.57 Andererseits sollte ein dauer-
50 R. Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, § 139 Rn. 31; L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823, 828; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 160 ff.; W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 33; H. Fischer-Menshausen, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GrundgesetzKommentar, 3. Aufl., Art. 105 Rn. 16; vgl. zu Art. 105 GG a. F. C. Sasse, AöR 85 (1960), S. 423, 452 f. 51 So K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 66; K. Vogel, in: FS Tipke, S. 93, 94 f.; F. Kirchhof, VVDStRL 52 (1993), S. 71, 82; M. Küssner, Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992, S. 63 f.; H. Kube, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 42 f.; H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 115 f.; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 106 Rn. 2; A. Kienemund, in: Hömig (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 105 Rn. 10 52 T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 46; M. Heintzen, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 46. 53 M. Küssner, Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992, S. 55. 54 Gesetz vom 12.05.1969, BGBl. I S. 359. 55 M. Küssner, Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit von Steuern, 1992, S. 58 ff.; L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823, 828. 56 K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 66. 57 BT-Drucks. 5/2861, S. 32.
D. Steuererfindungsrecht
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haftes System geschaffen werden,58 was nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht voraussetzt, dass das gesamte Steueraufkommen erfasst wird.59 Dementsprechend normiere Art. 106 GG ein geschlossenes System, das die Steuererträge abschließend verteile und bei Einführung neuer Steuern gefährdet wäre.60 Dass Art. 106 GG abschließend sei, ergebe sich zudem daraus, dass Kompetenzen der Länder grundsätzlich nicht ausdrücklich normiert seien, sondern sich aus der Auffangzuständigkeit der Art. 30 und 70 GG ergäben. In Art. 106 Abs. 2 GG würden Erträge bestimmter Steuern aber explizit den Ländern zugewiesen.61 Ob Art. 106 GG aber überhaupt ein ausgewogenes System normiert, ist zweifelhaft. Zum einen fehlt es Art. 106 GG an Systematik, da Einzelsteuern und Steuergruppen vermischt werden.62 Zum anderen enthält Art. 106 GG grundsätzlich63 keine Bestandsgarantie64 für die genannten Steuern,65 so dass das vorgebrachte geschlossene System bereits hierdurch durchbrochen werden kann und in der Praxis auch durchbrochen wird,66 da mehrere in Art. 106 GG genannte Steuern derzeit nicht erhoben werden.67 Wenn aber die Abschaffung oder Nichterhe-
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BT-Drucks. 5/2861, S. 12. J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1363. 60 H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 50; soweit hierfür BVerfG v. 08.06.1988, 2 BvL 9/85 und 3/86, BVerfGE 78, S. 249, 266 angeführt wird (K. Vogel, in: FS Tipke, S. 93, 96), ist zu beachten, dass die Ausführungen zu Sonderabgaben ergangen sind. Bei diesen kann die Ertragsverteilung in der Tat gefährdet werden. Bei Steuern ist aber zu beachten, dass über die von der Verfassung vorgesehene Möglichkeit der einfachgesetzlichen Verteilung der Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 3 Satz 3 GG) eine Korrektur möglich ist. 61 K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 66. 62 R. Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, § 139 Rn. 30. 63 Lediglich für die Umsatzsteuer als Ventil für schnelle Korrekturen des Finanzausgleichs nach Art. 106 Abs. 3 und 4 GG könnte etwas anderes gelten, vgl. U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 162; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 52. 64 So aber G. Wacke, Das Finanzwesen der Bundesrepublik, 1950, S. 64, nach dem die Grundlagen des bisherigen Steuersystems zum Verfassungsrecht geworden sind. Dazu ausführlich C. Sasse, AöR 85 (1960), S. 423, insbesondere S. 431 ff.; J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 286 ff. 65 H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004, S. 116; H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 55; T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 19. 66 U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 162. 67 Beispielsweise wurden durch Gesetz vom 22.02.1990, BGBl. I S. 266, das Kapitalverkehrsteuergesetz mit der Börsenumsatzsteuer und der Gesellschaftsteuer sowie die Wechselsteuer aufgehoben. Des Weiteren wird die Vermögensteuer seit dem 01.01.1997 nicht mehr erhoben, vgl. BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, S. 121, 122 und 148. 59
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
bung von in Art. 106 GG genannten Steuern möglich ist, muss es grundsätzlich auch die Einführung neuer Steuern sein.68 Zudem ist zu beachten, dass die Ertragsverteilung dergestalt erfolgen sollte, dass „eine Anpassung an sich ändernden Mittelbedarf der einzelnen Ebenen gewährleistet und so angelegt ist, dass unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern vermieden werden“.69 Zur Gewährleistung eines Gleichgewichts zwischen vorhandenen Mitteln und Mittelbedarf wurde die Umsatzsteuer aus dem Trennsystem in das Verbundsystem überführt und als Ventil für schnelle Korrekturen in Art. 106 Abs. 3 und 4 GG vorgesehen.70 Die Aufzählung der Steuern in Art. 106 GG kann dementsprechend als bloß derzeit adäquate Verteilung der vorhandenen Steuern zwischen Bund und Ländern verstanden werden.71 Die Entstehungsgeschichte spricht mithin eher für ein Steuererfindungsrecht. Gegen eine Beschränkung der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG durch Art. 106 GG spricht auch die unterschiedliche Funktion der Normen. Während in Art. 105 GG die Gesetzgebungskompetenz geregelt wird, normiert Art. 106 GG die hieran anknüpfende Steuerverteilung, so dass eine Rückkopplung von Art. 106 GG auf Art. 105 GG methodisch verfehlt erscheint.72 Gewichtiger Einwand gegen ein Steuererfindungsrecht ist aber die Frage nach der Ertragshoheit der neuen Steuer. Eine Steuer ohne Ertragshoheit ist nicht möglich.73 Zur Verteilung kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht. Denkbar wäre die Verteilung in das Ermessen des Gesetzgebers zu stellen,74 die Ertrags68 W. Jakob/O. Zugmaier, in: Jakob/Zugmaier (Hrsg.), Rechtliche Probleme von Umweltabgaben, 1996, S. 11, 23. 69 BT-Drucks. 5/2861, S. 12. 70 Vgl. L. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823, 828: „Dauerhaftigkeit durch Flexibilität“; W. Jakob/O. Zugmaier, in: Jakob/Zugmaier (Hrsg.), Rechtliche Probleme von Umweltabgaben, 1996, S. 11, 23. 71 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 50 f. 72 R. Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, § 139 Rn. 30; P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 154 f. 73 Nach K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 66 führt das Fehlen der Zuweisung einer Steuer durch Art. 106 GG bereits zu einem Fehlen der Gesetzgebungskompetenz. Nach A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 54 ff. wird das an sich unbeschränkt bestehende Steuererfindungsrecht lediglich bis zu einer Ertragsverteilung in Art. 106 GG beschränkt. Praktisch führt dies aber zu keinen abweichenden Ergebnissen. 74 So noch H. B. Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, 11. Aufl., Art. 106 Rn. 7; in der 12. Aufl. jetzt anders H.-G. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 23, der ein Steuererfindungsrecht lediglich dadurch begrenzt, dass die neue Steuer unter Art. 106 GG subsumiert werden kann.
D. Steuererfindungsrecht
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hoheit dem Erfinder der Steuer zuzusprechen75 oder auf Art. 30 GG zurückzugreifen76 und den Ertrag stets den Ländern zuzuweisen.77 Die Verteilung der Erträge in das Ermessen des Gesetzgebers zu stellen erscheint zweifelhaft. Die Möglichkeit, die Erträge einer Steuer einfachgesetzlich zu verteilen, ist in Art. 106 Abs. 3 GG für die Verteilung der Umsatzsteuer, in Art. 106 Abs. 5 GG für den Gemeindeanteil der Einkommensteuer und in Art. 106 Abs. 6 Satz 4 GG für die Gewerbesteuerumlage normiert. Daraus wird häufig geschlossen, dass weitere Möglichkeiten zur einfachgesetzlichen Verteilung von Steuererträgen nicht vorgesehen sind.78 Dies stellt sich jedoch nicht als zwingend dar. Vorrangig zu suchen ist aber eine Lösung, die sich aus der Verfassung selbst ergibt. Auch eine Verteilung der Erträge durch einen Rückgriff auf Art. 30 GG begegnet Bedenken. Da auch den Ländern zustehende Steuern in Art. 106 GG normiert sind, erscheint ein Rückgriff auf Art. 30 GG versperrt. Denn wenn dies möglich wäre, hätten die den Ländern zustehenden Steuern nicht aufgezählt werden müssen, sondern allein die dem Bund zustehenden Steuern.79 Allerdings gilt dies nicht in allen Fällen. Die Normierung der den Ländern zustehenden Steuern war beispielsweise erforderlich, um die Biersteuer aus dem Katalog der Verbrauchsteuern zu lösen80 und im Übrigen um Abgrenzungsschwierigkeiten vorzubeugen. Abgrenzungsschwierigkeiten könnten sich etwa durch die Unklarheit ergeben, ob die Vermögensteuer nicht als Sollertragsteuer unter die Einkommensteuer zu fassen wäre.81 Gleiches gilt für die Erbschaftsteuer, die eine Einkom75 R. Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VI, § 139 Rn. 30. 76 J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 290 ff.; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 164 f.; W. Jakob/O. Zugmaier, in: Jakob/Zugmaier (Hrsg.), Rechtliche Probleme von Umweltabgaben, 1996, S. 11, 23. 77 Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass der einfache Gesetzgeber ein unbegrenztes Steuererfindungsrecht habe, die sich hieraus ergebende Lücke des Art. 106 GG müsse der verfassungsändernde Gesetzgeber schließen, K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1095; K. Tipke, BB 1994, S. 437, 442. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des verfassungsändernden Gesetzgebers besteht aber nicht, da dieser nur an Art. 79 Abs. 3 GG gebunden ist, vgl. K. Vogel, JZ 1993, S. 1121, 1125; K. Vogel, in: FS Tipke, S. 93, 103; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 56; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 166; P. Selmer, FinArch. n. F. 52 (1995), S. 234, 250. 78 J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 291; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 163 f.; J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1370; S. Müller-Franken, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 206. 79 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 54. 80 J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 291; zustimmend J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1371. 81 J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 291.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
mensteuer im Sinne der Reinvermögenszugangstheorie darstellt. Solche Abgrenzungsschwierigkeiten hätten sich auch durch eine Normierung entsprechend Art. 105 Abs. 2 GG 1949, der in den Katalogen der Bundeskompetenz Ausnahmen vorsah und daneben ein Steuererfindungsrecht der Länder bestehen ließ, lösen lassen.82 Dem verfassungsändernden Gesetzgeber kommt aber eine große Freiheit bei der Gestaltung zu. Realisiert der verfassungsändernde Gesetzgeber daher nicht diese Möglichkeit, ist deshalb nicht zwingend anzunehmen, dass damit zu erkennen gegeben werden sollte, dass kein Steuererfindungsrecht besteht.83 Gegen den Rückgriff auf Art. 30 GG spricht aber, dass der Finanzausgleich dauerhaft funktionieren soll und durch den Rückgriff auf Art. 30 GG die Länder einseitig privilegiert werden.84 Dass dieser Privilegierung der Länder mit der flexiblen Zuweisung der Umsatzsteuer begegnet werden kann,85 vermag nicht restlos zu überzeugen, soll der Finanzausgleich doch für weitere Entwicklungen offen sein, die auch zu einer grundlegenden Umgestaltung des Steuersystems führen könnten. Demgegenüber scheint es vorzugswürdiger, die Ertragskompetenz dem Steuererfinder einzuräumen. Teilweise wird auch dies als unzulässig angesehen, da dann der einfache Gesetzgeber über die Ertragshoheit bestimmen könnte.86 Dieser Schluss erscheint jedoch fraglich. Denn als Gesetzgebungskompetenz kann lediglich Art. 105 Abs. 2 Var. 2 GG in Betracht kommen, da die Var. 1 eine zumindest teilweise Ertragshoheit des Bundes voraussetzt, die nicht gegeben ist.87 Für eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 Var. 2 GG müssen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Deshalb geht der Einwand, dass angesichts überschießender Bundeskompetenzen die Verteilung der Erträge zu Lasten der Länder verschoben würde,88 nach hier vertretener Auslegung des Art. 105 Abs. 2 Var. 2 i.V. m. Art. 72 Abs. 2 GG fehl. Dabei ist zu beachten, dass Art. 72 Abs. 2 GG dem Gesetzgeber auch in der Reichweite der Normierung Grenzen setzt. Deshalb wird regelmäßig keine Normierung des Steuersatzes erforderlich sein. Könnten die Länder unterschiedliche Steuersätze für Steuern festlegen, deren Aufkommen dem Bund zusteht, würden sie regelmä-
82 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 54 Fn. 218. 83 So aber A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 54 Fn. 218. 84 J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1371. 85 W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 33. 86 U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 163 f. 87 Für Art. 105 Abs. 2 Var. 1 GG müsste dem Bund zunächst zugebilligt werden, sich die Ertragshoheit zuzuweisen, was aber, wie dargelegt, nicht möglich ist. 88 J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 1369.
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ßig den niedrigsten möglichen Steuersatz wählen, um ihre Bürger nicht zu Gunsten des Bundes zu belasten. Um diese Einwirkung auf fremde Kassen zu vermeiden, ist es angebracht, in diesen Fällen auch den Ländern die Ertragshoheit zuzusprechen. Liegen die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG auch bezüglich des Steuersatzes vor, erscheint es nicht unangemessen, auch dem Bund die Erträge zuzuweisen, da seine Gesetzgebungskompetenz insoweit auf einem Zusammenhang mit dem Gesamtstaat beruht. Im Ergebnis ergibt sich somit regelmäßig keine große Abweichung zu der Auffassung, die auf Art. 30 GG zurückgreifen will. Wird der Normgeber des Steuersatzes als „Steuererfinder“ 89 angesehen, folgt die Verteilung der Ertragskompetenz somit aus der Verfassung und ist nicht dem einfachen Gesetzgeber überlassen. Eine Beschränkung des Steuererfindungsrechts des Bundes90 und der Länder auf die in Art. 106 GG genannten Steuern ist mithin nicht gegeben; es besteht ein umfassendes Steuererfindungsrecht.91
II. Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG Da ein Steuererfindungsrecht besteht, kann eine Schenkungsteuer erhoben werden. Fraglich ist nur, ob die Gesetzgebungskompetenz hierfür Bund oder Ländern zukommt. Dies ist nach Art. 105 Abs. 2 Var. 2 GG danach zu bestimmen, ob die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Ob die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen, steht nicht in einer beliebigen Einschätzung durch den Bundesgesetzgeber. Diese Überprüfbarkeit des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm deutlich. Ursprünglich war für das Bestehen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes ausreichend, dass ein Be89 Der Begriff „Erfinder“ darf dabei nicht missverstanden werden, denn erfunden wird die Steuer von derjenigen Körperschaft die als erstes auf die Idee der Steuer kam. Entscheidend ist, wer den Steuersatz normiert. Diese Unterscheidung zeigt sich, wenn der Bund eine neue Steuer „erfindet“ und die grundlegenden Regelungen normiert, aber die Länder den Steuersatz normieren, weil die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erfüllt sind. Dann ist der Bund der „Erfinder“, aber den Ländern als Normgeber des Steuersatzes steht der Ertrag zu. 90 Die vermittelnde Position von T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Art. 105 Rn. 46, der lediglich den Ländern ein Steuererfindungsrecht zubilligt und den Bund in den Grenzen des Art. 106 GG halten will, ist daher abzulehnen. 91 Soweit teilweise erwogen wird, das Steuererfindungsrecht auf Steuern zu begrenzen, die an Tatbestände anknüpfen, die Leistungsfähigkeit indizieren, C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135, 141 (a. M. R. Hendler/J. Heimlich, ZRP 2000, S. 325, 326 f.), führt dies zu keiner Beschränkung eines Steuererfindungsrechts der Schenkungsteuer, da diese an einen Tatbestand anknüpft, der Leistungsfähigkeit indiziert, vgl. oben Teil 2 B. II. 4.
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dürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung bestand.92 Ob ein solches Bedürfnis für eine bundesgesetzliche Regelung vorlag, prüfte das Bundesverfassungsgericht nicht vollumfänglich. Seiner Ansicht nach stand dem Bundesgesetzgeber zur Beantwortung dieser Frage eine Einschätzungsprärogative zu, so dass nur überprüft werden konnte, ob ein Ermessensmissbrauch vorlag.93 Die Neufassung des Art. 72 Abs. 2 GG, die am 15.11.1994 in Kraft trat,94 hatte zum Ziel, „die als unzureichend empfundene Justitiabilität der Bedürfnisklausel durch das Bundesverfassungsgericht zu verbessern“.95 In Beachtung dieses eindeutigen Willens des verfassungsändernden Gesetzgebers verweist die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts96 nicht mehr auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, sondern prüft eingehend, ob die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt sind. Mithin unterliegt die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG einer effektiven gerichtlichen Kontrolle.97 Dem Gesetzgeber steht nur noch ein begrenzter Prognosespielraum offen, soweit künftige Entwicklungen abzuschätzen sind, wobei die Schlüssigkeit der Prognose wiederum zu überprüfen ist.98 Deshalb ist das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG zu untersuchen. 1. Anwendbarkeit des Art. 72 Abs. 2 GG auf Art. 105 Abs. 2 GG Teilweise wird in der Literatur die Frage aufgeworfen, ob die Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG trotz des an sich eindeutigen Wortlauts des
92 Art. 72 Abs. 2 GG a. F. lautete: Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetzgebungsrecht, soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil 1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht wirksam geregelt werden kann oder 2. die Regelung einer Angelegenheit durch ein Landesgesetz die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnte oder 3. die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert. 93 BVerfG v. 30.04.1952, 1 BvR 14, 25, 167/52, BVerfGE 1, S. 264, 272 f.; BVerfG v. 22.04.1953, 1 BvL 18/52, BVerfGE 2, S. 213, 224 f. 94 Gesetz vom 27.10.1994, BGBl. I S. 3146. 95 BT-Drucks. 12/6000, S. 33; 12/6633, S. 8. 96 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 136 ff.; BVerfG v. 16.03.2004, 1 BvR 1778/01, BVerfGE 110, S. 141, 175 f.; BVerfG v. 09.06.2004, 1 BvR 636/02, BVerfGE 111, S. 10, 28 f.; BVerfG v. 27.07.2004, 2 BvF 2/02, BVerfGE 111, S. 226, 265 ff.; BVerfG v. 26.01.2005, 2 BvF 1/03, BVerfGE 112, S. 226, 243 ff.; BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 153. 97 L. Osterloh, in: GS Trzaskalik, S. 181, 190. Ausführlich zur Entwicklung A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 65 ff. 98 Vgl. BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 150; C. Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 20 f.
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Art. 105 Abs. 2 GG überhaupt auf steuerrechtliche Regelungen anwendbar ist.99 Hintergrund ist die Änderung des Art. 72 Abs. 2 GG durch die Föderalismusreform I.100 In der nun geltenden Fassung ist die Erforderlichkeitsklausel nicht mehr generell auf den Katalog der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenzen anwendbar, sondern lediglich für die in Art. 72 Abs. 2 GG erwähnten Kompetenztitel. Art. 105 Abs. 2 GG wird hierbei aber nicht erwähnt. Deshalb wird die Anwendbarkeit des Art. 72 Abs. 2 GG für den Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebungskompetenz bezweifelt.101 Folge dieser Auffassung wäre das Leerlaufen der Verweisung auf Art. 72 Abs. 2 GG durch Art. 105 Abs. 2 GG. Da ein solches Leerlaufen kaum anzunehmen ist, spricht eine systematische Auslegung daher gegen diese Auffassung. In der Föderalismuskommission wurde dieses Problem ebenfalls gesehen,102 aber dennoch keine Änderung in der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG vorgenommen. Es tritt somit der gesetzgeberische Wille zu Tage, die Erforderlichkeitsklausel auch auf die Steuergesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG zu erstrecken.103 Soweit dennoch eine Klarstellung durch den Gesetzgeber gefordert wird,104 wird verkannt, dass die Anwendbarkeit einer Norm entweder von dieser selbst vorgegeben oder durch eine Verweisung hergestellt werden kann. Eine solche Verweisung ist durch Art. 105 Abs. 2 GG erfolgt.105 Deshalb ist Art. 72 Abs. 2 GG auch auf die Steuergesetzgebung nach Art. 105 Abs. 2 GG anwendbar, so dass für eine Bundeskompetenz zur Regelung einer Schenkungsteuer die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt sein müssen, was im Folgenden auch untersucht wird.
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R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. 4. Gesetz vom 28.08.2006, BGBl. I S. 2034. 101 R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. 4. 102 Vgl. Deutscher Bundestag/Bundesrat (Hrsg.), Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bundesstaatlichen Ordnung, Zur Sache 1/2005, S. 892; BT-Drucks. 12/6000, S. 33. 103 BT-Drucks. 16/7918, S. 25; BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 155; so dann auch R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. 5; H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 23. 104 R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. 6; zustimmend H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 23 Fn. 86. 105 R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 46; W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 35. Bei dieser Verweisung handelt es sich entgegen H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 23 um eine Rechtsgrundverweisung und nicht um eine Rechtsfolgenverweisung. Bei Qualifikation als Rechtfolgenverweisung wären die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG entgegen dem Wortlaut des Art. 105 Abs. 2 GG nicht zu prüfen. Dies ist aber im Ergebnis unstreitig der Fall und wird auch von H. Siekmann nicht angenommen. 100
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2. Abweichender Maßstab für Steuergesetze Von der Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG auf Art. 105 Abs. 2 GG ist aber zu unterscheiden, ob dabei auch der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG der gleiche ist oder ob andere Maßstäbe anzuwenden sind. a) Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel durch die Änderung des Art. 105 Abs. 2a GG In der Literatur wird teilweise angenommen, dass an die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG verminderte Anforderungen zu stellen sind. Indem der verfassungsändernde Gesetzgeber durch die Föderalismusreform I106 Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG angefügt habe, wonach den Ländern die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes der Grunderwerbsteuer zusteht, habe er zu erkennen gegeben, dass ein Steuerwettbewerb zwischen den Ländern allein auf diesem eng umgrenzten Gebiet zulässig sei.107 Der sich hierdurch ergebende Wertungsmaßstab des verfassungsändernden Gesetzgebers, wie viel Differenzierung zwischen den Ländern zulässig sei, müsse bei der Auslegung der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG für die Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2 GG beachtet werden.108 Ein Mehr an Steuerwettbewerb beeinträchtige stets die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“, die „Wahrung der Rechtseinheit“ sowie die „Wahrung der Wirtschaftseinheit“.109 Als Folge ergebe sich mithin eine „Steuerhomogenität zwischen den Bundesländern“, so dass die Auslegung des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG milder als bei der originären Anwendung erfolgen müsse.110 In den Materialien zur Föderalismusreform findet sich – soweit ersichtlich – kein Hinweis, der diese Auffassung stützt oder widerlegt. Die Frage nach dem Sinn der Regelung lässt sich aber auch ohne Bemerkungen des verfassungsändernden Gesetzgebers erschließen. Bei einer flüchtigen Betrachtung des geltenden Rechts liegt die Frage nahe, was die Regelung in Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG außer einer einschränkenden Auslegung des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen des Art. 105 Abs. 2 GG bewirken sollte. Denn hätte der verfassungsändernde Gesetzgeber die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG als erfüllt angesehen, so wäre eine Freigabe des Steuersatzes in die Kompetenz der Länder widersprüchlich. Hätte der verfassungsändernde Gesetzgeber die Voraussetzungen des Art. 72 106 107 108 109 110
Gesetz vom 28.08.2006, BGBl. I S. 2034. R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn.
9. 9. 9. 9.
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Abs. 2 GG dagegen nicht als erfüllt angesehen, so hätte es an sich auch keiner Freigabe bedurft. Diese Auslegung ist jedoch fehlerhaft. Zu berücksichtigen ist, dass die Festlegung des Steuersatzes der Grunderwerbsteuer ursprünglich nach Art. 72 Abs. 2 GG a. F., 105 Abs. 2 GG, 106 Abs. 2 Nr. 4 GG a. F. unstreitig kompetenzgerecht durch den Bund erfolgte. Dementsprechend hätte diese Festlegung nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG auch nach der Änderung des Art. 72 Abs. 2 GG 1994 weitergegolten, selbst wenn die verschärften Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG n. F. nicht mehr erfüllt gewesen wären. Auch eine Änderung des Steuersatzes wäre möglich gewesen, da es sich insoweit um keine dem Bundesgesetzgeber verschlossene „grundlegende Neukonzeption“ 111 gehandelt hätte.112 Damit die Länder den Steuersatz der Grunderwerbsteuer festlegen konnten, war deshalb auch bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG eine Freigabe des Steuersatzes durch den Bund erforderlich. Eine solche Freigabe kann entweder durch ein Bundesgesetz nach Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG erfolgen oder durch eine Regelung im Grundgesetz selbst. Zwar ist eine Freigabe durch eine Regelung im Grundgesetz auf den ersten Blick eher unüblich. Entscheidend ist aber, dass der Steuersatz der Grunderwerbsteuer nunmehr aus der konkurrierenden Gesetzgebung in die ausschließliche Landeskompetenz überführt wurde.113 Dies hat zur Folge, dass der Bundesgesetzgeber ohne Grundgesetzänderung niemals mehr zu einer Änderung des Steuersatzes befugt sein wird. Richtigerweise lässt die Änderung des Art. 105 Abs. 2a GG mithin nicht auf eine einschränkende Auslegung des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen des Art. 105 Abs. 2 GG schließen.114 Dass Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG keinen abschließenden Steuerwettbewerb normiert, zeigt sich auch an Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG. Zu dieser Vorschrift nehmen die Vertreter einer einschränkenden Auslegung des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG keine Stellung. Dies hätte nahe gelegen, da nach dieser Vorschrift der Anteil der Gemeinden am Aufkommen der Einkommensteuer auch durch Einräumung eines Hebesatzrechtes der Gemeinden bestimmt werden kann. Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG kann als missglückt bezeichnet werden, so dass die Auslegung der Norm umstritten ist. Bei einer wörtlichen Auslegung erscheint ein Hebesatzrecht sinnlos, da sich der Gemeindeanteil, der durch Hebesatz festgelegt werden soll, auf das Aufkommen der Einkommensteuer bezieht, das die Länder nach Satz 1 den Gemeinden insgesamt weiterleiten müssen. Auf eine solche Summe kann kein Hebesatz an111 112 113 114
Vgl. BVerfG v. 09.06.2004, 1 BvR 636/02, BVerfGE 111, S. 10, 31. R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 836. Vgl. R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 837. R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 837.
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gewandt werden, der die Steuerlast der Gemeindeeinwohner erhöhen oder mindern soll.115 Auch die alternative, nicht wörtliche Interpretation, dass die Hebesätze die Steuerschuld der Gemeindeeinwohner beeinflussen, ist nicht sinnvoll, da sich bei Hebesätzen der Gemeinden auch das Gesamtaufkommen verändert und somit auch den Anteil von Bund und Ländern beeinflusst.116 Als dritte Möglichkeit der Interpretation bietet sich an, Art. 106 Abs. 5 Sätze 1 und 3 GG alternativ zu verstehen. Es könnte also entweder ein Anteil der Gemeinden bestimmt werden oder ihnen das Recht zu Hebesätzen zugestanden werden.117 Allerdings ist die Finanzwissenschaft offenbar in der Lage, Hebesätze auch vom Anteil zu berechnen.118 Aber auch insoweit ist Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG missglückt. Da ein Hebesatzrecht die Veränderung der Einkommensteuerschuld des Steuerpflichtigen zur Folge hat, wäre eine Normierung in Art. 105 GG angebracht gewesen, da insoweit die Gesetzgebungskompetenzen gegenüber dem Bürger angesprochen werden, während in Art. 106 GG grundsätzlich lediglich die Verteilung des Aufkommens der auf Grundlage der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 GG erlassenen Steuergesetze geregelt wird. Unabhängig von der konkreten Auslegung lässt sich aber festhalten, dass die Hebesätze bei einer sinnvollen Auslegung im Verhältnis zum Bürger unterschiedliche Steuerbelastungen einer bundesgesetzlich geregelten Steuer119 verursachen.120 Folglich käme es bei Anwendung des Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG zu einem Steuerwettbewerb auf kommunaler Ebene hinsichtlich der Einkommensteuer. Es ist daher verfehlt, Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG als abschließende Normierung eines Steuerwettbewerbes zu interpretieren. Denkbar erscheint aber, Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG gemeinsam mit Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG als abschließende Normierung eines zulässigen Steuerwettbewerbes zu erachten. In die Interpretation ist einzubeziehen, ob eine Normierung eines Hebesatzes durch die Gemeinden auch ohne Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG eingeführt werden könnte. Aufgrund seiner Ertragshoheit nach Art. 106 Abs. 3 GG hat der Bund nach Art. 105 Abs. 2 Var. 1 GG unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG die Gesetzgebungskompetenz, so dass diese auch nicht dem Umfang nach beschränkt wird, wie dies im Rahmen des Art. 105 Abs. 2
115
H. Meyer, DÖV 1969, S. 261, 265 f. H. Meyer, DÖV 1969, S. 261, 265 f. 117 U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 191. 118 K.-H. Hansmeyer/H. Zimmermann, AfK 32 (1993), S. 221, 232 ff. 119 Dies unterscheidet einen Steuerwettbewerb nach Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG von demjenigen, der nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG bei örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern zulässig ist. Diese Steuern wirken lediglich örtlich begrenzt, während die Einkommensteuer bundesweit erhoben wird. 120 T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 86. 116
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Var. 2 GG der Fall ist.121 Der Bund kann daher seine Gesetzgebungskompetenz wie de lege lata geschehen,122 erschöpfend ausüben oder dies nicht tun und so den Ländern die Einführung von Zuschlagrechten zur Einkommensteuer gestatten. Zuschlagsrechte der Kommunen kann der Bund dagegen nicht bestimmen, da bei Nichtausübung einer erschöpfenden Gesetzgebung den Ländern die Kompetenz zukommt, die ihr Recht nicht auf die Kommunen übertragen müssen. Ohne Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG ist daher ein Hebesatzrecht der Gemeinden durch eine bundesgesetzliche Regelung nicht realisierbar. Es ist daher nicht anzunehmen, dass Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG eine Aussage zur Bestimmung eines Steuerwettbewerbs enthält, sondern klarstellt, dass der Bund den Gemeinden ein Hebesatzrecht einräumen kann. Daher kann Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG auch nicht im Zusammenspiel mit Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG eine abschließende Normierung eines Steuersatzwettbewerbs entnommen werden, so dass aus diesem Grund auch keine verminderten Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG zu stellen sind. b) Einschränkung der Erforderlichkeitsklausel wegen des Finanzausgleichs Eine einschränkende Auslegung der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG könnte zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Finanzausgleichs notwendig sein. Könnten die Länder abweichende Regelungen über Steuern treffen, würden Mehr- oder Mindereinnahmen durch den Finanzausgleich nach Art. 107 Abs. 2 GG nahezu vollständig kompensiert.123 Die Lösung dieser unerwünschten Folge könnte darin liegen, dass statt auf die tatsächlichen Einnahmen auf ein Soll-Aufkommen abgestellt wird. Gegen diese Lösung könnte aber der Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 GG sprechen, nach dem Maßstab für die Festsetzung von Ergänzungsanteilen am Aufkommen der Umsatzsteuer – neben den Einnahmen aus der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer – auch die Einnahmen aus den Landessteuern sind und lediglich bei der Grunderwerbsteuer auf die Steuerkraft abgestellt wird.124 Unklar ist dabei zunächst, was unter „Landessteuern“ zu verstehen ist. Zumindest bis zur Änderung des Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG durch die Föderalismusreform I125 ging die herrschende Meinung davon aus, dass unter dem Begriff 121 Die Eröffnung einer Gesetzgebungskompetenz führt nicht stets zu einer vollumfänglichen Regelungsbefugnis, da eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 GG nur soweit besteht, wie eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist; vgl. dazu unten Teil 3 D. II. 3. 122 W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 32 f. 123 BT-Drucks. 16/813, S. 20; W. Heun, in: FS Starck, S. 245, 248. 124 W. Heun, in: FS Starck, S. 245, 248. 125 Gesetz vom 28.08.2006, BGBl. I S. 2034.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
„Landessteuer“ lediglich bundesgesetzlich geregelte Steuern zu verstehen sind, deren Aufkommen den Ländern zusteht.126 Denn der Begriff der „Landessteuer“ sei aufkommensbezogen zu verstehen, so dass eine horizontale Steueraufteilung auf mehrere Körperschaften nur notwendig sei, wenn eine von einer einzigen Körperschaft geregelte Steuer auf mehrere Körperschaften zu verteilen ist.127 Landesgesetzlich geregelte Steuern müssten dagegen nicht aufgeteilt werden, sondern stünden allein dem erhebenden Land zu und fielen demnach auch nicht unter den Begriff der Landessteuer in Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG.128 Denn wenn die Länder die Gesetzgebungskompetenz besitzen, gibt die Verfassung zu erkennen, dass sie die daraus folgenden Ertragsunterschiede billigt.129 Nach der nun zu berücksichtigenden Steuerkraft bei der Grunderwerbsteuer ist diese Auffassung fraglich geworden, da der Steuersatz der Grunderwerbsteuer durch Landesgesetz festgesetzt werden kann.130 Zwar wäre es denkbar, auch bei Qualifikation der Grunderwerbsteuer als Landessteuer beim bisherigen Verständnis zu bleiben und die Grunderwerbsteuer lediglich als Ausnahme zu verstehen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber eine solche Ausnahme schaffen wollte.
126 M. Heintzen, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 107 Rn. 12; R. Wernsmann, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 107 Rn. 116. 127 J. Hidien, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 106 Rn. 678; U. Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 208 f.; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 182; S. Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 531; T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 107 Rn. 42; a. M. wohl R. Mußgnug, in: FS Franz Klein, S. 651, 652 Fn. 4. 128 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 182 f. 129 K. Vogel/P. Kirchhof, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz (Zweitbearbeitung 1971), Art. 107 Rn. 167. 130 Von dieser Möglichkeit haben bisher Baden-Württemberg (5 % durch Gesetz vom 26.10.2011, GBl. 2011, S. 493), Berlin (4,5 % durch Gesetz vom 20.12.2006, GVBl. 2006, S. 1172; Erhöhung auf 5 % durch Gesetz vom 14.03.2012, GVBl. 2012, S. 90), Brandenburg (5 % durch Gesetz vom 29.11.2010, GVBl. 2010 I Nr. 40), Bremen (4, 5 % durch Gesetz vom 16.11.2010, GVBl. 2010, S. 574), Hamburg (4,5 % durch Gesetz vom 16.12.2008, GVBl. 2008, S. 433), Niedersachsen (4,5 % durch Gesetz vom 17.12. 2010, GVBl. 2010, S. 631), Nordrhein-Westfalen (5 % durch Gesetz vom 25.07.2011, GVBl. 2011, S. 389), Rheinland-Pfalz (5 % durch Gesetz vom 31.01.2012, GVBl. 2012, S. 41), Saarland (4 % durch Gesetz vom 08.12.2010, ABl. I 2010, S. 1522, Erhöhung auf 4,5 % durch Gesetz vom 01.12.2011, ABl. I 2011, S. 556), Sachsen-Anhalt (4,5 % durch Gesetz vom 17.02.2010, GVBl. 2010, S. 69, Erhöhung auf 5 % durch Gesetz vom 17.02.2012, GVBl. 2012, S: 52), Schleswig-Holstein (5 % durch Gesetz vom 17.12. 2010, GVBl. 2010, S. 789) und Thüringen (5 % durch Gesetz vom 29.03.2011, GVBl. 2011, S. 66) Gebrauch gemacht. In Mecklenburg-Vorpommern ist eine Erhöhung auf 5 % beabsichtigt (Art. 3 des Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes 2012/2013, Drucks. 6/299).
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Zu klären ist, ob die Grunderwerbsteuer durch die Festsetzung des Steuersatzes zu einer landesgesetzlich geregelten Steuer wurde und Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 3 GG deshalb konstitutiv die Einbeziehung der Grunderwerbsteuer in den Finanzausgleich anordnet oder ob die Grunderwerbsteuer nach wie vor eine bundesgesetzliche Regelung darstellt und Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 3 GG lediglich bezüglich des Maßstabs (Steuerkraft statt tatsächlicher Einnahmen) konstitutiv wirkt. Dabei ist in dieser Arbeit keine exakte Abgrenzung zwischen bundesgesetzlich geregelten und landesgesetzlich geregelten Steuern erforderlich, sondern allein zu untersuchen, ob die Normierung des Steuersatzes durch die Länder zur Qualifikation einer Steuer als landesgesetzlich ausreicht. Normieren die Länder allein den Steuersatz, erhalten Sie zwar entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Einnahmen aus dieser Steuer. Mangels Einfluss auf die Bemessungsgrundlage sind sie in ihrer Autonomie weitgehend eingeschränkt. Dass landesgesetzlich geregelte Steuern nicht im Finanzausgleich berücksichtigt werden, berücksichtigt auch die politische Eigenverantwortlichkeit der Länder.131 Nur wenn sie die Steuer nach ihren politischen Vorstellungen ausgestalten können, erscheint es sachgerecht, ihnen auch Einnahmen ungeschmälert zu belassen und Nichteinnahmen auszugleichen. Der bloße Einfluss auf den Steuersatz hilft beispielsweise nicht weiter, wenn in einem Land aufgrund standortbedingter Gegebenheiten eine wirtschaftliche Betätigung nicht ausgeübt werden darf, der Bund aber auch insoweit eine Besteuerung vorsieht.132 Zur Qualifikation einer Steuer ist daher ein größerer Einfluss des Landes als die bloße Normierung des Steuersatzes erforderlich.133 Unter „Landessteuern“ sind jedenfalls nach wie vor nur bundesgesetzlich geregelte Steuern zu verstehen. Auswirkungen auf landesrechtliche Steuergesetze hat Art. 107 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 2 GG daher nicht. Das erforderliche Mindestmaß an eigener Regelungsbefugnis zur freien Gestaltung muss hier nicht näher untersucht werden, da jedenfalls die Anhänger einer Landeskompetenz für die Erbschaft- und Schenkungsteuer mehr als nur den bloßen Steuersatz in die Landeskompetenz überführen wollen,134 so dass es sich hierbei jedenfalls um eine landesgesetzlich geregelte Steuer handelt, die 131 K. Vogel/P. Kirchhof, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz (Zweitbearbeitung 1971), Art. 107 Rn. 167. 132 Vgl. K. Vogel/P. Kirchhof, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz (Zweitbearbeitung 1971), Art. 107 Rn. 167. 133 Im Ergebnis so auch A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 183, die aber einerseits die Möglichkeit zur Bestimmung des Kernbereichs einer Steuer (Steuerpflicht, Steuergegenstand und Steuertarif) fordert, aber auch eine Steuer, die auf einer bundesgesetzlichen Normierung der persönlichen Steuerpflicht beruht, ausreichen lässt (Fn. 784). 134 Vgl. beispielsweise R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 831 ff., die Bemessungsgrundlage, Steuersatz und Befreiungsregelungen den Ländern überlassen wollen; ähnlich A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 128 ff.
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nicht dem Regime des Art. 107 Abs. 1 GG unterfällt. Es ergibt sich mithin insoweit keine Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Finanzausgleichs. Dieses Ergebnis wird durch eine zusätzliche Erwägung gestützt. Die Zuweisung von Ergänzungsanteilen am Aufkommen der Umsatzsteuer muss nicht, sondern kann lediglich erfolgen. Den oben dargestellten möglichen Fehlanreizen kann also auf einfachrechtlicher Ebene begegnet werden. Die Einbeziehung der Steuerkraft der Grunderwerbsteuer zeigt zwar, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber diese Fehlanreize möglichst vermeiden wollte. Angesichts der Konzeption des Art. 107 Abs. 1 GG, der eben landesgesetzlich geregelte Steuern nicht erfasst, ist dieses Ergebnis aber im Rahmen der Zuweisung der Ergänzungsanteile am Umsatzsteueraufkommen hinzunehmen und, soweit möglich, im Rahmen des Ausgleichs nach Art. 107 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG zu berücksichtigen. Teilweise wird eine solche Möglichkeit der Berücksichtigung im Rahmen des Art. 107 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG aber verneint.135 Auch hierbei sollen die tatsächlichen Einnahmen grundsätzlich maßgebend sein und nicht ein Soll-Aufkommen. Bei auf autonomen Entscheidungen beruhenden Unterschieden im tatsächlichen Aufkommen ist der Begriff der „Finanzkraft“ aber flexibel genug, um den Ausgleichsbedarf unabhängig vom tatsächlichen Aufkommen zu bemessen.136 Die in der Literatur teilweise zu findende Annahme, dass das System des Finanzausgleichs „praktisch eine einheitliche Steuergesetzgebung“ voraussetzt,137 ist mithin verfehlt. Der Finanzausgleich ist flexibel genug, eine Stärkung der Steuerautonomie der Länder angemessen zu berücksichtigen, so dass keine Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung der Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG im Rahmen der Verweisung durch Art. 105 Abs. 2 GG besteht. 3. Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG Zu prüfen ist sowohl das grundsätzliche Vorliegen als auch der Umfang der Erforderlichkeit der Varianten des Art. 72 Abs. 2 GG. Wieso teilweise in der Literatur eine steuerartbezogene Prüfung vorgenommen und auf eine genaue Be135
W. Heun, in: FS Starck, S. 245, 248 f. Für Bestimmung nach dem Soll-Einkommen BVerfG v. 27.05.1992, 2 BvF 1, 2/ 88, 1/89 und 1/90, BVerfGE 86, S. 148, 217; für Bestimmung nach fiktiven Durchschnittssätzen T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 107 Rn. 50. Vgl. auch S. Korioth, Der Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern, 1997, S. 554 f. und ausführlich A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 183 ff. 137 W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 35. 136
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stimmung des Umfangs der Erforderlichkeit verzichtet wird,138 ist angesichts des zumindest insoweit klaren Wortlauts der Art. 105 Abs. 2 und 72 Abs. 2 GG nicht ersichtlich. Einzige Möglichkeit wäre die Qualifizierung der Verweisung in Art. 105 Abs. 2 GG als eingeschränkte Rechtsgrundverweisung. Die Folge davon wäre, dass bei Vorliegen einer der Varianten des Art. 72 Abs. 2 GG die Gesetzgebungskompetenz nicht in der Reichweite begrenzt wird, indem nicht auf Art. 72 Abs. 2 GG („wenn und soweit“) abgestellt wird, sondern allein auf Art. 105 Abs. 2 GG („wenn“) und dabei die „Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG“ dahingehend eingeschränkt werden, dass nur die einzelnen Varianten darunter gefasst werden, aber nicht die Begrenzung des Umfangs („soweit“). Dies überzeugt aber nicht, da Voraussetzung einer Bundeskompetenz ist, dass insoweit eine bundesgesetzliche Regelung aus den in Art. 72 Abs. 2 GG genannten Gründen erforderlich ist. Es ist daher zwischen der grundsätzlichen Eröffnung der Kompetenz und ihres Umfangs zu differenzieren,139 d. h. zwischen Steuersubjekt, Steuerobjekt und Steuertarif. a) Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet Eine bundesgesetzliche Regelung der Schenkungsteuer könnte zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich sein. Art. 72 Abs. 2 Var. 1 GG spricht bewusst von „gleichwertigen“ und nicht mehr von „einheitlichen“ Lebensverhältnissen.140 Dies beachtet die föderale Struktur, wel138 R. Seer/K.-D. Drüen, in: Kluth (Hrsg.), Föderalismusreformgesetz, Art. 105 Rn. 8, die auf J. Hey, in: FS Solms, S. 35, 38 verweisen, welche allerdings zwischen Bemessungsgrundlage und Steuersatz differenziert. 139 BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 154; P. Selmer/L. Hummel, NVwZ 2006, S. 14, 16; R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 831; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 143; so wohl auch BT-Drucks. 16/7918, S. 25, wobei angesichts der pauschalen Behauptung, dass auch ein bundeseinheitlicher Tarif erforderlich ist, nicht klar ist, ob dies angesichts der dem Gesetzgeber bekannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 72 Abs. 2 GG nicht bloß als notwendige Pflicht im Hinblick auf eine verfassungsgerichtliche Prüfung erfolgt ist. 140 C. Seiler, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 12; soweit eingewandt wird, dass der Begriff „Gleichwertigkeit“ im Verhältnis zur „Einheitlichkeit“ weniger restriktiv sei, da „,nur‘ regeln zu dürfen, wenn es die ,Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse‘ erfordert, . . . eine stärkere Beschränkung [ist], als wenn die Normierungsberechtigung von der Herstellung ,gleichwertiger Lebensverhältnisse‘ abhängt“ (R. Stettner, JZ 2005, S. 619, 621; P. Selmer/L. Hummel, NVwZ 2006, S. 14, 15 Fn. 19) wird verkannt, dass eine bundesgesetzliche Regelung weitaus schneller zur Herstellung „einheitlicher“ Lebensverhältnisse als zur Herstellung „gleichwertiger“ Lebensverhältnisse erforderlich ist, da eine solche hierzu wesentlich geeigneter ist, als eine landesgesetzliche. Richtigerweise nimmt dann auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 143 f. mit weiteren Nachweisen) eine restriktivere Deutung an. Zur dennoch begrenzten Direktionskraft dieses Begriffs vgl. C. Waldhoff, VVDStRL 66 (2007), S. 216, 248 ff.
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cher gewisse Unterschiede in den Lebensverhältnissen immanent sind.141 Der Bund hat deshalb die Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 2 Var. 1 GG erst, „wenn sich die Lebensverhältnisse in den Ländern der Bundesrepublik in erheblicher, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigender Weise auseinander entwickelt haben oder sich eine derartige Entwicklung konkret abzeichnet.“ 142 Eine unterschiedliche Steuerbelastung kann die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nicht in jedem Fall beeinträchtigen. Damit wäre eine Steuergesetzgebungskompetenz der Länder ausgeschlossen,143 denn die Möglichkeit zu einheitlicher Landesgesetzgebung genügt nicht, um die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung auszuschließen.144 Darüber hinaus könnte eine ungleiche Steuerbelastung sogar eher eine Förderung der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse bewirken,145 da regionale Besonderheiten berücksichtigt werden könnten.146 Beeinträchtigungen der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse könnten sich aber durch unterschiedliche Steuerbelastungen ausgelöste Wanderungsbewegungen147 der Steuerpflichtigen ergeben.148 Für die Annahme, dass solche Wanderungsbewegungen ein Ausmaß annehmen könnten, das das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigen würde, ist in der Gesetzesbegründung149 kein Hinweis 141
BVerfG v. 26.01.2005, 2 BvF 1/03, BVerfGE 112, S. 226, 248. BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 144. 143 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 130. 144 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 150. 145 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 130. 146 Eine Berücksichtigung regionaler Besonderheiten kann zwar auch durch den Bund erfolgen, doch ist dann meist eine bundesgesetzliche Regelung nicht erforderlich, vgl. R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 72. 147 Solche Wanderungsbewegungen können neben der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse (vgl. BVerfG v. 26.01.2005, 2 BvF 1/03, BVerfGE 112, S. 226, 248) auch die Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse (BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 156 f.) bedrohen, vgl. unten Teil 3 D. II. 3. c) dd). 148 Auch wenn der Gesetzgeber trotz der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative, die auf ihre methodischen Grundlagen und ihre Schlüssigkeit überprüft werden kann (BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 154), hierzu und auch insgesamt zu Art. 72 Abs. 2 Var. 1 GG keine Ausführungen gemacht hat, soll diese Möglichkeit hier überprüft werden. Nach H. Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 314 ist es „evident“ dass unterschiedliche Erbschaftsteuergesetze der Länder die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Sinne der Interpretation durch das Bundesverfassungsgericht nicht beeinträchtigen. In dieser Pauschalität kann dem nicht gefolgt werden, zumal mit der grundsätzlichen Eröffnung einer Bundeskompetenz noch nichts über deren Umfang gesagt ist. 149 BT-Drucks. 16/7918, S. 25. Dort wird die Gesetzgebungskompetenz auf Art. 72 Abs. 2 Var. 2 und 3 GG gestützt, vgl. dazu unten Teil 3 D. II. 3. b) und c). 142
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ersichtlich. In der Literatur wird teilweise mit dem Hinweis auf das geringe Aufkommen von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer und der damit einhergehenden geringen Bedeutung am gesamten Steueraufkommen eine Beeinträchtigung für das bundesstaatliche Sozialgefüge abgelehnt.150 Dabei wird aber offenbar die mit einer Abwanderung einhergehende Reduzierung des Aufkommens an Einkommensteuern nicht berücksichtigt, obwohl anzunehmen ist, dass in den signifikanten Fällen auch die Einkommensteuern hoch ausfallen dürften. Empirische Untersuchungen zu Wanderungsbewegungen gibt es aber – soweit ersichtlich – nicht. Allerdings scheint es seit Auslaufen der Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer in Österreich151 zu keinen gesteigerten Auswanderungen von Deutschland nach Österreich gekommen zu sein, so dass trotz aller Schwierigkeiten einer Übertragung dieses Befundes auf Wohnortverlagerungen innerhalb des Bundesgebietes von keinen allzu großen Wanderungsbewegungen auszugehen sein dürfte. Aber selbst wenn von größeren Wanderungsbewegungen auszugehen wäre, erscheint es fraglich, ob allein dieser Befund eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründen kann. Verminderten Länder ihr tatsächliches Steueraufkommen durch eine Senkung oder Abschaffung der Schenkungsteuer, werden sie hierdurch für den Finanzausgleich nicht automatisch in entsprechender Höhe „ärmer“, da insoweit eine Berücksichtigung der tatsächlichen Finanzkraft erfolgen kann.152 Abwanderungseffekte können somit im Finanzausgleich berücksichtigt werden, so dass die Folgen von Abwanderungen insoweit nicht als derart gravierend zu qualifizieren sind. Dass sich die Lebensverhältnisse durch unterschiedliche Regelungen in den Ländern über die Schenkungsteuer in einer Weise auseinander entwickeln könnten, die das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigen würde, ist mithin nicht ersichtlich. Zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet ist eine bundesgesetzliche Regelung der Schenkungsteuer folglich nicht erforderlich.153 b) Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse Eine Bundeskompetenz für eine Schenkungsteuer könnte sich nach Art. 72 Abs. 2 Var. 2 GG ergeben, wenn eine solche bundesgesetzliche Regelung zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist. Bei 150 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 133. 151 Der Österreichische Verfassungsgerichtshof hat die Erbschaftsteuer mit Erkenntnis vom 07.03.2007 – G 54/06 – 15 u. a. – ZEV 2007, 237 und die Schenkungsteuer mit Erkenntnis vom 15.06.2007 – G 23/07 – 7 u. a. – für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Änderung bis zum 31.07.2008 gesetzt, die der Gesetzgeber aber nicht genutzt hat. 152 Vgl. oben Teil 3 D. II. 2. b). 153 A. M. K. Tiedtke, in: Tiedtke (Hrsg.), ErbStG, Einleitung Rn. 35, der offenbar aber immer noch von Art. 72 Abs. 2 GG a. F. ausgeht.
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der Auslegung von Art. 72 Abs. 2 Var. 2 GG ist wiederum die föderale Struktur der Bundesrepublik zu beachten. Wenn den Ländern im Bereich der Gesetzgebung Kompetenzen eingeräumt werden, müssen unterschiedliche Regelungen zwangsläufig möglich sein. Zur Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse ist eine bundesgesetzliche Regelung deshalb erst erforderlich, wenn unterschiedliche Regelungen der Länder „eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen darstell[en], die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann.“ 154 Die Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen könnte sich aus einer möglichen Mehrfachbelastung mit Erbschaftsteuer [dazu unten aa)] sowie einer möglichen Rechtsunsicherheit durch unterschiedliche Landesregelungen ergeben [dazu unten bb)]. aa) Mehrfachbelastung Hätten die Länder die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer, könnte es bei einer § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsprechenden Normierung der persönlichen Steuerpflicht zu doppelten Besteuerungen kommen, denn sowohl das Land, in dem der Zuwendende ansässig ist, als auch das Ansässigkeitsland des Erwerbers könnten eine unbeschränkte Steuerpflicht geltend machen. Wenn daneben noch eine beschränkte Steuerpflicht fortbestehen sollte, käme es auch bei Ansässigkeit von Zuwendendem und Erwerber in einem Land zu Doppelbesteuerungen, wenn das übergehende Vermögen in mehreren Ländern belegen ist. Es wäre daher sogar eine Mehrfachbelastung möglich, wenn Zuwendender und Erwerber in verschiedenen Ländern ansässig sind und das übergehende Vermögen in weiteren Ländern belegen ist. Deutlich wird dies, wenn davon ausgegangen wird, dass die Länder dem geltenden Recht entsprechende Regelungen träfen. Wenn ein Erwerber einen Vermögensgegenstand von einem in einem anderen Land ansässigen Erwerber der bisherigen Steuerklasse III155 erhielte, so könnte der Steuersatz156 ohne Berücksichtigung einer Mehrfachbesteuerung bei jeweils 50 % liegen. Würde nun noch ein Teil des übergehenden Vermögens in einem weiteren Land belegen sein, das eine beschränkte Steuerpflicht normiert hätte, so ergäbe sich eine Gesamtsteuerbelastung von über 100 %. In der Literatur wird deshalb teilweise eine bundesgesetzliche Regelung nach Art. 72 Abs. 2 Var. 2 GG für erforderlich gehalten, weil sonst zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen zwischen den Ländern eine Vielzahl von Doppelbesteuerungsabkommen157 abgeschlossen werden müsste, was zu einer Rechtszer154
BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145. Entsprechend § 15 Abs. 1 ErbStG. 156 Entsprechend § 19 Abs. 1 ErbStG. 157 Zur vollständigen Abdeckung müssten insgesamt 120 Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen werden, A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 135 Fn. 604. 155
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splitterung mit problematischen Folgen führen würde.158 Zu prüfen ist, ob eine Pflicht zur Vermeidung von Mehrfachbesteuerung überhaupt aus dem Grundgesetz159 folgt.160 (1) Verbot von Mehrfachbelastungen (a) Gleichartigkeitsverbot Im Bereich der konkurrierenden Steuergesetzgebung besteht ein Gleichartigkeitsverbot. Dies bedeutet, dass die Länder keine Steuern erheben dürfen, die bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.161 Dieses Verbot könnte auch zwischen den Ländern eingreifen und so eine Mehrfachbelastung verhindern. Allerdings dient das Gleichartigkeitsverbot der Kompetenzabgrenzung im Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Eine Übertragung auf das Verhältnis zwischen den Ländern erscheint daher zweifelhaft. In der föderalen Struktur der Bundesrepublik sind auf bestimmten Gebieten autonome Entscheidungen der Länder vorgesehen. Diese stehen dann auch zwangsläufig nebeneinander, auch wenn sie andersartig ausgestaltet sein können. Folglich kann es in einem föderalen Staat kein verfassungsrechtliches Gleichartigkeitsverbot zwischen den Ländern geben. Aus dem oben geschilderten Gleichartigkeitsverbot lässt sich daher kein Verbot von Mehrfachbelastungen durch die Länder entnehmen.162 (b) Verbot von Mehrfachbelastungen zur Verhütung von Normenkollisionen In der Literatur wird teilweise ein Verbot von Mehrfachbelastungen aus dem Rechtsstaatsprinzip entnommen.163 Das Rechtsstaatsprinzip, das der Disziplinierung der Staatsgewalt diene, begrenze auch die Kompetenzen von Bund und Län-
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W. Heun, in: FS Starck, S. 245, 250. Zu unionsrechtlichen Implikationen vgl. unten Teil 5 B. und C.; im Bereich des internationalen Steuerrechts entnimmt H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 14.13 auch dem GATT-Vertrag ein Verbot der Doppelbesteuerung. 160 Ohne Begründung für das internationale Steuerrecht verneinend BFH v. 14.02. 1975, VI R 210/72, BFHE 115, S. 319, 322. 161 BVerfG v. 04.02.1958, 2 BvL 31, 33/56, BVerfGE 7, S. 244, 258; W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 36. Vgl. auch K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/ Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 90 ff. 162 Im Ergebnis so auch A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 106. 163 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 106 f. 159
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dern. Die Bürger dürften keinem doppelten staatlichen Zugriff verschiedener Kompetenzträger ausgesetzt sein.164 Ausgangpunkt dieser These ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur kommunalen Verpackungsteuer,165 in welchem das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung aus dem Rechtsstaatsprinzip zur Kompetenzbegrenzung entwickelt wurde. Dabei ging es um die Konkurrenz verschiedener Ebenen166 mit widersprüchlichen Folgen für den Rechtsunterworfenen. Davon unterscheidet sich eine zu Mehrfachbelastungen führende Regelung durch die Länder aber erheblich. Zum einen ist hier kein Konkurrenzverhältnis auf verschiedenen Ebenen festzustellen, da die Länder im föderalen System auf einer Ebene stehen. Zum anderen stellt eine Mehrfachbelastung zwar einen doppelten Zugriff dar, aber keinen widersprüchlichen. Auch Rechtsunsicherheit wird durch Mehrfachbelastungen nicht erzeugt,167 solange die einzelnen Regelungen jeweils für sich nicht unklar sind. Dem Rechtsunterworfenen ist klar, dass ihn ein doppelter Zugriff trifft. Dies stellt sich für ihn anders dar als der Fall des Bundesverfassungsgerichts, in dem Sachgesetzgeber einerseits und (Lenkung)steuergesetzgeber andererseits divergierende Verhaltensbefehle vorsahen. Nur dann steht der Rechtsunterworfene vor der unmöglichen Situation, zwei entgegenstehende Befehle auszuführen. Der bloße doppelte Zugriff kommt des Weiteren auch sonst im Steuerrecht vor. Beispielsweise treten besondere Verbrauchsteuern zur Umsatzsteuer hinzu. Die darauf folgenden Doppelbelastungen sind nicht grundsätzlich verboten, sondern werden teilweise sogar als Regel bezeichnet.168 Zwar muss die Doppelbelastung weitergehend gerechtfertigt werden,169 doch ist sie nicht grundsätzlich verboten. Zudem ist bei der Ableitung konkreter Folgen aus dem Rechtsstaatsprinzip aufgrund seiner Weite und Unbestimmtheit behutsam vorzugehen.170 Der lediglich doppelte Zugriff verstößt folglich nicht gegen das Rechtsstaatprinzip, sondern muss gegebenenfalls im Rahmen der Grundrechte gemäßigt werden. Aus dem Gebot zur Verhütung von Normenkollisionen, das ein Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips ist, ergibt sich demnach kein Verbot von Mehrfachbelastungen.
164 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 106 f. 165 BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106. 166 Dieses Konkurrenzverhältnis betonen auch M. Kloepfer/K. T. Bröcker, DÖV 2001, S. 1, 9. 167 So aber A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 107. 168 F. Kirchhof, Die steuerliche Doppelbelastung der Zigaretten, 1990, S. 26. 169 F. Kirchhof, Die steuerliche Doppelbelastung der Zigaretten, 1990, S. 24. 170 BVerfG v. 17.06.2004, 2 BvR 383/03, BVerfGE 111, S. 54, 82.
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(c) Leistungsfähigkeitsprinzip Zum Teil wird ein Verbot von Mehrfachbelastungen aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip entnommen.171 Wie oben172 dargelegt, folgt dieses Prinzip aus Art. 3 Abs. 1 GG. Gleich Leistungsfähige müssen demnach horizontal gleich, ungleich Leistungsfähige vertikal ungleich besteuert werden.173 Eine Mehrfachbesteuerung könnte hiergegen verstoßen. Wenn bei an sich gleicher Leistungsfähigkeit von zwei Steuerpflichtigen einer der beiden zusätzlich eine Steuer einer anderen Körperschaft zu tragen hat und dennoch eine gleiche Steuerbelastung erfolgt, könnte dies einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip bedeuten, da die zusätzliche Steuer das zur Steuerzahlung zur Verfügung stehende disponible Vermögen schmälert.174 Allerdings ist zu beachten, dass Art. 3 Abs. 1 GG Ungleichbehandlungen nur innerhalb eines Normsetzers verbietet.175 Die zusätzliche Steuer stammt aber von einem anderen Hoheitsträger, so dass dogmatisch unklar bleibt, weshalb das Land diese Steuer berücksichtigen muss. Zwar wird das disponible Vermögen durch eine zusätzliche Steuer geschmälert,176 doch beruht dies nicht auf einer Entscheidung des zu beurteilenden Normsetzers. Dieses Land behandelt alle Steuerpflichtigen grundsätzlich gleich und berücksichtigt allein die zusätzliche Steuer nicht. Diese Steuer hat es aber auch nicht hervorgerufen, sondern ein anderer Hoheitsträger. Maßnahmen anderer auf gleicher Ebene stehender Hoheitsträger muss ein Land aber nicht berücksichtigen, sondern ist allein für Regelungen aus seinem Kompetenzbereich verantwortlich. Daher ist ein Land nicht aus Art. 3 Abs. 1 GG zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung verpflichtet.177 171 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 107 f.; für das internationale Steuerrecht B. Hamdan, Die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung durch § 21 ErbStG, 2007, Rn. 85 ff.; H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 14.8 ff. 172 Teil 2 B. II. 1. 173 BVerfG v. 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, S. 210, 231. 174 So für das internationale Steuerrecht H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 14.11. 175 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145; zustimmend R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 833. 176 Darauf stellen A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 108 und für das internationale Steuerrecht H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 14.11 ab. 177 Die Richtigkeit dieser Überlegung zeigt sich auch, wenn die Rechtsfolgen eines Verbots von Mehrfachbelastungen betrachtet werden. Die Vertreter dieser These sehen die Vermeidung einer zu hohen Steuerbelastung als Aufgabe des Wohnsitzstaates. (Für das internationale Steuerrecht H. Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2011, Rn. 14.12. K. Vogel, in: FS Franz Klein, S. 361, 376 plädiert deshalb im Bereich der Einkommensteuer für eine bloße Besteuerung der inländischen Einkünfte.) Art. 3 Abs. 1 GG hält hierfür keine Lösung bereit. Dies zeigt sich insbesondere im internationalen Bereich. Was ist, wenn der Wohnsitzstaat, der nicht an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist, dieser Aufgabe nicht nachkommt? Das rechtspolitisch wünschenswerte Ergebnis
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(d) Art. 14 Abs. 1 GG Ein Verbot von Mehrfachbelastungen könnte sich daraus ergeben, dass durch eine Mehrfachbelastung Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein könnte. Treffen verschiedene staatliche Eingriffe, die jeweils für sich allein keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG darstellen, kumulativ aufeinander, muss grundsätzlich auch dieser sogenannte additive Grundrechtseingriff178 gewürdigt werden. Dass bei der Betrachtung des einzelnen Grundrechtseingriffs nicht stehen geblieben werden kann, sondern auch die kumulative Belastung in den Blick genommen werden muss, ist seit längerem in Rechtsprechung179 und Literatur180 anerkannt. Unklarheiten bestehen aber über die genauen Voraussetzungen und Folgen. Der additive Grundrechtseingriff stellt sich nach der isolierten Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Einzelmaßnahme als weitere Prüfungsebene dar, bei der die vorangegangenen Grundrechtseingriffe berücksichtigt werden.181 Dies erfolgt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Dabei ändert sich der Eingriffszweck nicht, während die Eingriffsintensität durch Kumulierung der verschiedenen Eingriffe steigt.182 Neben dieser verfassungsrechtlichen Absicherung im Rechtsstaatsprinzip,183 aus dem das Verhältnismäßigkeitsprinzip folgt, finden sich im Grundgesetz auch an anderen Stellen Ansatzpunkte für die verfassungsrechtliche Existenz eines solchen Verbots einer übermäßigen Gesamtbelastung. Nach Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG ist bei der Festsetzung der Umsatzsteueranteile von Bund und Ländern eine Überbelastung der Steuerpflichtigen zu vermeiden. Daran zeigt sich „gleichsam selbstverständlich“ 184 die Geltung eines Verbots von übermäßiger Gesamtbelastung als verfassungsrechtlicher Grundsatz.185 Die verfassungsrechtliche Anerkennung dieses Verbots lässt sich in einer speziellen Ausprägung auch Art. 103 Abs. 3 GG entnehmen, der innerhalb seines Anwendungsbereiches übermäßige Gesamtbelastungen verhindert.186 einer Pflicht zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung kann nicht unter Umgehung der Dogmatik des allgemeinen Gleichheitssatzes angenommen werden. 178 Kritisch zu diesem Begriff G. Kirchhof, NJW 2006, S. 732, 732 Fn. 9. 179 BVerfG v. 12.04.2005, 2 BvR 581/01, BVerfGE 112, S. 304, 319 f.; BVerfG v. 13.09.2005, 2 BvF 2/03, BVerfGE 114, S. 196, 247; BVerfG v. 10.06.2009, 1 BvR 706/ 08 u. a., BVerfGE 123, S. 186, 265 f.; BSG v. 21.01.2009, B 12 R 11/06 R, NZS 2010, S. 30, 32. 180 J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469 ff.; G. Kirchhof, NJW 2006, S. 732 ff.; N. Bernsdorff, SGb 2011, S. 121 ff.; C. Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007. 181 J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469, 1476. 182 J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469, 1477. 183 Mit weiteren Nachweisen J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469, 1477. 184 BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 116. 185 BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 115 f.; C. Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007, S. 74 ff.; J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469, 1477. 186 J. Lücke, DVBl. 2001, S. 1469, 1477; C. Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007, S. 76 f.
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Im Steuerrecht ist die Prüfung der Verhältnismäßigkeit durch die Unmöglichkeit einer Prüfung der ersten beiden Stufen gekennzeichnet, da der grundsätzlich maßlose Fiskalzweck stets geeignet und erforderlich ist.187 Die Prüfung der Angemessenheit ist dagegen möglich.188 Deshalb könnte die mehrfache Belastung durch Schenkungsteuern verschiedener Länder gegen das Gebot der übermäßigen Gesamtbelastung verstoßen. Fraglich ist aber, ob dieses Gebot auch für Eingriffe verschiedener Normsetzer gilt. Dagegen spricht, dass dann einer Körperschaft der Eingriff einer anderen Körperschaft zugerechnet würde, so dass ihr nur noch ein geringerer Restspielraum zur Eingriffsmöglichkeit verbliebe.189 Dies kann im föderalen Aufbau grundsätzlich nicht angenommen werden, da hierdurch die Autonomie der hinsichtlich der Gesamtbelastung überprüften Körperschaft beeinträchtigt würde. Fraglich ist, aber ob hiervon nicht im Verhältnis der Länder untereinander abgewichen werden muss. Denn die ihnen durch eine Kompetenz eröffneten Gestaltungsspielräume sind allein für ihr Land gedacht. Ein Übergreifen in andere Länder ist ihnen nicht gestattet. Bei einer Mehrfachbelastung durch Schenkungsteuern ist dies zwar nicht formal, aber in der materiellen Wirkung der Fall. Denn zur Mehrfachbelastung kann es nur bei Besteuerung länderübergreifender Sachverhalte kommen. Angeknüpft wird dabei zwar stets an einen Tatbestand innerhalb des Landes, doch geht die materielle Wirkung dann über die Landesgrenze hinaus. In diesen Fällen scheint es zutreffend, eine fremde Maßnahme zuzurechnen. Gestützt wird diese Annahme durch Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG, wo Bund und Länder zur Vermeidung einer Überbelastung angehalten werden. Daraus kann geschlossen werden, dass im Steuerrecht alle Körperschaften zu einer abgestimmten Vorgehensweise verpflichtet sind, so dass bei der Prüfung eines additiven Grundrechtseingriffs auch Maßnahmen anderer auf gleicher Ebene stehender Körperschaften berücksichtigt werden müssen.190 Daraus folgt aber nicht zwangsläufig die Verfassungswidrigkeit der überprüften Maßnahme. Vielmehr gilt es durch Verfahren sicherzustellen, dass es zu keiner übermäßigen Belastung kommt.191 An dieser Stelle ist aber allein festzuhalten, dass sich bei einer materiellen Erstreckung der Landeskompetenz auf andere Länder eine Zurechnung von Eingriffen des anderen Landes ergibt. Für die Schenkungsteuer ergibt sich 187
BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 115. BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 115. 189 C. Bronkars, Kumulative Eigentumseingriffe, 2007, S. 92 f. 190 Im Rahmen der Prüfung des Art. 3 Abs. 1 GG wurde keine übermäßige Gesamtbelastung geprüft, sondern allein eine mögliche Ungleichbehandlung. Hierfür enthält Art. 106 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 GG aber keine Vorgaben, so dass nur Maßnahmen eines Hoheitsträgers beurteilt werden können, ohne dass Maßnahmen anderer Körperschaften dabei berücksichtigt werden können. 191 BVerfG v. 12.04.2005, 2 BvR 581/01, BVerfGE 112, S. 304, 320. Dabei nimmt das Bundesverfassungsgericht eine Zusammenrechnung von Maßnahmen in verschiedenen Ländern belegenen Staatsanwaltschaften an. 188
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daher ein Verbot einer übermäßigen Gesamtbelastung, so dass unkoordinierte Mehrfachbelastungen zu verhindern sind. Es lässt sich mithin von einem verfassungsrechtlichen Gebot zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen sprechen. (2) Folgen des Gebots zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen Das Gebot zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen führt aber nur dann zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes, wenn die Vermeidung von Mehrfachbelastungen auch im gesamtstaatlichen Interesse liegt und wenn eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist, um eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen zu verhindern. (a) Gesamtstaatliches Interesse Ein gesamtstaatliches Interesse an der Wahrung der Rechtseinheit besteht, wenn die Rechtszersplitterung sowohl im Interesse des Bundes als auch im Interesse der Länder nicht hingenommen werden kann.192 Ein Interesse des Bundes an einheitlichen Regelungen kann wegen seiner Verantwortung für die Rechtseinheit im Bundesstaat angenommen werden.193 Ein Interesse der Länder ergibt sich daraus, dass ihnen sonst Maßnahmen eines anderen Landes zugerechnet werden könnten, so dass ihre Maßnahmen wegen einer übermäßigen Gesamtbelastung verfassungswidrig werden könnten. Das Ziel einer Vermeidung übermäßiger Gesamtbelastung steht somit nicht nur im Interesse einzelner Länder,194 sondern im Interesse jedes einzelnen Landes. Die Vermeidung von Mehrfachbelastungen liegt mithin im gesamtstaatlichen Interesse.195 (b) Erforderlichkeit Teilweise wird eine bundesgesetzliche Regelung bereits für nicht erforderlich gehalten, wenn eine abgestimmte Regelung der Länder ebenso das Ziel erreichen 192
BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145. Vgl. M. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 Rn. 62 ff. 194 Dies ist nach B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 72 Rn. 21 Voraussetzung für ein gesamtstaatliches Interesse. 195 Im Ergebnis so auch A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 139, die allerdings erst nach dem Bejahen der Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen prüft, ob diese im gesamtstaatlichen Interesse liegt. Danach liegt auch die Vermeidung des Abschlusses von Doppelbesteuerungsabkommen im Interesse der Länder. Richtigerweise ist aber zunächst zu fragen, ob eine Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse vorliegt und erst im Anschluss daran, welche Regelung zum Erreichen dieses Ziels erforderlich ist. Regelmäßig dürfte das Ergebnis unabhängig von der Prüfungsreihenfolge sein. 193
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könnte.196 Eine Mehrfachbelastung ließe sich auch durch eine abgestimmte Normierung durch die Länder (z. B. Steuerpflicht nur bei Ansässigkeit des Erwerbers) vermeiden. Ob diese Möglichkeit aber für den Ausschluss der Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung genügt, erscheint zweifelhaft. Würde eine bundeseinheitliche Landesgesetzgebung genügen, wäre die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz überflüssig, da eine solche Möglichkeit stets besteht.197 Zudem hätten die Länder nichts gewonnen, da für sie eine Kompetenz nur sinnvoll ist, wenn sie auch einen Gestaltungsspielraum haben.198 Dagegen wird eingewandt, dass der Spielraum der Länder dann immer noch größer sei als bei einer bundesgesetzlichen Regelung.199 Dabei wird verkannt, dass die Kompetenz des Bundes auch in ihrer Reichweite begrenzt ist.200 Soweit also Gestaltungsspielräume möglich sind, steht dem Bund insoweit auch keine Gesetzgebungskompetenz zu. Es ergäbe sich keine Stärkung der Landesgesetzgebung, wenn sie bundeseinheitliche Regelungen erlassen müssten. Des Weiteren könnte ein Land jederzeit von einer vereinbarten abgestimmten Regelung abweichen, so dass die zu verhindernden Folgen doch eintreten.201 Folglich ist nicht bundeseinheitliche Bundes- von bundeseinheitlicher Landesgesetzgebung abzugrenzen.202 Dass die Länder also eine Mehrfachbelastung durch abgestimmte Regelungen verhindern könnten, führt noch nicht zur Entbehrlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung.203 Der Begriff der Erforderlichkeit ist als zweites Element im Verhältnismäßigkeitsprinzip enthalten.204 Deshalb erscheint es angebracht, die Prüfung der Erforderlichkeit im Rahmen des Art. 72 Abs. 2 GG ebenso aufzubauen und lediglich auf das Element der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn (Angemessenheit) zu verzichten.205 Dagegen wird in der Literatur eingewandt, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip durch den Bezug zu den Grundrechten gekennzeichnet sei und die erhöhten Schranken des Zugriffs des Staates auf den Bürger nicht auf das 196 P. Kunig, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 72 Rn. 27, der lediglich in den Fällen wesentlich gleicher Landesgesetze die Erforderlichkeit verneint, weil die aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entlehnte Erforderlichkeit hohe Rechtfertigungsansprüche nur im Verhältnis zwischen Staat und Bürger aufstelle, aber nicht bei der Kompetenzabgrenzung innerhalb des Staates. 197 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 150. 198 H. Rybak/H. Hofmann, NVwZ 1995, S. 230, 232. 199 A. Schmehl, DÖV 1996, S. 724, 726. 200 Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. 201 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 150; C. Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 19. 202 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 150; H. Rybak/H. Hofmann, NVwZ 1995, S. 230, 232. 203 So auch R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 835. 204 Vgl. z. B. M. Sachs, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 20 Rn. 149. 205 C. Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 18.
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Verhältnis zwischen Bund und Ländern übertragen werden könnten.206 Dem ist in dieser Absolutheit nicht zuzustimmen. Zwar kann das Verhältnismäßigkeitsprinzip regelmäßig nicht auf Abgrenzungen innerhalb des Staates angewendet werden.207 Aber durch Art. 72 Abs. 2 GG soll den Ländern ein eigenständiger Regelungsbereich vorbehalten bleiben. In diesen geschützten Kompetenzbereich der Länder darf der Bund nur unter besonderen Voraussetzungen eingreifen.208 Daher kann das Verhältnismäßigkeitsprinzip insoweit für die Frage der Erforderlichkeit urbar gemacht werden.209 Aber auch ohne Anlehnung an das Verhältnismäßigkeitsprinzip führt eine autonome Interpretation zum gleichen Ergebnis. Erforderlich ist gleichbedeutend mit notwendig.210 Etwas ist nach allgemeinem Sprachgebrauch notwendig, wenn zum Erreichen eines Ziels keine weniger einschneidende Handlungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Es ist also ein verfolgtes Ziel zu benennen, zu dessen Erreichung das eingesetzte Mittel nicht nur geeignet, sondern auch noch am wenigsten einschneidend sein muss. Dem entspricht die Verhältnismäßigkeitsprüfung bis auf die weitere Stufe der Angemessenheit, auf die angesichts des Wortlauts von Art. 72 Abs. 2 GG zu verzichten ist.211 Als Ziel gilt es, eine Mehrfachbelastung mit Schenkungsteuer in verschiedenen Ländern zu verhindern. Eine Mehrfachbelastung ist ausgeschlossen, wenn lediglich ein Land die Steuer erheben kann. Dies lässt sich durch eine bundesgesetzliche Regelung erreichen, die den Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht (etwa Ansässigkeit des Zuwendenden oder des Erwerbers) festlegt. Eine solche bundesgesetzliche Regelung ist mithin zur Zielerreichung geeignet. Als milderes, aber gleich geeignetes Mittel zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung kommt der Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Ländern in Betracht. Dies ist – wie oben gezeigt – nicht ausreichend, da jederzeit mit dem Abweichen eines Landes gerechnet werden muss,212 so dass es zu Mehrfachbelastungen kommen könnte. Deshalb ist die Normierung des Anknüpfungspunktes der Schenkungsbesteuerung – die persönliche Steuerpflicht – durch eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich.213 Auch ein Gesetz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nach dem Vorbild der Schweiz käme in Betracht.214 Dem Gesetzgeber steht insoweit 206
P. Kunig, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 72 Rn. 27. Vgl. BVerfG v. 22.05.1990, 2 BvG 1/88, BVerfGE 81, S. 310, 338. 208 J. Isensee, in: FS Badura, S. 689, 711 f.; M. Kenntner, DVBl. 2003, S. 259, 261 f. 209 C. Calliess, EuGRZ 2003, S. 181, 193 f. 210 J. Grimm/W. Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, 1862, Sp. 804. 211 Deshalb kann C. Calliess, EuGRZ 2003, S. 181, 194 insoweit nicht gefolgt werden, der auch die Angemessenheit einer bundesgesetzlichen Regelung prüfen will. 212 Im Ergebnis so auch A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 136. 213 So auch R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 835. 207
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die Auswahl offen. Denkbar sind auch alternative Regelungsmodelle, soweit sie sich auf die Verhinderung einer Doppelbesteuerung beschränken. Denn aus der Eröffnung der Gesetzgebungskompetenz darf nicht auf eine vollumfängliche Regelungsbefugnis geschlossen werden, da die Gesetzgebungskompetenz auch in ihrem Umfang an die Erforderlichkeitsklausel gebunden ist.215 Neben der persönlichen Steuerpflicht muss der Bund auch den grundlegenden Steuergegenstand, wobei vor allem eine Abgrenzung zu anderen Steuerarten erforderlich ist216, normieren, darf dabei aber den Spielraum der Länder nicht unnötig einengen. Weitergehende Regelungen sind zur Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung aber grundsätzlich nicht erforderlich. Insbesondere der Steuersatz muss nicht bundesgesetzlich normiert werden. Festgehalten werden kann daher, dass zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen eine bundesgesetzliche Normierung des grundlegenden Steuergegenstandes und der persönlichen Steuerpflicht erforderlich ist, so dass der Bund insoweit die Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 i.V. m. Art. 72 Abs. 2 Var. 2 GG besitzt. bb) Rechtsunsicherheit Die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung der Schenkungsbesteuerung könnte sich aus einer durch unterschiedliche landesgesetzliche Regelungen folgenden Rechtsunsicherheit ergeben. Denn hätten die Länder die Gesetzgebungskompetenz, so könnten und würden sie wahrscheinlich unterschiedliche Regelungen treffen. Diese Unterschiedlichkeit der Schenkungsteuergesetze könnte die Rechtssicherheit derart beeinträchtigen, dass sich eine Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen ergäbe.217 Eine bloße Unterschiedlichkeit der Landesgesetze kann aber regelmäßig nicht zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen führen. Wenn in einem Bundesstaat den Ländern Gesetzgebungskompetenzen eingeräumt werden, ist es als Kennzeichen des Föderalismus selbstverständlich, dass sie grundsätzlich unterschiedliche Regelungen treffen können. Die Unterschiedlichkeit der Regelungen führt erst dann zu einer Rechtszersplitterung mit problematischen Folgen, wenn das gesamtstaatliche Rechtsgut der Rechtseinheit im Sinne einer funktionsfähigen Rechtsgemeinschaft bedroht wäre.218 Dazu bedürfte es einer erheblichen Rechtsunsicherheit und damit zusammenhängender Behinderungen des länderübergreifenden Rechtsverkehrs.219 214 Vgl. dazu ausführlich A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 146 ff. 215 Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. 216 Bei einer Übertragung des Ergebnisses ist vor allem an die Wahl des Systems der Besteuerung zu denken, d. h. Nachlasssteuer oder Erbanfallsteuer. 217 So BT-Drucks. 16/7918, S. 25. 218 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145. 219 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 146.
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Teilweise wird unter Hinweis auf bestehende unterschiedliche Schul- oder Kommunalgesetze die Gefahr einer Rechtsunsicherheit verneint.220 Werden unter Kommunalgesetzen die Gemeindeordnungen, Landkreisordnungen, Kommunalwahlgesetze und Kommunalabgabengesetze verstanden,221 ist in der Tat davon auszugehen, dass diese Regelungen für den Bürger regelmäßig eine geringere Rolle spielen als die Besteuerung einer Schenkung. Auch kann sich aus diesen Regelungen kaum eine Gefahr für länderübergreifenden Rechtsverkehr ergeben. Dagegen wird bereits im Bereich der Bildungspolitik eine stärkere Vereinheitlichung gefordert, um die Probleme beim Schulwechsel in ein anderes Bundesland zu verkleinern.222 Dass in diesem Bereich auch länderübergreifende Probleme zu vermuten sind, zeigt auch die Möglichkeit der Übertragung von Hoheitsrechten durch die Länder nach Art. 24 Abs. 1a GG, wo als Anwendungsbereich auf das Schulwesen verwiesen wurde.223 Bei einer Schenkung dürfte aufgrund der hohen Mobilität der Bevölkerung eine Betroffenheit von mehreren Ländern noch häufiger vorkommen. Eine Gefahr für den länderübergreifenden Rechtsverkehr durch Landesschenkungsteuergesetze erscheint daher nicht ausgeschlossen. Soweit es um die Frage der Steuerpflicht geht, wurde die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung der persönlichen Steuerpflicht bereits dargelegt.224 Deshalb ist nur noch zu klären, ob weitergehende bundesgesetzliche Regelungen zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit erforderlich sind. Eine bundesgesetzliche Festlegung des Steuersatzes wird des Weiteren teilweise gefordert um einen Verstoß gegen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu vermeiden.225 Dabei wird verkannt, dass eine Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG bei unterschiedlichen Regelungen der Länder in einem Bundesstaat nicht in Betracht kommt.226 Zudem sieht das Grundgesetz selbst Möglichkeiten unterschiedlicher Steuerbelastungen vor. Nach Art. 106 Abs. 5 Satz 3 GG kann den Gemeinden ein Hebesatzrecht zugestanden werden, so dass sich innerhalb der Einkommensteuer unterschiedliche Steuerbelastungen für die einzelnen Steuerpflichtigen ergeben können.227 Auch die Befugnis der Länder zur Festlegung des Steuersatzes der Grunderwerbsteuer nach Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG zeigt die Zulässigkeit unterschiedlicher Steuerbelastungen. Eine bundesgesetzliche Regelung des Steuer-
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H. Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 314 f. In diesem Sinne M.-E. Geis, Kommunalrecht, 2011, § 4 Rn. 9. 222 Vgl. U. Häde, LKV 2011, S. 97, 101. 223 BT-Drucks. 12/3338, S. 10. 224 Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. b) aa) (2) (b). 225 BT-Drucks. 16/7918, S. 25, aber unklar, ob nicht der Gesichtspunkt der Wirtschaftseinheit gemeint ist. 226 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145; zustimmend R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 833. 227 T. Maunz, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 106 Rn. 86; vgl. oben Teil 3 D. II. 2. a). 221
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satzes ist zur Gewährleistung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung jedenfalls nicht erforderlich. In Betracht kommt die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung für die Bewertung der übergehenden Vermögensgegenstände. Denn wird beispielsweise ein Grundstück auf mehrere in unterschiedlichen Ländern ansässige Erwerber übertragen und wird dieses Grundstück unterschiedlich bewertet, ergeben sich bereits vor der Frage der Steuersätze unterschiedliche Rechtsfolgen. Grundsätzlich ist die Bewertung als Teil der Ermittlung der Bemessungsgrundlage genauso zu behandeln wie der Steuersatz, da beides auf die Höhe der Steuerbelastung Einfluss hat. Allerdings stellen sich bei der Bewertung unterschiedliche Regelungen für einen Steuerpflichtigen, der einen Belastungsvergleich der Schenkungsteuer in verschiedenen Ländern vornehmen möchte, deutlich schwieriger dar als eine bloße Steuersatzdifferenz. In der Literatur wird teilweise angenommen, dass die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Bewertung nicht besteht, da die Länder nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts228 den gemeinen Wert zum Maßstab zu nehmen hätten, so dass keine gravierenden Abweichungen mehr möglich seien.229 Dabei wird verkannt, dass eine bundeseinheitliche Landesgesetzgebung die Erforderlichkeit nicht ausschließt.230 Wenn also eine unterschiedliche Bewertung zu Rechtsunsicherheit führen sollte, ist auch eine bundesgesetzliche Normierung erforderlich, da ein milderer Eingriff in das Gesetzgebungsrecht der Länder nicht ersichtlich ist. Die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung ist aber aus einem anderen Grund nicht gegeben. Eine unterschiedliche Bemessungsgrundlage führt zwar zu unterschiedlichen Rechtsfolgen231 und ist schwieriger zu vergleichen als eine bloße Steuersatzdifferenz. Allerdings erscheinen solche Schwierigkeiten noch nicht als erhebliche Rechtszersplitterung, sondern sind in einem föderalen Staat hinzunehmen.232 Die Möglichkeit von Unterschieden in der Bemessungsgrundlage zeigt sich auch bei örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, die ein bundesweites Unternehmen ebenfalls zum Beachten einer Vielzahl von Regelungen zwingt. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass über die bereits erörterte bundesgesetzliche Normierung der persönlichen Steuerpflicht keine weitergehenden
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BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 33. R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 834. 230 Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. b) aa) (2) (b). 231 Zutreffend R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 834. 232 R. Wernsmann, in: Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, S. 161, 180 f.; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 151. 229
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bundesgesetzlichen Regelungen zur Vermeidung von erheblicher Rechtsunsicherheit zu treffen sind. c) Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse Eine bundesgesetzliche Regelung der Schenkungsteuer könnte zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse233 erforderlich sein. Das ist grundsätzlich der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik erhalten werden soll und Landesregelungen erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten.234 Die Wahrung der Wirtschaftseinheit weist damit einen anderen Schwerpunkt auf als die Wahrung der Rechtseinheit, auch wenn sich teilweise Überschneidungen ergeben können.235 Wenn unterschiedliche Regelungen zu wirtschaftpolitisch bedrohlichen oder unzumutbaren Auswirkungen führen, findet Art. 72 Abs. 2 Var. 3 GG Anwendung. Wirtschaftspolitisch bedrohlich könnten sich bei einer Landesschenkungsteuergesetzgebung mögliche Mehrfachbelastungen, erhöhte Steuerbefolgungskosten, Wettbewerbsverzerrungen oder Wanderungsbewegungen der Steuerpflichtigen auswirken. aa) Gefahr von Mehrfachbelastungen Teilweise wird eine bundesgesetzliche Regelung wegen der Gefahr von Mehrfachbelastungen nicht nur zur Wahrung der Rechtseinheit,236 sondern auch zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse für erforderlich gehalten.237 Dieser Gesichtspunkt trifft aber vorwiegend die Rechtseinheit und nicht die Wirtschaftseinheit. Selbst wenn dies auch die Wirtschaftseinheit beträfe, änderte sich hierdurch am Umfang der Kompetenz nichts, so dass eine bundesgesetzliche Regelung lediglich zur Normierung der persönlichen Steuerpflicht erforderlich ist.
233 Nach R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 63 soll die Voraussetzung des gesamtstaatlichen Interesses nur für die Wahrung der Rechtseinheit gelten, da die Wirtschaftseinheit erst im Vermittlungsverfahren eingeführt wurde und lediglich aus sprachlichen Gründen mit der Rechtseinheit zusammengefasst worden sei. Für die Einbeziehung des gesamtstaatlichen Interesses auch im Rahmen der Wirtschaftseinheit z. B. BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 146 f.; A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 142; R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 72 Rn. 37. 234 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 146 f. 235 BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 155. 236 Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. b) aa). 237 A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 139 f.
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bb) Erhöhte Steuerbefolgungskosten Teilweise werden durch unterschiedliche Landesregelungen verursachte erhöhte Steuerbefolgungskosten für derart gravierend gehalten, dass zu ihrer Vermeidung eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich sein soll, um die Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse zu wahren.238 Dagegen spricht bereits, dass in einem föderal gegliederten Staat durch unterschiedliche Rechtslagen verursachte Rechtsbefolgungskosten grundsätzlich hingenommen werden müssen.239 Zudem ist zu beachten, dass die Steuerbefolgungskosten bei der Schenkungsteuer nicht den Unternehmen aufgebürdet sind, da die Schenkungsteuer an der Bereicherung des Erwerbers ansetzt. Die einzelnen übergehenden Vermögensgegenstände, wozu auch Unternehmen gehören, sind von Schenkungsteuern regelmäßig nicht direkt betroffen. Zwar kann bei fehlender Liquidität zur Schenkungsteuerzahlung auf das Unternehmen zugegriffen werden, um durch Ausschüttungen die benötigte Liquidität zu erhalten, doch ist dies nicht zwangsläufig. Zu beachten ist auch, dass die bei der Gestaltung einer internationalen Schenkung dringendste Aufgabe die Vermeidung von Doppelbesteuerungen ist, was bei länderübergreifenden Schenkungen nicht notwendig ist, da bereits zur Wahrung der Rechtseinheit hierzu eine bundesgesetzliche Regelung der persönlichen Steuerpflicht erforderlich ist. Zudem sind Schenkungen singuläre Ereignisse und somit nicht laufend zu gestalten, so dass durch verschiedene Landesschenkungsteuergesetze verursachte erhöhte Steuerbefolgungskosten nicht die Wirtschaftseinheit erheblich beeinträchtigen können.240 cc) Wettbewerbsverzerrungen Die Bundesregierung hält eine bundesgesetzliche Regelung der Schenkungsteuer zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse für erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.241 Unklar ist allerdings, welcher „Wettbewerb“ betroffen sein soll.242 Im Rahmen der Schenkungsteuer könnten unter Wettbewerbsverzerrungen zum einen die sich durch unterschiedliche Steuerbelastungen ergebende Ungleichheit in der steuerlichen Belastung zu
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J. Hey, in: FS Solms, S. 35, 39. A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 141. 240 So auch A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 142. 241 BT-Drucks. 16/7918, S. 25. 242 Zu diesem Problem ausführlich C. Seiler, in: Blanke/Scherzberg/Wegner (Hrsg.), Dimensionen des Wettbewerbs, 2010, S. 393 ff. 239
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verstehen sein, die sich auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen243 auswirken kann. Zum anderen könnte ein Wettbewerb um das Steuersubstrat gemeint sein, d. h. durch unterschiedliche Steuerbelastungen ausgelöste Wanderungsbewegungen von Bürgern und Unternehmen [dazu sogleich gesondert (4)]. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen könnte gefährdet sein, wenn Unternehmen eine höhere Steuerlast zu tragen hätten als andere Unternehmen. Dass Unternehmen mit Schenkungsteuer belastet werden, kommt direkt nur im Fall ihrer Stellung als Erwerber in Betracht. Das Problem, dass auf Unternehmen zur Liquiditätsbeschaffung für die Schenkungsteuerzahlung zurückgegriffen werden muss, kommt zum einen nicht bei allen Unternehmen vor, zum anderen kann dem gegebenenfalls durch Abwanderung in ein anderes Land mit niedrigerer Steuerbelastung begegnet werden. Das Unternehmen selbst hat zwar keinen Einfluss auf den Wohnsitz der Gesellschafter, an den die Schenkungsteuerpflicht anknüpfen könnte, doch steht auch die generelle Finanzausstattung nicht in ihrem Belieben. Denn die Gesellschafter selbst haben maßgeblichen Einfluss auf die Höhe der Ausschüttung. Deshalb sind die Folgewirkungen einer nur singulär auftretenden indirekten Schenkungsteuerbelastung nicht als für die Wirtschaftseinheit bedrohlich einzustufen. Dies gilt vor allem auch deshalb, da die Länder, wenn sie diesem Problem begegnen wollen, für Fälle, in denen nicht genügend Liquidität zur Steuerzahlung bereitsteht, besondere Regelungen zur Verfügung stellen könnten. Dass unterschiedliche Steuerlasten von Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht in jedem Fall treffen, zeigt sich an der Möglichkeit unterschiedlicher Gewerbesteuer-Hebesätze. Dies führt für Unternehmen ebenfalls zu unterschiedlichen Steuerbelastungen, ohne dass dies zum Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit führt. Soweit die Wirtschaftseinheit im Hinblick auf unterschiedliche Belastungen der Bürger oder indirekt von Unternehmen auch unter dem Gesichtspunkt der Nichtgewährleistung der Gleichmäßigkeit der Steuerbelastung gemeint sein sollte,244 wird die im föderalen Aufbau zwischen den Gliedstaaten nicht mögliche Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG verkannt.245 Eine unterschiedliche – lediglich indirekte – Steuerbelastung von Unternehmen führt demnach zu keiner erheblichen Bedrohung für die Wirtschaftseinheit, so dass deshalb keine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist.246
243 Die unterschiedliche Belastung von Privatpersonen kann schwerlich unter einem Wettbewerbsbegriff erfasst werden. 244 BT-Drucks. 16/7918, S. 25. 245 BVerfG v. 24.10.2002, 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, S. 62, 145. 246 So auch R. Wernsmann, in: Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, S. 161, 181.
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dd) Wanderungsbewegungen Soweit unter Wettbewerbsverzerrungen die Auswirkungen auf das Steueraufkommen der Länder verstanden werden, ist fraglich, ob die durch unterschiedliche Belastungen ausgelösten Wanderungsbewegungen ein solch großes Ausmaß annehmen würden, dass sich hierdurch eine Gefahr für die Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik ergäbe, so dass eine bundesgesetzliche Regelung zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich wäre. In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Mindesthebesatz der Gewerbesteuer wurden die Folgen der durch den Verzicht auf die Erhebung von Gewerbesteuer ausgelösten Wanderungsbewegungen für die öffentlichen Haushalte als derart gravierend angesehen, dass die bundesgesetzliche Festlegung eines Mindesthebesatzes zur Wahrung der Wirtschaftseinheit als erforderlich angesehen wurde.247 Demgegenüber wird in der Literatur teilweise angenommen, dass bei der Frage der Gesetzgebungskompetenz lediglich einer einzigen Steuer noch nicht von wirtschaftspolitisch schädlichen Folgen ausgegangen werden kann.248 Dabei wird verkannt, dass auch eine einzige Steuer gravierende Folgen auslösen kann, insbesondere wenn berücksichtigt wird, dass bei Wanderungsbewegungen nicht nur das Schenkungsteueraufkommen tangiert wird, sondern regelmäßig auch Einkommensteuer- und Körperschaftsteueraufkommen gemindert werden. Allerdings könnte gegen eine große Zahl von Wanderungsbewegungen sprechen, dass eine solche wohl auch nach dem Auslaufen von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer in Österreich249 nicht – auch nicht in Bayern – aufgetreten ist. Zu berücksichtigen ist aber, dass ein Umzug in ein anderes Land geringere Folgen hat als ein Umzug in einen anderen Staat, so dass die geringe Zahl nicht direkt übertragen werden kann. Ausschlaggebend erscheint aber ein anderer Gesichtspunkt. Für die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Erforderlichkeit eines Mindesthebesatzes bei der Gewerbesteuer anzunehmen, war wesentlich, dass sich der Verzicht auf die Erhebung von Gewerbesteuer durch die Gewerbesteuerumlage auch bei anderen Körperschaften ausgewirkt hat, ohne dass diese eine Möglichkeit zur Abwehr der negativen Folgen für ihre Einnahmen hatten. Zudem haben einige Gemeinden an Stelle der Gewerbesteuer alternative Finanzierungsinstrumente eingesetzt und so den Ausfall der Gewerbesteuer kompensieren können, ohne die zuvor beteiligten Körperschaften am Aufkommen der alternativen Finanzierungs247
BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 157. So R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 833. 249 Der Österreichische Verfassungsgerichtshof hat die Erbschaftsteuer mit Erkenntnis vom 07.03.2007 – G 54/06 – 15 u. a. – ZEV 2007, 237 und die Schenkungsteuer mit Erkenntnis vom 15.06.2007 – G 23/07 – 7 u. a. – für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Änderung bis zum 31.07.2008 gesetzt, die der Gesetzgeber aber nicht genutzt hat. 248
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instrumente beteiligen zu müssen.250 In diesen Fällen können sich tatsächlich wirtschaftspolitisch bedrohliche Folgen ergeben. Das Aufkommen der Schenkungsteuer stünde nach hier vertretener Auffassung der Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Steuersatz allein den Ländern zu, so dass eine Schädigung anderer Körperschaften, ohne dass diese reagieren könnten, ausgeschlossen ist. Die Länder können Abwanderungsbewegungen eigenständig entgegenwirken, indem sie ebenfalls die Steuerbelastung senken oder andere Anreize zur Ansässigkeit in ihrem Gebiet schaffen. Für den Finanzausgleich bestehen – wie gezeigt – Möglichkeiten, dass es zu keinen negativen Anreizen kommt. Eine Bedrohung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraumes der Bundesrepublik durch Wanderungsbewegungen in Folge unterschiedlicher Schenkungsteuerbelastung ist mithin nicht ersichtlich.251 Eine bundesgesetzliche Regelung ist daher zur Wahrung der Wirtschaftseinheit nicht erforderlich. d) Bundeskompetenz kraft „Europarechts“? Bei den bisherigen Ausführungen zur Auslegung von Art. 72 Abs. 2 GG wurden die „europäischen Implikationen“ 252 nicht gesondert gewürdigt. Für die Berücksichtigung unionsrechtlicher Vorgaben sind zwei konträre Positionen denkbar. Einerseits könnte der Bundesrepublik in den Bereichen, in denen eine Gesetzgebung zur Wahrung der Wirtschafteinheit in Betracht kommt, die Gesetzgebungskompetenz fehlen, da regelmäßig die Europäische Union zuständig sein könnte, auf die die Bundesrepublik nach Art. 23 GG Hoheitsrechte übertragen hat. Denn Maßnahmen zur Wahrung der bundesstaatlichen Wirtschaftseinheit könnten sich häufig mit Maßnahmen decken, in denen die Europäische Union die Kompetenz zur Verwirklichung des Binnenmarktes nach Art. 26 AEUV hat.253 Dann liefe Art. 72 Abs. 2 Var. 3 GG weitgehend leer. Andererseits könnte stets der Bund die Gesetzgebungskompetenz haben, wenn unionsrechtliche Vorgaben umzusetzen sind. Zur Begründung ließe sich anführen, dass bei unionsrechtlichen Vorgaben regelmäßig Maßnahmen zur Verwirklichung des Binnenmarktes getroffen werden und bei unionskonformer Auslegung bei einer Regelung zur Verwirklichung des Binnenmarktes auch die Voraussetzungen der Wahrung der Wirtschaftseinheit gegeben seien.254 Des Weiteren 250
Vgl. BVerfG v. 27.01.2010, 2 BvR 2185, 2189/04, BVerfGE 125, S. 141, 156. Zudem sind solche Wanderungsbewegungen auch in der Schweiz, in der die Kantone deutlich mehr Steuerautonomie besitzen als die deutschen Länder, nicht ersichtlich, obwohl auch dort Zentralisierungsbestrebungen erkennbar sind, vgl. A. Korte, Die konkurrierende Steuergesetzgebung des Bundes im Bereich der Finanzverfassung, 2008, S. 146 ff. mit weiteren Nachweisen. 252 R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 72 Rn. 9. 253 In diese Richtung R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 72 Rn. 37. 254 G. Schmidt, DÖV 1995, S. 657, 667. 251
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könnte in diesen Fällen ein besonders starkes und legitimes Interesse an einer bundeseinheitlichen Regelung bestehen, so dass jedes vernünftiges Interesse des Gesamtstaates an einer bundeseinheitlichen Regelung eine solche auch erforderlich machen würde.255 Die erstgenannte Ansicht führt hier nicht weiter. Obwohl unterschiedliche Regelungen im Bereich der direkten Steuern, zu denen die Schenkungsteuer zählt, der Verwirklichung des Binnenmarktes abträglich sein können, besteht in diesem Bereich weder eine besondere Zuständigkeit der Europäischen Union noch eine umfassende Möglichkeit zur Harmonisierung, da im Rahmen der allgemeinen Vorschriften für die Rechtsangleichung in Art. 114 Abs. 2 AEUV eine weit auszulegende256 Bereichsausnahme für direkte Steuern normiert ist,257 so dass zur Harmonisierung lediglich die allgemeine Harmonisierungskompetenz nach Art. 115 AEUV besteht. Diese allgemeine Harmonisierungskompetenz ist thematisch nicht beschränkt. Würde diese Kompetenz der Europäischen Union zum Ausschluss nationaler Regelungen genügen, bliebe für die Mitgliedstaaten kaum Raum für eigenständige Regelungen mehr übrig. Die für direkte Steuern bestehende allgemeine Harmonisierungskompetenz genügt also nicht um die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auszuschließen. Deshalb bleibt insoweit Raum für eine Regelung zur Wahrung der Wirtschaftseinheit der Bundesrepublik. Die zweite Ansicht, dass der Bund stets die Gesetzgebungskompetenz habe, wenn unionsrechtliche Vorgaben umzusetzen sind, könnte bei der Besteuerung von Schenkungen in Betracht kommen, stößt aber auf Bedenken. Warum bei Gesetzen, die der Umsetzung einer Verpflichtung aus Unionsrecht dienen, der Bund einen Vorrang haben soll, ist nicht ersichtlich. Soweit kein Umsetzungsspielraum vorhanden ist, kann eine landesgesetzliche Regelung der Verpflichtung ebenso gut nachkommen, wie eine bundesgesetzliche Regelung. Ein Interesse an einer bundesgesetzlichen Regelung ist nicht ersichtlich. Soweit also die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erfüllt sind, ist auch eine bundeseinheitliche Landesgesetzgebung möglich. Dies ist auch kein Widerspruch zu der oben258 vertretenen Ansicht, dass eine bundesgesetzliche Regelung immer dann erforderlich ist, wenn die Länder sonst eine bundeseinheitliche Landesgesetzgebung vornehmen müssten. Denn bei der Umsetzung einer Richtlinie besteht eine Pflicht zur Umsetzung, für deren Verletzung die Länder einstehen müssen (Art. 104a Abs. 6 GG). Deshalb sind Abweichungen von der erforderlichen einheitlichen Linie deutlich unwahrscheinlicher als im nationalen Bereich, in dem keine derartigen Sanktionen drohen. Haben die Länder bei einer auf Unionsrecht basieren255 So R. Sannwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 72 Rn. 48; a. M. A. Schmehl, DÖV 1996, S. 724, 727 Fn. 33, der die Erforderlichkeit in jedem Fall gesondert prüfen will. 256 H. G. Fischer, in: Lenz/Borchardt (Hrsg.), EU-Verträge, Art. 114 Rn. 4. 257 D. Dürrschmidt, NJW 2010, S. 2086, 2087 f. 258 Teil 3 D. II. 3. b) aa) (2) (b).
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den Verpflichtung zur Gesetzgebung einen Umsetzungsspielraum, ist erst recht kein Grund ersichtlich, ihnen diesen nicht zu belassen, wenn die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG nicht erfüllt sind und somit der grundsätzliche Vorrang der Landesgesetzgebung keine Nachteile mit sich bringt. Folglich besteht eine Bundeskompetenz grundsätzlich nicht bereits, wenn unionsrechtliche Vorgaben zu beachten sind.259 Anlass hieran zu zweifeln, könnte sich aber aus einem gegen das Königreich Spanien eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren260 ergeben. Denn dort haben die Autonomen Gemeinschaften die Gesetzgebungskompetenz für Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer. Daneben besteht ein Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz des Staates. Bei im Ausland ansässigen Erblassern finden nicht die Erbschaftsteuergesetze der Autonomen Gemeinschaften Anwendung, sondern das staatliche Erbschaftsteuergesetz, das allerdings regelmäßig eine höhere Steuerbelastung als die Gesetze der Autonomen Gemeinschaften vorsieht. Nach hier vertretener Ansicht hat in der Bundesrepublik der Bund das Gesetzgebungsrecht zur Normierung der persönlichen Steuerpflicht.261 Die Länder haben die Kompetenz für die weitergehenden Regelungen. Der Bund kann bei der Bestimmung der persönlichen Steuerpflicht dafür sorgen, dass bei Auslandssachverhalten wie bei länderübergreifenden Sachverhalten einem Land die Besteuerung zusteht. Auch bei Normierung einer beschränkten Steuerpflicht kann vermieden werden, dass Auslandssachverhalte höher besteuert werden als Inlandssachverhalte. Ausländische Grundstücke eines im Inland Ansässigen könnten so im Unterschied zum Königreich Spanien mit dem gleichen Steuersatz belastet werden wie in diesem Land belegene Grundstücke. Der Verhinderung einer (möglichen) Diskriminierung kann also im Rahmen der gewöhnlichen Kompetenzaufteilung erfolgen, so dass kein abweichender Maßstab an die Gesetzgebungskompetenz zu legen ist. Eine Bundeskompetenz „kraft Europarechts“ besteht mithin nicht. 4. Kompetenz für außerfiskalische Lenkungszwecke Einer gesonderten Beurteilung bedarf die Frage, ob und wenn ja, wer außerfiskalische Lenkungszwecke mittels Lenkungsnormen im Rahmen der Besteuerung von Schenkungen verfolgen darf. Dabei sind verschiedene Ebenen zu unterscheiden. Fraglich könnte bereits sein, ob Lenkungsnormen262 als Steuern zu qualifizieren sind. Wird dies bejaht, ist weiter fraglich,263 ob allein die Steuergesetzge259
So auch J. Isensee, in: FS Badura, S. 689, 710 f. Aktenzeichen der Kommission 2004/4090. 261 Vgl. Teil 3 D. II. 3. b) aa) (2) (b). 262 Vgl. zur Terminologie K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68a. 263 Vgl. zur Notwendigkeit der Trennung dieser zwei Fragen K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuerge260
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bungskompetenz264 maßgebend ist oder ob daneben noch die Sachkompetenz treten muss265 oder ob allein die Sachkompetenz266 ausschlaggebend ist.267 Bei Annahme der Steuergesetzgebungskompetenz schließt sich die Frage an, ob und inwieweit der Steuergesetzgeber inhaltlich in die Sachmaterie eingreifen darf, d. h. Kompetenzausübungsschranken unterworfen ist. a) Lenkungszwecke und Steuerbegriff Dass der Steuerbegriff auch erfüllt ist, wenn Lenkungszwecke verfolgt werden, ist beinahe allgemeine Ansicht.268 Denn jede Steuer belastet nicht nur, sondern führt auch außerfiskalische Wirkungen herbei.269 Wenn aber jeder Steuer ein lensetze, 1966, S. 10 ff., 19 ff.; zustimmend K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68j. 264 BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106, 118; R. Barthelmann, Der gestaltende Steuergesetzgeber im Konflikt mit dem Sachgesetzgeber, 2006, S. 76 ff.; M. Rodi, StuW 1999, S. 105, 113 f.; W. Heun, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 16; B. Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 105 Rn. 4; C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135, 140; C. Trzaskalik, Inwieweit ist die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen?, 2000, S. E 76; F. Kirchhof, StuW 2002, S. 185, 198; H.-G. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Hopfauf (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 105 Rn. 16; S. Müller-Franken, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 48. 265 K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 1105; K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 31; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, S. 1062; K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68o ff. 266 P. Kirchhof, Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 72; H.-W. Bayer, StuW 1972, S. 149, 155; J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 4 Rn. 22. 267 Angesichts der Neufassung des Art. 72 Abs. 2 GG und der damit einhergehenden Justiziabilität ist die Ansicht von P. Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 160, dass Sach- und Steuergesetzgebungskompetenz regelmäßig beim Bund liegen, sodass die verschiedenen Ansichten in der Regel zum gleichen Ergebnis führten, überholt; so auch noch nach der Neufassung von Art. 72 Abs. 2 GG U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 249. Zutreffend R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 180 Fn. 18. 268 Z. B. BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 37; H. Siekmann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, vor Art. 104a Rn. 14, 88; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 177 f.; K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/ Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68b; S. MüllerFranken, in: Friauf/Höfling (Hrsg.), Berliner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 44; H.-G. Henneke, ZG 1998, S. 275, 283 ff. 269 D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, S. 71 ff.; K. Vogel, in: FS Badura, S. 589, 591; F. Kirchhof, DVBl. 2000, S. 1166, 1167; C. Trzaskalik, Inwieweit ist die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen?, 2000, S. E 37; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 65; R. Barthelmann, Der gestaltende Steuergesetzgeber im Konflikt mit dem Sachgesetzgeber, 2006, S. 86.
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kendes Moment innewohnt, so ist nicht ersichtlich, warum das bewusste Verfolgen von Lenkungszwecken vom immanenten Lenken unterschieden werden müsste, solange nur die Erzielung von Einnahmen zur Deckung eines finanziellen Bedarfs der öffentlichen Verwaltung verfolgt wird.270 Lenkungsnormen fallen demnach unter den verfassungsrechtlichen271 Steuerbegriff. b) Sachkompetenz Ist die Lenkungsteuer eine Steuer, so ist zumindest die Steuergesetzgebungskompetenz zu fordern. Das Grundgesetz trennt in den Art. 70 und 105 zwischen Sach- und Steuergesetzgebungskompetenzen. Bereits diese Trennung führt angesichts des Wortlauts zur Widerlegung der Ansicht, dass allein die Sachkompetenz erforderlich ist.272 Darüber hinaus bestünde die Gefahr der Umgehung der Regelungen der Finanzverfassung, wenn der Sachgesetzgeber steuerliche Regelungen treffen könnte. Könnte der Sachgesetzgeber Steuervergünstigungen im Rahmen seiner Sachkompetenz treffen, schmälerte er dadurch die Erträge der ertragsberechtigten Körperschaften, ohne dass diesen stets eine Beteiligungsmöglichkeit eingeräumt wäre.273 Folge wäre eine Gefahr für die Ertragsverteilung zwischen Bund und Ländern, wenn der Sachgesetzgeber außerhalb der Finanzverfassung Einnahmen generieren oder mindern könnte.274 Dem Sachgesetzgeber fehlt damit die Gesetzgebungskompetenz nicht nur für Finanzwecksteuern, sondern auch für Lenkungsnormen.275 270 K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 16. 271 Lenkungsnormen fallen nach § 3 Abs. 1 AO auch unter den einfachgesetzlichen Steuerbegriff. Dieser gibt derzeit den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff zutreffend wieder, kann aber als einfachgesetzliche Vorschrift die Auslegung der Verfassung nicht beeinflussen, BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106, 118; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 177. 272 U. Sacksofsky, Umweltschutz durch nicht-steuerliche Abgaben, 2000, S. 250 Fn. 109, die allerdings unzutreffend davon ausgeht, dass die These der alleinigen Sachkompetenz nicht vertreten werde. 273 Dies ist in verschiedenen Fallkonstellationen denkbar. So könnte der im Kulturbereich zuständige Landesgesetzgeber eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für im Kulturbereich eingesetzte Kraftfahrzeuge einführen. Dem stünde der Bund als nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG ertragsberechtigte Körperschaft ohne Mitwirkungsmöglichkeit gegenüber. Umgekehrt ist auch denkbar, dass der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuständige Bundesgesetzgeber zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung von Banken diese von der Körperschaftsteuer befreit und damit auch das Aufkommen der Länder mindert. Dabei haben die Länder mangels Zustimmungspflicht nur die Möglichkeit eines Einspruchs. Gleiches gilt auch für Lenkungsnormen, die eine Belastung normieren. So könnte zur Eigenkapitalverbesserung der Banken auch eine Dividendensteuer durch den Sachgesetzgeber eingeführt werden. 274 Vgl. für Sonderabgaben BVerfG v. 08.06.1988, 2 BvL 9/85 und 3/86, BVerfGE 78, S. 249, 266. 275 Im Ergebnis auch R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 181 f., der auch auf die problematische Abgrenzung zwischen Fiskal-
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c) Steuergesetzgebungskompetenz und Sachkompetenz Für das Erfordernis einer doppelten Kompetenz für Lenkungsnormen wird angeführt, dass der Steuergesetzgeber sonst in den Bereich des Sachgesetzgebers übergreifen könnte, was mit dem Sinn und Zweck der Kompetenzverteilung nicht vereinbar wäre.276 Lediglich für Nebenbestimmungen eines Steuergesetzes soll dem Steuergesetzgeber auch für über den „eigentlichen steuerrechtlichen Bereich“ hinaus reichende Regelungen die Kompetenz zufallen, soweit ein notwendiger Sachzusammenhang besteht.277 Dabei wird auf die Parallelität zu Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hingewiesen,278 der den Erlass von strafrechtlichen Normen nur insoweit gestattet, als damit keine Sachregelungen getroffen werden.279 Gegen eine doppelte Kompetenzgrundlage wird eingewandt, dass dann bei Auseinanderfallen von Sach- und Steuergesetzgebungskompetenz keine die Sachregelung verstärkenden steuerlichen Anreize gesetzt werden könnten.280 Als Beispiel wird eine Regelung des Bundes im Einkommensteuerrecht für den Kulturbereich, in dem die Länder zuständig sind, angeführt.281 In diesem Fall sei unklar, wer das hierfür erforderliche Gesetz erlassen soll.282 Dass Bund und Länder es nicht gemeinsam könnten, ergebe sich aus Art. 70 Abs. 2 GG, wonach zwischen Kompetenzen von Bund und Ländern abgegrenzt werden müsse.283 Dass eine solche Regelung dann nicht eingeführt werden könnte, wird abgelehnt, da zwecknormen und Lenkungsnormen hinweist, die sich nicht mit der für Kompetenznormen gebotenen Klarheit und Bestimmtheit vertrüge. Angesichts der in der Literatur erwogenen Lösungsmöglichkeiten, etwa F. Kirchhof, DVBl. 2000, S. 1166, 1167, der ein finales Kriterium vorschlägt (dazu und weitere Lösungsmöglichkeiten bei K. Vogel/ H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68f), erscheinen Abgrenzungsschwierigkeiten aber nicht als zwingendes Argument. 276 K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 28. 277 K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 31, der als Beispiele Abschreibungen, Absetzungen und Bewertungsfragen nennt. 278 K. H. Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966, S. 29 f. 279 R. Stettner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Supplementum, Art. 74 Rn. 24. 280 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 181. Dabei ist der Belastungsgrund aber unabhängig vom Ordnungsrecht zu verorten, C. Trzaskalik, StuW 1992, S. 135, 149. 281 Beispiel von R. Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz – Rechtsfolgen und Rechtsschutz, 2000, S. 187; übernommen in R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 180. 282 R. Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz – Rechtsfolgen und Rechtsschutz, 2000, S. 187; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 180. 283 R. Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz – Rechtsfolgen und Rechtsschutz, 2000, S. 187; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 180.
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
für jeden Bereich eine Kompetenz gegeben sein müsse.284 Dies erscheint fraglich. Denn bei den hier in Rede stehenden steuerlichen Regelungen dürfte es sich kaum um unerlässliche Regelungen halten. In jedem Fall bliebe dem Sachgesetzgeber die Möglichkeit, Regelungen auf diesem Gebiet zu erlassen. Er kann dies lediglich nicht auf steuerlichem Wege tun. Damit bleibt aber die Möglichkeit gegeben, in jedem Bereich gesetzgeberisch tätig zu werden. Dass eine doppelte Kompetenz im Grundgesetz nicht vorgesehen ist, ergibt sich aber aus einem anderen Grund. Der Steuergesetzgeber greift nicht in den Bereich des Sachgesetzgebers über, da der Sachgesetzgeber eine verbindliche Verhaltensregel normiert, während die Wirkung des Steuergesetzes davon abhängt, ob der Steuerpflichtige dessen Handlungsempfehlung folgt oder nicht.285 Dies lässt sich durch das Fehlen einer „echten“ Normkollision stützen. Eine solche Kollision, die nach den anerkannten Kollisionsregeln gelöst werden könnte, setzt voraus, dass der Bürger zwei gegensätzlichen Rechtsfolgen gegenübersteht und somit sein Verhalten nicht auf eine staatliche Reaktion einstellen kann.286 Bei steuerlichen Regelungen ist dies aber nicht der Fall, da der Steuerpflichtige sein Verhalten nicht ändern muss, sondern lediglich die steuerlichen Folgen zu tragen hat. Daher ist eine doppelte Kompetenzgrundlage abzulehnen. d) Steuergesetzgebungskompetenz Für Lenkungsnormen ist mithin allein die Steuergesetzgebungskompetenz erforderlich. Im Bereich von Lenkungsnormen im Bereich der Schenkungsteuer ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG insoweit vorliegen. aa) Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG Bestünden beispielsweise Begünstigungen für Unternehmensvermögen oder Höherbelastungen für umweltschädigende Vermögensgegenstände nur in einzelnen Ländern, könnten Wanderungsbewegungen die Folge sein. Die Folgen wären aber mit dem Bestehen eines unterschiedlichen Steuersatzes vergleichbar, so dass 284 R. Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz – Rechtsfolgen und Rechtsschutz, 2000, S. 188; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 181. 285 BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106, 118, das lediglich in Fällen, in denen die steuerliche Lenkung einer sachgesetzlich normierten Verhaltenspflicht entspreche, die Steuergesetzgebungskompetenz nicht mehr als genügend ansieht. Dagegen überzeugend C. Trzaskalik, Inwieweit ist die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen?, 2000, S. E 35 f. Diese Frage kann in dieser Arbeit aber offen bleiben, da eine solche Wirkung bei Lenkungsnormen im Schenkungsteuerrecht nicht ersichtlich ist. 286 M. Kloepfer/K. T. Bröcker, DÖV 2001, S. 1, 10.
D. Steuererfindungsrecht
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keine die Wirtschaftseinheit bedrohende Entwicklung erkennbar ist.287 Zudem könnten die Länder ohne Vergünstigung durch andere Maßnahmen wie vergünstigten Krediten oder Subventionen die Standortattraktivität durch eigene Maßnahmen ausgleichen.288 Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG sind mithin nicht erfüllt, so dass den Ländern auch die Gesetzgebungskompetenz zur Verfolgung außerfiskalischer Lenkungsziele zukommt. bb) Bestehen von Kompetenzausübungsschranken Diese Gesetzgebungskompetenz könnte durch Kompetenzausübungsschranken eingeschränkt sein. Das Bundesverfassungsgericht sieht eine solche Schranke im Rechtsstaatsprinzip, das ein Verbot widersprüchlicher Normsetzung enthalte, so dass der Steuergesetzgeber keine Regelungen erlassen dürfe, die den vom Sachgesetzgeber verfolgten Zielen entgegenstehen.289 Im Rahmen der Schenkungsteuer kommen als außerfiskalische Lenkungsziele regelmäßig Vergünstigungen für bestimmte Vermögensarten in Betracht. Aber auch eine Lenkung durch Höherbelastung umweltschädigender Vermögensgegenstände erscheint möglich. Sachregelungen bezüglich von Vergünstigungen der Wirtschaftsförderung wie Subventionen oder vergünstigte Kredite werden regelmäßig nicht in Widerspruch zu den möglichen steuerlichen Regelungen stehen, da beide auf Begünstigung angelegt sind. Bezüglich einer Lenkung durch Höherbelastung erscheint ein Konflikt mit Sachregelungen wahrscheinlicher. Dies zeigt sich etwa daran, dass die Bestimmung umweltschädigender Vermögensgegenstände nicht eindeutig ist. So könnten Kohlekraftwerke vom Sachgesetzgeber bevorzugt werden um Atomkraftwerke schneller abschalten zu können, während der Steuergesetzgeber den damit verbundenen CO2-Ausstoß als schädlich erachtet. Für den Schenkungsteuergesetzgeber bedeutet dies, dass er grundsätzlich Lenkungsnormen erlassen darf, aber dabei Rücksicht auf die vom Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen nehmen muss und keine den Entscheidungen des Sachgesetzgebers widersprechende Entscheidungen treffen darf. e) Zwischenergebnis Die Länder haben auch für außerfiskalische Lenkungsziele im Rahmen der Schenkungsteuer die Gesetzgebungskompetenz.
287
Vgl. oben Teil 3 D. II. 3. c) dd). R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 835. 289 BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106, 118 f.; kritisch dazu M. Kloepfer/K. T. Bröcker, DÖV 2001, S. 1, R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 182 ff.; K. Vogel/H. Walter, in: Dolzer/Kahl u. a. (Hrsg.), Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 105 Rn. 68p. 288
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
5. Fortgeltung nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG Nach hier vertretener Ansicht steht die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Schenkungsteuer bis auf die Normierung der persönlichen Steuerpflicht und des grundlegenden Steuergegenstandes den Ländern und nicht dem Bund zu. Fraglich ist, wie sich dies auf das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz auswirkt. Die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes führt nicht zwangsläufig zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes. Denn das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz könnte nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG fort gelten. Voraussetzung hierfür ist, dass das bundesgesetzliche Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ursprünglich kompetenzgemäß zustande kam. Zweifel daran, dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz unter Geltung des Art. 72 Abs. 2 GG a. F. nicht kompetenzgemäß zustande kam, sind nicht ersichtlich. Deshalb gilt es grundsätzlich nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG fort. Von der Möglichkeit der Freigabe des Gesetzes in die Landeskompetenz nach Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG wurde kein Gebrauch gemacht. Da die Länder die Kompetenz erst nach einer Freigabe durch den Bund erhalten, die grundsätzlich im Ermessen des Bundes steht, hat dieser nur insoweit eine Kompetenz für Änderungen als diese die wesentlichen Elemente der bisherigen Regelung unberührt lassen und bloße Modifikationen bedeuten.290 Der Bund kann daher weder das bisherige gesetzgeberische Konzept noch die mit dem Gesetz verfolgten Ziele oder die zur Zielerreichung verwendeten Modalitäten grundlegend ändern.291 Genügen solche Modifikationen aufgrund sachlicher Gründe nicht oder ist aus politischen Gründen eine Neukonzeption erforderlich, so verengt sich der Ermessensspielraum des Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG zu einer Pflicht zur Freigabe.292 Fraglich ist, ob die umfangreiche293 Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz durch Gesetz vom 24.12.2008294 noch eine bloße Modifi-
290 BVerfG v. 09.06.2004, 1 BvR 636/02, BVerfGE 111, S. 10, 31; A. Uhle, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 125a Rn. 43. Ausführlich M. Kallerhoff, Die übergangsrechtliche Fortgeltung von Bundesrecht nach dem Grundgesetz, 2010, S. 33 ff., nach dem die Gesetzgebungskompetenz des Bundes weder die Regelung eines aliud noch eines plus umfasst (S. 39). 291 A. Uhle, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 125a Rn. 43. 292 BVerfG v. 09.06.2004, 1 BvR 636/02, BVerfGE 111, S. 10, 31; zustimmend R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 836; kritisch ob dies aufgrund der Bestimmung der Erforderlichkeit einer Neuregelung aus der Perspektive des Bundes zu einer Stärkung der Landesgesetzgeber führt, M. Kallerhoff, Die übergangsrechtliche Fortgeltung von Bundesrecht nach dem Grundgesetz, 2010, S. 43. Dass eine grundlegende Neukonzeption aus sachlichen Gründen notwendig wird, bezweifelt H. Meyer, Die Föderalismusreform 2006, 2008, S. 223. 293 Geändert bzw. eingefügt wurden 29 Paragraphen. 294 BGBl. I S. 3018.
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kation darstellt. Zwar führt allein der Umfang der Änderung nicht zu einer Qualifizierung als Neukonzeption. Doch wurde zur Änderung der verfassungswidrigen295 Lage das bisherige Konzept, bestimmte Vermögensarten bereits auf Bewertungsebene zu begünstigen, aufgegeben. Stattdessen wurde eine am gemeinen Wert orientierte Bewertung eingeführt und erst auf einer zweiten Stufe eine Begünstigung bestimmter Vermögensarten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz vorgesehen. Wurde bisher mehr oder weniger zufällig eine Verschonung bestimmter Vermögensarten erreicht, ist eine solche Begünstigung nun nach einer einheitlichen Bewertung vom Gesetzgeber klar ersichtlich vorgegeben. Es handelt sich damit nicht nur um eine bloße technische Änderung des Steuersatzes, sondern zeigt erstmals klar erkennbar das gesetzgeberische Ziel einer Verschonung bestimmter Vermögensarten auf, das bisher nicht klar ersichtlich war. Dieses Ziel wird nun auf völlig neue Art und Weise verfolgt, indem zuerst eine einheitliche Bewertung erfolgt und erst anschließend eine klar erkennbare Begünstigung bestimmter Vermögensarten. Dies lässt sich nicht als bloße Modifikation des bestehenden Gesetzes qualifizieren, sondern stellt eine grundlegende Neukonzeption dar, so dass dem Bund keine Gesetzgebungskompetenz hierfür zukam.296 Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ist daher insoweit formell verfassungswidrig. Gleichwohl kommt damit den Ländern noch nicht die Kompetenz zum Erlass eigener Schenkungsteuergesetze zu, da es hierzu einer Freigabe durch den Bund bedarf. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz musste zur Beseitigung der verfassungswidrigen Lage umfassend geändert werden, wenn es weiter in Kraft bleiben sollte. Eine solche zwingende umfassende Änderung durch eine Neukonzeption ist dem Bund aber wie gezeigt nicht möglich. Durch bloße Modifikationen, die dem Bund möglich sind, ließ sich die verfassungswidrige Lage nicht beseitigen. Dem Bund kann auch nicht die Entscheidung über das Bestehen der Regelung zukommen, da dies eine noch gewichtigere Entscheidung als eine Neukonzeption darstellt. Das Erfordernis einer dem Bund nicht möglichen Neukonzeption stellt einen sachlichen Grund dar, der das Ermessen des Bundes zur Freigabe nach Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG derart verengt, dass er eine Freigabe hätte erteilen müssen.297 Es besteht daher eine „objektiv begründete Freigabepflicht“ 298 des Bundes.
295
BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1. So auch R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 836; R. Wernsmann, in: Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, S. 161, 181. 297 R. Wernsmann/V. Spernath, FR 2007, S. 829, 836; R. Wernsmann, in: Schön/Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, S. 161, 181. 298 A. Uhle, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 125a Rn. 45. 296
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Teil 3: Gesetzgebungskompetenz der Schenkungsteuer
6. Ergebnis Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer nach Art. 105 Abs. 2 i.V. m. Art. 72 Abs. 2 GG lediglich insoweit, als dies zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung erforderlich ist. Der Bund darf somit den grundlegenden Steuergegenstand der Schenkungsteuer und die persönliche Steuerpflicht regeln. Für weitergehende Regelungen wie die Bemessungsgrundlage, Bewertung der übergehenden Vermögensgegenstände und den Steuersatz fehlt ihm die Gesetzgebungskompetenz.
Teil 4
Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer A. Belastungsgrund der Besteuerung I. Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen Bei der Suche nach einem Belastungsgrund der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften muss zwischen zwei möglichen Systemen1 in der Besteuerung von Erbschaften unterschieden werden. Beim Konzept einer Nachlasssteuer wird das im Todesfall vorhandene Vermögen des Erblassers in seiner Gesamtheit besteuert, unabhängig davon, auf wie viele Erwerber das Vermögen übergeht.2 Demgegenüber wird beim Konzept einer Erbanfallsteuer nur der beim einzelnen Erwerber eintretende Vermögensanfall besteuert.3 Angesichts der weitgehenden Ablehnung des Konzeptes einer Nachlasssteuer4 und der in Deutschland lediglich kurzen Periode der Erhebung einer Nachlasssteuer (1919 bis 1922)5 soll in dieser Arbeit allein das Konzept einer Erbanfallsteuer untersucht werden. Belastungsgrund6 und Gegenstand7 der Besteuerung ist die durch den unentgeltlichen Vermögensübergang beim Erwerber eintretende Bereicherung, die eine Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit bewirkt.8 Damit liegt der Besteue1 Vgl. zu diesen Konzepten und ihrer Verbreitung ausführlich H. Timm, FinArch. n. F. Bd. 42 (1984), S. 553. 2 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 873; G. Crezelius, Erbschaftund Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 25 f. 3 G. Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 26. 4 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 874; G. Crezelius, Erbschaftund Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979, S. 26. 5 Eingeführt durch Gesetz vom 10.09.1919, RGBl. S. 1543; aufgehoben durch Gesetz vom 20.07.1922, RGBl. I S. 610. 6 Zur Rechtfertigung oben Teil 2 B. 7 Vgl. § 10 Abs. 1 ErbStG. 8 Für Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer: BT-Drucks. 6/3418, S. 64; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 6 f.; P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 73 Rn. 2 f., S. 588; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 872 f. Für Erbschaftsteuer: BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 172; BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 33; J. P. Meincke, in: FS Tipke, S. 391, 394; R. Seer, StuW 1997, S. 283, 285; R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 135; G. Crezelius, in: FS Tipke, S. 403, 404 f.; G. Crezelius, Erbschaft- und Schenkungsteuer in zivilrechtlicher Sicht, 1979,
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
rung von Schenkungen und Erbschaften in Form einer Erbanfallsteuer ein einheitlicher Belastungsgrund zu Grunde. Soll mit Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer die beim Erwerber eintretende Bereicherung besteuert werden, scheint daher eine einheitliche gesetzliche Ausgestaltung angezeigt.9
II. Einkommensteuer Belastungsgrund der Einkommensteuer ist nach hier vertretener Auffassung10 ebenfalls die Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit. Eine einheitliche gesetzliche Ausgestaltung ist angesichts des unregelmäßigen Anfalls unentgeltlicher Vermögensübertragungen11 sowie im Fall der Erbschaftsteuer des Wegfalls einer Person aber nicht zwingend, zumal die Einkommensteuer de lege lata regelmäßig nur am Markt erwirtschaftetes Einkommen erfasst.12 Eine unterschiedliche Behandlung von Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes und unentgeltlichen Vermögensübertragungen als Einkommen im weiteren Sinne kann daher gerechtfertigt werden. Im Folgenden ist die Einkommensteuer daher nicht mehr in die Betrachtung einzubeziehen.
B. Ökonomische Betrachtung des zivilrechtlichen Ausgangspunktes der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften De lege lata wird für die der Besteuerung durch das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz zu Grunde liegenden Vorgänge häufig auf das Bürgerliche Gesetzbuch Bezug genommen.13 Dieses stellt für unentgeltliche VermögensS. 26; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, Einführung ErbStG Rn. 16. 9 Deshalb stellt P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 73 Rn. 7 in seinem Entwurf Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen gleich. 10 Teil 2 B. II. 5. 11 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 165. 12 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 165. 13 § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 4, § 5 und § 7 Abs. 1 Nr. 4–6 ErbStG. Daneben finden sich Bezugnahmen in § 15 Abs. 3, § 20 Abs. 3 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 3 ErbStG. Die Bedeutung des Zivilrechts für das Erbschaftsteuer und Schenkungsteuerrecht darf aber auch de lege lata nicht zu hoch eingeschätzt werden. Die Schenkungsteuer nimmt nicht auf die zivilrechtliche Schenkung nach § 516 BGB Bezug, sondern erfasst gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung. Auch im Erbschaftsteuerrecht ist nicht das Erbrecht des BGB allein maßgebend, da die Zahl der Fälle, in denen ausländisches Erbrecht anzuwenden ist, vermutlich steigen wird. Dementsprechend löst sich P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 73 Rn. 3 in seinem Entwurf von den Verweisungen auf das BGB, um „den Vergleich ausländischer Zivilrechtsformen mit den deutschen“ entbehrlich zu machen.
B. Ökonomische Betrachtung
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übergänge eine Vielzahl von Regelungsinstrumenten bereit. Für Übertragungen unter Lebenden ist eine Schenkung nach §§ 516 ff. BGB möglich. Auf der anderen Seite können Übertragungen von Todes wegen durch Erbeinsetzung oder Zuwendung eines Vermögensvorteils (Vermächtnis nach § 1939 BGB) erfolgen. Daneben besteht die Möglichkeit einer Schenkung auf den Todesfall nach § 2301 BGB, die bei Vollzug unter Lebenden nach den Vorschriften über die Schenkung behandelt wird und im Übrigen nach den Vorschriften über die Verfügungen von Todes wegen. Als weitere Möglichkeit an der Schnittstelle zwischen den Übertragungen unter Lebenden und von Todes wegen bestehen Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall nach § 331 BGB. Für die vorliegende Arbeit sind hierbei einige Unterscheidungsmerkmale besonders hervorzuheben. Dies betrifft vor allem die Erbeinsetzung. Bei der Erbeinsetzung besteht zum einen nach § 1922 BGB Gesamtrechtsnachfolge- Dies bedeutet, dass das Vermögen des Erblassers als Ganzes auf den oder die Erben übergeht.14 Zum anderen ruft allein die Erbeinsetzung unmittelbar dingliche Wirkung hervor. In den übrigen Fällen der Vermögensübertragung bedarf es hierzu noch einer weiteren Handlung. So hat ein Vermächtnisnehmer nach § 2174 BGB lediglich einen Anspruch auf den vermachten Gegenstand.15 Bei einer ökonomischen Betrachtung der unentgeltlichen Vermögensübertragung sind zwei Punkte hervorzuheben. Zu beachten ist zum einen, dass im Falle der Einschlägigkeit des Erbrechts der Zuwendende des Vermögens wegfällt, während bei einer Zuwendung unter Lebenden alle beteiligten Personen erhalten bleiben. Zum anderen ist die Art der Vermögensnachfolge als Unterscheidungskriterium zu berücksichtigen. Dabei ist der Umstand, dass allein im Fall der Gesamtrechtsnachfolge, also im Fall der Erbeinsetzung, eine dingliche Wirkung herbeigeführt wird, nicht allein entscheidend. Bedeutsamer ist der Umstand, dass bei der Gesamtrechtsnachfolge das Vermögen als Ganzes übergeht und der Erbe für die Verbindlichkeiten des Erblassers mit seinem Vermögen haftet (§ 1967 BGB), während in allen anderen Fällen einzelne Vermögensgegenstände übergehen. Zwar lassen sich daraus keine Schlüsse auf die Höhe des übergehenden Vermögens oder im Todesfall auf dessen Anteil am insgesamt übergehenden Vermögen schließen.16 Denn es ist beispielsweise möglich, dass ein Unternehmen, das den 14 Zur umstrittenen Frage, ob sich der Übergang der Verbindlichkeiten des Erblassers aus § 1922 Abs. 1 BGB ergibt oder ob für den Übergang § 1967 BGB erforderlich ist, vgl. mit zahlreichen Nachweisen K. Muscheler, Universalsukzession und Vonselbsterwerb, 2002, S. 11 ff. 15 Im Unterschied zu zahlreichen ausländischen Rechtsordnungen; hierzu und zur rechtspolitischen Bewertung K. Muscheler, Universalsukzession und Vonselbsterwerb, 2002, S. 99 ff. 16 W. Litzenburger, in: Bamberger/Roth (Hrsg.), Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 2087 Rn. 5.
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
Schwerpunkt des Vermögens des Erblassers ausmacht, durch ein Vermächtnis übergeht und allein das geringere Restvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbeinsetzung. Zu beachten ist aber, dass sich die Wertverhältnisse zwischen der Verteilungsentscheidung des Erblassers und dem Todesfall ändern können. Beispielsweise könnte im oben erwähnten Fall das Unternehmen stark an Wert verlieren, so dass das ursprüngliche Restvermögen im Todesfall den Hauptteil des Vermögens darstellen kann. Des Weiteren hat die Einsetzung als Gesamtrechtsnachfolger den Vorteil, dass alle Vermögensgegenstände auf ihn übergehen, auch wenn der Erblasser sie vergessen hat. Dies lässt sich zwar durch ein Quotenvermächtnis ändern, bei dem der Bedachte einen quotalen Anteil an dem schuldenbereinigten Nachlassvermögen erhalten kann.17 Aber auch in diesem Fall weist die Nichteinräumung der Erbenstellung Nachteile auf. So hat allein ein Erbe Einfluss auf die Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses, während in den übrigen Fällen ein solcher Einfluss nicht besteht und ein Erwerber zur Rechtsverwirklichung dem Erbe vertrauen und im Übrigen gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss.18 Entscheidend ist vielmehr, dass allein der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten persönlich haftet,19 während in den übrigen Fällen der Vermögensübertragung keine derartige Folge eintritt. Zwar kann ein Erbe die Haftung auf den Nachlass begrenzen,20 doch muss er hierzu tätig werden. Dies zeigt sich auch beim Vergleich des Vermächtnisses mit einer Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung. Im Fall der Erbeinsetzung haftet der Erbe (zunächst) für die Nachlassverbindlichkeiten,21 während der Vermächtnisnehmer ein solches Risiko nicht zu tragen hat. An dieser Stelle lässt sich festhalten, dass die Einsetzung als Erbe durch die damit verbundene Gesamtrechtsnachfolge und persönliche Haftung im Regelfall mehr Chancen und Risiken beinhaltet als eine Zuwendung durch Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall und die übrigen Fälle einer Zuwendung von Todes wegen ohne Einräumung einer Erbenstellung. Es bietet sich zur Hervorhebung dieses Unterschieds der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbeinsetzung an, die unentgeltlichen Vermögensübertragungen in drei Kategorien einzuteilen. Zunächst sind die Fälle der Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen zu nennen. Daneben lassen sich Zuwendungen oder Schenkungen unter Lebenden unterscheiden. Als 17
E. Sarres, Vermächtnis, 2009, Rn. 334. Vgl. zur „schwierigen Rechtsverwirklichung“ beim Vermächtnis E. Sarres, Vermächtnis, 2009, Rn. 11 f. 19 W. Marotzke, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 1967–2017 Rn. 7. 20 Dazu W. Marotzke, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 1967–2017 Rn. 12 f. 21 Er hat dafür aber auch die Chance auf Partizipation an einer Wertsteigerung des übrigen Vermögens. Zudem kann er an der Nachlassabwicklung mitwirken, während der Vermächtnisnehmer im Fall der Nichterfüllung auf gerichtliche Hilfe angewiesen ist. 18
C. Inkonsistenzen der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften
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Drittes sind die Fälle eines Erwerbs im Zusammenhang mit einem Todesfall zu unterscheiden, die nicht in einer Erbeinsetzung bestehen. Zur Unterscheidung mit der Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen soll diese Gruppe im Folgenden als Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen bezeichnet werden, handelt es doch typischerweise um eine Einzelzuwendung.22 Diese Gruppe der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen weist große Nähe zu Schenkungen unter Lebenden auf, da in beiden Fällen meist einzelne Vermögensgegenstände übergehen. Zivilrechtlich werden sie aber aus gutem Grund unterschiedlich geregelt.23 Bei einer für das Steuerrecht maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtung führen zwar beide Fälle zu einer Bereicherung des Erwerbers, doch muss an dieser Stelle festgehalten werden, dass bei Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen der Zuwendende wegfällt, während er bei Schenkungen unter Lebenden erhalten bleibt. Bedeutsam ist aber der gemeinsame Unterschied zu einer Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen. Als Ergebnis einer ökonomischen Betrachtung der zivilrechtlichen Grundlagen einer unentgeltlichen Vermögensübertragung ergibt sich keine zwingende Notwendigkeit einer Trennung von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer. Allerdings kann festgehalten werden, dass sich drei Gruppen der unentgeltlichen Vermögensübertragung unterscheiden lassen, die bei der weiteren Ausgestaltung der Besteuerung eventuell doch eine Trennung erfordern können.
C. Inkonsistenzen der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften auf Tatbestandsebene de lege lata De lege lata scheint § 1 Abs. 2 ErbStG ein Primat der Erbschaftsteuer vor der Schenkungsteuer mit der Folge einer grundsätzlichen Gleichbehandlung von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer anzuordnen.24 Eine Gleichstellung zeigt sich auch durch § 14 ErbStG. Danach werden Erwerbe innerhalb eines Zehnjahreszeitraums zusammengerechnet. Die Besteuerung ist demnach auf den innerhalb von zehn Jahren erfolgenden Gesamtvermögensanfall ausgelegt. § 14 ErbStG soll die durch einen progressiven Tarif bestehenden Anreize zur Aufspaltung von Vermögensübertragungen verhindern, damit die Progression nicht umgangen25 und Frei22
T. Hoeren, in: Schulze (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, § 2301 Rn. 7. So besteht bei Schenkungen auf den Todesfall die Gefahr einer Umgehung der erbrechtlichen Formvorschriften sowie einer Benachteiligung von Nachlassgläubigern und Pflichtteilsberechtigten, T. Hoeren, in: Schulze (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch, § 2301 Rn. 8. 24 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 22. 25 BT-Drucks. VI/3418, S. 69; M. Jülicher, Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG, 1993, S. 39; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 229. 23
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beträge nicht mehrfach in Anspruch genommen werden können.26 Aus der Zusammenrechnung folgt aber nicht, dass von einem Gesamterwerb auszugehen ist. Die einzelnen Erwerbe sind zu trennen und lediglich als rechnerische Größe zu ermitteln.27 Dieses grundsätzlich klare Ergebnis wird zwar durch diverse Problemfälle wieder teilweise verschleiert,28 doch sollen diese in dieser Arbeit nicht untersucht werden, da hier die grundlegende Systematik im Vordergrund steht. Festgehalten werden kann aber, dass nach § 14 ErbStG für die Besteuerung des Gesamtvermögensanfalls innerhalb des Zehnjahreszeitraums nicht erheblich ist, ob Erwerbe von Todes wegen oder Zuwendungen unter Lebenden erfolgen. Hierdurch wird also eine grundsätzliche Entsprechung der beiden Steuern ausgedrückt. Die grundsätzliche Gleichstellung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer durch § 1 Abs. 2 ErbStG muss als allgemeine Regel erachtet werden, die nur bei Vorliegen einer besonderen Begründung durchbrochen werden kann.29 Dennoch finden sich zahlreiche Normen, die allein für Erwerbe von Todes wegen gelten. So wird der Pauschbetrag für Erwerbskosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG nicht auf Schenkungen angewendet.30 Unterschiede bei der Besteuerungen von Schenkungen und Erbschaften ergeben sich auch bei der Einteilung der Steuerklassen. So werden Eltern bei Erwerben von Todes wegen nach § 15 Abs. 1 I Nr. 4 ErbStG in die Steuerklasse I eingeteilt, bei Schenkungen unter Lebenden dagegen in Steuerklasse II.31 Uneinheitlich wird auch der Rückerwerb von Vermögensgegenständen nach § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG behandelt.32 Erfolgt der
26 M. Jülicher, Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG, 1993, S. 40; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 14 Rn. 2; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 229. 27 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 229; M. Jülicher, Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG, 1993, S. 58. 28 Dazu P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 223 ff.; umfassend M. Jülicher, Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe nach § 14 ErbStG, 1993. 29 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 22, 24. 30 FG Nürnberg v. 11.03.1993, IV (VI) 138/91, EFG 1993, S. 729, 729 f.; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 25; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34. 31 H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34; J. P. Meincke, Erbschaftsteuerund Schenkungsteuergesetz, § 1 Rn. 25, aber kritisch hierzu bei § 15 Rn. 12. 32 BFH v. 16.04.1986, II R 135/83, BFHE 146, S. 561, 562; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13 Rn. 42; a. M. P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 147 ff. Im Hinblick auf die Einführung der Beschränkung auf Erwerbe von Todes wegen durch das ErbStG 1974 – Gesetz vom 17.04.1974, BGBl. I S. 933 –
C. Inkonsistenzen der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften
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Rückerwerb von Todes wegen, ist er steuerfrei. Bei Rückerwerb durch Schenkung besteht dagegen keine Steuerbefreiung. Entsprechendes gilt für die Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb desselben Vermögens nach § 27 ErbStG.33 Daneben finden sich aber auch Normen, die lediglich für Zuwendungen unter Lebenden gelten. So gilt etwa § 7 Abs. 5 ErbStG nur für Zuwendungen unter Lebenden.34 Auch § 13 Abs. 1 Nr. 9a ErbStG ist lediglich auf Zuwendungen unter Lebenden anzuwenden.35 Diese Differenzierung zwischen der Besteuerung von Schenkungen einerseits und Erwerben von Todes wegen andererseits wurde in letzter Zeit durch den Gesetzgeber erweitert.36 Bei der Begünstigung des sog. Familienheims nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 lit. a–c ErbStG sind Kinder und Kinder verstorbener Kinder lediglich bei Erwerben von Todes wegen begünstigt. Auch konnte ein Wahlrecht, ob das alte Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz oder das neue angewendet werden soll, nach Art. 3 ErbStRG37 allein bei Erwerben von Todes wegen ausgeübt werden. Des Weiteren gilt auch die Anrechnungsregelung des § 35b EStG lediglich für Erwerbe von Todes wegen. Bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ist zudem zu berücksichtigen, dass in § 1 Abs. 2 ErbStG allein die grundsätzliche Gleichstellung der Schenkungsteuer mit der Erbschaftsteuer angeordnet wird. Dagegen gibt es keine Regelung, dass Normen, die sich auf Zuwendungen unter Lebenden beziehen, auch auf die Erbschaftsteuer angewendet werden können.38 Dies zeigt sich beispielsweise an § 13 Abs. 1 Nr. 12 ErbStG, der Zuwendungen unter Lebenden zum Zwecke des angemessenen Unterhalts oder zur Ausbildung des Bedachten von der Schenkungsteuer befreit. Dieser Zweck kann dem aber nicht gefolgt werden, J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13 Rn. 42. 33 BFH v. 16.07.1997, II B 99/96, BFHE 183, S. 246, 247 f.; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 27 Rn. 4; a. M. P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 161 ff. Dagegen spricht aber die bewusste Änderung im Hinblick auf den entsprechenden § 21 ErbStG a. F., der eine Wortlauteinschränkung auf Erwerbe von Todes wegen noch nicht hatte, J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 27 Rn. 4. 34 H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34; J. P. Meincke, Erbschaftsteuerund Schenkungsteuergesetz, § 7 Rn. 124. 35 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13 Rn. 41; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 1 ErbStG Rn. 34. 36 G. Crezelius, ZEV 2009, S. 1, 4, der auch die folgenden Beispiele darstellt. 37 Gesetz vom 24.12.2008, BGBl. I S. 3018. 38 S. Seltenreich, in: Rödl/Preißer (Hrsg.), Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 1 Kap. 7.4.
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
greift zwar auch bei Erwerben von Todes wegen, doch ist mangels gesetzlicher Regelung eine Gleichstellung nicht möglich.39 In der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen lässt sich de lege lata noch der Grundgedanke der einheitlichen Besteuerung einer unentgeltlichen Leistungsfähigkeitssteigerung erkennen, doch führen die vielfachen Inkonsistenzen, die diesen Grundgedanken verschleiern, zur Feststellung, dass de lege lata jedenfalls kein optimales Verhältnis zwischen Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer besteht. Fraglich ist, ob diese Inkonsistenzen auf Mängeln der Gesetzgebung beruhen, oder ob sie zwangsläufig sind, weil Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zwar beide eine durch einen unentgeltlichen Vermögenstransfer hervorgerufene Bereicherung erfassen wollen, aber dennoch Unterschiede bestehen, die eine getrennte Regelung erfordern.
D. Grundrechtliche Vorgaben Die unterschiedliche Behandlung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer könnte aus abweichenden grundrechtlichen Vorgaben für die Besteuerung unentgeltlicher Vermögenstransfers folgen. Bei einer Auseinandersetzung mit den grundrechtlichen Vorgaben einer Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen wird in Rechtsprechung und Literatur Art. 14 Abs. 1 GG näher beleuchtet. Dabei leiden die Ausführungen allerdings häufig an einer fehlenden Trennung der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen. So finden sich im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.199540 allein Ausführungen zur Erbschaftsteuer und dem Schutz des Erbrechts durch Art. 14 Abs. 1 GG. Der Schenkungsteuer wird dagegen keine Beachtung geschenkt. In der Folge wurde deshalb vereinzelt in der Literatur angenommen, dass die Entscheidung allein die Erbschaftsteuer beträfe und die Schenkungsteuer unberührt lasse.41 Dieser Auffassung hat das Bundesverfassungsgericht ohne Begründung eine Absage erteilt, indem es Vorlagebeschlüsse des Niedersächsischen Finanzgerichts42 zur Schenkungsteuer wegen der Bindungswirkung der Entscheidung vom 22.06.1995 für unzulässig erachtet hat.43 Auch in der Literatur wird der unterschiedliche Anknüpfungspunkt von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG meist nicht 39 S. Seltenreich, in: Rödl/Preißer (Hrsg.), Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 1 Kap. 7.4; P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 183 f. 40 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165. 41 G. Felix, BB 1995, S. 2241, 2242; G. Felix, DStR 1995, S. 1619. 42 Niedersächsisches Finanzgericht v. 26.04.1995, III 211/90, EFG 1995, S. 920; Niedersächsisches Finanzgericht v. 26.04.1995, III 62/93, EFG 1995, S. 933. 43 BVerfG v. 02.04.1996, 1 BvL 19, 20/95, HFR 1996, S. 679.
D. Grundrechtliche Vorgaben
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näher beleuchtet.44 Ausführungen finden sich allein zum von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Erbrecht. Schenkungen sind aber nicht von der Erbrechtsgarantie umfasst, sondern sind allein durch das Eigentum in Ausprägung der Eigentumsnutzungsfreiheit, die auch die Veräußerungsfreiheit als besonders intensive Form der Nutzung umfasst,45 geschützt.46 Ausführungen zum Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG bei der Schenkungsteuer müssen deshalb am Eigentum ansetzen. Daher muss eine Untersuchung der Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 GG für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zwischen diesen Konstellationen trennen, selbst wenn im Ergebnis gleiche Vorgaben gefunden würden.
I. Allgemeine Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 GG für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen 1. Schenkungsteuer a) Eröffnung des Schutzbereichs der Eigentumsgarantie für die Besteuerung von Schenkungen Schenkungen sind nicht von der Erbrechtsgarantie umfasst, sondern sind allein durch das Eigentum in Ausprägung der Eigentumsnutzungsfreiheit, die auch die Veräußerungsfreiheit als besonders intensive Form der Nutzung umfasst,47 geschützt.48 Hierbei ist aber umstritten, ob nur das Recht des Schenkers von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist oder ob auch der Beschenkte an diesem Schutz teil hat. Während beim Erbrecht weitgehend Einigkeit darüber besteht, dass dieses auch den Erwerber schützt, da sonst mit dem Tod des Erblassers der Grundrechtsschutz wegfiele und somit das Erbrecht weitgehend entwertet würde,49 wird 44 Exemplarisch P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 94 Rn. 3. Als Ausnahme sei auf H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 510 ff. hingewiesen. Aber auch hier finden sich Ungereimtheiten, wenn einerseits der „Erwerber (von Todes wegen)“, also sowohl Vererben als auch Verschenken, und andererseits die Eigentumsnutzung allein durch „Vererbung“ angesprochen wird (S. 512). Diese Ungenauigkeit setzt sich beispielsweise bei H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 304 und R. Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 201 fort. 45 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 47 f. 46 W. Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, § 174 Rn. 6; M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 20. 47 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 47 f. 48 W. Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, § 174 Rn. 6; M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 20. 49 R. Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 194.
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
diese Entsprechung beim Eigentum überwiegend nicht gezogen, so dass ein Eigentumserwerbsrecht lediglich von Art. 2 Abs. 1 GG geschützt sein soll.50 Gegen die Zuordnung der Eigentumserwerbsfreiheit zu Art. 14 Abs. 1 GG spricht, dass der Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG vorrangig auf das bestehende Eigentum ausgerichtet ist. Auch die Nutzungsfreiheit und die daraus folgende Veräußerungsfreiheit setzen bereits bestehendes Eigentum voraus.51 Für eine effektive Nutzung der Veräußerungsfreiheit ist aber auch eine entsprechende Freiheit des Erwerbs notwendig. Könnte in den Veräußerungsvorgang beim Veräußerer aufgrund der Schranken des Art. 14 GG nur in geringem Maße eingegriffen werden, dem Erwerber aber aufgrund der umfassenden Eingriffsbefugnis des Gesetzgebers in Art. 2 Abs. 1 GG der Erwerbsvorgang verboten oder deutlich erschwert werden, würde auch die Veräußerungsfreiheit in großem Umfang entwertet, da sich kein Erwerber mehr finden würde. Denkbar wäre, in diesem Fall eine Verletzung der Institutsgarantie des Eigentums anzunehmen,52 so dass der Erwerber auch bei Annahme eines Schutzes durch Art. 2 Abs. 1 GG in solchen Fällen einen zu starken Zugriff des Gesetzgebers rügen könnte. Dies stellt sich aber als gekünstelt und nicht als derart hoher Schutz des Erwerbers dar wie die Einbeziehung der Erwerbsfreiheit in den Schutz des Eigentums. Denn nicht in jedem Fall einer deutlichen Behinderung des Erwerbs wird eine Verletzung der Institutsgarantie zu sehen sein. In diesen Fällen den Schutz des Übertragungsvorgangs allein dem (vergeblichen) Veräußerer zuzusprechen, hilft nur bedingt weiter. Erfolgt eine Übertragung, wird de lege lata auch der Schenker nach § 20 ErbStG Steuerschuldner,53 so dass er eine Verletzung der Eigentumsgarantie rügen könnte. Allerdings wird der Schenker nur subsidiär in Anspruch genommen, was nach herrschender Meinung zur Verneinung einer übermäßigen Belastung genügt.54 Es bliebe damit bei einer Belastung des Beschenkten, welcher sich aber nur auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen könnte. Die im Verhältnis zu Art. 2 Abs. 1 GG erhöhten Eingriffsanforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG blieben mithin unberücksichtigt. Ein schlüssiges Schutzkonzept des zweiaktigen Erwerbsvorgangs lässt sich somit allein durch den Gedanken von Entsprechungsrechten erzielen. Wird der Veräußerungsvorgang geschützt, ist auch der Erwerbsvorgang in den Schutz einzube50
So beispielsweise H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 511. H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 510. 52 P. Wittig, NJW 1967, S. 2185, 2186. 53 Die Inanspruchnahme des Schenkers als Steuerschuldner ist als verfehlt zu qualifizieren, da bei ihm keinerlei Bereicherung eintritt, was aber Belastungsgrund und Rechtfertigung der Besteuerung ist, K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 878; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 20 Rn. 6; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 134; R. Mellinghoff, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 127, 153 f. Vgl. oben Teil 2 C. I. 2. 54 So H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 510. 51
D. Grundrechtliche Vorgaben
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ziehen.55 Dagegen wird eingewandt, dass eine Verfügungsbeschränkung auf Seiten des Veräußerers allein die Nutzungsbefugnis berührt und von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt sein könne, während sich dieselbe Beschränkung für den Erwerber als Totalentzug der Erwerbsfreiheit auswirke, die eine Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG auslöse.56 Dabei wird übersehen, dass mit der Bejahung des Schutzes noch nichts zur Entschädigungsproblematik gesagt ist.57 Denn bis zum Erwerb handelt es sich bei der Erwerbsfreiheit um eine reine Erwerbschance – entsprechend der Erwerbschance des Erben, der vor dem Erbfall häufig ebenfalls noch keinerlei gesicherte Rechtsposition erlangt hat und dennoch in den Schutzbereich der Erbrechtsgarantie einbezogen wird. Eine solche Erwerbschance stellt aber keine vermögenswerte Rechtsposition dar, für die bei Entzug eine Entschädigungspflicht nach Art. 14 Abs. 3 GG ausgelöst würde; zudem wäre sie auch nicht quantifizierbar.58 Deshalb kann auch der Eigentumserwerb in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG einbezogen werden. b) Vorgaben Eigentum wird durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG vor allem in seinem Bestand geschützt.59 Aber auch das Recht des Eigentümers, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, wird geschützt (Eigentumsnutzungsfreiheit). 60 Diese Eigentumsnutzungsfreiheit umfasst auch das besonders intensive Nutzen durch Veräußerung.61 Allerdings ist der Schutz des Bestandes deutlich stärker als der der Nutzung. Stellt sich ein Eingriff in den Bestand des Eigentums grundsätzlich eine zur Entschädigung verpflichtende Enteignung dar, wird bei Beschränkungen der Eigentumsnutzungsfreiheit eine Aktualisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG sichtbar.62 Es gibt daher kein Recht, Eigentum ohne Minderung auf Dritte übertragen zu können.63 Der Zugriff des 55 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 47 f. 56 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 510 f. 57 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 41; A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 34. 58 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 48 f. 59 H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 9. 60 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 47 f.; H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 498. 61 M. Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherung und Bestandsschutz, 1970, S. 47 f.; H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 498. 62 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 498 f. 63 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 174; H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 512; R. Seer, GmbHR 2009, S. 225, 227.
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Staates ist aber nicht grenzenlos. Die sich dabei ergebenden Grenzen werden unten64 näher dargestellt. 2. Erbschaftsteuer Das Erbrecht des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schützt sowohl das Recht des Erblassers zu vererben als auch das Recht des Erben kraft Erbfolge zu erwerben.65 Das Erbrecht ergänzt das Eigentum. Die oben dargestellte Eigentumsnutzungsfreiheit wird für den Todesfall durch den Schutz des Erbrechts ergänzt. Das Erbrecht stellt sich somit als Ausprägung der Eigentumsnutzungsfreiheit dar,66 so dass die Eingriffsmöglichkeiten des Gesetzgebers ebenfalls weitergehender sind als beim Zugriff auf bestehendes Eigentum.67 Der Zugriff des Staates ist aber wie bei der Besteuerung von Schenkungen nicht grenzenlos.
II. Unterschiede in den grundrechtlichen Vorgaben für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen 1. Differenzierung nach verwandtschaftlichem Verhältnis a) Erbschaftsteuer aa) Verminderte Leistungsfähigkeitssteigerung bei Vermögensübergängen im engeren Familienbereich In der Literatur wird teilweise vertreten, dass bei Vermögensübergängen von Todes wegen im engeren Familienbereich eine geringere Leistungsfähigkeit ver64
Teil 5 A. III. BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 174; F. Becker, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 14 Rn. 95; R. Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 194; J. Dietlein, in: Stern (Hrsg.), Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV/1, S. 2320. 66 H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 298. 67 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 511 f.; BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 174, das aber nicht klar hervorhebt, dass die gesteigerten Zugriffsmöglichkeiten beim Erbfall im Vergleich zum Eigentum nur bezüglich des Bestandes weitergehen, aber nicht bei der Nutzung des Eigentums. Nach M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 56 hat der Gesetzgeber dagegen bei der Erbrechtsgarantie einen engeren Gestaltungsspielraum als bei der Eigentumsgarantie, da die Sozialbindung des Eigentums nicht auf das Erbrecht anwendbar sei. Dies ist zwar zutreffend, hat aber keine praktischen Auswirkungen, da Art. 14 Abs. 2 GG im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG aktuell wird, so dass der wesentliche Anknüpfungspunkt des Gesetzgebers Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist, der unzweifelhaft auch für die Erbrechtsgarantie gilt, H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 297; F. Becker, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 14 Rn. 284. 65
D. Grundrechtliche Vorgaben
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mittelt werde als bei Vermögensübergängen von an sich gleichem Wert im außerfamiliären Bereich.68 Wäre dies zutreffend, müssten solche Vermögensübergänge wegen der verfassungsrechtlichen Fundierung der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit in Art. 3 Abs. 1 GG69 niedriger besteuert werden als Vermögensübergänge im außerfamiliären Bereich. Die verminderte Leistungsfähigkeitssteigerung ergebe sich daraus, dass zumindest Kinder und Ehegatten70 bereits vor dem Erwerb an der Nutzung der Vermögensgegenstände teil hatten.71 So komme zur bereits bestehenden Nutzungsbefugnis lediglich die Verfügungsbefugnis hinzu. Des Weiteren würden Ehegatten und Kinder durch den Wegfall des Einkommens des Erblassers eine Minderung ihrer Leistungsfähigkeit erleiden.72 Beide Argumente treffen allenfalls auf Kinder und Ehegatten zu, die (noch) nicht selbständig Einkommen generieren, sondern von Zuwendungen des Erblassers abhängig sind.73 Aber auch bei diesen ist fraglich, ob tatsächlich von einer verminderten Leistungsfähigkeit auszugehen ist. Denn auch Ehegatten und Kinder erlangen erst mit dem Erwerb der Vermögensgegenstände eine gesicherte Nutzungsbefugnis. Vor dem Erwerb waren sie bei der Nutzung auf den Willen des Erblassers angewiesen. Dieser hätte sie in den Grenzen des Unterhaltsrechts jederzeit von der Nutzung ausschließen können und hat dies eventuell auch getan.74 Entsprechendes gilt für den Wegfall des Einkommens. Der Erblasser hätte sein Einkommen in den obigen Grenzen auch nach seinem Willen nutzen können, ohne seine Angehörigen zu berücksichtigen. Zusätzlich ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Wegfall des Einkommens zeitlich später ansetzt als eine Erbanfallsteuer,75 bei der auf den Wertzuwachs im Todeszeitpunkt abgestellt wird. Im Ergebnis könnte daher allenfalls eine durch die Grenzen des Unterhalts-
68 A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 493; J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 16 Rn. 1; H. Haller, Die Steuern, 1981, S. 64 f.; K. Oechsle, in: FS Bayer, S. 223, 242; D. Frank, Erbschaftsteuer und Unternehmung, 1969, S. 95 f. 69 Vgl. dazu oben Teil 2 B. II. 1. 70 A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 493 spricht im Gegensatz etwa zu G. von Schanz, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3, S. 794, 795 von „Ehefrauen“ statt von „Ehegatten“. 71 J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 16 Rn. 1; A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 493; K. Oechsle, in: FS Bayer, S. 223, 242. 72 A. Oberhauser, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. II, S. 487, 493; K. Oechsle, in: FS Bayer, S. 223, 242. 73 G. von Schanz, in: Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3, S. 794, 795. 74 Zu denken ist etwa an einen Sammler, der seine Kinder nicht an der Nutzung der Sammlung teilhaben lässt. 75 Bei einer Nachlasssteuer wird der Nachlass als solcher besteuert, so dass unerheblich ist, auf wen das Vermögen übergeht.
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rechts vorgegebene nur geringfügig geringere Leistungsfähigkeit angenommen werden. Aus dem Blickwinkel des allgemeinen Gleichheitssatzes ist aber von keinem verminderten Leistungsfähigkeitszuwachs bei Vermögensübergängen im engeren Familienbereich auszugehen.76 Leistungsfähigkeit setzt die Fähigkeit zur Steuerzahlung voraus.77 Hierzu ist die Verfügungsbefugnis erforderlich. Deshalb wächst die finanzielle Leistungsfähigkeit unabhängig von der vorherigen Mitnutzung der Gegenstände. Eine gesetzliche Regelung, die nach der verwandtschaftlichen Nähe differenziert, ist daher nur aus anderen Gründen zu rechtfertigen.78 bb) Rechtfertigung einer Differenzierung durch das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG Art. 6 Abs. 1 GG enthält nicht nur ein Abwehrrecht, sondern auch ein Förderungsgebot von Ehe und Familie.79 Soweit bei den verwandtschaftlichen Verhältnissen noch von einer Beistandsgemeinschaft ausgegangen werden kann, hat der Gesetzgeber deshalb eine gewisse Privilegierung bei der Steuerbelastung vorzunehmen um den Beistand innerhalb der Familie zu fördern.80 Dieser Beistand wird nicht jegliche Verwandtschaftsbeziehungen umfassen, so dass die Begünstigung auf die Verwandtschaftsverhältnisse zu beschränken sein dürfte, innerhalb derer von einem gemeinsamen Beistand ausgegangen werden kann. Aus dem Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG folgen aber keine absoluten Vorgaben für eine maximal zulässige Steuerbelastung.81 Es ist lediglich bei der Frage der Angemessenheit der Belastung im Verhältnis zum Wert des ursprünglichen Nachlasses als weiterer Belang zu berücksichtigen, so dass eine Abstufung nach Verwandtschaftsgraden angezeigt ist. Bei einer typisierenden Betrachtung kann der Gesetzgeber als Hauptadressat des Förderungsgebots von Ehe und Familie dabei dem Umstand des Wegfalls des Erblassers, der beim Ehegatten und den nächsten Verwandten eher zu einer Belastung führt als bei entfernter oder nicht Verwandten, berücksichtigen. Diese Belastung führt zwar zu keiner verminderten Leistungsfähigkeit, da es dort allein auf den tatsächlich eintretenden Zuwachs an Ver76
So auch D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1922. R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 298. 78 Zweifelnd an einer verminderten Leistungsfähigkeit bei Vermögensübergängen im Familienbereich wohl auch BVerfG v. 21.07.2010, 1 BvR 611, 2464/07, BVerfGE 126, S. 400, 422. 79 BVerfG v. 17.01.1957, 1 BvL 4/54, BVerfGE 6, S. 55, 76; C. von Coelln, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 6 Rn. 19, 34; M. Kotzur, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 6 Rn. 62. 80 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 174 f. mit allerdings sehr detaillierten Vorgaben. 81 Zur Obergrenze der Besteuerung vgl. unten Teil 5 A. III. 77
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fügungsbefugnis ankommt; sie kann aber als Belang bei der Förderung von Ehe und Familie berücksichtigt werden. Auch eine Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände wird bei einer typisierenden Betrachtung vermutlich überwiegend allein im engsten Familienkreis stattfinden. Insoweit erscheint der engste Familienkreis im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 GG förderungsbedürftiger als ebenfalls noch in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogene Personen, die aber weiter entfernt verwandt sind. Diese erscheinen aber wiederum förderungsbedürftiger als noch weiter oder gar nicht verwandte Personen. Die Ungleichbehandlung durch eine nach verwandtschaftlichem Verhältnis zwischen Erblasser und Erwerber abstufende Besteuerung lässt sich also durch die im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 GG unterschiedlich stark ausgeprägte Förderungspflicht rechtfertigen. b) Schenkungsteuer Bei Schenkungen unter Lebenden kann eine verminderte Leistungsfähigkeitssteigerung bei Vermögensübergängen im engeren Familienbereich nicht angenommen werden. Denn auch insoweit wird erst durch den Vollzug der Schenkung eine gesicherte Rechtsposition erlangt, die nicht nur die Nutzung, sondern auch die Verfügung erlaubt. Zudem kommt es zu keinem Wegfall des Einkommens des Erblassers. Wenn dieser nach der Schenkung seine Zuwendungen einstellt, so ist dies für den Leistungsfähigkeitszuwachs im Zeitpunkt der Schenkung unbeachtlich. Fraglich ist, ob bei Schenkungen eine Differenzierung nach der Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen Schenker und Erwerber erfolgen darf. Dabei ist – wie bei der Erbschaftsteuer – die Pflicht des Staates zur Förderung von Ehe und Familie zu beachten. Die sich aus einem Erbfall ergebenden Belastungen für die engsten Verwandten können mangels Todesfall nicht auf die Schenkungsteuer übertragen werden. Der Gedanke der Förderung des gegenseitigen Beistandes in Ehe und Familie, kommt typischerweise bei jeder Schenkung zum Tragen. Jede Schenkung an einen Ehegatten, innerhalb der engsten Familie, innerhalb weitläufiger Verwandtschaftsbeziehungen oder an Dritte erfolgt regelmäßig nur aufgrund persönlicher Nähebeziehungen.82 Zwar ist auch an Fälle zu denken, in denen eine Zuwendung nicht an eine nahestehende Person erfolgt, sondern allein zur Förderung eines bestimmten Zwecks, etwa zum Aufbau einer Kunstsammlung, zum Verfolgen einer wirtschaftlichen Unternehmung oder ähnliches. Aber auch hierdurch drückt sich eine Verbundenheit mit dem Erwerber aus. Die persönlichen Nähebeziehungen oder die Verbundenheit mit dem Erwerber entsprechen der sonst bei Art. 6 Abs. 1 GG nicht zweifelsfrei feststellbaren, aber vermu82 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 260.
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teten Beistandsgemeinschaft. Einer zusätzlichen Förderung der Ehe und Familie bedarf es nicht. Der in der Literatur zu findende Gedanke, dass Vermögensunterschiede der Ehegatten der Ehe als Lebensgemeinschaft widersprechen,83 überzeugt nicht. Gerade bei Annahme einer Lebensgemeinschaft ist das Vermögen der Ehegatten insgesamt maßgebend und nicht das des einzelnen. Es besteht bei diesem Wirtschaften aus einem Topf gerade kein Anlass zu einer gleichmäßigen Verteilung des Vermögens. In Fällen, in denen beispielsweise nach langjähriger nichtehelicher Lebensgemeinschaft eine Schenkung erfolgen soll, wäre de lege lata vielmehr eher an einen Eingriff in die Eheschließungsfreiheit zu denken, weil die Besteuerung von Ehegatten und sonstigen Personen eklatant auseinander fällt und somit ein enormer Anreiz zur Eingehung der Ehe besteht.84 Zudem ist zu beachten, dass Zuwendungen unter Lebenden im Wege der Einzelrechtsnachfolge und nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgen. Die auf den Gesamtvermögensanfall zutreffende Typisierung einer zumindest teilweisen vorherigen Mitbenutzung im engsten Familienkreis, die mit der Entfernung der Verwandtschaft schwindet, lässt sich beim Übergang eines einzelnen Vermögensgegenstandes nicht aufrecht erhalten.85 Denn es ist nicht ersichtlich, ob gerade dieser Vermögensgegenstand schon vorher benutzt wurde oder nicht. Bei Gesamtrechtsnachfolge kann dagegen davon ausgegangen werden, dass im engsten Familienkreis irgendeine vorherige Nutzung stattgefunden hat. Der Schenkung86 als freiwilligem Akt wird eine 83
P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 77 Rn. 9. Diese Problematik verschärft sich beim Entwurf von P. Kirchhof, Bundessteuergesetzbuch, 2011, § 77 der Erwerbe von Ehegatten vollständig steuerfrei stellen will. 85 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 258 f. 86 Dies lässt sich auch auf den Testamentserben übertragen. Aus der Förderungspflicht von Ehe und Familie folgt nicht, dass nichtverwandte testamentarische Erben nicht ebenso begünstigt werden dürfen wie die engsten Familienangehörigen und der Ehegatte (G. Nohl, Vermögensredistribution durch die Besteuerung von Erbschaften und die Erbrechts- und Eigentumsgarantie in Artikel 14 des Grundgesetzes, 1979, S. 208 f.). Eine darüber hinausgehende Begünstigung der Familie kann aber nicht durch Art. 6 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden. Denn durch das Testament bringt der Erblasser zum Ausdruck, dass ihm der Erwerber nahe steht (M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 78; B.-O. Bryde, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 46). Die sonst vermutete Nähebeziehung der engsten Familie, innerhalb derer der Wegfall des Erblassers und eine vorherige Mitnutzung der übergehenden Vermögensgegenstände zu berücksichtigen ist, wird durch die testamentarische Erbeinsetzung auch auf diesen erstreckt. Auch der besondere verfassungsrechtliche Schutz der unmittelbar durch die Erbrechtsgarantie geschützten Testierfreiheit (B.-O. Bryde, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 44), die sich als letztmalige Eigentumsnutzung des Erblassers darstellt, gebietet, Testamentserben bei der Besteuerung zumindest entsprechend der Förderung der in den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogenen Personen zu privilegieren (W. Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, § 174 Rn. 34; M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 81; B.-O. 84
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Differenzierung der Besteuerung nach verwandtschaftlicher Nähe jedenfalls nicht gerecht.87 c) Ergebnis Es ergeben sich also unterschiedliche Vorgaben zur Berücksichtigung des verwandtschaftlichen Verhältnisses zwischen Zuwendendem und Erwerber für Erbfälle und Schenkungen unter Lebenden. Während beim Todesfall der Wegfall des Erblassers Belastungen bei Verwandten innerhalb der engsten Familie hervorrufen kann, ist dies mangels Todesfall bei Schenkungen nicht der Fall. Dass Vermögensgegenstände, die im Wege der Schenkung übergehen, vorher bereits mitbenutzt wurden, lässt sich bei einer typisierenden Betrachtung nicht annehmen, sondern trifft allein auf den Fall der Gesamtrechtsnachfolge und damit den Erbfall zu. 2. Notwendigkeit von Freibeträgen a) Erbschaften Der Gesetzgeber darf zur von Art. 6 Abs. 1 GG geforderten Förderung des gegenseitigen Beistands in Ehe und Familie signifikante Freibeträge einführen,88 wie er dies de lege lata teilweise auch getan hat. Dabei ist auch der im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigende Umstand des Wegfalls des Bryde, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 46). Eine Besserstellung des Testamentserben gegenüber Verwandten dürfte aber nicht erforderlich sein, da die gesetzliche Ausgestaltung des gesetzlichen Erbrechts häufig dem Willen des Erblassers entspricht, der deshalb auf eine testamentarische Einsetzung verzichtet hat. Es würde daher ein Anreiz zur Erstellung eines Testaments gesetzt, wo dem Willen des Erblassers bereits durch gesetzliche Regelungen Rechnung getragen wurde. Ein steuerlicher Anreiz zur Erstellung eines Testaments sollte aber unterbleiben. Daher ist ein testamentarischer Erbe zwar nicht besser als gesetzliche Erben der engeren Familie zu stellen, aber auch nicht schlechter. 87 A. M. wohl P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 262 bezüglich der Steuerklasseneinteilung, der allerdings bei Freibeträgen zweifelt (S. 265 f.). Dabei wird davon ausgegangen, dass die Steuerfolgen bei Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer gleich sein sollten, um dem Erblasser die Freiheit zu belassen, ob er sein Vermögen durch Zuwendungen unter Lebenden oder durch Erwerb von Todes wegen übergehen lassen möchte. Dabei wird aber keine verfassungsrechtliche Erörterung vorgenommen, ob die Differenzierung in der Erbschaftsteuer zutreffend ist. Nach hier vertretener Ansicht muss der Testamentserbe entsprechend den nächsten Angehörigen gestellt werden. Wenn eine Gleichstellung der Schenkungsteuer erfolgen soll, dann muss diese mithin an der Belastung des Testamentserben anknüpfen, darf aber keine weiteren Differenzierungen treffen. 88 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 175 fordert völlige Freistellung des persönlichen Gebrauchsvermögens. Diese Vorgabe lässt sich Art. 6 Abs. 1 GG aber nicht entnehmen, vgl. zur Diskussion um eine Obergrenze der Steuerbelastung unten Teil 5 A. III.
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
Versorgers und der damit einhergehenden Belastungen für den Erwerber als legitimes Ziel des Gesetzgebers zur Festlegung eines Freibetrages anzusehen. Dieser Gesichtspunkt kommt de lege lata vor allem im besonderen Versorgungsfreibetrag des § 17 ErbStG zum Ausdruck. Aber auch der Freibetrag des § 16 ErbStG kann mit Nachteilen aus dem Verlust des Erblassers erklärt werden, zumal der Freibetrag des § 17 ErbStG nicht in allen Fällen greift, in denen sich durch den Verlust des Erblassers Nachteile für den Erben ergeben.89 Daneben kann der ebenfalls im Rahmen der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigende Umstand, dass der Erbe die Vermögensgegenstände, die auf ihn übergehen, regelmäßig mitbenutzt hat, die Gewährung von Freibeträgen rechtfertigen. Dabei sollte eine Differenzierung nach verwandtschaftlichem Verhältnis erfolgen. b) Schenkungen Fraglich ist, ob und inwieweit Freibeträge bei der Schenkungsteuer eingeräumt werden dürfen oder müssen. Bei der Erbschaftsteuer beruhen Freibeträge auf dem Ziel der Förderung des gegenseitigen Beistands innerhalb der Familie. So kompensieren Freibeträge die Nachteile, die sich aus dem Wegfall des Erblassers ergeben. Zudem berücksichtigen sie auch eine vorherige Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände. Diese Gesichtspunkte treffen bei der Schenkungsteuer nicht zu. Denn es bleibt insbesondere der Schenker erhalten; eine Kompensation ist mithin nicht erforderlich. Auch der familiäre Beistand kann durch Schenkungen nicht stets von einem Anreiz zu Schenkungen profitieren. So werden „nicht wenige“ 90 Eltern von ihren Kindern unter Druck gesetzt, sich bereits lebzeitig von Vermögen zu trennen um durch mehrfache Ausnutzung der Freibeträge Steuern zu sparen.91 Auch der Gesichtspunkt der vorherigen Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände greift nicht durch. Denn wenn diese im Familienverbund weiter benutzt werden sollen, ist auch kein zwingender Grund für eine Privilegierung des Übergangs dieses Vermögensgegenstandes ersichtlich. Scheiden die Vermögensgegenstände aus dem Familienverbund aus, ergibt sich ebenfalls kein Grund für eine Begünstigung der eintretenden Bereicherung, da dann in jedem Fall eine vollständige Bereicherung des Erwerbers eintritt. Zudem ist zu beachten, dass bei typisierender Betrachtung in Fällen der Einzelrechtsnachfolge nicht davon ausgegangen werden kann, dass der übergehende Vermögensgegenstand schon vorher mitbenutzt wurde, was bei Gesamtrechtsnachfolge regelmäßig der Fall sein dürfte. Die Steuerbelastung darf mithin lediglich nicht derart hoch werden, dass das Verschenken für einen wirtschaftlich denkenden Eigentümer ökonomisch sinnlos erscheint. Vor dem Hintergrund der 89 90 91
Vgl. nur J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 17 Rn. 13 f. K. M. Groll, ZEV 2011, S. 218, 220. K. M. Groll, ZEV 2011, S. 218, 220.
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Verwaltungsvereinfachung bietet sich aber aus Praktikabilitätsgründen ein Freibetrag oder eine Freigrenze an. Freibetrag oder Freigrenze müssen aber keineswegs gleich hoch sein wie bei der Erbschaftsteuer. Erwägenswert erscheint eine Anknüpfung an den Grundfreibetrag der Einkommensteuer nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG, da die Schenkungsteuer durch ihre Anknüpfung an einer Bereicherung bei Zugrundelegung der Reinvermögenszugangstheorie92 zu den Einkommensteuern im weiteren Sinne gehört. Damit würde auch in den Fällen, in denen allein Schenkungen das Einkommen einer Person ausmachen, eine der Einkommensteuer entsprechende Freistellung des Existenzminimums erfolgen. Demgegenüber tritt der Aspekt, dass im Rahmen der Einkommensteuer meist periodisch wiederkehrende Einkünfte erfasst werden, wohingegen Schenkungen eher in einzelnen Fällen erfolgen, zurück. Denn zum einen erfasst auch die Einkommensteuer de lege lata einmalige Einkommensvorfälle (etwa § 23 EStG) und zum anderen erfasst eine Schenkungsteuer nach hier skizzierter Konzeption im Gegensatz zum geltenden Recht deutlich mehr Fälle in einem einheitlichen System, so dass unter Berücksichtigung der Qualifikation der Schenkungsteuer als Einkommensteuer im weiteren Sinne bei typisierender Betrachtung von einer periodisch erfolgenden Einkommenserzielung gesprochen werden kann. c) Ergebnis Bei Erbschaften bieten sich Freibeträge zur Berücksichtigung des Wegfalls des Erblassers und der vorherigen Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände an. Bei der Besteuerung von Schenkungen unter Lebenden sind sie dagegen verfehlt, da der Schenker nicht wegfällt und bei typisierender Beterachtung keine vorherige Mitbenutzung zu berücksichtigen ist. 3. Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen Bisher wurde die Behandlung von Erbschaften und Schenkungen angesprochen. Nicht berücksichtigt wurden bisher Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen93 wie beispielsweise das Vermächtnis. Die Möglichkeit der Zuwendung eines Vermächtnisses sowie die Anordnung von Auflagen wird von der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Testierfreiheit gewährleistet.94 Fraglich ist allerdings, ob deshalb die bei Erbschaften gefundenen Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 GG auch auf solche Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen zu erstrecken sind oder ob hiervon Abweichungen vorzunehmen sind. Anlass für 92
Vgl. Teil 2 B. I. 1. Vgl. oben Teil 4 B. 94 F. Becker, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 14 Rn. 97; P. Axer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 148. 93
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
solche Abweichungen könnte sein, dass der Erbrechtsgarantie die Gesamtrechtsnachfolge als Leitbild zugrunde liegt.95 Ob damit das Prinzip der Gesamtrechtsnachfolge verfassungsrechtlich vorgegeben ist96 oder ob es ausreichend ist, wenn der Gesetzgeber andere praktikable Lösungen für den Todesfall bereit hält,97 muss hier nicht entschieden werden. Denn zumindest solange das Erbrecht anhand des Prinzips der Gesamtrechtsnachfolge normiert ist, beziehen sich die Überlegungen zur Besteuerung von Erbschaften auf den Fall der Gesamtrechtsnachfolge. Die Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen erfolgt nicht kraft Gesetzes. Eine Abstufung nach verwandtschaftlicher Nähe zum Erblasser erscheint daher verfehlt, da die vermutete unterschiedliche Nähebeziehung, die nach Art. 6 Abs. 1 GG eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigt, durch die Zuwendung widerlegt wird. Fraglich ist, ob die Überlegungen zu den Freibeträgen bei einer Besteuerung von Erbschaften auf Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen übertragen werden können. Denn während bei der Einsetzung als Erbe alle Rechtspositionen des Erblassers übernommen werden, die nicht anderen zugewendet wurden, bekommt ein Erwerber bei einem Vermächtnis oder einer Schenkung auf den Todesfall allein einen Anspruch auf den vermachten Gegenstand. Zwar fällt auch hier der Erblasser weg. Möglich ist auch, dass der übergehende Vermögensgegenstand bereits vorher mitbenutzt wurde. Aber bei typisierender Betrachtungsweise ist nicht anzunehmen, dass der übergehende Vermögensgegenstand schon vorher mitbenutzt wurde. Auch dürfte sich häufig eine unterschiedliche Nähe zwischen Erblasser und einem Erben im Vergleich zum Verhältnis zwischen Erblasser und einem Einzelrechtsnachfolger von Todes wegen ergeben, da allein ein Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses mitwirken kann. Zudem dürfte regelmäßig der im Wege der Einzelrechtsnachfolge übergehende Anteil des Vermögens nicht überwiegen. Es erscheint daher bei einer typisierenden Betrachtung verfehlt, Fälle der Einzelrechtsnachfolge, in denen typischerweise lediglich einzelne Vermögensgegenstände übergehen, mit einem Freibetrag und einem Steuersatz zu besteuern, die auf einen typischen Erbfall mit Übergang des Vermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine überschaubare Personenzahl abgestimmt sind. Angebracht dürfte es daher sein, in diesen Fällen eine Unterscheidung zu Fällen der Gesamtrechtsnachfolge vorzunehmen und insoweit eine Gleichstellung mit der Besteuerung von Schenkungen zu erreichen, da die Situationen insoweit bis auf den Wegfall der Person des Erblassers vergleichbar sind. Belastungen durch den Wegfall des Erblassers dürften aber meist 95
F. Becker, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 14 Rn. 94. W. Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, § 174 Rn. 23; F. Becker, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, Art. 14 Rn. 94. 97 J. Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 67; J. Berkemann, in: Umbach/Clemens (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 717. 96
E. Optimales Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer
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nur innerhalb der engsten Familie eintreten, bei deren Mitgliedern regelmäßig von einer Einsetzung als Erbe auszugehen ist, da nur bei Erbeinsetzung eine Teilhabe an der Nachlassverwaltung verbunden ist. Der Wegfall des Erblassers ist somit nicht als derart bedeutend zu qualifizieren, dass deswegen eine abweichende Beurteilung angezeigt ist. Für Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen gelten daher die Ausführungen zur Besteuerung von Schenkungen. 4. Ergebnis Werden die grundrechtlichen Vorgaben der Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften betrachtet, zeigt sich, dass eine Unterscheidung zwischen Fällen der Gesamtrechtsnachfolge und Fällen der Einzelrechtsnachfolge angezeigt ist. Während im Fall der Gesamtrechtsnachfolge eine Differenzierung nach verwandtschaftlichem Verhältnis und eine Gewährung von Freibeträgen geboten erscheinen, ist dies bei Fällen der Einzelrechtsnachfolge nicht der Fall. Dieses Ergebnis lässt sich durch den Gedanken einer Wirtschaftsgemeinschaft erklären. Zuwendender und Erwerber bilden dabei eine Wirtschaftsgemeinschaft. Übertragungen innerhalb dieser Wirtschaftsgemeinschaft sind wirtschaftlich nicht erforderlich, da alle Vermögensgegenstände gemeinsam genutzt werden. Vermögensverschiebungen unter Lebenden sind daher nur dann erforderlich, wenn mit ihnen eine Änderung der Nutzung beabsichtigt wird, sie also einem Teil exklusiv zugeordnet werden sollen. Dann ergibt sich aber auch keine Notwendigkeit zur Berücksichtigung der vorherigen Mitbenutzung, da nun die exklusive Nutzung erlangt wird. Im Erbfall ist dies dagegen ebenso wie der Wegfall des Erblassers zu berücksichtigen, so dass ein Freibetrag und eine Differenzierung nach dem verwandtschaftlichen Verhältnis als typisierter Ausdruck der unterschiedlichen Nähebeziehung zwischen Erblasser und Erbe notwendig erscheinen. Erfolgt im Todesfall eine Vermögensübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge ist dagegen der typisierende Gedanke einer vorherigen Mitbenutzung der Vermögensgegenstände und das vereinfacht gedachte Wirtschaften aus einem Topf nicht zu übertragen. Die Nähebeziehung war in diesen Fällen regelmäßig nicht derart groß wie bei einer Erbeinsetzung, so dass die Nachteile des Wegfalls des Zuwendenden bei einer typisierenden Betrachtung keine unterschiedliche Behandlung im Vergleich zur Schenkung unter Lebenden erfordert.
E. Optimales Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer Wird die Erbschaftsteuer unter anderem durch Freibeträge derart bemessen, dass sie die Leistungsfähigkeitssteigerung besteuern soll, die sich bei Übergang des Vermögens im Todesfall ergibt, muss eine mehrfache Inanspruchnahme der
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
Freibeträge und eines Progressionsvorteils durch Aufspalten der Vermögensübertragung in mehrere Vorgänge verhindert werden. Deshalb sind innerhalb eines gewissen Zeitraums vorangegangene Erwerbe einzubeziehen. So stellt sich die Situation auch de lege lata dar. Die Differenzierung nach verwandtschaftlichem Verhältnis im Rahmen der Erbschaftsteuer lässt sich allein durch die Förderung von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG rechtfertigen, indem durch die abgestuften Freibeträge und Steuersätze im engsten Familienkreis der Wegfall des Erblassers sowie die vorherige Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände berücksichtigt werden. Bei Zuwendungen unter Lebenden ist eine Abstufung nach verwandtschaftlicher Nähebeziehung verfassungsrechtlich nicht angezeigt, sondern abzulehnen. Die bei der Erbschaftsteuer mögliche Differenzierung rechtfertigt sich aus der typisierten Nähebeziehung nach verwandtschaftlichem Verhältnis. Durch eine Zuwendung unter Lebenden wird diese vermutete Nähe auf jeden Erwerber erstreckt, da meist nur nahestehenden Personen etwas zugewendet werden dürfte. Folglich ist eine Abstufung nicht angezeigt. Der Gesetzgeber hat daher eine einheitliche Belastung von Zuwendungen unter Lebenden zu normieren. Eine Progression der Belastung ist möglich. Es muss aber sichergestellt werden, dass die Wirkung der Progression nicht durch Aufspalten in mehrere Vermögensübergänge umgangen werden kann. Deshalb sind Schenkungen bei Normierung einer Progression innerhalb eines gewissen Zeitraumes zusammenzurechnen. Allerdings muss – wie gezeigt – auch eine Umgehung der in der Erbschaftsteuer möglichen Progression durch Zuwendungen unter Lebenden verhindert werden. Daher sind Zuwendungen unter Lebenden innerhalb eines gewissen Zeitraumes vor einem anschließenden Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Berechnung der Progression der Erbschaftsteuer einzubeziehen. Fraglich erscheint, ob der Gesetzgeber Zuwendungen unter Lebenden bei von verwandtschaftlichen Verhältnissen unabhängiger Behandlung entsprechend der am besten gestellten Steuerklasse der Erbschaftsteuer einordnen oder eine andere Einstufung vornehmen sollte. Die Bemessung der Erbschaftsteuer richtet sich in dieser Steuerklasse nach einer typisierten Generationenfolge. Entsprechend normiert der Gesetzgeber Belastungen, die seiner Ansicht nach den Gesamtvermögensanfall auf die Erwerber im typischen Todesfall zutreffend widerspiegelt, wobei innerhalb eines gewissen Zeitraumes vorangegangene Zuwendungen unter Lebenden einzuberechnen sind. Die Bemessung der Steuerlast zielt also auf einen Gesamtvermögensanfall im typischen Todesfall ab. Folgt einer Zuwendung unter Lebenden kein Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, ergibt sich insoweit kein Gesamtvermögensanfall wie im typischen Todesfall. Obwohl also sowohl Erbschaftsteuer als auch Schenkungsteuer an die Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch einen
F. Abgrenzung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer
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unentgeltlichen Vermögenstransfer anknüpfen, sollten Erbschaften und Zuwendungen unter Lebenden dennoch unterschiedlich besteuert werden. Denn die Freibeträge und Steuersätze der Erbschaftsteuer sind auf einen Gesamtvermögensanfall abgestimmt, der bei Zuwendungen unter Lebenden ohne nachfolgenden Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht eintritt. Zudem wird dabei eine Förderung von Ehe und Familie berücksichtigt, die bei der Schenkungsteuer nicht notwendig ist. Der Gesetzgeber sollte also Zuwendungen unter Lebenden grundsätzlich höher besteuern als Erwerbe von Todes wegen. Festzuhalten ist, dass ein (unreflektiertes) Übernehmen der erbschaftsteuerlichen Normen für die Schenkungsteuer zu fehlerhaften Belastungen führt. Dies zeigt sich auch an der verfehlten Übernahme der Differenzierung der Belastung nach verwandtschaftlicher Nähe des Erwerbers zum Zuwendenden. Es erscheint daher vorzugswürdig, Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer zu trennen, um eine optimale Besteuerung zu erreichen.
F. Abgrenzung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer Die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen sollte demnach nicht einheitlich, sondern getrennt erfolgen. Fraglich ist, wie zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer abgegrenzt werden kann. De lege lata kommt der Abgrenzung regelmäßig keine große Bedeutung zu. In Betracht käme eine Abgrenzung nach Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge. Fälle der Gesamtrechtsnachfolge werden von der Erbschaftsteuer erfasst, Fälle der Einzelrechtsnachfolge von der Schenkungsteuer. Diese grundsätzliche Abgrenzung ist allein aber nicht ausreichend. Bei einer Trennung sind unterschiedliche Belastungen durch Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer beinahe zwangsläufig und auch geboten, so dass sich Gestaltungsmöglichkeiten anbieten. So könnten sich Übertragungen auf dem Sterbebett bei geringerer Schenkungsteuerbelastung anbieten. Bei höherer Belastung von Schenkungen kann von Zuwendungen unter Lebenden abgesehen werden, wenn mit dem Eintritt des Todes gerechnet werden kann. Daher ist eine zusätzliche zeitliche Komponente in die Abgrenzung aufzunehmen. Danach ist nicht jeder Fall der Einzelrechtsnachfolge der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Kommt es im zeitlichen Verlauf einer Schenkung zu einer späteren Gesamtrechtsnachfolge bietet sich daher die Einbeziehung des in Einzelrechtsnachfolge früher stattgefundenen Vermögensübergangs an. Bei der Auswahl dieses Zusammenrechnungszeitraums ist der Gesetzgeber frei. Angesichts der oben98 erörterten Ablehnung der Umgehungstheorie der Schenkungsteuer sollte der Zeitraum aber nicht zu lang bemes98
Teil 2 B. I.
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Teil 4: Notwendigkeit einer eigenständigen Schenkungsteuer
sen sein. In den Niederlanden werden Vermögensübergänge innerhalb von sechs Monaten vor dem Todesfall den Regelungen über den Erwerb von Todes wegen einbezogen.99 Der Gesetzgeber könnte sich bei der Festlegung an diesem Zeitraum orientieren. Gewichtiger Einwand gegen diese Abgrenzung ist das Problem der Gestaltbarkeit der Vermögensübertragung im Todesfall. Bei einer unterschiedlichen Belastung von Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen bieten sich Gestaltungsmöglichkeiten an. Beispielsweise kann statt eines Vermächtnisses oder einer Schenkung auf den Todesfall eine Erbeinsetzung mit Teilungsanordnung vorgesehen werden. Diese Problematik lässt sich mit der hier vorgeschlagenen Abgrenzung nicht lösen. Gleichwohl ist eine eigenständige Schenkungsteuer erforderlich. Die differenzierenden grundrechtlichen Vorgaben können nicht ignoriert werden und führen somit zwangsläufig zu Gestaltungsmöglichkeiten. Problematisch erscheinen die Auswirkungen auf die Entscheidung, ob Vermögen bereits unter Lebenden oder erst von Todes wegen übertragen werden soll. Für die bisherige Einheit von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer lässt sich anführen, dass diese Entscheidung dann nicht von steuerlichen Folgen abhängig gemacht werden muss.100 Lediglich wenn Zuwendungen über einen mehr als zehnjährigen Zeitraum gestreckt werden, ergibt sich eine Auswirkung. Durch diese Möglichkeit der Steuerersparnis ergibt sich jedoch häufig auch ein Druck, Vermögen bereits zu Lebzeiten wegzugeben um die Steuerbelastung möglichst niedrig zu halten.101 Dem könnte dadurch begegnet werden, dass die Schenkungsteuer mit niedrigen Freibeträgen und einem Tarif ausgestaltet wird, der eine längere Zusammenrechnung entbehrlich macht. Aber auch bei Beibehaltung einer langfristigen Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe entsprechend § 14 ErbStG ergeben sich im Vergleich zur jetzigen Rechtslage keine Verschlechterungen auf mögliche Gestaltungsüberlegungen. Bei einem niedrigeren Tarif der Erbschaftsteuer stellt sich die Frage, ob damit wirtschaftlich sinnvolle Vermögensübertragungen zu Lebzeiten, insbesondere die Übertragung von Betriebsvermögen, behindert werden. Angesichts der aus Art. 14 Abs. 1 GG folgenden Maßgabe,102 dass die Steuerbelastung angemessen, und der Vorgabe des Art. 12 Abs. 1 GG,103 der den Fortbestand eines Unternehmens sichert, kann davon ausgegangen werden, dass eine unter Lebenden vorge99 M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 119. 100 P. Naarmann, Das Verhältnis der Schenkungsteuer zur Erbschaftsteuer, 1985, S. 262. 101 K. M. Groll, ZEV 2011, S. 218, 220. 102 Dazu unten Teil 5 A. III. 103 Dazu Teil 5 A. IV. 1. a).
F. Abgrenzung von Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer
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nommene Übertragung zwar möglicherweise unattraktiver wird, aber jedenfalls ihren wirtschaftlichen Sinn nicht verliert. Als gewichtiger, kaum zu lösender Einwand gegen eine Abgrenzung zwischen Einzelrechtsnachfolge und Gesamtrechtnachfolge sind die möglichen Gestaltungen im Todesfall zu berücksichtigen. Den eine differenzierende Betrachtung gebietenden grundrechtlichen Vorgaben ist aber der Vorrang einzuräumen, so dass die Gestaltungsmöglichkeiten hingenommen werden müssen. Die Besteuerung muss deshalb für Fälle der Gesamtrechtsnachfolge und Fälle der Einzelrechtsnachfolge unterschiedlich geregelt werden. Es bedarf somit eines eigenständigen Schenkungsteuergesetzes.
Teil 5
Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz A. Nationale Grundrechte I. Bewertung Das der Besteuerung eines Schenkungsteuergesetzes unterliegende übergehende Vermögen muss bewertet werden. Vorgaben für die Bewertung des übergehenden Vermögens enthält Art. 3 Abs. 1 GG. Voraussetzung einer gleichmäßigen Besteuerung ist eine Bewertung des Vermögensanfalls, die die übergegangenen Werte „in ihrer Relation realitätsgerecht“ abbildet.1 Dies erfordert eine Ausrichtung am gemeinen Wert,2 weil die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen durch den Vermögensanfall in dem Umfang erhöht wird, der sich bei Veräußerung des Wirtschaftsguts unter objektivierten Bedingungen ergäbe.3 Diese Vorgaben sind für eine gleichheitsgerechte Besteuerung zwingend, da eine Besteuerung, die an einer verfehlten Bemessungsgrundlage anknüpft, lediglich zufällig zu einer an der jeweiligen finanziellen Leistungsfähigkeit ausgerichteten Steuerlast führen kann. In dieser Arbeit soll nicht untersucht werden, ob de lege lata ein gleichheitsgerechtes Bewertungsregime besteht, sondern lediglich, ob ein solches überhaupt möglich ist. Denn in der Literatur wird teilweise bezweifelt, dass eine gleichheitsgerechte Bewertung erfolgen könne; sie wird in die Nähe einer Utopie gerückt.4 Es könne lediglich Geldvermögen zutreffend bewertet werden. Im Übrigen sei der wahre Wert erst bei einer Wertrealisation am Markt festzustellen.5 Dabei wird der zu suchende „wahre Wert“ mit dem Preis eines Wirtschaftsgutes
1 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 33; BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 173. 2 Zur Diskussion, welcher Wertansatz zutreffend ist, vgl. R. Seer, StuW 1997, S. 283, 286 ff.; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 101 ff. 3 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 33 f.; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 35 und 102; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 2003, S. 887. 4 J. Lang, StuW 2008, S. 189, 193. 5 J. Lang, StuW 2008, S. 189, 193.
A. Nationale Grundrechte
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gleichgesetzt. Der Preis, der sich durch Angebot und Nachfrage ergibt, folgt aus einem Marktvorgang. Aber im Vorfeld dieses Marktvorganges lässt sich an Hand von Indikatoren der vermutliche Preis prognostizieren. Dass dabei nicht der später tatsächlich erzielte Preis ermittelt werden kann, ist einer Prognose immanent. Es lässt sich aber eine hinreichend sichere Bandbreite festlegen, in der der Preis später vermutlich liegen wird. Die Feststellung einer solchen Bandbreite genügt für eine gleichheitsgerechte Bewertung.6 Dass eine Bewertung trotz der ihr innewohnenden Unsicherheiten möglich und üblich ist, zeigt auch ein Blick über das Schenkungsteuerrecht hinaus. Zum einen erfolgt im Steuerrecht für eine Vielzahl von Vorgängen eine Bewertung ohne Marktvorgang, wie etwa bei Entnahmen, Einlagen, verdeckten Gewinnausschüttungen und Funktionsverlagerungen.7 Zum anderen begegnet das Problem der Bewertung auch im Zivilrecht,8 wo Schadensersatzansprüche und Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung bewertet werden müssen; und zwar auch für die in der Literatur9 zur Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer als unbewertbar angeführten Kunstgegenstände. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass eine gleichheitsgerechte Bewertung möglich ist.
II. Grundsatz der Allgemeinheit der Steuer Fraglich ist, ob eine eigenständige Schenkungsteuer dem Grundsatz der Allgemeinheit der Steuer entspricht. Der Grundsatz der Allgemeinheit scheint eine doppelte Anknüpfung aufzuweisen. Zum einen folgt er aus Art. 3 Abs. 1 GG, der eine im Verhältnis gleichmäßige Verteilung der Steuerlasten verlangt. In dieser Ausprägung kommt dem Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung vor allem die Funktion zu, persönliche Ausnahmen von der Steuer auszuschließen, indem etwa Adelige nicht von Steuern befreit werden dürfen.10 Daneben ist der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung auch im Steuerbegriff 11 verankert. Nach § 3 Abs. 1 AO liegen Steuern nur dann vor, wenn sie „allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft“. Richtigerweise handelt es sich hierbei aber nicht um ein Merkmal des 6 Für Grundstücke BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 46; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 102. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im steuerlichen Massenverfahren – zu dem nicht nur die Einkommensteuer sondern auch die Schenkungsteuer zählt – typisiert werden muss. 7 D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1916. 8 D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1916. 9 J. Lang, StuW 2008, S. 189, 193. 10 Vgl. K.-D. Drüen, in: Tipke/Kruse (Hrsg.), Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 3 AO Rn. 41; S. Lampert, Doppelbesteuerungsrecht und Lastengleichheit, 2010, S. 182. 11 Da verfassungsrechtlicher und einfachrechtlicher Steuerbegriff derzeit deckungsgleich sind, kann auf eine Unterscheidung verzichtet werden.
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Steuerbegriffs, sondern um eine bloße Rechtmäßigkeitsvoraussetzung.12 Deshalb handelt es sich auch dann um eine Steuer, wenn der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung verletzt wurde.13 In der Literatur wird teilweise angenommen, dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung verstoße, da lediglich weniger als 5 % aller Sachverhalte, die grundsätzlich eine Steuerpflicht auslösen, zum Steueraufkommen beitrügen.14 Bei der Schenkungsteuer ist angesichts des geringen Beitrages zum Aufkommen von einem noch geringeren Anteil an Sachverhalten, die tatsächlich zu einer Besteuerung führen, auszugehen.15 Daher ist zu fragen, ob der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat, wenn nur in seltenen Fällen eines als grundsätzlich steuerwürdigen Sachverhalts auch Steuern ausgelöst werden. Die Schenkungsteuer beruht auf der Entscheidung des Gesetzgebers, den Reinvermögenszugang durch Erwerb unter Lebenden als Erhöhung der steuerlichen Leistungsfähigkeit zu qualifizieren und insoweit auch zu besteuern. Dass dieser Grundgedanke lediglich in wenigen Fällen zu einer tatsächlichen Besteuerung führt, beruht auf verschiedenen Gründen. Wird die Schenkungsteuer betrachtet, so ist bei der derzeitigen Ausgestaltung mit gleichen Freibeträgen wie bei Erbschaften zwangsläufig, dass nur wenige Fälle steuerpflichtig werden, da solch hohe Zuwendungen relativ selten sind. Nach hier vertretener Auffassung einer weitestgehenden Abschaffung der Freibeträge dürfte die Zahl der Zuwendungen, die tatsächlich besteuert werden, aber zunehmen. Des Weiteren ist zu beachten, dass ohne explizite Steuerbefreiung durch § 13 Abs. 1 Nr. 14 ErbStG auch übliche Gelegenheitsgeschenke steuerpflichtig wären.16 Bei einer empirischen Analyse der tatsächlich besteuerten Fälle müssten folglich auch alle Gelegenheitsgeschenke erfasst werden. Allein aus Praktikabilitätsgründen kann daher nicht jeder Sachverhalt, der nach der Ausgangsentscheidung des Gesetzgebers besteuerungswürdig ist, einer tatsächlichen Besteuerung unterworfen werden. Zudem würde die Schenkungsteuer sonst tief in die Privatsphäre der Beteiligten eindringen, wenn jedes Geschenk anläss-
12 F. Kirchhof, Grundriß des Steuer- und Abgabenrechts, 2001, Rn. 12; D. Birk, Steuerrecht, 2010, Rn. 116. A. M. wohl D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1917. 13 Für die vorliegende Frage offen gelassen von G. Crezelius, ZEV 2009, S. 1, 2. 14 G. Crezelius, ZEV 2009, S. 1, 2; D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1917. Vgl. auch D. Lehmann/O. Treptow, Zusammensetzung und Diskrepanz der Erbschaft- und Schenkungsteuer 2002, 2006, S. 2, nach deren Studie im Jahr 2002 über 90 % aller Nachlässe keinerlei Erbschaftsteuer auslösten. Diese Zahl dürfte sich trotz realitätsgerechterer Bewertung im Vergleich zur damaligen Rechtslage durch die erhöhten Freibeträge und Verschonungen für Betriebsvermögen nicht verringert haben. 15 Vgl. D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 151. 16 Vgl. D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 151.
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lich einer persönlichen Situation besteuert würde. Die Steuerbefreiung für übliche Gelegenheitsgeschenke stößt in der Literatur auf gleichheitsrechtliche Bedenken, da durch die relative Betrachtungsweise der Üblichkeit eine Zuwendung in begüterten Kreisen noch als üblich angesehen werden kann und somit steuerfrei ist, während die gleiche Zuwendung in weniger begüterten Kreisen als unüblich qualifiziert werden kann und somit steuerpflichtig wäre.17 Gegen diese Bedenken wird eingewandt, dass solche Zuwendungen für die Betroffenen häufig unvermeidbar seien, so dass eine Besteuerung nicht gerechtfertigt erschiene.18 Die Besteuerung erfährt aber ihre Rechtfertigung nicht aus einem Opfer des Zuwendenden oder der freudigen Überraschung des Erwerbers, sondern aufgrund der bei diesem eintretenden Bereicherung.19 Die Bereicherung ist aber allein vom Wert des übergehenden Vermögensgegenstandes abhängig. Dies ist auch bei Steuerfreistellungen zu beachten. Denn auch hierbei ist auf den Erwerber abzustellen und nicht auf den Zuwendenden. Jedenfalls rechtspolitisch ist daher eine wertmäßige Obergrenze für übliche Gelegenheitsgeschenke zu fordern. Daneben drängt sich ein Vergleich mit dem Einkommensteuerrecht auf. Die Bestimmung des einkommensteuerfreien Existenzminimums obliegt dem Gesetzgeber. Mit seiner Entscheidung gibt er zu erkennen, ab welchem zu versteuerndem Einkommen er die Leistungsfähigkeit derart erhöht sieht, dass er diesen Zuwachs besteuert. Ausgangspunkt der Einkommensteuer ist aber wie für die Schenkungsteuer die Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch einen Reinvermögenszugang. Während bei der Einkommensteuer die Entscheidung des Gesetzgebers, erst ab einer gewissen Leistungsfähigkeitserhöhung eine Besteuerung vorzunehmen, nicht beanstandet wird, wird dies bei der Schenkungsteuer kritisiert. Dass der Gesetzgeber aber bei den gewöhnlich nicht häufig anfallenden Schenkungen die besteuerungswürdige Grenze des Leistungsfähigkeitszuwachses herauf gesetzt hat, ist nicht zu beanstanden, wenn auch eine einheitliche Grenze vorzugswürdig erscheint.20 Der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung wird also durch eine geringe Anzahl von tatsächlich besteuerten Fällen im Vergleich zu Fällen, die grundsätzlich steuerbar sind, nicht verletzt. Zu beachten könnte lediglich die Grenze zum Einzelfallgesetz sein, doch bestehen für ein solches keinerlei Anzeichen.
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J. P. Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13 Rn. 54. M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 13 Rn. 165; H.-U. Viskorf, in: Viskorf/Knobel/Schuck (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, § 13 Rn. 148. 19 Vgl. oben Teil 2 B. II. 3. 20 Vgl. oben Teil 4 D. II. 2. b). 18
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III. Allgemeine Obergrenze der Besteuerung Oben21 wurde dargelegt, dass die unentgeltliche Übertragung von Vermögensgegenständen in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fällt. Daraus folgt aber nicht das Recht, Eigentum ungemindert zu übertragen. Der Besteuerung sind aber Grenzen gesetzt. Der Schutz der Eigentumsnutzung verlangt, dass die Besteuerung der Nutzung des Eigentums nur in einem wirtschaftlich vertretbaren Maß erfolgen darf.22 Der Erwerber muss also nach Abzug der Schenkungsteuer noch einen Anteil an dem ursprünglichen Wert des übergehenden Vermögens zur Verfügung haben, der im Verhältnis hierzu noch angemessen ist.23 Die Eigentumsnutzung durch Verschenken darf daher für einen wirtschaftlich denkenden Eigentümer nicht sinnlos werden.24 Dass der Erwerber gegebenenfalls zur Veräußerung eines übergehenden Vermögensgegenstandes gezwungen ist, macht die Zuwendung aber noch nicht wirtschaftlich sinnlos. Der Erwerb eines Vermögensgegenstandes stellt sich bei der Schenkungsteuer, die an den Zuwachs der Leistungsfähigkeit anknüpft, nicht anders dar, wie ein Sachbezug im Rahmen der Einkommensteuer.25 Vielfach wird für die Erbschaftsteuer und dabei mitgedacht auch für die Schenkungsteuer die Grenze einer maximal hälftigen Belastung propagiert.26 Dafür wird angeführt, dass von einem „Erbe“ kaum mehr gesprochen werden könne, wenn der Staat den größten Teil des Vermögens beansprucht.27 Dann sei der Staat an die Stelle des Erben getreten, so dass das Privaterbrecht durch ein Staatserbrecht ersetzt werde.28 Demgegenüber ist zu beachten, dass von einer Erbschaft auch dann noch gesprochen werden kann, wenn der dem Erwerber verbleibende Vermögenszuwachs hinreichend groß ist.29 Dies lässt sich ungeachtet der Begrifflichkeit auf die Schenkungsteuer übertragen. Deshalb sind Steuerbelastungen über 50 % nicht in jedem Fall unzulässig.30 Beachtet werden muss in 21
Teil 4 D. I. 1. a). H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 512. 23 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 512. 24 H.-J. Papier, Der Staat 11 (1972), S. 483, 512. 25 R. Seer, GmbHR 2009, S. 225, 227. 26 W. Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VIII, § 174 Rn. 31; W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 58 f. 27 M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 56. 28 M. J. E. Reinisch, Erbschaftsteuer und Verfassungsrecht, 1999, S. 56. 29 G. Nohl, Vermögensredistribution durch die Besteuerung von Erbschaften und die Erbrechts- und Eigentumsgarantie in Artikel 14 des Grundgesetzes, 1979, S. 207; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 2000, S. 463. 30 Bei der Erbschaftsteuer ist für bestimmte Personen auch eine weit höhere Besteuerung zulässig. Der Gesetzgeber muss nicht jedes Verwandtschaftsverhältnis als ausreichend für eine gesetzliche Erbenstellung ansehen. Ein Verwandtenerbrecht, das zutref22
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diesem Zusammenhang auch die Bedeutung der Bemessungsgrundlage. Eine breite Bemessungsgrundlage wirkt bei gleichem Steuersatz belastender als eine relativ enge Bemessungsgrundlage.31 Daneben muss der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont werden. Durch eine scharfe Angemessenheitsprüfung könnte dem Gesetzgeber sonst mittelbar eine „Ausgaben- und damit Aufgabenbeschränkung“ 32 auferlegt werden. Bei der Frage der Angemessenheit der Steuerbelastung muss aber darauf geachtet werden, dass keine übermäßige Gesamtbelastung vorliegt.33 Je nach Situation kann der Staat aber auch auf eine hohe Steuerlast angewiesen sein. Dann kann auch eine zunächst als ungewöhnlich hoch zu charakterisierende Steuerlast durch Darlegung besonderer Gründe hierfür durch den Gesetzgeber gerechtfertigt werden.34 Auch ist die Gesamtsituation der Steuerlasten einzubeziehen. Bei einem niedrigen allgemeinen Steuersatzniveau kann ein deutlich höherer Steuersatz bei einer Einzelsteuer unangemessen sein oder als Ausprägung eines besonderen Steuerkonzeptes noch gerechtfertigt werden. Wann die besondere Darlegungslast eingreift, ist deshalb schwer zu beantworten. Da bei einem Steuersatz von unter 50 % der Erwerber jedenfalls den Großteil des übergehenden Vermögens erhält, dürfte ein solcher Steuersatz im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden sein. Ab einem Steuersatz von 50 % greift dann eine besondere Darlegungslast des Gesetzgebers ein.
fend erst aus dem Zusammenspiel mit Art. 6 Abs.1 GG geschützt wird (J. Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 66 f.; so wohl auch M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 15 Rn. 3) umfasst danach, aber auch nach der Ansicht, die ein Verwandtenerbrecht direkt aus Art. 14 Abs. 1 GG ableiten wollen, lediglich die in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG einbezogenen Personen (R. Wendt, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 14 Rn. 198). Daraus folgt, dass der Gesetzgeber das de lege lata unbeschränkte gesetzliche Erbrecht beschränken darf, so dass auch eine früher eintretende Erbenstellung des Staates zulässig wäre (H.-J. Papier, in: Herzog/Scholz u. a. (Hrsg.), Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 301; D. Leipold, in: Rixecker/Säcker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Einleitung Erbrecht Rn. 36); geschützt bleibt der Ehegatte sowie die ersten drei oder vier Parentele (B.-O. Bryde, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 45). Kann der Gesetzgeber entfernter Verwandte vom gesetzlichen Erbrecht ausschließen, ist ihm grundsätzlich auch der wirtschaftlich äquivalente Vorgang der hohen Besteuerung entfernter Verwandter möglich (B.-O. Bryde, in: Kunig (Hrsg.), von Münch/Kunig, Grundgesetz, Art. 14 Rn. 46). Lediglich aus dem Prinzip der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung könnten sich Grenzen ergeben. Eine weitestgehende Besteuerung ist aber zulässig. 31 Vgl. BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 116. 32 BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 115. 33 Vgl. dazu oben Teil 3 D. II. 3. b) aa) (1) (d). 34 BVerfG v. 18.01.2006, 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, S. 97, 116. Kritisch zu Begründungsanforderungen des Gesetzgebers T. Hebeler, DÖV 2010, S. 754 ff.
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IV. Behandlung einzelner Vermögensarten 1. Absolute Vorgaben für einzelne Vermögensarten a) Berufsfreiheit Für Übergänge von Betriebsvermögen könnte sich aus der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit eine absolute Obergrenze ergeben. Der Einfluss von Art. 12 Abs. 1 GG auf das Steuerrecht ist bisher wenig beleuchtet. Mit Ausnahme der erdrosselnden Steuer,35 die die Berufsausübung unmöglich macht, lässt das Bundesverfassungsgericht Art. 12 Abs. 1 GG bisher weitgehend unbeachtet.36 Dies könnte aus der missverständlichen Formel des Bundesverfassungsgerichts folgen, wonach eine Abgabe für einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und eine objektiv berufsregelnde Tendenz aufweisen müsse.37 Eine solche Einschränkung ist im Wortlaut der Norm aber nicht angelegt und kann auch sonst nicht begründet werden.38 Unabhängig von dieser problematischen Formel ist bei Abgaben regelmäßig der „klassische“ Eingriffsbegriff39 erfüllt. So greifen zumindest Ertragsteuern unmittelbar, final, rechtlich und mit Zwang in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübung ein.40 Fraglich ist dagegen, ob auch durch die Schenkungsteuer ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vorliegt. Dabei muss zwischen Schenker einerseits und Erwerber andererseits differenziert werden. aa) Eingriff in die Berufsfreiheit des Schenkers Beim Übergang eines Unternehmens41 wird in der Literatur teilweise ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Schenkers angenommen. Die Belastung mit Schenkungsteuer führe zu Gestaltungsüberlegungen des Schenkers, der durch Rechtsformwahl und Standortverlagerungen die drohende Steuerlast zu minimieren su35
Vgl. BVerfG v. 01.04.1971, 1 BvL 22/67, BVerfGE 31, S. 8, 23. So hat Art. 12 GG noch in keinem Fall zur Verfassungswidrigkeit einer Steuer geführt, C. Trzaskalik, Inwieweit ist die Verfolgung ökonomischer, ökologischer und anderer öffentlicher Zwecke durch Instrumente des Abgabenrechts zu empfehlen?, 2000, S. E 50. 37 BVerfG v. 07.05.1998, 2 BvR 1191, 2004/95, BVerfGE 98, S. 106, 117. 38 F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 66; M. Nolte, in: Stern/Becker (Hrsg.), GrundrechteKommentar, Art. 12 Rn. 80 f.; R. Seer, FR 1999, S. 1280, 1281. 39 Vgl. M. Kloepfer, Verfassungsrecht, 2010, § 51 Rn. 25. 40 F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 64 f. Für einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG auch R. Seer, FR 1999, S. 1280, 1281; H. Hohmann, DÖV 2000, S. 406, 409. 41 Auch andere „Berufe“ können übertragen werden, doch ist das Unternehmen als Beispiel am anschaulichsten. 36
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che.42 Des Weiteren könne der Schenker Rücklagen für die Steuerzahlung bilden, was zu einer Verminderung der Investitionen führen könne; bei einer hohen Steuerbelastung könne der Unternehmer gar zur Veräußerung des Betriebs veranlasst werden, da eine rentable Übertragung des Unternehmens nicht möglich erscheint.43 Die geschilderten Folgen einer Steuerbelastung sind in der Tat möglich, doch erscheint fraglich, ob diese Auswirkungen auch einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Schenkers darstellen. Die Schenkungsteuer greift nach § 20 Abs. 1 ErbStG subsidiär auf den Schenker zu. Es ist aber von keiner gesteigerten Beeinflussung durch den Schenker auszugehen, da dieser damit rechnen wird, dass der Beschenkte die Steuer zahlen wird, so dass er selbst nicht in Anspruch genommen wird. Sie richtet sich vorrangig an den Erwerber und beeinflusst das Verhalten des Schenkers lediglich faktisch, mittelbar, unbeabsichtigt und steuert das Verhalten nur indirekt. Nach dem modernen Eingriffsbegriff ist entscheidend, dass die Wirkung auf den geschützten Bereich „von einem ursächlichen und zurechenbaren Verhalten der öffentlichen Gewalt ausgeht“.44 Es erscheint sehr weitgehend, das Verhalten des Schenkers, der die Nichtzahlung der Schenkungsteuer und damit seine Inanspruchnahme fürchtet, der öffentlichen Gewalt zuzurechnen, da die Steuer ihn nicht vorrangig trifft. Es spricht daher viel dafür, hier angesichts der Trennung der beiden Steuersubjekte45 keinen Eingriff anzunehmen, da sonst beinahe jegliches staatliche Verhalten einen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG darstellen könnte und der Eingriffsbegriff mithin keine Konturen mehr hätte. Selbst bei Annahme eines Eingriffs in die Berufsausübung46 müssten zudem die weitreichenden Rechtfertigungsgründe beachtet werden. Da die Erhebung einer Schenkungsteuer gerechtfertigt ist, hat diese Steuerbelastung grundsätzlich auch der Schenker hinzuneh42 A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 81 f. 43 A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 82. 44 M. Kloepfer, Verfassungsrecht, 2010, § 51 Rn. 31. 45 Dies entspricht auch der Lösung der behaupteten Doppelbelastung bei der Erbschaftsteuer, die sich dadurch ergebe, dass das der Erbschaftsteuer zu unterwerfende Vermögen bereits beim Erblasser der Einkommensteuer unterlegen habe, so etwa W. Möschel, in: FS Hennerkes, S. 57, 63. Dabei wird übersehen, dass die Erbschaftsteuer nicht das Vermögen des Erblassers, sondern den Vermögenszuwachs beim Erben besteuert, bei dem insoweit noch keine Besteuerung erfolgt ist, J. P. Meincke, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 39, 44. 46 Nach A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 82 und W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 101 sollen sogar Eingriffe in die Berufswahl denkbar sein, da die Berufsfreiheit auch nicht nur das Recht umfasse, ein Gewerbe zu betreiben, sondern es auch weiterzugeben. Richtigerweise ist diese Verfügungsbefugnis als Ausfluss des Eigentums oder der Testierfreiheit zu sehen und unterfällt somit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG.
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men. Zudem ist zu beachten, dass bei einer gleichheitsgerecht am gemeinen Wert ausgerichteten Steuer die Gestaltungsmöglichkeiten des Schenkers gering sein dürften. Deshalb können sich auch bei Annahme eines Eingriffs in die Berufsfreiheit des Schenkers keine konturenscharfen Grenzen für den Gesetzgeber bei der Gestaltung der Schenkungsteuer ergeben. bb) Eingriff in die Berufsfreiheit des Erwerbers Ob durch die Belastung mit Schenkungsteuer ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Erwerbers eines Unternehmens vorliegt, entscheidet sich unter anderem daran, wie ein solcher „erworbener“ Beruf zu qualifizieren ist. Im Unterschied zur „gewöhnlichen“ beruflichen Tätigkeit, die selbst gewählt und aufgebaut wird, wird der Beruf in Fällen der Schenkungsteuer mehr oder weniger zufällig „erworben“.47 Aber auch der „erworbene“ Beruf stellt sich mit Aufnahme der Tätigkeit als Berufsausübung dar. Sobald ein Unternehmen erworben wurde, wird der Erwerber folglich durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützt. Beim Erwerber wird die Berufsfreiheit durch die Belastung mit Schenkungsteuer wie beim Schenker nicht unmittelbar und final betroffen. Der Erwerber muss zur Steuerzahlung nicht notwendigerweise auf das Unternehmensvermögen zugreifen oder als Sicherheit für ein Darlehen zur Steuerzahlung verwenden. Typischerweise wird dies aber geschehen, so dass die Auswirkung als vorhersehbar und zurechenbar anzusehen ist. Dementsprechend ist insoweit auch von einem Eingriff in die Berufsfreiheit auszugehen.48 Die Erhebung von Schenkungsteuer ist aber grundsätzlich gerechtfertigt. Diese grundsätzliche Rechtfertigung stellt einen sachlichen Grund dar, der einen Eingriff in die Berufsfreiheit regelmäßig rechtfertigt. Allerdings sind die Grenzen der Rechtfertigung zu untersuchen. Dafür ist die Intensität des Eingriffs maßgebend, d. h. ob ein Eingriff in die Berufsausübung vorliegt oder ob die Berufswahl betroffen ist. Im typischen Fall belastet die Schenkungsteuer die Rentabilität des Unternehmens für den Erwerber oder führt zu einer Verringerung des Investitionsvolumens. Dies stellt sich als Eingriff in die Berufsausübung dar, der durch die grundsätzliche Rechtfertigung einer Schenkungsteuer auch gerechtfertigt ist. Wird die Steuerbelastung aber derart erhöht, dass eine Fortführung des Unternehmens nicht möglich ist und eine Veräußerung des ganzen Unternehmens oder eines Teils des Unternehmens zur Steuerzahlung erforderlich wird, liegt die Annahme eines Eingriffs in die Berufswahl nahe. Der Erwerber könnte aber darauf verwiesen werden, ein solches Unternehmen selbstständig aufzubauen. In diesem Fall wäre ein Eingriff in die Berufsausübung anzunehmen. Entscheidend ist dabei die Objektgebundenheit des Berufs47
Noch mehr gilt dies im Todesfall. F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 67. 48
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begriffs. Der Beruf ist nicht auf eine konkrete Tätigkeit beschränkt, sondern bezeichnet die Gattung. So kann ein Erwerber eines Einzelhandelsunternehmens auch dann Einzelhandelsunternehmer werden, wenn er das erworbene Unternehmen zur Steuerzahlung veräußern musste. Damit wird auch bei einem Verkauf des Unternehmens nicht die Berufswahl betroffen, sondern die tatsächliche konkrete Ausübung des Berufs, also die Berufsausübung. Fraglich ist, ob ein derart intensiver Eingriff in die Berufsausübung auch gerechtfertigt ist. Die Steuererhebung rechtfertigt sich aus der staatlichen Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens. Die Steuer darf deshalb das private Wirtschaften nicht unmöglich machen. Folglich ist eine Schenkungsteuer, die die Fortführung eines erworbenen Unternehmens unmöglich macht, als unverhältnismäßig zu beurteilen. Art. 12 Abs. 1 GG schützt daher den Fortbestand des Unternehmens.49 b) Vereinigungsfreiheit Die Bedeutung des Art. 9 Abs. 1 GG für das Steuerrecht ist noch nicht vollständig erkannt.50 Das Bundesverfassungsgericht hat Art. 9 Abs. 1 GG im Steuerrecht bisher nicht berücksichtigt. Die Literatur zieht die Vereinigungsfreiheit lediglich vereinzelt bei der Erörterung der Rechtsformneutralität heran.51 Aber auch im Schenkungsteuerrecht sollte die Vereinigungsfreiheit nicht aus dem Blick verloren werden. Durch Schenkungsteuer können sich Belastungen des Erwerbers ergeben, die dazu führen, dass der Erwerber eine weitere Person in das Unternehmen aufnimmt. Art. 9 Abs. 1 GG schützt die Bildung von Vereinigungen. Damit wird auch die Entscheidung geschützt, ob überhaupt eine Vereinigung gebildet wird oder nicht.52 Bei einem Zwang zur Aufnahme eines Gesell49 F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 67; W. Leisner, Verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsbesteuerung, 1970, S. 100 f.; A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 82 ff. 50 Soweit ersichtlich wird die Bedeutung des Art. 9 Abs. 1 GG für das Steuerrecht erstmals durch H. Weber, Grundgesetz, Gesellschaftsrecht und die Besteuerung der selbständigen Unternehmen, 1971, S. 55 ff. und 80 ff. erörtert, stieß aber auf keine Resonanz, vgl. H. Weber, JZ 1980, S. 545, 547. 51 H. Weber, Grundgesetz, Gesellschaftsrecht und die Besteuerung der selbständigen Unternehmen, 1971, S. 83 ff.; P. Kirchhof, StuW 2000, S. 221, 230; P. Kirchhof, in: Ebling (Hrsg.), DStJG 24 (2001), S. 9, 19; P. Kirchhof, Besteuerung im Verfassungsstaat, 2000, 62; F. Kirchhof, in: Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, Bd. III, § 59 Rn. 73; bloßer Hinweis bei C. Waldhoff, StuW 2000, S. 217, 220; dagegen J. Hey, in: Ebling (Hrsg.), DStJG 24 (2001), S. 155, 172 f.; J. Pelka, StuW 2000, S. 389, 392; über die Rechtsformneutralität hinaus soll Art. 9 Abs. 1 GG nach H. Weber, Grundgesetz, Gesellschaftsrecht und die Besteuerung der selbständigen Unternehmen, 1971, S. 56 extreme Belastungen verbieten. 52 H. Bauer, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 9 Rn. 44.
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schafters in das erworbene Unternehmen ist daher der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit eröffnet. Die Vereinigungsfreiheit steht insoweit in Idealkonkurrenz zur Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG.53 Fraglich ist aber, ob ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG vorliegt. Der klassische Eingriffsbegriff ist mangels unmittelbaren, finalen und imperativen Rechtsakts nicht erfüllt. Der erweiterte Eingriffsbegriff fordert, dass die Beeinträchtigung dem Staat zurechenbar ist. Dem Erwerber steht eine Vielzahl von Möglichkeiten offen, auf die Liquiditätsbelastung durch Schenkungsteuer zu reagieren. Es steht ihm offen, ob er hierzu Kredite aufnimmt, ob er das Unternehmen zum Teil oder vollständig veräußert oder ob er einen (weiteren) Gesellschafter aufnimmt. Alle diese Möglichkeiten wirken sich dem Staat zurechenbar auf seine Berufsausübung aus, so dass insoweit ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen ist. Die Vereinigungsfreiheit wird aber nur in einer besonderen Konstellation – der Aufnahme eines (weiteren) Gesellschafters – getroffen, die im Belieben des Erwerbers steht, da dieser eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Liquiditätsbeschaffung hat. Ein bloß zufälliges Betreffen der Vereinigungsfreiheit kann aber nicht zur Annahme eines Eingriffs führen, so dass regelmäßig von keinem Eingriff in die Vereinigungsfreiheit durch Schenkungsteuer ausgegangen werden kann. 2. Differenzierung nach Vermögensarten Fraglich ist, ob bei der Besteuerung nach Vermögensarten differenziert werden muss oder darf. Dies soll in dieser Arbeit am Beispiel des Betriebsvermögens untersucht werden. Die Behandlung von Betriebsvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuer und mitgedacht auch der Schenkungsteuer ist seit langem umstritten.54 a) Abweichung zwischen Wert des Vermögensanfalls und daraus folgender Leistungsfähigkeit Das Bundesverfassungsgericht nahm in einer früheren Entscheidung an, dass beim Übergang von Betriebsvermögen „die durch die Erbschaftsteuer55 erfasste finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben nicht seinem durch den Erbfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspricht.“ 56 Dies beruhe auf einer gesteigerten rechtlichen Bindung „durch Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern“, 53
T. Mann, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Art. 12 Rn. 199. Ausführlich zum Betriebsvermögen B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000. Zum Grundvermögen M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 131 ff. 55 Für die Schenkungsteuer gelten diese Ausführungen entsprechend. 56 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 176. 54
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dem Betriebsverfassungsrecht, dem Wirtschaftsverwaltungsrecht und durch langfristige Investitionen. In der Literatur stieß diese These zu Recht auf Ablehnung.57 Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer knüpfen am Reinvermögenszugang des Erwerbers an. Für eine gleichheitsgerechte Besteuerung muss die Besteuerung an einer einheitlichen Bezugsgröße ausgerichtet sein. Diese Bezugsgröße ist der Wert des Vermögensanfalls.58 Bei gleichem Wert des Vermögensanfalls muss grundsätzlich auch eine gleiche Steuerbelastung erfolgen. Dabei ist grundsätzlich unbeachtlich, welche Art von Vermögen übergeht. Der Wert des Vermögensanfalls bestimmt die dem Vermögen innewohnende Leistungsfähigkeitssteigerung des Erwerbers. Erst im Anschluss an die Feststellung des Wertes des Vermögensanfalls ist eine Verschonung bestimmter Vermögensarten zur Verfolgung von Förder- oder Lenkungszielen59 möglich.60 Die Ansicht, dass bestimmten Vermögensarten eine geringere Leistungsfähigkeit vermitteln sollen, ist auch deshalb abzulehnen, weil sich die Minderung der Leistungsfähigkeit nicht messen lässt.61 Zudem ist zu beachten, dass sich die gesteigerte rechtliche Bindung von Betriebsvermögen bereits in dessen Wert niederschlägt,62 so dass auch aus diesem Grund eine Abweichung zwischen Wert des Vermögensanfalls und vermittelter Leistungsfähigkeit nicht anzunehmen ist. In einer neueren Entscheidung63 hat das Bundesverfassungsgericht diesen Ansatz nicht wieder aufgegriffen. Darin wird vielmehr für Grundvermögen eine Rechtfertigung von Verschonungsregelungen durch gesteigerte rechtliche Bindungen zumindest insoweit abgelehnt, als diese Faktoren in den Marktpreisen berücksichtigt werden.64 Zur Absicherung dieses Ergebnisses werden entsprechende Äußerungen in der Literatur zum Betriebsvermögen angeführt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass das Bundesverfassungsgericht deshalb auch für Betriebsvermögen nicht mehr von einem Abweichen zwischen Wert und vermittelter Leistungsfähigkeit ausgeht.65 57 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 296 f.; R. Seer, StuW 1997, S. 283, 293 ff.; R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 210 ff.; J. Lang, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 4 Rn. 225. 58 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 297. 59 Zwar soll mit Verschonungen nicht das Verhalten des Steuerpflichtigen gelenkt werden, sondern der Bestand eines Unternehmens erhalten werden, doch spricht auch das Bundesverfassungsgericht diesbezüglich von Lenkung, BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 31 f. 60 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 297. 61 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 297. 62 R. Seer, StuW 1997, S. 283, 294; R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 212; R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 297. 63 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1. 64 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 53. 65 So auch D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1918; D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 839. Dass die These der verminderten Leistungsfähigkeit nicht
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b) Rechtfertigung von Verschonungsregelungen Verschonungsregelungen für bestimmte Vermögensarten führen zu einer Ungleichbehandlung, da die Steuerlast nicht lediglich vom Wert des Vermögensanfalls abhängt, sondern auch von der Art des Vermögens bestimmt wird. Eine solche Ungleichbehandlung ist rechtfertigungsbedürftig. Uneinigkeit besteht in Literatur und Rechtsprechung über den Prüfungsmaßstab. aa) Prüfungsmaßstab Fraglich ist, ob bei der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung lediglich eine Willkürkontrolle oder eine strengere Prüfung vorgenommen werden muss. Oben66 wurde dargelegt, dass der Maßstab für Durchbrechungen des Leistungsfähigkeitsprinzips regelmäßig streng ist und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. In einer neueren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht wurde aber davon abweichend angenommen, dass der Gesetzgeber Verschonungen für bestimmte Vermögensarten lediglich nicht willkürlich verteilen darf und nach Treffen einer erkennbaren Ausgangsentscheidung zu einer folgerichtigen Umsetzung verpflichtet ist.67 Demgegenüber tritt die Literatur weitgehend für eine strengere Bindung des Gesetzgebers ein.68 Hierfür spricht die sonstige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Bindung des Gesetzgebers im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG. Das Bundesverfassungsgericht differenziert beim Prüfungsmaßstab im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG seit der sogenannten Neuen Formel69 zwischen sachund personenbezogenen Ungleichbehandlungen. Bei sachbezogenen Ungleichbeausdrücklich aufgegeben wurde, könnte auf dem Willen des Ersten Senats beruhen, ein Abweichen von der Entscheidung des Zweiten Senats, das nach § 16 Abs. 1 BVerfGG zur Anrufung des Plenums führen würde, zu vermeiden. Dabei ist schon die Ansicht des Zweiten Senats zweifelhaft. Einer Begünstigung gewerblicher Einkünfte im Rahmen der Einkommensteuer aufgrund einer Gemeinwohlbindung von Gewerbebetrieben hat der Zweite Senat eine Absage erteilt (BVerfG v. 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, S. 164, 190. Dabei wurde die Entscheidung zur Erbschaftsteuer „jedenfalls“ als nicht auf das Einkommensteuerrecht übertragbar angesehen, weil nur die Erbschaftsteuer auf die Erfassung des Substanzwertes abziele und somit zu einer Gefährdung der Fortführung des Betriebes in Familienhand führen könne. Damit ist erkennbar, dass auch der Zweite Senat an der These von BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 176 zweifelt. 66 Teil 2 B. II. 2. a). 67 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 32. 68 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 142 und 177; R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 214; B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 167; allgemein R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 221 ff.; H. H. von Arnim, VVDStRL 39 (1981), S. 286, 326 f.; J. Hey, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 19 Rn. 76. 69 BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50, 89, 240/79, BVerfGE 55, S. 72, 88.
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handlungen ist den Betroffenen regelmäßig ein Ausweichen möglich, so dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers hier besonders weit ist.70 Bei personenbezogenen Ungleichbehandlungen wird der Gesetzgeber dagegen einer strengeren Bindung unterworfen.71 Eine strengere Bindung erfolgt auch bei sachbezogenen Ungleichbehandlungen, bei denen die Betroffenen durch ihr Verhalten die Merkmale der Differenzierung nicht beeinflussen können.72 Zudem engt sich der Spielraum des Gesetzgebers weiter ein, wenn sich die Ungleichbehandlung nachteilig auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann.73 Dass der Schenker durch Gestaltung die Schenkungsteuerschuld mindern kann, ist bei der Schenkungsteuer ohne Bedeutung, da diese auf die Person des Erwerbers abstellt.74 Dieser hat keine Möglichkeit der Gestaltung, sondern könnte den Erwerb lediglich ablehnen.75 Von Gestaltungsmöglichkeit kann nur gesprochen werden, wenn das Ziel auf mehrere Arten erreicht werden kann. Für den Erwerber besteht aber keine Möglichkeit zur Reduktion der Steuerlast. Zudem wirkt sich die Steuerbelastung nachteilig auf das erworbene Eigentum aus, so dass sich die Ungleichbehandlung auch auf die durch Art. 14 GG grundrechtlich geschützte Freiheit auswirken kann.76 Auch im Ergebnis überzeugt es nicht, für Steuergesetze den Spielraum des Gesetzgebers zunächst durch das Leistungsfähigkeitsprinzip – sowie das Folgerichtigkeitsprinzip – einzuschränken und dann Durchbrechungen durch eine Verweisung auf Gemeinwohlgründe, die lediglich nicht „auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte“ 77 gestützt werden, zu rechtfertigen. Denn damit wird die ursprüngliche Bindung des Gesetzgebers in so großem Maße aufgelöst, dass praktische Schranken kaum mehr bestehen bleiben dürften. Folglich ist nicht nur eine bloße Willkürkontrolle vorzunehmen, sondern eine strengere Prüfung. Eine Ungleichbehandlung verschiedener Vermögensarten in
70 BVerfG v. 07.10.1980, 1 BvL 50, 89, 240/79, BVerfGE 55, S. 72, 89; BVerfG v. 20.06.1995, 1 BvR 166/93, BVerfGE 93, S. 99, 111. 71 BVerfG v. 26.01.1993, 1 BvL 38, 40, 43/92, BVerfGE 88, S. 87, 96 f. 72 BVerfG v. 08.06.1993, 1 BvL 20/85, BVerfGE 89, S. 15, 22. 73 BVerfG v. 02.12.1992, 1 BvR 296/88, BVerfGE 88, S. 5, 12. 74 R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 214. 75 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 141; B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 167; R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 214. Vgl. auch BVerfG v. 08.06.1993, 1 BvL 20/85, BVerfGE 89, S. 15, 23 zum fehlenden Einfluss von Arbeitnehmern auf die Tarifgebundenheit des Arbeitgebers, wovon der Umfang der Steuerfreiheit nach § 3b EStG a. F. abhing. 76 R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 214; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 141. 77 BVerfG v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, S. 1, 32.
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der Schenkungsteuer ist demnach gerechtfertigt, wenn mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt wird, zu dessen Erreichung die Differenzierung geeignet, erforderlich und auch angemessen ist, wobei stets die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers beachtet werden muss.78 bb) Legitimes Ziel Der Gesetzgeber führt für die Verschonung von Betriebsvermögen als Gemeinwohlgründe die Sicherung von Arbeitsplätzen sowie die Verhinderung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen an.79 Dies sind legitime Ziele, die der Staat ohne weiteres verfolgen darf.80 Die vom Bundesverfassungsgericht81 in einer früheren Entscheidung angeführten Gründe einer Verschonung durch die gesteigerte rechtliche Bindung des Vermögens wurde oben82 für ein Abweichen zwischen Wert des Vermögensanfalls und Leistungsfähigkeitssteigerung abgelehnt. Da diese gesteigerte rechtliche Bindung bereits im Wert des Vermögens berücksichtigt wird, kann diese strenge Bindung auch kein durch eine Verschonung zu verfolgendes Gemeinwohlziel darstellen. cc) Geeignetheit Fraglich ist, ob eine Verschonung von Betriebsvermögen im Rahmen der Schenkungsteuer zur Sicherung von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen geeignet ist. Dies wäre der Fall, wenn durch die Verschonung von Betriebsvermögen tatsächlich Arbeitsplätze gesichert und Monopole oder oligopolartige Strukturen verhindert werden könnten.
78 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 224 ff. 79 BT-Drucks. 16/7918, S. 33. 80 B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 174 ff. und 184 f.; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 178 ff. und 183; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 159. Über das „Ob“ der Vergünstigung hinaus muss auch das „Wie“ der Vergünstigung, d. h. das Differenzierungskriterium, legitim sein (R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 244; ihm folgend M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 146). Dies bedeutet, dass bei einer Regelung, die den Erhalt von Arbeitsplätzen bezweckt, eine Begünstigung auch hiernach differenzieren muss und nicht hiervon unabhängig sein darf. Ob dies de lege lata geschehen ist, soll in dieser Arbeit nicht untersucht werden, vgl. dazu R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 152 ff.; kritisch bezüglich der folgerichtigen Ausgestaltung D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913 ff., D. J. Piltz/J. Stalleiken, ZEV 2011, S. 67 ff. 81 BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BVerfGE 93, S. 165, 176. 82 Teil 5 A. IV. 2. a).
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(1) Sicherung von Arbeitsplätzen Eine Gefährdung von Arbeitsplätzen durch die Schenkungsteuer wird – soweit ersichtlich – in der Literatur nicht erörtert. Für eine Gefährdung von Arbeitsplätzen83 durch die Erbschaftsteuer wird in der Literatur angeführt, dass bei einem Erbfall neben häufigen zivilrechtlichen Ansprüchen (Pflichtteilsberechtigungen, Zugewinnausgleichansprüche) die Erbschaftsteuer zu Liquiditätsproblemen des Unternehmens führen würde.84 Hierbei muss beachtet werden, dass das Unternehmen selbst weder mit zivilrechtlichen noch mit steuerlichen Belastungen konfrontiert wird, sondern allein der Erwerber. Dieser kann allerdings bei mittelständischen Unternehmen im Gegensatz zu Publikumsgesellschaften die für die Befriedigung der Ansprüche erforderlichen Mittel regelmäßig aus dem Unternehmen entnehmen.85 Die Liquiditätsbelastung des Unternehmens durch einen Erbfall stellt mithin eine bloß mittelbare Folge dar. Für die Schenkungsteuer gilt dies noch mehr. Regelmäßig dürfte bei einer Schenkung allein die Schenkungsteuer die Liquidität belasten, denn oben genannte zivilrechtliche Ansprüche sind hier kaum zu erwarten. Die verringerte Liquidität im Unternehmen durch Entnahmen zur Zahlung der Schenkungsteuer kann aber dennoch zu Problemen bei der Investitions- oder Kreditfähigkeit führen. Empirische Untersuchungen, ob die Steuerzahlung tatsächlich Arbeitsplätze gefährdet, sind nicht ersichtlich. Dabei muss zum einen beachtet werden, dass Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer in der Vergangenheit Verschonungen für Betriebsvermögen vorsahen, so dass ein tatsächlicher Effekt nur in Ausnahmefällen festgestellt werden dürfte. Dies deckt sich mit der Einschätzung, dass die Schenkungsteuer und Erbschaftsteuer nicht das entscheidende Problem bei Vermögensübertragungen ist, sondern lediglich eines unter vielen.86 Die Erörterung der Folgen der Schenkungsteuer auf Arbeitsplätze bleibt daher ohne empirische Absicherung. Das durch die Steuerbelastung folgende Liquiditätsproblem bewirkt nicht zwangsläufig eine Gefahr für Arbeitsplätze. Als äußerste Folge der Steuerbelastung erscheint regelmäßig der Verkauf des Unternehmens.87 Aber hierdurch werden Arbeitsplätze nicht direkt gefährdet, da je nach Rechtsform des Unter83 Unklar bleibt in der Diskussion häufig, ob damit der konkrete Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers gemeint sein soll oder ob eine volkswirtschaftliche Betrachtung vorgenommen wird. Bei dieser wäre der Verlust eines Arbeitsplatzes des konkreten Arbeitnehmers nicht zu beachten, wenn an anderer Stelle ein neuer Arbeitsplatz entsteht. 84 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 27 I 1., S. 980; R. Lorz/ R. Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, 2011, Kapitel 4 Rn. 19; D. Frank, Erbschaftsteuer und Unternehmung, 1969, S. 214. 85 B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 175. 86 D. Moench, DStR 1996, S. 725, 727, der auf eine nur partiell veröffentlichte Untersuchung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages verweist. 87 B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 176.
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nehmens die Arbeitsverträge unberührt bleiben oder nach § 613a BGB auf den neuen Betriebsinhaber übergehen. Dass im Nachgang des Kaufs durch eine Strukturierungsmaßnahme Arbeitsverträge beendet werden, könnte auch durch Strukturierungsmaßnahmen des unentgeltlichen Erwerbers geschehen.88 Wird ein Unternehmen tatsächlich zur Steuerzahlung liquidiert,89 so ist zu beachten, dass die Kunden dieses Unternehmens nach wie vor Bedarf für die angebotene Leistung haben und diese deshalb bei den früheren Konkurrenzunternehmen beziehen müssen, so dass bei diesen außer im Fall eines Überangebots mit einem Zuwachs an Arbeitsplätzen gerechnet werden kann. Es erscheint daher äußerst unwahrscheinlich, dass eine Gefährdung von Arbeitsplätzen durch die Schenkungsteuer eintritt.90 Auch wenn nur eine geringe Gefahr der Gefährdung von Arbeitsplätzen durch eine Belastung mit Schenkungsteuer besteht, so ist angesichts der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers eine Verschonung von Betriebsvermögen zum Ausschluss jeglicher Gefährdung nicht als ungeeignet anzusehen. (2) Verhinderung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen Monopole oder oligopolartige Strukturen könnten sich ergeben, wenn die Erbwerber von Unternehmen durch die Schenkungsteuerbelastung zu einem Verkauf des Unternehmens gezwungen würden, da ein Unternehmenskauf eher von Großunternehmen durchgeführt werden dürfte, die hierdurch noch mehr Marktmacht erhielten.91 Hierfür müssten die Erwerber von Unternehmen tatsächlich zu einem Verkauf gezwungen werden. Dabei ist zwar zu beachten, dass neben einem Verkauf auch die Aufnahme eines Kredits oder weiterer Teilhaber in Betracht kommt.92 Doch besteht die Gefahr eines Verkaufszwanges, die zur unerwünschten Marktkonzentration führen kann.93 Allerdings handelt es sich hierbei um eine bloß mittelbare Folge der Schenkungsteuer. Gleichwohl muss die Einschätzungs88
B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 177. Etwa wenn das Unternehmen ausschließlich durch den unentgeltlichen Erwerber fortgesetzt werden kann, B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 177. 90 J. Beyer, Grundprobleme des Erbschaftsteuerrechts in der Bundesrepublik Deutschland, 1976, S. 53 f.; nach D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 234 ist die These der Gefährdung von Arbeitsplätzen sogar „nachweisbar unrichtig“. 91 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 27 I 1., S. 980. 92 B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 184. 93 Denkbar erscheint es auch, eine Privilegierung von Betriebsvermögen abzulehnen, da sonst die Gefahr besteht, dass Dynastien geschaffen werden, die ein unerwünschtes Maß an Marktmacht erlangen könnten. Die Einschätzung von möglichen Gefahren auf die Marktkonzentration obliegt aber dem Gesetzgeber. Deshalb kann durch diese Überlegung eine Privilegierung von Betriebsvermögen nicht abgelehnt werden. 89
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prärogative des Gesetzgebers beachtet werden, so dass es nicht ungeeignet erscheint, wenn der Gesetzgeber zur Verhinderung des Einflusses der Schenkungsteuerbelastung auf die Marktkonzentration Verschonungen für Betriebsvermögen vorsieht. dd) Erforderlichkeit In dieser Arbeit sollen die Verschonungsregelungen de lege lata nicht näher untersucht werden.94 Untersucht werden soll, ob und in welchem Umfang ein Schenkungsteuergesetz Verschonungen für Betriebsvermögen vorsehen kann. Fraglich ist, ob Verschonungen überhaupt erforderlich sind. Dies ist der Fall, wenn kein gleich geeignetes, aber milderes Mittel zur Verfügung steht.95 Dabei ist der Steuervorteil als Bezugspunkt anzusehen. Demnach ist zu fragen, ob auch ein geringerer Abstand der Belastung der verschiedenen Vermögensarten ausreichen würde.96 Die Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen und der Schaffung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen wird durch die fehlende Liquidität im Schenkungsfall verursacht. Deshalb kommt in Betracht, keine dauerhafte Verschonung zu gewähren, sondern lediglich insoweit, als diese durch den Liquiditätsengpass bei der Schenkung veranlasst ist. Zu denken ist dabei etwa an Stundungsregelungen. Dies wäre im Verhältnis zu Steuerpflichtigen, die anderes Vermögen erwerben, weniger einschneidend und daher milder. Ob dies allerdings auch gleich geeignet ist, erscheint zweifelhaft, da unklar bleibt, inwieweit eine spätere Steuerbelastung immer noch zu einem Liquiditätsengpass führen kann, der zu den unerwünschten Auswirkungen führt. Nicht angeführt werden kann, dass der Gesetzgeber die Bemessungsgrundlage verbreitern und den Steuersatz senken könnte.97 Denn bei der Erforderlichkeit geht es um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, d. h. welcher Abstand zwischen den Begünstigten und Nichtbegünstigten ausreichen würde um effektiv das gewünschte Ziel zu erreichen.98 Der pauschale Verweis auf eine stets mögliche „große Steuerreform“ würde dagegen jede Steuervergünstigung ausschließen.99 Angesichts der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers ist es daher nicht zu beanstanden, wenn dieser eine weitreichende Verschonung für erforderlich hält.100
94 Kritisch bezüglich der folgerichtigen Ausgestaltung D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913 ff., D. J. Piltz/J. Stalleiken, ZEV 2011, S. 67 ff. 95 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 201; B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 205. 96 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 151. 97 So aber B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 207 f. 98 R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 248. 99 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 202. 100 M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 203.
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ee) Angemessenheit Im Rahmen der Angemessenheit sind die betroffenen Rechtsgüter mit dem verfolgten Ziel abzuwägen.101 Einerseits ist also die Ungleichbehandlung in der Belastung je nach übergehendem Vermögen zu betrachten und andererseits das verfolgte Ziel der Verhinderung einer Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen und der Entstehung unerwünschter Marktkonzentration. Die Ungleichbehandlung der verschiedenen Vermögensarten kann mit zunehmender Verschonung von Betriebsvermögen ein erhebliches Ausmaß erreichen und daher die von Art. 3 Abs. 1 GG gebotene Steuergleichheit in schwerwiegender Weise beeinträchtigen. Dieser geforderten Steuergleichheit kommt aufgrund der überwiegenden Staatsfinanzierung durch Steuern ein hoher Wert zu,102 der die Steuerpflichtigen in ihrer Gesamtheit betrifft. Demgegenüber steht eine nur als gering einzuschätzende Gefahr des Verlustes von Arbeitsplätzen und der Schaffung von Monopolen oder oligopolartigen Strukturen. Zu beachten ist auch, dass Auslöser der Gefahr ein Liquiditätsengpass ist, der durch weitgehende Stundungsregelungen vermieden werden kann.103 Dem Gesetzgeber steht bei der Abwägung der betroffenen Rechtspositionen zwar eine weitreichende Einschätzungsprärogative zu, so dass nur in Fällen erkennbar schwerwiegender Fehlgewichtung im Rahmen der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter, d. h. bei einer offensichtlich fehlsamen Abwägung, die Angemessenheit einer Regelung nicht mehr gegeben ist.104 Fraglich ist, bei welchem Ausmaß der Verschonung eine solche offensichtlich fehlsame Abwägung anzunehmen ist. Nach der hier vertretenen lediglich gering einzuschätzenden Gefahr durch die Schenkungsteuer und dem hohen Wert der Steuergleichheit, ist jede Begünstigung kritisch zu sehen, die über einen bloßen Ausgleich des Liquiditätsengpasses hinausgeht. Dem Liquiditätsengpass kann durch Stundungsregelungen abgeholfen werden kann, so dass insbesondere bei Zinslosigkeit der Stundung auch unter Berücksichtigung einer weitreichenden Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers keine weitgehenden Verschonungen mehr möglich sind.105 Die exakte Bestimmung eines offensichtlich fehlsamen Ausmaßes der 101
M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 203. Vgl. J. Isensee, StuW 1994, S. 3, 7. 103 R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 152; D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1919. Für großzügige Stundungsregeln plädiert bereits D. Frank, Erbschaftsteuer und Unternehmung, 1969, S. 222. Auf den Zusammenhang zwischen Liquiditätsbelastung und Stundungsregelungen weist auch R. Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 297 hin. 104 Vgl. BVerfG v. 24.05.1977, 2 BvR 988/75, BVerfGE 44, S. 353, 373, spricht von „ersichtlich wesentlich schwerer wiegen“. 105 D. J. Piltz, DStR 2010, S. 1913, 1920; M. Birnbaum, Leistungsfähigkeitsprinzip und ErbStG, 2007, S. 204; R. Seer, in: Tipke/Lang (Hrsg.), Steuerrecht, § 13 Rn. 152; zweifelnd B. Spitzbart, Das Betriebsvermögen im Erbschaftsteuerrecht, 2000, S. 217. Kritisch zur Begünstigung von Betriebsvermögen auch G. Crezelius, ZEV 2009, S. 1, 2; R. Seer, in: Birk (Hrsg.), DStJG 22 (1999), S. 191, 214 ff.; J. P. Meincke, Erbschaft102
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Verschonung ist nicht möglich. Allerdings dürfte davon auszugehen, dass bei einer Verschonung von mehr als 50 % die Steuergleichheit in einer Weise beeinträchtigt wird, die nicht mehr hinzunehmen ist, da dann ein Nichtbegünstigter eine doppelt so hohe Steuerlast tragen muss als ein Begünstigter. Durch Darlegung besonderer Sachgründe für eine umfangreichere Verschonung durch den Gesetzgeber kann aber auch die Rechtfertigung einer weitergehenden Verschonung möglich sein. Zumindest weitreichende Verschonungen für Betriebsvermögen können jedenfalls nicht gerechtfertigt werden und verstoßen somit gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Vorzugwürdig erscheinen aber die Einführung weitgehender Stundungsregelungen und der Verzicht weiterer Begünstigungen für Betriebsvermögen.
V. Unterschiedliche Regelungen für beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht 1. Grundsätzliche Gleichbehandlung Oben106 wurde dargelegt, dass eine beschränkte Steuerpflicht grundsätzlich gerechtfertigt ist. Zu fragen ist aber, ob die beschränkte Steuerpflicht anderen Regelungen als die unbeschränkte Steuerpflicht unterworfen werden darf. Eine Differenzierung könnte gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Leistungsfähigkeitsprinzip gilt auch im Bereich der beschränkten Steuerpflicht.107 Beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige müssen deshalb bei gleichem Leistungsfähigkeitszuwachs grundsätzlich auch gleich besteuert werden. Einer solchen Gleichbehandlung von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht kann nicht entgegengehalten werden, dass eine Unterscheidung deshalb erforderlich sei, weil unbeschränkt Steuerpflichtige durch indirekte Steuern zusätzlich zur Finanzierung des Staates beitragen, während beschränkt Steuerpflichtige insoweit keine derartigen Abgaben zu tragen haben. Denn dem Gesetzgeber ist bereits bei rein nationalen Sachverhalten keine Besteuerung von Verfassungs wegen vorgegeben. Der Gesetzgeber hat keinen verfassungsverbürgten Gesamtleistungsfähigkeitsplan zu verfolgen, sondern darf nach seinen Erwägungen Steuern erhöhen oder senken und muss lediglich auf eine insgesamt noch nicht unangemessene Gesamtbelastung achten. Hat der Gesetzgeber aber einmal einen Tatbestand als besteuerungswürdig angesehen, so muss er hierfür eine gleiche Belastung vorsehen. Bei der Auswahl der besteuerungswürdigen Tatbestände kommt dem Gesetzgeber ein weiter Entscheidungssteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 28 Rn. 1; D. Moench/G. Albrecht, Erbschaftsteuerrecht, 2009, Rn. 839. 106 Teil 2 C. II. 107 Vgl. oben Teil 2 C. II.
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spielraum zu. So steht es ihm frei, ob er jegliches inländisches Vermögen der beschränkten Steuerpflicht unterwerfen will oder so wie de lege lata nur manches. Danach ist er aber zu einer folgerichtigen Umsetzung gezwungen.108 Die unterschiedliche Nutzung staatlicher Leistungen durch Inländer und Steuerausländer kann bei der Besteuerung eines einmal als besteuerungswürdig benannten Tatbestandes keinen Unterschied machen, da Steuern gegenleistungsunabhängig erhoben werden, so dass es keinen Unterschied macht, ob etwa ein Grundstück von einem Inländer oder von einem Steuerausländer erworben wird. Dementsprechend ist die Besteuerung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer einheitlichen Belastungslinie festzumachen. Für eine Gleichbehandlung von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht müsste an sich der Gesamtleistungsfähigkeitszuwachs der Besteuerung unterworfen werden. Ein Bezug zum Inland, der eine Besteuerung rechtfertigt, besteht im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht aber lediglich für inländisches Vermögen, so dass auch nur der inländische Vermögenszuwachs besteuert werden kann. Dementsprechend ist die Bemessungsgrundlage der beschränkten Steuerpflicht de lege lata ausgestaltet. Aus diesem Unterschied der Bemessungsgrundlagen folgert der Bundesfinanzhof, dass die Unterschiede zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht derart erheblich sind, dass der Gesetzgeber zu keiner Gleichbehandlung bei den Freibeträgen verpflichtet sei.109 Dieser Schluss erscheint ein wenig verkürzt. Denn Vergleichsmaßstab ist die Leistungsfähigkeitserhöhung. Bei deren Ermittlung ist zwar eine Beschränkung auf das Inland vorzunehmen, doch führt dies nicht zur Unvergleichbarkeit der Personengruppen von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen. 2. Ideale Möglichkeit der Umsetzung einer Gleichbehandlung a) Konzept der „fractional taxation“ In der Literatur findet sich zur Umsetzung der notwendigen Gleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen ein Vorschlag, der dem für die Einkommensteuer in der Literatur vorgeschlagenen System der „fractional taxation“ folgt.110 Dabei werden persönliche Verhältnisse anteilig nach dem Anteil inländischen Einkommens oder Vermögens im Verhältnis zum Gesamteinkommen oder Gesamtvermögensanfall berücksichtigt. Denn persönliche Verhältnisse müssen einmal,111 also weder doppelt noch überhaupt nicht, berücksichtigt 108
Vgl. oben Teil 2 B. II. 2. b). BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 524; so auch C. Jeremias, ZEV 2005, S. 414, 418. 110 P. J. Wattel, European Taxation 2000, S. 210, 214 f.; A. Schnitger, IStR 2002, S. 478, 479 f. 111 F. Wassermeyer, in: Vogel (Hrsg.), DStJG 8 (1985), S. 49, 63 f. 109
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werden. Es sind keine Gründe ersichtlich, dieses System nicht auch auf die Schenkungsteuer zu übertragen.112 Danach wird etwa der persönliche Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG, der der Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse dient, lediglich in dem Verhältnis gewährt, in dem der Wert des inländischen Vermögensanfalls zum Wert des Weltvermögensanfalls steht.113 Hierdurch ergibt sich bei der Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse eine Gleichstellung von unbeschränkt Steuerpflichtigen und beschränkt Steuerpflichtigen, da ihnen bezüglich des inländischen Vermögens der gleiche Anteil am Freibetrag gewährt würde.114 b) Folge dieses Konzepts Dieses Konzept führt in Bezug auf die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse zu einer Gleichstellung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen, da bei Betrachtung des beschränkt Steuerpflichtigen in allen Ländern, in denen er Vermögen erwirbt, insgesamt persönliche Verhältnisse vollständig berücksichtigt werden. Insgesamt führt dieses Konzept aber zu einer Besserstellung der beschränkt Steuerpflichtigen, da bei einem in Abhängigkeit des Vermögensanfalls steigenden Steuersatz, wie ihn § 19 Abs. 1 ErbStG vorsieht, eine niedrigere Tarifstufe zur Anwendung kommen kann.115 Die daraus resultierende Inländerdiskriminierung soll nach einer Ansicht in der Literatur hingenommen werden, da sie unionsrechtlich unbedenklich sei und vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden könne, da das ausländische Vermögen in anderen Staaten besteuert werde.116 Dies mag zwar zutreffend sein, doch muss festgehalten werden, dass das Konzept keine vollständige Gleichstellung in der Behandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen erreicht. 112 A. Berberich, Europarechtliche Kapitalverkehrsfreiheit und deutsches Erbschaftsteuerrecht, 2008, Rn. 319 ff., 568; zustimmend D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 415 f. 113 D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 415. Vgl. ähnlich zum Einkommensteuerrecht P. J. Wattel, European Taxation 2000, S. 210, 214 f.; A. Schnitger, IStR 2002, S. 478, 479 f. Nach M. Menhorn, IStR 2002, S. 15, 18 soll es aber auch bei anteiliger Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse zu Ungleichbehandlungen kommen. Steuerpflichtige in einem Wohnsitzland, das persönliche Verhältnisse berücksichtigt, könnten schlechter gestellt werden, wenn sie einen Teil ihrer Einkünfte in einem Staat erzielen, der persönliche Verhältnisse nicht berücksichtigt. Im Wohnsitzstaat würden dann persönliche Verhältnisse nur anteilig berücksichtigt, was zu einer Ungleichbehandlung mit denjenigen Steuerpflichtigen führen würde, die lediglich Einkünfte im Inland erzielten. Dies stellt sich aber als Folge des Tätigwerdens in mehreren Staaten dar. Mangels Harmonisierung der direkten Steuern sind solche Unterschiede hinzunehmen, da den nationalen Gesetzgebern ein weiter Spielraum zur Gestaltung ihres Steuerrechts zuzusprechen ist. 114 D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 416. 115 D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 416. 116 D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 416.
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c) Ergänzung des Modells im Hinblick auf den Steuersatz Eine vollständige Gleichstellung lässt sich aber in einem idealen Steuerrecht problemlos verwirklichen. Denn es könnte auch bei beschränkter Steuerpflicht der Steuersatz angewendet werden, der sich bei unbeschränkter Steuerpflicht ergäbe. Dies entspricht im Grundsatz dem aus dem Einkommensteuerrecht bekannten Progressionsvorbehalt des § 32b EStG. Erst durch diese Berücksichtigung des ausländischen Vermögensanfalls auch im Steuersatz wird der inländische Vermögensanfall des beschränkt Steuerpflichtigen auch tatsächlich entsprechend einem fiktiven Teil des unbeschränkt Steuerpflichtigen besteuert.117 Dies stellt daher die ideale Lösung zur Gleichbehandlung von unbeschränkt Steuerpflichtigen und beschränkt Steuerpflichtigen dar, die mangels Besser- oder Schlechterstellung einer Gruppe weder unionsrechtlich noch wegen Inländerdiskriminierung verfassungsrechtlich bedenklich ist. Wird das auf die Schenkungsteuer übertragene Konzept der „fractional taxation“ daher um eine Angleichung auch im Steuersatz ergänzt, ergibt sich als Folge in jedem Staat die Steuer, die sich bei Anwendung seines Steuerrechts für den inländischen Vermögenszuwachs ergibt.
117 Zur Verdeutlichung wird das Beispiel von D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 415 Fn. 68 aufgegriffen. A und B erwerben jeweils 1 Mio. A, wobei A unbeschränkt steuerpflichtig und B beschränkt steuerpflichtig sein soll. Der Wert des Inlandsvermögens des B soll 250.000 A, also ein Viertel des Gesamtvermögensanfalls betragen. Der persönliche Freibetrag wird mit 100.000 A angenommen. Dem B würde deshalb ein anteiliger Freibetrag von 25.000 A gewährt. Bei der Anwendung des Steuersatzes würde aber nun B bei einem progressiven Verlauf einen günstigeren Tarif als A erhalten. Dieser soll bei einem Vermögensanfall von 225.000 A (inländischer Vermögensanfall 250.000 A abzüglich Freibetrag 25.000 A) 10 % betragen. Bei einem Vermögensanfall von 900.000 A (1 Mio. A abzüglich Freibetrag 100.000 A) soll der Steuersatz 20 % betragen. Die Steuer des B ergibt dann 22.500 A, so dass der durchschnittliche Steuersatz bezogen auf den der Besteuerung unterliegenden Teil 9 % beträgt. Bei A ergibt sich eine Steuer von 180.000 A, woraus ein durchschnittlicher Steuersatz bezogen auf den Gesamtvermögensanfall von 18 % resultiert. Wird ein ideeller Teil des A in Höhe von 250.000 A betrachtet, beträgt seine Steuer hierauf im Unterschied zu B nicht 22.500 A, sondern 45.000 A. Diese Ungleichbehandlung lässt sich vermeiden, indem bei B auf den inländischen Vermögensanfall der Steuersatz angewendet wird, der sich bei unbeschränkter Steuerpflicht für den Gesamtvermögensanfall ergibt. Dann würden A und B auf den Anteil von 250.000 A auch im Endergebnis die gleiche Steuerlast tragen, nämlich 45.000 A (225.000 A x 20 %). Geht man davon aus, dass der Vermögensanfall des B in vier Ländern zu gleichen Teilen stattgefunden hat, die entsprechend den hier angenommenen Regelungen besteuert würden, so müsste B ohne Kompensation beim Steuersatz bei Betrachtung aller Länder viermal 22.500 A, insgesamt also 90.000 A bezahlen. Erfolgt eine Einbeziehung des Steuersatzes, ergibt sich für ihn insgesamt eine Steuerlast von viermal 45.000 A, also 180.000 A. Diese Steuerlast entspricht derjenigen, die A zu tragen hat. Aber auch bei der realistischen Annahme unterschiedlicher Normen, wird in jedem Land eine Steuer entstehen, die derjenigen des unbeschränkt Steuerpflichtigen für den gedachten Anteil am Gesamtvermögensanfall entspricht.
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d) Utopie dieses Modells Die gerade beschriebene, eine vollständige Gleichstellung bewirkende ideale Lösung ist aber als utopisch zu charakterisieren. Die Zunahme des Verwaltungsaufwandes, der sich dadurch ergibt, dass in Fällen, in denen de lege lata (lediglich) ein Grundstück bewertet werden muss, der Weltvermögensanfall nach deutschem Recht ermittelt werden müsste, macht die Lösung noch nicht unmöglich. Vielfältige Ermittlungen sind etwa auch bei Funktionsverlagerungen durchzuführen. Allerdings führen die vorhandenen Defizite bei der Informationsbeschaffung118 zu Vollzugslücken. Zwar gilt die Amtshilferichtlinie inzwischen119 auch für Schenkungsteuern.120 „Nach dem derzeitigen Stand der praktischen Zusammenarbeit der nationalen Finanzverwaltungen“ stellt dies aber „keinen gleichwertigen Ersatz für die fehlenden eigenen Ermittlungsmöglichkeiten“ dar, so dass sich der nationale Fiskus weitestgehend auf die Angaben des Erwerbers verlassen muss.121 Zudem muss bei einer verfassungsrechtlichen Würdigung auch beachtet werden, dass übergehendes Vermögen auch in Ländern belegen sein kann, die nicht zur Europäischen Union gehören, so dass die Amtshilferichtlinie von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann. Scheidet eine Nachprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen aber aus, ist die Gleichheit im Belastungserfolg,122 die ebenfalls in Art. 3 Abs. 1 GG verankert ist, nicht gewährleistet.123 Der Gesetzgeber hat durch die Einführung des § 2 Abs. 3 Satz 1 ErbStG zwar zu erkennen geben lassen, dass er auch in Fällen beschränkter Steuerpflicht die bei Ausübung des Antragsrechts erforderlich Informationsbeschaffung im Ausland als möglich ansieht,124 doch muss auch insoweit mit Vollzugslücken, die die Gleichheit im Belastungserfolg gefährden, gerechnet werden. Das ideale Modell der vollständigen Gleichstellung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen lässt sich daher zumindest derzeit nicht realisieren. 3. Typisierung durch Gesetzgeber Da die ideale Lösung nicht verwirklicht werden kann, muss nach praktikablen Alternativen gesucht werden. Dabei kommt dem Gesetzgeber ein weitreichender 118
Vgl. FG Berlin v. 09.09.2003, 5 K 5035/02, ZEV 2004, S. 385, 385. Vgl. Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie des Rates vom. 19.12.1977 über die Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und der Steuern auf Versicherungsprämien (77/799/EWG). 120 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.02.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG, ABl. L 64/1. 121 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 525. 122 BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239, 268 ff. 123 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 525. 124 D. Dürrschmidt, IStR 2012, S. 410, 417. 119
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Typisierungsspielraum zu. Er steht also vor der Aufgabe, der beschriebenen Ideallösung in möglichst vielen Fällen mit einer praktikablen Regelung weitgehend nahe zu kommen. Das Ziel muss dabei sein, dass persönliche Verhältnisse einmal, aber weder doppelt noch keinmal berücksichtigt werden. Dabei steht er aber vor dem Problem, dass sich die ausländische Besteuerung in unterschiedlichster Weise darstellt. Zunächst ist zu beachten, dass in einigen Ländern überhaupt keine Schenkungsteuer erhoben wird. Bei Ländern mit Schenkungsteuern sind verschiedene Möglichkeiten zu trennen. Zum einen können ausländische Vermögenszugänge von der Besteuerung freigestellt werden (Freistellungsmethode). Zum anderen kann die ausländische Steuer angerechnet werden (Anrechnungsmethode). In diesen Fällen ist weiter zu unterscheiden, ob das ausländische Steuerniveau höher oder niedriger ist als das inländische. Zudem ist zu beachten, dass bei der Anrechnungsmethode meist ein Anrechnungshöchstbetrag125 vorgesehen ist. Da die oben beschriebene Lösung nicht verwirklicht werden kann, nach welcher die persönlichen Verhältnisse in beiden Staaten berücksichtigt würden, sind die persönlichen Verhältnisse in dem Staat zu berücksichtigen, der dazu am ehesten in der Lage ist. Dies ist der Wohnsitzstaat, in dem typischerweise auch der Schwerpunkt des Vermögens liegt.126 Bei der Schenkung ist anzunehmen, dass regelmäßig nur ein Vermögensgegenstand im Wege der Einzelrechtsnachfolge übergeht. Folglich wäre der Schwerpunkt des übergehenden Vermögens typischerweise im Inland, so dass persönliche Verhältnisse im Inland zu berücksichtigen wären. Fraglich ist aber, ob tatsächlich der einzelne Schenkungsvorgang in den Blick genommen werden darf, bei dem typischerweise allein inländisches Vermögen übergeht, oder ob diese Betrachtungsweise nicht zu korrigieren ist. Zum einen könnte der spätere Erbfall des Schenkers in den Blick genommen werden. Zum anderen könnte § 14 ErbStG zur Aufgabe der Betrachtung des einzelnen Schenkungsvorgangs führen und zu einer Gesamtbetrachtung innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums zwingen. Wird der spätere Erbfall des Schenkers in den Blick genommen, so kann bei unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht regelmäßig davon ausgegangen werden, dass bei einem späteren Todesfall unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht besteht.127 Bei beschränkter Schenkungsteuerpflicht dürfte dagegen bei einem späteren Erbfall des Schenkers regelmäßig keine unbeschränkte Erbschaftsteuer125 Zu dessen europarechtlicher Zulässigkeit ausführlich B. Hamdan, Die Beseitigung internationaler Doppelbesteuerung durch § 21 ErbStG, 2007, S. 69 ff.; A. Schnitger, FR 2004, S. 185, 194 f. 126 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 527. 127 Bei einer typisierenden Betrachtungsweise müsste dies auch dann gelten, wenn die verfehlte Anknüpfung der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht an der Inländer-
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pflicht vorliegen. Damit wird regelmäßig bei unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht später der gesamte Vermögenswert des Schenkers der Erbschaftsteuer unterworfen, während bei beschränkter Schenkungsteuerpflicht allein das inländische Vermögen der Erbschaftsteuer unterliegt. Persönliche Verhältnisse sind deshalb nach einer Ansicht lediglich dann zu berücksichtigen, wenn zumindest nahezu das gesamte Vermögen des Schenkers übertragen worden wäre.128 Dabei wird der Charakter der Schenkungsteuer als Steuer auf die beim Erwerber eintretende Bereicherung verkannt. Das weitere Vermögen des Schenkers ist unbeachtlich. Es ist allein auf den Vermögensanfall beim Erwerber abzustellen. Persönliche Verhältnisse werden bei unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht unabhängig vom Anteil des übergehenden Vermögens am Gesamtvermögen des Schenkers berücksichtigt. Deshalb sind auch bei beschränkter Steuerpflicht persönliche Verhältnisse zu berücksichtigen. Dies ist zunächst Aufgabe des Wohnsitzstaates.129 Geht aber nahezu ausschließlich inländisches Vermögen über, so kann der Wohnsitzstaat die persönlichen Verhältnisse nicht berücksichtigen. Dann muss dies der Belegenheitsstaat übernehmen. Eine Korrektur des oben gefundenen Ergebnisses ist daher nicht deshalb angezeigt, weil nicht nahezu das gesamte Vermögen des Schenkers übertragen wird. Fraglich bleibt allerdings, ob der einzelne Schenkungsvorgang isoliert zu betrachten ist oder ob ein Zusammenrechnungszeitraum entsprechend § 14 ErbStG berücksichtigt werden muss. Die Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe soll sicherstellen, dass Freibeträge als Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse nur einmal in einem Zehnjahreszeitraum gewährt werden und dass die Progression nicht durch Aufspalten in mehrere Übertragungen verhindert werden kann. Wird also innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums neben inländischem Vermögen ausländisches Vermögen übertragen, so ist nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers ein Freibetrag nur einmal zu gewähren.130 Liegt der Schwerpunkt des innerhalb dieses Zeitraums übergehenden Vermögens nicht im Inland, so können die persönlichen Verhältnisse auch im Wohnsitzstaat berücksichtigt werden. Richtigerweise ist daher bei der Beurteilung der Frage, ob der Schwerpunkt der Vermögensübertragung im Inland ist, nicht auf den einzelnen Erwerb abzustellen, sondern auf alle innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums erfolgenden Erwerbe. Das Problem hierbei ist, dass der Belegenheitsstaat sich bei der Prüfung, ob dem Erwerber innerhalb dieses Zusammenrechnungszeitraums weiteres Vereigenschaft des Erblassers aufgegeben wird. Es kann davon ausgegangen werden, dass inländische Erwerber häufig vom Schenker auch im Todesfall bedacht werden. 128 So bei der Prüfung der Vereinbarkeit mit Unionsrecht FG Baden-Württemberg v. 29.10.2008, 2 K 1986/07, IStR 2009, S. 249, 250. 129 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 527. 130 Vgl. das Vorbringen des Finanzamts und der deutschen Regierung bezüglich der Vereinbarkeit mit Unionsrecht, EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212, 1217, Rn. 47.
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mögen übertragen wurde, auf die Angaben des Erwerbers verlassen muss und kaum Möglichkeiten der Nachprüfung hat.131 Scheidet eine Nachprüfung der Angaben des Steuerpflichtigen aber aus, ist die Gleichheit im Belastungserfolg,132 die ebenfalls in Art. 3 Abs. 1 GG verankert ist, nicht gewährleistet.133 Der Gesetzgeber steht deshalb vor dem Problem, dass er einerseits zur Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse beschränkt Schenkungsteuerpflichtiger einen Freibetrag einräumen soll, wenn das innerhalb des Zehnjahreszeitraums nach § 14 ErbStG übergehende Vermögen nahezu ausschließlich im Inland belegen war, aber andererseits auf die Angaben des Steuerpflichtigen ohne Kontrollmöglichkeiten angewiesen ist, so dass die Gleichheit im Belastungserfolg verletzt würde. Kontrollmöglichkeiten kann der Gesetzgeber nicht alleine einführen, da er hierzu auf die Kooperation anderer Staaten angewiesen ist. Würde der Gesetzgeber bei beschränkter Schenkungsteuerpflicht stets die gleichen Regelungen wie bei unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht vorsehen, würde dies zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu unbeschränkt Steuerpflichtigen führen, wenn im Ausland noch Vermögensübergänge stattgefunden haben, so dass dort persönliche Verhältnisse berücksichtigt werden konnten und im Ergebnis somit eine doppelte Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse stattfinden würde.134 Der Gesetzgeber muss also bei der beschränkten Schenkungsteuerpflicht eine typisierende Regelung finden, die in möglichst vielen Fällen zu einem gleichheitsgerechten Ergebnis kommt. In der Literatur wird die Gefahr einer Doppelbegünstigung teilweise als nicht gravierend angesehen, so dass Sonderregelungen für die beschränkte Steuerpflicht nicht erforderlich seien. Eine Doppelbegünstigung scheide aus, wenn das übergehende Vermögen (beinahe) ausschließlich im Belegenheitsstaat liege.135 Dies ist zutreffend, da die persönlichen Verhältnisse in diesen Fällen überhaupt nicht berücksichtigt werden. Entsprechend kommt eine Doppelberücksichtigung ebenfalls nicht in Betracht, wenn im Wohnsitzstaat keine Schenkungsteuer erhoben wird. Auch bei Geltung der Anrechnungsmethode wird die Gefahr einer Doppelbegünstigung in der Literatur teilweise als „nicht so groß“ eingeschätzt.136 Würden die persönlichen Verhältnisse im Belegenheitsstaat erfasst, 131
BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 525. BVerfG v. 27.06.1991, 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239, 268 ff. 133 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 525. 134 C. Jeremias, ZEV 2005, S. 414, 418. 135 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten Steuerpflicht im Erbschaftsteuerrecht, 1996, S. 34. Dabei ist unerheblich, ob Freistellungsmethode oder Anrechnungsmethode zur Anwendung kommen, da bei der Anrechnungsmethode regelmäßig Anrechnungshöchstbeträge vorgesehen sind, so dass das höhere Steuerniveau nicht durch Anrechnung ausgeglichen werden kann. 136 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten Steuerpflicht im Erbschaftsteuerrecht, 1996, S. 35. 132
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würde die deshalb geringere Steuerschuld im Wohnsitzstaat angerechnet werden, so dass die zunächst mögliche Doppelberücksichtigung korrigiert würde. Die sich aus den in den beteiligten Staaten unterschiedlichen Steuersätzen und Progressionsstufen teilweise nur unvollständig ergebende Kompensation soll bei einer systematischen Beurteilung nicht berücksichtigt werden.137 Mit einer solchen Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse auch im Belegenheitsstaat wird allerdings das Steueraufkommen vom Belegenheitsstaat zum Wohnsitzstaat verschoben. Dies soll aber hinzunehmen sein, da lediglich auf diese Weise eine „in sich geschlossene nationale Regelung“ erreicht werden könne.138 Des Weiteren werde bei Geltung des Anrechnungsverfahrens eine Doppelbegünstigung nur im Verhältnis zu Wohnsitzstaaten erreicht, die ein zumindest gleich hohes Steuerniveau haben wie der Belegenheitsstaat.139 Denn in den meisten Staaten sei eine Höchstbetragsregelung vorgesehen, weshalb bei Wohnsitzstaaten mit niedrigerem Steuerniveau ein Steuerüberhang entstehen kann, der nicht anrechenbar ist.140 Damit würde durch die fehlende Berücksichtigung im Belegenheitsstaat ein Teil der Steuer definitiv. Bei doppelter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse trete somit zwar auch eine doppelte Begünstigung ein. Dies soll aber hinzunehmen sein, da das Steuerniveau niemals unter das des niedriger besteuernden Staates fallen würde, sondern sich zwischen den beiden Steuerniveaus einpendeln würde. In dieser Bandbreite zwischen niedriger und höher besteuerndem Staat liege kein Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip.141 Diese Einwände überzeugen nicht. Zum einen ist unklar, wieso die Gefahr der Doppelbegünstigung der Gefahr einer Nichtberücksichtigung vorgezogen werden soll, wenn dies im niedrigeren Steuerniveau des Wohnsitzstaats begründet liegt. Auch dies stellt eine Ungleichbehandlung dar. Des Weiteren ist „eine in sich geschlossene nationale Regelung“ natürlich zu bevorzugen, doch wenn dies nicht gelingen kann, darf nicht eine Ungleichbehandlung durch eine andere142 ersetzt werden. Es muss vielmehr eine möglichst vielen Fällen gerecht werdende Lösung gefunden werden. Die Suche nach einer solchen Lösung gestaltet sich schwierig. De lege lata hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, einen geringen Freibetrag zu gewähren. Die persönlichen Verhältnisse werden also kaum be137 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten recht, 1996, S. 35 f. 138 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten recht, 1996, S. 36. 139 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten recht, 1996, S. 36 f. 140 Vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 ErbStG. 141 K. Groß-Bölting, Probleme der beschränkten recht, 1996, S. 37. 142 C. Jeremias, ZEV 2005, S. 414, 418.
Steuerpflicht im ErbschaftsteuerSteuerpflicht im ErbschaftsteuerSteuerpflicht im Erbschaftsteuer-
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rücksichtigt. Dagegen führt die Anwendung der gewöhnlichen Steuersätze regelmäßig zu einem Progressionsvorteil. Im Zusammenspiel dieser Regelungen ist der Versuch zu erkennen, eine Abstufung nach Verwandtschaftsverhältnissen vorzunehmen und eine dem inländischen Leistungsfähigkeitszuwachs entsprechende Belastung vorzusehen. De lege lata erscheint die abweichende Behandlung der beschränkten Steuerpflicht daher gerechtfertigt. 4. Vorzug einer eigenständigen Schenkungsteuer Bei einer eigenständigen Schenkungsteuer ließe sich durch einen kürzeren Zusammenrechnungszeitraum eine Differenzierung vermeiden. Denn dann erscheint es unwahrscheinlich, dass neben dem inländischen Vermögen derart viel ausländisches Vermögen übergeht, dass es zu einer Begünstigung des beschränkt Steuerpflichtigen käme. Deshalb könnten dann auch einheitliche Regelungen für beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht gelten. Anderenfalls muss durch Typisierung versucht werden, eine entsprechende Belastung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen zu erzielen. Ein Sonderregime für die beschränkte Steuerpflicht ist also möglich; es ist aber bei einem vorzugswürdigen kurzen Zusammenrechnungszeitraum der einzelnen Erwerbe entbehrlich.
B. Vorgaben der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Neben nationalen grundrechtlichen Vorgaben könnten auch Unionsgrundrechte bei der Besteuerung von Schenkungen zu beachten sein. Durch den Vertrag von Lissabon wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union nach Art. 6 Abs. 1 EUV mit verbindlicher Wirkung ausgestattet. Es erscheint daher möglich, dass die Grundrechte der Charta künftig neben den Grundrechten des Grundgesetzes wesentliche Bedeutung für den Grundrechtsschutz suchenden Steuerpflichtigen erlangen.143 Voraussetzung ist hierfür, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union auch im Bereich der Schenkungsteuer anwendbar ist. Der EuGH ging bisher davon aus, dass Grundrechte als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gelten und hat diese nicht nur für die Organe der Europäischen Union, sondern auch teilweise für die Mitgliedstaaten als verbindlich erachtet. Für die Mitgliedstaaten sollten die Grundrechte Verbindlichkeit erlangen, wenn eine nationale Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt.144 Dies soll der Fall sein, wenn die Mitgliedstaaten gemeinschafts-
143 144
Dazu N. Zorn/B. Twardosz, DStR 2007, S. 2185; M. Elicker, DStZ 2011, S. 162. EuGH v. 18.12.1997, C-309/96, Annibaldi, Slg. 1997 I, S. 7493, 7510, Rn. 13.
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rechtliche Regelungen durchführen (sogenannte Wachauf-Rechtsprechung)145 oder wenn die Mitgliedstaaten Grundfreiheiten einschränken (sogenannte ERTRechtsprechung).146 Angesichts des weiten Anwendungsbereichs, den die Grundfreiheiten nach der Rechtsprechung des EuGH haben,147 würde dies zu einem weitreichenden Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte verbunden mit einem Bedeutungsverlust der nationalen Grundrechte führen. Die ERT-Rechtsprechung blieb daher nicht von Kritik verschont.148 Jedenfalls mit verbindlicher Geltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union kann diese Rechtsprechung nicht ohne Weiteres fortgeführt werden. Denn nun besteht für die Anwendbarkeit der Grundrechte der Charta eine Regelung in Art. 51 GrCh, nach dessen Abs. 1 Satz 1 die Charta „für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union“ gilt. Damit ist nach dem Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh eine deutliche Einschränkung der Rechtsprechung des EuGH erfolgt,149 da die Formel der ERT-Rechtsprechung nicht enthalten ist, sondern allein die Formulierung der Wachauf-Rechtsprechung erfasst wird, die nur bei der Durchführung von unionsrechtlichen Regelungen eine Bindung der Mitgliedstaaten vorsieht.150 Diese Einschränkung im Vergleich zur bisherigen EuGH-Rechtsprechung wird auch durch die Verwendung des Begriffes „ausschließlich“ deutlich.151 Danach ist die Charta allein in Fällen der Durchführung von Unionsrecht anwendbar. Es muss also Fälle geben, in denen die Charta nicht anwendbar ist. Eine Abgrenzung zu rein nationalen Fällen kann darunter nicht verstanden werden, da zur Anwendung der Charta jedenfalls ein unionsrechtlicher Bezug erforderlich ist. Würden nun alle Fälle mit unionsrechtlichem Bezug als „Durchführung“ von Unionsrecht verstanden, ergäbe sich kein Bereich mehr, der durch die Verwendung des „ausschließlich“ ausgeschlossen werden müsste. Es ergibt sich mithin 145
EuGH v. 13.07.1989, 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609, 2639, Rn. 19. EuGH v. 18.06.1991, C-260/89, ERT, Slg. 1991 I, S. 2925, 2964, Rn. 42 f. 147 Vgl. dazu unten Teil 5 C. I. 148 Beispielsweise P. M. Huber, EuR 2008, S. 190, 194 ff.; J. Englisch, in: Schön/ Beck (Hrsg.), Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, 2009, S. 39, 45. Zustimmung dagegen beispielsweise bei F. C. Mayer, EuR 2009,Beiheft 1, S. 87, 93. 149 F. Kirchhof, in: FS Herzog, S. 155, 168; H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10; M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 24; J. Bergmann, VBlBW 2011, S. 169, 172; W. Cremer, NVwZ 2003, S. 1452, 1455. 150 A. M. aber C. Ladenburger, in: Tettinger/Stern (Hrsg.), Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta, Art. 51 Rn. 23, nach welchem der Wortlaut für andere Interpretationen offen sein soll. Dies überzeugt methodisch nicht. Die Auslegung nach dem Wortlaut ist hier eindeutig, führt aber allein nicht zu einem endgültigen Ergebnis, da für ein solches noch die weiteren Auslegungskriterien heranzuziehen sind. 151 M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 24a. 146
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ein weiteres Anzeichen für eine enge Interpretation des Anwendungsbereiches der Charta. Des Weiteren weist auch der Begriff „Durchführen“ eine einschränkende Bedeutung auf. Durchführen ist als Oberbegriff von Umsetzen und Vollziehen zu verstehen.152 Müssen die Mitgliedstaaten Unionsrecht lediglich beachten, liegt demnach kein „Durchführen“ von Unionsrecht vor;153 bei der Einschränkung von Grundfreiheiten liegt viel mehr eine legitime Beeinträchtigung vor.154 Gleichwohl nehmen weite Teile der Literatur an, dass die „Durchführung von Unionsrecht“ auch die Fälle erfasst, in denen die Mitgliedstaaten Grundfreiheiten einschränken.155 Teilweise wird dies damit begründet, dass der Anwendungsbereich der Grundrechte der Charta nicht enger sein könne als der Anwendungsbereich der aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleiteten Grundrechte.156 Denn wenn dies der Fall wäre, würde Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh leerlaufen, da in diesen Fällen die Grundrechte aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen zur Anwendung kämen.157 Diese Begründung ist nicht haltbar. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist als abschließende Regelung von Grundrechten auf Unionsebene zu verstehen. Allein ein möglicher Beitritt zur EMRK nach Art. 6 Abs. 2 EUV könnte weitere Grundrechtsbindungen neben den Grundrechten der Mitgliedstaaten schaffen. Ein Rückgriff auf aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitete Grundrechte ist methodisch nicht möglich. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist als abschließende lex specialis zu verstehen. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs zur Vermeidung eines Rückgriffs auf Grundrechte aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ist daher nicht angezeigt. Teilweise wird diese extensive Interpretation auf die Charta-Erläuterungen zu Art. 51 GrCh158 gestützt.159 In diesen Erläuterungen wird auf die Rechtsprechung des EuGH Bezug genommen, wonach Unionsgrundrechte für die Mit152
T. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 51 EU-GRCharta Rn. 8; zustimmend wohl M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 24a. 153 F. Kirchhof, in: Brandt (Hrsg.), Deutscher Finanzgerichtstag 2011, im Erscheinen. 154 W. Cremer, NVwZ 2003, S. 1452, 1455. 155 H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10; M. Elicker, DStZ 2011, S. 162, 165 f.; C. Ladenburger, in: Tettinger/Stern (Hrsg.), Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta, Art. 51 Rn. 37; T. von Danwitz, in: FS Herzog, S. 19, 27. 156 H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10. 157 H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10. 158 ABl. 2007, Nr. C-303/32. 159 H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10; C. Ladenburger, in: Tettinger/Stern (Hrsg.), Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta, Art. 51 Rn. 23.
B. Vorgaben der Charta der Grundrechte der EU
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gliedstaaten nur dann Bindung entfalteten, wenn die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Unionsrechts handeln. Dabei wird sowohl auf die WachaufRechtsprechung als auch auf die ERT-Rechtsprechung verwiesen.160 Nach den Charta-Erläuterungen hat der EuGH diese Rechtsprechung bestätigt, wenn er ausführt, dass die Mitgliedstaaten bei der Durchführung von gemeinschaftsrechtlichen Regelungen Unionsgrundrechte beachten müssten.161 Deshalb wird in der Literatur teilweise angenommen, dass durch die Verwendung sowohl des Begriffes „Durchführung“ als auch des Begriffes „Anwendungsbereich“ klar werde, dass beide Begriffe synonym zu verstehen seien.162 In der Tat stellen sich die Charta-Erläuterungen im Vergleich zum Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh als Widerspruch dar.163 In der Literatur wird teilweise die Vermutung geäußert, dass dieser Widerspruch nicht zufällig zustande kam, sondern auf den Verfasser der Ursprungserläuterungen zurückging, der damit den einschränkenden Wortlaut aufweichen wollte um dem EuGH eine Fortführung seiner Rechtsprechung zu ermöglichen.164 Ungeachtet dieser Vermutung ist zu beachten, dass die Erläuterungen nach Art. 52 Abs. 7 GrCh nicht rechtsverbindlich sind, sondern allein bei der Auslegung „gebührend zu berücksichtigen“ sind.165 Sie allein können den eindeutigen Wortlaut des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh nicht konterkarieren. Bei einer systematischen Auslegung ist zu beachten, dass Art. 51 Abs. 2 GrCh bestätigt, dass weder der Geltungsbereich des Unionsrechts durch die Charta ausgedehnt noch neue Zuständigkeiten oder Aufgaben für die Union begründet werden. Auch hier wird ein restriktiver Ansatz deutlich.166 Entsprechendes gilt für die geforderte Beachtung des Subsidiaritätsprinzips durch die Union in Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh. Auch die Entstehungsgeschichte ist von dem Bemühen durchdrungen, eine Marginalisierung der nationalen Grundrechte zu verhindern, weshalb die ERTRechtsprechung gestoppt werden sollte.167 160
ABl. 2007, Nr. C-303/32. ABl. 2007, Nr. C-303/32. 162 H. D. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 2010, Art. 51 Rn. 10. 163 M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 30a; P. M. Huber, NJW 2011, S. 2385, 2387. 164 M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 30a; ähnlich T. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 51 EU-GRCharta Rn. 17. 165 Vgl. dazu M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 52 Rn. 47b. 166 F. Kirchhof, in: Brandt (Hrsg.), Deutscher Finanzgerichtstag 2011, im Erscheinen; P. M. Huber, EuR 2008, S. 190, 198. 167 M. Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 51 Rn. 2 ff., 24a; F. Kirchhof, in: FS Herzog, S. 155, 168. 161
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
Festhalten lässt sich demnach, dass Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte gegen eine Anwendung der Charta bei Einschränkungen von Grundfreiheiten sprechen. Allein die Erläuterungen legen eine Geltung der Charta nahe. Deshalb scheint eine restriktive Anwendung der Charta geboten. Dies wird auch durch einen weiteren Gesichtspunkt gestützt. Würden die Unionsgrundrechte extensiv angewendet, führte dies zu vielfältigen Einbrüchen in die nationale Grundrechtsarchitektur. Bei Maßnahmen, die Grundfreiheiten einschränken, ist eine einheitliche Einschränkung der Grundfreiheiten nicht erforderlich, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu sichern.168 Können die Grundfreiheiten eingeschränkt werden, so gibt das Unionsrecht zu erkennen, dass es uneinheitlichen Regelungen nicht entgegensteht, da nicht jeder Mitgliedstaat eine solche Einschränkung in gleicher Weise vornehmen wird.169 Zudem handelt sich um eine nationale Maßnahme, die nicht durch Zuständigkeiten der Union vorbestimmt ist, sondern um die Ausübung eigener nationaler Souveränität, die lediglich gewissen Schranken, nämlich den Grundfreiheiten, unterliegt.170 Die nationale Souveränität wäre stark eingeschränkt, wenn bei Einschränkungen von Grundfreiheiten durch nationale Maßnahmen nicht die grundrechtliche Wertung des einzelnen Mitgliedstaats, sondern die Wertung der Unionsgrundrechte maßgebend wäre. Dementsprechend sollte, soweit möglich, grundrechtlichen Wertungen der kleineren Rechtsordnung Vorrang gegenüber den Grundrechten der größeren Rechtsordnung eingeräumt werden. Dies hat der EuGH in einem Fall auch selbst getan.171 In seinem Urteil vom 03.09.2008172 ging der EuGH davon aus, dass sich ein eventueller Vorrang des Rechts der Vereinten Nationen nicht auf die Grundrechte erstreckt,173 denn die Union müsse eine „grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit . . . im Hinblick auf die Grundrechte . . . gewährleisten“.174 Dies zeigt, wie der Konflikt zwischen Unionsgrundrechten und nationalen Grundrechten ausgeglichen werden kann. Regelmäßig ist den nationalen Grundrechten der Vorrang einzuräumen. Dieses Ergebnis lässt sich als teleologischer Gesichtspunkt in die Interpretation von Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GrCh einführen. Mithin sprechen alle Auslegungsmethoden gegen eine Anwendung der Charta auf die Einschränkung von Grundfreiheiten. Die dem widersprechenden Erläute168
So aber F. C. Mayer, EuR 2009, Beiheft 1, S. 87, 93. T. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 51 EU-GRCharta Rn. 17. 170 P. M. Huber, EuR 2008, S. 190, 194. 171 Dazu sowie zum Folgenden F. Kirchhof, in: FS Herzog, S. 155, 165. 172 EuGH v. 03.09.2008, C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat, Slg. 2008 I, S. 6351. 173 EuGH v. 03.09.2008, C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat, Slg. 2008 I, S. 6351, 6496, Rn. 308. 174 EuGH v. 03.09.2008, C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat, Slg. 2008 I, S. 6351, 6500, Rn. 326. 169
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
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rungen müssen dahinter zurücktreten. Die Charta ist daher nicht auf den Bereich des Schenkungsteuerrechts anzuwenden.
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit I. Anwendbarkeit der Grundfreiheiten Der EuGH misst seit 1986175 in ständiger Rechtsprechung direkte Steuern, zu denen die Schenkungsteuer zählt, an den Grundfreiheiten. Diese Rechtsprechung stößt auf grundsätzliche Bedenken. Im Unterschied zu den indirekten Steuern, bei denen nach Art. 113 AEUV eine weitreichende Harmonisierung erreicht wurde, besitzt die Europäische Union im Bereich der direkten Steuern aufgrund der Bereichsausnahme des Art. 114 Abs. 2 AEUV lediglich die Möglichkeit zur Harmonisierung nach Art. 115 AEUV, was einen einstimmigen Ratsbeschluss voraussetzt. Für den Bereich der Schenkungsteuer fehlt ein solcher Ratsbeschluss. Misst der EuGH nun diesbezügliche nationale Regelungen an den Grundfreiheiten, dringt er tief in einen Bereich ein, der nach dem Willen der Mitgliedstaaten nicht harmonisiert, sondern als Teil der nationalen Souveränität in eigener Verantwortung von den Mitgliedstaaten geregelt werden sollte.176 Der EuGH erscheint daher nicht ausreichend legitimiert, um durch negative Harmonisierung auf die nationalen Steuerrechtsordnungen einzuwirken,177 was dem Rechtsetzungsgeber selbst nur durch einstimmigen Beschluss möglich wäre. Der EuGH begründet seine Anwendung der Grundfreiheiten auch auf direkte Steuern damit, dass die Mitgliedstaaten selbst in denjenigen Fällen, in denen sie die Kompetenz haben, ihre Befugnisse im Einklang mit Unionsrecht ausüben müssten.178 Diese Argumentation ist zirkulär. Zu klären ist, ob die Grundfreiheiten anwendbar sind. Dies kann nicht dadurch begründet werden, dass die Mitgliedstaaten diese zu wahren hätten. Aus dem Wortlaut der Grundfreiheiten ergibt sich keine Einschränkung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten, doch muss demgegenüber beachtet werden, dass eine Harmonisierung der direkten Steuern von den Mitgliedstaaten nicht gewollt ist. Die Anwendung der Grundfreiheiten auf direkte Steuern könnte sich aber aus einem anderen Grund ergeben. Nach Art. 65 Abs. 1 lit. a AEUV wird das Recht 175
EuGH v. 28.01.1986, 270/83, Avoir fiscal, Slg. 1986, S. 273, 285. F. Kirchhof, in: Brandt (Hrsg.), Deutscher Finanzgerichtstag 2011, im Erscheinen; J. Wieland, in: FS Zuleeg, S. 492, 493; vgl. auch W. Mitschke, FR 2008, S. 165, 167 f.; C. Seiler, in: FS Isensee, S. 875, 888. Dabei muss auch beachtet werden, dass das Steuerrecht nicht isoliert in der Rechtsordnung steht, sondern sich mit dem Sozialrecht als eine von „zwei Seiten einer Medaille“ darstellt (C. Seiler, AöR 136 (2011), S. 95, 99). 177 F. Kirchhof, in: Brandt (Hrsg.), Deutscher Finanzgerichtstag 2011, im Erscheinen. 178 EuGH v. 11.12.2003, C-364/01, Barbier, Slg. 2003 I, S. 15013, 15052, Rn. 56; zustimmend D. Gosch, DStR 2007, S. 1553, 1558. 176
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
der Mitgliedstaaten, Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort und Kapitalanlageort unterschiedlich zu behandeln, durch Art. 63 AEUV nicht berührt. Dieser Ausschluss einer Prüfung der Kapitalverkehrsfreiheit setzt voraus, dass diese grundsätzlich anwendbar ist.179 Fraglich ist aber, ob dieser Ausschluss nur für Steuern gelten soll, bei denen die Europäische Union ihre Kompetenz ausgeübt hat, oder ob hierdurch auch die in der Kompetenz der Mitgliedstaaten stehenden direkten Steuern erfasst werden. Eine Differenzierung nach Wohnort und Kapitalanlageort ist lediglich bei direkten Steuern üblich, während bei indirekten Steuern der Wohnort regelmäßig nicht maßgeblich ist. Zudem ist im Bereich der indirekten Steuern durch die Harmonisierung durch Richtlinien eine Überprüfung des nationalen Rechts bereits am erlassenen Sekundärrecht zu messen, so dass das Erfordernis eines Rückgriffs auf die Grundfreiheiten nicht als wahrscheinlich erscheint. Zwar sind nicht nur die Mitgliedstaaten an die Grundfreiheiten gebunden, sondern auch die Europäische Union, doch wurde die Ausnahmebestimmung des Art. 65 Abs. 1 lit. a AEUV vor dem Hintergrund von Beschränkungen der Mitgliedstaaten eingefügt und nicht um bei Sekundärrechtsakten das grenzüberschreitende Wirtschaften zu erschweren. Dies zeigt sich aus der Erklärung zu Art. 73d EGV a. F.,180 die nach Art. 31 Abs. 2 lit. a WVRK für die Auslegung der Norm verbindlich ist, obwohl sie nicht Bestandteil des Vertrages wurde.181 Die Ausnahme soll danach lediglich für diejenigen Regelungen der Mitgliedstaaten gelten, die Ende 1993 bestanden. Die Vorschrift richtet sich daher an die Mitgliedstaaten, ohne dass eine Beschränkung auf indirekte Steuern ersichtlich ist. Da im Bereich der indirekten Steuern regelmäßig nicht nach Wohnort oder Kapitalanlageort differenziert wird, ist die Kapitalverkehrsfreiheit grundsätzlich auch auf direkte Steuern anzuwenden, damit die Regelung des Art. 65 Abs. 1 lit. a AEUV nicht leerläuft.182 Die Regelung des AUEV stellt sich mithin als widersprüchlich dar. Einerseits soll der Bereich der direkten Steuern nur durch einstimmigen Beschluss harmonisiert werden. Andererseits soll über die Grundfreiheiten eine punktuelle Harmonisierung erreicht werden, die ein geschlossenes System aber nicht ersetzen kann. Dieser Widerspruch lässt sich dadurch auflösen, dass die Grundfreiheiten entsprechend der Systematik grundsätzlich auch auf direkte Steuern anwendbar sind. Der fehlende Wille zur Harmonisierung lässt sich berücksichtigen, indem nicht jede Unstimmigkeit an den Schnittstellen zweier Steuerrechtsordnungen als rechtfertigungsbedürftige Beeinträchtigung der Grundfreiheiten 179
J. Sedemund, Europäisches Ertragsteuerrecht, 2008, Rn. 138. ABl. 1992, Nr. C 191/99. 181 G. Ress/J. Ukrow, in: Nettesheim (Hrsg.), Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 65 AEUV Rn. 4. 182 Im Ergebnis so auch J. Sedemund, Europäisches Ertragsteuerrecht, 2008, Rn. 138, der aber nicht auf die Frage eingeht, ob sich die Vorschrift allein auf diejenigen Steuern bezieht, bei denen die Europäische Union ihre Kompetenzen ausgeübt hat. 180
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
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gewertet wird.183 Auch bei der Rechtfertigung einer Beschränkung der Grundfreiheiten ist der fehlende Harmonisierungswille der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, so dass der Schutz der mitgliedstaatlichen Ertragshoheit als Ausfluss der bestehenden Kompetenzordnung als Rechtfertigungsgrund in Betracht kommt.184
II. Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit Auch bei der Frage der Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit wird die Schenkungsteuer meist gemeinsam mit der Erbschaftsteuer erörtert. Die Anwendbarkeit185 der Kapitalverkehrsfreiheit auf Erbschaften und Schenkungen wurde in der Literatur bereits früh angenommen.186 Dagegen ging die finanzgerichtliche Rechtsprechung früher von deren Nichtanwendbarkeit aus,187 während der EuGH in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit mit der Kapitalverkehrsfreiheit prüft.188 Dem hat sich nun auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung angeschlossen.189 1. Zwei zu unterscheidende Vermögenstransfers Vor einer Würdigung dieser Position ist es erforderlich, bei der Beurteilung von Schenkungen zwei Vermögensbewegungen zu unterscheiden. Zum einen stellt der unentgeltliche Erwerb eines Vermögensgegenstandes einen Vermögenstransfer dar. Zum anderen ist auch der zeitlich vorgelagerte ursprüngliche Er183
C. Seiler, StuW 2005, S. 25, 29. Vgl. C. Seiler, StuW 2005, S. 25, 29. 185 Nach T. Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1999, S. 75 f. ist der Begriff „Schutzbereich“ vorzugswürdig. 186 N. Dautzenberg/A. Brüggemann, BB 1997, S. 123, 126; N. Dautzenberg, EWS 1998, S. 86, 86 ff. 187 FG Düsseldorf v. 03.07.1996, 4 K 5910/91 Erb, EFG 1996, S. 1166, 1168; FG Berlin v. 09.09.2003, 5 K 5035/02, ZEV 2004, S. 385, 386. 188 EuGH v. 11.12.2003, C-364/01, Barbier, Slg. 2003 I, S. 15013, 15052 ff., Rn. 57 ff.; EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1995 f., Rn. 39 ff.; EuGH v. 17.01.2008, C-256/06, Jäger, Slg. 2008 I, S. 123, 148 f., Rn. 24 f.; EuGH v. 11.09.2008, C-11/07, Eckelkamp, Slg. 2008 I, S. 6845, 6877 f., Rn. 38 ff.; EuGH v. 11.09.2008, C-43/07, Arens-Sikken, Slg. 2008 I, S. 6887, 6922 f., Rn. 29 ff.; EuGH v. 27.01.2009, C-318/07, Persche, DStR 2009, S. 207, 208, Rn. 26 f.; EuGH v. 12.02.2009, C-67/08, Block, NJW 2009, S. 977, 977 f., Rn. 19 ff.; EuGH v. 15.10.2009, C-35/08, Grundstücksgemeinschaft Busley/Cibrian, DStR 2009, S. 2186, 2187, Rn. 17 ff.; EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212, 1214 f. Rn. 19 ff.; in EuGH v. 25.10.2007, C-464/05, Geurts, Slg. 2007 I, S. 9325, 9353 f., Rn. 16 wurde die Niederlassungsfreiheit als vorrangige Grundfreiheit angewendet. 189 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 526; FG Baden-Württemberg v. 29.10.2008, 2 K 1986/07, IStR 2009, S. 249, 249 f.; FG Düsseldorf v. 14.11.2008, 4 K 2226/08 Erb, IStR 2009, S. 240, 241. 184
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werb des später übergehenden Vermögensgegenstandes als Vermögenstransfer zu qualifizieren. Für die Frage, auf welchen Vermögenstransfer abzustellen ist, ist sowohl das Primärrecht als auch die Kapitalverkehrsrichtlinie190 bei Zubilligung eines Hinweischarakters191 unergiebig. In der Nomenklatur der Kapitalverkehrsrichtlinie werden einerseits Erbschaften und Schenkungen aufgezählt. Daneben fallen aber auch Erbschaftsteuern in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsrichtlinie. Hier ist bereits auffällig, dass Schenkungsteuern nicht erfasst werden. Dies ließe sich durch ungenaue Rechtsetzung erklären. Nicht endgültig klären lässt sich, weshalb Erbschaftsteuern überhaupt aufgezählt werden.192 Wird auf den unentgeltlichen Vermögenstransfer abgestellt, unterfallen alle mit Erbschaft und Schenkung zusammenhängenden staatlichen Maßnahmen der Kapitalverkehrsfreiheit. Die gesonderte Erwähnung von Erbschaftsteuern ist daher grundsätzlich überflüssig, wenn nicht davon ausgegangen wird, dass in der Kompetenz der Mitgliedstaaten stehende Steuern überhaupt nicht am Primärrecht zu messen sind. Dieser Exzeption von Steuern aus der Prüfung der Vereinbarkeit mit Grundfreiheiten hat der EuGH bereits 1986193 eine Absage erteilt. Die Erwähnung von Erbschaftsteuern in der Kapitalverkehrsrichtlinie könnte daher als deklaratorisch bezeichnet werden. Die fehlende Erwähnung von Schenkungsteuern ist dann unbeachtlich. Wird als maßgeblicher Vermögenstransfer der ursprüngliche Erwerb des übergehenden Vermögensgegenstandes angesehen, genügt grundsätzlich ebenfalls die Erwähnung von Erbschaften und Schenkungen, da hiermit ausreichend klargestellt ist, dass auch solche späteren Vorgänge beim Erwerbsvorgang berücksichtigt werden müssen. Die Erwähnung von Erbschaftsteuern wäre wiederum als deklaratorisch zu qualifizieren, die fehlende Erwähnung von Schenkungsteuern stellte sich erneut als unpräzise Rechtsetzung dar. Die Kapitalverkehrsrichtlinie ist daher jedenfalls für die Frage, welcher Erwerbsvorgang maßgeblich ist, unbeachtlich. 2. Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit Der EuGH stützt die Anwendung der Kapitalverkehrsfreiheit auf die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften auf die Kapitalverkehrsrichtlinie194, in deren Anhang I Schenkungen und Stiftungen, Erbschaften und Vermächtnisse 190
Richtlinie 88/361/EWG, ABl. EG 1988, L 178/5. Dazu sogleich 2. 192 Vgl. N. Dautzenberg, EWS 1998, S. 86, 87 f.; D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 134 f., der die Erwähnung von Erbschaftsteuern für ein Redaktionsversehen hält. 193 EuGH v. 28.01.1986, 270/83, Avoir fiscal, Slg. 1986, S. 273, 285. 194 Richtlinie 88/361/EWG, ABl. EG 1988, L 178/5. 191
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sowie Erbschaftsteuern dem freien Kapitalverkehr unterstellt werden. Es ist aber fraglich, ob die Kapitalverkehrsrichtlinie überhaupt noch gilt. Ihre ursprüngliche Ermächtigungsgrundlage war Art. 69 und 70 Abs. 1 EWGV. Diese Artikel wurden zum 01.01.1994 durch Art. 73a EGV a. F. aufgehoben und durch den Vertrag von Amsterdam195 auch im Text gestrichen.196 Für die Weitergeltung wird vorgebracht, dass das Entfallen der Ermächtigungsgrundlage nicht dazu führt, dass darauf gestützte Rechtsakte ihre Wirkung verlieren.197 Dass Sekundärrecht stets weiter gilt, wenn die Ermächtigungsgrundlage aufgehoben wird, erscheint aber zweifelhaft.198 Bei der Kapitalverkehrsfreiheit besteht zudem die Besonderheit, dass der Gegenstand ihrer Regelung in das Primärrecht übernommen wurde. Die erstmalige Verankerung im Primärrecht erfolgte in Art. 73b EG-Vertrag,199 der im Wesentlichen den Inhalt des Artikels 1 der Kapitalverkehrsrichtlinie übernahm.200 Bei einer teleologischen Auslegung ist davon auszugehen, dass eine Weitergeltung der Richtlinie nicht beabsichtigt war. Denn wenn das Wesentliche der Richtlinie im Primärrecht normiert wird, besteht kein Bedürfnis für eine darüber hinausgehende Richtlinie, wie auch das Entfallen einer Befugnis zur Richtliniensetzung zeigt. Die Kapitalverkehrsrichtlinie könnte damit lediglich für bereits abgeschlossene Sachverhalte eigenständige Wirkung behalten.201 Bedeutung könnte die Kapitalverkehrsrichtlinie erlangen, wenn sie zum „aquis communautaire“ gehörte, der nach Art. 3 EGV a. F. zu wahren und weiterzuentwickeln war.202 Auch dies überzeugt angesichts der Normierung des wesentlichen Inhalts der Richtlinie im Primärrecht nicht. Es ist nicht ersichtlich, warum die Richtlinie neben der primärrechtlichen Verankerung des wesentlichen Inhalts weiterhin Wirkung entfalten soll. Eigenständige Wirkung hat die Kapitalverkehrsrichtlinie mithin lediglich für Sachverhalte, die vor der primärrechtlichen Verankerung der Kapitalverkehrsfreiheit abgeschlossen waren. 195
ABl. EG 1997 Nr. C 340 S. 1. C. Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit, 2002, Art. 56 EGV Rn. 19. 197 C. Ohler, Europäische Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit, 2002, Art. 56 EGV Rn. 19; ohne Begründung für grundsätzliche Weitergeltung J. C. W. Müller, Kapitalverkehrsfreiheit in der Europäischen Union, 2000, S. 154. 198 Vgl. die verwandte Diskussion zur Weitergeltung von Rechtsverordnungen gemäß Art. 80 GG nach Aufheben der Ermächtigungsgrundlage, hierzu beispielsweise M. Kotulla, NVwZ 2000, S. 1263. 199 Die Art. 67–73 EWG-Vertrag sind durch die Art. 73b–g EG-Vertrag ersetzt worden, dann in Art. 56–60 EG und nun in Art. 63–66 AEUV übernommen. Vgl. zur historischen Entwicklung J. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 1 ff. 200 EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1995 f., Rn. 39; EuGH v. 17.01.2008, C-256/06, Jäger, Slg. 2008 I, S. 123, 148 f., Rn. 24. 201 So W. Schön, in: GS Knobbe-Keuk, S. 743, 747. 202 So W. Schön, in: GS Knobbe-Keuk, S. 743, 747; U. Haferkamp, Die Kapitalverkehrsfreiheit im System der Grundfreiheiten des EG-Vertrags, 2003, S. 30. 196
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
Nach Ansicht des EuGH kommt der Kapitalverkehrsrichtlinie jedenfalls „Hinweischarakter für die Definition des Begriffs des Kapitalverkehrs“ zu, da das Primärrecht im Wesentlichen den Inhalt des Artikels 1 der Kapitalverkehrsrichtlinie übernommen habe.203 Dieser Ansatz ist trotz des Zuerkennens als nicht verbindliche Definition204 methodisch fragwürdig, da die Kapitalverkehrsrichtlinie als Sekundärrecht nicht das höherrangige Primärrecht definieren kann.205 Bedeutung kann die Kapitalverkehrsrichtlinie allein im Rahmen der historischen Auslegung haben,206 da sie die Ansicht des Rates widerspiegelt. Angesichts der Widersprüchlichkeit bezüglich der Frage der Anwendbarkeit der Grundfreiheiten auf direkte Steuern207 kann dieser Position aber kein besonderes Gewicht zukommen. Es müssen vielmehr auch die anderen anerkannten Auslegungsmethoden beachtet werden um eine Definition des Kapitalverkehrs zu erreichen. In der Literatur findet sich ein weiter Definitionsansatz des Begriffes des Kapitalverkehrs, nach dem darunter jede über die Grenzen eines Mitgliedsstaats der Gemeinschaft hinweg stattfindende Übertragung von Geld- oder Sachkapital zu verstehen ist, die primär oder regelmäßig208 zu Anlagezwecken erfolgt.209 Das Kriterium der Anlageabsicht könnte dabei sowohl als Beschränkung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit als auch als Abgrenzungskriterium zu den anderen Grundfreiheiten verstanden werden.210 Wird der unentgeltliche Vermögensübergang bei Schenkungen in den Blick genommen, erscheint die Anlageabsicht fraglich. Bevor dies näher untersucht wird, soll aber zunächst ein eigenständiger Definitionsversuch des Begriffs „Kapitalverkehr“ vorgenommen werden. 203 EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1995 f., Rn. 39; EuGH v. 17.01.2008, C-256/06, Jäger, Slg. 2008 I, S. 123, 148 f., Rn. 24; ohne Begründung EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212, 1214, Rn. 19. Die Position des EuGH übernehmend G. Ress/J. Ukrow, in: Nettesheim (Hrsg.), Grabitz/Hilf/Nettesheim, Art. 63 AEUV Rn. 111; J. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 12; T. von Hippel, EuZW 2005, S. 7, 9. Ohne Abstellen auf einen Hinweischarakter der Kapitalverkehrsfreiheit im Ergebnis so auch P. von Wilmowsky, in: Ehlers (Hrsg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 12 Rn. 2; A. Löhle, Verfassungsrechtliche Gestaltungsspielräume und -grenzen bei der Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen, 2001, S. 129; N. Dautzenberg/A. Brüggemann, BB 1997, S. 123, 124; N. Dautzenberg, EWS 1998, S. 86, 87 f. 204 Eine abschließende Definition stellt die Kapitalverkehrsrichtlinie nicht dar, da die Nomenklatur ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnet wird. 205 W. Kilian, EuZW 2005, S. 438, 441; D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 131. 206 Von D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 132 Fn. 584 als „gewisse Indizwirkung“ bezeichnet. 207 Vgl. oben Teil 5 C. I. 208 M. Nettesheim, in: Oppermann u. a. (Hrsg.), Europarecht, § 30 Rn. 9. 209 J. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 63 AEUV Rn. 8. 210 T. von Hippel, EuZW 2005, S. 7, 7.
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
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Beim Versuch einer Auslegung des Begriffs „Kapitalverkehr“ ist vom Wortlaut auszugehen. Kapital wird unterschiedlich definiert. Im Allgemeinen wird darunter jede verzinsliche Geldforderung verstanden, volkswirtschaftlich jedes ertragbringende Vermögen und betriebswirtschaftlich die Gesamtheit der in ein Unternehmen eingebrachten Mittel.211 Der Umfang des Begriffs „Kapital“ variiert somit je nach Kontext. Gemeinsam ist aber allen Ansätzen, dass ein wirtschaftlicher Bezug vorliegen muss. Die oben angesprochene Anlageabsicht könnte daher im Wortlaut unabhängig von der genauen Reichweite verankert sein. Bei systematischer Betrachtung ist erkennbar, dass die übrigen Grundfreiheiten212 regelmäßig lediglich bestimmte Aspekte des grenzüberschreitenden Wirtschaftens erfassen.213 Für ihre Anwendung muss also ebenfalls ein wirtschaftlicher Bezug vorliegen. Wird der Sinn und Zweck der Kapitalverkehrsfreiheit beleuchtet, ist zunächst das Ziel aller Grundfreiheiten zu beachten. Diese wurden in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft eingeführt um einen Gemeinsamen Markt zu schaffen. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die Fixierung auf die Wirtschaft aufgegeben.214 Daraus folgt aber nicht, dass damit der Wirtschaftsbezug der Grundfreiheiten aufgegeben wurde.215 Als Ziel der Grundfreiheiten wird deshalb weiterhin angenommen, dass diese den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr vor nationalen Behinderungen schützen sollen.216 Festzuhalten ist, dass nach diesen Auslegungsmethoden grundsätzlich ein – allerdings nicht näher bestimmter – wirtschaftlicher Bezug vorliegen muss. Ein wirtschaftlicher Bezug könnte sich durch das Abstellen auf den ursprünglichen Erwerb des übergehenden Vermögens ergeben. Aber auch bei diesem ist ein wirtschaftlicher Bezug nicht stets festzustellen, etwa beim Kauf einer Ferienimmobilie. Ein solcher Erwerb könnte aber auch aus dem Blickwinkel des erworbenen Vermögens betrachtet werden. Bei einer volkswirtschaftlichen Interpretation des 211 G. Köbler, Juristisches Wörterbuch, 2007, Kapital. Auch andere Sprachfassungen helfen nicht weiter. In der französischen Fassung (mouvements de capitaux) kann ebenfalls enge (Kapitalvermögen) und weite (Vermögen) Alternativen unterschieden werden (vgl. B. Potonnier/G. Morgenroth, Wörterbuch für Wirtschaft, Recht und Handel, 2001). Der in der englischen Fassung verwendete Begriff (capital) ist ebenfalls nicht eindeutig (vgl. G. Köbler, Rechtsenglisch, 2007). 212 Waren-, Personen- und Dienstleistungsfreiheit. 213 T. Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1999, S. 76; C. D. Classen, in: Oppermann u. a. (Hrsg.), Europarecht, § 22 Rn. 2; T. von Hippel, EuZW 2005, S. 7, 9. 214 Vgl. D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 133. 215 D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 133 f. 216 C. D. Classen, in: Oppermann u. a. (Hrsg.), Europarecht, § 22 Rn. 2.
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
Begriffs „Kapital“ wird jedes ertragbringende Vermögen erfasst. Dabei kann es nicht auf einen tatsächlichen Ertrag ankommen, da auch im Einzelfall verlustbringendes Vermögen erfasst wird. Ausschlaggebend ist vielmehr die potentielle Ertragsfähigkeit.217 Mithin fällt nahezu jeder grenzüberschreitende Erwerb von Vermögensgegenständen unter die Kapitalverkehrsfreiheit. Allerdings erscheint fraglich, ob der zeitlich unter Umständen viel später folgende unentgeltliche Vermögenstransfer noch auf den früheren Erwerb einwirkt, so dass Schenkungsteuern auf ihre Vereinbarkeit mit der Kapitalverkehrsfreiheit zu untersuchen wären. Zweifelhaft ist auch die Behandlung von Fällen, in denen kein grenzüberschreitender Ersterwerb stattgefunden hat, weil der Vermögensgegenstand ebenfalls unentgeltlich erworben wurde oder vor einem Wegzug218 als Inländer erworben wurde. Zudem ist auch bei Vorliegen eines Ersterwerbs fraglich, wie eine zwischen Ersterwerb und späterer unentgeltlicher Vermögensübertragung stattfindende Änderung des Steuergesetzes zu würdigen ist. Einfluss auf den ursprünglichen Erwerb kann nur die damals geltende Rechtslage gehabt haben. Bei einer Änderung der Rechtslage kann diese die Entscheidung nicht beeinflusst haben. Das Nichtveräußern des später übergehenden Vermögensgegenstandes kann mangels Verkehrs nicht als Kapitalverkehr qualifiziert werden.219 Die Schenkungsteuer könnte demnach nur eingeschränkt auf ihre Vereinbarkeit mit der Kapitalverkehrsfreiheit überprüft werden, wenn lediglich der Ersterwerb ihrem Anwendungsbereich unterfällt. Das Einbeziehen von unentgeltlichen Vermögensübertragungen in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit erscheint aber aus einem anderen Grund zutreffend. Das Ziel des Gemeinsamen Marktes ist der Abbau von grenzüberschreitenden Hindernissen um eine optimale Allokation der Ressourcen zu erreichen.220 Wird der unentgeltliche Übergang potentiell ertragbringenden Vermögens behindert, so kann sich dies auf die optimale Allokation der Ressourcen auswirken, da hierfür auch unentgeltliche Vermögensübertragungen erforderlich 217 D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 134. 218 Der Wegzug eines Inländers fällt nach Ansicht des EuGH nicht unter die Kapitalverkehrsfreiheit, EuGH v. 23.02.2006, C-513/03, van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006 I, S. 1957, 1998 f., Rn. 49. 219 A. M. EuGH v. 15.10.2009, C-35/08, Grundstücksgemeinschaft Busley/Cibrian, DStR 2009, S. 2186, 2187, Rn. 21; EuGH v. 22.01.2009, C-377/07, STEKO Industriemontage, IStR 2009, S. 133, 133, Rn. 24 nach dem auch Maßnahmen, die davon abhalten können, Vermögen zu behalten, unter die Kapitalverkehrsfreiheit fallen. Dabei wird auf EuGH v. 12.12.2002, C-324/00, Lankhorst-Hohorst, Slg. 2002 I, S. 11779, 11812, Rn. 32 und EuGH v. 13.03.2007, C-524/04, Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, Slg. 2007 I, S. 2107, 2185 f., Rn. 61 verwiesen. In diesen Urteilen wird jedoch die Vereinbarkeit von Maßnahmen mit der Niederlassungsfreiheit geprüft. Bei der Kapitalverkehrsfreiheit ist zu beachten, dass auch ein Verkehr von Kapital erforderlich ist. 220 D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 134.
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
167
sein können.221 So kann sich der unentgeltliche Übergang von Vermögensgegenständen positiv für die optimale Allokation darstellen, wenn der Erwerber sie produktiver nutzen kann als der Zuwendende.222 Des Weiteren ist das wirtschaftliche Ergebnis einer unentgeltlichen Vermögensübertragung in den Blick zu nehmen. Das Ergebnis könnte auch erreicht werden, indem der Vermögensgegenstand zunächst entgeltlich veräußert würde, was der Kapitalverkehrsfreiheit unterfiele. Der erhaltene Betrag könnte dann dem Erwerber zugewendet werden, so dass wirtschaftlich der gleiche Erfolg einträte. Erwirbt der Erwerber mit dem erhaltenen Betrag den Vermögensgegenstand, so unterfiele auch dieser Vorgang der Kapitalverkehrsfreiheit. Diese Aufspaltung eines einheitlichen Vorgangs kann aber nicht zu einer geänderten Beurteilung führen. Mithin fallen auch unentgeltliche Vermögensübertragungen in den Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit.223 Das von der Literatur geforderte Kriterium der Anlageabsicht ist nicht entscheidend, abzustellen ist auf den wirtschaftlichen Bezug der Vermögensübertragung, der sich aus unerwünschten Einwirkungen auf die optimale Allokation der Ressourcen ergibt. Regelungen der Schenkungsteuer sind daher auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 63 AEUV zu prüfen.
III. Differenzierung in beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht Fraglich ist, ob unterschiedliche Regelungen für beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar sind, oder ob diese gleich zu behandeln sind. Eine etwaige Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit ist auf ihre Rechtfertigung zu prüfen. 1. Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit Im Bereich des Steuerrechts ist es weitgehend unerheblich, ob die Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote oder als Beschränkungsverbote224 zu qualifizieren sind.225 Im Steuerrecht ist auch bei Verständnis der Grundfreiheiten als Beschränkungsverbote eine Vergleichbarkeitsprüfung vorzunehmen, da sonst jede 221 D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 134. 222 D. Müller-Etienne, Die Europarechtswidrigkeit des Erbschaftsteuerrechts, 2003, S. 134. 223 Das Problem der Reichweite der Kapitalverkehrsfreiheit in Drittlandsfällen soll an dieser Stelle nicht untersucht werden, vgl. dazu etwa P. Scheller/T. Bader, ZEV 2011, S. 112 ff. 224 Dazu T. Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1999, S. 38 ff. 225 M. Lang, in: FS Spindler, S. 297, 300.
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
steuerliche Belastung als Beschränkung zu qualifizieren wäre.226 Es ist daher eine solche Vergleichbarkeitsprüfung vorzunehmen, die sich nicht strukturell von anderen Gleichheitsprüfungen unterscheidet.227 Fraglich ist, ob sich beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtige in einer vergleichbaren Situation befinden. Grundsätzlich ist eine Vergleichbarkeit nicht gegeben, soweit eine Regelung der Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse dient, da regelmäßig lediglich der Wohnsitzstaat die notwendigen Informationen zur Ermittlung der Gesamtleistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse besitzt.228 Vergleichbarkeit besteht aber in den Fällen, in denen das übergehende Vermögen zumindest nahezu vollständig im Inland belegen ist, da sich in solchen Fällen lediglich der Wohnsitz von inländischem und ausländischem Erwerber unterscheidet. Die persönlichen Verhältnisse würden sonst weder im Inland noch im Wohnsitzstaat berücksichtigt.229 Eine einkommensteuerliche Regelung, die eine Ungleichbehandlung zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht vermeidet, wenn mehr als 90 % der Einkünfte im Inland erzielt werden, ist nach Ansicht des EuGH ausreichend.230 Es erscheint daher naheliegend, diese Grenzziehung auch in das Schenkungsteuerrecht zu übertragen.231 Bei der Schenkungsteuer könnte die Übertragung der Grenze allerdings leerlaufen, da bei einer Schenkung regelmäßig lediglich ein Vermögensgegenstand übergeht, so dass das bei einer Schenkung übergehende Vermögen typischerweise vollständig im Inland belegen ist.232 Daher sind bei der Schenkungsteuer beschränkt Steuerpflichtige sowie unbeschränkt Steuerpflichtige in einer vergleichbaren Situation. Der Umstand, dass nach § 14 ErbStG eine Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe erfolgt, ist erst auf Rechtfertigungsebene zu berücksichtigen, da dies auf die einzelne Besteuerung (noch) keinen Einfluss hat. Festgehalten werden kann demnach, dass die Situation von beschränkt und unbeschränkt Schenkungsteuer226
M. Lang, in: FS Spindler, S. 297, 300; J. Kokott/H. Ost, EuZW 2011, S. 496,
498. 227 Der EuGH prüft die Vereinbarkeit von § 16 Abs. 2 ErbStG mit Art. 63 AEUV offenbar als Beschränkungsverbot und prüft die Vergleichbarkeit der Situationen als Rechtfertigungsgrund, EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212, 1216, Rn. 35. 228 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 527; EuGH v. 14.02.1995, C279/93, Schumacker, Slg. 1995 I, S. 225, 260, Rn. 32. 229 BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 527; EuGH v. 14.02.1995, C279/93, Schumacker, Slg. 1995 I, S. 225, 261, Rn. 38. 230 EuGH v. 14.09.1999, C-391/97, Gschwind, Slg. 1999 I, S. 5451, 5489 f., Rn. 30. 231 FG Baden-Württemberg v. 29.10.2008, 2 K 1986/07, IStR 2009, S. 249, 250. Für das Erbschaftsteuerrecht BFH v. 21.09.2005, II R 56/03, BFHE 210, S. 522, 527; M. Busch, IStR 2002, S. 448, 451. 232 FG Düsseldorf v. 14.11.2008, 4 K 2226/08 Erb, IStR 2009, S. 240, 241; M. Werkmüller, IStR 2010, S. 360, 362.
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
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pflichtigen vergleichbar ist und eine Ungleichbehandlung somit rechtfertigungsbedürftig ist. 2. Rechtfertigung Während diesbezüglich der EuGH in den Anfangsjahren nach seiner ersten Entscheidung im Jahre 1986233 Rechtfertigungsgründe nur selten durchgreifen ließ, ändert sich diese Beurteilung für das Ertragsteuerrecht seit dem Jahr 2005.234 Seither erwägt der EuGH neue Rechtfertigungsgründe. In Betracht kommen zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten,235 die Vermeidung einer doppelten Verlustberücksichtigung236 und die Bekämpfung der Steuerfluchtgefahr237 sowie der Grundsatz der Territorialität,238 wobei unklar bleibt, ob die Rechtfertigungsgründe alternativ oder kumulativ vorliegen müssen.239 So erfreulich diese neuere Rechtsprechung in Ansätzen ist, ist dennoch Kritik zu erheben. Es ist nicht ersichtlich, weshalb das Vorliegen eines einzigen Rechtfertigungsgrundes nicht genügen sollte.240 Des Weiteren werden die neuen Rechtfertigungsgründe nicht ausreichend hergeleitet. Bei zutreffender Betrachtung ist der Grundsatz der Territorialität der gemeinsame Bezugspunkt der übrigen Rechtfertigungsgründe; insbesondere die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnis ist hier zu verorten.241 Der Grundsatz der Territorialität gestattet völkerrechtlich eine der beschränkten Steuerpflicht entsprechenden Besteuerung und ist auch bei nationaler Betrachtung als Berücksichtigung des Gedankens einer gewissen Teilhabe an der staatlichen Gemeinschaft zu berücksichtigen. Stellt sich der Grundsatz der Territorialität als zulässige Ausprägung der nationalen Steuersouveränität dar, muss 233
EuGH v. 28.01.1986, 270/83, Avoir fiscal, Slg. 1986, S. 273, 285. Vgl. zu dieser Entwicklung M. Lang, in: FS Spindler, S. 297 ff.; C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 839 ff.; H. Weber-Grellet, DStR 2009, S. 1229 ff.; A. Musil/L. Fähling, DStR 2010, S. 1501 ff. 235 EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005 I, S. 10837, 10881f., Rn. 45 f. 236 EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005 I, S. 10837, 10882, Rn. 47 f. 237 EuGH v. 13.12.2005, C-446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005 I, S. 10837, 10883, Rn. 49 f. 238 EuGH v. 23.02.2006, C-471/04, Keller Holding, Slg. 2006 I, S. 2107, 2125, Rn. 44. 239 Kritisch dazu C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 841. 240 H. Kube, IStR 2008, S. 305, 307 f.; zustimmend C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 841. 241 C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 841. 234
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Teil 5: Vorgaben höherrangigen Rechts für ein Schenkungsteuergesetz
dies bei der Anwendung der Grundfreiheiten als Kompetenzausübungsschranke berücksichtigt werden. Wird dies aus dem Blick verloren, ist auch die Rechtfertigung der Steuerpflicht aus dem Blick geraten, so dass das der Rechtfertigung zugrunde liegende Modell einer gerechten Austeilung der Finanzierungslasten des staatlichen Gemeinwesens gefährdet erscheint.242 Es geht nicht allein um das Interesse der Mitgliedstaaten am Erhalt ihres Steueraufkommens, sondern um verfassungsrechtlich bedenkliche Souveränitätsverschiebungen von den Mitgliedstaaten auf die Europäische Union, die die Staatsqualität der Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Union ihrerseits in ein neues Licht rückten. Deshalb ist unabdingbar, dass bei der Prüfung einer Vereinbarkeit einer steuerlichen Vorschrift nicht nur diese einzelne Norm berücksichtigt wird, sondern auch deren Einbettung in einen größeren Normkomplex gewürdigt wird. Das Schenkungsteuerrecht ist darauf angelegt, Leistungsfähigkeitssteigerungen innerhalb eines gewissen Zusammenrechnungszeitraumes mit einem progressiven Tarif unter einmaliger Gewährung eines Freibetrags zu besteuern. Um der vom EuGH zutreffend erkannten Vergleichbarkeit zwischen beschränkter und unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht243 zu entsprechen, müsste daher die Steuerbelastung bei beschränkter Steuerpflicht derjenigen bei unbeschränkter Steuerpflicht entsprechen, die auf dem Anfall von Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG basiert.244 Hierzu bedürfte es einer Ermittlung des innerhalb des Zusammenrechnungszeitraumes übergehenden ausländischen Vermögens.245 Da diese Angaben aber dem Belegenheitsstaat mangels Anwendbarkeit der Amtshilferichtlinie nicht zur Verfügung stehen, ist eine solche Umsetzung nicht möglich. Deshalb kann die Nichtgewährung eines auf den gesamten Vermögensanfall innerhalb eines Zusammenrechnungszeitraums zugeschnittenen Regelungskonzeptes nicht in jedem Fall als nicht sachgerecht qualifiziert werden. Denn müsste in jedem Fall der beschränkten Steuerpflicht ein unverminderter auf den gesamten Vermögensanfall innerhalb des Zusammenrechnungszeitraums ausgerichteter Freibetrag gewährt werden, käme es im Vergleich zu unbeschränkt Steuerpflichtigen regelmäßig zu einer Besserstellung. Eine solche Inländerdiskriminierung ist hier aber auch europarechtlich bedenklich, weil sie tief in die Steuersouveränität der Mitgliedstaaten eindringt und die dort verfassungsrechtlich vorgegebene Gleichheit berührt. Das Territorialitätsprinzip fordert daher, dass im Bereich des Steuerrechts eine Typisierungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers bestehen muss. Deshalb lassen sich die oben246 zur Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG
242
C. Seiler/G. Axer, IStR 2008, S. 838, 843. EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212, 1216, Rn. 35 ff. 244 Vgl. dazu umfassend oben Teil 5 A.V. 245 M. Corsten/G. Führich, ZEV 2009, S. 481, 486. 246 Teil 5 A.V. 243
C. Grundfreiheiten am Beispiel der Kapitalverkehrsfreiheit
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gemachten Ausführungen übertragen.247 Demnach lässt sich eine Ungleichbehandlung von beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht rechtfertigen, wenn mit ihr in typisierender Weise das Ziel einer einheitlichen Belastung verfolgt wird. Die Lösung des nur schwer zu regelnden Problems könnte in einem kürzeren Zusammenrechnungszeitraum liegen, so dass sich typischerweise kein Unterschied mehr zwischen beschränkt und unbeschränkt Steuerpflichtigen mehr ergibt. Dann kann auch ein einheitliches Regelungskonzept für beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht verfolgt werden.
247 Abzulehnen daher EuGH v. 22.04.2010, C-510/08, Mattner, BFH/NV 2010, S. 1212 ff.
Teil 6
Konturen eines Schenkungsteuergesetzes Im Folgenden werden mögliche Konturen einer eigenständigen Schenkungsteuer auf Grundlage der gefundenen Ergebnisse dargestellt.
A. Bundesschenkungsteuergesetz In einem Bundesgesetz zur Besteuerung von Schenkungen müssen die steuerbaren Vorgänge und die persönliche Steuerpflicht zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung geregelt werden. Als steuerpflichtige Vorgänge sind Zuwendungen unter Lebenden und Zuwendungen von Todes wegen, die nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erfolgen, zu normieren. Die persönliche Steuerpflicht ist allein auf die Ansässigkeit des Erwerbers zu beziehen. Zur Aufteilung des Steuersubstrates auf die einzelnen Länder, ist zu normieren, dass der Erwerber im Land, in dem er seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, unbeschränkt steuerpflichtig ist. Liegen übergehende Vermögensgegenstände in einem anderen Land – wobei der Gesetzgeber entscheiden kann, ob er dabei eine Einschränkung wie in § 121 BewG vornimmt – können die Länder, in denen die Vermögensgegenstände belegen sind, diese besteuern. Angesichts eines möglichen Informationsaustauschs zwischen den Ländern lässt sich die Berechnung wie oben1 beschrieben vornehmen, so dass jedem Land das nach seiner Regelung zustehende Steueraufkommen zukommt. Des Weiteren ist eine Frist für die Einbeziehung von Fällen der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen und Zuwendungen unter Lebenden in die Erbschaftsteuer zu normieren, da sich bei unterschiedlichen Regelungen der Länder durch Überschneidungen der Fristen Mehrfachbelastungen ergeben können. Diese Frist kann beispielsweise wie in Belgien2 drei Jahre betragen.
B. Landesschenkungsteuergesetze Die Länder können auf Grundlage des Bundesschenkungsteuergesetzes die Besteuerung von Schenkungen weiter ausgestalten. Bei den Steuerbefreiungen sind 1
Teil 5 A. V. M. Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher (Hrsg.), Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 21 Rn. 93. 2
B. Landesschenkungsteuergesetze
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die oben gefundenen Ergebnisse zu berücksichtigen, so dass es vorzugswürdig erscheint, Begünstigungen für nicht fungibles Vermögen nicht vorzusehen, sondern die Liquiditätsbelastung durch Stundungsregelungen zu mildern. Für die Höhe eines Freibetrags kann § 32a Abs. 1 EStG urbar gemacht werden, so dass das Existenzminimum in jedem Fall steuerfrei gestellt ist. Der Steuersatz kann progressiv ausgestaltet werden, doch ist dies nicht zwingend erforderlich. In diesem Fall, aber auch zur Vermeidung einer mehrfachen Inanspruchnahme des Freibetrags, ist eine Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe innerhalb eines Jahres vorzunehmen. Der Zusammenrechnungszeitraum kann dabei wiederum an der Einkommensteuer angelehnt werden, so dass alle Erwerbe innerhalb eines Jahres zusammengerechnet werden. Bei einer derart kurzen Frist erscheint eine ungleiche Besteuerung durch Begünstigung von im Ausland ansässigen beschränkt steuerpflichtigen Erwerbern nicht derart wahrscheinlich, dass hierfür Sonderregelungen vorgesehen werden müssen.
Teil 7
Ergebnis und Ausblick Diese Arbeit hat gezeigt, dass die vorherrschende Theorie einer notwendigen Ergänzung der Erbschaftsteuer durch eine Schenkungsteuer abzulehnen ist. Diese verfehlte Ergänzungstheorie führt zu vielfältigen Fehlinterpretationen. In der Finanzverfassung ist die Schenkungsteuer nicht notwendig wie die Erbschaftsteuer zu behandeln, so dass die Gesetzgebungskompetenz nicht kraft Sachzusammenhangs besteht. Auch bei der Interpretation der grundrechtlichen Vorgaben für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen fällt auf, dass die Diskussion häufig daran krankt, dass lediglich die Erbschaftsteuer betrachtet wird und die Übertragbarkeit der gefundenen Ergebnisse auf die Schenkungsteuer behauptet wird. Auch wenn einige der in dieser Arbeit vertretenen Positionen Kritik hervorrufen dürften, sollte das Verhältnis von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer künftig nicht allein auf eine Ergänzungsfunktion der Schenkungsteuer reduziert werden. Die Schenkungsteuer bedarf daher einer eigenständigen wissenschaftlichen Diskussion. Die vorliegende Arbeit versucht dazu einen Anstoß zu geben, indem die Vorzugswürdigkeit und Konturen einer eigenständigen Schenkungsteuer dargelegt wurden.
Teil 8
Zusammenfassung in Thesen 1. Steuern sind aufgrund des Steuerstaatsprinzips dem Grunde nach gerechtfertigt. 2. Einzelsteuern in ihrer konkreten Ausgestaltung lassen sich regelmäßig durch das Leistungsfähigkeitsprinzip rechtfertigen. 3. Eine Schenkungsteuer knüpft an die Steigerung finanzieller Leistungsfähigkeit an und kann somit gerechtfertigt werden. 4. Die Besteuerung des Weltvermögensanfalls im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht lässt sich bei Anknüpfung an den Erwerber, aber nicht bei Anknüpfung an den Schenker rechtfertigen. 5. Die beschränkte Steuerpflicht lässt sich wegen der territorialen Bindung zum Inland rechtfertigen. 6. Die Rechtfertigung der Besteuerung von Zweckzuwendungen ist mangels Anknüpfen an einer Leistungsfähigkeitssteigerung bei einem bestimmbaren Personenkreis zweifelhaft. De lege ferenda kann auf sie verzichtet werden. 7. Die Gesetzgebungskompetenz für die Schenkungsteuer folgt nicht aus Art. 105 Abs. 2 i.V. m. Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG. 8. Entgegen der herrschenden Meinung liegt keine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs zur Erbschaftsteuer vor. Die hierfür geltend gemachte Notwendigkeit der Ergänzung der Erbschaftsteuer zur Vermeidung einer Umgehung ist de lege lata nicht begründet und lässt sich auch im internationalen Vergleich nicht halten. 9. Es besteht keine Bundeskompetenz „kraft Unionsrechts“, da die Länder ebenso gut wie der Bund unionsrechtliche Vorgaben berücksichtigen können. 10. Es besteht ein Steuererfindungsrecht nach Art. 105 Abs. 2 GG, so dass die Erhebung einer Schenkungsteuer möglich ist. 11. Die justitiable Erforderlichkeitsklausel des Art. 72 Abs. 2 GG ist aufgrund der Verweisung in Art. 105 Abs. 2 GG auf die konkurrierende Steuergesetzgebungskompetenz anwendbar. 12. Ein abweichender Maßstab der Erforderlichkeitsklausel für die Steuergesetzgebungskompetenz ergibt sich nicht durch die Änderung des Art. 105
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Teil 8: Zusammenfassung in Thesen
Abs. 2a GG. Der Gesetzgeber hat damit nicht zu erkennen gegeben, wie viel Steuerwettbewerb er zulassen will, sondern hat die nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG fort geltende bundesgesetzliche und damit der Landeskompetenz entzogene Regelung des Grunderwerbsteuersatzes in die ausschließliche Landeskompetenz überführt. 13. Ein abweichender Maßstab der Erforderlichkeitsklausel ergibt sich nicht aus einer Gefährdung des Finanzausgleichs. Ein negativer Anreiz zu Steuersenkungen, die durch den Finanzausgleich kompensiert würden, kann durch Berücksichtigung der Soll- statt der Ist-Einnahmen vermieden werden. Art. 107 Abs. 1 Satz 4 GG, der von Einnahmen spricht, steht dem nicht entgegen, da die Erbschaft- und Schenkungsteuer als landesgesetzliche Steuer nicht in den Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 GG fällt und eine Festsetzung der Umsatzsteuerergänzungsanteile lediglich erfolgen kann, aber nicht muss, so dass Lösungsmöglichkeiten auf einfachrechtlicher Ebene zur Verfügung stehen. 14. Durch landesgesetzliche Schenkungsteuerregelungen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die zu einer erheblichen, das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigenden Auseinanderentwicklung der Lebensverhältnisse führen könnten. 15. Das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Leistungsfähigkeitsprinzip gilt auch für die Schenkungsteuer. Es verbietet aber keine Mehrfachbelastungen durch Maßnahmen mehrerer Normsetzer, da der Gleichheitssatz nur innerhalb eines Normsetzers anwendbar ist. 16. Durch Mehrfachbelastungen kann es zu einem additiven Grundrechtseingriff in Art. 14 Abs. 1 GG kommen, der nicht mehr zu rechtfertigen ist. Mehrfachbelastungen durch (unabgestimmte) Landesregelungen bedrohen daher die Rechtseinheit. 17. Zur Vermeidung von Mehrfachbelastungen sind landesgesetzliche Regelungen nicht genügend, so dass eine bundesgesetzliche Regelung der persönlichen Schenkungsteuerpflicht erforderlich ist. 18. Weitergehende bundesgesetzliche Regelungen als die Normierung der persönlichen Steuerpflicht sind zur Wahrung der Rechtseinheit nicht erforderlich. 19. Auch zur Wahrung der Wirtschaftseinheit sind keine weitergehenden Regelungen durch den Bund erforderlich. 20. Außerfiskalische Lenkungsziele können durch Steuergesetze verfolgt werden. Die Gesetzgebungskompetenz zur Verfolgung von Lenkungszielen richtet sich allein nach der Steuergesetzgebungskompetenz und nicht nach der Sachgesetzgebungskompetenz.
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21. Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG liegen auch nicht für außerfiskalische Lenkungsziele vor. Mögliche Begünstigungen oder Höherbelastungen in einem Land wirken sich wie ein geringerer Steuersatz aus und führen somit nicht zu einer die Wirtschaftseinheit bedrohenden Entwicklung. 22. Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz für den grundsätzlichen Steuergegenstand und die persönliche Steuerpflicht sowie den Zeitraum einer Einbeziehung der Schenkungsteuer in die Erbschaftsteuer bei nachfolgender Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen. Es sind keine bundesgesetzliche Regelungen der Bemessungsgrundlage, des Steuerschuldners oder der Freibeträge sowie des Steuersatzes erforderlich. 23. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz hat nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG fortgegolten. Doch hat die Reform vom 24.12.2008 nicht nur Modifikationen vorgenommen, sondern ist durch Umsetzung einer gleichmäßigen Bewertung und erst anschließender Begünstigung einzelner Vermögensarten als Neukonzeption zu qualifizieren, zu deren Umsetzung die Kompetenz des Bundes nicht bestand. Das dem Bund eingeräumte Freigabeermessen nach Art. 125a Abs. 2 Satz 2 GG hat sich wegen der Notwendigkeit der Reform aufgrund der Verfassungswidrigkeit der vorhergehenden Regelungen zu einer Pflicht verdichtet. 24. Schenkungsteuer, Erbschaftsteuer und Einkommensteuer weisen einen einheitlichen Belastungsgrund, die Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit, auf. 25. Bei einer ökonomischen Betrachtung des zivilrechtlichen Ausgangspunktes von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer lassen sich drei Gruppen unentgeltlicher Vermögensübertragungen unterscheiden: Zuwendungen unter Lebenden, Fälle der Gesamtrechtsnachfolge von Todes wegen und Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen. 26. De lege lata weist die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zahlreiche Inkonsistenzen auf, da trotz des einheitlichen Belastungsgrundes zahlreiche Vorschriften allein für Erwerbe von Todes wegen oder allein für Erwerbe unter Lebenden gelten. 27. Die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG schützt auch die Eigentumserwerbsfreiheit. 28. Es ergibt sich keine verminderte Leistungsfähigkeitssteigerung bei Vermögensübergängen im engeren Familienbereich, da es allein auf den Zuwachs an Verfügungsbefugnis bei den übergehenden Vermögensgegenständen ankommt. 29. Der Gesetzgeber kann die Belastung durch die Erbschaftsteuer nach der verwandtschaftlichen Beziehung abstufen.
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30. Bei der Schenkungsteuer darf nicht nach verwandtschaftlicher Beziehung abgestuft werden. 31. Freibeträge rechtfertigen sich bei der Erbschaftsteuer aus der Förderung von Ehe und Familie, indem der Wegfall des Erblassers als Versorger sowie eine vorherige Mitbenutzung der übergehenden Vermögensgegenstände berücksichtigt werden kann. 32. Bei Schenkungen sind Freibeträge allein aus Praktikabilitätsgründen erforderlich. 33. Fälle der Einzelrechtsnachfolge von Todes wegen sind trotz ihres Schutzes durch die Erbrechtsgarantie wie Zuwendungen unter Lebenden zu besteuern, da sie diesen weitestgehend entsprechen. 34. Um eine optimale Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen zu erreichen, ist eine Trennung der beiden Steuern erforderlich. 35. Zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer ist danach abzugrenzen, ob der Erwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt. Die damit verbundenen Gestaltungsmöglichkeiten müssen hingenommen werden, da die Trennung trotz dieses Problems eine optimalere Besteuerung erreicht. 36. Erwerbe unter Lebenden sind innerhalb eines gewissen Zeitraums in die Erbschaftsteuer einzubeziehen, um Gestaltungsmöglichkeiten zu verhindern. 37. Eine gleichheitsgerechte Bewertung des Vermögensanfalls ist möglich. 38. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung wird auch bei einer geringen Zahl tatsächlich besteuerter unentgeltlicher Vermögensübergänge nicht verletzt. 39. Für die Besteuerung von Schenkungen ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 GG die Vorgabe, dass die Besteuerung nicht derart hoch werden darf, dass sich eine Schenkung für einen wirtschaftlich denkenden Eigentümer als sinnlos darstellt. 40. Absolute Vorgaben für einzelne Vermögensarten enthält Art. 12 Abs. 1 GG, der den Fortbestand von Unternehmen sichert. 41. Ein Eingriff in die Vereinigungsfreiheit liegt durch die Schenkungsteuer nicht vor. 42. Verschonungen für einzelne Vermögensarten sind auf ihre Verhältnismäßigkeit zu überprüfen. 43. Weitgehende Verschonungen von Betriebsvermögen zum Schutz von Arbeitsplätzen und zur Verhinderung von unerwünschter Marktkonzentration sind nicht angemessen und verstoßen daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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44. Eine unterschiedliche Behandlung von beschränkter und unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, kann aber bei einem kurzen Zusammenrechnungszeitraum mehrerer Erwerbe unterbleiben. 45. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist nach derzeitigem Harmonisierungsstand in der Europäischen Union nicht auf direkte Steuern wie die Schenkungsteuer anzuwenden. 46. Grundfreiheiten sind auf direkte Steuern anwendbar. 47. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV erfasst auch unentgeltliche Vermögenstransfers. 48. Eine unterschiedliche Behandlung von beschränkter und unbeschränkter Schenkungsteuerpflicht verstößt nicht gegen Art. 63 AEUV, da sie gerechtfertigt werden kann. Bei einem kurzen Zusammenrechnungszeitraum mehrerer Erwerbe ist sie aber entbehrlich.
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Sachverzeichnis additiver Grundrechtseingriff 78, 79, 80 Allgemeinheit der Steuer 127, 128, 129 Amtshilferichtlinie 149, 170 Anrechnungsmethode 150, 152 Äquivalenzprinzip 28, 29 Auslandsbedienstete 44 Baden-Württemberg 68 Bayern 89 Belgien 26, 172 Bemessungsgrundlage 42, 69, 85, 126, 131, 143, 146 Berlin 68 Berufsausübung 132, 133, 134, 135 Berufsfreiheit 132, 133, 134, 135 Berufswahl 134, 135 beschränkte Steuerpflicht 145, 146, 154, 167, 168, 170 – Objektsteuer 42 – Rechtfertigung 41 – und Gleichheitssatz 42 Betriebsvermögen 124, 132, 136, 137, 140, 143, 144 Bewertung 85, 126, 127 Biersteuer 34, 59 Binder, Paul 50 Brandenburg 68 Bremen 68 Charta der Grundrechte 154, 155, 156, 157, 158 Dänemark 26, 53 Deutsches Reich 26 direkte Steuern 91, 159, 160, 161 Doppelbesteuerungen siehe Mehrfachbelastungen
Doppelbesteuerungsabkommen 44, 74, 82 Ehe und Familie 114, 115, 116, 117, 122, 123 Eigentumserwerbsrecht 110 Eigentumsgarantie und Schenkungen 109 Eigentumsnutzungsfreiheit 111 – und Erbrecht 112 Einkommensteuer 119, 129, 146 – Aufkommen 65 – Belastungsgrund 102 – Hebesatzrecht 65, 66, 67, 84 – kosumorientierte 32 – und Erbschaftsteuer 37 – und Schenkungsteuer 37 Einkommensteuern im weiteren Sinne 119 Einlagen 127 Einschätzungsprärogative 144 Einzelrechtsnachfolge 105, 116, 118, 121, 123, 124, 125, 150 – von Todes wegen 119, 120, 121 Entnahmen 127, 141 Entsprechungsrechte 110 Erbanfallsteuer 37, 38, 83, 101 Erbeinsetzung 103, 104, 105, 121 – mit Teilungsanordnung 104, 124 Erbrechtsgarantie 116, 120 – und Schenkungen 109 Erbschaftsteuer – Gesetzgebungskompetenz 48 – in anderen Rechtsordnungen 25 – und Einkommensteuer 37 – Verhältnis zur Schenkungsteuer 107
Sachverzeichnis Erbverzicht 24 Erforderlichkeitsklausel 62 – und Finanzverfassung 62 Ergänzungsanteile 67, 70 Ergänzungstheorie siehe Umgehungstheorie ERT-Rechtsprechung 155, 157 Ertragshoheit 61 – bei Steuererfindungsrecht 60 erweiterte beschränkte Steuerpflicht 45 erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht 43, 44 Existenzminimum 29, 119, 129, 173 Finanzausgleich 67, 69, 73 Finanzkraft 70, 73 Fiskalzwecksteuern – Rechtfertigung von 35 Föderalismus 83, 87, 88 Föderalismusreform I 63, 64, 67 Folgerichtigkeitsprinzip 34, 139 Fortgeltung nach Art. 125a Abs. 2 Satz 1 GG 98 fractional taxation 146, 148 Freibeträge 106, 117, 118, 121, 124, 128, 146, 147, 152, 153, 170, 173 Freigabepflicht 98, 99 Freistellungsmethode 150 Funktionsverlagerungen 127, 149 Gesamtrechtsnachfolge 103, 104, 116, 118, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 172 Gesetzgebungskompetenz – Annexkompetenz 49 – Bundeskompetenz kraft „Europarechts“ 90, 91, 92 – kraft Natur der Sache 49 – kraft Sachzusammenhangs 49 Gestaltungsmöglichkeiten 123, 124, 125 Gewerbesteuer 88, 89 Gewerbesteuerumlage 59, 89
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Gleichartigkeitsverbot 75 Gleichheit im Belastungserfolg 149, 152 Gleichheitssatz nur innerhalb eines Normgebers 34, 77, 84, 88 gleichwertige Lebensverhältnisse 71 Greve, Otto Heinrich 50 Grunderwerbsteuer 64, 65, 67, 68, 69, 84 Grundfreibetrag 119 Grundfreiheiten 158, 159, 160, 162, 165, 167 Grundvermögen 137 Gütergemeinschaft 25 Hamburg 68 Hebesatzrecht 65, 84 Höpker-Aschoff, Hermann 51 indirekte Steuern 145, 159, 160 Inländerdiskriminierung 147, 148, 170 Island 26 Kapitalverkehrsfreiheit 160, 164, 166, 167 – und Schenkungsteuer 161 Kapitalverkehrsrichtlinie 162, 163, 164 Kopfsteuerprinzip 28 Landessteuern 67, 69 Leistungsfähigkeit – als Verwirklichung von Bedürfnisbefriedigung 32 – als Verwirklichung von Mittelerwerb 31 – Anknüpfungspunkte 31 Leistungsfähigkeitsprinzip 27, 28, 29, 77 – als Rechtfertigungsgrund 34 – Herkunft 27 – Inhalt 31 Lenkungsnormen 92 – Gesetzgebungskompetenz 94 – und Steuerbegriff 93 Litauen 26 Luzern 25
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Sachverzeichnis
Markteinkommenstheorie 32, 35 Mecklenburg-Vorpommern 68 Mehrfachbelastungen 74, 75, 78, 86, 172 – Verbot von 77 Mexiko 26 Mindesthebesatz 89 Nachlasssteuer 37, 53, 83, 101 Neukonzeption 65, 98, 99 Niederlande 124 Niedersachsen 68 Nordrhein-Westfalen 68 Normenkollisionen 75 Norwegen 26 örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern 66, 85 Österreich 73, 89 Progression 105, 122, 151, 154, 173 Progressionsvorbehalt 26, 148 Quellentheorie 32 Rechtfertigung der Schenkungsteuer – durch Leistungsfähigkeitsprinzip 27 – durch Umgehungstheorie 23 – Notwendigkeit der 22 Rechtszersplitterung 74, 75, 80, 83 Reinvermögenszugangstheorie 25, 32, 119 Rheinland-Pfalz 68 Rumänien 25 Saarland 68 Sachbezug 130 Sachsen-Anhalt 68 Schadensersatzansprüche 127 Schenkung 103 – auf den Todesfall 103, 104, 120, 124 Schenkungsteuer – als Verkehrsteuer 54
– Aufkommen 90 – Gesetzgebungskompetenz 48 – Rechtfertigung siehe Rechtfertigung der Schenkungsteuer – und andere Rechtsordnungen 25 – und Einkommensteuer 37 – Verhältnis zur Erbschaftsteuer 107 Schleswig-Holstein 68 Schweiz 25, 82, 90 Spanien 92 Steuerbefolgungskosten 87 Steuererfinder 61 – Ertragshoheit des 60 Steuererfindungsrecht – Bestehen 55 – Ertragshoheit 58 Steuerkraft 67, 69, 70 Steuerquelle 33, 34, 42 Steuerstaatlichkeit 22 Steuerwettbewerb 64, 65, 66, 67 Territorialitätsprinzip 169, 170 Testamentserbe 116 Testierfreiheit 116, 119 Thüringen 68 Typisierung 116, 118, 120, 122, 150, 154 Typisierungsbefugnis 44, 45, 170 übermäßige Gesamtbelastung 78 übliche Gelegenheitsgeschenke 128, 129 Umgehungstheorie 25, 27, 123 – Begriff 23 – Umsetzung im geltenden Recht 24 – und andere Rechtsordnungen 25 Umsatzsteuer 32, 35, 58, 70, 76, 78 – Aufkommen 67 unbeschränkte Steuerpflicht 145, 146, 154, 167, 168, 170 – Anknüpfung an den Schenker 40 – Inländereigenschaft des Erwerbers 39 – Rechtfertigung 39 ungerechtfertigte Bereicherung 127
Sachverzeichnis Verbrauchsteuern 59, 76 verdeckte Gewinnausschüttungen 127 Vereinigungsfreiheit 135, 136 Vermächtnis 103, 104, 119, 120, 124 – Quoten- 104 – und Kapitalverkehrsrichtlinie 162 Vermögensteuer 32, 36, 59 Versorgungsfreibetrag 118 Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall 103 Wachauf-Rechtsprechung 155, 157 Wahrung der Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse 73 Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse 86 – und Mehrfachbelastungen 86
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– und Steuerbefolgungskosten 87 – und Wanderungsbewegungen 89, 90 – und Wettbewerbsverzerrungen 87, 88 Wanderungsbewegungen 72, 73, 89, 90 Weltvermögensprinzip – Inhalt 39 – Rechtfertigung 39, 40, 44 Wettbewerbsverzerrungen 87, 88 – durch Wanderungsbewegungen 89 Wohnsitzstaat 150, 151, 152, 153, 168 Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe 106 Zusammenrechnungszeitraum 151, 152, 170, 171, 173 Zweckzuwendungen 45, 46, 47
SUMMARY In scientific research the gift tax is mostly described as an amendment to the inheritance tax without any further explanation. In actual fact, though, the gift tax exceeds the function of an amendment. It is an independent tax, needs an independent justification and requires a self-contained legal arrangement. For this purpose, and in order to analyse a differentiation to the inheritance tax, the characteristics of the gift tax are reviewed. Starting point is an independent justification of the gift tax by the ability-to-pay-principle. The legislative competence of the gift tax does not follow the legislative competence of the heritage tax, but is based on the right to invent new taxes. Because of the clause of necessity in art. 72 para. 2 Grundgesetz (Basic Law), the Federation has only the legislative power concerning the basic rules of the subject matter of the gift tax. All other rules have to be legislated by the single federal states. The guarantee of the right to inherit contains guidelines for the inheritance tax. The guarantee of the right to inherit cannot be assigned to the gift tax, because the gift tax can only be subject of the guarantee of property. The differentiation in taxation according to the relation with partial high tax-exempt amounts is not considered. At the end, the influences of the right of the European Union are reviewed and the outline of a gift tax act is drafted.
RÉSUMÉ L’impôt sur les donations entre vivants est souvent considérée dans les publications scientifiques comme une simple extension de l’impôt sur les successions sans analyse particulière. Néanmoins, l’impôt sur les donations entre vivants dépasse cette pure fonction d’extension. C’est un impôt indépendant, qui a besoin d’une justification autonome et aussi d’une règlementation dans une loi dédiée. Les particularités de l’impôt sur les donations entre vivants seront examinées en analysant les différences par rapport à l’impôt sur les successions. Cela commence par une justification autonome de l’impôt sur les donations entre vivants du principe de l’efficacité. La compétence législative de l’impôt sur les donations entre vivants ne correspond pas à l’impôt sur les successions, mais dépend de la loi de la détermination des taxes. En raison de la clause de nécessité de l’article 72 II du Grundgesetz (loi fondamentale), le Bund (l’état fédéral) a seulement le droit de définir les objets de la taxe élémentaire, tandis que les Länder peuvent définir les règles plus étendues. Les prescriptions constitutionnelles de la garantie du droit de succession concernant l’impôt sur les successions ne peuvent pas être retransmises sur l’impôt sur les donations entre vivants, car en cas de don, seule la garantie de propriété est concernée. Les importantes exonérations d’impôt en raison de l’existence de lien de parenté n’est pas applicable non plus. Finalement nous examinerons les influences du droit européen et esquisserons les contours du droit de l’impôt sur les donations entre vivants.