Schelling-Studien: Internationale Zeitschrift zur klassischen deutschen Philosophie 9783495999578, 9783495466094


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Table of contents :
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I. Aufsätze
»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«. Zu Funktion und Bedeutung von ›Potenz‹ in der Darstellung meines Systems von 1801
Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?
Schelling und Correggio Erfahrung in der Dresdner Gemäldegalerie und die literarische Rezeption
The Freedom Essay as an Inventive Apologia of Schelling’s System against Friedrich Schlegel’s Anti-Pantheist and ‘Heresy-Hunting’ Criticism
The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling
II. Schwerpunkt: Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften. Zum 450. Geburtstag von Johannes Kepler
Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften. Zur Einführung in den Schwerpunkt zu Schelling und Kepler
Kepler als Physiker vor der Physik
Schelling über Kepler. Der Naturwissenschaftler als Genie
III. Berichte
Zur Aktualität der Naturphilosophie um 1800. Lebensähnliche Technologien und die philosophische Frage nach dem Natur-Technik-Verhältnis
Zum Tode von István M. Fehér
IV. Rezensionen
Beiträger*innen
Siglen
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Schelling-Studien: Internationale Zeitschrift zur klassischen deutschen Philosophie
 9783495999578, 9783495466094

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Schelling-Studien

Internationale Zeitschrift zur klassischen deutschen Philosophie

Herausgegeben von Lore Hühn | Philipp Höfele Philipp Schwab | Paul Ziche im Auftrag der Internationalen Schelling-Gesellschaft

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Herausgegeben von Lore Hühn (Freiburg), Philipp Höfele (Berlin/Penn State), Philipp Schwab (Freiburg) und Paul Ziche (Utrecht) im Auftrag der Internationalen Schelling-Gesellschaft Wissenschaftlicher Beirat Christoph Binkelmann (München), István M. Fehér (†), Dina Emundts (Berlin), Franck Fischbach (Paris), Mildred Galland-Szymkowiak (Paris), Thomas Leinkauf (Münster), Gregory Moss (Hongkong), Vicki Müller-Lüneschloß (München), Ernst-Otto Onnasch (Amsterdam), Peter L. Oesterreich (Ulm), Tanehisa Otabe (Tokio), Anders Moe Rasmussen (Aarhus), Jesper Lundsfryd Rasmussen (Odense), Petr Rezvykh (Moskau), John Sallis (Boston), Claus-Artur Scheier (Braunschweig), Andreas Schmidt (Jena), Alexander Schnell (Wuppertal), Mark J. Thomas (Pella), Francesco Tomatis (Fisciano), Jason Wirth (Seattle), Günter Zöller (München)

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Schelling-Studien

Internationale Zeitschrift zur klassischen deutschen Philosophie

Herausgegeben von Lore Hühn | Philipp Höfele Philipp Schwab | Paul Ziche im Auftrag der Internationalen Schelling-Gesellschaft

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

The international journal Schelling-Studien offers a forum for scholarly work on Schelling’s philosophy and for overarching questions of Idealism and its impact. It brings together current international contributions to research in German, English, French and Italian. Besides an open section for contributions, some volumes contain a thematic focus section. The section ‘documents’ occupies an important role. This section contains reports on newly discovered documents on Schelling’s philosophy as well as shorter historical documents. Every volume is rounded off with reviews of the most important recent international publications. The journal Schelling-Studien is complemented by the series Beiträge zur Schelling-Forschung. The ninth volume of Schelling-Studien contains, in addition to contributions from international research, texts on F. W. J. Schelling and J. Kepler, held on the occasion of the latter’s 450th birthday in 2021, as well as a report on the ‘Actuality of the Philosophy of Nature around 1800’. The volume concludes with reviews of recent international publications. The Editors Lore Hühn, Professor of Philosophy at Freiburg University. President of the International Schelling Society. Philipp Höfele, Postdoctoral Researcher at the Institute of Philosophy at Freie Universität Berlin and Visiting Scholar at the Department of Philosophy at Pennsylvania State University. Philipp Schwab, Professor of Philosophy at Freiburg University. Member of the International Schelling Society’s Advisory Board. Paul Ziche, Professor of Philosophy at Utrecht University. Member of the International Schelling Society’s Advisory Board.

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Die internationale Zeitschrift Schelling-Studien bietet ein Forum für wissenschaftliche Arbeiten zur Philosophie Schellings und für übergreifende Fragestellungen des Idealismus und seiner Wirkungsgeschichte. Sie versammelt aktuelle internationale Beiträge der Forschung in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache. Neben einer offenen Sektion werden auch Beiträge zu thematischen Schwerpunkten präsentiert. Eine wichtige Rolle nimmt die Rubrik „Dokumente“ ein. Hier werden Berichte über neu entdeckte oder erschlossene Dokumente zur Philosophie Schellings abgedruckt und kürzere historische Dokumente publiziert. Rezensionen der wichtigsten internationalen Neuerscheinungen runden jeden Band ab. Die Zeitschrift Schelling-Studien wird ergänzt durch die Reihe Beiträge zur Schelling-Forschung. Der neunte Band der Schelling-Studien enthält neben Beiträgen aus der internationalen Forschung Texte zu F. W. J. Schelling und J. Kepler, die anlässlich des 450. Geburtstags des letzteren im Jahr 2021 gehalten wurden, sowie einen Bericht zur „Aktualität der Naturphilosophie um 1800“. Rezensionen von internationalen Neuerscheinungen runden den Band ab. Die Herausgeber:innen Lore Hühn, Professorin für Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Präsidentin der Internationalen Schelling-Gesellschaft. Philipp Höfele, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin und Visiting Scholar am Department of Philosophy der Pennsylvania State University. Philipp Schwab, Professor für Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Mitglied des Beirats der Internationalen Schelling-Gesellschaft. Paul Ziche, Professor für Philosophie an der Universität Utrecht. Mitglied des Beirats der Internationalen Schelling-Gesellschaft.

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Anschrift der Redaktion Sören Wulf, M.A. Philosophisches Seminar Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Platz der Universität 3 D–79085 Freiburg i. Br. [email protected]

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-495-46609-4 (Print) ISBN 978-3-495-99957-8 (ePDF) ISSN 2196-4521

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1. Auflage 2022 © Verlag Karl Alber – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Baden-Baden 2022. Gesamtverantwortung für Druck und Herstellung bei der Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks von Auszügen, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei). Printed on acid-free paper. Besuchen Sie uns im Internet verlag-alber.de https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Vorwort

Der neunte Band der Schelling-Studien präsentiert Beiträge von Forscher*innen aus sieben Nationen. Schellings Philosophie wird in diesem Band anhand von Debatten präsentiert, insbesondere in Auseinandersetzung mit Friedrich Schlegel, aber auch im Ausgang von einzelnen Texten Schellings. Hierbei werden unterschiedliche Disziplinen wichtig – u. a. Theologie, Kunstgeschichte, Literatur, Physik und Wissenschaftsgeschichte. Beides, die Einbettung in eine Debattenkultur und die interdisziplinären Perspektiven, kennzeichnen das Werk Schellings, legen aber auch Zeugnis ab von der Lebendigkeit der aktuellen Schelling-Forschung. Obgleich auch in diesem Jahr die Covid-19-Pandemie Auswirkungen auf die international geplanten Präsenz-Veranstaltungen zu Schelling hatte, beweist dieser Band damit auch, dass selbst in Pandemiezeiten produktiv und in internationaler Interaktion die Forschung vorangetrieben werden kann. Der aktuelle Band gliedert sich in vier Sektionen. Die thematisch offene, erste Sektion widmet sich dem schellingschen Werk ab seiner sogenannten ›Identitätsphilosophie‹ bis hin zur späten Philosophie der Offenbarung. Dabei werden neue Konstellationen und Bezüge zu anderen, nicht nur philosophischen Autoren aufgezeigt. In Fortführung einer Darstellung des schellingschen Potenzenbegriff 1799/ 1800 im vorangegangenen Band der Schelling-Studien eröffnet Stefan Gerlach den aktuellen Band mit einem Beitrag zur Funktion und Bedeutung des Begriffs der ›Potenz‹ in der Darstellung meines Systems von 1801. Ausgehend von einer Bemerkung Friedrich Schlegels zum ›Schellingschen Syllogismus‹ innerhalb des Manuskriptkonvoluts Philosophische Lehrjahre aus den Jahren 1803 bis 1807 geht Martin Walter sodann der Bedeutung des Terminus ›Syllogismus‹ in Schellings Jenaer Zeit nach. Dazu wird nicht nur auf die sich von Aristoteles herschreibende Tradition zurückgegangen, sondern es werden auch Kants und Fichtes Auffassungen des Syllogismus sowie Bemerkungen Hardenbergs, Troxlers und Hegels zu diesem Konzept VII https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Vorwort

in ihrer möglichen Bedeutung für Schellings Verwendung des Terminus berücksichtigt. Schellings Kunstphilosophie wendet sich sodann Sakura Yahata zu. Sie zeichnet unter anderem den Einfluss von Schellings Besuch der Dresdner Gemäldegalerie 1798 auf die Ausarbeitung seiner Kunstphilosophie in Jena und Würzburg nach. Ljudevit Fran Ježić interpretiert in dem sich anschließenden Beitrag Schellings Freiheitsschrift von 1809 als eine Verteidigung seines philosophischen ›Systems‹ gegen Friedrich Schlegels antipantheistische Thesen. Der letzte Beitrag dieser ersten Sektion von Sean McGrath wirft schließlich noch einen Blick auf Schellings Spätphilosophie, ausgehend von der bereits in der Freiheitsschrift sich abzeichnenden ›theologischen Anthropologie‹. Der damit einhergehende ›nicht-dialektische Personalismus‹ wird insbesondere als gegen Hegels Ansatz gerichtet verstanden, indem er die Türen zu späteren Denkern wie Kierkegaard, Jung und Levinas aufstoße. Der in der zweiten Sektion präsentierte »Schwerpunkt« des aktuellen Bandes beinhaltet zwei Beiträge zum Verhältnis Schelling – Kepler. Diese gingen aus einer Online-Veranstaltung hervor, die am 22. Januar 2021, fünf Tage vor Schelling Geburtstag, anlässlich des 450. Geburtstages von Johannes Kepler stattfand. Leonberg bildete das Zentrum dieser Veranstaltung – Schelling als Sohn der Stadt und Kepler, der sich, obwohl nicht in Leonberg geboren, immer wieder mit Leonberg identifizierte, gehören zu den großen Persönlichkeiten der Leonberger Stadtgeschichte. Im Anschluss an ein kurzes, in den Schwerpunkt einführendes Vorwort folgt zunächst ein Beitrag des Astrophysikers Matthias Bartelmann. Als Experte auf dem Gebiet der modernen Astrophysik sucht der Autor den wissenschaftlichen Beitrag Keplers in dessen 1619 publizierten Buch Harmonices Mundi als denjenigen eines ›Physikers vor der Physik‹ zu würdigen, insofern grundlegende Denkweisen der modernen Physik nach wie vor auf den von Kepler formulierten Prinzipien beruhen. Den Bogen zu Schelling spannt sodann der Beitrag von Paul Ziche, ausgehend von Schellings Charakertisierung von Johannes Kepler anhand des im 18. Jahrhundert breit diskutierten ›Genie‹-Begriffs. Die dritte Sektion, »Berichte«, enthält die Darstellung eines Projektes, das nach der Aktualität der Naturphilosophie um 1800 und insbesondere derjenigen Schellings fragt. Innerhalb des Freiburger Exzellenzclusters »Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS)«, das sich der Entwicklung lebensähnlicher Technologien widmet, stellt sich nämlich die Frage, inwiefern die traVIII https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Vorwort

ditionelle Natur-Technik-Dichotomie einer Revision unterzogen werden muss. Das von Lore Hühn, Oliver Müller und Philipp Höfele verfolgte philosophisch-ethische Projekt innerhalb der Area D des Exzellenzclusters sucht diese Frage zu beantworten, indem es auf in der Gegenwart vernachlässigte holistische Traditionen der Naturphilosophie um 1800 zurückgeht. Die Sektion schließt mit einem Nachruf von Wilhelm G. Jacobs auf den hochverdienten ungarischen Philosophen und Schelling-Forscher István M. Fehér, der im Juni dieses Jahres von uns gegangen ist. In der vierten und letzten Sektion »Rezensionen« werden schließlich internationale Neuerscheinungen aus dem Bereich der klassischen deutschen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte besprochen: Den Anfang macht die Monographie von Philipp Höfele zu dem Thema Wollen und Lassen: Zur Ausdifferenzierung, Kritik und Rezeption des Willensparadigmas in der Philosophie Schellings, die erstmals umfassend die Konzepte des Willens und Wollens in Schellings Werk untersucht (Jason Wirth). Der bei Oxford University Press erschienene Sammelband Schelling’s Philosophy: Freedom, Nature, and Systematicity, herausgegeben von Anthony Bruno, sucht einem internationalen Publikum Schellings Werk zu erschließen (Marco Dozzi). Ähnliches gilt für die 2019 erschienene Übersetzung von Schellings erstem Weltalter-Fragment von 1811, das Joseph P. Lawrence damit erstmals – begleitet von einer ausführlichen Einleitung – auf Englisch zugänglich macht (David Farrell Krell). Es schließt sich eine Rezension von Ryan Scheerlincks Buch Gedanken über Religion. Der ›stille Krieg‹ zwischen Schelling und Schleiermacher (1799–1807) an (Andreas Arndt). Den Abschluss macht eine Rezension des von David Jones herausgegebenen Buches The Philosophy of Creative Solitudes, das von der Arbeit eines der wichtigsten amerikanischen Schelling-Forschers der Gegenwart angeregt ist und diesen zu ehren sucht, nämlich David Farrell Krell (Jan Kerkmann). Für den zehnten Band 2022 bitten die Herausgeber*innen erneut um Einreichungen zu allen Sektionen – insbesondere auch für die Bereiche »Dokumente« und »Berichte«, die über aktuelle internationale Entwicklungen in der Schelling-Forschung informieren möchten. Die Einreichungsfrist ist der 31. März 2022; die Einrichtungsregeln sind bei der Redaktion erhältlich. Abgedruckt werden Beiträge in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache. Alle Einreichungen werden in einem anonymen Peer Review-Verfahren von IX https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Vorwort

zwei Gutachter*innen bewertet. Ausdrücklich erwünscht sind Manuskripte, die nicht exklusiv auf Schellings Philosophie beschränkt sind, sondern zugleich weitere philosophische Kontexte und Debatten einbeziehen. Allen an der Entstehung des Bandes Mitwirkenden möchten die Herausgeber*innen ganz herzlich danken: allen voran den Gutachter*innen, die im anonymen Peer Review-Prozess wiederum entscheidend an der wissenschaftlichen Qualitätssicherung der Zeitschrift mitgewirkt haben. Unser Dank gilt des Weiteren der Internationalen Schelling-Gesellschaft (Leonberg) sowie, für die großzügige finanzielle Unterstützung, dem Freiburger Exzellenzcluster livMatS (gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC-2193/1 – 390951807). Für die Unterstützung bei der Korrektur und Einrichtung der Beiträge danken die Herausgeber*innen schließlich nachdrücklich James Fisher, Jan Kerkmann, Daniel Kulse, Moritz May, Philip Penew, Lena Rudolph und Hannah Schey. Die Herausgeber*innen Lore Hühn (Freiburg) Philipp Höfele (Berlin/Penn State) Philipp Schwab (Freiburg) Paul Ziche (Utrecht)

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Inhalt

I. Aufsätze Stefan Gerlach (Tübingen) »Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze« Zu Funktion und Bedeutung von ›Potenz‹ in der Darstellung meines Systems von 1801 . . . . . . . . . . . . Martin Walter (Kirchseeon) Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

3

. . . . . . . . . . . .

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Sakura Yahata (Cambridge/Tokyo) Schelling und Correggio Erfahrung in der Dresdner Gemäldegalerie und die literarische Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . .

55

Ljudevit Fran Ježić (Zagreb) The Freedom Essay as an Inventive Apologia of Schelling’s System against Friedrich Schlegel’s Anti-Pantheist and ‘Heresy-Hunting’ Criticism . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sean McGrath (St. John’s) The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling . . . .

111

II. Schwerpunkt: Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften Zum 450. Geburtstag von Johannes Kepler Paul Ziche (Utrecht) Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften Zur Einführung in den Schwerpunkt zu Schelling und Kepler .

151

XI https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Inhalt

Matthias Bartelmann (Heidelberg) Kepler als Physiker vor der Physik . . . . . . . . . . . . . . Paul Ziche (Utrecht) Schelling über Kepler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Naturwissenschaftler als Genie

155 175

III. Berichte Philipp Höfele (Berlin/Penn State), Oliver Müller (Freiburg) und Lore Hühn (Freiburg) Zur Aktualität der Naturphilosophie um 1800 Lebensähnliche Technologien und die philosophische Frage nach dem Natur-Technik-Verhältnis . . . . . . . . . . . . .

201

Wilhelm G. Jacobs (München) Zum Tode von István M. Fehér . . . . . . . . . . . . . . . .

207

IV. Rezensionen Beiträger*innen

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XII https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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I. Aufsätze

https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze« Zu Funktion und Bedeutung von ›Potenz‹ in der Darstellung meines Systems von 1801 Stefan Gerlach (Tübingen)

Abstract With the Presentation of my System of Philosophy from 1801 a new phase begins in Schelling’s philosophical work. With the hereby established philosophy of identity a new concept of ‘potency’ (Potenz) is introduced, which plays a central role in the system by differentiating the absolute. The aim of this article is to present this concept of potency in the context of the metaphysical structure underlying the philosophy of identity in its first form.

I. Einleitung Mit der Darstellung meines Systems der Philosophie von 1801 beginnt eine neue Werkphase in Schellings philosophischem Schaffen, die Schellings Schriften bis 1806 umfasst. 1 Innerhalb dieser Werkphase kommt der initialen Schrift von 1801 besondere Bedeutung zu; nicht nur, dass hier zum ersten Mal der Gedanke der durchgängigen Identität des Seienden umfassend entwickelt wurde, sondern auch, dass Schelling in späteren Werken immer wieder auf diese im Sinne einer exemplarischen Schrift zurückverweist. 2 Der Aufsatz entstand innerhalb eines von der DFG geförderten Forschungsprojekts, das Schellings Philosophie der Potenzen als Ganze zum Gegenstand hat. Er schließt thematisch und chronologisch an Untersuchungen zu Schellings erstem Gebrauch des Potenzbegriffs in der Naturphilosophie und seine Transformation im System des transzendentalen Idealismus an, von welchen eine zusammenfassende Darstellung in den Schelling-Studien 8 publiziert wurde (vgl. Gerlach 2020). Eine Vorversion der Abhandlung wurde im Forschungskolloquium von Ulrich Schlösser zur Diskussion gestellt, wodurch sie wertvolle Präzisierungen erhielt. 2 Vgl. z. B. Freiheitsschrift, in der er sie »[d]ie einzige wissenschaftliche Darstellung seines [= Schellings, S. G.] Systems« (AA I,17, 27) nennt; entsprechend Zur Ge1

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Stefan Gerlach

Zu dem neuen Ansatz der Darstellung meines Systems gehört auch ein neues Konzept von ›Potenz‹, das in der Ausdifferenzierungsfunktion des Absoluten eine zentrale Rolle spielt, und das Schelling mit weiteren begrifflichen Bestimmungen, die teils in früheren Schriften bereits etabliert waren, im naturphilosophischen Teil der Darstellung von 1801 kombiniert. Aufgabe der gegebenen Untersuchung ist es, Schellings hier gebrauchtes Begriffsfeld von ›Potenz‹ im Kontext des metaphysischen Grundkonzepts der Identitätsphilosophie in ihrer ersten Fassung und dem in ihr ausgeführten allgemeinen Teil der Naturphilosophie darzustellen. Hierzu wird zunächst der neue metaphysische Ansatz von 1801 herausgearbeitet (II.), sodann die Stellung der Potenzbegriffs in ihm analysiert (III.) und abschließend (IV.) dessen Anwendung im naturphilosophischen Teil dargestellt. Hierbei werden auch Schellings begriffliche Neuerungen der Darstellung von Potenzen mit hochgestelltem Exponenten und der Begriff eines ›Potenzlosen‹ erörtert und terminologische Schwierigkeiten, die sich bei der Übertragung der formelhaften Ausdrücke für Potenzen in die Naturphilosophie zeigen, diskutiert.

II. Die Grundkonzeption des Identitätssystems Kerngedanke der Identitätsphilosophie, wie Schelling ihn in der ›Vorerinnerung‹ zur Darstellung meines Systems darlegt, ist es, dass Natur- und Transzendentalphilosophie ein gemeinsames System als Zentrum zugrunde liege, von welchem die in den Schriften der Jahre zuvor entwickelten Komplementärwissenschaften des Geistes und der Natur ihrerseits nur verschiedenartige je einseitige Darstellungen sind, und dass dieses bisher nur postulierte, nicht aber entfaltete gemeinsame System in der Identitätsphilosophie zur Darstellung ge-

schichte der neueren Philosophie, SW X, 147: die einzige »Darstellung der Identitätsphilosophie, […], welche der Urheber als die streng wissenschaftliche von jeher anerkannt hat«. Hinzu kommt, dass Schellings vielfältige Ausführung der Identitätsphilosophie bis 1806 trotz des gleichbleibenden metaphysischen Grundansatzes begrifflich stark variiert, so dass werkübergreifende begriffliche Untersuchungen mit großen Schwierigkeiten behaftet sind.

4 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

bracht werden soll. 3 Dieses nennt Schelling im Gegensatz zum System des Idealismus und der Naturphilosophie nun »mein System der Philosophie« (AA I,10, 112) und betitelt es mit dem Namen eines »absolute[n] Identitäts-System[s]« (AA I,10, 115). Damit ist auch bereits eine Hauptbedeutung des Identitätsgedankens erläutert: Zwischen »Natur- und Transscendentalphilosophie […] als [den] entgegengesetzte[n] Pole[n] des Philosophirens« (AA I,10, 110) liegt als deren gemeinsame Mitte der Bereich dessen, das mit beiden (und sich selbst) identisch ist. Die gemeinsame Mitte ist demnach nicht lediglich die Schnittmenge von Sphären, die an sich doch verschiedenartige Seinsbereiche umfassen. Sondern Schelling meint damit die tatsächliche ontologische Einsheit im Sinne strenger Identität dieser Bereiche, die lediglich perspektivisch-epistemisch und methodologisch auf verschiedene Weise wissenschaftlich zugänglich und darstellbar sind. Schelling nennt diesen Bereich auch: »die absolute Vernunft« (AA I,10, 116) bzw. schlicht: »das Absolute« (AA I,10, 117). 4 Schelling demonstriert den erläuterungsbedürftigen Gedanken der Identität am Modell einer Linie, bei welcher von einem beliebigen Punkt aus die Erstreckungen nach beiden Seiten sich als zwei Pole auffassen lassen, die sich in jenem Punkt neutralisieren, genauer gesagt: die in jenem Punkt zur Indifferenz gebracht werden; 5 er nennt »diese Linie die Grundformel unsers ganzen Systems« (AA I,10, 140). Als Hintergrund für dieses Modell einer Linie dienen sowohl die Theorie des Hebels (bzw. das Beispiel der Balkenwaage), bei welchem im Schwerpunkt die gesamte Masse als vereint gedacht werden kann, und dessen beide Seiten entweder in relativem Übergewicht Ich beschränke die Darstellung auf die werkimmanente Stellung des Identitätssystems in Bezug auf die direkten Vorgängerschriften und verweise für die interessante Frage nach externen Einflüssen auf die Entfaltung des Identitätsgedankens durch Fichte, Reinhold und Bardili auf Lauth 1975, insbes. 150–157; zum Einfluss des Briefwechsels Fichte-Schelling 1800/1801 zudem auf Baumgartner/Korten 1996, 84–87 und Schmied-Kowarzik 2015, 102–114. 4 ›Das Absolute‹ in der Nominalform ist eine außerordentlich wirkungsreiche begriffliche Neuerung Schellings an dieser Stelle. Zur Begriffsgeschichte vgl. erhellend Jaeschke/Arndt 2012, 338 f. 5 Rang 2000, 2, weist darauf hin, dass die Ausdrücke der Indifferenz und Identität, die dem Wortsinn nach dasselbe bedeuten, wobei Indifferenz nur negativ ausdrückt, was Identität positiv sagt, in der Darstellung von 1801 von Schelling synonym gebraucht werden und Schelling erst in späteren Schriften, namentlich dem sogenannten ›Würzburger System‹ von 1804, hier eine systematisch bedeutungsvolle terminologische Trennung durchführt. 3

5 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Stefan Gerlach

zueinander stehen oder sich im Indifferenzpunkt ausgleichen. Den Begriff des ›Indifferenzpunkts‹ entlehnt Schelling eben diesem naturwissenschaftlichen Modell; tatsächlich bezeichnet er ihn in der Darstellung auch als »Gleichgewichtspunct« (AA I,10, 139). 6 Andererseits ist es das Vorbild des bipolaren Stabmagneten, dem bereits in der Naturphilosophie die Dimension der Linie entsprochen hatte und bei welchem sich nicht nur gleichfalls beide Pole im Mittelpunkt ausgleichen, sondern bei welchem die Bipolarität zudem in jedem Punkt des als Linie gedachten Stabes enthalten ist: »in jeder […] Stelle des Magnets [ist] wieder der ganze Magnet« (AA I,10, 156); ausdrücklich verweist Schelling dabei auf die »Coincidenz des Magnets mit der […] construirten Linie« (AA I,10, 153). Schelling versteht in diesem Modell einer bipolaren Linie nun den einen Pol als die Seite, in der sich perspektivisch das Subjekt (oder die Idealität und das Erkennen) findet, den anderen als die Seite, in der das Objekt (oder die Realität und das Sein) aufscheint. Darin spiegelt sich die wissenschaftssystematische Voraussetzung der beiden Komplementärwissenschaften von Natur und Geist wider, die perspektivisch je von ihrem Pol aus auf das Ganze blicken. Dabei ist einerseits ontologisch die gesamte Linie der Seinsbereich der Identität, während es perspektivisch der Bereich des Zentrums ist, welches das Gemeinsame beider ist. Es ist der Bereich, in dem Erkennen und Sein auch perspektivisch zur Deckung kommen, in dem also das System des Wissens und der Vernunft situiert ist – der Vernunft, wie es Schelling definitorisch im ersten Paragrafen der Darstellung festlegt, »insofern sie als totale Indifferenz des Subjectiven und des Objectiven gedacht wird« (AA I,10, 116). Wie Fichte begründet Schelling dabei die Identität der Vernunft nicht nur über das im Erkennen stattfindende Zusammenkommen des Subjektiven und des Objektiven, sondern findet diese Sichselbstgleichheit der Vernunft formal in ihrem obersten Grundsatz, dem Satz der Identität, kurz ›A = A‹, wieder, insofern sich das A vor dem Gleichheitszeichen als Subjekt, das A hinter dem Gleichheitszeichen als Objekt interpretieren lässt (vgl. AA I,10, 124). 7 In die logische Form des Urteils, als dem Medium der Erkenntnis, Zu den naturwissenschaftlichen Modellen als Hintergrund zur Linien-Darstellung des Identitäts-Systems vgl. erhellend Ziche 1996, 204–224. 7 Für Fichte ist das A = A zunächst eine formale Explikation der Selbstsetzung des Ich bzw. des ›Ich bin Ich‹ als erstem Grundsatz der Philosophie (vgl. GA I,2, 140), worin Schelling in seinen Frühschriften Fichte auch gefolgt ist. Vgl. AA I,1, 280 f. u. AA I,2, 102. Vgl. hierzu Schwab 2017, 269 f. u. 275 f. 6

6 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

übertragen, bedeutet das A links des Gleichheitszeichens das grammatische Subjekt, das A rechts das Prädikat (vgl. AA I,10, 118). 8 Mit der hiermit einhergehenden Struktur von Erkennen und Urteilen soll gewährt sein, dass die Identität nicht lediglich ein blindes, bewusstloses Sein bezeichnet, sondern dass gemäß idealistischen Voraussetzungen die Identität im Zentrum des Systems eine ist, welche, wie Schelling im § 19 formuliert, »nur unter der Form des Erkennens ihrer Identität mit sich selbst« (AA I,10, 124) sich vollzieht. In dieser Selbsterkenntnis ist die aus Schellings Frühschriften bekannte und von Fichte entlehnte Selbstsetzung als Subjekt und Objekt und die Reflexionsstruktur des Bewusstseins als Selbstbewusstsein enthalten.

III. Potenzen innerhalb des ontologischen Grundschemas des Identitätssystems Von dieser hier nur grob skizzierten Grundveranlagung des Identitätssystems in seiner ersten Fassung in den §§ 1–50 der Darstellung meines Systems aus, die den allgemeinen Teil dieser Philosophie enthalten, lässt sich nun die systematische Bedeutung der Potenzen in ihr näher bestimmen, die ganz wesentlich mit der Frage zusammenhängt, wie im dargestellten System der Identität und Einheit wiederum Differenz und Vielheit möglich sein soll. Ein zentraler Gedanke hierbei ist, dass zwar Subjekt und Objekt substanziell und qualitativ Eines sein sollen, dass es innerhalb dieser Einheit aber dennoch quantitative Unterschiede geben müsse in Hinsicht auf die Pole der Subjektivität und Objektivität, da sonst alles unterschiedslos in der indifferenten Einheit verbliebe. »Differenz, mithin Unterscheidung beider«, so Schellings entscheidende Überlegung in diesem Punkt, »könnte nur dadurch möglich werden, daß entweder überwiegende Subjectivität, oder überwiegende Objectivität gesezt würde, wodurch dann das A = A in ein A = B (B als BeSchelling unterscheidet im Übrigen nicht streng zwischen Objekt und Prädikat: Vgl. hierzu AA I,10, 125, wo er im § 23 von A als Subjekt und Objekt spricht und dabei auf den § 6 zurückverweist, in welchem vom Objekt gar keine Rede ist, sondern lediglich A als Subjekt und Prädikat genannt wird. Frank 2018, 122–127 weist aber darauf hin, dass Schelling die Unterscheidung von Wesen und Form der Identität so versteht, dass die Form sich im Urteil der Prädikation ausspricht, sich also auf die Satzform bezieht, die die Einheit artikuliert, während es bei der Subjekt-Objekt-Beziehung um »d[ie] Sache der wissenden Selbstbeziehung geht« (Frank 2018, 122).

8

7 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Stefan Gerlach

zeichnung der Objectivität gesezt) übergienge« (AA I,10, 126). Für dieses Verhältnis des Überwiegens zunächst der Objektivität im Ausdruck ›A = B‹ führt Schelling in der Darstellung meines Systems nun den »allgemeinen Ausdruck der Potenz überhaupt« ein, der näher die »quantitative[…] Differenz in Bezug auf das Ganze« (AA I,10, 137), bzw. in einer Parallelformulierung, die »überwiegende Objectivität oder Subjectivität […] in Bezug auf das Ganze« (AA I,10, 142) bezeichnet. Zu beachten ist hierbei, dass das Zeichen des Doppelstriches innerhalb dieser Gedankenführung im Gegensatz zur bloß formallogischen Identitätsbezeichnung ›a = a‹ weder bei ›A = A‹ noch bei ›A = B‹ den Sinn eines mathematischen Gleichheitszeichens mit der Bedeutung quantitativer Gleichheit beider Terme hat und haben kann. 9 Schelling spielt vielmehr mit der Form dieser Ausdrücke, um aus ihnen Differenzmomente auf der Basis ursprünglicher Gleichheit zu entwickeln. So versteht Schelling bei ›A = A‹ das Gleichheitszeichen nicht im Sinne einer quantitativen Gleichsetzung, sondern primär als Prädikation innerhalb des Satzes der Identität innerhalb der Aussageform ›A ist A‹. Im Falle von ›A = B‹, verstanden als Potenzformel, ist das ›=‹-Zeichen jedoch überhaupt nicht als Ausdruck irgendeiner Gleichheit, sondern als Verhältniszeichen eines relativen Übergewichts zu verstehen. 10 Eschenmayer hatte Schelling in einem ausführlichen Brief vom 21. 07. 1801 dafür kritisiert, dass in seiner Grundformel »eine Verwirrung durch das (=) Gleichheitszeichen« entstehe (A. C. A. Eschenmayer an F. W. J. Schelling, 21. Juli 1801, Plitt I, 338), da damit nur schlichte quantitative Gleichheit ausgedrückt werden könne und keine Beziehung mit einen Übergewichtscharakter, und er hätte damit sicher Recht gehabt, hätte Schelling dieses Zeichen im mathematischen Sinne gebraucht, wovon m. E. aber gar nicht die Rede sein kann (vgl. hierzu auch Tilliette 2004, 160 f.). 10 Rang 2000, 134 Anm. versteht den horizontalen Doppelstrich in der nachfolgend näher erläuterten Formel ›A = Bþ ‹ als »›Band‹ im Sinne der Bindung von Kräften (ähnlich der heutigen molekularen Schreibweise von chemischen Formeln […])«. Diese interessante und den Gedanken des relativen Übergewichts als Potenz nachvollziehbar explizierende Interpretation führt aber mehrere Probleme mit sich: Das erste ist, dass Schelling diesen Gedanken der Bindung erst 1806 in den Aphorismen zur Naturphilosophie darlegt; in der Darstellung meines Systems, in der zuerst Potenz mittels der Formel ›A = B‹ charakterisiert wird, wie auch in den nachfolgenden Schriften ist von Bindung im Zusammenhang mit dieser Formel überhaupt keine Rede. Hinzu kommt, dass auch der Ausdruck der Kraft zwar in der speziellen Naturphilosophie, nicht aber in der allgemeinen Seinslehre von Schelling in der Darstellung von 1801 gebraucht wird. Immerhin lässt sich das ›=‹-Zeichen hier bereits als allgemeines Zeichen für Verbindung verstehen, wie dies Schelling fast zehn Jahre später in den 9

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»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

Zentral für das Verständnis der Funktion von Potenz innerhalb des Identitätssystems ist nun die in den Erklärungen zum Ausdruck der Potenz zur Sprache kommende Relationalität auf das Ganze. Denn Schelling denkt sich das Verhältnis von Identität und Differenz im Einzelnen und Ganzen so, dass sowohl in jedem Einzelnen als auch im Ganzen immer Identität der Form A = A bestehen bleibt, dass jedoch zugleich hinsichtlich der Stellung des Einzelnen in Bezug auf das Ganze jene ›Potenz‹ genannte quantitative Verschiebung zu den Polen der Objektivität oder Subjektivität gegeben sein kann. Das Einzelne unter der bestimmten Potenz ist daher nicht an-sich, substanziell auf der Seite eines Seinsbereichs des Objektiven oder Subjektiven. Sondern substanziell gibt es nur die Totalität der Identität, in welcher Subjekt und Objekt ununterscheidbar Eines sind und keine eigenständigen Seinsbereiche des Subjektiven oder Objektiven. Die quantitative Differenz, welche das Einzelne unterscheidbar macht als unter einer bestimmten Potenz A = B stehend, betrifft daher nur das Einzelne als Erscheinung – als Erscheinung im Sinne der natura naturata auf der sichtbaren Oberfläche der in die metaphysische Identität des Ganzen als Vernunft-sich-selbst-Gleichheit integrierten natura naturans, bzw. auf der Seite des Ideellen als Sich-selbst-bewusst-Sein des phänomenalen Geistes. Da es einerseits die zwei Seiten des Objektiven und Subjektiven gibt, in welchen uns »die Dinge, Stuttgarter Privatvorlesungen einmal andeuten wird (vgl. AA II,8, 112, wo Schelling von dem »A = B als dem aus A und B Verbundenen« spricht). Zweitens spricht im Sinne der Kohärenz gegen diese These, dass Schelling an anderen Stellen, insbesondere in der völlig parallelen Verwendung im Satz der Identität, A = A, den Doppelstrich klarerweise im Sinne des Ausdrucks ›ist gleich‹ verwendet, wenngleich man Identität natürlich auch als Bindung verstehen kann. Rang versucht diese Asymmetrie dadurch zu beheben, dass er nachzuweisen versucht, dass Schelling andererseits den Doppelstrich, und zwar in der Formel ›A = B‹ auch im Sinne der mathematischen Gleichheit gebraucht habe. Dies würde nach Rang im Sinne der Kräfteinterpretation bedeuten, dass »entgegengesetzt auf ein Substrat wirkende Kräfte von gleicher Größe sich ihrer Wirkungen gegenseitig berauben« (Rang 2000, 136). Rang betont dabei, dass »der Ausdruck ›A = B‹ in Schellings Symbolik […] in Übereinstimmung mit dem eigentlichen Sinn des Gleichheitszeichens auch als mathematische Gleichung gelesen werden muß« (Rang 2000, 135). Auf diese Weise hätte das ›Gleichheitszeichen‹ dann drei Bedeutungen bei Schelling: Prädikation, mathematische Gleichheit und Bindung (vgl. Rang 2000, 136 Anm.). Der mathematischen Interpretation von ›A = B‹ muss jedoch ebenso wie dem Bindungsgedanken für 1801 widersprochen werden. Denn das bleibende Problem ist, dass in der grundlegenden Potenzformel ›A = B‹ eben ein Übergewicht, und kein wechselseitiger Ausgleich dargestellt sein soll.

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oder Erscheinungen, […] als verschieden erscheinen« (AA I,10, 129) und andererseits das quantitative Übergewicht zu der einen oder anderen Seite graduell vielfältig verschieden sein kann, spricht Schelling hier entsprechend der Vielzahl von erscheinenden Dingen von ›Potenzen‹ im Plural. Demnach ist zu beachten, dass durch diesen Aufbau die Bezeichnung von ›Potenz‹ in der Darstellung meines Systems zwischen einer relationalen und einer substanziellen Ausdrucksweise changiert. So bezeichnet Schelling einerseits das Verhältnis des quantitativen Übergewichts zwischen A und B, ausgedrückt in der allgemeinen Formel ›A = B‹, als Potenz (vgl. AA I,10, 137) – und hierin ist auch die Hauptbedeutung von ›Potenz‹ in der Darstellung von 1801 zu sehen. Andererseits benennt Schelling aber auch diejenigen Elemente und Attribute der geistigen und physischen Wirklichkeit, die durch die entsprechenden Verhältnisse gekennzeichnet sind, mit diesem Ausdruck der ›Potenzen‹ im Plural. In diesem Sinn kann Schelling etwa auf die Naturphilosophie zurückverweisen und sagen, dass »alle Qualitäten nur Potenzen des Einen gleichen und indifferenten A = B sind« (AA I,10, 171). Beide Redeweisen widersprechen sich allerdings in dem Sinn nicht, als durch die ›Potenzen‹ genannten Relationen das Einzelne, Erscheinende überhaupt erst konstituiert wird. Hinzu kommt, dass Schelling zusätzlich zur Auffassung eines relativen Übergewichts aus der Perspektive des (neutralen) Ganzen gelegentlich das Übergewichtsverhältnis der Potenz aus der Perspektive des Pols der Subjektivität heraus zu entwickeln versucht, entsprechend dem transzendentalphilosophischen Ansatz des Systems des transzendentalen Idealismus von 1800, in dem ja auch die Natur aus den Prinzipien des Geistes heraus entwickelt wurde. So erwägt Schelling an einer bemerkenswerten Stelle, an der er erstmals in seinem Werk eine Formel mit einem hochgestellten Exponenten im Zusammenhang mit einer Potenz gebraucht: Wenn wir dieses Uebergewicht der Subjectivität oder Objectivität durch Potenzen des subjectiven Factors ausdrücken, so folgt, daß A = B gesezt, auch schon eine positive oder negative Potenz des A gedacht werde, und daß A0 = B so viel als A = A selbst, d. h. Ausdruk der absoluten Indifferenz seyn müsse. (AA I,10, 126)

Offensichtlich versucht Schelling in dieser komplexen Überlegung drei Gedanken zusammenzuführen. Der eine Gedanke ist eben der, dass sich die Relationsverhältnisse des A = B nicht nur aus der Per10 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

spektive der Identität, sondern auch von der Perspektive des Subjekts her entwickeln lassen müssen. Der zweite Gedanke, der hierbei sichtbar wird, ist der, dass sich ein Übergewicht sowohl durch Erhöhung des einen Faktors als auch durch Erniedrigung des anderen erzeugen lässt. Der dritte ist schließlich der, dass eine Erniedrigung des subjektiven Faktors auf den Nullpunkt der Neutralität (A0) bedeuten würde, dass dieser dadurch der Relationalität überhaupt enthoben wäre und die subjektive Potenz in den Grund der Identität des A = A zurückfallen würde. 11 Dieser Gedanke wird auch bestärkt durch eine nachträgliche Anmerkung Schellings in seinem Handexemplar, bei welcher er nach dem Ausdruck ›A = A‹ »= 1« (AA I,10, 126) einfügte. 12 Da die angeführte Stelle allerdings auch die einzige ist, an Es scheint so, als hätte Schelling die beiden letzten Gedanken, den der Neutralität des Nullpunkts und den der Inversion, dem Aufbau der eschenmayerschen Gradreihe entnommen. Eschenmayer entwickelte in seinem 1797 erschienenen Säzen aus der Natur-Metaphysik auf chemische und medicinische Gegenstände angewandt einen Seinsaufbau mittels einer Gradreihe von Potenzen, die er folgendermaßen darstellte: »A:Bþn , … A:Bþ3 , A:Bþ2 , A:Bþ1 , M 0 , A:B–1 , A:B–2 ; A:B–3 , … A:B–n « (Eschenmayer 1797, 12). Es sind also im Gegensatz zum Schellingschen Modell Gradreihen, bei denen sich die eine (links) ins Unendlichgroße, die andere ins Unendlichkleine entwickelt. Dabei bezeichnet M 0 den Mittelpunkt der beiden Reihen, deren gemeinsames neutrales Element (vgl. hierzu Durner 2001, XII). Hierbei formuliert Eschenmayer auch den Gedanken der Inversion: »[E]s gilt gleich, ob ich A oder B als unveränderte Größen seze. Denn A:Bn = B:A–n « (Eschenmayer 1797, 12). Damit ist nicht mehr gesagt, als dass eine relative Erhöhung einer Seite der relativen Erniedrigung der anderen entspricht. Auch das nachfolgend vorgestellte Grundmodell Schellings nimmt diese beiden Ideen auf, ohne sie doch wie Eschenmayer zu einer unendlichen Gradreihe von Potenzen zu erweitern. Zudem spricht Schelling an der zitierten Stelle von negativen Potenzen – ein Ausdruck, der der Notation Eschenmayers entspricht und der einen definierten mathematischen Sinn hat, auf den Schelling aber nie wieder zurückgreifen wird. Denn negative Potenzen lassen sich weder im mathematischen Sinn, nach dem a–n = 1/an ist, noch in einem anderen Sinn in Schellings Philosophie der Potenzen integrieren. Inwiefern Schellings identitätsphilosophisches Linienmodell sich überhaupt Eschenmayers Gradreihe verdankt, ist schwer zu sagen. Jantzen 2005 entnimmt Eschenmayers Reihe den Gedanken, dass sich die Wirklichkeit als eine »Folge von Potenzierungen eines Indifferenten deuten und […] in der Struktur quantitativer Differenz ausdrücken [läßt]« (Jantzen 2005, 158). Es ist hiergegen allerdings anzumerken, dass das Indifferente bei Eschenmayer lediglich den Schnittpunkt der beiden Reihen bezeichnet, und nicht wie bei Schelling eine umfassende Seinsschicht, welche beiden Reihen zugrunde liegt, so dass jeder Punkt der Reihe zugleich Indifferenzpunkt ist. 12 Möglicherweise ist dieser Eintrag eine Reaktion auf Eschenmayers erwähnten Brief, in dem er Schelling darauf aufmerksam macht, dass A0 mathematisch = 1 be11

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der Schelling innerhalb der Darstellung meines Systems die Notation ›A0‹ gebraucht, lässt sich die Frage nach deren Bedeutung nicht mit letzter Klarheit beantworten. Die Gesamtveranlagung des Identitätssystems im Zusammenhang mit der Buchstabennotation von Potenzen lässt sich nun näher erläutern, wenn man auf das Seins-Modell der Linie zurückkommt, welches ja nicht nur die Aufgabe hatte, die Identität des Ganzen (Absoluten) aus dem Indifferenzpunkt heraus zu erläutern, sondern das von da aus wiederum darlegen musste, wie Differenz des Unterscheidbaren und insbesondere eine Ausdifferenzierung des Absoluten in eine subjektive und objektive Seite, in Sein und Erkennen, und damit in Potenzen des Subjektiven und Objektiven, möglich und systematisch verortet sein kann. Schelling hat dieses Modell in verschiedenen Grafiken dargestellt; am eingängigsten ist folgende Darstellung (AA I,10, 139): Aþ ¼ B

A ¼ Bþ A¼A

In dieser Darstellung sind das Modell der Linie und der Balkenwaage in sich vereinigt. Die mit ›A = A‹ bezeichnete Mitte stellt den Indifferenzpunkt dar und die mit dem +-Zeichen versehenen Ausdrücke ›A = B‹ oberhalb der Linie die Pole relativen Übergewichts nach der Seite der Subjektivität (links) oder Objektivität (rechts) (vgl. AA I,10, 139 f.). Das Kürzel ›A = B‹ (im Gegensatz zu ›A = A‹) drückt dabei aus, dass es sich hier um eine Betrachtung in Hinsicht auf ein relatives Übergewicht eines an sich Identischen handelt; das +-Zeichen markiert die Seite, auf welcher dieses Übergewicht vorherrscht. Dem Modell der Balkenwaage entnommen ist der Gedanke von einem Indifferenzpunkt als einer Mitte, in der zugleich die Totalität des Ganzen wie im physikalischen Schwerpunkt einer Masse gedanklich versammelt ist. Dies gilt hier für das ›A = A‹. Ebenfalls diesem Modell entnommen ist der Gedanke eines relativen Übergewichtes nach einer Seite bei einer asymmetrischen Verschiebung der quantitativen ›Last‹ auf die eine oder andere Seite. Dies entspricht dem Ausdruck des deute (vgl. A. C. A. Eschenmayer an F. W. J. Schelling, 21. Juli 1801, Plitt I, 338). In der Eins wird nicht nur der Gedanke der Einheit des Identischen erneut expliziert, sondern die Eins ist auch das neutrale Element der Multiplikation und als solches als das Resultat der mathematischen Potenzierung jeder beliebigen Zahl mit der Null definiert.

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»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

›A = B‹ oder der Potenz, der eben eine relative Verschiebung »nur in Bezug auf das Ganze, nicht auf sich selbst« (AA I,10, 142) bezeichnet; denn in Hinsicht auf sich selbst bezeichnen alle Punkte der Linie dieselbe Identität (A = A). Dies ist der Grund, weshalb es Potenzen als substanziell Einzelne außerhalb des Relationengefüges auch nicht geben kann. Dem Modell der Linie entnommen ist nicht nur die kontinuierliche Ausbreitung nach beiden Seiten, sondern auch eben dieses sich gleich Bleiben aller Punkte auf der Linie, bei der jeder für sich als Identitätspunkt aufgefasst werden kann, und bei denen nur ihre Lage in Hinsicht auf das Ganze der Linie und die Lage der anderen, je für sich wieder als Indifferenzzentren auftretenden Punkte eine relative quantitative wechselseitige Differenz (= ›Potenz‹) erzeugen. Auf diese Weise ist »[d]ie […] construirte Linie […] die Form des Seyns der absoluten Identität im Einzelnen, wie im Ganzen« (AA I,10, 140). Da die Linie als Form des Ganzen nichts anderes ist als das Kontinuum aller Punkte, welche an sich gleich sind, aber wechselseitig und in Bezug auf das Ganze die einzelnen Potenzen als differenzierbare Seinsmomente bezeichnen, kann Schelling wiederum sagen, dass »die absolute Identität […] nur unter der Form aller Potenzen« (AA I,10, 136) sei. Diese gewichtige Feststellung, welche den unauflösbaren Zusammenhang von Potenz und Identität im Identitätssystem benennt, wird von Schelling noch um den Gedanken erweitert, dass es von der in der jeweiligen Potenz sichtbar werdenden Differenz ausgehend ein Streben des Seins nach weiterer Ausdifferenzierung und damit nach Realisierung des je Subjektiven oder Objektiven gibt. Es gibt, so Schelling, »außerhalb der absoluten Totalität [eine] durchgängige Tendenz zum Seyn oder zur Realität in Ansehung des Subjectiven [und Objektiven, S. G.]« (AA I,10, 143). Diese Realität, der alles zustrebt, ist auf der Seite des je Subjektiven oder Objektiven in verschiedenen Graden zu erreichen, je nach der Quantität des relativen Übergewichts, das in der Potenz-Formel ›A = B‹ ausgedrückt ist. Dies jedoch eröffnet zugleich den Gedanken einer »Aufeinanderfolge der Potenzen« (AA I,10, 143) – ein Gedanke, der das nun neu entworfene Konzept von Potenz innerhalb des Identitätssystems anknüpfungsfähig macht an die in den Schriften der Jahre vor 1801 je entwickelte Natur- und Transzendentalphilosophie und der in ihr skizzierten Idee einer Stufenfolge und Reihenbildung der Potenzen, 13 die in der weiteren Entwicklung des Identitätssystems erneut eine 13

Vgl. hierzu Gerlach 2020, 43 f.

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gewichtige Rolle spielen wird, in der Darstellung meines Systems selbst aber nicht ausgeführt wird. Im abschließenden § 50 des allgemeinen Teils der Darstellung von 1801 versucht Schelling in einem zweiten Schema das Verhältnis des Absoluten und Einzelnen im Identitätssystem noch näher zu erläutern. Hier geht es zunächst darum, klarzustellen, dass A und B, die Pole des Ideellen und Realen, nicht je für sich unabhängig Seiende sein können, sondern dass ihnen nur in ihrer Wechselbezüglichkeit Sein zukommt. Daher gilt auch für die Potenzformel, dass sie »nur insofern ein Seyn ausdrücken [kann], als in ihr A und B beide als seyend gesetzt sind« (AA I,10, 141; zweite Herv. v. Verf.). Die Begründung führt Schelling darüber, dass die Potenzformel die Differenz von A und B nur in Hinsicht auf das Ganze ausdrückt; in Hinsicht auf sich selbst sind A und B im Einzelnen ja identisch, also A = A. Daher können auch A oder B in der Potenzformel nicht isoliert existieren, da die Setzung des einen in Hinsicht auf sich selbst der Setzung des anderen gleichkommt. Nun unterscheidet Schelling von hier aus in Bezug auf das Ganze zwei perspektivische Hinsichten, unter denen die Potenz A = B betrachtet werden kann. Die erste ist die Hinsicht auf die Pole selbst, welche zwar an sich nicht selbstständig sind, sich aber in Abstraktion ihrer Identität auf sich selbst, bloß als die auseinanderstrebenden Dimensionen der Linie (als Links- und Rechts-Richtung, die an sich, ohne die je andere auch nichts sind), betrachten lassen. 14 Dies nennt Schelling die »relative Duplicität« (AA I,10, 141) der Pole. Zweitens lassen sich die einzelnen Potenzen, d. h. die je einzelnen Punkte der Linie in Hinsicht auf das Ganze des bipolaren Universums betrachten. Hier sind wiederum zwei Fälle denkbar. Entweder steht eine Potenz selbst in der Mitte der Linie. Dann befindet sie sich nicht nur in Hinsicht auf sich selbst, sondern auch auf das Ganze im Indifferenzpunkt. A = B ist dann kein Ausdruck eines relativen quantitativen Übergewichts des Subjektiven oder Objektiven. Sondern A = B bezeichnet dann den Sonderfall einer »relativen Identität« (AA I,10, 141). Bedeutsamer für die Entwicklung der Naturphilosophie innerhalb des Identitätssystems ist der Fall, in dem A = B in Betracht auf das Es ist klar, dass im Gedanken der Polarität das Linien-Modell an seine Grenzen kommt, da die Linie zwar Richtungen, im Gegensatz zu einer Strecke aber keine Endpunkte hat. Im Gedanken der Polarität greift Schelling also wieder auf das von ihm mit der Linie verbundene Modell des Stabmagneten zurück.

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»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

Ganze in relativem Übergewicht auf einer Seite, insbesondere der Seite des Objektiven (B) steht. Denn es ist klar, dass die Konstruktion der gesamten physikalischen Welt sich in diesem Verhältnis darstellen muss. Schelling nennt diesen Fall eines Übergewichts dort, wo das Übergewicht seine maximale Einseitigkeit erreicht, d. h. dort, wo A = B gleichsam unter dem Extremum eines Pols A oder B situiert ist, »relative Totalität« (AA I,10, 141). In dieser Perspektive verschwindet in der einseitigen Sicht auf die Pole des Ganzen gleichsam das Objektive unter dem Subjektiven und umgekehrt, wiewohl weiterhin gilt, dass beide ontologisch wechselabhängig und in Bezug auf sich selbst gar identisch sind. Es ist diese relative Totalität, von der aus Schelling in der anschließenden Naturphilosophie den materiellen Kosmos zu konzipieren beginnt. Von dieser systematischen Rekonstruktion der Grundzüge des Identitätssystems aus, wie sie Schelling 1801 erstmals dargestellt hat, lässt sich die Frage nach der Semantik des Potenz-Begriffs und nach dem systematischen Gewicht der Potenzen in ihr grob beantworten. So dürfte klar geworden sein, dass mit der allgemeinen Bezeichnung der ›Potenz‹ für alle Seinsmomente, an denen in Hinsicht auf das Ganze ein quantitatives Übergewicht nach der Seite der Subjektivität oder Objektivität sichtbar wird, diesem Begriff eine herausragende Stellung innerhalb des Identitätssystems in seiner ersten Fassung zukommt. Denn damit ist nichts Geringeres bezeichnet als der metaphysische Grund dafür, dass sich im Identitätssystem nicht alles in Identität auflöst und dass in ihm überhaupt Einzelnes und Unterscheidbares ihren systematischen Ort finden. Allerdings bleibt der Ausdruck der ›Potenz‹ für das in der Formel ›A = B‹ dargestellte Verhältnis bis dahin auch formal. Weder wird mit ihm deutlich, ob in ihm noch weitere Bedeutungen transportiert werden als die von Schelling neu erklärte einer ›quantitativen Differenz in Bezug auf das Ganze‹, noch, inwiefern sich seine konkrete Funktion im Aufbau der Natur und des Geistes darstellt. 15 Hierzu ist nachfolgend der naturphilosophische Teil der Darstellung von 1801 zu evaluieren, der das formale Moment der Differenz in Bezug auf das Ganze an konKlar ist zumindest, dass das Potenzsystem von 1801 einen viel stärker statischen Charakter hat als das von dynamischen Übergängen geprägte Modell höherer Potenzen in den Schriften von 1800. Hartkopf 1975, 202 spricht treffend von ›Zustandspotenzen‹ im Gegensatz zu den ›Geschehenspotenzen‹ »als Phasen eines Entwicklungs- oder Entfaltungsvorgangs« der Schriften zuvor.

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kreten Systemstellen des Aufbaus der Naturphilosophie erläutern und veranschaulichen soll.

IV. Potenzen in der Naturphilosophie der Darstellung meines Systems Behandeln die §§ 1–50 der Darstellung meines Systems die allgemeine Ontologie des Identitätssystems, widmet sich Schelling im zweiten Teil (§§ 51–159) erneut der Naturphilosophie und versucht diese nun aus ihrem Zusammenhang mit dem Ganzen der Identität darzustellen; eine entsprechende Darstellung der Seite der Subjektivität, d. h. der Transzendentalphilosophie innerhalb des Identitätssystems von 1801, fehlt. Innerhalb des naturphilosophischen Teils beginnt Schelling wie schon in der Allgemeinen Deduktion von 1800 mit der Konstruktion der Materie. Es ist daher für den Zusammenhang der Naturphilosophie mit dem Ganzen entscheidend, zu sehen, wie Schelling die Materie aus dem allgemeinen Schema der Linie und des an ihr entfalteten Potenz-Begriffs entwickelt. Hierbei spielt der zuvor erörterte Begriff einer ›relativen Totalität‹ eine wichtige Rolle, mittels dessen Schelling nun direkt die Materie bestimmt, denn: »[d]ie erste relative Totalität ist die Materie« (AA I,10, 143). Gemeint ist damit, dass die Materie innerhalb der physischen Welt, welche ja überhaupt der Seite des B entspricht, die erste Voraussetzung, »das primum Existens« (AA I,10, 144) ist. Sie ist gleichsam in relativer Stellung zum Ganzen diejenige Potenz mit dem stärksten, weil reinsten Übergewicht in Hinsicht auf die objektive Seite. Umgekehrt ist die Seite der Objektivität, deren relative Stellung zum Ganzen ja im Begriff der Potenz im Identitätssystem enthalten ist, in der Materie in Reinform enthalten; daher kann Schelling sagen, dass Materie »aus dem A = B, dem Ausdruck der Potenz überhaupt, abgeleitet werden kann, [weil sie dasjenige ist, SG.] was zuerst gesetzt ist, so wie Potenz überhaupt gesezt ist« (AA I,10, 144). Wenn Potenz, so lässt sich diese Passage deuten, überhaupt die Bipolarität des A = B aufspannt, dann muss mit ihr auch ihr reeller Pol der Materialität mitgesetzt sein. Die Materie selbst konstruiert Schelling über die beiden metaphysischen Urkräfte seiner früheren Naturphilosophie, die Attraktion 16 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

und Repulsion. Unter den Voraussetzungen des Identitätssystems verlagert Schelling hierbei zunächst den Begriff der Kraft in die Identität als Zentrum des Systems selbst: »Das Wesen der absoluten Identität«, heißt es im § 52, »in sofern sie unmittelbarer Grund von Realität ist, ist Kraft« (AA I,10, 146). Von dort aus kann Schelling nun argumentieren, dass die der Identität allgemein inhärierende Kraft in Hinsicht auf die Materie als relativer Totalität A = B sich als Attraktiv- und Expansivkraft entfaltet, und zwar so, dass innerhalb jeder einzelnen Potenz A = B sich in A und B Attraktiv- und Expansivkraft wiederfinden und im einzelnen Gegenstand je spezifisch wechselseitig durchdringen: »[I]nnerhalb der einzelnen Potenz sind A und B wieder quantitativ gesetzt in Ansehung dieser Potenz […] als Attraktiv- und Expansivkraft« (AA I,10, 149), und zwar mit relativem Übergewicht der einen oder anderen Kraft. In der aus den Schriften zur Naturphilosophie bekannten Weise entstehen durch das sich Durchdringen der Kräfte überhaupt erst die Objektbereiche der Erscheinungswelt und der Grad des je relativen Übergewichts in ihnen gewährt deren spezifische Charakteristik und ihr dynamisches Moment des Fortschreitens zum Nächsten. Den Ausdruck der ›Potenz‹ gebraucht Schelling hierbei sowohl für das relative Übergewicht des Objektiven zur Bezeichnung der physikalischen Welt insgesamt als auch einzelner Bereiche und Dinge in ihr. Dabei gilt, dass in den einzelnen Dingen und Ereignissen kein Gleichgewicht der Kräfte stattfindet, sondern die Dinge, Ereignisse und Seinsschichten sich je in dynamischen Verhältnissen zueinander befinden, während sowohl für das materielle Universum als auch das absolute Universum (inklusive der geistigen Welt) gilt, dass sich in ihnen die Kräfte je insgesamt ausgleichen. Wichtig für die Ausgestaltung des Identitätssystems ist nun, dass Schelling die bekannte und in den Schriften zuvor bereits ausgearbeitete Gedankenfigur des allgemeinen Organismus auch in das Schema der Linie als dem allgemeinen Seinsmodell einflicht. Unter einem allgemeinen Organismus ist der Gedanke zu verstehen, dass nicht nur der Bereich des Lebendigen, sondern das materielle und immaterielle All im Ganzen organisch verfasst sei. Einer der Grundgedanken des Organischen besteht bei Schelling darin, dass in den Teilen des Ganzen das Ganze wiederum strukturell enthalten ist, also jeder Teil einen Mikrokosmos des Ganzen bildet. Hier kommt dies darin zum Ausdruck, dass die Bipolarität der Linie wie im Modell des Stabmagneten sich in den einzelnen Punkten der Linie wiederfindet. Dies be17 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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deutet aber zudem, dass die spezifische Bipolarität unter dem Übergewicht des Objektiven, das die physikalische Welt auszeichnet, in allen ihren internen Bereichen und Elementen wiederkehrt. Hierfür bedarf es je eines spezifisch die Materialität der physischen Welt kennzeichnenden ideellen und reellen Prinzips innerhalb der Natur, so dass innerhalb der Natur erneut die Bipolarität des Ideellen und Reellen wiederkehrt. Als diese bipolaren Prinzipien innerhalb des materiellen Universums fasst Schelling in der Darstellung von 1801 Licht und Schwerkraft. Licht ist das ideelle, geistige Prinzip innerhalb der Natur, die Schwerkraft ihr materielles Pendant. Dabei versteht Schelling aus der Perspektive der ursprünglichen Kräfte das Licht zunächst als unbegrenzbares ideelles Prinzip, die Schwerkraft hingegen als das reelle, begrenzende Prinzip. Mit dem Entstehen des materiellen Kosmos kommen beide Momente zusammen. Schelling beschreibt dies als ein Reell-Werden des ideellen Prinzips: Das ideelle Prinzip der Subjektivität wird »nur begränzt, insofern es dem reellen gleich, d. h. selbst reell wird« (AA I,10, 149). Dieses reell gewordene ideelle Prinzip, d. h. das ideelle Prinzip innerhalb des reellen Bereichs der Natur, ist das Licht. Zur näheren Beschreibung dieser Verhältnisse gebraucht Schelling den Ausdruck einer ›höheren Potenz‹ und setzt diese in Kontrast zu einer ›niedereren Potenz‹ – eine Formulierung, die an dieser Stelle lediglich die Relationalität einer Stufe in Bezug auf eine höhere ausdrückt: Es [das ideelle Prinzip, S. G.] kann aber nicht als unbegränzbar gesetzt werden, als in einer höhern Potenz der Subjectivität. – Beweis. Denn in der niederern Potenz ist es begränzt […]. Unmittelbar dadurch, daß A = B als relative Totalität gesetzt ist, ist diese höhere Potenz gesetzt, denn A = B ist quantitatives (begrenztes) Setzen von A und B […]. (AA I,10, 149; ›begrenztes‹ ist ein Zusatz aus Schellings Handexemplar)

Schelling führt diesen Gedanken fort, indem er nun in der Perspektive auf die Natur-Prinzipen die relative Totalität A = B, die im ursprünglichen Schema die Materie bezeichnet hatte, als Schwerkraft auffasst, die, wie bereits in der Naturphilosophie ausgeführt, von Schelling als eine nicht-empirische, metaphysische Kraft, die unmittelbar die materiellen Produkte bestimmt, verstanden wird. Genauer gesprochen ist die Schwerkraft das »Begränztseyn des A in dem A = B« (AA I,10, 150); Schelling benennt sie aber in der Gegenüber18 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

»Quantitative Differenz in Bezug auf das Ganze«

stellung mit dem ideellen Prinzip gleichfalls als ›A = B‹. Und dieser Zug ist folgenschwer, denn im Kontrast hierzu benennt Schelling das ideelle Prinzip, das er zuvor bereits als die höhere Potenz der Subjektivität bezeichnet hatte, mit dem Ausdruck ›A2‹ : »Unmittelbar durch A = B d. h. […] die Schwerkraft, ist das ideelle Princip, insofern es ideell ist, als A2 gesetzt« (AA I,10, 150). Diesen Gedanken schließt Schelling mit der Zuordnung ab: »Das A2 ist Licht« (AA I,10, 151). Folgenschwer ist diese Entscheidung inklusive der Neueinführung des Ausdrucks einer Potenz in der Schreibweise mit einem hochgestellten Exponenten aus dem Bereich der natürlichen Zahlen aus mehreren Gründen: Erstens führt Schelling damit eine quasi-mathematische Notationsweise für ›Potenz‹ fort, die bereits in ›A0‹ angedeutet war und die unter anderem zu der Fehlmeinung geführt hat, Schelling hätte den Potenzgedanken der Mathematik entlehnt, und die Notation mit hochgestelltem Exponenten entspräche dem mathematischen Sinn von Potenz. 16 Zweitens ist die Ausdrucksweise ›A2‹ an dieser Stelle schematisch problematisch und führt dazu, dass die mit der Formelsprache belegte Potenzentheorie an der ersten Stelle ihres Entstehens bereits mit unnötigen Verständnisschwierigkeiten behaftet wird. Betrachten wir diese Schwierigkeiten näher. Wenn die Seinslinie insgesamt in Polen terminiert (bzw. bipolar sich ausrichtet), die, für sich betrachtet, mit A und B bezeichnet werden können, deren genauere Notation aber mit ›Aþ = B‹ und ›A = Bþ ‹ angegeben wird, worin das relative Übergewicht des subjektiven (A) und des objektiven (B) Pols zum Ausdruck gebracht wird, so ist es systematisch schwierig, dass Schelling denjenigen Bereich der Natur, der unter dem Übergewicht (der Potenz) des Objektiven steht, mit ›A = B‹ kennzeichnet. Denn unter den Grundvoraussetzungen der Identitätstheorie müsste es einen entsprechenden Ausdruck für die Welt des Geistes geben, der die Symmetrie des Geistes und der Natur in Bezug auf die Indifferenz (A = A) wiedergibt, in etwa ›B = A‹. Und tatsächlich hatte Schelling ja zunächst den Ausdruck ›A = B‹ sowohl für die Potenz des Subjektiven als auch des Objektiven eingeführt: Es bedeutete »entweder überwiegende Subjectivität, oder Vgl. hierzu z. B. Baumgartner/Korten 1996, 65, wonach Schelling Potenzverhältnisse »nach einem mathematischen Ausdruck« gebildet habe. Entsprechend und auf das Identitätssystem von 1801 bezogen hatte bereits Karl Leonhard Reinhold vorgebracht, Schelling gebrauche die »mathematische Bezeichnung [der Potenzen, S. G.], um die bestimmte Form des Seyns […] auszudrücken« (Reinhold 1802, 173). Vgl. hierzu auch Gerlach 2020, 32–34.

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überwiegende Objectivität« (AA I,10, 126). Diese Festlegung war aber schon ihrerseits dadurch problematisch, dass Schelling hier zugleich »B als Bezeichnung der Objectivität« (AA I,10, 126) festlegte, ohne entsprechend A als Bezeichnung für die Subjektivität festzulegen – eine Schwierigkeit, die wiederum ihren Grund darin haben mochte, dass der Term ›A‹ bereits mit der (traditionellen) Identitätsformel ›A = A‹ belegt war, und diese nicht lediglich die Sichselbstgleichheit des Subjektiven zum Ausdruck bringen sollte. Der stillschweigende Übergang der Formel ›A = B‹ von einer Bezeichnung für beide Potenzen zur Bezeichnung bloß des materiellen Kosmos und der Materie als ihrem ersten Prinzip konnte an dieser Stelle auch deshalb entstehen, weil Schelling innerhalb der Darstellung von 1801 keine neue Darstellung der Transzendentalphilosophie in Bezug auf das Identitätssystem darbot und daher nicht gezwungen war, hierfür eine entsprechende Ausdrucksweise mit den als Verhältniszeichen aufzufassenden Gleichheitszeichen zu finden. Erst mit der Idee eines ideellen Prinzips innerhalb der Natur in Analogie zum reellen Prinzip der Schwere kam die Notwendigkeit auf, hierfür einen entsprechenden Ausdruck zu finden. Wenn Schelling das Licht als ›A2‹ bezeichnet, dann betont das natürlich das relative Übergewicht auf der Seite des A gegenüber A = B. Es muss aber dennoch als ein Notbehelf angesehen werden. Denn im absoluten Sinn des Gesamtsystems ist alles, das im Bereich der Natur liegt, mehr auf der Seite des B als des A, weswegen es in der Gesamtperspektive in etwa entsprechender gewesen wäre, das Licht mit ›A = B‹ und die Schwere mit ›B2‹ zu bezeichnen. Mit Schwierigkeiten behaftet ist auch die Bezeichnung des Lichts als einer ›höheren‹ Potenz der Subjektivität bzw. als »ideelle[s] Princip der höhern Potenz« (AA I,10, 150) die er der »niederern Potenz« (AA I,10, 149) der Schwere entgegensetzt. Wenn man vom erklärten Gedanken der Gleichrangigkeit der Parallelwissenschaften und ihrer Vereinigung im Identitätssystem ausgeht, ist es in Hinsicht auf die Systemarchitektur nicht zu verstehen, weshalb Schelling hier der ideellen Seite den Rang einer höheren im Vergleich zu einer niedereren auf der Seite des Reellen zuerkennt; hier scheint noch die Stufenfolge nachzuwirken, die Schelling im System des transzendentalen Idealismus angelegt hatte und nach welcher (aus der Perspektive der Transzendentalphilosophie) die Stufen des Geistes als (numerisch und in Hinsicht auf ihre Dignität) höhere Potenzen in der Folge der Stufen der Natur gesetzt werden konnten. Diese asymmetrische Kon20 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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stellation lässt sich jedoch nicht ohne schwerwiegende systematische Verzerrungen in das von seiner Grundveranlagung gegenüber dem Subjektiven und Objektiven a priori wertneutrale, symmetrische Schema der Seins-Linie des Identitätssystems integrieren. Eine weitere, bemerkenswerte Spekulation zum allgemeinen Potenzschema ›A = B‹ der Darstellung von 1801 findet sich in einer kurzen Erklärung zum § 64. Hier formuliert Schelling den weitreichenden und schwierigen Gedanken, dass die für sich unselbständigen Elemente A und B in der Potenz A = B ihrerseits als Potenzen des A = B angesehen werden können. Dass relative Identität durch relative Totalität gesetzt werden könne, bedeute demnach: »A und B werden beide als Potenzen des A = B, (welches sonach in seiner Identität bleibt,) und als solche in relativer Identität gesetzt« (AA I,10, 152). Was bedeutet dieser neue Gedanke, dass A und B als Potenzen des A = B gesetzt werden, wenn ›A = B‹ doch selbst ›Potenz‹ bedeutet? An dieser Stelle wird zunächst erneut deutlich, dass Schelling die Ausdrücke ›A‹, ›B‹, ›A = B‹ usw. nicht als feststehende Bezeichnungen oder gar Eigennamen für bestimmte Seinsbereiche oder Gegenstände gebraucht, sondern als bloße Verhältnisschemata, die sich flexibel auf verschiedenartige Seinsbereiche anwenden lassen. So kennzeichnet ›Potenz‹ an dieser Stelle eine bestimmte Stellung innerhalb eines mehrschichtigen Relationengefüges. So kann man A = B als die Stellung des Übergewichts in Hinsicht auf das Ganze oder die Sache, der diese Stellung zukommt, ansehen. In Bezug auf die Sache nun, in deren interner Struktur sich A = B wiederfindet, lässt sich dieses Einzelne wiederum in Bezug nicht aufs Ganze, sondern auf die beiden Pole A und B und ihre relative Dominanz in ihm ansehen. In diesem Bezug kann sich Einzelnes der physikalischen Welt in etwa aus den Grundprinzipien der Materie und der diese bestimmenden Schwerkraft herausmodellieren, indem es, wie Schelling am Beispiel des Übergangs der Schwerkraft von einer metaphysischen Voraussetzung zu einer empirischen physikalischen Größe vorführt, »unter den Potenzen von A und B als seyend gesetzt« wird (AA I,10, 152). Diesen Gedanken führt Schelling dahingehend weiter, dass er die Seins-Linie insgesamt innerhalb des Bereichs der Natur wiederum als (Stab-) Magneten interpretiert, bei welchem nicht nur die Bipolarität, sondern auch die Tatsache sich wiederfinden lässt, dass die Bipolarität des Magneten als Ganzem sich in allen seinen Teilen wiederfindet. Hier gilt: »Die Materie im Ganzen ist als ein unendlicher Magnet anzusehen« (AA I,10, 153). Aus der Perspektive auf einzelne Stellen des 21 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Magneten und ihrem Zusammenhalt im Ganzen findet Schelling nun den für die Naturphilosophie der Darstellung von 1801 zentralen Gedanken der Kohäsion als einer Kraft, die alle Punkte der Magnetlinie zusammenhält, wonach gilt: »Das materielle Universum ist durch einen ursprünglichen Cohäsions-Prozeß gebildet« (AA I,10, 166). 17 Und eben dies ist dadurch möglich, dass alle Dinge und Seinsebenen der Natur (interpretiert als Punkte auf der Magnetlinie) die Bipolarität des A und B sowohl in Hinsicht auf sich selbst in Identität als auch in Hinsicht auf anderes als relative Differenz haben, und in dieser letzten Hinsicht unter den Potenzen von A und B stehen. Daher nennt sie Schelling auch »Potenzen der Cohäsion« (AA I,10, 195). Dies wiederum führt dazu, dass diese sich in die durchgängige Kohäsion des Systems alles Seienden der Natur einfügen, welches gleichfalls für sich je identisch, aber für anderes als unter den Potenzen von A und B stehend gedacht wird. Als pricipium individuationis dienen diese Potenzen dazu, innerhalb der amorphen Substanz der Materie Einzelnes herauszumodellieren, oder wie Schelling es ausdrückt, »abzusondern« (AA I,10, 167 Anm.). A und B sind so die Akzidentien der Materie, »als Potenzen dieses Identischen […] gedacht« (AA I,10, 154). Kommen wir von hier aus zuletzt auf Schellings Gedanken einer ›Depotenzierung‹ und eines ›Potenzlosen‹, die er in der Darstellung von 1801 gleichfalls neu einführt. Vom Gedanken der durchgängigen Kohäsion der Materie ausgehend, welche sich über die kontinuierlichen Wechselverhältnisse der materiellen Dinge und Ereignisse unter den relativen Polen A und B einstellt, stellt Schelling die Erwägung an, was für Folgen es hätte, wenn die Pole A und B gleichsam unendlich weit auseinandergezogen, d. h. völlig getrennt würden. Da als ›Potenz‹ die relative Stellung der Dinge in Hinsicht auf A und B (bzw. in der ersten Auffassung in Hinsicht auf das Ganze) bezeichnet wurde, bezeichnet Schelling konsequenterweise einen solchen Zustand, der außerhalb der Beziehung von A und B angesiedelt wäre, als »potenzlosen Zustand« (AA I,10, 181). Es ist der Zustand der absoluten Indifferenz, in welchen die Dinge und Ereignisse zurückfallen, wenn sie ihres spezifischen Bezugs auf die Polarität der Materie, interpretiert als Magneten, enthoben sind. Als Element, das dieVgl. hierzu auch Ziche 1996, 200–204, der darauf hinweist, dass Schellings Seinslinie in Verbindung mit den Modellen des Hebels und des Magneten auch das der Kohäsionslinie beinhaltet, welches dann in seiner Materietheorie virulent wird.

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sen Zustand des Potenzlosen innerhalb der Natur repräsentiert, sieht Schelling das Wasser an. Verbunden mit der These, dass es eine Tendenz in der Natur gebe, »die entgegengesetzten Potenzen der Materie durch einander aufzuheben« (AA I,10, 197), d. h. dem Zustand der Indifferenz entgegenzustreben, kann Schelling chemische Prozesse dahingehend deuten, dass sie auf die »Verwandlung aller Materie in das Wasser« (AA I,10, 195) abzielten. Diese Verwandlung neutralisiert die spezifischen Kohäsionsverhältnisse der Stoffe untereinander und depotenziert sie in diesem Sinn, insofern sie die spezifischen Elemente in das Wasser auflöst oder, wie Schelling formuliert, ›zusammensetzt‹. Deswegen ist »[a]lle chemische Zusammensetzung […] Depotenzirung der Materie [und] umgekehrt [j]ede sogenannte Zerlegung eine Potenzirung der Materie« (AA I,10, 197). In einem Brief an Goethe vom Januar 1801 fasst Schelling dies dahingehend zusammen, dass »alle sogenannte Zersetzung der Materie nur Potenzirung deßelben homogenen Substrats, alle Zusammensetzung nur Depotenzirung der heterogenen Materie« sei. 18 Diese Formulierungen bestätigen neuerlich, dass der Potenz-Begriff im Identitätssystem von 1801 von wesentlich anderer Art ist als in der Natur- und Transzendentalphilosophie zuvor. Hatte ›Potenzierung‹ zuvor die Erhebung in eine bestimmte Seinsschicht von höherer Komplexität und Dignität und insbesondere den Vorgang des Philosophierens selbst in der rekonstruktiven Erhebung der Schichten des Bewusstseins bedeutet, so ist es nun im naturphilosophischen Teil der Darstellung von 1801 der Ausdruck dafür, dass etwas überhaupt in die Potenz gesetzt, d. h. aus dem potenzlosen Zustand der Indifferenz entlassen und in seine spezifische Stellung innerhalb der (magnetischen) Seinslinie des Ganzen gebracht, mit seinen spezifischen Qualitäten versehen und in seinen spezifischen Kräftebezug der Kohäsion in Relation zu den anderen Potenzen gesetzt wird. Potenzierung ist so nicht einmal mittelbar der Ausdruck einer Steigerung, insofern Schelling im Identitätssystem nicht das Differente, sondern den Bereich des Indifferenten als das ontologische Substrat höchsten Wertes ansieht. Es ist vielmehr der Ausdruck einer Differenzierung, eines Auseinanderfallens in das Viele, die vom Standpunkt der Totalität, der nach Schelling auch in der F. W. J. Schelling an J. W. v. Goethe, 26. Januar 1801, AA II,2, 303; erste u. dritte Herv. v. Verf.

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Natur alles zustrebt, eher als Vorgang eines Verfalls anzusehen ist; Schellings Ausdruck der ›Zerlegung‹ der Materie unterstreicht diesen Aspekt. Dementsprechend ist der Ausdruck der ›Depotenzierung‹ umgekehrt der positiv belegte Ausdruck für das Streben der Materie, in die Einheit des Potenzlosen, Indifferenten (in chemischer Hinsicht: des Wassers) zurückzukehren. Potenzlos zu sein bezeichnet dementsprechend einen Grundzustand, der keine Potenzierung erfahren hat oder bei dem diese durch Depotenzierung aufgehoben wurde, aber von welchem ausgehend Potenzierung im Sinne von Zersetzung und Ausdifferenzierung möglich ist, und in Bezug auf welchen dann von einer zweiten oder höheren Potenz gesprochen werden kann.

V. Resümee Es hat sich gezeigt, dass der Potenzbegriff von 1801 aus der ganz eigenen Perspektive des neuen Ansatzes der Identitätsphilosophie heraus entwickelt wurde. War es die Eigenheit der konstruktiven Perspektive der Natur- und Transzendentalphilosophie der Jahre zuvor gewesen, den Seinsaufbau aus elementaren Prinzipien heraus in die immer komplexeren Strukturen der erscheinenden Natur und der geistigen Welt zu entwickeln, so ist es umgekehrt Eigenheit der Identitätsphilosophie, das Ganze als absolute Totalität bereits vorauszusetzen und erst mittels der Potenzen in die Vielheit der Welt auszudifferenzieren. Im Identitätssystem bezeichnen die Potenzen primär die Stellung des Einzelnen bzw. einzelner Seinsbereiche in Bezug auf das vorausgesetzte Ganze. Diese mereologische Sicht, nach welcher alles Seiende als Teil des Ganzen eben auch als Potenz, d. h. in relativer Stellung auf die differenzierenden Pole des IdentischEinheitlichen zu fassen ist, spiegelt sich in Schellings Darlegungen so wider, dass die konstruierte Seins-Linie »im Ganzen, wie im Theil […] alle Potenzen, wie die einzelne, aus[drückt]« (AA I,10, 141; Herv. v. Verf.), ja dass diese Linie überhaupt nur dadurch die Totalität darstellen kann, dass »sie nur unter der Form aller Potenzen ist« (AA I,10, 150; Herv. v. Verf.). Damit bezeichnen die Potenzen im eigentlichen Sinn nicht Momente des Absoluten, sondern Elemente der erscheinenden Welt des Geistes und der Natur. Unklar bleibt allerdings, inwiefern das System der Potenzen 1801 zugleich als eine Strukturtheorie des Absoluten 24 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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selbst zu verstehen ist, da dieses sich einerseits durch strikte Einheit und Potenzlosigkeit auszeichnet, andererseits jedoch alle Potenzen in sich enthalten und die Einheitsbasis für die durch das System der Potenzen entstehende Welt darstellen soll. 19 Immerhin lässt sich das abstrakte System der Potenzen als Strukturtheorie der Wirklichkeit insofern verstehen, als die Verhältnismäßigkeitsklausel der Potenzen in abstracto den Plan für die mögliche Wirklichkeit vorzeichnet. 20

Bibliographie Arndt, Andreas/Jaeschke, Walter 2012: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik 1785–1845. München. Baumgartner, Hans Michael/Korten, Harald 1996: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling. München. Durner, Manfred 2001: »Einleitung«. In: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Zeitschrift für Spekulative Physik, mit e. Einl. u. Anm. hg. v. Manfred Durner. Hamburg (Philosophische Bibliothek 524b), Bd. 2, IX–XLVII. Eschenmayer, Carl August 1797: Säze aus der Natur-Metaphysik auf chemische und medicinische Gegenstände angewandt. Tübingen. Frank, Manfred 2018: ›Reduplikative Identität‹. Der Schlüssel zu Schellings reifer Philosophie. Stuttgart-Bad Cannstatt (Schellingiana 28). Gerlach, Stefan 2020: »Schellings ›Einführung‹ des Potenz-Begriffs in die Naturphilosophie von 1799/1800 und seine Bedeutung im System des transzendentalen Idealismus«. In: Schelling-Studien. Internationale Zeitschrift zur klassischen deutschen Philosophie 8, 27–46.

Auf diese Schwierigkeit macht Hartkopf 1975, 119 aufmerksam. Hartkopf betont auch, dass die Bereiche des Reellen und Ideellen 1801 selbst nicht als ›Potenzen‹ bezeichnet werden, sondern hier nur von einer Untergliederung in ein reales und ein ideales All gesprochen werde. In diesem zweiten Punkt ist ihm allerdings ebenso sehr wie Tilliette 1970, 331, zu widersprechen, der auf dieselbe Schrift bezogen von den Hauptpotenzen des Denkens und der Ausdehnung (»les puissances majeures, la pensée et l’étendue«) spricht. Denn Schelling gebraucht die Ausdrücke eines Realen und Idealen 1801 überhaupt nicht, um mit ihnen eigenständige Dimensionen zu bezeichnen, wie er dies im Würzburger System mit den Bezeichnungen des idealen und realen Alls tun wird; selbst der Ausdruck der ›Reihe‹ erscheint erst in der letzten Fußnote im Hinweis auf die gerade nicht dargestellte »ideelle[…] Reihe« (AA I,10, 211). Daher geht auch Tilliette fehl, wenn er Denken und Ausdehnung als Potenzen im Sinne der Darstellung von 1801 bezeichnet. 20 Hierzu nochmals Hartkopf 1975, 118 f., der diesen Umstand treffend dahingehend beschreibt, »daß Schelling in den durch das Potenzsystem gegebenen Strukturen die Möglichkeiten sieht, die allein in der Erscheinungswelt verwirklicht werden können«. 19

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Stefan Gerlach Hartkopf, Werner 1975: Studien zur Entwicklung der modernen Dialektik, Bd. II: Die Dialektik in Schellings Transzendental- und Identitätsphilosophie. Meisenheim am Glan (Monographien zur philosophischen Forschung 138). Jantzen, Jörg 2005: »Adolph Karl August von Eschenmayer«. In: Naturphilosophie nach Schelling, hg. v. Thomas Bach/Olaf Breidbach. Stuttgart-Bad Cannstatt (Schellingiana 17), 153–180. Lauth, Reinhard 1975: Die Entstehung von Schellings Identitätsphilosophie in der Auseinandersetzung mit Fichtes Wissenschaftslehre (1795–1801). Freiburg/München. Rang, Bernhard 2000: Identität und Indifferenz. Eine Untersuchung zu Schellings Identitätsphilosophie. Frankfurt a. M. Reinhold, Karl Leonhard 1802: Beyträge zur leichtern Übersicht des Zustandes der Philosophie beym Anfange des 19. Jahrhunderts. Hamburg, H. 3. Schmied-Kowarzik, Wolfdietrich 2015: Existenz denken. Schellings Philosophie von ihren Anfängen bis zum Spätwerk. Freiburg/München. Schwab, Philipp 2017: »A = A. Zur identitätslogischen Systemgrundlegung bei Fichte, Schelling und Hegel«. In: Internationales Jahrbuch des Deutschen Idealismus / International Yearbook of German Idealism 12, 261–289. Tilliette, Xavier 1970: Schelling. Une philosophie en devenir, Bd. I: Le système vivant 1794–1821. Paris. – 2004. Schelling. Biographie, übers. v. Susanne Schaper. Stuttgart. Ziche, Paul 1996: Mathematische und naturwissenschaftliche Modelle in der Philosophie Schellings und Hegels. Stuttgart-Bad Cannstatt.

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein? Martin Walter (Kirchseeon)

Abstract In one of Friedrich Schlegel’s notebooks, the wording ‘Schellingian Syllogism’ occurs in connection with two different symbolic formulas. We consider several possible accounts of syllogistics within the timeline of Schelling’s Jena years: the Aristotelian tradition, Kant’s and Fichte’s accounts and remarks by Hardenberg, Troxler and Hegel. Especially in his dialogue Bruno, Schelling sketched a new way of interpreting the syllogistic deduction. Some elements of Schelling’s efforts lead back to Fichte’s symbolism in the Doctrine of Sciences. Nevertheless, as some interpretations by Troxler and especially by Hegel show, the main influential source for the mentioned ‘Schellingian Syllogism’ could be an interpretation of a passage from Plato’s Timaios (31c–32a). In accordance with this passage, a syllogism would be a dynamic, circular deduction-scheme from identity to certain differences and back towards a unified identity.

Friedrich Schlegel überliefert einen ›Schellingschen Syllogismus‹. 1 Lässt sich diese Überlieferung in den Texten Schellings und den Konstellationen um Schelling verorten? Der Beitrag unternimmt den Versuch, diesen Fragen nachzugehen und verschiedene Antwortmöglichkeiten zu skizzieren, die Anlass zur differenzierenden Adjektivbestimmung ›Schellingscher‹ gegeben haben könnten. Das vielfältig heterogene und zugleich quellenreiche Material erlaubt dabei vorerst nur einigen Hinweisen nachzugehen und zeigt zugleich, dass mit dem ›traditionellen‹ Logikthema ›Syllogistik‹ im Jena von Fichte, Schlegel, Schelling und Hegel einigermaßen philosophisch-kreativ verfahren wurde, um neue, eigene Ansätze auszuarbeiten. Die verschiedenen Syllogismus-Deutungen, mit denen in Schellings Umfeld gedankenDie Benennung einer Schlussform nach ihrem Erfinder stellt in der Logikgeschichte einen üblichen Vorgang dar. Eine Form des Kettenschlusses wurde nach Rudolf Göckel d. Ä. als goclenischer sorites benannt. Vgl. Krug 1833, 297, Krug 1806, 514 u. Troxler 1829, 100.

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experimentiert wurde, zeigen somit, dass die syllogistischen Figuren und Modi ganz und gar nicht als die »leblosen Knochen eines Skeletts« der Logik (WdL, GW 21, 10) aufgefasst wurden. Im Anschluss an die Vorstellung der Schlegel-Notiz sei versucht, anhand des Leitfadens jener Notiz, der – so steht zu hoffen – kein »dürre[r] Faden« (WdL, GW 21, 10) sei, die Frage nach dem ›Schellingschen Syllogismus‹ zu erörtern. Unter den hermeneutischen Optionen werden Anschlüsse an Platons Timaios, an Aristoteles, den Klassiker der Logik, an Kant und Fichte, aber auch innovative Perspektiven Hegels und Troxlers erörtert. Der erwähnten Notiz Schlegels ist die Bezeichnung ›Schellingscher Syllogismus‹ zu entnehmen. Dieser Syllogismus ist in Form zweier symbolischer Formeln in der Beilage VIII des Manuskriptkonvoluts Philosophische Lehrjahre aufgezeichnet: 2 � a = a denn a = a und a = a Schellingscher Syllogismus a = a b = b also a = b Als Entstehungszeit der Beilage VIII gibt der Herausgeber Ernst Behler den Zeitraum von 1803 bis 1807 an. Hinweise auf die Quelle oder den Kontext unterbleiben im kritischen Apparat. In der Forschungsliteratur ist, zumindest nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verfassers, diese von Schlegel auf Schelling bezogene Schlussform noch nicht diskutiert worden. Sie dokumentiert einerseits das zeitweise enge Verhältnis beider Denker, welches u. a. in Schlegels Idee des Symphilosophierens seine Voraussetzung hat. 3 Andererseits ist dem experimentellen Schreiben der Frühromantiker Rechnung zu tragen, das versucht, den Fluss der Gedanken einzufangen. Ob sich also Schlegels Überlegung aus einer Lektüre von Schellings späteren Schriften, etwa ab dem Erscheinen der Darstellung meines Systems der Philosophie (1801) oder aus persönlichen Gesprächen mit Schelling in Jena oder letztlich aus der Gemengelage vielfältigster Einflüsse speisen, ist nicht mehr oder noch nicht eindeutig anzugeben. Vorläufig genüge der Hinweis, Schlegel habe sich mit den Werken Schellings, auch nach 1801, intensiv auseinandergesetzt. Insbesondere seine Auseinandersetzung mit dem Bruno ist überlie-

Vgl. KFSA XVIII, Nr. 58, 565. Zu den Kennzeichen des Symphilosophierens bei Schlegel vgl. Röttgers 1988, dort zu Schelling und Schlegel 118 f.

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fert. Sie erfolgte vielleicht kurz vor der Entstehung seines Eintrags. 4 Mit Blick auf eine mutmaßliche Bruno-Lektüre Schlegels sei festgehalten, dass etwa schon durch den Philosophiehistoriker Johann Eduard Erdmann auf eine »wörtliche« Nähe des Bruno zu Platons Timaios hingewiesen wurde. 5 Das gemeinsame Interesse an Platon gilt es damit gleichfalls zu berücksichtigen.

I. In einem ersten Schritt sei eine Passage aus dem Bruno erörtert und erst danach auf Schlegels eigenen Zugang zur Syllogistik eingegangen, der sich wiederum zunächst an Aristoteles oder besser die aristotelische Schullogik anschließt. Im Dialog Bruno oder über das göttliche und natürliche Princip der Dinge (1802) heißt es einschlägig: 6 Von dem Schluß aber, welcher das Ewige unendlich setzt, reicht es hin zu bemerken, daß da in jedem für sich schon Möglichkeit, Wirklichkeit und Nothwendigkeit beysammen sind, alle weitere Verschiedenheit in Ansehung desselben sich darauf beschränke, daß die Einheit dieser drey, die in allen Schlüssen sind, entweder unter der Form des Unendlichen, oder des Endlichen, oder des Ewigen ausgesprochen werde. Die unendliche Form nun ist die kategorische, die endliche die hypothetische, die am meisten von der Natur des Ewigen hat, die disjunktive. In jedem Schluß aber ist bey aller Verschiedenheit der Obersatz in Bezug auf den Untersatz stets kategorisch oder unendlich, der Untersatz hypothetisch und endlich, der Schlußsatz aber disjunktiv und jenes sowohl als dieses in sich vereinigend. (AA I,11,1, 417).

Diese recht konkreten Formulierungen Schellings zum ›Schluß‹ lassen sich zwar nicht ohne weiteres in Schlegels obigen Formalismus übersetzen. Doch zeigen die Gedanken Schellings einen souveränen Umgang mit der Kant’schen Urteilstafel. Kant ist zwar nicht explizit erwähnt. Die Reihenfolge von den Urteilsarten aber, die Kant in der B-Auflage der Critik der reinen Vernunft (1787) unter der Tafelrubrik So schreibt Schlegel 1803 aus Paris an Schleiermacher (vgl. Tilliette 1974, 94 f.). Erdmann 1931, 323. 6 Dass zunächst der Bruno einen Ausgangspunkt bilde, ist bereits durch eine Analyse von Rosenkranz (vgl. 1843, 203 f.) initiiert. Er verweist in diesem Zusammenhang auf Hegels themenverwandte und nahezu zeitgleiche Habilitationsthese zum Syllogismus (s. u.). Eine Anregung könnte Schelling im Abschnitt »Von den transcendentalen Ideen« (KrV, B 377–382) empfangen haben. 4 5

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»3. Relation« zusammenfasst, bilden nach Schelling die absteigenden Bestandteile eines Schlusses. Sie werden in exakt dieser Reihenfolge als Ober-, Unter- und Schlusssatz einbezogen. Die drei auf Kant basierenden Urteilsformen finden sich jedoch in Schlegels Formeln nicht. 7 Die zweite Auflage der Critik zeigt: 1. Qualität der Urtheile. Allgemeine Besondere Einzelne 2. Qualität. Bejahende Verneinende Unendliche

3. Relation. Categorische Hypothetische Disjunctive 4. Modalität Problematische Assertorische Apodictische (KrV, B 95)

Dieser originelle Rückgriff Schellings auf Kant verdient es, näher in den Blick genommen zu werden und könnte mit einigem Recht tatsächlich als ein ›Schellingscher Syllogismus‹ bezeichnet werden. Ein solcher Rückgriff auf Kants Tafel bildet überdies ein Übergangsmoment der Verwertung von Schellings ursprünglichen Ideen innerhalb von Hegels Logik. Sie belässt die Urteile gleichfalls in der von Kant angegebenen Anordnung, was dem Usus der postkantischen Logik entspräche, doch bildet auch Hegel aus ihnen einen dynamischen Übergang zu den Schlüssen (vgl. WdL, GW 12, 77–89), die wiederum notwendig seien, um die einzelnen (Kategorial-) Begriffe aus ihnen zu entwickeln.

Mit Schellings Vorgang nicht zu verwechseln ist die korrespondierende, gleichwohl traditionelle Einteilung der Schlüsse insgesamt in jeweils kategorische, hypothetische und disjunktive. Diese Einteilung beruht darauf, wie der Obersatz formuliert ist, also werden die Obersätze nach Maßgabe verschiedener Schlussarten hinsichtlich der Relation der Urteile angeordnet. Bei Schelling durchläuft ein einziger Schluss die drei Urteilarten als Prämissen und Konklusion in der von Kant gegebenen Reihenfolge. Vgl. den Jenaer Kantianer Carl Christian Erhard Schmid in seinem Abriß der Logik (Schmid 1793, § 200, 113) zum üblichen Vorgehen.

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Nunmehr sei die Tafel in den Blick genommen: Allgemein gibt die Relation die Beziehung der in einem Urteil auftretenden Glieder an. Die Satzarten nach Maßgabe der Relation sind danach bestimmt, wie die einzelnen Teile eines Satzes miteinander zusammenhängen können. Das sind einmal die aus dem Logikunterricht bekannten prädikativen Sätze, worin zwei Begriffe miteinander verknüpft werden, üblicherweise als Subjekt und Prädikat bezeichnet. Aber zur Relation werden noch diverse Arten von Sätzen gerechnet, die eben nicht prädikativ sind. All jene, von Kant unter der Überschrift »Relation« subsumierten Sätze wurden in der bisherigen Logiktradition als einfache und zusammengesetzte Urteile angesprochen. 8 Wird die von Kant vorgenommene Gleichsetzung dieser beiden Benennungen berücksichtigt, so findet sich bei Kant ein grundständig, traditionell etablierter Stoff der logischen Urteilslehre wieder, wenn auch teilweise in verschiedener Ausdeutung. Die erste Art der Relation betrifft die kategorischen Urteile. Ein solches solle nach dem obigen Bruno-Zitat stets den Obersatz oder die erste Prämisse ausmachen und sei unendlich. 9 Sie besagen, dass dem Subjekt ein Prädikat zukommt. Diese Art von Sätzen oder Urteilen ist es, mit denen es die aristotelische Logik im engeren Sinne, d. h. vor allem in den Analytica priora, zu tun hat und die daher in die Konstruktion des traditionellen Syllogismus einfließen. 10 Hier ist die Beziehung zwischen zwei Begriffen, die in dem Urteil auftreten, hervorgehoben. So ist es also der Gesichtspunkt der kategorischen Relation, der alle kategorischen Urteilsarten betrifft, sowohl quantitative als auch qualitative. Die Ausrichtung des kategorischen Urteils auf das Hinzukommen einer prädikativen Bestimmung zum Subjekt, als die Behauptung, dass etwas so ist, wie es im Satz angegeben wird, resultiert seiner materialen Geltung nach aus einer Erkenntnis. Der Satz

Vgl. Poinsot 2008, Bd. 1, 25: »quae ab aliis dicitur composita seu coniunctione una, dicitur illa, quae habet duas categoricas tamquam partes principales sui.« 9 Dies ist wiederum nicht zu verwechseln mit den unendlichen Urteilen bei Kant unter der (2.) Qualität der Urteile. Obgleich Kantianer hier die Differenz zwischen endlichen und unendlichen Urteilen einführen, betrifft beides eigentlich die Qualität des kategorischen Urteils. Wird das Prädikat aus positiven Merkmalen gebildet, spricht man von endlichen Urteilen (finita), wird es aus lediglich negativen Merkmalen gebildet, so spricht man von einem unendlichen Urteil (infinita), »weil unendlich viele negative Merkmale von einem Gegenstande ausgesagt werden können, ohne daß er dadurch realiter erkannt wird« (Jakob 1794, 80). 10 Vgl. Bocheński 1951, 43 f. 8

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kann nur ausgesprochen werden, wenn gewusst wird, wie die Sache tatsächlich ist. Aufgrund dieses Wissens kann nachfolgend behauptet werden, wie die Sache beschaffen sei. Dieser Gesichtspunkt der inhaltlichen Erkenntnis wird jedoch normalerweise in der Logik nicht als verbindlich oder erforderlich angesehen. Die formale Logik als solche ist nicht von inhaltlichen Erkenntnissen abhängig. Formallogisch ist allein die Beziehung von Subjekt und Prädikat, insofern sie Begriffe sind. Der kategorische Satz lässt sich ausdrücken in der Formel: ›Ich behaupte oder verneine, dass, wenn etwas S ist, es auch P ist‹. Mithin lassen sich am sogenannten kategorischen Urteil zwei Gesichtspunkte herausarbeiten. Das ist zum einen die Art und Weise, wie Subjekt und Prädikat miteinander verknüpft sind. Die klassische Einteilung der kategorischen Urteile, gemäß der Quantität und Qualität, lässt sich anhand der von Euler breitenwirksam eingeführten Kreisdiagramme sogleich veranschaulichen: 11

Das zweitgenannte, hypothetische Urteil betrifft nach Kant das Verhältnis des Grundes zur Folge. Kant nennt dafür den Beispielsatz »[W]enn eine vollkommene Gerechtigkeit da ist, so wird der beharrlich Böse bestraft« (KrV, B 98). Dieses hypothetische Urteil betrifft das Verhältnis zweier Sätze: 1. ›Es ist eine vollkommene Gerechtigkeit da‹ und 2. ›Der beharrlich Böse wird bestraft‹. 12 Aber es ist in dem Euler 1773, 92. Vgl. auch die korrespondierenden Zeichnungen Kants (Reflexion 3215, Handschriftlicher Nachlaß, Bd. III, Logik, AA 16, 715). 12 Deshalb nennt die Logiktradition ein zusammengesetztes Urteil propositio hypo11

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

Zusammenhang des hypothetischen Urteils nicht ausgemacht, ob diese beiden Sätze jeweils für sich genommen inhaltlich wahr sind. Hier ist vielmehr nur die Konsequenz oder die Folgerichtigkeit der Ableitung des einen aus dem anderen Satz angesprochen. Die von Kant angegebene Beziehung des hypothetischen Urteils auf Grund und Folge ist jedoch missverständlich. Das hypothetische Urteil sollte eindeutig durch das Bindewort ›wenn‹ gekennzeichnet werden, so dass das hypothetische Urteil durch die Formel ›wenn p, dann q‹ ausgedrückt werden kann, wobei die Buchstaben p, q, wie in der Aussagenlogik üblich, als Variablen für Sätze stehen. Dabei mögen aber die durch p und q symbolisierten Sätze in sich wieder nach Subjekt und Prädikat aufgelöst werden, was hier nicht entscheidend ist. Ausschlaggebend ist an dieser Stelle vielmehr, dass eine Verknüpfung aufgrund einer gesetzten Bindung oder aufgrund einer angenommenen Voraussetzung gegeben ist. Kants Bezugnahme des hypothetischen Urteils auf Grund und Folge lässt diese hypothetische Beziehung leicht verwechseln mit einer Kausalbeziehung, denn der Wortlaut Kants schließt es zumindest nicht aus, dass anstelle des Wortes ›wenn‹ das Wort ›weil‹ eingesetzt wird. Daraus würde sich der später noch darzulegende Gedanke, logische Gesetze als Ausdruck von Weltgesetzen anzusehen, wenigstens implizit ableiten lassen. Aber die Logik hat es eben nicht mit Kausalsätzen in diesem Sinne zu tun. Anstatt einer Kausalbeziehung gibt sie vielmehr reine Folgebeziehungen an. Die Folgebeziehung ergibt sich nun aus der angenommenen Voraussetzung. Vorsichtshalber wäre aber nicht von Grund und Folge zu sprechen, sondern besser von angenommenen Voraussetzungen und den aus ihnen abgeleiteten Folgen. Diese formallogische Deutung wäre jedoch Schellings ontologischer Auslegung gegenläufig. Das disjunktive Urteil endlich, welches Schelling als Konklusion für den Syllogismus im Bruno vorsieht, betrifft das »[Verhältniß] der eingetheilten Erkenntniß und der gesammleten Glieder der Eintheilung unter einander« (KrV, B 98). Hier geht es nicht um die Abfolge des einen Satzes aus dem anderen, sondern um die Entgegensetzung thetica. Diese werden ihrerseits in conditionalis, disiunctiva und coniunctiva eingeteilt. Somit entspricht Kants Einteilung der Urteile nicht gänzlich der scholastischen Tradition. Denn sie beträfe einmal die kategorischen Urteile insgesamt, aber nur zwei Sonderformen des hypothetischen Urteils, nämlich das konditionale und das disjunktive Urteil. Vgl. Poinsot 2008, Bd. 1, 53 f.

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von Sätzen. Im disjunktiven Urteil treten mindestens zwei Sätze auf. Infolgedessen lässt sich das disjunktive Urteil ausdrücken durch die Formel: ›S ist P oder S ist Q oder S ist etc.‹. Diese einzelnen prädikativen Bestimmungen, die von einer Sache ausgesagt werden können, schließen sich jeweils wechselseitig aus. Sie können folglich nicht zugleich auftreten. – Das ist jedoch eine Voraussetzung, die Fichte und im Anschluss an ihn Schelling für die obersten Grundsätze aufzugeben scheinen, woraus sich wiederum eine Differenz zu und mit Kant und seinen orthodoxen Anhängern ergibt. 13 Es kann immer nur eines dieser Prädikate von einem Subjekt angenommen werden. Aber all diese, sich gegenseitig ausschließenden Prädikate, machen in ihrer Gesamtheit die Menge aller insgesamt nur möglichen Prädikate aus. 14 Demzufolge muss dem Subjekt nun das eine oder das andere Prädikat zukommen. Es kann also nicht statthaben, dass mehrere Prädikate in der Disjunktion dem Subjekt zugleich zukommen. Gleichfalls kann nicht statthaben, dass gar kein Prädikat dem Subjekt zukommt. Kant benennt in der Critik hierfür folgenden Beispielsatz: »[D]ie Welt ist entweder durch einen blinden Zufall da, oder durch Die sogenannte Jäsche-Logik, Kants Logikhandbuch, ist von seinem Schüler Jäsche sicherlich in Gegenstellung zu Fichte und Schelling konzipiert worden, weil der späte Kant die Gefahr sah, dass beide die logischen Grundsätze (Satz vom Widerspruch und von der Identität) nicht mehr als unbedingt voraussetzten. Darüber gibt die Vorrede Jäsches (vgl. Log., AA 9, 7) Auskunft. Schellings Vom Ich als Princip hatte Kant vielleicht gelesen oder lesen lassen und mit Jäsche diskutiert; jedenfalls besaß er ein Exemplar (vgl. Warda 1922, 54). Hierher gehört auch die bisher unbeachtete Schrift, vermutlich von Jäsche: Stimme eines Arktikers über Fichte und sein Verfahren gegen die Kantianer (Königsberg 1799). Darin wird die Ich-Philosophie aufgrund von Stellen aus der Critik der reinen Vernunft dezidiert widerlegt und Fichtes persönliches Verhalten bemängelt. Schepelmann (2018, 158–161 u. bes. 181–185) geht sogar so weit, dass sie Kant die Autorschaft für diese Schrift zuschreibt. Ihre These sei hier insofern unterstützt, als dass ein Vergleich der Typographie exakt jener der JäscheLogik entspräche und somit wohl Nicolovius der Drucker war. Eine alleinige Autorschaft Kants wäre jedoch aufgrund der aktuellen Faktenlage als fraglich zu erachten. Auch eine ablehnende Rezension von Schellings Ueber die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt (AA I,1, 264–300) schreibt Schepelmann (2018, 213–215) Kant zu. Schelling repliziert auf jene Rezension, abgedruckt in Jakobs Annalen der Philosophie, später in Vom Ich (AA I,2, 61 f. u. 75 f.), was Schepelmann jedoch nicht in ihre Überlegungen einbezieht. Eine Übersichtsstudie zu Kants Schelling-Rezeption wäre wünschenswert. Etwa der Personenindex zu den Werken Kants nennt ihn immerhin sechsmal (vgl. Holger et al. 1969). Äußerungen aus Kants Umfeld lassen dabei die Vermutung zu, dass es eine, wie auch immer geartete, persönliche Beziehung zwischen Kant und Schelling gegeben haben kann (vgl. Reicke 1860, 23 u. 40). 14 Dazu vgl. das Diagramm in der Jäsche-Logik (vgl. Log., AA 9, 108). 13

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innre Nothwendigkeit, oder durch eine äußere Ursache« (KrV, B 99). Kant schreibt weiter: Es ist also in einem disjunctiven Urtheile eine gewisse Gemeinschaft der Erkenntnisse, die darin besteht, daß sie sich wechselseitig einander ausschließen, aber dadurch doch im Ganzen die wahre Erkenntniß bestimmen, indem sie zusammengenommen den ganzen Inhalt einer einzigen gegebenen Erkenntniß ausmachen. (KrV, B 99)

Aus jenen Ausführungen Kants, dass das disjunktive Urteil ›doch im Ganzen die wahre Erkenntniß‹ bestimme, lässt sich Schellings Herleitung, dass der disjunktive Schlusssatz der Natur des Ewigen am ehesten entspräche, weil er Differenzen vereinige, durchaus im Ansatz erahnen. – Obwohl anlässlich dieser Ausführungen zu Recht von einem ›Schellingschen Syllogismus‹ die Rede sein könnte, lassen sich die Formeln Schlegels nicht eindeutig im Sinne seiner Angaben interpretieren. Hinsichtlich formallogischer Gesichtspunkte bildet Schellings Vorschlag durchaus eine zulässige Verknüpfung, wenn die Disjunktion in der Konklusion im üblichen Sinne der Aussagenlogik und nicht im Sinne einer Kontravalenz gedeutet wird. 15 Der von Schelling damit angedeutete Syllogismus könnte vielleicht in folgender Weise ausgeschrieben werden:

Für die Möglichkeit diverser Urteilsverknüpfungen vgl. Höfler/Meinong 1890, 112–114. Inhaltlich könnte Schelling hier einen Gedanken, den er im Vom Ich aufgeworfen hatte, weiterentwickelt haben. In Kants Critik werden die Stammbegriffe oder Kategorien – bekanntlich nicht ganz unproblematisch – aus der Urteilstafel abgeleitet. Schelling spricht von einer »Syllepsis aller Kategorien«, wie sie im Ich als Prinzip und Grundsatz je schon angelegt sei (AA I,2, 152). Eine solche Zusammengezogenheit in der Urform werde durch Vermittlung allererst synthetisch entwickelt. Insofern könnte man Schellings früheren Gedankengang auf seine Ausführungen im Bruno anwenden und die Hypothese aufstellen, dass der Schlusssatz in der Form eines disjunktiven Urteils für die Syllepsis der Kategorien zuträfe, also ihre Zusammengezogenheit zergliedere, und die Kategorien somit allererst entwickle und nicht als gegeben, wie Kant, voraussetze. Die Ausarbeitung dieses Gedankens, d. h. der Analogie zwischen Syllepsis und Syllogismus, bedarf jedoch einer begriffslogischen Detailanalyse der beiden angegebenen Schelling-Stellen, da dieser Gedanke bei Schelling m. E. gar nicht explizit entwickelt wird und somit zunächst im Sinne Schellings ausformuliert werden müsste, was einer späteren Arbeit vorbehalten sein wird. Auf Kants Ansatz rückgewendet würde sich auf der Grundlage von Schellings Darlegungen eine syllogistisch-vermittelte Verhältnisbestimmung zwischen Urteils- und Kategorientafel herausarbeiten lassen, die allerdings auch die postulierte Priorität der Tafel fallen lassen müsste.

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Alle M sind P; Wenn alle S M sind, dann sind einige Q M: Also sind alle S P oder einige Q sind P. Alle Menschen sind sterblich; Wenn alle Athener Menschen sind, dann ist Sokrates ein Mensch: Also sind alle Athener sterblich oder Sokrates ist sterblich.

Da Kants Logik, wie Klaus Reich bemerkt, sich selbst in eine von Aristoteles vorgegebene Tradition eingliedere, bietet sich in einem nächsten Schritt der Übergang zur aristotelischen Syllogistik an. 16

II. Schlegel stellte wiederholt Überlegungen zur traditionellen, kategorischen Syllogistik im Sinne der Schullogik an. In die Entstehungszeit seiner Notiz fällt beispielsweise die Vorlesung Propädeutik und Logik (Köln 1803–1806): »Die Grundformel für alle Schlüsse ist in folgender mathematischer Formel ausgedrückt: a = b b = c ergo a = c«. 17 Eine formale Ähnlichkeit jener Schreibweise mit dem ›Schellingschen Syllogismus‹ ist offensichtlich. Es handelt sich um eine Art mathematischer Gleichung für das allgemeine Schema eines Syllogismus. 18 Die Symbolisierung der Begriffsrelationen mit dem Gleichheitszeichen ist insofern problematisch, als dass sie die quantitative Identität der verknüpften Begriffe a, b und c suggerieren könnte. Semantisch entspricht dieser Vorgang jedoch der lateinischen Schultradition, wenn das Zeichen ›=‹ dem Verb est entspräche. Im Anschluss an die Übersetzung von Boëthius 19 hat sich anstelle des original-aristotelischen Verbs ›zukommen‹ (hyparchein) das Verb ›sein‹ (est) als Verknüpfung zwischen den in einen Syllogismus eingehenden Begriffen Reich (1948, 5) schreibt, Kant habe einen Beitrag zur ›traditionellen aristotelischen Logik‹ geliefert, womit die Lehre von Begriff, Urteil und Syllogismus bzw. Schluss gemeint ist (vgl. die aktuelle Forschung von Lu-Adler 2018, 39–64). 17 KFSA XIII, 304. 18 Schlegel folgt nicht der üblichen Schreibweise von drei Sätzen untereinander. Interessanterweise formuliert er den Syllogismus als Konditionalsatz und nähert sich damit der späteren These von Łukasiewicz (1951, 20–23) an. Mit den gegenwärtig üblichen Ausdeutungen als Kalkül des natürlichen Schließens ist eine aussagenlogische Interpretation freilich selbst hinfällig. Vgl. Thom 1998, Sp. 703. 19 Vgl. Aristoteles, Analytica priora, 24a10–70b35 (Aristoteles 1964, Bd. III, 1–4, 1– 139). 16

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etabliert. Schlegel könnte dabei etwa an das Vorbild der ars combinatoria von Leibniz gedacht haben, eine Schrift, auf die er gelegentlich verweist. 20 Leibniz schreibt in seiner Dissertatio de arte combinatoria analog: »A est B. B est C. Ergo A est C.« 21 Jener Text von Leibniz lieferte für Schlegel, Hardenberg und Krause überdies entscheidende Anregungen zur Idee einer universalen Sprache. 22 Eine philologisch treffende, da nun einmal am originalen, griechischen Wortlaut anknüpfende Definition eines Syllogismus im Sinne des Aristoteles, findet sich erstaunlicherweise sodann bei Hegel. Er diktierte anlässlich seines Gymnasialunterrichts: Wenn eine Bestimmung A einer Bestimmung B zukommt oder nicht zukommt, die Bestimmung B aber einer Bestimmung C, so kommt auch die Bestimmung A dem C zu. (Hegel 1965, Bd. 3, 140)

Erstaunlich ist diese Formulierung deshalb, weil Hegel damit Forschungsergebnisse antizipiert, die etwa Günther Patzig in seiner heute klassischen Monographie hinreichend rekonstruiert und die die Bedeutung der verbalen Verknüpfung ›zukommen‹ (hyparchein) anstelle von ›sein‹ für die Aristoteles-Interpretation herausstellt. In philologischer Übereinstimmung mit Hegels Wortwahl gibt Patzig also als wortgetreue Übersetzung und korrekte Form des aristotelischen Syllogismus an: »Wenn das A allen B zukommt und das B allen C zukommt, so kommt das A allen C zu«. 23 Bei Hegel sind die Prämissen noch nicht quantifiziert – wiederum analog zu Schlegels Darstellung – und er spricht die Begriffe als ›Bestimmungen‹ an, was auf den Sprachgebrauch Kants oder Ploucquets zurückgehen könnte, die von Begriffsmerkmalen als nota oder einfach von ›Merkmalen‹ sprechen. 24

Vgl. KFSA XVIII, IV Zur Metaphysik, Nr. 1024 u. Nr. 1030, 280 f. Leibniz 1666, 183. 22 Der mit Schelling gleichzeitig in Jena weilende Karl Christian Friedrich Krause hat in seiner Logik explizit und wohl zu seiner Zeit am konsequentesten versucht, Leibniz’ Idee einer Universalsprache im Anschluss an die Ars combinatoria auszuführen (vgl. Krause 1828, 128). Hegel lehnt den Rückgang auf Leibniz strikt ab (vgl. WdL, GW 12, 108 f.). Zur frühromantischen Zeichentheorie vgl. Menninghaus 1989. Auch Friedrich v. Hardenberg greift in diesem Sinne auf Leibniz zurück und beteiligt sich an universalzeichensprachlichen Überlegungen. Vgl. Lancereau 1997 und klassisch, die Studie von Mahnke 1937, 3–42. 23 Patzig 1959, 24. 24 Vgl. die dt.-lat. Ausgabe in Ploucquet 2006, 2 f., dort als idea seu notio bezeichnet. 20 21

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Damit stellt Schlegel sowohl den aristotelischen als auch den ›Schellingschen Syllogismus‹ anhand dreier Sätze dar, die jeweils die interne Subjekt-Objekt-Beziehung mit dem Gleichheitszeichen anzeigen. 25 Die Ableitung einer Konklusion aus den zwei Prämissen drückt er in seinen diversen Ausführungen durch die Wörter ›denn‹, ›also‹ oder ergo aus. 26 Auffällig ist, dass in der ersten Zeile des ›Schellingschen Syllogismus‹ die Konklusion vor die beiden Prämissen gesetzt wurde. Beide Darstellungsweisen wählen zudem die Kleinbuchstaben a, b und c als Begriffsvariablen. Im ›Schellingschen Syllogismus‹ kommen jedoch nur eine einzige Variable (obere Zeile: a) oder zwei verschiedene Variablen (untere Zeile: a und b), nicht aber drei Variablen (a,b,c) vor. Die Transitivität ist im aristotelischen Syllogismus durch je drei subordinierte Begriffe gewährleistet. Was damit gemeint ist, kann gleichfalls anhand eines Kreisdiagramms verdeutlicht werden. Schlegels allgemeingehaltene Formulierung »a = b, b = c ergo a = c« korrespondiert jenem Diagramm: 27

Eine tautologische Schlussfolgerung von a auf a zu bilden, ist in jedem Fall logisch korrekt, sodass die erste Zeile Schlegels eine zulässige und schlüssige Formulierung, auch im aristotelischen Sinne, 28 Eine gute Überblicksdarstellung zur klassischen, begriffslogischen Behandlung der Syllogistik findet sich bei Prior 1962, 103–125. 26 Vgl. zur Implikation durch ergo Łukasiewicz 1951, 21 f. 27 Euler 1773, 98. Diese Darstellungsform etablierte sich vor allem ab dem Ende des 17. Jahrhunderts. Kant experimentierte etwa mit diversen, graphischen Modellen der Syllogistik, wie seine Vorlesungsvorbereitungsnotizen in Meiers Auszug aus der Vernunftlehre belegen, allerdings ohne zu einer eigenen, graphischen Syllogismusdarstellung zu kommen (AA 16, 715–717 u. 724–729). Noch immer brauchbar ist Ziehens historische Übersicht (vgl. Ziehen 1920, 227–236). 28 Fichtes Hausgenosse J. H. Obereit (vgl. Walter/Hüttner 2021, 205–223) formuliert den ersten Grundsatz in einem ähnlichen Duktus der absoluten Identität, zunächst als »A schlechthin von, durch, wegen A. ist A. = A.«. In seinem mutmaßlichen Hand25

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sein kann und den Fall der Identität ausdrücken könnte. Die logische Beziehung von zwei Begriffen, die Schlegel in den zwei Prämissen und der Konklusion der unteren Zeile mit »a = a, b = b also a = b« andeutet, ist hingegen aufgrund des fehlenden Mittelbegriffs keineswegs prima facie im Sinne der aristotelischen Syllogistik zu verstehen. 29 Dass Schelling nicht starr an die alte aristotelische und überkommene scholastische Tradition, die als spitzfindig, so Kant (vgl. AA 2, 45–61), und in ihrer mathematisch-mechanischen Ausprägung als tot, so Hegel (vgl. WdL, GW 12, 109), galt, angeknüpft haben wird, darf, als dem Zeitgeist geschuldet, angenommen werden. Dieser Zeitgeist, der die schullogische Tradition nicht einfach wiederholt, drückt sich deutlich in Schlegels Forderung aus: »Es muß sich ein neuer Syllogismus erfinden lassen – der etwa eine Nachahmung der Schöpfung aus Nichts – eine theoretische Freiheit wäre«. 30 Wenn der ›Schellingsche Syllogismus‹ ein solch ›neuer Syllogismus‹ wäre, kann er eben nicht als Wiederholung der Tradition, sondern nur als der Versuch ihrer kreativen Umgestaltung angesehen werden. Gleichwohl besteht die Forderung, dass dieser ›neue Syllogismus‹ eben auch ein Syllogismus sein sollte. Denn dem Syllogismus wird nach wie vor höchste philosophische Relevanz beigemessen. In den Lehrjahren heißt es dementsprechend: »Jedes Werk der Philosophie muß ein großer Syllogismus seyn«. 31 Damit hat sich die aristotelische Tradition keineswegs einfach erledigt, sondern ihr vorgefundenes Material soll nunmehr »in Flüssigkeit« gebracht werden (WdL, GW 12, 5).

exemplar der Finalen Vernunftkritik (Obereit 1796, 120) ergänzt er noch zwei Variablen ›A‹ : »A schlechthin von A, durch A, wegen A. ist A. = A«. Eine ähnliche selbstreferentielle Reihung der Variable A anhand von Modal- und Lokalpräpositionen findet sich bei Hegel (Differenzschrift, GW u, 82). 29 Nach Aristoteles besteht jeder Syllogismus aus drei Begriffen, vgl. Aristoteles, Analytica priora, 81b10–14 (Aristoteles 1964, Bd. IV, 1–4). Die tautologische Formulierung von Axiomen, aus denen man weitere Lehrsätze ableitet, wie etwa Fichtes ›Ich = Ich‹, ist schon in der Euklidischen Geometrie bekannt. Vgl. Prior 1962, 20 f. 30 KFSA XVIII, Nr. 4, 560. 31 KFSA XVIII, V, Nr. 981, 402. Vielleicht hat Hegel die beiden Forderungen Schlegels am konsequentesten erarbeitet, indem sein ganzes späteres System als Schluss angesehen werden kann und er tatsächlich den Anfang mit dem Nichts durchführt, indem er Sein und Nichts als totale Abstrakta, d. h. frei von allen Bestimmungen, setzt (vgl. Enz. I, GW 20, 206 f. u. 120–124).

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III. Auch Schellings Darstellung meines Systems der Philosophie von 1801 bedient sich gewisser Formeln, die vielleicht gleichermaßen im Sinne eines syllogistischen Schemas gedeutet werden dürfen. Auf diese Spur führt ein Hinweis Hegels: »Formen des Begriffs, der Vernunft brachte er [Schelling, M. W.] an die Natur, so im Magnetismus die Form des Schlusses« (GeschPh III, TWA 20, 426). Im Anschluss an diesen Hinweis sei eine geraffte Explikation zur entsprechenden Textstelle versucht (vgl. AA I,10, 116–153): Die Formel A = A stellt Schelling als quantitative Indifferenz oder Identität dar. Die quantitative Differenz wird durch die Formel A = B zum Ausdruck gebracht. Das nachstehende, oft zitierte Schema Schellings könnte wie folgt als Syllogismus angesehen werden (AA I,10, 139): þA ¼ B

A ¼ Bþ A¼A

Die sogenannten entfernteren Pole, die in Schellings System Subjektivität und Objektivität bzw. Realität und Idealität ausdrücken, wären dann die Extrema, 32 d. h. Außenbegriffe eines Schlusses. A = A könnte als sogenannter Indifferenzpunkt den Mittelbegriff abgeben und als Symbol der Totalität zugleich als Konklusion verstanden werden. Der Syllogismus kommt bekanntlich nur zustande, wenn es mindestens eine identische ›Bestimmung‹, um Hegels Wortwahl zu wiederholen, gibt, die jedem Extrem jeweils als vermittelnde Instanz zukommt. Schellings Indifferenzpunkt gibt dieses logische Moment des Mittelbegriffs spekulativ an, indem die entgegengesetzten Bestimmungen in einer identischen Bestimmung des dennoch jeweils entgegengesetzten Pols oder Extrems zusammenfallen. Dies führt zu einer allumgreifenden Verbindung, die sich abermals zu einer Totalität zusammenschließt. Jenes allgemeine Schema besteht jedoch jenseits der von Aristoteles erarbeiteten drei Figuren mit ihren kombinatorisch möglichen, gültigen und ungültigen Modi. Innerhalb von Schellings Schema aus der Darstellung könnte jeder Satz dynamisch jeweils je zum Ober- oder Untersatz oder Schlusssatz werden. 33 Vgl. Bocheński 1951, 43. Eine Grundidee, die auch bei Hegel wiederkehrt, in dem er den Schluss als »Kreislauf der Vermittlung« deutet (Enz. I, GW 20, 192). Für eine Übersichtsdarstellung

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Deutlich wird diese dynamische Zirkularität der allgemeinsten Formel der Syllogistik, die von allen besonderen Modi absieht, in einer Graphik, die Schellings und Hegels ehemaliger Jenaer Student, der spätere Schweizer Arzt Ignaz Paul Vital Troxler, in seiner Logik (1829) verwendet: 34 Drei Begriffe also und drei Urtheile in zwei Hauptsätzen […] unter sich reflectirt und inventirt werden müßen, so daß sie sämmtlich einmal durch die Einheit in der Zweiheit, – in den Prämissen – und einmal durch die Zweiheit in der Einheit – in der Conclusion, sich verbinden, und sich kreuzend durchdringen, machen die wesentliche Form und den lebendigen Act der Syllogismen aus. […]

Troxler schreibt, der Syllogismus sei ein »Weltgesetz«, es spiegle sich als Naturgesetz im Planetenlauf und in »den Octaven der Licht- und Schallwelt« wieder. 35 Anlässlich dieser Ausdeutung Troxlers ist wiederum an zwei Thesen aus Hegels Habilitation (August 1801) zu erüber Hegels Behandlung der Syllogistik bzw. Lehre vom Schluss vgl. Burbidge 2004, 151–156. 34 Troxler 1829, 32 f. Eine ähnliche Dreiecksdarstellung kennt W. T. Krug. Er nennt das »Prinzip der kategorischen Schlüsse« zugleich das »Prinzip der relativen Identität« (Krug 1806, 309). Trotz aller, von Krug selbst propagierter, Gegensätzlichkeit zu Schelling könnte hier ein Anknüpfungspunkt – etwa über den Einfluss Fichtes – gesehen werden. 35 Troxler 1829, 32. Entsprechend Hegels Angabe: »Der Schluß ist deswegen der wesentliche Grund alles Wahren; und die Definition des Absoluten ist nunmehr, daß es der Schluß ist, oder als Satz diese Bestimmung ausgesprochen: Alles ist ein Schluß« (Enz. I, GW 20, 192). Zu dieser Angabe Hegels ziehe man vergleichend die überlieferte Nachschrift von Schlegels Vorlesung über Transzendentalphilosophie (Jena 1800/ 01) hinzu: »Syllogismus, so wie er hier zu verstehen ist, drückt etwas Ganzes, in sich selbst Vollendetes aus. […] (Der Syllogismus ist gleichsam ein kleines System, und das System ein großer Syllogismus)« (KFSA XII, 22). Hierzu wiederum die oben im Text zitierte Stelle aus KFSA XVIII, V, Nr. 981, 402.

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innern: II. »Syllogismus est principium Idealismi« und III. »triangulum [est lex] mentis« (GW 5, 227). Die Thesen wurden bekanntlich unter Schellings Vorsitz verteidigt. 36 – Schlegel hatte sich etwa ein Jahr vor Hegel in Jena habilitiert. 37 – Die Gestalt des gleichseitigen Dreiecks ergibt sich aus den in den Syllogismus einfließenden drei Begriffen (Eckpunkte), die wiederum jeweils drei Sätze (Seitenlinien) konstituieren. Aus spätantiken Aristoteles-Kommentaren sind ähnliche graphische Darstellungen überliefert. 38 Schelling und Hegel – vielleicht auch Hölderlin – darf überdies eine einschlägige Kenntnis des corpus aristotelicum und damit seiner logischen Schriften unterstellt werden. Anders als Kant, der Aristoteles vielleicht nie las, 39 haben die Tübinger dessen Organon wohl anhand des Originals studiert und besaßen in Gottfried Ploucquet und seinem Schüler und Herausgeber Bök zwei eminente Experten für Syllogistik am Stift. 40 – Dennoch, die Wurzel für den ›Schellingschen Syllogismus‹ kann nicht vollumfänglich in einer alleinigen, wenngleich freien und spekulativen, Neuinterpretation der Analytica priora vermutet werden.

IV. Die Schreibweise Schlegels erinnert naheliegender Weise an Fichtes wissenschaftsgelehrte Formeln. Zunächst zu einer Ausführung Fichtes, die zeigen könnte, wie in der zweiten Zeile von Schlegels Notat Vgl. Kimmerle 1967, 21–42. Vgl. Schlegel 1935, 35–40 u. Breuer 2017, 12. 38 Nachgewiesen wurden sie beispielsweise in Handschriften zum Kommentar zur Analytica priora des Johannes Philoponos (1905, xxxvii). 39 Vgl. Walter 2013, 490–498. 40 Für Hegels Bibliothek sind zahlreiche altgriechische Aristoteles-Ausgaben nachgewiesen (vgl. GW 31.1, 426–444); bei Schelling sind keine älteren, altgriechischen Ausgaben der Logikschriften verzeichnet (vgl. Müller-Bergen 2007); für Hölderlin ist unter den wenigen Büchern des Nachlasses eine Ausgabe des Organon (Frankfurt 1598) belegt (vgl. StA 7,3, 388). Aufschlussreicher als der Bibliotheksbestand ist der Hinweis in der Lebensbeschreibung Schellings durch seinen Sohn, der von Auszügen aus Platon, »von dem er schon in Bebenhausen mehrere Gespräche gelesen hatte« und Exzerpten aus Aristoteles berichtet (Plitt I, 29). Zu Bök und Ploucquet vgl. Bök 1766. Diese Schrift besaß Hegel (vgl. GW 31.1, 29). Hegel äußert sich über Ploucquets Logik abfällig (WdL, GW 12, 110). Schelling distanziert sich gleichfalls (F. W. J. Schelling an J. G. Fichte, 24. Mai 1801, AA III,2,1, 350). Eine Übersicht der Studiengegebenheiten am Stift findet sich beispielsweise bei Jamme 2005, 29 oder Franz 1996, 101–116. 36 37

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der Schluss von a = a und b = b auf a = b zustande käme, ohne einen Mittelbegriff zu benennen, der ja eigentlich sowohl a als auch b zukommen müsste. In der Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre wird folgende Deduktion durchgeführt: Alles gleichgesezte (= A = B) ist sich selbst gleich, kraft seines Geseztseyns im Ich. A = A. B = B. Nun wird gesezt B = A, mithin ist B durch A nicht gesezt; denn wäre es dadurch gesetzt, so wäre es = A und nicht = B. […] Ist aber B durch das Setzen des A nicht gesezt, so ist es insofern = –A; und durch das Gleichsetzen beider wird weder A noch B, sondern irgend ein X gesetzt, welches = X. und = A. und = B. ist. Welches das zweite war. Hieraus ergiebt sich, wie der Saz A = B gültig seyn könne, der an sich dem Satze A = A widerspricht. X = X. A = X. B = X. mithin A = B, insofern beides ist = X: aber A = –B, insofern beides ist = – X. (GA I,2, 272 f.)

Um A = B als Konklusion zu setzen, muss Fichte nun eine Art Syllogismus anwenden, indem er ein X einführt, dass sowohl B als auch A zukommt. Dieses X fungiert anscheinend in Analogie zu einem Mittelbegriff. Gelingt es aber Fichte wirklich, den Widerspruch, von dem er schreibt, aufzulösen und bewegt er sich auf dem Boden der traditionellen Schullogik? Dies haben schon seine Zeitgenossen infrage gestellt, indem sie Fichte allenthalben eine quaternio terminorum vorwerfen, 41 d. h. dem verwendeten Mittelbegriff kommen zwei verschiedene Bedeutungen zu. »Alle Ihre Schlüsse, mein lieber Herr Exprofessor, sind vierfüßig […]«, entgegnet ihm Christian Gottfried Gruner im Jahre 1799. 42

Vgl. Poinsot 2008, Bd. 1, 79. Gruner 1799, 24. Krug (1828, 557) spricht vom »Doppelsinn« des Mittelbegriffs, wodurch »Fehlschlüsse [oder] Zweideutigkeitsschlüsse« entstehen, die »scherzhaft logische Vierfüßler« genannt werden. Andererseits war man sich des Problems durchaus bewusst, denn Hegel adressiert es folgendermaßen: »Wenn die Form des Schlusses der Analogie in jenem Ausdruck seines Obersatzes betrachtet wird, daß wenn zwey Gegenstände in einer oder auch einigen Eigenschaften übereinkommen, so kommt dem einen auch eine weitere Eigenschaft zu, die der andere hat, so kann es scheinen, daß dieser Schluß vier Bestimmungen, die quaternionem terminorum, enthalte; – ein Umstand, der die Schwierigkeit mit sich führte, die Analogie in die Form eines formalen Schlusses zu bringen« (WdL, GW 12, 116). Um diese Schwierigkeit zu vermeiden, könnte Schlegel in der zweiten Zeile den Mittelbegriff ausgeschaltet haben. Interessanterweise gibt Schelling selbst ein Verfahren zur quaternio terminorum an: »Dieser

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Vergleicht man Fichtes obige Ausführungen aus den Grundlagen mit seiner Darstellung der vier Modi der ersten Figur des traditionellen Syllogismus aus einer überlieferten Vorlesung an der Universität Jena Über Logik und Metaphysik (1797), so kann der Eindruck entstehen, als greife Fichte auf die Syllogistik zurück und akkommodiere sie den Ansprüchen der Wissenschaftslehre gemäß, indem er die Grundprinzipien der Syllogistik, das dictum de omni und de nullo ineinander arbeitet und im Sinne des obersten Grundsatzes der Wissenschaftslehre das Widerspruchsprinzip an dieser Stelle noch nicht statthaben lässt. Die Vorlesung nach Platners Aphorismen führt folgendes aus, wobei hier nicht das X, sondern A als Mittelbegriff steht: A ist B, aber x ist A; folglich ist x auch B. […] Die Scholastiker haben dies genannt das dictum de omni. […] A ist nicht B, x aber ist A; sonach x nicht B. Das ist das dictum de nullo […]. (Fichte 1937, 135)

Vom späteren Standpunkt der Wissenschaftslehre aus, der festhält, dass alles Wissen und Sein durch die Setzung des Ichs erzeugt werde, erscheint Fichte die ›gemeine‹ Logik dennoch als intellektuelle Verirrung, die des Namens einer philosophischen Disziplin nicht würdig sei. Ihr fundamentaler Fehler, der konsequent die Falschheit ihres gesamten Systems nach sich ziehe, bestehe darin, dass sie das Wissen nicht als notwendige Setzung durch das Ich, sondern als zufällige Bearbeitung von Erfahrungsinhalten verstehe. Richtig sei vielmehr einzig und allein die transzendentale Logik, worin – unter scharfer Abweisung von Kants Erfahrungslehre – das Wissen als Setzung von Gehalt und Form durch das Ich verstanden ist. 43 Entsprechend deutet Widerspruch kann nur durch den Mittelbegriff einer unendlichen Erweiterung der Schranke aufgelöst werden« (AA I,9,1, 75). 43 Vgl. Fichte 1971, Bd. 1, 103–400 (Ueber das Verhältnis der Logik zur Philosophie oder transcendentalen Logik, Vorlesung 1812), darin zur Bestimmung der Logik: »Diese Vorlesungen haben zum Objekt den Unterschied der Logik und der Philosophie« (Fichte 1971, Bd. 1, 105); »Wir haben also zwei verschiedene Wissenschaften des Einen Objekts, die gemeine Logik, und, wie sie Kant sehr passend nennt, die transcendentale; das heißt was bis jetzt: die von Philosophie aus angesehene Logik […] indem wir vielleicht der gewöhnlichen Logik das Prädikat einer philosophischen Wissenschaft ganz absprechen« (Fichte 1971, Bd. 1, 106 f.); »Nach der gemeinen Logik ist das Denken eine zufällige Weiterbestimmung der ersten Vorstellung, des faktisch vorausgesetzten Wissens, z. B. der Weltvorstellung; nach der Philosophie ist es eine ursprüngliche Bestimmung des Wissens […] Nach der Philosophie ist das Denken das ursprüngliche Wissen, sie ist nur Nachconstruction desselben, daher ist sie transscendental, d. h. auf das Ursprüngliche gerichtet« (Fichte 1971, Bd. 1, 122); »die gemeine

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

Fichte auch die angeblich prinzipienlose Syllogistik um: Der Obersatz gebe ein Gesetz an. Der Untersatz stelle die faktische Anschauung eines Gesetzmäßigen fest. Folglich halte die Konklusion die Einsicht fest, dass das Gesetzmäßige unter dem Gesetz enthalten ist. Weil das Ich nur zwei unbedingte Gehalte setzt, das Ich und das Nicht-Ich, d. h. die Identität und die Negation, sind überhaupt nur zwei Schlussmodi zulässig, nämlich Barbara und Celarent. 44 Diese beiden Schlussmodi entsprechen übrigens in der Vorlesung von 1797, und zwar in Übereinstimmung mit der Schultradition, dem dictum de omni und dem dictum de nullo. Aus diesen kursorischen Darlegungen ergibt sich, dass Fichtes Ausführungen zwar eine gewisse Analogie zum Syllogismus erkennen lassen, aber nicht ohne Weiteres im Sinne der Schullogik statthaben. Zweifelhaft bleibt aus dieser Perspektive, ob Schelling zunächst, beispielsweise in Vom Ich als Princip, eigens verfolgt haben sollte, Fichtes Ausführungen in die Form eines Syllogismus umzuwandeln, insbesondere, weil es der ›rein formalen Vernunft‹ unmöglich ist, in ihrem »syllogistischen Regressus« nicht auf Widersprüche zu stoßen (AA I,2 160). Hierfür müsste sich eben allererst

Logik […] hat das Denken selbst nicht begriffen« (Fichte 1971, Bd. 1, 123); »Die Logik stellt gar keinen Begriff auf, sondern nur eine Anschauung vom Denken, und zwar eine falsche […] dadurch thut sie zugleich Verzicht auf allen wissenschaftlichen Charakter, und giebt sich hin dem gesetzlosen Schwanken. Nur Erzeugen aus dem Begriff ist Wissenschaft« (Fichte 1971, Bd. 1, 126). 44 Zum Syllogismus: »die Lehre von den Syllogismen bedarf […] einer totalen Reform: sie ist […] durchaus principlos. […] Der ursprünglich Eine Grundsyllogismus, durch den das ursprüngliche Wissen zu Stande kommt, ist uns bekannt: 1) Anschauung eines Gesetzes: die Erscheinung bringt schlechthin mit sich ihr Bild; 2) faktische intellectuelle Anschauung eines Vorhandenen als Bildes; 3) Einsicht, daß darum dieses Bild Accidens der Erscheinung sei, ihr angehöre: das Sich-Verstehen als Bild. […] Der jenem Grundsyllogismus untergeordnete, und allenthalben mit demselben als seine weitere Bestimmung vorkommende Syllogismus besteht darum aus folgenden drei Theilen: 1) aus der Anschauung irgend eines Gesetzes; 2) aus der faktischen Anschauung des Gesetzmäßigen; 3) aus der Einsicht, daß das Letztere durchaus einhergehe nach dem Ersteren.« (Fichte 1971, Bd. 1, 367 f.); »Die Grundverschiedenheit nun dieser Lehre vom Syllogismus von allen, die Kantische nicht ausgenommen, ist die, daß ich in den Vordersätzen desselben nur unbedingt gültige kategorische Sätze zulasse, und allen Unterschied der Modalität oder Quantität […] gänzlich aufhebe: daß darum bei mir nur zwei Arten des Vernunftschlusses, die bejahende und verneinende, übrig bleiben. (Barbara und Celarent; nicht einmal Darii und Ferio, geschweige denn die anderen Formen […])« (Fichte 1971, Bd. 1, 384).

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eine ›neue Syllogistik‹ konstruieren lassen. 45 Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass Schelling wiederum selbst im Bruno auf symbolische Schreibweisen verzichtet, jedoch nicht in der Darstellung. Dennoch ist der Symbolismus Schlegels vermutlich an den Gebrauch der Wissenschaftslehre angelehnt. In Friedrich v. Hardenbergs ›Fichte-Studien‹ finden sich entsprechende Versuche, den Dreitakt von These, Anti- und Synthese der Wissenschaftslehre in symbolische Formeln umzuschreiben. 46 Thematisch versucht Hardenberg etwa die Dialektik vom Sein und zugleich Nichtsein der Dinge einzufangen und das Verhältnis des Denkens zur Empirie abzuwägen. Hier sei lediglich auf die sinnfällige Analogie zum Syllogismus nach Schlegel hingewiesen. Eine entsprechend exemplarische Formel lautet: a=a b=b c=a+b

– These empirische – Antithese. Formen der Wahrheit – – Synthese. Realität. 47

V. Die nunmehr entscheidende Aufklärung über die vielleicht infrage kommende, ursprüngliche Anregung für eine ›neue Syllogistik‹ in Jena um 1800 ist von Hegel zu erhalten. Sie kommt, wie eingangs angedeutet, via Platons Timaios. Hegel referiert eine Stelle (31c– 32a) aus dem Gespräch in einer Vorlesung zur Geschichte der Philosophie: »Wenn von drei Zahlen oder Massen oder Kräften dasjenige, welches die Mitte ist, sich wie das Erste zu ihm, so es sich zum Letzten verhält, und umgekehrt wie das Letzte zur Mitte, so diese Mitte zum Ersten« (a : b = b : c), »indem dann diese Mitte das Erste und Letzte geworden und das Letzte und Erste umgekehrt beide zu Mittleren, so erfolgt, daß alle nach der Notwendigkeit dasselbe sind« (das ist Unterschied, der keiner ist); »wenn sie aber dasselbe geworden, so wird alles eins sein.« (31–32) Das ist vortrefflich, das behalten wir noch jetzt in der Philosophie. (GeschPh II, TWA 19, 90) 48 Zu Schlegels Auseinandersetzung in den Philosophischen Lehrjahren mit Schellings Vom Ich als Princip vgl AA I,2, 41–43. 46 Vgl. Hardenberg 1965, 180–184. 47 Hardenberg 1965, 181. 48 Hegels eigene Schlusslehre ist im dritten Band der Logik, der subjektiven Logik 45

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

Diese ›vortreffliche Stelle‹ zitiert Hegel gleichermaßen in der Differenzschrift von 1801, mit lediglich leicht abgeändertem Wortlaut (vgl. DS, GW 4, 65 Anm. 1). Darin deutet Hegel die Möglichkeit des Entgegengesetztseins von Subjekt und Objekt als Verbindung durch die Identität an. Die Timaios-Stelle drückt für Hegel die reelle Entgegensetzung aus, bedingt durch die absolute Identität. In seiner philosophiegeschichtlichen Vorlesung setzt er diesen Text nun überdeutlich in Beziehung zur Syllogistik: Diese Diremtion, von der Platon ausgeht, ist der Schluß, der aus dem Logischen bekannt ist. Dieser Schluß bleibt die Form, wie sie im gewöhnlichen Syllogismus erscheint, aber als das Vernünftige. Die Unterschiede sind die Extreme, und die Identität ist es, die sie zu Einem macht. Der Schluß ist das Spekulative, welches sich in den Extremen mit sich selbst zusammenschließt, indem alle Termini alle Stellen durchlaufen. (GeschPh II, TWA 19, 90)

Philosophisch kennzeichnet Hegel bereits in den Jenaer Entwürfen die Hauptaufgabe des Schlusses in der Identität »des Seyns und des Denkens« (GW 7, 95). In dieser Kennzeichnung sind damit die beiden Auslegungen des Timaios aus der Differenzschrift und der Vorlesung über Philosophiegeschichte zusammengeführt. Ähnliches ist oben bei Troxler zu lesen, wenn er den Schluss zugleich als Grundform der Naturgesetze anspricht. Ähnlich versteht Schelling den Großentwurf seiner Identitätsphilosophie, was wiederum Schlegels Aufforderung korrespondieren würde, dass jedes ›philosophische Werk‹ ein ›großer Syllogismus‹ sein müsse. Um Hegels Vorlesungsstelle aus der Theorie-Werkausgabe (TWA) in den Jenaer Kontext zu setzen, ist ein philologischer Exkurs angebracht: Die bisher erschienenen Bände von Hegels Vorlesungen über Geschichte der Philosophie in der historisch-kritischen Ausgabe (GW), jüngst ediert durch Klaus Grotsch, legen nahe, dass der oben mitgeteilte Vorlesungsauszug auf Jenaer Ausführungen zurückgeht, die dem ersten Herausgeber und Hegel-Schüler Karl Ludwig Michelet noch vorlagen. 49 Denn in den Berliner Vorlesungen hatte Hegel seine Einstellung zu Platons Timaios und der darin enthaltenen py(1816, vgl. WdL, GW 12, 90–126) entwickelt und nochmals in der Enzyklopädie (Enz. I, GW 20, §§ 181–193, 191–204) dargestellt. 49 Die TWA basiert auf dieser alten Ausgabe. Michelet schreibt in seiner Vorrede: »Von diesen verschiedenen Jahrgängen besitzen wir nur das jenaische Heft« Hegels (Hegel 1965, Bd. 17, 2).

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thagoreischen Zahlenlehre einer Revision unterzogen. Mit Blick auf die Zahlenverhältnisse, die Hegel vormals in seiner Dissertatio de orbitis planetarum (Jena 1801) zugrunde legte, 50 sagt er 1820/21, sie seien das »allerschlechteste Element für den spekulativen Gedanken« (GW 30.1, 333). Hegels Inspiration, aus einem Syllogismus die Identität von ›Seyn und Denken‹ zu konstruieren, könnte nun direkt mit Schellings frühem Platon-Studium kontextualisiert werden. Ein entsprechender Schlüsselsatz zum Verständnis findet sich in Schellings Tübinger Kommentar zum Timaios: 51 Denn nur die Idee der Welt dringt sich nothwendig unter der Form der Einheit auf, deßwegen, weil sie selbst eigentlich nur durch die im Vorstellungsvermögen gegründete Form der absoluten Einheit entsteht. – Eben dadurch aber wird auch hier wieder die in der ganzen Platonischen Philosophie so durchaus herrschende Übertragung des subjektiven auf’s objektive wieder sichtbar. Denn die Welt ist eigentlich nur als Vorstellung in uns – Einheit, deßwegen weil die subjektive Form der Vernunft überall auf absolute Einheit geht, und also jeder Teil der Welt, den man als besondre Welt betrachten könnte, von der Vernunft, die unhintertreiblich aufs unbedingte geht, sogleich zur Vorstellung des ganzen geschlagen wird. (AA II,5, 163)

Abzüglich des Umstandes, dass Schelling den platonischen Idealismus noch im Sinne von Kants subjektivem Idealismus ausführt, dass also die Erscheinung der Welt für uns als Weltganzes als ein Produkt der subjektiven Einbildungskraft und des Denkens gesetzt sei, sind dennoch wichtige Elemente von Schellings späterem Denken erkennbar. Zugleich erhellt der Text die Frage nach der möglichen Herkunft eines ›Schellingschen Syllogismus‹. Die zuvor angeführten Hegel-Stellen sollten abgleichend untermauern, dass dieser sogenannte ›Schellingsche Syllogismus‹ sich nicht nur und hauptsächlich aus der aristotelischen Schultradition und aus Überlegungen zu Fichtes Wissenschaftslehre ableiten lässt, sondern Ausführungen zum Timaios einzubeziehen sind. Unter dieser Voraussetzung kann Schellings Wendung ›Form der Vernunft‹ sogar synonym für ›Syllogismus‹ genommen werden. Denn die Wie Hegel schreibt, verwende er ein berühmtes Beispiel aus der antiken Philosophie: »praeclaro ex antiqua philosophia petito exemplo demonstrem« (GW 5, 237). 51 Hier muss erwähnt werden, dass auch Schlegel ein ausgesprochener Platon-Kenner war. Gemeinsam mit Schleiermacher plante er ab 1799 eine Übersetzung des corpus platonicum (vgl. Breuer 2017, 10). 50

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

»Form der Vernunft« (AA II,5, 163) ist nichts anderes als der Vernunftschluss. Dies geht aus der Critik der reinen Vernunft eindeutig hervor: »Vernunft, als Vermögen einer gewissen logischen Form der Erkenntniß betrachtet, ist das Vermögen zu schließen« (KrV, A 330). Im Anschluss (KrV, A 330) führt Kant noch kurz die Bestandteile des Syllogismus an (minor, maior, conclusio). Dies aber bedeutet, dass die Vernunft durch ihren Akt des Schließens, das Denken und die Erscheinungen der Welt in eine Einheit setzt, die Welt also als ein zusammenhängendes Ganzes interpretiert. Ferner bedenke man, dass das »Übertragen vom subjektiven auf objektives« im Sinne von Hegels zuvor angeführter Identität »des Seyns und des Denkens« (GW 7, 95) ähnlich interpretierbar ist. Im Bruno spricht Schelling ohnehin deutlich aus, dass dem Schluss zukomme, auf ›Einheit zu gehen‹. Er schreibt, im Begriff sei die Indifferenz, im Urteil die Differenz und im Schluss die Einheit beider gesetzt (vgl. AA I,11, 1, 420). Etwas freier referiert oder kommentiert Schelling dieselbe, von Hegel in der Differenzschrift übersetzte Timaios-Stelle im Bruno: Vortrefflich, so daß ich kaum dich aufmerksam zu machen brauche, daß der erste unter diesen Begriffen der quantitativen Indifferenz oder dem Begriffe selbst, der zweyte aber, weil er ein Setzen der Indifferenz in die Differenz, eine Aufnahme des Verschiednen unter das Eine voraussetzt, dem Urtheil entspricht, der dritte aber, welcher Totalität, zu den beyden ersten ebenso sich verhält, wie zum Begriff und Urtheil der Schluß. Da nun die Einheit auch nicht Einheit ist, die Vielheit nicht Vielheit, ohne daß jene in diese gesetzt, diese in jene aufgenommen wird: so ist das, worin sie Eins sind, und was in der Reflexion als Drittes erscheint, nothwendig das Erste. Nimmst du das Relative hinweg, das im Reflex hinzugekommen, so hast du die höchsten Begriffe der Vernunft: absolute Einheit, absoluten Gegensatz, und absolute Einheit der Einheit und des Gegensatzes, welche in der Totalität ist. (AA I,11, 1, 415)

Umgekehrt deuten diese Ausführungen an, dass die ›höchsten Begriffe der Vernunft‹ ihr nur durch ihre Tätigkeit, d. h. durch das Schließen, zugänglich seien. Hegel forderte, dass ›alle Termini alle Stellen durchlaufen‹. Dieser Gedankengang ist in Troxlers Dreieck graphisch dargestellt und Schelling bringt es in der Wendung ›ohne daß jene in diese gesetzt, diese in jene aufgenommen‹ werden, zum Ausdruck. Der Begriff sei hierbei ›quantitative Indifferenz‹. 52 Dies ist 52

Es scheint als müsse, um auf diese ursprünglichere Form des Syllogismus zu ge-

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in der Darstellung durch die Formel A = A inhärent symbolisiert (vgl. AA I,10, 131). Die Differenz im Urteil symbolisiert Schelling als A = B, und zwar genau dann, wenn zunächst von A = A ein »Uebergewicht der Subjectivität, oder Objectivität« stattfindet (AA I,10, 125). 53 Der Schluss, in den die Elemente des Begriffs und des Urteils eingehen, ist wiederum Totalität, ein Rückgang in die Indifferenz, und damit abermals zu schreiben als: »A = A« (AA I,10, 141).

VI. Die Erkenntnis, dass erst die Vernunft durch ihre Form, d. h. das Schließen oder den Syllogismus, »sogleich zur Vorstellung des ganzen« ausgreift (AA II,5, 163), hat sich Schelling somit sehr wahrscheinlich anhand einer Timaios-Lektüre erarbeitet. Möglicherweise wurden seine Gedanken durch Hegel und Troxler aufgegriffen. Ganz besonders für Hegel lieferte Platon die eigentliche Anregung für [s] eine ›spekulative‹ Syllogistik. Was Schlegel damit als ›Schellingschen Syllogismus‹ anspricht, könnte sich an diesen Diskurs anschließen und den Versuch vonseiten Schlegels darstellen, Schellings Überlegungen zum Syllogismus einen symbolischen Ausdruck im Zuge des leibnizschen Projekts einer Universalsprache zu verleihen. Ließen sich also Schlegels Zeilen im Sinne der Timaios-Stelle deuten? Hier sei sie nun noch einmal in der Übersetzung aus Hegels Differenzschrift angeführt: Denn wenn von irgend drey […], das Mittlere, was das Erste für dasselbe ist, eben das für das Letzte ist; und umgekehrt was das Letzte für das Mittlere ist, das Mittlere eben dieß für das Erste ist; – und dann das Mittlere, zum Ersten und Letzten geworden, das Erste und Letzte aber umgekehrt, beydes zum Mittlern geworden sind, so werden sie nothwendig alle dasselbe seyn; […]. (DS, GW 4, 65 Anm. 1) 54

langen, die für Aristoteles wichtige Quantifizierung ausgeklammert werden. Dies leistet die Timaios-Stelle. Für Aristoteles sind die A-, E-, O- und I-Urteile hingegen wesentlicher Bestandteil des Syllogismus (vgl. Aristoteles, Analytica priora, 25a15– 25b25 (Aristoteles 1964, Bd. III, 1–4). Korrespondierend schreibt Schelling schon im Vom Ich als Princip, dass »alle numerische Bestimmung von A«, ob nun »der Einheit oder der Vielheit«, ausgeschlossen sei (AA I,2, 149). 53 Vielleicht klingt an dieser Stelle Hölderlins Auffassung des Urteils als »Ur=Theilung« an (StA 4, 216). 54 Vgl. Platon, Timaios, 31c–32a.

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Was könnte nach Friedrich Schlegel ein ›Schellingscher Syllogismus‹ sein?

Anstelle der Begriffe ›Erstes‹, ›Mittleres‹ und ›Letztes‹ setze man die Variable a ein. Man erhielte also Schlegels ›a = a denn a = a und a = a‹. Dahinter aber verbirgt sich die transzendentalphilosophische Idee des A = A als »allgemeine Formel des schlechthin-Sezens« (AA I,2, 148). Diese Form der Identität ist zwar durch das »absolute Ich« (AA I,2, 102) allererst begründet. Mithin wird aber dann Fichtes Ich als »das wahrhaft schöne Band« (GW 4, 65 Anm. 1), wie Hegel Platons Textstelle bezeichnet, zu dem das transzendentale Ich als Vernunft konstituierende Moment einer allgemeinsten, alleserschließenden Denkform umgedeutet. Wenn das »Wesen des Ichs« weiterhin »Freiheit« (AA I,2, 103) sei, so verbirgt sich darin die Idee eines Syllogismus, der wie Schlegel oben fordert, ›theoretische Freiheit‹ wäre, also eben alles aus sich – aus dem Ich – erschließen könnte, ohne durch Voraussetzungen determiniert zu sein. Ein weiteres Hinweis Schlegels könnte daher in diesem Kontext gelesen werden: Sollte nicht das indirecte Anfangen des Plato auch zum Charakter des Syllogismus gehören, […] – Ferner das Spiel zwischen Dualismus und Realismus, das Wiederzurückkommen auf dasselbe, Potenziren, […]. Verbindung des äußern rhetorischen Zwecks mit der innern Construction eines Werks. 55

Gleichwohl der Formalismus des Syllogismus unbestimmt bleibt, die Rückbesinnung auf Platon mit Blick auf die Syllogistik ist eindeutig benannt. 56 Diese kursorischen Ausführungen können zwar noch nicht vollumfänglich befriedigen und müssen aufgrund des Reichtums an Quellen als Rekonstruktionsskizze verstanden werden. Eine eindeutige, begriffsgeschichtliche Lösung für die Frage nach dem ›Schellingschen Syllogismus‹ wird demzufolge nicht präsentiert. Doch konnte die Bedeutung des Syllogismus für die vielfältige Suche nach neuen, systematischen Denkmodellen in Jena um 1800 herausgearbeitet werden. Der Beitrag zeigt also, dass die Schlusslehre noch zahlreiche Auslegungshorizonte eröffnen kann, denn sie ist sicherlich für das Verständnis des Deutschen Idealismus und der Frühromantik – »Syllogismus est principium Idealismi« (GW 5, 227) – immanent.

KFSA XVIII, Nr. 983, 402. Näheres diskutiert Bärbel Frischmann (2001) in ihrem Aufsatz zu Schlegels Platonrezeption.

55 56

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Schelling und Correggio Erfahrung in der Dresdner Gemäldegalerie und die literarische Rezeption Sakura Yahata (Cambridge/Tokyo)*

Abstract Schelling’s Philosophy of Art contains both theoretical and applicative aspects. His visit to the Dresden Picture Gallery in 1798 plays an important role in the construction of his philosophy of art. By focusing on Correggio’s painting entitled The Holy Night as one of the significant items in the collection, this paper pursues the relationship between his experience and his philosophy of art from the following perspectives: first, the reconstruction of his experience from the perspective of art history, and second, the literal reception of the painting of his contemporaries, particularly the Schlegel brothers. This paper aims to illuminate the development from his concrete experiences of artwork to his philosophy of art and to argue the literal connection with his contemporary philosophers.

I. Einleitung In einem Brief an die Eltern vom 20. September 1798 berichtet Schelling über die Antikensammlung und die Gemäldegalerie in Dresden, »wo die göttlichen Gemählde der Raphaels und Correggios aufbewahrt sind« (AA III,1, 191). In Dresden, wo er sich im Herbst 1798 aufhielt, verkehrte Schelling mit den Brüdern Schlegel, Caroline, Novalis, Steffens und anderen Romantikern. Schelling war von Dresden, dem damaligen kulturellen Zentrum von Sachsen, sehr beeindruckt und ließ sich besonders von der Dresdner Gemäldegalerie faszinieren, die er oft besuchte. August Wilhelm Schlegel und seine

* Dieser Aufsatz ist eine überarbeitete und erweiterte Version des folgenden Aufsatzes: Yahata 2017, 109–134. Dieser Beitrag wurde von JSPS KAKENHI Grant Number JP17K13314 gefördert. Ich möchte Tristan Weddigen und Martin Schuster für die Abbildungen und Hans Brauß für das Korrekturlesen danken.

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Frau Caroline selbst berichteten ausführlich über die Gemäldegalerie in der Schrift Die Gemählde (1799). Nach diesem Aufenthalt in Dresden veröffentlichte Schelling das System des transscendentalen Idealismus (1800) und hielt seine Vorlesungen zur Philosophie der Kunst (1802/03, 1804/05). In der zweiten Hälfte der Vorlesung, dem Besonderen Teil der Philosophie der Kunst, erwähnt Schelling bestimmte Werke und Künstler wie zum Beispiel Correggio, Tizian und Raffael, die während seines Besuchs in der Dresdner Gemäldegalerie ausgestellt waren. Für die Arbeit an diesem Teil erbat sich Schelling von A. W. Schlegel in einem Brief vom 3. September 1802 dessen Vorlesungsmanuskript zu der in Berlin gehaltenen Kunstlehre (vgl. AA III,2,1, 468). Daran wird deutlich, wie sehr Schellings Kunstauffassung unter dem Einfluss Schlegels stand. Außerdem lässt sich erkennen, dass Schellings Erfahrungen in Dresden seine kunstphilosophische Analyse von Kunstwerken stark beeinflusst haben und sie zum konkreten Material für den theoretischen Aufbau seiner Kunstphilosophie wurden. In den letzten Jahren sind viele Studien zur Kunstphilosophie erschienen, die sich auf die einzelnen Kunstgattungen und Schellings Analyse der Kunstwerke konzentrieren. Insbesondere Arne Zerbst hat bewiesen, dass Schellings Analyse der bildenden Künste auf der Grundlage seiner Kunsterkenntnisse entstanden ist. 1 2017 erschien die Historisch-kritische Ausgabe zur Philosophie der Kunst und weitere Schriften (vgl. AA II,6, 1–2) mit vielen wichtigen Materialien und Anmerkungen. Auf der Grundlage dieser Studien ist es möglich, die Schellingische Kunstphilosophie aus theoretischer und empirischer Perspektive in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Dieser Aufsatz untersucht den Zusammenhang zwischen Schellings Kunsterlebnis in Dresden und seiner Kunstphilosophie. Zuerst werde ich die Geschichte der Dresdner Gemäldegalerie rekonstruieren, um Schellings konkrete Kunsterfahrung nachvollziehen zu können, und dabei besonders auf Correggios Die Heilige Nacht (1522– 1530) als Schwerpunkt der damaligen Ausstellung eingehen. In einem zweiten Schritt werde ich untersuchen, wie die Wertschätzung des Werkes Correggios von Schellings Zeitgenossen, d. h. insbesondere den Brüdern Schlegel, aufgenommen wurde. Schließlich werde ich prüfen, wie Schellings Kunstphilosophie seine Erfahrung der

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Vgl. Zerbst 2011.

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Dresdner Gemäldegalerie in der Theorie der Malerei reflektiert und inwiefern er zeitgenössische Bewertungen von Correggio verarbeitet hat.

II. Geschichte der Dresdner Gemäldegalerie und die Sammlung der Kunstwerke 1. Dresden als Kulturstadt und die Gemäldegalerie Nachdem Dresden 1547 zur Hauptstadt des Kurfürstentums Sachsen ernannt worden war, entwickelte es sich zu einer lebhaften Kulturstadt. Bereits unter der Regentschaft von August I. im 16. Jahrhundert verfügte die Stadt über ein breites Spektrum an Sammlungen, doch erst im 17. Jahrhundert unter Friedrich August I., genannt August II., wurde die Akquise von Kunst systematischer betrieben. Mit der Thronbesteigung Friedrichs August II., genannt August III., im Jahre 1733 verstärkte sich diese Tendenz weiter. Wie sein Vorgänger nutzte August III. verschiedene Netzwerke, um Kunstwerke aus dem Ausland zu beschaffen und konzentrierte sich dabei vor allem auf Gemälde. Allein in den Jahren 1741 und 1742 wurden 715 Gemälde erworben; diese Zahl stieg in den folgenden Jahren weiter an. 2 Zwei wichtige Akquisitionen sollten für die Qualität der Sammlung von besonderer Bedeutung sein: Zum einen wurden 1745 etwa 100 Gemälde aus der Galerie Estense von dem modenaischen Herzog Francesco III. erworben. 3 Dazu gehörten Correggios Gemälde inklusive Die Heilige Nacht, Tizians Zinsgroschen (um 1516) und Gemälde von Carracci und Guido Reni. 4 Zum anderen wurde 1754 Raffaels Sixtinische Madonna (1512/13) aus der Klosterkirche San Sisto in Piacenza erworben. Sie bildete die letzte große Anschaffung; der Siebenjährige Krieg (1756–1763) setzte der kulturellen Blütezeit in Dresden zunächst ein Ende. Dem Katalog Gemälde-Galerie zu Dresden (1826) zufolge waren alle Gemälde der Königlichen Sammlung zunächst auf die Zimmer des Königs und die Kunstkammer in seinem Schloss verteilt; nach dem Ankauf der Kunstwerke aus der Galerie in Modena wollte 2 3 4

Vgl. Weber 1999, 8 f. Vgl. Pilz 2006, 152. Vgl. ebd. Vgl. auch Weddigen 2008, 72.

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August III. sie an einem Ort zusammenführen und ließ daher das Stallgebäude am Jüdenhof bis 1747 umbauen, um es als Galerie zu nutzen. 5 Es war dieses ehemalige Stallgebäude, nicht die heutige Gemäldegalerie Alte Meister am Zwinger, das Schelling Ende des 18. Jahrhunderts besuchte. Etwa 100 Jahre lang (1746–1855) befand sich die Gemäldegalerie im Stallgebäude, bis sie 1855 in das neue Bauwerk von Gottfried Semper verlegt wurde. 6 Um die damalige Situation der Dresdner Gemäldegalerie nachzuvollziehen, sind das nachgebaute Holzmodell der Galerie und die digitale Rekonstruktion mit dem Gallery Creator von Tristan Weddigen sehr hilfreich. 7 Mit Hilfe dieser Werkzeuge können wir den Ausstellungsaufbau, z. B. die ausgestellten Kunstwerke und ihre Reihenfolge, rekonstruieren, die Schelling 1798 vorfand.

Dresden, Bildergalerie im alten Stallgebäude Holzmodell, Maßstab 1 : 50 Konzeption: Martin Schuster, Modellbau: Grit und Manfred Mußack © Martin Schuster

Vgl. Weber 1999, 9. Heute wird das Stallgebäude als Verkehrsmuseum genutzt. Vgl. Klatte 2009, 15–28. 7 Holzmodell, Maßstab 1:50. Konzeption: Martin Schuster, Modellbau: Grit und Manfred Mußack. Vgl. Mußack 2009, 40–43. Diese digitale Rekonstruktion war im Internet öffentlich zugänglich. Vgl. Weddigen 2008. 5 6

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Grundriss mit Wandnummerierung Michael Keyl, Wöhrd/Nürnberg 1722–1798 Dresden, Grundriss des Galeriegebäudes von 1746, beschriftet: Plan de la galerie royale de Dresde. / A. Galerie exterieure B Galerie interieure. / C. Cabinet de Pastels D. Chambre pour les peintres. Abdruck in Band 1 des Galeriewerkes von 1753, Kupferstich, Radierung, 75,7�53.6 cm (Platte) / 71�49.6 cm (Abbildung). © Martin Schuster Die Nummern B1–B5 stammen von der Autorin.

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Das Erdgeschoss war eine Kolonnade mit Skulpturen, die vom Maler Anton Raphael Mengs gesammelt wurden. Das Obergeschoss war in eine innere und eine äußere Galerie unterteilt: 8 die große äußere Galerie mit vier Abteilungen (A) und die U-förmige innere Galerie mit drei Abteilungen (B). Hinzu kamen das Pastellkabinett (C) und die Malerstube für die Restauratoren (D), die sich an der Nordseite des Gebäudes befanden. Der Besucher betrat vom Jüdenhof her die äußere Galerie über eine doppelläufige Englische Treppe und gelangte dann durch drei Türen in die innere Galerie. Im 18. Jahrhundert wurde die Dresdner Gemäldegalerie für das Publikum geöffnet. Die Besucher mussten sich vorher anmelden, hatten einen festen Zeitplan und mussten hohe Trinkgelder zahlen; für Künstler scheint der Besuch kostenlos gewesen zu sein. 9 Dieses Einlasssystem blieb bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts weitgehend unverändert. Ein zeitgenössisches Bild (Unbekannter Künstler, Innenansicht des italienischen Saales der alten Gemäldegalerie, 1830) zeigt die innere Galerie und ihre verschiedenartigen Besucher: müde Menschen, die links auf Stühlen sitzen, ein Grüppchen, das vor einem Gemälde im Hintergrund miteinander diskutiert, oder eine Familie rechts im Vordergrund. Es handelte sich bei den damaligen Besuchern der Gemäldegalerie nicht um Kunstexperten, sondern um normale Bürger.

2. Die Änderung der Ausstellungen in der Gemäldegalerie Zwei Inspektoren, Johann Anton Riedel und Pietro Maria Guarienti, wurden 1747 mit der Leitung der neu eröffneten Gemäldegalerie beauftragt. Riedel war für die äußere Galerie und Guarienti für die innere Galerie zuständig. Guarienti, selbst Maler, Restaurator, Kaufmann und Autor, kuratierte seine erste Ausstellung im Jahr 1747. Entsprechend der damaligen Hierarchie der Gattungen der Malerei wurden Stillleben und Landschaften von der inneren Galerie ausgeschlossen und die großen Historiengemälde der italienischen Schule des 16. und 17. Jahrhunderts, die damals auf dem Kunstmarkt am beliebtesten waren, ausgestellt. Auch einige holländische, flämische und deutsche Werke fanden Eingang in die innere Galerie, 8 9

Vgl. Weddigen 2009, 44. Vgl. Pilz 2006, 167.

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Unbekannt: Innenansicht des italienischen Saales der alten Gemäldegalerie (Stallgebäude, Johanneum), Inv.-Nr. A 131532 © Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: SKD

um bewusst den visuellen Paragone oder Vergleich zwischen den nördlichen und südlichen Schulen der Malerei über die Alpen hinweg zu fördern. Zusätzlich zu dieser Gegenüberstellung wurde das Pendant als bevorzugte Darstellungsart eingeführt. Das Pendant war bereits in Modena ein grundlegendes Prinzip der Präsentation, wo ein Kunstwerk mit einem gleichwertigen Gegenstück kombiniert wurde und beide als Bildpaar ausgestellt wurden; 1750 vollendete Guarienti die Gestaltung der inneren Galerie. 10 Die Ausstellung in der äußeren Galerie wurde 1754 fertiggestellt. Es wurde versucht, die deutsche Malerei aus der inneren Galerie auszuschließen und dort ausschließlich die italienische Schule als Zentrum der Sammlung zu zeigen. Guarientis Geschmack und kunsthistorische Überzeugungen schlugen sich auch in seiner Verfahrensweise mit der italienischen Malerei nieder. So wurden die Gemälde der Bologneser und der Venezianischen Schule um Correggio herum 10

Vgl. Weber 1999, 10. Vgl. auch Weddigen 2012, 170 u. 172.

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gruppiert, und die Ausstellung wurde nach dem damals akzeptierten »art-historical narrative« gerahmt, nämlich dem Verständnis, dass unter dem Einfluss von Correggio die Bologneser Schule von Carracci sowie Tizian und Tintoretto für die Kunst der Malerei »revival and salvation« bedeutete. 11 In den Jahren 1753–1757 erschien eine Graphiksammlung, 1765 ein Katalog der Gemäldegalerie, durch den die Werke der Galerie einem breiten Publikum bekannt wurden. 12 In der Ausstellung von 1747 war Correggios Madonna des heiligen Georg (1529/30) in der Mitte der Ostwand der inneren Galerie (B2) zu sehen und wurde als Mittelpunkt auf beiden Seiten von symmetrisch gehängten Werken eingerahmt. An der gleichen Wand befand sich ein Pendant zu Correggios Die Heilige Nacht, eine damals Albrecht Dürer zugeschriebene Anbetung der Könige (um 1525). 13 Die Aufteilung der Ausstellung in italienische und nordeuropäische Gemälde in der inneren und äußeren Galerie, die 1754 vollzogen wurde, folgte der »Kunstgeografische[n] Zweiteilung«, die auf dem Paragone von süd- und nordalpiner Kunst beruhte. 14 Die innere Galerie war italienischen Gemälden vorbehalten, hauptsächlich aus der Renaissance und dem Barock mit Correggio als Kernstück, während die äußere Galerie Landschaften und Stillleben von niederländischen Künstlern zeigte, darunter Rubens, van Dyck, Rembrandt und Ruisdael. Bemerkenswert ist ein Wechsel in der Hängung zwischen den Ausstellungen von 1750 und 1765 in der inneren Galerie; die Ausstellung von 1750 platzierte Correggios Die Heilige Nacht mit der Madonna des heiligen Georg in der Mitte der Wand B2 und inszenierte sie als eines der wichtigsten Werke. In der Ausstellung von 1765 wurde Correggios Die Heilige Nacht zentral an der Westwand (B4) angebracht und Raffaels Sixtinische Madonna wurde als Pendant dazu inszeniert. 15 Nach Gregor J. M. Weber handelte es sich bei den Werken um in der Nachbarschaft der Heiligen Nacht nicht um Pendants, sondern um Paraphrasen, mit Carraccis riesigem Gemälde Die Almosenspende des heiligen Rochus (1594/95) oben und zwei Gemälden von Maria und Jesus an den beiden Seiten. Auf beiden Gemälden war das Jesuskind mit Blick auf Die Heilige Nacht dar11 12 13 14 15

Weddigen 2012, 171. Vgl. Heineken 1753–1757. Vgl. auch Riedel/Wenzel 1765. Vgl. Weddigen 2009, 52. Der tatsächliche Maler dieses Gemäldes ist Joos van Cleve. Ebd. Vgl. Weddigen 2009, 49.

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Innere Galerie Wand B2, 1747 (digital reconstruction: Tristan Weddigen) https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Innere Galerie Wand B2, 1750 (digital reconstruction: Tristan Weddigen) https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Innere Galerie Wand B4, 1765 (digital reconstruction: Tristan Weddigen) https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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gestellt. 16 Im Gegensatz dazu befanden sich unter der Sixtinischen Madonna zwei ovale Werke von Reni, Christus mit der Dornenkrone und Der heilige Franziskus (1621), die beide zur Madonna aufschauten, flankiert von Werken seines Meisters Perugino. Zwischen der Heiligen Nacht und der Sixtinischen Madonna befanden sich zwei Werke ähnlicher Größe, die fast symmetrisch angeordnet wurden. Aus dieser Situation lässt sich ablesen, dass Correggios Die Heilige Nacht ab 1750 das wichtigste Werk in der Gemäldegalerie war, während ab 1765 Die Heilige Nacht und die Sixtinische Madonna als Pendants, also als gleichrangige Werke, behandelt wurden. Als Schelling die Galerie 1798 besuchte, nahm Raffaels Sixtinische Madonna also keine wichtigere Stellung ein als Correggios Heilige Nacht. In Folge der Ausstellung wurde die Sixtinische Madonna von zahlreichen Autoren hoch gelobt. Das Gemälde wurde 1816 oder 1817 auf die Südwand umgehängt, um es in einer »Blickachse« der beiden Galerien als ein Hauptwerk der Sammlung zu inszenieren. 17 Auch der oben genannte Kupferstich von 1830 stellt eine Gruppe von Betrachtern dar, die vor der Sixtinischen Madonna versammelt sind. Das deutet darauf hin, dass das Gemälde dem Geschmack der Besucher der Galerie entsprach.

III. Literarische Rezeption der Ausstellung in der Dresdner Gemäldegalerie 1. A. W. Schlegel, Die Gemählde: Von der Betrachtung zur Beschreibung Vom 18. August bis 1. Oktober 1798 hielt sich Schelling in Dresden auf und vertiefte seine Beziehungen zu den Brüdern Schlegel und anderen Romantikern. Der junge Schelling, der von der damaligen Kulturstadt Dresden sehr beeindruckt war, besuchte oft mit den Brüdern Schlegel und anderen die Gemäldegalerie und nahm an ihren Diskussionen teil. 18 Diese Erlebnisse verarbeitete A. W. Schlegel gemeinsam mit seiner Frau Caroline in dem Text Die Gemählde, der Vgl. Weber 1999, 10. Weddigen 2009, 49. 18 Ein Brief von Dora Stock an Charlotte Schiller berichtet diese aktive Besichtigung. Vgl. Tilliette 2004, 70. 16 17

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1799 im Athenaeum erschien. Es ist ein dialogisches Werk, in dem die drei Protagonisten Louise, Waller und Reinhold die Dresdner Gemäldegalerie besuchen und die dort ausgestellten Werke kritisieren. Das Gespräch beginnt damit, dass diese drei einen Ausstellungsraum der antiken Kunst besuchen, wo sie über Skulptur und dann über den Kontrast zwischen Skulptur und Malerei sprechen. Danach schreitet die Erörterung der Gemählde entsprechend dem Aufbau der Gemäldegalerie von der äußeren zur inneren Galerie fort und die dort ausgestellten Werke werden aufgeführt. Vor allem von Correggio werden fast alle Werke, die damals als Schätze der Dresdner Gemäldegalerie galten, erwähnt und die Wirkung von Licht und Dunkelheit anhand ihrer erörtert. Am Ende des Diskurses über die Malerei beschreibt Waller Raffaels Sixtinische Madonna und versucht, das Gemälde in Versen darzustellen. Nach der Erwähnung von Renis Himmelfahrt Mariä (1642), Correggios Die Heilige Nacht und Maria Magdalena 19 wird das Gedicht wiederholt. Da im letzten Teil des Gemäldediskurses das Gedicht der Geburt Christi vorgetragen und Die Heilige Nacht wieder aufgegriffen wird, ist es nicht zu übersehen, dass Correggio in Die Gemählde gelobt wird. Weiterhin wird im Text ersichtlich, dass Raffael eine höhere Bedeutung beigemessen wird als anderen. So ist auch der Höhepunkt des Textes eine unmittelbare Bildbeschreibung der Sixtinischen Madonna. Diese textliche Entwicklung unterstreicht deutlich die Stellung der Sixtinischen Madonna in Abgrenzung zu anderen Werken. Hinter dieser hohen Bewertung der Sixtinischen Madonna steckt Winckelmanns Theorie der Kunst. In seiner Schrift Gedancken über die Nachahmung der Griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst (1755) plädiert Winckelmann für die Nachahmung der Alten, um guten Geschmack zu erlangen. Diese Schrift war implizit als Kritik an der Degeneration und der Skelettierung des Geschmacks in der Dresdner Kunstwelt und Akademie gedacht. Die griechische Kunst besitze die herausragenden Eigenschaften der »edle[n] Einfalt und stille[n] Größe«, die der Künstler sich aneignen und in seinem Werk ausdrücken müsse. Winckelmann lobt die Darstellung der Maria in Raffaels Sixtinischer Madonna für ihre »Größe« und »Stille«, die sich ebenso in antiken Figurationen von Gottheiten fän-

Das damals Correggio zugeschriebene Gemälde zählte im 17. Jahrhundert zu den berühmtesten Werken in Modena und es wird seit 1945 vermisst.

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den, und dafür, dass ihre ganze Kontur »groß und edel« sei. 20 Für Winckelmann ist Raffael in der Lage, »die edle Einfalt und stille Größe« der antiken griechischen Skulptur in der Malerei auszudrücken. Winckelmann richtet mehr Aufmerksamkeit auf die Zeichnung als auf Helldunkel und Kolorit. A. W. Schlegel und Winckelmann schätzten Raffael aus jeweils anderen Gründen. Louise beginnt, Raffaels Sixtinische Madonna zu beschreiben; sie schildert zum Beispiel den Gesichtsausdruck und die Kleidung Marias, den übermenschlichen Ausdruck Christi, den Blick der Engel im Himmel auf Maria und die kindlichen Ausdrücke der Engel auf der Erde, und analysiert die Komposition des großen Dreiecks, das von St. Sixtus und St. Barbara mit Maria an der Spitze gebildet wird. Louise weint über die göttlichen Taten und die Größe Marias, die das Jesuskind von Gott geschenkt bekam. Während bei Winckelmann die Sixtinische Madonna im Zusammenhang mit der Bildhauerei als ein Gemälde, das den Geist der antiken griechischen Kunst darstellt, besprochen wird, wird sie bei Schlegel als ein modernes Gemälde analysiert, nicht im Zusammenhang mit der Antike oder der Bildhauerei. Damit betont er ihre innere Spiritualität, die mit dem Katholizismus und dem Glauben verbunden ist. Correggio kommt in zwei weiteren von Winckelmanns Schriften, Geschichte der Kunst des Alterthums (1764) und Beschreibung der vorzüglichsten Gemälde der Dresdner Galerie (1752), zur Sprache. In der ersteren kontrastiert Winckelmann, während er die plastische Kunst mit der Literatur in Beziehung setzt, die Präzision und Strenge von Raffaels Porträts mit den »rundlich und sanft gehaltenen Formen des Correggio [sic!]«. 21 Es wird auch darauf hingewiesen, dass Correggio die antiken Kunstwerke gut kannte. In der letzteren Schrift heißt es, dass »in des Correggio Gesichtern alles lachet und spielet«, im Gegensatz zu den nachdenklichen und eleganten Gesichtsausdrücken der von Guido Reni gemalten Frauen. 22 So sieht Winckelmann in Correggios Porträts besondere Zärtlichkeit und Weichheit. A. W. Schlegel bewertet Correggios Werke anders als Winckelmann. In Die Gemählde werden sie besprochen: Maria Magdalena, Die Madonna des Heiligen Georg, Die Madonna des Heiligen Sebastian (um 1524) und Die Heilige Nacht. Schlegel entwickelt hier seine 20 21 22

Winckelmann 1755, 46. Winckelmann 1764, 225. Winckelmann 1752, 4.

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Theorie zu Correggio, indem er diese Kunstwerke, die an verschiedenen Wänden der inneren Galerie hängen, analytisch zusammenführt. Laut Louise hat Correggio der Maria Magdalena nicht nur »Anmuth« verliehen, sondern sie ist »die eigentliche schöne Seele«. 23 Bei Correggio hingen »Farbengebung und Helldunkel durch innige Beziehungen mit der Handlung, dem Charakter der Zeichnung und dem Ausdrucke« zusammen und Correggio wird als ein Künstler gelobt, der in seinen Gemälden Harmonie darzustellen vermag. 24 In der Madonna des heiligen Georg erkennt Louise diese »innere Übereinstimmung« von Farbe und Licht und sie erklärt, dass »ein wahres Konzert der Freundlichkeit« von »schmeichelnden Harmonien des Helldunkels begleitet« sei. 25 Was die Madonna des Heiligen Sebastian betrifft, so weist sie auf den Kontrast zwischen der »brennende[n] Glorie« der Madonna und den Engeln in den schwärzeren Wolken und dichten Schatten hin. 26 In der Heiligen Nacht sagt er über die Wirkung des Lichts: »Eben so scheint mir in seiner Nacht das Licht ganz einzig gemacht, um die Armuth und Einfalt der umgebenden Gegenstände wunderbar zu erleuchten«. 27 Schlegel charakterisiert Correggio als Maler, der Harmonie durch Licht und Dunkelheit ausdrücken kann. Im Licht, das vom Jesuskind in der Heiligen Nacht ausgeht, sieht Schlegel ein göttliches Handeln, das die Dinge in der dunklen Nacht zu erhellen vermag. Die Schönheit der Dinge könne ohne Licht nicht enthüllt werden, und nur durch die Wirkung des Lichts könnten wir die Existenz der Dinge erkennen und die Schönheit in ihnen wahrnehmen.

2. Kooperation von Licht und Schatten in A. W. Schlegels Kunstlehre Schlegel greift seine Theorie der Malerei im ersten Teil der Kunstlehre (1801/02) wieder auf. Hier vergleicht er Skulptur und Malerei, Antike und Moderne: »Die Sculptur stellt Formen durch Formen dar; die Mahlerey die ganze sichtbare Erscheinung durch einen optischen 23 24 25 26 27

Schlegel 1799, 92. Schlegel 1799, 94. Schlegel 1799, 95. Ebd. Ebd.

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Schein. Das erste aber was das Auge erblickt, ist Licht und Farbe«. 28 Nach Schlegel besteht die gesamte Erscheinung der Sichtbarkeit in Umriss, Licht und Farbe, und die Malerei hat drei Bestandteile, die ihnen entsprechen: Zeichnung, Helldunkel und Kolorit; 29 Ausdruck und Komposition sind nicht wesentliche Mittel der Malerei wie diese drei, sondern dazugehörige Elemente. Correggio wird als der herausragende Maler von Helldunkel, der zweiten Komponente der Malerei, genannt. Das Licht sei »gänzlich unkörperlich«, »ein ewiges Selbsterkennen der Natur« und »rein aktiv«. 30 Schlegel analysiert das Helldunkel in der Heiligen Nacht wie folgt: Man glaubt nicht nur die freundliche Helle, die blitzenden Widerscheine glänzender davon getroffner Körper, das Durchsichtige der Schatten, die besänftigende Ruhe einer mäßigen Erhellung und die heimlichen Tiefen einer an Düsterheit gränzenden geschloßnen Dämmerung zu sehen; sondern es haben Mahler gewagt, die Quelle des Lichtes in dem Bilde selbst anzunehmen, und nicht etwa wie die Sonne hinter Wolken und das Feuer hinter dem aufsteigenden Rauch zu verbergen, sondern sie sichtbar seyn zu lassen, und ihre Ausstrahlungen nach allen Seiten mit einem entzückend lebendigen Schein zu verbreiten, wie es Correggio in seiner weltberühmten Nacht gethan. 31

Wie in Die Gemählde schreibt Schlegel auch, dass der Maler das ursprünglich Unsichtbare sichtbar machen und mit lebendigem Schein ausdrücken könne. Durch das von der Quelle abgestrahlte Licht würden die umliegenden Dinge beleuchtet und träten dadurch in Erscheinung. In der Heiligen Nacht komme dieses Wirken des Lichtes auf gekonnte Weise zum Ausdruck. Das Helldunkel könne »die Quelle des Lichtes« ausdrücken, d. h. ein Nicht-Objektives und Ideelles, das andere Dinge beleuchtet, aber in sich selbst unsichtbar ist. Außerdem beruft A. W. Schlegel sich auf die Worte Leonardo da Vincis: »Mahler, der du den Glanz des Ruhmes begehrst, fürchte die Dunkelheit der Schatten nicht«. 32 Da die Dunkelheit oder der Schatten kein furchtbares Objekt sei, sondern das Licht durch den Schatten erhöht werde, sei die Dunkelheit ein unverzichtbares Element in Gemälden, die Helldunkel verwenden; Licht und Dunkelheit sind untrennbar. 28 29 30 31 32

Schlegel 1801/02, 323. Vgl. Schlegel 1801/02, 324. Schlegel 1801/02, 328 f. Schlegel 1801/02, 330. Ebd.

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Für Schlegel ist der Maler, der immer eine bestimmte Lichtwirkung erzielt, »der universelle unerschöpflich mannigfaltige Meister«. 33

3. Allegorische Malerei in F. Schlegels Nachricht von den Gemälden in Paris A. W. Schlegels Bruder Friedrich entwickelt seine eigene Theorie der Malerei in seiner Gemäldebeschreibung Nachricht von den Gemälden in Paris (1803), die in der ersten Ausgabe der Zeitschrift Europa veröffentlicht wurde. Der Text bespricht die Gemälde im Louvre in Erinnerung an die Betrachtung der Kunst der Dresdner Gemäldegalerie. Hier bezeichnet F. Schlegel Correggio als »einen musikalischen Maler«. 34 Schlegel bemerkt, »daß man die Gemälde des Correggio nicht verstehen kann, außer in ihrem gemeinschaftlichen Zusammenhange. Eines erklärt das andere, und viele beziehen sich auf einander«. 35 Correggio male wie Dichter, die »in den mannichfaltigsten Variationen« des Themas den Reichtum ihrer »dichtenden Phantasie« entfalten. 36 Schlegel beschreibt Corregios Gemälde folgenderweise: Was andern Malern oft mit Recht der letzte Zweck ist, die Formen, die Gestalten, die sind dem Correggio nur Mittel, einzelne Töne, Sylben oder Worte zum Ausdruck für den Gedanken des Ganzen. Alle seine Bilder sind allegorisch, oder wenn Dir dies für die große Mannichfaltigkeit seiner Gemälde zu allgemein und zu unbedingt scheinen möchte, so darf ich doch sagen: Allegorie ist die Tendenz, der Zweck, der Charakter seiner Manier. Und zwar jene Art der Allegorie, die darauf ausgeht, den unendlichen Gegensatz und Kampf des Guten und des Bösen deutlich zu machen […]. 37

Nach F. Schlegel wird, so wie die Musik durch die Kombination einzelner Töne ausgedrückt wird, auch die Malerei durch die Kombination einzelner Formen und Bilder ausgedrückt. Correggio ziele darauf ab, nicht einzelne Figuren zu malen, sondern die ganze Idee in seinem Gemälde auszudrücken, indem er diese Figuren geschickt arrangiere und komponiere. Allegorische Malerei stelle den Gegensatz zwischen 33 34 35 36 37

Schlegel 1801/02, 334. Schlegel 1803, 18. Schlegel 1803, 22. Schlegel 1803, 23. Ebd.

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Gut und Böse durch verschiedene Figuren dar und drücke etwas Universelleres aus. F. Schlegel nennt die »berühmte Nacht« Correggios, nämlich Die Heilige Nacht, als das Werk, in dem die Allegorie am meisten betont wird. 38 Aus der Perspektive der Allegorie erklärt Schlegel, warum Correggio, ein Liebhaber der Anmut, prima facie weniger ästhetisch anmutende Figuren wie Hirten und alte Frauen malen konnte: Es wollte der Künstler andeuten, daß das zur Rettung der Menschen bestimmte Kind wie ein göttlich helles Licht in die finstre Nacht der verdorbnen Welt erschienen sei. Um dies auszudrücken ist die einzige Beleuchtung, die man fast allein in diesem Gemälde zu bemerken pflegt, sehr tiefsinnig gewählt, keinesweges aber etwa bedeutungslos nur bestimmt, die Geschicklichkeit des Künstlers im Helldunkel sehen und bewundern zu lassen. Was war in dieser Ansicht der Sache notwendiger, als nicht bloß die Freude über den Glanz der göttlichen Erscheinung aus dem Reiz und dem Lächeln einiger schöner Gesichter und Gestalten zurückleuchten zu lassen, sondern auch die Häßlichkeit der dunkeln Welt, die solch eines errettenden Lichtes bedurfte in einigen andern Personen zu vergegenwärtigen und in Erinnerung zu bringen? 39

Laut F. Schlegel drückt Correggio in der Heiligen Nacht den Kontrast zwischen Licht und Dunkelheit, Himmlischem und Irdischem aus, indem er die Figuren als hell oder dunkel darstellt. Das Licht, das vom Jesuskind ausgeht, bringe das Heil auf die gefallene irdische Welt; in der Heiligen Nacht habe Correggio »diese Schlechtigkeit der irdischen Welt«, in der wir leben, als »Gemeinheit« aufgefasst. 40 F. Schlegel bewundert Correggios Ausdruck des christlichen Gedankens in der Heiligen Nacht. Er weist jedoch darauf hin, dass es für die Menschen schwierig ist, einen älteren Maler wie Correggio in einer Zeit, welche sich der Religion entfremdet hat, zu verstehen. Schlegel glaubt, dass der Verlust des christlichen Geistes in seiner Zeit und seine religiösen Vorstellungen tief mit dem Verständnis des Themas und des Inhalts des Gemäldes verbunden sind. Die Heilige Nacht sei ein allegorisches Gemälde, das uns den christlichen Geist vor Augen führe, den wir verloren haben, d. h. den ewigen Konflikt zwischen Gut und Böse, Gott und Mensch, als sichtbaren Konflikt zwischen Licht und Dunkelheit. 38 39 40

Schlegel 1803, 24. Ebd. Ebd.

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Schelling und Correggio

A. W. Schlegel und F. Schlegel beurteilen Correggio als harmonischen Maler und finden in der Heiligen Nacht den Gegensatz von Licht und Dunkelheit. Das Urteil der beiden Brüder unterscheidet sich dagegen insofern, dass dieser das religiöse Element darin stärker liest als jener und die Heilige Nacht als allegorisches Gemälde interpretiert. Während A. W. Schlegel »die Quelle des Lichtes« als etwas Grundsätzliches und Idealistisches aus dem Licht, das vom Jesuskind ausgeht, versteht, stellt F. Schlegel nicht die Lichtquelle in den Mittelpunkt, sondern konzentriert die Diskussion auf die Dunkelheit und ›Häßlichkeit‹ ihres Gegenpols. Die Göttlichkeit Jesu und die entgegengesetzte Hässlichkeit würden durch das Licht, das von ihm ausgeht, in der Welt verkörpert.

IV. Correggio als malerischer Maler in Schellings Kunstphilosophie 1. Die Malerei als ideale Einheit In seinen Vorlesungen zur Philosophie der Kunst entwirft Schelling eine Kunstphilosophie, die auf seiner Identitätsphilosophie beruht. Schelling definiert, »daß Philosophie der Kunst Darstellung des Universums in der Form der Kunst ist« (AA II,6,1, 114). Nach Schelling sind die Wahrheit, das Gute und die Schönheit die drei Ideen vom Absoluten, d. h. des Gottes in den verschiedenen Welten. Die Kunst kann das in einem realen Ding, nämlich dem Kunstwerk, darstellen. Nach dem Unterschied der Darstellung des Absoluten fallen die Gattungen der Kunst in die reale Reihe und die ideale Reihe. Zu der realen Reihe gehören Musik, Malerei und Skulptur; zu der idealen Reihe gehören Lyrik, Epik und Drama. Dazu charakterisiert Schelling jede Gattung der Reihe nach als reale Einheit, ideale Einheit oder Indifferenz beider. Schelling sagt: »Die Malerei ist die erste Kunst, welche Gestalten und demnach auch wahre Gegenstände hat« (AA II,6,1, 252). Während die Musik »das Werden der Dinge« ausdrückt, stellt die Malerei »schon gewordene Dinge« dar (AA II,6,1, 252). Denn die Malerei vor unseren Augen ist ein realer Gegenstand mit einer Gestalt, die dargestellt wird. Die Malerei unterscheidet sich »nach dem verschiedenen Verhältniß des Lichts zu den körperlichen Dingen« (AA II,6,1, 253). Es gibt drei entgegengesetzte Kategorien: »äußerlich, unbeweg73 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Sakura Yahata

lich, unorganisch« beziehungsweise »innerlich, beweglich, organisch« (AA II,6,1, 253). Schelling schätzt die ersteren drei als negative Kategorien ein und die letzteren drei als positive Kategorien. Anschließend differenziert Schelling die Malerei in die Gattungen des Stilllebens, der Blumen-, Frucht- und Tierstücke, der Landschaft, des Portraits und des Historischen und entwickelt darauf aufbauend eine Hierarchie derselben. Das Historische ist »der vornehmste Gegenstand der Malerei« (AA II,6,1, 263), weil darin die Menschen als der höchste Stoff der Kunst dargestellt werden. Laut Schelling sind in der Malerei drei besondere Kunstformen zu unterscheiden: Zeichnung, Helldunkel und Kolorit. Die Zeichnung ist unter ihnen die grundsätzlichste, die die Form der realen Dinge zeichnet. Das Helldunkel stellt durch die Wirkung des Lichts und des Schattens das Ideale dar; die einzelnen durch die Zeichnung eingefassten Figuren verschmelzen kraft des Lichts und des Schattens und erhalten »in der größten Identität des Ganzen doch die größtmögliche Mannichfaltigkeit der Beleuchtung« (AA II,6,1, 247). Die dritte Kunstform ist das Kolorit, welches das dritte Verhältnis »der absoluten Indifferenziirung der Materie und des Lichts [ist], wo aber deßwegen in dem Stoff sich die höchste Schönheit entzündet« (AA II,6,1, 252). Die Vereinigung zwischen dem Idealen und dem Realen im Kolorit, in dem das Licht und die Materie sich synthetisieren, ist symbolisch. Schelling ordnet jedem der drei Aspekte einen Maler zu, der sich seiner Ansicht nach in dieser Hinsicht besonders auszeichnet: Michelangelo in der Zeichnung, Correggio im Helldunkel, Tizian im Kolorit und Raffael als Maler, der diese drei Formen im Gleichgewicht verbindet (vgl. AA II,6,1, 267). Die Gemälde, die er in der Gemäldegalerie gesehen hatte, sind die folgenden: Correggios Die Heilige Nacht und einige andere, Tizians Bilder und Porträts wie zum Beispiel der Zinsgroschen und Raffaels Sixtinische Madonna. Schelling konzentriert sich vor allem auf religiöse oder historische Gemälde und lobt die italienische Malerei. Dagegen gibt es nur wenige Beschreibungen der deutschen und niederländischen Werke, vor allem der Landschaften und Stillleben. In Anbetracht dieser Punkte kann man davon ausgehen, dass die Kunstwerke der inneren Galerie großen Einfluss auf Schelling hatten. 41 Von A. W. Schlegel übernimmt Schelling die hohe Wertschätzung für Raffael und Correggio in der Dresdner Gemäldegalerie. Schelling 41

Vgl. Zerbst 2011, 132–205.

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Schelling und Correggio

schätzt Raffael als »de[n] wahrhaft göttliche[n] Priester der neueren Kunst« (AA II,6,1, 267). Schelling führt Raffaels Sixtinische Madonna als Beispiel für das »symbolische Gemälde« an. Dieses ist ein Gemälde, in dem ein dargestelltes Bild symbolisch ist und »dessen Gegenstand die Idee nicht nur bedeutet, sondern sie selbst ist« (AA II,6,1, 262). Das Symbol als Sinnbild, das Bedeutung und Bild in sich vereint, ist selbstständig. Ein symbolisches Bild ist etwa »das Bild der Madonna mit dem Kinde« (AA II,6,1, 263). »Das symbolische Bild setzt eine Idee als vorausgehend voraus, die symbolisch wird dadurch, daß sie historisch-objektiv, auf unabhängige Weise anschaulich wird« (AA II,6,1, 263). Außerdem sagt Schelling: »Die Ruhe in der Größe und jenes höhere Symbolische des historischen Gemäldes, das es als Ausdruck der Ideen erhält, hat vor allen andern neueren Meistern Raphael erreicht« (AA II,6,1, 266). Nach Schelling ist das historische Gemälde »symbolisch-historisch, wo die Idee das Erste ist, und das Symbol erfunden ist, um sie darzustellen« (AA II,6,1, 273). Schelling behandelt die Malerei als eine spezifische Gattung für die Moderne und erkennt das Symbol in den historischen Figuren.

2. Ausdruck der modernen Subjektivität und Freiheit bei Correggio Wie die Brüder Schlegel bewertet auch Schelling Correggio als den hervorragendsten Maler des Helldunkels. Das Helldunkel ist die »ganz ideale Form« der Malerei, weil es sich auf das Ideale des Lichts bezieht, und bringt den »Schein des Körperlichen« hervor (AA II,6,1, 244). Das Wesen des Lichts als eigentlich Ideales ist die »Auflösung der Differenz in die Identität« (AA II,6,1, 227). Allerdings ist das Licht, das in der realen Welt erscheint, nicht mehr »absolutes Licht« als die Idee, sondern nur noch »relatives Licht« (AA II,6,1, 226). Deswegen wird die Differenz nicht in absolute Identität aufgelöst, und jede durch Zeichnung dargestellte Figur existiert individuell auf der Leinwand. Während diese Differenz oder Mannigfaltigkeit erhalten bleibt, wird durch das Helldunkel eine relative Einheit der einzelnen Elemente geschaffen. Die einzelnen durch die Zeichnung eingefassten Figuren werden kraft des Lichts verschmolzen, und sie erhalten »in der größten Identität des Ganzen doch die größtmögliche Mannichfaltigkeit der Beleuchtung« (AA II,6,1, 247), sodass alle Figuren zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen. Anders ausgedrückt 75 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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wird die größte Mannigfaltigkeit der einzelnen Elemente durch das Licht zu einem einzigen Kunstwerk verschmolzen. Im Zusammenhang mit dem Helldunkel bespricht Schelling Die Heilige Nacht: Durch die Künste des Helldunkels ist es sogar möglich geworden, die Bilder ganz selbständig zu machen, nämlich die Quelle des Lichts in sie selbst zu versetzen, wie in jenem berühmten Gemälde des Correggio, wo ein unsterbliches Licht, von dem Kinde ausgehend, die dunkle Nacht mystisch und geheimnißvoll erleuchtet. (AA II,6,1, 246)

Die Heilige Nacht bringt das Wunder durch das Licht, das vom neugeborenen Kind ausgeht, visuell zum Ausdruck. Indem der Rest des Gemäldes in Dunkelheit getaucht ist, wird die Göttlichkeit des Kindes kontrastiv hervorgehoben. Das Licht, das von dem Kind in der Mitte des Gemäldes ausgeht, beleuchtet die Eltern, die Hirten und die Engel am Himmel. Die untrennbare Verbindung zwischen Licht und Dunkelheit kommt hier zum Ausdruck; wenn das Licht realisiert wird, zeichnet die Dunkelheit sich um es herum ab. Schelling findet im Wirken vom Helldunkel den »eigentlich magische[n] Theil der Malerei« (AA II,6,1, 246). Schelling zitiert Leonardo da Vinci, den »Vorläufer des himmlischen Genies Correggio«, nach A. W. Schlegel: »Maler, wenn du den Glanz des Ruhmes begehrst, fürchte die Dunkelheit der Schatten nicht« (AA II,6,1, 246). Nach Schelling wird durch Correggio »das eigentlich romantische Princip der Malerei ausgesprochen, in ihm herrscht für seine Kunst durchaus das Ideale« (AA II,6,1, 247), da sie sich der idealen Form von Helldunkel hervorragend bedient. Schelling schätzt Correggio hoch: »dieser göttliche Mensch ist eigentlich der Maler aller Maler« (AA II,6,1, 249). Die Malerei selbst ist die ideale Kunstform, und wenn das Ideale notwendigerweise dominiert, ist das Helldunkel als die ideale Technik »die Malerei in der Malerei« und Correggio »der eigentliche Maler κατ’ ἐξοχήν« (AA II,6,1, 249). Daran können wir Schellings hohe Wertschätzung für Correggio als exzellenten Maler des Helldunkels erkennen und für die Heilige Nacht als desjenigen Werkes, das die magischen Effekte des Helldunkels am besten hervorbringt. Des Weiteren ist ersichtlich, dass Schelling das Lob Correggios in der damaligen Dresdner Gemäldegalerie, insbesondere der Heiligen Nacht, aufnahm und in sein kunstphilosophisches System integrierte. Aus dem Text wird deutlich, dass diese

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Beurteilung Correggios von A. W. Schlegels Die Gemählde und der Kunstlehre beeinflusst wurde. Wo also liegen die Unterschiede zwischen den Einschätzungen Correggios von Schelling und den Brüdern Schlegel? Schellings Argumentation verwendet in vielen Teilen ähnliche Ausdrücke wie die Brüder Schlegel. Alle drei Philosophen argumentieren gleichermaßen, dass das Licht selbst nicht-objektiv und ideal ist, und dass es das Helldunkel als Gegensatz und Zusammenwirkung von Licht und Dunkelheit in der Heiligen Nacht gibt. Lothar Knatz fasst die Bewertung Correggios bei Schelling und F. Schlegel so zusammen: »Für Schelling ist Correggio der ›malerische‹ Maler, für Schlegel der ›musikalische‹ Maler«. 42 Beide Philosophen bewerten Correggio als einen Maler, der das Universelle durch individuelle Formen harmonisch darstellt, jedoch fallen die Begriffe ›musikalisch‹ und ›malerisch‹ nicht vollständig zusammen. Denn bei Schelling entspricht die Musik der realen Einheit in den bildenden Künsten, deshalb ist das Musikalische sowohl real als auch objektiv. Während F. Schlegels Allegorie die Darstellung des Allgemeinen durch verschiedene Einzelne ist, definiert Schelling die allegorische Darstellung folgendermaßen: »Diejenige Darstellung aber, in welcher das Besondere das Allgemeine bedeutet, oder in welcher das Allgemeine durch das Besondere angeschaut wird, ist allegorisch«, und er unterscheidet sie klar vom Symbol (AA II,6,1, 146). Bei Schelling ist das Symbolische »[d]ie Synthesis dieser beiden, wo weder das Allgemeine das Besondere, noch das Besondere das Allgemeine bedeutet, sondern wo beide absolut eins sind« (AA II,6,1, 146). Schlegel versteht in der Heiligen Nacht die Allegorie als einen Begriff, der sowohl Licht als auch Schatten, sowohl Schönheit als auch Hässlichkeit enthält. Im Gegensatz dazu konzentriert sich Schellings Diskussion eindeutig auf die Quelle des Lichts und legt keinen Wert auf die Dunkelheit. 43 Ein Grund, warum Schelling das Hässliche nicht thematisiert, ist, dass die Kunstphilosophie seinem identitätsphilosophischen System folgt. Obwohl Schelling die Dunkelheit als wesentliches Element für die Möglichkeit der Manifestation des Lichts anerkennt, kann er aus Systemzwang der Dunkelheit und Hässlichkeit keine positive BeKnatz 1999, 231. Vgl. Knatz 1999, 232. Knatz weist darauf hin, dass Schelling die Darstellung des Hässlichen im klassizistischen Sinn für nicht opportun hält und dass diese Ansicht unter Goethes Einfluss steht.

42 43

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wertung zugestehen. Eine Ästhetik des Hässlichen ist also nicht denkbar, weil Schönheit immer die im Kunstwerk sinnlich erscheinende Idee des Absoluten ist. 44 Schelling sieht in Correggio einen modernen Maler, der sich durch seine Freiheit und Individualität auszeichnet. Das Helldunkel, das für die moderne Kunst unverzichtbar ist, ist vor allem die Technik zur Darstellung von Schein und nicht von Wahrheiten. Die Subjektivität der eigenen Wahrnehmung und Beobachtung der Dinge durch den Maler spiegelt sich stark in seinem Werk wider. Nach Schelling wird die Kunst frei, wenn der Schein durch Helldunkel zur empirischen Wahrheit erhoben wird, sodass sie »über die Grenze der strengen Gesetzmäßigkeit schreitet« und »in das Reich der Freiheit, der Individualität« aufsteigt, wo das Individuum zum Gesetz wird (AA II,6,1, 248). Schelling betont die Subjektivität der Moderne, 45 indem er das Helldunkel, das charakteristische Ausdrucksmittel für die Moderne, mit der Individualität und der Freiheit assoziiert. Schelling findet in Correggio und seinen Gemälden die philosophischen Probleme der Moderne wieder, d. h. die Probleme der Individualität und der Freiheit, und kennzeichnet ihn als ›malerischen‹ Maler in der Neuzeit.

V. Schluss Bei der Bewertung eines Kunstwerkes wird der Betrachter durch die museale Ausstellung beeinflusst. Die Anordnung der Ausstellungsstücke in der Dresdner Gemäldegalerie war darauf angelegt, die Rezeption der Besucher durch den Kontrast der Gemälde in der äußeren und inneren Galerie mittels Paragone und Pendant zu lenken. Die Brüder Schlegel und Schelling sehen die Malerei als die vorherrschende Kunstgattung der Moderne, und sind darüber hinaus der Meinung, dass Correggio in seiner Heiligen Nacht die Eigenschaften von Helldunkel und Harmonie verwirklicht. Dazu erkennt Schelling in dem Werk die magische Kraft und das romantische Prinzip von Licht und Dunkelheit. In dieser Hinsicht nähern sich die Argumente Peter Oesterreich erörtert den Zusammenhang zwischen der Diskussion des Helldunkels in der Philosophie der Kunst und der Metaphysik von Licht und Dunkelheit in der Freiheitsschrift. Vgl. Oesterreich 2009, 266–273. 45 Knatz legt dar, dass »die Betonung malerischer Ausdrucksmittel bei Correggio zugleich ein Indiz für die Betonung der Subjektivität des Künstlers« ist und damit »den Beginn einer modernen Kunstauffassung« markiert (Knatz 1999, 232). 44

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der Brüder Schlegel und Schellings einander an, aber Schellings Argumentation geht nicht über den Rahmen seines philosophischen Systems hinaus und vereint sich nicht völlig mit den Ideen der Romantik. Schelling betont, dass das Helldunkel ein wesentliches Element ist, das die Idealität der Malerei als die ideale Einheit trägt. Schelling betrachtet das Helldunkel als eine spezifische Kunst der Moderne und verbindet es mit den philosophischen Ideen der Individualität und der Freiheit, wobei er die Perspektive der Moderne vor dem Hintergrund der Antike konstruiert. Es ist ebenfalls ersichtlich, dass der Besondere Teil von Schellings Argumentation auf Erkenntnissen aus den Schriften der Brüder Schlegel beruht. Seine Kunstphilosophie basiert also nicht nur auf der konkreten Kunsterfahrung, sondern auch auf der Ergänzung durch literarisches Wissen. Später nimmt Schelling in seiner Rede Ueber das Verhältnis der bildenden Künste zu der Natur (1807) die Sixtinische Madonna wieder auf und stellt sie Guido Renis Himmelfahrt Mariä gegenüber. Darin hebt Schelling Correggio wiederum als Maler des Helldunkels hervor. Es lässt sich also schließen, dass Schellings Erfahrungen in Dresden sein kunstphilosophisches Denken entscheidend geprägt haben und sich der Einfluss der Gemälde aus der Dresdner Gemäldegalerie ebenso wie die Auseinandersetzung mit den Brüdern Schlegel in seinen Werken nachweisen lässt.

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The Freedom Essay as an Inventive Apologia of Schelling’s System against Friedrich Schlegel’s Anti-Pantheist and ›Heresy-Hunting‹ Criticism Ljudevit Fran Ježić (Zagreb)

Abstract The paper reintroduces and reinforces Fuhrmans’ thesis that Schelling’s Freedom Essay was mostly occasioned by critical remarks of Friedrich Schlegel and ‘Schlegel’s party’, not by those of Hegel or Jacobi. It aims to demonstrate this both from Schelling’s correspondence and from many passages of the Freedom Essay itself, and to contribute to a better contextual reading of the Freedom Essay through an exploration of its intertextual relations, whether they are already known or as yet unidentified. It advocates the reading of the Freedom Essay as a polemical work and apologia of Schelling’s system as well as his personal integrity, which could explain concealed motives behind its systematic novelties. The paper expounds four lines of apologetic argumentation in the Freedom Essay which reveal why and how Schelling moved towards the topics and positions of his late philosophy.

Friedrich Schlegel as the main interlocutor in the Freedom Essay The immediate occasion for Schelling’s most famous essay is not unknown in Schelling scholarship. However, it seems that the Freedom Essay is more eagerly read and interpreted in any context other than the original one, whether this other reading be Hegelian, Jacobian, Heideggerian, theosophical or even postmodern in inspiration. My aim in this paper is to stress that – and partly to explain why and how – the writings of Schelling’s contemporaries immediately preceding the Freedom Essay, i. e. from 1804 till 1808, have to be studied and – in expounding the Freedom Essay’s topics – referred to in greater detail if we want to finally arrive at an appropriate 81 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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explanation and exact knowledge of all the motives behind this complex text. The importance of the immediate context for the development of Schelling’s own position and arguments is still greatly underestimated, although the need to address it was clearly stressed by Horst Fuhrmans in his celebrated monograph Schellings Philosophie der Weltalter (1954): In the midst of such considerations, Schelling was given an impetus which moved him much more deeply and which raised much more encompassing problems [than Hegel’s Phenomenology, Lj. F. J.], an impetus which did not just concern the historicity of the system of identity but also its ethical and metaphysical problems. Here lies the influence which is underestimated by almost the entirety of Schelling scholarship, although it became the actual trigger for Schelling’s work on freedom and gave him the crucial impetus to look for a philosophical solution from the side of theosophy. The impetus came from a book by Friedrich Schlegel. 1

On the following ten pages, Fuhrmans provides a short but in principle well-argued elaboration of this claim. Schlegel was at that time of great importance for Schelling because Schlegel’s work On the Language and Wisdom of the Indians (1808), as well as his three book reviews from the same year, seemed to sum up all the main arguments which had been raised by various authors over and over in the preceding years against his system. 2 Fuhrmans pointed out that Schelling’s explicit and recurring references to Schlegel in his Freedom Essay, in his letters and in The Ages of the World (the version from 1811; implicitly also in the version from 1814) testify to the impact that the discussion between the two former colleagues of the Jena Circle gave to the development of Schelling’s later philosophy. The fact that Schlegel’s works from that time hardly have any influence today and are rarely read even by Schelling scholars does not change these facts. 3 Moreover, the proof that Friedrich Schlegel is not only an opponent Schelling highly respected but also his main interlocutor in the

Fuhrmans 1954, 166. Unless otherwise indicated, all translations are mine. Fuhrmans 1954, 168. Textual verification of this claim is easily found in Schelling’s correspondence: in a letter to G. H. Schubert, April 28th, 1809, and in a letter to K. J. H. Windischmann, May 9th, 1809, Plitt II, 153 and 157 respectively. 3 Fuhrmans 1954, 171–172 f.n. 1 2

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The Freedom Essay as an Inventive Apologia

Freedom Essay is clearly established in the text itself. 4 Schlegel’s work and reviews are explicitly referred to in five footnotes throughout the Freedom Essay, i. e. more times than any other contemporary, including Franz von Baader. An interpretation of their relationship based only on these five footnotes and on the main text they directly refer to already yields interesting results. 5 However, half of the story is left out if only these passages are taken into consideration. The debate between Schelling and Schlegel occupies the whole of the Freedom Essay, and there are not many passages which do not allude to, or could not be fruitfully read in, the context of this debate. This does not, however, mean that in many parts of the essay other authors were not tacitly also given their proper due, e. g. some adherents of Jacobi, some of Schelling’s former Würzburg colleagues or uncalledfor adherents. Although a contextually sound and complete explanation of the multi-layered Freedom Essay demands inclusion of complex intertextual relations to the works of other authors, all the explicit and implicit references to other authors in the essay are clearly and intentionally encircled by significant references to Schlegel’s works. Both the opening ten passages (“the merely introductory remarks to our actual investigation”, as Schelling terms it) 6 and the closing five passages are straightforward discussions with Schlegel and hence encompass several explicit and numerous implicit references to his publications. They set the (polemical) tone and introduce the main topics of the work. Thanks to Schelling’s entries in his annual calendar 1809, we even know that in the most thorough reworking of the Freedom Essay from March 15–18, Schelling decided to move the central discussion on the nature of his own pantheism and its relationship to Spinozism to the opening section and for this purpose reread Schlegel’s review of Fichte’s new writings. 7 The evidence

Cf. F. W. J. Schelling to G. H. Schubert, April 28th, 1809, Plitt II, 153: “I want nothing more than that the topic under discussion comes, through what I have done in the treatise [the Freedom Essay, Lj. F. J.], to an open and decisive literary dispute [Streit, “controversy”]. Do not suspect, because of such conduct, that I do not have deep respect for Friedrich Schlegel. I hold him in much higher esteem than Novalis and all the others”. Even in the letter to Windischmann, Schlegel is referred to as “this splendid mind [dieser treffliche Geist]” (F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 9, 1809, Plitt II, 158). 5 Cf. Morgan 2020, 248–272. 6 Schelling 2005, 26 / AA I,17, 128. 7 Cf. the Editorial Report by C. Binkelmann in AA I,17, 63–68. 4

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Ljudevit Fran Ježić

that the central topics of the essay are introduced for the sake of polemics is manifest at least since Plitt published Schelling’s correspondence in 1869–1870. We thus read in Schelling’s letter to Windischmann, possibly his closest collaborator, on May 9, 1809 the following instructions for a future review of his Freedom Essay: Especially in the polemical respect of the treatise I beg you for a powerful, vivid word. I know that you do not share the opinion of Fr. Schlegel whose concealed polemic I have tried to turn into an open one. His extremely crass and general concept of pantheism does not allow him even to conjecture the possibility of a system in which freedom, life, individuality, and good and evil cohere with the immanence of things in God. He only knows the three systems of his Indian book. However, the truth lies exactly in the midst between these three and contains some constituent parts of each of the three in an organic interconnection. 8

As this letter testifies, Schelling did not just want to repel the critical remarks of Friedrich Schlegel and “Schlegel’s party”, as Schelling terms it, but tried to provoke Schlegel to accept an open literary debate on the central topics of the essay. A reply from Schlegel is thus invoked several times in the essay. 9 It therefore comes as no surprise that the two continued a life-long discussion on the same topics, as I meticulously tried to document in another paper. 10 More than half a year before he wrote the Freedom Essay, Schelling was already much engaged with Schlegel’s book on India. He and Baader, as members of the Bavarian Academy of Sciences, even tried to convince Jacobi, its F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 9th, 1809, Plitt II, 156. This is done at the end of the Preface: “Finally we wish that those who have attacked the author with prejudice, whether directly or indirectly, would now state their views just as frankly as he has done here.” (Schelling 2005, 3 / AA I,17, 28), and in introducing the problem of reconciling human liberty and evil with God: “Mr. Friedrich Schlegel has the credit of having made this difficulty count especially against pantheism, in his essay on India and in numerous places; and it is only to be regretted in this connection, that this discerning scholar did not think it well to communicate his own views on the origin of evil and its relation to the good.” (Schelling 2005, 88 / AA I,17, 125 f.n.). Another open request, directed perhaps equally against Jacobi’s adherents as against “Schlegel’s party”, is near the end of the Freedom Essay, where the comprehensibility of a personal God is at stake: “Now we challenge those who so readily made that accusation to present us in turn with anything, however trifling, on this conception, that is intelligible.” (Schelling 2005, 81 / AA I,17, 175). Of course, since the preface was usually written as the final part of the work (more precisely in this case: on April 11–12, 1809, as attested in Schelling’s Jahreskalender, cf. AA I,17, 65 f.), the quote from Schelling’s preface should be read after the two latter quotes. 10 Cf. Ježić 2022. 8 9

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The Freedom Essay as an Inventive Apologia

president, that the Academy should introduce Oriental studies and engage Friedrich Schlegel for this task. 11

The role of Jacobi in the initial discussion between Schelling und Schlegel The thesis that Friedrich Schlegel is Schelling’s main opponent and interlocutor in the Freedom Essay has been shaken in Schelling scholarship by Thomas Buchheim in his otherwise valuable and meritorious edition of the Freiheitschrift (first edition: 1997, second improved edition: 2011). In its “Introduction” and “Notes” Buchheim has resolutely and repeatedly tried to convince the readers of the new edition of the famous Freedom Essay that Schelling here actually argues with Jacobi, “the real author of all reproaches against pantheism and every rational concept of God’s being and creation”, and that Friedrich Schlegel, “the much weaker and newer representative of similar views”, is put as the main “target in the foreground” simply because Schelling “wanted to win Jacobi’s recognition”. 12 It could be argued that the Schlegelian version of the pantheism-critique is distinct, in emphasis at least, from Jacobi’s earlier presentation of it in the 1780s. 13 However, the tenability of Buchheim’s claim may easily be tested without recourse to a comparison of argumentation against pantheism in the works of Jacobi and Schlegel – a complex question which Schelling himself openly refrained from answering in the Freedom Essay. 14 It is true that Schelling did not explicitly mention Jacobi in this work. As early as August 18, 1809, August Wilhelm Schlegel reproached Schelling for this omission in the abovementioned letter: The claim that pantheism is the only possible system of reason is not new: Lessing declared it and Jacobi wrote a whole book on it. Why have you exclusively held on to my brother and have not even mentioned these two? 15

11 12 13 14 15

Cf. F. W. J. Schelling to A. W. Schlegel, August 26th, 1808, Körner 1969a, 603 f. Buchheim 2011, XXI, XLVIII, 92–93, 103 and 167. Cf. Whistler 2021. Schelling 2005, 86 / AA I,17, 113 f.n. A. W. Schlegel to F. W. J. Schelling, August 19th, 1809, Körner 1969b, 69.

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However, this sole fact could be interpreted in opposite directions if we are not familiar with the context. Christoph Binkelmann’s presentations of the genesis of Schelling’s text and of its preface within Schelling’s Philosophical Works (1809) for the Academy edition (2018) have already tacitly corrected and replaced Buchheim’s view with a more balanced overview of the context. Christopher Arnold and Michael Hackl have nicely supplemented this overview in the Academy edition (2019) with an extensive, in-detail account of Schelling’s external relationship to Jacobi in their presentation of the genesis of Schelling’s 1812 polemic. Schelling was appointed a position at the Munich Academy of Sciences in spring 1806, and in the first two years Jacobi and Schelling were on good terms, both as colleagues as well as personally. 16 Even after May 27, 1807, when Jacobi became the first president of the Academy, their relationship was good because Schelling showed him respect as a member of the Academy and frequented his home as a younger colleague. Their relationship became more problematic after Jacobi’s address to the Academy – On Scholarly Societies and Their Spirit and Purpose (27. 7. 1807) – deepened the old divisions between ‘backward’ Catholics and ‘enlightened’ Protestants and provoked negative reactions and social tensions, whereas Schelling’s address to the Academy – On the Relationship of the Fine Arts to Nature, held on occasion of king’s birthday (12. 10. 1807) – was unanimously well-received and widely acknowledged as inspiring. 17 When the king appointed Schelling the first general secretary (i. e. director) of the Munich Academy of Fine Arts (13. 5. 1808) and Schelling started distancing himself from ‘the master of intrigues’, Jacobi’s envy of and animosity towards Schelling continued to grow. 18 At the beginning of the year 1808, Jacobi thus considered writing a critical analysis of Schelling’s celebrated Academy speech to curb the spread of his philosophy “in our beloved Bavaria”. 19 In the summer of that same year, his plan already advanced

Cf. the Editorial Report by C. Arnold and M. Hackl in AA I,18, 72–74. Cf. the Editorial Report by C. Arnold and M. Hackl in AA I,18, 74–86. 18 F. H. Jacobi to J. F. Fries, July 29th, 1808, Tilliette 1974, 193: “Since he has become the director of the Academy of Fine Arts he completely stopped visiting my house and we meet only by chance at some third place, which very rarely happens.” 19 F. H. Jacobi to F. L. Bouterwerk, January 12th, 1808, Mejer 1868, 124. Cf. the Editorial Report by C. Arnold and M. Hackl in AA I,18, 83. 16 17

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towards a book “on inner and outer revelation”, 20 though neither of these projects came to fruition until 1811. Jacobi’s 1807 address contains some indirect, vague, and general critique of contemporary German philosophy, in which Schelling’s philosophy of nature is implicitly included, 21 but it also ends by quoting “Schelling’s excellent words” on the Academy as “an institution of peace and mediation between the conflicting ideas in our times by means of science.” 22 Jacobi’s three letters to his collaborator Friedrich Köppen, published as an appendix to Köppen’s Schelling’s Doctrine or the Entirety of Philosophy of Absolute Nothingness (1803), were therefore the first and only direct polemic which Jacobi directed against Schelling before the Freedom Essay (1809). At that time Schelling considered them “utterly insignificant”, as his letter to Hegel testifies, 23 and there is no evidence that he took them seriously before his recollection of them in the theism controversy of 1811/12. 24 Schelling’s letter to A. W. Schlegel from August 1808, the first one after his reading of F. Schlegel’s book on India, does not at all testify to Schelling’s “resentment [Unmut] that Friedrich Schlegel’s book on India deeply moved Jacobi”, as Buchheim would have it. 25 On the contrary, Schelling here clearly says that he and Baader repeatedly tried to convince Jacobi, acting in his role as the president of the Bavarian Academy of Sciences, that an academy of the period could not distinguish itself more than through a large-scale introduction of such investigations as Friedrich Schlegel conducted in his book on India. However, Jacobi could not be won for this cause because of his general lack of sense for “thorough science”. Whereas Schelling had interest for such investigations because they were “the only way to find the sources of history, to open the past times, the book with seven seals”, Jacobi was interested only in the philosophical part of the book: Friedrich’s book about India touched him very personally, and he cannot stop thinking about how he was once on that path and then returned F. H. Jacobi to J. F. Fries, July 29th, 1808, cit. after the Editorial Report by C. Arnold and M. Hackl in AA I,18, 86. 21 Cf. the Editorial Report by C. Binkelmann in AA I,17, 47. 22 Jacobi 1998–2016, Bd. 5, 363 f. 23 F. W. J. Schelling to G. W. F. Hegel, July 11th, 1803, Plitt I, 468. 24 Cf. the Editorial Report by C. Arnold and M. Hackl in AA I,18, 66. 25 Buchheim 2011, 21. 20

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from it. That Friedrich has found faith [Glaube] to be the ultimate ground aroused much interest in him, as well as that he declared pantheism to be the only system of reason [Vernunft] and at the same time the extreme aberration [Verirrung] of the human spirit; because he had [once] said and thought all these things. Were it someone else and had not the upright Stolberg been given honour, I cannot guess how great Jacobi’s sympathy would be. 26

As is obvious, Schelling did not present Jacobi’s reaction to Schlegel’s book on India with resentment, but rather with pleasure. With the last line Schelling wanted to say that Jacobi would be more enthusiastic about these claims had someone else expressed them and not the converted Catholic Schlegel, who soon after his India book (April 1808) published a review of a work of another famous Catholic convert, namely the Graf zu Stolberg. That Jacobi “returned from that path” probably means that in 1799 he publicly declared that the “true system of reason” is “possible only on Fichte’s path” 27 and since that year started to give reason (Vernunft), in contrast to (philosophical and scientific) understanding (Verstand), an ever greater, even a supernatural role within his philosophy. 28 We thus see that Friedrich Schlegel’s claim in his India book that “pantheism is the only system F. W. J. Schelling to A. W. Schlegel, August 26th, 1808, Körner 1969a, 604. Jacobi 1994, 507 / Jacobi 1998–2016, Bd. 2, 200 f.: “A pure philosophy, that is, a thoroughly immanent philosophy, a philosophy of one piece, a veritable system of reason [ein wahrhaftes Vernunft-System], is only possible in the manner of Fichte.” Schelling could have had this passage from Jacobi in mind when he wrote against Schlegel in the Freedom Essay: “Or is it possible that idealism is not a product of reason; and are pantheism and Spinozism really alone to retain the supposedly sad honour of being systems of reason?” (Schelling 2005, 88 / AA I,17, 122 f.n.). 28 Cf. Jacobi 1994, 513 / Jacobi 1998–2016, Bd. 2, 208: “Taking hold of [Vernehmen] presupposes something capable of being taken hold of [Vernehmbares]; reason [Vernunft] presupposes the true: it is the faculty of presupposing the true [das Vermögen der Voraussetzung des Wahren]. A reason that does not presuppose the true is a nonentity. With his reason, man is not given the faculty of a science [Wissenschaft] of the true, but only the feeling and consciousness of his non-knowledge [Unwissenheit] of it: the intimation [Ahndung, “presentiment”] of the true. Where this direction towards the true is lacking, there is no reason.” Cf. also Jacobi’s 1799 distinction between the “substantive reason” as “the spirit of man” (where reason possesses man) and the “adjective reason” as a quality of man (where reason is possessed by man) (Jacobi 1998–2016, Bd. 2, 232). Jacobi repeats and stresses this distinction in 1803 against Schelling’s and Hegel’s claim in Glauben und Wissen (1802) that Jacobi’s Vernunft is “subjective” (Jacobi 1998–2016, Bd. 2, 369). The final formulation of the supernatural role of reason as the organ for divine things is found in Jacobi’s preface to the second volume of his collected works (Jacobi 1998–2016, Bd. 2, 403–408). 26 27

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of reason” could not have been Schelling’s “foreground target” for Jacobi’s position simply because that was not Jacobi’s position anymore. This explains why this old claim of Jacobi could be reduced in the Freedom Essay to the footnote remark: “Earlier assertions of this sort are well known.” 29 As a reaction to this letter, Friedrich Schlegel wrote to his brother that Schelling must have praised only the historical aspect of his work since the philosophy contained in it “could be lethal to his own”. In the next sentence he showed his surprise over Jacobi’s appropriation of his position in the work on India and distanced himself from it by repeating and literally underlining some words from Schelling’s report: “And the old warlock – Jacobi – who was also once before on that path!” 30 Schlegel did not find it worth commenting that ‘the old warlock’ (der alte Hexenmeister), i. e. the old controversialist notorious for raising academic whirlwinds, Jacobi, had, through his critique of Spinoza through the 1780s and Glaubensphilosophie, anticipated his own position. He had already distanced himself from Jacobi’s ‘leap into faith/belief’ in his review of Jacobi’s Woldemar (1796), but also in a fragment of his Eisenfeile that Schelling copied into his 1812 polemic with Jacobi, 31 and again most recently in his review of Fichte’s writings (1808). 32 A letter from Ludwig Tieck also informed Friedrich Schlegel that Jacobi spoke of him with “greatest respect, even love” and that Schlegel’s book on India “won his whole heart”, but that he declined from sending him a friendly letter after reading his review of Stolberg’s work. 33

Schelling 2005, 86 / AA I,17, 113 f.n. F. Schlegel to A. W. Schlegel, September 28th, 1808, Körner 1969a, 626. 31 Both may be found in Charakteristiken und Kritiken (1801). Cf. Schlegel 1801, 34 / KFSA II, 71: “The polemic part of Jacobi’s works is of great philosophical value […] But his positive philosophy of faith can by no means be counted as philosophical.” For his disqualification of Jacobi’s salto mortale cf. the very end of his review of Woldemar (Schlegel 1801, 46 / KFSA II, 77) and his “critical fragment” Nr. 346 (Schlegel 1801, 233 / KFSA II, 226 f.; taken over in Schelling: AA I,18, 216 f.n.). 32 KFSA VIII, 84. Here Schlegel underlines that he is not to be counted among those who, “together with Kant and Jacobi or in some other way”, “place revelation and faith/belief above knowledge” or put it “in place of highest knowledge”. Interestingly, Jacobi reproaches him for that in the preface to the third volume of his Werke (1816, Jacobi 1998–2016, Bd. 3, 151 f.) by pointing out his 1812 Jacobi review where he did place the positive Christian revelation above all. 33 L. Tieck to F. Schlegel, July 24th, 1811, Lohner 1972, 168. 29 30

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We can thus sum up this chapter by saying that Schelling’s stance towards Jacobi had no real reason to be polemical in 1809 and that the only certain reference to Jacobi in Schelling’s 1809 work on freedom bears witness to it. This is a non-polemic allusion to the main protagonist of Jacobi’s novel Allwill which simply serves to illustrate how the general possibility of evil consists “in the fact that, instead of keeping his selfhood as the basis or the instrument, man can strive to elevate it to be the ruling and universal will (Allwill), and, on the contrary, try to make what is spiritual in him into a means.” 34 If one knows that Jacobi’s character Allwill is modelled on the rampant Goethe of Sturm und Drang, one can appreciate the illustration. Moreover, Jacobi himself bears witness to the biting effect of Schlegel’s book on India on Schelling’s mind: “What Fr. Schlegel said in his [book on] India regarding the philosophy of One and All rankled him [wurmte ihn].” 35 Seemingly novel and bold claims in the last two chapters of this paper do not, however, imply that Jacobi’s influential legacy of misology and fideism was not at work in the discussions against Schelling and his adherents leading up to the famous essay of 1809 and thus partly motivating it. In this larger context Schelling’s protest against misology in the last passages of the Freedom Essay could be read as directed against Jacobi and his adherents Jakob Salat and Kajetan Weiller, each of whom wrote a book in 1806 in which reason (Vernunft) was elevated above scientific understanding (Verstand), as Binkelmann pointed out in his presentation of the genesis of the Freedom Essay for the Academy edition. 36 However, one should be careful not to hastily draw the conclusion that this excludes an equally important and even more specific reference to Schlegel and “Schlegel’s party”. On closer examination of these passages in the Schlegelian context, one can with at least equal weight of argument conclude that these passages are directed against Schlegel’s misology, as Schelling perceived it at that time. 37 This becomes even more convincing if one takes into consideration that Schelling’s defense of understanding Schelling 2005, 58 f. / AA I,17, 156 and the corresponding editor’s explanatory note in AA I,17, 271. 35 F. H. Jacobi to J. F. Fries, July 29th, 1808, Tilliette 1974, 193. 36 Cf. the Editorial Report by C. Binkelmann in AA I,17, 46–52. 37 Cf. Schelling to Windischmann 30. 7. 1808 (Plitt II, 128), where Schelling counts Friedrich Schlegel among “the enlightened ones” (die Erleuchteten) “who became dead for science (Wissenschaft) and understanding (Verstand)”. 34

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(Verstand) in these passages takes the specific form of an apologia of “the dialectic principle” against the approach of historical critique that was a distinct characteristic of the Schlegel brothers. Moreover, condemnation of the dialectic art of system-building as spurious is a common place in Schlegel’s India book and in his 1808 book reviews. It is always tacitly but clearly directed against Schelling or Schelling’s adherents. 38

The role of other contemporaries in the Freedom Essay As the recent Academy edition of Schelling’s Freedom Essay shows, Schelling had undoubtedly read both Schlegel’s 1808 book on India and each of his three reviews from the same year and subsequently reacted to them in the essay. This does not mean that Schlegel’s publications were the only stimulus for writing the Freedom Essay or that the works of other contemporaries were not also given their due in the text. In his letter to Windischmann Schelling speaks of “a party” which Schlegel “tried to summon up on the quiet” against him, but which was so “miserable” that he did not want to concern himself with it and was thus glad when finally “Schlegel himself stepped out”. 39 On this occasion Schelling only mentions ‘Schlegel’s godson’ Franz Joseph Molitor because Windischmann wrote a not altogether negative review of Molitor’s Ideas for a Future Dynamics of History and a congratulatory and encouraging review of Molitor’s On Civil Education, both for the Jenaische Allgemeine Literaturzeitung. 40 Schelling seems to be familiar with Molitor’s trilogy and annoyed that the young man allowed himself to “rave about systems” (i. e. Fichte’s and his own) although “by right he should be a disciple”. Schelling therefore pleads Windischmann “to give no encouragement to this confused head”. 41 Although the Academy edition does not take Molitor’s works into consideration, it is a neglected fact that Molitor had advocated what Schelling carried out, partly already in the Freedom Essay, more exCf. KFSA VIII, 71 (Fichte review) or 199–201 (India book) as directed against Schelling’s Philosophy and Religion (1804). Cf. KFSA VIII, 307 (India book) as directed against Schelling’s adherents. 39 F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 9th, 1809, Plitt II, 157. 40 Cf. Windischmann 1806 and 1809. 41 F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 9th, 1809, Plitt II, 157. 38

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tensively in The Ages of the World: a historical dynamization of the static system of identity. Molitor claimed that “the true system of practical philosophy is by its nature historical” because “only in the historical form does its organization emerge.” He even implied that the brothers Schlegel could be a sort of an example for a ‘historization of Schelling’s system’ : The spirit of real historical totality manifests itself in the works of both Schlegels. It is more likely that they could accomplish this spirit’s drive for self-manifestation than Schelling because the form of Schelling’s philosophy is by its nature infinitely extensive, while the form in which the genius of these two brothers manifested itself is infinitely intensive. 42

This has much to do with Molitor’s evaluation of Fichte as “the founder of modern philosophy” and “the father of real construction” because “the germ of a real historical philosophy” would lie in the self-reflective character of Fichte’s Wissenschaftslehre. 43 Since the Academy edition of Schelling’s essay did not consider Molitor’s work, it overlooked the fact that Schelling’s rejection of historical orientation in philosophy in the penultimate passage of the Freedom Essay could aim at some disturbing challenges in the mentioned trilogy of Molitor, i. e. of ‘Schlegel’s godson’. 44 The questions as to who the other members of ‘Schlegel’s party’ might be and as to whether Schelling reacts to their writings in his Freedom Essay is a task beyond the scope of this paper that should be explored on its own in future. Binkelmann names the relevant ‘uncalled-for adherents’ and opponents of Schelling in his presentation of the genesis of Schelling’s preface to his Philosophical Works (1809) for the Academy edition, and the impressively rich “Explanatory notes” at the end of the volume tend to trace all textual sources which Schelling alludes to in each passage of the text. However learned and well-informed these notes are, some of the sources there enumerated seem to be superfluous while others are still missing.

Molitor 1805, 201 f. Molitor 1806, 29 f. 44 Schelling 2005, 84 f. / AA I,17, 178. Cf. Molitor 1806, 52: “Philosophy will come to its self-perception [Selbstanschauung] only when it is organized into history. Only then will philosophy be able to orient itself and to determine its procedure according to a fixed scientific principle.” 42 43

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Let us take an instructive example. Sextus or on the Absolute Cognition of Schelling. A Dialogue (1804), 45 a book by Schelling’s former Würzburg colleague and opponent Franz Berg – which received replies by both Windischmann, in a review published February 15, 1805 46, as well as by the Schellingian Johann Kaspar Götze, in an anonymous 1807 book 47 – is obviously alluded to in the first paragraph of the Freedom Essay. Here Schelling talks about the assumption that “the human understanding” (Verstand) may have an insight into “the system in the divine intellect” (im göttlichen Verstande) in which individual freedom coheres with the universe (Weltganze). To support this assumption, he gives a long quote from Sextus’ Adversus grammaticos. The full meaning of this lies in its intertextual connection to another work. Beck wrote a dialogue Sextus as a counterpart to Schelling’s Bruno and through it staged a dialogue between ‘Sextus’ (i. e. a sceptic) and (a Schellingian) ‘Plotinus’ to show that the human understanding has limits and that the Absolute cannot be grasped. Schelling thus gives a quote from Sextus to show that the real Sextus claimed the opposite, namely that the philosopher has the right “to comprehend the god outside oneself through the god within oneself” based on the physical doctrine “that like is cognized by the like” and that only someone without “a slight training in philosophy” 48 could think that a philosopher (Empedocles in this case) is boastful and behaves as superior to others just because he claims such divine knowledge. It was to be expected that Schelling replies to this book in some fashion since he was not very satisfied with Windischmann’s review of it. 49 Unfortunately, this work as well as the responses to it are altogether missing from the “Bibliography” of the Freedom Essay’s Academy edition (2018).

Cf. Berg 1804. Cf. Windischmann 1805. 47 Cf. Götze 1807. 48 An amusing counterpart to Berg 1804, 15: “Plotinus: […] Forget your logic, [Sextus,] or you are lost to philosophy. Rightly does Schelling consider that the best preparation for philosophy is that one comes to him without preparation, free from all logical rubbish, as a true child of nature. He could certainly write above [the entrance of] his philosophical lecture room: Let the little ones come to me, for the heavenly kingdom of philosophy belongs to such as these. If you do not become as these little ones, you will never enter it.” 49 F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, August 27th, 1805, Plitt II, 69. 45 46

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According to the Academy edition’s “Editor’s Report”, the reason why Schelling published his Philosophical Works (1809), including the Freedom Essay, is to be found in Schelling’s need to present his idealism – against Hegel’s critique in the preface of Phenomenology of Spirit – as a “system of freedom” based on a scientific dialectic and “to position his idealism in contradistinction to Hegel, F. Schlegel as well as other alleged adherents and opponents”. 50 Although this should be a framework broad enough for interpreting the Freedom Essay, mediating between the different perspectives and interests of Schelling scholars, it is insofar misleading as it puts Friedrich Schlegel on the same plane with other “adherents and opponents” and places the purpose of the work in distinguishing Schelling’s “idealism” from Hegel’s and uncalled-for adherents. What is missing here is the old view according to which the work should primarily be seen as “an apologia of Schelling’s system”, as Fuhrmans succinctly characterized it. It is for the sake of this apologia that Schelling had to extend his system to include a new “ideal part” into which the realms of “ethics, religion and history” had to be incorporated. 51 Schelling’s only work on which he could further build “the ideal part of his system” was Philosophy and Religion (1804). 52 Since Schelling took Friedrich Schlegel’s critique as the decisive motive for his apologia, Schlegel should be regarded as the main plaintiff. The characterization of Schlegel as ‘the main plaintiff’ does not mean that Schelling’s apologia was not written to face charges coming from critics other than Schlegel, or even Schlegel taken together with what Schelling terms as his ‘party’. Schelling’s disciple Georg Michael Klein was perhaps the first to point out in public that the other main group of critics consisted of Jacobians. At the end of his review of the Freedom Essay in the August issue of Heidelbergian Annals of Literature from 1809 he stressed that “the presentation of the ideal part” of Schelling’s philosophy through the Freedom Essay overturned the recurring misrepresentations of Schelling’s system made by both “Friedrich Schlegel” and “the fog-producing romantics among the present philosophers [die nebelnden Romantiker]” as well as by “the self-conceited critics converted from the crassest EnEditorial Report by C. Binkelmann in AA I,17, 21. Fuhrmans 1953, 169. 52 Schelling stresses this in the 1809 “Preface” to his Philosophical Works: Schelling 2005, 2 / AA I,17, 26. 50 51

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lightenment to Jacobian pietism”. 53 The fact that Jacobi’s adherents are mentioned but not Jacobi himself carries even more weight if we consider that Klein finished his review only after consultation about its content with Schelling through a few (now lost) letters. 54 Foremost among the Jacobians, described as “self-conceited critics”, that Klein is aiming at is probably Jakob Salat, whose second volume of Vernunft und Verstand (1808) contains an overview and assessment of many books and anonymous reviews directed mostly against Schelling’s system, made by Köppen, Weiller, Thanner, Eschenmayer, Berg, Fries and Fichte. Although written unsystematically and from a specifically Jacobian perspective, it called to mind many accusations against Schelling and his system, including those concerning freedom and morality. 55 Through responses directed primarily at Schlegel, Schelling addressed other similar provocations from other authors as well, whether from “Schlegel’s party” or from other spheres of influence, such as Jacobi’s. As was his habit, Schelling fruitfully used the polemical occasion to further elaborate or rework topics from the ideal part of his system. The two aims of the Freedom Essay are thus intertwined in a manner that should not be underestimated in expounding its topics. Schelling’s own way of handling provocations and objections against his system whereby he used to partially appropriate the opponent’s position is well attested and described by himself in his open polemic with Jacobi (1812): Being accustomed to use the vile spite and all attempts to stop me only for the higher and more vigorous development of science, I had […] to think of how to transform what was maliciously intended into something good for me and others. (AA I,18, 143)

53 54 55

Klein 1809, 167; emphasis on words Schlegel and Jacobian by Klein. Cf. the Editorial Report by T. Frisch in AA I,17, 78–80. Cf. Salat 1808, 54 f., 108, 111–113, 121 and 125.

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Main points of Schelling’s apologia against Schlegel as Schelling’s turning points towards positive philosophy In the 1970s, it was not unusual to explain Schelling’s “change in his transition ‘from negative to positive philosophy’” through “impulses that came to him from Schlegel.” 56 To stay within the limits of a single article, this last chapter will only draw four main lines of Schelling’s apologetic argumentation in the Freedom Essay against Schlegel’s accusations and challenges that led Schelling away from his system of identity and towards his late philosophy. 57

1) Schelling specifies his pantheism and explains its divergence from Spinozism. While Schelling vindicated pantheism from several charges raised against it by Schlegel at the beginning of the Freedom Essay, he also distanced himself from Spinoza’s mechanistic view of nature, its determinism, the lack of the ideal principle within his system and hence its “lifelessness”, 58 not far from what Schlegel would want to hear. 59 Not unlike Mendelssohn in his 1785 apologia of Lessing’s “purified pantheism” against Jacobi’s charges of atheism and fatalism, 60 Schelling defended his pantheistic system in 1809 by defining pantheism simply as “the doctrine of immanence of things in God” to which it is not justified to ascribe automatically “the fatalistic sense” (fatalism), Behler 1975, CXXXIXf. The justification for the use of the term ‘positive philosophy’ in this context may be found in Ježić 2022 where Schelling’s later explicit acknowledgment of Schlegel’s contribution to his turn towards positive philosophy is documented and expounded. 58 Schelling 2005, 18 / AA I,17, 122. 59 Cf. Schlegel’s call for “an extensive and thorough scientific refutation of Spinoza” in his review of Fichte’s new writings as well as Schlegel’s claim in his book on India that “activity, life and freedom are alone true reality” (KFSA VIII, 70 and 228). The second claim was literally copied by Schelling with quotation marks but without reference into his essay (Schelling 2005, 20 / AA I,17, 123). 60 Mendelssohn tried to show that Lessing’s pantheism differs in practice from commonly held religious and moral views only through an innoxious image of contingent beings presented as thoughts in God and not as thoughts flowing out of Him. Cf. lectures 14 and 15 in Mendelssohn 2011, e. g. 96: “purified pantheism could co-exist quite well with the truths of religion and ethics, […] the distinction consists merely in an overly-subtle speculation that does not have the slightest influence upon human actions and human happiness”. 56 57

96 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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“the full identification of God with nature” (atheistic naturalism) or denial of “all individuality” (acosmism). 61

2) Schelling explains his system as pantheistic only in its starting point, and in the continuation as integrating the true sides of both the system of emanation and the system of dualism. Moreover, since Schlegel declared in his Fichte review that Schelling managed to combine “Spinoza’s metaphysical principles” with “the oldest Oriental philosophy” through his spurious art of systembuilding or dialectical construction, 62 Schelling needed to explain how the system of emanation 63, appropriated into his system of identity in Philosophy and Religion (1804), was related to his pantheism. 64 In his review, Schlegel only hinted at the connection between Schelling 2005, 8–14 / AA I,17, 113–118. Cf. the passage in the Fichte review (KFSA VIII, 71), but also Schlegel’s obvious critical allusions to Schelling’s Philosophy and Religion in his presentation of the system of emanation in his book on India (Schlegel 1849, 468 f. / Schlegel 1808, 95 f. / KFSA VIII, 199 f.). 63 Morgan (2016, 258) rightly remarks that Schlegel distinguishes Spinoza’s pantheism as “a very pure exemplar of the pantheistic mode of thinking that is such a peculiar feature of the history of the human intellect” (KFSA VIII, 71) from Schelling’s “adulterated, orientalising version of pantheism”, but he is unaware that “the oldest Oriental philosophy” in the Schlegelian historical perspective means the system of emanation and not “ancient Indian philosophy”. Schelling was familiar since his early years with Gnosticism (Plitt I, 37), which is also an instance of the system of emanation for Schlegel (KFSA XIII, 365), and only this part of Oriental philosophy do we find combined with Schelling’s system, especially in Philosophy and Religion (1804). Schelling’s knowledge of Indian philosophy was too meagre to allow him to combine it with Spinozism and there is therefore no writing prior to Schlegel’s work about India (1808) with any clear hint of such combination (cf. Halbfass 1990, 78, 101). In the Freedom Essay he even refrained himself from contradicting Schlegel’s historical claims regarding Oriental philosophy because he was aware that this part of Oriental studies was missing from his education (cf. F. W. J. Schelling to G. H. Schubert, May 27th, 1809, Plitt II, 160 f.). Lessing is Schlegel’s other example of an eminent German philosopher who mixes pantheism with this “oldest Oriental philosophy”, which might be the system of emanation as present in heterodox Gnosticism but not Indian philosophy per se (cf. Lessing’s 1753 fragment Christianity of Reason, esp. § 5–12, and The Education of the Human Race from 1780, esp. § 73 and the parts on reincarnation that Schlegel associated with the oldest Oriental system). 64 Schlegel’s India book made the same critique of Schelling’s mixture of emanationist worldview with pantheism in more detail (cf. KFSA VIII, 199–201). Schlegel’s direct critique of Schelling’s Philosophy and Religion may thus be found in the chapter on 61 62

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the oldest Oriental system of emanation and the youngest and decadent Oriental system of pantheism. In his book on India, he expounded this connection at length, insisting namely that the former is superseded by the latter only by means of the intermediate worldviews of superstitious astrological materialism and of Persian (Zoroastrian) dualism which anticipates the Christian dualistic worldview. Schelling’s tactic in the Freedom Essay 65 and the works that followed was to show that each of the three systems (emanation, dualism, pantheism) is valid, but also limited to its proper place ‘in the theogonical process’ (to use a phrase from Schelling’s late philosophy of mythology). The order/chronology Schelling accords to these systems, however, is different: 1) pantheism, 2) emanationism, 3) modified (relative, i. e. not absolute) dualism (after the 1812 controversy theism is used either interchangeably with dualism 66 or as the final system). In an oft-quoted letter to Windischmann, Schelling claimed to have clearly marked the place of the applicability of each of the three worldviews within his new treatise. 67 Unfortunately, Schelling scholars have not often taken that claim literally and thus tried to order them rather conceptually within their understanding of Schelling’s system than by showing the exact passages within the treatise where their place is clearly marked. 68 The three are clearly marked in the following passages of the treatise: 1) “The representation [i. e. worldview] of emanation” is applicable to the ground of existence or nature within God, through which, Schelling daringly suggests, the μὴ ὄν (‘nothingness’) of Judeo-Christian creatio ex nihilo “may finally obtain a positive meaning”. 69 2) “The representation [i. e. worldview] of dualism” is applicable to Schelling’s distinction between “God the the system of emanation and not, as one would suppose and often wrongly supposes, in the chapter on the system of pantheism. 65 Cf. Schelling 2005, 81 / AA I,17, 175. 66 Cf. The Ages of the World (1811) in Schelling 2019, 165 / WA I, 104: “It is true that the currently accepted system is limited to theism, which can coexist only with dualism and at root is nothing but dualism.” 67 Cf. F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 8th, 1809, Plitt II, 156. 68 Both Fuhrmans (1953, 170–f.) and Buchheim (2011, XXVIIIf.) followed Schlegel’s ordering of these systems but were misled insofar as they claimed that pantheism holds the last (Fuhrmans) or the first and last (Buchheim) place because at the end of the cosmogonical process the divine love is “all in all” (Schelling 2005, 73 / AA I,17, 172). This is in fact a tacit reference to Paul the Apostle (1 Cor 15:28) which makes Schelling sound more orthodox. 69 Schelling 2005, 90 f. / AA I,17, 142 f.n.

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Existent” as the ideal principle and the ground of existence as the real principle. This worldview enables us to see things in God not through “a dead inclusion” (pantheistic immanence) but as “having their basis in that within God which is not God himself, i. e. in that which is the basis of His [and every other] existence”. 70 3) Finally, “the indifference of pantheism” is applicable to the “primal ground [Urgrund]” or the “groundless [Ungrund]” which precedes all oppositions (Gegensätze), even that of good and evil. Of this ‘primal ground’, the ideal and the real principle may be predicated only in the disjunction “neither – nor” by which they come out as duality, i. e. each keeping the groundless in its own realm as a separate being (ein eigenes Wesen). 71 Although this “highest point of the whole investigation”, as Schelling calls it, appears near the end of the treatise, it logically precedes and grounds the introduction of dualism. In this way Schelling defended his system by showing that the dualism Schlegel required for morality and religion is in fact based on pantheism and included within his system. 72 To overcome objections by appropriating (the positive sides of) the opponent’s position is a clever tactic that was fruitfully used by Fichte (against, e. g., Maimon, Schulze and Jacobi), Schelling (against, e. g., Eschenmeyer, the late Fichte, Schlegel and Jacobi) and Hegel (for whom it even becomes the general principle of historical development of philosophy). It is not only to save the distinction between good and evil, but also to save God’s personality, i. e. the theistic concept of God, that it was important for Schelling to show that his system is not restricted to pantheism: “In the groundless or indifference there is of course no personality; but is the starting point the whole [which proceeds from it, Lj. F. J.]?” 73

Schelling 2005, 28 / AA I,17, 130 f.n. Schelling 2005, 76 f. / AA I,17, 170 f. This place is clearly alluded to a few pages later in Schelling 2005, 81 / AA I,17, 175: “Thus we exposed the definite point of the system where the concept of indifference is, to be sure, the only possible concept of the Absolute.” 72 Cf. The Ages of the World (1811): “the initial dualism passes over into realism or pantheism not through a process of decay [as Schlegel thought, Lj. F. J.], but through a necessary law of all development. It has to accomplish the transition into pantheism if it is to reveal the unity that is hidden away in it. In this way, dualism itself demands pantheism as an essential element, for it is the necessary point of passage through which it can first become an authentic and actively real dualism” (Schelling 2019, 152 / WA I, 91). 73 Schelling 2005, 81 / AA I,17, 175; trans. modified. 70 71

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In this context it is important to note that August Wilhelm Schlegel answered in December 1808 to Schelling’s enquiry regarding Friedrich Schlegel’s opinion on Jacob Boehme in a way that anticipates Schelling’s inclusion of modified or relative dualism and emanationism into the apologia of his own system in the future Freedom Essay: I did not recently talk with Friedrich about Jakob Böhme; but as far as I know, he is equally a warm adherent of him as he always was. Could one hold the doctrine of J. Böhme for something other than the doctrine of two principles, corrected according to revelation by making the evil principle dependent, and presented as cosmogony under the form of emanation? 74

3) Schelling adds historical dynamics to his system and includes the dualistic battle between good and evil in history. Schelling also needed to declare his position with respect to “the dualism of good and evil that Schlegel intends to introduce into history”. 75 This was not only a scholarly matter, but a matter of personal integrity since Schlegel invoked the application of the distinction between the good and evil principles to philosophical systems and religions or confessions: We are far from wanting to bring into doubt the theological claim that in the beginning all creatures were created good. We just cannot make up our mind to rank books among the primeval creatures and hence keep on believing that a lot of bad books […] and thoroughly reprehensible philosophical systems exist, in which an evil principle manifests itself and acts, striving directly against everything that is good and divine. 76 F. W. J. Schelling to A. W. Schlegel, December 25th, 1808, Schlegel 2020. The importance of these remarks is already stressed by Binkelmann in AA I,17, 55 f. 75 F. W. J. Schelling to K. J. H. Windischmann, May 9th, 1809, Plitt II, 157. It is important to note in passing that Windischmann’s review of Dalberg’s work addressed and praised in the continuation of the quoted sentence also seems to escape the attention of Schelling scholarship, although it contains both a commendation and an instructive critique of Schlegel’s book on India. It is published in the Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung on February 24th, 1809, i. e. at the time when Schelling was intensely working on his Freedom Essay. It disproves Schlegel’s view on pantheism prior to the Freedom Essay by claiming that pantheism in its original form was the clear feeling of God’s omnipresence and infinity. 76 KFSA III, 151 (Schlegel’s review of Adam Müller’s Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur). 74

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To say it more clearly: if they [i. e. Christians (sic!) and Protestants] had only elevated themselves to the first step of all living knowledge [zu dem ersten Grade aller lebendigen Erkenntnis], the cognition of good and evil, […] they would know that there are only two religions: the true one, eternally unalterable, whose imperishable and holy form is immediately determined through its essence; and the false one, which, once defeated, reappears in perpetually changing forms[…]. 77

At the end of the Freedom Essay Schelling allusively reacted to such statements with condemnation: A thoroughly illiberal and highly restrictive point of view is introduced into history by the whole notion that there is an absolute dualism of good and evil running through it in accordance with which either the one principle or the other rules in all the manifestations and works of the human spirit, and according to which there are only two philosophic systems, and two religions, the one absolutely good and the other utterly evil. 78

Even the closing sentence of the Freedom Essay could be read as an appeal in this respect: “Now is not the time to reawaken old oppositions [alte Gegensätze] but to seek that which lies beyond and above all opposition [über allem Gegensatz].” 79 “Old oppositions” (or perhaps “old opposites, old differences”) could imply one or all of the following things: the absolute dualism of good and evil versus the pantheistic indifference (and relative dualism inherent to it), the conflict between fideistic theists on the one side and pantheistic and idealistic thinkers accused to be atheists on the other side (as in the pantheism controversy of the 1780s and in the atheism controversy of 1799), or even the conflict between Catholics and Protestants (implied in Jacobi’s 1807 address to the Academy and also in Schlegel’s review of Stolberg’s work and reactions to it). All this seems to imply that Schelling felt that Schlegel’s new religiously motivated and historically based philosophical endeavour KFSA VIII, 90 (Schelling’s review of Geschichte der Religion Jesu Christi of Graf zu Stolberg in Heidelbergische Jahrbücher der Literatur). Cf. KFSA VIII, 78 (Schlegel’s review of Fichte’s new writings): “[A]ccording to Christianity, there is only one true religion: the primeval and eternal one. It was the religion of first humans, older than every aberration [Irrtum] and idolatry. Only in Christ and with Christ was the fullness of that light revealed which had been in part completely obscured and in part concealed under a veil [which was nevertheless, Lj. F. J.] indicative of it.” 78 Schelling 2005, 82 / AA I,17, 176. 79 Schelling 2005, 85 / AA I,17, 179; trans. modified. 77

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brought his system into the same line as pernicious aberrations, whether they be old or new, of the only true religion, God’s primeval revelation, which is best presented in the Persian dualistic religion in the pre-Christian times and in the (Catholic) Christianity. 80 This background could explain various other apologetic statements as well as novelties in the Freedom Essay. It is therefore even more interesting that Schelling, in the same treatise, nevertheless introduced the battle of good and evil in a Christian historical perspective into his system. He did this in a long paragraph describing how evil in history “at first remains concealed in the depths” but ultimately commences with “a declared state of war between good and evil”, “which continues to the end of the present time and in which God reveals himself as spirit, that is, as real actuality.” 81 At the end of this paragraph Schelling gives a reference to the eighth lecture “On the Historic Construction of Christendom” from his Lectures on the Method of Academic Study (1804), as though he wanted to stress that his system already had a comparable historical dimension and this paragraph was not an innovation motivated by external factors.

4) Schelling abandons the Gnostic emanationism of Philosophy and Religion, and which had subsequently come under criticism, for the sake of more orthodox Christian views. Emulating Fichte, he impregnates his system with Christian concerns and concepts characteristic of Johannine theology, such as Word (lógos) and Love, and deduces Love as the final cause of the principle of indifference within his old triadic structure. Another line of Schlegel’s casual critical remarks on Schelling’s system were based on Schelling’s speculative interpretations of the Christian dogma of the Holy Trinity. As early as the dialogue Bruno (1802) Schelling gave unrestricted expression to this speculative synthesis of his system of identity with Christian Trinitarian theology: Bruno: […] we shall discern in the essence of that identity which is the neither-nor of all opposites the eternal and indivisible Father of all things; He never steps forth from his eternity, yet in one and the same 80 81

Cf. KFSA VIII, 229. Schelling 2005, 46–49 / AA I,17, 146–149.

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act of divine intellection He comprehends and contains both the finite and the infinite: And in the infinite [potency] we shall recognize the Spirit, the unity of all things, but the finite [potency], though in itself equal to the infinite, is yet by its own accord subjected to time and made into a suffering God. I think by now I have adequately shown how these three could be united in one single being, and how the finite is finite, yet timelessly inheres in the infinite as well. 82

It is precisely on account of this statement that Schelling was already reproached by Joseph Görres in 1805. Görres, a distinguished member of the Heidelberg Romantic group and an enthusiast for ancient Indian wisdom, thought that with such statements Schelling had “put himself in contradiction to the Christian myth that the Father is not elevated above the other two persons” because “there is only one God, and three persons are in God, so teaches the Church. […] The Father is the might [die Macht], the Spirit is the Love [die Liebe] which emanated out of God wanting to be revealed through Son in temporality.” 83 Schelling acknowledged and rejected that objection in his Aphorisms as an Introduction to the Philosophy of Nature (1805): “Another writer rebukes me on the basis of Indian and Christian doctrine of the Trinity and instructs me that the indifference, the eternal (= A3) is not the whole absolute, i. e. that the Father [taken] alone is not God!” 84 Continuing in this vein, Friedrich Schlegel also saw such Schellingian statements as an illicit combination of Spinozism and Christianity that brings Schelling (and Schellingians) into the old Arian heresy in which the Son is subordinated to the Father: [N]ot every philosophy is compatible with Christianity […] The philosophy of Spinoza, which now has so many adherents in Germany, is in fact by no means compatible with Christianity, because the concept of the living God is not the one of that dead godhead [jenes toten GottweSchelling 1984, 152 / AA I,11,1, 374 f. Görres, 1805, 33 f., f.n. 84 AA I,15, 134 f.n. In an explanatory note, the Academy edition connects this rebuttal of Schelling’s (AA I,15, 485) with a quote from Windischmann’s introduction to his work Platons Timäos (1804). However, in contrast to Görres, Windischmann neither assumes the position of a critic of Schelling, nor does he invoke Christian Trinitarian theology to rebuke Schelling’s interpretation of indifference (= A3) as the Father. Quite the contrary, he exalts Schelling among the philosophers of modern times and underlines the harmony of his dialogue Bruno with “Plato’s physics”, with “the doctrine of India and of Spinoza”, with the ideas of Paul the Apostle and John the Evangelist. 82 83

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sens] of infinite substance of pantheism. Only through inconsequence may the fundamental doctrine of Christianity, the doctrine of the Trinity, be combined with Spinoza’s system. Thus, even if one wanted to amalgamate that philosophy with Christianity in different ways, it always happened through some Arian or Gnostic interpretation of Christianity, for otherwise this cannot come to be. 85

Schelling was not ready to give up his speculative and interpretative use of the dogma of the Trinity within his philosophy, and therefore clearly declared himself in the Freedom Essay to be on Lessing’s side: “Yes, we go still further and with Lessing regard even the development of the truths of revelation into truths of reason as utterly necessary if the human race is to be helped thereby.” 86 In the following sentence he immediately condemned Schlegel’s “heresy-hunting attitude [die Ketzerrichtende Miene]”: “Similarly, we are convinced that reason is entirely sufficient to expose every possible error (in veritable matters of the spirit) and that the heresy-hunting attitude in judging philosophic systems can altogether be dispensed with.” 87 Clearly referring to Schlegel’s insinuation that those who combine the Christian doctrine of the Trinity with Spinozism are Arian heretics within the Christian community, Schelling introduces another insinuation “from Church history”, 88 namely that those who claim that evil lies “in animality or the earthly principle” are Monothelete heretics because their position implies that there is “no dual will”. 89 Schlegel’s manuscript Métaphysique (1806) confirms that Schelling was right in assuming that he is implicated in the critique against the ‘Arians’. 90 Although Schelling frankly declared himself to be uncerKFSA VIII, 91 f. (Schlegel’s review of Stolberg’s Die Geschichte der Religion Jesu Christi). 86 Schelling 2005, 82 / AA I,17, 176. 87 Schelling 2005, 82 / AA I,17, 176. 88 It would be more precise to say that this term comes from “the history of heresies”, a term that Schelling himself mentions in an earlier clearly Anti-Schlegelian part of his treatise (Schelling 2005, 12 / AA I,17, 117). 89 Schelling 2005, 40 f. / AA I,17, 142. The editors in the Academy edition are correct in saying that in his Fichte review Schlegel attributed Arianism to Fichte (KFSA VIII, 74–77), but are incorrect in claiming that in the Stolberg review Arianism (quoted above) is attributed to Spinoza (cf. AA I,17, 259 f.). It was Schelling, not Spinoza, who ‘amalgamated Spinozism with Christianity’, as is indicated through the same wording also in Schlegel’s review of Fichte’s writings (KFSA VIII, 71). 90 KFSA XIII, 425: “Schelling – idealism and pantheism, indifference, whence approaching partly emanation, partly trinity – always floating [between these] [de là s’approchant vers l’emanation, vers la trinité[,] flottant toujours]”. 85

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tain as to what Schlegel’s own position was, he might have introduced ‘Monotheletism’ to include Schlegel alongside Fichte in ‘the present age which denies evil to human nature out of philanthropic reasons’. 91 In other sections of the Freedom Essay and in private letters Schelling inclined to interpret Schlegel’s dualism as “absolute dualism” and “Manicheism” respectively. 92 Various features of Schelling’s treatise may be re-evaluated from this (Catholic) heresy-versus-orthodoxy viewpoint, but let it suffice here to stress his fruitful use of Christian theological concepts such as Word (lógos) and Love. Both are central to the theology of John’s Gospel, whence they had recently been adopted by Fichte for the presentation of his idealism in The Way Towards the Blessed Life; or the Doctrine of Religion (1806). Since Schlegel in part reviewed this work of Fichte very positively and contrasted it favourably to Schelling’s system of identity in 1808, i. e. even after Schelling’s direct and harsh polemic with Fichte (1806), it is no surprise that Schelling’s apparent further discussion with Fichte’s idealism, his concept of God or freedom in the Freedom Essay, is in fact a discussion with Schlegel who seemed to think at that time that an ethical philosophy could best be built on some modified version of Fichte’s idealism to which the old Persian and the new Catholic dualism could be approximated. 93 The ‘highest point’ of Schelling’s ‘whole investigation’, i. e. the deduction of the dualistic opposition of light and darkness (Johannine terms!) out of indifference for the sake of love, should be read as embedded within Schelling’s debate with Schlegel, as Christoph Binkelmann rightly pointed out in the Academy edition. 94 In his review of Fichte’s new writings, Schlegel surprisingly interpreted Fichte’s

For Schelling’s open doubt concerning Schlegel’s position cf. Schelling 2005, 88 / AA I,17, 125 f.n. (more directly in Plitt II, 153 f.). That ‘Monotheletism’ fits Fichte’s position, cf. Schelling 2005, 57 f. / AA I,17, 155. That for Schlegel freedom in a sense consists in overcoming “the earthly element” and hence inertia (as in Fichte’s System of Ethics), cf. Schlegel’s anthropology in his unpublished 1804–1805 Köln lectures: KFSA XIII, 3–35. That he, however, distinguishes evil from immoderateness as dominance of (natural) instinct and in this respect comes surprisingly close to Schelling’s position, cf. KFSA XIII, 95 f.; XII, 156–162. 92 Schelling 2005, 23, 88 f.n., 76, 93 f.n. and 82 / AA I,17, 126, 130 f.n., 170, 173 f.n. and 176; Plitt II, 153 f., 156 f. and 161. 93 Cf. Fuhrmans 1953, 168 and again 171 f.n.: “First and foremost, Schelling’s whole discussion on idealism is in fact a debate with Schlegel.” 94 Cf. the Editorial Report by C. Binkelmann in AA I,17, 56 f. 91

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concept of love which is “above all reason” in the direction of Schelling’s highest formula in the system of identity: Since there is nothing beside Being [Sein] other than existence [Dasein], the principle of Love – which is not existence – must be the Being itself insofar as existence is already necessarily associated with this Being. The highest principle would therefore be the all-encompassing identity (love) of the pure identity (Being) and the division or difference (consciousness). This should lead, if one simply pursues the construction, to that system from which the spirit and character of Fichtean philosophy so much diverges [i. e. to Schelling’s system of identity, Lj. F. J.]. 95

Obviously, this does not mean that Schlegel wanted to merge Fichte’s philosophy with Schelling’s. In fact, he did not want to start the highest deduction from the principle of love. He wanted to leave love “beyond all reflection” and “above all reason” because love is “no object of what should properly be called knowledge”. 96 Schelling tacitly but effectively opposed this claim 97 by deducing love as the final cause of the triadic structure of indifference, the ideal principle and the real one: the groundless (Ungrund) divides itself into “two equally eternal beginnings” in order that they “become one through love”, i. e. it divides itself for the sake of “life, love and personal existence.” 98 This is a clear illustration of the manner in which Schelling developed his system either parallel to its apologia or in consequence of the elaboration of its apologia. It also shows how Schelling’s discussion with Schlegel continuously and on many points led him towards engagement with the topics that will become central to his late philosophy, which even bears the title that was certainly in part stimulated by Schlegel: the positive philosophy of mythology and revelation.

KFSA VIII, 83. KFSA VIII, 84. 97 Most directly in Schelling 2005, 76 / AA I,17, 170: “[T]here must be a being before all basis and before all existence, that is, before any duality at all: how can we designate it except as ‘primal ground’ or, rather, as the ‘groundless’ ? As it precedes all antitheses these cannot be distinguishable in it or be present in any way at all. It cannot then be called the identity of both, but only the absolute ‘indifference’ as to both” (second emphasis by Lj. F. J.). 98 Schelling 2005, 78 / AA I,17, 172; trans. modified. 95 96

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The Freedom Essay as an Inventive Apologia

Conclusion Schelling’s Freedom Essay is an exciting and thought-provoking text that has been read in various contexts with great interest and referred to on various occasions. However, we are still lacking a comprehensive and exact scholarly interpretation of this complex text which would elucidate its immediate context and all the numerous intertextual connections it contains. This paper is meant to be a contribution to such an endeavour. The scholarly trend of seeing Schelling’s oeuvre sympathetically or even apologetically as one continuous and consistent line of thought can perhaps succeed in opposing the malicious myth that Schelling was a philosophical Proteus, but we should be cautious not to overlook the changes Schelling made in his philosophy due to the dialogue and polemics with his philosophical interlocutors. Moreover, it can be shown that these changes and their motives were recognizable or known to his contemporaries. 99 This paper clearly documents that Schelling took Schlegel’s publications as a welcome occasion to refute the accumulated accusations by various authors against his system in the previous years. It opens the door for further investigations into the immediate context of this famous treatise on freedom and theodicy. Although Jacobi and Hegel should be included among these various authors, they obviously do not belong to the so-called ‘Schlegel’s party’, whose critique initially aroused Schelling to write his treatise. Instead, some less-famous August Wilhelm Schlegel could follow the debate between Friedrich Schlegel and Schelling from up close and was therefore the first to notice that the dualism within God as found in the Freedom Essay is something new in Schelling’s system (cf. A. W. Schlegel to F. W. J. Schelling, August 19th, 1809, Körner 1969b, 67). Other contemporaries may have acknowledged a systematic change in 1809 but still failed to see the context. Such was the case of Schelling’s former Würzburg colleague and long-term opponent Paulus. In the introductory polemic to his publication of the unauthorised transcript of Schelling’s famous 1841 Berlin lectures Paulus writes: “Reasons that are unknown to me […] must have caused that […] Schelling invested so much effort throughout his treatise Ueber das Wesen der menschlischen Freiheit to show his own speculation as different from the pantheism of Spinoza, and at the same time to prove that freedom of will is possible in pantheism alongside with the alleged immanence of things in God. However, Schelling made with this treatise, since the deduction of evil out of his all-encompassing God costs much effort, an attempt to assume a dualism in God Himself. The Berlin lectures also start from this fiction, […]. All that is called ‘positive’ rests on it” (Paulus 1843, 146 f.).

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Ljudevit Fran Ježić

authors, such as Franz Molitor, were regarded as members of that ‘party’ and therefore more scholarly attention should be given to them if the genesis of the Freedom Essay is to be exhaustively explored. At that time, Jacobi may have been present in Schelling’s mind as a possible future threat, but no direct polemic with him is attested in the Freedom Essay. However, one may be tempted to find such a polemic with Jacobi here insofar as Schelling in fact wards off some attacks coming from the Jacobian standpoint because he is involved in an argument with some lesser-known adherents of Jacobi, such as Köppen, Weiller or Salat. Certain external similarities between Jacobi’s old critique of pantheism and Schlegel’s new critique of pantheism may lead to this assumption as well, although the textual basis for it is both meagre and ambiguous. This is perhaps one important reason why Jacobi does not even mention this essay in his November1811 polemic with Schelling. The four lines of defense in Schelling’s argumentation that this paper excerpts from Schelling’s Freedom Essay, when read as an apologia of his system against Schlegel’s ‘heresy-hunting’ criticism, rather suggest that Schelling wanted to prevent an outbreak of a second ‘Pantheism controversy’ or ‘Atheism controversy’ that would cost him as much pain and trouble as those controversies once costed Mendelssohn or Fichte. Indeed, he was partially successful and on some important points he even anticipated the notorious ‘Theism controversy’ that was to burst out three years later and to commit him to silence for the next three decades.

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling Sean McGrath (St. John’s)

Abstract The late Schelling’s main objection to Hegel does not concern logic so much as it does anthropology. Beginning in the 1809 Freedom Essay, and continuing into the final lectures on revelation, Schelling in effect rejects Hegel’s notion of recognition for rendering interpersonal relations necessary and hence destroying the spontaneity of the basic personal decision between good and evil. As an alternative, Schelling offers a theory of non-dialectical personalism, which has not proved as influential as Hegelian recognition, but which nevertheless finds resonances in Kierkegaard, Jung and Levinas. The non-dialectical notion of the person as originally related to itself, and only on the basis of the overcoming of necessity, related to other selves, is the key to understanding Schelling’s later theory of the Trinity and demonstrates the continuity of Schelling’s philosophy of freedom and his philosophy of revelation.

The first beginning for the creation is the longing of the One to give birth to itself or the will of the ground. The second is the will of love. 1

In the following paper, I dare to presume to say something new concerning the Freedom Essay, and the path of thinking of the late Schelling which begins with it. The essay has received much commentary, from scores of Schellingians, to some of the greatest speculative thinkers of the 20th century. Nevertheless, I wish to venture to say something about this text that, to my knowledge, has not yet been said. First, I will, with others, argue that the late Schelling, in this text, as in all of his major writings and lectures that follow (notably, in the unpublished Ages of the World drafts, the Stuttgart Seminars, and the lectures on the history of philosophy, on mythology, and revelation) is fundamentally motivated by an objection to Hegel’s 1

Schelling 2006, 59 / AA I,17, 161.

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Sean McGrath

philosophy of religion, particularly to Hegel’s approach to the Trinity. 2 But rather than focus on Schelling’s comments on Hegel’s logic as the locus of the objection – which is what commentators typically do – I will trace the inception of Schelling’s later critique of Hegel’s philosophy of religion to the personalist anthropology of the Freedom Essay, an anthropology which is essentially Trinitarian, albeit heterodox. The basic problem with Hegel’s Trinity, from Schelling’s perspective, is that it is modalist: the three divine persons are three modes of the one divine self (the Hegelian ‘notion’), mediating itself through its other. 3 Like all modalists, Hegel underplays the all-important difference – the ontological distance – between the divinity of the Father and the divinity of the Son. According to Schelling’s anti-modalist view, the Father and the Son are not two distinct gods, but they have two irreducibly distinct relations to the one, absolute divinity (cf. SW XIV, 44 f.). In terms of theological anthropology, modalists, having rendered the relations among the divine persons necessary or logical relations, lay the theological foundation for dialectical personalism, the thesis, so widespread today as to have become a truism, that a person is one who stands in essential, reciprocal relations to another person. Like all modalists, Hegel has no concept of the freedom of the three divine persons, first, from one another, second, for each other; consequently he undermines the anarchic freedom of personal relations as such, and with that move, denies the contingency of love (cf. SW XIV, 66–70). 4 This is the core problem with modalism, which Schelling targets, first in the Freedom Essay, and later in the Ages drafts, and most explicitly in the Philosophy of Revelation: personal relations in the modalist, dialectical line, are relations of self-mediation: the I needs the Thou in order to be an I – a point that begins in Hegel’s dialectic of See Schlitt 2016; Kasper 1965. Cf. Schelling 1994, 160 / SW X, 127 f. 4 Modalism is the predominant tendency in twentieth-century Trinitarian thought. That two of the greatest theologians of the twentieth century, the Protestant Karl Barth and the Catholic Karl Rahner, are regularly suspected of modalism (not without textual warrant) demonstrates the point. The Church, it seems, prefers to think of one divine subject meditating itself through three modes of being, rather than, as Schelling does, following certain second and third-century subordinationists (Clement of Alexandria and Origen), as three divine subjects constituting a perfect, voluntary community. On the legacy of Hegelian modalism in Christian theology (Catholic and Protestant), and the minority tradition of Schellingian Trinitarian voluntarism, see Schlitt 2016. 2 3

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling

recognition and comes to dominate the thinking of personhood in our time, from the dialogical philosophers (Martin Buber, Józef Tischner), to post-modern theorists of the constitutively relational self (Derrida, Butler, Foucault, Lacan). Without the Thou, the I is not free or selfrelated. Schelling’s alternative, which I argue is the very core of the Freedom Essay, and which has gone unnoticed in the extensive literature on the essay, is that personal relations are always free relations, that is, they are contingent on the good will of the person. This is the very point of Schelling’s unforgettable definition of love: “Dieß ist das Geheimniß der Liebe, daß sie solche verbindet, deren jedes für sich seyn könnte und doch nicht ist, und nicht seyn kann ohne das andere”. 5 The I does not need the Thou to be an I. To be sure, the I needs the Thou if it is to actualize the decisive possibility for being, the reason why the unground splits into two contesting drives in the first place, that is, if it is to actualise love. Should the I refuse this possibility, however, it will remain in some sense free, a self-related, self-accountable agent, but possessing freedom of a Satanic quality. By refusing otherness, the I rejects precisely what God has decided for in willing that there should be something other than God. * * * As I have argued at length in my new monograph, I regard the Freedom Essay as the hinge of Schelling’s career, a hinge, which swings backwards and forwards, and connects two otherwise distinct things. 6 As in the case of the careers of other great thinkers who blossomed early in life and remained productive until the end – Heidegger, Wittgenstein, Barth – Schelling’s career divides into two distinct periods, the early period (Schelling I), from 1795 to 1809, and the late period (Schelling II), from 1809 to 1854. While the periodisation of Schelling’s work has become unpopular (it was admittedly overdone in the past), failing to mark the basic turn his thinking takes in 1809 risks undermining the novelty and genius of the late Schelling. The speculative Trinitarianism which constitutes the main part of the philosophy of revelation then becomes merely identity philosophy (Schulz), or Naturphilosophie (Grant), and the extraordinary and learned reSchelling 2006, 70 / AA I,17, 172. McGrath 2021, 31–34. This paper is a revision and augmentation of material first published in McGrath 2021.

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construction of the theology of the New Testament, above all, the letters of Paul, which Schelling offers in his last lectures and writings (beginning in 1831 and continuing without major alteration of the main points until his death in 1854), are ignored as some kind of eccentricity. My approach to Schelling’s career as divisible into two distinct periods no longer requires the demarcation of a distinct middle period. What writers such as Horst Fuhrmans have described as the middle Schelling is in fact the beginning of the late Schelling (Fuhrmans 1954). The continuity that marks the last four decades of Schelling’s career is striking, particularly in the light of the admittedly protean quality of his first two decades. I therefore do not agree with Furhmans that the middle period should be sharply distinguished from the later work on mythology and revelation. On the contrary, I see no substantial change in Schelling’s thought from 1809 to 1854. Rather, I see refinements of positions, especially concerning theogony, and related to this, the relation of the three divine potencies (ground, existence, personality in the Freedom Essay, possibility, actuality, freedom in the Philosophy of Revelation) to the three divine persons of the Trinity, positions which first appear in Schelling’s work in the Freedom Essay. Indeed I believe that one can find all the main moves of the Philosophy of Revelation in nuce in the Freedom Essay: the affirmation of the Christian doctrine of incarnation; 7 positive history which begins with pagan theogony, i. e., the mythological age, 8 and ends with the eschatological recapitulation of all things in Christ; 9 the Trinitarian nature of the divine, conceived along Boehmian, theogonic lines, as it is still in the Philosophy of Revelation; 10 and the late Schelling’s main argument, the one which puts him in tension with the central traditions of Trinitarian thinking since the council of Nicaea in 325, ‘life,’ rather than ‘being’ as the proper concept for thinking the nature of God. 11 The Freedom Essay is the culmination of research Schelling undertook between 1806–1809, the years of Schelling’s first Munich stay, and the time of his decisive collaboration with Franz von Baader, Cf. Schelling 2006, 44 and 46 / AA I,17, 146 and 148. Cf. Schelling 2006, 44 f. / AA I,17, 146 f. 9 Cf. Schelling 2006, 67 f. / AA I,17, 169 f. 10 Cf. Schelling 2006, 25–29 / AA I,17, 127–131; Schelling 2020, 124–144 / Schelling 1841, 447–476. 11 Cf. Schelling 2006, 17 f. / AA I,17, 119 f. 7 8

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling

who alerted him to the inadequacy of the naturphilosophische dyadic model of the absolute (identity oscillating between the twin poles of the ideal and the real), and the need, instead, for a triunity of principles. 12 This was when he re-discovered and began appropriating the Speculative Pietist Christianity in which he was educated as a child (Boehme, Oetinger, Hahn). The return to his theological origins inspired Schelling’s turn away from the a-historical logic of the identity philosophy, towards the philosophy of history, that is, towards the positive. Schelling of course does not refute identity-philosophy in either the Freedom Essay or the later lectures; rather, he presumes it, even as he subordinates it to the philosophy of history, as negative philosophy is subordinated to positive philosophy. On one point, I agree with Furhmans: the so-called middle period, which begins in 1806 and culminates in the Ages drafts, was the most decisive time in Schelling’s career of thought, the crucial moment in which he at last discovered the speculative significance of Trinitarian Christianity, more specifically, the way the Christ event confirms the triadic structure of reason and being, even as it disrupts the history of philosophy, and renders modernity possible. Remembering the Scholastic dictum, distinctio sed non separatio, the early and the late Schelling are connected as the beginning and the end of a path in the woods are connected, or to use a more Schellingian expression, as antecedent and consequent are indissolubly related. The end is not the same as the beginning, the consequent is other than the antecedent. But without the beginning, there would be no path, without the antecedent, there would be no consequent. What begins in Schelling’s early works in transcendental philosophy and Naturphilosophie culminates in the philosophy of revelation. If this is all that is meant by ‘the continuity thesis,’ then I wholeheartedly defend it. As the hinge connecting Schelling I and Schelling II, the Freedom Essay shares features of the early Naturphilosophie, and the formal defence of pantheism, which Schelling mounts in its opening pages should be read in this light: Schelling is insisting that even if his early work could be accurately characterised as pantheism (a point he never concedes), this would not preclude the move he takes in the Freedom Essay, into a theory of personality. Absolute determination by the creator does not entail a denial of freedom in the creature. 12

On Schelling’s relationship with Baader, see Zovko 1996.

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Although Hegel is not mentioned by name, others have noted that the Freedom Essay appears to be an answer to Hegel’s Phenomenology of Spirit, published two years earlier, with the stinging critique of Schelling’s identity philosophy as advocating a mystical absolute of which nothing meaningful could be said, the night in which all cows are black. 13 That Schelling never mentions Hegel in the Freedom Essay is not particularly significant. He only in fact begins to openly criticise Hegel in 1833, two years after Hegel’s death. 14 Schwab has persuasively argued that Schelling’s ground/existence distinction is constructed as an alternative account of the equiprimordiality of identity and difference, in answer to Hegel’s critique of his identity-philosophy as failing to locate difference in the absolute. Schelling supplements his earlier notion of absolute indifference with a new account of how distinction arises within the absolute, and so creates the condition for multiplicity and time. Schwab notes the important differences between Schelling’s notions of identity and difference and Hegel’s. For Hegel the relation of identity and difference is primarily a logical issue: the notion of identity, properly conceived, is the identity of identity and non-identity, and the odyssey of spirit developing an adequate, speculative conception of identity is what Hegel means by history. For Schelling, the issue is ontological. Absolute indifference negates itself in a primordial event that produces difference, the ground/existence dyad, so that there might be duality and multiplicity that could be freely united in an act of love, i. e., so that there might be personality. What I have to add to Schwab’s analysis of the difference between Schelling’s and Hegel’s speculative thought is that Schelling’s ontological approach to the equiprimordiality of identity and difference makes possible a free relation, that is a personal relation, between the really different, whereas Hegel’s logical approach to the issue creates a bond of necessity between the different, the primordial opposites which are only formally distinct (in the Scotistic sense of distinctio formalis). These two alternatives issue in Hegel’s and Schelling’s contesting notions of personhood. Difference for Hegel is identity in movement, the identical mediating itself through reason’s movement toward a proper conceptualisation of it. For Schelling, difCf. Schwab 2018. See the Munich lectures Zur Geschichte der neueren Philosophie already cited above, Schelling 1994, 134–160 / SW X, 126–161.

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling

ference is something that need not be, and need not remain dependent on or related to identity. This free relation between identity and difference is precisely the relation that God establishes between Godself and consequent creation or consequent nature: creation (consequent nature, by distinction from ground or antecedent nature) need not return to the absolute, that is, it need not return the love of God expressed in God’s creative act. It could develop otherwise. Therein lies the possibility of evil, and, in that same juncture of decision, the possibility for the doubling of divine personality. Since the point of the essay, as Schelling says, is to create “the first concept of personality,” these anthropological considerations should not be seen as mere consequences of what is primarily a logical move. 15 On the contrary, we should read Schelling the other way around: anthropological issues (which are at root theological issues) drive the logical innovations which he mobilizes against Hegel, rather than vice versa. * * * In the extended discussions concerning ‘dialogical philosophy’ that dominate certain schools of continental thought in the 20th century, it has gone completely unrecognised that personalism is divided into two distinct traditions, with fundamental differences in basic concepts. The familiar and prevailing tradition is dialectical, and if it has roots in Jacobi and Fichte, its central authority is Hegel. Following Hegel’s dialectic of recognition, dialectical personalism posits a logical or internal relation between the self and the other, the person and the community (Hegel 1807, B, iv, A). A person on this line is essentially – that is, logically, constitutively, or internally – related to another. Where there is no relation, there is no person. What this essentially means is that the community is, if not prior to the individual, equimordial with it. Buber made this model famous in his classic I and Thou, 16 but it also emerges in Husserl (the “pairing” of ego and alter ego 17), and even in Gadamer. 18 It’s theological referents are too numerous to list, going back to the Nicene doctrine of the Trinity and Cf. Schelling 2006, 73 / AA I,17, 175. Cf. Buber 1923. 17 Husserl 1931, 112 f. (§ 51). 18 Cf. Gadamer 1960, 358: “For tradition is a genuine partner in dialogue, and we belong to it, as does the I with a Thou.” 15 16

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the ‘eternal begetting’ of the Word by the Father and the medieval definition of the person as “subsistent relation.” 19 Dialectical personalism has its psychoanalytical variant in Lacan, for whom the “I” only exists within the symbolic, i. e., as related to others, that is, mediated by the community. 20 While it corrects the worldlessness of the Cartesian subject by insisting on the collectivity of the self – and no one will deny that without community the self cannot flourish – dialectical personalism raises questions concerning human freedom that are not easily answered on the basis of its presuppositions. We must not miss that Hegel’s constitutive interpersonal relation is passed on through Feuerbach to Marx, and from Marx becomes an axiom of post-structuralism, in which the ‘I’ dissolves into the infinite network of finite relations that socially construct it. Post-structural hyper-relationality is a kind of cynical impersonalism or personalist nihilism, which has hardened into an academic dogma in the social sciences. The interpersonal relations become so constitutive of the self that the individual loses all ‘subsistence’ in their relations (to use the language of Trinitarian theology), and is manifestly no longer a centre of spontaneity and imputable action. Shadowing dialectical personalism is another tradition, in which the constitutive relation that makes a person a person is first of all an unmediated and spontaneous relation of the self to itself. The self on this line is not communally constituted but rather emerges into interpersonal relations through an internal struggle with itself. I call this tradition non-dialectical personalism (hereafter NDP). It has ancient roots in Plato’s Tripartite model of the self, 21 in Hebrew theology, 22 in pre-Nicene subordinationist models of Trinity 23, and above Ratzinger 1990. Cf. Fink 1995. 21 Cf. SW VIII, 72: “Man is truly transfigured into an intelligence or a moral being only after he has subordinated the irrational part of his being to the superior part”. It seems fairly clear that Schelling’s notion of the appropriation of the dark ground of spirit has a relation to Plato’s tripartite model of the soul. See the chariot allegory of the Phaedrus (246a–254e), and the theory of three classes of citizens in the Republic, book 9. 22 The God the Ancient Hebrews, Yahweh, is infinitely powerful will. He is he who is who he wills to be (Ex 3:14), ehyeh aser ehyeh, commonly translated as, “I am that I am.” Schelling anticipates the Hebrew scholarship of the twentieth century which sees in the grammar of the divine name the future tense of the Hebrew verb “to be,” indicating that Yahweh refuses to be confined by anything that would limit his possibilities. Yahweh is a God of possibility, a God who stands open to the future. See 19 20

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all in the ‘agonistic’ theogony of Jacob Boehme. 24 But its modern nodal point is the late Schelling, who, beginning in 1809, combines Platonism, Greek subordinationism, and Boehmian theosophy into a theory of the self which contests the constitutively mediated self of Hegel. From Schelling, NDP passes directly to Kierkegaard 25 and to Berdyaev, 26 indirectly, to Levinas, 27 and Jung. 28 Starting in the Freedom Essay, continuing through the Ages drafts, and culminating in the Philosophy of Revelation, Schelling argues for a theory of the person as essentially and immediately free, and primordially self-related. The human person is freedom finitized, and thus has always before him or her a non-relational option. Like the divine ur-person, whose image it is, the human person is not constituted by relations with others so much as called to them as a possibility for being. The Schelling 1831, 89. Hebrew thought is henceforth marked by an unmistakable voluntarism which underwrites a Jewish conception of the human being as standing before an axial choice, life or death, good or evil. Hence the human being is wholly responsible in Hebrew thought, particularly for the evil that it does. See Deut 30:19: “I have set before you life and death, blessings and curses. Now choose …” Compare the eternal, grounding decision of the self standing alone before God before the creation of the world in Schelling (cf. Schelling 2006, 49 f. / AA I,17, 151 f.). 23 According to Rowan Williams, Origen’s subordinationism, which influenced the arch-heretic Arius (next to Judas Iscariot, the most maligned figure in the history of theology), was motivated, not primarily by the aim of demoting the Christ to creature (the Athanasian critique), but by a desire to preserve the freedom of God, the freedom of God to be related in love to God’s other, the Word, or not. See Williams 1987, 138. 24 Cf. O’Regan 2002; McGrath 2012, 44–81. 25 See Kierkegaard 1849. The self is a relation that relates itself to its own self. It is “a synthesis” of the infinite and the finite (i. e., it is a finite being that must acknowledge its derivation from, dependence upon, and destiny in the infinite). It must resist two main forms of despair – in despair, to will not to be oneself, or in despair to will to be oneself – so as to “rest transparently in God” (Kierkegaard 1849, 82). 26 The whole of Berdyaev’s meontological, Christian existentialism can be called a development of Schellingian NDP. See above all Berdyaev 1914. 27 Note how what Levinas calls “the psychism” in its initial self-enjoyment neither needs nor wants the other. The relation of the psychism to the other is, in sharp contrast to Buber, non-reciprocal, or in Levinas’ terms, “asymmetrical.” See Levinas 1961, 215 f. On Levinas’ dispute with Buber on this very point, see the contributions in Atterton 2004. 28 The process of individuation in Jung’s psychology (trivialized by Jungians to the point of becoming spiritual kitsch) is above all a work of the soul that cannot be carried out or mediated by the community, a work that one must do oneself, because it requires a harkening to an “inner voice” and a delicate negotiation of the collectivity of the unconscious. Individuation first makes the soul capable of free and loving interpersonal relations, not the other way around. See Jung 1934.

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one who refuses the call, who rejects interpersonal relationality, who rejects love and community, remains a person in that rejection, even if that path can only end in the withering of the self. Schelling’s main argument in the Freedom Essay against Hegel’s dialectic of recognition can be summed up in a sentence. If love is necessary to individuation, and not the contingent act of one who could do otherwise, then so too is evil, which means evil is no longer evil, and love is no longer love. 29 For Hegel, love is as necessary to the development of spirit as is evil, with the end result that there is no real distinction between good and evil, and no real decision between them. But for Schelling, love is the reason why there is something rather than nothing. Evil, therefore, is an unavoidable crisis in the development of spirit. The key move in personalisation for Schelling is the self’s overcoming of an internal necessity, a centripetal force of narcissism, a dark ground of spirit, which if overcome and appropriated becomes the strength and ground of the personality, but if allowed to rage unchecked will cripple and eventual kill the self. So it is not as though NDP denies that we need others to flourish; it is rather that NDP grounds human sociality, politics, and love in freedom, and not vice versa. 30 The relations to the other which are grounded in this act of self-overcoming are therefore in every way free, that is, contingent and imputable. On the grounds of this theory of NDP, Schelling constructs a subordinationist theory of the Trinity in the Philosophy of Revelation, which is still plainly dependent upon Boehme (the modern father of NDP), despite Schelling’s growing efforts to distance himself from theosophy (and Franz von Baader, with whom Boehme and theosophy were closely associated in 19th century German thought). According to Boehme’s Trinitarian theology, which was largely rejected as a form of ‘gnosticism’ by mainstream theologians

On Schelling’s and Hegel’s contesting accounts of evil, see McGrath 2006. A careful reading of Schelling’s political philosophy, sketched in the last three lectures of Darstellung der reinrationale Philosophie (SW XI, 527–590), confirms this point. The self initially struggles with its resistance to the moral law, which it experiences as the tyranny of an internal necessity, as its own inborn resistance to the good (which is an indication of its primal freedom from God and others), and its incapacity to find itself in the categorical imperative. It is only on the basis of a resolution of this difficult crisis of what we might call ‘first freedom’ that the individual enters into the social network, life in the State, without which it cannot develop its freedom into a genuinely positive freedom, whose highest expression is not political but religious life. For an English translation of these crucial writings, see Bruff 2020.

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(in a loose, and inaccurate use of the term, ‘gnostic’), God decides to be Father only after overcoming a dark necessity within the Godhead. The decision is in effect an eternal refusal of a non-relational possibility for divinity. Boehme’s theogony of the splitting of the unground into two countervailing drives clearly resonates with the Lurianic Kabbalah, with its fundamental concept of creation beginning with the negation of infinity, or the contraction (zimzum) of Ein Sof. 31 In both paradigms, unalloyed infinity is incompatible with the existence of something other than God; for creation to occur, God must first make space for the appearance of beings other than Godself. The eternally negated possibility of infinity without the finite, divinity without self-differentiation or creation, is the other side of the decision for creation, and its negation is repeated wherever the decision for good over evil occurs. I shall discuss Boehme’s theogony in greater detail below. There is no question, in my view, that the reason why Schelling inclines towards a subordinationist doctrine of the Trinity reminiscent of the pre-Nicene Church Fathers, even giving Arianism a place in his speculative theology, is because of his commitment to NDP. This is not only a point of interest for readers of the late Schelling’s speculative theology, it sheds much needed light on the anthropological motives of pre-Nicene subordinationist Trinitarianism, but that is another matter. 32 * * * Schelling’s non-dialectical personalism is the second of the three pillars of the late Schelling’s philosophy and speculative theology. The first is the theorem of absolute transcendence; the third is eschatological or evolutionary Trinitarianism. Since these three pillars are sequentially ordered according to the Schellingian-Peircean logic of firstness, secondness and thirdness, they cannot be understood apart from one another, and each level presupposes what precedes it. 33 It is necessary, therefore, to say something briefly concerning the theoThere is no explicit evidence that Boehme knew the Lurianic Kabbalah, but we know that he was in communication with Kabbalists. See Weeks 1991. On zimzum, see Drobb 2000, 120–155. 32 I shall discuss this in greater detail in a forthcoming book, provisionally titled, The Speculative Theology of the Late Schelling. 33 On Peirce’s logic of firstness, secondness, and thirdness, and its Schellingian roots, see Bradley 2012. 31

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rem of absolute transcendence, which is the presupposition of nondialectical personalism, and the Trinitarian eschatology, which is its consequence. The theorem of absolute transcendence is familiar to readers of the late Schelling as the logic of the indivisible remainder. 34 A complete system of reality is not possible inasmuch as reality itself is transcended by its own origin. Even God is horizoned by that which exceeds God. The act of the self relating itself to its dark, irrecuperable origin (the unground in the Freedom Essay, A0 in the Philosophy of Revelation) is the event of grounding, without which the self is not a self, and it leaves a trace in the self, which we can, with full justice to the tradition, call the unconscious, just as God’s decision for something rather than nothing leaves its trace in creation. “After the eternal act of self-revelation, everything in the world is, as we see it now, rule, order and form; but the ruleless still lies in the ground, as if it could break though once again, and nowhere does it appear as if order and form were primordial but rather as if the originally ruleless has been brought to order”. 35 No mediation through another facilitates the event of grounding, nor could it, since the event in which “the originally ruleless has been brought to order” itself makes relations (“rule, order and form”) possible in the first place. Transcendence and freedom remain therefore as the absolute presupposition of all relations. The most familiar real-world scenario where this is played out is romantic love. No necessity justifies the apparently arbitrary decision of the lover for the beloved, and no reasons given after the decision are either needed or even appropriate. 36 The lover chooses the beloved in flagrant violation of the categorical imperative. He or she singles one out among innumerable possible others to be the recipient of his or her affection and benevolence. For Schelling, the spontaneously selected beloved never becomes ‘a second self’ in Hegel’s sense. Something mysterious remains, both about the decision and the one decided upon. Schelling’s justly famous passage on “the indivisible remainder” might be read, as Žižek has read it, as a sign that reality is

Cf. Schelling 2006, 29 / AA I,17, 129 f. Schelling 2006, 29 / AA I,17, 131; translation modified. 36 A point made repeatedly by Žižek. See for example, Žižek 2008, 282 and Žižek 2000, 121. 34 35

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constitutively “out of joint,” 37 but it can also be read, with more fidelity to the theological trajectory of the late Schelling, as a reference to the absolute transcendence of both the origin and end of order or relational being. Interpersonally, it means that the being of the beloved always eludes and transcends the lover, even in the union which is the consummation of love. It is precisely because of this transcendence that love as such is possible. On the presupposition of absolutely transcendent origins, in clear opposition to Hegel’s dialectic of recognition of 1807, and directly drawing upon the work of Baader and their common interest, the theosophy of Boehme, the later Schelling developed his non-dialectical theory of human relations. Personal relations are free relations or else they are not personal. A person is one who is free to enter into relation with another; the communal constitution of the self comes later and is founded in the freedom of the person. God is still personal (but not yet the Father, and therefore ur-personal) before the Logos exists as another in whose eyes God can recognise God’s own divinity. Both the lover and the beloved are free in their love, which renders love both fragile and contingent, but also self-generating. This means that a person is no less a person when he or she refuses relations. To be a person, in the Boehmian tradition, which Schelling takes up in this regard and maintains to the end, is to have overcome an internal necessity, a dark possibility of refusing relationality, order, and form, which, if actualised produces evil, but if overcome, subsides in the soul as the ground of its individual being and freedom. With the Boehmian-Schellingian notion of personhood as the overcoming of necessity, the relations between human beings, between human beings and God, and between God and creation, even between the divine Father and the Son, become in each case free relations, that is, they are each of them contingent on the good will of the persons involved. In short, none of these relations upon which the order of things, the good itself, depends, need be. That they are to some degree is the facticity of creation, the positive factum, which Schelling takes as the starting point for his positive philosophy. To see what is at stake here, a brief review of the main moves in Hegel’s familiar and now formulaic dialectic of recognition is necessary. In the master-slave dialectic, Hegel describes the struggle of selfconsciousness striving to rise above externality, materiality, and ob37

Žižek 1996, 45

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jectivity, in order to achieve being-for-itself or spirit. 38 In short, he describes exactly the tension between freedom and necessity that Schelling was tracking in early works such as the System of Transcendental Idealism, and the process whereby the opposition between freedom and necessity is resolved or, in Hegel’s language, sublated (aufgehoben). And yet this internalisation of necessity is impossible for the individual alone, for it requires a dialectical encounter with another self. The other with which spirit deals is and must be initially a different self, for spirit, like everything else, must be mediated. But as the externality of the other self is unveiled, the mediation is exposed as a self-mediation. Spirit mediates itself to itself. Concretely this occurs in the I-Thou relationship. In recognising the other as a subject like myself (thus with his or her own dignity and freedom), I establish the conditions requisite for my own recognition, for now I can see myself reflected back to me in the subjectivity of the other. I call the other “Thou” and so receive myself back as an “I” in that very act. The master-slave dialectic recounts the impossibility of ultimately resisting this level of reciprocity. The master would deny the slave his or her subjectivity and treat the other like an object, but in doing so he denies himself his own subjectivity. For none can exist in isolation: the master as much as the slave needs another in order to mirror the self back to itself. As is well known, in Hegel’s account, the slave is higher than the master, for the slave recognises the subjectivity of the master and so finds a mirror for subjectivity in the master, in spite of the cruelty of the other. The struggle between the two can only be resolved when slavery gives way to reciprocity. Only when the master frees the slave, lets the slave be the subject that he or she is, a being who exists for themselves – only when the master says “Thou” to the other who confronts him with a claim to dignity and freedom equal to the master’s own, only then will the master achieve his own selfrecognition. Hegelian reciprocity is finding in the other something one needs in order to be oneself. Love, like every movement in the Hegelian system, is a necessary movement (even if this is a necessity that includes contingency as the negative moment of itself). I am driven to the other by a need for recognition: self-love is thus the underlying motive of my recognition of the other.

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Cf. Hegel 1977, 111–119 / Phän., GW 9, 109–116.

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Among those Hegelians who take Hegel’s philosophy of religion seriously, recognition describes not only the inter-personal relation but above all the triune absolute’s relation to itself, an absolute which does not exist outside of the system of negations by which it comes into existence. The dialectic of recognition is a microcosm of the dialect of divine creation: God creates the world, loves it, sets it free to fall, and redeems it because God needs it in order to become self-conscious and free. 39 The Hegelian absolute is nothing other than self-mediation, or spirit recognising itself in its other. “Only this selfrestoring sameness, or this reflection in otherness within itself – not an original or immediate unity as such – is the True […]. The True is the whole. But the whole is nothing other than the essence consummating itself through its development. Of the Absolute it must be said that it is essentially a result, that only in the end is it what it truly is”. 40 Or yet more succinctly, “spirit” is nothing other than “the triumph over externality”. 41 For Hegel, love, the union of two who at least initially appear to be other to one another, is necessary for personhood, but this otherness is mere appearance, for what one loves in the other is oneself. The essence of all love, erotic or agapic, is self-recognition. We could not be further from the Freedom Essay, in which Schelling argues exactly the opposite: namely, that love is not necessary; i. e., it is not driven by need but is the product of a decision of one who is already free. Nor do I recognize myself in the other; rather I see in the beloved one who is manifestly and essentially other to me, and to whom I can therefore offer myself in a genuine, kenotic act of selfsacrifice. We could reverse Hegel, and say that, for the later Schelling, spirit is nothing but the triumph over internality. The self does not need to be mediated by the other in order to be itself: the self has an immediate if unconscious relation to itself, which is the original crucible of freedom, and which demands that the self decide, for self or for that which is beyond than self (God, love, the universal, the other). But the self is already a self when it is confronted with the necessity of this decision. Selfhood begins in the vortex of conflicting drives described so vividly in Ages, which we can interpret as the inward pull of an original narcissism. But this interiority is neither 39 40 41

Cf. Hegel 1988, 432–469 / Hegel 1984, 215–250. Hegel 1977, 10 f. / Phän., GW 9, 18 f. Hegel 1971, 11 / Enz. III, TWA 10, 19 (§ 381, Zusatz).

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evil nor pathological in its first moment. Rather everything depends on what happens in it: will the self overcome the centripetal pull inwards and acknowledge the outside, the other self? The overcoming of original narcissism is the self’s fundamental challenge, and a repetition of the birth of God from the unground. In overcoming internality, the self positions itself in the centre of the circle described by Baader in the footnote citing him, 42 and establishes a life giving “relation of centrum and periphery” 43 as Schelling puts it. A more contemporary Schellingian way of making this point is the claim that self-consciousness is not reflexive. Not everything can be mediated: in all acts of mediation the indivisible remainder remains that precedes and always escapes the circle of reflection. On the level of the self, the indivisible remainder is freedom itself: at some level, the self must be free to enter into relations with others or not. To argue that the self is always a mediated self is to argue that it only first knows itself in recognising itself in its other. Every inter-subjective relation would then be like looking in a mirror: I see in the other myself for the first time. Such recognition would not be possible unless there was an original relation of the self to itself. The self that had no relation to itself prior to the I-Thou relation would not be able to recognise itself in the other. 44 Love is only possible, Schelling argues against Hegel, where there is difference, unlikeness and opposition. Love does not unite two that are essentially the same and only apparently different, and that mirror each other and belong together by nature; love unites two that are existentially other to one another, opposed to each other, and could will to remain separate, but do not.”For love is neither in indifference nor where opposites are linked which require linkage for [their] Being, but rather (to repeat a phrase which has already been said) Cf. Schelling 2006, 35 / AA I,17, 137. Schelling 2006, 43 / AA I,17, 145. 44 See Bowie 1993, 84: “If the Absolute really is able to relate to the Other as to itself, it would already have to know that the Other is itself, before the reflexive relationship: I can only see myself in a mirror, as opposed to an object which may or may not be me, if I am already familiar with myself. This entails a necessary ground which precedes any movement of reflection, without which, as was evident in relation to Derrida, difference could not even be known as difference.” See Henrich (1982, 159– 60), for the origin of this argument. Of course, the other option is that self-recognition never genuinely occurs, because there is no real self to be recognised: all recognition is necessarily mis-recognition, and therein lies Žižek’s Lacanian reading of Schelling. See Žižek 1996. 42 43

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this is the secret of love, that it links such things of which each could exist for itself, yet does not and cannot exist without the other”. 45 This definition of love is almost a direct quote from the 1806 Aphorismen zur Einleitung in die Naturphilosophie (cf. SW VII, 174, aphorism 163); it is arguably the whole point of the Freedom Essay. Love, as a non-necessary or non-dialectical uniting of two, is also revisited in the Ages, and later becomes the basic presupposition of Schelling’s speculative Trinitarian theology. I would hazard to say that the contingent unity of love is the basic idea of the later Schelling, whose turn to the positive begins with its first expression, in 1806, and not, as is commonly supposed, in the 1804 Philosophy and Religion. 46 The clearest articulation of the contingency of love occurs in the first draft of Ages: Unity and opposition must each be for itself. The unity must appear in this for-itself-being of each. For that reason, it cannot be negated. This is thinkable only if, within the relation of opposition between them, each of the sundered two produced unity for themselves. The unity would appear if the two could become one through an inner harmony generated by each of them separately. In this way they achieve unity in and through division. It is only in this way, moreover, that the highest essence of love reveals itself. It is nothing to marvel at when principles coexist peacefully because they are compelled to do so by a binding force that pulls them together. Love comes into play, however, only if, where existential independence prevails, free beings are freely drawn to one another. 47

The contingency of the unity of lover and beloved is the very heart of love. Where necessity prevails, as in Hegel’s dialectic of recognition, love is not possible. Over the second half of his career, beginning in 1806, Schelling offers many metaphors to describe the necessity which once overcome becomes the ground of personal freedom: negative force, the centre that makes possible the periphery, the gravity that makes possible the light, the contraction that makes possible the expansion, the will that wills nothing, etc. A vivid example is that of the eagle given in the 1833 Munich lectures on The History of Modern Philosophy. “The power of the eagle in flight does not prove itself by the fact that Schelling 2006, 70 / AA I,17, 172. Significantly, 1806 is the beginning of Schelling’s first Munich period and his intense friendship and collaboration with Franz von Baader. 47 Schelling 2019, 124 / WA I, 64. 45 46

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the eagle does not feel any pull downwards, but by the fact that it overcomes this pull, indeed makes it into the means of its elevation”. 48 The metaphor here is particularly precise. The dark ground, in this example, the gravitational pull of the earth, is neither to be repressed nor surrendered to; it is to be subordinated to the power of the eagle’s wings, rendered a means towards an end that is proper to it. Freedom does not exist without necessity, but freedom and necessity are not opposed to each other like the ideal and the real in the identity-philosophy; they are not merely quantitatively distinct, the appearance of otherness, or the same thing in a different form. Freedom and necessity do not constitute a “self-restoring sameness,” or a “reflection in otherness within itself.” They are opposed to one another like two opposed forces in physics, or better, like the light fire and the dark fire in the Boehmian theogony, or like divine mercy and divine wrath (the right and the left hand of God) in the Kabbalah. It should be clear from the foregoing that Schelling’s decisive move against Hegel is already made in 1809, and is not primarily a matter of logic, it is a question of theological anthropology. * * * The full significance of Schelling’s theory of the person cannot be understood apart from his later theory of the Trinity, for already in 1809, Schelling’s philosophical anthropology is constructed as an explanation of this theological dogma, which Schelling regarded as both the centre point of Christian revelation as well as a religious universal, with non-Christian versions of it appearing wherever religious speculation has achieved a certain degree of maturity. 49 NDP deterSchelling 1994, 173 / Schelling SW X, 177. For glimpses of the Trinity in the Freedom Essay, see Schelling’s paraphrase of Jn 1:1: “the archetypal and divine man who was with God in the beginning and in whom all other things and man himself are created” (Schelling 2006, 44 / AA I,17, 146); the paraphrase of Jn 1:15: “the spirit that was in the world from the very beginning, but not yet comprehended by the darkness […] [which] in fact appears in the shape of a human person and as a mediator in order to reestablish the rapport between God and creation” (Schelling 2006, 46 / AA I,17, 148); the paraphrase of Irenaeus’s widely repeated theory of theosis (Adv. Haer V, Pref): “God must become man so that man may return to God” (Schelling 2006, 46 / AA I,17, 148); on this point see also, “the concept of a humanly suffering God” (Schelling 2006, 66 / AA I,17, 168); the paraphrase of 1 Cor 15: 28: (“as a distant future the time when God will be all in all things, that is, when he will be fully realised,” which Schelling later describes as “Christian

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mines every move Schelling makes in the speculative theology which comprises the second half of the Philosophy of Revelation, but we should not therefore conclude that Schelling forces the Trinitarian or Christological dogmas into his pre-decided anthropology. This is not the place to demonstrate the point, but it can be shown that the Trinity is the presupposition of Schelling’s NDP, and that without his turn to the positive, and in particular, his turn to the philosophy of Christianity, he would not have developed the alternative to Hegel. Evidence for this claim lies in the fact that it is only with his turn back to the religion in which he was first educated, which means, to history, and in particular to the history of Christian dogma, a turn which begins in 1806 even if it only comes to completion in 1809, that Schelling begins to conceive the person on non-dialectical lines. One cannot but notice that the turn back to Christianity and the turn to NDP are not coincidental, for there is something essentially Jewish-Christian about a conception of the self as primordially free and confronted with an axial choice, for or against the universal. There is no space here to recapitulate the main lines of the late Schelling’s Trinitarian theology and Christology, let alone to situate these arguments in the complex history of theological debates surrounding these topics, controversies stretching back to the first two centuries of Christianity, when the Alexandrian and Antiochene Church Fathers struggled to give language to the metaphysical implications of the Christ event. Suffice it to say that Schelling always keeps these debates in mind as he constructs his own philosophy of Christianity for he clearly knows his way backwards and forwards through Greek and Latin patrology. Let a few brief words be said here concerning who God is, for Schelling, before creating the world. Situating himself squarely in the Speculative Pietist lineage in which he and Hegel were both raised, Schelling regards “life” rather than “being” as the name most proper to God. 50 All that lives grows, pantheism” (Schelling 2006, 66 / AA I,17, 168; Schelling 2020, 256 / Schelling 1841, 266); the subordination of all things under “the Son” who subordinates himself “to him who has subordinated all to the Son, so that God may be all in all” (1 Cor 15:28 again, Schelling 2006, 68 / AA I,17, 170. On the universality of the symbol of the Trinity see SW XII, 78 f. 50 This is not to say that Schelling rejects “being” as a name of God, which he plainly does not (SW XI, 272–3). But “being” is not God’s proper name, for it is a general concept, which Kant had proven, to Schelling’s satisfaction, was constitutive of reason itself. God understood as life, as that which grows, develops, and becomes in some

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and all that grows at key points breaks with or dissociates from forms of existence that are no longer adequate to the present situation or the idea coming to birth in the organism. “All life, without any distinction, originates in a state of envelopment, because in relation to its subsequent state of its development and dis-envelopment it is as though dead and full of darkness, similar to a grain before it is sown into the earth” (SW VIII, 78). The teleological presuppositions of productive dissociation cannot be missed, but the teleology at work here is not Aristotle’s so much as the organic causality defined by Kant in the Third Critique (§ 65) and basic to both early nature-philosophy and the three main schools of German Idealism (Fichtian, early Schellingian, and Hegelian). For the late Schelling, who follows Oetinger and Boehme on this, God is most properly described not as being or actus purus, with its Hellenistic associations of impassibility and immobility, but as infinite life ceaselessly emerging from primal will. 51 What we see in the procession of the three persons from the non-dual Godhead is the growth and life of the personal God, which not only fills up historical time, it constitutes it as such. History is not our story, it is God’s. Divinity dissociates from the non-dual infinite which, logically, not temporally, precedes God’s existence (the absolute, der Ungrund, das unvordenkliche Sein, A0), and creates time, so that a community of divine persons might come to exist. In order to distinguish his later, more Biblical version of “evolutionary or explicatory theism,” 52 from his earlier sketches of theogony, which too easily fell prey to the critique, stemming from Baader, Jacobi and other theologians, that Schelling, along with Hegel, had archetypal and eternal sense (des Werdenden, SW XI, 172), as Schelling repeats time and again, is much more faithful to scripture, and allows us to make better sense of the Tetragrammaton, the creation of the world and the incarnation of Christ. See Schelling 2006, 18 f. / AA I,17, 120 f.; SW VIII, 72; 77 f.; SW XI, 172; SW XIV, 162. Cf. Oetinger 1765. On Oetinger’s influence on Schelling, see McGrath 2018. 51 Cf. Schelling 2006, 20 f. / AA I,17, 122; SW XIII, 157–210 (Vorlesungen 13–16). In the 1811 draft of The Ages of the World, and only in this draft, Schelling narrates the emergence of the three persons of the Trinity from the rotary motion of opposing drives in the Godhead. This is a crucial passage for it can help us resolve a disputed point: the continuity of the middle Schelling’s philosophy of freedom and the late Schelling’s philosophy of revelation. In the light of the 1811 draft (the only version Schelling typeset), Ages was not a failed or abandoned project at all; it was rather the first sketch of what comes to fruition in the Munich and Berlin lectures on mythology and revelation of the 1830s and 40s. See Schelling 2019, 114–127 / WA I, 55–67. 52 Ford 1965, 86.

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collapsed God into creation, and rendered infinite being subject to the dynamics of finite being, the late Schelling insists that God is personal before God creates (cf. SW XIII, 125). That God is originally life does not mean that God is not also originally personal, for as he has said in 1809, “only in personality is there life”. 53 That said, Schelling remains a qualified historical immanentist is so far as he claims, against Orthodoxy, that God is not, and cannot be, a trinity of persons without creation (cf. Schelling 1841, Vorlesungen XII–XIV). If God is personal before creation and the processions of the second and third persons of the Trinity, then, pace the standard reading of Nicene Orthodoxy, it is not the processions that constitute God as personal, but rather it is the personality of God that grounds the processions. In a sentence that is admittedly entirely at odds with Nicene Christianity (but not with Origen and other pre-Nicene Greek subordinationists), God does not need relations to other divine persons to be personal. Prior to their entrance into history the divine persons are not actual persons but only eternal potencies for personhood. In their descent into history, materiality, and temporality, the potencies assume the ontological heterogeneity, the distance from the first divine potency, necessary for their self-actualisation as free beings who can then become one in love (remembering that love is not simply unity but a free unification of two who could be apart from one another). Schelling recognizes that this theory of the Trinity borders on tritheism and prefers to risk that heresy rather than the more typical error of modalism (in which the three persons become three modes or appearances of one unitary divine self) (cf. SW XIV, 68 f.). At the same time, Schelling affirms with Orthodoxy, whether Greek or Latin, Catholic or Protestant, that the world is created in a free act of an infinite and triune God (cf. SW XIII, 262–272). But, Schelling adds, creation is an event in the life of God, not a simple repetition or magnanimous expression of overflowing goodness, as in traditional neo-Platonic Christianity. The three divine potencies become full persons in their historical entanglement with a fallen creation, a history in which they are free of one another, and free for each other. Their finding one another and becoming unified with one other in the end (the eschaton), “one in being [homoousion]” (SW XIV, 66) out of love, not necessity, constitutes the three ages of world, now conceived as three ages of the Church. 53

Schelling 2006, 75 / AA I,17, 177.

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We have said that for NDP, a person is not constituted by relations to other persons but by a primordial act of overcoming an internal necessity, a triumph over internality, which could also be described, using psychoanalytical language, as individuation. The necessity which God overcomes in willing to be God before the creation of the world is not something external to God, not a not-I which God posits in order to be God by triumphing over it, but a necessity or ‘not-God’ that is within God. It is “the ground of God,” 54 that in God, which is not God, which even resists God in a certain way, in the same way that the foundation of a building resists the weight of its walls, or the way gravity resists light. In his 1812 reply to Jacobi’s critique of him, Schelling maintains that, far from rendering God finite, this necessity is the very strength of God, giving God ‘power,’ ‘force’ and ‘character’ (cf. SW VIII, 65) God does not ‘strike a balance’ in the opposition of primal drives, equalising the tension between the two potencies, ground and existence, the No and the Yes, or later A1 and A2; God orders the two so that necessity is mastered in a certain way – not abolished but subordinated – such that it can serve as a ground for freedom. This is the event of grounding, and upon it everything depends. It is the ur-event which makes time possible in the first place. It is also the answer to the question, Why is there something rather than nothing? There is something because God has willed that there should be a split in being, that infinity should give way to something other than itself, which can only occur if the absolute divides itself in two, into being in the sense of that which exists, and being in the sense of the ground of that which exists. 55 With this basic duality established, all other oppositions and the beings to which they give rise – the oppositions between the universal and the particular, between mind and matter, between act and potency, between freedom and necessity, between good and evil – become possible. The event of grounding, however, is much more than the creation of the world, it is also the self-realisation of the divine as God. Schelling’s heterodox idea is that nothing can grow or develop, nothing can exist, unless God had first allowed Godself to arise, which means undifferentiated infinity must have first split into the God who can create something out of nothing and God’s ground, which cannot be identical to God. God, too, must have 54 55

Schelling 2006, 27 / AA I,17, 129; trans. modified. Cf. Schelling 2006, 27 f. / AA I,17, 129 f.

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a ground or reason for being, and since God cannot proceed God’s own grounding, God must in some sense be the consequent of an act which is ‘prior’ to God Godself. The theory of grounding, most associated with Freedom Essay, is in fact revisited and refined multiple times over the next four decades of Schelling’s career, in the Stuttgart Seminars, the Ages of the World drafts, the Erlangen and Munich Lectures of the 20s and 30s, and the Berlin Lectures of the 40s. God the Father and Creator is not first; ‘something’ precedes the Creator. Something is determined by the event of grounding, something which is not strictly speaking a thing at all, but which is essentialised and determined as God in the event. In his last iteration of the theory Schelling specifies that the event of grounding is preceded by “eternal, unprethinkable existence [ewige […] unvordenkliche Sein]”. 56 Unprethinkable existence is not a determinate being, pre-existing matter, or a divine principle that is higher than God; it is rather a field of possibility which horizons the being of God as such, as thoughts and ideas horizon a conscious mind. It precedes God, logically, not temporally, as 0 precedes the cardinal number 1. Without question, this is the late Schelling’s most theologically problematic, and most fertile concept. Eternal existence is predivine, pre-personal, and pre-predicative. It is impossible to directly think but impossible not to think, because it is co-thought with anything categorically thought. It is impossible to define because it is essence-less. It is impossible to directly experience, but is co-experienced in everything we experience. It is that which exists as God, but is not itself God. As the ground of God, it is contingent on God’s decision to be God, but is in itself contingent on nothing. It is nonmodally or existentially necessary, which is the same as saying it is non-modally or radically contingent (groundless). Schelling calls it ‘holy, that is, supernatural and inscrutable Ananke’ (cf. SW XIII, 268), after the Greek goddess, Necessity, who has no parents but is self-produced. Being without a reason, eternal existence is ‘the primordial contingency itself’ (der Urzufall selbst), ‘the contingency which is through itself, which has no cause outside of itself and from which all other contingencies are derived’ (cf. SW XI, 464). It is to be distinguished from the essential necessity of the divine nature, which

Schelling 1831, 32–38. Cf. Schelling 2020, 127–130 / Schelling 1841, 162–165; SW XIII, 156–174 and 268–269.

56

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is, in relation to it, a ‘contingent necessity’. 57 On a psychological level, the unprethinkable is the inextricably unconscious, that ground of the soul which gives the personality character, but which can never be made conscious. It is the knot of necessity which, overcome (but not sublated), serves as the ground of the individuated person. By rendering God’s necessity existentially, not modally, contingent, Schelling seems to have undermined the infinity of God. ‘The act of having existence (der Akt des Existirens) is not foreseen and willed by God’. 58 Here is Schelling at his most heterodox. But his point should not be misunderstood by defenders of Orthodoxy, who no doubt have every reason to be concerned that something essential is at stake here. Schelling is not rendering God dependent and less than omnipotent; rather he is giving a more dynamic, vitalist account of God’s infinite power. Eternal existence is, for Schelling, not a limitation on the power of God, but the presupposition of God’s freedom and sovereignty, since without it there would be nothing over which God was eternally ‘lord.’ The duality of ground and existence also makes God personal, for again, to simplify points that deserve greater precision of expression, a person cannot be without an unconscious: “all personality rests on a dark ground”. 59 Without darkness there is no light; without the seed that dies in the earth, there is no shoot; without a pre-personal ground of being, there is no personal or conscious being. While it is somewhat conceivable how the mind of a finite person might develop from an unconscious base, how are we to understand God as so developing? Schelling offers various ‘deductions’ (in truth, not deductions at all but fallibilist, speculative constructions) to account for how God might have emerged from eternal existence – clearly a place where speculative thought must surrender clarity and distinctness to poetry and narration. 60 It is well known how Schelling takes the Scholastic trope of ens necessarium and turns it upside down, to show that the exclusion of possibility from the actus purus means that being first is in some meontological sense (hence not a being) without plan or design, and must be thought of as initially less than divine, as both Schelling 2020, 132 / Schelling 1841, 166 f. Cf. Schelling 2020, 132 / Schelling 1841, 166 f. 59 Schelling 2006, 75 / AA I,17, 177. 60 See Schelling 1830, 21–25; 1831, 32–38; 1841, 160–176; SW XI, 464 f.; SW XIV: 335–367. 57 58

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absolutely necessary and radically contingent. 61 But how does Schelling propose to move from eternal, blind, existentially necessary and primordially contingent, unconscious existence to the free and personal God? How can personality arise where there are no persons? According to ‘the law of the world’ (das Weltgestz), one of the late Schelling’s most understated and yet most fundamental principles, which he calls in one place ‘the only law’ of pure reason, eternal existence ‘finds’ itself confronted by the possibility of its other, the possibility of a being that can be, a being which could be, if it so wills, ‘lord of being’, i. e., the possible God. “It [the possible God] finds itself in the first [eternal existence] without its doing”. 62 “The science which we now pursue knows no other law than that every possibility must be fulfilled, none can be suppressed” (SW XI, 492). The verb, ‘find’, is key here, and the nub of the difficulties associated with the idea of the law of the world. Eternal existence is not God and does not itself, indeed cannot will that another shall be possible. In itself it lacks the consciousness needed to will anything. It is only through its internal other that primal being receives the consciousness to will and to act. But decide, for or against development, it must. “The highest law of all being, which wants nothing to remain untried, and everything to be open, clear, and decided” 63 requires that a scission occur in the night of unprethinkable existence, and the other to blind being appear as a possibility, as something that could be desired. The primal ‘other’ to blind being can only be deliberative being, intelligent, and self-determining being, in a word, personal being, being ‘as the ability to be’ (das Seynkönnende). 64 Blind being therefore does not ‘decide’ for personality, for the being that can decide is consequent upon it. Schelling’s justification for this speculative move is a tangle of logic, Hebrew theology, and Western esotericism, and it is not clear which of these three has the upper hand. While I shall limit my remarks to Boehme here, the Kabbalistic idea of zimzum or the contraction of infinity which ‘makes room’ for something other than the infinite hovers over all of this – over Boehme’s notion of the splitting of the unground, Schelling’s 1809 narrative of the ‘birth of God’ and 61 62 63 64

Cf. Tritten 2017, 136–166. Schelling 2020, 127 / Schelling 1841, 162; cf. SW XIII, 291 ff. Schelling 2020, 135 / Schelling 1841, 168. Schelling 2020, 136 / Schelling 1841, 169.

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his 1831 trope of ‘the law of the world’. 65 In any case, Schelling needs a mediator between eternal existence and God if he is to preserve divine freedom, a ‘means’ (das Mittel), whereby “God frees Godself from unprethinkable existence [sich von dem unvordenklichen Sein zu befreien]”. 66 Eternal existence cannot will to be God because it is without will. In the Urfassung Schelling distinguishes the divine essence from eternal existence in terms of the relation of willing (willen) to desiring (wollen). Eternal existence is desire without will because it has nothing before it which it could will, Wollen ohne Willen (cf. Schelling 1831, 43). With great psychological insight, Schelling understands primordial being to be nothing other than pure desire, which, like Lacan’s drive, subsists without a determinate object. God before creating the world and becoming personalized as an actual Trinity is essentially will without desire (Willen ohne Wollen), quiescent, gelassene will, der nicht wollende Wille (cf. Schelling 1831, 43). The transition from the desire without will to will without desire is the transition from unconscious infinity (‘blind’ being) to self-conscious, and potentially personal infinity (deliberative being). And since God cannot pre-exist God’s decision to be God, there must be a mediator, ‘something’ or ‘someone’, a non-divine potency, must reveal all the possibilities available to being if it is to become the ground of God. Enter Sophia, the Hebrew personification of divine wisdom, the child who is with God from the beginning but is not identical to God. 67 It falls to her to hold up a mirror to being, “the mirror of wisdom” (Spiegel der Weisheit in Boehme) in which all possibilities are revealed, including the possibility of God. 68 In a particularly dense We don’t know how much of the Kabbalah Boehme was exposed to. But the late Schelling’s Kabbalistic research and his interaction with the Frankfurt Kabbalist, J. F. Molitor, is well known. See Sandkühler 1968, 182 ff. On Schelling and the Kabbalah, a topic in need of fresh research, see Franks 2015. 66 Schelling 2020, 135 / Schelling 1841, 168. 67 Cf. Prov. 8:22–31; Wis. 7:25–30; Schelling 2020, 157–163 / Schelling 1841, 185– 189; SW XIII, 294. 68 Cf. Boehme 1930, 9 / Boehme 1623, chap. 1, para. 9. On Boehme’s notion of the mirror of wisdom see Koyré 1929, 206 ff.; McGrath 2012, 66–71. For Schelling’s comment on Hebrew Sophiology, see Schelling (1841, 168/135). “The Lord possessed me at the beginning of his way” [Schelling cites Proverbs 8:22], i. e., when he moved out of the unforethinkable Being; before his deeds. – This line demonstrates that it is about something that is not an act of God. That originary potency [Sophia] is not brought forth by God. While it is not before him as a potency of Being, it is there as 65

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overlay of mythic associations, Schelling aligns Sophia with Fortuna Primigenia, the Roman goddess of luck, with Maya, the temptress in Eastern mythologies, with ‘the wet nurse of the world,’ with the divine mother, and with matter in general. We are here on well-mapped gnostic terrain, in particular, we are in the domain of the divine feminine. Fortuna was celebrated as the wet nurse of the world. Mater [mother] and materia [matter] are factually related; for [Fortuna] is the ὑποκείμενον of the future Creation. She is the Maya (related to power, possibility, potence [Macht, Möglichkeit, Potenz]), which spread the web of (mere) semblance before the Creator in order to trap him and impel him toward the actual Creation. 69

The way in which ‘she’ takes the lead in Schelling’s theogony from the masculine lord of being is worthy of note. Sophia gives infinity something to will if it should decide to will at all, or perhaps we should say she transforms desire into will and demands a decision, since prior to the event of grounding, being is desire without will. The Boehmian idea of a primal event of division in infinity remains plainly influential here. Recall that in Boehme’s unground, which is undivided nothingness, a desire for something, specifically for manifestation, arises, and therefore a desire for another emerges, for one to whom infinity could be manifest. But the unground is preceded by nothing and so has nothing to desire. Sophia, ‘the mirror of wisdom,’ the ‘eye of his seeing,’ shows the infinite ‘all powers, colours, wonders and beings … in equal weight and measure’, 70 and so the unground or ‘first will’ gives rise to a ‘second will’, ‘an apprehensible will,’ which ‘is the first will’s eternal feeling and finding’. 71 It seems to me from the foregoing beyond dispute that from Boehme, Schelling derived all of the essential moves of his theogony, both in its 1809 historically immanentist form and in its 1831 monotheist form. These moves are three: (1) the positing of an unconscious infinity (pure desire without an object); (2) the deduction of the neces-

he is; it presents itself to him as something he can either desire or not desire. The original other is ‘with’ God and shows God what God might be […] It is not some power alien to God […] it is only his [God’s] idea which he submits to if he takes up the possibility [of existing]; for the law forbids anything from remaining in doubt.” 69 Schelling 2020, 157 / Schelling 1841, 185. 70 Cf. Boehme 1930, 9 / Boehme 1623, chap. 1, para. 9. 71 CF. Boehme 1930, 8 / Boehme 1623, chap. 1, para. 5.

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sity of dividing the infinite into two contesting wills if a will for creation should arise; and (3) the deduction of the need for a mediator who is neither the unconscious infinite nor the self-conscious and actually willing infinite, but the one who offers the divine the possibility of being self-diversified and productive of a world. 72 Mythology aside, Schelling believes himself to be resolving a logical dilemma. If eternal existence is simply God from eternity, God is not free, for to be free is to be the spontaneous author of oneself. But if, on the other hand, God is a causa sui, then God precedes God’s own existence, which Schelling rejects as a contradiction. 73 Schelling’s solution is to render God’s necessity contingent on God’s own decision to be God. But the decision is itself preceded by the possibility of God being God, which God does not decide for as possibility, but which is ‘legislated’ by the law of the world, or more mytho-poetically, which is revealed by Sophia. In a way Sophia precedes God, for she is the condition of God’s decision. But there is no temporal succession in eternity. It is not that at one time, eternal existence is alone, at a second moment with Sophia, and in a third moment, transformed into the ground of God. With the Sophianic showing of possibility, the event of grounding has already occurred. Schelling does not speak of a birth of God in 1841, but birth is certainly implied by the primacy of the feminine, the notion of the material substratum (hypokeimenon) of divinity, and the decidedly esoteric approach to the figure of the mother of God. Schelling wishes to steer clear of the theosophical language, which caused him no end of trouble in the Freedom Essay and The Ages of the World, and instead only insists that God is not enslaved by God’s own law. ‘He’ is not dominated by Sophia, but free to assent to the vision she unveils, or not. God thus remains free from existence and free for being. Nonetheless, it is Sophia who makes God free by giving God something to decide. At this point, the following question must be asked. If Sophia is ‘there’ with God from the beginning (Proverbs 8), have we not ratified the presupposition of dialectical personalism? Have we not confirmed the point that to be a person is to be related to another? Here we need to look more carefully at Boehme’s notion of Sophia, upon In the Urfassung, the role of bringing the hidden to light and driving the undecided into decision is the prerogative of Satan, who is compared with the goddess Nemesis, the one who compels a decision between good and evil. See Schelling 1831, 622. 73 Cf. Schelling 2020, 132 / Schelling 1841, 166. 72

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which Schelling models his own. While among the Sophiologists of the Eastern Orthodox Church a debate raged in the twentieth century about whether or not Sophia constitutes a fourth person of the Trinity, Boehme is clear that she is not a person in the way that the Son or the Spirit are persons. She is not a centre of unique agency and intellection. Rather, she is the shine emitted from the divine, the mirror of the divine, the showing of the glory of the divine mind, which is then communicated to humanity through creation, but which is first of all what the God sees when God looks at Godself. The point here appears subtle, and it is. Schelling’s God, like Boehme’s God, is originally alone with Godself and on the base of this self-relation wills that there should be others. The upshot of this rich brew of Platonism, Hebrew mysticism, theosophy, and speculative philosophy is that God is the first existential subject, the first being for whom being is an issue, the first to face existence as a task into which God is ‘thrown’, a project of being. Schelling’s contingent God is the clear forerunner of Heidegger’s concept of Dasein. 74 The existential subject, human or divine, can decline the offer “to be,” but cannot undo the offer itself. Should God in fact will to be, eternal existence shall immediately be transformed into God’s ground, and the law of the world shall obtain, the law which realises all possibilities, and orders them by compelling a decision among them. Since “everything in the world is, as we see it now, rule, order and form”, 75 we have reason to believe that God did will to be. Presumably, God could have willed otherwise. God could have willed that nothing should be, including Godself, and an endless night of cancelled possibility would have prevailed. 76 * * * On a psychological level, necessity is constantly being wrestled into submission by the individuating person, and at the same time, mainIt is enough to compare Heidegger’s concept of Grund in Being and Time § 58 with the later Schelling’s concept of the same. This comparison situates Heidegger in the tradition of NDP, although something has happened to the concept of the person in the process of transmission. It has been rejected as too Jewish-Christian for Heidegger’s purposes and replaced by Dasein, with devastating results, namely the mitigation of the real distinction between good and evil. 75 Schelling 2006, 29 / AA I,17, 131. 76 Cf. Tritten 2017, 150. 74

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tained, even revered as the condition without which the person could not be. One thinks of Jung’s approach to neurosis or the existence of complexes (sub-personalities) in the psyche. One never gets rid of these knots of emotional and psychological tension, and if one could, one would effectively destroy the personality, for complexes lend the personality its strength and cohesiveness. 77 The complexes are the ligaments of the constitutively dissociable self. The individuating person establishes a conscious relationship to this inner world of complexes, or sub-personalities, which are remains of the personal past of the individual. At the centre of each complex, Jung tells us in his signature theory, resides a timeless archetype: thus the complex is the personal scar of a difficult negotiation with the collective unconscious. The individuating person does not empty the unconscious of this necessary sub-structure of the self, both personal and collective, but rather transitions from being possessed by complexes and archetypes to possessing complexes and archetypes. Such self-mastery should be distinguished from repression. 78 Growth in personality is productive dissociation; repression is destructive dissociation, dissociation from the dissociation life is demanding of us. 79 Nevertheless, the tension between freedom and necessity, or to speak in another register, consciousness and unconsciousness, always remains, in the healthy mind as in the sick, and at any moment, the precariously won freedom of the individual can be toppled by a necessity which has broken out of its subordinate position. For NDP, psychological and moral precarity are the inescapable condition of finite freedom. NDP has disturbing moral consequences for the understanding of evil. The consoling, neo-Platonic privatio boni tradition, like the pantheist substitution of the more rationally manageable good/bad binary for Biblical good and evil, are put into question, and we are left face to face with the prospect of evil as originating in a free and fully imputable decision for death over life, chaos over order. Evil is essentially the instrumentalisation of the other, which can be described as a refusal of the face of the other, or from the perspective of the evil one, Cf. Jung 1960, para. 209 f. See Schelling’s distinction between madness proper, which destroys the subject, and the coordinated madness (geregelter Wahnsinn) which is the key to its health and growth (SW VIII, 470). 79 See McGrath 2014. 77 78

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a refusal of otherness as such. The mythical devil not only refuses God’s sovereignty, he refuses to share being with anyone. He wills to be the only one. On the real-world level, this means that the person who instrumentalises the other is no less a person for that. At the end of the day, mitigating circumstances, ignorance, mental illness, passion, etc., do not allow us to conclude that in this act, the evil doer was not free, i. e., not a person. We do terrible things all the time inadvertently, of course, but such deeds are not imputable. As Socrates put it in the Apology, a wrong doer, by distinction from an evil person, needs education, not punishment, 80 or as we might be inclined to put the same point, they need love and support. It is the community that failed them, on this psychologistic line; we are the guilty ones, and the perpetrator of wrong deserves our compassion and forgiveness. NDP does not deny that most criminal acts may be of such a nature, for NDP does not presume that individuation, or better, personalisation, is always a fait accompli. But in its purest form, evil must be more than a mistake in judgment or a failure of the community to nurture one among them into being able to behave decently. Evil must be, Schelling says in so many ways in the Freedom Essay, the act of a person, that is, it must be as spontaneous as a good act. Schelling thereby openly challenges the modern idea, beginning with Leibniz and culminating in Arendt, but with roots in neo-Platonism, that evil is an expression of weakness, inferiority or imperfection. “The devil […] was not the most limited creature but rather the least limited one”. 81 Evil instrumentalises everything, nature, the other, and ultimately the self itself, but it remains in its own hand in that self-violation. Here is the most unsettling feature of evil in Schelling’s account of it. Evil is ultimately not just the compelled action of one who has failed to personalise; it is the expression of a perennial, dark possibility for personalising otherwise. Evil would be easier to tolerate if it were compelled by circumstances, defects of character, and mental illness. We prefer our psychopaths to be victims of circumstance, like Joaquin Phoenix’s Joker, failed by the social system, and spurned by everyone, and therefore understandably insane. Phoenix’s Joker is not an evil genius but an ordinary man pushed into violence by the system. The community has failed him in countless ways, starting with his abusive mother, and extending to the social 80 81

Plato, Apology, 26a. Schelling 2006, 36 / AA I,17, 138.

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workers who want only to keep him permanently sedated, and ending tragically with the talk-show host who mocks him publicly on television. After all this abuse, Phoenix’s Joker is manifestly not a free agent. Is it any surprise that the Oscar community awarded Phoenix for his admittedly superb performance? The Joker becomes the poster boy at the Academy Awards for mental health in a time that is finally recognising it as a human right. The difference from Ledger’s Joker, the scenery-stealing performance in Christopher Nolan’s 2008 Batman movie, The Dark Knight, could not be more striking. With Ledger, there is no hint at a justified resentment with the community that has failed him, no mitigating circumstances that makes the Joker’s psychopathology understandable. Ledger’s Joker is apparently deliberately mad. Where Phoenix’s Joker is sad and to be pitied, Ledger’s Joker, with his unrepentant spontaneity, his teasing hints of self-disfiguration, is truly terrifying. “Do you know how I got these scars?” Ledger’s Joker asks, and although we never get an answer, it is easier for us to think that they are traces of abuse, the scars of the trauma that is the root cause of the Joker’s pathology. Noland masterfully leaves the matter undecided, and we are left to consider the far more disturbing possibility that the Joker has disfigured himself. He is as free in his psychopathology as we are in our normalcy. Evil for Schelling is always personal, and this is why it is so violent. The worst Nazi guard is the one who could have treated the inmate otherwise, the one who knows what he is doing. The worst abusive parent is the one who recognises the vulnerability of the child, who has the capacity for love, and violates it. Evil, as Schelling says in 1809, is due to what is most perfect in us. 82 Cf. Schelling 2006, 36 / AA I,17, 138. It should be noted here that according to Schelling’s late Satanology, Satan is not a creature or a being but a principle that hungers for being. In himself, Satan has no actuality. He only achieves it insofar as he succeeds in finding an accomplice in the human person. Nor is evil an eternal principle opposing the good. Evil apart from the persons who actualise it, incarnate it, in a kind of perverse imitation of the descent of the logos in the Christ, is nothing but the ground striving to become obscenely actual, which it could never achieve (since it is not possible), hence a hovering between nothingness and being, the ground ceasing to ground, and overthrowing the order of nature, or striving to break the law of antecedence. This does not render evil unreal or impersonal, quite the contrary. Evil can only exist as the orientation of a person; it can only be personal. The lack of sustainable actuality to evil does nothing to mitigate its attraction for us, and Schelling does not avoid the paradox of evil, that it is not in our interest and yet it attracts

82

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling

If evil is not necessary but free, the act of one who could have decided otherwise, it is only because its negation, the decision for love, is the most free of all acts. No necessity binds the lover to the beloved; love is a free decision that must be perpetually renewed, and which is all the most beautiful and sacred for being contingent and fragile. Crucial to note in the previously cited definition of love from the Freedom Essay is the essential temporality of love: the two that are linked could have existed for themselves and apart from each other – but this possibility is past and irrecoverable, for the decision for love has opened up a new situation, one in which the two are now linked in such a way that they can no longer exist apart from one another. Love entails no loss of freedom, for the link that binds the lovers together is forged and maintained by freedom, not driven by necessity. In just this way, the being of God is now indissolubly linked with the world. God loves the world and, as in all genuine love, has freely willed to be the one who is now and forever vulnerable to it. Similarly, there is an essential temporality, or at least a sequential dimension to evil. Evil is the refusal of a prior offer of love. It refuses the unity of two that do not need one another and wills the nothingness prior to being, that is, prior to the production of duality. Evil wills the nothingness that precedes creation, but in an untimely fashion: it wills that nothing should be after something has been. It is the refusal of the love which is the ultimate reason why God creates being in the first place. If it cannot have nothingness, it would have difference without order, separate beings, without the possibility of being at one with one another, in short, it wills chaos. It is clear, then, that the possibility of love is also the possibility of evil, for both are consequent upon an original eruption of difference in being. Only a universe that runs the risk of evil can also produce love. * * * By contrast to dialectical personalism, NDP is not a well-defined tradition. We have said, somewhat casually and in passing, that ‘spirit’ or selfhood in NDP is a triumph over internality. In future work, we will have to think more carefully about what this means in the conus nonetheless. See Schelling 1831, 634–661; SW XIV, 241–274. On the late Schelling’s understanding of evil as the negation of nature (the refusal of ground) see Wirth 2020.

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text of reading certain canonical texts of the Western tradition otherwise, reading them in the light of the Schellingian thesis that the self does not begin in society, in reciprocal relation with other finite selves; it is not originally mediated by others. The self begins rather in a dialogue with itself, we could say, in difficult consideration of its own, unique possibilities for being. It must first negotiate this difficult relation to its origin, with its unconscious, before it is free to enter into personal relations with others. The original breakthrough to the light of consciousness and relationality occurs – if it occurs – on a site of primordial freedom that can scarcely be described, although its function is clear enough: it is the site where the freedom from the interior is established which will allow for the freedom for exterior relations. It is to this place of non-relational freedom that Schelling refers in the celebrated birth passage of the Freedom Essay: All birth is birth from darkness into light; the seed must be buried in the earth and die in darkness so that the more beautiful shape of light may arise and unfold itself in the rays of the sun [Jn 12:24]. Man is formed in his mother’s womb; and only from the darkness of that which is without understanding (from feeling, longing, the sovereign mother of knowledge) first grow lucid thoughts. Thus we must imagine the primordial longing [ursprüngliche Sehnsucht] as it directs itself to the understanding which it does not yet recognise, just as we in our longing desire an unknown, nameless good, and it moves intuitively [sich ahndend bewegt], like an undulating, surging sea, akin to Plato’s matter, following dark, uncertain law, incapable of forming something lasting for itself. 83

Such a dark beginning can hardly be consciously directed or in reciprocal, dialogical relation with an outside. But this internal, dark, and pre-conscious freedom is still freedom; it does not await the recognition or mediation of the community to become free. At a second stage, the self no doubt requires recognition and mediation, for one of the options that lies before it is life, and life is not possible in isolation. But before it decides for life, it must refuse death. In its absolute beginnings, the soul has a “life before this life”, 84 which now remains in the unconscious as an eternal past. In its founding act of freedom, the self has always already constituted itself and is forever after dependent on this “inner necessity”. 85 The act by which it was so con83 84 85

Schelling 2006, 29 f. / AA I,17, 131; translation modified. Schelling 2006, 52 / AA I,17, 154. Schelling 2006, 50 / AA I,17, 152.

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The Non-Dialectical Personalism of the Late Schelling

stituted is ‘outside of time,’ that means, prior to the relations that are only possible in time. The minor cannon of non-dialectical personalism has been misinterpreted as individualist, as ignorant of the social nature of the person, even as fascist. Read back through its root in Schelling, it appears differently. The self relates itself to its own self, the Dasein self-authenticates by appropriating the ground, the psyche individuates, not for the sake of asserting itself over and against the other, but for the sake of entering into genuinely personal relations with the other. The person in Schelling can instrumentalise its relations to the other, for evil is one of its primordial possibilities, but it can also free the other, which is to say, it can relate to the other in love.

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II. Schwerpunkt: Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften Zum 450. Geburtstag von Johannes Kepler

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Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften Zur Einführung in den Schwerpunkt zu Schelling und Kepler Paul Ziche (Utrecht)

Im Januar 2021 haben die Stadt Leonberg und die Internationale Schelling-Gesellschaft den 450. Geburtstag Johannes Keplers zum Anlass genommen, in Leonberg (genauer: im digitalen Rahmen, aber mit Leonberg als zentralem Knotenpunkt) zu reflektieren über die Bedeutung Schellings und Keplers, dieser beiden großen Söhne Leonbergs (wenn man Kepler, der sich immer wieder als ›Leonbergensis‹ bezeichnet hat, hier einbeziehen möchte), für unser Nachdenken über Physik und, allgemeiner, über Wissenschaft und Naturwissenschaft. Die beiden Festvorträge werden hier in ausgearbeiteter Form abgedruckt. Die Wissenschaftsgeschichte hat deutlich gemacht, wie problematisch es ist, von Vorwegnahmen oder von kontinuierlichen Traditionen in der Wissenschaft zu sprechen. Die Behauptung, ein Wissenschaftler aus einer historisch früheren Epoche habe bereits über Resultate oder Einsichten verfügt, die auch heute der aktuellen Forschung Impulse geben können, verlangt in jedem Fall sehr präzise Diskussion. Bereits die Annahme, eine Person einer früheren Epoche handle als ›Wissenschaftler‹, ist keineswegs selbstverständlich – das Wort und der Begriff ›Wissenschaftler‹ erhalten erst sehr spät, kaum vor 1800, die Funktion, die wir heute damit verbinden (vgl. den Beitrag von P. Ziche zu einschneidenden Veränderungen in der Terminologie, mit der wir über ›Wissenschaftler‹ sprechen). Wenn man Wissenschaftler (mit allen Vorbehalten gegenüber diesem vereinheitlichenden Begriff) über Epochengrenzen hinweg in fruchtbaren Austausch bringen möchte, bieten sich vor allem zwei unterstützende Argumente an: Solche große Lineaturen sind erhellend, wenn in späterer Zeit explizit, und mit eindeutig justifikatorischem Anspruch, auf frühere Personen verwiesen wird und wenn die Bezugnahmen auf einem Abstraktionsniveau stattfinden, das eine einfache lineare Fortsetzung oder Abhängigkeit übersteigt (man wird dann eher von 151 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Paul Ziche

einer Re-Interpretation älterer Positionen im Licht neuerer Errungenschaften sprechen müssen). Diese beiden Argumente bieten sich unmittelbar an, wenn man Kepler als historische Persönlichkeit in der Astronomie, Mechanik und Optik in der Rezeption seiner Errungenschaften betrachtet: Um 1800 verweisen Hegel und Schelling (und viele andere) explizit auf Kepler, im Kontext kontroverser Debatten über die adäquate philosophische Interpretation der Physik (im Duktus des Titels des folgenden Beitrags formuliert: Kepler wird hier gegenüber einer Auffassung von Physik, die sich auf Newton und den Newtonianismus zurückführen lässt und die kanonisch geworden war, als überlegen angesehen, als ein ›Physiker‹ im guten Sinn bereits vor einer echten Institutionalisierung der Naturwissenschaft). Aber auch die modernen Physiker verweisen immer wieder auf Kepler; er gehört, insbesondere durch seine drei Gesetze der Planetenbewegung, selbst zum Kanon der Physik. Allerdings: Noch interessanter als seine drei Gesetze (die Kepler nie systematisch als solche zusammengestellt hatte; sie finden sich in unterschiedlichen Texten aus verschiedenen Schaffensphasen Keplers) sind für die moderne Physik methodologische Überlegungen Keplers, die sich insbesondere durch ihre Abstraktheit (bei gleichzeitigem Bezug auf sehr konkrete Erfahrungen, aber dann gerade nicht auf diejenigen Erfahrungen, die direkt empirisch den entwickelten astronomischen Theorien zugrunde liegen) auszeichnen: die Rolle von Harmonie im Universum, aber auch in der Mathematik und damit auch in der Physik; die Suche nach umfassenden Prinzipien, die durch eine Berufung auf Harmonie oder, moderner formuliert, auf Symmetrieprinzipien motiviert werden können. Offen bleibt dabei die Frage, inwieweit eine solche Motivation auch bereits eine Rechtfertigung enthält. Aber genau diese Frage kann wiederum, wie der erste Beitrag nachweist, auch an die Physik unserer Zeit gestellt werden. Die beiden folgenden Beiträge gehen, in sehr unterschiedlicher Weise, diesen Motiven nach: Im ersten Beitrag wird von Matthias Bartelmann aus der Sicht der Physik gezeigt, wie die Erfahrung von Harmonie in Verbindung gebracht werden kann mit der, für die heutige Physik, tiefsten Begründung physikalischer Theorien – dieser Beitrag demonstriert auch, indem die Fachdisziplin Physik selbst zu Wort kommt, in wie natürlicher Weise typische Argumentationsformen und Ausdrucksweisen der Physik sich in einen historischen Rahmen einordnen lassen, in dem Kepler (mit den eingangs genannten 152 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Symmetrie, Harmonie, Genie in den Wissenschaften

methodologischen Kautelen) eine zentrale Rolle zugeschrieben werden kann. Der folgende Beitrag von Paul Ziche zeigt mit Mitteln der Philosophie- und Begriffsgeschichte, wie sich die Auffassung vom ›Wissenschaftler‹ um 1800 verändert und wie hier, wiederum, Kepler, aber auch Schelling und damit eine fachphilosophische Reflexion auf den Wissenschaftsbegriff eine zentrale Rolle einnehmen. Zusammen versuchen diese Beiträge, eine Würdigung eines ganz besonderen Phänomens zu geben: dass, mit großem zeitlichem Abstand, sich in Leonberg die Biographien Keplers und Schellings kreuzten, zweier Figuren, die verbunden sind durch die Rückverweise Schellings auf Kepler, durch die von beiden vorangetriebene Reflexion auf die Grundlagen physikalischer Erklärungen und durch die Bedeutung, die wiederum beide für die Entwicklung der relevanten Begriffe und Ideen für eine disziplinär verfasste Physik und, allgemeiner, Wissenschaft und Naturwissenschaft hatten.

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Kepler als Physiker vor der Physik Matthias Bartelmann (Heidelberg)

Abstract In his book Harmonices Mundi, published 1619, Kepler describes and explains the structure of the solar system and the size ratios of the planetary orbits in terms of the five Platonic bodies and fractions of small natural numbers, and emphasizes their resemblance to music. While the conclusions from Kepler’s construction did not withstand later discoveries, the principle of his construction was remarkable, as he argued on the basis of symmetries derived from geometry to explain the world as he knew it. Today, all fundamental theories of modern physics are built upon the principle of least action. The central object of this principle, the functional action, is itself constructed from principles of symmetry. In this sense, Kepler can be seen as a physicist preceding physics.

Johannes Keplers Weltbeschreibung: Harmonices Mundi Im Jahre 1619 erschien Johannes Keplers großes Werk Harmonices Mundi Libri V, Fünf Bücher über die Weltharmonik. Aus der Sicht des Physikers gehört dieser Text zum Kanon des Faches – genauer gesagt: nicht dieser Text insgesamt, sondern das in ihm enthaltene dritte Gesetz der Planetenbewegung. Diese Präzisierung zeigt an, dass der historische Kepler und der Kepler der modernen Physik nicht deckungsgleich zusammenfallen. Zugleich aber ist es für den modernen Physiker, insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Grundideen physikalischer Theoriebildung, möglich, gerade den scheinbar problematischeren Kepler, den Kepler der großen metaphysischen Fragen, den Kepler, der in der Welt nach einer umfassenden Harmonie sucht, zu würdigen – und zu würdigen gerade aus der Sicht aktueller, theoretischer Physik. Diese Konstatierung ist sicher auch 155 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Matthias Bartelmann

relevant für den Dialog mit der Philosophie. In diesem Beitrag soll aber die Physik selbst zu Wort kommen, und es soll gezeigt werden, wie natürlich sich wesentliche Entwicklungen in der physikalischen Theoriebildung im Gestus von Keplers Argumentations- und Darstellungsweisen formulieren lassen. Klären wir zunächst, was Kepler unter Harmonie versteht und von welcher Welt er schreibt.

Harmonie Was empfinden wir als harmonisch? Beginnen wir mit einem Beispiel aus der Musik. Wir teilen Musik im Allgemeinen in zwei Tongeschlechter ein, Dur und Moll, die sich dadurch unterscheiden, ob über dem Grundton eine große Terz steht (Dur) oder eine kleine (Moll). Der Grundakkord der C-Dur-Tonleiter, die Tonika, kann uns als ein Beispiel für einen harmonischen Klang dienen: Sie besteht aus den Tönen c-e-g, also aus dem Grundton c, dem Ton e vier Halbtonschritte oder eine große Terz darüber, und dem Ton g, eine weitere kleine Terz oder drei Halbtonschritte höher. Insgesamt umfasst die Tonika damit eine Quinte. Warum empfinden wir einen solchen Dreiklang als harmonisch? In der reinen Stimmung entspricht die große Terz einem Frequenzverhältnis von 5/4, d. h. der höhere Ton hat eine Frequenz, die um 5/4 höher ist als die des tieferen Tones. Die kleine Terz dagegen umfasst ein Frequenzverhältnis von 6/5. Die Frequenzen des tiefsten und des höchsten Tons der Tonika verhalten sich daher wie 6/4 = 3/2, entsprechend einer Quinte. Wir empfinden solche Klänge als harmonisch, deren Frequenzen im Verhältnis kleiner natürlicher Zahlen stehen. Das mag damit zusammenhängen, wie unser Gehör funktioniert: Es zerlegt Schall in Frequenzen und führt damit, mathematisch/physikalisch gesprochen, eine Fourier-Transformation durch. In der Mathematik führt die Fourier-Transformation eine große Klasse von Funktionen auf Sinus- und Cosinuswellen zurück. Wenn solche Wellen, die etwa Schall- oder Lichtwellen beschreiben können, auf endliche Volumina beschränkt werden, stehen ihre Frequenzen oder Wellenlängen in ganzzahligen Verhältnissen, die wir traditionellerweise als ›harmonisch‹ bezeichnen. Der Goldene Schnitt entspricht keinem solchen Verhältnis. Er teilt eine Strecke so, dass sich das kleinere Stück zum größeren verhält wie 156 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Kepler als Physiker vor der Physik

das größere zur gesamten Strecke. Nehmen wir die gesamte Strecke als Einheit und bezeichnen die Länge des größeren Stücks pffiffi als x, bedeutet der Goldene Schnitt (1–x) / x = x, woraus x = ( 5–1) / 2 ~ 0.618… folgt: Ein solches Verhältnis wird in der Mathematik als irrational bezeichnet, d. h. als nicht durch ein Verhältnis ganzer Zahlen darstellbar. Töne, deren Frequenzen im Verhältnis des Goldenen Schnitts stehen, werden nicht als harmonisch empfunden. Der Goldene Schnitt ist ein besonderes mathematisches Konstruktionsprinzip, das man auch in der Natur häufig verwirklicht findet, aber er erzeugt kein Klangverhältnis, das harmonisch auf uns wirkt. Auch Computerbildschirme haben üblicherweise ein Seitenverhältnis von 4/3, Videoformate oft eines von 16/9. Ohne auf die Einzelheiten der musikalischen Stimmung einzugehen, sei erwähnt, dass die reine Stimmung der Töne aufgrund von Frequenzverhältnissen sofort an enge Grenzen stößt, wenn man Musikstücke transponieren, also in andere Tonarten übertragen will. Dafür eignet sich am besten die gleichstufige, wohltemperierte Stimmung, in der jeder Halbton einem Frequenzverhältnis entspricht, das gleich der 12. Wurzel aus 2 oder ~ 1.059 ist. In dieser Stimmung wird jedem der zwölf Halbtonschritte einer Oktave dasselbe Frequenzverhältnis zugeordnet. Die große Terz hat dann ein Frequenzverhältnis von ~ 1.26 statt 1.25, die kleine Terz eines von ~ 1.19 statt 1.2. In dieser Stimmung steht einer Transposition in beliebige Tonarten nichts mehr im Wege, aber der spezielle Charakter der Tonarten geht verloren. Man muss die wohltemperierte Stimmung also abermals verändern, um die Transposition zu ermöglichen, dabei den Charakter der Tonarten aber zu behalten. Die musikalischen Tonverhältnisse zeigen eine überraschende Verbindung zwischen wahrnehmender Empfindung und besonders einfachen mathematischen Verhältnissen. Daher setzen wir hier im Weiteren voraus, dass solche Verhältnisse als harmonisch empfunden werden, die durch kleine natürliche Zahlen ausgedrückt werden können, auch deswegen, weil die allmähliche Einführung der wohltemperierten Stimmung in die Zeit nach Kepler fällt, der 1571 geboren wurde und 1630 starb.

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Matthias Bartelmann

Welt Von welcher Welt schrieb Kepler? Wenn wir heute vom Universum reden, meinen wir entweder die Gesamtheit alles dessen, was wir beobachten können, oder die Vorstellung davon, worin diese beobachtbare Gesamtheit eingebettet ist. Wir sind aus überzeugenden empirischen Gründen zu der Meinung gelangt, dass das Universum, das wir sehen, seit etwa 14 Milliarden Jahren existiert. Wir überblicken Zeiträume, die einen wesentlichen Teil dieses kosmischen Alters umfassen, und Entfernungen, wie sie das Licht in diesen Zeiträumen durchlaufen konnte. Es ist jedoch noch keine hundert Jahre her, dass die Frage nicht eindeutig beantwortet werden konnte, ob das Universum allein die Milchstraße enthalte oder größer als diese sei. 1 Keplers Welt bestand aus dem Sonnensystem und den Fixsternen. Der äußerste Planet des Sonnensystems war der Saturn. Uranus wurde 1781 entdeckt, gut 150 Jahre nach Keplers Tod, Neptun erst 1846. Kepler musste also davon ausgehen, dass es sechs Planeten gibt. Nikolaus Kopernikus’ Werk De Revolutionibus Orbium Coelestium war 1543 in Nürnberg im Druck erschienen, 28 Jahre vor Keplers Geburt. Für Kepler stand das kopernikanische Weltmodell bereits außer Frage. Im Zentrum steht die Sonne, sie wird von sechs Planeten umlaufen, von denen zwei innerhalb, drei außerhalb der Erdbahn stehen. Der Mond umläuft die Erde, die vier größten Monde des Jupiter entdeckte Galilei 1610, den größten Saturnmond Titan fand Huygens 1655. Als Keplers Harmonices Mundi erschien, war bereits bekannt, dass es außer der Sonne und neben der Erde noch andere Zentren im Sonnensystem gibt, die von kleineren Körpern umlaufen werden, wie die Planeten um die Sonne laufen. Der Grund, aus dem Kopernikus in seinem Weltmodell der Sonne den zentralen Platz gab, hat mit einer Überwindung anthropozentrischer Überzeugungen nichts zu tun. 2 Vielmehr war es seine Unzufriedenheit mit den Vorstellungen seiner zeitgenössischen Astronomie. Die inneren Planeten Merkur und Venus können der Sonne am Himmel nicht gegenüberstehen, weil sie sich, aus unserer Position auf der Erde betrachtet, nicht weiter von der Sonne entfernen können, als es ihrem Bahnradius entspricht. Die äußeren Planeten dagegen geraten bei jedem Umlauf am Himmel in eine solche Opposi1 2

Vgl. Bartelmann 2012. Vgl. Blumenberg 2019, 202–204.

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Kepler als Physiker vor der Physik

tionsstellung, die von der Erde aus gesehen eintritt, während der jeweilige Planet eine charakteristische Schleifenbahn, die Oppositionsschleife, beschreibt. Setzt man die Erde ins Zentrum der Umlaufbewegung, ist dieser wesentliche Unterschied in den scheinbaren Bahnen der inneren und der äußeren Planeten nur unter großem Aufwand und nur mit ad-hoc-Annahmen zu verstehen. Kopernikus erkannte, dass die Bahnen der inneren ebenso wie der äußeren Planeten auf einheitliche Weise verstanden werden können, wenn man die Erde zwischen Venus und Mars setzt. Von dieser Vorstellung ausgehend versuchte Kepler, die Bahnen der Planeten genauer zu verstehen. Der dänische Astronom Tycho Brahe hatte über lange Zeit hinweg die Position des Planeten Mars genau vermessen. Als Kepler nach Brahes Tod 1601 dessen Nachfolger als Hofmathematiker Kaiser Rudolfs II. wurde, erhielt er Zugang zu Brahes Beobachtungsdaten. Ausgehend von der Vorstellung, dass die Planetenbahnen Kreise und damit ideale geometrische Figuren seien, rang sich Kepler zu der Erkenntnis durch, dass der Mars die Sonne auf einer Ellipsenbahn umläuft, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Auch die Bahnen der anderen Planeten lassen sich damit beschreiben. Diesen Sachverhalt bezeichnen wir heute als das erste Kepler’sche Gesetz. In seinem zweiten Gesetz formuliert Kepler, dass die Verbindungslinie zwischen Sonne und Planet in gleichen Zeiten gleiche Flächen überstreicht. Diese beiden Gesetze veröffentlichte er 1609 in dem Buch Astronomia Nova. Zehn Jahre später legt Kepler mit den Harmonices Mundi Libri V wiederum ein großes Werk vor. Es enthält unter anderem auch das dritte Gesetz der Planetenbewegung, dem zufolge sich die Quadrate der Umlaufzeiten der Planeten so verhalten wie die dritten Potenzen ihrer großen Bahnhalbachsen. Aber das eigentliche Anliegen dieses Werks geht viel weiter.

Die Harmonie der Welt Das erste der fünf Bücher, in die Kepler die Weltharmonik gliedert, handelt von den regelmäßigen geometrischen Figuren. Im zweiten baut er aus diesen Figuren zwei- und dreidimensionale Objekte auf. Das dritte Buch nennt er das eigentlich harmonische, proprie harmonicus. Hier geht Kepler sofort dazu über, regelmäßige geometrische Beziehungen in die Musik zu übertragen und ordnet geometrischen 159 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Verhältnissen musikalische Klangverhältnisse zu, bei denen er Konsonanzen und Dissonanzen unterscheidet. Die obige Aussage, dass der Goldene Schnitt keinem Frequenzverhältnis entspricht, das wir als harmonisch empfinden, steht schon als Satz II im Kapitel I des dritten Buchs. 3 Im Kapitel V führt Kepler die Frequenzverhältnisse der Tonintervalle ein. Die Frage danach, warum die Oktave gerade in acht Töne eingeteilt wird, lässt er unbeantwortet: »Vergeblich philosophiert man hiebei mit der Zahl, indem man sich fragt, warum gerade der achte Ton das Maß vollmacht und in sich zurückkehrt.« 4 Die Tongeschlechter Dur und Moll behandelt er im Kapitel VI und fährt so fort, bis er im letzten Kapitel XVI auf die Ursachen musikalischen Wohlklangs und musikalischer Spannung kommt. Er schließt mit einem ›politischen Exkurs‹, in dem er die Verbindung auseinandernimmt, die Bodinus (Jean Bodin) zwischen den Staatsformen und mathematischen Verhältnissen gezogen hatte. Das vierte Buch ist der Astrologie gewidmet und bespricht die Einflüsse der Gestirne auf die Menschen und ihre Seele. Wir übergehen es hier und kommen gleich zum fünften Buch, in dem Kepler, spürbar ergriffen, zu Modellen gelangt, welche die »vollkommenste Harmonie in den himmlischen Bewegungen und die daher rührende Entstehung der Exzentrizitäten, Bahnhalbmesser und Umlaufzeiten« 5 mit den empirisch erhobenen astronomischen Daten verbinden. Sein Grundgedanke ist so einfach wie bezwingend. Schon im zweiten Buch hat Kepler auf moderne Weise geometrisch bewiesen, dass es genau fünf platonische Körper gibt, also solche, die durch regelmäßige Vielecke begrenzt werden. Diese sind das Tetraeder, das von vier gleichseitigen Dreiecken begrenzt wird, der Würfel, der von sechs Quadraten, das Oktaeder, das von acht gleichseitigen Dreiecken, das Dodekaeder, das von zwölf regelmäßigen Fünfecken, und das Ikosaeder, das von zwanzig gleichseitigen Dreiecken begrenzt wird. Nun nimmt Kepler den Würfel und füllt ihn so mit einer Kugel, dass deren Oberfläche die Seitenflächen des Würfels von innen berührt. In diese Kugel setzt er ein Tetraeder so, dass dessen Ecken auf die Kugelfläche fallen. Dem Tetraeder beschreibt er wiederum eine Kugel ein, dieser dann ein Dodekaeder und fährt auf dieselbe Weise mit dem Ikosaeder und dem Oktaeder fort. 3 4 5

Vgl. Kepler 1619, 103. Kepler 1619, 128. Kepler 1619, 277.

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So entstehen sechs Kugeln: Die kleinste, innerste füllt das Oktaeder aus; die größte, äußerste ist dem Würfel so umbeschrieben, dass dessen Ecken auf ihrer Oberfläche liegen. Da es genau fünf platonische Körper gibt, erklärt deren Zahl mittels dieser Konstruktion die Anzahl der Planeten. Keplers Konstruktion liefert aber noch mehr, denn die Ein- und Umbeschreibung der Kugeln um die platonischen Körper ermöglicht eine erste Einschätzung der Maßverhältnisse der Planetenbahnen. Und Kepler findet, dass sich diese Maßverhältnisse als harmonisch erweisen.

Höhere Harmonien Nun ja, nicht ganz. Nach Keplers erstem Gesetz sind die Planetenbahnen eben keine Kreise, sondern Ellipsen. Damit sind sie keine Großkreise auf Kugeln, sondern Schnittlinien von Kegeln. Insbesondere haben die elliptischen Planetenbahnen größte und kleinste Abstände von der Sonne, Aphel und Perihel genannt. Kepler kommt also nicht allein mit Kugeln aus: Er muss Kugelschalen einführen, die zwischen ihren Innen- und Außenflächen Platz für die jeweiligen Planetenbahnen bieten. Kepler nutzt auch diesen Umstand zur weiteren Entwicklung seiner Vorstellung, denn die Kugelschalen ermöglichen es ihm, nicht nur nach harmonischen Verhältnissen zwischen den mittleren Bahnradien der Planeten zu suchen, sondern auch zwischen ihren Aphel- und Perihelabständen. Der Unterschied zwischen Aphel- und Perihelabstand einer Planetenbahn wird durch eine Größe beschrieben, die als Exzentrizität bezeichnet wird. Mithilfe der Kugelschalen und seiner Erwartung bestimmter harmonischer Verhältnisse zwischen deren Innen- und Außenradien findet Kepler sogar die Exzentrizitäten der Planetenbahnen begründet. Und schließlich bildet er die harmonischen Verhältnisse in die Tongeschlechter Dur und Moll ab und weist dem Planetensystem entsprechende Tonfolgen zu. So findet Kepler harmonische Verhältnisse der Musik in der Welt verkörpert, die damals alles war, im Planetensystem. Umgekehrt findet er eine mehrfache Begründung für das Planetensystem: für die Sechszahl der Planeten in der Fünfzahl der platonischen Körper; für die mittleren Maßverhältnisse der Planetenbahnen in den diesen Körpern ein- und umbeschriebenen Kugeln; für die Exzentrizitäten der Planetenbahnen in höheren harmonischen Verhältnissen, die er aus Tonintervallen entnimmt. Er schließt das Kapitel IX des fünften Bu161 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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ches der Harmonices Mundi mit einem ergreifenden Gebet, überwältigt von der Schönheit, die er erkannt hat, und voller Demut gegenüber ihrem Schöpfer: O Du, der Du durch das Licht der Natur das Verlangen in uns mehrest nach dem Licht Deiner Gnade, um uns durch dieses zum Licht Deiner Herrlichkeit zu geleiten, ich sage Dir Dank, Schöpfer, Gott, weil Du mir die Freude gegeben hast an dem, was Du gemacht hast, und ich frohlocke über die Werke Deiner Hände. Siehe, ich habe jetzt das Werk vollendet, zu dem ich berufen ward. Ich habe dabei alle die Kräfte meines Geistes genutzt, die Du mir verliehen hast. […] Wenn ich mich durch die staunenswerte Schönheit Deiner Werke zu Verwegenheit habe verleiten lassen oder wenn ich an meinem eigenen Ruhm bei den Menschen Gefallen gefunden habe in dem erfolgreichen Fortgang meines Werkes, das zu Deinem Ruhm bestimmt ist, so vergib mir in Deiner Milde und Barmherzigkeit. Und würdige Dich gnädiglich dafür Sorge zu tragen, dass diese meine Ausführungen zu Deinem Ruhm und zum Heile der Seelen gereichen und dem in keiner Weise im Wege stehen. 6

Die Weltbeschreibung der Physik Keplers drei Gesetze der Planetenbewegung werden schon in der Schule gelehrt. Seine Vorstellungen von der Harmonie der Welt haben sich dagegen nicht bestätigt. Es gibt mehr Planeten als die sechs, die er kannte und die in sein Konstruktionsprinzip passen. Isaac Newtons Gravitationsgesetz gilt für beliebige Abstände; es gibt für die Radien der Bahnen also keine tiefere Begründung. In moderner Diktion: Die Newton’sche Gravitation hat keine Skala. Das erste und das dritte Kepler’sche Gesetz lassen sich auf das Gravitationsgesetz und die Newton’sche Bewegungsgleichung zurückführen; Keplers zweites Gesetz folgt bereits aus der Erhaltung des Drehimpulses. Und dennoch ist auch von seiner Weltharmonik eine entscheidende Idee geblieben: Kepler bietet Symmetrieprinzipien als Erklärung an. Das ist ein wichtiger Schritt, weil damit Erklärungen nicht mehr einfach als Ableitungen aus einem vorgegebenen Gesetz aufgefasst werden, sondern ausdrücklich auch die Suche nach Prinzipien Erklärungsfunktion erhalten kann. Noch heute sind Symmetrieprin-

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Kepler 1619, 350 f.

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zipien die tiefsten Begründungen, die die Physik kennt. Davon soll der zweite Teil dieses Beitrags handeln.

Erklärungen in der Physik Was bedeutet das Wort Erklärung in der Physik? Die deduktiv-nomologische Auffassung vom Wesen naturwissenschaftlicher Erklärungen sieht einen Sachverhalt dann als erklärt an, wenn das Vorliegen dieses Sachverhalts aus einem allgemeinen Gesetz, zusammen mit den in der konkreten Situation relevanten Anfangs- oder Randbedingungen, deduktiv abgeleitet werden kann. Die klassische oder Newton’sche Mechanik erklärt in diesem Sinne die Bewegung von Körpern unter dem Einfluss von Kräften durch Raum und Zeit. Ihre Erklärung besteht darin, dass vielfältigste Bewegungsformen auf die drei Gesetze zurückgeführt werden, die heute als Newton’sche Axiome bezeichnet werden und die Newton in seinem Buch Philosophiae Naturalis Principia Mathematica von 1687 unter der Bezeichnung Leges definierte. Vor allem das zweite Newton’sche Axiom wurde durch Joseph-Louis Lagrange 1788 auf elegante Weise so umformuliert, dass es wesentlich einfacher handhabbar wurde, aber in seiner Substanz wurde es dadurch nicht berührt. William Rowan Hamilton führte es 1834 jedoch auf ein allgemeineres Prinzip zurück. Es gibt eine erstaunliche, tiefe Verbindung zwischen der Mechanik und der geometrischen Optik. Erstaunlich ist diese Verbindung deshalb, weil sie auf allgemeineren Prinzipien beruht, die ganz verschiedenen Teilgebieten der Physik unterliegen. Die Optik untersucht die Gesetze, nach denen sich Licht ausbreitet. Licht ist ein elektromagnetisches Phänomen und wird daher durch die Elektrodynamik beschrieben, der James Clerk Maxwell 1864 durch geschickte Verbindung der Arbeiten eminenter Vorläufer ihre endgültige Form gab. Die vier Maxwell’schen Gleichungen, die der Elektrodynamik zugrunde liegen, fassen eine unglaubliche Fülle von Erscheinungen zusammen, die vom Zusammenhalt von Molekülen bis zur Funktionsweise eines Mobiltelefons reichen. Diese Gleichungen können in wenigen einfachen Schritten so verbunden werden, dass sie elektromagnetische Wellen beschreiben. Maxwell sagte solche Wellen voraus, Heinrich Hertz erzeugte sie 1886, und das für unsere Augen

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sichtbare Licht erwies sich als ein kleiner Ausschnitt aus dem weiten Spektrum möglicher elektromagnetischer Wellen. In vielen Fällen reicht es aus, die Wellenlänge solcher elektromagnetischer Wellen als beliebig klein gegenüber anderen Größen des betrachteten Systems anzunähern. Dann spielt die Wellennatur des Lichts keine wesentliche Rolle mehr, und die elektromagnetischen Wellen können auf Lichtstrahlen reduziert werden. Die geometrische Optik untersucht, wie sich solche Lichtstrahlen verhalten, und damit ist sie ein Teil- oder Grenzgebiet der Elektrodynamik.

Geometrische Optik und minimale Laufzeit Es ist ein alltäglich beobachtbares Phänomen, dass ein Lichtstrahl gebrochen wird, wenn er von einem Medium in ein anderes übergeht. Betrachtet man einen Stab, der etwa zur Hälfte in einem Glas Wasser steht, erscheint der Stab an der Wasseroberfläche geknickt. Auf dieser Brechung des Lichts beruhen Brillen, Fernrohre und Mikroskope. Sie stellt einen der grundlegendsten Befunde der geometrischen Optik dar. Bereits 1660 hatte Pierre de Fermat erkannt, dass das Brechungsgesetz auf ein allgemeineres Prinzip zurückgeführt werden kann. Dieses Prinzip besagt, dass das Licht zwischen zwei festen Punkten A und B denjenigen Weg wählt, längs dessen es die geringste Zeit braucht. Im Vakuum breitet sich Licht mit einer Geschwindigkeit c aus, die nahe bei 300 000 km/s liegt. In Materie, beispielsweise in Luft, Wasser oder Glas, erscheint diese Geschwindigkeit auf einen Wert c/n verringert. Die Größe n, die hier auftritt, ist der Brechungsindex des jeweiligen Mediums, der für Luft etwa 1.0003, für Quarzglas etwa 1.46 und für Wasser etwa 1.33 beträgt. Die Lichtgeschwindigkeit erscheint in Quarzglas also um etwa 32 % verringert. Geht das Licht auf dem Weg von A nach B von Luft in Glas über, braucht es für zwei gleiche Strecken in Glas länger als in Luft. Der Lichtstrahl verläuft nun gerade so, dass die beiden Strecken in der Luft und im Glas zusammengenommen in der geringstmöglichen Zeit durchlaufen werden können. Dieses Fermat’sche Prinzip ist für sich genommen schon ein höchst erstaunlicher Befund: Woher ›weiß‹ ein Lichtstrahl, welchen Weg er zwischen dem Ausgangspunkt A und dem Endpunkt B zu wählen hat? Wie kann es sein, dass er gerade denjenigen Weg ›wählt‹, 164 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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der die Reisezeit minimiert? Dieser erstaunliche Befund wird noch wesentlich erstaunlicher dadurch, dass er sich in Isaac Newtons klassischer Mechanik wiederholt. Die Suche nach tieferen Prinzipien wird wesentlich weitergetrieben genau in der Zeit, in der – ohne dass hier allerdings ein wie auch immer gearteter Zusammenhang zwischen diesen Bestrebungen behauptet werden soll – auch in der Philosophie, bei Kant, bei Schelling, und anderen die Frage nach letzten Prinzipien der Naturbetrachtung in neuer Intensität gestellt wird.

Klassische Mechanik und minimale Wirkung Damit kommen wir zu dem allgemeineren Prinzip zurück, auf das Hamilton die klassische Mechanik zurückzuführen vermochte. Er fand, dass die Newton’sche Bewegungsgleichung in der Form, in die Lagrange sie gebracht hatte, aus einem Extremalprinzip ähnlich dem Fermat’schen Prinzip abgeleitet werden kann. Die Fragestellung ist dieselbe wie bei Fermat: Welchen Weg wählt ein Körper, der beispielsweise als Massenpunkt idealisiert angenommen werden kann, zwischen einem Ausgangspunkt A und einem Endpunkt B? Hamiltons Antwort war, dass der tatsächliche Weg von allen anderen denkbaren dadurch unterschieden ist, dass er eine bestimmte Größe, Wirkung genannt, minimiert. Bei dieser Wirkung handelt es sich, mathematisch gesprochen, um ein Funktional. Funktionen ordnen im einfachsten Fall Zahlenwerten andere Zahlenwerte zu. Eine Bahnkurve im dreidimensionalen Raum ist eine solche Funktion: Sie gibt an, wo im Raum sich der betrachtete Körper zu einer bestimmten Zeit befindet und ordnet damit einem Intervall von Zeiten, begrenzt durch einen Anfangs- und einen Endzeitpunkt, eine Menge von Punkten im dreidimensionalen Raum zu. Funktionale dagegen ordnen ganzen Funktionen Zahlen zu. Ein Funktional nimmt eine Funktion als Argument und gibt eine Zahl zurück. Setzt man eine beliebige denkbare Bahnkurve zwischen den Punkten A und B in das Wirkungsfunktional ein, bewertet es die Wirkung dieser Bahnkurve mit einer bestimmten Zahl. Andere Bahnkurven ergeben in der Regel andere Werte der Wirkung. Diejenige Bahnkurve, die unter allen denkbaren Kurven tatsächlich realisiert wird, zeichnet sich dadurch aus, dass sie die geringste Wirkung erzeugt. Ersetzt man die Lichtlaufzeit durch die Wirkung, lauten das Fermat’sche und das Hamilton’sche Prinzip gleich: Unter den unend165 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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lich vielen möglichen Bahnen zwischen festen Punkten A und B wird diejenige tatsächlich durchlaufen, die ein bestimmtes Funktional minimiert. Im Fall des Fermat’schen Prinzips ergibt dieses Funktional die Lichtlaufzeit, im Fall des Hamilton’schen Prinzips die Wirkung. Davon abgesehen, lassen sich beide, die geometrische Optik und die klassische Mechanik, auf ein Extremalprinzip zurückführen.

Erklärung und Abstraktion In der klassischen Mechanik ebenso wie in der geometrischen Optik bleibt das zugrundeliegende Extremalprinzip unerklärt. Damit kommen wir zurück zu der Frage, was in der Physik überhaupt mit einer Erklärung gemeint ist: Die Physik versucht, eine immer größere Fülle experimentell gesicherter empirischer Befunde auf eine immer kleinere Zahl zunehmend abstrakter Gesetze zurückzuführen. Sie erklärt Gesetzmäßigkeiten, indem sie sie auf tieferliegende Gesetzmäßigkeiten zurückführt. In diesem Sinne beschrieb Kepler den phänomenologischen Reichtum der beobachteten Planetenbewegungen am Himmel durch drei Gesetze. Newton begründete diese Bewegungsgesetze der Planeten durch das allgemeine Bewegungsgesetz der klassischen Mechanik und durch ein allgemeines Gravitationsgesetz. Fermat erklärte die Phänomene der geometrischen Optik aus einem einzigen Prinzip. Hamilton führte die Newton’schen Bewegungsgesetze ebenso auf ein Extremalprinzip zurück. Die Abstraktionsleistung dieser Zurückführung ist immens. Letztgültige Gründe vermochte die Physik aber für diese Extremalprinzipien nicht anzugeben. Die Gesetze der Physik sind mathematischer Natur. Ein offensichtlicher Grund dafür liegt darin, dass die Physik eine quantitative Naturwissenschaft ist und daher beobachtete ebenso wie vorhergesagte Sachverhalte durch Zahlen quantifizieren muss, die durch mathematische Operationen miteinander in Beziehung stehen und durch Funktionen aufeinander abgebildet werden. Ein weiterer, vielleicht weniger offensichtlicher Grund liegt darin, dass die Mathematik Strukturen bereitstellt, durch die physikalische Phänomene geordnet werden können. Die Mathematik ist selbst von einer Dynamik der Suche nach immer allgemeineren Strukturen geprägt, wobei die weniger allgemeineren Strukturen dann nicht verlorengehen, sondern beibehalten und neu interpretiert werden. 166 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Es ist eine weitreichende Frage, warum die Physik überhaupt mathematisierbar sein sollte. Teilweise wird sie dadurch beantwortet, dass viele Strukturen in der Mathematik überhaupt erst als Antwort auf den Bedarf der Physik entwickelt wurden. Der interessantere Aspekt der Frage zielt jedoch darauf, dass es mathematische Strukturen gibt, die aus mathematischem Selbstzweck heraus geschaffen, später aber in der Physik bzw. in der von ihr beschriebenen Natur wiedergefunden wurden. Dementsprechend bedeutet der wachsende Abstraktionsgrad physikalischer Gesetze, dass diese Gesetze mithilfe immer abstrakterer mathematischer Strukturen ausgedrückt werden. Als abstrakter werden solche Strukturen aufgefasst, die allgemeiner anwendbar sind und damit eine größere Zahl von Spezialisierungen ermöglichen. Es ist jedoch wichtig zu bemerken, dass die Physik trotz ihrer Mathematisierung und ihrer Tendenz zu immer abstrakteren Gesetzen kein Teil der Mathematik ist. Sie ist eine empirische Naturwissenschaft. Die Strukturen, durch die sie ihre Gesetze formuliert, müssen sich ebenso wie diese Gesetze selbst an der empirisch feststellbaren Wirklichkeit bewähren. Tun sie das nicht, müssen sie verworfen werden.

Physikalische Gesetze Das bringt uns zu der Auffassung, dass physikalische Gesetze, die oft als Naturgesetze bezeichnet werden, eigentlich keine Gesetze der Natur sind, sondern solche, die ein Bild der Natur beschreiben. Wäre das nicht so, dann könnten sich die physikalischen Gesetze nicht ändern; doch sie waren und sind häufigen Veränderungen unterworfen. Dies will ich anhand einer groben Skizze der Entwicklung der Physik erläutern. Newton führte die Bewegungsgesetze der klassischen Mechanik ein. Wie oben festgestellt, beschreiben sie, wie sich Körper unter dem Einfluss von Kräften durch Raum und Zeit bewegen. Die klassische Mechanik fragt nicht nach dem Ursprung der Kräfte und beschreibt Raum und Zeit anhand von Idealisierungen. In Maxwells Elektrodynamik kommt ein weiterer, grundlegender Begriff zum Tragen, der Begriff des Feldes: Elektromagnetische Kräfte werden als Auswirkungen von Feldern auf elektrische Ladungen bzw. Ströme erklärt und unterliegen damit selbst einer Dynamik.

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Felder sind Funktionen des Raumes und der Zeit. Die Feldtheorien, von denen die Elektrodynamik die erste Vertreterin war, verbinden daher Kräfte, Raum und Zeit. Die Elektrodynamik und die klassische Mechanik widersprechen sich jedoch in einem ganz zentralen Punkt. Gemäß der klassischen Mechanik können Geschwindigkeiten einfach addiert werden. Ein Gegenstand, der von einem fahrenden Fahrrad geworfen wird, trifft am Straßenrand mit der Summe der Geschwindigkeiten des Fahrrads und des Wurfes relativ zum Fahrrad auf. Dagegen stellt die Elektrodynamik fest, dass es mit der Lichtgeschwindigkeit eine universelle Geschwindigkeit gibt. Die Newton’sche Mechanik würde sagen, dass Licht aus einer Quelle, die sich selbst mit halber Lichtgeschwindigkeit auf einen Beobachter zu bewegt, mit eineinhalbfacher Lichtgeschwindigkeit bei diesem Beobachter eintrifft. Die Maxwell’sche Elektrodynamik dagegen sagt, dass auch dieses Licht beim Beobachter mit Lichtgeschwindigkeit eintrifft, gleichgültig wie schnell sich seine Quelle bewegt. Offensichtlich kann nicht beides zugleich richtig sein. Albert Einstein löste diesen Widerspruch mit seiner speziellen Relativitätstheorie zugunsten der Elektrodynamik auf. Die spezielle Relativitätstheorie verbindet Raum und Zeit zu einer Raumzeit; die Feldtheorie verbindet Kräfte mit dieser Raumzeit. Die allgemeine Relativitätstheorie schließlich führt die Struktur der Raumzeit auf die Anwesenheit von Körpern zurück. So sind physikalische Gesetze einem fortwährenden Wandel unterworfen, der vor allem auch die Konzepte und diejenigen Entitäten betrifft, von denen die Physik als grundlegend ausgeht.

Klassische Mechanik und Quantenmechanik Die Newton’sche Mechanik wird auch als klassische Mechanik bezeichnet, seitdem es die Quantenmechanik gibt. Die Entwicklung einer neuen Mechanik wurde notwendig, als gegen Ende des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts mehr und mehr offensichtlich wurde, dass es Phänomene gab, die im Rahmen der klassischen Physik nicht erklärbar waren. Zu diesen Phänomenen gehörten die Spektrallinien der Atome: Warum können Atome Energie nur in diskreten Mengen aufnehmen oder abgeben, und warum sind sie überhaupt stabil? Dazu gehörte der spektrale Verlauf der Wärmestrahlung: Seinen niederund seinen hochfrequenten Grenzfall, das Rayleigh-Jeans’sche und das Wien’sche Strahlungsgesetz, konnte Max Planck nur unter der 168 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Annahme in Verbindung bringen, dass Energie in diskreten Paketen aufgenommen und abgegeben werden kann. Es gibt also Situationen, in denen elektromagnetische Strahlung, bis dahin weitgehend als Wellenphänomen angesehen, als Teilchenphänomen aufgefasst werden muss. Umgekehrt erkannte Louis de Broglie, dass Teilchen in bestimmten Situationen Eigenschaften zeigen, die durch Wellen beschrieben werden können; Beugung und Interferenz beispielsweise. Damit wurde zunehmend offensichtlich, dass die Zustandsbeschreibung der klassischen Mechanik unzureichend wurde, denn die klassische Mechanik kennzeichnet den Zustand eines Punktteilchens durch seinen Ort und seinen Impuls. Wenn aber Teilchen auch als Wellen aufzufassen sind, dann können ihre Orte und Impulse nicht mehr zugleich festgestellt werden; das ist die Aussage der Unschärferelation, die Werner Heisenberg fand. Eine radikal neue Theorie musste im Mikrokosmos der Elementarteilchen an die Stelle der klassischen Mechanik treten, und diese Theorie, die Quantenmechanik, musste aufgrund völlig neuartiger Annahmen aufgebaut werden. Dies geschah vor allem in den 1920er Jahren durch eminente Physiker, zu denen neben Planck, de Broglie und Heisenberg vor allem Niels Bohr, Erwin Schrödinger, Paul Dirac und andere gehören. Aufbauend auf Überlegungen von Dirac fand Richard Feynman in den Jahren bis 1948 eine neue Beschreibung der Quantenmechanik. Er berechnete die Übergangswahrscheinlichkeit eines Teilchens zwischen zwei Punkten. Das ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Teilchen, das zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Punkt A festgestellt wurde, zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt in einem anderen Punkt B aufgefunden werden kann. Dabei fand er, dass zu dieser Wahrscheinlichkeit alle denkbaren Wege einen Beitrag leisten und keineswegs nur der Weg, der entsprechend der klassischen Mechanik ausgezeichnet ist. Längs des klassischen Wegs ist die Wahrscheinlichkeit zwar am größten, aber sie ist auch längs benachbarter Wege endlich groß. Diese Übergangswahrscheinlichkeit wird gerade durch das Wirkungsfunktional quantifiziert, das wir aus dem Hamilton’schen Prinzip der kleinsten Wirkung kennen: Die Übergangswahrscheinlichkeit ist längs desjenigen Weges am größten, längs dessen die Wirkung am kleinsten ist. Aus der Sicht der Quantenmechanik führt vom Punkt A zum Punkt B nicht mehr ein einziger Weg wie in der klassischen Mechanik. Stattdessen ist zwischen diesen beiden Punkten ein Schlauch aus unendlich vielen Bahnen möglich, durch den zentral die klassische Bahn 169 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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führt. Die Dicke dieses Schlauches wird durch das Planck’sche Wirkungsquantum bestimmt: Wenn die Wirkung einer Bahn von der minimalen Wirkung der klassischen Bahn um einen Betrag abweicht, der dem Planck’schen Wirkungsquantum vergleichbar ist, fällt die Übergangswahrscheinlichkeit bereits erheblich ab. Der Schlauch aus quantenmechanisch erlaubten Bahnen ist daher mikroskopisch dünn, sodass seine Dicke bei makroskopischer Betrachtung unerheblich wird.

Kleinste Wirkung, größte Wahrscheinlichkeit Diese Erkenntnis führte das Hamilton’sche Prinzip wiederum auf eine tieferliegende Ursache zurück – das Motiv der Suche nach allgemeineren Prinzipien wiederholt sich hier also: Kein Teilchen ›weiß‹, auf welcher Bahn es sich von A nach B bewegen muss. Möglich sind unendlich viele Bahnen, die zusammen einen Schlauch von A nach B bilden. Dieser Schlauch ist allein durch die Übergangswahrscheinlichkeit bestimmt, mit der das Teilchen zunächst in A, dann in B zu finden ist. Diese Übergangswahrscheinlichkeit ist durch die Wirkung bestimmt: Sie ist für diejenigen Bahnen am größten, deren Wirkung am kleinsten ist. Das Teilchen wird zwischen A und B mit der größten Wahrscheinlichkeit längs der klassischen Bahn gefunden. Abweichungen davon sind möglich, aber mikroskopisch klein. Damit erweist sich das Hamilton’sche Prinzip als eine Wahrscheinlichkeitsaussage: Mit der kleinsten Wirkung werden diejenigen Bahnen ausgewählt, längs derer die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen zwei Punkten am größten wird. Aus mathematischer Sicht berechnete Feynman die Übergangswahrscheinlichkeit mithilfe eines so genannten Pfadintegrals: Von A nach B führen beliebig viele Wege, Pfade genannt. Das Wirkungsfunktional weist jedem dieser Pfade eine Zahl zu, aus der die Übergangswahrscheinlichkeit längs dieses Pfades bestimmt wird. Die gesamte Übergangswahrscheinlichkeit ist die Summe über die Übergangswahrscheinlichkeiten längs aller Pfade. Da die Pfade beliebig dicht benachbart sind, wird aus der Summe ein Integral. Damit verallgemeinern Pfadintegrale den gewohnten Integralbegriff. Bei der gewöhnlichen Integration summiert man die Werte auf, die eine zu integrierende Funktion auf einer gewissen Menge von Punkten, dem Integrationsbereich, annimmt. Bei einer Pfadintegration summiert man die Werte auf, die ein zu integrierendes Funktional über einer 170 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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gewissen Menge von Funktionen annimmt. Fasst man diese Funktionen wiederum als Punkte in einem Funktionenraum auf, erweitert das Pfadintegral die Integration von einem Punktraum auf einen abstrakteren Raum, den Funktionenraum. Dies kann wiederum als ein Beispiel dafür dienen, wie sich die Physik zunehmend abstrakter mathematischer Strukturen bedient, um eine wachsende Fülle von Phänomenen auf vereinheitlichende Weise zu beschreiben. Die Methode der Pfadintegrale aus der Quantenmechanik kann nun auf Feldtheorien wie die Elektrodynamik erweitert werden. Dort besteht ein Pfad nicht mehr aus einem Weg in einem dreidimensionalen Raum, sondern aus einer Folge von Konfigurationen des elektromagnetischen Feldes. Der ›Punkt‹ A wird dann zur Ausgangs-, der ›Punkt‹ B zur Endkonfiguration des Feldes, und ein Pfad beschreibt eine mögliche Weise, wie das Feld derart von der Ausgangszur Endkonfiguration gelangen kann, dass es dabei den Bewegungsgleichungen gehorcht. Wiederum wird eine gesamte Feldkonfiguration durch ein Wirkungsfunktional auf eine Zahl abgebildet; wiederum wird die Übergangswahrscheinlichkeit längs desjenigen Pfades am größten, längs dessen die Wirkung am kleinsten wird, und wiederum erweist sich die klassische Entwicklung des Feldes als diejenige, längs derer die Wirkung minimal wird.

Physik, Wirkung und Symmetrie Wir haben eine Entwicklung verfolgt, die von Kepler bis zur heutigen Physik durchweg auf der Suche war nach allgemeinsten Prinzipien der Natur und der Naturbetrachtung. In wissenschaftstheoretischer Sicht und aus physikalischer Perspektive ist diese Entwicklung von großen Veränderungen bestimmt, aber sie lässt sich dennoch als eine Entwicklung beschreiben. Interessanterweise können wir ganz am Ende nochmals auf Kepler zurückverweisen. Alle fundamentalen Theorien der modernen Physik werden heute durch ein Wirkungsprinzip formuliert. Sobald das Wirkungsfunktional einer Theorie aufgestellt ist, folgen die Bewegungsgleichungen der Theorie durch einen einheitlichen mathematischen Formalismus daraus, dass man die Wirkung minimiert. Damit haben wir fast die tiefste Begründung erreicht, die wir heute für physikalische Theorien angeben können: Physikalische Objekte verhalten sich so, dass ihre Wirkung so klein wie möglich wird, und sie tun das, weil dann ihre 171 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Übergangswahrscheinlichkeit von einem bestimmten Anfangs- zu einem bestimmten Endzustand am größten wird. Ein Schritt fehlt nun aber noch, und der bringt uns zu Kepler zurück. Denn für das Wirkungsfunktional selbst haben wir bisher keinerlei Regeln angegeben. Ist es bekannt, liegt die Theorie fest – aber wie stellt man ein Wirkungsfunktional auf? Um dies zu tun, legt man eine Symmetrie zugrunde – welche Symmetrie das ist, muss im konkreten Fall bestimmt werden. Dabei kommt die Generalisierung der modernen Algebra zum Tragen, die hier abstrakte Strukturen entdeckt und analysiert: Symmetrien werden wiederum durch mathematische Strukturen beschrieben, die als Gruppen bezeichnet werden. Man legt einer Theorie eine oder mehrere solcher Symmetriegruppen zugrunde, d. h. man wählt die Symmetrie, der die Theorie gehorchen soll. Alles Weitere folgt dann; zunächst das Wirkungsfunktional, das mit dieser Symmetrie verträglich sein soll, dann aus dem Wirkungsprinzip das dynamische Verhalten der Theorie. Damit haben wir das Fundament der gesamten modernen Physik freigelegt. Von der allgemeinen Relativitätstheorie bis zu den Quantenfeldtheorien lässt sich die moderne Physik vollständig auf Symmetrien bzw. Symmetriegruppen zurückführen. Wie wir gesehen haben, fand Kepler die Harmonie der Welt, indem er das Planetensystem auf die fünf platonischen Körper zurückführen wollte und damit auf die einzigen geometrischen Objekte, die sich aus regelmäßigen Vielecken aufbauen lassen. Damit legte er seiner Beschreibung der gesamten damals bekannten Welt eine geometrische Regelmäßigkeit zugrunde, die wir heute durch diskrete Symmetriegruppen ausdrücken würden. Während Keplers Gesetze der Planetenbewegung höchst erfolgreich waren und sich auf tieferliegende Gesetze zurückführen ließen, war dies bei seinen Überlegungen zur Weltharmonik nicht der Fall; sie erwiesen sich in ihren Auswirkungen als unzutreffend. Aber seine Denkweise hat bis heute Bestand: Kepler fand theoretische Sicherheit in Symmetrieüberlegungen, die er seiner Zeit gemäß aus der euklidischen Geometrie gewann. Wir heutigen Physiker finden theoretische Sicherheit nach wie vor in Symmetrieüberlegungen, die wir nun aus abstrakteren geometrischen Vorstellungen gewinnen – dennoch sind, in dieser abstrakteren Form, methodologische Schritte Keplers, insbesondere sein Vertrauen auf das Vorliegen solcher Prinzipien einerseits, die methodologisch offenen Stellen einer solchen Argumentation andererseits, auch für den modernen Physiker gut erkennbar. 172 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

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Bibliographie Bartelmann, Matthias 2012: »Development of cosmology: From a static universe to accelerated expansion«. In: From Ultra Rays to Astroparticles: A Historical Introduction to Astroparticle Physics, hg. v. Brigitte Falkenburg/Wolfgang Rhode. Dordrecht, 49–70. Blumenberg, Hans 2019: Die Genesis der kopernikanischen Welt, Bd. 1: Die Zweideutigkeit des Himmels. Eröffnung der Möglichkeit eines Kopernikus. 7. Aufl., Frankfurt a. M. [1. Aufl. 1975]. Kepler, Johannes 1619: Weltharmonik, übers. u. eingel. v. Max Caspar. Darmstadt 1967.

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Schelling über Kepler: Der Naturwissenschaftler als Genie Paul Ziche (Utrecht)*

Abstract Today, it is self-evident that we can apply the term ‘genius’ to the natural scientist, and that this term bestows the ultimate ennoblement to a researcher’s achievements. However, this usage of the term ‘genius’ is the result of rather recent developments in the history of concepts. Kant had stated explicitly that the natural scientist cannot lay claim to the status of being a genius, and in many 18th-century discussions of this term, it is strongly emphasized that the creative and unruly genius needs to be kept under close control. Given this background, it is remarkable to see Schelling emphatically adopt the epithet of ‘genius’ for a natural scientist, namely for Johannes Kepler. The paper reconstructs the arguments and conceptual shifts that make this remarkable change in the usage of the term ‘genius’ possible, with particular emphasis on Schelling’s intervention. It thereby intends to contribute to a better understanding of some of the key conceptual decisions that led to our current framework for thinking about science and the scientist.

* Dieser Aufsatz geht zurück auf einen Vortrag, der im Januar 2021 zur Feier von Keplers 450. Geburtstag im Rahmen einer von der Stadt Leonberg und der Internationalen Schelling-Gesellschaft ausgerichteten Festveranstaltung gehalten wurde. – In den Text gehen Materialien ein, die im Rahmen eines von NWO (dem Dutch Research Council) finanzierten Projekts (»Structuring the world of ideas around 1800«) erarbeitet wurden; NWO und meinen Projektmitarbeitern gilt mein herzlicher Dank.

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Paul Ziche

1. Vorbemerkung: Innovationen im Wissenschaftsbegriff um 1800 Im Schulhaus in Leonberg in Württemberg kommen zwei gewichtige Biographien zusammen: Johannes Kepler besucht hier die Schule (und er identifiziert sich zeitlebens mit Leonberg) und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling wird im nebenan gelegenen Pfarrhaus geboren und wächst hier auf. Später wird Schelling wiederholt und in philosophisch gewichtigen Kontexten auf Kepler verweisen. Diese Begegnung, um Jahrhunderte verschoben, ist von großer Bedeutung für unser Verständnis eines heute ganz selbstverständlich gewordenen Phänomens: des Phänomens der Naturwissenschaft und des Naturwissenschaftlers. Der Begriff ›scientist‹ wird erst deutlich nach 1800 bei William Whewell (dem wir noch begegnen werden) gebraucht; 1 Schelling gebraucht den Terminus »Wissenschaftler« nur einmal (SW V, 81), und dann in einem polemisch-kritischen Kontext, und Grimms Wörterbuch notiert, dass das Wort ›Wissenschaftler‹ erst in neuerer Zeit einen negativen Nebensinn verloren habe und »an die stelle des nicht mehr gebräuchlichen wissenschafter getreten« sei. 2 Der Begriff ›Naturwissenschaften‹ und, stärker noch, der kollektivsingulare Begriff ›Naturwissenschaft‹ erhalten erst um 1800, unter dem Einfluss der Philosophie Kants, die Bedeutung, die wir heute noch damit verbinden. 3 Die Zeit um 1800 ist hiermit begriffs- und ideengeschichtlich von größter Brisanz; in dieser Zeit werden begriffliche und disziplinäre Festlegungen getroffen, die sich bis heute weiterverfolgen lassen. In Schellings Darstellung der Person und des Werks Keplers lassen sich, lokal verdichtet, begriffliche Entscheidungen identifizieren, die heute selbstverständlich gewordene Begriffe in statu nascendi analysieren. Bei Schelling, aber auch bei Hegel oder Hölderlin, ist Kepler immer wieder ein wichtiger Bezugsautor. Er dient Hegel und Schelling dazu, ihr neues, (natur-)philosophisch begründetes Wissenschaftsverständnis emblematisch darzustellen, und in regional-nationalistischem Stolz, aber auch mit detaillierten Argumenten, stellen Vgl. Ross 1962; Yeo 1993. Grimm 2021, Bd. 30, Sp. 800. 3 Zur Wortgeschichte von ›Naturwissenschaft‹ um 1800 vgl. Ziche 1998. – Reinhart Kosellecks Begrifflichkeit des ›Kollektivsingulars‹ erweist sich hier als sehr hilfreich. Vgl. im Kontext wiederum des Wissenschaftsbegriffs um 1800 Ziche 2019a. 1 2

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Schelling über Kepler: Der Naturwissenschaftler als Genie

sie Kepler, den Sohn Schwabens, im kritischen Vergleich höher als Newton. 4 Aber wie charakterisieren sie Kepler, wo ordnen sie ihn ein, unter welchen Oberbegriff wollen sie ihn subsumieren? Aus der Sicht des heutigen Physikers kann Kepler einerseits – beispielsweise in seinem Vertrauen auf Symmetrieüberlegungen – als ausgesprochen modern gelten, andererseits aber sind gerade seine modern anmutenden Überlegungen in ihrer methodologischen Begründung auch hochproblematisch. 5 Hegel verwendet eine vergleichende Diskussion von Kepler und Newton in seiner Dissertatio Philosophica de Orbitis Planetarum von 1801 zur Profilierung eines (sachgerechten) ›physikalischen‹ gegenüber einem (falsch abstrahierenden) ›mathematischen‹ oder ›mechanischen‹ Zugriff auf die Natur (vgl. GW 5, 237 f.), und Schelling verweist wiederholt zustimmend auf diesen Text Hegels (vgl. z. B. AA I,12,1, 165) mit seiner Trennung der Rollen des ›Physikers‹ und des ›Mathematikers‹. Die aufsehenerregendste Einordnung Keplers gibt Schelling selbst, wenn er in einem Brief an Josef Kopp von 1840 Kepler ohne alle Einschränkung als ein »Genie« bezeichnet: »Wenn ein Mensch je den nach aller Herabwürdigung erhaben bleibenden Namen: Genie verdient, so ist es Kepler«. 6 Diese Titulierung eines Naturwissenschaftlers als ›Genie‹ ist einerseits salomonisch: Schelling muss sich nicht festlegen auf einen der seinerzeit noch nicht präzise umrissenen Begriffe wie ›Naturwissenschaftler‹ oder ›Physiker‹, sondern kann auf einer allgemeineren Ebene sprechen. Andererseits ist sie denkbar radikal und verweist explizit auf eine bereits länger geführte, kontroverse Debatte zum Geniebegriff. Schelling verwendet hier einen unmittelbar kontroversen Begriff, nicht einfach einen Terminus aus einem noch nicht endgültig Vgl. dazu Ziche/Rezvykh 2013. Dies ist detailliert ausgeführt im Beitrag von Matthias Bartelmann in diesem Band. 6 Ziche/Rezvykh 2013, 19 u. 209. – Dieser Brief steht im Kontext der Vorbereitung der exzellenten Kepler-Edition, die der Stuttgarter Gymnasiallehrer Christian Frisch (1807–1881) in der Mitte des 19. Jahrhunderts erarbeitete und in deren Planung Schelling einbezogen war. Die Entstehung dieser Ausgabe, und Schellings Rolle dabei, ist im Detail rekonstruiert in Ziche/Rezvykh 2013. – Es soll hier nicht mit Entschiedenheit beansprucht werden, dass Schelling der erste Autor war, der den Geniebegriff uneingeschränkt und mit Emphase für die Naturwissenschaften verwendet; in der Rolle Schellings im Geniediskurs der Zeit um 1800, in seiner expliziten Diskussion der Figur Keplers, seinen Interventionen in die Diskussion um verschiedene Wissenschaftsbegriffe und in der engen Verbindung der Determinanten des Geniebegriffs mit Grundgedanken seines Philosophierens vor allem nach 1801 ist der Zugriff auf Schelling hinreichend gerechtfertigt. 4 5

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festgelegten Begriffsfeld, und widerspricht dem expliziten Verdikt Kants, ein Naturwissenschaftler könne niemals als Genie bezeichnet werden (dazu unten, Abschnitt 2); und obwohl bereits in der (vornehmlich britischen) Diskussion zum Geniebegriff im 18. Jahrhundert immer wieder Naturwissenschaftler als Genie bezeichnet wurden, 7 geht Schelling mit seinem emphatischen Bekenntnis zur Genialität Keplers einen entscheidenden Schritt weiter. ›Genie‹ wird hier nicht in Beziehung gesetzt zu anderen menschlichen Vermögen, sondern – auch hier wieder dem Muster kollektivsingularer Begriffsbildung folgend – als totale Kennzeichnung des Werks und Denkens Keplers gebraucht. Aus heutiger Sicht ist es mehr als selbstverständlich, dass Naturwissenschaftler Genies sein können – jede Umfrage wird den Namen Einsteins ergeben, wenn man in offener Weise nach einem Genie fragt. Die Geschichte des Geniebegriffs zwischen Künstlern und (Natur-)Wissenschaftlern gestaltet sich jedoch ausgesprochen komplex; dieser Begriff oszilliert mehrfach zwischen den sich hiermit gegenseitig profilierenden Feldern der Kunst und der Wissenschaft. Bernhard Fabian hat argumentiert, dass der genieästhetische Geniebegriff in seiner Anwendung auf Kunst und Künstler allererst aus Begrifflichkeiten in den Wissenschaften entwickelt wird, die – etwa in den programmatischen Selbstpositionierungen der frühen Royal Society – das Ideal der Neuheit und die ideale Persona des Entdeckers und Erneuerers hervorheben. 8 Kants Kritik an der Anwendung des Geniebegriffs auf den Naturwissenschaftler bezeichnet Fabian dann konsequenterweise als »Ende des Naturwissenschaftlers als Originalgenie« 9 – allerdings kann die Geschichte des Naturwissenschaftlers als Genie in ihrer modernen Version erst in kritischer Reaktion gegen Kants Verdikt beginnen, zumal nun erst auch ein deutlich profilierter Begriff des ›Naturwissenschaftlers‹ (und zwar im Deutschen wie im Englischen) verfügbar wird. In diesem neuen Schritt, einem Neuanfang nach einem markanten Ende, erhalten Schelling und, allgemeiner, die nach-Kantische Debatte entscheidende Bedeutung: Direkt nach Kant ist es ein sehr viel gewagterer Schritt, einen NaturAllgemeine Literatur zur Anwendung des Geniebegriffs auf den Naturwissenschaftler: Fabian 1967; Schaffer 1990. Zur Geschichte des Geniebegriffs vgl. allgemein z. B. Schmidt 1985/88, zum deutschsprachigen Kontext in Literatur und Philosophie; Parnes/Vedder/Willer 2008, Kap. 6; Reckwitz 2012. 8 Vgl. Fabian 1967. 9 Fabian 1967, 58. 7

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Schelling über Kepler: Der Naturwissenschaftler als Genie

wissenschaftler als Genie zu bezeichnen, als das vor Kant der Fall war. Der Geniebegriff wird hiermit unmittelbar eingeschrieben in den modernen Begriff der Wissenschaft und des Wissenschaftlers. Wie groß der Schritt zur uneingeschränkten Befürwortung naturwissenschaftlicher Genialität war, werde ich in einem ersten Abschnitt zeigen, in dem ich kurz die Geschichte der Anwendung des Geniebegriffs in den Gebieten von ›science‹ oder ›Wissenschaft‹ darstelle. Ein zweiter Abschnitt wird sich Schelling zuwenden und einer eher systematischen Frage gewidmet sein: Wenn man den Geniebegriff an die Ideale der Originalität, Kreativität und des Durchbrechens etablierter Regeln koppelt – wie kann das zusammenstimmen mit der Tatsache, dass die Naturwissenschaft doch einen sehr genau vorgegebenen Maßstab vor sich hat, dem sie überall Genüge tun muss – nämlich die Natur? Wenn man den Wissenschaftler als Genie bezeichnen möchte, muss man also garantieren können, dass in der methodologisch am sorgfältigsten kontrollierten Zugangsweise zur Natur notwendigerweise stets Neues entdeckt werden kann. Im Vergleich mit der Kunst als dem angestammten Terrain des Geniebegriffs bietet sich eine einfache Lösung an, die aber für die Naturwissenschaft hochproblematisch ist: Die Kunst konnte sich in der Moderne einen enormen Freiraum verschaffen, indem sie den Anspruch, die Natur abbilden zu wollen, aufgegeben hat. Aber kann das auch für die Naturwissenschaft, die den Gegenstandsbereich der Natur erschließen möchte, ein gangbarer Weg sein? Genau diese Fragen sind geeignet, Grundzüge von Schellings Philosophie zu erschließen. Ein Schlüsselbegriff dabei wird der Begriff der ›Offenheit‹ sein – das entscheidende argumentative Problem, dem sich Schelling stellt, wenn er Kepler uneingeschränkt als Genie bezeichnet, kann so zusammengefasst werden: Der Geniebegriff kodifiziert die Idee, dass Wissenschaft überall durch ein Ideal der Offenheit, der Innovationsfähigkeit, der Unvorhersehbarkeit und damit auch der Unkontrollierbarkeit des Entdeckungsprozesses, bei gleichzeitig höchst ambitionierten epistemischen Standards, gekennzeichnet sein muss. Eine solche Kodifizierung manifestiert komplexe und kontroverse philosophische Ansprüche, die ins Zentrum von Schellings Philosophie führen und die zugleich Grundzüge unseres Wissenschaftsverständnis formulieren.

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2. Naturwissenschaftler als Genies Wenn Schelling Kepler ohne Einschränkung als Genie bezeichnet, widerspricht er Kant, und das tut man nicht leichtfertig. Kant hat ein einfaches Argument, warum selbst ein Newton nicht als Genie bezeichnet werden kann (und Schelling übernimmt zunächst dieses Argument, vgl. AA I,9,1, 323 f.): Alles, was in Newtons Principia steht, kann jedem Lernenden vermittelt werden; jeder von uns kann jeden Schritt von Newtons Argumenten und Berechnungen ausführen, und hierzu sind nur Zeit und Fleiß, also universell voraussetzbare Vermögen erforderlich (vgl. KU, AA 5, 308–310). 10 Mit künstlerischen Fertigkeiten ist dies nicht möglich. Keine Zeit und kein Fleiß der Welt werden es ermöglichen, jedes beliebige Publikum dazu zu befähigen, wie Rembrandt zu malen oder wie Mozart zu komponieren. Die moderne Reaktion auf dieses Argument liegt auf der Hand: Der Nachvollzug dieser großen Leistungen Newtons ist wohl möglich, genauso wie auch ein heutiger Klavierschüler Mozart spielen kann, aber die ursprüngliche Entdeckung, die kreative Leistung im Entwickeln neuer Rechenverfahren, im Aufstellen von Gesetzen und Theorien, ist von gänzlich anderer Art und in den Naturwissenschaften genauso wenig lehr- oder lernbar wie in den Künsten. (In Klammern: Kant selbst sieht dieses Problem, windet sich aber um eine Antwort. Er gesteht ein, dass für die ›Erfindung‹ besondere Kapazitäten erforderlich sind, bezeichnet diese aber als »Kopf« bzw. »große[n] Kopf«, nicht als »Genie« (KU, AA 5, 308). Diese Formulierung ist auffällig; zwar thematisiert Kant, in derselben Zusammenstellung, diese Begriffe auch in seiner Anthropologie (vgl. AA 7, 138 u. 210), 11 dennoch bleiben diese Begriffe innerhalb von Kants vermögenstheoretischen Analysen bemerkenswert unterminologisch. Zudem: In seiner Parade des Einwands verwirrt Kant dann doch wieder die erste Erfindung und die Nachvollziehbarkeit der Newtonschen Überlegungen; auch für Kant macht Newton »große[…] und tiefe[…] Erfindungen«, kann aber »jedem andern ganz anschaulich und zur Nachfolge bestimmt vormachen«, wie er zu diesen Innovationen gekommen ist Vgl. auch Wenzel 2001; Schaffer 1990, auch zu Veränderungen in Kants Auffassungen zur Geniefähigkeit des Naturwissenschaftlers. 11 Als negativen Gegenbegriff zu ›ein Kopf‹ und ›Genie‹ gebraucht Kant hier den Begriff ›Pinsel‹, wie in ›Einfaltspinsel‹ – es ist bemerkenswert, dass hier ein Terminus aus der Kunstpraxis für das bloß passiv-instrumentalisierte Nachahmen verwendet wird. 10

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(KU, AA 5, 309) – interessanterweise wird hier die ›Nachfolge‹ (Kant spricht hier nicht explizit vom Nachahmen, unterscheidet die Nachfolge aber auch nicht vom bloßen Nachahmen) positiv besetzt.) Kants Behandlung des Geniebegriffs in der Critik der Urtheilskraft fasst typische Linien der entsprechenden Diskussionen im 18. Jahrhundert zusammen. Zentral ist dabei eine Geste der Einschränkung des Genialen: Im Zweifelsfall, so Kant, müsse man sich für ›Geschmack‹ und nicht für Genie entscheiden – Geschmack ist regelgeleitet, durch Konventionen bestimmt, und ein geschmackvolles Produkt wird immer eine gewisse Würdigung verdienen, während Genialität unkontrollierbar und damit potentiell destruktiv-gefährlich ist (vgl. KU, AA 5, 311–313; die Gefährlichkeit des Geniebegriffs wird vielfach angesprochen – Goethes Mephisto 12 bietet nur ein Beispiel). 13 Kants Ausführungen zum Geniebegriff, ebenso wie die unten kurz angeführten Texte britischer Theoretiker des Genies, verbinden die Forderung nach Regelhaftigkeit mit der unkontrollierten, sich den Regeln des Verstandes entziehenden Kreativität des Genies. ›Genie‹ versteht er als das »Talent (Naturgabe)« (hier setzt Kant die anthropologischen Begriffe sehr präzise ein!), »welches der Kunst die Regel giebt« (KU, AA 5, 307). Auch für die Kunst sind also Regeln notwendig. Allerdings sind die Regeln der Kunst anderer Art als die Regeln, die als Gesetze in den Naturwissenschaften fungieren. Kunst setzt Regeln zwar voraus, ein Urteil über Schönheit kann aber nicht aus Regeln abgeleitet werden; die Regelhaftigkeit der Produkte des Genies steht nicht unter einer »bestimmte[n] Regel«, die einschlägigen Regeln, im Einklang mit dem allgemeinen Tenor der Critik der Urtheilskraft, lassen sich nicht explizit kodifizieren (KU, AA 5, 307 f.). Der Geniebegriff erbt also alle Nuancierungen und begrifflichmethodologischen Schwierigkeiten, die Kant in der Critik der Urtheilskraft insgesamt thematisiert und die auch den Begriff einer durchweg nach Gesetzen strukturierten Natur betreffen. Regelhaften Status können die Produkte des Genies erst ex post erreichen, als »Muster« für weitere Schöpfungen; sie dürfen nicht durch bloße Nachahmung, also durch das Erlernen und Befolgen einer Regel, herVgl. Goethe, Faust I, v. 3540. – Für den Hinweis auf die Faust-Stelle danke ich einem der Gutachter. 13 Kant nuanciert die traditionelle Gegenüberstellung ›imagination‹ – ›judgment‹ in den englischsprachigen Texten des 18. Jahrhunderts, wenn er eine »intellectuelle[…] Urtheilskraft« und eine »bloß ästhetische[…] Urtheilskraft, ohne Begriffe über Formen zu urtheilen« (KU, AA 5, 300) annimmt. 12

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vorgebracht werden (KU, AA 5, 307 f.). Große Kunstwerke werden ›Muster‹, aber das heißt auch: Sie bieten keine ›Formel‹ und folgen keiner Formel, können aber ein ›Leitungsmittel‹ sein (wiederum ein bemerkenswert unterminologischer Begriff bei Kant! 14). Die entsprechenden Passagen, in denen Kant den Begriff ›Genie‹ zurückführt auf den ›genius‹, den Schutzgeist, oszillieren fortwährend zwischen der Ungebundenheit des Genies und der Regelhaftigkeit, genauer: der Regelfunktion seines Produkts. Zugleich betont Kant hier, dass all diese Überlegungen nur für Produkte der Kunst, nicht aber der Wissenschaft gelten (vgl. KU, AA 5, 308). Im Regelbegriff liegt die entscheidende Schnittstelle, an der Kants Geniediskussion, ohne das explizit zu machen und in vielfach bezeichnend uneindeutiger Terminologie, gebahnte Pfade verlässt. Regelhaftigkeit wird von Kant ausdrücklich in Anspruch genommen, aber zentrale Modelle regelgeleiteten Denkens (das Ableiten, das Erlernen in Form eines Algorithmus) weist Kant explizit ab. Kants genie-kritisches Verdikt weist auf eine relativ kurze, aber komplexe Vorgeschichte hin, in der der Genieanspruch genauso eine Notwendigkeit wie eine große Herausforderung für die Wissenschaften darstellt. Im englischsprachigen Diskurs des 18. Jahrhunderts wird wiederholt und affirmativ diskutiert, dass und wie Naturwissenschaftler Genies sein können – hierbei muss allerdings durchweg das begriffsgeschichtliche caveat mitbedacht werden, dass die Naturwissenschaftler hier noch unter die ›writers‹ (bei Joseph Addison) oder ›philosophers‹ (bei Alexander Gerard und William Duff) fallen und ein eigenständiger Begriff eines ›(Natur-)Wissenschaftlers‹ fehlt. 15 Zwei Aspekte dieses Diskurses sind wesentlich, wenn man den Geniebegriff, wie er sich in der Anwendung auf Naturwissenschaftler um 1800 manifestiert, in seiner Brisanz nachvollziehen will: das durchgehende Bemühen, das unkontrollierbare Genie zu zähmen, und – in dieselbe Richtung weisend – die Tendenz, geniale Innovation in den Wissenschaften an den ordnungsfähigen, institutionalisierbaren Vgl. Ziche 2019b. Edward Young nennt in Conjectures on original composition von 1759, einem weiteren grundlegenden Text im Geniediskurs des 18. Jahrhunderts, zwar Francis Bacon, Newton und Robert Boyle (vgl. Young 1759, 30, 34 u. 42), legt den Fokus aber eindeutig auf die Literatur. Bacon jedoch gibt ihm, in Übereinstimmung mit den Analysen bei Fabian 1967, die strategische Vorgabe für seine Analyse des Ideals der Originalität (»under the shadow of whose great name I would shelter my present attempt in favour of Originals«, Young 1759, 30).

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Neuerungen der Entwicklung neuer Methoden oder Fachgebiete festzumachen. Joseph Addison (1672–1719), in seinem enorm einflussreichen Spectator-Text über das Genie von 1711, beginnt mit den ›writers‹, wobei das genauer die Schreiber literarischer Texte meint, erkennt dann aber an, dass Genie »runs through the Arts and Sciences«. 16 Er kontrastiert in seinem kurzen Text zwei Formen des Genies, zum einen den »natural Genius[…]«, in dem sich »something nobly wild and extravagant« manifestiere, 17 zum anderen eine Form des Genies, in der geniale Personen »the Greatness of their natural Talents« den zähmend-kontrollierenden »Corrections and Restraints of Art« unterworfen haben (wobei »Art« hier für eine regelgeleitete Geschmackskultur steht). 18 Alexander Gerard, schottischer Philosoph (1728–1795), 19 diskutiert in zwei Essays, einem Essay on Taste und einem Essay on Genius (letzterer 1774), ausdrücklich die Rolle des Genies in Künsten und Wissenschaften. Gerards Vorbilder sind bemerkenswert und zeigen die Bandbreite seines Begriffs von ›science‹ auf: Er nennt Sokrates (da dieser eine neue philosophische Disziplin eingeführt habe, nämlich die Ethik), Aristoteles und Bacon. Newton wird ebenfalls genannt, aber vornehmlich als ein Nachfolger Bacons besprochen. 20 In aller Prägnanz präsentiert Gerard den Topos, dass das Genie wesentlich für Erneuerung durch »invention« verantwortlich ist (»Genius is properly the faculty of invention«), 21 dass das Genie also durch das Vermögen zur Originalität ausgezeichnet ist, was nur auf der Grundlage der ›Einbildungskraft‹, ›imagination‹, möglich ist. Allerdings: Eine gut entwickelte Einbildungskraft allein konstituiert noch kein Genie, »judgment« ist ebenso erforderlich, mithin Präzision, gründliches Abwägen dessen, was die Einbildungskraft kreativ vorschlägt, das Umsetzen dieser Vorschläge in dauerhafte Resultate. 22 Um jedoch das Verhältnis von Einbildungskraft und Urteilsvermögen präzise zu bestimmen, ist mehr erforderlich als diese lediglich zu

Addison 1711, 127. Addison 1711, 127. 18 Addison 1711, 129. 19 Zu Gerard vgl. Fabian 1967; Guyer 2011; Reckwitz 2012, 61. 20 Zum Newtonbild und der Charakterisierung von Newton als Genie vgl. Fara 2002; Yeo 1988. 21 Gerard 1774, 8. 22 Gerard 1774, 36–38. 16 17

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kombinieren; in der genialen Kreation werden diese Vermögen jeweils auch modifiziert. 23 Genie findet sich, für Gerard, in den Künsten und in den Wissenschaften (»sciences«), in den ersteren auf die Entdeckung/Erfindung von Schönheit, in den letzteren auf die der Wahrheit gerichtet. 24 Dennoch sieht Gerard auch fundamentale Unterschiede zwischen beiden Gebieten. Was der »philosopher« und damit auch der Naturwissenschaftler leisten muss, ist, Gerard zufolge, einen Sachverhalt sehr präzise und detailliert beschreiben (»acuteness of judgment« ist hierfür erforderlich; »penetration« ist die Kurzbezeichnung für diese Schlüsselfertigkeit). 25 Einbildungskraft ist in der Wissenschaft hingegen dafür erforderlich, eine Vielzahl an Informationen und Materialien schnell und vollständig zusammenbringen und übersehen zu können – auffallenderweise tritt hierbei der Aspekt der Neuartigkeit völlig in den Hintergrund. Der Imperativ der genauen Beschreibung erfordert auch, dass der Wissenschaftler auf poetische Bilder und Vergleiche tunlichst zu verzichten hat; wenn der Wissenschaftler genial handelt, dann nicht, weil er als Künstler handeln würde. Auch diese Unterscheidung wird dann bei Schelling schrittweise aufgehoben werden. Genau diese Motive gebraucht Gerard in seinem Essay on genius, wenn er das große Vorbild Newton bespricht (der zu diesem Moment schon lange durch das große Epitaph, mit Alexander Popes vielzitierter Inschrift, in Westminster Abbey geehrt war). Auch für ihn ist Newton ein Genie: »We admire with reason, the genius displayed by Newton in the discovery of the laws of gravitation«. 26 Aber wie kommt Newton zu seinen Entdeckungen, was zeichnet ihn aus? Newtons Genialität zeige sich vor allem im Kleinen, oder genauer: darin, dass er traditionelle Annahmen zur hierarchischen Ordnung des Großen und Kleinen unterlaufe. Newton habe sich immer wieder durch ganz kleine Beobachtungen anregen lassen zu großen theoretischen Überlegungen; hierin liegt für Gerard eine tiefreichende Gemeinsamkeit mit der speziellen Sensibilität des Poeten. 27 Gerards EinVgl. Gerard 1774, 385. Gerard 1774, 318. 25 Gerard 1774, 322–324. Zum Begriff der ›penetration‹ vgl. auch Fabian 1967, 55, mit Verweis auf Bacon. 26 Gerard 1774, 96 f. 27 Das schlagende Beispiel bildet die Anekdote von Newton und dem Apfel, die Gerard zum Anlass dient, den Vergleich mit dem Poeten explizit zu machen: »No 23 24

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schätzung der Rolle der Einbildungskraft, als der zentralen Fähigkeit des Genies, ist auffallend zurückhaltend: »The brightest imagination« beruht auf »sense and memory«. 28 Auch hier betont er wieder die Kombination von ›imagination‹ und ›depth of judgment‹ : Many of the facts on which Newton founds his theory of gravitation, and that of light and colours, require no great degree of imagination to bring them into view, and had actually been observed by many. That the same conclusions were not by these deduced from them, may be ascribed partly to a defect of imagination […], and partly to the want of such depth of judgment as was sufficient for deducing them. Depth of judgment contributed perhaps more than vigour of imagination, to enable that great philosopher to perceive the tendency of common facts with surprising quickness, and to trace their consequences with singular accuracy. 29

Mit dem schottischen Philosophen William Duff (1732–1815) verwendet ein weiterer Autor eines Essay on original genius (1767) genau dieselbe Begrifflichkeit. Auch für Duff ist Newton ein Genie: »This great man was doubtless in Philosophy an original Genius of the first rank«. 30 Aber es ist wieder genau die Kombination von »imagination« und »profound depth of penetration and strength of reason«, die sein Werk auszeichnet; Newtons Entdeckungen »are the most astonishing efforts of the human mind; and while they shew the prodigious compass of that imagination, which could frame and comprehend such sublime conceptions, they at the same time clearly evince the profound depth of penetration and strength of reason, which, by a kind of divine intuition, could discern and demonstrate their truth.« 31 Wie kompliziert die Geschichte des Geniebegriffs in seiner Anwendung auf den Naturwissenschaftler ist, wird deutlich, wenn noch Mitte des 19. Jahrhunderts ganz ähnliche, den Debatten des 18. Jahrhunderts grundlegend verwandte Überlegungen propagiert werden, philosopher would ever go in search of a theory, if some phenomenon subjected to his immediate observation, did not dispose him to consider in what manner it may be accounted for. It is the subject in which a poet is engaged, and which he has already conceived, that leads him, by resemblance, to find out an image proper for illustrating it« (Gerard 1774, 97 f.). 28 Gerard 1774, 98. 29 Gerard 1774, 371 f. 30 Duff 1767, 119. 31 Duff 1767, 120.

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wenn der geniale Wissenschaftler typisiert werden soll. William Whewell (1794–1866), Autor der großen Standardwerke zur Geschichte und Philosophie der induktiven Wissenschaften und in Cambridge an Newtons College tätig, gebraucht den Geniebegriff freigebig, für antike und moderne Wissenschaftler. Er schätzt Kepler besonders und zitiert hierbei zustimmend Schellings Ausführungen zu diesem; Kepler exemplifiziert für ihn »the rule of genius«. 32 Kepler ist für Whewell zunächst ausgezeichnet durch die Kühnheit seiner Hypothesen; Whewell bewundert die »boldness« und die »license in guessing«, Keplers Vermögen zu »[i]nvention«, seine »conjectures«, selbst wenn sich diese als falsch herausstellen. 33 Kepler kann mit dem Held des klassischen Dramas verglichen werden: »though fantastical and self-willed, and violating in his conduct […] all right rule and sound philosophy«, wird er letztendlich durch (wissenschaftliche) Erfolge belohnt. 34 Kreative Regelverletzung in der Hypothesenbildung befördert den wissenschaftlichen Fortschritt – wenn, wie in den Texten des 18. Jahrhunderts und im Werk Keplers, diese Hypothesen in hartnäckiger Arbeit einer fortwährenden kritischen Kontrolle unterworfen werden. Selbst die »mystical parts of Kepler’s opinions« stehen seinen Entdeckungen nicht im Wege, sondern sind dem Prozess der »invention« und, wiederum, den »exertions« im Verfolgen und Ausarbeiten kreativer Vermutungen sogar förderlich. 35 Wodurch zeichnet sich das wissenschaftliche Genie bei Whewell aus? Ganz ähnlich wie Gerard betont auch Whewell, das Genie habe in besonderer Weise Andacht für das Kleine: »the genius of the discoverer appeared, as such genius usually does appear, in his perceiving how small a number of facts, rightly considered, were sufficient to form a foundation for the theory«. 36 Die Sensibilität für das theoretische Potential des Kleinen wird hier einen entscheidenden Schritt weitergedacht und zur wissenschaftstheoretischen Tugend begründungstheoretischer Effizienz und Eleganz umgeformt. Whewells Diskussion der Leistungen Newtons und dessen Charakters bleibt beWhewell 1857, Bd. 1, 318. – Whewell 1847, 267 f., zitiert ausführlich Schellings Beschreibung von Keplers »godlike genius« in Schellings Vorlesungen über die Methode des akademischen Studium; er bezeichnet auch Kant als »genius«, genauer als »metaphysical genius« (Whewell 1847, 172). 33 Whewell 1857, Bd. 1, 318. 34 Whewell 1857, Bd. 1. 317. 35 Whewell 1857, Bd. 1, 319 f. 36 Diese Passage bezieht sich auf Hipparchus; Whewell 1857, Bd. 1, 134. 32

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merkenswert in ihrem Konflikt mit typischen Erwartungen, die aus einem ›romantisch‹ – hier bewusst in Anführungszeichen zu setzen – oder heroisch angesetzten Geniebegriff folgen. Newton ist, ähnlich wie Kepler, für Whewell ein »thinker«, ein großer Denker, der kreative Hypothesen verbindet mit einschränkenden, präzisierenden und logisch fortschließenden Fragehaltungen: Er verbindet die kreative, neue Ideen oder Hypothesen produzierende Attitüde des Ratens, »guess«, mit der Offenheit, die sich in der unvoreingenommenen Frage nach einem »why not« ausspricht und denkt dann diese im Raten gewonnene Eröffnung konsequent weiter, indem er fragt »if so, what then?« 37 Insbesondere betont Whewell, dass Newton durch seine Berechnungen brilliert habe; Whewell kombiniert durchweg Newtons Vermögen zur Erfindung mit seinen Leistungen als Mathematiker und Rechner. 38 Er bewundert hierbei seine Berechnungen von Störungen astronomischer Bahnumläufe mit sehr beschränkten und darum komplexen mathematischen Mitteln, die bis in Whewells eigene Zeit noch nicht eingeholt seien. 39 Noch bei Whewell findet man also gerade keinen heroischen Geniekult, der uneingeschränkt die Kühnheit bahnbrechender neuer Gedanken feiert; das Bild von Newtons Genialität ist bei Whewell immer wieder verbunden mit der kontrollierten Mühsal des Rechnens, das Genie Newtons ist ein gezähmtes Genie. Diese Rekonstruktion kann man direkt auf Kepler beziehen, 40 sicher einen der größten und hartnäckigsten Rechner aller Zeiten. Im vierten Buch seiner Epitome astronomiae Copernicanae beispielsweise gibt er selbst an, er sei in seiner Astronomia nova im »Dickicht der Zahlen [spineta numerorum]« untergetaucht; 41 die HartnäckigWhewell 1857, Bd. 2, 122. Vgl. auch Daston/Galison 2007, 230–232, 238, zur Verbindung von kreativer Wissenschaftlichkeit und harter Arbeit (und im philosophischen Kontext ist hier natürlich auch Hegels ›Arbeit des Begriffs‹ einschlägig). Der Topos der Verbindung von Ingenium und harter Arbeit ist bereits alt; vgl. z. B. Cicero, In Verrem 2, L. IV, c. 58: »Archimedem illum, summo ingenio hominem ac disciplina«. 39 Vgl. Whewell 1857, Bd. 2, 129. 40 Allerdings: Whewell 1857, Bd. 1, 319, spricht Kepler das Talent des großen Rechners ab (»he was not even a good arithmetical calculator« – sicher eine kontroverse Einschätzung), wobei dies jedoch durch »his courage and perseverance in undertaking and executing such tasks« mehr als kompensiert werde: Die Hartnäckigkeit im Rechnen überkompensiert für fehlende mathematische Kreativität oder Präzision. Auch hier bleibt Whewell dem Diskurs eines zähmend kontrollierten Genies verhaftet. 41 Kepler 1618, 251. 37 38

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keit seines Ringens mit seinen Problemen umschreibt Kepler selbst immer wieder in der Metapher militärischer Belagerung (damit gegen Gerards anti-metaphorisches Verdikt verstoßend), also mit einem klassischen Bild für Hartnäckigkeit ohne große Bewegung. 42 Allerdings bezieht Kepler im fünften Buch der Weltharmonik auch den traditionellsten und emphatischsten Genie-topos auf sich selbst: »nihil me retinet, lubet indulgere sacro furori [nichts hält mich zurück, mich entweder einer heiligen Raserei hinzugeben, oder […]]« 43 – Kepler kombiniert in seiner Selbstrepräsentation die beiden genietheoretischen Topoi der Hartnäckigkeit auf der einen Seite und, auf der anderen Seite, des genialen Überwindens etablierter Rationalitätsstandards.

3. Schelling und Kepler: Geniale Wissenschaft und garantierte Offenheit Alle Ingredienzen sind versammelt, um nun Schellings Beiträge zum Geniebegriff und seine Darstellung Keplers zu Wort kommen zu lassen: Er ist fasziniert von Kepler, nicht zuletzt von dessen poetischem Schreibstil (AA I,5, 193 – hier wird Kepler als »dieser schöpfrische Geist« bezeichnet, der »in poetischen Bildern« spreche); auch für Schelling ist Wissenschaft kein geordneter, eindeutig gerichteter Fortschrittsgang; die Neuerungen von Kants Critik der Urtheilskraft sind grundlegend für seinen Systembegriff; und Schelling selbst wird einer der zentralen Autoren im romantischen Geniediskurs, etwa durch die tragende philosophische Rolle, die dem (künstlerischen) Genie im Schlusskapitel seines Systems des transscendentalen Idealismus von 1800 zugeschrieben wird. 44 Wie eng diese Linien verflochDie Kriegsmetaphorik findet sich in unterschiedlicher Akzentuierung in Keplers Werk; vgl. z. B. Kepler 1609, 322 f. u. 345, zu seinem Kampf mit den Umlaufbahnen des Mars (Mars als Kriegsgott gibt der militärischen Metaphorik noch zusätzliche Motivation); Kepler 1619, 302. 43 Kepler 1619, 290. – In der Astronomia Nova (Kepler 1609, 346: »quasi e somno expergefactus, et novam lucem intuitus«, in der Übersetzung (Kepler 2005, 460): »als würde ich aus den [sic] Schlaf geweckt und sähe ein neues Licht«) beschreibt Kepler eine Erleuchtungserfahrung und bedient sich damit eines ähnlichen begrifflichen Genres. 44 Vgl. auch SW X, 119, zum »Genius der Religion« und »Genius der Philosophie«, sowie Ziche 2009, zu Schellings pädagogischen Überlegungen im Kontext des Geniebegriffs. 42

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ten sind, zeigt sich, wenn Schelling nicht nur für Kepler ohne Einschränkung das positive Attribut des Genies in Anspruch nimmt, sondern auch, wenn er Kant als einen Instinktphilosophen beschreibt, der in seinem eigenen Philosophieren nicht im Modus des überall rational kontrollierten Denkens fortschreiten könne und dies durch seine Philosophie auch nicht den zukünftigen Generationen von Philosophen vorschreibe. 45 Schelling gibt Kepler eine zentrale Rolle als emblematische Figur, anhand derer er Grundzüge seiner Naturphilosophie (insbesondere in der identitätsphilosophischen Phase seines Philosophierens) pointierend darstellen kann. Drei begriffliche und methodologische Argumente sind hierbei zentral: 46 1. Naturforschung als deskriptives Erschließen der Natur: Was ist das Problem, das eine astronomische Theorie zu lösen hat? Astronomie möchte den »Umlauf« der Planeten (zum Begriff »Umlauf« z. B. AA I,11,1, 391 u. ö.) innerhalb eines Planetensystems erfassen, wobei Schelling betont, dass Newtons Gravitationsgesetz und die daraus abgeleiteten Bewegungsgleichungen dies gerade nicht leisten. Zum einen gebrauche Newton sachfremde Begrifflichkeiten; Keplers Gesetze, insbesondere sein drittes Gesetz (T2/R3 = const.), verwenden hingegen nur diejenigen Größen, die in der Beschreibung des Umlaufs letztlich interessieren, die Umlaufszeiten und die grundlegenden Bahngrößen, während Newton neue Begriffe einführe (insbesondere den der Gravitation) und die Raum-Zeit-Größen in selbst nicht real bestehende infinitesimale Elemente zerlege. Zum anderen erkläre Newton unser Planetensystem als einen Fall unter einem strikt allgemeinen Gesetz, verliere damit aber die Spezifität der Ausgangsfrage, die sich auf ein bestimmtes Planetensystem gerichtet hatte. Anders formuliert: Newton verändert die Ausgangsfrage; er möchte nicht das Universum erklären, wie es ist (konkret: unser Planetensystem, mit genau diesen Planeten); seine Theorie tritt hinter dieses Universum zurück. 47 Schelling, umgekehrt, möchte dieses Universum Vgl. Ziche 2022. Vgl. die ausführliche Darstellung in Ziche/Rezvykh 2013. – Durchgehend ist hierzu auch Hegels Dissertatio heranzuziehen, mit der hierzu relevanten Literatur. 47 Diese Argumentation kann auch motivieren, warum Kants genetische Theorie der Entstehung von Planetensystemen in seiner Allgemeinen Naturgeschichte und Theorie des Himmels so bedeutsam werden konnte: Kants Nebelhypothese kann Fakten über das Planetensystem erklären, die aus Newtons Gravitationsgesetz nicht abge45 46

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beschreiben, wie es tatsächlich ist. Newtons Theorie ist aus seiner Sicht zu unspezifisch; sie ist einerseits zu groß, da zu allgemein, andererseits zu klein, da sie im Konkreten vieles offenlässt. 2. Schelling bietet einen Methodenbegriff an, der diesen Schwierigkeiten Rechnung tragen soll: den Begriff der Konstruktion, verstanden als Eintragen in einen Raum, der alle diese Konstruktionen ermöglicht. Die Geometrie liefert das Stichwort: Alle geometrischen Figuren können in den geometrischen Raum eingetragen, in ihm verschoben, in Beziehung gebracht werden. 48 3. Schelling erklärt sich gegen ein deduktives Ableiten als Methodenparadigma für die Philosophie: Grundlegend für alle geometrische Konstruktionen ist der überall verfügbare geometrische Raum, aber hieraus allein können die geometrischen Lehrsätze nicht abgeleitet werden; der Raum ermöglicht alle Konstruktionen, schreibt aber nicht vor, welche Konstruktionen man auszuführen habe oder welche konstruktiven Schritte in welcher Reihenfolge ausgeführt werden sollen. Dies legt direkt einen weiteren Methodenbegriff nahe, der einerseits aus dem gerade zu Schellings Konstruktionsbegriff Angedeuteten folgt, aber auch bereits grundlegend ist für Schellings Analyse von Kant als Trieb- oder Instinktphilosoph – Kant selbst kann seine Innovationen nicht kontrollieren, nicht bewusst und gezielt hervorbringen, aber auch nicht festlegen, wie spätere Generationen damit umzugehen haben; der Raum der Konstruktionen bietet den umfassenden Horizont, in den alle einzelnen geometrischen Aktionen eingebettet werden können und müssen: Schelling bietet hier die hermeneutische Offenheit des Interpretierens ihrerseits als methodologisches Interpretament der Offenheit des genialen Entdeckens in den Wissenschaften an. Schellings einflussreiche Diskussion des Geniebegriffs im Schlusskapitel seines Systems des transscendentalen Idealismus verbindet bereits viele dieser Motive. Bereits in einer früheren Passage in diesem Text nimmt Schelling den Geniebegriff für ein »Genie zu Künsten, oder Wissenschaften«, aber auch zu »Handlungen« in Anspruch (AA I,9,1, 247). Im Schlusskapitel, den »Hauptsätze[n] der Philoleitet werden können (insbesondere: dass alle Planeten im selben Umlaufsinn um die Sonne rotieren und dass alle Planetenbahnen in guter Näherung in einer Ebene liegen). 48 Vgl. Ziche 2011.

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sophie der Kunst« gewidmet, die zugleich das »allgemeine[…] Organ […] der Philosophie« abgeben (AA I,9,1, 312), übernimmt Schelling zunächst die Kantischen Einschränkungen hinsichtlich der Anwendbarkeit des Geniebegriffs in den Wissenschaften (vgl. AA I,9,1, 323 f.). 49 Zugleich aber umschreibt Schelling den Künstler in einer Weise, die unmittelbar, in derselben Formulierung, auch auf den genialen Wissenschaftler anwendbar ist: Schelling zufolge hat im Künstler »jenes unveränderlich Identische, auf welches alles Daseyn aufgetragen ist, seine Hülle, mit der es sich in andern umgiebt, abgelegt« (AA I,9,1, 317). Wenn Schelling später Kepler uneingeschränkt als Genie bezeichnet, behandelt er Wissenschaftler und Künstler im gleichen begrifflichen Rahmen. 50 In diesem sehr dichten Zitat greift Schelling die klassische Metaphorik des Enthüllens der Wahrheit auf (in der Begrifflichkeit der oben angeführten Genie-Diskurse: der Penetration durch die äußere Hülle der Natur hindurch), aber was enthüllt wird, sind nicht individuelle Wahrheiten oder Einsichten, sondern ein umfassendes Niveau, in einer neuen Metapher: ein gemeinsamer Malgrund, der alle Details aufnimmt und der hier bereits in Begriffen einer absoluten Identität umschrieben wird. Schelling lässt hiermit zugleich das Bild der Hülle, ebenso wie das der Penetration, hinter sich. Zugleich, und das garantiert die Anwendbarkeit dieser Passage auf den Naturwissenschaftler, stimmt diese Passage genau überein mit seinen Überlegungen zum Konstruktionsbegriff: Was diesen Grund schwer zugänglich macht,

Neuerungen in den Wissenschaften, so Schelling, können, müssen aber nicht durch Genie hervorgebracht werden. Kriterien (Schelling verwendet den wiederum offen angelegten Begriff »Vermuthungsgründe«) für eine geniale Entdeckung sieht Schelling in einer organisch-holistischen Zugangsweise, in der »die Idee des Ganzen den einzelnen Theilen vorangegangen ist«, sowie – ein Grundgedanke der Hermeneutik – in einem Bedeutungsüberschuss, der sich zeigt, wenn eine Entdeckung in ihrer Reichweite und Bedeutung durch den Entdecker selbst nicht völlig überschaut werden kann (AA I,9,1, 324). 50 Weitere relevante Passagen bei Schelling: AA I,12,1, 279 f., zu Descartes und Lichtenberg als Genies; SW V, 217, zum Genie in den Wissenschaften, auch hier wieder mit starker Betonung der Fähigkeit des Genies, den Zusammenhang einzelner wissenschaftlicher Einsichten in einer systematischen Totalität zu sehen; SW V, 226, zum Begriff eines ›gründlichen Genies‹, das seine Gründlichkeit durch historisches Arbeiten erreiche. Zu Kepler vgl. SW VI, 245; SW V, 227. Einen kritischen Verweis auf den Geniebegriff in den Wissenschaften gibt Schelling in SW VII, 99 (»die, nachher entbehrliche, Gabe solcher Einfälle heißt Genie«). – Für die Definition des Genies im Kontext der Philosophie der Kunst vgl. SW V, 460 f. 49

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ist nicht, dass er so tief liegt, sondern ist gerade seine universelle Anwesenheit, in der alle Details auf gleiche Weise enthalten sind, ohne durch diese identische Gleichstellung an Informationskraft zu verlieren. Schelling fordert hiermit ein ausgesprochen ambitioniertes Programm für die Wissenschaft ein: Sichtbar zu machen, wie dieser universelle Grund überall auf informative Weise anwesend ist. Der Anschluss an die Genie-Debatten des 18. Jahrhunderts ist offenkundig. Auch dort, und noch bei Whewell, war festgestellt worden, dass das Genie des Wissenschaftlers sich darin manifestiere, mit möglichst wenigen Begriffen möglichst viel zu sagen, möglichst viele Phänomene auf informative Weise zu beschreiben. Allerdings ändert sich das Modell für diese vereinfachend-vereinigende Leistung des Naturwissenschaftlers: Schelling legt nicht das Modell einer Theorie zugrunde, in der viele Phänomene als Fälle derselben allgemeinen Gesetze oder derselben allgemeinen Begriffe aufgewiesen und (deduktiv, reduzierend) aus diesen abgeleitet werden können. Die Allgemeinheit des umfassenden, identischen Grundes unterstützt gerade keine gerichteten Ableitungen. Hiermit handelt Schelling sich eine erneute Schwierigkeit ein, die im Kreativitätsimperativ oder -dispositiv 51 des Geniebegriffs bereits aufgehoben schien: Wie kann man als Wissenschaftler Neues entdecken oder erfinden, wenn überall ein identisch Selbes nachzuweisen ist? Die doppelte Forderung, den Grund einerseits überall und andererseits überall auf informative Weise geltend zu machen, ist ebenso kennzeichnend für Schellings Philosophie wie für eine fortschrittsoptimistische, dem Genie Raum bietende Auffassung von Wissenschaft. Typische Formulierungen Schellings, insbesondere im Kontext seiner Identitätsphilosophie, fassen diese Aufgabe in immer neuer Akzentuierung: Es gibt ein Absolutes, aber dieses Absolute ist nicht einfach da, es ist nicht ein überall egalitär aufzuweisender Referenzpunkt, sondern muss verstanden werden als eine aktive Instanz, die überall in gleicher Weise (aktiv) das Verschiedene ist; oder: Der überall einzufordernde Verweis auf ein umfassendes Absolutes muss eine informative Tautologie sein. Ebenso bedeutsam ist Schellings Bezugnahme auf Themen der Realismusdebatte seiner Zeit: Sowohl eine völlige Neuschöpfung der Realität aus dem menschlichen Geist als auch ein wirklich vollständiges Durchdringen der Natur sind

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Vgl. hierzu Reckwitz 2012.

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aus dieser Sicht problematisch, aus religiösen, metaphysischen und moralischen Gründen. 52 In der Geometrie garantiert die überall verfügbare Struktur des Raumes, dass bestimmte Operationen überall durchgeführt werden können (Linien ziehen, Kreise zeichnen, …): Die große Kunst des Geometers besteht dann darin, das Minimum an Struktur festzulegen, das es erlaubt, die ganze Geometrie zu rekonstruieren (bei Euklid geschieht das in den Definitionen, Axiomen und Postulaten seiner Elemente). Schelling übernimmt dieses Programm nur teilweise: Die Offenheit einer Struktur, die überall und in jedem Moment alle für die wissenschaftlichen Praktiken relevanten Handlungen auszuführen gestattet, liegt seinem Konstruktionsbegriff zugrunde; allerdings lehnt er den Einfachheitsimperativ ab. Vielmehr konzipiert er ein Wissenschaftsbild, das – genau wie im vorigen Satz bereits angedeutet – implizit definiert: Die wissenschaftsrelevanten Handlungen werden nicht aufgelistet, sondern nur als überall möglich angesetzt. Mit einer solchen Struktur verbindet er größtmögliche Offenheit mit maximalem methodologischem Anspruch. Wiederum umformuliert: Schelling muss eine Ebene suchen, auf der man Beschreibungen liefern kann, ohne auf ein vorgegebenes Objekt zu zielen, dem sich ein beschreibender Zugriff immer mehr anzunähern hat. Oder: Er muss eine Garantie dafür bieten können, dass wir überall unendlich weiter forschen können. Wo bei Kant das Kunstwerk ex post ein Muster für eine (offene) Zukunft werden kann, möchte Schelling vorab eine als einhaltbar einzusehende Garantie geben, dass unendliche Forschung möglich ist. Das impliziert, dass eine perfekte Abbildung der Natur nicht mehr leitendes Ideal der Wissenschaft sein kann. Wieder ist die Nähe zur Kunst interessant. Kunst hat sich in der Moderne vom Ideal der Nachahmung der Natur verabschiedet. Interessanterweise kann man genau diesen Gedanken mit Gewinn auch verwenden, um die Wissenschaft, mit ihrem intrinsischen Innovationsmoment, zu charakterisieren. Auch eine wissenschaftliche Abbildung der Natur kann nicht mehr die adäquate Wiedergabe eines Vorgegebenen, Feststehenden sein. Aber was kann ›Abbildung‹ dann noch heißen? 53 Zwei Denkrichtungen bieten sich

Zum realistischen Diskurs vgl. Giesbers 2017 u. 2020; Ziche 2015 u. 2021. Zu Verbindungen zwischen Konstruktions- und Darstellungsbegriff vgl. Schubbach 2017.

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an. Zum einen ist Schellings Konstruktionsbegriff selbst im Rahmen der Grundstrukturen anschaulicher Darstellung entwickelt, allerdings verschiebt sich der Akzent vom Inhalt des Darstellens zum (umfassenden, überall vorauszusetzenden) Medium der Darstellung. 54 Ein ähnlicher Schritt weg vom konkreten Inhalt findet sich auch in den von Schelling und Hegel kritisierten Abstraktionen Newtons. Newton versucht nicht mehr, die Anzahl der Planeten in einem bestimmten Planetensystem und die genauen Abstände der Planeten vom Zentralgestirn abzuleiten. Astronomische Gesetze in der Newtonschen Form sind dann nicht mehr aufzufassen als Beschreibungen eines konkreten Sachverhaltes. Hierin liegt eine Möglichkeit, Newtons Gravitationsgesetz 55 dann doch, entgegen der Kritik Hegels und Schellings an einer Newtonschen Form von Astronomie, mit Schellings Überlegungen zur offen-kreativen und zugleich epistemisch verantworteten Wissenschaftspraxis zu verbinden. Dies wird besonders deutlich, wenn man betrachtet, wie die Naturwissenschaft selbst mit diesen Gesetzen umgeht: Die Naturwissenschaft ist nicht in erster Linie daran interessiert, aus bereits bekannten Gesetzen weitere Fakten abzuleiten, sondern will diese Gesetze mit anderen Gesetzen in Beziehung bringen, neue Gesetze finden, neue Begründungsformen ermitteln. Die Parallele mit Schellings Konstruktionsbegriff ist augenfällig; Schelling fordert in diesem Begriff eine unendliche Beziehbarkeit unserer Bemühungen, die Natur zu erfassen – hierin ist uneingeschränkter Fortschritt möglich, ohne dass dieser als Annäherung an ein festes Ziel aufzufassen wäre. Auch die Parallele zur Kunst bietet sich erneut an; wie wiederum Kant betont hat, leitet sich unser ästhetisches Vergnügen wesentlich aus der Unausschöpfbarkeit unseres Umgangs mit als ästhetisch erfahrenen Objekten ab. Grundgedanken der Hermeneutik finden sich auch hier wieder.

Vgl. wieder Ziche 2011. Schellings eigene Behandlung des Phänomens und der Gesetzlichkeit der ›Schwere‹ in seiner Naturphilosophie, vor allem nach 1801, und in anderen Texten dieser Zeit, wäre unter diesen Begrifflichkeiten weiter zu untersuchen.

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4. Offenheit ohne Beliebigkeit: Genie in den Naturwissenschaften und die wissenschaftsphilosophische Bedeutung von Offenheit Der Geniediskurs erbt aus dem 18. Jahrhundert das Problem, Kreativität und Verbindlichkeit zu verbinden. In der direkten nach-Kantischen Debatte verdichtet sich die Diskussionslage in dramatischer Weise. Der gut etablierte Bereich der Kunst und der sich erst – wesentlich durch Zutun Kants – begrifflich konstituierende Bereich der kollektivsingular adressierten (Natur-)Wissenschaft treten im Geniebegriff zunächst zusammen, werden dann deutlich voneinander getrennt, bis ein radikalisierter Geniebegriff, der die Notwendigkeit der einschränkenden Kontrolle des Genies aufgibt, das Ideal von Offenheit und gleichzeitiger Verbindlichkeit sowohl in Kunst als auch in Wissenschaft installiert. Schelling entwickelt, innerhalb des größeren Kontextes der nach-Kantischen Debatte, unter anderem durch die Auseinandersetzung mit Kepler ein Wissenschaftsbild, das einen Kreativitätsimperativ (und damit die Möglichkeit genialer Einsichten) implementiert, zugleich aber eine entspannte wissenschaftliche Haltung ermöglicht in dem Sinne, dass die Unendlichkeit des noch nicht Erforschten nicht bedrohlich wirkt. Dennoch: Schelling ist nicht einfach ein Paul Feyerabend avant la lettre – auch Feyerabend plädiert für einen entspannten und vergnüglichen Umgang des Forschers mit der Natur, auch er fordert größtmögliche Offenheit; 56 aber Schelling bettet diese Forderungen nochmals ein in eine ultimativ ambitionierte Form von Philosophie. In der Oszillation zwischen umfassender Offenheit, Ungebundenheit, letztbegründetem Wissen, und systematischem Wissenschaftsanspruch entwickelt Schelling – im Geniebegriff festgelegt – Denkmittel, die im heutigen Wissenschaftsbegriff selbstverständlich geworden sind.

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Vgl. z. B. Feyerabend 1986, 17: »[D]ie Welt, die wir erforschen möchten, ist etwas weitgehend Unbekanntes. Daher müssen wir uns offenhalten, dürfen uns nicht im voraus beschränken«.

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III. Berichte

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Zur Aktualität der Naturphilosophie um 1800 Lebensähnliche Technologien und die philosophische Frage nach dem Natur-Technik-Verhältnis Philipp Höfele (Berlin/Penn State), Oliver Müller (Freiburg) und Lore Hühn (Freiburg)*

Die Gegenwart wird zunehmend durch Begriffe wie ›Anthropozän‹ und ›Technosphäre‹ charakterisiert, da der Mensch und die von ihm hervorgebrachten Technologien die gesamte Biosphäre unseres Planeten dominieren. Dabei bilden diese nicht nur eine der Biosphäre ebenbürtige menschengemachte, technische ›Sphäre‹, sondern durchdringen die belebte wie unbelebte Natur sogar in unwiderruflicher und häufig schädlicher Weise, wie etwa weltweit in den Erdschichten anhand von künstlichen Radionukliden nachgewiesen werden kann, die seit den 1950er Jahren durch Atombombentests global verbreitet wurden. 1 Gleichzeitig werden immer mehr technische Artefakte produziert, die die traditionellen Gegensätze zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen verschieben oder gar verwischen. So lenkt beispielsweise der von Nicole Karafyllis geprägte Begriff der ›Biofakte‹ die Aufmerksamkeit gerade auf Phänomene, bei denen die Grenze zwischen dem Natürlichen und dem Künstlichen nicht mehr klar erkennbar ist. 2 Darüber hinaus wirft die Orientierung an den Strategien und Funktionen natürlicher Organismen in der Forschungsdisziplin der Bionik oder Biomimetik, insbesondere bei der Entwicklung von ›lebenden‹ oder genauer ›lebensähnlichen Materialsystemen‹, die Frage nach der Unterscheidung zwischen natürlichen und künstlichen Entitäten und Eigenschaften auf. Angesichts dieser sich aufdrängenden Fragwürdigkeit der klassischen Unterscheidung zwischen Künstlichem und Natürlichem in der * Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder – EXC-2193/1 – 390951807 sowie durch das PRIME-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). 1 Vgl. insbes. Crutzen/Stoermer 2000; Crutzen 2000; Steffen u. a. 2016; Zalasiewicz u. a. 2017. 2 Vgl. Karafyllis 2003.

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Philipp Höfele, Oliver Müller, Lore Hühn

Gegenwart hat sich das philosophisch-ethische Projekt der Area D des Exzellenzclusters »Living, Adaptive and Energy-autonomous Materials Systems (livMatS)« 3 zur Aufgabe gesetzt, das Verhältnis von Natur und Technik in der Gegenwart nochmals neu in Blick zu nehmen. 4 Dazu gilt es zunächst, auf die Geschichte der Naturphilosophie zurückzugehen, insbesondere auf die naturphilosophischen Traditionen um 1800, die auch mit der Etablierung der Lebenswissenschaften einhergehen (I). 5 Erst auf Basis dieses historischen Rückgangs lässt sich in einem zweiten Schritt eine Bewertung aktueller Entwicklungen in der Technikphilosophie (II) sowie insbesondere eine ontologische wie ethische Evaluierung der in livMatS entwickelten bioinspirierten Materialsysteme vornehmen und bestimmen, inwiefern diese auf das traditionelle Natur-Technik-Verhältnis und die klassische Bestimmung der Natur Rückwirkungen zeitigen (III). Schließlich kann erst vor diesem Hintergrund in angemessener Weise nach den ethischen Konsequenzen und sogar Chancen dieser Entwicklungen gefragt werden (IV). (I) Das Projekt beleuchtet denn auch zunächst die meist vernachlässigte oder gar verdrängte Vorgeschichte des Begriffs ›Natur‹ um 1800 im Verhältnis zu den mit diesem einhergehenden naturphilosophischen Grundbegriffen wie ›Leben‹, ›Materie‹, ›System‹, ›Organismus‹ und ›Autonomie‹. 6 Im Gegensatz zu den bioinspirierten Materialsystemen, auf die livMatS abzielt, werden die Technik und technische Artefakte in den aktuellen philosophischen Debatten meist in striktem Gegensatz zur Natur und natürlichen Produkten gesehen. Die Verwendung des Begriffs ›Technik‹ um 1800 – man denke nur an Kants Redeweise von einer ›Technik der Natur‹ in seiner dritten Critik 7 – zeigt jedoch, dass die Konzepte von Technik und des Technischen zunächst nicht ausschließlich in scharfem Gegensatz zur Natur und dem Natürlichen verstanden wurden. Auch der von Hegel beeinflusste Technikphilosoph Ernst Kapp beschreibt in diesem Sinne noch 1877 technische Produkte als ›Organprojektionen‹ des menschlichen Körpers. 8 In dem Projekt der livMatS-Area D werden diese Vgl. die Homepage: https://www.livmats.uni-freiburg.de/de/research/researcharea-d 4 Vgl. auch die Projektbeschreibung Höfele/Hühn/Müller 2019. 5 Vgl. Steigerwald 2019. 6 Vgl. Breidbach/Ziche 2001; Höfele 2020; Höfele/Hühn 2021. 7 Vgl. dazu Santozki 2005. 8 Vgl. Kapp 1877. Vgl. zu Kant und Kapp auch Müller 2014, 51–58. 3

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Zur Aktualität der Naturphilosophie um 1800

Traditionen mithin einer grundlegenden Neuevaluation unterzogen – und dies im Blick auf die Frage, ob sie dazu beitragen können, ein grundlegendes Ziel von livMatS philosophisch zu beschreiben und ethisch zu bewerten, nämlich die Übertragung von Eigenschaften natürlicher Entitäten auf technische Artefakte. (II) Darauf aufbauend werden die im ersten Schritt gewonnenen Erkenntnisse mit aktuellen Konzepten der Technikphilosophie konfrontiert. 9 Es gilt danach zu fragen, inwiefern diese zu einem angemessenen Verständnis der von livMatS zu entwickelnden lebensähnlichen Materialsystemen beitragen. Das Desiderat, dass viele aktuelle technikphilosophische Ansätze naturphilosophische und naturethische Konzepte außen vor lassen, soll anhand der Integration von naturphilosophischen Ansätzen, wie sie um 1800 entwickelt wurden, kompensiert werden. Dies soll dabei helfen, die spezifisch dynamische Materialität und den Akteur-Status lebensähnlicher Materialsysteme besser zu verstehen und adäquater beschreiben zu können. Zugleich bietet die Naturphilosophie um 1800 und insbesondere diejenige F. W. J. Schellings organologische, ganzheitliche Modelle an, die aktuelle Probleme der Beziehung von Teil und Ganzem sowie der Interaktion offener Systeme berühren und dichotome Positionen zu überwinden helfen. 10 Die Naturphilosophen um 1800 wenden sich des Weiteren angesichts der Entdeckung der Geschichtlichkeit der Natur gegen einen statischen Substanz- und Naturbegriff und arbeiten damit einem Konzept vor, das gerade auch für lebensähnliche technische Materialien und Systeme mit dynamischen Eigenschaften als grundlegend anzusehen ist. 11 (III) Erst vor diesem Hintergrund vermag das Projekt in einem zentralen Schritt eine philosophische Analyse der bioinspirierten Materialsysteme von livMatS vorzunehmen, die in Form von Demonstratoren in dem Exzellenzcluster erstmals entwickelt werden. Ziel ist die Klärung der konzeptionellen Grundlagen im Hinblick auf eine gemeinsame Basis des gesamten livMatS-Exzellenzclusters sowie eine umfassende, multiperspektivische Bewertung der Demonstratoren hinsichtlich ihrer Funktionalität, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Akzeptanz. Die Eigenschaften und Funktionen bioinspirierter Materialsysteme werden – so die dem Area D-Projekt zuVgl. z. B. Ihde 1979; Verbeek 2005; Coeckelbergh 2015. Vgl. Seibt 2003; Campbell/Bickhard 2010. 11 Vgl. Höfele 2021. 9

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Philipp Höfele, Oliver Müller, Lore Hühn

grundeliegende Annahme – nicht nur die Wahrnehmung der Grenzen zwischen Natur und Technik verändern, sondern auch das Verhältnis der Gesellschaft zur Technik beeinflussen, da sich lebensähnliche technische Systeme auf neuartige Weise an die natürliche und gesellschaftliche Umwelt anpassen werden und gleichsam zum natürlichen Teil dieser ›Milieus‹ 12 avancieren. Ziel ist die Einordnung der von livMatS zu entwickelnden Materialsysteme in den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs um das ›Anthropozän‹ als gegenwärtige erdgeschichtliche Epoche, in der der Mensch und sein (technisches) Tun zu dominierenden Faktoren und integralen, in allem ihre Spuren hinterlassenden Bestandteilen des Erdsystems werden. 13 (IV) Die lebensähnlichen Materialsysteme sollen dabei nicht nur insofern als Beispiele für das ›Anthropozän‹ verstanden werden, als sie für die biomorphe Natur der Technik stehen. Vielmehr sind die Materialsysteme auch als ›Akteure‹ innerhalb des ›Anthropozäns‹ zu verstehen, insofern sie bereits eine ›Reaktion‹ auf das ›Anthropozän‹ darstellen und damit Antworten auf (umwelt-)ethische Probleme der Gegenwart bereitzustellen vermögen. Im Licht der von livMatS initiierten Forschung sind Modelle zu bevorzugen, die eine Neuorientierung des Zusammenspiels von Natur und Technik fördern. Die Natur sollte nicht nur als etwas gesehen werden, das durch die Technik überwunden werden muss. Vielmehr sollte die Technik auch als Chance für Nachhaltigkeit und den Erhalt der Natur verstanden werden. In dieser Weise würden die neuartigen bioinspirierten Technologien auch wieder ein Mensch-Natur-Verhältnis reaktualisieren, wie es bereits in den Debatten um 1800 insbesondere von F. W. J. Schelling gefordert wurde. 14

Bibliographie Breidbach, Olaf/Ziche, Paul (Hg.) 2001: Naturwissenschaften um 1800. Wissenschaftskultur in Jena – Weimar. Weimar. Weimar. Campbell, Richard, J./Bickhard, Mark H. 2010: »Physicalism, Emergence and Downward Causation«. In: Axiomathes 21, 33–56. Canguilhem, Georges 1952: La connaissance de la vie. Paris. Zum Begriff des ›Milieu‹ vgl. Canguilhem 1952, 160–193 sowie, in Bezug auf technische Objekte, Simondon 1989. 13 Vgl. Steffen u. a. 2011; Lewis/Maslin 2015; von Weizsäcker/Wijkman 2018. 14 Vgl. Hühn 1994. 12

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Zur Aktualität der Naturphilosophie um 1800 Coeckelbergh, Mark 2017: New Romantic Cyborgs. Romanticism, Information Technology, and the End of the Machine. Cambridge/London. Crutzen, Paul J./Stoermer, E. F. 2000: »The ›Anthropocene‹«. In: Global Change Newsletter 41, 17 f. Crutzen, Paul J. 2002: »Geology of mankind«. In: Nature 415, 23. Höfele, Philipp/Müller, Oliver/Hühn, Lore 2019: »livMatS as part of and reaction to the Anthropocene: Ethical and philosophical implications of living materials systems«. In: Report 2019 FIT Freiburg Center for Interactive Materials and Bioinspired Technologies, 64–66. http://www.fit.uni-freiburg.de/ Dateien/FIT%20Report%202019 Höfele, Philipp 2020: »The Changed Role of Anthropology in the Anthropocene«. In: Le tecnologie ›morali‹ emergenti e le sfide etico-giuridiche delle nuove soggettività. Emerging ›moral‹ technologies and the ethical-legal challenges of new subjectivities, hg. v. Silvia Salardi/Michele Saporiti. Turin, 125–144. – 2021: »Schelling – Goethe – Schopenhauer: Zur holistischen Betrachtung der Natur in der ›Sattelzeit‹ um 1800«. In: Höfele/Hühn 2021, 163–195. Höfele, Philipp/Hühn, Lore (Hg.) 2021: Schopenhauer liest Schelling. Freiheitsund Naturphilosophie im Ausgang der klassischen deutschen Philosophie. Mit einer Edition von Schopenhauers handschriftlichen Kommentaren zu Schellings ›Freiheitsschrift‹. Stuttgart-Bad Cannstatt (Lektüren F. W. J. Schellings II; Schellingiana 23). Hühn, Lore 1994: »Die Idee der Neuen Mythologie. Schellings Weg einer naturphilosophischen Fundierung«. In: Evolution des Geistes: Jena um 1800. Natur und Kunst, Philosophie und Wissenschaft im Spannungsfeld der Geschichte, hg. v. Friedrich Strack. Stuttgart, 393–411. Ihde, Don 1979: Technics and Praxis. Dordrecht/Boston/London. Kapp, Ernst 1877: Grundlinien einer Philosophie der Technik. Zur Entstehungsgeschichte der Cultur aus neuen Gesichtspunkten. Braunschweig. Karafyllis, Nicole C. (Hg.) 2003: Biofakte. Versuch über den Menschen zwischen Artefakt und Lebewesen. Paderborn. Lewis, Simon L./Maslin, Mark A. 2015: »Defining the Anthropocene«. In: Nature 519, 171–180. Müller, Oliver 2014: Selbst, Welt und Technik. Eine anthropologische, geistesgeschichtliche und ethische Untersuchung. Berlin/New York. Santozki, Ulrike 2005: »Kants ›Technik der Natur‹ in der Kritik der Urteilskraft. Eine Studie zur Herkunft und Bedeutung einer Wortverbindung«. In: Archiv für Begriffsgeschichte 47, 89–121. Seibt, Johanna (Hg.) 2003: Process Theories: Crossdisciplinary Studies in Dynamic Categories. Dordrecht. Simondon, Gilbert 1989: Du mode d’existence des objets techniques. Paris. Steffen, Will u. a. 2011: »The Anthropocene: conceptual and historical perspectives«. In: Philosophical Transactions of the Royal Society 369 (Series A), 842– 867. Steffen, Will u. a. 2016: »Stratigraphic and earth system approaches to defining the Anthropocene«. In: Earth’s Future 4, 324–345. Steigerwald, Joan 2019: Experimenting at the boundaries of life. Organic vitality in Germany around 1800. Pittsburgh.

205 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Philipp Höfele, Oliver Müller, Lore Hühn Verbeek, Peter-Paul 2005: What Things Do: Philosophical Reflections on Technology, Agency, and Design. University Park, PA. von Weizsäcker, Ernst Ulrich/Wijkman, Anders 2018: Come On! Capitalism, Short-termism, Population and the Destruction of the Planet. A Report to the Club of Rome, in cooperation with 34 more Members of the Club of Rome prepared for the Club of Rome’s 50th An-niversary in 2018. New York. Zalasiewicz, Jan u. a. 2017: »Scale and diversity of the physical technosphere: A geological perspective«. In: The Anthropocene Review 4, H. 1, 9–22.

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Zum Tode von István M. Fehér Wilhelm G. Jacobs (München)

István M. Fehér gehörte zu den Gründungsmitgliedern unserer Internationalen Schelling-Gesellschaft; seinerzeit, im Jahr 1986, forschte er als Gast der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München und nahm von dort her neben dem vor Jahren schon verstorbenen Francesco Moiso, der ebenfalls bei der Schelling-Kommission seine Forschungen vorantrieb, an der Gründungsversammlung unserer Gesellschaft in Leonberg teil. Beide machten sichtbar, dass die Schelling-Forschung eine internationale war und dass die Gesellschaft von Anfang an über die Grenzen Deutschlands hinaus wirken konnte und wollte. Fehér wurde 1950 in Ungarn geboren und studierte an der Eötvös Loránd Universität in Budapest. Ungarn war damals Teil des kommunistischen Ostblocks; die Verhältnisse charakterisierte Fehér später als ›Gulaschkommunismus‹ ; man trieb also offiziell unter der Fahne des Kommunismus ein relativ freies Philosophieren. So konnte Fehér im Jahr 1979 über Heidegger promovieren und damit sein Studium abschließen. Ebenfalls war es ihm möglich, sehr bald westliche Länder zu besuchen, wie eben auch Deutschland. 1992 wurde er ordentlicher Professor an der Eötvös-Universität in Budapest und ab 2002 lehrte er an der Andrassy-Universität ebendort. 2013 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Budapest gewählt. Hauptarbeitsgebiete waren für Fehér der Deutsche Idealismus und die Hermeneutik. Kein Wunder, dass er sich stets um Vermittlung zwischen der Philosophie in seinem Heimatland und dessen Ausland bemühte. Von Budapest aus entfaltete er eine reiche Tätigkeit, deren Liste und die seiner Veröffentlichungen Seiten füllen; dies kann hier nur erwähnt werden. Er war tätig in internationalen Gremien wie beispielsweise auch in unserer Gesellschaft, kurz, er bemühte sich um internationalen Anschluss für die ungarische Philosophie. So 207 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Wilhelm G. Jacobs

kam er auch, wie erwähnt, schon in jungen Jahren zur SchellingKommission und blieb ihr sowie unserer Gesellschaft, zu deren Beiratsmitglied er nach deren Gründung gewählt wurde, verbunden. Er hielt stets international Kontakte, nahm an Tagungen im Ausland teil und veranstaltete solche in seiner Heimat, so auch für unsere Gesellschaft, deren Tagung »Zeit und Freiheit. Schelling – Schopenhauer – Kierkegaard – Heidegger« er im Jahr 1997 organisierte. Die Tagungsunterlagen erschienen, herausgegeben von ihm und dem Verfasser dieses Nachrufs, in Budapest 1999. 1 Zuletzt nahm er an der Tagung unserer Gesellschaft ebenfalls in Budapest vom 19.–22. Juni 2014 mit dem Titel »Erzählende Philosophie und Mythologie. Narrative und geschichtsphilosophische Strategien zur Erschließung der Zeitlichkeit ausgehend von Schelling« teil. Zuvor im Jahr 2003 hatte er die Internationale Fachtagung »Philosophie und Gestalt der Europäischen Universität« in Budapest organisiert; deren Akten gab er unter dem genannten Titel zusammen mit Peter L. Oesterreich 2008 in unserer Reihe Schellingiana heraus. 2 Er steuerte selbst den Beitrag »Schelling und die Humboldt’sche Universitätsidee – im Kontext des Idealismus« bei, worin er die bleibende Bedeutung dieser Idee als eine der Freiheit hervorhob und Idee so deutete, dass sie der Zeit und damit dem Untergang enthoben ist – ein Aufruf, den Mut nicht sinken zu lassen, gerade für uns heute. István Fehér war in all seiner Tätigkeit ein Mensch, der sich bescheiden und zugleich durchaus entschieden hinter seine Sache stellte. Sein so typisch ungarischer Charme, seine Höflichkeit und seine Freundlichkeit bleiben denen, die ihn kannten, unvergessen. Am 17. Juni 2021 ist er in Budapest verstorben. Wir werden uns seiner dankbar erinnern.

Bibliographie Fehér, István M./Jacobs, Wilhelm G. (Hg.) 1999: Zeit und Freiheit. Schelling, Schopenhauer, Kierkegaard, Heidegger. Akten der Fachtagung der Internationalen Schelling-Gesellschaft, Budapest, 24. bis 27. April 1997. Budapest. Fehér, István M./Oesterreich, Peter L. (Hg.) 2008: Philosophie und Gestalt der europäischen Universität. Akten der internationalen Fachtagung, Budapest, vom 6.–9. November 2003. Stuttgart-Bad Cannstatt (Schellingiana 18). 1 2

Vgl. Fehér/Jacobs 1999. Vgl. Fehér/Oesterreich 2008.

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IV. Rezensionen

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Rezensionen

Philipp Höfele: Wollen und Lassen: Zur Ausdifferenzierung, Kritik und Rezeption des Willensparadigmas in der Philosophie Schellings. Freiburg/München: Verlag Karl Alber 2019 (Beiträge zur Schelling-Forschung 10). XV, 471 pages. ISBN 978-3-495-49112-6 This clearly written and impeccably researched study of the paradigm of the will throughout its development in Schelling’s philosophical enterprise as well as its subsequent reception, especially in Heidegger’s philosophy, is the leading candidate to be the standard bearing work on this issue. The book is carefully and systematically organized into four sections. It proceeds with admirable thoroughness and exacting detail from the early Schelling through the increasing complexity of the middle period (especially the Freiheitsschrift, Die Weltalter, and Die Erlanger Vorlesung of 1821), and into its transformation in the late positive philosophy. It concludes with a balanced assessment of Heidegger’s famous reception, which celebrates the Freiheitsschrift, but also denigrates it for falling prey to the tacit destiny of Western metaphysics as unwittingly complicit in the will as its ‘essential kernel.’ One can read the book as a systematic road map through all the relevant details of Schelling’s ongoing development of the problem of the will, carefully weighing the evidence and putting the reader in a position to be able to appreciate what Heidegger recognized as Schelling’s importance and originality, but also to resist Heidegger’s overreach. The immense shadow that Heidegger cast over Schelling, for better or for worse, hangs in the background of much of the book as Höfele carefully brings this relationship into a refreshingly sober perspective. For those unconcerned with Schelling’s most famous reader, the book nonetheless skillfully deploys the problem of the will as an effective perspective to grasp the outline and substance of the genesis and range of Schelling’s thought. As such, the book simultaneously operates on two levels. On the one hand, it is an excellent and quite detailed explication of Schelling’s project as a whole and can serve as an introduction to those who are navigating both the thicket of Schelling’s own thought and the complexity of the general milieu (German Idealism) within which it developed. On the other hand, the book is of great interest to the advanced reader of Schelling as it charts the course of the many nuances of the specific and quite thorny problem of the will. The first section analyzes Schelling’s initial attempts (1795–1806) to develop a paradigm of the will over and against his contemporaries, especially Kant and Fichte, but also Reinhold, as well as Spinoza, who had resurfaced during this time as the impetus of the Pantheismusstreit. Before Schelling began to distance himself from Fichte, the problem of the will is a problem of and for the transcendental subject (Fichte’s ‘I’), but “with Schelling’s declaration of the “unlimited will” in the Neue Deduction des

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Naturrechts, he expands the problem and “goes beyond Fichte in radicality” (38). The expansion, despite occasional ambivalences, continued into the Naturphilosophie as well as the Identity philosophy and the Kunstphilosophie before Schelling elevated it to an ontological problem from 1806 on when he “finally elevates the will to an all-encompassing and founding principle of the development of the Naturphilosophie” (98). Throughout Schelling’s early accounts of the will, one discerns a still relevant protophenomenology of the will as Schelling attempts to distinguish its various forms. The second section is the heart and pith of the book because it provides a careful reading of the middle period texts where the problem of the will becomes a central focus and problem. It charts the ‘pluralization’ of Schelling’s paradigm of the will (1809–1821) in both its tragic dimension (especially in the drafts of Die Weltalter) as well as its evolution into Schelling’s famous adaptation of Meister Eckhart’s Gelassenheit and includes two critical excurses that differentiate Schelling on this issue from Hegel and Schopenhauer, respectively. Beginning with the Freiheitsschrift, and extending through his so-called “middle period,” Schelling’s fully elaborated and “genuine” account of the will “comes to fruition” as he presents a “comprehensively worked out and systematic” account of the problem (101). This is the period of “willing is primordial being [Wollen ist Urseyn]”, but also of composure, letting be, not willing, “love as the highest” (142; cf. AA I,17, 170), as well as the remarkable account of ‘ecstasy’ in the Erlanger Vorlesung. Schelling discerns an internal differentiation between Willen and Wollen, a subtle disambiguation that is critical to his analysis. In Die Weltalter, for example, Schelling speaks of freedom as the “will that wants nothing [nicht(s) wollender Wille]” (cf. 154–161), a will that retains its sovereignty in its willing, although it is also what Höfele characterizes as a tragic will, a will separated from itself (cf. 190 and 220). Höfele also works this out in relationship to Schelling’s account of the Fall from Eden as well as his account of temporality. The third section traces its development into Schelling’s so-called positive philosophy with the negative philosophy serving as an introduction to Gelassenheit and die gelassene Vernunft and the positive philosophy as characterized by primordial being (Ursein) as willing, or the unfolding of the divine self-emptying (κένωσις) (cf. 287–289). As Schelling patiently unraveled the coming prospects of a Johannine Christianity, a Christianity that we have not understood historically in either its Petrine (Catholic) or Pauline (Protestant) forms, and whose revelation Schelling’s philosophicalreligion endeavors to discern, Willen and Wollen no longer appear as a schematic and formal paradigm, but rather as historical events. This is the will as “the lord of being [Herr des Seins]”, a notion which strikingly, despite the polar opposition of their respective estimation of the prospects of Christianity, brings Schelling into proximity with Nietzsche (267). Schelling also reintegrates Gelassenheit and ecstasy into his Berlin positive phi-

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losophy and Höfele is able to use the problem of the will as an illuminating vantage point by which to grasp the relationship between Schelling’s negative and positive philosophy. The final section continues the much-needed work begun by Lore Hühn and others to distinguish Schelling from Heidegger’s insightful but also ‘reductionistic reception’ of it. Despite the brilliance of Heidegger’s own thinking and some of the powerful insights that it provides into Schelling, including his celebration of the Freiheitsschrift as “the peak of German idealism” (436), Höfele demonstrates that one does not need to follow Heidegger all the way along his “one-sided” reading (5 f.). One can discern both the “proximity and the distance” between the two thinkers (6) rather than lose Schelling in Heidegger’s grand narrative about the destiny of western metaphysics. Höfele carefully and critically traces the development of Heidegger’s reception of Schelling in a tour de force of scholarly rigor, which simultaneously produces a refreshing retrieval of Schelling’s renewed relevance after Heidegger. Höfele provides a compelling account of the development of Schelling’s thought that simultaneously endows it with internal coherence. He also gives Schelling some room to breathe by giving him some much needed and deserved distance from Heidegger’s admittedly complex and ambivalent reading. What emerges is a philosopher whose originality is once again challenging and engaging. Jason Wirth (Seattle)

Anthony Bruno (ed.): Schelling’s Philosophy: Freedom, Nature, and Systematicity. New York, NY: Oxford University Press 2020. XII, 252 pages. ISBN 978-0-19-881281-4 The list of contributors in this volume includes not only some of the most renowned contemporary Schelling scholars, but many who are experts in German Idealism and Romanticism in general, as well as some who are also specialists in other fields such as early modern philosophy and phenomenology. This diversity allows for a productive variety of approaches to Schelling’s philosophy. The essays are divided into four categories: ‘early philosophy,’ ‘philosophy of nature,’ ‘philosophy of freedom,’ and ‘late philosophy’ (the term ‘systematicity’ is notably absent). These categories are potentially misleading. To begin with, the themes of nature and freedom are prevalent in the ‘period-based’ categories (which, after all, justifies the book’s title). Furthermore, the separation of ‘early philosophy’ and ‘philosophy of nature’ is unusual, since Schelling’s Naturphilosophie is virtually coextensive with his early period. Finally, Joan Steigerwald’s essay (‘early’) covers texts well into Schelling’s middle period (a phase difficult to reconcile with the ‘early/

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late’ distinction), and Dalia Nassar’s essay (‘late’) devotes considerable attention to some of Schelling’s earliest work. What follows is a chapter-by-chapter analysis of the contributions: 1. Lara Ostaric’s essay commendably seeks to distill the central thesis of Schelling’s 1795 Briefe. A notable peculiarity of the Briefe is that Schelling begins them by undermining attempts (undertaken by theologians of the period) to prove God’s existence via Kant’s ‘practical postulates’ in a way that at first seems to undermine the very idea of ‘practical’ philosophy. Instead, Schelling prioritizes the practical, but does so by redefining it as ‘realization of the Absolute.’ Ostaric translates this as “making the Absolute into an object of action rather than knowledge” (it is then not ‘nature’ that is the object of action, as the title of the essay suggests), and this activity appears to correspond to artistic production. This is explained in terms of Schelling’s first portrayal of intellectual intuition in the Briefe, but the way Ostaric presents this seems to be a hybrid of the notion of intellectual intuition at the end of the 1800 System (as ‘aesthetic’) and its characterization in moments of the ‘identity’ philosophy period (as insight into universalparticular relations), neither of which is mentioned. 2. Joan Steigerwald’s essay traces four thematic connections between Novalis and Schelling’s early/middle work (apart from the question of historical influence). The first section discusses aspects of their philosophies which are intimately related to their respective critiques of Fichte: In brief, each perceives a need to subordinate conscious ‘reflection’ to a more intimate but less articulable connection with being or nature. The second section highlights similarities in their ways of conceiving relations between the sciences as simultaneously reciprocal and hierarchical. The third argues that Novalis and Schelling both adhere to the notion of ‘(de-)potentiation,’ although the ‘operational’ or ‘mathematical’ meaning of the term in Novalis seems distant from Schelling’s sense. Stronger is the parallel drawn in the fourth section between Novalis’ notion of ‘darkness/night’ and Schelling’s notion of the ‘Grund.’ 3. Naomi Fisher’s essay provides the valuable service of deciphering Schelling’s enigmatic claims about the freedom of nature in his early philosophy (enigmatic partly because this freedom is also said to be a form of necessity), as well as how it relates to human freedom. As the title of the essay (partly) indicates, the unifying factor of the various forms of freedom under discussion is the notion of ‘lawful productivity,’ or production according to self-determined principles – unconscious in nature but conscious in human beings. Consciousness is a (partial) ‘separation’ from nature, which is why human and natural freedom can (and generally do) conflict (cf. 62–64). However, harmony between natural and human freedom can be achieved in certain contexts, such as the production of science and art (cf. 67). 4. Paul Franks shows how both Maimon and Schelling follow Lessing’s and Jacobi’s model of constructing notions of the ‘world soul’ using Platonic and kabbalistic sources. The first section presents the probable historical

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sources informing both Lessing’s and Jacobi’s notions of the world soul. The second is dedicated to Maimon’s use of the concept, which aims to “unify […] natural teleologies” (77) in a way that seems to hover between being ‘speculative’ and ‘empirical’ (cf. 81). The third section finally shows how the concept becomes ‘post-critical’ and ‘empirical’ for Schelling: It becomes an ‘animating principle’ insofar as it combines matter with forms of the divine understanding (cf. 82). It is also said to generate complexity by an “equilibration of really opposing forces” and functions as a ‘self-finitization’ of the infinite (86). As usual, Franks skillfully synthesizes an impressive range of texts in a manner that is historically responsible and philosophically persuasive. 5. Yitzhak Y. Melamed’s essay is mainly a study in demonstrating similarities between Spinoza’s system and Schelling’s system in (the early sections of) his 1801 Darstellung. The first part is a general overview of Schelling’s stance towards Spinoza over the course of his life (which is continuous in ways that may be surprising). The next section demonstrates formal and structural similarities between Spinoza’s writings and the 1801 Darstellung, while the third does the same with respect to content – focusing primarily on parallels between “Spinoza’s” God and “Schelling’s” concept of reason. The central thesis in this regard is that “Schelling is attempting to transform Spinoza’s system by replacing God, Spinoza’s ultimate reality, with reason” (94; cf. 103). However, more could be said about this language of ‘replacement,’ given that Schelling will soon identify reason with God (in 1804) and given that, as Melamed demonstrates, Spinoza himself attributes ‘reason-like qualities’ to God (cf. 109 f.). 6. Brady Bowman’s essay discusses several themes that are somewhat difficult to align into a single narrative. The first section gives the impression that the essay will be primarily about whether Schelling’s philosophy can be described as a form of ‘naturalism,’ either of a philosophical or a theological kind (which are vastly different, having little but the title itself in common) – the verdict is that neither category quite fits. The second section argues that Schelling adopts a version of Kant’s ‘timeless choice’ theory of human action in his 1804 (nota bene: not 1806) Philosophie und Religion essay and the Freiheitsschrift. The remainder (and bulk) of the essay is an extended reflection on the relation between the Absolute and existence, formulated partly in terms of the classic question of how it is possible to “get ‘outside’ the Absolute” (125), but mainly in terms of the origin of temporality. 7. Markus Gabriel’s essay discusses the compatibility of freedom and systematicity in the Freiheitsschrift. This is translated largely into the terms of the relation between mind and nature (respectively). For Gabriel, Schelling’s proposal is that “instead of finding a place for mind in nature, we locate a place for both in a domain that is neutral with respect to both of them” – called “God” (141). Similarly, freedom is inscribed into the fabric of reality in a fundamental way that permits (or demands) both ‘bottom-up’

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and ‘top-down’ forms of explanation (cf. 143). Although not mentioned here, this principle could be used to explain the tortured relation between transcendental philosophy and nature philosophy in Schelling’s early work. A challenge of Gabriel’s essay is that many of his theses regarding Schelling’s philosophy are presented as though they were self-explanatory ‘definitions’ (formulated in contemporary, ‘analytic’ language); surely acquaintance with his other work would aid the reader. 8. Richard Velkley’s essay begins by suggesting that Schelling’s adoption of a ‘popular’ or ‘dialogical’ writing style in the Freiheitsschrift is a fitting or even necessary means of expressing its philosophical content because the essence of reality itself has ‘personal’ and ‘dialogical’ dimensions. Most of the rest of the essay summarizes central arguments of the Freiheitsschrift, specifically with respect to the ground/existence relation and the possibility of evil as a condition for freedom (with a provocative but passing allusion to Kant’s notion of radical evil). Finally, Velkley ties these ideas (somewhat loosely) to the inability of philosophy to ‘fully ground itself.’ 9. Alison Stone’s essay offers a clear and well-structured analysis of gendered connotations surrounding pairs of fundamentally constitutive metaphysical powers in Schelling’s Erster Entwurf (1799) and the Freiheitsschrift. Stone argues that the ‘productive’ force and ‘inhibiting’ force of the former have ‘male’ and ‘female’ connotations, respectively, based on inferences from Schelling’s account of living beings (cf. 173 f.). In the Freiheitsschrift, the pair is God’s ‘ground’ and God’s ‘existence’ – the ‘female’ connotation of the ground is explicit, while the ‘male’ connotation seems inferred (cf. 178). These associations are argued to be problematic, although it is admitted that the Freiheitsschrift is somewhat more ambiguous in this regard (cf. 180 f.). The essay concludes by postulating that Žižek inherits the problematic associations of the latter. 10. G. Anthony Bruno sums up his own essay quite well: “Schelling’s charge against Hegel – that reason is bounded by something other than itself […] – is the conclusion to a transcendental argument [in Ages of the World to the effect] that past and future [represent] conditions of the possibility of reason [itself]” (5; cf. 200). The ‘past’ and ‘future’ to which Bruno refers here are each said to be ‘non-empirical’ – a challenging notion about which more could have been said – and Bruno provocatively suggests that these (pseudo-?) temporal dimensions are inherent in the very idea of the transcendental, even for Kant (cf. 192 f.). A notable strength of Bruno’s essay is his anticipation of ‘Hegelian’ objections in the final section. 11. Sebastian Gardner’s essay juxtaposes a ‘pre-critical’ essay by Kant – the 1763 Beweisgrund – and Schelling’s 1850 Abhandlung über die Quelle der ewigen Wahrheiten. Gardner argues that a ‘Spinozistic’ interpretation of the Beweisgrund (such as Omri Boehm’s) is also effectively a ‘Hegelian’ one insofar as it does not subordinate thought to being. He shows that a contrasting, ‘late Schellingian’ reading of the Beweisgrund is possible using

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the Quelle as a model. The argumentation is complex and challenging: ultimately the issue is how we should interpret the insight that “we cannot think away the situation of thinking’s being possible” (215). Particularly striking is the thesis that Schelling understood Kant as having not fully grasped the insight behind the Ideal of Pure Reason in the Critik der reinen Vernunft (the Beweisgrund’s ‘critical legacy’), and that this ‘self-misunderstanding’ “will inevitably resolve itself into the contingency-denying, and ontologically nihilistic, system of Hegel” (227). 12. Dalia Nassar’s essay is meant to show how Schelling’s ‘positive’ philosophy offers a model for environmental ethics. The message is that positive philosophy frees us from a harmful, deterministic outlook said to be characteristic of negative philosophy, but this link is only briefly indicated at the beginning and very end of the essay. The bulk of the text explains the contrast between negative and positive philosophy, here scarcely distinguishable from a contrast between rationalism and empiricism, respectively (cf. esp. 243). The third section departs from the late philosophy to argue that Schelling’s Form-Schrift (1794) subordinates the “self-reflexive structure of the I” to a “non-subjective” principle of “absolute positing” (240) or “absolute causality” (242) – a provocative but potentially problematic demarcation. Marco Dozzi (Pittsburgh)

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: The Ages of the World. Book One: The Past (Original Version, 1811). Plus Supplementary Fragments, Including a Fragment from Book Two (the Present) along with a Fleeting Glimpse into the Future, trans. and with an Introduction by Joseph P. Lawrence. Albany, NY: State University of New York Press 2019. 267 pages. ISBN 978-1-4384-7405-2 It has been a genuine pleasure for me to read Joseph Lawrence’s careful and elegant rendering of the first version of Schelling’s Weltalter. I have always felt that this first version is the most powerful of the three, and I am encouraged that others, including Lawrence, concur. Along with the astonishing Deities of Samothrace (1815), Schelling’s Ages of the World constitutes the most courageous attempt to pursue to the end – or to the beginning – the philosophical consequences of Christian ontotheology. Nothing like it had been seen before; nothing like it was seen afterwards. Beside it, Hegel’s philosophy of religion pales. In this review I will comment on the translation itself and then turn to Lawrence’s long introduction – which is really a small monograph – to respond to a number of his challenges. The translation is thoughtfully done throughout and is very readable and often quite elegant. It should be in the hands of all students of German Idealism in the English-speaking world. There are particular renderings that one has to worry about, but it is clear

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that Lawrence has thought long and hard about each of his choices. In the entire difficult book, I found only one gaffe. In one of the fragments (230 / WA IV, 250), Schelling writes: Nun wohl, Gott selbst vergöttert die Natur; schon in jener allerursprünglichsten Offenbarung, da er sie annimmt, sich anzieht u. um sich schlägt als eine Hülle oder einen Leib, usw. Lawrence has, “Well, God himself has divinized nature! This takes place in the first and primordial revelation, since he takes nature, draws her toward himself, and flails around with her as his husk or his body.” I suggest for this last phrase, “because he accepts nature, drawing it toward himself and wrapping it around himself as a coverlet or a body.” No violent flailing here, even if one may wonder how a body can be wrapped around oneself as a cloak. More serious questions may be raised about some of Lawrence’s choices, even though virtually all his decisions are thought-provoking. “Zest” for Lust will surprise every reader, who will more naturally expect “pleasure” or “joy,” but why not a bit of zest! Begehren and Begierde Lawrence most often renders as “desire,” whereas the more intense word craving often seems to be called for. (At one point (157 / WA I, 97) Lawrence does render it as “appetite.”) Some readers will object to Lawrence’s “heart” for Gemüth, but I myself have at times outlawrenced Lawrence by translating it as “the heart of hearts,” so that I dare not complain. Sometimes, however, Lawrence over-translates, as when he renders Schelling’s Schauen (60 f. / WA I, 6 f.) as “ecstatic vision” and “rapture,” when his own rendering of dieses anschauenden Zustandes, “this contemplative condition,” gives him the contemplatio that Schelling means. On occasion, Lawrence under-translates, as when he renders Schelling’s striking sentence, Die Natur ist nichts anders als der durch Liebe gemilderte, sanftgebrochne göttliche Egoismus (WA I, 85), as “Nature is nothing other than divine egoism, softly and gently subdued [sanftgebrochne] by love” (145). Such brechen is often said of the handling of wild horses – Hegel applied it to young children – which have to be “broken.” One thinks too of “diffraction” or “refraction,” breaking the ray of light into its splendid spectrum. True, such breaking is ameliorated to the point of gentleness in Schelling’s text, but whether the egoism of the wrathful and deeply troubled Father is merely “subdued” I have to doubt. One translation that gave me particular pause was that of “inferior” for tieferer (70 / WA I, 14). True, Schelling often insists that the earliest is not the highest, or that the deepest is not supreme, yet he would always insist on the profundity of the depths in the divine. Sometimes the most reasonable translation is misleading, as when Schelling introduces those marvelous materials, gold, oil, and balsam, in which spirituality and materiality seem to be graciously and charmingly joined. Schelling writes, ein Ueberflüssiges spielt gleichsam um sie und umströmt sie als ein zwar unfaßliches doch nicht unbemerkliches Wesen (WA I, 32). Can one really say, as Lawrence admittedly almost has to say, “something superfluous, as it were, is at play around them” (91)? An aura or spiritual essence flowing over these materials, bathing them and pervading them, would hardly be

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hinfällig, “superfluous,” and of course Schelling does not write hinfällig. Rather, what Schelling is suggesting is some sort of overflow or cascading excess, some sort of essential exuberance. Translation is an awful task: sometimes the most available solutions are misleading. Perhaps the most troubling of the renderings are two that Lawrence has doubtless thought a great deal about: “lucid purity” for Lauterkeit, and “soulful inwardness” for Innigkeit. I am not sure that there is anything “lucid” about Lauterkeit, either for the deity or for Schelling. As for Innigkeit, I believe that Hölderlin’s thoughts here are relevant for his friend Schelling. The combinations of “intense intimacy” and “intimate intensity” often strike me as getting closer to Schelling’s German, as can also be seen in the lover’s everyday locution, heiss und innig. The words “inwardness” and “interiority,” I believe, do not suit what Schelling is trying to say. Innigkeit is not Innerlichkeit. As for Lauterkeit, how to distinguish, in translation, between it and Reinheit is an immense problem. One wishes that the “pristine” had an elegant noun into which it could be transformed. “Probity” is impossibly moralizing, and “unalloyed,” “unsullied,” and “unadulterated” will not submit gracefully to a positive noun. I do not pretend to have a solution for this important and obstreperous word. Some readers will object to the section headings or titles that Lawrence has added to the Schröter text, but I do not. Ironically, what troubles me more is Schröter’s entirely artificial division of the 1811 draft into “Part One” and “Part Two.” When one studies Schelling’s text, the continuity between these supposed “parts” is astonishing. The sentence that ends the first part leads immediately to the question that commences the second – not even a paragraph break would be needed, much less a break into “Parts.” One final formal problem needs to be mentioned. Lawrence’s notes are often helpful, especially where linguistic or bibliographical matters are discussed. Yet an equal number of notes interrupt the flow of Schelling’s text unnecessarily. Often they argue for points that the long introduction already has made. I congratulate Lawrence, however, for adding to his translation of the 1811 draft the sundry “notes and fragments” included by Schröter in his edition. Even when these materials repeat sections of the 1811 draft, they are highly useful. One further small yet interesting point. In a footnote (231n. 13) Lawrence cites “κτίτω” as the Greek verb for “to create.” I believe he means the remarkable verb τίκτω, which in its multiple forms means engendering children. I have argued in my book Archeticture 1 that this verb τίκτω is older than τεχνάζω and all the Greek words referring to technical skill that arguably derive from it. Schelling often celebrates the τέχνη of the Demiurge as Pantocrator, but more often than not, especially in his best moments, he is more concerned with the τίκτειν in which the Father is caught Krell, David Farrell 1997: Archeticture: Ecstasies of Space, Time, and the Human Body. Albany, NY.

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up. Interestingly, by Abelian inversion, τίκτω does seem to generate the New Testament word κτίσις, κτίσεως, the “creation” and the “creatures” that according to Paul (Rom. 8) yearn for the salvation that surely will be granted them. Let me now turn to Lawrence’s long introduction, which offers an interpretation of the Weltalter project. Lawrence is less concerned to show why Schelling failed to see the three drafts through to publication than to defend their daring and profundity. In this I certainly agree with him. Beginning with the Freedom Essay, and culminating in the lectures on mythology, Schelling’s effort in The Ages of the World and The Deities of Samothrace is surely one of the most impressive in the history of Western philosophy. Lamentably, his effort is not well known to philosophers in the Englishspeaking world. This is changing, and Lawrence’s translation will accelerate that change. The “Translator’s Introduction” discusses the importance of the 1811 draft for Schelling’s philosophy as a whole. Lawrence perhaps underestimates the importance of the Samothrace book, which he calls “a philological essay” (7). It is a great deal more than that. (Alexander Bilda, Jason Wirth, and I are working on a new translation and commentary on The Deities of Samothrace, which we hope will be published in a year or two.) Lawrence introduces a great deal of the secondary literature on The Ages, and I learned a great deal from his treatment of it. If both Heidegger and Žižek are inclined to say that Schelling, like Kant, shrank from the consequences of his own thinking, Lawrence is inclined to defend Schelling’s effort. He writes: “What for me is most compelling about the 1811 Ages of the World is the degree to which the interplay of primal forces it depicts is directed, not toward decisive action, but toward the transformation of fear into love” (10). “The Ecstasy of Freedom” is the title of Lawrence’s essay, and there is much in it to admire. Above all, his defense of philosophical thinking against the ravages of the “corporate university,” that is, the subjection of all learning to the demands of capital, a tendency that at least in the United States has become universal and seemingly irresistible, is eloquent and necessary. Furthermore, Lawrence is able to discuss Schelling’s Ages in terms of physics and cosmology since Kant and Newton, emphasizing Schelling’s anticipation of certain aspects of relativity theory and quantum mechanics. He is also able to read Schelling in terms of the philosophy and theology that come after him. I would stress more than he does the remarkable way Schelling’s genealogy of time points toward Heidegger’s “ecstatic temporality.” But let me at this point respond to the moments in Lawrence’s introduction when he mentions my own reading of The Ages of the World in the book The Tragic Absolute: German Idealism and the Languishing of God. 2 Krell, David Farrell 2005: The Tragic Absolute: German Idealism and the Languishing of God. Bloomington, IN.

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Most of what needs to be said is suggested by the last phrase in my subtitle: for me, it is the interplay of Sehnsucht and Schmachten, that is, of languor and languishing in The Ages of the World – but also in the Freedom Essay, the Samothrace text, and the mythology – rather than Liebe that is decisive. Why? Because ontotheology has always been agape at ἀγάπη, whereas no one before or after Schelling has contemplated the turmoil in which a desirous deity is caught. One must turn back to the tragedies and to philosophy in “the tragic age of the Greeks” to see anything like this. Not love, but a longing and a languor that are a languishing, a Sehnsucht that is a searching but also a Sucht and a Seuche, is what is astonishing about Schelling’s Ages. Intertwined with this emphasis on yearning is Schelling’s growing awareness that the godhead can develop only by becoming essentially womanly, essentially feminine, whether with the wrath of Demeter after the abduction of Persephone or with the tenderness that Schelling otherwise associates with “the mother of all things.” The Philosophy of Mythology develops this theme in astounding detail across multiple mythologies, all of which demonstrate the truth of a phrase reminiscent of Clement of Alexandria: the unfolding of the godhead requires above all else θηλύνεσθαι τῷ θεῷ, “the becoming woman in God.” No one since Empedocles and Parmenides has placed Kypris at the center of a system. Schelling, although he sees the necessity of doing so, still prefers the safety of Fathers and Sons united by Spirits, even though he realizes that when it comes to a “science that accompanies creation” nothing is safe. Lawrence often acknowledges the importance of the feminine in The Ages, but he seems to downplay the turmoil that such a discovery introduces into the system. Lawrence objects to my claim 3 that Schelling’s genealogy of time regresses to an all-too-familiar treatment of the Trinity. Yet my re-reading of the text, this time in Lawrence’s fine translation, convinces me that the complaint is justified. The polar holding-open of past and future in the Augenblick is a remarkable interpretation of time, one that, to repeat, anticipates Heidegger’s ecstases of time. Yet Schelling’s genealogy, even though it recognizes that “the beginning of longing [Sehnsucht] within it must be understood as an absolute beginning” (137 / WA I, 77), soon allows itself to be distracted by the Trinitarian tale of fathers and sons and spirits, a tale that, as Lawrence admits, has been told by any number of Church Fathers (129n. 13). No Patristic father, as far as I know, has ever confessed the nightmares and the turmoil of his transgendering God. For this would be to introduce the mystery of the mortality of deity. Lawrence is right to fault me for referring to the Son as a “mirror-image” of the Father (36), but I suppose what was troubling me was the question as to where “the mother of all things” was when fathers and sons were producing themselves. I recall a scene from one of the two great religious 3

Cf. Krell 2005, 122.

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films of our time (the first is of course The Last Temptation of Christ, but I am thinking of the second one, to wit, The Life of Brian) in which Reg challenges Stan, who wants to be called “Loretta” and to have babies, by asking, “Where’s the fetus going to gestate? Are you going to keep it in a box?!” Theologians in general do not take the problem seriously, but one of them certainly did: a seventeenth-century theologian, Dionysius Petavius, insisted that the Father, even though He was entirely immaterial, if he wished to have a Son, would need to – and actually did – equip himself with a womb. That is the sort of turmoil that surely would have interested Schelling, and it is precisely what the Philosophy of Mythology investigates. In that great work, the “higher personality” that is generated in or out of the Father is invariably a woman, sometimes generous, sometimes furious. Lawrence cites with sympathy Schelling’s observation “how everything proceeds in such an infinitely personal way” (WA I, 103), and I share that sympathy. To be sure, different personalities will read Schelling differently. In the end, however, it is best to emphasize what we share – the conviction that Schelling’s philosophy, above all in the first draft of his Ages of the World, requires and rewards the most devoted study. David Farrell Krell (Freiburg)

Ryan Scheerlinck: Gedanken über Religion. Der ‘stille Krieg’ zwischen Schelling und Schleiermacher (1799–1807). Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog 2020 (Schellingiana 31). XVI, 221 Seiten. ISBN 978-3-7728-2930-7 Eine eingehende Darstellung des schwierigen, durch Nähe und Distanz gleichermaßen bestimmten Verhältnisses zwischen Schelling und Schleiermacher auf Grundlage des gegenwärtigen Editionsstandes ist ein Desiderat. Mit Recht stellt der Verf. fest, dass die »Auseinandersetzung zwischen Schelling und Schleiermacher […] bislang in ihrer Bedeutung unterschätzt« worden sei (XI) und verweist darauf, dass zum Thema bislang nur eine Monographie aus dem Jahre 1909 vorliegt. 1 Der Untertitel des Buches, mit dem Scheerlinck hier Abhilfe schaffen will, nimmt eine Formulierung Schleiermachers aus einem Brief an den Verleger G. A. Reimer vom 11. 11. 1803 auf: »Ich […] bin […] gespannt darauf was aus dem stillen Krieg werden wird in dem ich mit Schelling begriffen bin. Denn wie ich auf ihn ziemlich bedenklich hindeute in der Kritik, so er auf mich in der Methodologie« (KGA V/7, 94). Gemeint sind Schleiermachers Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre (1803) sowie Schellings Vorlesungen über die Methode des academischen Studium (ebenfalls 1803). Bei den Grundlinien – die Schleiermacher 1804 dann auch eine a. o. Professur der Vgl. Süskind, Hermann 1909: Der Einfluss Schellings auf die Entwicklung von Schleiermachers System. Tübingen.

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Philosophie in Halle einbrachten – handelt es sich indessen um ein rein philosophisches Werk, in dem die Religion nicht eigens verhandelt wird, sondern vor allem im Zusammenhang mit Kants Ethikotheologie. Schelling wird dort zum Schluss, ohne Namensnennung, dafür kritisiert, dass er für die Ethik »keinen Platz« habe finden können »auf dem Gesammtgebiete der Wissenschaften« (KGA I/4, 356). Schellings Kritik in seinen Vorlesungen hingegen richtet sich gegen die in Schleiermachers Reden über die Religion (1799) proklamierte Trennung von Religion und Philosophie bzw. Wissenschaft. ›Still‹ ist der Krieg also auch deshalb, weil sich die Kontrahenten auf verschiedenen Schlachtfeldern bewegen. In jedem Fall gehen die Auseinandersetzungen über das Thema ›Religion‹ weit hinaus, das jedoch von Schelling ins Zentrum gestellt wird. Scheerlincks Buch ist daher auch vorwiegend aus der Perspektive Schellings geschrieben und verkürzt somit die Dimension der Auseinandersetzung. Neben dem für Schleiermacher zentralen Problem einer philosophischen Ethik ging es ihm auch um Fragen der Grundlegung der Philosophie. Der Anschluss an Henrich Steffens’ Naturphilosophie seit 1804 in Halle, der bei Scheerlinck nicht einmal erwähnt wird, führt – auch wenn Steffens’ Philosophie sicher nicht mit der Schellings gleichzusetzen ist – später dazu, dass Schleiermacher in seiner philosophisch grundlegenden Vorlesung über die Dialektik 1811 sich vielfach am schellingschen Identitätssystem orientiert. Im Übrigen erfolgt die sachhaltige philosophische Antwort zum Verhältnis von Religion und Philosophie, der Schleiermacher sich keineswegs »zu verschließen sucht«, wie vom Verf. wiederholt behauptet (vgl. z. B. XIII), gerade in der von ihm gar nicht berücksichtigten Dialektik, worauf noch einzugehen sein wird. Aus dieser Perspektive erweist sich auch die zeitliche Beschränkung auf den Zeitraum von 1799 bis 1807, die der Verf. im Übrigen mit seiner gut die Hälfte des Buches einnehmenden Interpretation von Schellings Clara (vgl. 87–195) selbst überschreitet, als ungenügend zur Klärung der Positionen. Innerhalb dieser Grenzen, die leider nicht wirklich benannt werden, besteht das Verdienst der Arbeit darin, die Auseinandersetzung aus Schellings Perspektive dargestellt und in das Gesamtbild seiner Philosophie eingeordnet zu haben. Letzteres scheint aus Sicht des Verf. auch die umfängliche Interpretation des Clara-Textes zu rechtfertigen, die zur Auseinandersetzung mit Schleiermacher letztlich gar nichts beiträgt, der hier auch nur einmal eher beiläufig erwähnt wird (124). Die vorangehenden drei Abschnitte befassen sich zunächst mit dem Epikurisch Glaubensbekenntniß Heinz Widerporsts, das als unmittelbare Reaktion auf Novalis’ Die Christenheit oder Europa und Schleiermachers Reden in einem »Anfall von seinem alten Enthusiasmus für die Irreligion«, so Friedrich Schlegel (an Schleiermacher, November 1799, KGA V/3, 240), von Schelling niedergeschrieben wurde (»Der Epikureer«, 1–24). Es folgt Schellings vertiefte Auseinandersetzung mit den Reden nach einer erneuten Lektüre im Juni 1801, die dann in den Vorlesungen über die Methode des academischen Studium ihren Niederschlag findet, auf die wiederum Schleiermacher in

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seiner Rezension der Vorlesungen reagiert (»Der Verkünder«, 25–54). Drittens schließlich wird Schellings 1807 publizierte Rezension des schleiermacherschen »Gesprächs« Die Weihnachtsfeier (1806) einer Würdigung unterzogen (»Der gebildete Verächter«, 55–86). Leitende These bei der Interpretation des Widerporsts ist, dass hier »die Religionskritik nicht als Konsequenz der Naturanschauung dargestellt wird, sondern dass die Sehnsucht nach einer neuen Religion letztlich in einer Naturanschauung ihre Erfüllung findet« (9). Der von Schelling beschworene »Riesengeist« der Natur werde vom Menschen zunächst als bedrohlich wahrgenommen, jedoch weiche die Furcht vor der Natur schließlich durch die »Einsicht, dass der Erkennende mit dem Riesengeist identisch ist, dass dieser sich also selbst erkennt, indem der Mensch die Naturgesetze durchschaut« (13). Schleiermacher und Novalis hingegen bauten ihren Religionsbegriff »auf den Begriff des Geistes und den korrelativen Begriff einer toten Natur« (12). Tatsächlich unterscheidet Schleiermacher in den Reden die Anschauung der Natur von der Anschauung »der Welt und ihres Geistes« (KGA I/2, 223): die Anschauung der Natur gehe auf ihre philosophische Erkenntnis und die Beherrschung der Naturkräfte durch den Menschen, während die Weltanschauung Anschauung der Totalität, des Universums, mit dem menschlichen Geist und der Natur als Momenten ist. Korrelat des schellingschen Riesengeistes in den Reden ist daher der Weltgeist, jedoch so, dass dieser nicht philosophisch-wissenschaftlich, sondern religiös zugänglich ist, da er weiter reicht als die Selbsterkenntnis des menschlichen Geistes im Naturverhältnis. Es geht nicht um tote vs. lebendige Natur, sondern um die übergreifende Einheit von Natur und menschlichem Geist (Gleiches gilt m. E. auch für Novalis’ magischen Idealismus, dem diese Einheit nur poetisch zugänglich ist). Der eigentliche Gegensatz besteht in der jeweiligen Bestimmung des Verhältnisses von Philosophie bzw. Wissenschaft und Religion durch Schelling und Schleiermacher, den auch der Verf. zu Recht betont (vgl. 21 f.). Dieser Gegensatz steht im Zentrum des zweiten Kapitels. Bekanntlich trennt Schleiermacher in den Reden die Religion als eine eigenständige Region von Metaphysik und Moral (vgl. KGA I/2, 211) und schreibt ihr einen »höheren Realismus« als »Gegengewicht« zur »Spekulation« zu (KGA I/2, 213). Der Verf. möchte hierin – mit Schelling – eine »höhere Rangordnung« oder gar einen »Primat der Religion« bei Schleiermacher erkennen (34). In der Tat bleibt Schleiermacher in seiner Argumentation an diesem Punkt zweideutig und kommt erst sehr viel später dazu, ein philosophisches Pendant (unmittelbares Selbstbewusstsein) zum religiösen Bewusstsein zu konstruieren. Schelling trägt jedoch der Trennung von Religion und Philosophie bzw. Wissenschaft insofern Rechnung, als er in seinen Vorlesungen über die Methode des academischen Studium die Theologie von der Religion unterscheidet und ihr als besondere Wissenschaft einen besonderen Gegenstand zuweist: die historische Konstruktion des Christentums. Allerdings ist auch für Schleiermacher in den Reden »Geschichte im eigent-

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lichsten Sinn […] der höchste Gegenstand der Religion, mit ihr hebt sie an und endigt mit ihr« (KGA I/2, 232 f.). Hierbei geht es um eine Fortschrittsgeschichte der menschlichen Gattung zur Freiheit, die auch die unmittelbaren Naturzwänge aufhebt. Schelling konstruiert Geschichte ähnlich als Abfolge von vorgeschichtlicher (naturgebundener) Mythologie und Geschichte als christlicher Offenbarung, welche das Universum »als einen Bereich freien Handelns und freier Akteure« betrachtet (39). Die Einheit von Natur und Geschichte erfordere dabei eine »Wiederholung« des Gegensatzes von Natur und Geschichte »in der Geschichte selbst« (40), eine »neue Mythologie«, welche aus der Naturphilosophie hervorgehen könne (41). Diese Einheit werde in einer intellektuellen Anschauung zugänglich, die Schelling gegen Schleiermachers Gefühlsbegriff wende. Während Schelling der Theologie auf diesem Wege eine begründende Rechtfertigung der christlichen Religion zuschreibt, führt die Anschauung der Geschichte bei Schleiermacher dazu, dass die Menschen auf einen »höhere[n] Charakter« verwiesen werden, welcher sie »unmittelbar aufs Universum« bezieht (KGA I/2, 235). Erst in diesem Bezug gründet Religion. Von einer solchen Position aus weist Schleiermacher in seiner Rezension der Vorlesungen darauf hin, dass die mit dem Christentum verbundene Idee ein historisches Individuum erfordere, um »erlösende Wirkung zu entfalten« (53), wobei dieses Individuum – Jesus von Nazareth – sich, Schleiermacher zufolge, nicht als Grenze zweier Zeiten historisch konstruieren, sondern nur als unmittelbarer Neubeginn aus »Willkür« bzw. Freiheit fassen lasse (54). Das dritte Kapitel rückt dann die Christologie im Blick auf Schleiermachers Weihnachtsfeier und Schellings Rezension in den Mittelpunkt. Christus erscheint in dem Gespräch als Stifter einer Freiheit, die sich in der christlichen Gemeinschaft geschichtlich realisiert. Schelling, der Schleiermacher ansonsten in Vielem zuzustimmen scheine, bemängele, so der Verf., grundsätzlich einen »Mangel an Universalität« (74), indem Schleiermacher die Philosophie von der Religion ausschließe und somit »das Höchste« nicht objektiv, sondern nur subjektiv zugänglich mache (76). Schleiermacher scheint dies zu bestätigen, indem er in der zweiten Auflage der Reden den Begriff der Anschauung tilgt und – wie dann auch in der Glaubenslehre (1821/22) – den Gefühlsbegriff in den Mittelpunkt rückt. Dieser hat jedoch, anders als es an einigen Stellen des Clara-Kapitels nahegelegt wird (vgl. 144 u. 195), mit Affektion nichts zu tun, sondern bezeichnet eine letztlich philosophisch konstruierte Unmittelbarkeitsfigur, das Innewerden eines nichtrelationalen und insofern der Reflexion nicht zugänglichen Absoluten. Die vom Verf. wiederholt als Alternative zur Subjektivität des Gefühls angeführte intellektuelle Anschauung ist jedoch nicht weniger eine solche Unmittelbarkeitsfigur, denn sie steht ebenso für das Gewahrwerden einer nichtrelationalen Identität, die sich reflexiv nicht erfassen lässt. Ihre vermeintliche Objektivität bleibt daher ebenso im Bannkreis der Subjektivität, da sie sich selbst, als Anschauung, nicht objektivieren lässt. Vielleicht liegt

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es gerade daran, dass Schelling und Schleiermacher sich immer wieder annähern und doch zugleich abstoßen. Wie bereits angedeutet, sind die Reden nicht das letzte Wort Schleiermachers zum Verhältnis von Religion und Philosophie. In seinen Vorlesungen über die Dialektik konstruiert er mit dem transzendentalen Grund als (philosophischer) Idee Gottes ein Pendant zum Universum der Reden, der sich als notwendige Voraussetzung im Verlauf einer rein philosophischen Argumentation ergebe und im unmittelbaren Selbstbewusstsein auf nicht reflexive Weise »gewusst« werde. Ob Schleiermachers Argumentation überzeugt, kann hier dahingestellt bleiben. Wesentlich ist, dass damit Philosophie und Religion in ein Entsprechungsverhältnis treten und sich, obwohl getrennt, nicht widersprechen: »Meine Philosophie also und meine Dogmatik sind fest entschlossen sich nicht zu widersprechen«. 2 Dies bedeutet, dass Philosophie und Theologie in keinem Begründungsverhältnis zueinander stehen; sie konvergieren, aber jede entwickelt und rechtfertigt sich auf ihrer eigenen Grundlage. Im Zweiten Sendschreiben an Lücke (1829) betont Schleiermacher daher, dass Philosophie und Theologie voneinander »frei geworden« seien (KGA I/10, 390). Scheerlincks Buch führt kenntnis- und materialreich einen Ausschnitt – sachlich wie zeitlich – des ›stillen Krieges‹ zwischen Schleiermacher und Schelling vor, beschränkt bleibt jedoch auf den frühen Religionsbegriff und sich unterbestimmt hinsichtlich der philosophischen Auffassungen Schleiermachers. Die eingangs erwähnte Aufgabe einer umfassenden Darstellung des Verhältnisses von Schelling und Schleiermacher bleibt daher ein Desiderat. Andreas Arndt (Berlin)

David Jones (Hg.): The Philosophy of Creative Solitudes. London: Bloomsbury Academic 2020. X, 240 Seiten. ISBN 978-1-3502-1253-4 Die Einsamkeit der Philosophinnen und Philosophen, ihr nächtliches Schreiben und ihre anhaltenden Soliloquien sind wohlbekannte Topoi. Indes verstanden exzeptionelle Denker wie Heraklit, Schopenhauer, Kierkegaard und Nietzsche die Einsamkeit nicht nur als unabdingbares Ethos des Philosophierens, sondern vor allem als Signum ihrer entschlossenen Wahrheitssuche und unverbrüchlichen Independenz. Der Ausgangspunkt und das Gravitationszentrum des vorliegenden Sammelbandes werden durch David Farrell Krells titelgebenden Aufsatz Arndt, Andreas/Virmond, Wolfgang (Hg.) 2014: »Schleiermacher an Jacobi, 30. März 1818«. In: Religionsphilosophie und spekulative Theologie. Quellenband, hg. v. Walter Jaeschke. Hamburg (Philosophisch-literarische Streitsachen 3,1), 394– 398, hier 396.

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Creative Solitudes repräsentiert, der auf eine 1997 an der DePaul University gehaltene Vorlesung zurückgeht. Der Band versammelt fünfzehn englischsprachige Beiträge, die in vier Sektionen (Part 1: Creative Solitudes, 21–37; Part 2: Imagining Solitude, 39–132; Part 3: Imagining Krell’s Solitudes, 133–170; Part 4: Solitudes, 171–232) unterteilt sind. In seinem Aufsatz Creative Solitudes begleitet David Farrell Krell den Schriftsteller Franz Kafka, wenn dieser der leitmotivischen Verbindung von Stille, Einsamkeit und Nacht nachspürt: »[O]ne ›cannot be sufficiently alone when writing; … never enough silence around oneself when writing; the night itself is still too little night‹« (25). Krell imaginiert Hannah Arendt in New York, ihre »lucid and worldly-wise ›thoughtfulness‹« (30) bewährend, er beobachtet W. E. B. Du Bois in Berlin und visualisiert Gustav Mahler während seiner »summer solitudes« (30) 1901 und 1902 in Maiernigg. Krell weckt die Aufmerksamkeit dafür, dass die jeweilige Einsamkeit dieser maßgeblichen Personen des 20. Jahrhunderts unbestreitbar die Voraussetzung für ihre epochemachenden Theorien und Kompositionen bildete. Dennoch begaben sie sich durch diesen fragilen Modus des Existierens in eine immense Gefahr, die sich keineswegs in äußeren Repressionen erschöpfte. Sie alle wurden in den Perioden der Einsamkeit mit der aufreibenden Vielstimmigkeit ihres Selbst konfrontiert, wobei ein dominanter innerer Trieb das zurückgezogene Schreiben als unnütze Aufwendung kostbarer Zeit diskreditierte (vgl. 30). Wie David Farrell Krell demonstriert, sind es nicht zuletzt die kritischen Stimmen der Philosophie selbst, die mit dem Phänomen der Einsamkeit primär problematische Eigenschaften wie den sozial distanzierten Überlegenheitsgestus, die trotzige Entschlossenheit eines ›existenzialen Solipsismus‹ (Heidegger) oder sogar die in Verzweiflung mündende Isolation konnotieren. Ideengeschichtlich können diese sich gleichsam potenzierenden Vereinzelungsmomente als praxistransformierte Konsequenzen der cartesischen Selbstgewissheit des ego cogito dechiffriert werden (vgl. 29). Im Hinblick auf die systematische Einordnung der ›creative solitude‹ ist es fruchtbringend, dass einige Beiträge die Semantik der Einsamkeit bei jenen Autoren reflektieren, die Krell selbst in seinen wichtigsten Publikationen behandelt hat. Andere Aufsätze befassen sich in origineller Fortführung mit den Schlüsselmotiven Krells, die unter den Aspekten des Tragischen, des Chaos, der Figuration des Weiblichen und der Frage nach dem Tier betrachtet werden können. Dabei kommt der auslotenden Erschließung des für Krells Frageansatz zentralen Quintetts ›Schelling-HölderlinNietzsche-Heidegger-Derrida‹ eine hervorragende Bedeutung zu. Es erweist sich als eine konstruktive Entscheidung des Herausgebers, die zweite Sektion mit Walter Brogans kenntnisreichem Beitrag David Farrell Krell: The Impossible Voicing of Philosophy’s Double (41–51) einzuleiten. Eindringlich interpretiert Brogan Krells Romane Son of Spirit: A Novel (1997) und Nietzsche: A Novel (1996). Er illustriert, dass Krells fiktionale Texte nicht nur deswegen einen philosophischen Gehalt besitzen, weil sie

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sich auf der Basis einer akribischen Recherche mit den Biographien von Denkern wie Hegel oder Nietzsche auseinandersetzen. Vielmehr bezeugt sich die Literatur darin als »duplicitous twin« (46) der Philosophie, dass Krell in seinen Romanen und Kurzgeschichten daseinsprägende Elemente wie das Vergessen, die Trauer oder die Sehnsucht nach dem Absoluten aufruft. Gleichzeitig artikulieren Krells genuin philosophische Werke wie etwa The Tragic Absolute (2005) oder Contagion (1998) elementare Spannungsverhältnisse zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen. Diese polare Dynamik des Unendlichen und Endlichen kann zuletzt allein im Horizont der Dichtung veranschaulicht werden. Die Poesie vermag es nach Brogan, »in connection with the contingent and with our sensual being« zu bleiben, ohne »our desire for the universal« (50) zu vernachlässigen. Der darauffolgende Aufsatz A Creativity to Sustain, A Solitude to Endure (53–67) greift Krells Wortkombination der ›Creative Solitude‹ auf, um die darin anklingenden Assoziationen eines konstanten Zustandes oder einer punktuellen, intellektuellen Anschauung zu entkräften. Stattdessen etabliert Angelica Nuzzo die wahrhaft philosophische Einsamkeit als einen lebenslang und variantenreich zu unterhaltenden Prozess des aufmerksamen Lesens und diskursiven Denkens. Somit ist es die leitende These Nuzzos, dass die Filiationen der Creative Solitude nicht erkannt werden können, wenn sie vorrangig als notwendige Bedingung des künstlerischen und wissenschaftlichen Schaffens dekuvriert wird. An Nietzsches Nominalismus geschult, betont Alphonso Lingis in dem (ebenfalls der zweiten Sektion zugeordneten) Beitrag Reticence, Solitude (81–93) die Kollektivierungsfunktion der Sprache. Es ist Lingis zufolge die Identitätslogik der Begriffe, die singuläre Ereignisse und in der Einsamkeit ausgetragene Geheimnisse mit dem Schein der substituierbaren Vergleichbarkeit ausstattet. Indem sich das Individuum mit Hilfe fremdinternalisierter Kategorien auslegt, werden jedoch diejenigen einzigartigen Erfahrungen, die diesen Maßstab anfechten könnten, nicht mehr perzipiert (vgl. 87). Der Artikel Withdrawal Symptoms: David Farrell Krell and the Solitude of a Body Born of Chaos (143–159) von Michael Naas kann in philosophiehistorisch-anamnetischer Hinsicht eine gewichtige Relevanz beanspruchen. Naas exponiert, wie Krell inmitten der metaphysischen Grundkoordinaten der Identität und der Ewigkeit ein unverfügbares Chaos aufspürt, welches die Begründungseminenz eines monistischen Prinzips konterkariert. Es sind insbesondere zwei gemeinhin als dezidiert ›metaphysisch‹ geltende Autoren, anhand derer Naas eine solche subversive Lesart Krells sachhaltig untermauern kann: Platon und Schelling. So wartet Naas mit dem beachtlichen Faktum auf, dass Krell in dem Aufsatz Female Parts in ›Timaeus‹ bereits über eine Dekade vor Jacques Derridas vieldiskutiertem Chora-Essay (1987) das metaphysikkritische Potential eines nicht restlos in der Gestaltungsdisposition des Demiurgen aufgehenden Refugiums entdeckt hat (vgl. 145). In diesem Kontext beruht die frappierende Nähe zu Schellings frühem Timaeus-Kommentar, den Weltalter-Entwürfen sowie

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zu der späten Philosophie der Mythologie laut Naas darin, dass Krell die χώρα ostentativ als unvordenkliches Chaos markiert. Und so wie Platons Timaios mit der ›Amme des Werdens‹ und der Ἀνάγκη weibliche Gestalten in ihrer weltkonstituierenden Einflussmacht apostrophiert, so sind es in Schellings Akademievortrag Die Gottheiten von Samothrace (1815) die Kabiren-Göttinnen Axieros und Axiokersa, mit denen der Schöpfungsprozess anhebt (vgl. 148). Im letzten Beitrag des dritten Teils nimmt Françoise Dastur mit Friedrich Hölderlin einen für Krells Untersuchung der ›Creative Solitude‹ wegweisenden Dichter beziehungsweise Denker in den Blick. In der biographisch angelegten und mit brieflichen Selbstaussagen bereicherten Studie Hölderlin’s Solitude (161–170) erschließt Dastur Hölderlins dichterisches Sprechen aus der Einsamkeit heraus, das sich immer mehr zu einem Gang in die Einsamkeit prolongiert. Diesbezüglich wird Hölderlins Reise von Nürtingen nach Bordeaux und zurück (1802) als tragische Vollendung dieser Entwicklung beleuchtet. Darüber hinaus kann Dastur in einer erhellenden Parallelisierung argumentieren, dass Hölderlin schon in seinem Briefroman Hyperion (1799) mit dem Verlust Diotimas, dem Scheitern einer kulturbelebenden Wiederentdeckung der Griechen sowie mit der naturverbundenen Einkehrbewegung des Protagonisten grundsätzliche Zäsuren seines eigenen Lebenslaufes antizipiert habe. In einer thematischen Korrespondenz mit dem Beitrag Dasturs stehend, kann Jill Marsden (Landscapes of Solitude: Some Reflections on the Free Spirit, 179–191) in lebendigen Schilderungen unterstreichen, dass sich die individualisierende Begegnung mit der Einsamkeit nicht notwendigerweise in einer fokussierten Selbstbespiegelung vollziehen muss. Stattdessen kann sie ihren adäquaten Ausdruck im intensiven Wechselspiel mit einer als wesenszugehörig empfundenen Landschaft finden. Marsden löst diese These in einer Analogieformierung zwischen Emily Brontës personaler Identifikation mit dem Moor- und Ackerland von West Yorkshire auf der einen Seite und Nietzsches existenzieller Selbstverortung im Oberengadin auf der anderen Seite ein (vgl. 180 f.). Marsden weitet den Blick makrokosmisch aus und richtet ihn auf einsamkeitseröffnende Landschaften. David Wood und Dawne McCance beziehen sich demgegenüber auf die menschlich hergestellten Rückzugsorte, die sie in den Texten Off the Beaten Track (173–178) respektive Cabin Solitudes (193–211) erörtern. Anhand der Schreibdomizile berühmter Philosophen – genannt werden etwa Thoreaus Hütte in Walden Pond und Heideggers Hütte in Todtnauberg – geht Wood der spannenden Überlegung nach, weswegen die Nachwelt diesen intellektuellen Residuen einen nahezu sakralen Nimbus verleihen konnte (vgl. 173 f.). Dawne McCance verdeutlicht anhand der Aufenthalte in ihrer Hütte »on Kendall Island in Canada’s Lake of the Woods« (193), dass die errungene Einsamkeit jenseits der unruhigen Anfechtungen des Alltages nicht vorbehaltlos als wünschenswertes Privileg der Denkerin zu markieren ist. Mit

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zahlreichen Unannehmlichkeiten konvergierend, erscheint das komfortable Vereinfachungsversprechen der technologischen Zivilisation zumindest temporär durchaus attraktiv (vgl. 194). Zugleich konzentriert sie sich in ihrem luziden Beitrag auf Krells Gespräch mit Heidegger und Derrida, das sich mit der doppelten Grenz-Frage nach der menschlichen Endlichkeit und der spezifischen Differenz zwischen dem Menschen und dem Tier befasst. Diese Problemstellung verfolgt Krell seit Intimations of Mortality: Time, Truth, and Finitude in Heidegger’s Thinking of Being (1986) und ihre Vehemenz spiegelt sich in dem Werk Derrida and Our Animal Others (2013) wider. In einer stringenten Synopsis von Derridas und Krells Lektüre(n) der 1929/30 gehaltenen Vorlesung Grundbegriffe der Metaphysik prononciert McCance die herausfordernden Rückfragen, die beide Autoren an Heideggers Thanatologie adressieren. Es fügt sich harmonisch in die Architektonik des Sammelbandes ein, dass H. Peter Steeves in dem abschließenden Aufsatz The Abandonment of the Circus Horses (213–232) Heideggers Konzeption eines exklusivmenschlichen ›Vorlaufens zum Tode‹ mit Sokrates’ sinnbildlichem Selbstporträt als »gadfly« (216) des Pferdes Athen kontrastiert, die ihrem Daimonion unbeirrt vertraut und daher sogar die Verurteilung zum Tode auf sich nimmt. Resümierend kann positiv hervorgehoben werden, dass die terminologische Polysemie mitsamt den divergierenden lebensweltlichen Erscheinungsformen der ›Einsamkeit‹ im vorliegenden Sammelband ebenso klar wie facettenreich profiliert wird. Gemeinsam gelingt es den Autorinnen und Autoren, die schöpferische, eine Annäherung der vielgestaltigen Dinge allererst gewährende ›creative solitude‹ von der destruktiven ›loneliness‹ abzugrenzen, die paradoxerweise gerade inmitten urbaner Geschäftigkeit und digitaler Vernetzungen reüssiert. Diesen Differenzierungsnachweis erbracht zu haben, kann als bemerkenswertes Verdienst des Bandes gewürdigt werden. Jan Kerkmann (Freiburg)

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Beiträger*innen

Andreas Arndt, Professor für Philosophie. Seminar für Systematische Theologie/Philosophie, Theologische Fakultät, Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, D–10099 Berlin. [email protected] Matthias Bartelmann, Professor für Theoretische Astrophysik. Institut für Theoretische Physik, Universität Heidelberg, Philosophenweg 16, D–69120 Heidelberg. [email protected] Marco Dozzi, Doktorand in Religionswissenschaft an der McGill University (Kanada). Privat: 29 McMonagle Avenue, US–Pittsburgh, PA 15220. [email protected] Stefan Gerlach, Privatdozent und Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen. Philosophisches Seminar, Eberhard Karls Universität Tübingen, Bursagasse 1, D–72070 Tübingen. [email protected] Philipp Höfele, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Freien Universität Berlin und Visiting Scholar am Department of Philosophie der Pennsylvania State University (DAADP.R.I.M.E.-Fellow). Institut für Philosophie, Freie Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 30, D–14195 Berlin. [email protected] Lore Hühn, Professorin für Philosophie. Philosophisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Platz der Universität 3, D– 79085 Freiburg i. Br. [email protected] 231 https://doi.org/10.5771/9783495999578 .

Beiträger*innen

Wilhelm G. Jacobs, Professor für Philosophie. Bayerische Akademie der Wissenschaften, Alfons-Goppel-Straße 11, D–80539 München. [email protected] Ljudevit Fran Ježić, Dozent für Philosophie. Philosophische Fakultät, Universität Zagreb, Ivana Lučića 3, HR–10000 Zagreb. [email protected] Jan Kerkmann, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philosophischen Seminar der Universität Freiburg. Philosophisches Seminar, AlbertLudwigs-Universität Freiburg, Platz der Universität 3, D–79085 Freiburg i. Br. [email protected] David Farrell Krell, Emeritus Professor of Philosophy at DePaul University and Brauer Distinguished Visiting Professor of German Studies at Brown University. Privat: St. Ulrich 59, D–79283 Bollschweil. [email protected] Sean J. McGrath, Full Professor of Philosophy, cofounder and Canadian Chair of the North American Schelling Society and Member of the College of the Royal Society of Canada. Department of Philosophy, Memorial University of Newfoundland, CA–St. John’s, NL, A1C 5S7. [email protected] Oliver Müller, Professor für Philosophie. Philosophisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Platz der Universität 3, D–79085 Freiburg i. Br. [email protected] Philipp Schwab, Professor für Philosophie. Philosophisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Platz der Universität 3, D– 79085 Freiburg i. Br. [email protected] Martin Walter, Gymnasiallehrer. Rodelbahn 27, D–85614 Kirchseeon. [email protected]

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Beiträger*innen

Jason M. Wirth, Professor for Philosophy. Department of Philosophy, Seattle University, 901 12th Avenue, US–Seattle, WA 98122. [email protected] Sakura Yahata, Visiting Researcher at the International Research Center for Philosophy, Tokyo University, and Visiting Scholar at the Department of Politics, International Relations and Philosophy, Royal Holloway, University of London, 5–28–20 Hakusan Bunkyo-ku, Tokyo, 112–8606, Japan. [email protected] Paul Ziche, Professor für Philosophie. Departement Filosofie en Religiewetenschap, Universiteit Utrecht, Janskerkhof 13a, NL–3512 BL Utrecht. [email protected]

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Siglen und Werkausgaben

1. Schellings Werke AA

SW

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Historisch-kritische Ausgabe, I. Werke; II. Nachlaß; III. Briefe, hg. v. Projekt Schelling – Edition und Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Stuttgart-Bad Cannstatt 1976 ff. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Sämmtliche Werke, I. Abteilung: 10 Bde. (= I–X); II. Abteilung: 4 Bde. (= XI– XIV), hg. v. Karl Friedrich August Schelling. Stuttgart/Augsburg 1856–1861.

Weitere Siglen: WA

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Die Weltalter. Fragmente, in den Urfassungen von 1811 und 1813 hg. v. Manfred Schröter. München 1946. Plitt I/II/III Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Aus Schellings Leben. In Briefen, 3 Bde., hg. v. Gustav L. Plitt. Leipzig 1869 f. Fuhrmans, Briefe I/II/III Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Briefe und Dokumente, 3 Bde., hg. v. Horst Fuhrmans. Bonn 1962–1975. Tagebücher Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophische Entwürfe und Tagebücher, aus dem Berliner Nachlaß begr. v. Hans Jörg Sandkühler, weitergeführt v. Martin Schraven. Hamburg 1994 ff.

2. Kants Werke AA

GMS

Immanuel Kant: Gesammelte Schriften, I. Abteilung: Werke (Bd. 1–9); II. Abteilung: Briefwechsel (Bd. 10–13); III. Abteilung: Nachlaß (Bd. 14–23); IV. Abteilung: Vorlesungen (Bd. 24–29), hg. v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1900 ff. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, AA 4.

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Siglen und Werkausgaben KpV KrV KU Log. MAN MS Prol. Rel.

Kritik der praktischen Vernunft, AA 5. Kritik der reinen Vernunft, AA 4 (1. Aufl.); AA 3 (2. Aufl.). Kritik der Urtheilskraft, AA 5. Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen, AA 9. Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft, AA 4. Metaphysik der Sitten, AA 6. Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, AA 4. Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, AA 6.

3. Fichtes Werke GA

Johann Gottlieb Fichte: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, I. Werke; II. Nachgelassene Schriften; III. Briefe; IV. Kollegnachschriften, hg. v. der Fichte-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Stuttgart-Bad Cannstatt 1962–2012.

4. Hegels Werke GW

TWA

DS Enz. I/II/III GuW

NR

Phän. Rph WdL

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Gesammelte Werke, in Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft hg. v. der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Hamburg 1968 ff. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke in zwanzig Bänden. Theorie-Werkausgabe, auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 hg. v. Eva Moldenhauer/Karl-Markus Michel. Frankfurt a. M. 1969–1971 u. ö. Differenz des Fichteschen und Schellingschen Systems der Philosophie, GW 4; TWA 2. Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, GW 13, GW 19–20; TWA 8–10. Glauben und Wissen oder Reflexionsphilosophie der Subjektivität in der Vollständigkeit ihrer Formen als Kantische, Jacobische und Fichtesche Philosophie, GW 4; TWA 2. Über die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts, seine Stelle in der praktischen Philosophie und sein Verhältnis zu den positiven Rechtswissenschaften, GW 4; TWA 2. Phänomenologie des Geistes, GW 9; TWA 3. Grundlinien der Philosophie des Rechts, GW 14; TWA 7. Wissenschaft der Logik, GW 11–12, GW 21; TWA 5–6.

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Siglen und Werkausgaben Ästh. I/II/III Vorlesungen über die Ästhetik, TWA 13–15. GeschPh I/II/III Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, TWA 18– 20. PhGesch Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, TWA 12. PhRel I/II Vorlesungen über die Philosophie der Religion, TWA 16–17.

5. Schleiermachers Werke KGA

Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Kritische Gesamtausgabe, im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hg. v. Lutz Käppel/Andreas Arndt/Jörg Dierken/André Munzinger/Notger Slenczka. Berlin/New York/Boston 1980 ff.

6. Platons Werke Platon

Platonis opera, 5 Bde., hg. v. John Burnet. Oxford 1900–1907.

7. Aristoteles’ Werke Aristoteles

Aristotelis opera, 5 Bde., hg. v. Immanuel Bekker. Berlin 1831–1870.

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