Räuber und Gauner in Deutschland: Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert 9783666359712, 3525359713, 9783525359716


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German Pages [206] Year 1987

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Räuber und Gauner in Deutschland: Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert
 9783666359712, 3525359713, 9783525359716

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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 20

V&R

Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft

Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka Hans-Christoph Schröder, Hans-Ulrich Wehler

Band 20 Carsten Küther Räuber und Gauner in Deutschland

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

Räuber und Gauner in Deutschland Das organisierte Bandenwesen im 18. und frühen 19. Jahrhundert

VON

CARSTEN KÜTHER

2., durchgesehene Auflage

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Küther, Carsten: Räuber und Gauner in Deutschland: d. organisierte Bandenwesen im 18. u. frühen 19. Jh./ von Carsten Küther. - 2 . , durchges. Aufl. Göttingen: Zürich: Vandenhoeck und Ruprecht, 1987 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd. 20) ISBN 3-525-35971-3 NE: GT

2., durchgesehene Auflage 1987 © Vandenhoeck Sc. Ruprecht, Göttingen 1976. - Printed in Germany. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. - Gesamtherstellung: Hubert & Co., Göttingen

Inhalt I. Einführung II. Die soziale Herkunft der Räuber 1. 2. 3. 4.

7 13

Vaganten Unehrliche Leute Zigeuner und Juden Gauner und Räuber

13 23 24 27

III. Die Banden im engeren Sinne

30

1. Klassifizierung der Gauner und Räuber 2. Vorgehen und Hierarchie der Banditen am Beispiel der großen niederländischen Bande 3. Einzelne Banden im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert 4. Die Bande des bayerischen Hiesel IV. Die Banden als Bestandteil einer illegalen Organisation 1. 2. 3. 4.

Stellenwert der Organisation Hehler, Schlupfwinkel und ,kochemer' Beamte Ausbildung und Fertigkeiten der Banditen Persönliche Bindungen

V. Das Selbstverständnis der Banditen

30 32 38 52 56 56 60 73 80 86

1. Solidarität innerhalb der Banden 2. Der Bandit als Rebell 3. Der Bandit und die Armen

86 99 105

VI. Der Bandit in den Augen des Volkes

113

VII. Die Bekämpfung des Räuber- und Vagantentums 1. Strafverfolgung im absoluten Staat 2. Gesetzliche, administrative und organisatorische Gegebenheiten 3. Die Entwicklung zum modernen Staat VIII. Zusammenfassung

121 121 127 138 145 5

IX. Anhang

150

1. Abkürzungsverzeichnis

150

2. Anmerkungen

151

3. Quellen- und Literaturverzeichnis

176

4. Namenregister

191

5. Ortsregister

195

I. Einführung Die Person des Räubers forderte zu jeder Zeit die Phantasie des Beobachters heraus. Sie wurde Gegenstand von Betrachtungen und Interpretationen, deren Quellen widersprüchliche Überlieferungen und eine große Zahl obrigkeitlicher, d. h. einseitig ausgerichteter Publikationen waren. Folglich entstand unter diesen Umständen kein Bild, das die Eigenart der Figur auch nur annähernd treffend charakterisierte. Es wurde jeweils bestimmt durch die Interessen der Herrschenden, durch subjektive Erfahrungen oft negativer Art und durch Vorstellungen, die das Räuberleben in ein idealisierend verklärendes Licht tauchten. Das Resultat war in jedem Fall ein Zerrbild. Der Räuber erschien gleichermaßen als Feind aller Menschen wie als Helfer der Unterdrückten. Er wurde beschrieben als grausam und blutrünstig, als hilfreich und edel, als brutal, kühn, zärtlich, feige, verschwenderisch, sittenlos, lasterhaft, großmütig und frei. Es gibt wohl kaum eine Eigenart, die ihm nicht zugesprochen wurde. Räuber waren um ihr Erbe gebrachte Grafensöhne, Bauern, Landstreicher, Deserteure, Offiziere oder besonders perfide Abarten des ewigen Juden. In kaum einer Darstellung, kaum einer Überlieferung oder einem Roman wurde die Person des Räubers, seine Herkunft, sein Verhalten, seine Motivation zum zentralen Gegenstand erhoben. Dem Volk erschien er hin und wieder als Helfer gegen die Willkür der Herren, öfter als Rächer begangenen Unrechts, den Herren und ihren Beamten dagegen als die Inkarnation des Bösen schlechthin. Publikationen der Justizorgane boten daher auch kein objektives Bild, waren jedenfalls einseitig ausgerichtet. Ihre Aufgabe war nicht die Darstellung und Erklärung des Räuberproblems, sondern sie wollten Anleitung zu seiner Bekämpfung geben. Die vorliegende Untersuchung, die das Räuber- und Banditenwesen1 im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert zum Inhalt hat, fragt nach der sozialen Herkunft der Banditen und nach dem Selbstverständnis und der Selbsteinschätzung, die man bei ihnen antraf. Sie versucht zugleich, die obrigkeitlichen Maßnahmen nicht als bloße Reaktion auf eine überhandnehmende Bandenkriminalität zu betrachten, sondern will sie einordnen in die gesellschaftlich-politischen Gegebenheiten des Absolutismus bzw. des Spätabsolutismus. Eine derart umfassende sozialhistorische Bearbeitung dieses Themenkomplexes ist bisher noch nicht geleistet worden und kann - um dies vorweg zu sagen - auch in der vorliegenden Arbeit allenfalls begonnen werden. Eric Hobsbawm (Sozialrebellen, 1971 und Die Banditen, 1972) betrachtete als erster den Banditen, und zwar den speziellen Typus eines Banditen mit sozialrebellischer Tendenz, unter den skizzierten Gesichtspunkten. Der Sozialbandit entstammte jedoch der bäuerlichen Bevölkerung; Hobsbawm berücksichtigte also 7

nicht die überwiegende Zahl der Banden, die sich in erster Linie aus sozialen Randgruppen rekrutierten. Das erscheint jedoch besonders reizvoll, da sich ein möglicher Ansatzpunkt für die Frage bietet, ob diese asozialen Gruppen eventuell „gesondert als eigene Schicht neben den bäuerlichen und städtischen Gemeinschaften zu behandeln" sind.2 Andere Arbeiten, die jedenfalls diesen Criminellen' Banditen zum Gegenstand haben, behandeln einen sehr stark personell oder regional eingeengten Kreis. Es handelt sich in erster Linie um Biographien einzelner Banditen oder um soziologische und volkskundliche Abhandlungen bestimmter Orte oder Landschaften. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können wegen der eingeengten Fragestellung nicht als verbindlich für das gesamte Räuber- und Bandenwesen Deutschlands angesehen werden, geschweige denn für die Lage der ländlichen Unterschichten überhaupt. Sie bilden also keinen Ersatz für eine umfassende Darstellung, die über die subjektiven Eigenheiten einzelner Personen oder die Besonderheiten bestimmter Regionen hinausgeht. Vor allzu hochgespannten Erwartungen muß allerdings auch diese Arbeit kapitulieren. Es kann lediglich der Versuch unternommen werden, den Räuber in den sozialen und politischen Kontext des achtzehnten und beginnenden neunzehnten Jahrhunderts einzuordnen. Da einschlägige Vorarbeiten nahezu völlig fehlen, ist eine erschöpfende Bewältigung des komplexen Themas schlechterdings nicht möglich. Die Zahl der aufgeworfenen Fragen wird also die Zahl der ausgearbeiteten Antworten eindeutig überwiegen. Primäres Untersuchungsobjekt ist jener Criminelle' Bandit, der meist dem ländlichen, vagierenden Lumpenproletariat* entstammte. Die ihm benachbarte Figur des Sozial- oder Bauernbanditen war bereits Gegenstand von Hobsbawms Untersuchungen, trat überdies im Bearbeitungszeitraum in Deutschland nur selten in Erscheinung. Hobsbawms Definition des idealtypischen Sozialbanditen fordert den Vergleich beider Typen heraus. Gleichzeitig muß gefragt werden, ob nicht auch der als ,kriminell' abqualifizierte Räuber über die illegale Form des Broterwerbs hinaus seine Lebensweise aus einem sicher primitiven sozialen Bewußtsein heraus motivierte und dabei auch in Übereinstimmung mit einer zahlenmäßig beträchtlichen Bevölkerungsschicht handelte. In diesem Fall wäre auch auf ihn - allerdings mit einer Einschränkung hinsichtlich des Begriffs ,Volk' - Bakunins Lobpreisung des russischen Bauernbanditen anwendbar: Der Räuber ist ein Held, ein Verteidiger, ein Retter des Volkes. E r ist der unversöhnbare Feind des Staates und der vom ganzen Staat errichteten sozialen und bürgerlichen Ordnung . .

Wie schon lange bekannt, stachen die Organisationsformen des Gauner- und Räubertums durch beachtliche Qualität hervor. Die umfassende Bandenorganisation, die durchdachte Form des Vorgehens vor, während und nach dem Raub oder Diebstahl können kaum allein mit den Erfordernissen krimineller Lebensund Erwerbsform erklärt werden. Damit stellt sich die Frage, inwieweit sich 8

hier ein gegen die etablierte Gesellschaft und den Staat gerichtetes Selbstverständnis der Banditen manifestierte, aus dem heraus sie wenigstens teilweise ihr Handeln begründeten. Beim Versuch, das Entstehen und den schließlichen Niedergang eines derartigen entwickelten Bandentums herzuleiten, muß auf die zugrunde liegenden politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten des Bearbeitungszeitraumes eingegangen werden. Es ist also zu fragen, ob und inwieweit die im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert ablaufenden politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen - der Wandel der absolutistischen Regierungsform, die wachsende Bedeutung des Bürgertums, die bedeutsame Zäsur der Französischen Revolution - Einfluß auch auf das Räubertum hatten. Es ist weiter zu fragen, ob diese These vertretbar ist, daß parallel zu jener Entwicklung und gleichzeitig als ihre Folge ein Wandel in der Erscheinungsform der Banden bzw. im Bewußtsein ihrer Glieder auszumachen ist. Umgekehrt: hat der Räuber als spezifisch auftretendes Mitglied unterprivilegierter Bevölkerungsgruppen einschneidende Maßnahmen des Staates bewirkt und damit seinerseits, wenn auch in vergleichsweise bescheidenem Maße, den Wandel mit beeinflußt? Grundlage der Untersuchung sind größtenteils unveröffentlichte Materialien aus den Staats- und Hauptstaatsarchiven in München, Coburg, Karlsruhe, Stuttgart und Koblenz. Bearbeitet wurden Inquisitionsakten, Verhörsprotokolle, Korrespondenzen zwischen verschiedenen Gerichten, sowie ζ. T. gedruckte Steckbriefe, Gaunerlisten, Geständnisse und Erlasse zur Bekämpfung des Gauner- und Räuberwesens. Das Archivmaterial stammt also zur Hauptsache aus Mittel- und Süddeutschland sowie aus dem Rheingebiet. Das waren die Landschaften, in denen sich das organisierte Räubertum besonders beeindruckend entwickelt hatte. Die Form der Banden, wie sie aus den genannten Quellen rekonstruiert werden kann, ist allerdings auch in Norddeutschland und weiter im Osten feststellbar und wird nur geringfügig durch regionale Besonderheiten geographischer, wirtschaftlicher oder politischer Natur modifiziert. Die Uniformitäit der Banden wird durch verschiedene aktenmäßige Veröffentlichungen bestätigt, die zunächst spärlich, zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts jedoch in größerer Zahl überall in Deutschland erschienen und die bei aller Einseitigkeit der Darstellung enorme Sachinformationen vermitteln. Zusammengefaßt wurden diese Publikationen später durch Ave-Lallement (Das deutsche Gaunertum, 1. Aufl. 1858-1862, 2. Aufl. 1914). Allerdings ist auch dieses umfangreiche und immer noch unentbehrliche Werk als eine obrigkeitliche Veröffentlichung zu werten. Als weitere Quellen sind noch einige Zeitungen zu nennen, beispielsweise die „Mittheilungen zur Beförderung der Sicherheitspflege" und besonders die ersten Jahrgänge des „Bayerischen Regierungsblatts". Die Quellen stammen also - entsprechend der Fragestellung - aus allen Teilen Deutschlands. So soll vermieden werden, daß eventuelle regionale Eigentümlichkeiten generell allen Banden zugesprochen werden. Selbstverständlich wurde auf die Gebiete besonderer Wert gelegt, die als Schwerpunkte des Ban-

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denwesens angesehen werden müssen. Es ist wohl unnötig, darauf hinzuweisen, d a ß auf die erschöpfende Auswertung großer Archivbestände, die f ü r das Thema noch von Relevanz wären, verzichtet werden mußte. Dennoch scheint die Quellengrundlage gleichermaßen solide wie auch weitgespannt genug zu sein, um die Schlußfolgerungen f ü r den deutschen Raum zu rechtfertigen. Die Untersuchung beschränkt sich bewußt auf die skizzierte - ohnehin schon recht breit gefaßte - Frage. Einige bedeutsame Bereiche des gesamten Themenkomplexes wurden nur insoweit mit einbezogen, als es f ü r die Behandlung des zentralen Problems unumgänglich war. Daher steht eine längst fällige Arbeit über die Vagantenbevölkerung noch aus. Die Frage nach dem Bild des Räubers aus der Sicht der Bevölkerung, sein Auftauchen als ,edle* Romanfigur etwa, konnte ebenso nur beiläufig berührt werden wie einige rechtshistorische Fragen, die Existenz einer eigenständigen Gaunerlyrik und verschiedene Probleme im Zusammenhang mit der Geschichte des Judentums in Deutschland. Die Vielzahl der noch offenen Fragen ergibt sich aus der jahrzehntelang gepflegten Abneigung des Historikers, sich mit den sozialen Randgruppen der vorindustriellen Gesellschaft zu befassen. Eine eingehendere Untersuchung hätte den Rahmen dieser Arbeit gesprengt. Der Versuch, alle deutschen Banden des Bearbeitungszeitraums vollständig aufzuzählen und lokalisieren zu wollen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. H ä u f i g wurden einzelne Banden in ihrem U m f a n g von den Behörden nicht erkannt und tauchten also nicht als solche in den vorliegenden Quellen auf. Ebenso häufig lösten sie sich etwa bei Verschärfung der Polizeimaßnahmen auf und traten einige Zeit später an anderer Stelle in geringfügig veränderter Zusammensetzung erneut hervor. Aus diesem Grunde läßt sich in den meisten Fällen auch kein geschlossenes Gebiet ausmachen, in dem eine bestimmte Bande ausschließlich geraubt hätte. Die Notwendigkeit, gegebenenfalls vor überraschenden Nachstellungen fliehen zu müssen, führte dazu, daß die Banden - von einigen Ausnahmen abgesehen - hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, des Zeitraums, in dem sie auftraten, und ihres regionalen Wirkungskreises nur mit Schwierigkeiten eindeutig festzulegen waren. Unter diesem Vorbehalt sind auch die beiliegenden Kartenskizzen zu beurteilen; sie sollen lediglich einen ungefähren Einblick über U m f a n g und Verbreitung der Banden gestatten. Unterhalb der Ebene der bestehenden Staaten hatte sich eine Unterwelt organisiert und, ohne sich um die ,offiziellen' Grenzen und Machtverhältnisse zu kümmern, die buntscheckige Landkarte Deutschlands in ihrem Bereich verfremdet. Die Skizzen mögen als Versuch gelten, die im Folgenden beschriebene ,illegale Staatenwelt', organisatorischer Ausfluß einer ,Gegengesellschaft' in Konkurrenz zur etablierten, kartographisch zu erfassen. Mit folgenden Banden und einzelnen Räubern und Dieben befaßt sich die Untersuchung im einzelnen: 4 Nickel List stammte an sich aus dem Sächsischen und verübte dort auch seine ersten Diebstähle. Er wurde dann durch jüdische Komplizen auf Objekte in der Gegend südlich von H a m b u r g aufmerksam gemacht und plünderte insbesondere 10

die Kirche des Klosters St. Michael in Lüneburg. Er starb 1700 in Celle unter dem Rad. Lips Tullian raubte und stahl vorwiegend in Böhmen und Mitteldeutschland und wurde nach langer Haft in Dresden im Jahre 1715 geköpft. Etwa zur selben Zeit trat die Bande der Gebrüder Gürtler in der fränkischen Alb in Erscheinung und wurde besonders von Eichstätt aus mit Steckbriefen verfolgt. Die starke Bande des Krummfingers-Balthasar trieb Mitte des achtzehnten Jahrhunderts im fränkisch-thüringischen Raum ihr Unwesen, unterhielt jedoch auch Verbindungen nach Böhmen, Süd- und Westdeutschland. Sie wurde offenbar nie völlig zerschlagen. Die Banden der Bockreiter bestanden in wechselnder Stärke und Intensität von ca. 1740 bis 1770 in den Niederlanden und vor allem westlich von Aachen. Verschiedene Räuberbanden, u. a. die des Jakob Gaul, trieben sich Mitte des achtzehnten Jahrhunderts im Rheingebiet herum. Sie taten sich auch wohl jeweils bei Bedarf mit einheimischen Räubern in den Niederlanden wie auch im Elsaß und in Süddeutschland zusammen. In der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts gelangten im Südwesten Deutschlands und in der Schweiz einige Gauner und Räuber zu beachtlicher Berühmtheit. Namentlich aufzuführen sind der Sonnenwirthle - Schillers „Verbrecher aus verlorener Ehre" - , der Zigeuner Hannikel und der Konstanzer Hans, der in Gefangenschaft ein Wörterbuch der Gaunersprache verfaßte. Zur selben Zeit traten dort einige starke und straff geführte jüdische Banden auf und der berüchtigte Wirt Weiß mit seinen Genossen. Eine außergewöhnliche Erscheinung war der Wilddieb und Bauernrebell Mathias Klostermayer, der sogenannte bayerische Hiesel aus der Gegend von Augsburg. Raub und Diebstahl wurden von seiner Bande nur in Ausnahmefällen praktiziert; ihre Hauptbeschäftigung war mehrere Jahre lang die intensiv betriebene Wilderei. Klostermayer wurde 1771 in Dillingen gerädert. Die Überfälle einer Bande von Postwagenräubern in den achtziger Jahren des Jahrhunderts verteilten sich auf die Orte in ganz Deutschland. Die zahlenmäßig relativ schwache, nach ausgeklügeltem Plan vorgehende Bande wurde nach Untersuchungen in Thiersheim und Aschaffenburg zerschlagen. Am Ende des achtzehnten Jahrhunderts berichtete ein Denunziant von einer besonders umfangreichen Bande, deren Angehörige offenbar regelmäßig zwischen Schwaben und Sachsen pendelten. Die verschiedenen Unterformationen der großen niederländischen Bande, die sich in der Hauptsache aus Juden zusammensetzte, machten etwa von 1790 bis 1805 das gesamte Rheingebiet bis hinab nach Mainz unsicher. Wichtige Anführer waren der berüchtigte Picard, die Gebrüder Bosbeck, der Fetzer, Damian Hessel und Adolf Weyers. Einzelne Ableger der Bande reichten bis in die Pariser Gegend und an die bayerische Grenze. Noch 1810 und 1815 errichteten verschiedene Niederländer, die vor verstärkten Sicherheitsmaßnahmen ausgewichen waren, eigene ,Filialen' ζ. B. in der Nähe Lübecks, in Mecklenburg, im

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südlichen Hannover, in Hessen und Schwaben. Selbst 1823 wurde noch ein aufsehenerregender Prozeß gegen die Nachfolger der Niederländer in Franken geführt. Um 1800 existierten im ,Einzugsbereich' der Niederländer noch einige kleinere Banden, die in der Hauptsache eigene, bescheidenere Raubzüge in ihrem begrenzten regionalen Rahmen unternahmen. In erster Linie ist die Bande des Schinderhannes auf dem Hunsrück zu nennen. Daneben bestanden im Odenwald und am Main um 1800 einige Banden, die zwar niederländisch beeinflußt waren, jedoch weitgehend in eigener Regie vorgingen. Daher erschienen die Aktionen der Räuber um den sogenannten Hölzerlips eher hausbacken im Vergleich zu denen der Kollegen aus dem Norden. Zur selben Zeit durchzog eine Mordbrennerbande Preußen und Teile des südlichen Mitteldeutschlands, unternahm auch wohl einzelne Streifzüge bis nach Polen hinein. Zwei Angehörige der Bande, Horst und seine Geliebte Delitz, wurden 1813 in Berlin durch Verbrennen hingerichtet. Auf Quellenmaterial über diese Banden und allgemein über den Zeitraum von 1700 bis 1820 stützt sich die folgende Darstellung also in erster Linie. Wie bereits gesagt, kann die vorstehende Liste keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sicher reichen aber die Unterlagen aus, um ein authentisches Bild der Banden in jenem Zeitraum zu zeichnen. Die vorliegende Arbeit hat Ende des Jahres 1974 der Philosophischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Dissertation vorgelegen. Ich danke meinen Lehrern, Freunden und Bekannten, die mir mit R a t und Kritik zur Seite standen. Besonders verpflichtet bin ich Professor Dr. Karl Bosl, unter dessen Anleitung die Arbeit geschrieben wurde, Wolf Schäfer, von dem die ersten thematischen Anregungen kamen, und den Herausgebern der »Kritischen Studien«, die f ü r eine ausgedehnte Diskussion der Arbeit die Zeit fanden. Dr. Richard Bauer aus München sei stellvertretend f ü r alle Sachbearbeiter genannt, die mir in den verschiedenen Archiven zur Seite standen, und Dr. Wolfgang Till und Angelika Baumann übernahmen freundlicherweise das Korrekturlesen. Gleichzeitig mit dem D a n k habe ich die Bitte um Entschuldigung an diejenigen zu richten, deren begründete Anregungen ich nicht oder doch nur teilweise berücksichtigen konnte; ihre Erwartungen werden von diesem Buch möglicherweise enttäuscht werden.

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II. Die soziale Herkunft der Räuber 1. Vaganten 1 Das Räubertum, seine Erscheinungsformen, die Intensität seines Auftretens, seine Verbreitung und zahlenmäßige Stärke, waren zweifellos von den jeweiligen politischen, sozialen und ökonomischen Gegebenheiten bestimmt. Am Beginn dieses Kapitels, das den Versuch macht, die sozialen Grundlagen des Räubertums zu umreißen, muß daher eine kurze Skizze des absoluten Staates stehen, unter dessen Herrschaft sich die Banden zu höchster Vollkommenheit entwickelt hatten. 2 Im Unterschied zur früheren ständischen Monarchie regierte der Fürst im absoluten Staat nach außen hin ohne verfassungsmäßige Einschränkung; er hatte die traditionellen Elemente ständischer Mitregierung weitgehend ausgeschaltet. Bei Ausübung seiner Macht stützte er sich in erster Linie auf ein stehendes Heer und auf einen hierarchisch gegliederten Beamtenapparat. Materielle Grundlage seiner gesteigerten Macht war das merkantilistische Wirtschaftssystem, das die Wirtschaft staatlichem Einfluß und staatlicher Planung unterwarf. Neue Produktionsformen, wie ζ. B. die Manufakturen, wurden in größerem Ausmaß gefördert, das Land verkehrsmäßig erschlossen und landwirtschaftlich nutzbar gemacht. Das waren im positiven Sinne folgenreiche Entwicklungen, die unter dem Absolutismus in Gang gesetzt wurden, doch beharrte er namentlich im Bereich der gesellschaftlichen Verfassung auf den traditionellen Bindungen. So war wohl das politische Gewicht des Adels durch die Entmachtung der Ständevertretungen stark gemindert worden, doch legte auch der absolute Fürst nicht Hand an die Privilegien, die sich aus der Grund- und Gutsherrschaft ergaben. Der Adel behielt also speziell im lokalen Bereich, ζ. B. in der Gerichtsbarkeit, seine alte Machtstellung. Damit verstärkte sich noch die Wirkung der sozialen Disziplinierung, die ein wesentliches Merkmal des absoluten Staates war und als deren Folge der Bürger in seiner subalternen Stellung als .Untertan' bestätigt wurde. Ausgangspunkt der Disziplinierung waren der Fürst und die Kirche, die ein neues Bündnis eingegangen waren, und unmittelbar wirksam wurde sie durch Schule, Heer, Beamtentum und die merkantilistisch geführte Wirtschaft. Die Abhängigkeit des Untertanen wurde also bestätigt, wenn nicht gar verstärkt. Geblieben war die Obrigkeit des Lokalherren, und hinzugekommen war als neues Gewicht der umfassende Herrschaftsanspruch des absoluten Fürsten, der sich in neuer Form Geltung zu schaffen wußte. Die angestrebte Durchdringung des Lebens durch obrigkeitlich bestimmte Disziplin erschien als harte Reglementierung der geistigen und physischen Entfaltungsmöglichkeiten des einzelnen, und dieser Um13

stand wurde nur geringfügig durch das zugrunde liegende Motiv abgemildert, daß dem einzelnen Unterstützung und H i l f e f ü r alle Belange des Lebens gegeben werden sollten. An der Situation der inneren Verfassung der Staaten änderte sich - was den Untertanen anbetrifft - auch grundsätzlich nichts, als sich unter dem Einfluß der Aufklärung der Absolutismus weiterentwickelte. Denn diese Entwicklung bezog sich in erster Linie - zweifellos bedeutsam genug - auf die Staatsauffassung. Für den Monarchen des aufgeklärten Absolutismus war nicht mehr das Wohl der Krone allein maßgebend, sondern f ü r ihn stand der Staat an erster Stelle. Die Einstellung wurde bestimmend f ü r den Ausbau des modernen Staates ifli neunzehnten Jahrhundert. Andererseits beharrten jedoch auch die aufgeklärten Herrscher weiter auf überkommenen Verfassungselementen. Zwar waren „Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der überlieferten Scheidung des Volkes in Geburtstände" in Frage gestellt, doch wagte man es nicht, diese Gliederung etwa im Sinne einer modernen Konstitution radikal zu verändern. 3 Damit blieb es also bei der sozialen Schichtung, an deren Spitze der privilegierte Adel stand, gefolgt von einem nicht privilegierten, aber immerhin freien Bürgertum und von der Masse der unfreien, abhängigen Bauern. Gleichzeitig setzte sich allerdings die Auffassung durch, daß Reichtum und Glück eines Volkes in erster Linie eben von den arbeitenden und produzierenden Menschen geschaffen würden, 4 also von den Bauern und Gewerbetreibenden, die in keiner Weise Anteil an der politischen Macht hatten. Sie wurden nun als Stützen des Staates, soweit bei der starren Sozialverfassung möglich, immerhin stärker geschützt und gefördert. Es ist unnötig zu unterstreichen, daß diese beiden Gruppen mit mehr als 80 % den Löwenanteil der Bevölkerung der deutschen Staaten ausmachten. Noch 1847 wurde bei den österreichischen Provinzen, die zum Deutschen Bund gehörten, festgestellt, daß 69 % der Einwohner durch die Landwirtschaft und 13 % durch das Gewerbe beschäftigt und ernährt wurden. 5 Außerhalb dieser überkommenen sozialen Rangleiter existierte jedoch noch eine Randgruppe, die in den ersten statistischen Aufstellungen des frühen neunzehnten Jahrhunderts kaum erwähnt wurde: die Vagantenbevölkerung. Diese Schicht war nun alles andere als produktiv und war folglich mehr Gegenstand staatlicher Verfolgung als staatlicher Fürsorge. Die Vaganten waren die „Mittellosen und Entwurzelten, die, aus der Gesellschaft ausgestoßen, schonungslos einem ewigen Wanderleben, der Landstraße, preisgegeben waren".' Die Quellen, aus denen der Strom der Fahrenden sich speiste, sind noch nicht eindeutig lokalisiert. Als Gründe können zunächst die zahlreichen Kriege des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts angeführt werden, die die Landstraßen mit versprengten Soldaten, mit Deserteuren und mit vertriebenen Bauern bevölkerten. Wandernde Handwerksburschen fanden Gefallen am ungebundenen Leben, Bauern mußten nach Mißernten ihren Hof aufgeben, und ordentliche, seßhafte Bürger wurden durch wirtschaftlichen Ruin oder durch eine 14

Teuerung als Bettler auf die S t r a ß e getrieben. D o r t vermischten sie sich teilweise mit der großen Z a h l der geborenen V a g a n t e n , die sich einzeln oder im Familienverband häufig schon seit Generationen als F a h r e n d e durchschlugen. 7 Aus welchen Gründen sie auch immer auf dem L a n d e umherzogen, ob ihnen im einzelnen selbst eine ,Schuld' an ihrem Schicksal zuzumessen w a r oder nicht die V a g a n t e n w a r e n jedenfalls einer Situation ausgesetzt, die ihnen zunächst k a u m eine Existenzmöglichkeit ließ. Sie w a r e n d a z u v e r d a m m t , sich in einer W e l t durchzuschlagen, in der sie allenfalls geduldet, ständig mit A r g w o h n bet r a c h t e t und oft verfolgt wurden. Eine Möglichkeit, ihren Status aus eigener K r a f t zu ändern, hatten sie nur in den seltensten Fällen. D a s H e i m a t r e c h t w u r d e ihnen v o n den Gemeinden v e r weigert, d a jeder O r t verpflichtet w a r , für seine A r m e n zu sorgen. 8 Die S c h r a n ken der Zunftordnungen w a r e n z w a r nicht unüberwindlich, doch erschwerten sie für den V a g a n t e n

in jedem Fall die Ausübung eines eventuell

erlernten

H a n d w e r k s als Seßhafter. Die meisten der verbleibenden typischen V a g a n t e n berufe

(Scherenschleifer,

Löffelschnitzer,

Korbflechter,

Wannenflicker

etc.)

machten einen erneuten Ortswechsel spätestens dann notwendig, wenn jeder H a u s h a l t der gastgebenden Gemeinde mit den jeweiligen Erzeugnissen

oder

Dienstleistungen versorgt w a r . D a s Vagieren w a r E r f o r d e r n i s des Berufs. D e r S t a d t d i r e k t o r Ρ fister V a g a n t e n Philipp

Müller,

aus Heidelberg schilderte 1 8 1 1 den Lebenslauf des

des sogenannten stumpf armigen

Zimmermanns:

Geboren in einem Darmstädtischen rein lutherischen Orte, war er als kleiner Knabe seinem Vater, angeblich wegen der Härte seiner Stiefmutter gegen ihn, entlaufender diente als Schweinehirtenjunge in verschiedenen Orten. Ein bemittelter Zimmermann aus Mannheim fand ihn in diesem Zustande, nahm sich seiner an, ließ ihn im Waisenhause zu Mannheim erziehen und lernte ihn seine Profession. Nun war er aber in jenem Waisenhause katholisch erzogen worden; dieses und sein nachheriger langer Dienst unterm Pfälzischen Militär hinderten ihn, nachdem er strupirt [!] war [er hatte bei Ausübung seines Berufs einen Arm verloren] in seinem Geburtsorte Unterkunft zu finden; auch fehlte es ihm, da er nicht mehr arbeiten konnte, an Mitteln, sich in einem festen Wohnsitze zu ernähren. [Er zog also im Lande umher und ernährte sich und seine Familie, indem er eine Meerschweinchenzucht gegen Geld ausstellte; seine Frau und seine Töchter fertigten und verkauften überdies Tragringe.] Wenn man einmal meine Meerschweinchen in einem Orte gesehen hat, so ist dort auf geraume Zeit kein Verdienst mehr für mich, und haben meine Weibsleute, so sagte er, einmal ein Dorf mit neuen Tragringen versehen, so ist dort auf lange Zeit nichts zu thun. Unser Gewerb macht also einen steten Wandel unumgänglich nöthig. Wollten wir es von einem festen Punkt aus betreiben, so würden die Reisen zu groß werden, auch jener feste Sitz allen Zweck für uns verlieren; denn wer sollte die Kinder versorgen, wann ich mit meinen Schweinchen, meine Frau mit den Ringen umherzöge? In einem festen Wohnsitze müßte ich herrschaftliche Abgaben geben, Wachen und Frohnden leisten, Hausmiethe bezahlen; alles dieses fällt bei meinem wandernden Leben hinweg. Und meine Kinder würde ich in stetem Wohnsitze überdies auch nicht ernähren können; so aber fehlt dieses nicht. Klagt eines Hunger, so hänge ich ihm ein Bandelier Tragringe um und schicke ihn in das nächste D o r f ; kauft man ihm nichts ab, so giebt man doch dem Kinde ein Stück Brod, und handelt man ihm den Kreuzer, welchen es mehr zu fordern angewiesen ist, ab, so bedingt es sich dagegen ein Stück Brod, welches man ihm willig giebt, und sein Hunger ist gestillt, oft auch der seiner Geschwister und Eltern, wenn es gut geht. Also der stumpfarmige Zimmermann;

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- und was läßt sich wol gegen seine praktische Lebensphilosophie einwenden, so lange für Menschen seiner Art nicht auf andere Weise gesorgt ist? - und seiner Art Menschen giebt es so viele!'

Die Behauptung des Müller-Sohnes Konrad, „man habe es nur so gemacht, daß man sich ehrlich durchgeschlagen; übrig hätten sie nicht viel gehabt", 10 wurde von Pfister stark angezweifelt - mit Recht, wie sich später herausstellte. Die Gewinne, die ein Vagant auf legale Weise erzielen mochte, konnten nur in den seltensten Fällen hinreichen, ihn und seine Familie zu ernähren. Es war folglich nur ein kleiner Schritt über die Bettelei zum Diebstahl, zumal die Bitte um ,milde Gaben' ohnehin oftmals schon einen eher fordernden Charakter trug. Von Almosen konnte oft nicht die Rede sein, denn die Vaganten „ertrotzen diese reichlichen Gaben wie einen schuldigen Tribut, und Niemand wagt es, ihnen denselben zu versagen". 11 Ein 15jähriger Vagant beschrieb in einem Koblenzer Verhör seinen Bettelgang in Begleitung einer älteren Vagantin: . . . Lies hätte die Anforderung gethan und zu der H o f f r a u gesaget: sie wäre von ihren Leuthen [zwei in der Gegend berüchtigten Vaganten und Dieben] auf den H o f geschicket worden, um Butter, Käß, Brod, und Fleisch von Ihr der H o f f r a u ab zu nehmen. Frage: O b die Lies nicht noch mehr verlangt hätte? J a die Lies hätte auch noch ferner 3 Manns=Hembder der H o f f r a u abgefordert. 1 2

Einige Männer, die zufällig anwesend waren, seien jedoch „widerspenstig" geworden, hätten den Jungen festgenommen, während die Lies entwischen konnte. Der Vagant versuchte sich also hin und wieder gezwungenermaßen als Dieb, ließ zunächst bei einem Bettelgang ζ. B. einige Kleinigkeiten mitgehen, ging wohl später auch zu kapitaleren Fischzügen über. Zwar mußte nicht unbedingt jeder Angehörige der Bevölkerungsschicht kriminell werden, doch zeugt eine Behauptung wie: „Verbrecher zu werden ist auch in solchen Sippen individuelles Schicksal", 13 von gänzlicher Mißachtung der unzureichenden wirtschaftlichen Lage und des Status als sozialer Außenseiter. Eventuell auftauchende Skrupel konnte der Vagant schon deswegen leicht unterdrücken, da ihn ohnehin alle Welt als Dieb einschätzte und er schon oft genug von der Obrigkeit als Verdächtiger behandelt worden war. Die Behörden trugen nämlich in ihrer Beurteilung und Behandlung des Vagantenunwesens der tatsächlichen Situation durchaus Rechnung. Aus zeitgenössischen Mandaten geht jedenfalls hervor, daß die Möglichkeit, als Landstreicher auf ehrliche Weise leben zu können, kaum einer Überlegung für wert erachtet wurde. Bekämpft wurde deswegen ausnahmslos die gesamte vagierende Bevölkerung. 14 Vaganten mußten damit rechnen, daß man mit ihnen ohne alle Ceremoni mit Versändung auff die Galleeren, oder auch mit Ohren abschneiden, Finger abhauen, Rutten»Züchtigung, auch wol anderen Leibs= und nachgestalten Dingen gar mit Lebens*Straffen denen Kayserlichen Rechten, Reichs=Constitutionen, und Lands=Statuten gemäß verfahren werde. 15

16

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1 ? * c "Ο ΐ • δ ΐ § 3 5

Andere Erlasse u n d E d i k t e sahen z w a r etwas differenziertere Strafen u n d M a ß n a h m e n vor, verdeutlichten aber dennoch das beabsichtigte rigorose V o r gehen gegen das f a h r e n d e Volk. Als Beispiel sei hier nur ein P a t e n t des Schwäbischen Kreises aus dem J a h r e 1734 erwähnt, das den lokalen Polizeibehörden bindende Richtlinien zur Behandlung f a h r e n d e r Leute bot. D a n a c h mußten reisende H a n d w e r k s b u r s c h e n Attestate ihres letzten Meisters vorweisen können. Deserteure w a r e n a u f z u f a n g e n , nach Reisenden ohne Pässe sollte in allgemeinen Streifen gefahndet werden. Einheimische Bettler u n d Vaganten sollten in ihre H e i m a t o r t e geschickt, ausländische ausgewiesen werden. W u r d e man d a nach erneut aufgegriffen, h a t t e m a n mit Strafen zu rechnen: bei einmaliger Überschreitung mit Züchtigung u n d anschließendem Schwören der U r f e h d e ; bei der zweiten Überschreitung mit Rutenausstreichen (Prügelstrafe) und Brandm a r k u n g ; bei der dritten Überschreitung mit H i n r i c h t u n g . In derselben Weise konnte mit vagierenden Pfannenflickern, Hausierern, Spielleuten u n d f r e m d e n J u d e n v e r f a h r e n werden, wobei im Verhör auch die T o r t u r a n g e w a n d t werden d u r f t e . Geständige oder ü b e r f ü h r t e Angehörige von „Diebs= Jauner= u n d Zigeuner=Banden" w a r e n „ohne langwierigen P r o z e ß zum T o d e zu condemniren" u n d z w a r die M ä n n e r durch das R a d , Frauen u n d K i n d e r über achtzehn J a h r e durch den Strang. Banditen, die sich bei der Festnahme wehrten, w u r d e n sogleich erschossen, Gefangene, wie oben beschrieben, hingerichtet. K o n n t e ein Aufgegriffener nicht z u m T o d e verurteilt werden, w u r d e er nach einer Leibesstrafe - ζ. B. O h r abschneiden - ausgewiesen oder zur Zuchthausarbeit angehalten, u n d Kinder unter achtzehn J a h r e n w a r e n im Christentum zu unterrichten. Weiterhin w u r d e n - o f f e n b a r w a r das notwendig - die einheimischen Beamten zur Sorgfalt a u f g e f o r d e r t u n d die Obrigkeiten der benachbarten Stände des Schwäbischen Kreises mit unbestimmten M a ß n a h m e n bedroht, falls sie „dergleichen b o ß h a f f t e s Gesind in ihrem Gebiet dulden, oder solches wegen scheuender Unkosten nicht abstraffen . . Als Feinde der Gesellschaft, als „politische Blutigel" galten sie alle: Jeder S t a a t . . . hat unter seinen Mitgliedern auch solche Auswürflinge, welche ihren Unterhalt und die Bedürfnisse, die sie selber erwerben könnten, bei Faulheit und Müßiggang andern entweder als Diebe oder als Bettler abnehmen. 17

I n einem Atemzuge mit diesen Bettlern und Dieben w u r d e n die Landstreicher genannt. 1 8 U n t e r solchen Umständen mußten einige Vaganten auf dem H u n s rück im J a h r e 1779 noch f r o h sein, als sie nach viertägiger Arbeitsstrafe wieder entlassen u n d ausgewiesen w u r d e n . Sie w a r e n z w a r des Diebstahls verdächtig, doch erschien der V e r d a c h t zu vage, u m die Kosten f ü r eine längere Kriminaluntersuchung zu rechtfertigen. Eindeutig nachgewiesen w u r d e n u r die L a n d streicherei. 19 Auch in den Listen des O b e r a m t m a n n s Schaffet von Sulz steht das W o r t „ j a u n e r " direkt als Synonym f ü r „Vagant". 2 0 In einem Sachsen-Coburgischen Poenal-Patent von 1746 werden diese J a u n e r oder G a u n e r - ein eindeutig kriminell gefärbter Begriff - folgendermaßen definiert: 17 2

Rüther

. . . unter dem Nahmen der Jauner aber alle diejenigen mit begriffen sind, so nirgends einen gewissen Aufenthalt, oder beständiges häusliches Wesen, auch keine glaubwürdige neue Pässe von ihrer Obrigkeit und ordentliche Nahrung und Gewerb haben, noch suchen, und womit sie sich ehrlich ernähren, nicht darthun können. 21

Gemeint war hier also die gesamte Vagantenbevölkerung. Zwar kann man 1811 bei Rebmann, dem .deutschen Jakobiner' im Dienste der französischen Republik, ein gewisses Verständnis f ü r die Lage des fahrenden Volks feststellen: Wenn der denkende Richter Bettler sieht, die von brodlosen Landstreichern hinter dem Zaune geboren, zu keiner Arbeit, als zum Betteln angehalten, heimathlos und unvermögend ihr Brod zu verdienen, ohne Unterricht und Erziehung aufgewachsen, aus N o t h und Müßiggang stehlen, und in einer Art von Krieg mit der Gesellschaft, der sie durch kein Band angehören, leben; so kann er sich nicht verheelen, daß diese Menschen werden mußten, was sie sind, und daß der Staat, der sich begnügt sie zu hängen, oder, um die Kosten zu ersparen, sie dem Nachbar zusendet, im Grunde nur Wirkungen bekämpft, deren Ursachen er sich selbst zuzuschreiben hat, so lange er nicht für Erziehung, für Polizei, für Unterricht, für Arbeits» und Zuchthäuser sorgt. Der Richter straft dieß Gesindel, weil er gleichsam die Nothwehr des Staates auszuüben verpflichtet ist; aber so wenig als man im Grunde den Habicht oder den Marder hassen kann, den man freilich wegschaffen muß, weil er uns nur schadet, eben so wenig kann man Menschen hassen, welche zu Landstreichern und Dieben wurden, weil sie es durch ihre Lage werden mußten. 22

Letztlich nützte dem Vaganten ein differenzierendes Problembewußtsein bei einzelnen Richtern allerdings nur wenig, zumal hier faktisch der Grundsatz legitimiert wurde: der Schuldige hat das Recht, sein O p f e r zu bestrafen - aus Notwehr! Das fahrende Volk bildete augenscheinlich spätestens seit dem siebzehnten Jahrhundert eine eigene soziale Schicht, die möglicherweise gleichgeordnet neben die des städtischen Bürgertums und der Bauern gestellt werden muß. 23 Die Vagantenschicht war nicht nur Keimzelle einer qualifizierten Kriminalität, wie sie das organisierte Räubertum darstellte, sondern war zugleich nahezu identisch mit einem internationalen Gaunertum. Diese Gauner trieben insbesondere seit der Französischen Revolution - in etwas gemäßigterer Form auch schon vorher - in ganz Europa ihr Wesen. Sie machten „aus dem Betteln und Stehlen ein ordentliches Handwerk". 2 4 Der zahlenmäßige U m f a n g der Vaganten- und Gaunerbevölkerung im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert ist nicht eindeutig zu ermitteln, da exakte statistische Unterlagen fehlen. Eine zeitgenössische Schätzung aus dem Jahre 1782 ging so weit, die Zahl der Bettler, Vaganten und des sonstigen Gesindels auf „beynahe ein Drittheil Menschen" zu beziffern, 2 5 eine Schätzung, die sicherlich zu hoch lag. Andere Zahlen gestatten, wenn auch nur in einem engeren regionalen bzw. zeitlichen Rahmen, ein genaueres Bild. Der badische H o f r a t Friedrich August Roth führte in seiner Jaunerliste 3127 Individuen auf, die um 1800 Schwaben und die angrenzenden Länder unsicher machten. 2 " Seine Steckbriefliste war eine Zusammenstellung aus mehreren Aufstellungen, die seit ca. 1785 in der Gegend erschienen waren 27 und dürfte den Informa18

tionsstand der zuständigen Behörden recht genau wiedergeben. Im „Abriß des Jauner und Bettelwesens in Schwaben" aus dem Jahre 1793 wurde die Zahl der Jauner mit 2726 angegeben.28 Ein Vierteljahrhundert später nahm Schwencken diese Zahl als Grundlage einer entsprechenden Berechnung für ganz Deutschland und kam so auf einen Wert von ca. 12 000 bis 15 000. 2 ' Dabei ist zu berücksichtigen, daß in diesen Zahlen die Bettler seltsamerweise nicht eingeschlossen sind, obwohl kein einleuchtender Grund für die Annahme vorliegt, weswegen sie auf die Dauer ihren Unterhalt auf ehrliche Weise hätten sichern können; ihre Zahl belief sich nach dem „Abriß" allein in Schwaben auf mindestens 6000.80 Ein eindrucksvolles Bild vom Umfang des Bettels vermittelt der Bericht des Kammergutsverwalters Löhner zu Schweighof im Coburgischen vom Jahre 1771. Ich habe mich entschloßen gehabt, und habe vor eine löbliche hohe Ritter Landschafft zu Coburg 100 Srn. Korn und 100 Srn. Waitzen käuflich zu überlaßen. Ich glaube aber, es wird wohl eine Unmöglichkeit werden, weilen ich eine gantz andere Repardition machen muß, zumahlen weiln das Betteln so einreißet, und überhand nimmt, daß ich alle Tage nur zwey Leib Brod vor die Armen haben muß, und will ich es gar gering die Wochen hindurch nur vor ein Halb Sämmern zu Brod anschlagen, daß vor die Bettel leuth aufgehet. Und wann der graußamen Betteley nicht gesteuret werden soll, so muß ich das Jahr nur vor die Bettel leuth 23 Srn. Getraydt haben. Und wenn ich das Sämmern nur pro 5 rthl. aufschlage, so macht es schon eine Summa von 125 rthl. vor Brod aus, ohne die Bettelpfennig, welche sich noch extra auf 50 rthl. belaufen, die sie ohnedem noch fast die Helfte derer Bettel leuth bekommen. Mithin ich vor die Bettel leuth 175 rthl. weggeben muß, welches ich Ew. HochEdelgebohren ergebenst berichten, und anbey unterthänigst bitten wollen, solches bey hoher Herzoglichen Landes Regierung zu Coburg anzuzeigen, damit der unerträglichen Land- und Leuth verderblichen frembten Betteley, welches die Theuerung noch mehr befördert, gesteuret werden möchte . . .S1

Um 1800 wurden in Bayern kleinere Militärkommandos in den einzelnen Gerichtsbezirken eingesetzt, die für die Sicherheit auf dem Lande sorgen sollten. Eine ständige Polizeitruppe war in den deutschen Staaten bis dahin noch unbekannt. Die „summarischen Verzeichnisse" des Militärkordon über die Anzahl der aufgegriffenen fahrenden Leute sprechen eine beredte Sprache und gestatten wohl den exaktesten Einblick.32 Die einzelnen Individuen wurden entweder in ihre Heimat transportiert, ausgewiesen oder den Gerichten zur Untersuchung übergeben. Für den Zeitraum von 1806 bis 1815 wurden folgende Zahlen veröffentlicht: 33 193 178 47 6 156 1 389 955 7 795

Mörder Straßenräuber Mordbrenner Diebe Betrüger Schwärzer (Schmuggler) inländische Deserteure 19

2'

43 5 67 42

449 129 343 743 485 1 604 4 822 40 673 46 631 269 592

ausländische Deserteure entflohene Kantonisten männliche Vaganten weibliche Vaganten und Kinder Wildschützen Holzfrevler Hausierer Polizeiübertreter Bettelleute Summe

1813 wurde in Bayern eine Gendarmerie nach französischem Vorbild eingesetzt, die eine Zeitlang parallel zum Militärkordon - bis zu dessen Auflösung Dienst tat, ohne daß eine der beiden Formationen über mangelnde Beschäftigung zu klagen hatte. 34 Die neue Polizeitruppe griff in den Etats-Jahren 1813/14 bis 1815/16 folgende Personen auf: 3 5 33 Mörder 44 Straßenräuber 9 Mordbrenner 1 453 Diebe 389 Betrüger 817 Schwärzer 1 150 inländische Deserteure 2 290 ausländische Deserteure 2 319 entflohene Kantonisten 17 016 männliche Vaganten 10 647 weibliche Vaganten und Kinder 134 Wildschützen 3 435 Hausierer 836 Holzfrevler 8 984 Polizeiübertreter 17 688 Bettelleute 67 244

Summe

Insgesamt wurden also in der Zeit von 1806 bis 1816 mehr als 330 000 Verhaftungen vorgenommen. Diese Zahlen bedürfen wegen der recht willkürlichen Systematisierung der aufgegriffenen Personen einer näheren Erläuterung. Nicht alle Angehörigen der aufgeführten Gruppen können dem fahrenden Volk zugerechnet werden. Die Schwärzer (Schmuggler), Wildschützen und Holzfrevler waren sicher durchweg seßhaft, die Deserteure - namentlich die inländischen - und die entlaufenen Kantonisten dürften auch nur vorübergehend durch die herrschenden kriegerischen Zeiten auf die Straße getrieben worden sein; sie waren sicher keine 20

originären Vaganten. Allerdings bestand bei ihnen die Gefahr, daß sie - durch den Kriegsdienst oder andere plötzliche Eingriffe von außen aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus gerissen - in eine Gegenposition zur Gesellschaft gedrängt wurden. Am Ende einer solchen Entwicklung konnte dann tatsächlich das Leben als Vagant und schließlich als Bandit stehen. Nach vorsichtiger Rechnung, unter Berücksichtigung der Vaganten selbst, der Hausierer, Bettler, teilweise der ausländischen Deserteure und des größten Teils der überführten Diebe, Betrüger und Mordbrenner, belief sich die Zahl der aufgegriffenen tatsächlichen Landfahrer nach diesen Listen in Bayern auf mehr als 200 000. Dieser Wert gewinnt noch an Signifikanz, wenn man sich vergegenwärtigt, daß über Jahre hinweg Monat für Monat 2000 bis 3000 und mehr Individuen in einem relativ straff organisierten Flächenstaat aufgefangen wurden. In den kleinen selbständigen Territorien Frankens und Schwabens fanden die Vaganten zumindest bis zur Mediatisierung entschieden günstigere Bedingungen und waren dort entsprechend häufiger anzutreffen. Dabei war offensichtlich das Netz der Sicherheitskräfte auch in Bayern bei weitem nicht ohne Lücken. Das geht schon aus der Tatsache hervor, daß sich zur Zeit, als die Gendarmerie etabliert wurde, die Quoten des Militärkordon nicht übermäßig verringerten. Sie lagen vorher bei jährlich 25 000 bis 35 000 (ζ. T. höher), später immerhin noch bei 20 000, während gleichzeitig die Quoten der Gendarmerie für die drei vorliegenden Etats-Jahre sukzessive stiegen: 11 000 - 24 000 31 000. Die Gesamtsumme hatte sich also während dieser Periode erheblich erhöht. Diese Zahlen können allerdings nicht als absolute Werte betrachtet werden. Viele der aufgegriffenen und dann ausgewiesenen ausländischen Vaganten versuchten, an anderen Stellen die Grenze erneut zu überschreiten, auf einer anderen Route das bayerische Gebiet zu durchqueren. Allerdings bemühte man sich seitens der Behörden, eine Rückkehr so schwierig wie möglich zu machen. Der aufgegriffene Vagant erhielt keinen allgemein gültigen Paß im modernen Sinne, sondern eine Art Laufzettel, nach dem er auf dem kürzesten Wege seinen angegebenen Zielort oder seine Heimat aufsuchen mußte. Bei mehrfacher Festnahme konnte er auch nicht mehr im erforderlichen Maße, sei es durch Bettel, Diebstahl oder gar Arbeit, für seinen Unterhalt sorgen und riskierte zudem als unverbesserlicher Landstreicher in ein Arbeitshaus gesteckt zu werden oder u. U. sogar einen Inquisitionsprozeß, falls er sich irgend etwas hatte zuschulden kommen lassen. Und welcher Vagant hatte schon ein reines Gewissen! Verbindlichere Angaben über die Zahl der eventuell doch doppelt erfaßten Individuen wären reine Spekulation. Setzt man nun jene 200 000 Vaganten, die in Bayern zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts aufgegriffen wurden, in Relation zur Gesamtbevölkerung Bayerns - um 1805 ca. 1 32 1 000 3e dann ergibt sich ein Wert von etwa 15 °/o. Sicher müßten solche Zahlen noch weiter erhärtet werden, doch ermöglichen sie m. E. schon jetzt ein recht klares Bild vom zahlenmäßigen Umfang der ländlichen Unterschicht und gestatten 21

zugleich, ähnliche Verhältnisse für die Jahre vor 1805/6 anzunehmen. Unter Berücksichtigung aller möglichen Einschränkungen läßt sich wohl behaupten, daß die Vagantenpopulation im achtzehnten Jahrhundert mehr als 10 % der Gesamtbevölkerung ausmachte. Andeutungsweise wird das noch durch andere Werte für Bayern bestätigt. Auch in früheren Jahren wurden mit Unterbrechungen und in geringerem Umfang Militärkommandos zur Bekämpfung des fahrenden Gesindels in die einzelnen Ämter und Gerichte verteilt. In den drei Jahren von 1796 bis 1798 griff man insgesamt 2100 Vaganten und mindestens eine ebenso hohe Zahl anderer Verdächtiger auf und übergab sie rigoros den Gerichten. 37 Von Oktober 1801 bis September 1802 wurden 8821 Personen erfaßt, von denen 6654 als Vaganten, Hausierer und Bettler klassifiziert wurden. 88 Der Kordon wurde dann wieder eingezogen - man hatte zur Zeit der napoleonischen Kriege eine andere Verwendung für Soldaten - und ab 1804 erneut eingerichtet. Von Februar dieses Jahres an bis Juli 1805 wurden 25 832 Personen registriert, davon wiederum 14 485 Vaganten, Hausierer und Bettler.39 Schon ein halbes Jahrhundert zuvor konnten Vorläufer des Kordons in Bayern ,erfolgreich' eingreifen. Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bestand kurzzeitig eine 76 Mann umfassende „frey Compagnie" unter dem Kommando eines Hauptmanns Bünder, und „in Zeit von 7 Monathen wurden an Vaganten, Dieb, und Rauber eine Zahl von beyläufig 1400 Mann eingebracht". 40 Die Erfolgsquoten eines „frey Corps" von ca. 200 Mann, das von 1773 bis 1775 Dienst tat, sind nicht bekannt." Weitergehende Untersuchungen über die Vagantenpopulation wären, wie gesagt, sicherlich zu begrüßen. An dieser Stelle bleibt nur die Möglichkeit, durch Darlegung der aufgeführten Zahlen einen ungefähren Überblick über ihren Umfang zu geben. Diese Angaben gestatten eine Vorstellung von den Existenzmöglichkeiten der Vaganten einerseits und von den Belastungen, die daraus für die seßhafte Bevölkerung folgten. Die agrarisch strukturierte, vorindustrielle Gesellschaft war kaum in der Lage und auf jeden Fall nicht willens, eine Gruppe Unproduktiver, die mehr als 10 % der Gesamtbevölkerung ausmachte, noch zusätzlich zu ernähren. Auf der anderen Seite fehlte es an der Möglichkeit, sie in den Arbeitsprozeß zu integrieren - ζ. T. wurde dieses Problem auch wohl gar nicht als solches gesehen. Als einziges Mittel zur Bewältigung des Vagantenunwesens schien sich die Strafverfolgung anzubieten. Doch deren Wirkung blieb aus Gründen, die noch näher darzulegen sind, zunächst ausgesprochen bescheiden. Es leuchtet ein, daß die immense Zahl der Vaganten den Kampf ums bloße Überleben für den einzelnen noch schwieriger, man kann wohl sagen: aussichtslos, machte, wenn er sich auf die Dauer mit den gesetzlich zulässigen Mitteln bescheiden wollte. Bilder von der „Bettlerlust" und vom ,freien Vagabundenleben' erscheinen so als Resultate einer späteren, romantisierenden Betrachtungsweise, die den Betroffenen selbst fremd geblieben sein dürfte."

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2. .Unehrliche Leute'43 In recht enger Nachbarschaft zum fahrenden Volk standen die ,unehrlichen Leute', denn auch bei ihnen konnte eine gewisse Affinität zum vagierenden Leben festgestellt werden. Ebenso standen sie in relativer Nähe zu jeder Art von Eigentumskriminalität, wenn auch die ,Unehrlichkeit' zunächst noch keinen strafrechtlichen, sondern vielmehr einen sozialen Sachverhalt bezeichnete. Mit ,unehrlich' wurde die geminderte Rechtsstellung von unehelichen Kindern bezeichnet, von Scharfrichtern, Abdeckern (Wasenmeistern), Schäfern, Zöllnern, Stadtbütteln, Köhlern etc. und eben auch von Vaganten. Sie alle waren vom Rat, Gericht, von der Aufnahme in die Zünfte und vom ehrlichen Begräbnis ausgeschlossen. Ursprung und Begründung der Unehrlichkeit' sind nach wie vor nicht gänzlich geklärt. Betroffen waren die Angehörigen unsauberer Gewerbe- und Handelszweige, Menschen, die niedere und verwerfliche Dienste verrichteten, oder Entwurzelte, die für das gesamte soziale Gefüge entbehrlich erschienen. Daneben war noch das Moment der ,Ansteckung' von besonderer Bedeutung. Die Berührung eines Henkers oder nur des Galgens konnte ζ. B. die Unehrlichkeit' zur Folge haben.44 Die Sonderstellung wurde durch die wirtschaftliche Situation noch bestätigt. Zwar stand nicht bei allen Vertretern dieser Berufe die wirtschaftliche Notlage unbedingt im Vordergrund. Abdecker konnten so u. U. über durchaus beträchtliche Einkünfte verfügen, doch waren sie in der Regel kaum hinreichend. Im allgemeinen war es so das soziale Stigma der ,Anrüchigkeit' zusammen mit der meist mehr als dürftigen wirtschaftlichen Lage, die den ,Unehrlichen' in den psychologischen Vorraum' der Kriminalität versetzte. Angehörige .unehrlicher Berufe' finden sich jedenfalls in weit größerer Zahl in den Steckbrieflisten, als ihr prozentualer Anteil an der Bevölkerung eigentlich erwarten lassen würde.45 Auch diejenigen, denen kein Verbrechen selbst zur Last gelegt werden konnte, standen durchweg in engem Kontakt mit Banditen, indem sie ζ. B. mehr oder minder bereitwillig Unterschlupf gewährten. Johann Georg Grasel48 und Schinderhannes, beide berüchtigte Räuber des frühen neunzehnten Jahrhunderts und selbst Abdeckerssöhne, konnten bei ihren Streifzügen die Nächte bei Berufsgenossen verbringen, mit denen sie zusätzlich noch häufig persönliche Bande verknüpften: wegen ihrer verachteten, isolierten Stellung heirateten die Abdekker fast nur untereinander und waren daher vielfach miteinander verwandt oder verschwägert. Zudem waren die Abdeckereien als Schlupfwinkel besonders geeignet, da sie wegen der geringen sozialen Position ihrer Inhaber, auch wohl wegen der Geruchsbelästigung - immerhin wurden hier ja Tierkadaver verwertet - meist am Rand oder außerhalb der Ortschaften gelegen waren. Auch die Behausungen anderer ,unehrlicher Leute', Schäfer und Kohlenbrenner ζ. B., standen relativ einsam. Für ihre Bewohner folgte daraus eine direkte Notwendigkeit, sich mit den Banditen zu arrangieren; sie hätten sich andernfalls, schutzlos, wie ihre Häuser lagen, deren Rache ausgesetzt. Die sozial geringgeachtete Stellung und die geringe Einträglichkeit des Ge23

werbes (beides relativ unveränderliche Tatsachen für den Betroffenen) boten den Anlaß für die Anfälligkeit der ,unehrlichen Leute' zu Räuberei, zu allgemein antisozialer Lebensführung. Dieser Umstand verstärkte noch die .Anrüchigkeit' ihres Standes in der Beurteilung ihrer Umwelt.47 Zwar gab es Versuche, den ,circulus vitiosus' zu durchbrechen. Eine Broschüre, Ende des siebzehnten Jahrhunderts erschienen, bemühte sich, den Beruf des Nachrichters, der oft in Personalunion mit dem des Abdeckers ausgeübt wurde, von seinem Makel zu befreien: die Notwendigkeit des Berufs wird aus der Bibel hergeleitet. In früheren Zeiten habe das Amt des Scharfrichters sogar zu den Pflichten von Königen, Priestern, Soldaten, Beamten gehört, oder es sei vom Volk selbst wahrgenommen worden.48 Doch drangen derartige Stimmen kaum durch, auch dann nicht, als im achtzehnten Jahrhundert Naturrechtler und Aufklärer eine· Revision der Stellung der .Unehrlichen' forderten. Noch 1804 bescheinigte ein bürgerlicher, aufgeklärter, in Diensten der französischen Republik stehender Beamter, daß ein „Abdecker von der niedrigsten Classe" - gemeint war Schinderbannes - nur „wenig Begriff hat" von Ehre und „Schaamhaftigkeit" f sein späterer Werdegang war demnach geradezu vorgezeichnet. Erst im Verlaufe des neunzehnten Jahrhunderts wurde die Rechtsposition der,Unehrlichen' faktisch beseitigt.

3. Zigeuner und Juden In ähnlicher Form wie die ,unehrlichen Leute' sahen sich die Angehörigen ethnisch-religiöser Minderheiten in ein sozialpolitisches Abseits gedrängt: die Juden und die Zigeuner. Die letzteren waren als die Inkarnation des unsteten Wanderlebens ein besonderer Dorn im Auge der Sicherheitsorgane. Sie stammten an sich aus Indien und tauchten erstmals zu Beginn des fünfzehnten Jahrhunderts in Deutschland auf. Um 1500 erschienen sie in größerer Zahl und sahen sich alsbald heftigen Verfolgungen durch die einheimischen Behörden ausgesetzt. Nahezu grotesk klingt ein kaiserlicher Erlaß aus dem Jahre 1544, in dem die steigende Zahl der Zigeuner beklagt wurde. Darauß wir nicht änderst vermueten noch gedencken / dann das dieselben / durch der hailigen Christenhait Erbfeindt den Türcken / und seinen Pundtsverwanndten / den Königk von Frandcreidi / als unser und des Reichs Vheinde / verordnet und bestellt s e i n . . . 50

Einzelnen Edikten und Verordnungen des siebzehnten und frühen achtzehnten Jahrhunderts zufolge konnten Zigeuner ohne Begründung, geschweige denn Urteil, getötet werden. Sie waren vogelfrei! Ein Gutachten der juristischen Fakultät Tübingen, das 1714 anläßlich des Prozesses gegen den Zigeuner Johannes Zeller, den sogenannten Bontebub, angefordert worden war, bezog sich auf einen früheren Erlaß: Als vornemlich, daß des 12ten Octob: 1612 schon ergangen scharffe Crayß Edict, welches in hoc ducatu per omnia approbirt worden, gegen die betrettene Zügeiner auß-

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truckenlich dahin disponirt; daß nemlich alle Zügeiner, zumahl sine strepitu judicij, und ohne einigen weiteren Process; bloß und allein [im Original unterstrichen] umb ihres verbottenen Lebenswandels und bezeugten Ohngehorsams halber, mit dem Schwerdt und nach Befinden mit höherer Leibes und Lebensstraff hingerichtet werden sollen.51 An den Grenzen des Fürstentums Sachsen-Coburg wurden 1713 Tafeln mit folgender Inschrift errichtet: Allen Ziegeunern / männ* und weiblichen Geschlechts / und was denselben anhängig / wird hiermit ernstlich anbefohlen / das Fürstenthum Gotha a dato 15. Octobr. 1713 binnen vier Wochen gäntzlich zu räumen / und nirgends weiter zu betreten oder zu gewarten / daß sie sodann mit Ruthen ausgestrichen und gebrandtmarcket / dann ferner nach Verfliessung anderer vierzehen Tage / wann sie freventlich wieder kämen / und die Brand=Marque an ihnen sich findet / ohne allen Proceß ufgehangen werden sollen. Wornach sich zu richten.52 Der fränkische Kreiskonvent erließ im Jahre 1710 einen ähnlichen Befehl; tatsächlich wurde 1724 in Berneck an siebzehn Zigeunerinnen „mit barbarischer Strenge" die Todesstrafe vollzogen. Eine Gruppe von zwanzig gefangenen Frauen wurde auf die Richtstätte geführt, wo man ihnen das ,Urteil* eröffnete. Jedoch sollte jede von ihnen, die „ein sicher und gewißes Mittel sagen und anH a n d geben Könne und Wolle, durch Welches die Zigauner= und Diebs=Rotte entdecket und erobert werden Körne?", begnadigt werden. Die Frauen wurden einzeln vorgeführt und befragt und - sofern sie die Denuntiation verweigerten oder nur die Bereitschaft zur Denuntiation nicht glaubhaft und eindringlich genug vorbringen konnten - vor den Augen der Mitgefangenen sofort „an einen Baum gehencket". Fünfzehn von dieser Gruppe fanden so den Tod, zwei weitere folgten vier Wochen später. 53 N a c h einem bayerischen Mandat des Jahres 1719 wurden Zigeuner nach Ablauf einer Frist von vierzehn Tagen von Publikation des Erlasses an gerechnet f ü r vogelfrei erklärt. Bezeichnend ist, daß hier die Begriffe .Zigeuner* und ,Rauber' synonym gebraucht wurden. 54 Überhaupt wurde die Bezeichnung .Zigeuner' recht sorglos angewandt. D a ihre charakteristische Lebensweise das unstete Umherziehen war, wurden auch die anderen Vaganten teilweise mit dieser Klassifikation belegt. Zweifellos t r i f f t zu, d a ß ein beträchtlicher Teil der Vagantenbevölkerung von den Zigeunern herstammte, daß sich aus ihnen die relativ geschlossene Gruppe der sogenannten Jenischen' entwickelte, die besonders im Gebiet der Saar und im Elsaß meist im Familienverband umherzogen. 55 Wenn auch die Möglichkeit der vererbten Neigung zum Vagantenleben, zu Räubereien und Überfällen, nicht prinzipiell geleugnet werden kann, so darf doch dieses Moment keineswegs überschätzt werden. 56 Die Trennung der Vaganten in eine Gruppe, die zigeunerisch beeinflußt wurde und eine andere, die rein aus der seßhaften, einheimischen Bevölkerung hervorging, ist schlechterdings unmöglich, f ü r diese Untersuchung auch nicht notwendig. In ihrer wirtschaftlichen Zwangslage und ihrem sozialen Status waren beide gleichgeordnet. Eine gewisse Sonderstellung nahmen jedoch die 25

reinblütigen Zigeuner ein, die in dem überkommenen Rahmen ihres Stammes oder ihrer Sippe nach eigenen Sitten und Maßstäben, die f ü r die Umwelt fremdartig blieben, ein relativ eigenständiges Dasein führten. 5 7 Hier wäre die „parasitäre Lebensweise" 58 eventuell aus genetischen Gegebenheiten herzuleiten; sie war nicht überwiegend Folge wirtschaftlicher N o t oder sozialer Ächtung. Als Angehöriger eines Volkes mit eigener Kultur, eigenen Wertvorstellungen und Traditionen konnte dem Zigeuner seine Stellung im Rahmen der ihn umgebenden Gesellschaft gleichgültig sein. Es ist durchaus denkbar, ja wahrscheinlich, d a ß Zigeunersippen geschlossen Raubüberfälle unternommen haben, eine ,Erwerbsform', die dem Charakter ihres nomadischen Lebens sicher entsprochen hat. Durch die intensiven Verfolgungen jedoch und durch die unter dem Absolutismus einsetzenden Versuche, die Zigeuner seßhaft zu machen, sie zu .domestizieren', wurden die Stammesverbände sukzessive zerstört. Der Zigeuner integrierte sich spätestens jetzt in die .Subkultur' der Vagantenpopulation und wurde mitbestimmend f ü r ihre Erscheinungsform, die sich durch eigene Rechtsvorstellungen und die spezifische Lebensform von der Umwelt unterschied. Die prinzipiell ähnlich abgesonderte Stellung der Juden erklärt sich aus religiösen und kulturellen Vorbehalten ihrerseits und seitens der christlichen Bevölkerung, der christlichen Gesellschaft. 59 Die sozialen und wirtschaftlichen Sonderregelungen sind so zu begründen; sie vermittelten der nichtjüdischen Bevölkerung ein negatives Bild des Juden schlechthin. Die berufliche Einschränkung auf den Handel ließ die Klischeevorstellung vom Schacher- und Wucherjuden entstehen. Seine mißachtete soziale Stellung bewirkte eine jüdische Solidarität, die über die eigentlichen religiösen Belange hinausreichte und offenbar in ein gewisses antisoziales Selbstverständnis' mündete. Das geschah nicht etwa aus einer antisozialen Grundhaltung heraus - viele Juden hatten zweifellos die Fähigkeit und weitgehend die Bereitschaft, sich in die Gesellschaft zu integrieren - , sondern weil diese Gesellschaft sich als eine ,christliche' verstand. Die .antisoziale' Einstellung des Juden ergab sich so aus einer ,antichristlichen'. Wohl mochten die jüdischen Gauner und Vaganten zu einem gewissen Grade Ausgestoßene der jüdischen Gemeinschaft sein.®0 Doch deuten verschiedene Momente auf eine geschlossene gesellschaftliche Einstellung der Juden in tendenziell gegengesetzlicher Ausformung hin: jüdische Hehlerei, jüdische Diebswirte, die den eher überregionalen Aktionsradius jüdischer Banditen eigentlich erst ermöglichten. Auch existieren genügend Beispiele dafür, daß jüdische Delinquenten noch auf dem Richtplatz auf ihrem Glauben beharrten, obwohl sie durch die Taufe ihr Los zumindest hätten erleichtern können. Offensichtlich verstanden auch sie sich als ,religiöse' Juden, und ihre Standhaftigkeit fand auch bei seßhaften, sozial weitgehend integrierten Glaubensgenossen Anerkennung. Noch um 1800 waren Stellungnahmen relativ selten, die sich wie die folgende bemühten, eine Erklärung f ü r das gesellschaftsfeindliche Auftreten der Juden zu finden. 26

Wenn ein ganzes Land gegen ein Häuflein nicht«christlicher Mitbürger in offenem Bunde lebt, wie es das dasige Volk [in der Hunsrück-Gegend] gegen die verfolgten Juden war, wenn alle Strolchen gegen diese Elenden gehezt werden, ist es ein Wunder, wenn die Verlaßnen in Betrug und Ränken Nothwehr und Rache üben? 61

Der anonyme Autor der Schinderhannes-Biographie entdeckte hier also im Verhalten der Bevölkerung den Juden gegenüber eine Feindseligkeit, die sich später zum ,modernen' Antisemitismus auswachsen sollte. Juden werden in den Quellen stets im Zusammenhang mit Räuberei und Diebstahl genannt. Im Mittelalter waren sie die Inhaber des Hehlerprivilegs, das den Betreffenden ermächtigte, für Diebesgut, das er auf dem Markt gekauft hatte, vom rechtmäßigen Besitzer den halben oder gar den vollen Preis zu verlangen.62 Noch im neunzehnten Jahrhundert wurden meistenteils Juden als Hehler angegeben. Juden waren gleichzeitig die bevorzugten Opfer einzelner Banditen, ζ. B. des Schinderhannes, erfuhren überdies dann die Schadenfreude ihrer nichtjüdischen Nachbarn. 63 Andererseits setzte sich um 1800 die größte überhaupt bestehende Räuberbande, die sogenannte große niederländische Bande, zum weitaus überwiegenden Teil aus Juden zusammen. Ihr Chronist berichtete mit Erstaunen vom Verhalten dieser Räuber: [Sie waren] gewiß nicht von der furchtsamen Classe dieses Volkes. Wir dürfen nur des einzigen Beyspiels erwähnen, daß mehrere den Säbel in der Hand sich dem französischen den Beraubten zu Hülfe eilenden Militaire widersetzt haben, und mit Wunden auf der Stirne und auf der Brust gefallen sind. 64

Die hier ausgedrückte Verwunderung verweist auf die sonst übliche Vorstellung vom ,unkriegerischen' und .feigen' Juden und mag ihre aktuelle Parallele in Kommentaren über militärische Erfolge der Israelis in jüngster Zeit finden.

4. Gauner und Räuber Aus Angehörigen der aufgeführten soziologischen Gruppierungen setzten sich die Räuberbanden zum weitaus überwiegenden Teil zusammen. Hinzu kämen eventuell noch anlagemäßig abnorm und asozial strukturierte Menschen. Beispiele dieses Typus traten allerdings bei den organisierten Räubern nur sehr selten erkennbar auf, sei es, daß ihre Zahl ohnehin nur sehr gering war, sei es, daß sie sich eher als Einzelgänger versuchten. Denn für einen Asozialen, der jeder gesellschaftlichen Ordnung abgeneigt war, war in den Banden meist kein Platz - mochten diese zunächst auch als noch so lockere Zusammenrottierungen erscheinen (oder vielleicht gerade deswegen). Wenn nun diese gesamte, meist vagierende, ländliche Unterschicht größtenteils auch beinahe zwangsläufig außerhalb des gesetzlichen Rahmens stand und das internationale Gauner- und Verbrechertum seiner Zeit verkörperte, so gab es doch gravierende Unterschiede in der Lebensweise, in der Form der Reaktion auf die offenbare soziale Ungerechtigkeit. Die Mehrheit der Vaganten suchte 27

sich gewissermaßen den Weg des geringsten Widerstandes, bemühte sich, in der durchweg feindlichen Umwelt zu überleben ohne anzuecken, reagierte daher meist passiv auf das unverschuldete Elend. Die illegalen Handlungen beschränkten sich auf die vagierende Lebensweise selbst - man war allein durch seine Existenz kriminell vom Standpunkt des Gesetzes aus - auf einige kleinere, in eigener Regie begangene Diebstähle, auf subalterne, nicht sehr einträgliche Mitwirkung an größeren Unternehmungen, auf Randfunktionen als Mitwisser, als Bote und kleiner Hehler. War man durch solch eine Lebensführung an sich auch schon den drastischen Strafen seiner Zeit verfallen - schon auf Rückfalldiebstahl stand der Tod 8 5 - so befand man sich doch noch in relativer Sicherheit. Bagatellstraftaten geschahen in so großer Zahl, daß man kaum zur Rechenschaft gezogen werden konnte. K a m es überhaupt zu einer Untersuchung, dann stiegen die Kosten schnell an, namentlich wenn der Inquisit ein alter, in vielen Verhören erprobter Vagant war. Dabei blieb immer unsicher, ob ein Urteil durchgesetzt werden konnte. Die Behörden insbesondere der kleineren selbständigen Staaten Mittel- und Süddeutschlands scheuten diese Ausgaben und schoben Verdächtige meist sofort über die Grenzen zum Nachbarn ab, wenn sie sie nicht gar im eigenen Land gewähren ließen. Aus dieser Praxis wäre auch die im Verhältnis zur Kopfzahl der Vagantenpopulation geringe Zahl der Hinrichtungen zu erklären.®6 Eine kleinere Gruppe des fahrenden Volks reagierte in anderer Form - als Räuber. Die Gründe f ü r ihr abweichendes Verhalten mochten in der Persönlichkeit des einzelnen liegen: sie waren wohl meist die brutalsten, o f t die energischsten, u. U. die intelligentesten Vertreter der ganzen Bevölkerungsgruppe. Die Frage und damit eines der Hauptthemen dieser Untersuchung ist nun, ob ihre Lebensweise auch Folge eines höher qualifizierten Bewußtseins von den sozialen Bedingungen ihrer Unterprivilegierung war. Sie erschien jedenfalls als aktive Reaktion, als entschiedener Kampf gegen die Reicheren und Glücklicheren, die man vielleicht auch im Verdacht hatte, sie könnten Schuld tragen am eigenen Elend. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß die Grenze zwischen Gauner und Räuber unscharf blieb, sich ständig verschob und keine klare Unterscheidung gestattete. Viele kleine Diebe und Vaganten waren einem Raubüberfall nicht grundsätzlich abgeneigt, sobald sich nur die Möglichkeit bot, einem erfahrenen, vertrauenswürdigen' Meister des Fachs, der die Gewähr f ü r das Gelingen des Überfalls bot, zu folgen. Man wagte wohl auch einmal, in eigener Regie einen einzelnen Reisenden auf der Straße um seinen Mantelsack zu erleichtern. Andererseits war sich auch ein namhafter, gefürchteter Räuber o f t nicht zu schade, als Marktdieb oder auch nur als männlicher Schutz seiner stehlenden Mätresse sein Brot zu verdienen. Dennoch stellte der Raub schon wegen der angewandten Gewalt eine besondere Qualität dar. Natürlich war der gewaltsame Raub auch noch nicht Endpunkt einer technischen Entwicklung. Einzelne, meist auch sehr erfolgreiche Räuber bildeten sich selbst zu außerordentlich geschickten Dieben aus. Sie waren in der Lage, jedes 28

Schloß mit den primitivsten Mitteln zu öffnen, arbeiteten mit Vorliebe im Geheimen und räumten insbesondere Banken und Postbüros aus.67 Diese technisch außerordentlich versierten Diebe paßten sich gewissermaßen den gesellschaftlichen Entwicklungen an, nutzten Schwächen der gesellschaftlichen Institutionen für ihre Belange aus und blieben bei ihren oft enorm lukrativen Unternehmungen meist anonym. Für eine derartige Verfahrensweise war neben Geschick und Intelligenz offenbar auch ein gewisses Maß an Bildung notwendig. Damian Hessel hatte ζ. B. bereits in der Ausbildung zum Geistlichen gestanden (daher sein Spitzname Stutentgen)e8 und Nickel List hatte sich intensiv mit der „Arznei-Kunst" befaßt und wurde von seiner Umgebung ,Doktor* genannt." Die meisten Banditen hatten jedoch niemals eine Schule besucht. Deswegen schon mußte der ,kunstvolle* Diebstahl die Ausnahme bleiben. Zudem mochte die Räuberei dem mißachteten, entrechteten Vaganten näher liegen. Das fahrende Volk setzte sich also aus verschiedensten Gruppen und Individuen zusammen. Es gab Unterschiede der Religion, der Volkszugehörigkeit, der Bildung, der Intelligenz. Dennoch verband sich die heterogene Masse unter dem Druck wirtschaftlicher Not und sozialer Ächtung zu einer relativ geschlossenen Schicht. Verstärkt wurde diese Entwicklung durch die staatlichen Verfolgungsmaßnahmen; sie wurden von den Fahrenden als unrecht empfunden, und sie reagierten darauf, indem sie ihre Selbstschutzmaßnahmen entsprechend weiterentwickelten. 70 Schließlich erschien das Vagantentum in der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts nicht mehr als bloße Summe landfahrender Individuen, sondern in recht klaren Konturen als Schicht von Illegalen mit einer eigenen Organisation, die den Bedingungen der ständigen Auseinandersetzung mit dem Staat angepaßt war.

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III. Die Banden im engeren Sinne 1. Klassifizierung der Gauner und Räuber Die Räuber und Diebe übten Raub und Diebstahl als regelrechten Beruf aus. Sie hatten die Brücken zum bürgerlichen Leben hinter sich abgebrochen. Es gibt keine Beispiele dafür, daß sich ein Räuber nach einem besonders einträglichen Beutezug zur Ruhe gesetzt und sich in die .offizielle' Gesellschaft integriert hätte. Selbst wenn er sich irgendwo als Krämer oder Schankwirt niederließ, blieb er doch, gewollt oder gezwungen, seinem alten Handwerk als Hehler oder Diebswirt verbunden und nahm auch dann noch eine wichtige Stelle ein in einem Organisationsnetz, das die Räuber zum Überleben benötigten.1 Um die Wirksamkeit dieser Organisation zu gewährleisten, mußte ihr personaler Rahmen möglichst weit gespannt sein. Der Hausierer und Krämer wirkte als ,Baldover' (Kundschaft), der Landstreicher als Bote, der Wirt als Unterschlupfgeber und Hehler; nahezu die gesamte vagierende Bevölkerung war einbezogen. So griff die Organisation des Räubertums weit über den Rahmen der .eigentlichen' Banden hinaus. Hier lag dann eine der Hauptgefahren: die meist bewußt spärlich gehaltenen Informationen eingefangener Randfiguren konnten zusammengefaßt dennoch an Bedeutung gewinnen und letztlich Anlaß zur Entdeckung und Aufhebung der ganzen Bande geben.2 Auf jeden Fall aber ermöglichen sie es dem heutigen Historiker, ein halbwegs exaktes Bild der Banden zu entwerfen. Innerhalb der Banden selbst herrschte im allgemeinen nur dann eine straffe Hierarchie und Rangordnung, wenn es unmittelbar bei Unternehmungen notwendig wurde. Normalerweise standen die verschiedenen Banditen auf gleicher Rangstufe, wenn auch die Älteren, Erfahreneren und Stärkeren immer in etwas herausgehobener Stellung blieben. Sie mußten ja schließlich beim nächsten Coup wieder die Führung übernehmen und von ihnen hing der Erfolg eines Überfalls in erster Linie ab. Beide Teile des Organisationsschemas, die eigentlichen Banden selbst und das darüber hinausreichende Netz von Verbindungen und Abhängigkeiten, das als gewissermaßen erweiterte Bande anzusehen ist, erfüllten zusammen die technischen Aufgaben bei Abwicklung der Überfälle und gewährten die notwendige Sicherheit gegen Nachstellungen. Man kann mit einigem Recht behaupten, daß bis ca. 1800 die taktischen und organisatorischen Maßnahmen der Banditen, die im Folgenden eingehend beschrieben werden sollen, so überaus sinnreich angelegt waren, daß die Erfolge der Behörden bei ihrer Bekämpfung ausgesprochen bescheiden blieben. Häufig stößt man in den einschlägigen Quellen auf Hinweise für eine Spezialisierung der Banditen, die es ihnen ermöglichte, sich hervorragend auf die An30

strengungen der Polizeibehörden des absoluten Staates einzustellen.3 Schwenkken und Falkenberg, zwei namhafte Kriminalisten zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts, klassifizierten die Räuber und Diebe nach ihren bevorzugten Verfahren beim Diebstahl und Überfall. Diese Aufstellung ist für die zum Teil ausgeklügelte Taktik aufschlußreich, die es gestattete, mit einfachen Mitteln Sicherheitsmaßnahmen zu umgehen. Allerdings wäre es wohl übertrieben, dieses Schema allzu straff anzuwenden. Die Gaunerklassen nach Schwencken:4 Schränker; Raub unter Anwendung offener Gewalt nach dem Muster der unten näher beschriebenen niederländischen Bande. Bezeichnungen in der Gaunersprache: „per kooch handelen" oder „ein kufches oder Chasne handelen". Zierliche Schränker; stiller, nächtlicher Einsteigediebstahl. Christliche Gauner sind hier weniger geübt als Juden. Stratekehrer; gewaltsamer Straßenraub, meist bei zufälliger Gelegenheit durch Schränker praktiziert. Mackener, Jomackener, Taldalemisch, Klutscherisch; Einschleichdiebstahl in Gasthöfen meist am hellen Tage, öffnen verschlossener, also lohnender Zimmer mit Nachschlüssel (Chlamones). Dorfmackener, Steinkuffen; Eindringen in leere Häuser, besonders auf dem Lande während der Erntezeit. Kittenschieber, Kegler; Einschieichen in meist ,bessere' Häuser kurz vor oder kurz nach Sonnenaufgang, wenn die Bediensteten die Türen bereits geöffnet haben und mit ihren ersten Tagespflichten beschäftigt sind, die Herrschaften aber noch schlafen. Häufig in Gasthäusern größerer Städte ausgeübt. Tchillesgänger; ähnlich wie Kittenschieber, jedoch Eindringen am Abend, bevorzugt bei Unwetter und meist bei Kaufleuten. Stipper; Ausrauben der Kassen in Ladengeschäften mittelst einer Leimrute, an der die Geldmünzen kleben bleiben. Die Verkäufer im Laden werden abgelenkt. Chalfen, Galfen; Betrügen beim Geldwechseln. Schottenfeiler; Verstauen ausliegender Waren in der ,Fuhre', einer Diebestasche unter dem Rock (die ,Fuhre' kann notfalls durch Zug an einer Leine geöffnet werden, so daß das Diebesgut auf den Boden fällt und der Eindruck erweckt wird, die Ware sei nur versehentlich heruntergestoßen worden). Auftreten zu mehreren, meist durch Frauen praktiziert. Torfdrucker, Gailefzieher; Taschendiebstahl durch Abschneiden der ganzen Rock oder Manteltaschen; Beutelschneiders. Chassimeshändler; Trickbetrug. Man gibt vor, eine wertvolle Ware kaufen zu wollen. Die Ware wird vom Kaufmann selbst verpackt und vom Kunden versiegelt, da er vorgibt, sie am nächsten Tag abholen und bezahlen zu wollen. Dabei wird das Paket durch ein wertloses vertauscht. Hinzu kommen noch eine ganze Reihe weiterer Spezialisten, meist Einschleichdiebe, Trickbetrüger und Falschspieler. Schwencken erwähnte die Existenz von .Universalgenies' auch unter den Gaunern, und Falkenberg milderte 31

seine schematische Einteilung zumindest hinsichtlich des Räubers, der jedes Verbrechen begehe, „da die Gewalt, welche er dabei in Anwendung bringt, den Mangel anderer Kunstgriffe und Fertigkeiten ersetzt, deren sich die Diebe eigen zu machen, bemüht sein werden."® Mit solch einer Einschätzung wurde er jedoch zweifellos dem ausgeklügelten Verfahren ζ. B. der niederländischen Räuber nidit gerecht.

2. Vorgehen und Hierarchie der Banditen am Beispiel der großen niederländischen Bande Wohl waren auch bei den Niederländern Vertreter aller ,Spezialdisziplinen' vertreten, berühmt und berüchtigt war sie jedoch durch ihre spektakulären Raubüberfälle. Dabei ging die Bande durchweg nach einem detaillierten, oft erprobten Schema vor. Sie richtete sich nicht nur nach politischen und militärischen Zeitgegebenheiten, sondern berücksichtigte sogar die psychische Verfassung der Bevölkerung. Die Bezeichnung große niederländische Bande steht als Oberbegriff für eine Reihe von Organisationen, die parallel nebeneinander oder zeitlich und geographisch verschoben wirkten und nach ihrem jeweiligen Hauptaufenthalt benannt waren: die Brabänter, Holländische, Μ ersener, Krefelder, Neußer, Neuwieder und die Westphälische Bande. Die wichtigsten Mitglieder blieben während der ganzen Zeit dieselben und veränderten lediglich ihren Wirkungskreis regelmäßig dann, wenn ihnen der Boden in ihrem alten Stützpunkt zu heiß geworden war. Insgesamt waren Aktionsradius und Verbreitung der Niederländer enorm. Etwa in der Zeit von 1790 bis 1805 machten sie das ganze Rheingebiet bis ungefähr nach Mainz unsicher. Namentlich in der Spätphase, als besonders die Maßnahmen der französischen Behörden größere Gefahr brachten, wichen einzelne von ihnen auch in entlegenere Gegenden aus, wo sie die Einheimischen in die ,hohe Schule' der Räuberei einwiesen. So überfiel im Februar 1811 eine einheimische Bande unter der Führung des rheinischen Räubers Anton Heinze, alias Peter Muus, einen Pächter in Stockelsdorf in der Nähe von Lübeck.7 Weitere berüchtigte Vertreter der Niederländer, Leibchen Schloß und Waldmann, hielten sich zur selben Zeit im Mecklenburgischen auf, und einige ihrer Komplizen bestätigten im Verhör, „daß Räuber dieser Gattung an jedem Orte leicht eine neue Bande anwerben und der öffentlichen Sicherheit durch ihre Gegenwart am leichtesten gefährlich werden können".8 Auch ein zu Beginn des Jahres 1812 von einer zwölf köpfigen Bande in Dorum, nördlich von Bremerhaven, verübter Überfall zeigte Merkmale niederländischen Vorgehens.9 Die Räuberlisten einiger ,Aktenmäßiger Geschichten' dieser Zeit (von Brill, Falkenberg, Grolmann, Pfister, Schwencken und Stuhlmüller, vgl. Literaturverzeichnis) lokalisierten Niederländer in fast allen deutschen Staaten. Die Autoren wurden den Verdacht nicht los, daß bei vielen Überfällen die .Chefs' vom 32

Rhein kamen, die die Einheimischen lediglich als Subalterne angeworben hatten. Der Räuber Adrian oder Jan Bosbek zog seit dem Jahre 1800, als sein Bruder Franz in Den Haag gehängt worden war, in ganz Deutschland umher, raubte mehrfach mit seinem alten Genossen Nicolaus Harting im Darmstädtischen, Schloß sich Seiltänzern an, diente als Knecht bei Paderborn, etablierte in Hamburg ein Matrosenbordell, arbeitete selbst zeitweilig als Seemann, wurde verhaftet, entkam, ließ sich im Wittgensteinischen nieder und handelte mit illuminierten Holzschnitten, die er selbst herstellte. Er wurde schließlich im Jahre 1811 in Marburg endgültig festgesetzt - ein Beispiel für die Mobilität dieser Banditen. Bosbek starb 1818 in der Gefangenschaft. 10 Der wohl gefährlichste der Niederländer, Abraham Picard, wurde nach langer Laufbahn erst 1805 im Amte Bergen gefaßt und starb 1807 in der H a f t in Marburg, ohne seine Identität eingestanden zu haben." Um ihn zu überführen, mußte von Marburg aus rege Korrespondenz mit auswärtigen Untersuchungsbehörden geführt werden, unter anderem mit dem Hofgericht Neuburg, wo der gefangene jüdische Gauner Low Ulmann eine exakte Beschreibung Picards gab.12 Die Beweismittel hatten jedoch offenbar nicht ausgereicht, ihn zum Tode zu verurteilen. Die Niederländer machten sich im Wirkungsraum des Schinderhannes, auf dem Hunsrück, bemerkbar und gründeten in Schwaben neue Banden. Hier hatte Peter Pindray, auch Rouchet, Laroche oder ,der Major' genannt, den Oberbefehl. 13 Es glückte sogar einmal, ihn in Donauwörth zu arretieren, doch bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, prompt wieder das Weite zu suchen.14 Wenn innerhalb der Banden auch keine ständige, straffe Rangordnung herrschte, so existierten doch verschiedene hierarchische Stufen, die je nach Anlaß und Person mehr oder minder deutlich ausgeprägt waren. Einzige Grundlage war das Verdienst des Betreffenden. Dieses System war nahezu allen Räuberbanden Mitteleuropas eigen, und die Niederländer hatten auf seiner Basis gewissermaßen die Räuberei,perfektioniert'. Eine jede der Branchen der niederländischen Bande war an sich wieder in mehrere Classen getheilt. Zur ersten Classe gehören die Chefs, die Anführer, die bey dem Raube zum Zeichen ihrer Würde das Brecheisen als Commando=Stab in Händen haben. Zur zweyten Classe gehören die Baldover. So nennen sich nähmlich diejenigen, die einen reichen zu bestehlenden Mann auswittern, ihn dem Chef anbringen, und ob sie gleich nicht mit in die Affaire ziehen, doch einen beträchtlichen Theil des Raubes erhalten. Zur dritten Classe gehören die Veteranen, Räuber, die fast im nähmlichen Rang mit dem Chef stehen und mit ihm zu Pferde oder in Chaisen an den zum Raube bestimmten oft sehr entlegenen Ort reisen, der Kern der Tüchtigsten, Kühnsten, Schlauesten der Bande; zur letzten Classe gehören die Jungens. Diese sind junge, lüderliche Bursche, die sich in oder um den zu bestehlenden Ort irgendwo aufhalten, und vom Chef oder den Veteranen nur zur Ausführung des einzelnen Raubes angeworben, und nachher wieder zurückgeschickt werden. 15

Ave-Lallements Ansicht, diese Bandeneinteilung sei nur den ländern eigentümlich gewesen, kann nicht bestätigt werden. 16 Die

NiederNieder33

3

Rüther

länder stehen sicher insofern einzig da, als sie das Prinzip einer lockeren Bandenstruktur durch eben jene Einteilung zu bis dahin unbekannter Wirksamkeit beim Unternehmen selbst brachten. In ihren Grundzügen ist die Unterscheidung der vier Ränge jedoch sogar bei an sich mehr abseits stehenden Banden wie etwa der des Bauernbanditen Mathias Klostermayer feststellbar.17 Als ,Keimzelle' der niederländischen Räubergesellschaft bezeichnete Becker die jüdische Familie Jacob, die um 1790 in der Nähe von Groningen lebte. Das Familienoberhaupt, der alte Jacob, fungierte als Dirigent im Hintergrund, da er zu alt war, um selbst aktiv mitwirken zu können. Mit einigen der wichtigsten Chefs der Bande war er verwandt: sein Sohn Abraham wurde Führer einer Bande bei Paris, einer seiner Schwiegersöhne war der in Den Haag geköpfte Franz Bosbek - zusammen mit seinem Bruder und dem später beitretenden Fetzer einer der wenigen Christen unter der Prominenz der Bande - ein zweiter der berüchtigte Picard. Nicht zuletzt die vom alten Jacob gelehrten und verbreiteten Erfahrungen, die ζ. T. Resultate einer langen Räubertradition waren und nun konsequent verfolgt wurden, ermöglichten die anhaltenden Erfolge der Bande. Er stellte beispielsweise die Maxime auf, niemals in unmittelbarer Nähe seines Hauptstützpunktes zu rauben, und diese Maxime wurde von allen seinen ,Schülern' „auf das heiligste beobachtet er wußte, wie sehr es oft darauf ankam, Zeugnisse des guten Verhaltens von der Orts-Obrigkeit und den Nachbarn vor Gerichte vorbringen zu können . . ." 18 Die Vorbereitung und Durchführung eines Überfalls lief nach einem bis ins Detail ausgeführten und erprobten Schema ab.19 Der Kundschafter oder ,Baldover', meist ein jüdischer Krämer, der nicht unbedingt zur eigentlichen Bande gehören muß, macht ein lohnendes Raubobjekt aus und teilt seine Informationen einem der Räuberchefs mit. Der ruft die Veteranen zusammen, sucht die einzelnen entweder persönlich in ihren Schlupfwinkeln, den ,kochemer Beyes',20 auf oder lädt sie schriftlich ein, sich an einem vertrauten Ort einzufinden. Diese Zusammenkunft wird nur vom ,Chef', dem ,Baldover' und den erfahrenen ,Veteranen' besucht. In diesem illustren Kreis werden die bekannten Fakten erörtert und die Durchführbarkeit des Unternehmens diskutiert. Reichen die Angaben des ,Baldovers' nicht hin, dann wird ein erfahrener Bandit, häufig der ,Chef' selbst, ausgeschickt, um an Ort und Stelle die Gegebenheiten zu überprüfen. Führer des Unternehmens bleibt in der Regel derjenige, der die Versammlung einberufen hatte. Findet sich jedoch einer der unbestrittenen ,Hauptmatadore' ein, Picard etwa oder Bosbek, so geht das Kommando meist an ihn über. Bei einzelnen Raubzügen, die besondere Probleme erwarten lassen, teilt man auch die Verantwortung auf mehrere Chefs auf. Sodann wird der Termin festgelegt. Sommernächte werden vermieden, da sie zu kurz sind, und in den Winternächten erlaubt die Kälte keine längeren Märsche. Bei Mondschein oder Schneefall wird das Unternehmen verschoben. Bevorzugt sind die meist langen und finsteren Nächte im Herbst und im Frühling. 34

Die Anreise an den Ort des Überfalls, der gemäß der Maxime des alten Jacob oft bis zu zwanzig deutsche Meilen entfernt liegt21, geschieht, um nicht aufzufallen, in einzelnen, kleinen Gruppen. Die .Chefs' und andere wichtige Mitglieder reisen zu Pferd oder in der Kutsche an, der Rest geht zu Fuß. Häufig wird auch ein Wagen zum Abtransport der Beute mitgeführt.82 Man versammelt sich erst zum festgesetzten Zeitpunkt an einem versteckten Ort, im Walde etwa. Der Weg dahin wird an Kreuzungen und Abzweigungen durch Striche im Sand, durch Steine, Äste etc. unauffällig markiert.23 Es stellt sicher keine geringe organisatorische Leistung dar, sich nach langem Marsch in Einzelgruppen durch oft unbekanntes Gelände exakt zu einem verabredeten Zeitpunkt (nicht zu früh, dann fällt man auf, auch nicht zu spät) an einem abseits gelegenen Ort zusammenzufinden. Am Versammlungsort, nur mehr eine halbe Stunde von Ziel entfernt, trifft die ca. zwanzigköpfige Bande letzte Vorbereitungen. Der ,Chef' hat erst jetzt die tatsächliche Befehlsgewalt, erhebt nun aber auch Anspruch auf absoluten Gehorsam. Nbtfalls setzt er seine Anordnungen mit Unterstützung einiger besonders Vertrauter auch unter Gewaltandrohung durch. Bei einem Uberfall der Niederländer im Herbst 1799 wurde angeordnet, daß die Bande auf dem letzten Teilstück des Marsches von einigen .Veteranen' mit geladener Pistole umgeben werden sollte, um die Flucht von Feiglingen zu verhindern. Man hatte Grund genug zu dieser Maßnahme: ein erster Raubversuch an demselben Objekt war einige Zeit vorher gescheitert, da ein Teil der ,Jungen', auch einige ,Veteranen', aus Angst ausgerissen waren.24 Die Waffen werden überprüft, die Pistolen geladen, die Parole, das Alarmwort ausgegeben, die anfallenden Aufgaben beim Raub selbst verteilt. Dann kontrolliert der ,Chef' nochmals mit einigen Komplizen den Ort des zukünftigen Geschehens. Bei dieser Gelegenheit wird die Kirchentür des Orts verrammelt, das Schlüsselloch mit Steinen verstopft oder aber das Glockenseil abgeschnitten. Damit ist das Sturmläuten verhindert. Darauf marschiert die Bande geschlossen an, der ,Chef' mit dem Brecheisen als Zeichen seiner Würde an der Spitze. Ein Balken zum Aufrennen der Tür, oft ein ausgerissenes Wegkreuz, wird mitgeführt. Auf dem Marsch schwärzen sich namentlich die einheimischen .Jungen' die Gesichter, um sich unkenntlich zu machen. Die angereisten .Veteranen' können auf derartige Maßnahmen verzichten, da sie in der Gegend ohnehin unbekannt sind. Nachtwachen oder andere Bewohner des Orts, die trotz der späten Stunde noch auf der Straße sind, werden festgenommen und gebunden beiseitegeschleppt. Bei Betreten des Dorfes, beim Anmarsch auf das ausgewählte Haus, beginnt die Horde zu lärmen, zu singen, auch zu schießen. Man wirft mit französischen Sprachbrocken um sich, singt die Marseillaise und will damit den Anschein erwecken, marodierende Soldaten der französischen Armee suchten das Dorf heim. Diese Ausnutzung der Gegebenheiten der Revolutionskriege erfüllt meist ihren Zweck: die Bewohner lassen den Gedanken an Widerstand fallen, 35 3*

verrammeln ihre Haustür und vermeiden tunlichst, sich am Fenster sehen zu lassen, um nicht von einer verirrten Kugel getroffen zu werden. Vor dem Haus angekommen nehmen die Schildwachen geeignete Plätze ein, um das eigene Vorgehen zu schützen und die Bewohner des Überfallenen Hauses an der Flucht zu hindern. Die Haustür wird mit dem Rammbock eingestoßen und der ,Chef' stürzt, wie es von ihm erwartet wird, an der Spitze seiner Leute ins Haus. Eigens mitgeführte kurze Wachskerzen werden gebündelt zugleich angezündet und dann einzeln an die Wände geklebt; das ganze Haus ist erleuchtet. Die Bewohner werden überwältigt, gebunden, auf den Boden geworfen und mit ihrem eigenen Bettzeug bedeckt, um später niemanden identifizieren zu können. Das ganze Verfahren wird wegen seiner Offenheit und Gewalttätigkeit ebenso wie der lärmende Einzug in den Ort als besonders unverfroren beurteilt und von den Chronisten immer mit deutlicher Empörung registriert. Der Besitzer des Hauses und meist auch seine näheren Angehörigen werden unter Todesdrohungen und brutalsten Mißhandlungen nach Geldverstecken ausgefragt. Die Zahl der Opfer, die an den Folgen der .Befragung' gestorben sind, ist trotz allem relativ gering. Tatsächlich lassen die Räuber sich bei ihren Grausamkeiten nicht unbedingt vom Blutdurst leiten, sondern versuchen ganz nüchtern und überlegt, die Betreffenden zur Preisgabe ihrer Reichtümer zu bewegen. Becker mag recht haben, wenn er für bestialische Quälereien die meist gar nicht anwesenden ,Baldover' verantwortlich macht, die . . . allgemein, wenn sie v o n dem Reichtum eines unglücklichen Schlachtopfers sprechen, übertriebene Schilderungen machen, um d a d u r c h die C h e f s desto stärker anzutreiben. D i e Folge ist, daß diese, wenn sich in der Plünderung die erwarteten und versprochenen Schätze nicht finden, in der festen Zuversicht, m a n müsse sie verborgen haben, die Geplünderten mißhandeln, um die Verbergnisse ihnen a b z u f o l t e r n . 2 S

Die grausame Behandlung von Überfallenen als Ausfluß sadistischer oder sonstiger abartiger Neigungen definieren zu wollen, scheint jedenfalls nicht ausreichend. Hin und wieder mag sinnlose Grausamkeit - zweifellos ein fragwürdiger Begriff - Folge der Aufregung und Hysterie unerfahrener Banditen sein. Dazu muß bedacht werden, daß brutalste Gewaltanwendung in diesem Zeitraum einen anderen Stellenwert hatte als etwa heute. Tortur und schmerzhafte, verstümmelnde Leibesstrafen, Brutalität in Potenz also, waren im achtzehnten Jahrhundert noch verbreiteter Bestandteil der Wahrheitsfindung* und Rechtssprechung. Die verschiedenen Arten von Mißhandlungen, die der Räuber sein Opfer erleiden ließ, hatte möglicherweise schon ein Henkersknecht vor Zeiten ihm selbst gegenüber angewandt. Ihre Anwendung war sozusagen ,obrigkeitlich sanktioniert'. Zurück zum Überfall: Während der Plünderung sprechen die Banditen in der Gaunersprache, dem ,Rotwelsch', 29 miteinander, lassen auch hin und wieder Worte einfließen, die die Opfer glauben machen sollen, Bekannte aus der Nachbarschaft seien unter den Tätern. Das Aufbrechen der Schränke und Truhen ist meist das Privileg des ,Chefs', und das geraubte Gut wird in Decken und Kis36

senbezüge gehüllt und, zumal bei umfangreicher Beute, bei den draußen warden Wachen deponiert. Auf diesem Posten stehen bemerkenswerterweise die neben dem ,Chef' Erfahrensten und Mutigsten. Ihre Aufgabe ist in erster Linie, herbeieilende Nachbarn, die etwa dpch dem Überfallenen Hilfe bringen wollen, mit Waffengewalt zu vertreiben - ein eindrucksvolles Beispiel für das Selbstbewußtsein der Banditen. Nur in Ausnahmefällen, wenn zum Beispiel Militär anrückt, geben die Wachen Alarm und leiten damit die Flucht der Bande ein. In der Regel sammeln sich die Räuber jedoch erst nach Durchsuchung des Hauses auf ein Codewort vor der Eingangstür. Der Chef zählt seine Getreuen, Verwundete werden mitgeschleppt, die Beute von Subalternen aufgenommen, und unter Johlen, Singen und Schießen verläßt die Bande den Ort und die verstörte Einwohnerschaft. Sobald man wieder auf offener Straße ist, tritt Stille ein, die Richtung wird geändert, und man versucht so schnell wie möglich eine große Strecke Weges hinter sich zu bringen. Nach einigen Stunden eiligen Marsches lagert man an einem versteckten Ort abseits der Straße und teilt die Beute. Wegen Unterschlagungen kommt es nun häufig zu Streitigkeiten, denn einzelne hatten schon während des Plünderns einige Wertgegenstände in die eigene Tasche gesteckt. Bei der Schinderhannes-Bande war es daher üblich, die Genossen vor der Teilung zu visitieren.27 Grundsätzlich wird nun folgendermaßen vorgegangen: der Anführer bekommt einen ,ansehnlichen Theil', der abhängt von seiner Autorität und der Gesamtzahl der Beteiligten, und er nimmt auch für den .Baldover' einen gleich großen Anteil in Verwahrung. Die ,Veteranen' erhalten jeweils gleichwertige, angemessene Anteile, während die Jungen' im Verhältnis dazu meist mit einem Almosen abgespeist werden, das ihnen aber gemessen an ihren sonstigen Einkünften manchmal geradezu fürstlich erscheinen mag. Darauf trennt sich die Horde. Die Jungen* machen sich auf den Weg in ihre oft nahe gelegenen Schlupfwinkel, und die Haupträuber reisen in kleinen Gruppen wieder an ihren Ausgangspunkt zurück, selten ohne eine Verabredung für ein erneutes Zusammentreffen getroffen zu haben. Etwa zwei Wochen später wird der nächste, bereits ausgespähte Überfall inszeniert. Trotz dieses ausgetüftelten Plans, der seinen Zweck nur zu gut erfüllte, da er den betroffenen Gemeinden und Bürgern kaum die Möglichkeit zu erfolgreichem Widerstand ließ, kam es hin und wieder zu ausgesprochen dramatischen Verwicklungen - insbesondere dann, wenn die Grundsätze eben nicht konsequent genug gehandhabt wurden. Im Jahre 1801 beispielsweise, anläßlich eines Raubes bei Montabaur, verzichten Picard und Fetzer, bürgerlich Matthias Weber, auf den Oberbefehl. Sie sind erst später zur Bande gestoßen, und unüblicherweise beharrt der ,Baldover' selbst, der Mergemes Joseph, auf seinem Kommando. Die beiden Räubergrößen gehen also als normale Banditen mit und werden als bewährt mutige Leute auf Schildwache gestellt. Beim Sturm auf das Haus verläßt nun den Mergemes Joseph der Mut. Er übergibt sein ,Szepter', das Brecheisen, dem Picard, der sei37

nen Leuten voran und seinem Rufe gemäß die Treppe ins Obergeschoß des Hauses hinaufstürmt. Mittlerweile haben sich hier jedoch die Bewohner gefaßt; das Zögern des Mergemes Joseph hatte ihnen den Mut gegeben, sich gegen die Eindringlinge zu wehren. Leidtragender ist Picard. Er wird von einem Beilhieb getroffen, stürzt rücklings die Treppe hinab und bleibt bewußtlos liegen. Nun gibt Fetzer seinen Posten vor dem Haus ab, übernimmt das Kommando und hat bei seinem Angriff mehr Fortüne: die Gegner werden, wenn auch mit Mühe, überwältigt. Doch so recht froh sind die Räuber ihres Sieges nicht, da die Beute entgegen den Angaben des ,Baldovers' nur sehr gering bleibt. Den Urheber des Desasters, „den Anbringer und säubern Commandanten Mergemes Joseph", verprügelt Fetzer noch während der Plünderung.28 Die Taktik der Banditen konnte natürlich in Einzelheiten variieren. Man war nicht auf starre Schablonen angewiesen und einzig entscheidend war der Erfolg. So wurde, namentlich nachdem der Frieden eingetreten war, auf das. provokante Lärmen vor dem Überfall verzichtet, auf das nun ohnehin niemand mehr hereinfiel. Die Bande schlich sich vielmehr heimlich an, öffnete lautlos ein Fenster, die Tür selbst oder brach ein Loch in die Wand neben der Tür und verschaffte sich so Zutritt. Ein solches Vorgehen mochte sogar noch wirkungsvoller sein, da die Hausbewohner im Schlaf überrascht werden konnten und nun überhaupt keine Chance mehr zur Gegenwehr hatten. Andererseits wurde nun die Nachbarschaft nicht durch den Lärm abgeschreckt, der sie die zahlenmäßige Stärke der Bande oft zu hoch hatte einschätzen lassen, und konnte sich vielleicht zu Hilfeleistungen aufraffen. Im allgemeinen verlor in jedem Fall das Vorgehen der Räuber nichts von seiner Wirksamkeit und, abgesehen von solch feinen Unterschieden, auch nichts von seiner Gewalttätigkeit.

3. Einzelne Banden im achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert Hatten die Niederländer das Prinzip des offenen, generalstabsmäßig geplanten, nächtlichen Überfalls auch bis zur Perfektion entwickelt, so waren sie doch bei weitem nicht die ersten, die es anwandten. Ihre Vorgänger in derselben Gegend, die Bockreiter, hatten sich bereits um 1760 einer ähnlichen Taktik bedient.29 Anfangs des achtzehnten Jahrhunderts bevorzugte in Mitteldeutschland Lips Tullian allerdings in weniger .vollkommener' Form diese Verfahrensweise,30 und um 1770 trat im Nordosten Deutschlands eine jüdische Bande auf, die hinsichtlich der Taktik als direktes Vorbild der Niederländer angesehen werden kann.31 In einem Eichstätter Druck von 1715 wurde die Gürtlerische Bande beschrieben, die ihre Opfer zwanzig bis dreißig Mann stark heimsuchte. Diese Räuber pflegten „die Thür / und Kammer mit einem Span=Plock an Stricken angefast", aufzusprengen, und hinsichtlich der Grausamkeit waren sie den Niederländern mindestens ebenbürtig.32 Friedrich Schwan, der Sonnen38

wirthle - Schillers .Verbrecher aus verlorener Ehre' - hatte Kontakte zu einer starken jüdischen Bande, die in Schwaben um 1760 ähnlich auftrat. 3 3 Es ist interessant, daß bei dieser Bande die ,Lieutenants', .Bonherren', die ,Chefs' also, eine stärker herausgehobene Stellung hatten. Schwan deutet das im Verhör selbst an: Er habe 3 Lieutenants gekennt, deren jeder eine besondere Parthie von 30 Mann habe; den einen habe man den alten Schamste, den andern den Rackov und den dritten den Low genannt. 34

Die ausgeprägte Führungsposition verlangte den Chefs ein Mehr an Verantwortung f ü r die Untergebenen ab und die Bereitschaft, Risiken zumindest finanzieller Art allein zu tragen. So wurden die einzelnen Banditen vor einem Überfall wie bei den Niederländern auch zusammengerufen, im Versammlungslokal jedoch auf Kosten des H a u p t m a n n s verköstigt, bis das Unternehmen nach einer Vorbereitungszeit von acht bis zehn Tagen durchgeführt werden konnte. Darüber hinaus erhielt noch jeder seinen Beuteanteil. 35 Bei einem Raub im Jahre 1759 wurden die Aufgaben der siebzehn- bis zwanzigköpfigen Bande unter Führung des Schamste und des Mosche Low folgendermaßen verteilt: [Es wurde angeordnet,] daß sich 2 an den Mann, 2 an die Frau, 2 an die Magd und 2 an das Geld machen und halten, 1 vor der Stuben*, 1 auf der Steegen= und 1 vor der Hauß Thür stehen bleiben - die übrige aber sich um das Hauß herum postiren und biß man sie brauche warnen solten. 36

Schwan leugnete, bei diesem Raub selbst der ,Chef' gewesen zu sein, wurde jedoch von seinem Komplizen König belastet. 37 Möglicherweise führte er das Unternehmen in Kooperation mit den beiden Juden. Für diese Annahme spricht der Umstand, daß er die Haustür beim Überfall vollends einstieß, nachdem Low sie zuvor mit dem Brecheisen bearbeitet hatte. 38 So wurde nach außen hin die gleichberechtigte Stellung der beiden Anführer unterstrichen. Fragen des Protokolls durften auch im Rahmen einer illegalen Unterwelt nicht leicht genommen werden. Ähnlich wie die Niederländer gingen auch die Zigeuner in der Umgebung des Hannikel vor. Als sie einen Juden in einem Dorfe Dettweiler etwa im Jahre 1776 überfielen, erweckten sie ebenfalls den Anschein, französische Soldaten zu sein, marschierten in einer Stärke von zwanzig bis zweiundzwanzig Mann ordentlich in Zweierreihen in den Ort, besetzten das dortige Wachhaus, nahmen die vier Nachtwächter gefangen und verstopften das Schloß der Kirchentür. Der Jude wurde mißhandelt, ausgeplündert, und die Räuber verließen schließlich mit einer Beute von 5000 Gulden den Ort. Dabei beschossen sie noch einige nachfolgende Bauern und verwundeten zwei von ihnen. 39 Eine große Bande, die im ,Hildburghauser Protokoll' von 1753 beschrieben wurde, bediente sich niederländischer' Grundsätze mit womöglich noch größerer Brutalität. Der Stiefvater des ca. vierzehnjährigen Häftlings, des Vaganten Lorenz Mahr, war offenbar das Oberhaupt der fränkischen Banden, der 39

berüchtigte Krummfingers Balthasar. Auch er trug zum Zeichen seiner Würde das Brecheisen, auch seine Aufgabe war es, beim Einbruch zu ,schabbern', d. h. mit dem Eisen die Wände zu durchbrechen. 40 Die Aufgabe des .Baldovers' wurde meist von einzelnen, besonders erfahrenen Banditen wahrgenommen. 41 Unter der Bande sey auch das sogenannte Pfäffgen, welcher zwar unter seinem Stiefvater, aber doch der General genennet würde, und aus einem adelichen Stamm seyn wolle, gebe sich vielmals vor einen vertriebenen Grafen, öffters auch vor einen Baron aus, gehe zu grossen Herren, und sähe grosse Diebstähle aus. 42

Dieses Pfäffgen gehe selber nicht mit auf Raub aus, habe aber immer neun Untergebene bei sich, die die von ihm ,ausbaldoverten' Diebstähle ausführen und ihm dafür die Hälfte der Beute abtreten. Auch die Franken stachen durch ein äußerst selbstbewußtes Verhalten der Bevölkerung oder den Behörden gegenüber hervor. Den Rückzug nach einem Überfall sicherten sie beispielsweise mit Schüssen gegen nachfolgende Bauern und feierten den schließlich errungenen Sieg durch „Freuden=Schüße".43 So hatte auch der junge Mahr, als er in der Stadt gefaßt wurde, den Auftrag erhalten, die Verhältnisse in Hildburghausen zu erkunden. Denn die Bande, etwa zwanzig Mann, die „alle scharff und doppeltes Gewehr und Hirschfänger bey sich führeten", beabsichtigte nichts geringeres, als einsitzende Komplizen aus der Fronveste zu befreien. 44 Die straffe Hierarchie, die innerhalb der Bande auch dann erkennbar war, wenn gerade kein Raubzug anstand, stellte einen Unterschied zur Praxis der Niederländer dar. Die Führungspositionen waren jedoch nicht endgültig verteilt und mußten ständig von neuem bestätigt werden. Häufig kam es zu Streitigkeiten (ζ. B. um Frauen und Beute), die noch neben diesen Anlässen offenbar auf Änderung bzw. Erhaltung der Rangordnung abzielten. Der Krummfingers Balthasar war allerdings in seiner Stellung unangefochten. Einer seiner Söhne war einst über einer Beuteteilung von einem Genossen, einem gewissen Gustel, umgebracht worden: Sein Stiefvater habe den Gustel deshalb erschiessen wollen, es wäre aber derselbe gekommen, und hätte zu seinem Stiefvater gesagt, da wäre er, er solle mit ihm machen, was er wolle, worauf sein Stiefvater geantwortet, er wolle ihm nichts thun, sondern, wenn er sich gut bey ihm aufführe, gleichwohl noch zu einem Stücke Brod helffen. 4 5

Die Großmut seines ,Chefs' half dem Gustel nicht lange; er wurde wenig später gefaßt und in Ichtershausen hingerichtet. Ein Grund für die weniger ausgeprägten Rangunterschiede bei den Niederländern im Gegensatz zu den Franken und den beim Sonnenwirthle erwähnten Juden mag daran liegen, daß um 1800 eine eher lockere Bandenstruktur größere Sicherheit vor den Nachstellungen der gut organisierten französischen und preußischen Polizeibehörden des Rheinlands bot. Mit Recht kann man behaupten, daß besonders am Rhein um die Jahrhundertwende „die zunftmäßige Organisation des deutschen Bandenwesens bereits wesentlich überholt ist", da das Vorgehen in zahlreichen, für den Einzelfall zusammengestellten ,Operations40

einheiten' zweckmäßiger war. 4 ' Zweifellos waren einzeln umherziehende Räuber von Verfolgern schwerer auszumachen. Ihr Nachrichtensystem, das erstaunlich gut funktionierte, da die ganze Vagantenbevölkerung mit einbezogen war, ermöglichte dennoch in kürzester Frist, zu einem neuen Unternehmen zusammentreffen zu können. Die nicht sehr effektive Organisation der Polizei fünfzig Jahre früher im fränkisch-hessisch-thüringischen sowie im schwäbischen Raum machte derartige Vorsichtsmaßregeln weitgehend überflüssig. Die .Chefs' hatten hier in stärkerem Maße die Möglichkeit, ihre Banden zu verschworeneren Gemeinschaften zusammenzuschweißen. Die neue Verfassung der Banden bot nun allerdings enorme Vorzüge; sie gestattete eher die überregionale Aktion. Es war ja für eine starke, geschlossene Formation kaum möglich, tagelange Züge zu unternehmen ohne aufzufallen und aufgehalten zu werden. Maßgeblich beteiligt an der Umgestaltung der Bandenform und der Taktik waren also jüdische Banditen, die schon immer größere Mobilität beweisen konnten, da sie durchweg bei Glaubensgenossen Unterschlupf fanden.47 Mit ausgehendem achtzehnten Jahrhundert verwischten sich teilweise die Grenzen zwischen jüdischen und deutschen Banden, und die neue Organisationsform setzte sich allgemein durch, da sie sich als sicherer und effektiver erwies. Es ist also eine historische Entwicklung in der Form und Verfahrensweise der Banden recht klar zu rekonstruieren, wenn hier auch keine allzu strengen formalen Maßstäbe angelegt werden dürfen. Die beschriebene Form des generalstabsmäßig geplanten und durchgeführten Überfalls war zweifellos die wirkungsvollste, am wenigsten riskante, auf jeden Fall aber die spektakulärste Verfahrensweise der Räuber. Die Angehörigen der großen Banden, gelehrige Schüler ihrer ,Chefs', eröffneten in abgelegeneren Gegenden eigene ,Dependancen', in denen sie ihr altes Handwerk in bewährter Form unter Beihilfe angeworbener Einheimischer fortführten. Der große Überfall war jedoch nicht unbedingt übermäßig einträglich. Selbst wenn der Beutebetrag insgesamt recht ansehnlich sein mochte, so entfiel durch die große Zahl der Beteiligten auf den einzelnen nur ein relativ bescheidener Anteil, und der wurde u. U. durch Unterschlagungen innerhalb der Bande auch noch geschmälert. Sonnenwirthle antwortete als gebranntes Kind einem Juden auf die Einladung, an einem ins Auge gefaßten Raub teilzunehmen. [ E r ] würde wohl mitgehen, wann er wüßte, daß es der Mühe werth, und er von ihnen, den Juden, wie sie es gemeiniglich mit den Christen machen, im Vertheilen nicht betrogen würde? worauf ihne gedachter Jude versichert: daß Geld genug da seye. 48

Andere namhafte Räuber erkannten, daß sie oftmals mit ihrem Talent der Masse ihrer Komplizen den Erfolg ermöglichten, sich selbst jedoch gefährdeten, indem sie sich in stärkerem Maße den Verfolgungen durch die Polizei aussetzten. Fetzer bestätigte diese Erkenntnis im Verhör: Ich habe es aus der Geschichte von meines Gleichen bestätigt gefunden, daß sobald der Ruhm eines Räubers groß zu werden anfängt, er nicht mehr lange mitmacht, und der Justitz bald in die Hände fällt; so gieng es auch mit mir. Kein großer Streich wurde

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ausgeführt, w o man mich nicht bey wünschte, und w a r ich dabey, so gieng ein jeder voll Zuversicht mit. Zur Zeit, wie ich meine C a m e r a d e n in Essen traf, hatten sie weder K l e i d u n g , noch Schuh und S t r ü m p f e , als sie mich in ihrer Mitte sahen, frohlockten sie, jeder Streich gelang, Geld g a b es in Menge. Mein R u h m erscholl immer mehr; allein dieses zog auch meinen U n t e r g a n g nach sich. 4 ·

Um nicht die Behörden allzusehr auf sich aufmerksam zu machen, zogen sich also einzelne der besonders geschickten Räuber vom großen Haufen zurück und bemühten sich um ein weniger provokativ-spektakuläres Vorgehen. Der berüchtigte Nickel List, der in der Lage war, jedes noch so komplizierte Schloß zu öffnen, arbeitete fünf Jahre lang heimlich und unerkannt, ohne (es sei denn in Notwehr) Gewalt gegen Menschen anzuwenden. Mit seinem außerordentlichen Talent ernährte er auch noch eine große Zahl meist jüdischer Komplizen und Hehler, so daß er am Ende seiner Laufbahn kaum etwas von seiner insgesamt beträchtlichen Beute für sich hatte verwenden können. 50 Auch Damian Hessel bemühte sich einhundert Jahre später, von dem gewaltsamen Überfall Abstand zu nehmen, Rebmann, ,deutscher Jakobiner' und Richter in den Prozessen gegen Schinderhannes und Hessel in Mainz, stellte 1811 fest: E h e d e m begünstigten die L ä h m u n g und A u f l ö s u n g aller Behörden durch den K r i e g , die d a r a u s entstandene Anarchie an den G r ä n z e n von D e u t s c h l a n d und Frankreich, die v o n einzelnen Streifparthien verübten Ausschweifungen gewaltsame Einbrüche, Versammlungen v o n Dieben, die mit o f f e n e r G e w a l t nächtlicher Weile ganze D ö r f e r durchzogen, und nach verübtem R a u b sich entweder mit der Beute auf fremde Territorien begaben, oder auch sich in Gegenden versteckt hielten, w o die Unruhen des Krieges alle Polizei, ausser der militärischen unwirksam gemacht hatten. Diese A r t v o n o f f e n b a r e m K r i e g mit der Gesellschaft, wird jetzt von diesen R ä u b e r n nicht mehr angewendet. Ohne Gewaltthätigkeit, ohne L ä r m , ohne U i b e r f a l l , blos durch List und G e w a n d t heit werden jetzt ihre Diebstähle v o l l f ü h r t . Straßenraub, Einbrüche auf einzelnen H ö f e n , Knebeln und Mishandlungen der Eigenthümer, denen sie ihren Besuch zugedacht haben, gehören nicht mehr in ihren P l a n . Diese A r t v o n Verbrechen überlassen sie ihren Subalternen, die auf der rechten Rheinseite noch v o m S t u r m b a l k e n Gebrauch machen. 5 1

Rebmann, der durchaus Verständnis aufbrachte für die Lage der Vagantenpopulation und der Gesellschaft ein gerüttelt Maß an Verantwortung für die unerträglichen Lebensbedingungen des fahrenden Volkes zumaß, er bemühte sich nun, die .verfeinerten' Verbrecher abzuqualifizieren, indem er sie aus ihrem sozialen Hintergrund löste. „Unter ihnen finden sich keine Deserteurs, keine durch den Krieg verarmten Bauern", sondern sie seien „Diebe von Profession und aus Neigung", 5 2 dazu meist auch noch Juden. Sie seien nicht auf eine Stufe zu stellen mit der Masse der Bettler und Vaganten, die größtenteils ohne eigene Schuld heimatlos und verachtet die Straßen bevölkern und gewissermaßen zwangsläufig kriminell würden. Dabei übersah Rebmann offenbar in dem Bestreben, seine eigene Rolle als Richter verständlicher zu machen, daß auch Diebe wie Hessel, Picard und Fetzer aus dieser Vagantenschicht stammten und daß auch die Juden in ähnlicher Form wie die christlichen Vaganten daran gehindert wurden, ohne demütigende Erniedrigung ein Leben in men42

schenwürdiger Form zu führen. Was er einem Hessel tatsächlich vorwarf, waren seine Geschicklichkeit, seine Intelligenz und seine Fähigkeiten, die ihm aus einer schier aussichtslosen Situation heraus nicht nur das Überleben ermöglichten, sondern die ihn auch den daran Schuldigen, die etablierte Gesellschaft, an den Stellen treffen ließen, wo es am meisten schmerzt: an öffentlichen Kassen, Banken und Postbüros. Was er ihm letztlich vorwarf, war sein Erfolg, der dem ordinären Strauchdieb versagt blieb. Die Taktik der Diebe vom Schlage Hessels war natürlich den gegebenen Bedingungen angepaßt. Wichtig war die absolute Heimlichkeit beim Einbruch. „Die zu Hessels Gesellschaft gehörigen Diebe entfernen sich bei dem geringsten Geräusche, und brauchen nicht leicht Gewalt." 53 Vor dem Unternehmen mußten daher äußerst detaillierte Angaben über das Einbruchsobjekt in Erfahrung gebracht werden. Der ,Baldover' gab zunächst eine ungefähre Information an den Dieb. Dieser bestimmt den Ort, wo das Geld liegt, die Zeit, in welcher der Einbruch am füglichsten geschehen kann, die Entfernung der Kammer, wo jemand schläft, die Stunde, wo die Familie zu Abend ißt, wo die Handelsbedienten ausgehen, die Gelegenheiten, Hunde zum Schweigen zu bringen oder zu vergiften etc. etc. 54

Darauf wurde das Unternehmen mit den Komplizen diskutiert, durchgeführt, die Beute geteilt, „und am andern Morgen schon haben sich die gut gekleideten Räuber mittels der Diligence, auch wohl mit Extrapost, viele Stunden weit entfernt." 55 Die Zahl der Meisterdiebe, der gutgekleideten, wohlgenährten ,GentlemanEinbrecher', war jedoch verschwindend gering gegenüber der Masse jener Subalternen', die sich auf jede nur denkbare Art und Weise durchzuschlagen suchten. Angefangen beim Bettel versuchten sie sich auch als Markt- und Taschendiebe, als Trickbetrüger, als falsche Geldwechsler zu ernähren. Resultat eines nächtlichen Einsteigediebstahls war oft nicht mehr als ein Topf Schmalz, eine Flasche ö l , ein Krug Branntwein. Ein Reisender wurde auch wohl mit geschwungenem Knüppel (andere Waffen hatte man meist nicht, was für das Opfer allerdings kaum einen Unterschied bedeutete)56 um seine Barschaft und Kleidung gebracht. Und nur hin und wieder Schloß man sich einem der ,Matadore' der Niederländer an, unternahm mit ihm einige größere Überfälle, bis der es für geraten hielt, wieder weiter zu ziehen. Denn beim ersten Anzeichen, daß ein solcher Haupträuber oder .Veteran' vom Rhein in der Gegend war - und die Überfallstaktik war seinerzeit ein kaum zu übersehendes Zeichen - war die Obrigkeit alarmiert, und der Verfolgungsapparat setzte sich, langsam, in Bewegung. Nur selten erwischte man den ,Chef' selbst. Ihm, als dem Erfahrensten, gelang meist die Flucht. Die einheimischen ,Jungen' jedoch fing man zum Teil und machte ihnen den Prozeß, in dessen Verlauf ein recht blutrünstiges, übertriebenes Bild von ihrem Wirken gezeichnet und später veröffentlicht wurde. Unter diesem Aspekt sind ζ. B. die bereits mehrfach zitierten .aktenmäßigen Geschichten' zu betrachten. 43

Daß Räuber, und zwar insbesondere Räuber jüdischer Herkunft, an den Ufern des Rheins auch in früheren Zeiten keine Seltenheit waren, beweisen u. a. die Aussagen des Juden Low Samuel, der 1759 in Wildenburg gefangengenommen und später hingerichtet wurde. Als man ihn auf Bitte des Mannheimer U n tersuchungsrichters über einige Verdächtige befragte, die dort inhaftiert waren, gab er detaillierte Auskunft: Actum Wildenburg den 26ten April 1759. [Fragen nach den Juden Jeßel Heppelborn, Low Gosdorf, Samuel Hergetshausen, Heyum Bonn]. Er kenne erwehnte Juden alle vier und hätte sämbtliche den angezeigten Diebstahl zu Königswinter begehen helfen, seyen sämbtliche Schräncker, und Sölten, wie er vor seiner Gefangennehmung vernommen, der Joßel Ebbelporn zu Mannheim in Gefangenschafft sitzen. Diese vier Juden hatten auch den Diebstahl auf dem Hoof hinter Sieburg im Bergischen beygewohnet, und damahlen zu Neuwidt gewohnet, seyen aber bald darauf wegen eines im Hachenbergischen begangenen Diebstahls, weilen man Verdacht auf selbige bekommen, von Neuwidt weg geloffen. Der Jeßel Eppelborn solte, wie er mehrmahlen gehöret, einstens zu Amsterdam gewohnet und daselbst so viele Diebereyen begangen haben, daß man gesagt, die Hollander zahlten so schwer Geldt vor ihn, alß er wiegete, wann sie denselbekommen könten. Dieser Jeßel seye ein langer, schmahler Kerl von ohngefehr 40 Jahren, säubern Gesichts, ohne Bardt, habe ein schwartz, kurtz, krauß Härgen [Haare], lange, dinne Beine, seye normahlen ein Taschen spieler und Springer gewesen und gehe auf einer Seithe etwas steiff, seye ein guter Schreiber in vielen Sprachen und spiele die Violin und mehr Instrumenten, habe sich einstens zu Eppelporn, 3 oder 4 Stunden von Wellingen [Randbemerkung: ohn fern Saar Louis] aufgehalten und daselbst mit einem Menschen versprochen. Nach dem er aber solche geschwängert, seye er von dannen fort geloffen und habe das Mensch sitzen laßen. Dieses seye die Ursache, warum derselbe sich von Eppelborn melde, seye aber nicht von dorten gebürthig. Jedoch wieße Constitut deßen wahre Heimath nicht, habe ihn vor 2 Jahren zu Neuwidt kennen lernen. Jeßels Frau sitze, wie er vor seiner Arrestirung gehöret, noch zu Amsterdam in Gefangenschaft, nebst einen Christen. Letztern Frau, so auch eine Christin, hätte Jeßel bey sich; solche gebe sich vor eine Jüdin aus, seye aber keine solche, sondern nur des Jeßells Kebsweib . . . [Es folgen kürzere Beschreibungen der anderen Gefangenen.] 57 Diese und andere Aussagen waren offenbar bei weitem nicht vollständig. Low bezeichnete sich in den Verhören immer als ,Anfänger' in der Räuberei und entschuldigte damit seine angeblich mangelhaften Kenntnisse über die Eigenheiten der Bande und ihrer einzelnen Angehörigen. In einer gedruckten „Beschreibung Verschiedener herum streifender Räuber . . a u s dem Jahre 1763 58 nach den Geständnissen einiger in Trier gehängter Juden wurde er allerdings unter seinem Spitznamen Low Deuffelgen mehrfach als Komplize genannt, u. a. bei einem Diebstahl im Elsaß. Offensichtlich gestand Low auch unter der Folter nur die Taten, für die er ohnehin schon stark belastet war. Uber die Mannheimer Inquisiten mußte er ebenfalls noch viele Informationen zurückgehalten haben, die ihm als voll eingeführtem Bandenmitglied zweifellos bekannt waren; jedenfalls wurden auch sie in der erwähnten Beschreibung häufig als Mittäter beschuldigt. Immerhin bewegte Löws Aussage die Mannheimer Häftlinge zum Geständnis; über verbliebene Unklarheiten mußte er allerdings später nochmals befragt werden. 59 44

Haupt der damaligen Bande war ein gewisser Jacob Gaul, „dieser fast in allen gedruckten Listen beschriebene Erz=Dieb und Hauptmann von einer ganzen Bande", dem möglicherweise nur die Aufmerksamkeit eines Becker oder Rebmann fehlte, um zu ähnlicher ,Berühmtheit' zu gelangen wie Fetzer oder Damian Hessel. Die Grundsätze seiner Bande waren äußerst streng und wurden ungemein konsequent gehandhabt. Im Verhör mit Low wurde erwähnt, das Gauls Bruder bei einem Überfall in der Nähe von Bonn angeschossen und daraufhin „so fort von seinen eigenen Cammeraden getödtet worden" sei.90 Man wollte es nicht riskieren, daß ein schwerverwundeter Bandit in die Hände der Justiz fiel und noch irgendwelche gravierenden Geständnisse machte. Low bestätigte den Vorgang, leugnete allerdings die Teilnahme an dem Überfall. Übrigens ist in diesem Akt die häufige Erwähnung von Neuwied als bevorzugter Räuberstützpunkt auffallend. Diese Stadt wies von den politischen Gegebenheiten und von ihrer geographischen Lage her so viele Vorteile auf, daß auch später die Niederländer lange Zeit hier Unterschlupf suchten und fanden." Größte Popularität genoß schon zu Lebzeiten und auch späterhin der Schinderhannes, „Der deutsche Räuber schlechthin".®2 Die Aktionen seiner Bande erschienen zunächst weniger umfassend und entschieden weniger waghalsig als die der gleichzeitig auftretenden Niederländer. Schinderhannes selbst nahm mehrfach an Raubzügen der Niederländer teil, bekleidete dann auch jeweils den geachteten Rang eines ,Veteranen*. Er ordnete sich aber regelmäßig einem räuberischen Genie vom Schlage eines Picard unter, selbst wenn er die größere Truppe in das gemeinsame Unternehmen geführt hatte. Als Beispiel sei sein Zusammenwirken mit einem Teil der damaligen Neuwieder Bande unter Picard beim Überfall auf das Posthaus bei Würges angeführt.63 Schinderhannes bewahrte sein Selbstbewußtsein trotz des großen Namens seines Kumpanen. Als Picard nach geglücktem Raub seine Genossen übervorteilen wollte und einen beträchtlichen Teil der Beute im Wald versteckte, um ihn nicht teilen zu müssen, wurde er dabei von dem jungen Schinderhannes beobachtet. Der nahm, ganz .rheinischer Räuberschelm', das Verborgene heimlich an sich. Picard erfuhr erst später, wer noch gerissener gewesen war als er, und schwur dem Hannes, vergeblich, blutige Rache. Schinderhannes oder Johannes Bückler, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, trieb sein Geschäft ansonsten jedoch in anderer Form als seine niederländischen Kollegen. Seinen Unternehmungen fehlte meist vom Objekt, von der Kühnheit und auch vom Ertrag her das Bemerkenswerte, Unfaßbare, das bei seinen Genossen im Norden erscheint, auch wenn er sich zumindest in den letzten Jahren seiner Laufbahn auf Rat seines .Cheftheoretikers' Leyendecker der gewaltsamen Rennbaumtaktik bediente. Er raubte meist nur in dem begrenzten, regionalen Rahmen seiner engeren Heimat, auf dem Hunsrück vor allem, wie sich ja überhaupt die christlichen Banditen im Gegensatz zu den jüdischen meist stärker auf eine bestimmte Gegend konzentrierten. Das rechte Rheinufer war nur sehr selten sein Wirkungsfeld. Dorthin zog er sich in der Regel nur nach ge45

glückten Coups zurück und verkaufte die geraubten Waren unter der Maske des vagierenden Krämers Jakob Ofenloch unter Beihilfe seiner Geliebten Julie Blasius. Seine zärtliche Liebe zu diesem Julchen (er dichtete sogar ein Lied auf sie), zu seinem in der Gefangenschaft von ihr geborenen Kind und zu seinem Vater, seine offensichtliche Verbundenheit zur Heimat, die oft spitzbübischen Pointen seiner Überfälle, die Tatsache, daß er ohnmächtig wurde, wenn er Blut sah (insbesondere, wenn es sein eigenes war),' 4 machten ihn so recht zu einem Räuber nach dem Geschmack der deutschen Seele - zumal er mit Vorliebe die verhaßten Juden der Gegend heimsuchte. Für Becker jedoch, der von den Niederländern her mehr ,Klasse' gewohnt war, stellte er nichts weiter dar als einen „armseligen Poltron von Straßenräuber", der noch dazu seine Gefährten in der Not im Stich ließ.®5 Schinderhannes modifizierte ein Prinzip der Niederländer: während sie nur Christen beraubten und sich so weitgehend die Unterstützung auch an sich nichtkrimineller Glaubensgenossen erhielten, die sie als Wirte, Hehler, Kundschafter etc. benötigten, beschränkte er sich besonders auf die Juden als Opfer. Dadurch blieb er bei der Bevölkerung relativ beliebt, und auch die einzelnen, brutalen Überfälle auf Christen schmälerten seinen Ruf kaum. Andererseits bewies seine zeitweilige Zusammenarbeit mit den Juden der niederländischen Banden zu Genüge, daß seine Abneigung gegen dieses Volk nicht allzu tief ging. Sein Vorgehen entsprang in erster Linie seinem Gespür für die Stimmung in der Bevölkerung und damit seinem Sicherheitsbedürfnis, zumal bei einem jüdischen Krämer oder Geldverleiher ohnehin annehmbare Beute zu erwarten war. Ein weiteres besonderes Merkmal seines Vorgehens war die Praxis, schriftlich Geld zu erpressen, indem er durch Boten Briefe mit Geldforderungen überbringen ließ; er signierte sie großartig mit einem angenommenen ,Kriegsnamen': Johannes durch den Wald!'* Wurden ihm diese .Steuern' von den Bauern am verabredeten Ort übergeben, dann lobte er die Geschröpften: „Nun, ihr seid brave Bauern, ihr habt uns aus der Noth geholfen; die Juden müssen euch dieses Geld wiedergeben."β7 Andere Banditen, die gleichzeitig mit Schinderhannes, zeitweilig auch zusammen mit ihm, im selben Gebiet ihr Unwesen trieben - aus der Moselbande und der Birkenfelder Bande - erreichten nie seine Popularität. 68 Sie waren durchweg grausamer in ihrem Vorgehen, machten wohl auch den Fehler, sich nicht auf die Juden als Opfer zu spezialisieren. Deswegen blieben sie ohne nennenswerten Rückhalt in der Bevölkerung und konnten zwangsläufig nicht lange verborgen bleiben. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Bande des Schinderhannes im Vergleich etwa zu den Niederländern weitaus weniger tatsächliche Gefahr für Bürger und Staat brachte. Allerdings behauptete ihr ,Chef' eine regelrechte staatliche Gewalt, erhob eigene Steuern und Zölle, verkaufte Sicherheitskarten, die in seinem Herrschaftsgebiet', dem Soonwald, die Funktion von Pässen hatten, und mußte damit die neuen Herren auf dem linken Rheinufer empfindlich 46

in ihrem Selbstverständnis treffen. „Seine Vernichtung hatte sich nachgerade zu einer Prestigefrage f ü r die französische Republik ausgewachsen."" Die Nachstellungen wurden verstärkt und zwangen ihn schließlich zum Ausweichen auf das rechte Rheinufer. Dort wurde er 1802 von einer Streifpatrouille festgenommen, später mit einiger Mühe identifiziert und endlich am 2 1 . 1 1 . 1 8 0 3 nach einem aufsehenerregenden Prozeß in Mainz guillotiniert. Seine Persönlichkeit war gekennzeichnet durch seine H e r k u n f t als Sohn eines Abdeckers, als Sproß einer Familie, die sich väterlicherseits seit mindestens einhundert Jahren aus ,unehrlichen Leuten' zusammengesetzt hatte. 70 Diese H e r k u n f t war bestimmend f ü r sein Leben, das ihn bereits als jungen Burschen, weniger als zwanzig Jahre alt, in die Rolle des Räuberhauptmanns stellte. 71 Wenn bei der Schinderhannes-Bande in der Person des .Chefs' selbst eine herausragende Persönlichkeit auftrat, die der Bande ihren eigentümlichen Charakter verlieh, so war bei den Räubern im Odenwald zur selben Zeit zunächst keine derartige Figur auszumachen. Ohne Zutritt der versprengten Glieder der Niederländer Räuberbanden, der Consorten des Schinderhannes und Damian Hessel würden sich unter den diesseits Rheinischen Gaunern, welche sich vorher gewöhnlich nur auf nächtliche Einbrüche und Marktdiebstähle beschränkt hatten, das Strahlen kehren (Straßenrauben) Laatschen fezen (Plündern der Güterwagen) und Kassne«malochnen (Einbrechen mit offener, lauter Gewalt, durch den Thran= oder Rennbaum) nie an die Tagesordnung gekommen seyn. 72

Erst zugewanderte rheinische Banditen brachten also eine gewisse ,Klasse' in das Vorgehen der Odenwälder. Einer der ehemaligen Schinderhannes-K.omp\izen, Peter Petri oder der schwarze Peter, hatte sich ζ. B. noch vor Auflösung seiner alten Bande über den Rhein abgesetzt und wurde später in Heidelberg anläßlich der Untersuchung eines Raubmordes auf der Bergstraße bei Weinheim erst im Jahre 1811 festgenommen. Petri, der sich hier unter dem Namen Wild recht ruhig verhalten hatte (er war mittlerweile auch nicht mehr der Jüngste), wurde an die Franzosen nach Mainz ausgeliefert und soll schließlich wegen ,Säuferwahnsinns' nach Bicetre geliefert worden sein. Seine Straftaten waren inzwischen nach französischem Recht verjährt. 7 8 Sein Sohn Andreas wurde wegen Teilnahme an dem Raubmord zum Tode verurteilt und schließlich noch zu lebenslangem Zuchthaus begnadigt. Als bodenständiger Führer dieser Bande trat der sogenannte Hölzerlips, bürgerlich Georg Philipp Lang, auf, weniger wegen besonderer geistiger Gaben, als vielmehr deshalb, weil er der Stärkste war. Der junge Petri gab an, er habe bei jenem Überfall eines der schon bewußtlosen O p f e r noch geschlagen, „blos damit Hölzerlips sähe, daß er schlage und nicht nachher ihn selbst schlage". 74 Die lange Liste der 266 von diesen Banditen bekannten Verbrechen befaßte sich in der Hauptsache mit Bagatellen, nächtlichen Einsteigediebstählen, bei denen vielleicht ein Kupferkessel entwendet, zerschlagen und das Material anschließend f ü r einige Kreuzer verkauft wurde, führte jedoch auch einige Beispiele der Rennbaum-Taktik auf. 47

Eine Bande ganz anderer Art trieb in den achtziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts ihr Unwesen an Schauplätzen nahezu in ganz Deutschland. Die Informationen stammen von einigen ihrer Angehörigen, die in Aschaffenburg und Thiersheim hingerichtet wurden. Im Unterschied und als Ergänzung zur niederländischen Bande hatten sie den Straßenraub, und zwar Überfälle auf Postkutschen, zur Vollkommenheit entwickelt. Sie benutzten dabei blind-, d. h. nur mit Pulver geladene Pistolen, über deren Mündungen kleine, ebenfalls mit Schießpulver gefüllte Beutel gestülpt waren. Beim Überfall wurden diese präparierten Pistolen in den Wagen hineingehalten und abgefeuert, und es entwikkelte sich darauf ein derartiger Pulverdampf, daß die Passagiere jeden Gedanken an Widerstand fallen lassen mußten, aus dem Wagen sprangen und leicht überwältigt werden konnten. 75 Unter Anwendung dieses Kunstgriffs verliefen die Überfälle allem Anschein nach meist komplikationslos und unblutig. Der Aschaffenburger Richter Ovelog beschrieb dem Sulzer Oberamtmann Schäffer kurz den Ablauf eines Überfalls im Spessart: Der Angriff des Wagens ist nachts gegen 9 Uhr von 9 bis 10 Kerl geschehen, welche 4 blinde Schuß mit Pistolen hinein, darauf mit großen Bengeln [Knüppeln] schwere Schläge auf den Wagen gethan, und die Passagiers intimidieret haben, welche zu 3 onbewehrt gewesen, und sich mit dem Conducteur binden lassen müssen, worauf die Räuber letzterem die Schlüssel zur Kiste abgenommen, und das baare Geld ad 5 145 fl 20 kr mitgenommen. 7 '

Der Räuber, der als erster auf die Straße springen und die Pferde anhalten mußte, war natürlich am meisten gefährdet. Für ihn war deswegen eine Rüstung, eine Art kugelsicherer Weste, konstruiert worden, um ihn gegen Schüsse vom Wagen herab zu schützen. Die Maßnahme war nicht unbegründet, denn einer der Banditen, Sebastian Heidelmeier oder der alte Götschen, war 1785 bei einem mißlungenen Überfall in der Nähe von Kaiserslautern erschossen worden. Nach einer Zeichnung und der Beschreibung des in Aschaffenburg sitzenden Johannes Klemm bestand die Rüstung aus „4 schußfreien Tafeln, die so gefertigt, daß man sie an- und auseinander henken und in den Roktaschen füglich nachführen kan". 77 Klemm trug die Rüstung bei jenem Raub im Spessart. Die drei Aschaffenburger Inquisiten gestanden schließlich ihre Teilnahme an Postüberfällen bei Göttingen (1784), Coburg (1785), Marburg (1787), Mühlhausen (1787), Schmalkalden (1786), im Spessart (1787) und am mißglückten Versuch bei Kaiserslautern (1785).78 Insgesamt wurden zwölf derartige Überfälle registriert. Die Bande bestand nach einer undatierten Fahndungsliste, die im Laufe der Untersuchung in Aschaffenburg gedruckt wurde, 79 aus vierzehn Personen und kam bei ihren Aktionen wegen der bewährten Taktik offensichtlich ohne Hilfe der relativ unzuverlässigen ,Jungen* aus. Als ,Stammvater' der Bande wurde ein Anton Lautner ermittelt, der seine Genossen, ähnlich wie bei den Niederländern der alte Jakob, noch durch familiäre Bande an sich gekettet hatte. 48

Klemm und ein anderer, noch flüchtiger. Bandit waren seine Schwiegersöhne, ein weiterer Aschaffenburger Gefangener sein Enkel. Die Fahndung setzte ein und war erstaunlich erfolgreich. Ein gewisser Johann Fischer wurde mit seiner Familie in Erfurt aufgegriffen und nach Aschaffenburg ausgeliefert, wo ja bereits der geständige Klemm saß. Lautner selbst wurde in Kulmbach wegen eines Raubes bei Berneck festgesetzt. Der Kulmbacher Beamte war übrigens ein Schwager des Thiersheimer Oberamtmanns Eyl die Verwandtschaftsbeziehungen waren offensichtlich auf beiden Seiten recht ausgeprägt. Das Ende Lautners ist nicht belegt; mit einer Ausnahme wurden jedoch alle Gefangenen hingerichtet, und auch er dürfte dem Tode nicht entgangen sein. Abschließend sei noch die Bande um den Mordbrenner Horst erwähnt, stellvertretend für die große Zahl ähnlicher Banden, die vor allem im Zeitraum vom sechzehnten bis zum achtzehnten Jahrhundert in spezifischer Weise vorgingen. Sie beeindruckten nicht durch ein besonders intelligentes System, mit dem sie ihre Verbrechen begingen, sondern allenfalls durch die Ungerührtheit, mit der sie Gehöfte und auch ganze Dörfer einäscherten. In der entstehenden Verwirrung konnten die Banditen ζ. T. als Helfer getarnt die Häuser des Ortes ausräumen. Die Horst-Bande (oder richtiger: die Bande des schönen Carl) machte besonders die weitere Umgebung Berlins unsicher. Raubunternehmungen im Stile der Niederländer wurden kaum unternommen.80 Die Obrigkeit reagierte den Taten der Angeklagten angemessen: noch im Jahre 1813 wurde Horst zusammen mit seiner mitgefangenen Geliebten Delitz verurteilt und durch Verbrennen in Berlin hingerichtet. Diese Bande stach ähnlich den Franken des Krummfingers Balthasar durch ihre straffe Hierarchie hervor. Ihr ausgeprägter Zusammenhalt wurde noch durch allerlei gruselige, geheimnisvolle Veranstaltungen bekräftigt. . . . a m 26. Januar 1806 vereinigten sie sich sogar durch einen Eid. Der schöne Carl wurde als das Haupt der Gesellschaft gehuldigt und ließ unter Beobachtung mancher Ceremonien, Vormittags die Mannspersonen und Nachmittags die Weibsleute in einer besonderen Stube den Eid leisten, in welchem ihm unverbrüchliche Treue, Gehorsam und Verschwiegenheit angelobt wurden. Nächstdem wurde von Carl der Eid als Anführer abgeleistet und zum Schlüsse dieser Feierlichkeit eine Salve von 9 Pistolenschüssen gegeben. Die Stube war durch Vorhänge vor den Fenstern finster gemacht; auf dem Tische, welcher in der Mitte stand, brannten während der Feierlichkeit zwei Lichter, mehrere Waffen verschiedener Art lagen darauf, und der schöne Carl stand vor demselben. Der Name Gottes war in der Eidesformel nicht enthalten, vielmehr wurde der Dirach (Teufel, Schutzpatron der Diebe) angerufen. 81

Die finstere, magische Tendenz in der Bande fand noch ihren Ausdruck in dem Umstand, daß die Delitz angeblich ihr eigenes Kind geschlachtet haben sollte; sie glaubte, auf diese Weise übernatürliche Kräfte zu gewinnen.88 Die Bande verfügte darüber hinaus über verschiedene Symbole und Insignien, die ihren Charakter als verschworene Gemeinschaft noch unterstreichen sollten. So wurde die Delitz wegen ihres Eifers bei einem Überfall in Polen mit einem Ehrenzeichen herausgehoben. „Es bestand aus einer silbernen Medaille, 49 4

Rüther

auf deren einen Seite sich Pistole und ein Degen, auf der andern aber ein Schloß und ein Schlüssel, darunter sich aber der Name der Inquisitin befand." 83 Damit soll die Aufzählung und nähere Charakterisierung einzelner Banden beendet werden. Weiter zu erwähnen sind noch die Vogelsberger Bande um 1810 unter Führung des Friedrich Adam Thomas (langer Friedrich),84 die Wetterauer Bande, die engen Kontakt zu vertriebenen Niederländern hatte, 85 eine im Darmstädtischen nur wenig später auftretende Bande unter Johann Adam Heusner und Johann Adam Grasmanndie badisch-schweizerischen Räuber, von denen der in der Gefangenschaft ,bekehrte', reumütige Ex-Bandit Johann Baptist Herrenherger berichtete. Dieser sogenannte Konstanzer Hans ermöglichte durch Preisgabe seines profunden Wissens über die damalige Unterwelt dem energischen Oberamtmann Schäffer in Sulz die ersten durchgreifenden Erfolge im Kampf gegen das organisierte Räubertum im Südwesten Deutschlands. Er brachte sogar selbst einen Sprachführer des .Rotwelschen', der Gaunersprache, heraus.87 Weiter sind noch die Banden des Peter Muus (alias Anton Heinze), Waldmann und Leihchen Schloß im norddeutschen Raum zu erwähnen, die Bande der Gebrüder Harting (wie auch die drei vorgenannten alte Niederländer) in Hessen, die des Theodor Unger in Niedersachsen, die des Erdmann im Braunschweigischen sowie eine ganze Anzahl jüdischer Banden, die weniger auf ein bestimmtes Gebiet einzuschränken sind.88 Es ist hier nicht der Ort, die zahlreichen Banden einzeln näher zu beschreiben, zumal grundsätzliche Unterschiede kaum mehr auszumachen sind. Alle rekrutierten sich zum weitaus überwiegenden Teil aus der ländlichen, meist vagierenden Unterschicht, bildeten allgemein einen recht lockeren Verband, aus dem heraus sich bei Bedarf einzelne, fester verbundene und straffer strukturierte Gruppen unter Führung der Erfahrensten zu Überfällen und Diebstählen zusammenfanden. Diese Charakterisierung weist auf das Problem hin, das die Namen der Banden bringen.89 Bandenbezeichnungen, wie sie oben aufgeführt werden, verleiten zu der Annahme, eine Bande sei auf einen bestimmten Personenkreis oder eine Region festzulegen. Das war wie gesagt nur in den seltensten Fällen tatsächlich möglich. Die Benennungen stammten meist von Justizbeamten und hatten deren recht dürftige Informationen als Grundlage. Sie bezeichneten in der Regel nur eine besondere rege Bandentätigkeit zu einer bestimmten Zeit, in einer bestimmten Gegend und ggf. unter maßgeblicher Mitwirkung ausländischer ,Veteranen'. So läßt sich beispielsweise auch erklären, warum derartig viele Namen für die eine, große Bande der rheinischen Räuber um 1800 auftauchten. Da die meisten Veteranen aus der niederländischen .Schule' des Jacob Moyses kamen, war große niederländische Bande die Sammelbezeichnung. Namen wie etwa Holländische, Brabänter und Westphälische Bande bezogen sich auf bevorzugt heimgesuchte Landschaften, andere wie Essener, Mersener und Neuwieder Bande kamen von den bevorzugten Stützpunkten, in deren Nähe die Banditen ja grundsätzlich nicht auf Raub ausgingen. Dabei ist nicht zweifelhaft, daß die wichtigsten Vertreter der Niederländer das ganze Rheingebiet 50

durchzogen und sich nicht an ,Grenzen' hielten, die nach Auffassung der Justizbehörden offenbar die Banden trennten. Ebenso kann die übliche Bezeichnung der beschriebenen Mordbrennerbande Anlaß zu Mißverständnissen geben. Sie wurde in der Regel (auch von mir) als Horst-Bande bezeichnet, und das legt den Gedanken nahe, daß Horst maßgeblicher Angehöriger oder gar Chef der Bande war. In dieser Stellung war jedoch offensichtlich der schöne Carl unangefochten; Horst war eher eine Randfigur und fiel lediglich als einziger männlicher Bandit aus dem Kreis in die Hände der Justiz. Die Beamten verschafften ihm dann zweifelhaften Ruhm, indem sie die ganze Bande nach ihm benannten. Je weiter das neunzehnte Jahrhundert fortschritt, desto deutlicher ließ sich ein Niedergang hinsichtlich der ,Qualität* der räuberischen Unternehmungen, ihrer .Klasse', der Waghalsigkeit und Intelligenz, die ein Vorgehen kennzeichneten, feststellen. Die politischen Änderungen, die Bereinigung der europäischen Landkarte, die strukturelle Modernisierung der Staaten, damit auch der Polizeibehörden, verhinderten das Entstehen neuer, großer, gefährlicher Banden.90 Die ,Matadore' der Niederländer wurden teils gefaßt oder erkannten rechtzeitig die Gefahr und starben verborgen eines friedlichen Todes. Dabei hatten gerade die jüdischen Banden oder doch die Banden, die die Taktik der Juden zu kopieren suchten, noch am ehesten die Möglichkeit, erfolgreich weiterzuwirken. So erschien die jüdisch beeinflußte Gaunergesellschaft, die in der Plassenburger Untersuchung von 1823 teilweise aufgedeckt wurde, noch als recht beeindrukkend und gefährlich, wenn sie auch den ,Höhepunkt' der früheren rheinischen oder mitteldeutschen Banden offenbar nicht mehr erreichte.91 Andere, meist deutsche Banditen vegetierten zu dieser Zeit durchweg fast hart an der Grenze des Existenzminimums. Jeder Räuber hatte sich zu jeder Zeit im Notfall darauf beschränken müssen, sich durch Diebstahl von Lebensmitteln, Schnaps, Geschirr, Wäsche etc. für den Moment am Leben zu erhalten. Männer wie Hölzerlips jedoch, wie Grasel in seiner späten Phase und besonders Hacker92 mußten sich nahezu ausschließlich auf Mundraub und andere Bagatellen beschränken. Das hatte seinen Grund nicht nur in eventuell fehlenden persönlichen Qualitäten, sondern hier wurde vielmehr ein Wandel im Erscheinungsbild der Kriminalität überhaupt deutlich. Junge, potentielle ,Räubergenies' sahen die geringen Chancen, die ihnen das (traditionelle' Räuberleben zu bieten hatte und paßten sich den veränderten Gegebenheiten an. Da mit Entwicklung der Kreditwirtschaft gehortetes bares Geld zur seltenen Ausnahme geworden ist, wendet sich die Elite der Berufskriminalität vom Einbruch überhaupt ab. Gewinnbringender ist der Betrug, und er wird innerhalb der Kreditwirtschaft zum Kerndelikt der Berufskriminalität. 93

Die weitere Entwicklung stagnierte nicht, und es scheint, als sei in unserer Zeit ein größerer Teil des öffentlichen Lebens durch die gerade adäquate Form der Berufskriminalität (im Sinne von ,white collar crime') okkupiert als in den Glanzzeiten der Niederländer. 51 4'

4. Die Bande des bayerischen Hiesel In bezug auf Motivation und Erscheinungsform nahm die in der Augsburger Gegend besonders um 1770 hervorgetretene Bande des Mathias (oder Matthäus) Klostermayer, des sogenannten bayerischen Hiesel, eine Sonderstellung ein.94 Diese Gemeinschaft, die von den Behörden als Wilderer- und Räuberbande apostrophiert wurde, ist allerdings nur unter einem gewissen Vorbehalt in dieser Untersuchung aufzuführen. Klostermayer war der einzige Vertreter des Sozialbanditentums im Bearbeitungszeitraum.' 5 Die Mitglieder seiner Bande stammten normalerweise nicht aus der Vagantenbevölkerung, sondern waren vielmehr, wie Wilddiebe allgemein, Bauern. Jagdleidenschaft und Trotz gegen die Jagdherren und Jagdberechtigten, die zuließen, daß das Wild die Ernten schmälerte, führten zu ersten Wilddiebereien, und die dann einsetzenden Verfolgungen zwangen schließlich zum Leben im Untergrund. Hatten die kriminellen Banditen ihren Rückhalt zur Hauptsache im fahrenden Volk, so konnte sich der Hiesel auf die seßhafte Landbevölkerung stützen, auf die Bauern selbst, die durchaus zutreffend in seinem Handeln ein Eintreten für ihre Belange erkannten. Das abenteuerliche Leben Klostermayers ist Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen und soll daher hier nur kurz skizziert werden. Mathias Klostermayer wurde am 3. September 1736 in dem kleinen Ort Kissing bei Augsburg als Sohn eines Tagelöhners geboren. Seine Jugend verlief eigentlich in normalen Bahnen, und sein späteres Schicksal ließ sich keinesfalls vorhersagen. Er galt als fromm, fleißig und war schon als Junge ein recht guter Schütze. Der Kissinger Jäger nahm ihn mit auf die Jagd und lehrte ihn sein Handwerk. Die Uberlieferung berichtet von ersten, bescheidenen Wilddiebereien des etwa Fünfzehnjährigen, die jedoch seinen Werdegang zunächst kaum beeinflußten. 1753 wurde er als Knecht im Gut Mergenthau, das dem Jesuitenorden gehörte, angestellt und hatte dort praktisch die beliebte Stellung eines Jagd- und Waldaufsehers inne. Er verlor jedoch diesen Posten nach einigen Jahren wieder, wahrscheinlich weil er seine eigene Börse durch Wilddiebstahl aufzubessern suchte. Allerdings wird auch die schöne Geschichte erzählt, daß er einen der Jesuitenpater verspottet habe. Dieser geistliche Herr, der offensichtlich stark kurzsichtig war, hielt im Revier irrtümlich eine Katze für einen Hasen, pirschte sich vorsichtig und gekonnt an und erlegte sie auch glücklich; den Spott seiner Jagdgenossen konnte er ohne weiteres ertragen. Im folgenden Fasching spielte jedoch Hiesel in Verkleidung diese Episode der gesamten Einwohnerschaft von Kissing vor. Zwar war der Lacherfolg über seine schauspielerische Meisterleistung beträchtlich, doch erregte er damit auch gleichzeitig den Zorn der Jesuiten, die ihn sogleich aus ihren Diensten entließen." Er kehrte nach Kissing zurück, wurde dort Bauernknecht und begann ein Verhältnis mit der Tochter seines Arbeitgebers; diese Verbindung hielt (trotz seines Glücks auch bei anderen Frauen) bis zu seinem Ende an, und es ging sogar ein Kind daraus hervor. Vor allem aber begann er nun regelmäßig zu wil52

dem. Sein Treiben blieb der hohen Obrigkeit nicht verborgen, und der kurfürstliche Pflegrichter in Friedberg beschloß, den Frevler aus der Gegend zu entfernen. Das schien leicht zu bewerkstelligen: Hiesel wurde auf die Liste derjenigen Amtsuntertanen gesetzt, die zum Militär eingezogen werden sollten. Er wurde auch tatsächlich von einem Werbekommando aufgegriffen und nach Friedberg geführt, wo vor dem Abtransport in die Garnisonen in einem Wirtshaus die Ankunft weiterer Rekruten abgewartet werden sollte. Hiesel hatte bald sein verständliches Entsetzen überwunden, behauptete nun, er habe schon immer gerne Soldat werden wollen und sei glücklich, daß sein Wunsch nun endlich erfüllt werde. Gleichzeitig opferte er den ganzen Inhalt seiner Börse und traktierte die Wachsoldaten des Kommandos mit Wein. So fand er schließlich die Gelegenheit, sich aus dem Lokal davonzustehlen, verließ Friedberg und stürzte sich auf der Flucht vor den endlich ernüchterten Husaren in den reißenden, eiskalten Lech. Er durchschwamm ihn mit Mühe und N o t und fand auf dem anderen, dem schwäbischen Ufer zu Tode erschöpft Unterschlupf bei einem mitleidigen Bauern. Man schrieb inzwischen das Jahr 1761. Drei Wochen dauerte seine Genesung. Dann Schloß Hiesel sich zunächst der Bande des berüchtigten Räubers und Wilddiebs Xaver Bobinger an und sammelte schließlich seine eigene Bande. Der Weg in seine frühere Existenz war ihm versperrt, denn in Bayern wurde er als Deserteur gesucht. Abgesehen davon gefiel ihm wohl auch das ungebundene Leben als Wildschütz. Diese Ungebundeheit nahm ein jähes, wenn auch nur vorübergehendes Ende, als der Hiesel (Natürlich war Verrat im Spiel, wie immer, wenn Helden gefangen werden!) 1765 gefaßt und zu der relativ geringen Strafe von neun Monaten Zuchthaus verurteilt wurde, die er in München absaß. Nach seiner Entlassung dauerte es nicht lange, bis er wieder das alte Treiben aufnahm. Überredungsversuche der Bauern und seiner früheren Kumpane fielen bei ihm auf fruchtbaren Boden. Nun begann eigentlich die Zeit, die ihn in Bayern so berühmt und so berüchtigt gemacht hatte. Auf das Selbstverständnis Klostermayers und auf sein Verhältnis zur Bevölkerung ist noch näher einzugehen. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, daß er zumindest in dieser letzten Phase seines Wirkens als der unumstrittene, absolute Führer seiner Bande anzusehen war. Als er nach seiner Entlassung erneut zu wildern begann und zwar mehr als zuvor, nahmen die Nachstellungen der Behörden bedrohlich zu. Die durchdachte Gegenreaktion der Wilderer ließ nicht lange auf sich warten: Hiesel sah . . . , daß seine Regierung in die L ä n g e nicht mehr dauren würde, und selbst ihrer aller Leben in G e f a h r stünde, wenn sie nicht dagegen taugliche Mittel kehrten, und ihre saubere R e p u b l i k durch eine genauere und engere Verbindung Glieder mit dem O b e r h a u p t e verstärkten; beynahe auf die Art, wie die R ö m e r sehr gefährlichen Zeitläuften einen D i k t a t o r zu machen pflegten. 9 7

daß vorder bey

Die Banditen bekräftigten nun also, ca. 1767, die unauflösliche Verbindung untereinander, die feste Treue zueinander und zu ihm, dem Hauptmann, und versprachen ihm Mut und Gehorsam; ein Zurückweichen in der Gefahr sollte 53

mit dem Tode bestraft werden. Seit dieser Zeit änderte sich auch das Verhalten den Verfolgern gegenüber: man bemühte sich nicht mehr, den oft durch Militär verstärkten Streifen der Jäger aus dem Wege zu gehen, sondern nahm den Kampf auf, suchte ihn gar und leistete, wo es ging, Widerstand. ,Verräter' unter den Bauern wurden ausfindig gemacht, einzeln abgefangen und meist erbärmlich verprügelt. Wenn auch die ständig herausgehobene Stellung des Chefs der KlostermayerBande eine Besonderheit war, so tauchten dennoch Parallelen zu den Niederländern etwa auf. Beide Banden verfolgten zumindest zeitweilig diese Politik des Terrors und der Einschüchterung möglicher Gegner - die Niederländer allerdings meist nur beim Überfall selbst. Auch die Rangstufen waren ähnlich ausgebildet. Hiesel war als Chef ständig umgeben von einer Gruppe von etwa drei bis zehn besonders vertrauten Mitkämpfern, die mit den niederländischen ,Veteranen* vergleichbar sind. Wenn er auf seinen Streifzügen für einige Zeit Aufenthalt in einer fremden Gegend nahm, schlossen sich ihm regelmäßig einige einheimische Wilderer an - die Jungen*. Hiesel gab allerdings später zu Protokoll, er habe nur wenige seßhafte Leute in seiner Bande gehabt, „denn die Hausgesessene hätte ihnen nicht nachkommen können." 98 Die Rolle des ,Baldovers' übernahm die wohlwollende Bevölkerung selbst. Jeder Bauer teilte ihm bereitwillig mit, wo regelmäßig Wild stand, da er froh war, von den überhandnehmenden Ernteschädlingen befreit zu werden. Hiesel berichtete: „Es haben vielle 100 gesagt, da gehe hin und zu meinem Acker, weil das Wildprett so überhand genohmen habe, daß mann über 100 Stück sehen könne." 99 Es scheint also, daß das ,Chef-Veteranen-Jungen-Baldover-Prinzip' den sachlichen Erfordernissen eines Lebens im Untergrund, des Kampfes aus dem Verborgenen heraus, entsprach. Die besonders herausragende Stellung des Chefs im Falle Klostermayers ist darauf zurückzuführen, daß er sich in permanenter Auseinandersetzung mit seinen Gegnern befand. Er mußte - bedingt durch seine ,offene' Lebensweise - ständig mit Schießereien rechnen, hatte seine Bande also ständig kampfbereit zu halten. Diese Bereitschaft war durch ein beinahe militärisches Befehlsverhältnis tatsächlich am ehesten zu gewährleisten. Die Niederländer tauchten hingegen nur von Zeit zu Zeit aus der Anonymität des Vagantenlebens heraus, aber dann zeigten ihre Banden strukturell ähnliche Züge. Die gelegentlichen Räubereien der Wilderer waren an sich weder von der Durchführung noch vom Zweck her mit denen der .eigentlichen' Räuber zu vergleichen. Die Opfer waren im allgemeinen Hiesels schärfste Verfolger. Seine bestgehaßten Feinde, die Jäger, paßte er einzeln mit einigen seiner Genossen auf offener Straße ab, entwaffnete sie und mißhandelte sie auf brutalste Weise. Grund für dieses Vorgehen war allerdings kaum Grausamkeit; die Überfälle waren Teil seiner Einschüchterungspolitik. [Er hat es] . . . aus einer eigenen Staatsraison gethan, welche ein Grundgesetz seiner Bande gewesen zu seyn scheinet, daß man sich nämlich seinen Feinden so furchtbar, als nur möglich, machen, und ihnen keine wider sie gemachte Unternehmung, wie gering

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sie auch seyn mögen, ungestraft hingehen lassen müße: welche Staatsmaxime auch in der That vieles darzu beygetragen, daß sich Hiesel so lange bey seinem Regiment erhalten. Denn die Exempel haben zu allen Zeiten einen großen Eindruck auf die Gemüther der Menschen gemacht.. .10° Die .ökonomische' Bedeutung eines solchen Raubes dürfte f ü r den Hiesel wohl auch kaum von Belang gewesen sein; Raub um der Beute willen war nicht sein Geschäft. Es ist übrigens verbürgt, „daß er außer seinen Todfeinden [Jägern, Gerichtsdienern, Beamten] Niemanden je einen Kreuzer entwendete" 101 und auch denen wurde meist nur Gewehr und Hirschfänger abgenommen. Andere Überfälle weichen im Vorgehen ebenfalls von bekannten Beispielen ab. Das Amtshaus von Täfertingen in der N ä h e von Augsburg wurde ζ. B. am heilichten Tage angegriffen und ausgeräumt, ohne daß Hiesel Anstalten gemacht hätte, sich irgendwie unkenntlich zu machen. Für ihn war sein Vorgehen ,rechtliche Sache', und offensichtlich teilten die Bauern diese Anschauung. 102

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IV. Die Banden als Bestandteil einer illegalen Organisation 1. Stellenwert der Organisation Abgesehen von einzelnen, relativ geringfügigen Abweichungen, boten die Räuberbanden Deutschlands ein ziemlich geschlossenes eigentümliches Bild. Größtenteils hervorgegangen aus der verachteten und verfolgten ländlichen Unterschicht, einem Leben ausgesetzt, das ständigen Kampf ums Dasein in einer feindlichen Umwelt bedeutete, herangezogen und ausgebildet durch Menschen, die teilweise auf einen jahrhundertealten Gaunerstammbaum zurückblicken konnten, formierten die Banditen eine Gemeinschaft, die nicht mehr ausschließlich als reiner Zweckverband anzusehen ist. Zweifellos bestanden eindeutige Unterschiede zwischen einzelnen Banden, beispielsweise zwischen den Bauernbanditen des Hiesel und etwa den Niederländern, doch zeigten sich auch Parallelen, und zwar besonders in Hinsicht auf den Stellenwert der Organisation. Sie schien in ihrer Form nicht mehr nur erklärbar aus den sachlichen Voraussetzungen, die sich aus der kriminellen Art des Erwerbs ergaben. Gewisse Verhaltensnormen, die eindeutig die Funktion von Gesetzen erfüllten, waren eben nicht mehr als bloße technische oder taktische Erfordernisse anzusehen, sondern gewannen zusätzlich lebenspraktische und ideologische Bedeutung. Solidarität meinte hier offensichtlich eine andere, höhere Qualität als das einfache Bewußtsein, in ,einem Boot zu sitzen'. Der Räuber war kein Glied der bürgerlichen Gesellschaft. Sein antisoziales Verhalten war kein zeitlich begrenztes Phänomen, sondern durchgängige Form eines bewußten oder unbewußten Protestes gegen eben diese bürgerliche Gesellschaft, die ihm keinen zureichenden Platz bot. Die Banden nahmen an ihrer Stelle den Platz einer sozialen Gemeinschaft ein, die den sozialen Vorstellungen ihrer Mitglieder eher entsprach. Da die Wertmaßstäbe der Räuber und der Gruppen, die mit ihnen zusammenarbeiteten, denen der etablierten Gesellschaft teilweise geradezu entgegengesetzt waren, nahmen die ,Gaunerrepubliken' in den Augen der Verfolger besonders kurios-gefährliche Züge an. Es ist verständlich, daß Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion dieser ,Gegengesellschaft' auftreten. Geheimhaltung war ihr höchstes Gebot; die Banden sind daher auch heute noch nicht völlig transparent zu machen. Besonders tiefe Einblicke gestattet jedoch die Aussage des Banditen Johann Georg Schwartzmüller, der 1745 in Hildburghausen hingerichtet wurde: Actum den 26. April. 1645 [muß heißen 1745] Eröffnete Hanns Georg Schwartzmüller noch folgende Umstände: Der nro. 61. der Themarischen Liste beschriebene Krummfingers=Balthasar sey der Vornehmste unter

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der Bande, oder das Haupt und König derselben. Die Diebe wären mehrentheils Befreunde, Pathen und Gevattern von ihm. Seine eigene Familie bestünde aus 50. Personen, welche sowohl als die andern Diebe insgesammt ihm gehorchen, und zu Befehl stehen müste. Die Bande führe auch ein Siegel, welches der Krummfingers=Balthasar hätte. Dieses Siegel sey groß wie ein Kayser-Gulden. 1 Es stünden darauf, statt der Armaturen, Pistolen, Pulver=Horn, Funckschure, Schoberbartel 2 und dergleichen, in der Mitte aber ein Mann mit einem Diebs=Sack. Die Umschrifft wäre: Bin ein tuaf Cafer, der dem Cafer sein Schura bestieben kann. Welches heiße: ich bin nicht ein braver Mann, der dem Bauer seine Sach wegtragen kan. Denen Vornehmsten unter der Bande gäbe der Krummfingers=Balthasar Titul, und adelte sie, mit Beydruckung des Siegels unter dem Briefe, den er darüber gäbe. Also wäre der zu Themar justificirte Nicol Beck, Hofrath gewesen, und hätte Herr von Rosenberg geheissen: Der Buchbinders=Christel wäre Herr von Ubenthal genennet worden, und Ober=Amtmann gewesen: Der Bambergen Jörg, der Herr von Klugheit, Regierungs=Rath: Er, Schwartzmüller, Herr von Marloffstein: Sein Schwager Georg Caspar, so jetzo zu Beyersdorff sitze, Canzley=Bothe: Der Krämers=Peterle oder Peter Doli, der eben daselbst sitze, Secretarius: Der Kötzen=Hanns, Sdioder oder Knecht etc. Die Aeltesten, und wer sich unter der Bande am meisten hervorgethan, hätten mit zu befehlen. Diese erlangeten den Adel, und der Krummfingers=Balthasar ertheilete ihnen Befehl, wenn Gericht unter ihnen gehalten würde. Denn sie hielten Gericht, wenn einer etwas verbräche, ζ. E. wenn er kappte oder verriethe. Sie hätten unter sich ein Recht, welches das Platten* Recht genennet würde. Dieses hätten sie ordentlich in einem Buche beschrieben. Der König besässe das Original. Wenn nun einer von der Bande etwas verbrochen hätte, ζ. E. etwas verrathen, welches sie bald erführen; so kämen ihrer 15. bis 20. zusammen, derjenige, so etwas verrathen, würde ordentlich verhöret, und sodann nach Platten» Recht ein Urtel gefällt. Hätte einer von der Bande oder von einem Cameraden ein Verbrechen, ζ. E. einen Kirchen=Raub, verrathen, darauf das Leben stünde, so würde ihm, ohne alle Gnade, das Leben aberkannt und genommen, wie solches etlichemal, und zwar einmal an einem Zigeuner geschehen, wobey er selbst gewesen wäre. Und dadurch brächten sie es dahin, daß nicht leicht einer bekennen oder verrathen würde. Die geringste Strafe wäre, daß einer, der zu denen vornehmsten gehörete, wieder zu denen schlechtesten Verstössen würde, und dieses wäre doch schon etwas großes unter ihnen. Verriethe einer nur, daß andere von der Bande Kleider=Waare und dergleichen gestohlen, und käme wieder aus dem Arrest, so würde er bey einem Platten oder Diebshäler in einen Keller gesperret, und acht Tage darinnen gelassen, da er dann nicht mehr als vor einen halben Batzen Brod und ein Maas Wasser bekäme, stürbe er nun so stürbe er, denn sie könnten keine andere Art erzwingen, daß nichts verrathen würde. Ehe sie jedoch einem das Leben aberkenneten, so sähen sie nach dem Platten=Recht darauf, ob er in den Gerichten scharf angegriffen worden, ob und wieviel Grade der Tortur derselbe bekommen, ob er sehr lange gesessen? etc. Denn wenn dieses wäre, so würde das Urtel gelinder gefället, und eine andere Strafe d i c t i r e t . . . Sie lernten, veränderten und verbesserten bey . . . Zusammenkünfften ihre Platten» oder Spitzbuben=Sprache. Sie hätten es dahin zu bringen getrachtet, daß kein teutsch= lautendes Wort mehr unter ihrer Sprache sey η mögte; sie hätten es aber dahin nicht bringen können. Er hätte selbst ein Wörter=Buch davon geschrieben, welches fünf Finger dick sey. Wenn sie nun so eine Zeit beysammen gewesen, zerstreueten sie sich, einer nach Sachsen, die andern nach Schwaben, Böhmen, Bayern und am Rhein und so weiter; hielten da wieder ihre Zusammenkünfte, und lehreten die andern ihre Sprache. Die Bande wäre schon sehr lange, und wären derselben zwey, die Francken und die Thüringer. Letztere wären zwar der Anzahl nach stärcker, aber die Francken wären viel hertzhaffter, und die Thüringer hätten deshalb vor die Francken vielen Respect, wie denn auch viele Thüringer, die er und der Crämers=Peterle in der obern Schencke zu Brengemünde, unweit Arnstadt, angetroffen, . . . sogleich vor ihnen aufgestanden

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und ihnen Platz gemacht, als sie in die obere Stube gekommen; denn sie hätten einander g e k e n n t . . . Unter den herumstreunenden Bettelleuten sey fast keiner, der es nicht mit der Bande halte . . . Endlich wäre fast kein Krämer oder kurtzer Waar=Händler, welcher auf dem Lande gienge, der nicht ein Dieb wäre, oder doch mit denen Dieben einhielte, Diebstahl aussähe, angäbe, und von denen Dieben gestohlne Waare annähme. Hanns Georg Schwartzmüller versichert, daß alles, was er gesaget, die Wahrheit sey, und daß er darauf sterben wolle . . . 3 Einige Tage zuvor hatte Schwartzmüller sich über die Verbreitung der Bande geäußert und ihre Uberlebenschancen optimistisch eingeschätzt. Actum Hildburghausen, den 21. April. 1745 Nachdem heute Vormittag dem Inquisiten Hanns Georg Schwartzmüller das Todes« Urtel publiciret worden, so eröffnete derselbe Nachmittags, daß die Bande, wozu er gehöre, länger als 50. Jahr stünde, und wohl 150. Mann starck seyn möchte. Sie zerstreuete sich bis an Rhein, in Schwaben, Bayern, Sachsen bis Dreßden, ins Hannöverische und in Heßen, und glaube er nicht, daß sie auszurotten sey, weilen sie an vielen Orten eine starcke Retirade habe . . . 4 D a ß Schwartzmüller mit seiner selbstbewußten Prognose so unrecht nicht hatte, beweist die Dachsbacher Aussage des Johann Philipp Schreier, nach der noch 1798 eine starke Bande die ,Gaunerstraße' zwischen Thüringen u n d Schwaben frequentierte. 5 A u f g r u n d der Aussagen Mahrs und Schwartzmüllers u n d der sogenannten Themarer Protokolle ist vielleicht, wie es Günther Kraft versucht, das Bild einer „festen, illegalen Organisation" zu zeichnen. „Es ist eine P a r o d i e der bestehenden O r d n u n g der ,großen H e r r e n ' , aus dem stolzen G e f ü h l der Gleichwertigkeit des [ R ä u b e r - ] Siegels gegenüber jenem ,Kayser-Gulden* . . D i e Themarer Protokolle, eine ,Fortsetzung' des Hildburghauser Protokolls, skizzieren die mitteldeutsch-fränkischen Banden in den sechziger J a h r e n des achtzehnten Jahrhunderts. 7 Am 8. August sagte Seiffert [einer der in Themar verhörten Inquisiten] aus, ,daß die Diebesbanden verschieden wären: I. Die Tormackische Bande oder Schwartz Reuter, i. e. Zigeuner II. Die Sachsen-Bande und III. Die fliegende Armee." Die Tormackesche Bande führe folgenden Titel: ,Wir Hoch Edlen Brüder und Herren von der Tormackischen Bande als Kameraden, befinden sich zwischen der Stadt Gera und Kösterist [Köstritz].' Die Sächsische Bande: ,Wir Herren von Sachsen, als tapfere Cameraden und Brüder, welche unsere Bande die Karte führet [bezieht sich auf die Einteilung der Bande und der Funktionen innerhalb der Bande nach Spielkartenfarben].' Die fliegende Armee: ,Wir Männer und Scheinspringer [Diebe, die in der Erntezeit leerstehende Häuser ausräumen], als tapfere Broscher [Räuber, Diebe] und beygeschworene Brüder, welche nicht voneinander lassen und sich befinden zwischen Grätz und Schiätz [Greiz und Schleiz] im Vogtlande u. s. w.' Die Sadisen-Bande brauchte auch die ,Vorsicht' und führte einen gewissen Brief, .welchen sie den Ruff nenneten, diesen Ruff legte jeder bey einem Platten nieder, wenn 58

es nun fatal herginge und einer in Arrest käme, so gebe der Platte diesen Zettel oder Brief einem vertrauten Bettelmann, derselbe gienge allenthalben herum, und wenn er einen von der Bande antreffe, so zeige er diesen Ruff vor, da müsste jeder diesem Bettelmann einen halben Kaiser Gulden, oder 8 gute Groschen zahlen, und sodann bestellten sie einander und machten Anstalt, wie der Kamerad wieder aus dem Arrest geholt würde. Der Inhalt des Ruffes sei dieser: Darum bitte ich Euch lieben Brüder und Cameraden, dieweil ich euch solange gedienet und mein Blut für euch gegeben, so hoffe ich, ihr werdet als tapfere Cameraden mich nicht in meinem Elend sitzen lassen, darum gedenkt euren Leib und Blut zu wagen und euch durchzuschlagen. Kann es aber nicht sein, so stellt das Trauern ein, gute Nacht, ihr Brüder u. s. w.'8 Aus solchen Aussagen läßt sich unschwer das Bild der mitteldeutschen Banden der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts rekonstruieren. Es ist ein Bild, das nicht nur ihren hohen Organisationsstand dokumentiert, sondern das (berücksichtigt man die soziale Herkunft der Banditen und ihren Rückhalt auch in der seßhaften Bevölkerung) möglicherweise auch die Bezeichnung als „illegale Volksbewegung" rechtfertigt.® Die später im Umkreis des Oberamtmanns Schäffer in Schwaben erschienenen Schriften, ζ. B. der „Abriß des Jaunerwesens", auch die folgenden ,Aktenmäßigen Geschichten', zeigten zunächst weniger auffällig ausgeprägte Bandenformen, doch entstand insgesamt immer noch der Eindruck einer bemerkenswert umfassenden Organisation. Die scheinbare Sonderstellung der mitteldeutschen Banden jener Zeit mochte daher rühren, daß sich in ihren Reihen eine beträchtliche Zahl von Personen fand, die nicht der allgemeinen personalen Zusammensetzung der Banden entsprachen. Viele Prozeßbeteiligte der Hildburghauser Protokolle waren Sektenangehörige, oftmals Glieder einer intellektuellen Elite, auch Teile des Adels. „Als Libertiner und Anhänger der chiliastischen Lehren, als böhmische Brüder, Herrenhuter und Wiedertäufer werden sie zwischen die Mühlsteine der politischen Exekutive getrieben."10 Dieser Personenkreis, der durch die Intoleranz der protestantischen Kirche in den Untergrund gedrängt worden war, dürfte das Bild der Banden, denen er sich notgedrungen bald angeschlossen hatte, nicht unwesentlich mit beeinflußt haben. Zum anderen mag für das differierende Bild der südwest- und westdeutschen Banden auch die Einstellung der jeweiligen Chronisten verantwortlich sein. Die soziale und ökonomische Zwangslage der Vaganten wurde ζ. B. nie berücksichtigt. Die Existenz jahrhundertealter Gaunerstammbäume und weitverzweigter Gaunerfamilien wurde lediglich konstatiert, jedoch allenfalls als Beispiel für die Verworfenheit und ,Inkorrigibilität' der Betreffenden angesehen. Aussagen der Inquisiten wurden selten im Wortlaut publiziert, ließen somit kaum mehr die Möglichkeit zu Interpretationen wie ζ. B. die lakonische Veröffentlichung des Hildburghauser Protokolls; hier wurden die Aussagen nicht durch den Filter eines obrigkeitlichen Selbstverständnisses verfälscht. Damit soll allerdings nicht behauptet werden, die Hildburghauser Beamten seien ihrer eigenen Position skeptischer gegenüber gestanden. In Mainz dagegen äußerte auch ein Rebmann nur fassungsloses Staunen, als der Delinquent Hessel sein Selbstverständnis artikuliert: „wir sind nothwendig 59

Gott erweckt und sendet uns, um die Geizigen und Reichen zu züchtigen . . . " , und die spöttische Bemerkung: „wenn wir nicht wären, wozu brauchte man denn Richter?" mochte diesen Richter vollends zur Empörung treiben.11 Zum dritten ist die allmähliche Steigerung der Effizienz in der Verfolgung durch die Polizeibehörden tatsächlich wohl Anlaß gewesen für ein sich sukzessive änderndes Bild der Räuberbanden mit ausklingendem achtzehnten Jahrhundert. Die große niederländische Bande ist das ins Auge stechende Beispiel einer Gemeinschaft, die sich von der relativ straff organisierten und geführten Bande hin zum locker strukturierten, nur bei Bedarf sich enger zusammenschließenden Verband weiterentwickelt hatte. Man kann also zusammenfassend wohl lokale Besonderheiten feststellen, die sich auf geographische, politische und wohl auch personale Gegebenheiten gründeten, doch liegen keine Belege vor, nach denen die Banden des Rheinlands oder Schwabens grundsätzlich andere Erscheinungsformen als die mitteldeutschen zeigten. Die vielfältigen überregionalen Verbindungen der Banditen lassen vielmehr den Schluß zu, daß zumindest auf der ,oberen Ebene', der Ebene der ,Chefs' und ,Veteranen', ein Organisationsnetz nahezu ganz Mitteleuropa umspannte - und gerade auf dieser ,oberen Ebene' wurde ja das Bild der Banden entscheidend gestaltet.

2. Hehler, Schlupfwinkel und ,kochemer' Beamte Die Zahl der einzelnen Organisationsmomente, die den gesamten Bereich des Lebens im Untergrund abdeckten, die oft bis zur Perfektion ausgebildete Form der Banden, die Tatsache, daß man bei einer derartigen ,anarchischen' Gemeinschaft, die in den Augen der bürgerlichen Öffentlichkeit einzig auf dem Faustrecht beruhte, überhaupt von Organisation sprechen konnte, gaben diesem Zweckverband schon gewissermaßen ideologische Tiefe'. Natürlich finden sich bei den durchweg ungebildeten Räubern12 selbst keine oder nur sehr wenige Äußerungen, denen ein theoretischer Stellenwert direkt zuzumessen wäre. Doch rechtfertigt bereits das Bild der Banden ihre Klassifizierung als Formation einer mehr oder minder ausgeprägten .Gegengesellschaft' in Konkurrenz zur etablierten Sozialverfassung. Bei der Bewertung der vorliegenden Quellen muß zweifellos berücksichtigt werden, daß möglicherweise die Chronisten übertriebene Darstellungen vorbrachten. Sie waren ja meist Juristen, die mit den Untersuchungen befaßt waren, und wollten so das Augenmerk des Publikums und der Regierungen auf die unzureichend zur Verfügung stehenden Mittel lenken und wohl auch ihre eigene Bedeutung, ihren Mut und Scharfsinn ins rechte Licht rücken. Andererseits wurde das Bild, das sie zeichneten, weitgehend durch die Aussagen der Banditen selbst bestätigt. Davon abgesehen wäre die bloße Existenz der Banden über so lange Zeiträume hinweg, ihre prompten Reaktionen auf behördliche Maß60

nahmen, ihr durchdachtes, auf Training und Praxis zurückzuführendes Verhalten bei Überfällen und im Verhör eindeutiger Beleg f ü r eine Gemeinschaft, die in ihrer Form den Bedingungen des Lebens in der Illegalität angepaßt war. Notwendig für das Leben als Räuber waren Verbindungen und Abhängigkeiten, die die Aktionen der eigentlichen Bande nach allen Seiten hin stützten und absicherten; notwendig war eine regelrechte räuberische .Infrastruktur'. Notwendig waren zunächst Diebswirte und Hehler. Um auf seinen oft ausgedehnten Reisen und Streifzügen relativ sicher die Nächte verbringen zu können, verfügte der Bandit über vertraute Häuser, ,kochemer Beyes' oder .Plattenwirtschaften', deren Wirte häufig auch als Hehler fungierten und die im ganzen Land verstreut lagen. Keine Diebs= oder Räuberbande wird ihr verbrecherisches Handwerk in irgend einer Gegend eher anfangen, bis sie nicht in dem Bezirke, den sie zum Schauplatz ihrer Operationen ausersehen, die erforderliche Anzahl von Diebeshehlern ausgemittelt, und sich ihrer Hülfsleistungen schon im Voraus versichert hätte.13 Grundsätzlich handelte es sich bei den Wirten um Angehörige der eigenen Bevölkerungsgruppe. Jüdische Räuber übernachteten meist nur bei Juden. Als einige von ihnen die Führerqualitäten des Sonnenwirthle erkannt hatten, boten sie ihm, dem Christen, eine Chef Stellung an und versprachen, „daß sie mit ihme allenthalben, wo er es verlange? hingehen wollten, daferne es änderst in solchen Gegenden geschehe, wo sich viel Juden enthalten, bey denen sie über N a c h t bleiben könnten." 1 4 Juden waren häufig bereit, ihren Glaubensgenossen Gastfreundschaft zu gewähren, auch wenn sie selbst den Banden nicht angehörten; u. U. waren sie wohl über das eigentliche Gewerbe ihrer Gäste nicht immer informiert oder wollten darüber nicht informiert sein. Grolmann zog hieraus wohl nicht ganz zu Unrecht den Schluß, daß Judenbanden häufiger überregional wirksam werden konnten, da sie leicht sicheren Unterschlupf fanden. 1 5 Aus dem Kreis der jüdischen Diebswirte kamen meist auch ihre Hehler, die damit Urväter einer verbreiteten Klischeevorstellung vom Juden überhaupt wurden. Die christlichen Räuber verfügten in ebenso großer Zahl über eigene Herbergen. Alte Bandenmitglieder etablierten eine eigene Wirtschaft, sobald sie sich vom Räuberleben selbst zurückgezogen hatten. Auch sie pflegten dann gleichzeitig die Funktion des Hehlers zu übernehmen. Nach den ersten Erfolgen vor allem der französischen Behörden gegen die Niederländer etwa seit 1802-1804, ließ sich auch eine große Zahl christlicher ,Veteranen' als Hehler und Wirte ,kochemer' Häuser nieder. 1 " Andere, harmlosere Leute beherbergten vorüberkommende Banditen wohl zunächst weniger bereitwillig. . gar mancher einsam wohnende Wirt macht gleichsam einen Vergleich mit den Räubern, indem er ihnen sein Haus zum Schlupfwinkel darbot, und sich dagegen Schonung f ü r sich und seine Nachbarn aushielt." 17 N a c h einem Protokoll des Oberamts Kastellaun gab der Diebswirt Johann Peter Dapper, Schuster zu Buch, an, er nehme Diebe nur aus Furcht vor Rache 61

auf. 18 Andere Wirte gaben vor, sie hätten ihre Gäste nur als arme Menschen angesehen und beherbergt. Jeder Verrat konnte für die Schutzlosen verheerende Folgen haben. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß ein Großteil dieser abgelegen wohnenden Leute wiederum den ländlichen Unterschichten angehörten, daß sie oftmals ,unehrlich' waren und sich folglich dem räuberischen Vaganten eher verbunden fühlen mochten als seinem Opfer, dem wohlhabenden, seßhaften Kaufmann. Wenn sie einmal die Gastfreundschaft verweigern wollten, dann wohl in erster Linie aus Furcht vor der Staatsgewalt und weniger aus Abneigung gegen den Banditen. So war denn auch das Verhältnis der Räuber zu diesen ihren Helfern nicht eben unfreundschaftlich. Allerdings hinderte die Verbundenheit den Wirt normalerweise nicht daran, besonders vom flüchtigen Räuber recht ansehnliche Belohnung zu verlangen. Grasel beklagte sich bitter darüber.19 Johann Adam Wehmer von der Ηeusner/Grasmüller-Bande hielt sich jedoch etwas darauf zugute, keine „Kochemerbeyes entdeckt, und damit, wie er sich ausdrückt, Menschen unglücklich gemacht zu haben . . ,"20 Die Wirte des bayerischen Hiesel stammten ebenfalls aus derselben Bevölkerungsschicht wie er. Auch sie waren gleichzeitig Hehler - sofern der Ausdruck hier zutrifft - , indem sie verbotenerweise das geschossene Wild oft sehr billig und oft auch eher unter Zwang aufkauften, hin und wieder auch wohl geschenkt erhielten.21 Für Hiesels freundschaftliches Verhältnis zu seinen Helfern existieren zahlreiche Belege. So berichtete er im Verhör, daß er sich tagelang in einzelnen Ortschaften aufgehalten habe, „habe viel Ehr empfangen und nicht zahlen dörffen", was er verzehrte. 22 Die Tochter eines Schusters aus Anried warnte vor einer Streife, in Assen verteilte er das Wildbret unter der Bevölkerung, bei den Kapuzinern zu Biberach kurierte er drei Wochen lang seine Schußverletzungen aus. Auch Pfarrer taten sich gütlich an von ihm gewilderten Tieren. Namentlich bei den Bauern stand jedoch die Wirts- und Hehlerfunktion im Hintergrund. Sie wollten nicht in erster Linie aus Hiesels Wirken direkte, meßbare Vorteile erzielen, denn er erschien ihnen ja als Vertreter ihrer eigenen Belange. Wenn sie ihn bei sich aufnahmen, dann war er weniger zahlender Gast, sondern ein gerne gesehener Freund. Zweifellos gab es Ausnahmen von der Regel, hatten auch viele Bauern Furcht vor den drastischen Strafen, die auf die Unterstützung der Bande standen. Außerdem war Hiesels Bekanntheitsgrad und seine Beliebtheit in den einzelnen Gegenden verschieden. In der Gefangenschaft gab er zahlreiche Unterschlupfgeber an, Wirte beispielsweise im Schwäbischen und im Pfälzischen. Zu den Pfälzern habe er keine sonderlich engen Beziehungen gehabt, sei jedoch überall wie ein normaler Gast aufgenommen worden. 23 Überhaupt denunzierte er bemerkenswert viele seiner Helfer, ganz im Gegensatz zu landläufigen Vorstellungen, nach denen er alles, was ihm zur Last gelegt wurde, bereitwillig eingestand, seine Hehler und Helfer aber grundsätzlich nicht preisgab.24 Zwar wollte er sie sicher schonen, doch war seine Standhaftigkeit den ,subtilen* Verhörsmethoden nicht gewachsen. Hielt er ein62

mal in seinem Geständnis inne, dann überredete man ihn eindringlich weiterzumachen: „Nachdeme mann Inquisiten successive 22 Karbatschstreich über den Hindern anmessen lassen, so fangt er weiters an zu bekennen . . ," 25 An dieser genüßlichen Beschreibung der Verhörspraktiken und ihres Erfolges mag man immerhin die Erbitterung des untersuchenden Beamten über das jahrelange, höhnische Treiben des Wilderers und über seinen Rückhalt, seine Verehrung im Volk erkennen. Kurz vor seinem Ende milderte Hiesel übrigens noch seine erzwungenen Bekenntnisse und stellte fest, daß er die Bauern häufig überredet oder gar genötigt habe, ihm das Wildbret abzukaufen, „damit er von seiner Wahr los gekommen, und wieder ein Gelt erhalten zu seiner Zöhrung." 26 Überhaupt bemühten sich die Wilderer tatsächlich immer wieder, ihre Freunde unter den Bauern zu schonen. Das geht auch aus einem resignierten Schreiben des k. k. Oberamts Günzburg hervor, wo einer der Genossen des damals noch freien Klostermayer hingerichtet wurde: „Der untern 26:ten elapsi durch das Schwerd hingerichtete Johann Fischer, insgemein der bairische Hanßl, hat sich nach Art aller Wildschützen sehr wohl in Obacht genommen, um nur den dritten zu verschonen."27 Die Criminellen' Banditen hatten dagegen zu ihren Hehlern und zu den Wirten, bei denen die Hehlerfunktion überwog, ein durchweg weniger freundschaftliches Verhältnis. Der Hehler war meist voll in jene gesellschaftliche Ordnung integriert, die dem Banditen und seinem Anhang keinen Raum bot. Er erschien als notwendiges Übel, doch erweckte er keinerlei Sympathien. Im allgemeinen versuchte man, sich beim Beuteverkauf gegenseitig zu übervorteilen, wobei der Hehler meist in der besseren Ausgangsposition war. Der flüchtige Bandit konnte schließlich mit der gestohlenen Ware schlecht beliebig weiterziehen, um bei einem Konkurrenten einen besseren Preis zu erzielen. Nach Grolmann zahlte ζ. B. ein Hehler für Diebesgut im Werte von 2000 Gulden lediglich einen Preis von 143 Gulden; zwangsläufig mußte der Dieb dann mehr und häufiger stehlen, um überhaupt leben zu können.28 Die jüdischen Hehler um Nickel List ließen ihm nur sehr wenig von seinen an sich enormen Beutezügen, da sie die Ware einmal ohnehin nur für etwa die Hälfte ihres Wertes abkauften und dazu auch noch beim Wiegen falsche Gewichte verwendeten. So brachten sie ihn um den vollen Ertrag seiner ,Arbeit' und seines Risikos.29 Auch Rebmann geißelte die moralische Verkommenheit der Hehler, die hin und wieder auch als ,Baldover' auftraten, als solche vertrauensvolle Geschäftsleute täuschten, anschließend die Diebe auch noch übervorteilten, notfalls vor Gericht Meineide schwuren und das alles „um eines schmutzigen Gewinnes willen", ohne selbst ein nennenswertes Risiko getragen zu haben.30 Solidarität herrschte also kaum zwischen Dieb und Hehler - im Gegensatz zum Verhältnis vieler Räuber untereinander. Der Hehler, oft ohnehin schon ein wohlhabender Mann, hatte tatsächlich alles andere als wirtschaftliche Not oder gesellschaftliche Ächtung als Motiv vorzuweisen. Er stammte durchweg aus einer anderen Bevölkerungsschicht als sein ,Partner' und hatte folglich ein anderes Selbstverständnis. Vor allem der christliche Hehler - auch der jüdische 63

Händler mußte sich ja als Angehöriger der mißachteten Minderheit fühlen und konnte hier ein Motiv finden - war einzig auf seinen Profit aus, und dieses Ziel verfolgte er mit aller Rücksichtslosigkeit. Ebenso rücksichtslos kämpfte er für seine eigene Sicherheit. Jacob Scheerer ζ. B., ein angesehener Pächter und Viehhändler aus der Gegend von Hermeskeil, unternahm einen Versuch, den gefangenen Schinderhannes zu vergiften. Er fürchtete den Verrat seines ehemaligen Komplizen. 3 1 Der Mordversuch mißlang, Scheerer wurde sogar zusammen mit Schinderhannes angeklagt. Er mußte jedoch freigesprochen werden und schaute mit „höhnischem Wohlgefallen" den Hinrichtungen zu. 38 Der Sonnenwirthle stellte nach Beendigung der Inquisition eine Liste sämtlicher Wirte und Hehler, die ihm bekannt waren, auf, . . . je mehr er aus der E r f a h r u n g überzeuget, d a ß dergleichen Leuthe nicht nur v o n den gestohlenen Sachen einen grösseren N u t z e n und Gewinn, d a n n die Diebe selbsten haben, sondern auch mancher, der vorher nicht damit umgegangen, erst v o n ihnen z u m Stehlen aufgemuntert, andere aber darinnen unterhalten werden, mit folglich die Diebe und R ä u b e r unmöglich ehender auszutilgen seyen, biß vorhero ihre Receptatores ausf i n d i g gemacht, und denenselben das Beherbergen und E r k a u f u n g der gestohlenen S a chen mit N a c h d r u c k niedergelegt worden. 3 3

Also nur in selteneren Fällen war das Verhältnis zwischen Hehlern und Räubern frei von Animositäten. Wesentlich im Hinblick auf die organisatorische Ausformung der Banden erscheint jedoch der Umstand, daß der Räuber jederzeit einen Hehler fand. Wohl wurde er beim Verkauf betrogen, aber niemals blieb er auf seiner Ware sitzen; in einzelnen Fällen leistete er sogar regelrechte Auftragsarbeit, wenn ζ. B. der Hehler in Personalunion auch ,Baldover' war. Dieser Umstand war für ihn wohl von entscheidender Bedeutung: der schnelle Verkauf des Diebesguts war aus Sicherheitsgründen und wohl auch wegen einer wirtschaftlichen Zwangslage eine Notwendigkeit. Die inadäquate Bezahlung blieb daneben zweitrangig, zumal der Bandit ohnehin nicht gerade auf Vermögensbildung aus war. Man brauchte Geld zum - möglichst guten - Leben. Eine Motivation wie die des alten Graset, den „die Sucht ein Haus zu haben" antrieb, 34 war sehr selten anzutreffen, war hier vielleicht auch mehr eine Schutzbehauptung. Im allgemeinen ist - wie ζ. B. bei Picard oder Fetzer und anderen Niederländern - ein eher großzügiger Umgang mit Geld und sonstigen Wertsachen anzunehmen. Wirte und Hehler konnten in Ausnahmefällen auch den führenden Rang innerhalb der Banden einnehmen, besonders wenn sich in dem Kreise kein übermäßig profiliertes ,Räubergenie' befand. Oberhaupt einer fränkisch-schwäbischen Räuberbande war der Wirt Weiß, Inhaber der Herberge ,Waspenhof' bei Mainhardt im Württembergischen. Zwölf Mitglieder dieser Bande wurden 1773 in Pfedelbach, südlich von Öhringen, hingerichtet - natürlich größtenteils Subalterne. 35 Der Wirt vereinigte in seiner Person die Funktionen des ,Baldovers', Hehlers, Diebswirts und Bandenchefs, wenn er auch grundsätzlich an den Unternehmungen selbst nicht teilnahm. Er beanspruchte und erhielt jeweils den Löwenanteil der Beute, während die äußerst zahlreichen unteren Ränge meist 64

mit einigen, wenigen Gulden abgespeist wurden. Nach der Aussage des Andreas Wieland, eines der hingerichteten Banditen, habe Weiß alle lohnenden Taten organisiert, habe immer das Drei- bis Sechsfache seines, Wielands, Anteils erhalten und mit der Bande folgenden Bund geschlossen: 1. Daß sie alle beysammen bleiben, keiner von der Band sich trennen, ansonsten er nicht mehr sicher über den Weg seyn, 2. Keiner den andern bey Verlust des Lebens, verraten, 3. Keinem eine Sünd seyn solle, wann er denjenigen, welcher diesen Bund nicht halte, ums Leben bringe. 4. Habe der Wirt Weiß denen Obersten jeglicher Rott [die Bande war in drei Untergruppen aufgeteilt] die Gewalt über die Schlechte gegeben, daß sie sollen befugt seyn, denjenigen, welcher von der Band austrete, und das unter ihnen Ausgemachte nicht halte, zu behandeln, wie sie wollten. 5. Daß das gestohlene Guth unter ihnen gleich getheilet werden, keiner den andern betrügen, und wann einer auch nicht bey der That gewesen, dannoch seinen Theil davon haben solle. Diese Puncten wären genau unter ihnen beobachtet worden, ausgenommen der Letztere nicht, dann die Höchsten hätten denen Schlechten gegeben, was sie gewollt haben. 36

Abgesehen von der reichlich desillusionierten und desillusionierenden abschließenden Äußerung wurde hier das Bild einer Bande gezeichnet, die zumindest in der Theorie auf Prinzipien wie Gleichheit untereinander und Verpflichtung zueinander aufbaute. Letztlich wurde das Modell dann aber Grundlage für die Machtstellung einzelner gegenüber der Masse der Banditen. Auch der jüdische Wirt Israel Halle in der von Scbwencken erwähnten Kasseler Bande hatte zumindest für den Bereich der Stadt selbst die Führerstellung inne. Er war Haupt der ganzen Kasseler Unterwelt, versteckte gesuchte Diebe, verhehlte Diebesgut und unterstützte jeden Gauner, der sich quasi unter seinen Schutz gestellt hatte. Unternahm jedoch ein Dieb ohne seine Erlaubnis in Kassel einen Einbruch und beteiligte ihn nicht an der Beute, so hatte er mit Halles Feindschaft und mit Denunziation bei den Behörden zu rechnen." Doch standen Wirte und Hehler selten auf derartig prominenter Stufe; zumindest fehlen dafür die Belege. Gegen Halles Taktik sprach auch die Maxime der Niederländer, nie einen Diebstahl in der unmittelbaren Nähe des eigenen Hauptstützpunktes zu unternehmen. Ein Mann wie Halle konnte sein Handwerk über längere Zeit nur treiben, wenn er sehr enge Verbindungen zu den örtlichen Behörden unterhielt und die betreffenden Beamten möglichst auf seine Seite gezogen hatte. Das kam zwar durchaus nicht selten vor, doch gab es diese korrupten Beamten meist in kleineren Gemeinden. Die hatten dann einen ungemein hohen Prozentsatz an Gaunern unter ihren Einwohnern, galten ζ. T. sogar geschlossen als .kochem' und waren daher selbst kaum der geeignete Ort für diebische Aktivitäten. Die Niederländer nisteten sich eine Zeitlang in Meerssen nördlich von Maastricht ein, das wegen seiner geographisch-politischen Lage im Grenzgebiet verschiedener Herrschaften und Gerichtsdistrikte einladend erschien und daher 65 5

Rüther

auch schon im zweiten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts der Stützpunkt der sogenannten Bockreiter gewesen war.' 8 Der Name war den Räubern von der Bevölkerung verliehen worden, die sie mit dem Teufel im Bunde glaubte. Das Opfer eines Diebstahls verlor im allgemeinen keine Zeit mit irgendwelchen Klagen und Anzeigen, sondern begab sich am folgenden Tag schleunigst nach Meerssen, wo es die gestohlenen Waren beim Hehler zurückkaufen konnte. Der hatte sie vorgeblich von einem wandernden Krämer erhalten. Die rätselhafte Geschwindigkeit der Banditen erklärte man sich im Volk damit, daß sie auf Böcken, den Symbolen des Teufels, durch die Luft nach Meerssen ritten. 39 Neuwied war aus ähnlichen Gründen für Räuberstützpunkte geeignet,40 zumal der Rhein nach der französischen Revolution und der Besetzung des linken Ufers zur Zollgrenze und auch zur ideologischen Grenze zwischen der neuen Republik und den deutschen Ständestaaten geworden war. Hauptstützpunkt hier war das Haus des Wirtes Beiz.*1 Gleichzeitig hatten die Niederländer wichtige Schlupfwinkel in Südhessen, in den kleinen Dörfern Eckederot (heute Eckardroth) und Romsthal zwischen Gelnhausen und Steinau, deren Bewohner beinahe geschlossen auf ihrer Seite standen und deren lokale Behörden bereitwillig gegen geringes Entgelt Pässe ausstellten.42 Die Bande des Krummfingers Balthasar war in etlichen ,platten' Ortschaften vertreten. Berüchtigt waren Marolterode nahe Mühlhausen, auch Ober- und Unter-Dorla, wo ein Arzt verwundete Banditen kurierte, Schlotheim u. a. m.48 In den Untersuchungsakten des Sonnenwirthle tauchte häufig der Name Kochertürns bei Heilbronn auf, wo sogar der Schultheiß als Hehler auftrat. 44 Der Bürgermeister des gräflich Leiningischen Dorfes Karlsberg bei Grünstadt steckte mit den Gaunern unter einer Decke, stellte Bescheinigungen und Pässe aus und wurde dabei im Laufe der Zeit ein wohlhabender Mann, bis er im Jahre 1810 endlich abgelöst wurde.45 Um 1790 war die Stadt Mühldorf am Inn als „das allgemeine Zufluchtsort aller Diebe, und Räuber schon öfters actenmäßig hergestellet worden". 46 1791 hatte der Delinquent Georg Holzgaderer dem Gerichtsdiener Johann Georg Kefer in Kraiburg kurz vor seiner Hinrichtung noch mitgeteilt, daß besonders beim Mühldorfer Strasserbräu die Spitzbuben ein- und ausgingen. Er selbst habe dort die Beute des Diebstahls, der ihm zum Verhängnis geworden war, „durch das Zwickspiel liederlich verspiellet".47 Nicht nur die Stadt insgesamt, sondern auch dieses eine Wirtshaus hatten über Jahre hinweg eine zweifelhafte Rolle spielen können. So wurde in einer Münchener Gaunerliste von 1775 der „Mühlknecht Märtl, vulgo Däxl" erwähnt, der sich mit Vorliebe bei dem „Strassen oder Ederbräu zu Mülldorf" aufgehalten habe.48 Die Stadt hatte ebenfalls einen besonderen juristischen Status. Zwar trug Bayern unstreitig die Oberherrschaft bei jedoch gleichzeitig „limitato modo an Salzburg überlassenen jure gladii"; d. h. Bayern mußte sehr darauf achten, die Rechte des Erzstiftes Salzburg nicht zu verletzen, wenn es auf Verhör und Untersuchung gegen den Wirt Strasser durch das Gericht Mühldorf drängen wollte. Sollte sich nun Mühldorf als nicht kooperativ erweisen, dann hatte das Pfleggericht Kraiburg (so laute66

ten die Münchener Befehle) zu versuchen, den verdächtigen Wirt festzunehmen, sobald er außerhalb der Stadtgrenzen angetroffen würde. Dazu hätte natürlich die Stadt ständig unter Beobachtung gestellt und bei der Festnahme auch noch der „Zufallsanschein" erweckt werden müssen, um Salzburg nicht zu provozieren. 4 ' Natürlich hatten die zuständige Regierung Burghausen und das Gericht Kraiburg gegen derartige Anordnungen starke Bedenken. Da zudem nicht geklärt war, ob sich die Aussage des mittlerweile längst hingerichteten Holzgaderer auf den Strasserbräu in der Stadt selbst oder auf den in der Vorstadt bezog, wurde beschlossen, die ganze Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Lediglich der Gerichtsdiener Kefer bekam seinen Rüffel, weil er mit seiner Meldung bis nach der Urteilsvollstreckung gewartet hatte. Es war offensichtlich den Gaunern der Gegend bekannt, wie sie die besonderen Hoheitsverhältnisse Mühldorfs für ihre Zwecke ausnutzen konnten. Und auch einige Bürger der Stadt selbst hatten festgestellt, daß sie sich relativ ungestört als Hehler und Diebswirte betätigen konnten. In ähnlicher Weise war das Amt Widdern, das unter gemeinschaftlicher Herrschaft Badens und Württembergs stand, als Räuberstützpunkt geeignet, zumal der „dortige Amtmann Hammer bei Ertheilung seiner Pässe grose Freigebigkeit zeiget".50 Neben diesen ganzen Ortschaften, die oftmals einschließlich der lokalen Beamten ,kochem' waren oder wo man doch wenigstens bei einzelnen Vertrauten unterkommen konnte, verfügten die Banditen noch über verschiedene Schlupfwinkel, die einzeln auf dem offenen Land verstreut lagen und die ihnen immer wieder gestatteten, unvermutet auf- und unterzutauchen. Ein Maastrichter Polizeibeamter war beispielsweise dem Niederländer Adolf Weyers so dicht auf den Fersen, daß er schon meinte, ihn mitsamt der Beute eines Überfalls gefaßt zu haben. Doch plötzlich hatte er die Spur verloren. Keine Fee, kein Zauberer war es, der ihn den Augen seiner Verfolger entzog, es war eines von den verdächtigen Häusern (Kochemer Beyes wie sie die Räuber nennen), das ihm Sdiutz gab, und ihn verbarg. 51

Das Netz dieser vertrauten Häuser war so eng, daß der Gauner auf seinen Reisen und Streifzügen durchweg jede Nacht unter einem sicheren Dach verbringen konnte. Der Straßenräuber Hölzerlips meinte im Verhör, man könne sich nach einmal gelungener Flucht jahrelang im Odenwald verstecken. „ . . . wofür hätten wir denn die kocheme Bay es? Wenn es darauf ankommt, den Streifern zu entgehen, wissen wir schon, wo wir verborgen liegen können, ohne selbst bei der genauesten Nachsuchung entdeckt zu werden." 52 Es existierten förmliche ,Diebesstraßen', Ketten von Herbergen, die ein heimliches Entkommen der Verfolgten ermöglichten. Dem harmlosen Reisenden mochten diese Häuser durchaus als honorige Unterkünfte erscheinen - für den eingeweihten ,Kochemer' wurden allerdings verborgene Zimmer reserviert.53 Der preußische Kriminalist Falkenberg erhielt von einem ehemaligen Gauner, den er unter Polizeiaufsicht als ,Vigilanten' einsetzte, wertvolle Informationen. 67 5·

Diebesstraße nach dem Bericht des Amtes Bernkastel vom 30. 9. 1776

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Diebesstraße nach den Angaben Mahrs im Hildburghauser Protokoll von 1753

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Ich gelangte . . . zu der Ueberzeugung, daß sich von Berlin bis an die Grenze des damaligen Königreichs Westphalen eine förmliche Diebesstraße gebildet hatte, die jedem Diebe oder Räuber von Profession in mannigfacher Rücksicht bei seinem verbrecherischen Gewerbe einen sehr großen Vortheil gewährte. Beging ζ. B. ein Dieb in der Residenz irgend ein bedeutendes Verbrechen, und glückte es ihm, mit dem gestohlenen Gute nur aus den Stadtthoren zu entkommen, so war er, wenn ihn anders der günstige Zufall auf diese Diebesstraße führte, vor jeder nachherigen Entdeckung ziemlich gesichert. 54

Er konnte nun von Herberge zu Herberge Weiterreisen und erhielt unterwegs Kontakt mit Hehlern, bei denen er sein Diebesgut absetzen konnte. Als gelernter Gauner dürfte er sich allerdings kaum, wie Falkenberg annahm, auf den Zufall verlassen haben; ihm war vielmehr die Existenz dieser Straße bekannt, und er wird sie in seine Planung mit einbezogen haben. Eine ähnliche Straße erwähnte auch Mahr im Hildburghauser Protokoll: Ihr Strich oder Gang wäre von Haßleben, wo sie in Erlen lägen, und in der großen Schencke, auf Straußfurth, Schwerstedt, Klein=Groß=Ballhausen, Tennstädt, Blanckenburg, Marode, Schlotheim, Buttenheiligen, Alten=Gottern, Rinckmühl, Seebach, Unter=Dorla, Ober=Dorla, Langel und sodann im Wald etc. 55

Es sei hier noch auf die Bande hingewiesen, die der Vagant Johann Philipp Schreier 1798 in Dachsbach beschrieb. Sie hatte Stützpunkte im schwäbischen Fuchsschwanz, in Augsburg, Nürnberg, Fürth, Thum, Sassenfarth, Adelsdorf, Lisberg, Oberredwitz und schließlich in Römhild. Bemerkenswert sind Ausgangs- und Endpunkt dieser Straße größeren Maßstabs: vom Fuchsschwanz kamen einige Banditen aus dem Kreis um den Wirt Weiß und Römhild, nicht weit von Hildburghausen, findet sich im Herrschaftsbereich der alten Krummfingers Balthasar-Bande.5' Die ,kochemer' Häuser an den Straßen des Schinderhannes lagen jeweils einen Nachtmarsch voneinander entfernt, so daß er nachts marschieren und den Tag in Sicherheit verschlafen konnte 57 . Einer der Wege endete in Hamm am Rhein, wo er sich von der Fischerfamilie Seibel gegen Bezahlung übersetzen ließ und auf dem anderen Ufer zunächst in Sicherheit war. Die Seibels hatten offenbar eine Art Monopol als Räuberfährleute. Hamm und der Nachbarort Eich erlangten so gewissermaßen sprichwörtliche Berühmtheit. Becker zitierte ein Schreiben an das Spezialgericht von Donnersberg: Zu Eich und zu H a m m kommen die Spitzbuben zusamm' 5 8

Und eben bei dieser Familie Seibel konnten nach den ersten Geständnissen des Schinderhannes tatsächlich eine ganze Anzahl seiner Genossen verhaftet werden. Ein weiterer Diebesstraßenabschnitt wurde auch 1776 im Rhein-Mosel-Gebiet im Amte Bernkastel entdeckt. Bey lezt abgehaltenen Streifungen hat sich ein Diebs Band von 30 Mann entdecket. Dieselbe streichet zwischen hießigem und dem Wildenburger Amtszwang durch den Hoch Wald ohnweit Hoxel Amts Baldenau, woselbst zerschiedene davon öfters über-

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nachten. Sie ziehen sich jeweils von dannen über Frohnhofen, Cappel, und in die Gegend Boppard, Saltzig, Bornhofen, jeweilen setzen sie über die Moßel und besuchen den im Amt Wittlich gelegenen Grunwald mit denen daher befindlichen Ortschaften.59 Auch auf dieser Strecke fanden sich also zwei Fährstellen über den Rhein und die Mosel, und sicher hat sie sich über diese Punkte hinweg noch auf den jenseitigen Ufern fortgesetzt. So stellte denn auch Falkenberg pauschal fest, daß Besitzer von Kähnen und Fähren besonders an Grenzflüssen sehr oft verdächtig gewesen seien.60 Neben dem Rückhalt der Räuber bei Teilen der Bevölkerung, verfügten sie in einzelnen Fällen über sehr enge Verbindungen zu den Verfolgungsbehörden und lokalen Obrigkeiten. Einige Beispiele, die besonders ins Auge fallen, habe ich bereits aufgeführt. Verständlicherweise waren die Kontakte zu den unteren Chargen besonders ausgeprägt. Gerichtsdiener, Flurschützen, Nachtwächter diese Funktionen wurden oftmals durch ,unehrliche' Leute wahrgenommen, waren ζ. T. gar mit der ,Unehrlichkeit' verbunden. Gauner ließen sich als Polizeiangestellte und Zöllner berufen und hielten sich in diesen wenig attraktiven, für sie aber sehr wichtigen Positionen oft über Jahre hinweg, ohne ihre kriminellen Aktivitäten wesentlich zu dämpfen. Solche Menschen als Vertreter der Ordnungsmacht anzustellen, hieß natürlich, den Bock zum Gärtner machen. Sie waren durchweg bei der Bevölkerung verhaßt, waren bestechlich, bevorzugten demnach die Reichen - was jedoch kein Ausdruck ihrer Sympathie war. Sie nutzten ihre Machtstellung den ärmeren Untertanen gegenüber aus, verschafften sich so persönliche Vorteile und unterstützten zugleich tatsächliche Banditen nach Kräften." 1 Johann Georg Grasel hatte ζ. B. viele Helfer unter Gerichtsdienern (sein Großvater war selbst einer gewesen), zumal diese Stellung häufig von Abdeckern ausgefüllt wurde.®2 Bei Christensen wurden Polizeiagenten erwähnt, die die entdeckten Diebe bei Gefahr warnten und ihnen so die Flucht ermöglichten, anstatt sie festzunehmen.®3 Ein Diebshehler und Wirt - Name und Ort wurden verschwiegen wurde ihm angegeben, der früher in Gießen gewohnt habe, jetzt Spion der Polizei in „E..th" sei und dennoch nebenher ungerührt ,baldovere'!' 4 Als Seibert, ein Genösse des Schinderhannes, 1802 von Verfolgern erschossen wurde, argwöhnte ein Gendarmerieoffizier, man hätte ihn wohl auch lebend fangen können; einige der Polizeigarden hätten jedoch seine Bekenntnisse zu fürchten gehabt.®5 Der berüchtigte Spielhannes, bürgerlich Johannes Lehn, übernahm im Zimmern im badischen Oberamt Rodenfels etwa um 1812 das Amt des Flurschützen in Personalunion mit dem des Nachtwächters, Gemeindedieners und Polizeioffizianten. Er fungierte jahrelang als „Handlanger der Ortspolizei", ohne daß man ihn erkannt hätte. Sein Vorgänger im selben Amt war sein eigener Vater gewesen, ehemals berüchtigtes Mitglied der sogenannten Lohmüllers Bande.™ Schwencken führte zwei Gauner auf, die in Düsseldorf und Leipzig als Polizeiagenten tätig waren und einen dritten, den Serves Joseph, der um 1800 mit den Niederländern geraubt hatte. Davor war er bereits einmal von französischen Galeeren entflohen und kannte auch die Gefängnisse Straßburgs, 71

Breslaus, Stuttgarts, Leipzig, Münchens u n d Mergentheims von innen. In Salzburg h a t t e er 60 000 bis 80 000 Gulden in Banknoten gestohlen, die er in Dresden schnell durchbrachte; in Kassel beging er einen weiteren Diebstahl, „und im J a h r e 1812 functionirte er als Douanier in Lübeck".' 7 In einem Bericht v o m 2. 8. 1788 klagte der L a n d a u e r Landrichter allgemein über den R ü c k h a l t der Spitzbuben in der Bevölkerung u n d ging d a n n auf das Problem der Gerichtsdiener ein: Dann giebt es Gerichtsdiener, die selbst mithelfen, wie gleich der Lindmayr zu Reyspach actenmässig überwiesen ist, der erst kurz wieder die nämliche Nacht, als ich von Reyspach einen Ausfall machte, ausging, und in aller Früh nach Haus kam. Kann er nicht Leute benachrichtet haben, und ist diß nicht bey einem Gerichtsdiener zu vermuthen, der in denen Acten überwiesen ist, daß alle Errettungs Conferenzen des berüchtigten Planken Sepps bey ihm im Haus gehalten werden: wie dann noch die Plankin in das Haus kömmt; eine ganze Correspondenz wegen seiner [des verurteilten Sepp Blank] Entlassung vom Arbeitshaus geführt wird. Es ist bekannt, ja ganz Reyspach voll, daß sein Weib, wenn er sie prügelt, ihm öffentlich vorwirft: Wart Spitzbub, ich sag es schon, du körnst gewiß noch an den Galgen [im Original unterstrichen]. So ein Gerichtsdiener sitzt ruhig in einem Amt, wo es von Spitzbuben wimmelt.88 Die Verbindung zwischen subalternen Behördenangestellten u n d Banditen erklärte sich also leicht aus dem U m s t a n d der gleichen H e r k u n f t , die eine gewisse F o r m der Solidarität hatte entstehen lassen. N u r der bayerische Hiesel fiel hier wiederum aus dem R a h m e n . Er w a r entschiedenster Gegner d e r ' A m t s - u n d Gerichtsdiener, stammte er doch aus einer anderen Bevölkerungsschicht, die den ,unehrlichen' Leuten überwiegend Abneigung entgegenbrachte. Er h a t t e keinerlei wie auch immer geartete Bindungen an sie. Er erwartete von ihnen keine Schonung oder gar Unterstützung, sondern verfolgte sie vielmehr seinerseits mit aller H ä r t e , sobald sie gegen ihn a u f t r a t e n . Auch in dieser Hinsicht n a h m er also dieselbe H a l t u n g wie die bäuerliche Bevölkerung ein, bei der die Büttel geringgeachtet oder wegen ihrer Brutalität gar v e r h a ß t waren." 9 Doch hatten die Räuber wie gesagt auch enge Beziehungen zu höheren Beamten, zu Bürgermeistern, Amtsleuten u n d Richtern. In nahezu jedem H a u p t s t ü t z p u n k t brauchte die Bande neben guten Schlupfwinkeln u n d zuverlässigen H e h l e r n auch Verbindungen zu den lokalen Behörden, die sie mit N a c h r i c h t e n über Gegenmaßnahmen versorgen und ihnen Pässe u n d Bestätigungen ausstellen mußten. U n d diese Verbindungen waren allem Anschein nach leicht zu k n ü p fen! D e r G r u n d d a f ü r lag w o h l weniger in einer persönlichen Zuneigung zwischen Vertretern beider G a t t u n g e n und nur selten an einem Verständnis des Beamten f ü r das Gaunerleben. Ähnlich wie bei den etablierten und allgemein geachteten H e h l e r n w a r die Anfälligkeit f ü r Verlockungen finanzieller oder ähnlicher A r t entscheidend. „So weiß namentlich Nicolaus H a r t i n g eine gar erbauliche Geschichte von der W i r k u n g zu erzählen, die ein der Frau A m t m ä n n i n geschenktes Mode=Tuch in dieser Beziehung hervorgebracht hat." 7 0 Die Mersener Bande h a t t e Verbindungen zu einem hohen Sicherheitsbeamten, der mit Beuteanteilen abgefunden wurde, damit er seine Pflichten vergaß, 7 1 u n d die Krefelder Bande, auch ein Seitenzweig der Niederländer, hatte in 72

einem dortigen Landrichter einen einflußreichen Freund. Seine Hilfe war so wichtig, daß Fetzer, als endlich ein neuer Richter eingesetzt wurde, sich stärker nach Neuß hin orientieren mußte.72 In einer Bandenbeschreibung des Landgerichts Deggendorf von 1711 wurde als Chef einer dreißig- bis hundertköpfigen Bande der „Mörderl. Ertz=Rauber" Geigerhannerl aufgeführt. Sein Komplize Pächerl hielt sich mit Vorliebe in der Gegend von Riedenburg und Dietfurt, westlich von Regensburg, auf, denn „der alldortige Ambtmann seye sein Gevatter und habe umb ihr Tuen und Lassen alle Wissenschaft".73 Der bayerische Hiesel machte sich die Beamten dagegen nicht durch Bestechungen gefügig, sondern durch angedrohte und praktizierte Gewaltanwendung. Er hatte es nicht nötig, Informationen zu kaufen, da er mit Warnungen und auch weitergehender Unterstützung durch die Bevölkerung selbst rechnen konnte. Dennoch ließ er natürlich, gemäß seiner Abschreckungspolitik, die Beamten nicht in Frieden. Entpuppte sich einer als allzu eifriger Verfolger, so schreckten die Wilddiebe auch vor regelrechten Strafaktionen nicht zurück, wie das Beispiel des Überfalls auf das Täfertinger Amtshaus zeigte. Im allgemeinen konnte man jedoch auf derartige Aktionen verzichten. Als'dem Hiesel zugetragen wurde, der Beamte von Pfaffenhausen, ein ,gestrenger Herr', plane eine Streife gegen ihn, stieß er lediglich öffentlich Drohungen aus. Der Beamte erfuhr davon, bat ihn zu sich, beruhigte ihn mit der Versicherung, er wolle nichts gegen ihn unternehmen; wenn tatsächlich eine Streife auf Hiesels Fährte sei, so wisse er, der Beamte, nichts davon.74 Die Beteuerung wurde akzeptiert. Diesen wohl mehr gezwungenermaßen freundschaftlichen' Umgang mit dem ,Erzbösewicht' Klostermayer (er soll sich in der Folge häufig in Pfaffenhausen aufgehalten haben75) mußte der Beamte seinen Vorgesetzten natürlich erklären und entschuldigen. Er beschrieb recht anschaulich die Hofhaltung des Wilderers im Dorf, das Zusammenlaufen des Volkes - alle Leute nennen ihn ,Herr Hiesel' und zahlen ihm den Wein! Ebenso erwähnte er auch die Drohungen, die gegen ihn ausgestoßen wurden, ließ jedoch wohlweislich seine erfolgreichen Beschwichtigungsversuche weg.76

3. Ausbildung und Fertigkeiten der Banditen Komplizierte Aktionen der Räuber- und Diebsbanden waren ohne ein umfassendes System, das Handeln und Uberleben der einzelnen erst ermöglichte, überhaupt nicht vorstellbar. Das System war, wie gesagt, zunächst aus den sachlichen Erfordernissen des Gewerbes heraus entstanden. Voraussetzung war dabei ein gewisses handwerkliches' Rüstzeug beim einzelnen Banditen, das dem geborenen Vaganten ζ. T. schon durch die Erfahrung seiner Lebensweise vermittelt wurde, ζ. T. jedoch auch durch eine regelrechte Ausbildung zum Dieb und Räuber. 73

Der erste Zweck einer solchen Ausbildung mußte der Schutz vor Verfolgungsmaßnahmen sein. Wohl jeder Vagant, auch wenn er zu den offenbar wenigen gehörte, die sich bemühten mit legalen Mitteln durchzukommen, hatte seine Erfahrungen mit untersuchenden Beamten gemacht. In zahlreichen Verhören hatte er gelernt, wie er sich der Obrigkeit gegenüber zu verhalten hatte. Er stellte sich meist dümmer als er war, meist auch ehrlicher und entsprechend empört über die Festnahme. Er versuchte den Eindruck eines zwar armen, aber rechtschaffenen Mannes zu erwecken, der nur durch mißliche Umstände auf die Straße gezwungen worden war und dabei zwangsläufig mit dem Gaunergesindel, f ü r das er angeblich nichts als Abscheu empfand, in Berührung hatte kommen müssen. Er habe ständig, jedoch erfolglos versucht, sich von dieser Gesellschaft fernzuhalten, sei nun aber gerne bereit, seine mageren Kenntnisse dem H e r r n Beamten mitzuteilen. Fragte der Beamte dann tatsächlich nach, so mußte er sich meist mit unbestimmten, o f t auch einfach unwahren Informationen bescheiden, die ihm jedenfalls auch nicht viel weiterhalfen. Der oben bereits erwähnte stumpfarmige Zimmermann Philipp Müller beherrschte diese Kunst meisterhaft. Die Darstellung seiner Notlage nötigte sogar dem skeptischen Untersuchungsrichter Pfister Worte des Mitleids ab. Müller bot der Polizei seine Hilfe als Kundschafter an. Er schlug vor, „daß er, wenn sein N a m e verschwiegen bleiben würde, mehrere der rechten Vögel, welche sich in ihrem eigenen Fette braten würden, indem sie Uhren auf beiden Seiten trügen, einfangen k ö n n t e . . G e l e g e n h e i t dazu biete sich vor allem auf den Jahrmärkten; er brauche, um erfolgreich vorgehen zu können, lediglich Empfehlungsschreiben an die zuständigen Ämter. Er kenne auch die heimlichen Niederlagen und Versammlungsorte dieser Kerls, und vielleicht könne er hier oder dort an diesen Orten, welche mann dämpfen müsse, diese Kerls miteinander auf einmal einziehen. Er habe leider eine Tochter, welche den langen Steffen [einen der gesuchten Raubmörder] geheiratet unter diesen Kerls. Indessen sei sie blos durch ihren Mann, der heute diesen, morgen jenen, und übermorgen wieder einen anderen Namen annehme, dazu gekommen . . . Er habe sich nie mit dergleichen Leute abgegeben, indessen habe er sie kennen lernen durch seinen Aufenthalt in den hiesigen Gegenden . . . 7e

Müller wurde tatsächlich freigelassen, zog unter Beobachtung eines immerhin vorsichtshalber nachgeschickten Rechtspraktikanten durch das Maingebiet und veranlaßte die Festnahme einiger Personen in Weinheim, die später allesamt wieder entlassen werden mußten. Schließlich entzog er sich selbst der Kontrolle und mußte im Verlauf einer neuen Fahndung wieder eingefangen werden. Im weiteren Fortgang der Untersuchung erwies sich, daß er als durchaus qualifizierter Dieb an mehreren Unternehmungen der verfolgten Bande selbst teilgenommen hatte. Auffallend ähnlich ging der Vagant Johann Philipp Schreier vor, der 1798 in Dachsbach inhaftiert war. Er selbst sei kein Bandenmitglied, habe jedoch Informationen über die Banditen gesammelt, die er jetzt den Behörden mitteilen wolle. 74

Ich habe deßwegen auch ihre Sprache ganz einstudiert, und allenthalben, wo ich mit einem [Spitzbuben] bekannt worden, sowohl ihre Niederlagen und Herbergen, als auch die falschen Kanzleyen auszukundschaften gesucht, wo man ihnen auf fremde Gerichte Pässe, Kollektenbriefe, ja sogar Adelsbriefe auf Pergament macht. Ich kann mit vollem Grunde behaupten, daß die Bande über 180 Köpfe stark ist mit Inbegriff der dazu gehörigen Weibsleute. Sie verbreitet sich vom Fuchsschwanz an in Schwaben, welchert [?] Ort allein an Doktoren, Operateurs und Staas-Bettlern [?], welche Häupter der Bande ausmachen, drey Galgen zieren könnte, über Augsburg, Nürnberg, Fürth, Thum, Sassenfarth, Adelsdorf, Lisberg, Oberredwitz bis nach Römhild, wo allenthalben haussässige Leute, die dazu gehören, und Zusammenkünfte von Räubern sind.79 Er habe sich der Bande oftmals als angeblich großer Räuber angepriesen, um sie so desto leichter ausforschen zu können. Möglicherweise wollte er mit dieser Aussage eventuell belastenden Angaben anderer Banditen von vornherein die Spitze nehmen. Seine Aussagen schienen jedenfalls durchaus auf einem wahren Kern zu beruhen, blieben insgesamt jedoch sehr vage. Er bot sich nun als H e l fer der Polizei an, wenn ihm Freiheit und Schutz zugebilligt würden. Leider ist nicht bekannt, ob und inwieweit sein Anerbieten akzeptiert wurde. Die Kinder einer Vagantenfamilie, die schon von klein auf Zeugen derartiger Verhörsprozeduren waren, lernten am Beispiel ihrer Eltern das angemessene Verhalten im Verhör, allgemein dem Untersuchungsbeamten gegenüber. Sie erhielten so die notwendige Grundausbildung f ü r den Umgang mit der Obrigkeit direkt durch die Praxis. Es reichte normalerweise f ü r den durchschnittlichen Vaganten hin, wenn er diese Verhaltensgrundsätze beherrschte. Was man ihm im allgemeinen nur nachweisen konnte, falls er mit seiner Taktik keinen Erfolg hatte, waren das Vagantenleben selbst und gegebenenfalls Bettelei. D a f ü r hatte er in der Praxis mit einigen Tagen H a f t zu rechnen, u. U. mit der Prügelstrafe, und wurde anschließend über die nächste Grenze abgeschoben - allerdings mit der Warnung, sich nicht wieder sehen zu lassen, denn nach der dritten Festnahme konnte er ja hingerichtet werden. Für einen Dieb oder gar Räuber mochte es jedoch nicht ausreichend erscheinen, sich nur auf sein geschicktes Verhalten, seine Beredsamkeit im Verhör, auf seine ehrlichen Augen und die Gutgläubigkeit des Inquirenten zu verlassen, denn er hatte schließlich f ü r seine Verbrechen den sicheren Tod zu erwarten. Er bemühte sich deswegen zunächst darum, den Gang der Untersuchung in seinem Sinne zu beeinflussen. Falls das nicht möglich war, weil die Beweismittel gegen ihn zu deutlich sprachen, dann setzte er alles daran, um sich dem weiteren Prozeß durch die Flucht zu entziehen. Zunächst versuchte er, mitgefangene Komplizen durch geheime Zeichen, Hinweise und unbemerkte Nachrichten dazu zu bringen, ihre Aussagen seinen eigenen anzupassen, um so verhängnisvolle Widersprüche zu vermeiden. Als Nickel List ζ. B. nach seiner Verhaftung in Hof durch eine Militäreskorte nach Celle transportiert wurde, wo die Untersuchung gegen ihn stattfinden sollte, wurden einige seiner jüdischen Komplizen unterwegs dem Zug noch angeschlossen. Die versuchten nun, untereinander Kontakt aufzunehmen, wobei sie die mangelhaften hebräischen Sprachkenntnisse ihrer Bewacher ausnutzten. Sie wur75

den jedoch von List, der ja bekanntlich keine freundlichen Gefühle für seine an ihm schmarotzenden Genossen hegte, verraten. . . . daselbst in Scheiditz nahmen die Juden ihrer Gewohnheit nach ihre Bücher zur Hand, und stelleten sich, als betheten sie mit lauter Stimme, und gar andächtig. List aber, der das Jüdische durch seinen geführten Umgang mit den Juden ziemlich verstund, berichtete, daß sie bey solchem Lesen nicht betheten, sondern miteinander redeten, und sich zur Beständigkeit anmahneten, durch keine Folter sich zum Bekändtnis bringen zu lassen. 80

Auch nichtjüdische Banditen waren in der Lage, sich durch die Gaunersprache, das sogenannte ,Rotwelsch', unerkannt miteinander zu verständigen. Die Sprache wurde bei den Gaunern regelrecht unterrichtet. Der junge Mahr gab an, „Er könne die Spitzbubensprache vollkommen. Denn sein Vater habe ihn immer deshalb geschlagen, und gesagt: Du Strick und Widstock, willst du nicht platt [Gaunerwort für vertraut, in anderen .Dialekten': kochem] werden!" 81 Die Bedeutung der Geheimsprache für den Untersuchungsrichter wurde von den Verfassern der späteren ,aktenmäßigen Geschichten' und ähnlicher Werke recht klar erkannt. Sie fügten daher ihren Büchern jeweils lexikalische Anhänge bei, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich einige wichtige Ausdrücke anzueignen, um so vielleicht Gefangene im Verhör zu überlisten.82 Eine „Rotwellsche Grammatik", die bereits 1755 in Frankfurt erschien, wollte insbesondere Reisenden ermöglichen, in Wirtshäusern Gauner zu belauschen, um so deren Anschlägen entgehen zu können; sie war gewissermaßen ihrer Zeit voraus.83 Die Gaunersprache war im Prinzip allen Banden nicht nur des deutschen Sprachraums eigen. Sie entwickelte und ergänzte sich teilweise aus jüdischen und zigeunerischen Elementen und verfügte, je nach dem, welches Element überwog, auch über eigene Dialekte und Provinzialismen. Die Existenz und die entwickelte Form dieser Sprache mag u. a. die Qualität der Banden als gewissermaßen ,gegengesellschaftliche Konkurrenzorganisation' eindrucksvoll hervorheben. War in der H a f t ein direkter Kontakt mit Komplizen nicht möglich, weil etwa der Richter jede Unterhaltung unterband, dann wurden heimliche, kaum sichtbare Zeichen angewandt. Vom Untersuchungsrichter konnten sie normalerweise, wenn er sie überhaupt bemerkte, nicht gedeutet werden. An sich unverfängliche Briefe an Verwandte wurden mit Geheimtinte oder anderen Tinkturen präpariert. Genossen, die noch in Freiheit waren, konnten so über den Grad des eigenen Geständnisses informiert werden; Zeugenaussagen wurden abgesprochen, Eigenarten des Richters und Möglichkeiten zum Ausbruch mitgeteilt und erörtert. 84 Andere Gaunerzeichen, gezeichnete Symbole oder sogenannte ,Zinken', waren auch für das Leben in Freiheit von großer Bedeutung. Hans Groß, der bekannte Kriminalist um 1900, maß ihnen denselben Zweck zu wie den alten Handelsmarken und den Zeichen bestimmter Handwerksberufe. 76

Wappen, Hausmarken, Künstler- und Steinmetzzeichen, Handelsmarken, Walen, Bettel- und Gaunerzinken, endlich Mordbrennerzeichen - sie sind alle psychologisch dasselbe, und entsprechen dem Bestreben der Menschen, sich und ihr Treiben deutlicher, plastischer zum Ausdrucke zu bringen, und dies in einer Weise zu tun, welche die Zusammengehörigkeit, modern gesprochen die Organisation einer Gesellschaftsgruppe zeigt und auch andern gegenüber festhält.. ,85 Als Beispiel für die Funktionsweise der .Zinken' führte Groß ein Mordbrennerzeichen vor, das an der Wand einer einsamen thüringischen Waldkapelle gefunden worden war:

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(III

796, Verordnung wegen Rauber- und Dieberey 1713-1720, Bl. 6 u. 9; zur Brandmarkung vgl. auch E. v. Künßberg, Rechtliche Volkskunde, Halle 1936, S. 167 f. 53 C. E. Hagen, Summarische Gerichts»Verhandlungen über die im Jahre 1724 zu Berneck erfolgte Hinrichtung von 17 aufgegriffenen Zigeunern, in: Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken, Bd. III, H . 3, 1847, S. 93-108. 84 StA f. Obb., München, GR 317/18, Zygeuner, Abhaltung derselben, 1594-1801. 55 H . Arnold, Vaganten, S. 5 f.; „jenisch" ist das zigeunerische Gegenstück zum jiddischen „kochem". Beides heißt „klug"; Vaganten bezeichneten sich selbst als ,kluge Leute'. Siehe S. A. Wolf, Wörterbuch des Rotwelschen, Mannheim 1956, S. 144 f.; vgl. unten S. 75 f. 88 H. Arnold, Vaganten, S. 5 u. S. 99 f.; die ähnliche ,Arbeitsweise' der Zigeunerbande des Hannikel und des räuberischen indischen Wanderstammes der Bhantu „weite nächtliche Märsche und schnelle Abwicklung der zuvor ausgekundschafteten Räubereien" - auf vererbtes genetisches Material zurückführen zu wollen, wie Arnold es tut, scheint doch etwas weit zu gehen. Ein solches Vorgehen ist eindeutig das Resultat taktischer Überlegungen und findet sich bei sehr vielen nicht-zigeunerischen Banden auch. 87 Vgl. G. J. Schäffer, Sulz. Zigeuner=Liste, Tübingen 1787, S. 3-14, die „Schilderung des National Karakters" der Zigeuner - eine bemerkenswert differenzierte Darstellung. 58 H . Arnold, Das Vagantenunwesen in der Pfalz während des 18. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz, Bd. 55, 1957, S. 117-152, hier S. 127. 89 Die folgende Charakterisierung muß vereinfachen. Zu den jüdischen Unterschichten vgl. vor allem R. Glanz, Geschichte des niederen jüdischen Volkes in Deutschland, New York 1968. Diese Arbeit geht auch intensiv auf spezifische Eigenarten jüdischer Gauner- und Räuberbanden ein, während ich mich in der vorliegenden Arbeit um eine Darstellung des Banditentums allgemein bemühe, ohne einzelne kulturell oder religiös begründete Unterschiede bis ins letzte auszuarbeiten. Deren Existenz soll zwar nicht geleugnet werden, doch ist eine exakte Trennung zwischen rein jüdischen Banden und ihren deutschen Nachbarn zumindest um 1800 kaum mehr möglich. Zudem scheinen auch im ganzen achtzehnten Jahrhundert die Übereinstimmungen im stärkeren Maße evident zu sein als die Unterschiede. 80 Glanz, S. 60 f. 61 Leben und Thaten des brüchtigten Räubers Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, Basel 18042, Bd. I, S. 56. 82 Vgl. Radbruch, S. 143 f. u. S. 285; vgl. auch E. Wadle, Hehlerprivileg, in: H R G , 9. Lfg., 1972, Sp. 37-41. 63 Becker, Bd. I, T. 2, S. 29 u. S. 80. Jüdische Geldverleiher und Wucherer konnten kaum auf Hilfe oder Mitleid bei ihren Schuldnern rechnen. Vgl. unten S. 113-115. Cahnmann mag recht haben, wenn er meint, daß Kredit suchende Bauern und Kredit gewährende Juden „wußten, daß sie aufeinander angewiesen waren". Dodi zumindest für die Zeit vor der Emanzipation kann von einer Hochachtung, die die Bauern den Juden gegenüber empfanden, nur in seltenen Fällen die Rede sein. Siehe W. J. Cahnmann, Der Dorf- und Kleinstadtjude als Typus, in: Zeitschrift für Volkskunde, Jg. 70, 1974, S. 169-193, hier S. 171 u. S. 191.

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Anmerkungen

zu Seite 27-31

64 Becker, Bd. II, S. 6. Vgl. auch Glanz, S. 305; hier wird zutreffend festgestellt, daß jüdische Banditen sich von „dem Leben in Furcht, das den Grundzug in der historischen Situation des Judenvolkes bildet" befreien. Allerdings spielt das Moment der Furcht wohl auch im Leben des nichtjüdischen Angehörigen sozialer Unterschichten eine große Rolle, und sein Aufbegehren ist demnach unter demselben Aspekt zu beurteilen. 65 StA Coburg, LA F 12 496-12 502, Beispiele für Todesurteile gegen Diebe. Vgl. auch Bettenhäuser, S. 291. 69 Isoliert betrachtet ergeben sich allerdings ganz beeindruckende Zahlen: so wurden z.B. im Rentamt Burghausen in der Zeit von 1748-1776 insgesamt 1100 Personen hingerichtet - wohl überwiegend Vaganten - und in München zur selben Zeit wöchentlich ca. zwei bis drei. Siehe Radbruch, S. 289. Die Hinrichtungsfrequenz für München scheint hier allerdings übertrieben dargestellt. Das geht jedenfalls aus einer Sammlung von Todesurteilen hervor, die in der Staatsbibliothek München zusammengestellt ist. Die Sammlung ist bei weitem nicht vollständig, läßt aber die Schätzung zu, daß in dem erwähnten Zeitraum die Todesurteile von fünfzehn Delinquenten jährlich veröffentlicht wurden. Es ist nun zu fragen, ob nur ein Teil der Urteile und Geständnisse als Fahndungshilfen bzw. zur Abschrekkung publiziert wurden. Für eine solche Annahme sprechen nur die nicht näher belegten Angaben bei Radbruch u. Gwinner. Unter den 85 Delinquenten der Sammlung scheinen nach den Informationen der Urgichts-Geständnisse ca. 60 Vaganten gewesen zu sein. Siehe Wohlverdientes Todes=Urtheil. Sambt einer Abschieds=Rede Des Johann Stachus. München 22. 3. 1752 (enthält 85 Drucke von Münchener Todesurteilen aus den Jahren 1752 bis 1777 sowie ein Urteil aus dem Jahre 1744). 67 Rebmann, S. 8. «8 Ebd., S. 93. 99 M. S. Hosmann, Fürtreffliches Denck=Mahl Der Göttlichen Regierung Bewiesen an der uhralten höchst=berühmten Antiquität des Klosters zu S. Michaelis in Lüneburg, Braunschweig 1700, Τ. II, S. 3. 70 Vgl. unten S. 56-80.

III. Die Banden im engeren Sinne 1

Vgl. Rebmann, S. 87; siehe auch unten S. 61 f. Häufig waren jugendliche Banditen als erste zum Geständnis und Verrat zu bewegen. Der Denunziant der „Actenmäßigen Nachricht von einer zahlreichen Diebs* Bande", Hildburghausen 1753, war der vierzehnjährige Lorenz Mahr. Eine Plassenburger Untersuchung von 1822/23 basierte zunächst nur auf den Angaben des neunzehnjährigen Joseph Schweizer (Salmche Schopfloch). Siehe K. Stuhlmüller, Vollständige Nachrichten über eine polizeyliche Untersuchung gegen jüdische, durch ganz Deutschland und dessen Nachbarstaaten verbreitete Gaunerbanden, Plassenburg 1823, S. VIII. 3 Zur Entwicklung der Strafverfolgungspolitik vgl. unten Kap. VII. 4 Schwencken, Notizen, S. 16-22; vgl. auch C. Falkenberg, Versuch einer Darstellung der verschiedenen Classen von Räubern, Dieben und Diebeshehlern, T. 2, Berlin 1818, S. 162-204 und Stuhlmüller, S. X V I I I - X X V , der sich weitgehend auf Schwencken stützt. Zu den Ausdrücken der Gaunersprache siehe Wolf; zur Gaunersprache allgemein siehe unten S. 75 f. 5 Interessant hier die Verbindung von kulturell-gesellschaftlicher Entwicklung und Verfeinerung einerseits und der Technik des Taschendiebstahls andererseits. Für den Dieb entstand so die Notwendigkeit, von der Einzel- zur Gemeinschaftsaktion überzu2

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Anmerkungen

zu Seite 32-36

gehen. „ . . . das Geld, ursprünglich im angehängten Beutel nach auswärts getragen, wurde lange Zeit geschnitten (Beutelschneider) und erst, wenn es in einer Tasche nach innen verwahrt wurde, gezogen. Die erste Manipulation konnte einer allein besorgen, die zweite erforderte Vorbereitung in der Umgebung, eine gewünschte Position zum Opfer . . . psychologische Ablenkung seiner Aufmerksamkeit, kurz arbeitsteilige Vorgänge, die nur von einem Team bewerkstelligt werden konnten." Glanz, S. 83. « Falkenberg, T. 2, S. 211. 7 C. D. Christensen, Alphabetisches Verzeichnis einer Anzahl von Räubern, Dieben und Vagabonden, Hamburg 1814, S. 3 f. 8 Ebd., S. 7; Waldmann soll sich um 1820 in Bayern, Württemberg und Baden herumgetrieben haben. Seine norddeutschen Aktivitäten zehn Jahre zuvor waren hier im Süden allerdings nicht bekannt. Stuhlmüller, S. 16-20. • Allgemeine Justiz» und Polizey Blätter, hg. von Theodor Hartleben, Nr. 22 v. 25. 2.1812, S. 87. 10 Schwencken, Notizen, S. 88-90 u. Anm. S. 90. 11 Ebd., S. 403 f. 12 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, Akten 836, Verhandlungen den zu Marburg insitzenden Räuberchef Picard betreffend, 1805, Fasz. VI. 13 Becker, Bd. II, S. 409. 14 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, Akten 836, Criminal Acta Peter Pindray betreffend, Donauwörth 1813, Fasz. I. 15 Becker, Bd. II, S. 10. 16 F. C. B. Ανέ-Lallement, Das deutsche Gaunertum in seiner sozialpolitischen, literarischen und linguistischen Ausbildung zu seinem heutigen Bestände, München 19142, Bd. I, S. 93 f. 17 Vgl. unten S. 54. 18 Becker, Bd. II, S. 16; siehe auch Klein, S. 130 f. Die Maxime, nicht am eigenen Wohnort zu rauben, haben besonders alle jüdischen Banditen beherzigt. Vgl. Glanz, S. 106. w Vgl. zum Folgenden vor allem Becker, Bd. II, S. 430-449, die „Allgemeine Verfahrens=Art (Tactik) der niederländischen Bande". Vgl. ebenfalls J. F. Abel, Lebens=Geschichte Fridrich Schwans, in: ders., Sammlung und Erklärung merkwürdiger Erscheinungen aus dem menschlichen Leben, 2. Teil, Stuttgart 1787, S. 39 f. Hinsichtlich der ausgefeilten Organisation und Taktik stachen die jüdischen Banden besonders ins Auge; das war möglicherweise eine Folge spezifischer Eigenheiten jüdischer Volksexistenz. Vgl. Glanz, S. 112 f. Die entwickelten deutschen Banden etwa in Mitteldeutschland und Schwaben beweisen jedoch, daß diese .Perfektion' kein ausschließliches Merkmal der Juden war. 20 kochem = klug, vertraut; Beyes, Bajis = Haus; der Ausdruck bezeichnet also eine Gaunerherberge. Beide Worte stammen aus dem Jiddischen. Siehe Wolf, S. 40 f. u. 176 f. 21 Becker, Bd. II, S. 4. 20 deutsche Meilen entsprechen etwa 150 km. Vgl. auch Glanz, S. 118 f. 22 Becker, Bd. II, S. 58. 23 Vgl. E. Anuschat, Zinken, in: P. Posener (Hg.), Rechtslexikon, Bd. II, Berlin 1909, S. 1048-1050. Vgl. unten S. 76 f. 24 Becker, Bd. II, S. 238-242. 25 Ebd. S. 436. Bei König, einem Banditen aus der Umgebung Friedrieb Schwans, fand man ein Messer, dessen Klingenspitze von der Scheide nicht völlig bedeckt wurde. Die Spitze ragte etwa ein Zoll weit heraus, „daraus einige muthmassen wollen, daß 157

Anmerkungen

zu Seite 36—40

solches zu einem besonderen Gebrauch, und zwar darzu aptirt, die Leute, die etwa nicht angeben wollen, wo sie ihr Geld versteckt haben, damit zu martern, ohne sie jedoch gar um das Leben zu bringen". HStA Stuttgart, A 209/2050, F. Schwan, Fasz. III, Inquisitions Acten gegen P. A. König und A- P. Bickel; Bericht des Oberamtmanns Gol, Neuenstadt, 2. 9.1759. Auch von der Gürtlerischen Bande, die nach einer Eichstätter Steckbriefliste von 1715 verfolgt wurde, sind extreme Foltern bekannt. Die Banditen traktierten ihre Opfer an den Genitalien, marterten sie mit Fackeln, hingen sie an den Füßen auf, hefteten die Lippen mit Holzsplittern zusammen etc. Sie ließen zahlreiche Verletzte zurück; gestorben ist an den Mißhandlungen jedoch nur eines der Opfer. Description deren übel beruffnen Landstreicher / und Rauber / oder so genannt Gürtlerischen Bande, Eichstätt 1715. 29 Rotwelsch, Gaunersprache, Kochemer Sprache. Die Hauptquellen dieser Sprache sind das Jiddische und das Zigeunerische. „Es spricht gleichermaßen für das Alter des Wortes wie der Gaunersprache, daß man schon um 1250 unter ,rotwalsdi' in übertragener, allgemeinster Bedeutung Worte geheimen, arglistigen Sinnes verstand." Wolf, S. 9. 87 Leben und Thaten des berüchtigten Räubers Johannes Bückler, genannt Schinderhannes, Basel 18042, Bd. I, S. 65. 28 Becker, Bd. II, S. 369-372. 28 J. J. Michel, Die Bockreiter im Lande von Herzogenrath und Umgegend, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins, Bd. 4, 1882, S. 21-90, hier S. 58. Die Erinnerung an diese Bande blieb in den Traditionen der Räuber wach. Noch 1823 (!) taucht in einem Untersuchungsbericht der Jude Serves Schimme unter dem Spitznamen Bockreuterle auf. Stuhlmüller, S. 65. 30 Des bekannten Diebes Mörders und Räubers Lips Tullians, und seiner Complicen Leben und Ubelthaten, Dresden 1716, Τ. I, S. 23 f., 45-48, 83-88; Τ. II, S. 11. 31 Glanz, S. 110 f. u. S. 311, Anm. 88. 32 Description deren übel beruffnen Land=Streicher, 1715. 33 Abel, Lebens=Geschichte, S. 39-44. 34 HStA Stuttgart, A 209/2052, Oberrat, F. Schwan, Fasz. V, Inquisitionsprotokoll beim Kriminalgericht Vaihingen v. 7. 3.-20. 6. 1760, Fol. 71. 35 Ebd., Fol. 74. 38 Ebd., Fol. 84. 37 HStA Stuttgart, A 209/2050, Oberrat, F. Schwan, Fasz. III, Inquisitions-Acten gegen P. A. König und Α. P. Bickel, 1759/60 u. 1774, St. 5, Bericht des Oberamts Neuenstadt v. 2. 10. 1759 an den Oberrat. 38 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquisitions-Acta, Anbringen v. 2. 7. 1760. 38 C. F. Wittich, Hannikel, oder die Räuber- und Mörderbande, welche in Sulz am Nekar in Verhaft genommen und am 17. Jul. 1787 daselbst justificiert worden, Tübingen 1787, S. 39-42. 40 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 27 f. Mahr zufolge führte sein Stiefvater die Namen der dicke Sohland und August Beck-, er erwähnt nie den Namen Krummfingers Balthasar. Allerdings bezeichnete er seinen Stiefvater als den „König unter denen Spitzbuben" (S. 19 f.), ein Titel, der zu jener Zeit in der Gegend nur dem Krummfingers Balthasar zustand. Vgl. auch G. Kraft, Historische Studien zu Schillers Schauspiel „Die Räuber", Weimar 1959, S. 51 f. 41 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 30 f. 42 Ebd., S. 33. 43 Ebd., S. 32. 158

Anmerkungen

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44

Ebd., S. 12. Ebd., S. 11. 48 Glanz, S. 87. 47 Ebd., S. 103; das erste Beispiel für eine solche locker zusammenhängende, dennoch schlagkräftige Formation scheint die jüdische Bande um Nickel List gewesen zu sein. 48 HStA Stuttgart, A 209/2052, Oberrat, F. Schwan, Fasz. V, Inquisitionsprotokoll Vaihingen v. 7 . 3 . - 2 0 . 6 . 1 7 6 0 , Fol. 72 f.; vgl. auch W. F. Wüst, Der Sonnenwirthle oder Leben und Thaten des berüchtigten Räubers und Mörders Johann Friedrich Schwan von Ebersbach, Reuthing 1854, S. 26 f. Daß jüdische Banditen gerade ihre christlichen Komplizen gerne übervorteilten, wird oft berichtet. Vgl. Glanz, S. 110. 49 Becker, Bd. II, S. 167 f. 50 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. II, S. 5 f.; noch kurz vor seiner Hinrichtung demonstrierte List seine Kunst, indem er die Schlösser seiner Hand- und Fußfesseln vor Zeugen mit Hilfe eines Bindfadens und eines Pflocks öffnete. Seine Wächter hatten ihn ständig im Auge zu behalten. 51 Rebmann, S. 7 f. 52 Ebd., S. 8 f. 55 Ebd., S. 17. 54 Ebd., S. 20 f. 56 Ebd., S. 55. 68 Besser bewaffnet waren wohl die ,Veteranen', doch auch sie meist nur während der Überfälle selbst. In der Zwischenzeit verbargen sie die Schußwaffen ζ. B. in Gaunerherbergen. Sie ständig bei sich zu führen, war gefährlich, denn wurde bei einem Vaganten eine Pistole gefunden, mußte er ziemlich sicher mit der Verhaftung rechnen. Vgl. unten S. 118 u. S. 134. 67 StA Koblenz, 36/3283, Judengeschichte Birkenfeld, Protokoll vom 26. 4. 1759. 59 StA Koblenz, 36/8166, Acta generalia, Beschreibung, Trier vom 29. 7. 1763. 59 StA Koblenz, 36/3283, Judengeschichte Birkenfeld, Schreiben des Mannheimer Richters Stockmar vom 19. 7. 1759. 80 Ebd., Frage 10 des Verhörs vom 22. 8. 1759. 81 Vgl. Becker, Bd. II, S. 189 f.; vgl. unten S. 65 f. 62 K. Elwenspoek, Schinderhannes, der rheinische Rebell, Stuttgart 1925, S. 11; zu Schinderhannes vgl. auch vor allem Becker, bes. Bd. I, T. 2 u. Leben und Thaten. 83 Becker, Bd. II, S. 325-327. 84 Ebd., Bd. I, T. 2, S. 27. 65 Ebd., Bd. I, T. 2, S. 26 f.; vgl. auch Elwenspoek, Schinderhannes, S. 192. 88 Becker, Bd. I, T. 2., S. 117-121; vgl. auch Elwenspoek, Schinderhannes, S. 79 f. 87 Becker, Bd. I, T. 2, S. 131. 88 Ebd., Bd. I, T. 2, S. 24 und Bd. I, Τ. 1, S. 3-59. 80 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 208. 70 A. Grünewald, Eine Schinderhannes-Genealogie, in: Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete, Jg. 18/19, 1966/67, S. 128-166, hier S. 153. 71 Ebd., S. 130; sein Geburtsdatum ist Anlaß zu wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Es muß zwischen 1777 und 1783 gelegen haben. 72 Pfister, Bd. I, S. 42; vgl. zum Folgenden beide Bände. 73 Ohne nähere Quellenangabe bei C. Rauchhaupt, Aktenmäßige Geschichte über das Leben und Treiben des berüchtigten Räuberhauptmanns Johannes Bückler, genannt Schinderhannes und seiner Bande, Kreuznach 18962, S. 117. 74 Pfister, Bd. II, S. 326. 45

159

Anmerkungen

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48-52

7 5 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Sulz, Criminal-Acta über die Postwagen=Räuber, 1788-1790, St. 13, Schreiben des Thiersheimer Oberamtmanns Eyl an Oberamtmann Schäffer in Sulz vom 12. 8. 1788. Schäffer hatte nur insofern mit den Untersuchungen zu tun, als er nach einigen in seinem Amtsbereich ansässigen angeblichen Mittätern forschen sollte. Er hatte damit zwar keinen Erfolg, kam so jedoch in rege Korrespondenz mit den untersuchenden Gerichten in Thiersheim und Aschaffenburg. 7 6 Ebd., St. 4, Schreiben des Aschaffenburger Amtsrichters Ovelog vom 5. 1. 1788. 77 Ed., Zeichnung der Rüstung nach Klemms Angaben, datiert Aschaffenburg, 20. 5. 1788. 7 8 Ebd., St. 14, Schreiben Ovelogs vom 30. 6. 1788. 7 9 Ebd., St. 38. 8 0 H. L. Hermann, Kurze Geschichte des Criminal=Prozesses wider den Brandstifter Johann Christoph Peter Horst und dessen Geliebte, die unverehligte Friederike Louise Christiane Delitz, Berlin 1819. 8 1 Ebd., S. 56 f. 8 2 Falkenberg, Τ. 1, S. 31; ähnliches berichtet Schäffer 1801 von dem Laubheimer Toni. Siehe Schäffer, Sulz am Nekkar, Beschreibung, Tübingen 1801, S. 85. 8 3 Hermann, S. 75; Das .Siegel' der Bande des Krummfingers-Baltbasar ist eine auffällige Parallele zu dieser Medaille. Vgl. unten S. 57. 8 4 F. L. A. v. Grolmann, Actenmäßige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandener Verbrecher, Gießen 1813, S. 34 f. u. S. 73-106. 8 5 Ebd., S. 207-437. 8 6 C. F. Brill, Actenmäßige Nachrichten von dem Raubgesindel in den Maingegenden, dem Odenwald und den angrenzenden Ländern besonders in bezug auf die in Darmstadt in Untersuchung befindlichen Glieder desselben, 2 Bände, Darmstadt 1814 u. 1815. 8 7 J . U. Schöll, Konstanzer Hanß eine Schwäbische Jauners=Geschichte aus zuverläßigen Quellen geschöpft und pragmatisch bearbeitet, Stuttgart 1789; vgl. auch E. Arnold, Ein schwäbischer Räuber als Verfasser eines Sprachführers, in: Literarische Beilage des Staats=Anzeigers für Württemberg, Jg. 1909, Nr. 19, S. 301-304. 8 8 Christensen, Verzeichnis; auch ders., Beschreibung der in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, den Hansestädten Hamburg und Lübeck, zum Theile auch im Königreiche Hannover und dem Großherzogthum Mecklenburg, in den Jahren 1802 bis 1817 bestraften oder mit Steckbriefen verfolgten Verbrecher, Kiel 1819, 3 Teile. Κ. P. T. Schwencken, Aktenmäßige Nachrichten von dem Gauner= und Vagabunden» Gesindel, Kassel 1822, S. 9; ders., Notizen, bes. S. 126-128. 8 9 Siehe oben S. 10 f., Anm. 4. 9 0 Zur Entwicklung der staatlichen und sozialen Bedingungen siehe Kap. II u. V I I . 9 1 Stuhlmüller. 9 2 StA f. Obb., App.Ger. 5113/1-2, Criminal-Acten, Hacker'sche Bande, 1832-34. 9 3 Radbruch, S. 290. 94 Vgl. zum Hiesel vor allem: Leben und Ende des berüchtigten Anführers einer Wildschützenbande, Mathias Klostermayrs, oder des sogenannten Bayerischen Hiesels, Augsburg 1772 und J . N. Nöggler, Der Bayrische Hiesel, Reutlingen 1867. Die jüngste //i'esei-Biographie, P. E. Rattelmüller, Matthäus Klostermaier, München 1971, stützt sich insbesondere auf diese beiden Werke und bringt leider nur sehr wenige Ergänzungen. 9 5 Entsprechend der Definition Hobsbawms entstammt der Sozialbandit der ländlichen, bäuerlichen Bevölkerung. Seine (vom Standpunkt der Herrschenden gesehen)

160

Anmerkungen

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52-62

illegalen Handlungen entsprechen den Rechtsvorstellungen der Bauern. Er versteht sich selbst als Kämpfer für die Rechte der Bauern, die vom Staat in Frage gestellt sind, und wird in diesem Selbstverständnis durch die Verehrung und Unterstützung der Bauern bestätigt. Vgl. oben Einführung, S. 8 und Kap. V, bes. S. 106 f. »« Nöggler, S. 26 f. 9 7 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 16; aus diesem Zitat geht hervor, wie sehr der Biograph von der gegen die Obrigkeit gerichteten Ausformung der Bande beeindruckt war. Begriffe wie .Regierung', .Republik' (im Jahre 1772!) und der Vergleich mit der römischen Diktatur sprechen für sich - trotz des anklingenden Spottes. 9 8 HStA München, Abt. I - Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I, Crim. Acta M. Klostermayer, Fol. 491, Protokoll Dillingen v. 23. 5. 1771. Möglicherweise wollte er auch mit dieser Angabe verdächtige Bauern schützen. 9 9 Ebd., Fol. 482, Protokoll Dillingen v. 22. 5. 1771. 100 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 75 f., siehe auch Nöggler, S. 75-78. 1 0 1 Ebd., S. 80. 102 Ebd., S. 155-160.

IV. Die Banden als Bestandteil

einer illegalen

Organisation

1 Vgl. hierzu die Medaille, die einem verdienten Mitglied der Horst-Bande als Ehrenzeichen verliehen wurde. Hermann, S. 75; vgl. oben S. 49 f. 2 Funckschure = Diebslunte; Schoberbartel = Brecheisen. 3 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 41 f. 4 Ebd., S. 41. 5 Vgl. unten S. 70. 6 Kraft, S. 24. Glanz, S. 64, spricht von einer jüdischen Bande ähnlicher Ausdehnung und Ausformung, die etwa 1715 im selben Gebiet bestand. 7 Kommentiert bei Kraft, S. 47-90. 8 Ebd., S. 53. 9 Ebd., S. 71. 1 0 Ebd., S. 30; vgl. auch ebd., S. 58 f. 11 Rebmann, S. 65; Elwenspoek behauptet, der Satz stamme von Schinderhannes, bleibt allerdings die Quellenangabe schuldig. Elwenspoek, Schinderhannes, S. 59. 12 Verkrachte Studenten wie Damian Hessel (vgl. oben, S. 29) traten in den Banden nur relativ selten in Erscheinung. 13 Falkenberg, Bd. I, S. 232 f. 14 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, Bericht des Oberamtmanns Abel, Vaihingen, 7. 4. 1760, St 23. Beliebte jüdische Gaunerherbergen werden aufgezählt bei Stuhlmüller, S. 295-311. 15 Grolmann, Geschichte, S. 198. Uber jüdische Bettler, die die Rolle der „lebendigen Zeitung der Gauner" spielten, vgl. Glanz, S. 95 f. Jüdische Hausierer fungierten auch für den Seßhaften als „Nachrichtenträger, Vermittler und Münzenkenner". Siehe Cahnmann, S. 171. 1 6 Rebmann, S. 87. 17 Ebd., S. 26. 1 8 StA Koblenz, 33/8624, OA Castellaun, Acta Inquisitionis entg. ]. Schleif, 1773, Protokoll v. 22. 2. 1733. 1 9 Bartsch, S. 148. 2 0 Brill, Bd. II, S. 403. 2 1 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I,

161 11

Küther

Anmerkungen

zu Seite 62-67

Crim. Acta M. Klostermayer, Protokollextrakte. Angaben des Hiesel und seiner Komplizen über den Verkauf von Wildbret und über die Aufnahme bei den Bauern, Fol. 158-177. Die Extrakte wurden an die einzelnen zuständigen Gerichte übersandt, um die Belasteten zu verhören. - Die Unterstützung der Klostermayer-Bande durch die Bevölkerung seiner Heimat verstieß zwar gegen die Gesetze, ist jedoch sicher nicht als Hinweis auf die Existenz einer ,illegalen Organisation' zu werten. Auf jeden Fall stellt aber die enge Verbindung zwischen dieser Bande und den Bauern die typologische Entsprechung zur Beziehung zwischen dem ,kriminellen' Banditen und dem organisierten Gaunertum dar. 22 Ebd., Fol. 169. 23 Ebd., Protokolle vom 22. 5. und 23. 5. 1771, Fol. 481 und 483 f. 24 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 148 f. 25 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I, Crim. Acta M. Klostermayer, Protokoll Dillingen, 28. 5.1771. 29 Ebd., Protokoll Dillingen 4. 9. 1771, Fol. 557. 27 Ebd., 837, II, M. Klostermayer, Fol. 752, Bericht des K. Oberamts Günzburg v. 1. 6. 1770. 28 Grolmann, Geschichte, S. 414 f. 29 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. II, S. 19. 30 Rebmann, S. 29-31. 31 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 53 f., Becker, Bd. I, T. 2, S. 91 f.; hier hieß der Mann Johann Georg Scherer. 32 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 230 f., Becker, Bd. I, T. 2, S. 150. 33 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Protokoll Vaihingen v. 1. 7. 1760; vgl. auch „Sonnenwirth's Vermächtniß", die Aufzählung der ihm bekannten Herbergen im Anhang von Η . E. Linck, Der Sonnenwirth, Vaihingen 1850, S. 159-196. 34 Bartsch, S, 228. 35 HStA Stuttgart, A 43/42, Malefizsachen, Pfedelbacher Urgichten und Urteile, 2 Teile, 1773; Vgl. auch zum Folgenden. 3 « Ebd., 2. T. 37 Schwencken, Notizen, S. 9 f. 38 Grundsätzlich wurde hier die originale Schreibweise gewählt. Die Niederländer, die sich bevorzugt in Meerssen aufhielten, werden also als Mersener Bande bezeichnet. 39 Becker, Bd. II, S. 51-53; vgl. auch Michel, S. 21-90. 40 Vgl. auch oben S. 45. 41 Becker, Bd. II, S. 189 f. 42 Ebd., S. 296. 43 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 19, Anm. e, S. 21 u. 26. 44 HStA Stuttgart, A 209/2050, F. Schwan, Fasz. III, Inquis. gegen P. A. König u. Α. P. Bichel, Berichte des Oberamts Neuenstadt v. 2. 9. u. 2. 10. 1759. 45 H . Arnold, Vaganten, S. 12 f. 4e StA f. Obb., München, GL 2558/25, Stadt Mühldorf betr. 1791-92, Bericht der Regierung Burghausen v. 1.4. 1791. 47 Ebd., Bericht des Pfleggerichts Kraiburg an die Regierung Burghausen v. 14. 3. 1791. 48 Beschreibung der sich in denen Landen zu Bajern befindenden Dieb= und Rauberbanda, München 1775, Nr. 22 der Liste. Auch die Pfaffenhoffner Resel (Nr. 26) und die Metnerwiedl (Nr. 37) waren häufig in Mühldorf anzutreffen, speziell beim Eder- oder Bschellererbräu. 49 StA f. Obb., München, GL 2558/25, Stadt Mühldorf betr. 1791-92, Befehle v. München an die Regierung Burghausen v. 2. 5. u. 11. 7. 1791. 162

Anmerkungen

zu Seite 67-76

50 GLA Karlsruhe 234/480, Generalia, Policey, 1808, Bericht der Landvogtei Mosbach v. 24. 3.1808. 51 Becker, Bd. II, S. 97. 52 Pfister, Τ. II, S. 33. 53 Rebmann, S. 23. 54 Falkenberg, Τ. I, S. 40 f. Zu jüdischen Vigilanten vgl. Glanz, S. 64-67. 55 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 21; vgl. Skizze. 58 Vgl. StA f. Obb., München, AR 692, Patent Notlungs Buch d. Churfürstlichen Landgerichts Neumarkt, de Anno 1798, Actum Markt Dachsbach v. 18.8.1798; siehe auch unten S. 74 f. 57 Leben und Thaten des Johannes Bückler, Bd. I, S. 53. 58 Becker, Bd. I, T. 2, S. 138; siehe auch ebd., S. 139 f. u. S. 103. 58 StA Koblenz, IC/15763, Bericht des Amtes Bernkastel an Trier v. 30. 9.1776; vgl. Skizze. «® Falkenberg, Bd. II, S. 105. 61 Vgl. StA f. Obb., München, AR 692, Patent Notlungs Buch d. Churfürstlichen Landgerichts Neumarkt, Pro Anno 1800, Erlaß v. 21. 9.1799. «2 Bartsch, S. 153 f. u. 254 f. 63 Christensen, Verzeichniß, S. 12. M Ebd., S. 146 f. °5 Becker, Bd. I, T. 2, S. 48. · · Brill, Bd. II, S. 463 u. 467. *7 Schwencken, Notizen, S. 379-381. Siehe auch Stuhlmüller, S. 167 f. 68 StA f. Obb., München, GR 321/6, Criminal Mandata, Bericht d. Landrichters F. v. Dufrene v. 2. 8. 1788 an d. Landesregierung München. «· Nöggler, S. 135 f. 70 Schwencken, Notizen, S. 128, Anm. 71 Becker, Bd. II, S. 54 f. 72 Ebd., S. 156 f. 73 HStA München, Abt. I - AStA, Staatsverwaltung, 2277, Description Deggendorf v. 23.9. 1711. 74 HStA München, Abt. I AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I Crim. Acta M. Klostermayer, Protokoll Dillingen v. 28. 5.1771, Fol. 533; ein weiteres Beispiel für Drohungen gegen Amstleute siehe ebd., 837, IV, Crim. Acta M. Klostermayer, Spez. Korrespondenz, Bericht d. Oberamts v. Kellmünz v. 17. 8. 1770. 75 Ebd., Günzburger Schreiben an die Regierung Dillingen v. 26. 5. 1770. 76 Ebd., 837, I, Crim. Acta M. Klostermayer, .Bericht des Pflegverwalters von P f a f fenhausen v. 28. 3. 1770, Fol. 85-87. Der Vorfall wurde lt. Beschluß v. 8.1.1771 untersucht; siehe ebd., Fol. 104. 77 GLA Karlsruhe, 145/486, Ph. Müller betr., Vol. II, S. 3-6, Protokoll v. 24. 5.

1811. 78

Ebd. StA f. Obb., München, AR 692, Patent Notlungs Buch d. Churfürstlichen Landgerichts Neumarkt, de Anno 1798, Actum Markt Dachsbach v. 18. 8. 1798. Wahrscheinlich ist irrtümlich bei Drucklegung des Protokolls das ,t' aus ,Staatsbettler' ( = Beamter?) zu .welcher' gekommen. Vgl. oben S. 70. 80 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. I, S. 141. 81 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 12; vgl. die Behauptung Schwartzmüllers, er habe ein fünf Finger dickes Wörterbuch der Gaunersprache verfaßt. Siehe oben S. 57. 82 Bearbeitet und verglichen werden die verschiedenen Lexika bei Wolf; hier sind 79

163

Anmerkungen

zu Seite

76-83

auch die in dieser Arbeit zitierten Ausdrücke der Gaunersprache a u f g e f ü h r t und erklärt. Vgl. auch H . Gross, H a n d b u c h f ü r Untersuchungsrichter als System der Kriminalistik, Τ. I, München 1922 7 , S. 444-453 sowie E. Anuschat, Verbrechersprache, in: P. Posener (Hg.), Rechtslexikon, Bd. II, Berlin 1909, S. 711-713. 83 Rotwellsche Grammatik, oder Sprachkunst, F r a n k f u r t 1755. 84 Rebmann, S. 43 f.; siehe auch Pfister, Bd. I, S. 208-211. 85 Gross, Τ. I, S. 412. 88 Ebd., S. 412 f. 87 H S t A Stuttgart, A 38/15, Polizeiwesen, Erlaß des Herzogs Christoff z. Württbg. v. 26. 6. 1556. 88 Anuschat, Zinken; vgl. auch A. Tille, Gauner, Brenner und ihre Zinken in Thüringen 1540, in: Mitteldeutsche Blätter f ü r Volkskunde, Jg. 8, 1933, S. 129-131. 89 Rebmann, S. 44. Scbwencken bezeichnete übrigens ,Chlamones' allgemein als Nachschlüssel. Vgl. oben S. 31. 90 Rebmann, S. 81. 91 Ebd., S. 45. 92 Ebd., S. 50 f. 93 Ebd., S. 60 f. 94 Ebd., S. 61. 95 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 57 f. 96 Becker, Bd. II, S. 399 f. 97 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 42; vgl. oben S. 58. 98 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 22. Mahr hatte Quetschungen und N a r b e n an den Fingern, und seine Aussage w u r d e auch von anderen H ä f t l i n g e n bestätigt. Ebd., S. 22, Anm. 99 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. I, S. 89. 100 Schwencken, Notizen, S. 14. 101 Ebd., S. 8; vgl. hierzu auch das folgende Kapitel. 102 Festgestellt am Beispiel einer starken jüdischen Bande, die um 1715 in Mitteldeutschland bestand. Glanz, S. 64 u. S. 293 f., Anm. 9 u. 10. 103 Schwencken, Notizen, S. 15; vgl. auch Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 7. 104 Schwencken, Notizen, S. 16. Kunstgriffe, Verstellungspraktiken, Fertigkeiten und Tricks jüdischer Banditen vgl. bei Glanz, S. 119-121. 105 Urgichten über die bey der Heil. Reichs Freyen Stadt Memmingen N a c h Vors c h r i f t der Peinlichen Hals=Gerichts=Ordnung Kayser Karls des V. Puncto Robariae ac Furti peinlich processirte= und durch Urthel und Recht, den 23. Februarii dieses lauffenden 1750. Jahrs justificirte Maleficanten, Memmingen 1750, S. 15. 106 H S t A Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fase. IV, Inquisitions Acta, Anbringen über die Inquisition v. 2. 7. 1760. Vgl. audi J. F. Abel, C h a r a k t e r und Lebensgeschichte der Christina Schettingerin, in: ders., Sammlung und Erklärung merkwürdiger Erscheinungen aus dem menschlichen Leben, 2. T., Stuttgart 1787, S. 88. 197 Bartsch, S. 13 u. S. 29. 108 Schwencken, Notizen, S. 208. 109 Vgl. oben S. 71. 110 Grolmann, Geschichte, S. 227-231. Die römischen Zahlen bei einzelnen N a m e n bezeichnen die laufenden N u m m e r n derselben Liste. Die Bedeutung der Familienverbindungen bei jüdischen Gaunern bestätigt Glanz, S. 109. 111 Brill, Bd. I, S. 26. 112 Becker, Bd. II, S. 14. 113 Abel, Lebens=Geschichte, S. 32-35 u. ders., Charakter, S. 93-95.

164

Anmerkungen

zu Seite 83-90

114

Pfister, Bd. I, S. 207 f. Schöll, Kostanzer Hanß, S. 86-90. Laut einer Kaufbeurener Liste von 1783 war ihr angetrauter Ehemann, der Schleifer Tonele, ein ehrlicher Mann. Siehe K. Schwärzler, Zur Vagabunden= und Diebes=Geschichte des 18. Jahrhunderts, in: Allgäuer Geschichtsfreund, Jg. 12, 1899, S. 7 f. 118 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Beschreibung, Schweiz 1787. 117 Schöll, Kostanzer Hanß, S. 96. 118 Ebd., S. 152-155 u. S. 214 f. 119 Schäffer, Sulz, Beschreibung, Tübingen 1813, S. 136 sowie S. 146 u. 149. 120 Ders., Sulz am Nekkar, Beschreibung, 1801, S. 83; siehe auch ders., Sulz, Beschreibung, 1813, S. 156. 121 HStA Stuttgart, A 43/43, Malefizsachen, Urgicht und Urtl des F. Keim, Kaufbeuren 1782. 122 Brill, Bd. II, S. 317. 123 Schäffer, Sulz, Beschreibung, 1801, S. 65. 124 HStA Stuttgart, A 43/43, Malefizsachen, Urgichten und Urteile über ]. B. Schwend etc., 1805, S. 2. 125 Becker, Bd. I, T. 2, S. 33, vgl. auch Elwenspoek, Schinderhannes, S. 78, 104 u. 228 f. Ähnliche Beispiele existierten bei den Bockreitern; vgl. Michel, S. 36. 128 StA f. Obb., München, Zivilakten 2392/6, Schriften des Landrichters v. Khuon, 1802, darin auch Criminal-Act, 1790-1797, Protokoll v. 6.10.1790. 115

V. Das Selbstverständnis

der Banditen

1 Sdiwencken, Notizen, S. 11. In ähnlicher Weise charakterisiert Stuhlmüller die jüdisch bestimmten Banden, die um 1820 in Deutschland bestanden. Er zählt folgende Merkmale auf: 1. Gaunersprache, 2. Bezeichnung als ,Chäße' (Kesse) oder ,Kochemer', 3. Zusammenschluß zu Banden bei Bedarf in passender Zahl und Zusammensetzung, 4. gleiche Beuteteilung und Verpflichtung zu gegenseitiger Hilfeleistung, 5. vagierende Lebensweise, 6. wechselnde Gruppen von zwei bis vier Personen als unterste organisatorische Einheiten, 7. eigene Herbergen und Schlupfwinkel, 8. Heiraten untereinander. Vgl. Stuhlmüller, S. X I V - X V I . 2 Becker, Bd. II, S. 7 f. 3 Ebd., S. 217-219. Jikjak überstand sein Abenteuer jedenfalls unbeschadet. Er taucht noch im Anhang einer 1809 in Freiburg gedruckten Gaunerliste auf. GLA Karlsruhe, 234/10 034, Just. Minist., Generalia, Polizey, Die Führung von Gaunerlisten. 4 Becker, Bd. II, S. 35. 5 Ebd., S. 347 f. 8 Kraft, S. 53; vgl. oben S. 58 f. 7 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. 1, S. 137. 8 L. Tieck, Leben Nikel Lists bekannten Räubers der güldenen Tafel in Lüneburg, in: Thaten und Feinheiten renommierter Kraft= und Kniffgenies, Bd. I, Berlin 1790, Nr. 2, S. 405. 9 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 7. 10 Ebd., S. 22; siehe oben S. 79. 11 Kraft, S. 7. 12 Actenmäßige Geschichte, Hildburghausen, S. 12. 13 Ebd., S. 11. 14 StA Koblenz, 33/8514, Acta fragm. betr. Raubgesindel u. Dieberei, Schreiben des Gerichts Rastatt an das Oberamt Kastellaun v. 18. 9. 1753.

165

Anmerkungen 16

zu Seite 90-96

Ebd., Antwortschreiben von Kastellaun v. 29. 9. 1753. " HStA Stuttgart, A 39, Generalreskripte, Erlaß v. 20. 1. 1722. 17 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Urgicht und peinliches Urteil über ]. Reinhard, Tübingen, 5. 8. 1788. 18 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, St. 38, Bericht Abels v. 9. 6. 1760. 19 F. L. A. v. Grolmann, Aktenmäßige Nachrichten aus dem Leben und Thaten des zum Tod verurtheilten Räubers Jonas Hoos, in: Th. Hartleben (Hg.), Allgemeine Justiz» und Polizey Blätter, Τ. I, Nr. 76/77 v. 30. 7. 1812, S. 305. 20 StA Koblenz, 33/8178, II, Acta Inquisitionis ca. / . Huber, 1780-1781. !1 Ebd., Protokoll v. 6. 4. 1781. 22 StA f. Obb., München, GR 317/15, Generelle Descriptionen, Bd. 7, Fol. 2, Schreiben des k.k. Gesandten Graf Stadion v. 23. 3. 1807. 23 Kraft, S. 53; vgl. oben S. 58 f. 24 Hermann, S. 56 f.; vgl. oben S. 49 f. 25 Wolfart, Räuberunwesen am Bodensee im 16. Jahrhundert, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, H . 65, 1938, S. 108-123, hier S. 113. 29 E. Arnold, Der Malefizschenk und „seine Jauner", Stuttgart 1911, S. 162 f. 27 Ein Unterschlagungsversuch Picards allerdings führte dazu, daß sich ein großer Teil der Bande unter Führung des gleichfalls nicht gerade unbelasteten Jan Bosbeck von ihm lossagte und selbständig vorging. Beide Bandenteile störten sich gegenseitig bei Raubzügen und trugen gar ein regelrechtes Feuergefecht gegeneinander aus. Schließlich siegte der ,gesunde Menschenverstand', und man vertrug sich wieder. Vgl. Becker, Bd. II, S. 25 f. Zu Beuteteilungen bei jüdischen Banden vgl. Glanz, S. 125-127. 28 StA f. Obb., München, App.Ger. 5113/1, Criminal Acten, Hacker'sche Bande, 1832-1834, Bd. I, Fol. 20, Aussage des F. Hacker. 2 » Ebd. 30 HStA Stuttgart, A 43/42, Pfedelbacher Urgichten und Urteile, 1773, Τ. 1 u. 2; vgl. oben S. 64 f. 31 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, II, M. Klostermayer, Fol. 935 u. 936, Aufstellung von der Durchsuchung der Bande, undatiert, wohl Mitte Januar 1771. 32 Becker, Bd. II, S. 319 f. 33 Ebd., S. 361. 34 Ebd., S. 331. 35 Ebd., S. 245 f. 36 Vgl. oben S. 35. 37 Becker, Bd. II, S. 241. 38 Ebd., S. 92 f. 39 Tieck, Nikel List, S. 405. 40 Becker, Bd. II, S. 6. 41 Vgl. Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 40. 42 Leben und Thaten des Schinderhannes, Bd. I, S. 63. 43 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 8 f. 44 Ebd., S. 38 f. 46 Ebd., S. 25; zusätzlich zur latenten Feindschaft zwischen den beiden Banden war hier wohl noch die Verstoßung der Frau von Bedeutung. Wie sich schon am Beispiel des Konstanzer Hans zeigte (siehe oben S. 83 f.), waren trotz aller sexuellen Freizügigkeit formale Momente von einiger Bedeutung. " Becker, Bd. II, S. 117.

166

Anmerkungen

zu Seite 97-103

47

Ebd., S. 357-359. Schöll, Konstanzer Hanß, S. 121. 49 Schwencken, Notizen, S. 9 f. 50 Pfister, Bd. I, S. 44-46; vgl. auch Glanz, S. 114. 51 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 22. 52 Ebd., S. 20. 53 Ebd., S. 35. 54 StA f. Obb., München, GR 317/15, Generelle Descriptionen, Bd. II, Fol. 6, Außführliche Beschreibung, Dillingen 1716. Möglicherweise war dieser Schnapsack Scharfrichter (.unehrlicher Beruf'!) und hatte die Enthauptung in amtlicher Funktion vorgenommen. Auch ist nicht auszuschließen, daß er mit jenem unglücklichen Genossen zusammen verhaftet, verurteilt, dann jedoch begnadigt wurde, als er sich bereit erklärte, die Hinrichtung an ihm vorzunehmen. Diese Möglichkeit erwähnen Glenzdorf u. Treichel, Bd. I, S. 14. 55 Description deren übel beruffnen Land=Streicher, Nr. 33 der Liste. 56 Schwärzler, S. 5. 57 Becker, Bd. II, S. 259. 58 H . Arnold, Das Vagantenunwesen in der Pfalz während des 18. Jahrhunderts, in: Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, Bd. 55, 1957, S. 117-152, hier S. 140 f. 59 GLA Karlsruhe 240/1002, Criminalia in Untersuchungs Sachen gegen Hölzerlips etc., Bericht über die Urteilsverkündung v. 29. 7.1812; vgl. auch Pfister, Bd. II, S. 321. 80 Ebd., S. 339. 61 Kraft, S. 58-64. 62 HStA Stuttgart, A 43/43, Malefizsadien, Urgicht der K. Hindmayrinn, Kaufbeuren 1783. 63 Pfister, Bd. II, S. 33. 64 Ebd., S. 323. 65 Schöll, Konstanzer Hanß, S. 70. o« Ebd., S. 363. 67 Ebd., S. 177 f. 68 Ebd., S. 322. "» Ebd., S. 344. 70 Vgl. Schäffer, Sulz. Zigeuner=Liste, S. 3-14. 71 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. I, S. 84. 72 M. S. Hosmann, Das schwer zu bekehrende Juden=Hertz, Celle 1699. Die .Halsstarrigkeit' des Juden war Anlaß zu diesem ersten Buch Hosmanns. Vgl. auch Glanz, S. 57. 73 Vgl. ebd., S. 60 f.; vgl. auch oben S. 26 f. 74 StA Koblenz, 36/3283, Judengeschichte Birkenfeld, Bericht des Rheingrafensteinischen Rates Roos v. 8. 1. 1760. 75 Hosmann, Denck=Mahl, Τ. II, S. 54; vgl. auch H . Conrad (Hg.), Das Juden= Buch des Magister Hosmann, Stuttgart 19192, S. 128-138. ,jactura' = Einbuße; .morbum Neapolitanum' = Syphilis. 76 Becker, Bd. II, S. 403. 77 Hosmann, Denck=MahI, Τ. II, S. 58. 78 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, St. 23, Bericht Abels v. 7. 4. 1760. 79 HStA Stuttgart, A 39, Generalrescripte, Verzeichniß und Description ν. 30. 1. 1702. 89 Schäffer, Sulz. Jaunerliste, 1801, S. 66. 48

167

Anmerkungen

zu Seite 103-110

81

Nöggler, S. 159 f. HStA Stuttgart, A 209/2049, F. Schwan, Fasz. II, Adelsberger Acta betr. den Börtlinger Raub, Protokoll v. 22. 6. 1757. 83 StA Koblenz, 33/3827, Oberamt Birkenfeld, Untersuchungssache gegen M. Damm u. M. Wärz, 1792-1793, S. 8. 84 Das Moment der Kriminalisierung wird beim bayerischen Hiesel besonders deutlich. Von den Vertretern des Staates wurde er mit den sachlich durchaus gerechtfertigten Klassifikationen ,Wilderer' und ,Räuber' belegt oder einfach als ,Erzbösewicht' betitelt. Das waren jedoch Begriffe, die seiner eigentlichen Stellung als Bauernbandit in keiner Weise entsprachen. Noch 1800 blieb der - mit den Tatsachen kollidierende Versuch einer Würdigung Klostermayers Satirikern vorbehalten: „Wer kennt den Bayerischen Hiesel nicht, der, weil er sich nicht mit Gewalt zum Soldaten werben lassen wollte, austrat, aus Noth erst Wilddieb, dann Straßenräuber, und endlich, im Jahr 1771, nebst seinem Buben Mayr zu Dillingen gerädert ward." Janus Eremita, Satirischer Almanach. Aufs Jahr 1800, Hamburg 1800, S. 148; Fußnote zu einem der „Sterbelieder, gesungen am Grabe des achtzehnten Jahrhunderts". 82

85

Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 38. Nöggler, S. 81-83. 87 Ebd., S. 87-92; Hiesel hatte auch mit dem Gedanken gespielt, die Bande zu verlassen und in die Schweiz zu fliehen. Auf diesem Treffen wollte er Abschied nehmen, wurde jedoch umgestimmt. 88 Vgl. oben S. 53 f. 89 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 39. 90 Grolmann, Geschichte, S. 26. 91 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 28; Hobsbawm stützt sich bei der Charakterisierung des Sozialrebellen weitgehend auf Beispiele aus dem Mittelmeerraum. Trotz gewisser, durch regionale Besonderheiten bedingter Unterschiede zu den Verhältnissen Mitteleuropas sind seine Schlußfolgerungen auch im Rahmen dieser Untersuchung anwendbar, „denn die überraschendste Eigenschaft des Sozialbanditentums ist seine bemerkenswerte Uniformität und Standardisierung". 92 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 30; vgl. oben den Lebenslauf des bayerischen Hiesel, S. 52-54. 83 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 31. 94 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 57; die Frage bleibt offen, ob nicht auch die anderen Räuber ihr Handeln als rechtmäßig ansahen. 95 StA Neuburg, Hochstift Augsburg, Pflegämter 383, Protokoll Buchloe v. 1. 3. 1770. 96 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 32. 97 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, Vorrede. 98 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 40. 99 Ders., Die Banditen, S. 42-45. 100 Kraft, S. 18. 101 Becker, Bd. II, S. 95 f. 102 Ebd., S. 377. 103 Ebd., S. 7. 104 GLA Karlsruhe, 229/42 188, Landes Polizey Dept. Hemsbach, Strassen=Raub, Bericht des Amtes Weinheim v. 1. 5. 1811. 105 Pfister, Bd. I, S. 61. 109 Ebd., S. 97. 107 Ebd., S. 137 f. 108 Schöll, Konstanzer Hanß, S. 369 f. 89

168

Anmerkungen

zu Seite

110-118

1 0 9 HStA Stuttgart, A 209/2052, F. Schwan, v. 7. 3.-20. 6. 1760, Fol. 34. " » Brill, Bd. I, S. 64 f. 1 1 1 Ebd., Bd. II, S. 357-361. 1 1 2 Ebd., S. 468 f. 1 1 3 Wittich, S. 46. 114 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 35.

VI. Der Bandit in den Augen des

Fasz. V, Inquis. Protokoll Vaihingen

Volkes

Kraft, S. 18. Hobsbawm, Banditen, S. 45. 3 Becker, Bd. I, T. 2, S. 88 f.; vgl. unten S. 133. 4 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 130. 5 Becker, Bd. I, T. 2, S. 25. « Ebd., S. 80; vgl. auch ebd., S. 29. 7 Elwenspoek, Schinderhannes, S. 48. 8 Becker, Bd. I, T. 2, S. 38. * Hobsbawm, Banditen, S. 46, Anm. 1 0 Einzelne, spontane Aufstände, getragen durch die Masse der Bauernbevölkerung einer Region, entspringen wohl gleichgearteten Anlässen, sind jedoch nicht unter dem Aspekt eines Bauerbanditentums zu werten. Vgl. C. Stammler, Der Bauernaufstand in der Großherzoglich Hessischen Provinz Oberhessen im Herbste 1830, in: Zweiter Jahresbericht des Oberhessischen Vereins für Localgeschichte, 1880/1, S. 99-122. 11 So geschehen auf der Kirchweih zu Kellmünz; vgl. Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 51 u. Nöggler, S. 129 f. 12 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I, M. Klostermayer, Fol. 313-316, Protokoll Günzburg v. 27. 6. 1770. 1 3 Vgl. oben S. 106 f. 14 w« Weiss, Chronik von Dillingen im Regierungsbezirke Schwaben und Neuburg des Königreichs Bayern, Bd. I, Dillingen 1861, S. 56. 1 5 HStA München, Abt. I AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, II, M. Klostermayer, Fol. 1332, Original des Briefes. 18 HStA Stuttgart, A 209/2052, F. Schwan, Fasz. V, Inquisitions Protokoll, Vaihingen v. 7. 3.-20. 6. 1760, Fol. 34. 17 Schöll, Kostanzer Hanß, S. 70. 1 8 Ebd., S. 215. Bauern, die sich den Wünschen der Banditen widersetzten, riskierten Leben und Gesundheit. Zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts schoß ein Angehöriger der Gürtlerischen Bande einem Bauern ein Auge aus, weil der ihm die Herberge verweigerte. Description deren übel beruffnen Land=Streicher. 1 2

Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 17, 19, 22, 25, 28 f. Kraft, S. 15. 2 1 Brill, Bd. I, S. 80. 2 2 StA f. Obb., München, G R 321/6, Die gegen den Straßenraub, u. Diebereyen geschöpften Criminal Mandata betr., 1650-1807, Bericht des Landgerichts Landau v. 2. 8. 1788. 19

20

Vgl. u. a. Klein, S. 127. StA Koblenz, 33/8178, I, Criminalverfahren gegen ]. Huber, laun v. 19. 2.1780. 23

24

Protokoll Kastel-

169

Anmerkungen

zu Seite 118-123

25 Ebd., 33/8625, Beylagen ad Processum inquisitorum contra / . ]. Schleiff, Bericht v. 16. 2. 1773. 26 R. Cobb, Reactions to the French Revolution, London 1972, S. 189; „ . . . it operated, for at least ten years, in the full sight of a large section of the rural community, either terrorised into silence, or sympathetic, or admirative". 27 Vgl. Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 28. 28 C. A. H . Burkhard, Der historische Hans Kohlhase und Heinrich von Kleists Michael Kohlhaas, Leipzig 1864; C. Elwenspoek, Rinaldo Rinaldini. Der romantische Räuberfürst. Das wahre Gesicht des geheimnisvollen Räuber=„Don=Juan", durch erstmalige Quellenforschungen enthüllt, Stuttgart 1929. 29 J. W. Appell, Die Ritter-, Räuber- Schauerromantik, Leipzig 1859, bringt eine sehr negative Bewertung dieser Literaturgattung. „Eine zum Erbarmen seichte, moralisierende und empfindelnde Pragmatik entblödete sich sogar nicht, die weltgeschichtlichen Gestalten als große Räuber darzustellen, wogegen man dergleichen landesverrufene, ganz gemeine Spitzbuben als Helden im Kleinen verherrlichte" (S. 71 f.). 30 Vgl. Kraft u. P. Reimann, Die Welt verdankt ihm, was er sie gelehrt, in: Schiller in unserer Zeit, Weimar 1955, S. 365-373. 31 G. Stöger-Ostin, Georg Jennerwein, der Wildschütz. Eine Erzählung aus den Bergen nach wahren Begebenheiten, München 19392. 82 I. Olbracht, Der Räuber Nikola Schuhaj, München 1934, S. 118; siehe auch ders., Oleksa Dovbusch (Auszug aus Nikola Schuhaj), in: Κ. A. Edlinger (Hg.), Geld oder Leben. Räubergeschichten der europäischen Literatur, Wien 1967, S. 131-135, hier S. 132. 33 Hobsbawm, Sozialrebellen, S. 27.

VII. Die Bekämpfung

des Räuber- und

Vagantentums

1 Härtung, S. 21; vgl. O. Hintze, Der preußische Militär» und Beamtenstaat im 18. Jahrhundert, in: Gesammelte Abhandlungen, Bd. III, Regierung und Verwaltung, Göttingen 1967, S. 419. 2 E. Schmidt, Einführung in die deutsche Strafrechtspflege, Göttingen 19653, S. 179 -183. 3 Härtung, S. 33. 4 T. Schieder, Wandlungen des Staats in der Neuzeit, in: HZ, Bd. 216, 1973, S. 265-303, hier S. 270. 5 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Berichte und Korrespondenzen während der Untersuchung gegen die Bande des Ph. Lux, 1788-99, Fol. 172-174; Bericht Schäffers v. 27. 3. 1799. 6 Christensen, Verzeichniß, S. 237. 7 Vgl. zu Jonas Hoos Grolmann, Nachrichten, in: T. Hartleben (Hg.), Allgemeine Justiz» und Polizey Blätter, Nr. 76/77, 30. 7. 1812, S. 304-306; Nr. 78, 4. 8. 1812, S. 310-312, Nr. 82, 13. 8.1812, S. 326-327; ders., Geschichte, S. 9-29. 8 Des bekannten Diebes Mörders und Räubers Lips Tullins Leben und Übelthaten, bes. S. 11-32. Lips Tullian saß 1702 einige Zeit ein, entfloh jedoch bald; von 1705 bis Mitte des Jahres 1710 mußte er Zwangsarbeit leisten bis zu seiner erneuten Flucht. Bereits im September 1710 wurde er wiederum gefaßt. Seine zahlreichen Fluchtversuche mißlangen, so daß er schließlich freiwillig ein Geständnis ablegte, um so seine qualvolle H a f t zu beenden, da er „erinnerte insonderheit, daß er nunmehro in 12. Jahren kaum 2lh Jahr in Freyheit gewesen . . ( S . 30). • Glanz, S. 94.

170

Anmerkungen

zu Seite 123-130

10

Becker, Bd. II, S. 6. Glanz, S. 89. 12 Description der übel=beruffen Landstreicheren, Dieben und Kirchenräuberen, Stadt am Hoff 1728, S. 19. 13 HStA München, Abt. I AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 836, Fase. I, Peter Pindray betr., 1803, St. 23, Bericht des Gerichts Donauwörth an die Regierung Dillingen v. 16. 8. 1803. 14 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Sulz, Criminal-Acta über die Postwagen=Räuber, St. 35, Schreiben Eyls an Schäffer v. 8. 12. 1789. 15 StA Koblenz, 33/8625, Beylagen ad Processum inquisitorum contra / . ]. Schleif, Bericht des Oberamts Kastellaun v. 27. 5. 1773. 16 Ebd., Bericht des Oberamts Kastellaun v. 26. 3.1773. 17 Bartsch, S. 134. 18 Radbruch, S. 268. 19 Leben und Thaten des Schinderhannes, Bd. I, S. 71 f. Bemerkenswert, daß ein derartig eindeutiger Kritiker der Staatsverfassung seiner Zeit anonym schreibt. 20 Vgl. oben Kap. II. 21 HStA Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen, Sulz, Criminal-Acta über die Postwagen=Räuber, 1788-1790, Schreiben des Oberamtmanns Eyl an Schäffer v. 10.11. 1789. 22 H . Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd. II, Neuzeit bis 1806, Karlsruhe 1966, S. 430-432. 23 Ebd., S. 430. 24 Schmidt, S. 205 f. 25 StA f. Obb., München, Zivilakten 2392/6, Schriften des Landrichters v. Khuon zu Moosburg, 1802, Darin Criminal-Acten Zellnerische Räuberbande betr., 1790-1797, gütliches Constitutum v. 9. 7. 1790. 28 StA f. Obb., München, GR 324/24, Hofraths Act. Die Bindung der Delinquenten bey Torturen betreffend, Fol. 1 u. 3, Erdinger Protokoll des Verhörs mit Johann Steinhardt v. 3. 10.1793. Steinhardt sagte aus, daß die Fesselung bei der Tortur im Mündiener Falkenturm weniger schmerzhaft sei als im Erdinger Gefängnis, „denn zu München hat man nicht so feine Bindschnur wie hier". Dieser Umstand widersprach nach Ansicht der Regierung Landshut zweifellos der gesetzlichen Regelung, die „eine durchgängige Gliechförmigkeit bey Anwendung der Spitzruthe Tortur" befehle. 27 StA Coburg, LAF 12 500, Die puncto Furti inhafftirte A. D. Rauscherin betr., Fol. 7, Gnadengesuch des Defensors der R. v. Anfang Juli 1758. 28 Künßberg, S. 167. 29 Ζ. B. in der Beschreibung einer sich in hiesigen Churlanden befindlichen Rauber= und Diebsbande, Burghausen, 28. 4. 1775. 30 Becker, Bd. II, S. 93· f.; vgl. Abel, Lebens=Geschichte, S. 17. 31 Leben und Thaten des Schinderhannes, Bd. I, S. 28. 32 Actenmäßige Geschichte, Hildburghausen, S. 18. 33 Kraft, S. 29. 34 Becker, Bd. II, S. 40. 35 Vgl. auch oben S. 102. 36 AStA Coburg, LAF 12 489, Den F. Gallirot betreffend, Fol. 2, Erlaß des sächsischen Herzogs an die Regierung zu Coburg v. 25. 6. 1733. 37 Künßberg, S. 161. 38 Leben und Ende des Bayerischen Hiesels, S. 154 f. Zur Entwicklung der Strafen von den peinlichen Strafen nach d. Constitution Criminalis Carolina (1532) hin zu den modernen Freiheitsstrafen vgl. E. Schmidt, S. 185-194. 11

171

Anmerkungen

zu Seite 130-136

39 Im sächsisch-coburgischen Räume erscheinen in den Jahren 1555, 1590, 1595, 1604, 1606, 1618, 1625, 1630, 1631, 1660, 1713, 1715, 1716, 1720, 1732, 1746, 1755, 1763 gedruckte Mandate; siehe StA Coburg, LAF 5434, LAF 5467, LAF 5468, LAF 5471-2, LAF 5474. Desgleichen in Württemberg in den Jahren 1708, 1715, 1722, 1747, 1768, 1785, 1801, 1802, 1804; siehe HStA Stuttgart, A 39 Generalrescripte. Diese Aufstellung soll nur einen gewissen Einblick von der Frequenz der Mandate vermitteln. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit auch nur für die beiden herausgegriffenen Regionen. 40 HStA Stuttgart, A 39 Generalrescripte, Erlaß v. 26. 7.1768. 41 HStA München, Abt. I - AStA, Μ Inn 15 700, Geheime Raths Acta, Landessicherheit, Militärverlegung, 1801, Bericht der Generallandesdirektion an den Kurfürsten v. 27. 4.1801. 42 Nöggler, S. 94-177. 43 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, III, M. Klostermayer, St. 56, Bericht des Freiherrn v. Rechltn an die Regierung Dillingen v. 24. 12. 1768; siehe die etwas abweichende Version bei Nöggler, S. 101 f. Es ist wohl nicht ausgeschlossen, daß der verwundete Wilddieb von den erbitterten Jägern umgebracht wurde. Immerhin hatte er ja noch aus eigener Kraft die Krauthöfe erreichen und um Hilfe und Verpflegung seiner Wunden bitten können. Dann verstarb er jedoch binnen weniger Stunden! 44 Schedel, Ausführliche Relation, von der Recontre, und gänzlicher Aufhebung des Bayerischen Hiesels, Buchloe 1771. 45 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, Bericht Abels v. 7.3. 1760. 4 » Becker, Bd. I, T. 2, S. 89. 47 StA Koblenz, 241 ff./954, Antrag des Rhein- und Moselpräfekten auf Ausstellung der Pässe durch die Unterpräfekten anstelle der Maires. Als Grund wurde das Überhandnehmen der Banden allgemein und „le fameux Schinderhanse" erwähnt. 48 Stuhlmüller, S. X X I X . 49 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, Bericht Abels v. 7. 3. 1760. 50 StA Koblenz, 33/8625, Beylagen ad Processum Inquisitorum contra / . / . Schleif etc., Protokoll Kastellaun v. 17. 2. 1773. Nur die Jahreszahl des beiliegenden Passes war nadi dem Geständnis des Gefangenen von ,1772' in ,1773' umgeändert worden, eine Manipulation, die zumindest mein ungeübtes Auge nicht ausmachen konnte. 51 StA f. Obb., München, AR 692 Patent Notlungs Buch d. Kurfürstlichen Landgerichts Neumarkt, De Anno 1798, Extrakt aus dem Verhörsprotokoll, Markt Dachsbach v. 18. 8. 1798. Noch 1823 wurde vor allem Fürth als beliebter Aufenthaltsort namentlich der wohlhabenden (d. h. der erfolgreichen) jüdischen Banditen erwähnt. Stuhlmüller, S. 298. 52 Actenmäßige Nachricht, Hildburghausen, S. 21; vgl. auch Kraft, S. 40. 53 StA Coburg, LReg 3731, Maßregeln gegen Räuberbanden, Fol. 33, gedruckte Informationen über die würzburgisch-sächsischen Räuber. 54 Falkenberg, Bd. II, S. 59-64. 55 Urgichten über die bey der des Heil. Reichs Freyen Stadt Memmingen justificirte Maleficanten, S. 16. 58 Hosmann, Denck=Mahl, T. 2, S. 1 f.; Hosmanns „Historische Erzehlung des Inquisitions-Processes" aus dem Jahre 1699 spricht allenfalls die Sensationslust des Publikums an. Dies Buch ist gewissermaßen als anonymer Vorabdruck des „Fürtrefflichen Denck=Mahls" zu verstehen. 57 Hosmann, Denck=Mahl, T. 2, S. 98.

172

Anmerkungen

58

zu Seite

136-137

Ave-Lallement, Bd. I, 1914 2 , S. 223-225; vgl. auch K r a f t , S. 8 u. S. 145, Anm.

18. 59

K r a f t , S. 8. Ebd. 61 In erster Linie bearbeitet w u r d e n : H S t A Stuttgart, A 39, Generalrescripte: Erlaß der Regierung, eine K u r p f a l z - N e u burgische Räuberbeschreibung von 1702, die als beispielhaft angesehen wurde, nachzudrucken und zu verschicken; beiliegend die Liste mit 8 Druckseiten. Ebenso wurde mit einer Freiburger Liste von 1793 v e r f a h r e n ; Erlaß v. 30.10. 1793, beiliegend die Liste vom 26. 8. 1793, die 149 N a m e n auf 21 Druckseiten enthält. H S t A Stuttgart, A 43/43 Malefizsachen: Kurbayerische Liste, München v. 1.10. 1781, enthält 11 N a m e n auf 4 Druckseiten. Hohenzollern-Siegmaringische Liste nach den Angaben des Joseph Kappeler, der am 12. 3. 1779 hingerichtet w u r d e ; enthält insgesamt 58 N a m e n auf 11 Druckseiten. Fürstenbergische Gaunerbeschreibung, Heiligenberg 1781, enthält 100 N a m e n auf 20 Druckseiten. Diessenhofener Liste v. 8. 4. 1779. Gaunerliste Rothenmünster v. 2 7 . 4 . 1 7 8 3 nach den Angaben des Schultoni Anton Durner, eines bekannten Genossen des Konstanzer Hans; enthält 84 N a m e n auf 8 Druckseiten, z . T . identisch mit der Fürstenbergischen Beschreibung von 1781. Eine Sammlung Buchloer Urgichten aus den Jahren 1780-1785 mit Angaben über die Verbrechen der einzelnen Delinquenten und Beschreibungen ihrer Komplizen. Schaf fers Zigeuner liste von 1787 nach den Angaben des Hannikel und seiner Mitgefangenen, enthält mehr als 300 N a m e n auf 88 Druckseiten. H S t A Stuttgart, A 43/45 Malefizsachen: Schäffers Jaunerlisten von 1801 und 1811/13, die unter Berücksichtigung der eventuell doppelt angegebenen Individuen immer noch jeweils mehr als 500 N a m e n enthalten. Eine Reihe weiterer gedruckter Listen und Urgichten aus dem ganzen süddeutschen Raum aus den Jahren 1787, 1788, 1797, 1798 befinden sich noch im H S t A Stuttgart, A 43/44, Malefizsachen. StA f. Obb., München, G R 317/15, Generelle Descriptionen von Diebs= und Rauberbanden, 1652-1807, in 7 Bänden. Im Bd. 6 die Oberdischinger Diebs=Liste v. 1799. StA Koblenz, 33/8166, Acta generalia und Verordnungen 1739-1775: Trarbacher Bandenbeschreibung v. 8. 4. 1739, enthält 33 N a m e n auf 5 Druckseiten. Trierer Beschreibung v. 29. 7. 1763; bezeichnet eine umfangreiche Judenbande, enthält 49 N a m e n , darunter ein Christ. Trierer Liste (laut handschriftlicher Anmerkung „gedruckt im Jahre 1762"), enthält 86 N a m e n und ein Ortsregister auf 28 Druckseiten. StA Koblenz, 33/8167, Acta generalia und Verordnungen 1776-1786: Darmstädter Beschreibung der Wetterauischen oder Oberländischen Bande von 1781, enthält 90 N a m e n und die Aufzählung von 87 Verbrechen. Hier ist bereits eine niederländische Bande erwähnt, die ein Vorläufer der großen niederländischen Bande zu sein scheint. Eine ganze Reihe weiterer Listen wurden bereits zitiert. 62 StA Koblenz, 36/3283, Judengeschichte Birkenfeld, Schreiben Bierbrauers an den Reichsgrafen zu Birkenfeld v. 3 0 . 1 2 . 1 7 5 8 . 63 Ave-Lallement, Bd. I, 1914 2 , S. 226. 64 J. J. Bierbrauer, Beschreibung derer Berüchtigten Jüdischen Diebes-, Mörder-, und Rauberbanden, Kassel 1758, neu abgedruckt in: H . Esser, Die jüdische Weltpest, München 1927, S. 55-137. «5 Vgl. StA f. Obb., München, G R 317/15, Generelle Descriptionen, 1652-1807, 7 Bände. 80

173

Anmerkungen ββ

zu Seite 137-141

Ebd., Bd. 5, Fol. 37, kurfürstlicher Erlaß an die Generallandesdirektion v. 8. 9.

1801. 97 Ebd., Fol. 6, Klage Schaffen an das Criminalamt München v. 3.11.1800 und Fol. 5, Antwortschreiben v. 12. 11. 1800; vgl. audi weitere Korrespondenz Fol. 11-18; vgl. auch ebd., Bd. 6, Fol. 1-89, die Oberdischinger Diebsliste v. 1799. 68 Schwencken, Nachrichten; handschriftliche Widmung vor dem Titel im Exemplar der Münchener Staatsbibliothek: „Seiner Excellenz dem Herrn Grafen von Reigersberg, Königlich Baierischen Justiz-Minister etc. etc. etc. unterthänig überreicht von C. P. T. Schwencken. Fulda [?] den 22. Febr. 1822." 69 Schölls Verfasserschaft scheint nicht eindeutig erwiesen. Roth bezeichnete im Vorbericht seiner „General=Jauner=Liste" den „Waisenhaus Pfarrer Schöll zu Ludwigsburg" als Autor, was nach den Angaben im Titel des „Abriß" bedeutet, daß er auch der Verfasser der Geschichte des Konstanzer Hans war. Auf diesen Hinweis beruft sich dann Ernst Arnold in einer maschinenschriftlichen Bemerkung im Exemplar des „Kostanzer Hanß" der Landesbibliothek Stuttgart. Grolmann nannte im Vorwort seiner „Actenmäßigen Geschichte" von 1813 (S. 5) jedoch den „würdigen Herrn Oberamtmann Schefer" als Verfasser des „Abriß", ebenso auch Schwencken in den „Aktenmäßigen Nachrichten" von 1822 (S. 10, Anm. a). Vgl. hierzu auch die weniger eindeutige Stellungnahme Ernst Arnolds im „Malefizschenk" (S. 16). Es spricht einiges für die Annahme, daß sich Schöll bei der Abfassung beider Werke („Kostanzer H a n ß " u. „Abriß") auf Schiffers Unterlagen und Angaben stützte. In diesem Zusammenhang mag erwähnt werden, daß Schäffer von seinem Biographen Eduard Eggert („Oberamtmann Schäffer von Sulz", Stuttgart 1887) auch als Verfasser der anonym erschienenen Geschichte des Hannikel von 1787 bezeichnet wurde, während in einschlägigen Biographien Christian Friedrich Wittich als Verfasser erscheint. Alles das läßt den Schluß zu, daß Schäffer, der nach eigener Aussage ohnehin arbeitsmäßig überlastet war, derartige ,literarische' Abhandlungen Freunden und Bekannten überließ, zumal in diesen Werken seine persönlichen Verdienste allzu stark hervorgehoben wurden. 70 E. Arnold, Malefizschenk, S. 22. 71 Ebd., S. 29. 72 HStA München, Abt. I - AStA, Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, IV, M. Klostermayer, Rescript ν. 7.12.1770. 78 Vgl. oben S. 133. 74 Vgl. oben S. 138. 75 GLA Karlsruhe, 234/484, Maßregeln gegen Gesindel, Erlaß des Ministeriums des Innern v. 23. 6. 1823 u. v. 6.10. 1823; siehe auch Schreiben des Hofgerichts Mannheim an das oberste Justiz Departement v. 20. 9.1823. 76 Becker, Bd. II, S. 332, siehe auch S. 324 f. Vgl. die Liste der Mitglieder des in Köln eingerichteten Spezialgerichts des Roer-Departements im StA Koblenz, 241 ff./ 1029, Akten d. Kommissars Jollivet betr. die Einrichtung v. Spezialgerichten, ö f f e n t licher Ankläger (— Staatsanwalt) dieses Gerichts war Keil, nach dessen Unterlagen Becker die niederländische Bande beschrieb. 77 Vgl. auch Glanz, S. 105. 78 H . Arnold, Vaganten, S. 77. Ein Absinken des Anteils der Vaganten an der Bevölkerung kann angenommen werden, doch fehlen dafür die Belege. 79 StA Koblenz, 442/6805, Beschaffung der Merker'schen Mittheilungen, 1833, Erlaß des preußischen Innenministers an alle einschlägigen Polizeidienststellen v. 20. 3. 1833.

174

Anmerkungen

zu Seite 141-144

80 GLA Karlsruhe, 234/10 034, Die Führung von Jauner Listen, Beschlüsse des Karlsruher Staatsministeriums v. 6. 7. 1819 u. v. 28. 1. 1820. 81 Ebd., Anfrage Schwenckens v. 4. 9. 1820, Antwortschreiben v. 1.11.1820. 82 Zufällige Gedanken zum Wohl des Vaterlandes von einem Patrioten über Zucht= und Arbeitshäuser, in: Zufällige Gedanken über Zucht= und Arbeitshäuser, über nützliche Feueranstalten, und über die Gesindeordnung; von einem Patrioten, Augsburg 1782, S. 7-9. 83 Ebd., S. 16. 84 Schmidt, S. 187-193. 85 Ebd., S. 187. 8 « Ebd., S. 189. 87 Ebd., S. 192. 88 HStA Stuttgart, A 209/2051, F. Schwan, Fasz. IV, Inquis. Acta, Anbringen über die Inquisition v. 2. 7. 1760. 89 Ebd., A 209/2053, F. Schwan, Fasz. VI, Akten betr. den Anhang und Sohn des F. Schwan, Korrespondenz v. 19. 7.-13. 9. 1769. 80 Vgl. oben S. 125. 81 Vgl. oben S. 18. 92 Schmidt, S. 193·. 93 Rebmann, S. 64 f. 94 Becker, Bd. I, T. 2, S. 152. 95 Ebd., Bd. II, S. 324 f. 96 Hier läßt sich möglicherweise eine Verbindung zum Pauperismusproblem erkennen. 97 W. L. Kristl, Kneißl. Bayerns Kriminalfall um die Jahrhundertwende, München 1958.

175

3. Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Quellen a)

Archivalien

STAATSARCHIV C O B U R G :

LAF 5434 Mandate zum Schutz wider herrenlose Knechte und Gesindel, so wie wider Zigeuner. 1555-1715. LAF 5467 Churfürstliches Patent wider Landstreicher, Bettler, Juden und anderen herrenlosen Gesindel pp., 5. September 1713. LAF 5468 Mandat wider die Bettlere / Landstreicher und ander böses Gesindel / Worbey / Wie die innländischen Armen versorget / die Auswärtigen aber aus dem Lande geschaffet / und sonst hierunter allenthalben / in dem hiesigen Fürstenthumb verfahren werden solle; sambt was deme mehr anhängig / zugleich Versehung geschehen. Coburg, 13. 5. 1716. LAF 5471 Sachsen=Cogurgisches anderweit* verneuert= und geschärfftes Poenal-Patent, Wider Das Diebs= Räuberisch» Zigeuner= Jaunnerisch* Herren=loses und ander Bettel=Gesind. Anno 1746, Coburg. LAF 5472 Ihro Hochfürstlichen Durchlaucht zu Sachsen=Hildburghausen erneuertes und geschärfftes Mandat wegen Aufsuchung und Entdeckung auch Bestrafung des Streuner= Diebs= und Räuber=Gesindels ergangen den 12. Martii 1755, Hildburghausen. LAF 5474 Sachsen-Hildburghäusisches erneuertes Patent gegen Streuner= Diebs= und Räuber Gesindel pp., 9. 3. 1763. LAF 12 489 Den im Neustädter Amt verhafften und hingerichteten Dieb u. Landstreicher Franz Gallirot betr., 1733. LAF 12 496 Die Bestrafung des Heinrich Griesmann und des Ehrhardt Langguth allhier wegen Diebstahls mit dem Strang betr., 1741-1742. LAF 12 497 Die pto. Furti in Inquisition gerathene Adam Hoffmann und Johann Lorenz Blechschmidt und derselben Bestraffung betr., 1751. LAF 12 498 Den pto. Furti in Inquisition gerathenen Johann Elias Reschen und desfallsige Bestraffung betr., 1752. LAF 12 499 Die in pto. Furti inhafftirte Margaretha Barbara Hedlerin und in deren Bestraffung betr., Anno 1756-57. Ingleichen obbemeldter Inquisitin Hedlerin Kinder Aufnahme und Versorgung im allhiesigen Waysenhaus betr. LAF 12 500 Die pto. Furti inhafftirte Anna Dorothea Rauscherin und deßfallsige Bestraffung betr., 1758. (mit dem Staupenschlag und ewiger Landesverweisung und Bedrohung mit Todesstrafe im Fall ihrer Rückkehr.) LAF 12 501 Die pto. Furti inhafftirte Diebe, Wolff Richter, Christoph Grinewald und Peter Löffler, und deren Bestraffung betr., 1759-1760. 176

L A F 12 502 Geheime Canzley Acta betr. Was gegen die Inquisiten, Johann Heinrich Martin Ehemann und deßen Eheweib auch übrige Complices, pto. Furti et respec. Receptationes, der Bestrafung halber ergangen, 1762. LReg 3731 Coburg, Saalfeld, Themar. Policei für innere Sicherheit, Räuberbanden. Acta R e g : Getroffene Maasregeln wegen Verfolgung von Räuberbanden betr., 1800 bis 1811. LReg 3796 Verordnung wegen fast aller Orthen einreißender Rauber- und Dieberey, 1713-1720. LReg 3800 Ordnung, Canzley Acta. Verfügungen wider das Bettler= u. Streuner Gesindel betr., 1771-1799. GENERALLANDESARCHIV

KARLSRUHE:

145/476-690 Untersuchungsakten gegen die 69 Mitglieder der sogenannten Hölzerlips=Bande, Veit Krämer und Consorten, Heidelberg Amt. 229/42 188 Großherzogthum Baden, Landes Polizey Departement Nekar=Kreis. Verbrechen, Hemsbach, Strassen=Raub. Den zwischen Hemsbach und Laudenbach im Amte Weinheim verübten mörderischen Strassen=Raub, dessen Untersuchung durch die in Mannheim aufgestellte CentraUCommission, und weiters aufgestellte polizeyliche Maasregeln zu Einfangung der hiebey betheiligten verdächtigen Individuen, Jaunern und Vaganten, 1811-1816. 234/480 Baden, Generalia, Policey. Die Vorkehr zur Abtreibung des herumvagirenden Jauner* und Diebs Gesindels, und die Verbesserung der Gefängnisse; Zigeuner; betr., 1808. 234/484 Grossherzogthum Baden, Justiz Ministerium, Generalia, Polizey. Maasregeln gegen verdächtiges Gesindel, Jauner und Vaganten in specie die Errichtung ständiger Untersuchungs Commißionen gegen dieselben und die desfalls getroffenen Anordnungen, 1823-1837. 234/10 033 Großherzogthum Baden Justiz Ministerium, Generalia, Polizey. Das Verfahren gegen Jauner und Vaganten (Jauner Edict), 1798 ff. 234/10 034 Grossherzogthum Baden. Justiz Ministerium, Generalia, Polizey. Die Führung von J a u ner Listen, 1819. 240/1002-1004 Criminalia Grosherzoglichen Badischen Oberhofgerichts, I. Senats. In Untersuchungs Sachen gegen Veit Krämer, Sebastian Luz (vulgo Basti), Friedrich Schulz (vulgo Manne Friedrich), Philipp Lang (vulgo Hölzerlips), Andreas Petri (vulgo Köhler Andres) wegen eines in der Nacht vom 30ten apr: auf den lten May 1811 an der Bergstraße vorgefallenen mit Todtschlag verbundenen Raubes, sodann mehrerer Raubereien und Diebstähle. Sodann gegen Georg Schmidt (den Harzbuben) von Zell bey Bensheim wegen geleisteter Beyhilfe. Durch Urtel, 2. Junij 1812 (3 Bände). STAATSARCHIV K O B L E N Z :

1 C/15 763

177 12

Rüther

Die Aufspürung einer im Amt Bernkastel sich aufhaltenden 30 Personen starken Diebesbande, 1776. 33/3820 Ober Amt Birkenfeld, Inquisitions=Sache. Zwey in dem Idar Bann beygefangene Landstreicher Familien, und bey dießer Gelegenheit dem Ober Amt Birkenfeld wegen Bestrafung der Landstreicher gegebene Weißung, 1779. 33/3827 Oberamt Birkenfeld. Untersuchungs Sache in specie Jauner und Vaganten. Die wegen Vagantenleben und Beschuldigung anderer Verbrechen in Untersuchung gekommene Matthis Damm von Nonfelden, Churtrierischen Amts Besdiied, und Matthis Wärz von Dill und deren Bestrafung, 1792-1793. 33/8166-8168 Acta generalia, und Verordnungen das Verfahren in Criminalibus und Kosten betr., 1597-1793. (In drei Bänden). Bd. I, vor der Sponheimischen Landestheilung, 1597-1775. Bd. II, nach Abtheilung der HinternGrafschaft Sponheim, 1776-1786. Bd. III, nach Abtheilung der HinternGrafschaft Sponheim, auch sonstige Veranstaltungen betreffend, 1792-1793. 33/8178, I - I I I Criminalverfahren gegen Johannes Huber, den schwarzen Johannes, und Consorten, 1780-1781 (3 Faszikel). 33/8514 Acta fragmentaria betr. Raubgesindel und Dieberei, 1753, 1789. 33/8624-8625 Oberamt Castellaun. Acta Inquisitionis (und Beilagen) entgegen Jacob Schleif von Sohren, Oberamts Kirchberg, puncto abigeatur criminis und hac occasione contra die celatores, welche im 3-Herrischen dem losen Gesindel nicht nur assistiren, sondern auch an denen Diebstählen Antheil nehmen, alß der Schweinehirt Johann Nickel Scheerer zu Märtz, Johann Peter Tapper Schuster zu Buch, Mathieß Bley zu Mörschdorf, Niclaus Tapper zu Mörschdorf, de Anno 1773-1776 (2 Faszikel). 36/3283 Judengeschichte Birkenfeld (Hinrichtung des Jud Low Samuel. Ein Urkundenstück aus 213 Seiten / 52 Blättern), 1758-1760. 241 ff./954 Antrag des Rhein- und Moselpräfekten auf Ausstellung der Pässe durch die Unterpräfekten anstelle der Maires, 1800. 241 ff./1029 Akten des Kommissars Jollivet, betr. die Einrichtung von Spezialgerichten und die Aburtheilung von Räuberbanden (Schinderhannes, Brechelschmidt), März 1801 bis Febr. 1802. 442/6805 Abtheilung des Innern der Königlichen Regierung zu Trier betr.: Die Beschaffung der Merker'schen Mittheilungen zur Beförderung der Sicherheitspflege, resp. das Halten des Königlichen Central Polizei Blatts, 1833 ff. HAUPTSTAATSARCHIV M Ü N C H E N :

Abt. I - Allgemeines Staatsarchiv: Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 836 Criminal Acta. Die zu Donauwörth in Verhaft gesessene, mit der Bande des berüchtigten Schinder178

hannes in Verbindung gestandene Criminal Inquistiten, in Specie den Räuber Hauptmann Peter Pindray betrefend, 1803 ff. (13 Faszikel). Hochstift Augsburg-Neuburger Abgabe, 837, I - I V Stadt Dillingische Criminal Acta. Den Pto: fericidii, vis publivae, criminis fractae pacis publicae, robbariae, et homicidii soepius reiterati processirt und mit dem Rad hingerichteten Mathias Klostermayer von Kissingen aus Bayrn gebürthig, vulgo der Bayrische Hiesel und dessen Band (4 Bände). Μ Inn 15 700-15 716 Geheime Raths Acta, Landes Sicherheit. Verlegung des Militär auf das Land (Militärkordon), 1793-1809. Staatsverwaltung 2277 Listen und Steckbriefe aus den Jahren 1711 u. 1789. Staatsverwaltung 2316, II Haupt General Tabell der Volks Menge (in Bayern) vom 20. 3. 1796. STAATSARCHIV FÜR OBERBAYERN, M Ü N C H E N :

App. Ger. 5113/1-2 Criminal-Acten, Hacker'sche Bande, 1832-1834. AR 692 Patent Notlungs Buch des Churfürstlichen Landgerichts Neumarkt, 1798-1803. GL 2558/25 Salzburg, Erzstift, Geheime Landes Archivs Acta. Die Stadt Mühldorf, so ein allgemeiner ZufluchtsOrth der Diebe und Räuber ist; die Abstellung dasiger Unterschleife mit gestolnen Waaren pp. betr., von Anno 1791-1792. GR 317/15 Generelle Decriptionen von Diebs= und Rauberbanden, derley gedruckte sogenannte Jauner= und Diebslisten sowohl in Baiern, als in den schwäbischen und fränkischen Kreisen, 1652-1807 (7 Bände). GR 317/18 Die Zygeuner als vorgeblich aus dem alten Aegypten, deren nationales Schwärmen, Abhaltung derselben an den baierischen Landesgrenzen, dann Aufhebung der Unsicherheit wegen p., von Anno 1594-1726 (u. 1801). GR 318/1 Der Criminal=Process in Baiern, dessen Instruirung nach den theologischen und juristischen Gutachten, derley Urtheilsschöpfung, dessen Führung nach dem Cod. Crim. Maximil., Gezeugschaft vornehmer Personen, Mitschuldige, combinativ votorum p., derley Instructionen, Urgichts= und Urpheds Formulare, von 1581-1804. GR 321/6 Die gegen den Strassenraub und Diebereyen geschöpften Criminal Mandata etc. betr., von Anno 1650-1807. GR 324/24 Hofraths Act. Die Bindung der Delinquenten bey Torturen betreffend, 1792-1794. Zivilakten 2392/6 Schriften des Landrichters von Khuon zu Moosburg, 1802. Darin: Criminal-Act, die beym Churfürstlichen Landgericht Moosburg prozessirte Zellnerische Räuber=Bande betr., 1790-1797. STAATSARCHIV N E U B U R G , D O N A U :

Hochstift Augsburg, Pflegämter 383 Verhörsprotokolle des Pflegamts Buchloe, 1769-1770. 179 12*

HAUPTSTAATSARCHIV S U T T G A R T :

A 38/15 Polizeiwesen, (Patente und Mandate gegen Gauner- und Räuberwesen, 1544-1734). A 39 Generalrescripte (von 1702-1804). A 43/42 Malefizsachen. A 43/43 Malefizsachen. A 43/44 Malefizsachen. A 43/45 Malefizsachen. A 209/1892 Oberrat, Malefizsachen. Zigeuneruntersuchung, 1714-1719. A 209/2049-2054 Inquistitionsakten, Protokolle über den Prozeß gegen den Sonnenwirthle Friedrich Schwan und seine Komplizen, Adelsberg, Vaihingen, Neuenstadt, Göppingen, 1757 bis 1769 (6 Faszikel). b) Gedruckte

Quellen

(Wichtige Drucke, die in den Beständen der oben aufgeführten Archive liegen, sind hier mit Angabe des Fundortes erneut aufgeführt.) Abel, Jacob Friedrich, Charakter und Lebensgeschichte der Christina Schettingerin, in: ders., Sammlung und Erklärung merkwürdiger Erscheinungen aus dem menschlichen Leben, 2. Teil, Stuttgart 1787, S. 87-104. Abel, Jacob Friedrich, Lebens=Geschichte Fridrich Schwans (Geschichte eines Räubers), in: ders., Sammlung und Erklärung merkwürdiger Erscheinungen aus dem menschlichen Leben, 2. Teil, Stuttgart 1787, S. 1-86. Actenmäßige Nachricht von einer zahlreichen Diebs=Bande, welche von einem zu Hildburghausen in gefänglicher H a f f t sitzenden mitschuldigen jungen Dieb entdecket worden, nebst einem Anhang aus denen wider die Anno 1745. allhier hingerichteten Gaundiebe Johann Georg Schwartzmüller und Friedrich Werner verführten Inquisitions-Actis, auch Verzeichniß vorgekommener Wörter von der Spitzbuben» Sprache, (Hildburghausen) 1753. Allgemeine Justiz» und Polizey Blätter. Für Recht, Sicherheit und Kultur. (Forts, der allgemeinen deutschen Justiz» und Polizey Fama.) Hg. v. Theodor Hartleben, 1801 ff. Becker, B., Actenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beyden Ufern des Rheins. Erster Theil. Enthaltend die Geschichte der Moselbande und der Bande des Schinderhannes. Verfaßt v. B. Becker, Sicherheits=Beamten des Bezirks von Simmern. Zweyter Theil. Enthaltend die Geschichte der Brabäntischen, Holländischen, Mersener, Crevelder, Neußer, Neuwieder und Westphälischen Räuberbande; aus KriminaUProtocollen und geheimen Notitzen des Br. Keil, ehemaligen öffentlichen Ankläger im Roer=Departemente, zusammengetragen von einem Mitgliede des Bezirks=Gerichts in Cöln, Cöln 1804. Des bekannten Diebes Mörders und Räubers Lips Tullians, und seine Complicen Leben und Überthaten, dabey GOttes sonderbahre Schickung erhellet, als vor der Königl. Commission Neun Personen ohne Tortur, ihre begangenen grossen Missethaten gütlich bekannt haben, ohngeachtet ihre Viere davon zu anderen Zeiten, die Tor180

tur zu 3. und 4. mahlen ausgestanden, und die Wahrheit halsstarriger Weise verhalten. U n d von solchen F ü n f f e am 8. Mart. 1715, durch das Schwerd vom Leben zum Tode gestraffet, und ihre Körper auf 5. Räder geflochten worden. Alles aus denen Judicial-Actis mit Fleiß extrahieret, und dem grossen G O t t zu Ehren, denen Frommen zur Betrachtung der Göttlichen Gerechtigkeit und Barmhertzigkeit, und den Bösen zur W a r n u n g und Bekehrung ausgefertigt, und in öffentlichen D r u c k gegeben worden, 2 Teile, Dresden 1716. Beschreibung einer sich in hiesigen Churlanden befindlichen Rauber= und Diebsbande, München den 1. Septemb. 1768. Beschreibung nachstehend, in hiesig Churbajerischen Landen sich befindenden Dieb und Raubern, München den 9. Julii 1769. Beschreibung nachstehend» in hiesig churbajerischen Landen sich aufhaltenden Dieb= und Rauberen, München den 26ten Sept. 1774. Beschreibung der sich in denen Landen zu Bajern befindenden Dieb= und Rauberbanda, München den 13ten Februar A n n o 1775. Beschreibung einer sich in hiesigen Churlanden befindlichen Rauber= und Diebsbande, Burghausen den 28. April Anno 1775. Beschreibung nachstehend = in hießig churbajerischen Landen, und angränzenden O r t schaften sich aufhaltenden Dieb, und Räubern, München den lOten Junii 1777. Beschreibung einer sich in denen Landen zu Baiern befindenden Dieb= und Rauberbande, München im Oktober 1789. Bierbrauer, J. J., Beschreibung Derer Berüchtigten Jüdischen Diebes-, Mörder- und Rauber-Banden. Welche seither geraumen Jahren, hin und wieder im Reich, viele gewaltsame Beraubungen, Mordthaten und Diebstähle begangen haben, vornehmlich hiesigen Hochfürstlichen, sodann auch, denen umliegenden Churfürstlichen, Fürstlichen, Gräflichen und Ritterschaftlichen Landen, Desgleichen verschiedenen Reichs= und Hansee=Städten, samt allen deren Criminal-Gerichten, bey vorkommenden Fällen, zum nützlichen Gebrauch, Cassel 1758. Neu abgedruckt in: Esser, H e r m a n n , Die jüdische Weltpest. K a n n ein J u d e Staatsbürger sein? München 1927, S. 55-137. Brill, C. F., Actenmäßige Nachrichten von dem Raubgesindel in den Maingegenden, dem O d e n w a l d und den angrenzenden Ländern besonders in bezug auf die in D a r m s t a d t in Untersuchung befindlichen Gliedern desselben, 2 Bände, D a r m s t a d t 1814 u. 1815. Christensen, Caspar Dietrich, Alphabetisches Verzeichniß einer Anzahl von Räubern, Dieben und Vagabonden, mit hinzugefügten Signalements ihrer Person und Angabe einiger Diebsherbergen, entworfen nach den Aussagen einer zu Kiel in den J a h ren 1811 und 1812 eingezogenen Räuberbande. Nebst einem erläuternden Vorbericht über die verschiedenen Gattungen, Lebensweise und Sprache dieser Gauner, H a m b u r g 1814. Christensen, Caspar Dietrich, Beschreibung der in den Herzogthümern Schleswig und Holstein, den Hansestädten H a m b u r g und Lübeck, zum Theile auch im Königreiche H a n n o v e r und dem Großherzogthum Mecklenburg, in den Jahren 1802 bis 1817 bestraften oder mit Steckbriefen verfolgten Verbrecher, nach dem Alphabet geordnet; nebst einigen Bemerkungen und einem Register der Hauptkennzeichen, 3 Bände, Kiel u. H a m b u r g 1819. Description deren übel b e r u f f n e n L a n d s t r e i c h e r / und Rauber / oder so genannt G ü r t lerischen Bande / welche von denen allhier justificierten Cammerraden n a m b h a f f t gemacht worden ist. D a t u m Aychstätt / den 7. M a r t i j / Anno 1715. F u n d o r t : StA f. Obb., München, G R 317/15, Generelle Descriptionen, Bd. 1. Description Der übeUberuffen Landstreicheren, Dieben und Kirchenräuberen. Wie Selbe von verschidenen theils anhier in Straubing / theils anderen zu allhiesigen Churfürstlichen Regierung gehörigen Gerichteren / theils auch anderwärtig in pari delicto Furti u. Roboriae zu V e r h a f f t gesessenen und processirten Complicibus ge181

richtlich angegeben / und ihrer Gestalt und Klaidung nach ordentlich beschriben •worden, Stadt am H o f f 1728. Description Jeniger in den Landen zu Bayrn / wie auch Obern P f a l t z / und andern benachbahrten Landschafften herumb vagierenden Landschädlichen Diebs* und Raubers=Bursch / So durch die bey dem Churfürstlichen Pfleg=Gericht Mittersfels in den beeden Jahren 1728. und 1729. justificierte Delinquenten, Benanntlich Jacoben A y r m a n n / vulgo Kayser Jacoberl / dann Johann Ernst R o t h p a u r n / vulgo Säxl / und Barbara Hueberin / vulgo Schwester mit dem Zöger denuntiert: und sodann nach dem Alphabet auch mit angefügten Umbständen / wie, und in weme selbe graviert seyen / verfasset worden. Im M o n a t h Julii 1729. Eremita, Janus (i. e. Gretschel, Joh. Chr.), Satirischer Almanach. Aufs J a h r 1800. Satirische Blätter. Herausgegeben von Janus Eremita. Dritter Theil, welcher zur größten Freude des Verlegers, in Sachsen, im Hannoverschen und von allen N e g e r f ü r sten der Sklavenküste verboten werden wird. Mit einer Himmelscharte. H o h n s t a d t [ H a m b u r g ] , auf Kosten der Leer- und Querköpfe, 1800. Falkenberg, Carl, Versuch einer Darstellung der verschiedenen Classen von Räubern, Dieben und Diebeshehlern, mit besonderer Hinsicht auf die vorzüglichsten Mittel sich ihrer zu bemächtigen, ihre Verbrechen zu entdecken und zu verhüten. Ein H a n d b u c h f ü r Polizeibeamte, Criminalisten und Gensd'armen, 2 Teile, Berlin 1816 u. 1818. Freundschaftliche Briefe, worinnen das Leben und Thaten des berüchtigten Wilderers Matthias (Brentans) Klostermayrs, vulgo Bayrischer Hiesel genannt, beschrieben werden von zweyen Freunden, Dillingen 1771. Grolmann, Friedrich Ludwig Adolf v., Actenmäßige Geschichte der Vogelsberger und Wetterauer Räuberbanden und mehrerer mit ihnen in Verbindung gestandener Verbrecher. Nebst Personal=Beschreibung vieler in alle Lande teutscher Zunge dermalen versprengter Diebe und Räuber. Mit einer Kupfertafel, welche die getreuen Bildnisse von 16 Haupt*Verbrechern darstellt, Gießen 1813. Grolmann, Friedrich Ludwig Adolf v., Aktenmäßige Nachrichten aus dem Leben und Thaten des zum Tod verurtheilten Räubers Jonas Hoos. Von dem Untersuchungsrichter selbst entworfen. Giesen den 24. J u n y 1812 (in 3 Teilen) in: Hartleben, Theodor (Hg.), Allgemeine Justiz* und Polizey Blätter, N r . 76/77 v. 3 0 . 7 . 1 8 1 2 , S. 304-306; N r . 78 v. 4. 8. 1812, S. 310-312; N r . 82 v. 13. 8. 1812, S. 326-327. H e r m a n n , Heinrich Ludwig, K u r z e Geschichte des Criminal=Prozesses wider den Brandstifter Johann Christoph Peter H o r s t und dessen Geliebte, die unverehligte Friederike Louise Christiane Delitz. Mit Genehmigung des Königl. Justiz=Ministeriums nach Lage der Acten herausgegeben, Berlin 1819. H [ o s m a n n ] , M. S i g i s m u n d ] , Fürtreffliches Denck=Mahl der Göttlichen Regierung bewiesen an der uhralten höchst=berühmten Antiquität des Klosters zu S. Michaelis in Lüneburg / der in dem hohen Alter daselbst gestandenen Güldenen T a f f e i / und anderer Kostbarkeiten / wie der gerechte G O t t D e r o Räuber gantz wunderbarlich entdecket / zugleich viele begangene zuvor gantz unerforschliche Kirchen=Räubereyen und Diebstähle ans Licht gebracht / und eine fast durch gantz Teutschland zertrennete höchst=schädliche und gefährliche Diebes=Bande zum Theil der Hoch* Fürstl. Zellischen Regierung zur gerechten Straffe in die H ä n d e geliefert. Alles aus denen von hochgemeldeter Fürstl. Regierung dazu communicirten IX. Voluminibus Actorum Der Grossen Inquisition, und andern gewissen Nachrichten / nach Historischem Ablauff des gantzen Processes, zusammen getragen / und zur Ehre der Göttlichen Providence, zur w a h r h a f f t e n Nachricht der gantzen Geschichte / zum unvergeßlichen Angedencken der beraubten ansehnlichen Antiquität / wie auch zur diensamen Wissenschaft verschiedener wichtigen Dinge / aufgeschrieben / und mit Kupferstücken versehen / von M. S. H . Braunschweig u. H a m b u r g 1700. [Hosmann, M. Sigismund], Historische Ausführliche und glaubwürdige E r z e h l u n g / was bey dem grossen Inquisitions-Process, welcher auf des Durchleuchtigsten Fürsten 182

und Herrn / Herrn Georg Wilhelms / Hertzogs zu Braunschweig und Lüneburg / gnädigste Verordnung wider die Veruffene Diebe der berühmten Güldenen T a f fei / bey dem Closter St. Michaelis in Lüneburg / auch wohl anderer Kirchen* und Privat-Güter / angestellet worden / vom Anfang biß zum Ende vorgegangen. Woraus unter andern zu ersehen / Wie die Juden bey allen und jeden Diebställen am meisten interessirt sind. Zu jedermann Nachricht und Warnung / mit Bewilligung der Hohen Obrigkeit / auch mit sonderbahren Privilegiis ans Licht gegeben / und mit verschiedenen Kupffern gezieret, Zell u. Leipzig 1699. Hosmann, M. Sigismund, Das schwer zu bekehrende Juden=Hertz / Nebst einigen V o r bereitungs=Mitteln zu der Juden Bekehrung / Auf Veranlassung der erschröcklichen G o t t e s l ä s t e r u n g / welche der Jude Jonas Meyer von Wunstorff / als er vor der Fürstl. Residentz=Stadt Zelle / nebst andern hochberüchtigten Dieben den 21. Martii An. 1699. abgethan / und nach dem Overbalcken des Gerichts / behueff einer Winde / hinauf gezogen ward / Zu vieler tausend Zuschauer höchster Bestürtzung öffentlich in der L u f f t schwebende ausgeruffen / In einer Predigt / nach Anleitung des damahligen in der Ordnung folgenden Paßions=Textes / von der Verleugnung und Busse Petri, der Christlichen Gemeine in der Stadt=Kirchen daselbst vorgestell t / Nun aber auf vielfältiges Ersuchen weitläufftiger ausgeführet. D a nebst wahrh a f t e r Erzehlung der Speciei Facti, und wie es mit dieser Lästerung eigentlich zugegangen / Der Juden hochtrabendes und sich über alle andere Völcker der Welt erhebendes Hertz / ihr eingewurzelter H a ß gegen unsern Heiland / ihre mit vielen greulichen Exempeln durch alle Secula her von Christi Leiden biß auf unsere Zeiten bewiesene tödliche Feindschafft gegen die Christen / ihre Betrieglichkeit im Schweren / Handeln und Wuchern / auch in ihrer Bekehrung zum Christlichen Glauben / dargethan / und dabey gezeiget / wie sie zu halten / und mit was für Behutsamkeit und Bedingung sie unter den Christen zu dulden seyn; Alles / zum Theil aus den Schrifften der Juden selbst / und andern unwiedersprechlichen Zeugnissen / und unlaugbahren Geschichten / auch eigener Erfahrung bewiesen von M. Sigismundo Hosmann, Consistorial- und Stadt=Predigern in Zelle, Zelle 1699. Klein, Johann Wilhelm, Ueber Armuth, Abstellung des Betteins und Versorgung der Armen. In besonderer Rücksicht auf mein Vaterland Nördlingen 1792. Leben und Ende des berüchtigten Anführers einer Wildschützenbande, Mathias Kloster-· mayrs, oder des sogenannten Bayrischen Hiesels, aus gerichtlichen Urkunden gezogen, und mit genau nach den Umständen jeder Begebenheit gezeichneten Kupfern gezieret, Augsburg, Frankfurt u. Leipzig 1772. Leben und Thaten des berüchtigten Räubers Johannes Bückler, genannt Schinderhannes. Eine Gaunergeschichte aus den CriminaUAkten des peinlichen Gerichts zu Maynz gezogen. Nebst beigefügter Charakteristik der meisten Glieder von der Schinderhannsischen, und mehrerer Glieder von der noch vorhandenen Niederländer Räuber=Bande, zum Gebrauch für alle Polizey=Behörden und Criminaljustiz Beamte (Erster Teil) Zweyter Theil. Nebst einem Anhang sehr wichtiger Bemerkungen über die Gebrechen der gewöhnlichen Polizeyanstalten, und der Criminalgesetzgebung, und Vorschläge zu deren zweckmäßigem Einrichtung und Verbesserung, 2. Auflage, Basel u. Aarau 1804. Liste dererjenigen Jauner und Diebe, welche von denen zu Weinsperg puncto diversorum furtorum in Inquisition gezogenen und im Monath Septembris 1756. allda justificirten beeden Delinquenten, Nahmens, Johann Michael Schlag, vulgo Pfeiffer Michele, und Johann Adam Fröhlich, ad Protocollum angegeben und beschrieben worden seynd, (Weinsberg 1756). Mittheilungen zur Beförderung der Sicherheitspflege, hg. v. Polizeirath Merker, J g . 1 - 3 6 , Berlin 1 8 1 9 - 1 8 5 4 . Oberdischinger Diebs=Liste über die in Schwaben, und von da in denen angränzenden Ländern herumstreichende Jauner, Mörder, Strassen=Räuber, Zigeuner, Markt= Tag= und Nacht=Diebe, Beutelschneider, Mordbrenner, Falsch Geld=Münzer, Betrü183

ger, Falschbettler, Schazgräber, und ander liederliches dem Staate äusserst schädliches Gesindel welche von denen dahier seit einigen Jahren processierten, und theils justificierten grossen Jauner und Dieben entdekt, und zum Wohl der allgemeinen Sicherheit genau beschrieben worden. Nebst einem Anhang der aus dieser Gesellschaft hie und da hingerichteten ErzDieben, Tübingen 1799. Fundort: StA f. Obb., München, G R 3 1 7 / 1 5 , Generelle Descriptionen, Bd. 6. Pfister, Ludwig, Aktenmäßige Geschichte der Räuberbanden an den beiden Ufern des Mains, im Spessart und im Odenwalde. Enthaltend vorzüglich auch die Geschichte der Beraubung und Ermordnung des Handelsmanns J a c o b Rieder von Winterthur auf der Bergstraße. Nebst einer Sammlung und Verdollmetschung mehrerer Wörter aus der Jenischen oder Gauner=Sprache. Mit einer Kupfertafel (1. Band). Nachtrag zu der aktenmäßigen Geschichte (2. Band), Heidelberg 1812. Rauchhaupt, Carl, Aktenmäßige Geschichte über das Leben und Treiben des berüchtigten Räuberhauptmanns Johannes Bückler, genannt Schinderhannes und seiner Bande. Authentische Ausgabe nach den Original=Prozeß=Akten. Herausgegeben von Carl Rauchhaupt. Mit Original=Portraits der Haupträuber und einem Anhang: Anekdoten, wie sie vom Volksmund erzählt werden, 2. Auflage, Kreuznach 1896. [Rebmann, Andreas Georg Friedrich], Damian Hessel und seine Raubgenossen. Aktenmäßige Nachrichten über einige gefährliche Räuberbanden, ihre Taktik und ihre Schlupfwinkel, nebst Angabe der Mittel sie zu verfolgen und zu zerstören. Zunächst für gerichtliche und Polizeibeamte an den Gränzen Deutschlands und Frankreichs bearbeitet von einem gerichtlichen Beamten. Dritte, durchaus umgearbeitete, vermehrte und verbesserte Auflage. Nebst einigen Beilagen, Notitzen über Hessels frühere Geschichte, und einer vollständigen Uibersicht der Resultate der gegen ihn geführten Untersuchung. Mit einem Titelkupfer, Mainz 1811. Der Redliche Nach=Richter / Das ist: Kurtzer / so wohl auß der H . Schrifft als auch Juristischen Historischen und Chronologischen Büchern / wie nicht weniger auß der gesunden Vernunfft=Lehre genau hervor gesuchter Bericht und bindiger Beweiß / D a ß Die Nach=Richter nicht Irreguläres oder Unehrliche Leute seyn / Wie sie Von dem gemeinen Pöbel auß blossen Praejudiz und Vor=Urtheil dafür zum öffteren gehalten werden, Franckfurt 1697. Regierungs= und Intelligenz=Blatt, Churfürstlich Pfalzbaierisches, Jg. 1 - 6 , München 1796-1801. Regierungs=Blatt, Churpfalzbaierisches (v. Januar-September 1803 unter dem Titel Churbaierisches Regierungs=Blatt), 1 8 0 2 - 1 8 0 6 . Regierungsblatt, Königlich» Baierisches, 1 8 0 6 - 1 8 1 7 . Roth, Friedrich August, General=Jauner=Liste oder Alphabetischer Auszug aus mehreren theils im Druck, theils geschrieben erschienenen Listen, über Die in Schwaben und angränzenden Ländern zu deren großem Nachtheil noch herumschwärmende Jauner, Zigeuner, Straßenräuber, Mörder, Kirchen= Markt= Tag und Nachtdiebe, Falschmünzer falsche Collectanten, Falschspieler, andere Erzbetrüger, und sonstiges liederliches Gesindel. Nebst einem Aphang. über die hie und da schon justificirte, in Gefängnissen und Zuchthäusern gestorbene» unter der Bande selbst ermordete, und natürlichen Todes gestorbene Jauner etc. Zum eigenen und anderer Criminaljustiz=Beamten Gebrauch gefertiget. Durch F. A. Roth, Hochfürstl. Markgräfl. Badischer H o f r a t h und zweyer Oberbeamter der Markgrafschaft Hochberg zu Emmendingen im Breisgau, Carlsruhe 1800. Rotwellsche Grammatik, oder Sprachkunst, Das ist: Anweisung wie man diese Sprache in wenig Stunden erlernen, reden und verstehen möge; Absonderlich denenjenigen zum Nutzen und Vortheil, die sich auf Reisen, in Wirthshäusern und andern Gesellschaften befinden, das daselbst einschleichende Spitzbuben=Gesindel, die sich dieser Sprache befleißigen, zu erkennen, um ihren diebischen Anschlägen dadurch 184

zu entgehen; Nebst einige Historischen Nachahmungen, durch welche ein Anfänger desto eher zur Vollkommenheit gelangen kan, Frankfurt 1755. Schäffer, Georg Jacob, Sulz. Zigeuner=Liste und genaue Beschreibung des zum Schaden und Gefahr des Gemeinen Wesens meistens in Schwaben, auch in Böhmen, Ungarn, so dann in denen Heßen Hanau» Lichtenbergischen Landen und besonders bey Pirmasens herum sich aufhaltenden» und herumvagirenden Räuber» und Zigeuner=Gesindels, wie solche von den dahier in Verhafft gelegenen» von denen dißseitigen Oberämter Nagold, Königsbronn und Altenstaig, auch andern Orten anhero eingelieferten» auch zum Theil mit großen Kosten zu Chur in Graubündten abgeholten Zigeuner» und Mörder=Bande während dem Inquisitions-Process mit äußerst vieler Mühe entdeckt, und beschrieben, auch vor ihrer Hinrichtung, und Abführung auf die Vestung Hohentwiel und in das Zucht» und Arbeitshaus zu Ludwigsburg widerholter bestätiget worden ist. Nebst einem Anhang der aus diesem Mörder» und Räuberhauffen, hie und da justificirten oder sonst entweder natürlichen» oder gewaltsamen Todes verstorbenen Personen, aus denen in Vierzig starken Tomis bestehenden Untersuchungs=Akten, auf Höchst gnädigsten Befehl getreulich herausgezogen und zum Druck befördert. In Anno 1787. Tübingen. Fundort: HStA Stuttgart, A 43/43, Malefizsachen. Schäffer, Georg Jacob, Sulz am Nekkar Beschreibung derjenigen Jauner, Zigeuner, Straßen=Räuber, Mörder, Markt» Kirchen» Tag und Nacht=Dieben, Falschen GeId=Münzer, Wechsler, Spieler und andern herum vagirenden liederlichen Gesindels, welche zum Schaden und Gefahr des gemeinen Wesens theils in Schwaben, dann in der Schweiz, Baiern, in der Pfalz, am Rheinstrom, Boden» und Zürcher» See, Frankreich, Tirol, auch noch in andern Ländern, würklich noch herum schwärmen, und von der dahier von 1798 bis 1799 in Verhaft gelegenen» hienach benannten Jauner» und Mörder=Bande, während dem Inquisitions-Process mit grosser Mühe entdekt» und beschrieben worden. Nebst einem Anhang der aus dieser Gesellschaft hie und da hingerichteten, oder natürlichen Todes gestorbenen Erzjauner und Dieben. Auf öfteres und dringendes Anverlangen, besonders von Auswärtigen Justiz-Aemtern, auf eigene Kosten, zum wahren Wohl der so höchstnöthigen allgemeinen Sicherheit, als dem edelsten Kleinod eines Staats, annoch zum Druck befördert, von Georg Jacob Schäffer, Ober=Amt=Mann zu Sulz, Tübingen 1801. Fundort: HStA Stuttgart, A 43/45, Malefizsachen. Schäffer, Georg Jacob, Sulz am Nekkar Beschreibung derjenigen Jauner, Zigeuner, Straßen=Räuber, Mörder, Markt» Kirchen» Tag und Nacht=Dieben, falschen Geld» Münzer, Beutelschneider, Wechsler, Spieler und andern herum vagirenden liederlichen Gesindels, welche zum Schaden und Gefahr des gemeinen Wesens, theils in Schwaben, dann in der Schweiz, Baiern, in der Pfalz, am Rheinstrom, Boden» und Zürcher=See, Frankreich, Tyrol, auch noch in andern Ländern wirklich noch herum schwärmen, und von den dahier seit einigen Jahren processirten großen Jauner und Dieben entdeckt, und zum Wohl der allgemeinen Sicherheit beschrieben worden. Nebst einem Anhang über die hie und da schon justificirte, in Gefängnissen und Zuchthäußern gestorbene, unter der Bande selbst ermordete, und natürlichen Todes gestorbene Jauner etc. Aus denen in 24 starken Tomis bestehenden Untersuchungs=Akten zum eigenen und andern Justiz=Beamten Gebrauch gefertiget durch Georg Jacob Schäffer, Königlich»Würtembergischer Ober=Amtmann zu Sulz. 1811. Tübingen, gedruckt 1813. Fundort: HStA Stuttgart, A 43/45, Malefizsachen. Schedel (Leutnant), Ausführliche Relation, von der den 14. Jenner zwischen 7. und 8. Uhr vormittags in dem Wirthshaus zu Osterzell, Reichs=Ritterschäftlicher, und Kloster Rothenbuchlerischer Herrschaft vorgefallenen Recontre, und gänzlicher Aufhebung des verrufenen Bayerischen Hiesels, und seiner 9. Kammeraden. Buchloe, 15.1. 1771. Schlappiger, Hans, Spitzbuben und Landstreicher im Regierungsbezirk Straubing vor 185

200 Jahren, in: Jahresbericht des historischen Vereins für Straubing und Umgebung, Jg. 42, 1939, S. 20-59. [Schöll, Johann Ulrich], Abriß des Jauner und Bettelwesens in Schwaben nach Akten und andern sichern Quellen von dem Verfasser des Konstanzer Hanß, Stuttgart 1793. [Schöll, Johann Ulrich], Kostanzer Hanß eine Schwäbische Jauners=Geschichte aus zuverläßigen Quellen geschöpft und pragmatisch bearbeitet, Stuttgart 1789. Schwärzler, Kaspar (Hg.), Zur Vagabunden« und Diebes=Geschichte des 18. Jahrhunderts (unkommentierter Abdruck einer Steckbriefliste, Kaufbeuren 1783), in: Allgäuer Geschichtsfreund. Zwanglose Mittheilungen hg. v. Allgäuer AlterthumsVerein, Jg. 12, 1899, S. 4-11. Schwencken, Karl Philipp Theodor, Aktenmäßige Nachrichten von dem Gauner= und Vagabunden=Gesindel, sowie von einzelnen professionierten Dieben, in den Ländern zwischen dem Rhein und der Elbe, nebst genauer Beschreibung ihrer Person. Von einem Kurhessischen Criminal=Beamten, Kassel 1822. Schwen[c]ken, Karl Philipp Theodor, Notizen über die berüchtigsten jüdischen, Gauner und Spitzbuben, welche sich gegenwärtig in Deutschland und an dessen Gränzen umhertreiben, nebst genauer Beschreibung ihrer Person. Nach CriminaUAkten und sonstigen zuverläßigen Quellen bearbeitet und in alphabetischer Ordnung zusammengestellt, Marburg u. Cassel 1820. Stuhlmüller, Karl, Vollständige Nachrichten über eine polizeyliche Untersuchung gegen jüdische, durch ganz Deutschland und dessen Nachbarstaaten verbreitete Gaunerbanden. Eingeleitet, und bis jetzt geführt zu Plassenburg im Ober=Mainkreise des Königreichs Baiern, von Karl Stuhlmüller, königlich baierischen Polizey=Commissair, Vorstand des Zwangsarbeitshauses zu Plassenburg, und Mitglied des Civildienst=Ordens der baierischen Krone, Plassenburg, August 1823. [Tieck, Ludwig], Leben Nikel Lists bekannten Räubers der güldenen Tafel in Lüneburg, in: Thaten und Feinheiten renommierter Kraft* und Kniffgenies, Bd. I, Berlin 1790, Nr. 2, S. 323-408. [Tieck, Ludwig], Mathias Klostermayer oder der Bayersche Hiesel, in: Thaten und Feinheiten renommierter Kraft= und Kniffgenies, Bd. II, Berlin 1791, Nr. 2, S. 141 bis 334. Urgicht über die von Leonhard Burckhard güttlich abgegebene Bekantnussen, publicatum Neuburg den 18. November. 1740. Urgicht und Urthel Johann Thomas Dobels. Publicirt und exequirt Weissenburg am Nordgau den 20. Decembr. 1746. Urgicht und Urthel Daß Donnerstag als den 15ten Novembris 1764. Johann Sandherr, zu Nattenhausen gebürtig und anseßig wegen ausgeübten Diebstahl und Straß= Rauberey zu seiner wohlverdienten Bestraffung durch das Schwerd vom Leben zu dem Tod gebracht werden solle. Decretum Kirchheim den 13 ten 9bris 1764. Urgichten über die bey der des Heil. Reichs Freyen Stadt Memmingen Nach Vors c h r i f t der Peinlichen Hals=Gerichts=Ordnung Kayser Carls des V. Puncto Robariae ac Furti peinlich processirte= und durch Urthel und Recht, den 23. Februarii dieses lauffenden 1750. Jahrs justificirte Maleficanten, Namentlich Gottlieb Gring, vulgo Gottlieb von Reichenhofen, von Ottobeuren, Christian Brandstetter, vulgo Kleinen Christian, oder Gmünder Keßler, von Gunzen bey Kayserheim und Ignatius Obermayer, vulgo Bayerischen Natzel, von Hammlen, bey Donauwerth gebürtig Samt angehängter Beschreibung derer im Land herum vagirenden Diebs= Jauner= und Raubers=Pursche. (2. Auflage der Bandenbeschreibung:) Descriptio Derjenigen Diebs=Purschen / welche von denen bey der des Heil. Rom. Reichs Freyen Stadt Memmingen den 23. Februarii dieses lauffenden 1750. Jahrs hingerichteten dreyen Delinquenten . . . Als eine noch würcklich in denen Chur=Bayrisdien Landen herum vagierendes, um die allgemeine Sicherheit stöhrendes Diebs= und Jauners=Gesindel beschriben worden. 186

Verzeichnus Deren bey der Fürstl. Würtzb. Eltmänner privativen» dann gemeinschaftl Hohenaycher Cent inhaftirten berüchtigsten Diebs=Purschen. Extradirt Würtzburg den Ilten Decemb. 1770. Verzeichnuß und Description Derjenigen Complicum, und andern Lands=verschraiten Jauner / als Dieb und Rauber / sambt dergleichen Weibsbildern / welche bey dem Chur=Pfältz=Neuburgischen Pfleg=Amt Heydeck in Verhafft gesessenen / und unlängsten neben zweyen andern Nahmens H a n ß Wörl und Lorentz Fischeysen mit dem Strang hingerichteten Andreas Schoneckher / wie auch von andern angez e i g t / und nach ihrer Gestalt beschriben / und zum Churfl. Hof=Rath München communicirt worden, o. O. o. J. (Diese Liste wurde in Württemberg nachgedruckt im Jahre 1702; Fundort: HStA Stuttgart, A 39, Generalrescripte.) Weiss, Wilhelm, Chronik von Dillingen im Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg des Königreichs Bayern. Mit 12 Illustrationen, Bd. I, Dillingen 1861. [Wittich, Christian Friedrich], Hannikel, oder die Räuber» und Mörderbande, welche in Sulz am Nekar in Verhaft genommen und am 17. Jul. 1787 daselbst justificiert worden. Ein wahrhafter Zigeuner=Roman ganz aus den Kriminal=Akten gezogen. (Mit einem Anhang:) Hannikels und seiner Konsorten lezte Auftritte, als ein Anhang zu seiner Lebens=Geschichte, Tübingen 1787. Wohlverdientes Todes=Urtheil, Sambt einer Abschieds»Rede Des Johann Stachus. München 22. 3. 1752. (Sammlung von 86 Todesurteilen mit Urgichten und .Moralreden', überwiegend aus München, aus dem Zeitraum von 1744-1777. Fundort Staatsbibliothek München). Zufällige Gedanken zum Wohl des Vaterlandes von einem Patrioten über Zucht= und Arbeitshäuser, in: Zufällige Gedanken über Zucht* und Arbeitshäuser, über nützliche Feueranstalten, und über die Gesindeordnung; von einem Patrioten, Augsburg 1782, S. 3-30.

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190

Namenregister Abel, C. L. 12, 133, 134 Abel, J . F. 134 Andreas 80 Arnold, E. 155, 174 Augustin, Marianna (bayerische Schusterin) 85 Ave-Lallement, F. C. B. 9, 33, 108, 132

Dapper, Johann Peter 61 Delitz, Friederike Louise Christiane 49, 92 Doli, Peter (Krämers-Peterle) 57 Dovbusch, Oleksa 119, 120 Dubrowski 119 Duca, Angelo 111, 119 Durner, Anton (Schultoni) 173

Bär, Jacob 114, 133 Bakunin, M. 8 Bamberger, Jörg 57 Bast 90 Bayerischer Hiesel s. Klostermayer, Mathias Beck, August s. auch Krummfingers Balthasar Beck, Nicol 57 Becker, B. 34, 36, 45, 46, 70, 87, 88, 94, 98, 109, 114, 123, 129, 143 Beiz (Wirt) 66, 88 Bierbrauer, J . J. 137 Birkenfelder Bande 46 Blasius, Andreas 128 Bobinger, Xaver 53, 116 Bockreiter 11, 38, 66 Bonifazius (Geiger Faze) 85 Bontebub s. Zeller, Johannes Bosbeck, Adrian 11, 33 Bosbeck, Franz 34 Bosbeck, J a n 11, 33, 92, 123, 129 Brabänter Bande 32, 50 Brill, C. F. 32, 84, 110, 117 Buchbinders-Christel 57 Bückler, Johannes (Schinderhannes) 12, 23, 27, 33, 37, 42, 45 ff., 64, 70, 71, 78, 85, 93, 111, 114, 115, 117, 119. 123, 125, 129, 133, 143 Bünder (Hauptmann) 22 Bürger 13

Eggert, E. 174 Eppelborn (Heppelborn), Jessel 44 Erbeldinger, J a k o b 110 Erdmann 50 Essener Bande 50, 96 Eyl, J . G. 49, 124, 126 Ezechiel J u d a s. Picard, Abraham

Carl, der schöne 49, 51, 92 Caspar, Georg 57 Christensen 71, 122 Christophel, der dicke 96 Dallheimer 114 Damm, M. 104

Falkenberg, C. 17 f., 19, 28 f., 31, 32, 67, 70, 71, 135 Fetzer s. Weber, Matthias Fischer, Johann 49 Fischer, Johann (bayerischer Hansel) 63 Fränkische Bande 39, 40, 49, 96, 149 Frei, Stanus 103 Gaul, Jacob 11, 45, 90 Geigerhannerl 73 Geiger, Faze s. Bonifazius Gosdorf, Low 44 Grasel, J . G. 23, 51, 62, 71, 80 Grasel, der alte 64, 80, 95 Grasmann, Johann Adam 50, 111, 118 Grasmüller 62 Gring, Gottlieb 80, 135 Grolmann, F. L. A. v. 32, 61, 63, 81, 91, 117, 122 Groß, H . 76, 77 Gürtlerische Bande 11, 38, 98 „Gustel" 40 H a a s z 92 Hacker, Franz 51, 93 Halle, Israel 65, 97 Hammer (Amtmann) 67 Hannikel, s. Reinhard, J a k o b Hanns-Jerg, der lahme 85 Hanns-Michel 98

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Harting, Ν . 33, 50, 72 Hecht, Ignatz 93 Heidelmeier, Seb. (der alte Gotschem) 48 Heinze, Anton (Peter Muus) 32, 50, 122 Hergetshausen, Samuel 44 Herrenberger, Joh. Baptist s. Konstanzer Hans Herrgotts Lisel 84 Heß (Obervogt) 103 Hessel, Damian 11, 29, 42, 43, 45, 47, 59, 78, 83, 103, 123,143 Hessen-Bande 96 Heusner, Johann Adam 50, 62, 110, 111, 118 Heyer, Johann (Hans Adam Herzog) 134 Hiesel, bayerischer s. Klostermayer, Mathias Hindmayr, Katharina 99 Hobsbawm, E. 7, 8, 106, 107, 108, 111 Hölzerlips s. Lang, J . P. Holländische Bande 50 Holzgaderer, Georg 66, 67 Holzmaier 93 Hood, Robin 119, 120 Hoos, Jonas 91, 105, 122 Horst, Johann Christoph Peter 12, 49, 51, 92 Hosmann, M. Sigismund 101, 102, 103, 135 Jacob (Jude von Meissenheim) 148 Jacob, Abraham 34 Jacob, Moyses (der alte Jacob) 34, 35, 48, 50, 83 Jennerwein, Georg 119 Jikjak, der scheele 87 Johannes, der schwarze 91, 118 Junker, Martin 92 Kappeler, Joseph 173 K a r g 93 Kefer, Johann Georg 66, 67 Keil 123 Keim, Franz (der schöne Franz) 116 Klemm, Johannes 48, 49, 124 Klostermayer, Mathias oder Matthäus (bayerischer Hiesel) 11, 34, 52 ff., 56, 62, 63, 72, 73, 93, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 110, 111, 115, 116, 117, 119, 130, 132, 133, 138, 139, 143, 144 Kneißl, Mathias 144 Koch, Caspar 89 König, P. A. 39 Köhler, Andres s. Petri, Andreas

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Kötzen, Hanns 57 Kohl, Stefan s. Schamburi, Stefan Kohlhaas, Michael 119 Konstanzer, Hans (Johann Baptist Herrenberger) 11, 50, 83, 84, 97, 100, 101, 103, 110, 117 Krämer, Sebastian 84 Krämers-Peterle s. Doli, Peter K r a f t , G. 58, 88, 92, 99, 109, 118, 129, 136 Krefelder Bande 32, 72, 96 Kröz, Hans 106 Krrummfingers, Balthasar 11, 40, 49, 56 f., 66, 70, 89, 92, 119, 123 Lammers 109 Lang, J. P. (Hölzerlips) 12, 47, 51, 67, 98, 100, 109, 123 Lautner, Anton 48, 124 Lehn, Johannes (Spielhannes) 71, 82 Leibchen Schloß 32, 50 Leutner, Martin 85 Leyendecker 45, 115 Lies 16 Lindmayr 72 List, Nickel 10, 29, 42, 63, 75, 76, 79, 88, 89, 95, 101, 102, 123, 135, 136 Löhner 19 Low, Mosche 39, 89 Low, Moyses 115 Low, Samuel (Low Deuffelgen) 44, 45, 90, 102, 123 Lohmüllers Bande 71, 82 v. Lüder 124 Lutz, Sebastian 98 Madlena 85 Mahr, Egydius 97 Mahr, Lorenz 39, 40, 58, 70, 76, 79, 89, 90, 96, 97, 118, 129, 135 Malefizschenk s. Schenk v. Castell Manefriedrich, Manne Friedrich s. Friedrich Schulz Mariann, die stutzohrende 98 Maier, Andreas 116 Meizel 99 Mergemes, Joseph 37 f. Merker 141 Mersener Bande 32, 50, 72 Metnerwiedl 162 Meyer, Jonas 101, 102 Montgelas 91 Moselbande 46 Moses, Isaac (scheel Mendelchen, Mendelchen Korbe) 81

Mühlknecht, Märtl (Däxl) 66 Müller 94 Müller, Christian 102 Müller, Konrad 16 Müller, Philipp (stumpfarmiger Zimmermann) 15, 16, 74 Muus, Peter s. Heinze, Anton Neußer Bande 32 Neuwieder Bande 45, 50, 94 Niederländische Bande, Niederländer 11, 12, 27, 31, 33 f., 35, 38, 39, 40, 43, 45, 46, 48, 49, 50, 51, 54, 56, 60, 61, 64, 65, 66, 67, 71, 72, 83, 87, 93, 94, 96, 109, 115, 123, 133, 140, 149 Nuß, Hans Peter 135 Odenwälder Bande 47, 97 Ofenloch, Jakob (Schinderhannes) 46 Olbracht, Ivan 119 Orgeres, Bande von 118 Ovelog 48, 124 Pächerl 73 Pante, Christoph 103 Pariser Bande 88 Petri, Andreas (Köhler Andres) 47, 98, 100 Petri, Peter (Wild, der schwarze Peter) 47, 100 Pf äff gen 40, 123 Pfaffenhoffner Resel 162 Pfister 15, 16, 32, 74, 97, 100, 110, 123 Picard, Abraham (Ezechiel Juda) 11, 33, 34, 37 f., 42, 45, 64, 88, 92, 95, 98, 123 Pindray, Peter (Rouchet, Laroche, der .Major*) 33, 78, 123 Plank, Josef 72 Polen-Hänsel 98 Pugatschew 119 Puschkin 119 Rackov 39 Rauscher, Anna Dorothea 128 Rebmann, A. G. F. 18, 42, 45, 59, 63, 78, 143 Reiner 93 Reinhard, Jakob (Hannikel) 11, 39, 90, 111 Reinhard, Johann (Zigeuner Meizel) 90 Rinaldini, Rinaldo 119 Rossignol 110 Roth, F. A. 18, 137

Rouchet s. Pindray Rühler, Liese 90 Rupprecht, Johann Martin 84 Sachsen-Bande, sächsische Bande 58, 88, 92, 96 Safrans, Georg 90 Salmche Schopfloch s. Schweizer, J. Schäffer, G. J. 17, 48, 50, 59, 84, 101, 122, 124, 126, 137 Schamburi, Stefan (Stefan Kohl) 124 Schamste 39, 89, 123 Schedel (Leutnant) 133, 139 Schenk v. Castell (Malefizschenk) 138, 140 Scherer, Jacob (Johann Georg Scherer) 64 Schettinger, Christina 80, 83, 91, 108, 143 Schiemann 94 Schiller, F. 11, 39, 119, 134 Schinderhannes s. Bückler, Johannes Schleiff, J. J. 125 Schleiffer, Bärbel 83, 84 Schleiffer, Tonele 165 Schmuel 102 Schnapsack 98 Schneider, der alte 90 Schneider, Susanna 85 Schöll, J. U. 137 Schreier, Johann Philipp 58, 70, 74, 135, 136 Schuhaj, Nikola 119 Schultoni s. Durner, Anton Schulz, Friedrich (Manne Fr.) 98, 100 Schwan, Friedrich (Sonnenwirthle) 11, 38 f., 40, 41, 61, 64, 66, 80, 83, 89, 91, 103, 110, 117, 119, 123, 133, 134, 145 Schwartzmüller, Johann Georg 56 f., 58, 79, 96, 136 Schwarze, A. 88 Schweizer, J. (Salmche Schopfloch) 156 Schwencken, Κ. P. T. 19, 31, 32, 65, 71, 81, 86, 117, 137, 141 Seibel 70 Seibert 71 Seiffert 58 Sepple 85 Serves, Joseph 71 Sobland, der dicke 158 Sonnenwirthle s. Schwan, Friedrich Spielhannes s. Lehn, Johannes Steinhardt, Johann 171 Still, Anna 85 Stohrer 103 193

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Küther

Strasser (-bräu) 66, 67 Stuhlmüller, K. 32 Thomas, Friedrich Adam (langer Friedrich) 50 Thüringer Bande 56 Tormackische Bande (schwartz Reuter) 58 Tullian, Lips 11, 38, 122 Ulman, Low 33 Unger, Theodor 50 Venturi (Friderich) 123 Vielmetter, Jacob Heinrich (alter Jacob Heinrich) 81 Vogelsberger Bande 50 Vulpius, C. A. 119 Wälderlieselhannes 92

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Wärz, M. 104 Waldmann 32, 50 Weber, Matthias (Fetzer) 11, 34, 37 f., 41, 42, 45, 64, 73, 78, 87, 88, 94, 102, 123 Wehmer, Johann Adam 62 Weiß (Wirt) 11, 64, 65, 70, 92, 93 Weiß-Bande 64, 65, 90, 93 Westphälische Bande 32, 50 Wetterauer Bande 50 Weyers, Adolf 11, 67, 88, 94, 95, 109 Wieland, Andreas 65 Wittich, C. F. 174 Wolfart 92 Zeller, Johannes (Bontebub) 24 Zellnerische Bande 171 Zigeuner Meizel s. Reinhard, Johann Zuckmayer, C. 119 Zülcher, Wilhelm 94

Ortsregister Aachen 11 Adelsdorf (Oberfranken) 70, 75 Alten-Gottern (Sachsen) 70 Altensteig (Württ.) 131 Amsterdam 44 Anried (b. Augsburg) 62 Arnstadt (Thüringen) 57 Aschaffenburg 11, 48, 49, 124 Assen 62 Augsburg 11, 70, 75 Bacham 118 Baden 67,141 Bahlingen (Württemberg) 131 Baldenau (Hunsrück) 57 Ballhausen Klein-, Groß-(Sachsen) 70 Bayern 19, 20 ff., 25, 53, 66, 118, 122, 128, 137, 140 Beltheim (Hunsrück) 90, 91 Bergen (Niedersachsen) 33 Berlin 49, 70, 141 Berneck (Franken?) 25, 49 Bernkastel (Mosel) 70 Beyersdorff 57 Biberach (b. Neu-Ulm) 62 Bicetre, Fort de (Bretagne) 47 Blanckenburg (Thüringen) 70 Börtlingen (b. Göppingen) 103 Bonn 45 Bonsweiher (Odenwald) 118 Boppard 71, 91 Bornhofen (Rhein) 71 Braunschweig 50 Brengemünde (Türingen) 57 Breslau 72 Buch (Hunsrück) 61 Buchloe 84, 99 Burghausen (Obb.) 67 Buttenheiligen (Thüringen) 70 Calw (Württ.) 131 Cannstadt (b. Stuttgart) 90 Cappel (Hunsrück) 71 Celle 75, 88 Coburg 9, 48, 128, 130, 135

Dachau (Obb.) 144 Dachsbach (Mittelfranken) 58, 70, 74, 135, 136 D a r m s t a d t 15, 33, 50, 83, 84 Deggendorf 73 Dettweiler, Dittweiler (Rheinland-Pfalz) 39 Deutz (Köln) 94 D i e t f u r t (Altmühltal) 73 Diettenheim (Iiier) 132, 133 Dijon 78 Dillingen (Donau) 11, 98, 116, 124, 138, 168 D o n a u w ö r t h 33, 124 Donnersberg (Rhein) 70 Dorfeiden (Rhön) 81 Dorla, Ober-, Unter-(Thüringen) 66, 70, 118 D o r u m (b. Bremerhaven) 32 Dresden 11, 58, 72 Düsseldorf 71 Eckardroth, Eckederode (Hessen) 66 Eckartshausen (Rhön) 81 Eich (Rhein) 70 Eichstätt 11, 38, 98 Eisenach 90 Elberfeld 94 Elsaß 25 Engeratshofen (Allgäu) 106 Engers (Rhein) 87 E r f u r t 49 Essen 42 Felldorf (Neckar) 90 Franken, f r ä n k . Kreis 21, 25 F r a n k f u r t (Main) 76, 81 Freiburg (Breisgau) 140 Friedberg (b. Augsburg) 53 Frohnhofen (Hunsrück) 71 Fuchsschwanz (Schwaben) 70 Fürth 70, 75, 135 Gemünd 117 Gera 58, 88 Gießen 71, 91, 122

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Göttingen 48 Gothar 25 Greiz (Thüringen) 58 Grießen (Baden) 85 Groningen 34 Günzburg (Donau) 63 (Den) Haag 33, 34 Hamburg 10, 33, 136 Hamm (Rhein) 70 Hanau 81 Hannover 12, 58 Haßleben (Thüringen) 70 Heidelberg 15, 47, 98 Hermeskeil (Rheinland-Pfalz) 64 Herrenberg (Württ.) 131 Hey deck, Heideck (b. Hilpoltstein) 103 Hildburghausen 39, 40, 56, 58 f., 70, 90, 118, 135 f. Hillscheid (b. Koblenz) 94 Hirschfeldt, Hirschfeld (Hunsrück) 135 Hoxel (Hunsrück) 70 Hunsrück 12, 27, 33, 45, 104 Ingweiler (Saarland) 111 Jülich 109 Kaiserslautern 48, 98 Kaltennordheim (Thüringen) 118 Karlsberg (b. Grünau) 66 Karlsruhe 9, 141 Kassel 65, 79, 97, 136 Kastellaun (Hunsrück) 61, 90, 91, 118, 124, 125, 134 Kilianstädten 81 Kirchberg (Iiier) 90, 132 Kissing (b. Augsburg) 52 Koblenz 9, 16, 115 Kochertürn 66 Königswinter 44 Köstritz 58 Kraiburg (Inn) 66 f. Krumau (Böhmen) 91 Kulmbach 49, 51 Landau (Isar) 72, 118 Langenselbold 82 Langula, Langel (Thüringen) 70 Leipzig 71, 72 Lisberg (b. Bamberg) 70, 75 Ludwigsburg 84, 143 Lübeck 11, 72 Lüneburg 11, 135

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Maastricht 67 Meinhardt (Württ.) 64 Mainz 11, 32, 42, 47, 59 Mannheim 15, 44, 140 Marburg 33, 48 Marolterode, Marode (Thüringen) 66, 70, 118 Mecklenburg 11 Meerssen, Mersen (Holland) 65, 66 Meissenheim 114 Memmingen 80, 135 Mergenthau 52 Mergentheim 72 Merxheim (Rheinland-Pfalz) 114, 133 Möckmühl (Württ.) 90 Monsam (Westerwald) 94 Montabaur 37 Moosburg (Obb.) 85, 128 Moßbach 109 Mühldorf (Inn) 66 f. Mühlhausen (Thüringen) 48 München 9, 53, 66 f., 72, 91, 131, 136 f. Nagold 131 Neuburg (Donau) 33 Neuenburg (b. C a l w ) 131 Neuenstadt (b. Heilbronn) 90 Neuhütten (Hunsrück) 104 Neustadt (b. Coburg) 130 Neuß 73 Neuwied 44, 66, 88, 94 Niederleubach 81 Nieder-Issigheim 81, 82 Nürnberg 70, 75, 135 Oberdischingen (Donau) 137 f. Oberplan (Böhmen) 91 Oberredwitz 70, 75 Odenwald 47, 67 Öhringen (b. Schwäbisch H a l l ) 91 Offenbach 82 Osterzell 133, 139 Ostheim (Röhn) 81 Paderborn 33 Paris 11, 34, 118 Passau 91, 124 Pfaffenhausen (b. Mindelheim) 73 Pfedelbach (b. Schwäbisch H a l l ) 64, 93 Pforzheim 84 Preußen 121 Rastatt 90 Ravensburg 85

Reisbach (b. Landau a. d. Isar) 72 Rieden (Allgäu) 116 Riedenburg (Altmühltal) 73 Rinckmühl (Thüringen) 70 Rodenfels 71 Römhild (Thüringen) 70, 75 Romsthal (Hessen) 66 Rosenfeld (Württ.) 131 Roßdorf (Hessen) 82 Saarlouis 44 Sachsen-Coburg 17, 25 Salerno 119 Salzburg 66, 67, 72, 124 Salzig (a. Rhein) 71 Sassenfarth (b. Bamberg) 70, 75 Scheiditz 76 Schleiz (Thüringen) 58 Schlotheim (Thüringen) 66, 70, 118 Schmalkalden 48 Schramhausen 80 Schwaben, schwäbischer Kreis 17 ff., 21, 33, 39 Schweighof (b. Coburg) 19 Schwerstedt (Thüringen) 70 Seebach (Thüringen) 70 Seibold 81, 82 Sieburg 44 Simmern (Rheinland-Pfalz) 129 Södern 115 Soonwald (Hunsrück) 46 Spessart 48 Spitzenberg (Böhmen?) 91 Stockelsdorf (b. Lübeck) 32 Straßburg 71 Straubing 123

Strauß furth (Thüringen) 70 Stromberg 90 Stuttgart 9, 72 Sulz (Neckar) 17, 48, 50, 84 f., 101, 103, 122, 131, 137 f Täfertingen (b. Augsburg) 55, 73, 103 Tennstädt (Thüringen) 70 Themar (Thüringen) 56, 57, 58, 99 Thiersheim (b. Wunsiedel) 11, 48 f., 124, 126 T h u m 70, 75 Tournai 88 Trier 44 Tübingen 24, 90, 131 Ummerstadt (Thüringen) 135 Unterostendorf (b. Buchloe) 106 Vaihingen (Enz) 133 Vöhringen (Iiier) 133 Weingarten 97 Weinheim (Baden) 47, 74 Wellingen (Saar) 44 Wertingen (b. Donauwörth) 100 Wesel 98 Westendorf (Allgäu) 116 Westfalen 70 Widdern (Württ.) 67 Wildenburg (Rheinland-Pfalz) 44, 70, 90 Wimmerstorf (b. Landau a. d. Isar) 118 Winterburg 118 Wittlich (Mosel) 71 Würges (Taunus) 45 Württemberg 67, 77, 122, 140 Würzburg 81, 135

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Carsten Rüther Menschen auf der Straße Vagierende Unterschichten in Bayern, Franken und Schwaben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts 1983. 173 Seiten mit 3 Karten und 6 Tabellen Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 56

Wir wissen, daß in früheren Jahrhunderten nicht wenige Menschen zeitweilig oder ständig „auf der Straße" lebten. Über das Leben dieser Vagierenden aber wissen wir fast nichts. Was brachte sie dazu, ihren festen Wohnsitz zu verlassen, und wovon lebten sie? Wie vollzog sich der Abstieg von der seßhaften über die wandernde bis hin zur vagierenden Lebensweise, am Ende nicht selten zum Gauner oder Banditen? Gab es die Möglichkeit zur Rückkehr in sozial anerkannte Lebensformen? Und wie verhielten sich seßhafte Bevölkerung und staatliche Obrigkeit gegenüber den Vagierenden? In quellennaher Darstellung, soweit möglich auch einzelne Lebensläufe rekonstruierend, zeichnet Carsten Küther ein Bild der alltäglichen Lebensverhältnisse Vagierender. Sein Buch erschließt der Sozialgeschichte einen kaum erforschten Bereich.

„Der Autor versteht es, ein plastisches Bild der Alltagsrealität Vagierender zu zeichnen, dem die Romantik des freien Lebens auf der Landstraße fehlt und das stattdessen gekennzeichnet ist von Armut, Not, Hunger und Elend, wie der umfangreiche Quellenanhang belegt." Zeitschrift für Volkskunde „Die Arbeit Küthers, der Quellenmaterial in beträchtlichem Umfang zugrunde liegt, versucht eine der traurigsten Erscheinungen im sozialen Gefüge nicht nur des 18. Jahrhunderts zu verdeutlichen. Der erfolgreiche Versuch sowie die Anschaulichkeit der Darlegung verdienen Anerkennung." Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte „Küthers Buch ist ein wertvoller Beitrag zur wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Unterschichtenforschung." Historische Zeitschrift

Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen/Zürich

Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 4. Rolf Engelsing Z u r S o z i a l g e s c h i c h t e d e u t s c h e r M i t t e l - und U n t e r s c h i c h t e n 2., erweiterte Auflage 1978. 341 Seiten 22. D i r k B l a s i u s B ü r g e r l i c h e G e s e l l s c h a f t und Kriminalität Z u r Sozialgeschichte Preußens im Vormärz. 1976. 203 Seiten 3 0 . Christoph K l e ß m a n n P o l n i s c h e Bergarbeiter im Ruhrgebiet 1 8 7 0 - 1 9 4 5 Soziale Integration und nationale Subkultur einer Minderheit in der deutschen Industriegesellschaft. 1978. 306 Seiten mit 33 Tabellen u n d einer Faltkarte 43. W o l f g a n g Renzsch H a n d w e r k e r und Lohnarbeiter in der f r ü h e n Arbeiterbewegung Zur sozialen Basis von G e w e r k s c h a f t e n und Sozialdemokratie im Reichsgründungsjahrzehnt. 1980. 260 Seiten mit 8 Tabellen 48. Neithard Bulst/Joseph G o y / J o c h e n H o o c k ( H g . ) F a m i l i e zwischen Tradition und M o d e r n e Studien zur Geschichte der Familie in Deutschland u n d Frankreich vom 16. bis zum 20. J a h r h u n d e r t . 1981. 328 Seiten 5 1 . W e r n e r K. B l e s s i n g S t a a t und Kirche in der G e s e l l s c h a f t Institutionelle Autorität u n d mentaler Wandel in Bayern w ä h r e n d des 19. J a h r h u n derts. 1982. 422 Seiten 54. Hans-Gerhard Husung P r o t e s t und R e p r e s s i o n im V o r m ä r z N o r d d e u t s c h l a n d zwischen Restauration u n d Revolution. 1983. 385 Seiten 55. H a r t m u t K a e l b l e S o z i a l e M o b i l i t ä t und C h a n c e n g l e i c h h e i t im 19. und 20. J a h r h u n d e r t Deutschland im internationalen Vergleich. 1983. 322 Seiten mit 46 Tabellen u n d 3 Schaubildern 6 2 . U t e Frevert Krankheit a l s politisches P r o b l e m 1 7 7 0 - 1 8 8 0 Soziale Unterschichten in Preußen zwischen medizinischer Polizei und staatlicher Sozialversicherung. 1984. 469 Seiten mit 4 Tabellen 6 3 . M i c h a e l Grüttner Arbeitswelt an der W a s s e r k a n t e Sozialgeschichte der H a m b u r g e r Hafenarbeiter 1886-1914. 1984. 331 Seiten 64. J o s e f M o o s e r Ländliche Klassengesellschaft 1 7 7 0 - 1 8 4 8 Bauern u n d Unterschichten, Landwirtschaft und G e w e r b e im östlichen Westfalen. 1984. 521 Seiten mit 60 Tabellen 67. Rudolf Boch Handwerker-Sozialisten gegen Fabrikgesellschaft Lokale Fachvereine, Massengewerkschaft und industrielle Rationalisierung in Solingen 1870-1914. 1985. 382 Seiten mit 33 Tabellen 69. A n d r e a s G e s t r i c h T r a d i t i o n e l l e J u g e n d k u l t u r und Industrialisierung Sozialgeschichte der J u g e n d in einer ländlichen Arbeitergemeinde Württembergs, 1800-1920. 1986. 259 Seiten mit 11 Tabellen und 12 Schaubildern Bitte fordern Sie das vollständige Verzeichnis Kritische schaft an!

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