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German, French Pages 333 [338] Year 2016
Kulturwissenschaft Franz Steiner Verlag
V I C E V E R S A D eutsch- franz ö si sche Kul turstudi en
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Romain Rolland Ein transkultureller Denker Herausgegeben von Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
Romain Rolland Herausgegeben von Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
V I C E V E R S A Deutsch-fra nzö sische Kul turs tu di e n Herausgegeben im Auftrag des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes von Manfred Schmeling Band 6
Romain Rolland Ein transkultureller Denker – Netzwerke, Schlüsselkategorien, Rezeptionsformen
Romain Rolland Une pensée transculturelle – réseaux, notions clés, formes de réception
Herausgegeben von Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
Franz Steiner Verlag
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Druck: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11547-6 (Print) ISBN 978-3-515-11548-3 (E-Book)
INHALTSVERZEICHNIS Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling Romain Rolland – Aktualität und transkulturelle Dimension seines Werkes. Einleitung ........................................................................................................
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Martine Liégeois Pour le lecteur de 2016: littérature de/sur Romain Rolland disponible en librairie ...............................
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I. ROMAIN ROLLANDS TRANSKULTURELLE NETZWERKE Bernard Duchatelet Romain Rolland et sa correspondance ............................................................
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Jean-Pierre Meylan Romain Rolland, initiateur et victime de réseaux politico-idéologiques ........
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Susann Gundermann-Link Romain Rolland und Hermann Hesse – transkulturelle Weggefährten im Krieg ..........................................................
59
Blaise Wilfert-Portal Un ‚grand cosmopolite‘? Romain Rolland et l’Italie ou les contradictions d’un inter-nationaliste ........
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II. SCHLÜSSELKATEGORIEN, TOPOI UND STEREOTYPE Marina Ortrud M. Hertrampf Jean-Christophe – eine relecture aus transkultureller und intermedialer Perspektive ..................
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Gwenaële Vincent-Böhmer Romans de l’Europe: Jean-Christophe de Romain Rolland et Das Erbe am Rhein de René Schickele ou vie et mort d’un idéal? ............
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Inhaltsverzeichnis
Annette Lensing Krieg erleben, Frieden ersehnen. Völkerversöhnung schaffen? Die Korrespondenz zwischen Romain Rolland und Lilli Jannasch zu Beginn des Ersten Weltkriegs ....................................................................
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Clemens Klünemann Der Intellektuelle im Widerspruch. Romain Rolland und die Macht der Stereotypen – zur Aktualität seiner Kritik des kulturellen Gegensatzes ................................
135
Hans-Jürgen Lüsebrink Concepts, topoï et métaphores des dialogues et contacts interculturels dans l’œuvre de Romain Rolland à la veille et au début de la Première Guerre mondiale (1912–1915) .............
149
III. INTERMEDIALITÄT: KÜNSTE UND KULTUREN IM DIALOG Christiane Solte-Gresser Pazifistisches Engagement in Text und Bild: Romain Rolland und Frans Masereel ..............................................................
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Zbigniew Naliwajek Vouloir comprendre l’autre: Romain Rolland et la Pologne ..........................
185
Fedora Wesseler Erhabener Idealismus oder Opferbereitschaft eines Wahnsinnigen? Zur Figur des Adam Lux im Theater von Romain Rolland (Le Triomphe de la Raison) und Stefan Zweig (Adam Lux) ...........................
197
Rainer Kleinertz Romain Rollands Haendel im Kontext der aktuellen Händel-Forschung ......
211
Stephanie Klauk Die ‚andere‘ Musik neben Beethoven. Europa und Nation in Rollands Musik(geschichts)bild ..................................
227
Inhaltsverzeichnis
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IV. KOMMUNIKATION UND REZEPTION: VOM ZEITZEUGEN ZUR FIKTIVEN GESTALT Roland Marti „Р. Роллан […] Лев Толстой Франции – Romain Rolland est le Tolstoï de la France“ (Maksim Gor’kij) .....................
243
Hans T. Siepe L’Allemagne, les Allemands et les Juifs dans le Journal de Vézelay 1938–1944 de Romain Rolland ..........................
261
Danielle Risterucci-Roudnicky Romain Rolland, un grand auteur de RDA. Transfert – Traduction – Canonisation ...........................................................
273
Manfred Schmeling Kritik der „Menschengüte“. Romain Rolland im Werk von Yvan Goll ......................................................
283
ANHANG Zusammenfassungen (dt.) ...............................................................................
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Résumés (frz.) .................................................................................................
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Autorenverzeichnis .........................................................................................
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Bildnachweis ...................................................................................................
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ROMAIN ROLLAND – AKTUALITÄT UND TRANSKULTURELLE DIMENSION SEINES WERKES Einleitung Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling 1. AKTUALITÄT UND NEUPERSPEKTIVIERUNG Eine Reihe von Faktoren lässt die Beschäftigung mit Romain Rolland heute erneut lohnend erscheinen. Dazu gehört nicht nur das wiedererwachte Interesse an der Zeit des Ersten Weltkriegs als Markstein der intellektuellen und politischen Geschichte und ‚Urkatastrophe‘ des 20. Jahrhunderts. Auch die in jüngerer Zeit edierten Rolland-Korrespondenzen, sein Kriegstagebuch 1938–1944 und weitere Quellen eröffnen einen umfassenderen Blick auf Romain Rolland als Kulturvermittler und Zeitzeuge. Rollands umfangreicher Briefwechsel mit einer Vielzahl von bekannten (u. a. Maksim Gor’kij, Sigmund Freud, Annette Kolb, Malwida von Meysenbug, Ernst Robert Curtius, André Gide, Georges Duhamel, Panaït Istrati) und weniger bekannten Zeitgenossen zeigt ihn als Knotenpunkt der wichtigsten IntellektuellenNetzwerke seiner Zeit und erschließt das geistige Klima einer ganzen Epoche. Allzu lange war der Blick auf Rolland verstellt durch ideologische Konflikte zwischen Ost und West um die Deutung und Vereinnahmung seines Erbes. Inzwischen ist die Zeit nicht nur für einen unparteiischeren Blick auf Rolland, sondern auch für eine Aufarbeitung solcher ideologisch gelenkten Rezeptionsstränge gekommen. Paradigmen wie Kulturtransfer, Kulturvermittlung, Inter- und Transkulturalität erweitern das Spektrum der methodischen Zugänge zu Rollands Denken und Wirken und erlauben es, seine Stellungnahmen in den Wirren seiner Zeit, aber auch die Breite der Rolland-Rezeption präziser zu erfassen. Der vorliegende Band ist aus einer im Herbst 2013 am Frankreichzentrum der Universität des Saarlandes veranstalteten internationalen Tagung hervorgegangen. Er schlägt eine ‚Wiederentdeckung‘ und Neuperspektivierung seines Werkes vor, die sich bewusst von dem Pathos distanziert, mit dem vor allem in der Zwischenkriegszeit, teilweise auch noch nach dem Zweiten Weltkrieg, ein regelrechter Romain-Rolland-Kult betrieben wurde. Inzwischen (2016) sind 100 Jahre seit der Verleihung des Literatur-Nobelpreises vergangen. Rolland ist heute nicht ohne eine historische Rekontextualisierung zu lesen, die den Blick auf größere zeit- und
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Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
ideengeschichtliche Zusammenhänge öffnet und über den Aufweis von Einzelbeziehungen nach Art einer traditionellen Einfluss- und Wirkungsgeschichte weit hinausführt. Für diese neuen Akzentuierungen, besonders in methodologischer Hinsicht, stehen die drei Leitbegriffe des vorliegenden Bandes: Netzwerke, Schlüsselkategorien und Rezeptionsformen. Der Netzwerk-Begriff verweist auf die vielfältigen Beziehungen, die Rolland mit unzähligen Denkern, Literaten und Künstlern seiner Zeit unterhielt, und sucht sie als differenziertes System von persönlichen Kontakten, Soziabilitätsformen, Textsorten und Kulturtransferprozessen zu erfassen und zwar ganz bewusst nicht nur dort, wo Rolland vermittelte, sondern auch dort, wo er hinter seinem eigenen kosmopolitischen Anspruch zurückblieb. Der Begriff der Schlüsselkategorie will vor allem Rollands politisches Denken einer Neulektüre jenseits von überlieferten humanistischen Idealisierungen unterziehen und den Blick auf zentrale sozio-politische und kulturelle Begriffe, Begriffsfelder und Metaphern in seinem Werk lenken, während der Begriff der Rezeptionsformen stärker auf den Aspekt der Vertextung – auch der Fiktionalisierung – von politischem Engagement und lebensweltlicher Erfahrung abzielt. Die Frage der Rezeption wird dabei auf mindestens drei Ebenen relevant: aufgrund von Rollands eigener Auseinandersetzung mit der Literatur, Musik, Kunst und dem Denken seiner Zeit, aufgrund seiner enormen Wirkung, die er auf Kritik und Theorie ausgeübt hat, und drittens, indem er selbst Gegenstand literarischer Auseinandersetzung wird. 2. ZUR BIOGRAFIE UND ZUM WERK ROMAIN ROLLANDS Der Literaturnobelpreisträger Romain Rolland (1866–1944)1 gilt als ‚großer Europäer‘ und neben Schriftstellern wie André Gide oder Stefan Zweig als einer der wichtigsten Vermittler zwischen Deutschland und Frankreich, wie auch zwischen West und Ost im Allgemeinen. Was Gide als Herausgeber der Nouvelle Revue Française war, repräsentierte Rolland für die Zeitschrift Europe, die er 1923 gründete. Zweig bezeichnete ihn einst als „das Gewissen Europas“2. Dieser Stellenwert begleitet Schaffensprozess und Rezeption geradezu klischeehaft. Er beruht auf der Einschätzung, dass Rolland aufgrund seines internationalen Engagements, seines kritischen Urteils und seiner humanistischen Grundeinstellung die Rolle des ‚Intellektuellen‘ in vorbildlicher Weise wahrgenommen habe. Bildeten deutsche Kultur und deutsche Tradition (Goethe, Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel) einen deutlichen Schwerpunkt seiner Interessen, so waren übergeordnete Ziele, wie transnationaler ‚Pazifismus, Kosmopolitismus, Freiheitsliebe und humanistische Ideale, immer mitbestimmend für Leben und Werk. Seine persönlichen Kontakte und sozialen Vernetzungen, von denen eine überwältigende Korrespondenz zeugt, 1 2
Vgl. zu seiner Biografie Duchatelet, Bernard: Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris: Albin Michel, 2002. Zweig, Stefan: Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M.: Fischer, 39 2012, S. 235.
Einleitung
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gehen von Frankreich und der Schweiz aus in alle geografischen Richtungen. Seine Beschäftigung mit außereuropäischen Kulturen, insbesondere mit Indien, beeinflusste seinen Werte-Kodex ebenso wie die vorübergehende Bewunderung der russischen Revolution und des Kommunismus. Seine Gedanken und Ideen bewegen sich zwischen konkret-kritischen Stellungnahmen und quasi-mystischen Abstraktionen, zwischen kulturspezifischen Betrachtungen und dem Glauben an universelle Harmonie und Brüderlichkeit – pathosgeladene Kategorien, die aus der Perspektive des Kolloquiums zu historischer Distanz einladen sollten. Seine Faszination für die deutsche Musik, etwa die Werke Beethovens (Vie de Beethoven, 1903)3, sowie für die Kunstgeschichte (Vie de Michel-Ange, 1905)4, seine Rolle als Autor von teilweise mehrbändigen Romanen (Hauptwerk Jean-Christophe, 1904–1912)5, seine Dramen und Übersetzungen etc. kennzeichnen ihn einerseits als Kunstverständigen und Literaten. Andererseits präsentiert er sich immer wieder als politischer Essayist, als Mahner in Krisenzeiten, wie z. B. in der Aufsatzsammlung Au-dessus de la mêlée (1915)6, deren ursprünglicher Titel – Au-dessus de la haine – gleichsam für den großen moralischen Anspruch seines Gesamtwerks stehen könnte. Hinzu kommen umfangreiche Tagebücher, unter ihnen das 2012 erschienene Kriegstagebuch Journal de Vézelay 1938–19447. Der Schweizer Rolland-Forscher Jean-Pierre Meylan bezeichnet den Autor „als kritischen, bestinformierten Zeitzeugen, der sich in die Reihe großer Tagebuchautoren, wie André Gide, Victor Klemperer, Harry Graf Kessler oder Willi Cohen, einordnen läßt“8. Der Europäer Romain Rolland vermittelt somit ein sehr facettenreiches Bild, nicht nur wegen der Fruchtbarmachung unterschiedlichster Gattungen und Textsorten, nicht nur aufgrund widersprüchlicher Einstellungen (freiheitliches Denken vs. Stalinismus/Kommunismus), sondern auch mit Blick auf eine umfangreiche Forschung, die sich, bedingt durch das kulturpolitische Potenzial der Schriften, durch selektive Aneignungen, ja teilweise ideologische Grabenkämpfe auszeichnet. Die Tatsache, dass Romain Rolland aufgrund seines einstigen Ruhms und seiner ideengeschichtlichen Bedeutung eigentlich zu den ‚Klassikern der Moderne‘ zählt, doch in den einschlägigen Kanons heute oft nur noch peripher auftaucht, bedarf ebenso der Differenzierung wie die Frage nach den Diskursgemeinschaften, die sich im Verlaufe des historischen Prozesses der Rolland-Rezeption in unterschiedlichen Ländern herauskristallisiert haben. Nach dem Ersten Weltkrieg erfreute sich Rolland vor allem in Deutschland großer Sympathie. Die deutsche Besatzungsmacht in Frankreich versuchte ihn in den ersten Kriegsjahren – vergeblich – für ihre Vision einer deutsch-französischen ‚Zusammenarbeit‘ zu vereinnahmen, der sich 3 4 5 6 7 8
Rolland, Romain: Vie de Beethoven, Paris: Hachette, 1903. Rolland, Romain: Vie de Michel-Ange, Paris: Plon-Nourrit, 1905. Rolland, Romain: Jean-Christophe, 10 Bde., Paris: Ollendorf, 1904–1912. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorf [u. a.], 1915. Rolland, Romain: Journal de Vézelay 1938–1944, Paris: Bartillat, 2012. Meylan, Jean-Pierre: Der Plan einer ‚Weltbibliothek‘ von Romain Rolland und seinem Schweizer Verleger und Mäzen Emil Roniger, 1922–1926, in: Librarium. Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen Gesellschaft/Revue de la Société Suisse des Bibliophiles 53/1 (April 2010), S. 3–13, hier S. 3.
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Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
Romain Rolland mit Erfolg zu widersetzen vermochte.9 In den osteuropäischen Staaten, zunächst in der UdSSR, dann in der DDR, wurde sein Werk sozialistisch instrumentalisiert, in Ländern wie Indien, China oder Japan erreichte er eine große Leserschaft und erreicht sie zum Teil immer noch10 – all dies zeigt die Vielgestaltigkeit, aber auch die Konjunkturabhängigkeit seiner Rezeption. 3. METHODISCHE ANSÄTZE UND THEMENSCHWERPUNKTE Wie bei vielen anderen Schriftstellern seiner Zeit ist in Rollands Schaffen der Aspekt des intellektuellen, politischen Engagements mit dem der literarischen, fiktionalen Gestaltung verwoben. Rein ästhetische Ansätze erschließen ebenso wie rein ideengeschichtliche Herangehensweisen nur einen Teil seines Wirkens. Umso wichtiger ist es, methodische Zugänge zu entwickeln, die die Verknüpfung beider Aspekte ermöglichen. In dieser Hinsicht hat sich die verstärkte Zusammenarbeit zwischen kulturwissenschaftlichen – auch kulturgeschichtlichen – Disziplinen und der Literaturwissenschaft, unter Einbeziehung der Interkulturellen Kommunikation und anderer vergleichender und transkulturell ausgerichteter Forschungsrichtungen, als sehr fruchtbar erwiesen. Zugrunde gelegt wird ein Verständnis von Transkulturalität, das im Sinne des Transkulturalitätsbegriffs von Wolfgang Welsch11 nicht von in sich abgeschlossenen ‚Kulturen‘ (etwa der deutschen und der französischen) ausgeht, sondern von einem differenzierten Modell, das Kulturen als grundlegend prozesshaft, dynamisch, grenzüberschreitend und verflochten konzipiert. Vermittlungen, Abgrenzungsvorgänge und Identitätsbestimmungen erscheinen dabei als ‚perspektivisch‘ geprägte Konstrukte, die sich um Ordnung und Orientierung innerhalb dieser Verflechtungen bemühen. Darüber hinaus werden auch methodische Ansätze aus der Kulturtransferforschung (Michel Espagne und Michael Werner)12 und aus der histoire croisée/ 9
Vgl. hierzu Duchatelet: Romain Rolland, S. 366–367, und den Beitrag von Hans Theo Siepe im vorliegenden Band. 10 Vgl. exemplarisch Nakamura, Kaname: Le rayonnement de la pensée rollandienne au Japon, in: Europe 85/952 (Oktober 2007), S. 176–179. Der Band enthält auch Beiträge zur Rezeption Rollands in Indien und in China. 11 Vgl. Welsch, Wolfgang: Transkulturalität. Zur veränderten Verfasstheit heutiger Kulturen, in: Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.): Migration und kultureller Wandel. Themenheft der Zeitschrift für Kulturaustausch 45/1 (1995), S. 39–44. 12 Espagne, Michel: Les Transferts culturels franco-allemands, Paris: PUF, 1999 (Perspectives germaniques); Espagne, Michel/Werner, Michael (Hg.): Transferts. Les relations interculturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècles), Paris: Editions Recherche sur les civilisations, 1988. Vgl. hierzu auch Middell, Matthias: Kulturtransfer und Historische Komparatistik – Thesen zu ihrem Verhältnis, in: ders. (Hg.): Kulturtransfer und Vergleich, Themenheft Comparativ 10/1 (2000), S. 7–41; Lüsebrink, Hans-Jürgen: Les transferts culturels: théorie, méthodes d’approche, questionnements, in: Gin, Pascal/Goyer, Nicolas/Moser, Walter (Hg.): Transfert: exploration d’un champ conceptuel, Ottawa: Les Presses de l’Université d’Ottawa, 2014 (Collection Transferts culturels), S. 25–48; Lüsebrink, Hans-Jürgen: Der Kulturtransferansatz, in: Solte-Gresser, Christiane/Lüsebrink, Hans-Jürgen/Schmeling, Manfred
Einleitung
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histoire connectée (Michael Werner, Bénédicte Zimmermann13, Sanjay Subrahmanyam14) aufgegriffen. Dies bedeutet einerseits mehr Aufmerksamkeit für die materiellen, mentalen und institutionellen Bedingungen des Transfers auf Seiten des Ausgangs- wie des Zielkontextes, andererseits – ganz im Sinne der histoire croisée – eine Doppelung des Verflechtungsaspekts nicht nur auf der Ebene des Gegenstands, sondern auch auf der Betrachter-Ebene, der des methodischen Vorgehens: ‚verflochten‘ werden sollten nicht nur die verschiedenen nationalen bzw. kulturellen Perspektiven auf den ‚Kosmopoliten‘ Romain Rolland (etwa deutsche, französische, schweizerische und osteuropäische), sondern ebenso historische und typologische Herangehensweisen. Damit sollte auch erreicht werden, dass die Vorträge und Diskussionen der Tagung, aus denen die vorliegenden Beiträge hervorgegangen sind, nicht auf stofflich-biografischer Ebene verharren, sondern durch Kontextualisierung und Problematisierung ein Abstraktionsniveau erreichen, das die Romain-RollandForschung weiter voranbringt. Im Anschluss an die Einführungsbeiträge, unter denen der Beitrag von Martine Liégeois (Brèves) eine Bilanz der im französischen Buchhandel und Verlagswesen der letzten Jahre verfügbaren Werke Romain Rollands gibt, umreißt der erste Themenschwerpunkt des vorliegenden Bandes die Problematik der transkulturellen Netzwerke Romain Rollands. Er geht hierbei in erster Linie der Frage nach, in welche über den französischen Sprach- und Kulturraum hinausreichende intellektuelle Netzwerke Rolland eingebunden war. Hiermit verbunden sind die Fragen, in welchen besonderen historischen, kulturellen, sozialen oder auch psychologischen Kontexten diese transkulturellen Netzwerke entstanden sind, welche Rolle Rolland als Kulturvermittler einnahm und in welchen Bereichen er an seine Grenzen stieß. Bernard Duchatelet (Brest) und Jean-Pierre Meylan (Basel) gehen in ihren Beiträgen diesen Fragen in einer auf die vielschichtigen Facetten der Biografie Romain Rollands zielenden Perspektive nach. Bernard Duchatelet beleuchtet ausgehend von dem sehr umfangreichen transkulturellen Korrespondentennetz Rollands und seiner Entwicklung die zunächst in starkem Maße deutsch-französische und europäische Ausrichtung seiner Korrespondenz, die sich in den 1920er-Jahren nach Asien, vor allem nach Indien sowie nach Südamerika und dann am Ende der 1920er-Jahre nach Osteuropa und überwiegend in die UdSSR ausweitete. Angesichts der kosmopolitischen Interessen und der transkulturellen Verbindungen Rollands, die seine Korrespondenz offenlegt und in der lediglich der afrikanische (Hg.): Zwischen Transfer und Vergleich. Theorie und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive, Stuttgart: Steiner, 2013 (Vice Versa. Deutschfranzösische Kulturstudien 5), S. 37–50. 13 Werner, Michael/Zimmermann, Bénédicte: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607–636; Werner, Michael/Zimmermann, Bénédicte: Penser l’histoire croisée: entre empirie et réflexivité, in: dies. (Hg.): De la comparaison à l’histoire croisée, Paris: Seuil, 2004 (Le Genre humain 42), S. 15–49. 14 Subrahmanyam, Sanjay: Connected Histories: Notes Towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia, in: Lieberman, Victor B. (Hg.): Beyond Binary Histories: Re-Imagining Eurasia to c. 1830, Ann Arbor: University of Michigan Press, 1997, S. 289–316.
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Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
Kontinent weitgehend ausgeblendet ist, erscheint die Formulierung Duchatelets berechtigt, die Biografie Rollands umfasse „mehrere sukzessive Lebensläufe“ („plusieurs vies successives“). Jean-Pierre Meylan lenkt in seinem Beitrag den Blick auf die Widersprüche und die radikalen Brüche in der Biografie Rollands, der sich – vor allem unter dem Einfluss seiner zweiten, aus Russland stammenden Frau Marija Pavlovna Kudaševa – vom liberalen und pazifistischen Kosmopoliten zeitweilig zum Anhänger der stalinistischen Sowjetunion gewandelt habe, bevor er in den letzten Jahren seines Lebens, nach der tiefgreifenden Illusion durch den Hitler-StalinPakt 1939 und dem Trauma der Niederlage Frankreichs 1940, weitgehend den Rückzug in die innere Emigration gewählt habe. Susann Gundermann-Link (München) und Blaise Wilfert-Portal (Paris) behandeln in ihren Beiträgen zwei herausragende transkulturelle Verbindungen in Rollands Biografie und Werk: zum einen seine enge, über mehrere Jahrzehnte andauernde freundschaftliche Beziehung mit Hermann Hesse, der seit 1912 mit seiner Familie im Schweizer Exil lebte und mit Rolland nicht nur eine ähnliche pazifistische Einstellung, sondern auch vergleichbare humanistische und kosmopolitische Werte sowie – seit den beginnenden 1920er-Jahren – ein ähnlich gelagertes, intensives Interesse für die Kultur und Spiritualität Indiens teilte. Die Beziehung Rollands zu Italien wird von Blaise WilfertPortal auf mehreren Ebenen beleuchtet: auf der Ebene der persönlichen Kontakte und Netzwerke, die Rolland vor allem zu den mondänen, kosmopolitisch ausgerichteten Kreisen der Salons in Rom und Florenz knüpfte, wo er u. a. die Bekanntschaft von Malwida von Meysenbug machte; dann im Bereich der Rezeption italienischer Autoren durch Rolland und der hieraus resultierenden intertextuellen Bezüge, die ein – trotz aller ostentativen Italienbegeisterung – erstaunliches Desinteresse Rollands an der italienischen Gegenwartsliteratur aufzeigen; und schließlich auf der Ebene seiner Identitäts- und Identifikationsmuster, die sich zumindest während der Epoche seiner Italienaufenthalte und seiner intensiveren Beziehungen zu Italien als deutlich ambivalent darstellen. Unter dem Gesichtspunkt seiner sozialen Netzwerke und der Rezeption, die er in Italien erfuhr, ist Rolland in der Zeit um 1900, so Blaise Wilfert-Portals These, weniger einem transkulturellen Kosmopolitismus als dem anti-kosmopolitischen Vitalismus der Epoche zuzuordnen. Im zweiten Themenschwerpunkt des vorliegenden Bandes stehen Präsenz, Formen und Funktionen nationaler und transnationaler Konzepte, Topoi und Stereotype im Mittelpunkt der Beiträge. Sie gehen von Leitfragen wie den folgenden aus: Welches ‚Europa‘-Konzept vertritt Rolland und welchen Stellenwert haben darin nationale Kulturen und nationale Stereotypen? Ist Rollands Ruf als ‚Intellektueller‘ im Lichte aktueller Intellektuellen-Forschung tatsächlich gerechtfertigt? Bedürfen die transnationalen Ideale Rollands (Universalismus, Brüderlichkeit, Kosmopolitismus etc.) vor heutigem Hintergrund (globale Verbreitung kultureller Güter) nicht einer einschränkenden Historisierung und einer genaueren philologischen Betrachtung? Nicht selten verdichten sich in der Tat die Visionen transkultureller Synkretismen und transnationaler Gemeinsamkeiten bei Rolland zu Metaphern und Metaphernnetzen, etwa wenn es in Rollands Roman Jean-Christophe von der Beziehung Deutschland–Frankreich heißt: „Nous sommes les deux ailes de l’Occident. Qui brise
Einleitung
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l’une, le vol de l’autre est brisé.“15 In Romain Rollands Romanen interagieren und ergänzen sich Erzähltechnik und Fremdperspektive, narrativer Perspektivismus verbündet sich mit Weltanschauung und Ideologie. Marina Ortrud M. Hertrampf (Regensburg/Passau) und Hans-Jürgen Lüsebrink (Saarbrücken) untersuchen in ihren Beiträgen unter diesem Blickwinkel die Verwendung von Topoi und Stereotypen in Rollands Roman Jean-Christophe und dem Essay Au-dessus de la mêlée und zeigen hierbei den ambivalenten Umgang des Autors mit Langzeitstereotypen vor allem der Deutschlandwahrnehmung – wie dem Klischee der ‚beiden Deutschland‘– auf, die teilweise tradiert und reproduziert, aber zugleich an anderen Stellen in engagierter Weise dekonstruiert und infrage gestellt werden. Beide Werke inszenieren zudem, in häufig projektiver und stilisierter Weise, interkulturelle Dialoge, vor allem zwischen Deutschland und Frankreich, sowohl auf der metaphorischen Ebene als auch auf der Ebene der literarischen Darstellung interkultureller Kommunikationssituationen. Gwenaële Vincent-Böhmer (Strasbourg) rückt, ausgehend von der Untersuchung der Korrespondenz zwischen den beiden Autoren, die Beziehungen zwischen dem elsässischen Schriftsteller René Schickele und Romain Rolland in den Blick, die beide die Jahre des Ersten Weltkrieges im Schweizer Exil verbrachten und die eine gemeinsame Vision einer möglichen deutsch-französischen Annäherung verband. Auch hier spielt, bei beiden Autoren, die Verwendung einer im Bildinventar des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende verankerten Metaphorik des ‚Zusammenfließens‘ eine zentrale Rolle, mit der die Topik eines neuen ‚Kosmopolitismus‘ begründet wird. In den Beiträgen von Annette Lensing (Paris) und Clemens Klünemann (Ludwigsburg) stehen die Rolle und das Selbstverständnis Romain Rollands als Intellektueller im Mittelpunkt. Neben seinem durch ein zeittypisches Pathos geprägten intellektuellen Diskurs werden die intellektuellen Soziabilitätsnetze hier exemplarisch beleuchtet: in dem Beitrag von Annette Lensing seine bisher wenig bekannten Kontakte zur deutschen Frauenfriedensbewegung – für die Romain Rolland die Rolle eines Mentors einnahm – und zu einer ihrer führenden Vertreterinnen, Lilli Jannasch; und zum anderen die Distanznahme Romain Rollands zum Netz konservativ-nationalistischer Intellektueller in Deutschland, zu deren Leitfigur Thomas Mann Romain Rolland geradezu leidenschaftlich Distanz bezog und gegen deren „Beschwörung von Partikularismen“ und „Ethnisierung des politischen Denkens“16 er mit Engagement anschrieb. Im dritten Themenschwerpunkt des Bandes, Intermedialität: Künste und Kulturen im Dialog, steht die Frage im Mittelpunkt, in welcher Beziehung die Intertextualität und die Intermedialität der Werke Rollands zur Problematik des Transkulturellen stehen. Stehen ‚fremdkulturelle‘ Texte und Kunstwerke aus anderen Kulturen und Kulturräumen, in seinem Falle musikalische oder bildkünstlerische Werke, nicht nur für ästhetische, sondern eben auch für kulturelle Neugierde – und 15 Rolland, Romain: Jean-Christophe [1905], Paris: Albin Michel, 1972, Bd. 3, S. 455. Vgl. hierzu auch Schmeling, Manfred: Französische Hefe für den deutschen Teig. Studien zur Metaphorik dialogischer Beziehungen: Menschen, Kulturen, Texte, in: Burtscher-Bechter, Beate/Sexl, Martin (Hg.): Dialogische Beziehungen und Kulturen des Dialogs, Innsbruck: Studien Verlag, 2011, S. 187–271, hier S. 242. 16 Vgl. den Beitrag von Clemens Klünemann im vorliegenden Band.
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Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
inwiefern repräsentieren einzelne Künstler wie Beethoven oder Händel bei Romain Rolland eine kollektive, nationalkulturell geprägte Vorstellungs- und Gedankenwelt (vgl. Jean-Christophe)? Christiane Solte-Gresser (Saarbrücken) untersucht mit dem von dem belgischen Künstler Frans Masereel illustrierten Roman Pierre et Luce (1918) ein besonders komplexes – und zugleich ästhetisch gelungenes – Beispiel der intermedialen Verzahnung von Text und Bild, die das pazifistische Engagement der beiden Autoren zum Ausdruck bringt. Asymmetrie und Unvereinbarkeit von Liebesgeschichte und Kriegserfahrung, die im Zentrum des Romans stehen, werden hier sowohl textuell wie visuell ausgelotet, wobei es Masereel meisterhaft gelingt, durch die intermediale (und hiermit verbundene intertextuelle) Dimension dem Leser neue Deutungsspielräume zu eröffnen. Zbigniew Naliwajek (Warschau) verdeutlicht anhand der Beziehungen Romain Rollands zu dem polnischen Komponisten Frédéric Chopin und dem polnischen Dramaturgen Stanislas Wyspiański künstlerische Affinitäten, aber zugleich auch dezidierte Positionierungen und Formen der kritischen Distanznahme, die Romain Rolland zum Futurismus (dem Wyspiański nahestand) bezog. Fedora Wesseler (Lübeck) verbindet in ihrem Beitrag zur Darstellung der Figur des deutschen Jakobiners Adam Lux in zwei Theaterstücken von Romain Rolland (Les Loups, 1898 und Le Triomphe de la Raison, 1899) und dem Drama Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, das Stefan Zweig Ende der 1920er-Jahre verfasste, das aber erst posthum veröffentlicht wurde, die Ebene der persönlichen Beziehungen zwischen den beiden Autoren mit einer interkulturell-rezeptionsgeschichtlichen Fragestellung. Im Gegensatz zu Zweig, der sich in seinem Drama über Adam Lux relativ nahe an die historischen Quellen und Berichten anlehnt, entwirft Rolland eine strikt dem eigenen Gewissen und den eigenen Vorstellungen folgende, in gewisser Hinsicht ‚existenzialistisch‘ gezeichnete Figur des Adam Lux, der Zweig – im interkulturellen Dialog mit Rolland – in der Folge völlig andere Konturen gibt. Die Beiträge von Rainer Kleinertz (Saarbrücken) und Stephanie Klauk (Saarbrücken) schließlich beleuchten die Beziehungen Romain Rollands zur Musik, die in seinem Werk einen zentralen Stellenwert einnimmt. Rainer Kleinertz konfrontiert die aus seiner Sicht immer noch lesenswerte Händel-Biografie Romain Rollands (1910)17 mit den Ergebnissen der neueren musikwissenschaftlichen Forschung und korrigiert einzelne Fakten und Einschätzungen vor dem Hintergrund des aktuellen Forschungsstandes. Stephanie Klauk untersucht Rollands Werk zu Beethoven aus kulturhistorischer Perspektive und rückt, neben der emblematischen Bedeutung Beethovens für das ‚andere Deutschland‘, mit dem sich Romain Rolland zeitlebens identifizierte, seine widersprüchlichen Beziehungen zu italienischen Komponisten und Musikkritikern (wie Fausto Torrefranca) in den Blick, die sein Musikgeschichtsbild, so die These der Autorin, eher als „inter-national denn als kosmopolitisch erscheinen lassen“. Der vierte und letzte Themenschwerpunkt des vorliegenden Bandes ist der Frage der Rezeption des Werkes von Romain Rolland gewidmet und spannt den Bogen von der Rolle Rollands als intellektuell und politisch engagierter Zeitzeuge bis zu seiner Darstellung als literarische Figur. Ausgehend von den Verbindungen 17 Rolland, Romain: Haendel, Paris: Alcan, 1910.
Einleitung
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Romain Rollands zu Lev Tolstoj und Maksim Gor’kij, die sich bei näherem Hinsehen weitgehend als eine von Rolland ausgehende, einseitige und asymmetrische Beziehung erweisen, ist der Beitrag des Slawisten Roland Marti (Saarbrücken) der Rezeption von Rollands Werk in der Sowjetunion gewidmet. Dort zählte es bis zum Ende der UdSSR zu den meist übersetzten Werken der französischen Literatur. Ein ähnlicher Befund der ideologischen Vereinnahmung Romain Rollands ergibt sich aus der Untersuchung von Danielle Risterucci-Roudnicky (Orléans/Berlin) zur Edition und Rezeption der Werke Romain Rollands in der DDR, wo sie über 40 Jahre hinweg in zahlreichen Ausgaben und Auflagen verlegt wurden. Rolland galt in der DDR als „guide moral laïque“ und „grand humaniste français“, dessen zeitweilige Nähe zum Kommunismus eine marxistische Lektüre seines Beethoven-Buches in der DDR ebenso erleichterte wie seine Kanonisierung als sozialistischer Autor, was mit dazu beitrug, dass er nach der Wende auch im wiedervereinigten Deutschland weitgehend in Vergessenheit geriet. Der Beitrag von Hans Theo Siepe (Düsseldorf) lenkt den Blick auf die letzten Lebensjahre Romain Rollands während der Okkupation Frankreichs in den Jahren 1940 bis 1944, die durch die Veröffentlichung seines Journal de Vézelay im Jahre 2012 aus neuer Perspektive erschlossen werden können. Deutlich werden aus der vorgenommenen kritischen Lektüre des Tagebuchs Romain Rollands Resignation in diesen Jahren, sein dezidierter, in gewisser Hinsicht eskapistischer Rückzug in die Privatheit. Sichtbar werden auch Kontinuitätslinien seines Denkens, wie das Konzept der ‚beiden Deutschland‘ und eine zum Teil ambivalente Haltung zum Antisemitismus, die, so Siepe, einem transkulturellen Denken entgegensteht. Aber das Tagebuch belegt auch das partielle Wiederaufleben eines kritischen Widerstandsgeistes vor allem nach 1941, der sich jedoch nicht in politischem Handeln, sondern in der Intimität des Tagebuchschreibens und in der Tatsache äußerte, dass Rolland den Abschluss und die Publikation der letzten Bände seines Beethoven-Buches18 im Kontext der Epoche als einen „Akt des intellektuellen Widerstandes“ ansah. Der Beitrag von Manfred Schmeling (Saarbrücken) schließlich verbindet die Untersuchung der intellektuellen Netzwerke Romain Rollands – hier seiner Beziehungen zu Yvan und Claire Goll, die er im Schweizer Exil kennenlernte – mit der Analyse der Wahrnehmung und fiktionalen Darstellung seines Werkes und seiner Biografie, die anhand des Romans Der Mitropäer (1929) von Yvan Goll beleuchtet wird. Die geradezu pathetische Bewunderung, die Claire und Yvan Goll in den Zeiten des gemeinsamen Schweizer Exils dem Autor von Jean-Christophe und Au-dessus de la mêlée entgegenbrachten, hat sich hier zu einer sarkastischen Distanznahme gewandelt. Sie nimmt seinen angesichts des Aufstiegs der Nationalsozialisten als völlig unzeitgemäß erachteten Pazifismus ebenso ins Visier wie Romain Rollands Entfernung von humanistischen Idealen, die ihn zuvor ausgezeichnet hatten. 18 Rolland, Romain: Beethoven, Bd. 4: La Cathédrale interrompue, 1. La Neuvième Symphonie, Paris: Sablier, 1943; ders.: Beethoven, Bd. 5: La Cathédrale interrompue, 2. Les Derniers Quatuors, Paris: Sablier, 1943; ders. Beethoven, Bd. 6: La Cathédrale interrompue, 3. Finita Comoedia, Paris: Sablier 1945; ders.: Beethoven, Bd. 7: Les Aimées de Beethoven, Paris: Sablier, 1949.
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Hans-Jürgen Lüsebrink und Manfred Schmeling
Die Beiträge des vorliegenden Bandes versuchen somit, den Facettenreichtum von Werk und Biografie Romain Rollands in transkultureller Perspektive zu beleuchten. Sie zeigen in vielfältiger Weise Widersprüche, Ambivalenzen und Bruchstellen auf, die in der Rezeption häufig verdrängt oder – wie in den Übersetzungen und der Kritik seiner Werkes in der UdSSR und der DDR – gezielt verdeckt wurden. Nicht nur das Pathos mancher seiner Werke, sondern auch seine widersprüchlichen Positionen zum stalinistischen Regime in den 1930er-Jahren und zum Antisemitismus u. a. in den beginnenden 1940er-Jahren und schließlich seine Vereinnahmung durch die kommunistischen Regimes des Ostblocks haben dazu geführt, dass er heute in Frankreich – und generell in Europa – das Paradoxon eines ebenso berühmten wie weitgehend vergessenen und kaum noch gelesenen Schriftstellers verkörpert („l’écrivain le plus célèbre qu’on ait le plus oublié“, wie Hans Theo Siepe treffend formuliert). Zumindest Teile seines Werkes verdienen es, aus der Vergessenheit hervorgeholt und neu ediert sowie unter transkulturellen, intermedialen und intellektuellen Blickwinkeln neu und aktualitätsbezogen gelesen zu werden. LITERATURVERZEICHNIS Duchatelet, Bernard: Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris: Albin Michel, 2002. Espagne, Michel/Werner, Michael (Hg.): Transferts. Les relations interculturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècles), Paris: Editions Recherche sur les civilisations, 1988. Espagne, Michel: Les Transferts culturels franco-allemands, Paris: PUF, 1999 (Perspectives germaniques). Lüsebrink, Hans-Jürgen: Der Kulturtransferansatz, in: Solte-Gresser, Christiane/Lüsebrink, HansJürgen/Schmeling, Manfred (Hg.): Zwischen Transfer und Vergleich. Theorie und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive, Stuttgart: Steiner, 2013 (Vice Versa. Deutsch-französische Kulturstudien 5), S. 37–50. Lüsebrink, Hans-Jürgen: Les transferts culturels: théorie, méthodes d’approche, questionnements, in: Gin, Pascal/Goyer, Nicolas/Moser, Walter (Hg.): Transfert: exploration d’un champ conceptuel, Ottawa: Les Presses de l’Université d’Ottawa, 2014 (Collection Transferts culturels), S. 25–48. Meylan, Jean-Pierre: Der Plan einer ‚Weltbibliothek‘ von Romain Rolland und seinem Schweizer Verleger und Mäzen Emil Roniger, 1922–1926, in: Librarium. Zeitschrift der Schweizerischen Bibliophilen Gesellschaft/Revue de la Société Suisse des Bibliophiles 53/1 (April 2010), S. 3– 13. Middell, Matthias: Kulturtransfer und Historische Komparatistik – Thesen zu ihrem Verhältnis, in: ders. (Hg.): Kulturtransfer und Vergleich, Themenheft Comparativ 10/1 (2000), S. 7–41. Nakamura, Kaname: Le rayonnement de la pensée rollandienne au Japon, in: Europe 85/952 (Oktober 2007), S. 176–179. Rolland, Romain: Vie de Beethoven, Paris: Hachette, 1903. Rolland, Romain: Jean-Christophe, 10 Bde., Paris: Ollendorf, 1904–1912. Rolland, Romain: Vie de Michel-Ange, Paris: Plon-Nourrit, 1905. Rolland, Romain: Haendel, Paris: Alcan, 1910. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorf [u. a.], 1915. Rolland, Romain: Beethoven, Bd. 4: La Cathédrale interrompue, 1. La Neuvième Symphonie, Paris: Sablier, 1943. Rolland, Romain: Beethoven, Bd. 5: La Cathédrale interrompue, 2. Les Derniers Quatuors, Paris: Sablier, 1943.
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Rolland, Romain: Beethoven, Bd. 6: La Cathédrale interrompue, 3. Finita Comoedia, Paris: Sablier 1945. Rolland, Romain: Beethoven, Bd. 7: Les Aimées de Beethoven, Paris: Sablier, 1949. Rolland, Romain: Jean-Christophe [1905], Bd. 3, Paris: Albin Michel, 1972. Rolland, Romain: Journal de Vézelay 1938–1944, Paris: Bartillat, 2012. Schmeling, Manfred: Französische Hefe für den deutschen Teig. Studien zur Metaphorik dialogischer Beziehungen: Menschen, Kulturen, Texte, in: Burtscher-Bechter, Beate/Sexl, Martin (Hg.): Dialogische Beziehungen und Kulturen des Dialogs, Innsbruck: Studien Verlag, 2011, S. 187–271. Subrahmanyam, Sanjay: Connected Histories: Notes Towards a Reconfiguration of Early Modern Eurasia, in: Lieberman, Victor B. (Hg.): Beyond Binary Histories: Re-Imagining Eurasia to c. 1830, Ann Arbor: University of Michigan Press, 1997, S. 289–316. Welsch, Wolfgang: Transkulturalität. Zur veränderten Verfasstheit heutiger Kulturen, in: Institut für Auslandsbeziehungen (Hg.): Migration und kultureller Wandel. Themenheft der Zeitschrift für Kulturaustausch 45/1 (1995), S. 39–44. Werner, Michael/Zimmermann, Bénédicte: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607–636. Werner, Michael/Zimmermann, Bénédicte: Penser l’histoire croisée: entre empirie et réflexivité, in: dies. (Hg.): De la comparaison à l’histoire croisée, Paris: Seuil, 2004 (Le Genre humain 42), S. 15–49. Zweig, Stefan: Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M.: Fischer, 392012.
POUR LE LECTEUR DE 2016 : LITTERATURE DE/SUR ROMAIN ROLLAND DISPONIBLE EN LIBRAIRIE1 Martine Liégeois Dans la revue Europe de mai 2013, le professeur Henri Mitterand commence ainsi la recension qu’il donne du Journal de Vézelay paru fin 2012 : Voilà l’occasion de réviser la place de Romain Rolland, sinon dans l’histoire de la littérature, du moins dans l’attention du public moderne. Que lit-on encore de lui ? Le scandale d’Audessus de la mêlée, publié en 1915, qui appelait à raison garder devant le choc des propagandes et des haines collectives dont se nourrissait la Grande Guerre, est oublié, recouvert par le flot des antagonismes idéologiques et politiques qui ont traversé le XXe siècle. Le succès du cycle de Jean-Christophe, qui dépeignait les passions françaises et européennes du début du XXe siècle et opposait à leurs polémiques la spiritualité des âmes d’artistes, n’a guère dépassé les années trente, bousculé par des œuvres plus brutalement lucides sur les horreurs du temps. L’œuvre de Romain Rolland se faisait plus éclectique, alternant les langages du dramaturge, de l’essayiste, du musicologue, du mémorialiste. Porter l’un aux nues, c’était méconnaître les autres. Les fortes voix de l’engagement politique, qui ne laissaient aucune place au doute dans un camp comme dans l’autre, couvraient celle d’un homme de rationalité et d’ouverture à tous les questionnements. La seconde guerre mondiale est venue parachever cet assourdissement. Seule, jusqu’à ces temps derniers, la recherche universitaire rendait à Romain Rolland la place qui lui revient dans l’histoire intellectuelle et artistique du XXe siècle.2
Que lit-on encore de Romain Rolland ? demande le professeur Mitterand. Nous pouvons aussi poser une autre question : de quels ouvrages dispose-t-on pour le lire, lorsque l’on se rend dans une librairie ? Chacun de nous s’est retrouvé, un jour, désappointé, devant des rayonnages d’où le nom de Romain Rolland est absent. Excepté les quelques titres qui seront énumérés plus loin, les lecteurs, les chercheurs ne peuvent se procurer, actuellement, les ouvrages de l’écrivain que par le biais des bibliothèques, municipales ou universitaires, chez les libraires de livres anciens ou d’occasion, sur les sites de vente en ligne. Il ne sera pas abordé, dans ce qui n’est qu’un état des lieux, les causes de la désaffection du public pour l’œuvre de Rolland ; de nombreux spécialistes, s’attachent régulièrement à y répondre. Ne sera pas abordé, non plus, la question des enjeux économiques auxquels sont soumises de grandes maisons d’édition, comme
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Avec ma reconnaissance au professeur Duchatelet pour son amicale relecture. Mitterand, Henri : Notes de lecture, ds. : Europe 91/1009 (2013), p. 370.
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Albin Michel, l’éditeur historique de Rolland. Il s’agira, ici, seulement, d’un recensement des titres dont un lecteur actuel dispose pour relire ou pour découvrir Romain Rolland. 1. ŒUVRES DE ROMAIN ROLLAND Sauf oubli, on peut dénombrer, seulement, une petite trentaine d’ouvrages de Romain Rolland disponibles en librairie. Trois titres seulement semblent avoir été réédités en permanence : Colas Breugnon3, chez Albin Michel, qui, sous des présentations différentes et dans diverses collections, a toujours été republié, La Vie de Ramakrishna4 et La Vie de Vivekananda5, éditées par les Editions Stock en 1929 et 1930. Stock a constamment gardé disponibles à son catalogue ces deux biographies qui bénéficient d’un intérêt ininterrompu du public pour la pensée indoue. (Récemment l’Association Romain Rolland a servi d’intermédiaire entre les Editions Stock et les Editions Vieda, en Lettonie, pour la traduction de ces deux ouvrages.) Chez Albin Michel, dans la collection « Cahiers Romain Rolland » qui avait débuté en 1948, sous l’impulsion de Marie Romain Rolland, on peut encore se procurer certains cahiers (jusqu’à épuisement du stock ?) : – – –
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En plein vol. Correspondance entre Jean de Saint-Prix et Romain Rolland, 19806, L’Un et l’autre I. Correspondance entre Romain Rolland et Alphonse de Châteaubriant. Choix de lettres (1906–1914), 19837, Romain Rolland et la NRF. Correspondances avec Jacques Copeau, André Gide, André Malraux, Roger Martin du Gard, Jean Paulhan, Jean Schlumberger, Gaston Gallimard et fragments du Journal, 19898, Correspondance entre Romain Rolland et Maxime Gorki (1916–1936), 19919,
Rolland, Romain : Colas Breugnon. Bonhomme vit encore [1919], Paris : Albin Michel, 2000. Rolland, Romain : La Vie de Ramakrishna [1929], Paris : Stock, 1977. Rolland, Romain : La Vie de Vivekananda et l’Evangile universel [1930], Paris : Stock, 1977. Rolland, Romain : En plein vol. Correspondance entre Jean de Saint-Prix et Romain Rolland, préface de Pierre de Saint-Prix, Paris : Albin Michel, 1980 (Cahiers Romain Rolland 25). Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de : L’Un et l’autre, t. 1 : Correspondance entre Romain Rolland et Alphonse de Châteaubriant. Choix de lettres (1906–1914), préface de Louis-Alphonse Maugendre, Paris : Albin Michel, 1983 (Cahiers Romain Rolland 26). Rolland, Romain : Romain Rolland et la NRF. Correspondances avec Jacques Copeau, André Gide, André Malraux, Roger Martin du Gard, Jean Paulhan, Jean Schlumberger, Gaston Gallimard et fragments du Journal, présentation et annotation par Bernard Duchatelet, Paris : Albin Michel, 1989 (Cahiers Romain Rolland 27). Rolland, Romain : Correspondance entre Romain Rolland et Maxime Gorki (1916–1936), préface et notes de Jean Pérus, Paris : Albin Michel, 1991 (Cahiers Romain Rolland 28).
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Voyage à Moscou, 199210, ainsi que L’Un et l’autre II. Correspondance entre Romain Rolland et Alphonse de Châteaubriant (1914–1944), 199611.
Cette collection, on peut le rappeler, embrasse la correspondance de Rolland avec l’intelligentsia de son temps : outre les correspondants déjà cités, on trouve Lev Tolstoj, Hermann Hesse, Richard Strauss, Alain, Charles Péguy, Rabindranath Tagore, Mahatma Gandhi, Malwida von Meysenbug, etc. A ce jour, aucune de ces exceptionnelles correspondances n’a fait l’objet d’une réédition en version papier. Certains Cahiers présentent aussi des pages du Journal. Ils manquent au catalogue de l’éditeur. Cette absence de réédition est toute aussi regrettable en ce qui concerne la Correspondance Romain Rolland–Sigmund Freud,12 publiée en 1993 aux Presses Universitaires de France par Henri et Madeleine Vermorel. Cet ouvrage de référence sur les dix années où Freud et Rolland entretinrent des relations épistolaires n’a été repris par aucun autre éditeur, lorsque les PUF ont disparu.13 Dans ce domaine de la psychanalyse, un ouvrage est disponible : les éditions Césura ont livré, en 2000, la Correspondance Romain Rolland–Charles Baudouin14, établie et annotée par Antoinette Blum. Notons que, de 1992 à 2001, le professeur Duchatelet a fait connaître diverses correspondances grâce au Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes de la Faculté des Lettres de Brest, qui sont toujours disponibles : Correspondance Romain Rolland–Lucien et Viviane Bouillé15, en 1992, Correspondance Romain Rolland–Henri Bachelin–André Gide16, en 1994, Correspondance Romain Rolland– Lucien et Mary Haudebert17, en 1998. 10 Rolland, Romain : Voyage à Moscou, juin–juillet 1935, suivi de Notes complémentaires (octobre–décembre 1938), introduction, notes et appendices par Bernard Duchatelet, Paris : Albin Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29). 11 Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de : L’Un et l’autre, t. 2 : Choix des lettres, 1914– 1944, préface et annotations de Louis-Alphonse Maugendre, Paris : Albin Michel, 1996 (Cahiers Romain Rolland 30) 12 Rolland, Romain/Freud, Sigmund : Sigmund Freud et Romain Rolland. Correspondance 1923– 1936. De la sensation océanique au « Trouble du souvenir sur l’Acropole », dir. par Henri Vermorel et Madeleine Vermorel, Paris : PUF, 1993. 13 A ce jour, le Dr. Henri Vermorel nous fait part d’une édition augmentée de nouveaux documents qui aurait trouvé un éditeur. 14 Rolland, Romain/Baudouin, Charles : Correspondance entre Romain Rolland et Charles Baudouin : une si fidèle amitié. Choix de lettres 1916–1944, édition établie, présentée et annotée par Antoinette Blum, avant-propos de Yves Baudouin, Meyzieu : Césura, 2000. 15 Rolland, Romain/Bouillé, Lucien/Bouillé, Viviane : Correspondance 1938–1944, édition établie, présentée et annotée par Bernard Duchatelet, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1992. 16 Bachelin, Henri/Gide, André/Rolland, Romain : Correspondances avec André Gide et Romain Rolland, édition établie, présentée et annotée par Bernard Duchatelet, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1994. 17 Rolland, Romain/Haudebert, Lucien/Haudebert, Mary : Correspondance 1909–1944, édition présentée et annotée par Nathalie Guyader, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1998.
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Il faut attendre 2003 pour voir, aux vitrines des libraires, une nouvelle réédition d’un ouvrage de Romain Rolland : Le Théâtre du Peuple18. C’est sous l’impulsion de Chantal Meyer-Plantureux, qui enseigne les Arts du spectacle à l’Université de Caen, que Complexe, maison d’édition belge, a réédité ce texte fondateur du théâtre populaire, paru en 1903 aux Cahiers de la Quinzaine de Charles Péguy. Toujours en 2003, année du bicentenaire de la naissance d’Hector Berlioz, les mêmes éditions Complexe ont fait paraître, préfacé par Pierre-Jean Rémy, Sur Berlioz19, qui est un chapitre de Musiciens d’Aujourd’hui, datant de 1908. En juin 2005, bénéficiant d’un renouveau d’intérêt du public pour la musique baroque, c’est Haendel20, paru en 1910, qui est réédité par Actes Sud. Cet éditeur qui jouit d’une belle image dans le monde de l’édition a donné une chance supplémentaire à cet ouvrage en choisissant un écrivain contemporain, reconnu du grand public, pour le préfacer : Dominique Fernandez. En septembre de la même année paraît dans la prestigieuse maison Gallimard, sous le titre Claudel–Rolland : Une amitié perdue et retrouvée21, la correspondance entre les deux écrivains, établie, présentée et annotée par le recteur Gérald Antoine et le professeur Duchatelet ; reprenant à quatre mains le projet de ‘mémorial’ que souhaitait Marie Romain Rolland, ils livrent, éclairée par des extraits du Journal, la correspondance échangée entre deux hommes qui, après un demi-siècle d’éloignement, s’étaient fraternellement retrouvés. Et, enfin, en 2007, Albin Michel réédite Jean-Christophe22. L’œuvre emblématique de Rolland n’était plus disponible depuis de nombreuses années. En 2006, la Chancellerie des Universités de Paris, qui gère les droits d’auteur de Romain Rolland, nous avait signalé une réédition de l’œuvre, en portugais, au Brésil.23 En 2009, sont publiées par l’Université de Leipzig sous le titre Survies d’un Juif européen24 les deux correspondances croisées entre Paul Amann d’un côté, Romain Rolland et Jean-Richard Bloch de l’autre, édition établie, présentée et richement annotée par Claudine Delphis. En 2010, année du centenaire de la disparition de Lev Tolstoj, Albin Michel réédite, avec une préface de Stéphane Barsacq, Vie de Tolstoï 25, une biographie parue en 1911 chez Hachette. 18 Rolland, Romain : Le Théâtre du peuple [1903], édité et préfacé par Chantal Meyer-Plantureux, Bruxelles : Complexe, 2003. 19 Rolland, Romain : Sur Berlioz [1908], préface de Pierre-Jean Rémy, Bruxelles : Complexe, 2003. 20 Rolland, Romain : Haendel [1910], préface de Dominique Fernandez, Arles : Actes Sud, 2005. 21 Claudel, Paul/Rolland, Romain : Une amitié perdue et retrouvée, édition établie, annotée et présentée par Gérald Antoine et Bernard Duchatelet, Paris : Gallimard, 2005. 22 Rolland, Romain : Jean-Christophe [1903–1912], préface de Romain Rolland de 1931, Paris : Albin Michel, 2007. 23 Rolland, Romain : Jean-Christophe, trad. par Vidal de Oliveira et Carlos Dante de Moraes, São Paulo : Globo, 2006. 24 Delphis, Claudine : Survies d’un Juif européen. Correspondance de Paul Amann avec Romain Rolland et Jean Richard Bloch, Leipzig : Leipziger Universitätsverlag, 2009. 25 Rolland, Romain : Vie de Tolstoï [1911], préface de Stéphane Barsacq, Paris : Albin Michel, 2010.
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Cette même année 2010, le professeur Hartmut Köhler, alors président de l’Association des Amis de Romain Rolland en Allemagne, traduit pour Aufbau-Verlag à Berlin Pierre et Luce26. A propos de cette réédition, Jean-Pierre Meylan écrivait dans les Cahiers de Brèves : Cette traduction récente d’une œuvre d’à peine 110 pages semble un modeste pas en avant pour reconquérir un public perdu qui, autrefois, vénérait Rolland comme pacifiste et médiateur franco-allemand par excellence.27
Toujours en 2010, un éditeur suisse, Pagine d’Arte, fait paraître dans une collection soignée L’Eclair de Spinoza28, un petit texte de Romain Rolland que l’on trouve dans certaines éditions anciennes, à la suite d’Empédocle d’Agrigente. En 2010, également, paraît à Calcutta The Tower and the Sea29, réédition de la correspondance entre Romain Rolland et Kalidas Nag,30 établie et annotée par le professeur Chinmoy Guha, et, à Barcelone, la réédition en catalan par l’Institut Catalan International pour la Paix de Mahatma Gandhi, paru chez Stock en 1924.31 Cette réédition inaugurait une collection d’ouvrages : Les Classiques de la Paix. Nous arrivons à 2012, où le monde de l’édition, de la littérature, des historiens bruit enfin du nom de Romain Rolland grâce à un éditeur courageux, Bartillat, qui s’est lancé dans l’édition d’une partie capitale du journal inédit de l’écrivain : Journal de Vézelay 1938–194432. C’est Jean Lacoste qui en a établi, présenté et annoté remarquablement l’édition. L’ouvrage salué par une presse unanime connaît un succès considérable et l’éditeur prépare actuellement un sixième tirage de la première édition. Glissons au passage une parenthèse sur le Journal : commencé par Romain Rolland en 1882, il se termine juste quelques jours avant sa mort, le 30 décembre 1944. En 2005, le président de la Bibliothèque nationale de France (BnF) d’alors, Jean-Noël Jeanneney, avait lancé un appel à mécénat pour l’édition complète du Journal. Un des adhérents de l’Association Romain Rolland ayant répondu à cet appel, nous avions été intéressés un temps, avec le professeur Duchatelet, à cette aventure. Quelques chiffres donnés alors par la BnF rendent compte de l’importance de cette œuvre : les seuls carnets représentant le Journal comptent 20 millions
26 Rolland, Romain : Pierre und Luce [1920], traduction et avant-propos de Hartmut Köhler, Berlin : Aufbau-Verlag, 2010. 27 Meylan, Jean-Pierre : Pierre et Luce, une reconquête de Romain Rolland dans les pays de langue allemande ?, ds. : Cahiers de Brèves 27 (2011), p. 46–48, ici p. 46. 28 Rolland, Romain : L’Eclair de Spinoza [1918], Tesserete : Pagine d’Arte, 2010. 29 Rolland, Romain/Nāga, Kālidāsa : The Tower and the Sea. Romain Rolland–Kalidas Nag. Correspondence 1922–1938, édité, annoté et traduit par Chinmoy Guha, New Delhi : Sahitya Akademi, 2010. 30 Rolland, Romain/Nāga, Kālidāsa : Correspondence : The Tower and the Sea, édité, annoté et traduit par Chinmoy Guha, Calcutta : Papyrus, 1996. 31 Rolland, Romain : Mahatma Gandhi [1924], traduit par Octavi Renart, Barcelona : Angle-Institu Català Internacional per la Pau, 2010. 32 Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, établi, présenté et annoté par Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 2012.
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de signes. Chez Laffont, pressenti pour la mise en œuvre de l’édition, il était envisagé pas moins de 6 tomes de la collection Bouquins, chaque tome comptant environ 1 000 pages ! Le projet ne se réalisa pas pour de multiples raisons, tant organisationnelles qu’au final par le désengagement de l’éditeur. Nous fondons maintenant des espoirs sur l’immense intérêt qu’a suscité la parution, en 2012, du Journal de Vézelay, pour que d’autres périodes – comme les ‘années Villeneuve’ où le gotha intellectuel international défilait chez Rolland, les années du compagnonnage avec le parti communiste, c’est-à-dire le laps de temps compris entre le Journal des Années de Guerre33 et le Journal de Vézelay – soient éditées elles aussi. En 2013, ce sont les Editions Payot, qui, pour devancer les célébrations du Centenaire de 1914, font reparaître Au-dessus de la mêlée34, l’ouvrage considéré comme le plus célèbre manifeste pacifiste étant devenu introuvable. L’introduction en a été demandée à Christophe Prochasson et la notice éditoriale à Bernard Duchatelet. Au début de l’année 2014, en mars, l’embellie amorcée par ces deux derniers ouvrages s’accentue avec la parution chez Albin Michel d’une correspondance attendue : Romain Rolland–Stefan Zweig. Correspondance 1910–191935. Une édition établie, présentée et annotée par Jean-Yves Brancy et traduite, pour les lettres écrites en allemand par Zweig, par Siegrun Barat. La presse nationale et spécialisée est unanime pour saluer cette parution. En mars, Les Editions Manucius, à la demande du professeur Roger Dadoun, rééditent Empédocle suivi de L’Eclair de Spinoza36. Ces deux textes sont précédés de Romain Rolland philosophe-poète et de Vers la « divine harmonie » par Roger Dadoun. Novembre 2014 : l’intérêt des éditeurs se porte sur plusieurs rééditions, d’autant que l’œuvre de Rolland s’ouvre au ‘domaine public’ le 1er janvier 2015. C’est Actes Sud avec Musiciens d’autrefois37, préfacé par Gilles Cantagrel, qui ouvre la marche. Puis, les éditions du Temps des Cerises rééditent Liluli et La Révolte des machines38, deux farces allégoriques pour un même ouvrage : Liluli, pièce de théâtre écrite pendant la Grande Guerre et La Révolte des machines, un scénario datant de 1921, qui avait été, comme Liluli, publié aux Editions du Sablier. Les illustrations 33 Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952 (non réédité à ce jour). 34 Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée [1915], préface de Christophe Prochasson, note éditoriale de Bernard Duchatelet, Paris : Payot-Rivages, 2013. 35 Rolland, Romain/Zweig, Stefan : Correspondance 1910–1919, édition établie, présentée et annotée par Jean-Yves Brancy, traduction des lettres allemandes par Siegrun Barat, Paris : Albin Michel, 2014. 36 Rolland, Romain : Empédocle suivi de L’Eclair de Spinoza [1918], précédé de Vers « la divine Harmonie » par Roger Dadoun, Paris : Manucius, 2014. 37 Rolland, Romain : Musiciens d’autrefois. L’opéra avant l’opéra – L’Orfeo de Luigi Rossi – Lully – Gluck – Gréty – Mozart [1908], préface de Gilles Cantagrel, Arles : Actes Sud, 2014. 38 Rolland, Romain : Liluli [1919] et La Révolte des machines [1921], préface de Samuel Dégardin, Paris : Le Temps des Cerises, 2014.
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de Frans Masereel sont reproduites dans cette réédition préfacée par Samuel Dégardin. Novembre 2014, voit aussi l’édition, par les Classiques Garnier, de Romain Rolland et Georges Duhamel. Correspondance 1912–194239, deux hommes face à la crise de civilisation qu’entraîne la Première Guerre mondiale. Il s’agit d’une édition critique de Bernard Duchatelet. En janvier 2015 paraissent deux nouvelles rééditions : Vie de Beethoven40, aux Editions Bartillat, présentation de Jean Lacoste, et Péguy41 aux Editions de La Découverte, avec une préface de Marc Crépon. Là aussi, les articles élogieux parus dans les principaux supports nationaux montrent qu’une vraie redécouverte de l’œuvre de Rolland se fait jour. En septembre 2015 paraît chez Albin Michel le tome 2 de Romain Rolland – Stefan Zweig. Correspondance 1920–192742. Edition de 331 lettres d’une incroyable richesse, due, à nouveau, à Jean-Yves Brancy, en collaboration avec Siegrun Barat. Un troisième tome de cette correspondance est en préparation. L’année 2016 s’ouvre avec, en février, la réédition, par les Editions des Equateurs, du Mahâtmâ Gandhi, paru chez Stock en 1924. La préface a été demandée au philosophe Marc Crépon : « Romain Rolland et Gandhi ! En ces temps troublés, deux voix pour la paix et un refus radical de la violence !... »43. En avril, Wolfgang Kalinowsky édite à compte d’auteur Une amitié européenne. Correspondance Romain Rolland–Malwida von Meysenbug44, plus de 1 400 lettres écrites entre 1890 et 1903. Wolfgang Kalinowsky qui travaille depuis de nombreuses années à l’établissement de cette correspondance souhaitait, sans attendre plus longtemps, livrer aux chercheurs ce formidable matériau de connaissances sur les années de formation de Romain Rolland. L’ouvrage, qui attend un éditeur commercial, est proposé en vente directe dans le réseau des universités et de la communauté rollandienne. Certains titres de l’œuvre de Romain Rolland sont maintenant téléchargeables sur Internet.
39 Rolland, Romain/Duhamel Georges : Correspondance 1912–1942, édition critique par Bernard Duchatelet, Paris : Classiques Garnier, 2014. 40 Rolland, Romain : Vie de Beethoven [1903], présentation de Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 2015. 41 Rolland, Romain : Péguy [1944], préface de Marc Crépon, Paris : La Découverte, 2015. 42 Rolland, Romain/Zweig Stefan : Correspondance 1920–1927, édition établie, présentée et annotée par Jean-Yves Brancy, traduction des lettres allemandes par Siegrun Barat, Paris : Albin Michel, 2015. 43 Rolland, Romain : Mahâtmâ Gandhi [1922], préface de Marc Crépon, Paris : Editions des Equateurs, 2016. 44 Rolland, Romain/Meysenbug, Malwida von : Une amitié européenne. Correspondance Romain Rolland–Malwida von Meysenbug, t. 1 : 1890–1892, t. 2 : 1893–1896 et t. 3 : 1897–1903, édition établie, présentée et annotée par Wolfgang Kalinowsky, Mainz : Wolfgang Kalinowsky, 2016.
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2. OUVRAGES SUR ROMAIN ROLLAND A ces quelques titres de Rolland, énumérés ci-dessus et que l’on trouvera sur les rayonnages des librairies, on doit ajouter la petite liste d’ouvrages sur Rolland. Certes, les innombrables études et analyses antérieures ne sont plus en circulation ;45 il s’agit donc, hormis la biographie de Zweig, d’études récentes. Et ne nous cachons pas que pour que ces études paraissent, leurs auteurs ont dû batailler ferme auprès des éditeurs pour faire accepter leur manuscrit et les convaincre qu’un public intéressé par Rolland répondrait à l’offre. La liste n’est pas longue, là non plus. En 1999 paraît une excellente biographie en anglais : Romain Rolland 46 de Richard Francis, à la fois biographie et étude de l’œuvre, qui intègre les apports récents de la recherche ; l’ouvrage n’élude aucun des problèmes posés par l’évolution idéologique de Rolland ; il évoque la période de Vézelay, se fondant surtout sur les lettres de Rolland à sa sœur, mais l’auteur n’a pu lire le Journal, consultable qu’à partir de l’an 2000. En 2000, Belfond réédite, dans la traduction d’Odette Richez, révisée et préfacée par Serge Niemetz, Romain Rolland 47 de Stefan Zweig, une biographie parue en 1926. Le nom de Zweig, qui jouit d’une cote d’amour très favorable en France, a fait que cette édition fut reprise quelques années plus tard, en 2003, dans la collection « Le Livre de Poche ». C’est un gage de grande diffusion, notamment auprès du jeune public. Mais cette biographie de Rolland s’achève sur l’année 1926. Il aura fallu attendre 2002 pour avoir une biographie complète de Romain Rolland : Romain Rolland tel qu’en lui-même48 par Bernard Duchatelet, aux Editions Albin Michel. L’auteur a pu tenir compte des révélations du Journal, dont les scellés ont été levés en 2000. Cette biographie fait maintenant référence, malgré les nombreuses coupes opérées sur l’ouvrage pour répondre à des impératifs commerciaux. Une traduction en japonais de ce livre par Mitsuhiko Murakami a été éditée en 2011 à Tokyo par les Editions Misuzu.49 En 2003, on relève la parution de Contre la haine50 par Roger Dadoun aux éditions Léo Scheer.
45 On peut toutefois lire certains de ces ouvrages sur Internet : Bonnerot, Jean : Romain Rolland. Sa vie, son œuvre, Paris : Editions du Carnet-Critique, 1921, https://archive.org/details/ romainrollandsavOObonnuoft (27/02/2015) ; Seippel, Paul : Romain Rolland. L’Homme et l’œuvre, Paris : Ollendorff, 1913, que l’on peut même télécharger : http://www.youscribe.com/ catalogue/tous/savoirs/Roùain-rolland-l-homme-et-l-œuvre-1892372 (27/02/2015). 46 Francis, Richard : Romain Rolland, Oxford, New York : Berg, 1999. 47 Zweig, Stefan : Romain Rolland [1926], édition révisée et préfacée par Serge Niemetz, Paris : Belfond, 2000 ; réédition Paris : Librairie générale française, 2003. 48 Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. 49 Duchatelet, Bernard : Roman Ro Run Den 1866–1944 [Romain Rolland tel qu’en lui-même], traduction de Mitsuhiko Murakami, Tokyo : Misuzu-Shobo, 2011. 50 Dadoun, Roger : Contre la haine. L’amitié Hermann Hesse–Romain Rolland, Marseille : Scheer, 2003.
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En 2004 paraît une nouvelle édition (augmentée d’une nouvelle introduction) de l’ouvrage de David James Fisher : Romain Rolland and the Politics of Intellectual Engagement51, initialement édité par l’Université de Californie en 1988.52 Solidement documenté, cet ouvrage est le meilleur sur le terrain, bien délimité par le titre, qui est le sien. Il manque toutefois, ici aussi, un chapitre sur les dernières années de Rolland. En 2007, paraissent dans Europe, sous la direction du professeur Duchatelet, les Actes des premières Journées Internationales Romain Rolland, organisées par l’Association Romain Rolland.53 Symboliquement, nous souhaitions que ce fût la revue initiée par Rolland en 1923 qui présentât le bilan de la recherche rollandienne dressé en 2004 à Vézelay. Cependant, l’Association a dû subventionner Europe pour cette opération, car la fragilité de la revue ne permettait pas à l’éditeur de prendre le risque d’un numéro consacré à un auteur ne faisant plus recette ! En 2010, ce sont les Actes des secondes Journées Internationales qui paraissent aux Publications de la Sorbonne : Romain Rolland, une œuvre de paix54, toujours sous la direction du professeur Duchatelet. Une subvention sera, là aussi, versée pour alléger le prix de l’ouvrage. Toujours en 2010 paraît l’ouvrage Les Mots sous les notes. Musicologie littéraire et poétique musicale dans l’œuvre de Romain Rolland 55 du professeur Alain Corbellari, qui est édité par Droz à Genève et a reçu en Suisse le prix 2013 de la Fondation Pierre et Louisa Meylan. 2011 voit la parution de Romain Rolland, un nouvel humanisme pour le XXe siècle56 de Jean-Yves Brancy. L’ouvrage aborde l’humanisme de Rolland sous l’angle de l’écriture intime, dans une structure éditoriale spécialement créée par l’auteur. Puis, toujours en 2011, Jean-Pierre Valabrègue publie aux éditions L’Harmattan Romain Rolland et la métaphore57, avec une préface du Dr. Henri Vermorel. En 2012, la revue Etudes de Lettres de l’Université de Lausanne publie sous la direction d’Alain Corbellari les Actes du colloque Romain Rolland et la Suisse58,
51 Fisher, David James : Romain Rolland and the Politics of Intellectual Engagement, New Brunswick : Transaction Publishers, 2004. 52 Fisher, David James : Romain Rolland and the Politics of Intellectual Engagement, Berkeley : University of California Press, 1988. 53 Europe. Revue littéraire mensuelle 942 (2007), Dossier Romain Rolland, p. 3–208. 54 Duchatelet, Bernard : Romain Rolland, une œuvre de paix, actes du colloque d’octobre 2008 à Vézelay, Paris : Publications de la Sorbonne, 2010. 55 Corbellari, Alain : Les Mots sous les notes. Musicologie littéraire et poétique musicale dans l’œuvre de Romain Rolland, Genève : Librairie Droz, 2010. 56 Brancy, Jean-Yves : Romain Rolland, un nouvel humanisme pour le XXe siècle. Regard sur l’œuvre épistolaire, Fabas : Un jour peut-être, 2011. 57 Valabrègue, Jean-Pierre : Romain Rolland et la métaphore. La solitude de l’homme de vigie, préface de Henri Vermorel, Paris : L’Harmattan, 2011. 58 Corbellari, Alain : Romain Rolland et la Suisse, actes du colloque d’octobre 2009 à Lausanne, Lausanne : Univ. de Lausanne, 2012 (Etudes de Lettres 291).
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organisé en octobre 2010 par cette université, en partenariat avec l’Association Romain Rolland. Paraît la même année Romain Rolland : théâtre et engagement 59 par Chantal Meyer-Plantureux, aux Presses Universitaires de Caen. Le dernier trimestre 2013, c’est à nouveau de Rolland en tant qu’auteur dramatique dont il est question, avec l’ouvrage de Marion Denizot de l’Université de Rennes : Le Théâtre de la Révolution de Romain Rolland 60, édité par Honoré Champion, tandis que les Editions Universitaires de Dijon, sous la direction du Professeur Duchatelet, publient Romain Rolland et la musique61, Actes des troisièmes Journées Internationales Romain Rolland, consacrées à l’œuvre musicologique de Romain Rolland. En juin 2015, un ouvrage de Nazy Alaie Ahdieh, Romain Rolland, guerre et religion – Rencontre avec la foi baha’ie62, est publié. Tandis qu’en septembre paraissent aux Editions Universitaires de Dijon les Actes du colloque organisé à la Sorbonne en 2014 par l’Association Romain Rolland, à l’occasion du Centenaire d’Au-dessus de la mêlée : Centenaire d’Au-dessus de la mêlée de Romain Rolland 63, sous la direction de Landry Charrier et de Roland Roudil. Si en 2015, le centenaire du prix Nobel de Littérature de Romain Rolland n’a donné lieu qu’à quelques citations dans les médias, ce sont les actes d’un nouveau colloque organisé par l’Association Romain Rolland, à la Sorbonne, en juin 2015, sous la direction de Roland Roudil : Romain Rolland et l’Inde : un échange fructueux64, qui conserveront les traces de cette commémoration nationale. Edités par les Editions Universitaires de Dijon, cette nouvelle publication paraîtra en novembre 2016. On ne peut, toutefois, manquer de signaler l’intérêt qui s’est fait jour chez les universitaires et chez certains écrivains qui de plus en plus fréquemment mentionnent Rolland, le prennent en référence dans leurs ouvrages (cf. Verdi–Wagner65 de Timothée Picard, paru chez Actes-Sud) ou publient des articles dans la revue
59 Meyer-Plantureux, Chantal : Romain Rolland, théâtre et engagement, Caen : PU de Caen, 2012. 60 Denizot-Foulguier, Marion : Le « Théâtre de la Révolution » de Romain Rolland. Théâtre populaire et récit national, Paris : Honoré Champion, 2013. 61 Duchatelet, Bernard : Romain Rolland et la musique, suivi de « Mélusine », scénario inédit de Romain Rolland, actes du colloque d’octobre 2012 à Vézelay, Dijon : Editions Universitaires de Dijon, 2013. 62 Ahdieh, Nazy Alaie : Romain Rolland, guerre et religion – Rencontre avec la foi baha’ie, Paris : L’Harmattan, 2015. 63 Charrier, Landry/Roudil, Roland : Centenaire d’Au-dessus de la mêlée. Actes du colloque d’octobre 2014 à la Sorbonne, Dijon : Editions Universitaires de Dijon, 2015. 64 Roudil, Roland : Romain Rolland et l’Inde : un échange fructueux, Dijon : Editions Universitaires de Dijon (à paraître). 65 Picard, Timothée : Verdi–Wagner : Imaginaire de l’opéra et identités nationales, Arles : Actes Sud, 2013.
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semestrielle de l’Association Romain Rolland66 : Cahiers de Brèves – Etudes Romain Rolland 67. Cette revue, qui reçoit le soutien de la Chancellerie des Universités de Paris, n’a cessé de croître depuis sa création en 1999. Dotée d’un comité de lecture comptant des spécialistes de toutes les disciplines abordées par Rolland dans son œuvre, elle s’attache à publier l’état de la recherche rollandienne en France et à l’étranger, des études critiques d’inédits de Romain Rolland, et promeut les éditions en cours. Les articles sont téléchargeables sur le site de l’association.68 Il s’agissait dans cette intervention de faire le point sur les ouvrages de/sur Rolland disponibles en librairie, mais nous ne pouvons faire l’impasse sur le grand projet des Classiques Garnier – qui s’est mis en place en 2016 – de rééditer l’ensemble de l’œuvre littéraire de Rolland, y compris le théâtre, les écrits politiques et musicologiques (hormis le Journal et les Correspondances), dans un délai évalué à une dizaine d’années.69 Roland Roudil est codirecteur, avec Bernard Duchatelet, de ce projet lancé par Didier Alexandre et Alain Corbellari. 2016 est l’année du cent cinquantenaire de la naissance de Romain Rolland. A l’occasion de cet anniversaire, inscrit aux commémorations nationales, nous organisons, en partenariat avec la Bibliothèque nationale de France, un colloque qui se déroulera en novembre à la BnF et à la Sorbonne : Romain Rolland, musicologue et écrivain de l’intime. Ce colloque, là encore, sera concrétisé par une publication. Une autre publication, sous l’égide de l’Association Romain Rolland, est espérée pour 2017, car elle est prête pour l’édition : la Correspondance Romain Rolland– Jean-Richard Bloch, établie par Roland Roudil et Antoinette Blum. Pour conclure : malgré l’embellie éditoriale que nous avons évoquée, l’augmentation notable des articles publiés sur Rolland et les perspectives d’une vaste réédition de son œuvre par Garnier, nous nous devons de maintenir la pression auprès de l’ensemble des éditeurs – la richesse des écrits disponibles leur ouvre de nombreuses opportunités –, afin que les lecteurs soient, à intervalles fréquents, interpellés par le nom de Romain Rolland dans les médias et à la vitrine des libraires.
66 L’Association Romain Rolland est placée sous la présidence d’honneur du Professeur Bernard Duchatelet. 67 Cahiers de Brèves – Etudes Romain Rolland : revue semestrielle (janvier–juillet), tirage : 600 exemplaires, diffusée par l’Association Romain Rolland auprès de ses adhérents et correspondants dans 24 pays (1 rue Colas Breugnon, 58530 Brèves, tél. : 03 86 24 22 38), ISSN : 1625-659X, directrice de publication : Martine Liégeois. 68 http://www.association-romainrolland.org/ (02/11/2015), rubrique : « Cahiers de Brèves ». 69 Lire le détail de l’opération dans l’entretien avec Roland Roudil : Edition de l’œuvre de Romain Rolland aux Classiques Garnier, ds : Cahiers de Brèves – Etudes Romain Rolland 36 (décembre 2015), p. 14–17. L’article est téléchargeable sur le site de l’Association Romain Rolland : http://www.association-romainrolland.org/image_articles36/Roudil%2036.pdf (09/05/2016).
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BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Ahdieh, Nazy Alaie : Romain Rolland, guerre et religion – Rencontre avec la foi baha’ie, Paris : L’Harmattan, 2015. Bachelin, Henri/Gide, André/Rolland, Romain : Correspondances avec André Gide et Romain Rolland, édition établie, présentée et annotée par Bernard Duchatelet, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1994. Bonnerot, Jean : Romain Rolland. Sa vie, son œuvre, Paris : Editions du Carnet-Critique, 1921, https://archive.org/details/romainrollandsavOObonnuoft (27/02/2015). Brancy, Jean-Yves : Romain Rolland, un nouvel humanisme pour le XXe siècle. Regard sur l’œuvre épistolaire, Fabas : Un jour peut-être, 2011. Charrier, Landry/Roudil, Roland : Centenaire d’Au-dessus de la mêlée, actes du colloque d’octobre 2014 à la Sorbonne, Dijon : Editions Universitaires de Dijon, 2015. Claudel, Paul/Rolland, Romain : Une amitié perdue et retrouvée, édition établie, annotée et présentée par Gérald Antoine et Bernard Duchatelet, Paris : Gallimard, 2005. Corbellari, Alain : Les Mots sous les notes. Musicologie littéraire et poétique musicale dans l’œuvre de Romain Rolland, Genève : Librairie Droz, 2010. Corbellari, Alain : Romain Rolland et la Suisse, actes du colloque d’octobre 2009 à Lausanne, Lausanne : Univ. de Lausanne, 2012 (Etudes de Lettres 291). Dadoun, Roger : Contre la haine. L’amitié Hermann Hesse–Romain Rolland, Marseille : Scheer, 2003. Delphis, Claudine : Survies d’un Juif européen. Correspondance de Paul Amann avec Romain Rolland et Jean Richard Bloch, Leipzig : Leipziger Universitätsverlag, 2009. Denizot-Foulguier, Marion : Le « Théâtre de la Révolution » de Romain Rolland. Théâtre populaire et récit national, Paris : Honoré Champion, 2013. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland, une œuvre de paix, actes du colloque d’octobre 2008 à Vézelay, Paris : Publications de la Sorbonne, 2010. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, traduction de Mitsuhiko Murakami, Tokyo : Misuzu-Shobo, 2011. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland et la musique, suivi de « Mélusine », scénario inédit de Romain Rolland, actes du colloque d’octobre 2012 à Vézelay, Dijon : Editions Universitaires de Dijon, 2013. Europe. Revue littéraire mensuelle 942 (2007), Dossier Romain Rolland, p. 3–208. Fisher, David James : Romain Rolland and the Politics of Intellectual Engagement, Berkeley : University of California Press, 1988 ; New Brunswick : Transaction Publishers, 2004. Francis, Richard : Romain Rolland, Oxford, New York : Berg, 1999. http://www.association-romainrolland.org/ (02/11/2015). Meyer-Plantureux, Chantal : Romain Rolland, théâtre et engagement, Caen : PU de Caen, 2012. Meylan, Jean-Pierre : Pierre et Luce, une reconquête de Romain Rolland dans les pays de langue allemande ?, ds. : Cahiers de Brèves 27 (2011), p. 46–48. Mitterand, Henri : Notes de lecture, ds. : Europe 91/1009 (2013), p. 370. Picard, Timothée : Verdi–Wagner : Imaginaire de l’opéra et identités nationales, Arles : Actes Sud, 2013. Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952. Rolland, Romain : La Vie de Ramakrishna [1929], Paris : Stock, 1977. Rolland, Romain : La Vie de Vivekananda et l’Evangile universel [1930], Paris : Stock, 1977. Rolland, Romain : En plein vol. Correspondance entre Jean de Saint-Prix et Romain Rolland, préface de Pierre de Saint-Prix, Paris : Albin Michel, 1980 (Cahiers Romain Rolland 25). Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de : L’Un et l’autre, t. 1 : Correspondance entre Romain Rolland et Alphonse de Châteaubriant. Choix de lettres (1906–1914), préface de Louis-Alphonse Maugendre, Paris : Albin Michel, 1983 (Cahiers Romain Rolland 26).
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Rolland, Romain : Romain Rolland et la NRF. Correspondances avec Jacques Copeau, André Gide, André Malraux, Roger Martin du Gard, Jean Paulhan, Jean Schlumberger, Gaston Gallimard et fragments du Journal, présentation et annotation par Bernard Duchatelet, Paris : Albin Michel, 1989 (Cahiers Romain Rolland 27). Rolland, Romain : Correspondance entre Romain Rolland et Maxime Gorki (1916–1936), préface et notes de Jean Pérus, Paris : Albin Michel, 1991 (Cahiers Romain Rolland 28). Rolland, Romain/Bouillé, Lucien/Bouillé, Viviane : Correspondance 1938–1944, édition établie, présentée et annotée par Bernard Duchatelet, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1992. Rolland, Romain : Voyage à Moscou, juin–juillet 1935, suivi de Notes complémentaires (octobre– décembre 1938), introduction, notes et appendices par Bernard Duchatelet, Paris : Albin Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29). Rolland, Romain/Freud, Sigmund : Sigmund Freud et Romain Rolland. Correspondance 1923– 1936. De la sensation océanique au « Trouble du souvenir sur l’Acropole », dir. par Henri Vermorel et Madeleine Vermorel, Paris : PUF, 1993. Rolland, Romain/Nāga, Kālidāsa : Correspondence : The Tower and the Sea, édité, annoté et traduit par Chinmoy Guha, Calcutta : Papyrus, 1996. Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de : L’Un et l’autre, t. 2 : Choix des lettres, 1914–1944, préface et annotations de Louis-Alphonse Maugendre, Paris : Albin Michel, 1996 (Cahiers Romain Rolland 30). Rolland, Romain/Haudebert, Lucien/Haudebert, Mary : Correspondance 1909–1944, édition présentée et annotée par Nathalie Guyader, Brest : Faculté des Lettres, Centre d’Etude des Correspondances et Journaux intimes des XIXe et XXe siècles, 1998. Rolland, Romain : Colas Breugnon. Bonhomme vit encore [1919], Paris : Albin Michel, 2000. Rolland, Romain/Baudouin, Charles : Correspondance entre Romain Rolland et Charles Baudouin : une si fidèle amitié. Choix de lettres 1916–1944, édition établie, présentée et annotée par Antoinette Blum, avant-propos de Yves Baudouin, Meyzieu : Césura, 2000. Rolland, Romain : Le Théâtre du peuple [1903], édité et préfacé par Chantal Meyer-Plantureux, Bruxelles : Complexe, 2003. Rolland, Romain : Sur Berlioz [1908], préface de Pierre-Jean Rémy, Bruxelles : Complexe, 2003. Rolland, Romain : Haendel [1910], préface de Dominique Fernandez, Arles : Actes Sud, 2005. Rolland, Romain : Jean-Christophe [1903–1912], traduction Vidal de Oliveira et Carlos Dante de Moraes, São Paulo : Globo, 2006. Rolland, Romain : Jean-Christophe [1903–1912], préface de Romain Rolland de 1931, Paris : Albin Michel, 2007. Rolland, Romain : L’Eclair de Spinoza [1918], Tesserete : Pagine d’Arte, 2010. Rolland, Romain : Mahatma Gandhi [1924], traduit par Octavi Renart, Barcelona : Angle-Institu Català Internacional per la Pau, 2010. Rolland, Romain : Pierre und Luce [1920], traduction et avant-propos de Hartmut Köhler, Berlin : Aufbau-Verlag, 2010. Rolland, Romain/Nāga, Kālidāsa : The Tower and the Sea. Romain Rolland–Kalidas Nag. Correspondence 1922–1938, édité, annoté et traduit par Chinmoy Guha, New Delhi : Sahitya Akademi, 2010. Rolland, Romain : Vie de Tolstoï [1911], préface de Stéphane Barsacq, Paris : Albin Michel, 2010. Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, établi, présenté et annoté par Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 2012. Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée [1915], préface de Christophe Prochasson, note éditoriale de Bernard Duchatelet, Paris : Payot-Rivages, 2013. Rolland, Romain/Zweig Stefan : Correspondance 1910–1919, édition établie, présentée et annotée par Jean-Yves Brancy, traduction des lettres allemandes par Siegrun Barat, Paris : Albin Michel, 2014.
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Rolland, Romain/Duhamel Georges : Correspondance 1912–1942, édition critique par Bernard Duchatelet, Paris : Classiques Garnier, 2014. Rolland, Romain : Empédocle et L’Eclair de Spinoza [1918], précédé de Vers « la divine Harmonie » par Roger Dadoun, Paris : Manucius, 2014. Rolland, Romain : Liluli [1919] et La Révolte des machines [1921], préface de Samuel Dégardin, Paris : Le Temps des Cerises, 2014. Rolland, Romain : Musiciens d’autrefois. L’opéra avant l’opéra – L’Orfeo de Luigi Rossi – Lully – Gluck – Gréty – Mozart [1908], préface de Gilles Cantagrel, Arles : Actes Sud, 2014. Rolland, Romain/Zweig Stefan : Correspondance 1920–1927, édition établie, présentée et annotée par Jean-Yves Brancy, traduction des lettres allemandes par Siegrun Barat, Paris : Albin Michel, 2015. Rolland, Romain : Péguy [1944], préface de Marc Crépon, Paris : La Découverte, 2015. Rolland, Romain : Vie de Beethoven [1903], présentation de Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 2015. Rolland, Romain : Mahâtmâ Gandhi [1922], préface de Marc Crépon, Paris : Editions des Equateurs, 2016. Rolland, Romain/Meysenbug, Malwida von : Une amitié européenne. Correspondance Romain Rolland–Malwida von Meysenbug, t. 1 : 1890–1892, t. 2 : 1893–1896 et t. 3 : 1897–1903, édition établie, présentée et annotée par Wolfgang Kalinowsky, Mainz : Wolfgang Kalinowsky, 2016. Roudil, Roland : Edition de l’œuvre de Romain Rolland aux Classiques Garnier, ds : Cahiers de Brèves – Etudes Romain Rolland 36 (décembre 2015), p. 14–17, http://www.association-romainrolland. org/image_articles36/Roudil%2036.pdf (09/05/2016). Roudil, Roland : Romain Rolland et l’Inde : un échange fructueux, Dijon : Editions Universitaires de Dijon (à paraître). Seippel, Paul : Romain Rolland. L’Homme et l’œuvre, Paris : Ollendorff, 1913, http://www.youscribe. com/catalogue/tous/savoirs/Roùain-rolland-l-homme-et-l-œuvre-1892372 (27/02/2015). Valabrègue, Jean-Pierre : Romain Rolland et la métaphore. La solitude de l’homme de vigie, préface de Henri Vermorel, Paris : L’Harmattan, 2011. Zweig, Stefan : Romain Rolland [1926], édition révisée et préfacée par Serge Niemetz, Paris : Belfond, 2000 ; réédition Paris : Librairie générale française, 2003.
I. ROMAIN ROLLANDS TRANSKULTURELLE NETZWERKE
ROMAIN ROLLAND ET SA CORRESPONDANCE Bernard Duchatelet Ravivant ses souvenirs de jeunesse, Romain Rolland rappelle qu’il se sentait prisonnier de ce qu’il a appelé la « ratoire »1, où il se trouvait comme enfermé. Il évoque aussi les moments où, penché sur le mur qui dominait le canal qui longeait sa maison, il regardait les lourds bateaux en partance pour un monde lointain. Il se sent à l’étroit dans ce monde de province dont il cherche à s’évader, par le rêve, la lecture, la musique. On peut y voir là l’image de ce que sera toute sa vie : un désir d’élargissement dont témoigne son extraordinaire réseau de correspondances. Comment, au fil du temps, celui-ci s’est développé, tel est l’objet de cette contribution : distinguer et caractériser les diverses périodes. Avant la guerre de 1914–1918, le réseau est relativement restreint. On pourrait identifier plusieurs catégories : la famille et les intimes, parmi lesquels les ami(e)s les plus proches ; les professionnels (relations avec les gens de théâtre, les musicologues…) ; ses éditeurs et ses correspondances littéraires… Surtout avec JeanChristophe, ses relations s’élargissent : avec l’Allemagne, la Suisse, l’Angleterre. C’est le début de la création d’un cercle qui, avec le temps, va s’agrandir. Avec la guerre de 1914–1918, le réseau prend de plus en plus d’ampleur. La voix de Romain Rolland se fait entendre au loin, jusqu’en Amérique, et, à partir de la Révolution russe, jusqu’en Russie. Les années d’après-guerre sont l’occasion d’échanges intenses qui s’élargissent à l’Asie (Japon, Chine, et surtout Inde…). Les contacts avec l’Amérique s’intensifient : Etats-Unis, mais aussi Amérique du Sud. Romain Rolland se fait souvent l’intermédiaire et le passeur d’une rive à l’autre du monde. Puis, un temps, il se tourne vers l’URSS. Mais, rentré en France, au moment la guerre de 1939–1945, il se détache de toute action politique. S’il est toujours un Européen, un citoyen du monde, il reprend le mot de Beethoven : « Mein Reich ist in der Luft. » Ses correspondants sont alors tout autres, en accord avec son nouvel état d’esprit. 1. UN BESOIN D’OUVERTURE Très vite Rolland veut étendre le monde dans lequel il vit. Il ne se contente pas du programme classique que ses études lui imposent. A Clamecy, enfant, il aime se plonger dans Shakespeare. A l’Ecole normale il se tourne vers les auteurs étrangers. 1
Voir Rolland, Romain : La Ratoire, ds. : Le Voyage intérieur [1942], Paris : Albin Michel, 1959, p. 19–26.
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Lev Tolstoj devient sa référence et il découvre Fëdor Mixajlovič Dostoevskij. Aux Russes il adjoint les auteurs anglais : George Eliot, Charles Dickens, William Makepeace Thackeray. A la littérature s’ajoute la musique ; avec son ami André Suarès, il assiste à tous les concerts. Wagner est son maître. Il n’hésite pas à se proclamer « Tolstoyen, Wagnérien, Shakespearien »2. Il s’intéresse aussi à la peinture, à la sculpture. Sa curiosité est grande. Il est passionné par « les admirables leçons de Vidal de Lablache »3, avec qui la géographie « devient un poème panthéistique »4. Désireux de se forger son ‘moi’, il montre sa grande ouverture d’esprit et son appétit pour d’autres cultures que la sienne. Ses correspondances de l’époque s’adressent à sa famille, particulièrement à sa mère, et à ses amis proches, le premier de tous étant Suarès. Mais déjà Rolland agrandit ce premier cercle restreint. Il n’hésite pas, en avril 1887, à s’adresser à Tolstoj, puis il récidive en septembre. Autre geste manifeste de cette attitude transculturelle : la lettre indignée envoyée à Camille Saint-Saëns la même année (13 avril) : il y proteste avec vigueur contre l’attitude des antiwagnériens, qui, au nom d’un nationalisme étroit, se liguent pour empêcher les représentations de Wagner. Nous sommes un peu trop les fils de ces pauvres Gaulois, qui se faisaient un point d’honneur de combattre nus et avec de mauvais sabres de théâtre qui se tordaient, au premier coup : car ils ne voulaient rien devoir aux Romains. Nous ne ferions pas mal d’imiter plutôt ces derniers et de prendre aux autres peuples tout ce qu’ils ont de bon.5
« [P]rendre aux autres peuples tout ce qu’ils ont de bon »6, voilà un excellent programme transculturel ! Quand, ensuite, Rolland passe deux années en Italie, sa correspondance s’adresse principalement à sa famille, surtout à sa mère et à son ami Suarès. Mais commence une autre correspondance, avec Malwida von Meysenbug, importante et abondante. Ces lettres italiennes révèlent la curiosité d’esprit de Rolland et l’influence de Malwida sur lui. Il découvre un autre monde, une autre culture ; à sa mère il parle longuement de ses voyages, en Italie et dans les îles, de ses visites dans les musées et de la découverte de la peinture. Avec Malwida il plonge dans l’histoire récente : musique (Richard Wagner) et politique (Giuseppe Mazzini). Rolland poursuit la construction de son ‘moi’, grâce à l’enrichissement culturel que lui apporte l’Italie. Il absorbe une culture autre que la sienne.
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Rolland, Romain : Le Cloître de la rue d’Ulm. Journal de Romain Rolland à l’Ecole Normale (1886–1889), préface d’André George, Paris : Albin Michel, 1952 (Cahiers Romain Rolland 4), p. 228. Rolland : Le Cloître de la rue d’Ulm, p. 202. Rolland : Le Cloître de la rue d’Ulm, p. 203. Rolland : Le Cloître de la rue d’Ulm, p. 113. Rolland : Le Cloître de la rue d’Ulm, p. 113.
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2. LES PREMIERS CERCLES : LES AMI(E)S, LE TRAVAIL A son retour commence une nouvelle période. Après son mariage, il entre dans la vie professionnelle et ses différentes activités l’amènent à développer considérablement le cercle de ses correspondants. L’on peut ici en distinguer diverses catégories. Aux anciens amis viennent s’en ajouter de nouveaux, tel Louis Gillet, qui fut son élève et qui le guide vers Charles Péguy, qui deviendra son premier éditeur. Après son divorce en 1901, Rolland entretient diverses correspondances avec plusieurs femmes, ce qui l’aide à combler le vide sentimental qu’il connaît. Au premier rang, et grâce à la complicité de l’amie allemande, vient la « chère Sofia »7 Guerrieri, dont il avait été secrètement amoureux lors de son séjour au Palais Farnèse. Il y en aura plusieurs autres, surtout au moment de la publication de JeanChristophe8. Avant de parler du romancier, commençons par le dramaturge. Dès le début de sa carrière littéraire Rolland songe au théâtre. Après divers essais, inédits (entre 1891 et 1896), il commence à être joué en 1898 et travaille déjà au ‘cycle de la Révolution’9. Il entretient des correspondances diverses avec des acteurs. Avec Mounet-Sully, avec Lugné-Poe, qui met en scène Aërt10, avec Cora Laparcerie, qui a tenu le rôle d’Aërt. Puis ce furent Les Loups11, Le Triomphe de la raison12. Rolland est en relation avec les acteurs qui ont monté Danton13 en 1900 au Cercle des Escholiers. De même, plus tard, en 1902/1903, il correspondra avec Firmin Gémier, un des promoteurs du théâtre populaire en France, metteur en scène du Quatorze Juillet14. Ajoutons-y les correspondances à propos des réflexions que Rolland mène alors, en 1898/1899, sur le théâtre du peuple15. Vient en tête l’ami Maurice Pottecher, qu’il connaît depuis 1895 et dont il observe le travail à Bussang. S’y ajoutent Lucien Besnard, ami de Gémier, et Eugène Morel, tous deux directeurs de la Revue d’art dramatique, et Henri Beaulieu qui fonde un Théâtre du Peuple (Avenue Clichy, Paris). Il s’agit là de correspondances de travail : mise au point des pièces, détails de présentation, choix des acteurs, discussions sur le rôle du théâtre dans la culture. Certaines d’entre elles seront éphémères. A part celle qu’il adresse au dramaturge
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Rolland, Romain : Chère Sofia. Choix de lettres de Romain Rolland à Sofia Bertolini GuerrieriGonzaga (1901–1908), Paris : Albin Michel, 1959 (Cahiers Romain Rolland 10). Rolland, Romain : Jean-Christophe, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1904–1912. Trois pièces déjà publiées (Les Loups, Le Triomphe de la Raison, Le Quatorze Juillet) furent réunies, avec une préface, sous le titre Théâtre de la Révolution, Paris : Hachette, 1909 (livre repris en 1926 par Albin Michel). Rolland, Romain : Aërt, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1898. Rolland, Romain : Les Loups, Paris : G. Bellais, 1898. Rolland, Romain : Le Triomphe de la raison, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1899. Rolland, Romain : Danton [1899], Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1900. Rolland, Romain : Le 14 juillet : action populaire, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1902. Rolland, Romain : Le Théâtre du peuple, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1903.
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suisse, André Morax, fondateur d’un théâtre populaire, les autres dépassent rarement les frontières. Signalons cependant l’intérêt que Rolland prend à Henrik Ibsen, à qui il écrit une longue lettre à propos de Solness16, et dont, trois ans plus tard, il défend le théâtre auprès de Jules Lemaître, qui ne comprend pas l’auteur norvégien ; Rolland défend le dialogue des cultures. Au dramaturge s’ajoute le musicologue, prioritaire, puisque son travail est l’histoire de la musique. Très tôt, dès 1894, Rolland est en relation avec Julien Tiersot, bibliothécaire au Conservatoire de Paris, qu’il sollicite pour les parties musicales de ses premières pièces du Théâtre de la Révolution. Plus tard, historien de la musique, organisateur avec Jules Combarieu du premier congrès d’histoire de la musique à Paris en 1900, il est amené à s’adresser à de nombreux correspondants, non seulement français, mais aussi étrangers. Par la suite, durant ses années de professorat, il entretiendra, surtout à partir de 1904/1905, une correspondance avec de nombreux musicologues. Citons en quelques-uns : Jean Marnold, critique musical au Mercure de France, Paul Landormy, auteur d’une Histoire de la musique17, avec qui il organise des cours d’histoire de la musique à l’Ecole des Hautes Etudes, Félix Raugel, créateur, avec Eugène Borrel, de la Société Haendel, Robert Brussel, élève de Paul Dukas, membre du comité de rédaction de la Revue d’art dramatique et de la Revue d’histoire et de critique musicale, Lionel Dauriac, professeur de philosophie et d’esthétique musicale, Adolphe Boschot, Paul-Marie Masson, tous deux critiques musicaux. La liste pourrait s’allonger. Rolland gardera le contact avec certains d’entre eux, même après avoir, en 1912, abandonné sa chaire à la Sorbonne. Citons particulièrement Louis Laloy, qui lui a succédé, André Pirro et surtout Henry Prunières. Notons aussi une correspondance, un peu spéciale, avec Esther Marchand, pianiste et critique musicale. Rolland prend contact aussi avec quelques musicologues étrangers : les Italiens Angelo Solerti et Oscar Chilesotti, le Grec Michel Dimitri Calvocoressi, l’Autrichien Guido Adler. Il est aussi en relation, et cela se comprend aisément, avec des musiciens. Il paraît inutile de souligner l’importance de la qualité du dialogue avec Richard Strauss, à qui il essaie de faire comprendre la spécificité de la langue française et les différences de rythmes musicaux. Il s’agit bien là d’un dialogue culturel. Pour d’autres musiciens, jeunes, il s’agit plutôt d’encouragements. Le cas le plus typique est celui de Paul Dupin, avec qui les relations ne seront pas toujours faciles et dont il suivra toute la carrière. Citons aussi Edgar Varèse, dont Rolland oriente et corrige les premiers pas. Il échangera quelques lettres avec Paul Dukas, avec Claude Debussy, avec Vincent d’Indy, avec Maurice Emmanuel, mais la correspondance sera plus suivie avec Charles Koechlin et surtout avec Ernest Bloch et, plus tard, Lucien Haudebert. Curieusement, on ne connaît que peu de lettres échangées avec ses collègues de la Faculté. Il y eut certainement du courrier administratif, comme en témoignent quelques lettres adressées à Charles Lalo, à propos de la soutenance de sa thèse en 16 Ibsen, Henrik : Solness le constructeur : drame en trois actes, Paris : Perrin et Cie, 1909 (Bygmester Solness : skuespil i 3 akter, København : Gyldendal, 1892). 17 Landormy, Paul : Histoire de la musique, Paris : Delaplane, 1910.
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1908. Pour le reste, seules subsistent quelques lettres échangées entre Rolland et Henri Bédier. La correspondance avec le philosophe Alain, qui enseigne en même temps que lui, ne commencera qu’au moment où Rolland sera l’auteur déjà connu de Jean-Christophe. 3. NOUVEL ELARGISSEMENT : JEAN-CHRISTOPHE Cette période ouvre, en effet, un nouvel élargissement dans le réseau des correspondances de Rolland. D’abord les lettres avec ses éditeurs se multiplient, d’autant plus que le romancier est un auteur exigeant ; ses démêlés nombreux avec Péguy ne simplifient pas la tâche : à l’édition des Cahiers de la Quinzaine18 s’ajoutent celle d’Ollendorff et s’ensuivent de nombreuses lettres à Humblot, son directeur littéraire. A cette époque Rolland se fait de nouveaux amis français, avec qui il correspondra longtemps. Voici quelques noms : en 1906, Alphonse de Châteaubriant, qui deviendra vite « l’ami fraternel »19, en 1909 Maurice-Léon Bazalgette, en 1910 Jean-Richard Bloch, en 1911 Henri Bachelin, qu’il conseille, en 1913, Paul Fort, qu’il félicite pour ses Ballades20. Ajoutons-y les peintres : Gaston Thiesson et Simon Bussy, dont il préface, en 1913, le catalogue de son exposition de pastels. Ces correspondances sont plutôt d’ordre amical ou artistique. La lecture de Jean-Christophe lui vaut de nombreux courriers féminins. Sans entrer dans le détail, et en rappelant l’importance du courrier avec Sofia Guerrieri, plusieurs noms retiennent l’attention : Louise Cruppi, femme de lettres, l’Allemande Elsa Wolff, la Néerlandaise Agathe Lucardie, et encore Cosette Padoux en partance pour l’Asie, l’Anglaise Clara Collet, amie du romancier George Gissing, une autre Anglaise, Ethel Sidgwick, romancière, amie de Madeleine Rolland. Plus tard viendront s’ajouter la jeune aristocrate belge Olga de Lichtervelde et l’actrice américaine Helena van Brugh de Kay, dite Thalie, puis Jeanne Mortier, et la princesse russe Marija Kudaševa. De façon générale, elles sont beaucoup plus jeunes que lui et leurs nationalités assez diverses ! Rolland s’intéresse naturellement aux cultures différentes. Peu de ces lettres ont été publiées. A part celles écrites à Sofia Guerrieri, à Elsa Wolff, et à quelques autres, disséminées ici ou là dans des revues, ces correspondances encore inédites méritent cependant d’être connues : elles renseignent sur l’œuvre littéraire, achevée ou en chantier, elles apportent de nombreuses remarques d’ordre général et révèlent bien le projet transculturel de Rolland, en particulier lorsqu’il écrit Jean-Christophe.
18 Les Cahiers de la Quinzaine sont édités par Charles Péguy. Le premier numéro apparaît en 1900, le dernier en 1914, http://www.charlespeguy.fr/cahiers (06/10/2014). 19 Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de/Maugendre, Louis-Alphonse : L’Un et l’Autre II : Choix de lettres 1914–1944, Paris : Albin Michel, 1996 (Cahiers Romain Rolland 30), p. 51. 20 Fort, Paul : Ballades françaises [1896–1958].
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Sans doute, quand il dresse en 1897 ses premiers plans et qu’il établit ses canevas en 1901, Rolland n’envisage-t-il que de montrer un héros qui prend peu à peu conscience de soi-même et de ses forces et atteint, à la fin de sa vie, l’harmonie. Mais très vite le romancier enrichit son projet initial. Son plan du 20 mars 1903 indique déjà qu’il veut faire de son héros un ‘Européen’. Il s’en explique dans une lettre à son amie italienne : Moi, je rêve d’une conscience pacifiée, plus vaste, embrassant les autres consciences des autres races et des autres religions, – d’une petite Europe harmonieuse, riche de toutes les forces des nations, – d’une symphonie de ce qu’il y a de plus grand et de plus intime dans chaque peuple. – Ce fut le rêve de Goethe et de ses amis.21
Ambition vite dépassée : « Je suis un Européen, et même – le mot Européen est trop étroit –, je suis un ‘Weltbürger’, un citoyen du monde. »22 Sans cesse il plaide cette cause, au cœur de son livre. Il ne se prive pas d’en parler aux critiques avec lesquels il aime entrer en contact, les remerciant pour leurs articles : certains musicologues, tel Jean Marnold, mais surtout les critiques littéraires (parmi les plus connus : Jules Bertaut, Samuel Rocheblave, Gaston Sauvebois, Lucien Maury), sans compter les écrivains (le philosophe Alain, Marc Elder, qui écrira un essai sur lui, et Jean Bonnerot, auteur de deux ouvrages). Mais l’élargissement le plus important du cercle des correspondants à l’époque de Jean-Christophe concerne les étrangers. Deux éléments y concourent : la traduction de l’œuvre et la critique qui en est faite. C’est de Suisse que lui vient le premier témoignage : le 2 juillet 1905, Paul Seippel publie dans le Journal de Genève23 un compte rendu du premier volume de Jean-Christophe. Rolland le remercie aussitôt ; ainsi débute une longue correspondance. Plus tard, il prend contact avec Charles Ferdinand Ramuz, qui, sous le pseudonyme de Julien Loup, rend compte de La Révolte24 dans La Semaine littéraire25 de Genève. De Grande Bretagne lui vient un témoignage précieux, d’Herbert George Wells, dont il a lu, en 1911, le manifeste littéraire ; bel exemple d’ouverture transculturelle : « nous collaborons à un des plus beaux mouvements de l’Europe moderne »26. Viennent ensuite, assez diversifiées, des correspondances avec les Italiens, particulièrement, dès 1908, avec les écrivains et critiques Giuseppe Prezzolini et Giovanni Papini, fondateurs de Leonardo, puis de La Voce. Il s’adresse aussi à Ardengo Soffici, peintre et écrivain d’art, fondateur de la revue littéraire Lacerba, à Gaetano 21 Rolland : Chère Sofia, p. 165. 22 Rolland, Romain : « Extrait d’une lettre de Romain Rolland à Cosette Padoux (décembre 1905) », ds. : Bulletin de l’Association des Amis de Romain Rolland 66 (décembre 1963), p. 34. 23 Seippel, Paul : « Jean Christophe » par Romain Rolland, ds. : Journal de Genève, 02/07/1905, p. 1, http://www.letempsarchives.ch/Repository/ml.asp?Ref=SkRHLzE5MDUvMDcvMDIjQXIw MDEwMQ==&Mode=Gif&Locale=french-skin-custom (14/10/2014). 24 Rolland, Romain : Jean-Christophe, t. 4 : La Révolte, Paris : Ollendorff, 1907. 25 Loup, Julien : Causerie littéraire – Jean-Christophe, ds. : Semaine littéraire, 23/02/1907, p. 87– 90. 26 Rolland, Romain : Un beau visage à tous sens : choix de lettres de Romain Rolland, 1866– 1944, Paris : Albin Michel, 1967 (Cahiers Romain Rolland 17), p. 96.
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Salvemini, professeur à l’Université de Florence, proche des milieux libéraux, fondateur de L’Unita. Commence à ce moment-là la correspondance avec le Danois Georg Brandes. Aux critiques, aux écrivains s’ajoutent entre 1910 et 1913 les traducteurs. Rolland entre en contact, en 1910, avec Gilbert Cannan, romancier lui-même et dramaturge, pour une édition en anglais de Jean-Christophe, et en 1911 avec Otto Grautoff, puis avec Paul Amann pour des éditions en allemand. Ajoutons-y, pour l’Europe, les éditions espagnole, polonaise, russe, suédoise, et en Amérique l’importante édition chez Holt, sans compter, plus tard après 1916, les éditions italienne, hollandaise, polonaise et hongroise. Notons spécialement les dialogues qui s’amorcent dès 1910 avec l’Autrichien Stefan Zweig et, en 1912, avec l’Allemand Ernst Robert Curtius, professeur d’université et critique littéraire, soucieux de faire connaître la littérature française de son époque. Avec tous ces correspondants, écrivains, critiques, traducteurs, Rolland pouvait non seulement expliquer le sens de son œuvre, mais en tant qu’intermédiaire entre diverses cultures, poursuivre inlassablement le dialogue pour une meilleure compréhension entre les peuples. 4. UNE DIMENSION EUROPEENNE : LA GUERRE Quand survient la guerre, le cercle des correspondants prend une dimension nouvelle. L’écrivain laisse la place à l’homme engagé dans l’histoire de son temps. Rolland garde, évidemment, le contact avec sa famille et ses amies ; les lettres ne manquent pas avec ceux avec qui il est déjà en rapport et qui le soutiennent : Amédée Dunois, Henri Guilbeaux, Gaston Thiesson, Georges Pioch. Mais, au cours de ces années, s’ajoutent de nouvelles amitiés, au premier rang desquelles il faut placer celles de Marcel Martinet, Fernand Desprès, Pierre Jean Jouve, Jean Salives (dit Claude Le Maguet). Viendront encore René Schickele, Jean de Saint-Prix, René Arcos, créateur avec Frans Masereel des éditions du Sablier, et Maurice Wullens. La correspondance change de ton. Il s’agit d’entrer dans la bataille pour garder l’esprit libre dans la confusion des idées et de plaider la cause pacifiste. Mais ses contacts se développent surtout avec les Suisses. S’il n’écrit pas beaucoup à Gustave Ador, Président de l’Agence centrale des prisonniers de guerre à Genève, il n’en est pas de même avec la famille Ferrière, avec laquelle la correspondance se poursuivra bien après la guerre. Rolland est surtout en relations avec les pacifistes, en premier lieu Edmond Privat, et de nombreux pasteurs, comme Paul Pettavel (L’Essor). Il est en contact épistolaire avec nombre de directeurs de revues et de journalistes : Paul Graber (La Sentinelle), Jean Debrit (La Feuille), Edouard Korrodi (Neue Zürcher Zeitung), leader socialiste de la Suisse romande. N’oublions pas les plus importants : Georges Wagnière (Journal de Genève), Charles Bernard (Revue Mensuelle). On pourrait allonger la liste, avec la Ghilde des Forgerons (La Forge) et Edmond Gilliard (Les Cahiers vaudois). Rolland se crée de nouveaux amis, tel Charles Baudouin, qui fonde Le Carmel et les Cahiers de Psychagogie, et de nouveaux correspondants : les écrivains Carl Spitteler et Hermann Hesse, le
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naturaliste Auguste Forel, le philosophe René Claparède, le médecin aliéniste Alphonse Maeder. Auprès de tous (et la palette est large et les sujets divers) il plaide la cause de la compréhension mutuelle entre les cultures différentes. Il en est de même avec les journalistes étrangers ; il suffit de feuilleter le Journal des années de guerre27 pour en énumérer quelques noms : l’Anglais Clement Bundock, les Allemands Hermann Fernau, Georg Friedrich Nicolai, Lilli Jannasch et son Bund Neues Vaterland. Notons l’importance en 1915 de la correspondance avec Zweig, avec Albert Einstein, avec Annette Kolb qui n’a cessé d’œuvrer pour le rapprochement franco-allemand. Au-dessus de la mêlée28, tardivement connu en France, traduit partout en Europe, a été repris en Amérique. La pensée de Rolland s’étend aux dimensions de l’univers. Le drame franco-allemand s’estompe. Rolland cherche une solution plus large, d’autant plus qu’entrent en scène d’autres puissances : les Etats-Unis et la Russie. Rolland fait confiance à une Amérique nouvelle. Il n’hésite pas à écrire au Président Wilson. Déjà en contact avec Lucien Price, il s’adresse à Waldo Frank, à Max Eastmann. Il fait la connaissance d’émigrés russes, Nikolaj Rubakin, Pável Ivánovič Birjukóv, l’ami et le biographe de Tolstoj, Anatolij Vasil’evič Lunačarskij, qui lui demande de publier la traduction de certains de ses articles et lui propose de collaborer à une revue fondée par Maksim Gor’kij. Il rencontre Elsa Hartoch, d’origine russe, secrétaire d’Adolphe Ferrière, qui deviendra une grande amie. Le cercle des correspondants s’agrandit : Maski, revue polonaise, se propose de publier ses articles. Rolland en profite pour faciliter les contacts et répandre ses idées. 5. DE NOUVEAUX CONTINENTS : ASIE, AMERIQUE Bientôt convaincu que la civilisation européenne n’est qu’une des expressions de l’âme humaine et qu’elle n’a aucun monopole, il se tourne vers l’Asie. Impressionné, en février 1915, par un article d’Ananda Coomaraswamy « Une politique mondiale pour les Indes »29, qui évoquait la nécessaire « coopération de l’univers entier dans l’évolution d’une nouvelle humanité, à la fois nationale et internationale »30, il en reprend l’idée. La guerre terminée, il s’emploie à regrouper les esprits internationalistes et s’efforce de rassembler tous ceux qui, en France et dans le monde, veulent sauvegarder l’Esprit libre. Sa « Déclaration d’Indépendance de l’Esprit »31 le met ainsi en rapport avec de nombreux correspondants nouveaux. Parmi eux Henri Barbusse et son 27 Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe et de ce temps, texte établi par Marie Romain Rolland, Paris : Albin Michel, 1952. 28 Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Ollendorff [etc.], 1915. 29 Coomaraswamy, Ananda K. : Une politique mondiale pour les Indes, ds. : The New Age 16/8 (1914), p. 192–193. 30 Rolland, Romain : Inde : Journal (1915–1943), Paris : Albin Michel, 1960, p. 11. 31 Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26/06/1919), p. 1.
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entourage, ce qui l’entraînera dans un débat idéologique par revues interposées, Clarté et L’Art libre de Paul Colin. Il est toujours en contact avec ses traducteurs et en ajoute de nouveaux (Marcel Benedek, en Hongrie). Il s’intéresse pour ainsi dire à toutes les cultures comme le montrent, par exemple, ses nombreuses correspondances avec des Polonais. Mais sa grande préoccupation, une fois réglées ses discussions avec Barbusse, est l’Asie. Alors qu’il écrit son Gandhi32, il entre en relation avec Rabindranath Tagore et son fidèle ami Kalidas Nag. Il songe à créer avec l’éditeur suisse Emil Roniger une Weltbibliothek (Bibliothèque mondiale), où doivent se retrouver entre eux les écrivains d’Europe et d’Asie. De même, il encourage Arcos et Colin à fonder une revue – ce sera Europe. Il tente d’y intéresser Georges Duhamel avec qui il reprend une correspondance interrompue par la guerre. Pour se faire une idée de l’abondance des nouvelles relations épistolaires durant ces dix années où Rolland se tourne résolument vers l’Asie et qu’il travaille à son Essai sur la mystique et l’action de l’Inde vivante33 avec les Vies de Ramakrishna (t. 1) et de Vivekananda (t. 2), il suffit de consulter le site Internet de la Bibliothèque nationale de France34 indiquant tous les documents bibliographiques concernant l’Inde. On y découvre les nombreux ouvrages envoyés par des Indiens, accompagnés d’une dédicace manuscrite ; on peut penser que Rolland a répondu à ces envois. L’on connaît bien sa correspondance et ses rencontres avec Gandhi et Tagore, et l’action de leur ami Charles Freer Andrews, missionnaire anglais. Ajoutons-y les relations avec le musicien Dikip Kumar Roy, le physicien et botaniste Jagadish Chandra Bose, ce qui montre le large intérêt porté à toutes les formes de culture. Le journal Inde indique l’envoi de nombreuses lettres venues d’Inde : de S. Ganesan, l’éditeur de Gandhi, du professeur Dattatreya Balkrishna Kalelkar et de combien d’autres. Sans compter les nombreuses visites qu’il reçoit à Villeneuve et qui ont dû être l’objet de lettres non connues. Il faudrait ajouter que Rolland est en contact avec des Japonais et des Chinois. Viennent en premier lieu ses traducteurs Toshihiko Katayama et surtout Masakiyo Miyamoto, qui créa à Kyoto l’important Centre culturel Romain Rolland, toujours très actif dans les échanges culturels, et pour la Chine Kin Yn Yu ; ce dernier fait connaître à Rolland « L’édifiante histoire d’a-Q »35 de Lu Xun, de laquelle il réussit à faire publier quelques extraits dans Europe, revue dont il veut faire un moyen de diffuser des œuvres venues de cultures différentes. Plus tard s’en adjoindront d’autres auteurs, tel Toshihiko Takata. Durant cette époque ‘asiatique’ notons d’autres correspondances importantes. Avec des Français : André Chamson, Jean Guéhenno. Avec des étrangers et non des moindres : en 1921, Panaït Istrati, avec qui le dialogue sera souvent difficile, puis en 1923 commence l’échange épistolaire avec Sigmund Freud. 32 33 34 35
Rolland, Romain : Mahatma Gandhi, Paris : Stock, 1924. Rolland, Romain : Essai sur la mystique et l’action de l’Inde vivante, 3 vol., Paris : Stock, 1929. Cf. http://www.bnf.fr/documents/biblio_inde_romain_rolland.pdf (29/09/2014). Lu, Xun : Histoire d’A Q : véridique biographie, traduction du chinois par Michelle Loi, Paris : Librairie générale française, 1989.
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Pris dans l’action, Rolland s’intéresse à l’Amérique du Sud. Mis en contact avec José Vasconcelos, secrétaire d’Etat à l’Education Publique au Mexique, il voit en celui-ci un des rares esprits d’aujourd’hui, capables de dépasser le stade du nationalisme d’Etat pour concevoir et rayonner la foi en une immense unité polyphonique des nations ibéro-américaines, des Etats-Unis latins, fondée non sur la politique, mais sur la nature même de l’esprit.36
Ce sera toujours le souci de Rolland que de promouvoir cette « immense unité polyphonique » de toutes les cultures. 6. CHANGEMENT DE REGISTRE : L’URSS A la même époque, il reçoit de Anatolij Vasil’evič Lunačarskij (septembre 1927) une demande de collaboration à une nouvelle revue russe, La Révolution et la Culture. Rolland garde le souvenir de l’exilé qu’il a connu en Suisse, de son humanisme et de son indépendance d’esprit lors de la guerre civile. Flatté de voir que Moscou lui tend la main, il répond favorablement à l’offre de collaboration, espérant pouvoir lutter contre les erreurs de la Révolution. S’il fait confiance au peuple russe, il n’hésite pas à rappeler ses critiques, déplorant l’esprit dictatorial, les violences, demandant à la Révolution de renoncer à ses erreurs : « Arborez le drapeau de la lumière et de la liberté ! »37 Un nouveau tournant est pris dans les années 1928–1931. Rolland accepte de renouer avec Marija Kudaševa une correspondance interrompue en 1925. Installée à Villeneuve en 1931, elle joue un rôle non négligeable dans l’infléchissement de la pensée de Rolland, qui apporte officiellement un soutien sans faille à la politique de Stalin. Une bonne partie de sa correspondance change de registre. Il suffit de lire les lettres adressées à Gorkij, rentré en URSS en 1928. Durant plusieurs années, devenu ‘compagnon de route’ ou ‘idiot utile’ (selon les points de vue), Rolland est constamment sollicité tant par les Russes que par les communistes français. Son carnet d’adresses s’enrichit. Il retrouve la rhétorique révolutionnaire, pompeuse, à laquelle il s’est habitué avec son Théâtre de la Révolution. En 1932, il reprend les contacts avec Barbusse pour le Congrès d’Amsterdam. En 1933, il est souvent en relation avec le Secours Rouge International (Bela Illès, Alfred Kurella) à qui il envoie des appels pour la libération d’Ernst Torgler, de Georgi Dimitrov Mixajlov après l’incendie du Reichstag. Il participe à la vaste campagne pour la libération d’Ernst Thälmann. Que de lettres aux « chers camarades » et que de réponses à des appels pour les victimes antifascistes ! Du côté français, recruté par l’Association des Ecrivains et Artistes Révolutionnaires (AEAR), il entre en contact avec de nombreux membres du parti communiste : Louis Aragon, Francis Jourdain, Léon Moussinac, Jacques Sadoul, Paul Vaillant-Couturier. Il les conseille pour leurs revues (Commune, Littérature internationale), désireux de 36 Cité par Melet, Bernard : Vous, fils du soleil [exemplaire dactylographié, s. d.], p. 44. 37 Rolland, Romain : Quinze ans de combat (1919–1934), Paris : Rieder, 91935, p. 83.
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mieux faire connaître la réalité soviétique. Plus tard, Maurice Thorez entrera dans le cercle des nouveaux ‘amis’, ainsi que Jean Cassou et André Chamson, fondateur avec Guéhenno de Vendredi. Le voyage en Russie, en 1935, met Rolland en relation avec de nombreuses personnalités russes ; les échanges de lettres se multiplient avec Aleksándr Jákovlevič Arósev et se poursuivront par la suite, avec Elena Dmitrievna Stasova, Elsa Hartoch, sans oublier le « cher camarade Staline »38. Mais cet engagement entraîne des incompréhensions : comment défendre la dictature soviétique et s’opposer aux antifascistes d’Allemagne et d’Italie, qui luttent contre une autre dictature ? Duhamel, Istrati, Guéhenno, Guilbeaux, Martinet, Zweig ne peuvent l’accepter. Pour certains c’est l’éloignement ou la rupture, sans compter les pacifistes avec lesquels Rolland a déjà pris congé. En 1936, avec la mort de Gorkij, puis lors des procès de Moscou, la situation politique a changé et l’attitude de Rolland évolue. S’il continue, durant les années qui suivent, d’écrire encore à ses amis communistes, le ton n’est plus le même, surtout sa fameuse lettre à Edouard Daladier du 3 septembre 193939. Il s’agit plutôt de mises en garde. Le pacte germano-soviétique lui fait comprendre son erreur. Il sait trop dans quel piège il est tombé ! L’action politique, en laquelle il a cru pendant des années, ne lui paraît plus que néant à côté de l’essentiel auquel il veut dorénavant s’attacher, ce qu’il appelle l’Eternel, le Divin… Des pans entiers de sa correspondance s’écroulent. 7. UNE TONALITE DIFFERENTE : VEZELAY Cet état d’esprit explique le changement qui s’opère dans la correspondance de cette époque ; elle est d’une tonalité toute différente. On peut distinguer plusieurs catégories. Retiré dans Vézelay, il a pris et développé des contacts avec des voisins de la région : l’horticulteur Louis Marcelot, le paysan Henri Grasset, l’écrivain Henri Petit, mais surtout Lucien et Viviane Bouillé, les bons amis de Migennes. Il leur écrit peu, parce qu’il les voit souvent. Bien que retiré de la vie politique, il écrit quelques lettres à Elie Walach, jeune ouvrier français, militant communiste, combattant de la Résistance, fusillé en juillet 1942. Il poursuit avec d’anciens amis : Charles Vildrac, Frédéric Deshayes qui, parfois, viennent trouver refuge chez lui. Il continue à correspondre assez régulièrement avec Esther Marchand et Alphonse de Châteaubriant. Et toujours avec sa sœur Madeleine, qui vit alors à Dijon, qu’il tient régulièrement au courant de ses activités et à qui il demande souvent de venir l’aider à Vézelay, surtout quand sa femme s’absente pour aller à Paris.
38 Rolland, Romain/Stalin, Iosif Vissarionovič : Lettres de Romain Rolland à Stalin, ds. : Balašova, Tamara V. (dir.) : Диалог писателей : из истории русско–фрацузских культурных связей ХХ века. 1920–1970 [Dialogue d’écrivains. Pages d’histoire des relations culturelles franco-russes au XXe siècle. 1920–1970], Moskva : IMLI RAN, 2002, p. 275–289, ici p. 288. 39 Rolland, Romain : Journal de Vézelay : 1938–1944, édition établie par Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 22012, p. 257–258.
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Mais ses principales correspondances en ces années de guerre se rapportent à ses travaux littéraires et aux questions éditoriales qu’elles entraînent, et, de façon importante, aux préoccupations spirituelles et religieuses qui sont alors les siennes. Il vit maintenant dans un autre monde ; ses correspondances principales sont d’un autre ordre. Il est « désormais de l’autre côté du fleuve, sur l’autre rivage. ‘Mein Reich ist in der Luft’. »40 Le Journal de Vézelay nous renseigne sur ses travaux en cours. Il écrit ses Mémoires41, poursuit ses explorations beethovéniennes, aborde son Péguy42 en 1942. Il tâche d’obtenir des précisions. A plusieurs reprises il écrit à André Bourgeois, l’homme à tout faire de Péguy, dont il n’obtient que peu de renseignements. Il s’adresse surtout à Geneviève Favre et entretient avec elle une longue correspondance. L’ouvrage est l’objet d’une relation suivie avec l’éditeur, Albin Michel, et ses collaborateurs, spécialement Georges Sabatier, directeur littéraire, et André George, scientifique français qui travaille à l’Institut Pasteur et est directeur d’une collection scientifique. Parallèlement se poursuit la correspondance avec Arcos à propos du Beethoven43. D’autres correspondances se situent sur un tout autre plan, le plan religieux. D’anciens liens rompus se renouent. Depuis la publication de ses livres sur l’Inde, sa correspondance avec Jeanne Mortier s’était ralentie, d’autant plus que son évolution dans les années 1930 n’allait pas dans le sens des idées de son amie. Après un arrêt de plusieurs années, Rolland ne reprit le contact qu’en décembre 1938, lorsque Mortier perdit sa mère. Touchée par le bref message qu’il lui envoya, elle demandait à Rolland de lui pardonner ses torts et souhaitait voir renaître leur ancienne amitié. Le 31 décembre 1939, remerciant de ses vœux son amie, qui souhaitait le revoir à Vézelay, Rolland évoqua l’intérêt de sa femme, Marija, convertie au catholicisme, pour les grands livres mystiques ; peut-être Jeanne pourrait-elle, sur ces lectures, être de bon conseil. On note dans le Journal de 1940 : « Dimanche 15 décembre. […] lettres intimes échangées avec Jeanne Mortier. Problèmes de la vie morale »44. Le contact est repris. De nouveaux correspondants apparaissent ; Rolland entretient des relations épistolaires avec plusieurs religieux, de différents ordres : un carme, Jean de Sainsaulieu, un jésuite, Louis Beirnaert, et deux dominicains, Raymond Pichard et Michel de Paillerets. Sans doute se tient-il sur ses gardes, mais il aime discuter avec eux. Le plus bel échange est celui qu’il entretient avec Paul Claudel, avec qui il a renoué grâce à la complicité de Marija. Il poursuit jusqu’en 1942 sa correspondance avec Châteaubriant, qu’il ne réussit pas à détourner de son intérêt pour la politique, dont il a, lui-même, fait la détestable expérience. Malgré ses reproches, puis son silence, il n’en garde pas moins, malgré l’indignation de certains, sa fraternelle amitié.
40 41 42 43 44
Rolland : Journal de Vézelay, p. 494. Rolland, Romain : Mémoires et fragments du journal, Paris : Albin Michel, 1956. Rolland, Romain : Péguy, 2 vol., Paris : Albin Michel, 1944. Rolland, Romain : Vie de Beethoven [1903], Paris : Hachette, 1969. Rolland : Journal de Vézelay, p. 523.
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8. CONCLUSION Ainsi s’achève son périple. « Meurs et deviens ! »45 Romain Rolland a mené plusieurs vies successives, dont témoigne sa correspondance. L’on comprend que beaucoup n’aient pu suivre sa marche, farouchement individuelle, menée, comme il l’a répété plusieurs fois, par un ‘esprit religieux’46, loin de toutes les églises et de tous les partis, malgré les revendications de certains. Le lecteur reste frappé par la variété des correspondants, leurs nationalités, et par l’abondance des sujets abordés, l’avide curiosité de Rolland, qui s’intéresse au monde et, passionnément, se tourne toujours vers d’autres horizons ; il ne peut qu’admirer son ouverture d’esprit, sa passion pour les autres cultures et son besoin de mieux les faire connaître ; Rolland sert souvent d’intermédiaire entre certains des correspondants de son ‘réseau’ international. Ce tour d’horizon montre aussi où se trouve – et se trouvera – la véritable influence de Rolland. Quoi qu’il en ait parfois dit, quoi que certains aient pu penser, son œuvre véritable n’est pas dans l’action politique ou sociale, dont il a finalement compris l’inanité. Dans les dernières années de sa vie Rolland a bien dit quelle était sa ‘vraie’ nature : notre seul vrai devoir et notre mission, à nous, hommes de l’esprit, marqués par lui pour le servir – est notre tâche de concentration et de création intellectuelle (cœur et esprit, – âme tout entière). C’est par là seulement que nous sommes appelés à agir sur les hommes, lointains ou proches, au-delà des jours mortels que nous vivons. Toute autre tâche est imparfaite – le plus souvent erronée (car elle ne répond pas au signe que nous portons marqué au front) et, par suite, même fautive.47
BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Coomaraswamy, Ananda K. : Une politique mondiale pour les Indes, ds. : The New Age 16/8 (1914). Fort, Paul : Ballades françaises [1896–1958]. http://www.bnf.fr/documents/biblio_inde_romain_rolland.pdf (29/09/2014). http://www.charlespeguy.fr/cahiers (06/10/2014). Ibsen, Henrik : Solness le constructeur : drame en trois actes, Paris : Perrin et Cie, 1921 (Bygmester Solness : skuespil i 3 akter, København : Gyldendal, 1892). Landormy, Paul : Histoire de la musique, Paris : Delaplane, 1910. Loup, Julien : Causerie littéraire – Jean-Christophe, ds. : Semaine littéraire, 23/02/1907, p. 87–90. Lu, Xun : Histoire d’A Q : véridique biographie, traduction du chinois par Michelle Loi, Paris : Librairie générale française, 1989. Melet, Bernard : Vous, fils du soleil [exemplaire dactylographié, s. d.]. Rolland, Romain : Aërt, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1898. Rolland, Romain : Les Loups, Paris : G. Bellais, 1898. 45 Rolland, Romain : Goethe : Meurs et deviens !, ds. : idem : Compagnons de route, Paris : Albin Michel, 1936, p. 93–120. 46 Que l’on se reporte à cette citation : « […] l’essence de mon être était – fut toujours – religieuse, fille de Dieu […]» (Rolland : Le Voyage intérieur, p. 93). 47 Rolland, Romain : Lettre du 12 janvier 1942 à Alphonse de Châteaubriant, ds. : Journal de Vézelay, p. 708.
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Rolland, Romain : Le Triomphe de la raison, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1899. Rolland, Romain : Danton [1899], Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1900. Rolland, Romain : Le 14 juillet : action populaire, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1902. Rolland, Romain : Le Théâtre du peuple, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1903. Rolland, Romain : Jean-Christophe, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1904–1912. Rolland, Romain : Théâtre de la Révolution, Paris : Hachette, 1909. Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Ollendorff [etc.], 1915. Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26/06/1919). Rolland, Romain : Mahatma Gandhi, Paris : Stock, 1924. Rolland, Romain : Essai sur la mystique et l’action de l’Inde vivante, 3 vol., Paris : Stock, 1929. Rolland, Romain : Quinze ans de combat (1919–1934), Paris : Rieder, 91935. Rolland, Romain : Goethe : Meurs et deviens !, ds. : idem : Compagnons de route, Paris : Albin Michel, 1936, p. 93–120. Rolland, Romain : Péguy, 2 vol., Paris : Albin Michel, 1944. Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe et de ce temps, texte établi par Marie Romain Rolland, Paris : Albin Michel, 1952. Rolland, Romain : Le Cloître de la rue d’Ulm. Journal de Romain Rolland à l’Ecole Normale (1886– 1889), préface d’André George, Paris : Albin Michel, 1952 (Cahiers Romain Rolland 4). Rolland, Romain : Mémoires et fragments du journal, Paris : Albin Michel, 1956. Rolland, Romain : Chère Sofia. Choix de lettres de Romain Rolland à Sofia Bertolini GuerrieriGonzaga (1901–1908), Paris : Albin Michel, 1959 (Cahiers Romain Rolland 10). Rolland, Romain : Le Voyage intérieur [1942], Paris : Albin Michel, 1959. Rolland, Romain : Inde : Journal (1915–1943), Paris : Albin Michel, 1960. Rolland, Romain : « Extrait d’une lettre de Romain Rolland à Cosette Padoux (décembre 1905) », ds. : Bulletin de l’Association des Amis de Romain Rolland 66 (décembre 1963), p. 34. Rolland, Romain : Un beau visage à tous sens : choix de lettres de Romain Rolland, 1866–1944, Paris : Albin Michel, 1967 (Cahiers Romain Rolland 17). Rolland, Romain : Vie de Beethoven [1903], Paris : Hachette, 1969. Rolland, Romain/Châteaubriant, Alphonse de/Maugendre, Louis-Alphonse : L’Un et l’Autre II : Choix de lettres 1914–1944, Paris : Albin Michel, 1996 (Cahiers Romain Rolland 30). Rolland, Romain/Stalin, Iosif Vissarionovič : Lettres de Romain Rolland à Stalin, ds. : Balašova, Tamara V. (dir.) : Диалог писателей : из истории русско–фрацузских культурных связей ХХ века. 1920–1970 [Dialogue d’écrivains. Pages d’histoire des relations culturelles francorusses au XXe siècle. 1920–1970], Moskva : IMLI RAN, 2002, p. 275–289. Rolland, Romain : Journal de Vézelay : 1938–1944, édition établie par Jean Lacoste, Paris : Bartillat, 22012. Seippel, Paul : « Jean Christophe » par Romain Rolland, ds. : Journal de Genève, 2 juillet 1905, http:// www.letempsarchives.ch/Repository/ml.asp?Ref=SkRHLzE5MDUvMDcvMDIjQXIwMD EwMQ==&Mode=Gif&Locale=french-skin-custom (14/10/2014).
ROMAIN ROLLAND, INITIATEUR ET VICTIME DE RESEAUX POLITICO-IDEOLOGIQUES1 Jean-Pierre Meylan Romain Rolland fut une des grandes figures de proue du pacifisme, puis du combat antifasciste pour finir comme compagnon de route2 du communisme. Son engagement des années 1930 finit par obscurcir la lucidité du pacifiste de 1914. Comment devint-il l’otage de ses propres convictions ? Pour réponde à cette question et la situer dans son contexte socio-politique, il faut rappeler la réception et la fortune littéraire internationales de Rolland au XXe siècle. Rolland a disparu de l’actualité, voire du radar des chercheurs malgré le centenaire d’Au-dessus de la mêlée. Après avoir été un des auteurs français mondialement les plus lus, il reste condamné au ‘purgatoire’, comme l’aurait dit André Gide. Il y a deux principales raisons à ceci. Rolland fut posthumément la victime à la fois de la guerre froide et de la fin de celle-ci, de la levée du rideau de fer. Grâce à l’infatigable activité de son épouse Marija Kudaševa, il fut accaparé comme un saint du socialisme et du pacifisme à la soviétique. Ses admirateurs dans les deux camps, à l’Est comme à l’Ouest, se concurrençaient dans leurs interprétations. Depuis la fin de cette guerre froide, c’est le calme plat. En outre, la France officielle ne lui pardonna jamais ce qu’elle considérait comme flèche de Parthe contre son pays, son engagement pacifiste en 1914. Il n’y aura pas de Rolland au Panthéon ni d’édition de la Pléiade. Et puis, Rolland a lui-même refusé de participer à l’extraordinaire renouvellement littéraire de l’entre-deux-guerres tel que la Nouvelle Revue Française (NRF) le représentait. Il n’était pas l’homme à se mêler des débats d’actualité littéraire et se voyait comme une Cassandre ou héros solitaire, un prophète qui s’adresse directement aux peuples. Il a continué à écrire dans son style post-romantique de la fin du XIXe siècle, dans sa diction emphatique et son pathos que l’on critiquait déjà dans les années 1930. C’est une prose qui passe mal aujourd’hui. Seuls son Bildungsroman Jean-Christophe et ses journaux constituent un legs d’une grande lucidité. Il faut donc juger Rolland non seulement sur ses œuvres littéraires, mais aussi sur son influence dans un nœud de réseaux politico-littéraires dont nous décelons encore aujourd’hui des traces (par exemple la revue Europe qui date de 1923 et perdura). Rolland est davantage mentionné et cité que lu. Et puis, il reste à redécouvrir tout un pan enseveli dans le passé, à savoir son théâtre révolutionnaire et populaire. 1 2
Exposé tenu en allemand, le 18 octobre 2013, sous le titre de « Romain Rolland als Initiator und Spielball politisch-literarischer Netzwerke » et traduit par l’auteur. Terme qu’il a lui-même lancé en intitulant une collection d’articles sous ce titre.
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Finalement, on redécouvre en Rolland un des premiers musicologues universitaires et auteur d’essais biographiques sur Ludwig van Beethoven, Georg Friedrich Händel et autres qui sont des ouvrages de référence toujours lus. Comme la plupart des intellectuels de son époque, il se sentait cosmopolite (Weltbürger) et entretenait un réseau de correspondances internationales. Le sien était déjà très vaste avant 1914. On correspondait alors aussi fréquemment comme aujourd’hui on communique par Internet. A la différence des auteurs restés dans leurs pays en guerre, Rolland put profiter de la neutralité suisse qui n’entravait personne et il n’était pas soumis à la censure. Tandis que les réseaux des autres avaient tendance à se restreindre au rayon d’action national, celui de Rolland s’amplifia et gagna un nouveau public transnational. La Suisse offrait à Rolland un balcon d’observation privilégié, libre de toute censure avec la presse mondiale disponible. 1. SEPTEMBRE 1914, AU-DESSUS DE LA MELEE : SON ENTREE EN LICE COMME INTELLECTUEL-PHARE3 Rien ne prédestinait Rolland à devenir un chef de file intellectuel du pacifisme. L’affaire Dreyfus lui aurait offert auparavant une occasion de se profiler comme intellectuel engagé, mais il se tut, et son théâtre républicain populaire aurait pu fournir autant d’occasions de s’exprimer en public par des prises de position d’actualité. Le Journal de Genève avec son rédacteur Paul Seippel était un organe libéral bourgeois, alors encore ouvert aux opinions non-conventionnelles, mais nullement combattif. L’article « Au-dessus de la mêlée » du Journal de Genève du 22/23 septembre 1914 n’avait rien d’extraordinaire et ne fut d’abord pas plus remarqué que d’autres prises de position. Ce ne furent que les attaques, notamment celles de Henri Massis, qui amplifièrent l’écho et dirigèrent Rolland vers des positions plus nettes contre la guerre. Avoir terminé la publication de Jean-Christophe juste avant la guerre haussa bien sûr l’intérêt pour les relations franco-allemandes. Mais l’article est aussi le fruit de hasards : Rolland se trouvait par hasard en Suisse, où il passait souvent des étés. Le terme « mêlée » (introduit à la hâte à la place de « haine ») fit involontairement mouche. Personne ne se doutait que cette guerre allait durer autant et mener à la ruine de l’Europe. Et puis ce fut son volontariat improvisé au Comité international de la Croix-Rouge (CICR) et à la création de l’Agence des prisonniers et des personnes civiles en déroute (elle aussi improvisée au début par des volontaires) qui l’orientèrent vers un pacifisme vraiment humanitaire, alors qu’auparavant il n’avait critiqué que les dégâts aux cathédrales et aux bibliothèques. Rolland passait pour un esthète moraliste, un visionnaire au-dessus des masses mais sans attaches ni à un parti ni à une idéologie. Sa délicate personnalité de solitaire ne le 3
Voir Meylan, Jean-Pierre : Romain Rolland au-dessus mais aussi dans la mêlée, ds. : Duchatelet, Bernard (dir.) : Romain Rolland : une œuvre de paix. Actes du colloque de Vézelay, 4 et 5 octobre 2008, Paris : Publications de la Sorbonne, 2010, p. 73–87, et Meylan, Jean-Pierre : Un train peut en cacher un autre. L’entre-deux-guerres de Romain Rolland en Suisse (1922– 1938), ds. : Corbellari, Alain (dir.) : Romain Rolland et la Suisse, numéro thématique de la revue Etudes de Lettres 291/3 (2012), p. 29–48.
Romain Rolland, initiateur et victime de réseaux politico-idéologiques
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prédisposait nullement à l’action ni à l’organisation de mouvements, encore moins à devenir un tribun d’assemblées. Il y a un hiatus entre la hauteur du ton de ses messages et son absence de talent d’orateur. Il rapporte lui-même qu’il assista à plusieurs occasions à des assemblées en catimini, se cachant dans l’anonymat d’une assistance ou derrière des colonnes ou obstacles. Ce sont donc ses réactions aux événements qui, progressivement et par paliers distincts, firent de Rolland le chef de file intellectuel que nous connaissons, comme l’a démontré Bernard Duchatelet dans son Romain Rolland tel qu’en lui-même4. 2. ROLLAND AU CŒUR DES ANCIENS ET NOUVEAUX RESEAUX Quoique plus difficilement qu’avant la guerre, Rolland continua à tisser son vaste réseau épistolaire cosmopolite existant. Nombreux furent les correspondants qui sollicitèrent de lui de l’aide (recherches de disparus, relais de lettres par la CICR, etc.). Mais au fur et à mesure des attaques, au courant de 1915, un nouveau public le découvrit et en fit son héros : les socialistes de divers pays qui, minoritairement, avaient refusé les crédits de guerre, les syndicalistes français indépendants et les mouvements pacifistes de pays neutres, néerlandais, suédois, suisses et autres. En Suède, les socialistes et pacifistes projetèrent, en automne 1915, de lui attribuer le prix Nobel de cette année – ce qui fut ébruité et mit le feu aux poudres parmi les anti-rollandiens en France. Comme la plupart des ‘nobélisations’ ce cas déclencha des campagnes de presse violentes, pas seulement en France. On sait, que la diplomatie française sut efficacement empêcher cette attribution en 1915, mais personne ne se douta que le comité suédois allait reconduire cet acte d’une année et définitivement l’attribuer en automne 1916. Le battage autour du prix fit de Rolland un personnage mondialement connu et lui valut un statut d’intouchable aux autorités françaises comme suisses. A partir de là, le réseau décupla et se renouvela d’un public nouveau, pour lequel il passa pour un Tolstoj redivivus. 3. GENEVE, PEPINIERE DES MOUVEMENTS PACIFISTES ET REVOLUTIONNAIRES La Suisse neutre avait toujours attiré des personnalités hors norme ou dissidents politiques et religieux ; on y entrait et sortait, en 1914, comme dans un moulin. En plus des étrangers résidents permanents (plus de 40 % à Genève), dont Romain Rolland, ce statut était parfaitement conforme à la réglementation des séjours, à la fois pour la France comme pour la Suisse.5 Ces résidents se concentrèrent dans les villes, dont Genève et Zurich (Lenin et ses bolcheviks, des anarchistes, les dadaïstes, Her-
4 5
Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Détail important, car les adversaires de Rolland n’hésitaient pas à le cantonner parmi les exilés ou resquilleurs en ban de rupture avec la France, voire même à le considérer comme un traître.
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mann Hesse et autres). Parmi les jeunes en âge de servir dans leurs armées respectives, il y avait des déserteurs, des resquilleurs, des objecteurs de conscience, des dissidents politiques ainsi qu’un grand nombre d’étudiants exclus des universités de leurs pays (juifs, surtout russes). Le fanal d’Au-dessus de la mêlée devint un manifeste de ralliement pour ceux-ci, ce qui finit par faire de Rolland un protecteur aîné, quasiment un ‘gourou’. Bien qu’assez distant de naturel, il se plaisait dans ce rôle : il aima dorénavant s’adresser aux jeunesses d’Europe, par exemple en léguant ses droits d’auteur à l’Université de Moscou. Et puis ces jeunes lui donnèrent accès à un monde nouveau, tissant un nouveau réseau qui prendra toute son importance dans l’entre-deux-guerres. Il patronna la revue Demain (Genève 1916–1918) de Henri Guilbeaux qui fut une source d’information européenne non conformiste (et valut à son directeur une condamnation à mort par contumace en France pour ‘intelligence avec l’ennemi’). Il soutint Pierre Jean Jouve, avant que celui-ci n’abjurât son engagement pacifiste. Il aida le syndicaliste anarchiste Le Maguet (Jean Salives) à publier ses Tablettes (1916–1919). Les jeunes utopistes de l’‘Abbaye’6, même s’ils étaient embrigadés dans l’armée, le vénérèrent. Le Belge Frans Masereel inaugura à Genève son style xylographique expressionniste. Le peintre Gustave Thiesson fit la liaison avec les pacifistes français. Charles Baudouin pratiqua la psychanalyse et publia Le Carmel (1916–1918). Et même à distance, l’emprise de Rolland se manifesta sur René Arcos, Charles Vildrac, Marcel Martinet et Maurice Wullens (pacifiste avant de passer à la collaboration en 1940–1944). Le poète Jean de Saint-Prix réussit à se rendre en uniforme en Suisse pour rencontrer Rolland. On retrouve là le noyau de la future revue initiée par Rolland, Europe (dès 1923). Entre 1917 et 1928, Rolland resta néanmoins imperméable à l’attraction du bolchevisme de Lenin qui aurait bien voulu obtenir son adhésion du moins morale. Cette attitude devait changer dès la fin de la décennie, lorsque le Komintern7 abandonna son exclusivité et s’ouvrit aux mouvements antifascistes. 4. DU PACIFISME AU ‘COMPAGNON DE ROUTE’ DU COMMUNISME DANS L’ENTRE-DEUX GUERRES En 1919, la « Déclaration de l’indépendance des esprits »8 obtint des centaines de signatures mais resta sans effet politique. Rolland demeura cavalier seul et refusa de se laisser entraîner par le mouvement Clarté de Henri Barbusse. Mais il ne refusa que rarement son soutien à des causes individuelles et il était facile d’obtenir de lui des prises de position. Sa réputation grandit davantage à l’étranger qu’en France où 6 7 8
L’Abbaye de Créteil, une sorte de phalanstère de jeunes écrivains et artistes (dont par exemple Georges Duhamel ou Charles Vildrac), actif entre 1906 et 1908, qui eut une grande influence sur les écrivains même après la Première Guerre mondiale. En fait, il s’agit de la IIIe Internationale ouvrière (fondée en mars 1919 à Moscou) également appelée l’Internationale communiste. Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26/06/ 1919), p. 1.
Romain Rolland, initiateur et victime de réseaux politico-idéologiques
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il n’y avait que la gauche à le soutenir. Ce fut dans l’Allemagne de Weimar qu’il fut le plus lu et évidemment en URSS, en Inde et en Chine. La lutte contre les fascismes, d’abord italien et puis allemand, le préoccupa dorénavant en premier lieu. Il devint l’exemple même des ‘compagnons de route’ du communisme dont la littérature internationale compta un nombre de grands noms (André Gide, Arthur Koestler, George Orwell, Ernest Hemingway etc.). On sait que les relations de ces individus avec le Komintern dictatorial et centralisateur, sous la férule brutale de Stalin, étaient souvent l’objet de manipulations dont ils étaient parfois inconscients. Rolland n’y échappa pas. A force de lutter contre le fascisme, son instinct d’indépendance de l’esprit lui fit défaut dans le cas de son adhésion aux grands rassemblements antifascistes d’Amsterdam et de la salle Pleyel dès 1932. Ces mouvements apparemment ouverts furent manipulés au nom du Komintern par Henri Barbusse et l’habile impresario politique Willy Münzenberg (qui fit ses premières armes à Zurich aux côtés de Lenin, en 1917). Parmi les compagnons de route, il y en eut beaucoup qui surent rester indépendants sans se désolidariser de la lutte antifasciste, même en 1939 quand ils furent trahis par le pacte germano-soviétique, la seule puissance antifasciste. Rolland ne se laissa pas perturber dans son espoir en l’URSS, même après ce pacte. Pourquoi cette cécité chez un homme qui avait résisté à tout embrigadement en 1914, même à Lenin en 1917 ? 5. LA FIDELITE A L’URSS : OPTION, PUIS LOURDE HYPOTHEQUE Un événement dans sa biographie provoqua ce virage dès 1928, l’année même où Stalin avait éliminé ses principaux concurrents. Marija Kudaševa (1895–1985), d’ascendance française, veuve d’un prince mort dans les armées blanches lors des combats de la révolution, collaboratrice aux éditions d’Etat VOKS, préparait une édition des œuvres complètes de Rolland en russe et chercha à entrer en relation avec Rolland. Avec difficulté, celui-ci réussit à faire entrer Marija en Suisse où elle fit quelques séjours qui devinrent des lunes de miel. Avec son écart d’âge de 22 ans et un fils né en 1917 grandissant à Moscou, elle épousa Rolland à Vevey en 1934 et acquit la nationalité française. Par cela, Rolland devint beau-père d’un fils en URSS, ce qui fit de lui une sorte d’otage moral et affaiblit son esprit critique habituel. Marija devint le cordon ombilical pour toutes les relations de Rolland avec la Russie. Elle rendit donc Rolland entièrement dépendant d’elle en tant que sa traductrice. Comme beaucoup de ses contemporains Rolland fut invité à faire le voyage ‘obligatoire’ en URSS (comme André Gide, Charles Vildrac et autres), dans son cas en 1935, qui devint une formidable mise en scène triomphale à la Potjomkin et qui fut couronnée par un entretien avec Stalin. Bernard Duchatelet9 a étudié cette péripétie et montré que Rolland avait été prévenu des sinistres montages lors du
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Rolland, Romain : Voyage à Moscou : (juin–juillet 1935), suivi de notes complémentaires (octobre–décembre 1938), introduction, notes et appendices par Bernard Duchatelet, Paris : Albin Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29).
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procès de Moscou et des machinations du régime. Il réussit à obtenir quelques libérations individuelles, mais fut complètement dépassé par l’événement. Rolland était suffisamment conscient pour s’apercevoir que sa sympathie fut exploitée, mais il se laissa fêter en se justifiant par son espoir dans le développement futur de la ‘nouvelle Russie’ même avec un régime sanglant. 1936, année de l’arrivée au pouvoir du Front Populaire en France, marque l’apogée de son inclinaison au communisme. Le PCF (Parti Communiste Français) fêta Romain Rolland à l’occasion de son 70e anniversaire et on mit en scène son théâtre révolutionnaire. Le Front Populaire sortit le PCF de son ostracisme politique en France. En Suisse, en revanche, l’attitude à l’égard du communisme se durcit et les gouvernements cantonaux et fédéral prirent des mesures de censure (par exemple : interdiction de diffuser L’Humanité). Ces restrictions motivèrent surtout Marija à chercher un nouveau domicile en France que le couple trouva, en 1938, à Vézelay. A cette époque, le Front Populaire avait déjà fait court feu et avec Munich, l’orage d’un nouveau conflit mondial apparut à l’horizon. Le bilan de cette époque, en termes de réseaux politico-littéraires, est négatif : Rolland, promoteur de réseaux intellectuels jeunes, est devenu l’objet de convoitise de camps politiques retranchés et organisés qui l’utilisèrent. Il fut pris dans les maillons. Son Journal montre qu’il en était conscient et qu’il se sentait utilisé, dépassé. Il fut lent à tirer le frein de secours. Lorsque le PCF se déclara ‘pacifiste intégral’, lors de la déclaration de la guerre en 1939, et lorsqu’il invita les soldats à refuser le combat, Rolland renversa la vapeur et se solidarisa avec la politique de son pays par une lettre ouverte au président du Conseil des ministres, Edouard Daladier. 6. ROLLAND SE RETIRE DE LA SCENE POLITIQUE ET PASSE L’OCCUPATION EN ETAT D’HIBERNATION10 Le pacte de Hitler avec Stalin en août 1939, qui leur permit de se partager la Pologne, fut une catastrophe pour tous ceux qui avaient lutté contre les fascismes, Rolland en premier. Ce fut un renversement complet, quoique temporaire, des alliances. Lorsque, de surcroît, arriva l’inimaginable, l’effondrement et l’occupation de la France, Rolland tomba dans un dépit profond. Il prit la sage décision de ne plus se manifester par des déclarations politiques et de travailler à ses souvenirs et à son ouvrage sur Péguy. Son Journal de Vézelay 1938–1944, récemment publié, relate ces années de retraite spirituelle. L’année en zone occupée, de juin 1940 à juin 1941, avant que la Wehrmacht attaquât l’URSS, donc sous l’administration directe allemande du Militärbefehlshaber Frankreich (Otto von Stülpnagel), soumit Rolland à une complication politique supplémentaire : la Wehrmacht appliqua à la lettre le pacte sur le territoire
10 Pour cette période une source récemment publiée est à disposition : Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, édition établie, présentée et annotée par Jean Lacoste, avec la contribution de Marie-Laure Prévost, Paris : Bartillat, 2012.
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français, libérant les membres du PCF internés, lui laissant les rênes libres et protégeant certains intellectuels communistes ou proches des communistes. A cette époque où Otto Abetz pratiquait l’occupation ‘douce’ et cherchait la collaboration avec les intellectuels français (œuvre de la Propagandastaffel), l’état-major de von Stülpnagel protégeait individuellement et discrètement certains intellectuels et artistes de notoriété (par exemple Pablo Picasso, pourtant un antifasciste célébrissime) et aussi Romain Rolland.11 Tandis que peu de Français savaient où se trouvait Rolland, les nombreux lecteurs de Jean-Christophe12 parmi les officiers allemands le savaient, ce qui conduisit à un certain ‘tourisme militaire’ de visites en Bourgogne et chez le grand maître.13 Il y eut même des tentatives d’instrumentalisation de la part des Allemands : on escamota son passé antifasciste et exhaussa le romantique auteur de Jean-Christophe, ami de l’Allemagne, esprit héroïque, sinon ‘germanique’ sans le savoir. Rolland se sentit gêné et éluda toutes ces tentatives, du moins publiquement. Son profil bas pendant l’occupation le servit ultérieurement lors de la libération. Bien lui en prit, car dès juin 1941, avec la guerre à l’Est, l’ancienne antinomie communisme contre fascisme fut rétablie et le PCF entama la grande campagne de Résistance, cette fois sanglante. L’occupant resserra l’étau et les SS (Schutzstaffel) et le SD (Sicherheitsdienst) prirent la relève de Stülpnagel. Trop de promiscuité avec l’occupant aurait discrédité Rolland lors de la libération. Paris libéré, Rolland fut redécouvert par le PCF, notamment par Louis Aragon, et fêté comme un résistant. Lorsque Rolland mourut l’avant-dernier jour de l’année 1944, Marja, en fidèle et observante philo-soviétique, commença son œuvre dévouée de missionnaire de la cause rollandienne, notamment à l’Est. Elle a largement alimenté l’image posthume de Rolland au point de faire de lui un des grands saints du socialisme en URSS, Pologne, République démocratique allemande etc. Depuis, l’œuvre de Rolland fut victime de polémiques d’interprétations contrastées suivant des lignes de démarcation idéologiques. Avec la fin de l’antinomie des blocs idéologiques l’image de Rolland fut à nouveau clarifiée des scories de l’interprétation intéressée pour tomber – à tort – dans le purgatoire d’un quasi-oubli. 7. ROMAIN ROLLAND, APPRENTI SORCIER ? L’itinéraire de Rolland en tant qu’intellectuel engagé fut celui d’un esprit ouvert et libéral défendant la liberté de la conscience en pleine Grande Guerre qui devint un personnage phare de nombreux mouvements pacifistes européens. Dans l’entredeux-guerres il accorda la priorité à la lutte contre les fascismes au point de ne pas 11 Les œuvres de Rolland étaient interdites de vente en zone libre (Vichy), mais jusqu’en 1942, non point en zone occupée (elles ne figurent pas dans les ‘listes Otto’). 12 Rolland, Romain : Jean-Christophe, Paris : Cahiers de la quinzaine, 1904–1912. 13 Entre juin 1940 et juin 1941, les unités stationnées en France étaient en attente de l’invasion de l’Angleterre et de celle, plusieurs fois reportée, de l’URSS. Période opportune pour le ‘tourisme militaire’. Vézelay et son habitant ‘valaient un détour’ pour employer la terminologie des Guides Michelin.
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réaliser un autre danger qui guettait derrière le communisme qui les combattait, celui du stalinisme. Au début, il avait nourri de la méfiance à l’égard des bolcheviks, méfiance qu’il conserva. Néanmoins, sous l’influence de sa seconde épouse d’origine soviétique, son attitude philo-soviétique (il distinguait fallacieusement le communisme du système soviétique) prima à partir des années 1930. Il en devint pratiquement un « otage » (terme qu’il emploie lui-même14). Ce parcours est celui d’un appauvrissement, d’un étiolement au détriment de la création littéraire. Rolland en était conscient et ce fut sans doute une des raisons pour lesquelles il décida de se retirer de la scène publique au début de la guerre de 1939. Dépité par la défaite et l’évolution de la France de Vichy, il retourna le regard vers l’intérieur (Le Voyage intérieur15, Péguy16). Son épouse, qui lui survécut longtemps, continua à façonner son image posthume de grand socialiste. Ainsi, d’initiateur de nouveaux réseaux d’opposition pacifiste entre 1914 et 1918, Rolland s’enchevêtra dans les réseaux antifascistes manipulés par le Komintern et en devint une victime captive. La locomotive freine en vain si les wagons du train continuent à la pousser. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Duchatelet, Barnard : Maria Koudacheva, une des ‘dames du Kremlin’, ds. : Cahiers de Brèves 35 (juillet 2015), p. 18–23. Meylan, Jean-Pierre : Romain Rolland au-dessus mais aussi dans la mêlée, ds. : Duchatelet, Bernard (dir.) : Romain Rolland : une œuvre de paix. Actes du colloque de Vézelay, 4 et 5 octobre 2008, Paris : Publications de la Sorbonne, 2010, p. 73–87. Meylan, Jean-Pierre : Un train peut en cacher un autre. L’entre-deux-guerres de Romain Rolland en Suisse (1922–1938), ds. : Corbellari, Alain (dir.) : Romain Rolland et la suisse, numéro thématique de la revue Etudes de Lettres 291/3 (2012), p. 29–48. Rolland, Romain : Jean-Christophe, Paris : Cahiers de la quinzaine, 1904–1912. Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26/06/1919), p. 1. Rolland, Romain : Le Voyage intérieur, Paris : Albin Michel, 1942. Rolland, Romain : Péguy, 2 vol., Paris : Albin Michel, 1944 Rolland, Romain : Voyage à Moscou (juin-juillet 1935), suivi de notes complémentaires (octobre– décembre 1938), introduction, notes et appendices par Bernard Duchatelet, Paris : Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29). Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, édition établie, présentée et annotée par Jean Lacoste, avec la contribution de Marie-Laure Prévost, Paris : Bartillat, 2012.
14 Rolland : Journal de Vézelay, p. 1147–1148 et la notice biographique de Marija Kudaševa. Le débat sans fin à propos de l’hypothèse d’une Marija Kudaševa en tant qu’‘agent dormant’ du NKVD (Commissariat du peuple aux Affaires intérieures), quoique peu probable, est élucidé par Barnard Duchatelet dans : Maria Koudacheva, une des ‘dames du Kremlin’, ds. : Cahiers de Brèves 35 (juillet 2015), p. 18–23. 15 Rolland, Romain : Le Voyage intérieur, Paris : Albin Michel, 1942. 16 Rolland, Romain : Péguy, 2 vol., Paris : Albin Michel, 1944.
ROMAIN ROLLAND UND HERMANN HESSE – TRANSKULTURELLE WEGGEFÄHRTEN IM KRIEG1 Susann Gundermann-Link Während des Ersten Weltkrieges wurden Hermann Hesse und Romain Rolland zu Weggefährten („compagnons de route“2), die sich in ihrem Pazifismus über die Grenzen hinweg begleiteten. In zahlreichen Briefen stützten sie sich gegenseitig in dieser schweren Zeit und versuchten, durch ihre Freundschaft im Krieg die Vision des Friedens und der Menschlichkeit weiterzuleben, während sich ihre Landsleute auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges einen unerbittlichen Kampf lieferten. Als die beiden Schriftsteller 1915 in Kontakt traten, war Hesse freier Schriftsteller und hatte schon seine Romantischen Lieder (1899)3, Eine Stunde hinter Mitternacht (1899)4, Peter Camenzind (1904)5, Unterm Rad (1906)6, Gertrud (1910)7 und Rosshalde (1914)8 publiziert, die zum Teil von autobiografischen Zügen geprägt sind. Ab dem Beginn des Ersten Weltkrieges änderte sich Hesses literarisches Schaffen und seine Werke wurden beeinflusst von seinen großen Krisen, die zum Teil durch den Weltkrieg ausgelöst und bestimmt wurden. Auch Rolland war schon ein bekannter Schriftsteller und hatte seinen großen roman-fleuve9 Jean-Christophe10 geschrieben, für den er 1915 den Literatur-Nobelpreis erhielt. Außerdem war er durch die Veröffentlichung der Biografien Vie de
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Erstveröffentlicht in: Seybert, Gislinde/Stauder, Thomas (Hg.): Heroisches Elend/Misères de l’héroïsme/Heroic Misery. Der Erste Weltkrieg im intellektuellen, literarischen und bildnerischen Gedächtnis der europäischen Kulturen/La Première Guerre mondiale dans la mémoire intellectuelle, littéraire et artistique des cultures européennes/The First World War in the Intellectual, Literary and Artistic Memory of the European Cultures. Teil 1/1ère partie/Part 1, Frankfurt/M. [u. a.]: Peter Lang, 2014, S 573–588. 2 Titel von Romain Rollands Werk Compagnons de route (essais littéraires), Paris: Editions du Sablier, 1936. 3 Hesse, Hermann: Romantische Lieder, Dresden, Leipzig: Pierson, 1899. 4 Hesse, Hermann: Eine Stunde hinter Mitternacht, Leipzig: Diederichs, 1899. 5 Hesse, Hermann: Peter Camenzind, Berlin: Fischer, 1904. 6 Hesse, Hermann: Unterm Rad, Berlin: Fischer, 1906. 7 Hesse, Hermann: Gertrud, München: Langen, 1910. 8 Hesse, Hermann: Rosshalde, Berlin: Fischer, 1914. 9 Der französische Begriff roman-fleuve (von frz. roman = Roman und fleuve = Fluss) wurde durch den Roman Jean-Christophe von Romain Rolland begründet und bildet seither eine Untergattung des Romans. 10 Rolland, Romain, Jean-Christophe, 10 Bde., Paris: Ollendorf, 1904–1912.
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Beethoven (1903)11, Vie de Michel-Ange (1906)12, Haendel (1910)13 sowie zahlreicher Dramen und Theaterstücke sehr bekannt. Von 1903 bis 1912 hatte er als Professor für Musikgeschichte an der Sorbonne gearbeitet, aber zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges arbeitete auch er als freier Schriftsteller und lebte von den Einkünften seiner Bücher. 1. BEGINN EINER LANGEN FREUNDSCHAFT Der Briefwechsel, den beide Schriftsteller von 1915 bis 1940 mit einigen längeren Pausen aufrecht erhielten, zeigt ihre Reflexionen über Krieg und Frieden sowie über ihre sehr persönlichen Probleme und ihren Schaffensprozess. Hesse drückte Rolland beispielsweise seine Bewunderung für die ‚Kindheit des Jean-Christophe‘14 und Colas Breugnon15 aus, während Rolland die Poesie Hesses liebte, seine Musik, die für ihn die Seele der alten deutschen Kultur spiegelte, die er schon in JeanChristophe mit großer Bewunderung verehrte. Außerdem zeichnen die Briefe der beiden Schriftsteller und Pazifisten ein Bild der Zeit mit all ihren politischen, sozialen und menschlichen Facetten. Besonders im Ersten Weltkrieg, als die Hydra des Nationalismus die beiden Schriftsteller bedrohte und sie wegen ihrer pazifistischen Haltung angegriffen und verleumdet wurden, fanden sie in ihrer freundschaftlichen Verbundenheit Trost, Halt und Aufmunterung, ihren schweren, oft einsamen Weg weiterzugehen. Aufmerksam wurde Rolland auf Hesse, als er dessen Artikel „O Freunde, nicht diese Töne“16 las, in dem der deutschsprachige Schriftsteller seine Stimme gegen die nationale Besessenheit erhob. Hesse richtete seinen Aufruf an seine „Freunde“. In seinem Leben hatten die Freunde oder freundschaftlichen Beziehungen einen wichtigen Platz eingenommen und für ihn, wie auch für Rolland, war Freundschaft nie abhängig von der Herkunft. Dies verband Hesse auch mit Rolland, der sein Leben lang, und im Ersten Weltkrieg ganz besonders, unzähligen Menschen aus vielen Nationen durch seinen Rat und seine Aufmerksamkeit freundschaftlich geholfen hat. Im Journal des Années de Guerre 1914–191917, dem Kriegstagebuch Rollands, sind Auszüge aus vielen dieser Briefe veröffentlicht und die Geschichte des Krieges wurde hier mit eindrucksvollen Zeitzeugnissen belegt und nachfühlbar dokumentiert.
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Rolland, Romain: Vie de Beethoven, Paris: Cahier de la Quinzaine, 1903. Rolland, Romain: Vie de Michel-Ange, Paris: Cahier de la Quinzaine, 1906. Rolland, Romain: Haendel, Paris: Alcan, 1910. Vgl. den dritten Band L’Adolescent (1904) von Rollands Jean-Christophe wurde von Otto und Erna Grautoff ins Deutsche übersetzt: Rolland, Romain: Johann Christof. Kinder- und Jugendjahre, Frankfurt/M.: Rütten & Loening, 1917. 15 Rolland, Romain: Colas Breugnon, Paris: Ollendorff, 1919. 16 Hesse, Hermann: O Freunde, nicht diese Töne, in: Neue Zürcher Zeitung, 18.02.1915. 17 Rolland, Romain: Journal des Années de Guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris: Albin Michel, 1952.
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„O Freunde, nicht diese Töne!“, so begann der Aufruf von Hesse. Dieses „nicht“ drückte den Geist seines Widerstands aus, der ihn auch mit Rolland verband. Roger Dadoun interpretierte dieses „nicht“ folgendermaßen: […] noyau dur de négation, certains des aspects les plus caractéristiques de la relation Hesse– Rolland – relation forte, qui gravite autour du « nicht » central interprété et développé en tant que constituant la racine, le foyer d’un refus, d’un esprit de résistance, plus concrètement, d’une stratégie de résistance commune aux deux écrivains, et à laquelle l’on serait peut-être bien avisé, aujourd’hui, de porter attention, pour en tirer d’éventuels et fructueux enseignements.18
Durch ihren Geist des Widerstandes bleiben beide Schriftsteller Vorbilder und prägen auch den pazifistischen Geist der jetzigen Zeit. Sie sind dadurch bis heute unvergesslich und lebendig. Rolland und Hesse bezeugten großen Mut und Kraft, sich öffentlich gegen die Meinungen der kriegsführenden Länder zu stellen, und ermuntern durch ihren damaligen Widerstand auch heute Menschen, sich gegen Krieg und Ungerechtigkeit zu wehren. Rolland war der einzige, der Hesse begeistert auf seinen Aufruf „O Freunde, nicht diese Töne“ antwortete. Trotz der Enttäuschung, wie wenig positives Echo er bei den Menschen seiner Zeit fand, tröstete Hesse doch die Reaktion Rollands. Der französische Pazifist wiederum wartete schon lange darauf, dass sich ein freidenkender Geist Europas gegen den Krieg aussprach. Dies war der Beginn eines gemeinsamen, steinigen Weges gegen den Krieg und für die Menschlichkeit, der die beiden Europäer und sogar Weltenbürger ihr Leben lang verband. In diesem ersten Brief Rollands an Hesse verlieh er seiner Sympathie Ausdruck mit den Worten: On me communique votre article dans la Neue Zürcher Zeitung du 18 février. Je vous serre la main cordialement. Il y a déjà longtemps que je voulais le faire, – depuis que j’ai lu vos livres, et particulièrement, depuis que je vous ai entendu, au milieu de cette tourmente, redire les mots qui dissipent les nuées de la haine, les mots de Beethoven délivré.19
Rolland nahm in diesem Satz Bezug auf die Überschrift des Aufrufs von Hesse: „O Freunde, nicht diese Töne“, die auch der erste Satz der Ode an die Freude von Ludwig van Beethoven war, deren Text 1786 von Friedrich Schiller geschrieben wurde. Beethoven komponierte auf der Grundlage dieses Gedichtes von Schiller seine letzte vollendete Symphonie, die 9. Symphonie. Im Gedicht gab Schiller seiner idealistischen Vision Ausdruck, dass die Menschen zu Brüdern würden – eine Vision, die Beethoven teilte und durch seine wunderbare Musik bestärkte. Rolland, als Professor der Musikgeschichte und passionierter Pianist, liebte Beethoven und schrieb über ihn: Sein Ziel war vor allem Einheit. Sie war für ihn, den in sich Abgeschlossenen, Ganzen, das A und das O. Doch er will die lebendige, aus dem Innern wirkende, die vom Herzen aus das Ganze
18 Dadoun, Roger: Contre la haine. L’Amitié Hermann Hesse–Romain Rolland, Paris [u. a.]: Scheer [u. a.], 2002, S. 8. 19 Hesse, Hermann/Rolland, Romain: Briefe, Zürich: Fretz und Wasmuth, 1954, S. 9.
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Susann Gundermann-Link in allen seinen Gliedern durch und durch belebt, so daß er nur aus ihr, dank ihr und um ihretwillen da ist […].20
Sicher war es dieser Wunsch nach Einheit und dem Verständnis der Menschen als Brüder und seine Enttäuschung über den Krieg, die Hesse dazu bewegten, den Satz „O Freunde, nicht diese Töne“ über seinen Aufruf zu setzen. Es waren wohl auch dieser Geist der Einheit und die Vision des Friedens und Verständnisses, die die Europäische Gemeinschaft im Jahre 1985 dazu bewegten, die Ode an die Freude als offizielle Hymne der Europäischen Gemeinschaft anzunehmen. Im Jahr 1915 erntete Hesse mit seinem Aufruf jedoch nur Hass und Unverständnis von allen Seiten. In seinem Artikel mahnte er die Stellung und Aufgaben der Neutralen an: „Damit meine ich nicht die politisch neutralen Völker, sondern alle diejenigen, die als Forscher, Lehrer, Künstler, Literaten am Werk des Friedens und der Menschheit arbeiten.“21 Er warf ihnen vor, „das Schlimme zu verschlimmern, das Häßliche und Beweinenswerte zu vermehren“22. Diese Worte erinnern an die „Lettre ouverte à Gerhart Hauptmann“, die Rolland am 2. September 1914 im Journal de Genève veröffentlicht hatte. Rolland schrieb damals folgende mutige Zeilen, die ihm den Hass vieler Deutscher und auch vieler seiner eigenen Landsleute einbrachten: Je ne suis pas, Gerhart Hauptmann, de ces Français qui traitent l’Allemagne de barbare. Je connais la grandeur intellectuelle et morale de votre puissante race. Je sais tout ce que je dois aux penseurs de la vieille Allemagne ; et encore à l’heure présente, je me souviens de l’exemple et des paroles de notre Goethe – il est à l’humanité entière – répudiant toute haine nationale et maintenant son âme calme à ces hauteurs « où l’on ressent le bonheur ou le malheur des autres peuples comme le sien propre ». J’ai travaillé, toute ma vie, à rapprocher les esprits de nos deux nations ; et les atrocités de la guerre impie qui les met aux prises, pour la ruine de la civilisation européenne, ne m’amèneront jamais à souiller de haine mon esprit.23
So wie Rolland den Geist Goethes als Erbe der Einheit ganz Europas in seinem Artikel verteidigte, so verdeutlichte Hesse seine Haltung auch mit der Goethes: Goethe war nie ein schlechter Patriot, obwohl er Anno 1813 keine Nationallieder gedichtet hat. Aber über die Freude am Deutschtum, das er kannte und liebte wie nur einer, ging die Freude am Menschentum.24
Hesse wehrte sich gegen die „Äußerungen, vom frech erfundenen ‚Gerücht‘ bis zum Hetzartikel, vom Boykott ‚feindlicher‘ Kunst bis zum Schmähwort gegen ganze Völker“. Er meinte, dieser „Mangel des Denkens“ würde einem „besonnenen Arbeiter oder Künstler schlecht anstehen“25. Er wollte seinen Aufruf an alle geistigen Menschen aller Nationen richten und wünschte sich, dass sie einen klaren Geist behalten sollten, einen Blick über das Trennende hinweg, hin zu einem Bewusstsein 20 Rolland, Romain: Das Romain Rolland Buch. Der Mensch und Dichter in eigenen Worten, Zürich: Artemis-Verlag, 1946, S. 67. 21 Hesse: O Freunde, nicht diese Töne, S. 15. 22 Hesse: O Freunde, nicht diese Töne, S. 14. 23 Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, in: Journal de Genêve, 19.09.1914, S. 63. 24 Hesse: O Freunde, nicht diese Töne, S. 16. 25 Hesse: O Freunde, nicht diese Töne, S. 16.
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der Einigkeit. Am Ende seines Artikels zitierte er nochmals Goethe und schrieb eine Art Prophezeiung, die Rolland sicher auch so gesehen hatte: Krieg wird so lange sein, als die Mehrzahl der Menschen noch nicht in jenem Goetheschen Reich des Geistes mitleben kann. Krieg wird noch lange sein, er wird vielleicht immer sein. Dennoch ist die Überwindung des Krieges nach wie vor unser edelstes Ziel und die letzte Konsequenz abendländisch-christlicher Gesittung. […] Noch viel weniger wird ‚Frieden auf Erden‘ und Freundschaft unter den Menschen, die eines guten Willens sind, jemals aufhören, unser höchstes Ideal zu sein. […] Daß Liebe höher sei als Haß, Verständnis höher als Zorn, Friede edler als Krieg, das muß ja eben dieser unselige Weltkrieg uns tiefer einbrennen, als wir es je gefühlt. Wo wäre sonst sein Nutzen?26
Doch seine mahnenden Worte an die Vernunft wurden damals mit Zorn quittiert, vor allem von seinen eigenen Landsleuten. 2. IM DIENSTE DER VERSTÄNDIGUNG IN DER SCHWEIZ Seit 1912 lebte Hesse mit seiner Familie in Bern in der Schweiz. Er meldete sich beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges freiwillig zum Militärdienst, wurde jedoch wegen seiner hochgradigen Kurzsichtigkeit für ‚felddienstuntauglich‘ erklärt und arbeitete ab September 1915 in der Kriegsgefangenenfürsorge in Bern. Er engagierte sich menschlich sehr bei dieser Aufgabe und wehrte sich immer wieder gegen die patriotische Kriegsdichtung, die in einer breiten Öffentlichkeit Anklang fand. Aufgrund seiner zutiefst menschlichen Einstellung, die keine Begrenzung durch Vaterländer kannte, wurde er von rechtsstehenden deutschen Publizisten zum Vaterlandsverräter erklärt. Dies war sicher auch ein Grund dafür, dass er später den Entschluss fasste, sich um die schweizerische Staatsbürgerschaft zu bemühen, die er schließlich 1923 erhielt. Der Erste Weltkrieg hatte Rolland in der Schweiz überrascht und er beschloss, auch dort zu bleiben. In Genf war er für das Rote Kreuz tätig und kümmerte sich um die Kriegsgefangenen. Aufgrund seiner Einstellung gegen den Krieg hatte er ein ähnliches Schicksal wie Hesse und wurde ebenfalls von seinen Landsleuten als Vaterlandsverräter angegriffen. So ist es nicht verwunderlich, dass Rolland und Hesse als Weggefährten im Krieg zueinander fanden. Rolland litt sehr unter dem Krieg und gab seinen Gedanken, Gefühlen und Reflexionen einen schriftlichen Ausdruck, den wir heute noch dank seiner Veröffentlichungen nachverfolgen können. In seinem Kriegstagebuch Journal des Années de Guerre 1914–1919 beschrieb er seine Sicht des Krieges und dokumentierte diese mit Briefen, Artikeln und zum Teil sehr persönlichen Kommentaren. Dieses Werk aus der Zeit des Ersten Weltkriegs lässt den Leser zum Zeitzeugen werden und bewegt durch die persönlichen Passagen Rollands. Zwei Tage, bevor Rolland zum ersten Mal an Hesse schrieb, drückte er seine ganze Verzweiflung in seinem Kriegstagebuch aus. Am 24. Februar 1915 schrieb er:
26 Hesse: O Freunde, nicht diese Töne, S. 17.
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Susann Gundermann-Link Neue Krise. Schreckliche Nächte. Meine einzige Beruhigung ist der Gedanke an den Tod. Nicht mehr sein. Nicht mehr Mensch sein. Oh! Wäre ich dazu verurteilt, nicht zu sterben, würde ich verrückt werden.27
In diesen schweren Tagen fühlte er sich gestärkt durch das Denken Hesses, der wie er ein Verfechter eines starken, geistigen Europas war. In seinem Tagebuch notierte Rolland über ihn: Hesse vergleicht sein Europäertum etwa dem meinigen; und er sieht darin nicht eine vereinzelte Zufälligkeit, sondern eine frühe, noch vereinzelte Blüte des im besten Teil der deutschen Jugend vorhandenen europäischen Geistes.28
Rolland zitierte Teile seines Briefes in seinem Kriegstagebuch: Ich schreibe Hermann Hesse (26. Februar), um ihm zu sagen, welche Sympathie ich ihm entgegenbringe, seit ich hörte, wie er mitten im Kriege die Worte wiederholte, die die Wolken des Hasses vertreiben, die Worte des erlösten Beethoven.29
Rolland schrieb an Hesse: Nous ne pouvons arrêter les fureurs des Etats ; je crains même qu’elles ne deviennent encore plus atroces ; et les peuples ne peuvent parler ; à peine peuvent-ils penser (on ne leur en laisse ni le temps, ni la faculté). D’autant plus faut-il que nous resserrions nos liens, nous tous qui, dans tous les pays, nous refusons avec dégout à cette bestiale folie et qui avons la charge de garder pour l’avenir l’union sacrée de l’esprit européen.30
Rolland schrieb in seinem Kriegstagebuch folgendes über die Antwort von Hesse: Hesse antwortet mir voller Herzlichkeit […] Man spürt, daß er jeder Politik und fast jedem Handeln mißtraut; ‚denn es wird jetzt aus jedem wohlgemeinten Zuruf wie unter einem bösen Zauber etwas Feindliches‘.31
Wie gut musste Rolland die Herzlichkeit Hesses tun in einer Zeit, in der er selbst auch von seinen Landsleuten bekämpft und stark ausgegrenzt wurde. Er vertraute im März 1915 seinem Kriegstagebuch an: Ich fühle den Haß, der in Frankreich gegen mich ansteigt. Dennoch habe ich nichts anderes getan als menschliche Worte gesprochen und ohne viel Aufhebens in einer maßvollen Haltung ohne Haß ausgeharrt. Andererseits scheinen die paar Freundesstimmen, die ich am Anfang hörte, müde, vielleicht mutlos geworden zu sein. Ich bin allein. Ich verbringe die traurigsten Tage meines Lebens, in einem Gefühl seelischer Einsamkeit, von Herzens- und Geistesnot […].32
So entstand zwischen den beiden Pazifisten in diesen schweren Tagen des Krieges aus einer Geisteskameradschaft das Band einer Freundschaft, die 25 Jahre andauern sollte. Ihr Kontakt, der aus dem Widerstand geboren wurde, entwickelte sich zu 27 Rolland, Romain: Das Gewissen Europas, Bd. 1: Juli 1914 bis November 1915, Berlin: Rütten & Loening, 1963, S. 331. 28 Rolland: Das Gewissen Europas, S. 336. 29 Rolland: Das Gewissen Europas, S. 336. 30 Hesse/Rolland: Briefe, S. 9. 31 Rolland: Das Gewissen Europas, S. 337. 32 Rolland: Das Gewissen Europas, S. 331.
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einer Freundschaft auf intellektueller, künstlerischer und sogar spiritueller Ebene, die ihresgleichen sucht. 3. KUNST DES FRIEDENS Die beiden Schriftsteller drückten ihre pazifistischen Überzeugungen auch in künstlerischer Form aus, so wie Hesse 1915 in seinem Gedicht Friede. Hesse schickte Rolland sein Gedicht und dieser antwortete ihm begeistert: „Quel plaisir m’a fait votre belle ‚musique‘“33. Als Musikwissenschaftler und Pianist fügte er begeistert hinzu: „Vous avez de la chance que je ne compose pas. Je ne pourrais pas résister au désir de tracer des notes au-dessus de vos lignes.“34 Ein größeres Kompliment kann ein Musiker einem Dichter wohl kaum machen. Noch heute ist dieses Gedicht von seiner Aussage her aktuell, wenn man an die Krisenherde und Kriegsschauplätze der Welt denkt. Es rüttelt uns wach, für den Frieden aktiv zu sein und ihn zu bewahren, wo immer es möglich ist: Friede Jeder hat’s gehabt, Keiner hat’s geschätzt, Jeden hat der süße Quell gelabt, O wie klingt der Name Friede jetzt! Klingt so fern und zag, Klingt so tränenschwer, Keiner weiß und kennt den Tag, Jeder sehnt ihn voll Verlangen her. Sei willkommen einst, Erste Friedensnacht, Milder Stern, wenn endlich du erscheinst Überm Feuerdampf der letzten Schlacht. Dir entgegen blickt Jede Nacht mein Traum, Ungeduldig rege Hoffnung pflückt Ahnend schon die goldene Frucht vom Baum. Sei willkommen einst, Wenn aus Blut und Not Du am Erdenhimmel uns erscheinst, Eines andern Zukunft Morgenrot!35
33 Rolland nimmt Bezug auf den Titel von Hesses Werk Musik des Einsamen: neue Gedichte, Heilbronn: Salzer, 1915. 34 Hesse/Rolland: Briefe, S. 14. 35 Hesse, Hermann: Die Gedichte [1953], Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1977, S. 393.
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So bemühten sich die beiden Schriftsteller, das Ideal der Menschlichkeit zu bewahren und zumindest hier, in ihrer Freundschaft, zu leben. Sie ermunterten sich immer wieder gegenseitig und gaben sich nicht der Resignation hin, obwohl sie von vielen wegen ihrer humanitären Haltung geächtet wurden. 4. BEGEGNUNGEN IM KRIEG Am 12. August 1915 trafen sich die beiden Schriftsteller zum ersten Mal. Rolland besuchte Hesse in seinem Haus im Melchenbühlweg in Bern und drückte klar aus, dass er Hesse alleine treffen wolle, ohne die Gegenwart von politisch orientierten Zeitgenossen. „Je préfère ne pas me rencontrer pour le moment avec des hommes politiques“36. Beide lebten während des Ersten Weltkrieges in der Schweiz, Hesse in Bern, dann in Montagnola, und Rolland in Villeneuve. Diese Begegnung zwischen Rolland und Hesse kann wie ein Symbol der Annäherung des europäischen Geistes in Kriegszeiten gesehen werden. Im direkten Kontakt kamen sich die beiden Schriftsteller näher und genossen ihre Gemeinsamkeiten, auch die Liebe zur Natur. Dabei ging ihre geistige Verwandtschaft weit über die Widerstandshaltung im Krieg hinaus. Sie interessierten sich beide für die indische und chinesische Gedankenwelt.37 Beide Freunde waren stark mitgenommen vom ersten Kriegsjahr und zogen sich erst einmal vom öffentlichen Geschehen zurück. Zeitgleich drückten sie diesen Wunsch in ihren Briefen aus. Hesse schrieb im August 1915: „Ich selbst bin ganz unpolitisch und hänge einer asiatischen Passivität an.“38 Diese Tendenz hatte sich immer mehr verstärkt und auch Rolland suchte nach Ruhe und schrieb im August 1915: „Pour quelques semaines, ou quelques mois, je fais retraite dans l’art; j’ai besoin d’y reprendre des forces et de l’air pur.“39 Die direkte Begegnung ist der Beginn einer brüderlichen Freundschaft. Rolland schätzte sie sehr und schrieb am 24. August 1915: „Quand on pense que la loi barbare des nations voudrait faire de nous des ennemis! […] Croyez à ma fraternelle sympathie.“40 Die Tendenz des Rückzugs wurde bei Hesse immer stärker und er glaubte nicht mehr an Europa. Er öffnete sich vollkommen der geistigen Welt Asiens und fand dort eine Heimat für seine Seele, um die er nicht kämpfen musste. Er begann an seinem großen Werk Siddhartha (1922) zu arbeiten. Wie sehr er seinem französischen Freund verbunden und dankbar war, zeigte seine Widmung dieses Herzenswerkes an Rolland: Lieber, verehrter Romain Rolland! Seit dem Herbst des Jahres 1914, da die seit kurzem eingebrochene Atemnot der Geistigkeit auch mir plötzlich spürbar wurde, und wir einander von fremden Ufern her die Hand gaben, im Glauben an dieselben übernationalen Notwendigkeiten,
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Hesse/Rolland: Briefe, S. 18. Vgl. Cheval, Renée: Romain Rolland. L’Allemagne et la Guerre, Paris: PUF, 1963, S. 372. Hesse/Rolland: Briefe, S. 17. Hesse/Rolland: Briefe, S. 18. Hesse/Rolland: Briefe, S. 23.
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seither habe ich den Wunsch gehabt, Ihnen einmal ein Zeichen meiner Liebe und zugleich eine Probe meines Tuns und einen Blick in meine Gedankenwelt zu geben. Nehmen Sie die Widmung des ersten Teils meiner noch unvollendeten indischen Dichtung freundlichst entgegen von Ihrem Hermann Hesse.41
Schon aus ihrer Ansprache in den Briefen kann die Entwicklung ihrer freundschaftlichen Beziehung ersehen werden. Aus der Ansprache „Verehrter Herr Rolland“ 1914 wird 1915 „Verehrter, lieber Herr Rolland“ und im Jahr 1916 „Mein lieber Herr Rolland“, 1917 „Lieber Herr Rolland“, 1922 „Lieber Romain Rolland“, 1923 „Lieber Freund Rolland“ und 1924 „Lieber Freund“. Hesse war elf Jahre jünger als Rolland, außerdem war Rolland ein weltweit anerkannter Schriftsteller und hatte schon 1915 den Nobelpreis für seinen Roman Jean-Christophe erhalten. Hesse bekam den Nobelpreis erst 1946. Daher kam sicher auch seine sehr respektvolle Haltung. Rolland hingegen nannte Hesse „Cher Hermann Hesse“ und später „Cher ami“. 5. LEIDEN UND ÖFFNUNG FÜR DEN INDISCHEN SEELENWEG Für Hesse war die Zeit des Ersten Weltkriegs auch aus vielen privaten Gründen schwierig. Sein Vater starb 1916, sein damals dreijähriger Sohn erkrankte an Hirnhautentzündung, seine Ehefrau litt unter Schizophrenie und die Ehe zerbrach. Auch die Tatsache, dass viele Künstler und Intellektuelle sich der politischen Kriegsmaschinerie unterwarfen, stürzte ihn in eine tiefe Krise. Hesse machte ab 1916 eine Psychoanalyse bei Dr. Josef Bernhard Lang, einem Schüler von Carl Gustav Jung (etwa 60 Sitzungen), und schließlich auch bei Jung selbst (1921). Auch Rolland interessierte sich sehr für die Psychoanalyse. Später hatte er einen intensiven Austausch mit Sigmund Freud, der die Werke Rollands sehr schätzte. Sie unterhielten von 1923 bis 1936 einen sehr interessanten Briefwechsel.42 Im Jahr 1916 schrieb Hesse seinen Demian43, in dem er viele seiner Erfahrungen über den Krieg reflektierte. Das Werk erschien 1919 unter dem Pseudonym Emil Sinclair und wurde zu einem Buch der Avantgarde, in dem der Jugend gezeigt wurde, wie wichtig Selbstbestimmung ist. Die Fesseln der Fremdbestimmung wurden von den Hauptpersonen in der Geschichte von Emil Sinclairs Jugend, Max Demian und Emil Sinclair, abgeworfen und sie entwickelten sich in ihrer Freundschaft weiter zu selbstbestimmten Persönlichkeiten. Dass ihnen in diesen bewegten Zeiten die Freundschaft Heimat war, drückte die Mutter von Max Demian aus: „‚Heim
41 Hesse, Hermann: Siddhartha. Eine indische Dichtung [1922], Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1974, S. 6. 42 Vgl. Vermorel, Henri/Vermorel, Madeleine: Sigmund Freud et Romain Rolland. Correspondance 1923–1936. De la sensation océanique au Trouble du souvenir sur l’Acropole, Paris: PUF, 1993. 43 Hesse, Hermann: Demian [1919], Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2007.
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kommt man nie‘ sagte sie freundlich. ‚Aber wo befreundete Wege zusammenlaufen, da sieht die ganze Welt für eine Stunde wie Heimat aus.‘“44 Dieser Gedanke ist auch auf die Freundschaft von Hermann Hesse und Romain Rolland übertragbar, denn sie fanden in ihrer Freundschaft eine Heimat, die ihnen Kraft und Stärke gab, die Wirren der Kriegswelt zu verkraften. Demian ist ein Buch gegen den Krieg, in dem Hesse sich von seinem alten Freund Gusto Gräser inspirieren ließ, der ein entschiedener Kriegsdienstverweigerer war. Unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlichte Hesse auch Artikel gegen den Krieg. Rolland schrieb in dieser Zeit sein Werk Clérambault45, in dem er sich auch ganz klar gegen den Krieg aussprach. Rolland veröffentlichte nur unter eigenem Namen, was ihm den Hass seiner Landsleute einbrachte. Rollands Artikel gegen den Krieg entsprangen derselben Gesinnung wie die Hesses und nachdem Rollands Buch Au-dessus de la mêlée46 gedruckt war, schickte er es an Hesse. Erst im Januar 1916 fand dieser die Zeit, sich bei Rolland für die Zusendung von dessen Buch zu bedanken: Seit Monaten habe ich gar kein Privatleben mehr, sonst hätte ich Ihnen schon längst für Ihr liebes Buch gedankt, aus dem ich Ihre klare, gute Stimme so gern wieder vernehme. Haben Sie herzlichen Dank für dieses Dokument einer Gesinnung, welche traurigerweise sich heute nur bei Wenigen findet! Wie tut es wohl zu wissen, daß hier und dort Männer leben, denen die Sünde wider den Geist unmöglich ist!47
Rollands Versuch, sich gegen den Krieg aufzulehnen, der in seinem Werk Au-dessus de la Mêlée ausgedrückt wird, traf bei Hesse auf volle Resonanz und bestärkte diesen, auf seinem Weg gegen den Krieg weiterzugehen. Wie schwer die Lage für ihn war, drückte er im Weiteren in seinem Brief aus: An Feindschaft und Verleumdung habe auch ich seither mein Teil erfahren müssen. Schließlich ging ich ganz in der Arbeit unter. Ich versorge die deutschen Gefangenen mit Lektüre und habe eine Menge von Arbeiten lernen müssen, die ich nie getan hatte.48
Hesse ermunterte Rolland in seinem Bestreben, gegen den Krieg zu kämpfen: Ich wünsche Ihnen vor allem ein gutes Wirken unter jenen Geistern, die für die Vernunft kämpfen. Sie haben treue und dankbare Freunde, und diese halten desto treuer zu Ihnen, je mehr von den lauen Freunden Ihnen verloren gingen!49
Im Juli 1916 trafen sich die beiden Schriftsteller zum zweiten Mal in der Schweiz in Thun. Rolland fand, dass Hesse sich sehr verändert hatte. Er dachte, dass der Tod von Hesses Vater der Grund für dessen veränderten psychischen Zustand sei. Für Rolland war es in dieser Zeit schwierig zu verstehen, dass Hesse sich enttäuscht von Europa abwandte und sich der Seele Asiens zuwandte. Erst später beurteilte er 44 Hesse: Demian, S. 164. 45 Rolland, Romain: Clérambault. Histoire d’une conscience libre pendant la guerre, Paris: Albin Michel, 1920. 46 Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorff [u. a.], 1915. 47 Hesse/Rolland: Briefe, S. 24. 48 Hesse/Rolland: Briefe, S. 24. 49 Hesse/Rolland: Briefe, S. 25.
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die Richtungsänderung seines Freundes anders. Nachdem er dessen Werk Siddhartha gelesen hatte, dessen erster Teil ihm selbst gewidmet ist, schrieb er an Hesse im Jahr 1923: Que la conclusion de l’œuvre est belle et profonde ! Quelle vision fascinante que le torrent de l’univers sous le voile du sourire d’un Bouddha, – d’un ‘Vollendete’ ! Elle continue de m’envelopper, tandis que je vais et viens, au cours de ma journée.50
Rolland begleitete seinen Freund Hesse aus einem tiefen spirituellen Verständnis heraus, doch er gab zu bedenken, wie wenige von Hesses europäischen Zeitgenossen seine Vision verstehen könnten: Mais je pensais : combien, parmi nos écrivains d’aujourd’hui, sont capables de la saisir, sinon sous son aspect pittoresque ? Combien, ami Hesse, voient en vous au-delà du vêtement de la nouvelle, de l’habillement littéraire, – jusqu’au OM que chante votre esprit, comme le fleuve ? Même de ceux qui vous approchent, qui vous admirent et qui vous aiment, combien se doutent de votre vrai moi ? – Certes, vous en trouveriez plus aux Indes qu’en Europe ; et il faut que ce livre soit traduit en bengali par notre ami Nâg.51
In diesem Brief erschien ein neues Universum, das beide verband, eine Einheit, die sich in neuer Form Bahn brach. So wie beide Schriftsteller im Krieg für ihren Wunsch nach Einheit und Harmonie kämpften, tauchten sie beide ein in eine asiatische Einheit und ein tiefes universelles Gefühl. Nach dem Krieg wurde Rolland für diese Welt, in der Hesse Zuflucht genommen hatte, viel offener und interessierte sich selbst für Indien. Die Einheit und den Frieden, den beide in Europa nicht fanden, suchten sie im Prinzip der Gewaltlosigkeit und im Geist der All-Einheit Asiens. Rolland versuchte Hesse zu helfen, sein Werk in Frankreich zu publizieren. 1923 erschien Siddhartha bei Grasset, doch leider hatte der Verleger die Widmung von Hesse an Rolland weggelassen. Dies mag auch Ausdruck der Ablehnung sein, die Rolland in seinem eigenen Land nach dem Krieg erfuhr, da er immer noch als Vaterlandsverräter geächtet war. Rolland fand auch den geistigen Weg nach Indien und ihn bewegte besonders das Prinzip des gewaltlosen Widerstands und des Pazifismus, dessen stärkster Vertreter Mohandas K. Gandhi war. Im Jahr 1922 traf Rolland Gandhi und schrieb ein Buch über ihn (1923)52. Dank des gemeinsamen indischen Freundes Kalidas Nâg, einem Schüler Tagores53, tauschten sich die beiden Europäer Rolland und Hesse noch öfters über den Geist Asiens aus. Nach dem Erscheinen des Mahatma Gandhi von Rolland schrieb Hesse am 26.12.1923: […] und sage Ihnen von hier aus Dank für Ihren lieben schönen Brief, der mir so viel Freude machte, und Ihre Schrift über Gandhi, an welcher auch das mich freut, daß Sie, parallel mit mir, einmal indische Wege gehen. Ihre Darstellung des ‚Gandhismus‘ ist europäisch, muß es auch 50 51 52 53
Hesse/Rolland: Briefe, S. 54. Hesse/Rolland: Briefe, S. 54–55. Rolland, Romain: Mahatma Gandhi, Erlenbach-Zürich [u. a.]: Rotapfel-Verlag, 1923. Rabindranath Tagore war ein bengalischer Dichter (1861–1941), der 1913 den Nobelpreis für Literatur erhielt.
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Susann Gundermann-Link sein, und geht an Klarheit der Formulierung weit über alles hinaus, was ich sonst hierüber las. Und am meisten liebe ich, hinter Ihrer Klarheit, Intelligenz und Präzision, die Liebe und Herzenswärme mit der Sie nun auch jene ferne, mir seit undenkbarer Zeit nahe Welt umfassen.54
Im pazifistischen Geist Gandhis fanden die beiden großen Europäer den gleichen Energiefluss, die gleiche Verwirklichung ihrer pazifistischen Ideen, die sie im Ersten Weltkrieg zusammengeführt hatten – ein literarischer Ausdruck der Gedanken des Friedens, des menschlichen Respektes und der gegenseitigen Wertschätzung. 6. ENDE DES ERSTEN WELTKRIEGES UND RÜCKBLICK Als im Jahr 1919 die Barrieren zwischen den befeindeten Völkern fielen und sich die Grenzen wieder öffneten, schrieb Rolland mit Georg F. Nicolai eine „Déclaration de l’Independance de l’Esprit“ (Erklärung der Unabhängigkeit des Geistes)55. Rolland schickte diesen Aufruf am 29. April 1919 an Hesse mit der Bitte, seinen Namen darunter zu setzen. Unter dem Aufruf standen schon die Unterschriften anderer namhafter Europäer: Bertrand Russell, Benedetto Croce, Frederik van Eeden, Stefan Zweig, Henri Barbusse etc. Gleichzeitig mit dem Appell sandte Rolland Hesse sein damals neues Werk Colas Breugnon56. Wie ein großes Dankeschön für die schwere Zeit und das Versprechen auf eine Zeit des Genießens erscheint dieses Buch, das von französischer Lebensfreude erfüllt ist. Hesse freute sich über „[d]ie Flasche alten Burgunders“57, von der er sich Trost versprach. Hesse unterschrieb den Appell Rollands: „Aber ich will wenigstens sogleich meine herzliche Zustimmung aussprechen zu Ihrer wundervollen ‚déclaration d’Indépendance de l’esprit‘, und Sie bitten auch meinen Namen darunter zu setzen.“58 Rückblickend auf die gemeinsam durchlebte Kriegszeit schrieb Hesse ein Gedicht für Rolland. Es wurde in der Festschrift zu dessen 60. Geburtstag im Liber Amicorum59 veröffentlicht und drückt die Schwere der gemeinsam erlebten Zeit aus. Hesse schrieb dieses Gedicht aus dem Geist der Einheit heraus, der alle Facetten des Seins umfasst. Hier kommt auch seine Seelenverwandtschaft mit Rolland zum Ausdruck, die über die Widerstände der Epoche hinaus auf das Wesentliche blicken ließ und eine starke Gesinnung und Kraft beinhaltete. Diese seelische Verbundenheit stützte und verband die beiden Freunde.
54 Hesse/Rolland: Briefe, S. 64. 55 Rolland, Romain: Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, in: L’Humanité 5547 (26.06.1919), S. 1. 56 Rolland, Romain: Colas Breugnon [1919], Paris: Albin Michel, 1969. 57 Hesse/Rolland: Briefe, S. 32. 58 Hesse/Rolland: Briefe, S. 32. 59 Gor’kij, Maksim/Duhamel, Georges/Zweig, Stefan (Hg.): Liber Amicorum. Romain Rolland sexagenario ex innumerabilibus amicis paucissimi grates agunt, Zürich, Leipzig: RotapfelVerlag, 1926.
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In schweren Tagen für Romain Rolland Auch in diesen dunklen Stunden, Liebe Freunde, laßt mich gelten! Ob ichs hell, ob trüb gefunden, Nie will ich das Leben schelten. Sonnenschein und Ungewitter Sind des selben Himmels Mienen; Schicksal soll, ob süß ob bitter, Mir als liebe Speise dienen. Seele geht verschlungene Pfade, Lernet ihre Sprache lesen! Morgen preist sie schon als Gnade, Was ihr heute Qual gewesen. Sterben können nur die Rohen. Andre will die Gottheit lehren, Aus dem Niedern, aus dem Hohen Seelenhalten Sinn zu nähren. Erst auf jenen letzten Stufen Darf uns eine Rast erfrischen, wo wir leicht und ungerufen Uns in Gottes Atem mischen. Hermann Hesse60
Als Hesse im Januar 1936 Rolland zu seinem 70. Geburtstag gratulierte, drückte er seine Gedanken über die kriegerische Vergangenheit, aber auch über die nationalsozialistische Gegenwart aus, in denen er Rolland als Stütze und Beispiel erlebte: Lieber verehrter Romain Rolland! Sie werden siebzig Jahre alt, und wenn auch jetzt keine Zeit zum Feste feiern ist, muß ich Sie doch zu diesem Tag begrüßen und Sie meiner unveränderten Liebe und Verehrung versichern. Seit unserer Begegnung im Herbst 1914 gehören Sie für mich zu den wenigen Autoren unserer Zeit, die ich um ihrer Lauterkeit und Menschlichkeit willen als Vorbilder und ältere Brüder verehre. Die Erfahrungen, die wir damals im Weltkriege machten, wiederholen sich heute alle wieder, und es wiederholt sich auch die große Versuchung: am Wert des Geistes und des Wortes überhaupt zu zweifeln. Daß ich auch jetzt, inmitten recht häßlicher Erfahrungen, diesem Zweifel widerstehen kann, daran haben Sie mit Ihrem Beispiel großen Anteil.61
Dass Hesse im Jahr 1936 in tiefer Freundschaft an den Geburtstag Rollands dachte, bedeutete dem französischen Schriftsteller sehr viel. Er brachte die große Verbundenheit ihrer Freundschaft in seiner Antwort zum Ausdruck, die zurück blicken lässt auf ihre Gemeinsamkeiten. 60 Gor’kij/Duhamel/Zweig (Hg.): Liber Amicorum, S. 174. 61 Hesse/Rolland: Briefe, S. 104–105.
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Susann Gundermann-Link Cher ami. Combien je suis touché que vous ayez songé à m’écrire, pour mon septantenaire ! Vous êtes un de mes très rares frères d’art et de pensée, pour qui j’aie amour et respect ; et je suis heureux de votre amitié. Nous sommes, vous et moi, deux ermites. Mais dans mon ermitage j’ai laissé toutes les bourrasques du monde pénétrer, et j’envie souvent le calme du vôtre, dans la lumière.62
Er vertraute Hesse seine tiefsten Gedanken über Leben und Tod an: Je n’ai pas vécu le rêve de ma vie, mais son destin. Et il n’a cessé de m’imposer, à chaque étape où je pensais me reposer, de nouveaux combats. Jamais de repos. – Mais je finirai bien par le gagner ! Je l’ai acheté.63
Dieser große Wunsch Rollands nach Erholung, nach Ruhe fand schließlich zu den Gedanken an die ewige Ruhe, seinen Tod: Pour cet heureux temps, où l’on n’aura plus qu’à dormir, dormir l’éternité, je rêve, non d’un saule qui pleure sur mon sommeil, comme Musset, mais d’un olivier, au soleil. J’ai toujours gardé toute ma vie, la nostalgie de l’Italie de mes vingt ans.64
Dieser kurze Einblick in das Seelenleben Rollands, seine Gedanken an den Tod bewegten Hesse sicher dazu, gleich zu antworten. Außerdem tauchte er gerade ein in das Universum der Verzauberten Seele65 Rollands: Ich habe von Ihren beiden neuen Büchern66 das eine gelesen, das zweite eben zu lesen begonnen, damit feiere ich Ihren 70. Geburtstag. Ich liebe und bewundere die Energie und Frische dieser Bücher!67
Hesse berichtigte den Eindruck Rollands, er würde in Ruhe und Frieden leben. Noch einmal, so wie auch schon im Ersten Weltkrieg, war Hesse der Hetze und Verleumdung der Deutschen ausgesetzt, diesmal der Nazis. Hesse bezog gleich nach der Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 Stellung gegen die Nationalsozialisten und gab vielen Künstlern, die von der NSDAP verfolgt wurden, Schutz und Zuflucht in der Schweiz. In einzelnen Artikeln, Privatbriefen und Leserbriefen drückte er seine Ablehnung gegen das Nazi-Regime aus. Hesse stand auch auf der Schwarzen Liste bei den Nazis und seine Bücher galten ab 1939 als unerwünscht und durften in Deutschland nicht mehr gedruckt werden. Im Jahr 1955 erhielt er als Ehrung für seinen Kampf gegen die Nazis den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Mein Leben in Montagnola ist nicht ganz so ruhig, wie es Ihnen scheint. Z. B. bin ich zur Zeit wieder Zielscheibe einer hartnäckigen Presse-Hetze, mit Verleumdungen, gefälschten biographischen Daten u. s. w. Und zwar stehe ich, wie immer, zwischen zwei feindlichen Lagern und werde aus beiden beschossen: diesmal sind es die Nazi in Deutschland, vielmehr einige meiner
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Hesse/Rolland: Briefe, S. 106. Hesse/Rolland: Briefe, S. 106. Hesse/Rolland: Briefe, S. 106. Rolland, Romain: Die verzauberte Seele, Berlin: Rütten & Loening, [1922] 1961; Rolland, Romain: L’Ame enchantée, Paris: Albin Michel, 1922. 66 Gemeint sind hier die damals in deutscher Übersetzung erschienenen späteren Bände der Verzauberten Seele von Romain Rolland. 67 Hesse/Rolland: Briefe, S. 107.
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dortigen Kollegen, und gleichzeitig die deutschen Emigranten, für die ich seit 3 Jahren viel gearbeitet und denen ich große Opfer gebracht habe.68
Hesse litt sehr unter dieser erneuten Verfolgung und beurteilte Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf sehr negative Art und Weise. Auch für ihn, so teilte er Rolland mit, war der Tod eher ein beneidenswerter Zustand: Die Welt hat sich nicht verändert, es ist seit damals, wo wir uns kennen lernten, immer Krieg gewesen. Hoffen wir, daß der Tod uns einmal wirklich die große Ruhe bringt, nach der man zuweilen sich sehnt. Mein jüngerer Bruder, ein armer kleiner Angestellter in einer Fabrik, hat sich kürzlich, von Frau und Kindern weg, das Leben genommen. Ich habe ihm mit ein wenig Neid in sein Grab geblickt, bin dann aber in die Tätigkeit zurückgekehrt, in die vita activa, von welcher man nie weiß, ob man eigentlich ihr Subjekt oder ihr Objekt ist.69
Die mahnenden Worte und Artikel der beiden Schriftsteller gegen den Krieg fanden erst viel später Gehör. Leider musste es noch einen Weltkrieg geben, bevor eine große pazifistische Welle einsetzte, in der die beiden Schriftsteller gelesen wurden wie nie. Hesse erlebte diese Zeit noch, während Rolland 1944 in Vézelay starb, ohne das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebt zu haben. Es gab eine intensive Friedensbewegung, die weltweit völkerverbindende und pazifistische Ziele verwirklichte, was sich die beiden Pazifisten so sehr gewünscht hatten. Europa wurde geschaffen und das Weltbürgertum der beiden pazifistischen Freunde wurde zu einer modernen Bewegung. Ihre Freundschaft trotzte den Angriffen ihrer Zeit und ist wegweisend für eine friedliche Welt – es gilt nur, sich daran zu erinnern und zu orientieren. LITERATURVERZEICHNIS Cheval, Renée: Romain Rolland. L’Allemagne et la Guerre, Paris: PUF, 1963. Dadoun, Roger: Contre la haine. L’Amitié Hermann Hesse–Romain Rolland, Paris [u. a.]: Scheer [u. a.], 2002. Gor’kij, Maksim/Duhamel, Georges/Zweig, Stefan (Hg.): Liber Amicorum. Romain Rolland sexagenario ex innumerabilibus amicis paucissimi grates agunt, Zürich, Leipzig: Rotapfel-Verlag, 1926. Gundermann-Link, Susann: Romain Rolland und Hermann Hesse –Weggefährten im Krieg, in: Seybert, Gislinde/Stauder, Thomas (Hg.): Heroisches Elend/Misères de l’héroïsme/Heroic Misery. Der Erste Weltkrieg im intellektuellen, literarischen und bildnerischen Gedächtnis der europäischen Kulturen/La Première Guerre mondiale dans la mémoire intellectuelle, littéraire et artistique des cultures européennes/The First World War in the Intellectual, Literary and Artistic Memory of the European Cultures. Teil 1/1ère partie/Part 1, Frankfurt/M. [u. a.]: Peter Lang, 2014, S 573–588. Hesse, Hermann: Eine Stunde hinter Mitternacht, Leipzig: Diederichs, 1899. Hesse, Hermann: Romantische Lieder, Dresden, Leipzig: Pierson, 1899. Hesse, Hermann: Peter Camenzind, Berlin: Fischer, 1904. Hesse, Hermann: Unterm Rad, Berlin: Fischer, 1906. Hesse, Hermann: Gertrud, München: Langen, 1910. 68 Hesse/Rolland: Briefe, S. 107. 69 Hesse/Rolland: Briefe, S. 107.
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UN ‘GRAND COSMOPOLITE’ ? Romain Rolland et l’Italie ou les contradictions d’un inter-nationaliste Blaise Wilfert-Portal La question du ‘cosmopolitisme’ hante actuellement les sciences sociales. Qu’il s’agisse de constater l’existence d’un « tournant global des sciences sociales » (Stéphane Dufoix1, par exemple), d’affirmer l’importance vitale d’une théorie cosmopolitique (Ulrich Beck2, par exemple) ou de poser l’urgence de penser de nouvelles formes d’identités (Steven Vertovec3, par exemple), le ‘cosmopolitisme’ est une interrogation permanente. Pour une bonne part, ces théories se fondent sur un récit historique implicite de la mondialisation : les effets de l’accroissement fabuleux des circulations, et notamment des circulations culturelles, dont ‘notre époque’ serait le témoin, après le temps du ‘national’, imposeraient à la fois de nouvelles formes d’existence, d’identité et de rapport au monde, mais donc aussi de nouvelles sciences sociales. Cette question aborde aussi naturellement les rivages de la littérature : qu’il s’agisse d’affirmer la nécessité d’un enseignement de la littérature tourné vers la ‘littérature mondiale’ (David Damrosch4, par exemple), de proclamer l’urgence vitale d’une ‘littérature-monde’ qui permette de dire la mondialité immense du monde (le manifeste Pour une littérature monde en français, en 2007, signé notamment par Jean Rouaud, Michel Le Bris, Alain Mabanckou, Boualem Sansal et Nancy Huston5), ou de poser l’importance d’une littérature porteuse d’identité dans un monde qui se dissout, la question ‘cosmopolite’, parfois aussi caractérisée comme ‘transculturelle’ ou ‘transnationale’, hante le discours sur la littérature et son existence présente. Il est d’une certaine manière inévitable que cet agenda à la fois politique et scientifique fasse aussi retour sur des figures du passé, puisqu’on interroge toujours le passé à partir des questions du présent et qu’on cherche dans le passé les traces d’une compréhension du présent. Romain Rolland paraît naturellement une figure incontournable pour ce genre d’anamnèse. A la fois parce qu’il a été une grande
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Caillé, Alain/Dufoix, Stéphane (dir.) : Le Tournant global des sciences sociales, Paris : La Découverte, 2013. Beck, Ulrich : Qu’est-ce que le cosmopolitisme, Paris : Aubier, 2006. Vertovec, Steven : Conceiving and Researching Transnationalism, ds. : Ethnic and Racial Studies 22/2 (1999), p. 447–462. Damrosch, David : What Is World Literature, Princeton : Princeton UP, 2003. Le Bris, Michel/Rouaud, Jean (dir.) : Pour une littérature-monde, Paris : Gallimard, 2007.
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figure, autoproclamée d’abord, mais aussi célébrée par d’autres, des ‘relations culturelles’ internationales, du ‘dialogue culturel entre les peuples’ (toutes formulations que la socio-histoire a tendance à interroger, d’où les guillemets), que l’on peut rétrospectivement caractériser comme ‘transnationale’ ou ‘transculturelle’, mais aussi parce qu’il a précisément vécu et exercé son sacerdoce littéraire à un moment singulièrement complexe, caractérisé parfois comme le temps de l’apogée du nationalisme (dont les guerres mondiales seraient le résultat) et comme le temps du cosmopolitisme (qu’on pense simplement au Monde d’hier de son ami Stefan Zweig6). Analyser l’action, l’œuvre, la trajectoire de Romain Rolland dans cette perspective de la transnationalité et des sciences sociales globales pourrait peut-être permettre de jeter une lumière neuve sur le personnage, mais peut-être aussi, à partir de son cas et dans un retour réflexif, sur les outils analytiques et les concepts mobilisés dans ces perspectives transnationales. Formulée autrement, la question pourrait être : à partir du cas de Romain Rolland, comment penser la transnationalité des écrivains, des artistes, des acteurs de la vie intellectuelle au tournant du XIXe et du XXe siècle ? La complexité de sa position, mais aussi finalement la complexité du temps dans lequel il inscrit son action ‘transculturelle’, peuvent permettre d’interroger cette croyance fondamentale des sciences sociales et littéraires du global selon laquelle nous sommes dans une période de mondialisation sans précédent, qui relativise fondamentalement les identités et les appartenances nationales héritées du passé, et que cette mondialisation est d’abord due à l’intensification des circulations, qu’il s’agisse des circulations de biens culturels ou de la mobilité des personnes. Au cœur du raisonnement se trouve notamment la question de l’interprétation des sociabilités, des contacts, des voyages, des réseaux internationaux, suivant l’idée, à la fois très intuitive et abondamment thématisée par les théoriciens de la cosmopolitisation actuelle, que l’intensification des voyages, des sociabilités et des contacts internationaux entre les gens a inévitablement tendance à produire des consciences, des identités et des convictions cosmopolitiques. C’est aussi l’une des descriptions habituelles de Romain Rolland : son réseau paneuropéen de correspondants, ses propres voyages, son long séjour en Suisse, le placent a priori au cœur de l’Europe ‘cosmopolite’ du temps. C’est une figure que j’ai rencontrée fréquemment lors de mes travaux sur l’importation littéraire en France, celle du ‘grand cosmopolite’, celui dont la vie est un voyage, une jubilation de la diversité culturelle, une attention constante à la ‘culture des Autres’, et qui fait dans une certaine mesure l’objet d’un culte rétrospectif en nos temps ‘post-nationaux’ dans la mesure où précisément il paraît n’avoir cessé de défier le nationalisme de son temps. Et on documente en général ces figures de héros en restituant la richesse de leurs réseaux internationaux, le nombre de leurs voyages, leur attention passionnée aux cultures de l’étranger. Quant aux tentatives d’explication de leur singularité, elles dépassent rarement le recours à la psychologie et la description d’un habitus foncièrement cosmopolite, d’une orientation fondamentale, existentielle, vers les ‘cultures des Autres’. Or il n’est pas totalement 6
Zweig, Stefan : Le Monde d’hier : souvenirs d’un Européen, Paris : Belfond, 1993 (Orig. : Die Welt von gestern. Erinnerungen eines Europäers, Stockholm : Bermann-Fischer, 1942).
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sûr qu’il faille adhérer sans réticence à ces apologies, si naturelles pour nous qui sommes toujours plus étonnés par la violence des affrontements de la Guerre de Trente Ans du XXe siècle et convaincus qu’il s’est agi au fond d’un suicide à peine manqué de l’Europe. Là encore, les sciences sociales du ‘cosmopolitisme’ peuvent nous mettre la puce à l’oreille, si l’on suit par exemple le sociologue Craig Calhoun. Dans un article fameux7, particulièrement rêche pour la sociologie du ‘cosmopolitisme méthodologique’, notamment celle d’Ulrich Beck, il propose une mise à distance du discours sur la cosmopolitisation du monde en indiquant le risque qu’il ne soit que la projection narcissique de l’habitus de classe du voyageur fréquent, et donc en fait une forme de distinction particulièrement efficace au profit des groupes dominants dans un monde libéral. Il insiste à ce sujet sur les différences de classe actuellement décisives pour l’accès à la transnationalité heureuse des ‘cosmopolites’, et souligne combien la destinée sociale de la plupart des dominés reste au contraire très dépendante du cadre national et de ses limites d’airain. Les échos avec la position de Romain Rolland, surtout quand on saisit son ‘cosmopolitisme’ à travers ses sociabilités internationales, sont particulièrement troublants. C’est donc dans ce cadre problématique que je veux placer Romain Rolland, et en particulier sa participation aux circulations culturelles franco-italiennes entre 1885 et 1914. Les premières décennies de sa carrière d’homme de lettres dans les années 1890 et 1900 sont précisément marquées par un nombre important de voyages en Italie, et par une entrée réussie dans la société mondaine internationale de Florence et de Rome. Les plus scrupuleux des biographes de Rolland font de cette trajectoire mondaine initiale une propédeutique en internationalisme, lorsqu’il s’agit de rendre compte, dans ses gestes comme dans ses textes, malgré un plan d’ensemble ‘internationaliste’, du surgissement régulier d’étranges tournures et de surprenantes attitudes qu’on attribue d’ordinaire aux nationalistes convaincus. Ces voyages s’inscrivent dans un contexte franco-italien particulièrement riche, marqué d’abord par la persistance très vivace d’un tropisme ancien pour Rome l’antique, mais aussi bien sûr pour la Renaissance italienne, dont la contemplation croisée est un rituel fondamental pour le ‘Grand tour’ des jeunes lettrés européens ; mais cet intérêt est par ailleurs renouvelé par la fondation de l’Ecole française de Rome par les autorités françaises et l’institutionnalisation nationale et internationale du tropisme artistique romain avec la multiplication, à la même époque, d’instituts comparables par la plupart des puissances européennes ; il faut enfin souligner la très grande densité des circulations de livres et de textes entre les deux pays, selon un schéma largement asymétrique très favorable aux livres et aux textes écrits en français. Mais il faut aussi rappeler la grande tension qui domine alors dans les relations interétatiques entre les deux pays, notamment pendant les années des gouvernements dirigés par Francesco Crispi, au début des années 1890, mais d’une manière générale au cours des trois décennies qui séparent le traité du Bardo en 1882 du début de la Grande Guerre.
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Calhoun, Craig : The Class Consciousness of Frequent Travelers : Toward a Critique of Actually Existing Cosmopolitanism, ds. : South Atlantic Quarterly 101 (2002), p. 869–897.
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Par ailleurs, que ce parcours entre France et Italie ait aussi croisé l’Institut français de Florence, où Rolland fut invité à enseigner l’histoire de la musique, donne encore plus d’intérêt à une restitution historique microstoriale de la trajectoire mondaine ambiguë de cet agent des ‘relations culturelles internationales’, pour tenter d’éclairer la complexité des liens entre le national, l’international, le ‘cosmopolitisme’ et le nationalisme autour de 1900. 1. LE PRINTEMPS ROMAIN DE ROMAIN ROLLAND OU LES LIMITES DE LA SOCIABILITE MONDAINE ‘INTERNATIONALE’ La première étape italienne de Romain Rolland, celle où il noua ses premiers contacts internationaux, eut pour occasion son séjour à l’Ecole française de Rome, entre 1889 et 1892.8 Rolland fut un élève brillant mais mal intégré aux promotions de normaliens auxquelles il appartenait, notamment du fait de son origine provinciale et modeste, et renâclant au cursus honorum que suivaient ses camarades. Pour échapper à un poste d’enseignement en lycée, première étape typique de la carrière universitaire des normaliens d’alors, Romain Rolland insista fortement auprès de sa hiérarchie pour faire un séjour à l’Ecole de Rome, avec pour tâche de travailler à l’analyse de la correspondance d’un nonce du XVIe siècle, Antonio Maria Salviati. Ce fut la première manifestation de la dualité propre aux premières décennies de sa trajectoire d’homme de lettres, entre l’érudition et la poésie, entre l’université et la littérature. Il décrit son travail aux archives vaticanes comme un pensum dont il s’agissait de s’acquitter le plus efficacement possible, avant de pouvoir partir explorer Rome, la ville des antiquités et de la Renaissance : loin des questions de carrière universitaire, il raconte dans ses divers récits autobiographiques ce séjour à Rome comme un pèlerinage aux sources de l’inspiration artistique, comme son vrai tournant vers l’art. En réalité ce voyage en Italie fut surtout l’occasion, en dehors de la compilation aux archives, de nouer des contacts internationaux avec de nombreux représentants de la bourgeoisie et de l’aristocratie internationales européennes présentes dans la nouvelle capitale italienne. C’est la recommandation de la famille Monod qui permit au normalien d’extraction médiocre et d’origine provinciale d’entrer dans des cercles aristocratiques et de haute bourgeoisie. Gabriel Monod, qui était à l’Ecole normale le maître de Romain Rolland et celui qui l’avait recommandé pour l’Ecole de Rome, avait épousé Olga Herzen, la fille du révolutionnaire russe, qui avait été confiée pour son éducation à l’aristocrate bas-bleu Malwida von Meysenbug. Celle-ci vécut à Rome les trois dernières décennies de sa vie, à partir de 1874. Le jeune normalien fut 8
Pour retracer le détail de ces séjours à Rome, on dispose de l’édition de la correspondance de Rolland avec sa mère et sa sœur, publiée en deux volumes : Rolland, Romain : Printemps romain. Choix de lettres de Romain Rolland à sa mère (1889–1890), Paris : Michel, 1954 (Cahiers Romain Rolland 6), et Rolland, Romain : Retour au Palais Farnèse. Choix de lettres de Romain Rolland à sa mère (1890–1891), Paris : Michel, 1956 (Cahiers Romain Rolland 8).
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recommandé à la comtesse Malwida, qui vivait certes dans un petit appartement près de Saint Pierre aux Liens, mais put introduire Rolland dans les cercles élégants de Rome. La seule fréquentation des sociabilités qui entouraient le Palais Farnèse ne lui ouvrait pas d’entrée dans la haute société : les dîners chez le directeur Geffroy, à l’Académie de France, ne le sortaient pas de la bourgeoisie française en mission et du cercle étroit de ses homologues européens. Il y avait là un mur invisible, qui ne pouvait être franchi que par la recommandation directe d’une aristocrate de stature internationale, fût-elle sans le sou. Rolland fut introduit dans le salon des Minghetti, typique de la Terza Roma9. Veuve à l’époque où Rolland était à Rome, Laura Minghetti tenait salon Piazza Paganica et y réunissait une partie de cette nouvelle haute société romaine qui associait les élites politiques du Nord, la noblesse romaine qui avait maintenu ou accru ses positions dans la ville par des alliances et grâce à la croissance immobilière, et enfin les nouveaux spécialistes de l’industrie médiatique, journalistes, écrivains, éditeurs, hommes de spectacle et artistes qui du fait de leurs activités se trouvaient en situation de fournir à cette haute société les consommations culturelles dont elle avait besoin pour s’affirmer aussi comme une classe de loisir. Romain Rolland trouva immédiatement sa place dans ces lieux, à cause naturellement de ses recommandations, mais aussi à cause de son bagage culturel, bien ajusté au contexte des salons aristocratiques et grands bourgeois. Le jeune lettré apportait avec lui sa passion des lettres et sa connaissance précise des classiques, antiques ou français, ce qui était apprécié et en même temps assez rare dans la haute société des villes d’Italie où les Français n’étaient pas très courants.10 Mais surtout, c’était un instrumentiste confirmé, fort capable de procéder à des réductions de partitions orchestrales et d’interpréter une partie du répertoire international pour un auditoire, qui n’avait que rarement l’occasion de l’entendre dans une ville pauvre en musiciens modernes.11 Si l’on suit ses lettres à sa mère, la situation de la musique à Rome était particulièrement déprimée, au début des années 1890 : les magasins d’instruments étaient rares et les instrumentistes manquaient cruellement à Rome, 9
On parle ainsi de troisième Rome pour désigner son statut de capitale d’un troisième genre, après la capitale de l’Empire romain et la capitale de l’Eglise catholique. 10 Isabelle Renard montre que les Français de Florence, en comparaison des Anglais, des Américains, des Allemands et même des Suisses, ne constituaient qu’une « pâle colonie ». Renard, Isabelle : L’Institut français de Florence : 1900–1920. Un épisode des relations franco-italiennes au début du XXe siècle, Rome : Ecole Française de Rome, 2001 (Collection de l’Ecole Française de Rome 291), p. 61. Bernd Roeck, à partir d’analyses microstoriales et qualitatives, aboutit aux mêmes constats, décrivant une société mondaine et savante dominée par les Allemands, les Suisses et naturellement les Anglais. Voir Roeck, Bernd : Florenz 1900 : die Suche nach Arkadien, München : C. H. Beck, 2001. 11 « De très nombreuses partitions proposaient des transcriptions d’airs célèbres des opéras et opéras-comique à la mode, adaptés à la musique de société. Elles permettaient à l’élite mondaine de jouer dans les salons les morceaux entendus à l’Opéra, avec une formation réduite […]. Ces arrangements, adaptés à la fois aux compétences musicales des gens du monde et aux conditions de la pratique mondaine, permettaient la circulation des œuvres et jouaient sur le plaisir de la réminiscence ». Lilti, Antoine : Le Monde des Salons : sociabilité et mondanité à Paris au XVIIIe siècle, Paris : Fayard, 2005, p. 252.
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alors que la nouvelle haute société de l’Etat unifié manifestait un besoin de musique pressant. A peine présenté à Laure Minghetti, Rolland fut réquisitionné : « Elle m’a prié de venir tous les dimanches, et d’apporter de la musique, et particulièrement du Bach. »12 Des années plus tard, le critique littéraire du Corriere della Sera, Carlo Placi, raconta à ses lecteurs à l’occasion d’une présentation de Jean-Christophe comme « romanzo musicale » qu’il avait entendu Romain Rolland jouer chez Laura Minghetti, ‘en professionnel habile’13. A près de deux décennies de distance, ses prestations de musicien de salon étaient mises en avant pour rendre compte de son sens artistique et même de l’ensemble de son esthétique romanesque. La part de fascination sociale est probablement décisive dans ces rencontres. Son admiration pour la famille Guerrieri Gonzaga, qu’il apprit à connaître à la même époque, en est chargée : Voici encore du monde rare et exquis. Dans la société actuelle, cela semble un écho charmant d’un vieux monde effacé, le Tasse de Goethe, ou la musique de Mozart. Il est impossible d’imaginer plus de simplicité naturelle, plus de douceur affectueuse, unie à une pareille culture de l’intelligence et à une telle délicatesse raffinée.14
Alors que peu à peu sa correspondance révèle une absorption presque entière dans la vie mondaine, il écrivit à sa mère, début mars 1890 : Ma vie au jour le jour fait que je n’ai point de soucis ; et je la partage entre les jouissances de l’art, la joie de la nature et le plaisir de relations intelligentes et distinguées… si j’avais à Paris une situation qui correspondît à peu près à celle que j’ai à Rome, je serais un heureux de ce monde.15
Or il s’agissait de cercles très plurinationaux, une part essentielle de la puissance sociale de ces familles découlant de leur capacité à construire des réseaux longs, supranationaux, qui les mettaient en contact avec leurs homologues de toute l’Europe. Rétrospectivement, dans ses Mémoires et fragments de journal16, achevés en 1939, Romain Rolland évoquait cette entrée dans la haute société, grâce à Malwida von Meysenbug et Laura Minghetti, par la « grande porte de Cosmopolis »17. Dans le contexte d’un voyage italien, on peut naturellement lire dans cette phrase une allusion à Stendhal : son vengo adesso da Cosmopoli est alors sous beaucoup de plumes. Paul Bourget avait été le premier à inciter à relire le romancier de la Chartreuse dans ses Essais de psychologie contemporaine18. Son essai sur Stendhal, le quatrième de la série, paru au mois d’août 1882 dans la Nouvelle revue19, comportait
12 Rolland : Printemps romain, p. 148 (lettre du 2–3 février 1890). 13 Cf. Placi, Carlo : Un romanzo musicale – Jean-Christophe, ds. : Corriere della Sera, 10/08/1908, p. 4. 14 Rolland : Printemps romain, p. 218. 15 Rolland : Printemps romain, p. 171. 16 Rolland, Romain : Mémoires et fragments du journal, Paris : Michel, 1956. 17 Rolland : Mémoires et fragments du journal, p. 100. 18 Bourget, Paul : Essais de psychologie contemporaine, Paris : Lemerre, 1885. 19 Bourget, Paul : Psychologie contemporaine (notes et portraits). Stendhal (Henri Beyle), ds. : La Nouvelle Revue 4 (juillet–août 1882), p. 890–925.
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un chapitre entier sur le « cosmopolitisme d’Henri Beyle » qu’il associait naturellement à la fascination pour l’Italie. Mais surtout, en 1892, Bourget publia son roman Cosmopolis20, qui fut un grand succès et ouvrit la montée en puissance, dans la vie littéraire française, de la campagne antidécadentiste et anticosmopolite qui domina les années 1890. Romain Rolland, adversaire des jeunes symbolistes du Quartier latin, qu’en bon normalien d’alors il détestait et jalousait, abonda lui aussi dans ces charges parfois haineuses, que l’on retrouve jusque dans son Jean-Christophe21, mais il les réserva à ses confrères parisiens, alors que le roman de Bourget prétendait précisément décrire la mise en crise de la haute société internationale de Rome par la logique mortifère de la mondanité cosmopolite, décadente et vaine, et la comparer à la stabilité, la permanence et l’équilibre de la Rome pontificale, de la Rome éternelle du catholicisme. Bien plus qu’au cosmopolitisme antinationaliste et pacifiste des années 1920 – auquel on rattache immédiatement Romain Rolland et auquel il rattachait lui-même ex post cette expérience romaine, présentée comme un apprentissage juvénile de la diversité humaine –, c’est bien à cette « Cosmopolis » de la mondanité internationale que Romain Rolland eut affaire, et qu’il fréquenta assidument, même s’il fit mine, dès le départ, d’y avoir participé avec réticence. Il suffit de citer cette description de Rome, qui montre bien ce qu’il choisissait de valoriser dans la ville, en parfaite coïncidence avec son inscription mondaine réussie : A vrai dire, je vois deux Rome en une : la Rome capitale, le Corso, la via Nazionale, de la villa Medicis au Capitole, les beaux quartiers, le mouvement et la richesse, les grands magasins, les voitures – et puis les affreux quartiers qui s’étendent du Forum au Janicule, par le Transtévère [sic], quartiers de démolitions, de linge sale, de loqueteux et de pouilleux… Et ça mendie, ça réclame arrogamment l’aumône, c’est grossier et canaille.22
Là où Paul Bourget fut introduit à la sociabilité mondaine internationale à Florence, et comme auteur confirmé et célébré pour ses romans dits ‘psychologues’, Romain Rolland le fut donc à celle de Rome, et bien plus comme musicien de cour que comme cosmopolite ou comme l’écrivain internationalement consacré plus tard par le prix Nobel. Le regard qu’il porta en réalité sur l’Italie s’en ressent. Dans ses visites de la botte italienne, qui occupent une part essentielle de la correspondance avec sa mère, il s’inscrivait entièrement dans la tradition des voyages esthètes et lettrés, les classiques sous le bras, à la découverte des richesses d’art de la péninsule, un passage obligé pour tant d’artistes européens au XIXe siècle encore. Le jeune Romain Rolland donnait ainsi de l’Italie une image aussi convenue que les textes qu’il avait déjà lus sur elle, et que ce qui se disait dans les salons étrangers de Florence ou de Rome :23 l’Italie moderne était repoussante, hésitant entre la vulgarité des princes 20 21 22 23
Bourget, Paul : Cosmopolis, Paris : Lemerre, 1894. Rolland, Romain : Jean-Christophe (10 vol.), Paris : Cahiers de la quinzaine, 1904–1912. Rolland : Printemps romain, p. 45 (Lettre à sa mère du 22 novembre 1889). Sur ce point notamment Buzard, James : The Beaten Track : European Tourism, Literature, and the Ways to Culture, 1800–1918, Oxford : Oxford UP, 1993, et Pemble, John : The Mediterranean Passion : Victorians and Edwardians in the South, Oxford : Oxford UP, 1987.
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savoyards et la barbarie pittoresque des paysans – qu’il compare aux Lestrygons de l’Odyssée. En réalité, il transcrivait l’Italie à travers les classiques de la Renaissance, qu’il avait constamment sous le bras. Le manque d’intérêt pour l’Italie présente, ou alors la dureté la plus mordante, y dominaient sans partage. Cette attitude valut aussi pour la littérature italienne : il ne découvrit les Fiancés24 d’Alessandro Manzoni qu’en 1910, il ne connaissait rien à Antonio Fogazzaro ni à Giovanni Verga, les auteurs réalistes alors les plus en vogue, ni à Gabriele d’Annunzio, plus proche de lui en âge et très versé par ailleurs dans la littérature française.25 Il ne parlait que très peu l’italien, son français lui suffisait dans les milieux internationaux de la capitale romaine : il se flattait même que tous les gens qui comptaient le comprissent fort bien ainsi. L’anecdote la plus significative toutefois concerne sa rencontre avec Giosué Carducci, alors pourtant au sommet de sa gloire :26 Entre autres, j’ai l’honneur de déjeuner depuis quelques jours avec Carducci. Vous ne le connaissez pas ? Ni moi non plus, il y avait une semaine. […]. C’est le plus grand poète de l’Italie. Je n’ai rien lu de lui ; mais je sais qu’il a une poésie tumultueuse et imagée comme Hugo, et qu’il a écrit des poèmes barbares comme Leconte de Lisle. C’est de plus une sorte de Lavisse…27
Au-delà du caractère désinvolte du portrait apparaît dans ce témoignage un faible pour la vie culturelle italienne, même au contact d’une de ses figures les plus célébrées. Rolland n’indiqua par ailleurs nulle part qu’il eût lu par la suite la moindre ligne de Carducci, pour s’efforcer de sortir des impressions de salon. Il faisait par contre l’apologie à sa mère, à la même époque, de la comtesse Inès Benaglio-Castellani comme de la « première romancière d’Italie »28, elle qui n’a laissé pourtant que très peu de traces dans l’histoire littéraire de ce pays : les biais de son inscription sociale dans la société élégante de Rome orientaient ainsi complètement ses perspectives, renforçant en réalité des a priori bien peu aimables. Le pèlerinage artistique, le voyage de formation, la sociabilité internationale, autant de pratiques que l’on associe communément à l’ouverture d’esprit, au souci de l’autre, à l’intérêt pour l’étranger et sa culture. Dans le cas du jeune Romain Rolland, cette ‘bonne volonté’ culturelle internationale si fortement associée dans les décennies suivantes à sa persona littéraire et politique n’apparaît pas vraiment : étudiant boursier de l’Etat français, pris dans les réseaux de la politique culturelle étrangère française, il participait, même si c’était avec distance, à l’affirmation des droits de la science française sur un capital culturel et symbolique pour la captation 24 Manzoni, Alessandro : Les Fiancés. Histoire milanaise du XVIIe siècle, Paris : Gosselin, Sautelet, 1828 (Orig. : I promessi sposi. Storia milanese del secolo XVII, Firenze : Presso Gaetano Ducci, 1827). 25 Sur tout ceci, voir l’introduction par Henri Giordan dans Rolland, Romain : Romain Rolland et le mouvement florentin de La Voce. Correspondance et fragments du journal, présenté et animé par Henri Giordan, Paris : Michel, 1966 (Cahiers Romain Rolland 16), surtout p. 15–24. 26 Spécialiste de la poésie italienne du XIIIe au XVIe siècle, il écrivit lui-même des poèmes et atteignit un degré de consécration suffisant pour prononcer un discours au théâtre Brunetti, à Bologne, le 4 juin 1882, à l’occasion de la mort de Giuseppe Garibaldi. 27 Rolland : Romain Rolland et le mouvement, p. 21 (Lettre à sa mère du 29 janvier 1890). 28 Rolland : Printemps romain, p. 275 (Lettre à sa mère du 16 mai 1890).
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duquel les puissances européennes s’étaient engagées depuis deux décennies dans une lutte résolue ;29 apprenti mondain, il vivait très bien des dividendes de son capital culturel de jeune lettré francophone, une denrée encore très demandée dans les cercles mondains internationaux, et de ses qualités de musicien, tout en témoignant dans le domaine de la musique la même révérence totale aux anciens et le même mépris pour les modernes Italiens. 2. ROMAIN ROLLAND A FLORENCE : UN NATIONALISME TRES INTERNATIONAL Entre 1891 et 1906, Romain Rolland, quoique principalement parisien, ne rompit jamais le lien avec l’Italie. C’est en Italie que lui et sa jeune épouse Clotilde Bréal firent leur voyage de noces, visitant Pise, Florence, Sienne, Rome, allant de bibliothèque en bibliothèque pour trouver les manuscrits musicaux qui nourrirent la thèse du musicologue sur les origines du théâtre lyrique. C’est au cours de cette période que Romain Rolland, à l’inverse de l’époque romaine, affirma toute sa détestation de la mondanité, et en l’espèce très précisément des salons de la seconde société30, dans lesquels la bourgeoisie juive disposait de positions importantes. Les déclarations antisémites abondent chez lui à cette époque, et sa détestation pour Léon Blum d’abord, pour sa propre femme Clotilde Bréal ensuite, pour tout le milieu de sa belle-famille enfin, s’appuyèrent régulièrement sur la dénonciation des salons, de leur superficialité, de leur vacuité et de leur décadentisme. Pourtant, lors de ses voyages en Italie, à cette époque, comme lors de son dernier voyage avec Clotilde à Rome en 1897, il ne manifesta pas la moindre réticence à être reçu dans diverses familles de la haute société. Sa détestation de la mondanité était sélective : à Paris, face à un dandy brillant comme Blum, et face à tous ceux qui lui ressemblaient, Romain Rolland ne disposait pas d’atouts particuliers, et il se trouvait amené à subir les réseaux de sa belle-famille, où ses capacités intellectuelles et artistiques n’étaient pas une rareté. Dans la première société romaine, plus étroite que la société parisienne, et alors qu’il réactivait des liens qu’il avait luimême instaurés quelques années plus tôt, il pouvait beaucoup plus jouer les premiers rôles et rencontrer par exemple assez rapidement Gabriele d’Annunzio, au sommet de sa popularité à l’époque, et avec lequel une relation suivie allait s’instaurer. A cette époque, son statut littéraire parisien avait profondément changé. Romain Rolland n’etait plus l’impétrant des lettres exilé dans l’érudition universitaire,
29 Voir notamment Charle, Christophe : Enseignement supérieur et expansion internationale (1870–1930). Des instituts pour un nouvel empire ? , ds. : Heilbron, Johan/Lenoir, Remi/Sapiro, Gisèle (dir.) : Pour une histoire des sciences sociales. Hommage à Pierre Bourdieu, Paris : Fayard, 2004, p. 323–346. 30 On désigne par seconde société l’ensemble des salons et cercles de sociabilité bourgeois qui, à partir de la fin du XIXe siècle, dans beaucoup de capitales européennes, concurrencent la ‘première société’ des salons aristocratiques.
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mais un biographe moralisateur à succès (avec son Millet 31 et surtout sa Vie de Beethoven32, paru en 1903), chroniqueur des Salons de 1903 pour le compte de la Revue de Paris, et romancier célébré depuis la réussite de son Jean-Christophe, paru d’abord aux Cahiers de la Quinzaine de Charles Péguy, en 1904. En 1906, il faisait paraître La Révolte33, le quatrième tome, le dernier du ‘cycle allemand’ de JeanChristophe, parti vivre à Paris pour échapper aux étroitesses prussiennes, mais qui découvre une capitale française gangrénée par la concussion et les politicailleries. Compagnon de Charles Péguy dans sa posture de dénonciation amère, il reprenait en réalité à son compte l’essentiel de l’accusation moralisatrice contre le modernisme esthétique mise en œuvre depuis le début des années 1890 par une partie du monde intellectuel et politique, et dont les attaques les plus marquantes avaient été celles de Max Nordau, dans Entartung 34, en 1892. Son idéalisme affirmé était un vitalisme, hostile à ce qu’il dénonçait comme l’art de la décadence morale au nom de la santé morale et physique. Ce moralisme, qui rejoint l’apologie ruraliste de la campagne contre la décadence de la grande ville, minée notamment par les Juifs, est très proche du nationalisme des jeunes gens de l’Action française, comme le donnent à lire certains passages de La Foire sur la place35. La différence avec les nationalistes réactionnaires, en dehors de l’apologie du paysan des provinces ou du syndicaliste comme symbole de la nation, là où les pontes de l’Action française invoquaient des dignités nationales plus bourgeoises, était que le germanisme ne constituait pas en lui-même un ennemi, pour Rolland, du moins le germanisme dans sa version artistique et rhénane, celui de la vieille Allemagne romantique et rêveuse de Mme de Staël. Mais l’enjeu était bien le même, d’un point de vue intérieur : il s’agissait de réussir à imposer une certaine idée de l’identité française et de s’appuyer sur elle pour disqualifier ses adversaires, en l’occurrence le symbolisme. Un des motifs essentiels du récit de Jean-Christophe était la rencontre entre l’Allemand Jean-Christophe Krafft et le Français Olivier, lui aussi animé par l’esprit de révolte, entre le bon Allemand et le bon Français, l’Allemagne rhénane de l’art et la France travailleuse des provinces, une schématisation des esprits nationaux sains et vigoureux qu’en décembre 1906 un plan d’ensemble de la série de tomes prévus mettait dans une claire perspective dogmatique : « Le volume se termine par un entretien des deux amis […] Ce sera la vraie Allemagne et la vraie France qui prendront alors conscience de leur âme à toutes les deux, de leur âme fraternelle »36.
31 Rolland, Romain : Jean-François Millet, London [etc.] : Duckworth, 1902. 32 Rolland, Romain : La Vie de Beethoven, Paris : Hachette, 1903. 33 Rolland, Romain : Jean-Christophe (10 vol.), t. 4 : La Révolte, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1906. 34 Nordau, Max : Entartung (2 vol.), Berlin : Duncker, 1892–1893. 35 Rolland, Romain : Jean-Christophe (10 vol.), t. 5 : La Foire sur la place, Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1908. 36 Sur ce plan, voir Duchatelet, Bernard : Romain Rolland, la pensée et l’action, Brest : Université de Bretagne Occidentale [etc.], 1997, p. 82–83.
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Dans les mêmes notes, quelques jours plus tard, le 9 janvier 1906, il écrivait : Le génie qui se dessine nettement en moi, à mesure que l’œuvre se déroule, est le génie Européen […]. Les quatre premiers volumes sont consacrés à l’Allemagne. Les suivants montreront la France et l’Italie, et l’alliance nécessaire des trois races, des trois esprits qui ne sont que les éléments d’un même génie, et ne peuvent se réaliser pleinement qu’en s’associant. La profonde et trouble Allemagne arrive par la France à la clarté de la pensée et de la volonté ; et la puissante action des deux sœurs ennemies, enfin réconciliées, trouve son achèvement dans la paix italienne.37
Les nébulosités germaniques, la clarté française, l’harmonie italienne : le projet de Romain Rolland n’était qu’un réaménagement fictionnel des poncifs nationaux de l’époque entretenus par l’esthétique et la psychologie des peuples. C’est ce souci de la ‘Vraie France’38 et la mise en image romanesque des psychologies nationales, associés aux bons contacts entretenus par Romain Rolland avec la société aristocratique de Florence – Violet Paget par exemple, une des grandes figures de la communauté anglo-saxonne, faisait la promotion de JeanChristophe en Grande Bretagne, incitant à sa traduction – qui expliquent l’intérêt soudain des futurs fondateurs de la revue la Voce pour Rolland en 1908. La première lettre envoyée à Rolland par Giuseppe Prezzolini date du 28 janvier 1908, à peu près un an avant la sortie du premier numéro de la Voce, en décembre de la même année. Tout au long de l’année, une correspondance nourrie permit de préparer l’arrivée de Romain Rolland parmi les auteurs clés de la nouvelle revue. En effet, comme toutes les nouvelles institutions littéraires portées par des jeunes en mal de percée et de renouvellement, la Voce avait besoin de quelques grands noms pour s’imposer. Pour cela, un Français antidécadentiste était bien venu : il servirait à utiliser l’extraordinaire importance, en Italie, du livre français, tout en se démarquant de la littérature symboliste qui dominait les lectures françaises des avant-gardistes transalpins, ce qui permettrait de répondre aux attaques des nationalistes comme Enrico Corradini39, pour lesquels la France, et tout particulièrement ses hommes de lettres, était « une nation épuisée, corrompue, livrée à des forces dissolvantes et que nous aimons imiter à cause de certaines affinités de race »40. Le provincialisme, la dénonciation des fausses élites décérébrées par le cosmopolitisme, l’apologie du sursaut national convenaient très bien aux jeunes gens de Florence, qui prétendaient faire de la littérature vraiment nationale. Ils voulaient s’appuyer sur les gloires récentes de la littérature européenne pour affirmer leur statut international, et souhaitaient aussi disqualifier la capitale – la Roma Bizantina, raffinée et décadente – où s’agglutinaient politiciens corrompus et littérateurs inconsistants aux creuses prétentions impériales. Rolland fut ainsi, dans les
37 Duchatelet : Romain Rolland, p. 86. 38 Sur ce terme de la ‘Vraie France’, et plus largement sur l’invasion de l’espace politique et intellectuel par l’affrontement sur la nature de l’identité nationale, voir Lebovics, Herman : La « Vraie France ». Les enjeux de l’identité culturelle : 1900–1945, Paris : Belin, 1995. 39 Dont ils étaient très proches jusque-là dans les pages du Regno, notamment, mais dont ils voulaient dorénavant clairement se démarquer. 40 Corradini, Enrico : Dall’Italianismo al latinismo, ds. : Il Regno, 01/05/1904, p. 2.
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premières années de la revue, l’auteur étranger le plus présent dans les sommaires, si l’on suit les comptages effectués par Enrico Falqui.41 Romain Rolland affirma fortement son plaisir d’être reçu par les futurs Vociani comme le porteur de ce nouveau moralisme vitaliste anticosmopolite : sa correspondance avec eux l’atteste, comme ses journaux intimes de l’époque.42 Il disait avoir ainsi trouvé « des camarades de lutte, qui veulent faire en Italie ce que je veux faire ici »43. Cette alliance internationale des écrivains prétendant au statut d’avantgarde est un fonctionnement européen déjà ancien, qui date au moins des années 1860. Mais il apparaît aussi très clairement ici que ce fonctionnement international se fonde sur un nationalisme partagé, les ‘vrais patriotes’ de chaque culture nationale européenne excipant de leurs homologues d’autres pays pour affirmer la nécessité de leur campagne, voire de leur révolution, au nom justement de la rénovation nationale contre ceux qui, à l’intérieur, bradent le pays et le détruisent. Une bonne partie de ces contacts italiens de Romain Rolland, l’internationaliste selon la mémoire politique et littéraire, ressortissent en réalité à cette internationale des nationalistes, très vigoureuse dans les années 1900–1914, et qui tint une place essentielle dans le modernisme esthétique.44 3. CONCLUSION C’est apparemment la femme de Julien Luchaire, un des fondateurs de l’Institut français de Florence, qui avait fait découvrir Romain Rolland à Giovanni Papini, en 1906, à une époque où Luchaire évoquait le jeune auteur italien dans les pages de la Revue, à Paris.45 Lui-même était bien introduit dans l’aristocratie romaine et florentine46, un milieu qu’il décrirait plus tard, dans sa Confession d’un Français moyen, comme « à peu près celui, qu’a décrit Paul Bourget dans son roman Cosmopolis »47. Dans ses justifications tardives, il expliquait que, avec la création de l’Institut français de Florence, à l’instar des Allemands à propos de leur Kunsthistorisches Institut, les Français ont pris conscience que pour mener une action intellectuelle et culturelle en profondeur, il ne s’agissait plus de se retrouver dans des salons ou des clubs entre membres des différentes colonies étrangères, mais d’avoir un lieu tout à fait prestigieux permettant de concentrer et de coordonner leur action.48
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Falqui, Enrico : Indice della « Voce » e di « Lacerba », Florence : Vallecchi, 1966. Pour un récit détaillé, voir Rolland : Romain Rolland et le mouvement, p. 53–56. Rolland : Romain Rolland et le mouvement, p. 54. Sur ce point, voir par exemple Antliff, Mark : Inventing Bergson : Cultural Politics and the Parisian Avant-Garde, Princeton (New Jersey) : Princeton UP, 1993. Luchaire, Julien : Giovanni Papini, ds. : La Revue, 15/01/1907, p. 244–246. Voir Renard : L’Institut français de Florence, p. 443. Luchaire, Julien : Confession d’un Français moyen (2 vol.), t. 1 : 1876–1914, Firenze : Olschki, 1965, p. 75–76. Luchaire : Confession d’un Français moyen, p. 78.
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Il durcissait ainsi abusivement la transformation que la présence française avait connue avec la création de l’Institut. La nomination de Romain Rolland comme directeur de la section musicale de l’Institut l’atteste : son séjour se limita à quelques semaines au printemps 1911, pas beaucoup plus que lorsque il était en visite mondaine. Son programme d’enseignements consista en une série de conférences, agrémentées de musique, au piano. Entre les activités de l’Institut, tournées pour une part vers le public élégant de Florence,49 et les circulations internationales mondaines que Luchaire avec quelque mauvaise foi rabattait sur le passé, il y avait en réalité un vrai continuum, qui justement les rend intéressantes pour replacer la naissance de la politique culturelle internationale dans son contexte. Dans les deux cas, il s’agissait de relations internationales, au sens fort du terme. La rhétorique de Julien Luchaire auprès de ses autorités de tutelle, celle de l’ambassadeur Camille Barrère, au moment de saluer la naissance de l’Institut, qui louait ses efforts pour promouvoir la latinité comme culture commune de la France et de l’Italie, se retrouve souvent dans les relations mondaines, littéraires, intellectuelles non étatiques. Le langage du national, de l’esprit des peuples, le travail de classification nationale des œuvres et des personnes imprégnaient constamment ces circulations, qu’on ne peut alors présenter comme le signe de l’engagement cosmopolite de leurs acteurs. Les relations mondaines, les circulations littéraires, les voyages et leur mise en récit, les programmes d’enseignement des institutions officielles étaient profondément nationalisés ; ils constituaient même très souvent le cadre et l’occasion de la production des identités culturelles nationales, de leur affirmation, de leur reproduction. Les acteurs de ces circulations, qu’on présente si souvent comme des échanges, alors qu’il s’agissait souvent de confrontations, ne pouvaient en réalité échapper à la nationalisation en profondeur des sociétés européennes qui était en cours. Le voyage, la sociabilité internationale, l’immersion dans les milieux élégants du ‘cosmopolitisme’ cultivé ne déterminaient donc nullement de manière nécessaire une vocation d’importateur et pouvaient même avoir un effet inverse de renforcement des certitudes et d’assèchement des curiosités. Nombre d’ambiguïtés visibles dans la trajectoire de Romain Rolland pourraient se trouver utilement éclairées par cette perspective : dans une large mesure, et c’est vrai aussi pour le futur ermite de Vézelay, les circulations internationales, le discours sur l’étranger, les réseaux internationaux nourrissaient la capacité des hommes de lettres à se dire et à se faire spécialistes du national, à se poser en prophètes de la nation. Romain Rolland ne cessa de théoriser et de donner crédit aux ‘identités nationales’, quel qu’ait été son ‘cosmopolitisme’.
49 Il ne s’agit pas du tout par ailleurs de négliger le rôle de l’Institut pour l’enseignement du français et l’aide à l’apprentissage de l’italien, aspects les plus universitaires qui furent aussi les plus institutionnalisés.
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II. SCHLÜSSELKATEGORIEN, TOPOI UND STEREOTYPE
JEAN-CHRISTOPHE – EINE RELECTURE AUS TRANSKULTURELLER UND INTERMEDIALER PERSPEKTIVE Marina Ortrud M. Hertrampf 1. EINFÜHRUNG Romain Rolland ist einer der wenigen französischen Schriftsteller, der sich in Zeiten unnachsichtiger Feindschaft als unermüdlicher Vermittler zwischen den verhärteten politischen Fronten verstand und sich auch in seinem erzählerischen Werk explizit um die Beförderung des deutsch-französischen Kulturverständnisses bemühte. Am stärksten kommen seine unbedingte Wahrheitsliebe sowie sein Wunsch nach Verständigung zwischen den Nachbarländern Deutschland und Frankreich zweifelsohne in seinem Monumentalwerk Jean-Christophe zum Ausdruck. In der Literaturkritik wird der zwischen 1904 und 1912 in 10 Bänden publizierte Romanzyklus daher konsequenterweise auch als eindrückliches Plädoyer für die deutschfranzösische Freundschaft gelesen. Nach dem anfänglich ungemein großen Erfolg des Romans weit über die Grenzen Frankreichs hinaus gerieten Roman und Autor vor dem Hintergrund des Ersten Weltkrieges in Frankreich in den Verruf des Volksverrates und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in der westeuropäischen Welt kaum noch rezipiert. Kritiker begründen dies mit der Formschwäche und heterogenen ästhetischen Qualität des Werkes1 sowie mit der vermeintlich kommunistischen Prägung des Romans, die nach dem Niedergang der sozialistischen Regime nicht mehr zeitgemäß sei. Hierzu setzte Francis Esménard, Verlagsverantwortlicher von Albin Michel, mit der Neuedition des Jean-Christophe im Jahr 2007 einen Kontrapunkt. Dieses neue Interesse lässt die relecture von Rollands Roman vor dem Hintergrund der Verleihung des Friedensnobelpreises an die Europäische Union und der zunehmenden Spannungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft, speziell zwischen Deutschland und
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In der Tat ist Rolland in erster Linie ein ‚Volksschriftsteller‘, der mit den Botschaften seiner Texte eine möglichst breite Masse erreichen will und nicht um die ästhetische Entwicklung einer innovativ-avantgardistischen Schreibweise bemüht ist. Über seinen Jean-Christophe schreibt er 1908: „Je n’écris pas une œuvre de littérature. J’écris une œuvre de foi“ (Rolland, Romain: Jean-Christophe, édition définitive, Paris: Albin Michel, 1967, S. XIV. Im Folgenden wird das Sigel JC für die Quellennachweise aus dieser Ausgabe verwendet). Im Gegensatz zum überwiegend nüchternen Stil seiner expositorischen Texte und dem satirischen bis zynischen Ton seiner Tagebuchaufzeichnungen und Zeitungsartikel wirkt die mitunter äußerst pathosbeladene Sprache des Jean-Christophe bereits in der Entstehungszeit eher altmodisch.
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Frankreich, sowie angesichts der neueren methodischen Konzepte von Transkulturalität und Intermedialität wieder besonders relevant werden. Jean-Christophe ist ein Roman, dessen Gattungszugehörigkeit nur schwer zu fassen ist: Elemente des Bildungs- und Entwicklungsromans, des Künstler- und des Thesenromans,2 des musi(kali)schen Romans sowie des spirituellen, politischen und philosophisch-moralischen Romans fließen in diesem ‚Flussroman‘ (romanfleuve) zusammen und bilden eine komplexe Einheit. Erzählt wird in dem opulenten Werk die Geschichte des (fiktiven) deutschen Komponisten Johann-Christoph Krafft3. Eingebettet ist diese Entwicklungsgeschichte in ein umfassendes Panorama der deutschen und französischen Gesellschaft zur Zeit der ‚Erbfeindschaft‘. Im Zentrum steht die Darstellung der glücklichen Vereinigung der Völker germanischen und romanischen Geistes. Entsprechend Rollands Verständnis seiner literarischen Werke als musische Ideen in literarischer Form formuliert der Autor hier sein Wunschbild Europas als Symphonie der größten und ureigensten kulturellen Eigenheiten eines jeden Volkes: Der nach Frankreich gelangte Titelheld assimiliert sich mithilfe seines französischen Freundes Olivier Jeannin in seiner Wahlheimat Frankreich, ohne dabei allerdings die deutsche Energie seiner musikalischen Intuition zu verlieren. So gelingt es ihm, in der Sprache der Musik das Ideal der deutschen Energie mit dem edlen und zivilisierten französischen Geist zu verknüpfen und so eine kongeniale Gesamtkomposition zu schaffen, die gleichsam das Ideal humanistischen Weltbürgertums symbolisiert. Im Folgenden wird zunächst das mitunter durchaus stereotype Deutschlandbild Rollands herausgearbeitet, um darauf aufbauend auf sein Ideal einer friedvollen und intellektuell geprägten deutsch-französischen Allianz einzugehen. Hierbei wird zu zeigen sein, dass Rolland mit seinem berühmt gewordenen Bild der beiden Flügel Europas die Rolle der beiden Nachbarländer als Motor eines geeinten Europa antizipiert, zugleich aber auch einen stark idealisierten, transkulturellen Zwischenraum konstruiert. Bei der Konstruktion dieses heterotopen Kulturraums spielt der Bezug
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Zu Jean-Christophe als Bildungs- und Künstlerroman vgl. Locatelli, Aude: Musique et roman de formation: George Sand ‚Consuelo‘; Romain Rolland ‚Jean-Christophe‘; Thomas Bernhard ‚Le Naufrage‘; Elfriede Jelinek ‚La Pianiste‘, in: Revue de Litterature Compareé 68/2 (1994), S. 169–182. Der sprechende Name des Protagonisten weist auf seine Besonderheit hin: Der Nachname verweist unmissverständlich auf die künstlerische Kraft des Helden, nicht nur auf der Ebene der Handlung, sondern auch übertragen auf die Wirkabsicht des Romans. Mit dem jungen Krafft stellt Rolland eine Identifikationsfigur dar, die sich mit all ihrer Energie für Versöhnung und Verständigung einsetzt. Johann erinnert an Bach und natürlich an den Apostel, den Lieblingsjünger Jesu, der durch den Adler und seine kraftvollen Schwingen symbolisiert wird. Der Bezug zum Heiligen Christophorus wird am Ende des Romans in der Todesvision des Protagonisten deutlich. Christophe ist derjenige, der den Fluss kraftvoll durchschreitet und das (göttliche) Kind wohlbehalten an das Ufer des neuen Jerusalem − oder weltlicher gesprochen des neuen Europa – bringt und damit den Samen des Neubeginns sät: „Je suis le jour qui va naître.“ (JC 1594) Hier zeigt sich die gegen Ende des Romans hervortretende Lichtmetaphorik: Der ‚Aufklärer‘ (vgl. frz. les Lumières) wird obsiegen und der Welt das Licht des Friedens und der Versöhnung bringen.
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auf andere Medien, insbesondere auf die Musik in Verknüpfung mit geografischen Gegebenheiten, eine herausragende Rolle. 2. „LE GEMÜT ALLEMAND“4 ODER DAS BILD DEUTSCHLANDS Spätestens seit seinem engen intellektuellen Austausch mit Malwida von Meysenbug, die Rolland während seines ersten Romaufenthaltes kennenlernt, ist er ein großer Bewunderer der deutschen Geisteskultur. Der deutsche Idealismus begeistert und fasziniert ihn zutiefst, Goethe wird zu einem seiner großen Vorbilder. Die deutsche Musik, insbesondere die Beethovens, überwältigt ihn schier. Jean-Christophe spiegelt Rollands große Affinität zur deutschen Kultur auf paradigmatische Weise. Dies bezeugt schon die Konzeption des Romans: Jean-Christophe ist einer der wenigen französischen Romane, bei denen der Protagonist nicht Franzose, sondern ausgerechnet Deutscher ist. Dies kann freilich als eine Art Liebeserklärung an Deutschland, vielmehr an den deutschen Geist betrachtet werden. Im Kontext des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges musste dies zu harscher Kritik an Rolland führen: der Historiker François-Victor-Alphonse Aulard etwa warf Rolland eine „Germanophilie déplacée“5 vor und nach der Veröffentlichung von Rollands Friedensappell „Au-dessus de la mêlée“6 beschimpften ihn konservative Kritiker wie Henri Massis gar als deutschtreuen Volksverräter.7 Eine differenzierte Lektüre von JeanChristophe hätte derlei absolute Urteile abschwächen können, denn Rollands Darstellung Deutschlands ist insgesamt betrachtet keinesfalls nur positiv.8 Vielmehr bedient Rolland eine Vielzahl der stereotypen Klischeebilder, die seit Madame de Staëls De l’Allemagne9 im Umlauf sind, was von der longue durée solcher Bilder zeugt.10 Dabei ist das mitunter ironisch dargestellte Bild des ‚alten‘ Deutschland – also das vor 1870/1871 – mit seinem teils verträumt-weltfremden Idealismus einerseits und seiner häuslichen Beschaulichkeit und schwerfälligen Gemütlichkeit andererseits in den ersten drei Büchern durchaus wohlwollend. Doch zeigt sich bereits hier, dass Christophe anders und ihm die ,eigene‘ Mentalität gewissermaßen fremd ist. Und dennoch erweist sich Christophe beim ersten Kulturkontakt mit Frankreich als „profondément Allemand“ (JC 527) und „barbare Teuton“ (JC 475). In geradezu
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JC 527. Aulard, François-Victor-Alphonse: Germanophilie déplacée, in: Le Matin, 23.10.1914. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, in : Journal de Genève, 22.09.1914. Vgl. hierzu Massis, Henri: Romain Rolland contre la France, Paris: Floury, 1915. Ausführliche Untersuchungen zu Rollands Deutschlandbild haben z. B. Cheval, René: Romain Rolland. L’Allemagne et la guerre, Paris: PUF, 1963, und Kempf, Marcelle: Romain Rolland et l’Allemagne, Paris: Nouvelles Editions Debresse, 1962, vorgelegt. 9 Staël-Holstein, Anne Louise Germaine de: De l’Allemagne, Bd. 1–3, London: J. Murray, 1813. Rolland bezieht sich auch explizit auf Madame de Staël, vgl. JC 597. 10 Vgl. Braudel, Fernand: Histoire et Sciences sociales: La longue durée, in: Annales. Economies, Sociétés, Civilisations 13/4 (1958), S. 725–753.
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satirischer Weise beschreibt Rolland das plumpe und barbarische Benehmen von Christophe bei Kohn-Hamilton in Paris: A table, il dévora, de l’appétit d’un homme qui ne s’était pas repu depuis deux jours. Il s’était noué sa serviette autour du cou, et mangeait avec son couteau. Kohn-Hamilton était horriblement choqué par sa voracité et ses manières paysannes. […] Et il [Christophe, Anm. M. H.] mit le comble à son irritation, en voulant à la fin trinquer, à la mode allemande, et boire, avec des paroles sentimentales, à ceux qui étaient là-bas et au Vater Rhein. (JC 657)
Ansonsten sind es die ‚reinen‘ Deutschen, die so klischeebehaftet dargestellt werden. Die Männer tragen Bärte, neigen zu Leibesfülle und treffen sich regelmäßig am frühen Abend, um gemeinsam Pfeife zu rauchen, Bier zu trinken und zu musizieren: On arrivait à cinq heures, et on restait jusqu’à neuf. Après chaque morceau, on absorbait de la bière. Des voisins entraient et sortaient, écoutaient sans mot dire, debout contre le mur, hochaient la tête, remuaient le pied en mesure, et remplissaient la chambre de nuages de tabac. (JC 61)
Bei der Beschreibung der meist blauäugigen, blonden Frauen verwendet Rolland auffallend häufig intermediale Verweise auf Gemälde deutscher Renaissancemaler:11 C’était une fraîche figure, blanche, rose et blonde ; elle avait un petit nez un peu gros, une petite bouche un peu grosse, un petit menton grassouillet, de fins sourcils, des yeux clairs, et une profusion de cheveux blonds qui, tressés en nattes, s’enroulaient en couronne autour de sa tête, découvrant la nuque ronde et le front lisse et blanc : − une petite figure de Cranach. (JC 177)
Grundsätzlich erweist sich Rollands Deutschlandbild als anachronistisch, es scheint sich in erster Linie auf das ‚alte‘, ‚gute‘ Deutschland zu beziehen.12 Zudem ist festzuhalten, dass Rolland kein einheitliches Bild zeichnet, mal scheint der heterostereotype Blick des Erzählers die deutsche Mentalität kritisch zu belächeln, mal erweist er sich von der geistig-künstlerischen Größe deutscher Meister begeistert. Die daraus erwachsenden Widersprüche führen dazu, dass auch der Leser beginnt, kulturelle Nationalstereotype und Vorurteile zu überprüfen. Verstärkt wird dieser Relativierungsprozess dadurch, dass auch das französische Selbstbild alles andere als homogen ist.13 Mit Christophe beginnt der Leser somit letztlich zu hinterfragen, ob es die nationalkulturelle Identität überhaupt gibt. 11 Vgl. auch die Beschreibung von Rosa mittels eines Vergleichs mit Holbeins „Madonna des Bürgermeisters Meyer“ (vgl. JC 237). 12 Vgl. Heitmann, Klaus: Die beiden Flügel des Abendlands, in: Nies, Fritz/Krauss, Henning (Hg.): Offene Gefüge. Literatursystem und Lebenswirklichkeit, Festschrift für Fritz Nies zum 60. Geburtstag, Tübingen: Narr, 1994, S. 455–470, hier S. 459–460. 13 So breitet sich im Verlauf der Handlung von Jean-Christophe allmählich auch in Frankreich imperialistisch-militaristisches Denken aus; die Revanchegelüste Frankreichs werden immer heftiger, die politische Szene spitzt sich zu. Die Kritik Rollands ist auch seinem eigenen Land gegenüber offen und direkt. Der Feind aller Menschlichkeit ist das verlogene imperialistische Denken. Nach dem Tod Oliviers in dem Aufstand sucht Christophe daher auch (zumindest temporär) das Schweizer Exil auf. Bereits 1912 prophezeit Rolland zu Beginn des letzten Kapitels von La Nouvelle Journée (Bd. 10 von Jean-Christophe, 1911–1912) den Flächenbrand
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Erst in La Révolte14 scheinen Facetten einer vom Imperialismus manipulierten Gesellschaft durch und die Darstellung erhält dezidiert kritische Züge. Die authentische Sentimentalität ist zu einer faden und inauthentischen Form pathetischen Kitsches verkommen,15 die von der „masse amorphe“ (JC 596) geduldig und völlig kritiklos angenommen wird. Der deutsche Idealismus hat seine Seele verloren und ist nationalistischem Superioritätsdenken und blindem Untertanentum gewichen: A vrai dire, l’Allemagne avait tant souffert, pendant des siècles, d’avoir l’idéalisme et de n’avoir pas la force, qu’elle était excusable, après tant d’épreuves, de faire le triste aveu qu’avant tout, il fallait la Force. Mais quelle amertume cachée dans cette confession du peuple de Herder et de Goethe ! Cette victoire allemande était une abdication, une dégradation de l’idéal allemand… Hélas ! Il n’y avait que trop de facilités à cette abdication dans la déplorable tendance des meilleurs Allemands à se soumettre. (JC 596–597)
Die Borniertheit und geistige Enge der deutschen Provinz führen ebenso dazu, dass sich Christophe immer weiter von Deutschland entfremdet, wie die Heuchelei und Verlogenheit, der er im Kleinbürgertum begegnet.16 Christophe ist angewidert von der nationalistischen Deutschtümelei und so protestiert er heftig, als es um das gemeinsame Singen von Hoffmann von Fallerslebens Lied der Deutschen17 geht.18 Zunehmender Konventionalismus und Militarismus erdrücken Christophe: Il avait de la haine du militarisme brutal, qu’il sentait peser sur lui, de ces sabres sonnant sur le pavé, de ces faisceaux d’armes et de ces canons postés devant les casernes, la gueule braquée contre la ville, prêts à tirer. (JC 597–598)
Schließlich ergreift Christophe, der auf der Suche nach der absoluten Freiheit des Geistes und der Kunst ist, die Flucht aus Deutschland und beginnt, das nationalkulturelle Denken zu überwinden:19
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des Ersten Weltkrieges: „L’incendie qui couvait dans la forêt d’Europe commençait à flamber. On avait beau l’éteindre, ici; plus loin, il se rallumait; avec des tourbillons de fumée et une pluie d’étincelles, il sautait d’un point à l’autre et brûlait les broussailles sèches. A l’Orient, déjà, des combats d’avant-garde préludaient à la grande Guerre des Nations. L’Europe entière, l’Europe hier encore sceptique et apathique, comme un bois mort, était la proie du feu. Le désir du combat possédait toutes les âmes. A tout instant, la guerre était sur le point d’éclater. On l’étouffait, elle renaissait. Le prétexte le plus futile lui était un aliment. Le monde se sentait à la merci d’un hasard, qui déchaînerait la mêlée“ (JC 1559). Bd. 4 von Jean-Christophe, 1905–1906. Vgl. JC 394–395. Vgl. JC 517–521. Haydn, Joseph/Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Das Lied der Deutschen; Gott erhalte Franz den Kaiser/Arr., Hamburg: Hoffmann u. Campe [u. a.]: 1841. Vgl. JC 527. Die Überwindung des essentialistisch-nationalkulturellen hin zu einem transkulturellen Denken ist allerdings so einfach nicht und bedarf eines längeren Bildungsprozesses. Als Christophe Olivier kennenlernt, kann er gar nicht glauben, dass dieser Franzose ist (vgl. JC 945), sein stereotypes Bild des Franzosen erweist sich als falsch.
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Marina Ortrud M. Hertrampf La patrie ne suffisait plus à Christophe. Il sentait en lui cette force inconnue, qui s’éveille, soudaine et irrésistible, chez les oiseaux, à des époques précises, comme le flux et le reflux de la mer : − l’instinct des grandes migrations. (JC 598)
3. DIE DEUTSCH-FRANZÖSISCHE FREUNDSCHAFT ODER DIE BEIDEN FLÜGEL DES ABENDLANDES Jean-Christophe ist immer wieder als Plädoyer für die Befriedung der ‚Erbfeinde‘ Deutschland und Frankreich betrachtet worden. In der Tat nimmt der Wunsch nach der Schaffung einer deutsch-französischen Annäherung in Zeiten größter politischer Spannungen insbesondere auch zwischen den Nachbarländern eine zentrale Rolle ein.20 Wie gezeigt, geht es Rolland aber keinesfalls allein um eine naive Idealisierung oder blinde Glorifizierung des Deutschen bzw. Deutschlands. Vielmehr erkennt Rolland in der Synthese deutscher und französischer Geistes- und Kulturtradition das kraftvolle Zentrum Europas.21 Damit wird die deutsch-französische Allianz zur unerlässlichen Grundlage einer friedvollen europäischen Zukunft. Rolland zielt also gerade nicht darauf ab, eine Kultur über die andere zu erheben, sondern darauf, zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit den Mentalitätsunterschieden und zur Verbindung sich komplementär ergänzender Eigenschaften des germanischen und romanischen Denkens anzuregen. In Jean-Christophe zeigt sich die bereichernde Kraft der Völkerverständigung in der idealen Freundschaft von Christophe und Olivier: Ils sont les compagnes idéales des génies. […] Ils s’enrichissaient l’un de l’autre. […] Ils s’émerveillaient de ce qu’ils découvraient l’un dans l’autre. Chacun apportait des richesses immenses, dont lui-même jusque-là n’avait pas pris conscience : le trésor moral de son peuple ; Olivier, la vaste culture et le génie psychologique de la France ; Christophe, la musique intérieure de l’Allemagne et son intuition de la nature. (JC 944–945)
Was Rolland sowohl an Deutschland wie an Frankreich kritisiert, ist die ‚weltbürgerliche‘ médiocrité der Intellektuellen, die angesichts eines erstarkenden Militarismus und chauvinistischen Nationalismus in Passivität verharren: Allein der dynamische und engagierte Geist vermag die geistige Heimat Europa zu wahren, ja zu retten. Wie später in „Au-dessus de la mêlée“ fordert Rolland die Bildungselite geradezu kämpferisch dazu auf, sich für die Artikulation ihrer eigenen Meinung einzusetzen und den Lügen der politischen Machthaber entschieden entgegenzutreten. So lässt Rolland interessanterweise gerade den von seiner deutschen Heimat enttäuschten Christophe seine französischen Nachbarn zum Handeln auffordern, um das große Ganze, Europa nämlich, zu retten: 20 Das zunehmende Spannungsverhältnis spricht Rolland auch explizit an, er warnt vor „l’imminence d’un conflit franco-allemand“ (JC 1561). 21 Rollands Einschätzung zeugt von ungeahnter Weitsicht, denn was zur Entstehungszeit des Romans noch als utopisch-visionärer Wunschtraum wirkt, sollte schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg insofern zur Realität werden, dass die Nachbarländer im Zentrum Europas tatsächlich emporhebenden Flügeln glichen, die den Einigungsprozess der Europäischen Union kontinuierlich vorantrieben.
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Ils [les intellectuels français, Anm. M. H] s’intoxiquent, sans plaisir, par servile moutonnerie : et ils meurent d’ennui dans leur mensonge ! […] Le grand ennemi, c’est le doute neurasthénique. On peut, on doit être tolérant et humain. Mais il est interdit de douter de ce qu’on croit bon et vrai. Ce qu’on croit, on doit le défendre. Quelles que soient nos forces, il nous est interdit d’abdiquer. Le plus petit, en ce monde, a un devoir, à l’égal du plus grand. Et – (ce qu’il ne sait pas) – il a aussi un pouvoir. Ne croyez pas que votre révolte isolée soit vaine ! Une conscience forte, et qui ose s’affirmer, est une puissance. […] Et si vous vous demandez à quoi bon se donner tant de peines, à quoi bon lutter, à quoi bon ? … eh bien, sachez-le : – Parce que la France meurt, parce que l’Europe meurt, – parce que notre civilisation, l’œuvre admirable édifiée, au prix de souffrances millénaires, par notre humanité, s’engloutira, si nous ne luttons. La Patrie est en danger, notre Patrie européenne, – et plus que toutes, la vôtre, votre petite patrie française. Votre apathie la tue. Elle meurt dans chacune de vos énergies qui meurent, de vos pensées qui se résignent, de vos bonnes volontés stériles, dans chaque goutte de votre sang, qui se tarit, inutile… (JC 1048–1049)
Allen Hasstiraden auf das jeweilige Nachbarland zum Trotz appelliert Rolland an die Bündelung intellektueller Kräfte in Deutschland und Frankreich, da die eine nicht ohne die andere zu wahrer Vollendung zu finden vermag und sie nur gemeinsam den Weg in eine humane und transnationale, europäische Zukunft gehen können. So erkennt Christophe: Voici nos mains. En dépit des mensonges et des haines, on ne nous séparera point. Nous avons besoin de vous, vous avez besoin de nous pour la grandeur de notre esprit et de nos races. Nous sommes les deux ailes de l’Occident. Qui brise l’une, le vol de l’autre est brisé. Vienne la guerre ! Elle ne rompra point l’étreinte de nos mains et l’essor de nos génies fraternels. Ainsi pensait Christophe. Il sentait à quel point les deux peuples se complètent mutuellement, et comme, privés du secours l’un de l’autre, leur esprit, leur art, leur action sont infirmes et boiteux. Pour lui, originaire de ces pays du Rhin, où se mêlent en un flot les deux civilisations, il avait eu, dès son enfance, l’instinct de leur union nécessaire : tout le long de sa vie, l’effort inconscient de son génie avait été de maintenir l’équilibre et l’aplomb des deux puissantes ailes. Plus il était riche de rêves germaniques, plus il avait besoin de la clarté d’esprit et de l’ordre latins. (JC 1562–1563)
Christophe selbst wird zum Inbegriff der deutsch-französischen Verbrüderung.22 In ihm verschmelzen deutscher und französischer Geist zu einer europäischen Identität: Christophe embrassait dans son âme l’âme des deux patries, harmonieusement unies. Il se sentait le cœur riche et plein ; cette abondance heureuse se traduisait, comme à l’ordinaire chez lui, par un ruisseau de musique. (JC 1024–1025)
Mit dem Gedanken der Verflechtung deutscher und französischer Kultur zu einer gemeinsamen transnationalen europäischen Kulturidentität entfernt sich Rolland von essentialistischen Kulturkonzepten in der Tradition Herders und nähert sich der Idee der Transkulturalität an.23 Kultur ist per se grenzenlos und heterogen und durch 22 Vgl. hierzu Heitmann: Die beiden Flügel des Abendlands, S. 469. 23 Zum Begriff der Transkulturalität siehe z. B. Welsch, Wolfgang: Was ist eigentlich Transkulturalität?, in: Kimmich, Dorothee/Schahadat, Schamma (Hg.): Kulturen in Bewegung. Beiträge zur Theorie und Praxis der Transkulturalität, Bielefeld: transcript, 2012, S. 25–39. Es ist an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, dass Christophe erkennt, dass jede Kultur in sich
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vielfältige Verflechtungen und Amalgamierungen gekennzeichnet. Die traditionelle Selbst-, Fremd- und Freund-Feind-Kategorisierung löst sich damit in der Idealvorstellung einer dynamischen, interaktiven Einheit in Vielheit auf. 4. DER ROMAN-FLEUVE ODER DIE HETEROTOPIE EINES TRANSKULTURELLEN EUROPA Rollands Bezeichnung seines Romans als roman-fleuve verweist unmissverständlich auf den herausragenden Stellenwert des Flusses. Allerdings meint er damit nicht allein die symbolische Bedeutung im Sinne des Lebensflusses, sondern bezieht sich ganz wörtlich auf den großen Strom, der Deutschland und Frankreich verbindet. Rolland verleiht dem Rhein eine mythische Komponente, die die Möglichkeit kultureller Vielfalt und Veränderung symbolisiert: „[…] à ses yeux la vallée du Rhin constituait une sorte d’empire du milieu, de terrain de rencontre entre les éléments latins et germaniques.“24 Der Mythos Rhein wird ergänzt durch die Bedeutung der Seine als weiblichem Gegenpart zu ‚Vater Rhein‘: Une rivière aux yeux gris, à la robe vert pâle, aux traits fins et précis, une rivière de grâce, aux souples mouvements, s’étirant avec une spirituelle nonchalance dans la parure somptueuse et sobre de sa ville, les bracelets de ses ponts, les colliers de ses monuments, et souriant à la joliesse, comme une belle flâneuse… La délicieuse lumière de Paris ! C’était la première chose que Christophe avait aimée dans cette ville ; elle le pénétrait, doucement, doucement ; peu à peu, elle transformait son cœur, sans qu’il s’en aperçût. Elle était pour lui la plus belle des musiques, la seule musique parisienne. (JC 818–819)
Die beiden Flüsse werden in Rollands Darstellung zu den entscheidenden Lebensadern von Paris respektive des deutsch-französischen Raumes schlechthin. Den Flüssen, insbesondere dem Rhein, eignet etwas von entgrenzten Übergangsräumen im Sinne Michel de Certeaus.25 Sie werden als performativ konzipierte Transiträume, die unzählige Kontaktregionen für das Handeln eröffnen, als dynamisches, zeitliches Kontinuum gedacht. Ähnliches lässt sich für die Schweiz, insbesondere Basel, und Rom feststellen. In beiden Ländern kommt es zu befruchtenden kulturellen Dialogsituationen, in denen Christophe weitere Dimensionen europäischer
durch zahlreiche Differenzen (Herkunft, sozialer Status, Religion, Alter etc.) gekennzeichnet ist, die letztlich auch schwerer wiegen als Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen. So wird die historisch gewachsene Diversität als Potenzial erkannt (vgl. JC 813). Damit wird die Idee der homogenen Nationalkultur von Rolland außer Kraft gesetzt, die Unterscheidung in deutsche und französische Kunst wird hinfällig, viel wichtigere Komponenten sind die sozialen Unterschiede innerhalb einer jeden Kulturgemeinschaft (vgl. JC 1031). 24 Cheval: Romain Rolland, S. 167. 25 Vgl. Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, aus dem Französischen von Ronald Vouillé, Berlin: Merve, 1988 (Original: Certeau, Michel de: L’Invention du quotidien, Bd. 1: Arts de faire, Paris: Union Générale d’Ed., 1980).
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Kultur kennenlernt und sich aneignet.26 In Italien ist es vor allem die ästhetische Leidenschaft der Kunst, die ihm neue Wege seines eigenen künstlerischen Schaffens eröffnet. Zudem erkennt Christophe in der italienischen Impulsivität auch die schöpferische Kraft eines Giuseppe Mazzini wieder.27 Die Schweiz wird in sehr viel stärkerem Maße zur Lehranstalt der europäischen Einheitsvision. Christophe ist beeindruckt von […] des réserves de force morale et de liberté civique qui s’y sont amassées, depuis des siècles […], du vigoureux esprit démocratique qu’ignorera toujours la République napoléonienne, de cette simplicité d’institutions et de cette largesse d’œuvres sociales, de l’exemple donné au monde par ces Etats-Unis des trois races principales d’Occident, miniature de l’Europe de l’avenir. (JC 1436)
Rom und die Schweiz werden folglich zu diskursiven Zwischenräumen, in denen es zu Austausch und reziproker Verschmelzung von Eigenem und Fremdem kommt, was schließlich zur Überwindung des nationalkulturellen Denkens und zu einer prozessual-dynamischen identitären Selbstverortung führt.28 Der nach Freiheit strebende Christophe, Inbegriff des idealen Europäers, gleicht einem Vogel, dessen eine Schwinge deutsch ist und die andere französisch, und für den es keine Grenzen gibt; er ist „[un] vieil oiseau nomade, qui a besoin d’espace, et pour qui la patrie est dans l’air… ‚Mein Reich ist in der Luft…‘“ (JC 1437), so das auf Beethoven verweisende Motto Christophes.29 Zu seiner transkulturellen Identität findet Christophe schließlich in Paris, in das er „malgré l’imminence d’un conflit franco-allemand“ (JC 1561) nach seinen Aufenthalten in Rom und der Schweiz immer wieder zurückkehrt. Am Ende ist Paris auch der Ort, an dem Christophe seine künstlerische Vollendung findet. Dieses Paris ist jedoch nicht mehr nur ein (geografischer) Ort, sondern erfüllt zugleich die Funktion eines im wahrsten 26 In Rollands Europavorstellung bilden Deutschland, Frankreich und Italien das Zentrum Europas. Die Schweiz ist daher auch das kleine Spiegelbild des ‚großen‘ Europa. Andere europäische Länder spielen bei Rolland allerdings überhaupt keine Rolle. England (wie auch Amerika) wird zudem als Land des Imperialismus und Kapitalismus tendenziell negativ betrachtet. Ähnliches gilt auch für die deutschen Juden, denen Rolland mitunter sehr viel ablehnende Skepsis entgegenbringt; besonders deutlich werden diese Antipathien in der negativ konzipierten Figur Kohn-Hamilton, der als deutscher Jude in Paris amerikanischen Idealen nacheifert. Rollands Konzept von Europa basiert daher auf einer Art idiosynkratischer imaginative geography (vgl. Said, Edward W.: Orientalism, in: The Georgia Review 31/1 (Frühling 1977), S. 162–206) und weist trotz all seiner Forderung nach brüderlicher Vereinigung gewisse Lücken und innere Widersprüche auf. 27 Damit verweist Rolland auf Mazzinis Idee der Heiligen Allianz der Völker, die er in dem Manifest „Verbrüderung der Völker“ (1832) (in: Mazzini, Giuseppe: Politische Schriften, übersetzt von Siegfried Flesch, Leipzig: Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, 1911, S. 276– 302) artikulierte. 28 Vgl. Lützeler, Paul Michael: Kontinentalisierung: Das Europa der Schriftsteller, Bielefeld: Aisthesis, 2007, S. 181. 29 Vgl. hierzu: „[…] was mich angeht, ja du lieber Himmel mein Reich ist in der Luft, wie der Wind oft, so wirbeln die Töne, so oft wirbelts auch in der Seele.“ Beethoven an Graf Franz Brunsvik in Buda, Wien, 13. Februar 1814 (BGA 696), in: Library of Congress Washington, ML96. W56B441, Nr. 12; http://www.beethoven-haus-bonn.de/sixcms/detail.php?id=82466 (15.01.14).
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Sinne des Wortes utopischen, ‚anderen‘ Raums. Entsprechend seiner Qualität als Schwellenraum zwischen einem gänzlich ideellen, abstrakten und rein imaginären Raum und einem ganz konkreten, physisch realen, empirisch (ab)mess- und lokalisierbaren Georaum lässt sich Rollands transkultureller Identitätsraum schließlich mit Michel Foucault als ,anderer‘ Raum beschreiben, der von gegenseitigen Überlagerungen und Rückkoppelungen von mentalem (Zweit-)Raum und realem (Erst-) Raum geprägt ist. Dieses als Heterotopie gedachte ‚andere‘ Paris ist ein wirklicher Ort, der als tatsächlich realisierte Utopie einen Ort außerhalb aller Orte darstellt, obwohl er tatsächlich geortet werden kann.30 Dieses heterotope Paris, dessen ,musikalisch-verbindende‘ Lebensader die Seine darstellt, symbolisiert seinerseits in nuce das große Ganze − das Vereinte Europa, dessen Herzen der ebenfalls heterotope deutsch-französische Dialograum um den Rhein herum bildet, den schon Victor Hugo am 1. März 1871 in seinem „Discours à l’Assemblée Nationale“ beschworen hatte: Plus de frontières ! Le Rhin à tous ! Soyons la même République, soyons les Etats-Unis d’Europe, soyons la fédération continentale, soyons la liberté européenne, soyons la paix universelle !31
5. „ALLE MENSCHEN WERDEN BRÜDER“ ODER JEAN-CHRISTOPHE ALS MUSI(KALI)SCHES PLÄDOYER FÜR DEN WELTFRIEDEN Dynamische Bewegtheit ist für Rolland die Grundbedingung zur Vervollkommnung des Geistes. Der Fluss wird damit zu einem essentiellen Lebenselement, zur Mutter aller Dinge. Zugleich ist der Fluss für Christophe reine, ja schier göttliche Musik:32 Le fleuve gronde. Dans le silence sa voix monte toute-puissante ; elle règne sur les êtres. Tantôt elle caresse leur sommeil et semble près de s’assoupir elle-même, au bruissement de ses flots. Tantôt elle s’irrite, elle hurle, comme une bête enragée qui veut mordre. La vocifération s’apaise : c’est maintenant un murmure d’une infinie douceur, des timbres argentins, de claires clochettes, des rires d’enfants, de tendres voix qui chantent, une musique qui danse. Grande voix maternelle, qui ne s’endort jamais ! Elle berce l’enfant, ainsi qu’elle berça pendant des siècles, de la naissance à la mort, les générations qui furent avant lui ; elle pénètre sa pensée, elle imprègne ses rêves, elle l’entoure du manteau de ses fluides harmonies, qui l’envelopperont
30 Vgl. Foucault, Michel: Andere Räume (1967), in: Barck, Karlheinz (Hg.): Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik: Essais, Leipzig: Reclam, 51993, S. 34– 46, hier S. 39. 31 Hugo, Victor: Actes et paroles (Les quatre volumes). Nouvelle édition augmentée, Paris: Arvensa éditions, 2014, S. 787. 32 Zur Verknüpfung von Fluss und Musik siehe auch Collins, Ashok: The Religious Attitude and Music in Romain Rolland’s Jean-Christophe: A Tekhnè of Body, in: Australian Journal of French Studies 48/2 (2011), S. 188–200, hier S. 195. Von Spinoza beeinflusst ist die ewige und reine Wahrheit, das Göttliche für Rolland in der Natur und in allen Dingen schaubar. Für Christophe wird das Göttliche vor allen in der Musik sinnlich erfahrbar. Am Ende seines Lebens verehrt er die Musik als ‚marianische Muse‘ (vgl. JC 1431–1432 und 1588).
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encore, quand il sera couché dans le petit cimetière qui dort au bord de l’eau et qui baigne le Rhin… (JC 12)33
Letztlich ist „la divine musique“ (JC 57) die eigentliche Protagonistin des Romans. Jean-Christophe, so könnte man sagen, oszilliert zwischen musi(kali)schem Roman und ‚literarischer Symphonie‘, stets mit dem Ziel, seiner Vision eines pazifistischen Weltbürgertums Ausdruck zu verleihen. Wie der Rhein territoriale Grenzen ‚durchfließt‘ und Kulturen vereint, so durchbricht auch die Musik als „langue privilégiée, universelle“34 sämtliche Grenzen. Sie allein vermag alle Menschen zu erreichen und zu vereinen: „Alle Menschen werden Brüder, / Wo dein sanfter Flügel weilt“. Die Verse von Schillers Ode An die Freude35, die Rollands großes Idol Beethoven als Thema des vokalsymphonischen vierten Satzes seiner 9. Symphonie wählte, erscheinen in Jean-Christophe als Manifest für eine friedliche, von Brüderlichkeit und Eintracht geprägte Zukunft. Beethoven ist für Christophe eine Art Messias, der einige Seiten eines trostreichen und brüderlichen neuen Evangeliums hinterlassen hat.36 Die Ehrerweisung gegenüber Beethovens Musik, in der Rolland das Ideal universeller Harmonie und Brüderlichkeit repräsentiert sah, durchzieht den gesamten Roman. So weist etwa auch die Konzeption der Figur des Christophe einige Parallelen zu Beethoven auf, ohne dabei allerdings tatsächlich biografisch zu sein.37 Wenn der Heimatort Christophes auch nicht namentlich genannt wird, scheint er doch, wenn nicht Bonn selbst, so doch zumindest im niederrheinischen Raum lokalisiert zu sein und wie Beethoven ist auch Christophe väterlicherseits flämischen Ursprungs. Während intermediale Bezüge auf Literatur und bildende Kunst relativ schwach ausgeprägt sind und sich auf Erwähnungen und Thematisierungen beschränken, ist das musikalische Intermedialitätspotenzial des Romans deutlich stärker. Das Urteil der älteren Literaturkritik, Jean-Christophe sei ein durch und durch musikalischer Roman,38 kann aus intermedialitätstheoretischer Perspektive jedoch kaum aufrecht erhalten werden. Zwar manifestiert sich die transpositorische musi-
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Vgl. auch ganz ähnlich JC 68. Cheval: Romain Rolland, S. 168. Schiller, Friedrich: An die Freude, Leipzig: Hochschule für Graphik und Buchkunst, 1785. Vgl. JC 1176. Cheval: Romain Rolland, S. 169, weist ganz richtig darauf hin, dass Christophe auch Züge anderer deutscher Musiker (Johann Wolfgang von Mozart, Georg Friedrich Händel, Richard Wagner etc.) aufweist. Zudem spiegeln sich sowohl in der Figur Christophes als auch in der Oliviers nach dem Band La Révolte biografische Elemente von Rolland selbst wider. Explizit deutlich wird dies in dem 1908 publizierten „Dialogue de l’auteur avec son ombre“, einem fiktiven Dialog zwischen Rolland und Christophe, wo Rolland die ablehnende Reaktion von Franzosen wie Deutschen gegenüber seiner Position thematisiert (vgl. JC 635–639). 38 Vgl. z. B. Hülle-Keeding, Maria: Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans ‚Jean-Christophe‘. Strukturfragen und geistig-künstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Diss., 1973, insbes. S. 207– 217, und Sice, David: Jean-Christophe as a ‚Musical‘ Novel, in: French Review 39/6 (1966), S. 862–874.
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kalische Schreibweise Rollands auf mehreren Dimensionsebenen des Textes, allerdings kann kaum von einer durchgängig realisierten musikalischen Schreibweise gesprochen werden.39 Eine in der Literatur recht selten auftretende intermediale Besonderheit liefert Jean-Christophe allerdings insofern, als wir es hier nicht allein mit monomedialen Intermedialitätsphänomenen zu tun haben, sondern zugleich mit einer Art Medienkombination. Wie im folgenden Beispiel integriert Rolland in den letzten drei Teilen (Les Amis, Le Buisson Ardent und La Nouvelle Journée) insgesamt fünf Notenauszüge: Il lui prit la main. Elle pencha sa tête blonde sur l’épaule d’Olivier. Elle n’essayait plus de lutter : elle était vaincue ; et c’était un tel soulagement !… Ils pleurèrent tout bas, écoutant la musique, sous le dais mouvant des nuées lourdes, dont le vol silencieux semblait raser la cime des arbres. […] Il est des minutes où la musique fait surgir toute la mélancolie tissée autour de la destinée d’un être…
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Freilich bleibt bei diesem Musikzitat das Medium der Schriftlichkeit erhalten, doch ändert sich mit der Integration eines Auszuges aus Bachs Fuge in e-Moll der Code. Interessant ist dieses Beispiel vor allem, weil der Erzähler hier ganz die Musik ‚sprechen‘ lässt – frei nach dem Motto: Musik, sagt‘ mehr als 1 000 Worte. Unterstrichen wird die der Musik zugeschriebene Macht der (emotionalen) Überwältigung durch die vom Autor gesetzten Auslassungszeichen. In Bezug auf monomediale Intermedialitätsphänomene können neben den zahlreichen oberflächenstrukturellen Erwähnungen und Thematisierungen von Musikern und Werken die z. T. recht ausholenden, essayistischen Reflexionen musikologischer Art als Formen ,musikalischer Ekphrasis‘ betrachtet werden. Ferner beschränkt sich der musikalische Charakter tatsächlich nicht allein auf (inhaltliche) Thematisierungen, sondern greift stellenweise auch in die Tiefenstruktur des Romans hinein. So können die mitunter stark lyrischen und damit musikalischen Passagen des Erzählerberichtes als temporäre Systeminterferenzen zur Vokalsymphonie aufgefasst werden.41 Ähnliches scheint zumindest auf den ersten Blick für die strukturelle Gesamtanlage des Romanwerkes zu gelten. Rolland weist selbst auf die „procédés symphoniques“ seines „roman musical“42 hin: „[Il y a] Préludes et Postludes, – thèmes conducteurs, – développements et crescendo symphoniques et rythmiques 39 Zu dem hier verwendeten Intermedialitätsverständnis siehe Hertrampf, Marina Ortrud M.: Photographie und Roman. Analyse – Form – Funktion. Intermedialität im Spannungsfeld von nouveau roman und postmoderner Ästhetik im Werk von Patrick Deville, Bielefeld: transcript, 2011, S. 167–177. 40 JC 1121–1122. 41 Besonders eindrückliche Beispiele hierfür sind die gebetsartigen Hymnen an die Musik etwa zu Beginn (JC 1431–1432) und gegen Ende (JC 1588) von La Nouvelle Journée. 42 Vgl. Sice: Jean-Christophe as a ,Musical‘ Novel, S. 871.
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[…] – coda – etc.“43 Die kritische Betrachtung zeigt hingegen, dass es eben nicht so ist, dass das Struktursystem der klassischen Symphonie die literarische Textkomposition durativ überlagert; denn das kompositorische Wechselspiel von schnelleren, d. h. handlungsreicheren und raffend erzählten Partien und langsameren, d. h. handlungsärmeren, deskriptiven Passagen ist nicht singulär symphonisch, sondern entspricht einem klassisch dramatischen Erzählaufbau in Exposition, Verwicklung, Peripetie und Katastrophe. Eine Tatsache, die auch die wiederkehrenden Themen und (Leit-)Motive betrifft. ‚Symphonisch‘ ist das monumentale Großwerk also in erster Linie auf metaphorischer Ebene: Auf textgestalterischer Ebene komponiert Rolland einen harmonischen Zusammenklang − eine Symphonie also − von verschiedenen Gattungen, Schreibstilen und Schreibweisen sowie von unterschiedlichen medialen Referenzen. Auf inhaltlicher Ebene vereint er unterschiedliche Kulturen und Mentalitäten zu einem ‚symphonischen‘ Ganzen. „Toujours montrer l’Unité humaine, sous quelques formes multiples qu’elle apparaisse. Ce doit être le premier objet de l’art, comme de la science. C’est l’objet de Jean-Christophe“ (JC XVI), kommentiert Rolland in der Einleitung zu JeanChristophe. Und so lässt sich abschließend auch festhalten: Jean-Christophe setzt sich für die Beförderung der deutsch-französischen Aussöhnung ein, zugleich ist es aber ein Aufruf zu Transkulturalität und Weltfrieden.44 Rollands Stoßrichtung bleibt nicht auf die Nachbarländer beschränkt, es geht ihm um die Vision eines humanistisch geprägten, geeinten Europa. Ja, mehr noch, Rollands Denken weist stark kosmopolitische Dimensionen auf. Er versteht sich selbst als ‚paneuropäischen Weltbürger‘, der sich aus seiner zutiefst pazifistischen Haltung heraus für die Schaffung einer humanistischen transkulturellen Weltgemeinschaft einsetzt. All dies scheint ihm durch die transkulturelle Bündelung intellektueller und literarischer Kräfte möglich, denn Rolland sieht zur Erreichung dieser Ziele nicht die Politiker in der Lage, sondern setzt allein auf den Verstand und das Engagement der Intellektuellen. Wenn sich Musiker und Künstler sowie Dichter und Denker aller (europäischen) Nationen verbrüdernd zusammenschließen, kann wie mit der idealen, ja geradezu göttlichen Symphonie Christophes eine symbiotische Kraft transkulturellen Geistes entstehen, die zur Überwindung des Hasses und aller politischer Animositäten in der Lage ist. Das Vermächtnis Christophes kann letztlich also als musikalische Realisierung des Transkulturalitätskonzeptes verstanden werden, denn sein Lebenswerk ist ein europäisches Gesamtkunstwerk, das, „was Titel und Kompositionsweise betrifft, in jeder Hinsicht gegen das Europa der [damaligen] Gegenwart und für ein [friedvolles und grenzenloses] Europa der Zukunft geschrieben [ist]“45. Hier realisiert sich:
43 Rolland, Romain: Correspondance entre Louis Gillet et Romain Rolland, Paris: Albin Michel, 1949 (Cahiers Romain Rolland 2), S. 363. 44 Die transnationale Dimension und Rollands unerschütterlicher Glaube an die positive Zukunft Europas werden bereits in der Widmung des ersten Bandes deutlich, wo es heißt: „Aux âmes libres de toutes les nations qui souffrent, qui luttent et qui vaincront.“ (JC IX) 45 Lützeler: Kontinentalisierung, S. 184.
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Marina Ortrud M. Hertrampf […] l’union des plus belles forces musicales de son temps : la pensée affectueuse et savante d’Allemagne aux replis ombreux, la mélodie passionnée d’Italie, et le vif esprit de France, riche de rythmes fins et d’harmonies nuancées. (JC 1557–1558)
Zugleich ist Christophes Symphonie als mise en abyme zu verstehen, spiegelt sie doch genau das wider, was Rolland mit seinem Roman beweisen will: Deutschfranzösische Verbrüderung und transkulturelles Denken sind nicht nur möglich, sondern unabdingbar für die Zukunft eines grenzenlosen, friedvollen Europa. LITERATURVERZEICHNIS Aulard, François-Victor-Alphonse: Germanophilie déplacée, in: Le Matin, 23.10.1914. Beethoven, Ludwig van, an Graf Franz Brunsvik in Buda, Wien, 13. Februar 1814 (BGA 696), in: Library of Congress Washington, ML96.W56B441, Nr. 12; http://www.beethoven-haus-bonn. de/sixcms/detail.php?id=82466 (15.01.14). Braudel, Fernand: Histoire et Sciences sociales: La longue durée, in: Annales. Economies, Sociétés, Civilisations 13/4 (1958), S. 725–753. Certeau, Michel de: L’Invention du quotidien, Bd. 1: Arts de faire, Paris: Union Générale d’Ed., 1980. Certeau, Michel de: Kunst des Handelns, übers. v. Ronald Vouillé, Berlin: Merve, 1988. Cheval, René: Romain Rolland. L’Allemagne et la guerre, Paris: PUF, 1963. Collins, Ashok: The Religious Attitude and Music in Romain Rolland’s Jean-Christophe: A Tekhnè of Body, in: Australian Journal of French Studies 48/2 (2011), S. 188–200. Foucault, Michel: Andere Räume (1967), in: Barck, Karlheinz (Hg.): Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik: Essais, Leipzig: Reclam, 51993, S. 34–46. Haydn, Joseph/Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich: Das Lied der Deutschen; Gott erhalte Franz den Kaiser/Arr., Hamburg: Hoffmann u. Campe [u. a.]: 1841. Heitmann, Klaus: Die beiden Flügel des Abendlands, in: Nies, Fritz/Krauss, Henning (Hg.): Offene Gefüge. Literatursystem und Lebenswirklichkeit. Festschrift für Fritz Nies zum 60. Geburtstag, Tübingen: Narr, 1994, S. 455–470. Hertrampf, Marina Ortrud M.: Photographie und Roman. Analyse – Form – Funktion. Intermedialität im Spannungsfeld von nouveau roman und postmoderner Ästhetik im Werk von Patrick Deville, Bielefeld: transcript, 2011. Hülle-Keeding, Maria: Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans ‚Jean-Christophe‘. Strukturfragen und geistig-künstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Diss., 1973. Hugo, Victor: Actes et paroles (Les quatre volumes). Nouvelle édition augmentée, Paris: Arvensa éditions, 2014. Locatelli, Aude: Musique et roman de formation: George Sand ‚Consuelo‘; Romain Rolland ‚JeanChristophe‘; Thomas Bernhard ‚Le Naufrage‘; Elfriede Jelinek ‚La Pianiste‘, in: Revue de Litterature Compareé 68/2 (1994), S. 169–182. Kempf, Marcelle: Romain Rolland et l’Allemagne, Paris: Nouvelles Editions Debresse, 1962. Lützeler, Paul Michael: Kontinentalisierung: Das Europa der Schriftsteller, Bielefeld: Aisthesis, 2007. Mazzini, Giuseppe: Verbrüderung der Völker (1832), in: ders.: Politische Schriften, übersetzt von Siegfried Flesch, Leipzig: Reichenbach’sche Verlagsbuchhandlung, 1911, S. 276–302. Massis, Henri: Romain Rolland contre la France, Paris: Floury, 1915. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, in : Journal de Genève, 22.09.1914. Rolland, Romain: Correspondance entre Louis Gillet et Romain Rolland, Paris: Albin Michel, 1949 (Cahiers Romain Rolland 2). Rolland, Romain: Jean-Christophe, édition définitive, Paris: Albin Michel, 1967. Said, Edward W.: Orientalism, in: The Georgia Review 31/1 (Frühling 1977), S. 162–206. Schiller, Friedrich: An die Freude, Leipzig: Hochschule für Graphik und Buchkunst, 1785.
Jean-Christophe – eine relecture
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ROMANS DE L’EUROPE Jean-Christophe de Romain Rolland et Das Erbe am Rhein de René Schickele ou vie et mort d’un idéal ? Gwenaële Vincent-Böhmer Etre l’Europe signifie quoi ?1 Un des échecs de l’Europe est de n’avoir jamais compris l’art le plus européen – le roman.2
1. INTRODUCTION Notre travail se veut une contribution à l’étude de l’idée d’Europe en littérature avant l’‘Europe’ telle que nous la connaissons aujourd’hui. Romain Rolland et l’Alsacien de langue allemande René Schickele ont aujourd’hui leurs noms réunis dans l’histoire des intellectuels s’étant engagés, lors de la première moitié du XXe siècle, pour la réconciliation franco-allemande, pour la paix et la construction d’un continent uni.3 Or chacun est l’auteur d’un vaste cycle romanesque, avec en son cœur l’idée d’Europe : Jean-Christophe (1903–1912)4 et Das Erbe am Rhein (1926–1931)5. Mais pourquoi avoir choisi le roman ? Les deux écrivains s’étaient illustrés par d’autres moyens d’expression où leurs idées semblaient pouvoir avoir une prise plus directe sur le public : le théâtre, les revues, les articles de presse, les essais. En quoi le roman, domaine de la fiction, pouvait-il être le lieu d’expression d’un idéal politique ? L’Europe recouvre-t-elle la même chose chez les deux hommes ? L’Europe s’écrit-elle différemment avant et après la Première Guerre mondiale ? L’œuvre de Schickele est-elle un prolongement, un dépassement, un achèvement de JeanChristophe ? Autant d’interrogations face à ces œuvres que nous proposons d’appréhender, avec un regard actuel, dans une double perspective : dans leur rapport à l’idée d’Europe et dans leur rapport d’intertextualité.
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Lourenço, Eduardo : L’Europe introuvable. Jalons pour une mythologie européenne, Paris : Métailié, 1991, p. 94. Kundera, Milan : L’Art du roman. Essai, Paris : Gallimard, 1986, p. 189. Par exemple : Cheval, René : René Schickele et les ‘Weisse Blätter’, ds. : Allemagne d’aujourd’hui 6 (1957), p. 23–25. Rolland, Romain : Jean-Christophe [1903–1912], Paris : Albin Michel, 2007. Schickele, René : Das Erbe am Rhein [1926–1931], 3 vol., Frankfurt/M. : Fischer, 1983.
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2. DESTINS CROISES Les deux hommes se sont connus personnellement et de nombreux documents – correspondance, journal, témoignages – renseignent sur leurs relations. Leurs vies présentent maintes similitudes. Il est d’autant plus intéressant de les suivre à travers ces trente années qu’ils occupent une place singulière dans l’histoire intellectuelle française et allemande. Deux êtres à part Schickele, en sa qualité d’Alsacien, semble n’avoir jamais été du ‘bon côté’. « Meine Herkunft ist mein Schicksal »6, a-t-il écrit dans ses notices autobiographiques, car son appartenance à deux cultures a déterminé sa vie. En 1883, l’année de la naissance de Schickele, l’Alsace fait partie du nouveau Reich allemand, voulu par Bismarck et proclamé en 1871. Elle constitue avec l’autre province annexée, la Lorraine, une ‘Terre d’Empire’ : Reichsland Elsaβ-Lothringen. Toute la vie de Schickele sera marquée par l’histoire de ce pays-frontière, à l’époque objet de convoitise. D’autant plus que la double culture est au cœur de sa famille : son père est à l’époque fonctionnaire allemand, Kantonskommissar (commissaire cantonal de police) à Obernai, après avoir été employé des Chemins de fer d’Alsace-Lorraine, notamment à Bâle. Sa mère, en revanche, est une Alsacienne de langue française, car venant de la partie restée française du Haut-Rhin (Fontaine dans le territoire de Belfort). De langue maternelle française, mais ayant choisi comme langue d’expression l’allemand, Schickele parut suspect à bon nombre de ses contemporains, et ce des deux côtés du Rhin. Rolland fut également un Européen avant l’heure, un homme seul et honni pendant la Première Guerre, incompris et rejeté en France par tant de ses pairs tout en étant adulé à l’étranger, notamment et surtout en Allemagne.7 La frontière Les deux écrivains ont tenté toute leur vie de se placer au-dessus des frontières, de les dépasser. Dès les années 1900, leurs écrits témoignent de leur volonté de dépasser leur milieu, leurs origines, de ‘s’élever’ en embrassant la culture du pays voisin, avec un troisième pôle commun aux deux auteurs : l’Italie, où tous les deux iront jeunes hommes. Il est clair que c’est lors de son séjour à l’Ecole française de Rome (1889–1891) que Rolland rencontre l’Europe, incarnée par une vieille dame de 6 7
Schickele, René : Werke in drei Bänden, t. 3 : Dramen. Gedichte. Essays. Aufsätze und Reden. Tagebücher. Briefe, Köln [etc.] : Kiepenheuer und Witsch, 1959, p. 837. Sur ce sujet, on pourra se reporter à : Cheval, René : Romain Rolland. L’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963, et à Kempf, Marcelle : Romain Rolland et l’Allemagne, Paris : Nouvelles Editions Debresse, 1962.
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74 ans, Malwida von Meysenbug, qui restera une des personnes dont il s’est senti le plus proche. Autre pays aimé, la Suisse, pays justement au-dessus des frontières qui va être le lieu de la rencontre des deux écrivains. Mais auparavant a eu lieu la rencontre littéraire. Les années d’avant-guerre (1900–1914) Adolescent révolté et tourmenté, Schickele8 abandonne vite les bancs de l’université pour écrire dans des revues qui ont pour but un renouveau culturel de l’Alsace. Ces revues font scandale et ont la vie courte : leur originalité est de vouloir intégrer la composante française en opposition à la tendance pro-allemande dans la littérature alsacienne. Ainsi, à la mort d’Emile Zola en 1902, la revue de Schickele comporte une apologie de l’écrivain. Or Zola est l’archétype de l’écrivain engagé, c’est l’affaire Dreyfus, c’est la voix unique et courageuse qui s’élève contre le silence et l’injustice. Ce qui devait rapprocher Schickele et Rolland les rapprochera : Jean-Christophe, objet lumineux pour tant d’auteurs de langue allemande. Ici se tisse le lien entre les deux hommes. Schickele dévorait les Cahiers de la Quinzaine à la Bibliothèque universitaire de Strasbourg et en 1903, lors de son premier voyage à Paris, il se rend dans la boutique de Charles Péguy. Les dernières pages de Jean-Christophe ne pouvaient que toucher Schickele au plus profond de son être : Mais qui se doute, en France, de la force de sympathie qui pousse vers la France tant de cœurs généreux de la nation voisine ! […] Et vous ne nous voyez pas non plus, frères d’Allemagne, qui vous disons : « Voici nos mains. En dépit des mensonges et des haines, on ne nous séparera point. Nous avons besoin de vous, vous avez besoin de nous pour la grandeur de notre esprit et de nos races. Nous sommes les deux ailes de l’Occident. Qui brise l’une, le vol de l’autre est brisé. Vienne la guerre ! Elle ne rompra point l’étreinte de nos mains et l’essor de nos génies fraternels ».9
Politiquement, Schickele se sent proche du socialisme d’un Jean Jaurès qu’il découvre lors de son séjour à Paris de 1909 à 1912 en tant que correspondant de presse, notamment pour le Straβburger Neue Zeitung. Tout comme Rolland, il assiste à des meetings et observe les masses révolutionnaires. La déclaration de guerre laisse Schickele dans un profond désarroi. Il n’est pas mobilisé, grâce à sa mauvaise vue, mais habite en Allemagne (à Fürstenberg) où on le soupçonne d’être un espion. A partir de janvier 1915, il prend la direction de la revue expressionniste et pacifiste Die Weiβen Blätter. Il parvient en septembre 1915 à émigrer en Suisse et à y publier la revue, à Zurich et à Berne, pendant la guerre.
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Pour une présentation générale de René Schickele, on se reportera à : Finck, Adrien : René Schickele, Strasbourg : Editions Salde, 1999. Rolland, Romain : Jean-Christophe, t. 3 : L’Adolescent [1904], Paris : Albin Michel, 1931, p. 455.
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L’exil en Suisse (1915–1919) Or, au cours des six premiers mois de 1915, Rolland prend conscience que l’Allemagne commence à retrouver l’usage du sens critique. Son attention est retenue par trois revues : Das Forum dont Rolland estime hautement le directeur, Wilhelm Herzog10, Die Aktion et Die Weiβen Blätter. Hermann Hesse avait publié un article sur cette dernière dans le Neue Zürcher Zeitung (Abendblatt). Rolland lui écrit pour qu’il le mette en relation avec la revue de Schickele, ce à quoi Hesse répond le 28 février 1915 : Zu den ‚Weißen Blättern‘ habe ich keine persönlichen Beziehungen, doch habe ich dem Verleger mitgeteilt, dass Sie Lust haben, sie kennenzulernen. Da ist viele krasse Jugend, aber auch sehr viele edle, gutgewillte Jugend am Werk.11
Le 29 octobre 1915, Schickele se rend chez Rolland, à Vevey, près de Genève. Dans son Journal, Rolland dresse un portrait physique et moral de son interlocuteur tout en notant scrupuleusement ses propos : Visite de René Schickele. Figure rasée de prêtre, acteur, homme de lettres, comme on en voit beaucoup aujourd’hui. Intelligent, très maître de lui, maniant les deux langues avec aisance et vivacité (il est Alsacien). Dès les premières paroles, il met l’entretien sur un terrain anti-prussien, d’où il ne s’écarte plus jusqu’à la fin. L’impression qui ressort de la conversation est plutôt accablante. En deux mots, tout ce qui compte encore, comme âmes libres en Allemagne, parmi les intellectuels et les socialistes, aspire à la défaite de l’Allemagne. Et cette défaite leur apparaît à peu près impossible. Il n’y a plus qu’un pouvoir en Allemagne, c’est le pouvoir militaire.12
Pourtant, le sentiment qui prévaut par la suite chez Rolland envers Schickele est la méfiance, sentiment entretenu par l’étrange climat de suspicion qui règne parmi les émigrés, comme Rolland le reconnaît : Il [Zweig, G. V.-B.] me met en garde (je n’en avais pas besoin) contre presque tous les écrivains allemands qui sont en Suisse. Il n’en est guère qui ne soient plus ou moins secrètement de connivence avec leur gouvernement. Ainsi, S. et sa revue, qui passent en Allemagne pour des héros de courage civique. Zweig dit : « Je sais que penser de ce courage ».13
De même, Rolland note en septembre 1918, après une visite de Zweig : Il nous met en garde notamment contre Cassirer, qui vient d’acheter Weissen Blätter. Mais ses avertissements sont superflus. Nous (notre petit groupe français) mourons de la maladie de la méfiance ; nous n’osons traiter avec un éditeur suisse, pour nos volumes, de peur qu’il n’y ait, par derrière, de l’argent allemand ; nous finirons par ne plus oser respirer, de peur d’avaler un Allemand.14
10 On peut se reporter par exemple à ce que Rolland en dit à propos du numéro de janvier dans : Rolland, Romain : Journal des Années de Guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps (=JAG), Paris : Albin Michel, 1952, p. 210. 11 Hesse, Hermann : Gesammelte Briefe, t. 1, Frankfurt/M. : Suhrkamp, 1973, p. 270. 12 JAG, p. 561. 13 Lettre du 20 novembre 1917, JAG, p. 1354. 14 JAG, p. 1597.
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Plus tard, en 1941, c’est pourtant le même Stefan Zweig qui fera le portrait le plus touchant de Schickele en Suisse : Die ergreifendsten unter diesen Menschen waren für mich – als ob mich schon eine Ahnung zukünftigen eigenen Schicksals berührt hätte – die Menschen ohne Heimat oder schlimmer noch: die statt eines Vaterlandes zwei oder drei hatten und innerlich nicht wussten, zu welchem sie gehörten. […] Am schwersten aber war die zwiespältige Situation für die Elsässer und unter ihnen wieder am allerschlimmsten für diejenigen, die wie René Schickele mit dem Herzen zu Frankreich hielten und in deutscher Sprache schrieben. […] Sie wollten, wie wir alle, Deutschland und Frankreich als Brüder, Verständigung statt Befeindung, und darum litten sie um beide und für beide.15
L’engagement de l’après-guerre (1919–1928) Le lien créé pendant les années suisses va trouver son prolongement dans un engagement des intellectuels pour la construction d’une ‘Europe de l’Esprit’, prélude, et peut-être condition, à la construction d’une entité politique. On constate une intensification de la correspondance entre Rolland et Schickele de 1919 à 1921, 10 lettres sur les 20 recensées. De plus, l’auteur alsacien utilise désormais la formule « Cher maître » pour s’adresser à Rolland, comme le faisait d’ailleurs souvent Stefan Zweig.16 De Villeneuve, en Suisse, Rolland va devenir une instance morale dont la notoriété va s’étendre à d’autres continents, tandis que Schickele (qui aurait aimé rester en Suisse mais ne pouvait se le permettre financièrement), plus modestement, s’installe dans son pays de rêve, à Badenweiler, au milieu des trois pays chers à son cœur, l’Allemagne, la France et la Suisse, cherchant également une position audessus des frontières. Deux engagements communs les réuniront : le mouvement Clarté, organisation internationale d’intellectuels fondée en 1919 par Henri Barbusse, et la « Déclaration d’Indépendance de l’Esprit »17, rédigée par Rolland en 1919 également. Schickele, tout comme Rolland, s’est engagé dans un premier temps dans le mouvement Clarté. Il avait publié le manifeste du groupe dans le numéro de juillet de Die Weiβen Blätter, et il va être chargé par le comité de direction de fonder la section allemande en octobre 1919. Mais, tout comme Rolland, Schickele quitte rapidement le groupe par refus de la dépendance par rapport à Moscou. Pour la « Déclaration d’Indépendance de l’Esprit », Schickele fera bien partie des signataires aux côtés d’Albert Einstein, Heinrich Mann et Stefan Zweig. Pendant les années 1920, Schickele va poursuivre son engagement par une intense activité littéraire, notamment à travers sa trilogie européenne Das Erbe am Rhein, l’héritage rhénan. Inlassablement, comme Stefan Zweig, il aura à cœur de 15 Zweig, Stefan : Die Welt von Gestern, Frankfurt/M. : Fischer, 1992, p. 315 et 318. 16 Cf. Meyer-Boghardt, Julie : « Cher maître ». Die Korrespondenz zwischen René Schickele und Romain Rolland mit einigen ergänzenden Dokumenten, ds. : Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 29 (1988), p. 85–137. 17 Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26.06.1919), p. 1.
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faire mieux connaître au public allemand la culture française et ses auteurs par des articles de journaux, des essais, des conférences, comme celle tenue à Stuttgart en 1926 à l’occasion du 60e anniversaire du ‘maître’. Il y retrace l’évolution intellectuelle de Rolland et la naissance de sa conscience européenne : […] er ist wahrhaft ein Europäer geworden. Und er beginnt das Werk zu schreiben, das sein bedeutendstes geblieben ist, den zehnbändigen Johann Christof. Es ist kein deutsches und kein französisches, es ist ein europäisches Werk – wie, nebenbei gesagt, jedes Werk und jede Tat, die sowohl für Deutschland wie für Frankreich Gültigkeit hat. Die Synthese dieser beiden Völker ist Europa […].18
Face à la montée des périls (1929–1933) Mais à partir de 1929, les deux auteurs se voient obligés de radicaliser leurs positions face à une situation européenne qui ne laisse que peu de doute sur son issue. Une frontière politique, insurmontable, va se dessiner entre les deux hommes comme entre les intellectuels européens, contraints de choisir s’ils se rallient ou non au communisme. Pour survivre, Schickele devra en 1932, à nouveau, passer la frontière, une fois de plus, mais ce sera une fois de trop. De Sanary-sur-Mer, il prépare un compte-rendu de la correspondance entre Rolland et Malwida von Meysenbug qui paraît en Allemagne. Dans sa lettre du 4 janvier 1933, sur un ton quelque peu provocateur, il demande à Rolland : « Et voilà, ayant écrit : ‘Rolland ist heute kein unbedingter Pazifist mehr’ – j’hésite. Je cherche à définir exactement votre point de vue sur le Pacifisme et je n’y arrive pas. »19 Rolland, de bonne grâce, répond le lendemain de Suisse : Je n’ai jamais été un « pacifiste », au sens passif. Ma définition de la « paix » a toujours été celle de Spinoza, qui sert de devise à « Mère et Fils » [troisième livre de L’Ame Enchantée20, paru en 1926–1927] : « Pax enim non belli privatio, Sed virtus est, quae ex animi fortitudine oritur. » Ce n’est pas par sentimentalisme que j’ai été en 1914 – que je suis en 1933 – un champion de la paix et de la coopération entre les nations, – et tout particulièrement entre la France et l’Allemagne. C’était et c’est une loi de raison, – une vérité vitale. Une même loi me commande de combattre, en chaque pays, (chaque pays est mien), l’iniquité sociale, l’ordre absurde et atroce, l’ordre meurtrier, qui opprime et exploite les neuf dixièmes de l’humanité. Il y a plus d’une arme pour combattre : la non-violence (au sens actif qui est celui de Gandhi) et la violence organisée. J’ai essayé et j’essaye (à Amsterdam, et depuis,) de les associer dans le combat, de sceller l’alliance des masses prolétariennes avec les libres consciences révoltées et l’armée des « Non-Acceptants ».21
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Schickele : Werke in drei Bänden, t. 3, p. 693. Meyer-Boghardt : « Cher maître », p. 119. Rolland, Romain : L’Ame enchantée, t. 3 : Mère et Fils, Paris : Albin Michel, 1927. Meyer-Boghardt : « Cher maître », p. 119–120.
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C’est sur cette différence radicale de points de vue que se rompt le lien entre les deux hommes. 3. DEUX ROMANS, ENTRE CONFLUENCE ET DIVERGENCE Au-delà de ce parcours d’intellectuels du XXe, les deux hommes ont été des écrivains engagés, tel que l’entend Benoît Denis dans Littérature et Engagement : « […] à la différence de l’intellectuel qui se constitue comme tel en quittant le terrain de la littérature, l’écrivain engagé souhaite faire paraître son engagement dans la littérature elle-même. »22 Mais comment la littérature, avec ses moyens spécifiques, peut être le lieu d’expression d’une idée sociopolitique, géographique, qu’est l’Europe ? Espace du roman/espace de l’Europe Le roman permet d’appréhender l’Europe dans un cadre spatio-temporel avec, en son cœur, le Rhin. Le fleuve tisse le lien entre les deux romans : il ouvre JeanChristophe, donne son titre à la trilogie de Schickele. L’Alsacien ne pouvait que donner un écho, en langue allemande, au roman français. Le fleuve est l’axe, l’élément structurant, autour duquel se constitue l’univers romanesque. Car le Rhin est une réalité multiple où se croisent différentes dimensions : spatiale, temporelle, historique, chrétienne, mythique. Il lie, sépare, marque une frontière, un passage, d’une rive à l’autre, mais également du Nord au Sud, est immuable tout en évoquant le mouvement et le devenir. L’espace rhénan est perçu comme le cœur de l’Europe, lieu ancré dans l’espace fictionnel, condition première d’une réalisation future dans l’espace réel. Mais le Rhin est également un élément spéculaire, il permet la détermination et l’évolution du héros romanesque. Devenir du héros/devenir de l’Europe Car le héros n’est pas seulement issu d’une histoire/Histoire, il est en prise avec la société de son temps, la réalité sociale de l’époque. Les deux romans peuvent être considérés comme des fresques où toutes les couches de la population sont représentées. Ils s’inscrivent dans la tradition du roman du XIXe siècle et s’apparentent donc à des Gesellschaftsromane. De plus, leur souci d’exhaustivité, leur volonté d’embrasser par l’écriture une totalité rangent les œuvres parmi les romans-fleuves. Mais les auteurs ne dressent pas seulement une peinture de leur époque, ils portent un regard critique sur elle. Une Zeitkritik est sous-jacente et se fait de plus en plus 22 Denis, Benoît : Littérature et Engagement. De Pascal à Sartre, Paris : Editions du Seuil, 2000, p. 22.
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prégnante dans les deux. Car les auteurs ne sont pas seulement des écrivains, ils sont des intellectuels engagés pour leurs idées politiques. L’Europe est donc appréhendée dans sa dimension politique immédiate. Si l’Europe est à construire chez Rolland, elle est en construction du temps de Schickele. Elle n’est donc plus la même et les auteurs ne se positionnent pas par rapport à la même réalité. Le héros ne subit pas la réalité, il cherche à y agir. Le roman permet d’appréhender l’Europe comme un devenir à travers l’évolution du héros, il s’apparente donc à une forme de l’Entwicklungsroman. Chez Rolland comme chez Schickele, le moi intime du héros est dépassé pour faire partie d’une communauté. Au fur et à mesure de l’écriture, le moi surmonte ses failles, ses contradictions pour participer à un destin collectif. Le personnage principal cherche à vaincre les barrières, les clivages, les frontières de son temps pour faire passer un idéal de paix, de réconciliation et d’entente, un idéal politique et éthique pour l’Europe, qui correspond à l’engagement de l’auteur. Das Erbe am Rhein entre ainsi dans la catégorie du politischer Roman. Il en résulte une forme romanesque difficile à classifier : Familienroman, Generationsroman, Gesellschaftsroman, Zeitroman, zeitkritischer Roman, Entwicklungsroman, politischer Roman ? Un roman-fleuve ne brouille-t-il pas au fond les frontières ? Le roman permet-il la jonction entre l’idéal européen des auteurs et l’écriture ? L’Europe et le roman font-ils si bon ménage ? Le roman, lieu d’expression de l’idéal européen ? Car la structure des deux romans diffère : ce qui paraît encore possible avant la Première Guerre semble compromis à mesure qu’on se rapproche des années 1930. Jean-Christophe connaît un mouvement d’ouverture dépassant son personnage, est porté par un souffle, se transforme en un appel lancé aux lecteurs, voire à l’humanité entière. Message reçu, comme l’atteste la réception de l’œuvre et sûrement le Prix Nobel. Mouvement inverse dans Das Erbe am Rhein. Marque-t-il la fin d’un espoir européen, ouvert par Jean-Christophe ? A la construction linéaire de Jean-Christophe semble correspondre un mouvement inverse dans Das Erbe am Rhein. Les changements de point de vue, de focalisations, d’actions détruisent l’unité du texte et sa lisibilité. Mais l’on peut encore aller plus loin. L’intertextualité passe également par l’‘interfiguralité’, conceptualisée par Wolfgang G. Müller.23 Ne peut-on pas voir en Aggie Ruf, personnage incarnant la pureté morale, mystique, biographe de Gandhi, la représentation de Rolland, acceptant toutes les compromissions du communisme ? De même, le symbole de Saint-Christophe est détruit dans Das Erbe am Rhein. Dans le deuxième tome, Claus, Jacquot et Gabriele se rendent à Genève. Le roman se transforme en chronique. Or, Aristide Briand, sous le nom de Maxime-Simon, est 23 Cf. Müller, Wolfgang G. : Interfigurality. A Study of Interdependence of Literary Figures, ds. : Plett, Heinrich F. (dir.) : Intertextuality, Berlin : De Gruyter, 1991, p. 101–121.
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nommé « Christophorus » par les enfants, car il porte l’enfant de la paix mondiale sur le dos.24 Mais ce passage s’achève par une critique assez dure envers la Société des Nations (SDN), les hommes politiques, notamment Briand, et leur action vaine. Se lit-il un constat d’échec dans la trilogie romanesque de Schickele ? L’idéal européen y meurt-il après avoir été formulé dans Jean-Christophe ? 4. UNE GEOGRAPHIE MUSICALE Champ des possibles Constat d’échec ? Mort de l’idéal européen dans l’espace romanesque ? Notre réponse sera non, car le roman, comme le dit Milan Kundera dans L’Art du roman25, est l’œuvre de l’Europe. Elle débute avec Miguel de Cervantès. Pourquoi ? Parce que Don Quichotte sort de sa maison, part dans le monde et en explore ses infinies possibilités. Le roman offre une possibilité de l’Europe.26 Cette possibilité n’est pas à chercher dans un projet ou une utopie, elle est à chercher dans la résonance entre la terre d’Europe, le héros et l’être profond de l’auteur. Ainsi, subtilement, l’idéal européen revêt deux formes : la musique chez Rolland et le paysage chez Schickele. La musique La musique est la véritable héroïne, à la fois objet de l’écriture et écriture ellemême, car elle correspond au plus profond à la personnalité de l’auteur. Elle seule permet une élévation de l’âme et une communion des êtres. Jean-Bertrand Barrère le souligne : la musique a rendu Rolland cosmopolite. Ainsi l’auteur pouvait-il écrire : « Ma vraie langue est la musique. C’est elle qui a fait de moi un Weltbürger. »27 Voici la mission de Jean-Christophe, nouveau Beethoven, et voilà celle de Rolland qui se sent investi d’un engagement. Car pour lui, l’Art a une mission. Comme le rappelle Bernard Duchatelet28, le futur Prix Nobel devait préparer l’Ecole Polytechnique pour satisfaire aux ambitions de sa mère. Le seul grand musicien qu’il aime à l’époque est Mozart. Or, lors d’un concert où il entend du Beethoven, il ressent une telle émotion que sa vie en est bouleversée : il décide d’être artiste. Tout d’abord musicien, mais son choix se portera finalement sur la littérature. Dans le
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Cf. Schickele : Werke in drei Bänden, t. 1, p. 854–855. Kundera : L’Art du roman. Cf. Kundera : L’Art du roman, p. 59. Lettre inédite à Clara Collet, 25 avril 1906, ds. : Barrère, Jean-Bertrand : Romain Rolland. L’âme et l’art, Paris : Albin Michel, 1966, p. 57. 28 Cf. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002, p. 23.
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roman Jean-Christophe, les deux orientations se rejoignent. Rolland cherche à atteindre un ‘roman musical’ qui fasse revivre le sentiment plutôt que de l’analyser. Les lecteurs y sont réceptifs, paradoxalement plus les étrangers que les Français. Cela prouve qu’au-delà de l’écriture, ou plutôt grâce à elle, un message passe. Le but de Rolland n’est pas de faire de la littérature. L’auteur, dans la préface de 1931, reprend cette conviction qui l’a guidé depuis les années 1900, comme l’atteste une note de 1908 : « Je n’écris pas une œuvre de littérature, j’écris une œuvre de foi. »29 Le roman s’achève par la mort du héros, franchissant pour la dernière fois le Fleuve, mais ayant montré à l’humanité la lumière. C’est par la musique que s’épanouit l’idée européenne de Rolland. Dès l’introduction de son Beethoven, Rolland explicite, en effet, la corrélation entre le compositeur et l’Europe : Tout l’être d’un Beethoven – sa sensibilité, sa conception du monde, la forme de son intelligence et de sa volonté, ses lois de construction, son idéologie, aussi bien que la substance de son corps et son tempérament – tout est représentatif d’un âge de l’Europe.30
Le compositeur incarne donc une époque, autant dans sa chair que dans son esprit. Le XIXe siècle représente de toute façon aux yeux de Rolland les révolutions, les grands hommes, les génies, les êtres comme Malwida von Meysenbug dont le regard embrassait l’Europe entière. De même, le génie de Beethoven dépassait les frontières et son art cherche à construire une unité qu’il ressentait en Europe. On saisit comment l’auteur dresse un parallèle entre le passé et le futur pour les lecteurs de son présent. Dans des pages empreintes souvent d’un grand lyrisme, Rolland fait de Beethoven un symbole du combat à mener pour que survive l’Europe de demain. Lui, l’artiste allemand, devient un modèle héroïque, qui incarne, aux côtés de l’autre grande référence, Goethe, l’Europe d’hier, certes, mais « la meilleure Europe, qu’au seuil du siècle avaient entrevue Goethe et Beethoven, – et que cent ans de tourmentes n’ont pas, depuis, permis de réaliser »31. Les deux génies allemands du XIXe siècle sont ainsi réunis, ils sont la source inépuisable d’une œuvre universelle qui tend à toucher tous les hommes, de tout pays et de tout temps. Selon la métaphore rollandienne, Goethe et Beethoven sont des fleuves où confluent toutes les eaux de la terre. L’auteur de Jean-Christophe trace à maintes reprises un parallèle entre l’époque des deux artistes allemands et la sienne.32 Dans les deux cas, des guerres destructrices en Europe, un monde qui meurt.33 Or, Rolland le souligne, la substance de la musique est la même que celle de tous les arts : « c’est l’effort de l’être pour réaliser une harmonie »34. Cette harmonie est à construire par l’affirmation de sa volonté et de sa force, Beethoven en est l’image et l’auteur renoue le lien avec son personnage en utilisant le mot allemand Kraft qui renvoie au patronyme 29 Rolland, Romain : Jean-Christophe, t. 1 : L’Aube [1904], Paris : Albin Michel, 1931, p. 11. 30 Rolland, Romain : Beethoven. Les grandes époques créatrices, Paris : Albin Michel, 1966, p. 14. 31 Rolland : Beethoven, p. 207. 32 Cf. par exemple Rolland : Beethoven, p. 443. 33 Cf. Rolland : Beethoven, p. 297. 34 Rolland : Beethoven, p. 434.
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« Krafft » de Jean-Christophe. L’œuvre se clôt sur un appel, écrit en 1927, intitulé « Actions de grâce à Beethoven »35 où l’auteur laisse libre cours à un élan tout chrétien qui englobe les peuples d’Europe : « Nous communions en lui, nous de tous les peuples de la terre. Il est le symbole rayonnant de la Réconciliation d’Europe, de la fraternité humaine. »36 La prière de Rolland sera entendue trente ans plus tard lorsque les pères de l’Europe choisiront l’hymne européen. L’idéal de fraternité entre les peuples sera repris, parfaitement en accord avec l’esprit des artistes qui ont défendu l’idée d’Europe depuis des siècles : « Alle Menschen werden Brüder »37. Le paysage Au paradigme de la musique répond celui du paysage chez Schickele, il est le lieu poétique de l’idéal qui correspond au moi de l’auteur, sa projection, tel un romantique qu’il est au plus profond de lui. La poésie romantique (Johann Wolfgang Goethe, Eduard Mörike, Novalis, Joseph von Eichendorff) a constitué le lieu de rencontre avec la langue allemande, une relation quasi amoureuse. Le paysage entre en résonance avec l’intériorité de l’auteur. Les plus belles pages sur l’idéal européen sont les descriptions du paysage alémanique, comme celle-ci à la fin du roman : Das Land der Vogesen und das Land des Schwarzwaldes waren wie die zwei Seiten eines aufgeschlagenen Buches, ich sah deutlich vor mir, wie der Rhein sie nicht trennte, sondern vereinte, indem er sie fest zusammenhielt. […] Dieser vereinende Strom mitsamt seinen Ländern, die sich an seinen Flanken dehnten, dies war Europa.38
Tel le promeneur du peintre allemand Caspar David Friedrich, Schickele, de sa position élevée, voit. La géographie du paysage rhénan, dans son éclatante évidence, fait écho à l’intime conviction de l’auteur et s’inscrit dans l’image du livre ouvert. Le lieu produit du texte qui s’y incarne. Le lieu est un livre et ce livre est l’Europe. 5. CONCLUSION Les deux romans permettent un dépassement du moi de l’auteur, ils ont une fonction structurante. Romain Rolland et René Schickele, comme Stefan Zweig et Hermann Hesse, sont à la recherche d’une nouvelle patrie où pourrait s’épanouir une nouvelle humanité. Les auteurs de l’époque, les plus connus comme Heinrich et Thomas Mann ou Jean Giraudoux et Georges Duhamel, les moins connus comme Annette Kolb, ont tissé des liens, personnels et d’écriture. Les textes sont des tissus ou plutôt
35 Rolland, Romain : Actions de grâce à Beethoven, ds. : Revue musicale 6/2 (1927), p. 3–14. 36 Rolland : Beethoven, p. 1509. 37 Dans le poème de Friedrich von Schiller An die Freude (1785), mis en musique par Ludwig van Beethoven dans sa Neuvième symphonie (1823). 38 Schickele : Werke in drei Bänden, t. 3, p. 975.
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des tissages où s’établit un dialogue européen. L’analyse y distingue ainsi une relation dialogique, comme l’entend Edgar Morin. Pour lui, l’Europe est un complexe (complexus : ce qui est tissé ensemble).39 L’écriture est l’espace, en même temps le lieu de la recherche de cet espace, de ce lieu idéal nommé Europe. Mais ces deux œuvres, tout comme la vie des auteurs, s’inscrivent tragiquement dans le temps. Si Jean-Christophe évolue vers toujours plus d’Europe, devenant un appel, quasi religieux, entendu et reçu par Schickele notamment, Das Erbe am Rhein connaît un mouvement inverse, de repli. Mais n’est-il pas également un appel ? Cependant, en 1931, et Schickele en était conscient, l’époque n’était plus sensible aux appels d’humanistes européens qui allaient, tout comme leur idéal, bientôt sombrer. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Barrère, Jean-Bertrand : Romain Rolland. L’âme et l’art, Paris : Albin Michel, 1966. Cheval, René : René Schickele et les ‘Weisse Blätter’ ds. : Allemagne d’aujourd’hui 6 (1957), p. 23–25. Cheval, René : Romain Rolland. L’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963. Denis, Benoît : Littérature et Engagement. De Pascal à Sartre, Paris : Editions du Seuil, 2000. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Finck, Adrien : René Schickele, Strasbourg : Editions Salde, 1999. Hesse, Hermann : Gesammelte Briefe, t. 1, Frankfurt/M. : Suhrkamp, 1973. Kempf, Marcelle : Romain Rolland et l’Allemagne, Paris : Nouvelles Editions Debresse, 1962. Kundera, Milan : L’Art du roman. Essai, Paris : Gallimard, 1986. Lourenço, Eduardo : L’Europe introuvable. Jalons pour une mythologie européenne, Paris : Métailié, 1991. Meyer-Boghardt, Julie : « Cher maître ». Die Korrespondenz zwischen René Schickele und Romain Rolland mit einigen ergänzenden Dokumenten, ds. : Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 29 (1988), p. 85–137. Morin, Edgar : Penser l’Europe, Paris : Gallimard, 1987. Müller, Wolfgang G. : Interfigurality. A Study of Interdependence of Literary Figures, ds. : Plett, Heinrich F. (dir.) : Intertextuality, Berlin : De Gruyter, 1991, p. 101–121. Rolland, Romain : Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, ds. : L’Humanité 5547 (26.06.1919), p. 1. Rolland, Romain : Actions de grâce à Beethoven, ds. : Revue musicale 6/2 (1927), p. 3–14. Rolland, Romain : L’Ame enchantée, t. 3 : Mère et Fils, Paris : Albin Michel, 1927. Rolland, Romain : Jean-Christophe, t. 1 : L’Aube [1904], Paris : Albin Michel, 1931. Rolland, Romain : Jean-Christophe, t. 3 : L’Adolescent [1904], Paris : Albin Michel, 1931. Rolland, Romain : Journal des Années de Guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952. Rolland, Romain : Beethoven. Les grandes époques créatrices, Paris : Albin Michel, 1966. Rolland, Romain : Jean-Christophe [1903–1912], Paris : Albin Michel, 2007 [1931]. Schickele, René : Werke in drei Bänden, t. 1, Köln [etc.] : Kiepenheuer und Witsch, 1959. Schickele, René : Werke in drei Bänden, t. 3 : Dramen. Gedichte. Essays. Aufsätze und Reden. Tagebücher. Briefe, Köln [etc.] : Kiepenheuer und Witsch, 1959. Schickele, René : Das Erbe am Rhein [1926–1931], 3 vol., Frankfurt/M. : Fischer, 1983. Zweig, Stefan : Die Welt von Gestern, Frankfurt/M. : Fischer, 1992. 39 Cf. Morin, Edgar : Penser l’Europe, Paris : Gallimard, 1987, p. 22–24.
KRIEG ERLEBEN, FRIEDEN ERSEHNEN. VÖLKERVERSÖHNUNG SCHAFFEN? Die Korrespondenz zwischen Romain Rolland und Lilli Jannasch zu Beginn des Ersten Weltkriegs Annette Lensing Cette abominable guerre a du moins ceci de bon qu’elle rapproche des esprits qui vivaient un peu à l’écart les uns des autres.1
Nicht zuletzt auf friedenspolitischer Ebene setzte der Literaturnobelpreisträger Romain Rolland richtungweisende, gar visionäre Maßstäbe. Seine ab dem 18. Januar 1915 geführte Korrespondenz mit Lilli Jannasch (1872–1965), der damaligen Geschäftsführerin der deutschen pazifistischen Organisation Bund Neues Vaterland (BNV), veranschaulicht die völkerversöhnenden Bemühungen zweier engagierter Zeugen ihrer Zeit, die im Kontext internationaler Spannungen und über die jeweiligen Kriegsfronten hinaus zwischen Januar und Juli 1915 korrespondierten.2 Vor dem Hintergrund stark ausgeprägter Nationalismen und zaghafter internationalistischer Bestrebungen wandten sie sich mit ihren Worten gegen die Gewalt zwischenstaatlicher Konflikte und tauschten sich über den Aufbau einer europäischen Friedensordnung aus. Die folgende geschichtswissenschaftliche Untersuchung dieses Schriftwechsels soll neue Einblicke in Wesen, Werk und Wirkung zweier Akteure liefern, die auf deutsch-französische Verständigungsschritte in Politik und Öffentlichkeit hofften. Dabei versinnbildlicht dieser binationale Austausch die Bedeutung kultureller Transferprozesse im Kontext nationaler Antagonismen im europäischen Raum.
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So Romain Rolland im Oktober 1914, siehe Rolland, Romain: Journal des années de guerre: 1914–1919: notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Cahier II, Paris: Albin Michel, 1952, S. 93. Auszüge der Korrespondenz zwischen Jannasch und Rolland können im Journal des années de guerre nachgelesen werden. Siehe: Rolland: Journal des années de guerre, S. 245 ff. Sie wurde außerdem teilweise durch Pierre Grappin veröffentlicht, vgl. Grappin, Pierre: Le Bund Neues Vaterland (1914–1916). Ses rapports avec Romain Rolland, Lyon, Paris: Bibliothèque de la société des Etudes Germaniques, 1952, S. 33–70. Dieser Beitrag sieht sich als Erweiterung seiner literaturhistorischen Studie. Die hier angeführten Zitate wurden z. T. aus dem Originaltext übersetzt.
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1. HINTERGRÜNDE EINES SCHRIFTWECHSELS ÜBER DEN FRIEDEN Der Bund Neues Vaterland wurde am 16. November 1914 von sieben Männern und Frauen, darunter Kurt von Tepper-Laski, Otto Lehmann-Rußbüldt und Lilli Jannasch, in Berlin gegründet. Er entstand unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkrieges, über zwanzig Jahre nachdem zwei Österreicher, der Publizist Alfred Hermann Fried und die Autorin des Erfolgsromans Die Waffen nieder! (1889), Bertha von Suttner, die Deutsche Friedensgesellschaft (DFG) initiiert hatten. Die 1892 gegründete DFG war vor dem Ersten Weltkrieg die einzige offizielle pazifistische Organisation auf deutschem Boden gewesen.3 Diese Marginalisierung ist darauf zurückzuführen, dass pazifistische Bestrebungen in einer militaristischen deutschen Gesellschaft weitgehend verpönt waren, was wiederum durch die französischen Wurzeln des Begriffs ‚Pazifismus‘ verschärft wurde.4 Die DFG sollte der im internationalen Vergleich schwachen und verspäteten deutschen Friedensbewegung Stimme und Struktur verleihen. Programmatisch war Bertha von Suttners pädagogischidealistisches Friedenskonzept maßgebend: Es bezweckte die moralische Umerziehung des Volkes, das die Sinnlosigkeit des Krieges erkennen und dementsprechend auf die politischen Entscheidungsträger wirken sollte. Selbst wenn Frieds ‚organisatorischer Pazifismus‘ dieser dem Fortschrittsoptimismus verschriebenen Friedensethik eine wissenschaftliche Basis verlieh, blieb jener Vorkriegspazifismus aufgrund seiner gesellschaftspolitischen Randstellung und seines apolitischen Forderungskatalogs weitgehend fern der politischen Entscheidungszentren. Anders als die sich größtenteils am innenpolitischen Status quo orientierende DFG sah der BNV seine primäre Aufgabe in der direkten Beeinflussung der höheren politischen Machtzirkel. Obschon er nicht als politische, geschweige denn als pazifistische Partei wahrgenommen werden wollte, verband er traditionelle, auf internationale Völkerverständigung ausgerichtete Ziele mit demokratisch-sozialen Forderungen. Eckpfeiler seiner Programmatik waren das Ende der Annexionspolitik, die Erhaltung der nationalen Souveränität, der Aufbau der Vereinigten Staaten Europas und die Einführung der Demokratie als Grundvoraussetzung für einen dauernden Frieden zwischen den Völkern.5 Seinem elitären Profil und weitgefassten Forderungskatalog entsprechend fand der BNV bei gemäßigten bürgerlichen Pazifisten (Ludwig Quidde, Hans Wehberg), pazifistisch gesinnten Sozialisten (Ernst Reuter), aber auch Wissenschaftlern, Diplomaten sowie Soziologen und Schriftstellern (René Schickele) Zuspruch.
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Die Interparlamentarische Union (1889) und der Verband für internationale Verständigung (1911) waren nicht explizit pazifistisch. Zur deutschen Friedensbewegung vgl. Riesenberger, Dieter: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1985. Der Begriff pacifisme wurde 1901 durch Emile Arnaud, den Vorsitzenden der Ligue internationale de la Paix et de la Liberté, geprägt. Vgl. die Satzung des BNV (1914) und die Flugschrift „Was will der Bund Neues Vaterland“ (1915), bei Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 71 f. Vgl. auch Bundesarchiv Koblenz: Bund Neues Vaterland, 52239 (1914–1922).
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Als Lilli Jannasch am 18. Januar 1915 Rolland kontaktierte, tat sie es an erster Stelle als Sprachrohr einer Organisation, deren Gründer eine internationalistische und frankophile Ausrichtung verfolgten, wie es bereits Tepper-Laskis und LehmannRußbüldts Pläne zur Gründung eines Komitees deutsch-französischer Verständigung 1913 bewiesen hatten. Der unmittelbare Auslöser der Kontaktaufnahme war Rollands öffentliche Verurteilung der Verletzung der belgischen Neutralität und der Niederbrennung der Bibliothek in Louvain im August 1914. In seinem am 22./23. September 1914 veröffentlichten ersten Artikel der Serie Au-dessus de la mêlée6 war Rolland als entschiedener Gegner von Nationalismus und Imperialismus und dezidierter Verfechter der deutsch-französischen Verständigung aufgetreten. Der Schriftverkehr mit dieser bekannten und überparteilichen Persönlichkeit lag zweifellos im Interesse einer noch unerfahrenen und unbekannten deutschen Organisation, für die der Ausbau persönlicher Kontakte der kriegsbedingten Lahmlegung der internationalen Friedensbewegung entgegenwirken und den deutschen pazifistischen Bestrebungen Gehör verschaffen sollte.7 In ihrem ersten Brief sandte die BNV-Geschäftsführerin Rolland folglich Broschüren zu und betonte: Cette société a été fondée par un groupe de personnes qui désire combattre le chauvinisme et préparer l’opinion publique dans la direction d’une paix qui respecte l’honneur national de tous les partis combattants.8
Auch wenn es galt, den internationalen Bekanntheitsgrad des BNV zu steigern, so waren jene Worte an erster Stelle ein Plädoyer für ein anderes, friedliches Deutschland, das sich gegen den Nationalismus wandte. Diese Strategie war von Anfang an zwiespältig. Einerseits hatte der BNV dadurch die Möglichkeit, sich international zu profilieren und seine Netzwerke auszudehnen. Andererseits bedingte sie eine heikle Gratwanderung zwischen Völkerverständigung und Verteidigung nationaler Interessen, hier der Forderung nach einem gerechten Verständigungsfrieden für das Deutsche Reich. Dieses Gleichgewicht war umso prekärer, als die anfängliche Interessengemeinschaft mit der Reichsregierung grenzüberschreitende Kooperationsversuche hemmte und die politische Unabhängigkeit des BNV einschränkte. Man kann sich außerdem fragen, ob über die institutionelle Ebene hinaus auch persönliche Gründe Lilli Jannasch zu dieser Korrespondenz bewogen.9 Interessanterweise stammte die in Berlin geborene Quäkerin aus einem deutsch-französischen Elternhaus: Ihr Vater, Dr. Robert Jannasch, war Vorsitzender des Centralvereins für Handelsgeographie und Förderung deutscher Interessen im Ausland gewesen, während Lilli Jannaschs Familie mütterlicherseits, die Gerber-Keller, aus Belfort und dem Elsass stammte. Noch bevor sie in den BNV eintrat, war Jannasch politisch 6 7 8 9
Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, in: Journal de Genève, 22./23.09.1914. Rolland korrespondierte auch mit Fried und Reuter. Vgl. Lorrain, Sophie: Des pacifistes français et allemands, pionniers de l’entente franco-allemande (1870–1925), Paris, Montréal: L’Harmattan, 1999, S. 143–164, hier S. 147. Rolland: Journal des années de guerre, Cahier V, S. 245. Die biografischen Informationen stammen größtenteils aus den Recherchen von Dr. Bernd Reifenberg, die im Rahmen der Raubgutforschung an der Universität Marburg (2005) durchgeführt und für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt wurden.
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aktiv gewesen: Zwischen 1904 und 1914 publizierte sie zahlreiche freidenkerische und reformpädagogische Aufsätze und war Schriftführerin im Deutschen Bund für weltliche Schule und Moralunterricht gewesen. Ihr Engagement im dichten Milieu der sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts entfaltenden internationalistischen Bewegungen sowie ihre Kenntnis und ihr ausgeprägtes Interesse an der französischen Sprache und Kultur mögen demzufolge relevant gewesen sein.10 Als Jannaschs Brief Rolland, der sich aus gesundheitlichen Gründen in Genf aufhielt, am 23. Januar 1915 erreichte, wütete der Krieg bereits seit Monaten. Seine zahlreichen Kontakte zu deutschen Intellektuellen und Familien sowie seine sorgfältige Lektüre der internationalen Presse gewährleisteten ihm die Position eines wachsamen und bestens informierten Zeugen des Kriegsgeschehens. Gleichzeitig wurde er durch seine Mitwirkung an der Genfer Agentur für Kriegsgefangene, einer mit der Fürsorge von Zivil- und Militärgefangenen betrauten Zentralstelle des Roten Kreuzes, konkret mit den Leiden der Menschen im Krieg konfrontiert, der Europa wie ein „Nebelmeer […] überdeckt[e]“11. Nichtsdestotrotz glaubte der französische Schriftsteller Anfang 1915 an die Existenz eines anderen Deutschland, das weder nationalistisch noch militaristisch sei, und stellte dem für ihn wachsenden französischen Chauvinismus eine gewisse Mäßigung auf deutscher Seite gegenüber.12 Die aufmunternden Worte, die er am 31. Januar an den BNV richtete und die ihm seine „Sympathie […] für eine solche moralische Bewegung […], wo auch immer sie herkomm[e]: aus Deutschland, Frankreich oder England“13 zusicherten, sind daher nicht überraschend. 2. EINE ASYMMETRISCHE KOMMUNIKATION Entscheidend bei der Untersuchung dieses Austausches ist, dass es sich um eine ‚privat-öffentliche‘ Kommunikation handelte. Unmittelbar nach der Kontaktaufnahme kam es zu einem ersten Zwischenfall: Rollands Antwort wurde ohne seine Erlaubnis im Bulletin des BNV abgedruckt. Dabei war jene Stelle gestrichen worden, in der Rolland den BNV-Mitgliedern und -Sympathisanten inständig riet, öffentlich gegen den deutschen Nationalismus Stellung zu beziehen: „J’ajoute que l’action du Neues Vaterland serait plus grande si elle n’était pas anonyme. Ceux dont elle combat l’influence sont personnellement connus. Votre parti a-t-il des
10 Zur Freidenkerbewegung vgl. Groschopp, Horst: Dissidenten: Freidenkerei und Kultur in Deutschland, Berlin: Dietz, 1977. 11 Vgl. Kraus, Fritz: Vom freien Gewissen im Kriege. Die Brücke zur Welt, Beilage zur Stuttgarter Zeitung, 10. Dezember 1955, Evangelisches Zentralarchiv Berlin (EZA) 686/8306. 12 Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 36. 13 Zit. nach Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 38. „Je n’ai pas besoin de vous dire la sympathie que j’ai pour un tel mouvement moral, d’où qu’il vienne: d’Allemagne, de France ou d’Angleterre.“
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noms à leur opposer?“14 Das Weglassen von Rollands Bedenken hinsichtlich der eindeutigen innenpolitischen Positionierung des BNV ließ den Eindruck seiner bedingungslosen Unterstützung entstehen. Während sich der BNV durch diese – absichtliche oder ungeschickte? – Eigeninitiative auf internationaler Ebene einen Imagegewinn versprechen konnte, musste Rolland einen Imageverlust befürchten, zumal er in der Schweiz zwar eine größere Rede- und Publikationsfreiheit genoss, dadurch aber bevorzugt ins Kreuzfeuer der französischen nationalistischen Kritik geriet. Rolland reagierte auf diese ungewollte Publizität mit einer Abwehrreaktion: In seinem Brief vom 9. Februar 1915 verurteilte er diese Initiative und verwies, die Stärke der französisch-englischen Freundschaft betonend, auf die besondere Gefahr des deutschen Imperialismus. Rollands Tagebuchnotiz – „Avec ces bons Allemands il faut toujours se méfier“15 – zeigt, dass sein anfänglicher Kooperationswille gegen eine schleichende Skepsis ankämpfen musste. Indem er eine Kopie an das Schweizer Blatt Der Bund sandte, richtete Rolland seine Antwort bewusst nicht nur an seinen Gesprächspartner, sondern auch an die breite Öffentlichkeit. Der Dialog verließ fortan die private Kommunikationsebene. Die Befürchtung Rollands, als Vaterlandsfeind diffamiert zu werden, erhielt im Zuge der Veröffentlichung der zweiten Auflage der BNV-Broschüre Was will der Bund Neues Vaterland im Mai–Juni 1915 eine Bestätigung. In dieser Broschüre hatte der BNV die Liste seiner Mitglieder und Sympathisanten angeführt, und obwohl Rolland eindeutig in der Kategorie der Sympathisanten erschien, löste seine Verbindung mit einer deutschen Vereinigung eine wahre Verleumdungskampagne der nationalistischen Presse aus, die Rolland als Verräter und den BNV als pangermanische Liga und Handlanger der deutschen Regierung stilisierte. In einem am 7. Juli 1915 in Le Temps publizierten Artikel über den BNV, einem „Sprengkörper“, der „lange brennen [würde]“, wurde „Herr Romain Rolland ‚aus Genf‘“ verächtlich als Verräter dargestellt. Die Liga sei „nichts Weiteres als eine deutsche Kriegsmaschine“, die es bezwecke, auf die französischen, belgischen, englischen und russischen Zivilisten zu wirken und „die Geister zu verwirren“16. Die Richtigstellung, die Rolland am 12. Juli Le Temps zuschickte, wurde nie veröffentlicht. Dieser Vorfall verdeutlicht die gefährliche Grauzone zwischen Patriotismus und
14 Rolland: Journal des années de guerre, Cahier V, S. 250 f. Dieses Zitat stammt aus Rollands Journal, da der Originalbrief verloren ging. Die Version des BNV erschien im Bund am 10. Februar 1915. 15 Zit. nach Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 42. 16 „Ajoutons que sur la liste des adhérents de la Nouvelle patrie on ne relève aucun nom anglais. Il s’y trouve par contre un nom français, celui de M. Romain Rolland, ‚de Genève‘, ainsi que le déclare le prospectus. La Nouvelle patrie, malgré les apparences, n’est donc qu’une machine de guerre allemande pour agir sur les ‚civils‘ de France, Belgique, Angleterre et Russie et désorganiser les esprits. C’est une mine qui n’est pas supérieurement montée et fera long feu.“ [Autor unbekannt]: Une nouvelle ligue allemande: la „Nouvelle Patrie“, in: Le Temps, 7. Juli 1915, EZA 51 FII a 3. Rolland bezeichnet diesen Artikel als „perfide“ und „sournois“, in: Rolland: Journal des années de guerre, Cahier IX, S. 440. Unter den Kritikern befand sich ein ehemaliger Pazifist und Rolland-Verehrer, Paul-Hyacinthe Loyson, den der Krieg zum entschiedenen Nationalisten gemacht hatte. Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 57–60.
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Nationalismus in Zeiten des Krieges, die in den europäischen Gesellschaften sowohl auf innen- als auch auf außenpolitischer Ebene tiefe Gräben hervorrief. Die Verdammung deutsch-französischer Friedensbekundungen als Gefährdung des Nationalgefühls erwuchs aus diesem Spannungsverhältnis. Für beide Briefgefährten brachte dieser Kontext unterschiedliche Folgen mit sich. Während für Rolland seine überparteiliche Position auf dem Spiel stand, wurde der Friedenskampf des BNV gleichzeitig zu einer Überlebensfrage. Der Handlungsspielraum des BNV war seit dem Frühjahr 1915 zunehmend eingeschränkt worden. Zunächst gelang es seinen Mitgliedern der Zensur und Überwachung, denen das pazifistische Lager ausgesetzt, war (Verbot des Schriftverkehrs mit dem Ausland, Hausdurchsuchungen), teilweise zu entgehen. Im April musste die Korrespondenz mit Rolland jedoch einen Monat lang eingestellt werden. Selbst wenn die Verbindung durch einen Brief Jannaschs am 13. Mai 1915 und in persona durch den Besuch von Dr. Eduard Fuchs Anfang Juni wieder hergestellt wurde, verengte sich der tatsächliche Wirkungskreis des BNV immer mehr. Der quantitative und qualitative Anstieg der Repressionsmaßnahmen in Folge der Angliederung der Oberzensurstelle an das Kriegspresseamt im Herbst 1915 wirkte sich direkt auf die Aktivitäten des BNV aus. Nach weiteren Zensurmaßnahmen (Verbot des Versendens von Flugschriften an seine Mitglieder) wurde dem BNV schließlich am 7. Februar 1916 jegliche Betätigung untersagt. Diese forcierte Vereinsauflösung wurde durch personenbezogene Repressionsmaßnahmen ergänzt. So kam Jannasch am 31. März 1916 in eine vierwöchige Schutzhaft, im Laufe derer sie sich verpflichten musste, jegliche politische Aktivität während des Krieges zu unterlassen. In den an Jannasch gerichteten Anklagepunkten stand die Beteiligung an FrauenDemonstrationen und die Führung eines aktiven Schriftverkehrs mit der Schweiz.17 Die Tatsache, dass ihr pazifistisches Engagement nicht ungefährlich war, entmutigte Jannasch jedoch nicht. Als ihr der Richter während des Verhörs sagte: „Wissen Sie, eigentlich gehörten Sie an die Wand gestellt“, habe sie mit Trotz erwidert: „Ach, es sterben so viele Männer in diesem Krieg, warum sollte auch nicht mal eine Frau sterben?“18 Diese Repressionsmaßnahmen stehen beispielhaft für die regelrechte „Treibjagd“19 auf die Pazifisten, die bis zum Sommer 1917 andauerte. Der BNV musste zunächst seine Aktivitäten in der Illegalität fortsetzen, eine Scheinexistenz, die erst mit einer erneuerten Programmatik (November 1918) und der Umbenennung in Deutsche Liga für Menschenrechte (1922) zeitweise beendet wurde.20 17 Ihre Nachfolgerin, Elsbeth Bruck, wurde ebenfalls inhaftiert. Zur Verhaftung vgl. Quidde, Ludwig: Der deutsche Pazifismus während des Weltkrieges 1914–1918, aus dem Nachlass Ludwig Quiddes, Schriften des Bundesarchivs Nr. 23, Boppard am Rhein: Harald Boldt Verlag, 1979; Lehmann-Russbueldt, Otto: Der Kampf der Deutschen Liga für Menschenrechte vormals Bund Neues Vaterland für den Weltfrieden 1914–1927, Berlin: Hensel & Co, 1927. 18 Unveröffentlichte Korrespondenz zwischen Sybille Franks (Lilli Jannasch war ihre Großcousine) und B. Reifenberg. 19 Vgl. Riesenberger: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland, S. 98–123. 20 Die am 8. Juni 1916 gegründete Vereinigung Gleichgesinnter kann nur teilweise als Nachfolgeorganisation angesehen werden, da diese ethisch ausgerichtete Vereinigung größtenteils wirkungslos blieb.
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In diesem heiklen Kontext entfaltete sich der Friedensdialog zwischen Rolland und Jannasch, der sich dem Aufbau einer künftigen Friedensordnung in Europa widmete. 3. AUFGABE UND WIRKUNG IM SPIEGEL DER EIGENWAHRNEHMUNG Rollands Friedenskonzept ging in den ersten Kriegsmonaten mit dem Glauben an eine besondere Aufgabe Frankreichs einher. So vermerkte er in seinem Brief vom 9. Februar: Nos démocraties de France et d’Angleterre sont trop intimement unies par l’amour et le besoin communs de la liberté, cette liberté qui est pour nous le premier bien du monde, mille fois plus précieux à nos peuples, comme l’écrivait récemment John Galsworthy, que la discipline, le savoir, la prospérité matérielle, l’organisation imposante dont l’Allemagne à tort ou à raison, s’enorgueillit.21
Der hier ausgesprochene Gedanke, dem Lande der Französischen Revolution stehe eine europäische Friedensmission zu, führte Rolland kurz darauf in seinem Brief vom 18. Februar fort: Es könne zwar keine gewalttätige Befreiung eines benachbarten Volkes geben, man habe aber das Recht, ein Volk zu neutralisieren, wenn die Sicherheit des Nachbarn gefährdet sei.22 Das Feindbild des imperialistischen Deutschen Reiches wird implizit einem (erträumten) geläuterten Frankreich gegenübergestellt, während gleichzeitig der demokratische Staat als grundlegende Denkund Handlungskategorie hervortritt. Als entscheidender Referenzrahmen des geführten Friedenskampfes fungierte demgegenüber bei Jannasch der Aufbau einer sozialistischen Republik auf demokratischem Boden. In ihrer Karte vom 21. Februar 1915 kommentierte sie einen in Le Temps erschienenen Artikel John Galsworthys über die Verteidigung von Freiheit und Demokratie, den ihr Rolland zugesandt hatte. Ihrer Meinung nach müsse dieser Standpunkt um die Analyse der Ursachen des Krieges ergänzt werden. Diese lägen im Zusammenspiel von überzogener Kriegstreiberei und „kapitalistische[r] Sünde“ bzw. von Klassen- und Gewaltherrschaft. Für Jannasch sei „der Kapitalismus das Narrenseil, an dem bisher alle Demokratien hängen“, und folglich „eine der Hauptursachen des Krieges“23. Rolland sollte den BNV bei der Umsetzung der notwendigen demokratisch-sozialen Umwälzungen unterstützen. In ihrem Brief vom 5. März bat sie ihn, bei den linken französischen Verlegern – u. a. Gustave Hervé (La Guerre Sociale) und Jean Longuet (L’Humanité) – für den BNV zu werben.24 Es ist schwer zu sagen, inwiefern Rolland diese politische Radikalisierung 21 Zit. nach Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 39–40. 22 Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 41. 23 „[…] le capitalisme est la corde de fous (Narrenseil) à laquelle jusqu’ici sont attachées toutes les démocraties. Ce capitalisme est une des causes principales de la guerre…“, Rolland: Journal des années de guerre, Cahier V, S. 268. 24 Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 43.
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mitgetragen, gar gefördert hat. Festzuhalten ist jedoch, dass Jannasch ihn zunehmend als politischen Weggefährten wahrnahm, wie es die Entwicklung der Anredeformeln verdeutlicht – von „Monsieur“ (Januar) über „Très honoré Monsieur“ (Februar) bis „cher compagnon de lutte“ und „très honoré compagnon de lutte“ (März). Die hier verwendete Argumentation nimmt die allmähliche Annäherung des BNV an die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) vorweg, der Jannasch 1918 beitrat. Die politische Radikalisierung der BNV-Mitglieder steht exemplarisch für den Ausdifferenzierungsprozess, den der Erste Weltkrieg innerhalb der deutschen Friedensbewegung bewirkte: Während sich der gemäßigte Vorkriegspazifismus vorrangig aus dem Bürgertum rekrutierte und auf die Errichtung eines dauerhaften Friedens durch zwischenstaatliche Ordnung und Abrüstung hoffte, bildete sich der Antimilitarismus aus der Arbeiterbewegung heraus und bevorzugte direkte Aktionsmittel wie z. B. die Kriegsdienstverweigerung. Dieser Wandel findet sich 1922 in der Programmatik der Deutschen Liga für Menschenrechte wieder: Die internationale Völkerversöhnung wurde um den aktiven Kampf für menschliche Integrität und soziale Gerechtigkeit erweitert.25 Die geteilte Überzeugung, dass das vorherrschende Gewaltklima entschärft werden müsse, führte jedoch nicht zu denselben Schlussfolgerungen. Bei Rolland zeichnete sich ab Mitte 1915 eine Zerrissenheit zwischen öffentlicher Rechtfertigung und innerem Rückzug ab, die bis Anfang 1916 andauerte. Am 7. Juli 1915 schrieb er noch in sein Kriegstagebuch, er „ermüde nicht in [s]einem Glauben“ an ein friedliches Zusammenleben, vernahm zugleich aber die Zwecklosigkeit seines Unterfangens angesichts unweigerlich „verstopft[er]“ Ohren und räumte ein, aus Verzweiflung die Augen schließen zu wollen.26 In seinem Brief vom 17. Juli bemerkte er: „Ainsi est ruiné mon effort pour ranimer la fraternité morale des peuples ennemis et il ne me reste plus qu’à me taire.“27 Die Feststellung des moralischen Zerfalls Europas mündete in das Schweigen als Form der Entsagung. Für Grappin wurde sich Rolland zu diesem Zeitpunkt der Grenzen eines rein moralischen Pazifismus bewusst: „Il est près de renoncer à cette Internationale de l’esprit dans laquelle il a toujours rêvé de réunir les citoyens du monde.“28 Dem gegenüber stand paradoxerweise die wachsende Zuversicht Jannaschs, die Rolland in ihrem Brief vom 26. März 1915 berichtete: „Notre mouvement gagne des amis tous les jours, les meilleurs hommes d’Allemagne viennent à nous!“29 25 Vgl. Lütgemeier-Davin, Reinholdt: Pazifismus zwischen Kooperation und Konfrontation. Das deutsche Friedenskartell in der Weimarer Republik, Köln: Pahl-Rugenstein, 1982, S. 25; vgl. auch Holl, Karl/Wette, Wolfram (Hg.): Pazifismus in der Weimarer Republik. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Paderborn: Schöningh, 1981. 26 „Je ne me lasse point de croire. Pas une minute, depuis douze mois, ma foi n’a été ébranlée. Mais je sens l’inutilité de la répéter à des hommes qui se sont bouché les oreilles pour ne pas entendre“, Genf-Champel, 7. Juli 1915, in: Rolland: Journal des années de guerre, Cahier IX, S. 431. 27 Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 53. 28 Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 55. 29 Zit. nach Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 45.
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Während Rolland die Rolle einer realitätsbewussten moralischen Instanz übernahm, mündete der Idealismus Jannaschs, der die Verblendung eines Großteils der pazifistischen Bewegung verkörperte, in eine Überschätzung des eigenen Machtpotenzials. Ab Mitte 1915 setzte in der Tat ein Abwärtstrend ein, der im Verbot des BNV gipfelte und die Ohnmacht einer geschwächten deutschen Friedensbewegung verdeutlichte. Rollands Klarsicht bewirkte jedoch keine Gleichgültigkeit, wie es sein Lobgesang auf den Mut isolierter deutscher Friedenskämpfer im April 1916 bezeugte: Notre sympathie fraternelle pour les âmes intrépides et libres de tous les pays qui, comme Liebknecht et cette courageuse Lilli Jannasch (secrétaire du Bund Neues Vaterland qu’on vient d’arrêter à Berlin) luttent contre le mensonge et le despotisme de leur gouvernement.30
Rolland war demzufolge einen Schritt weiter als der Großteil des pazifistischen Lagers in Frankreich, das den Krieg stillschweigend vorübergehen ließ und den Kontakt mit den deutschen Pazifisten weitgehend mied. Er scheiterte nicht an seinen eigenen Vorurteilen bzw. an mangelnder Dialogbereitschaft, sondern an den ihn umgebenden Realitäten. Die Kommunikation musste vorerst verstummen: Den letzten Brief, den Rolland am 17. August 1915 von Tepper-Laski erhielt, ließ er unbeantwortet.31 4. EINE GESCHEITERTE TRANSNATIONALE VERNETZUNG? Die Ohnmacht der Worte kann jedoch durch die Einbettung dieses Austausches in transnationale Netzwerke nuanciert werden. Eine gemeinsame Initiative kann als Fallbeispiel der Tragweite einer Korrespondenz angeführt werden, die den Rahmen des bloßen Wortaustausches sprengte. In einem seiner Briefe bat Rolland die BNVGeschäftsführerin, sich aktiv zugunsten der Befreiung französischer Ärzte, die in Deutschland gefangen waren, einzusetzen. Rollands Plan sah vor, sie gegen gefangene deutsche Ärzte auszutauschen und sie anschließend in die Schweiz zu überführen. Dort sollten sie zur Pflege schwer verwundeter Gefangener eingesetzt werden. Diese Bitte fand bei Jannasch besonderen Anklang. In ihrem Brief vom 26. März 1915 berichtete sie, dass sich der BNV mit den verantwortlichen Stellen in Verbindung gesetzt habe.32 Dieses Unterfangen konnte unter anderem dank des Engagements von Elisabeth Rotten gelingen, die sich in der Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland betätigte und unmittelbar nach Kriegsausbruch nach Berlin geeilt war, um den „Bedrängten als Neutrale in
30 Zit. nach Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 68. 31 Der Kontakt mit dem BNV wurde jedoch nicht vollkommen abgebrochen, wie es mehrere Gespräche Rollands mit Albert Einstein und Schickele jeweils im September und Oktober 1915 bezeugen. Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 65–68. 32 Vgl. Grappin: Le Bund Neues Vaterland, S. 44–45.
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menschlicher Solidarität beistehen“33 zu können. Im Rahmen ihres Engagements für Zivil- und Militärinternierte stand sie mit Rolland34 bzw. dem Vizepräsidenten des Internationalen Roten Kreuzes in Genf, Dr. Frédéric Ferrière, in Verbindung. Die Berliner Auskunftsstelle war „seit Kriegsbeginn bemüht gewesen, ihre Verbindungen in anderen Ländern zugunsten zurückgehaltener Deutscher nutzbar zu machen“ sowie in Deutschland „Ausländern mit Rat und Tat in Schwierigkeiten“35, u. a. durch Seelsorge, Nachrichtenvermittlung, Lebensmittel- und Kleiderbeschaffung, beizustehen. In diesem Rahmen kooperierte sie mit zahlreichen Hilfs- und Vermittlungsstellen (v. a. Organisationen der Wohlfahrtspflege, Jugendfürsorge und kirchlichen Vereinen) im Inland – u. a. mit der DFG – und im neutralen oder kriegführenden Ausland. Trotz des Verbots einer öffentlichen Werbung, die die Kriegsstimmung geschwächt hätte, sowie einer strengen Überwachung durch die militärischen Behörden konnte sich das Rettungswerk durch freiwillige Spenden finanzieren. In der Hilfsstelle arbeitete Rotten eng mit Friedrich Siegmund-Schultze zusammen, mit dem sie zu Kriegsbeginn die Hilfsstelle aufgebaut hatte. Dieser hatte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts an der Spitze einer europäischen kirchlichen Friedensinitiative gestanden. Er initiierte, zuerst in London (1908) und anschließend in Berlin (1909), bilaterale ökumenische Kontakte, die zur deutsch-englischen Verständigung beitragen sollten, und gab, dank der finanziellen Unterstützung der Carnegie Endowment for International Peace, die Zeitschrift Die Eiche heraus, die sich bevorzugt den deutsch-englischen Beziehungen widmete und 1915 in Vierteljahresschrift für Freundschaftsarbeit der Kirchen. Ein Organ für soziale und internationale Ethik umbenannt wurde. Die hier skizzierte Zusammenarbeit liefert neue Einblicke in die supranationalen Verzweigungen individueller und kollektiver Friedensinitiativen zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Das Beispiel grenzüberschreitender Kontakte im Bereich der Wohlfahrtspflege verleiht Jannaschs und Rollands Ziel, verschiedene humanistische Vereinigungen für den Frieden über die nationalen Grenzen hinaus zu vernetzen, konkrete Züge. Zum besseren Verständnis dieser Kooperation gilt es zu unterstreichen, dass beide Frauen u. a. in der aufkommenden internationalen Frauenfriedensbewegung kooperierten: Elisabeth Rotten vertrat beispielsweise den BNV auf dem ersten Internationalen Frauenkongress (28.04.–01.05.1915), der im Anschluss an den Internationalen Friedenskongress in Den Haag stattfand. Jannasch war ihrerseits Anfang der 1920er-Jahre neben Gertrud Baer und Lydia Stöcker 33 Heckmann, Gustav: Leben ohne Gewalt. Elisabeth Rotten: geb. 15. Febr. 1882, gest. 2. Mai 1964, in: Neue Sammlung. Göttinger Blätter für Kultur und Erziehung 4/6 (1964), EZA 626/ 137. 34 In seinem Journal verweist Rolland auf einen Brief Rottens, in dem sie ihm für seine Unterstützung dankte: „Nous vous sommes seulement reconnaissants d’avoir exprimé si fortement que le meilleur que nous croyons pouvoir donner, ce n’est pas des secours isolés, mais l’esprit dans lequel nous voudrions agir.“ Rolland: Journal des années de guerre, Cahier VI, S. 288. 35 Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland: Bericht über die bisherige Tätigkeit, Januar 1915, EZA 45/37. Vgl. auch den Aufruf vom 6. Dezember 1915, EZA 45/37, S. 1. sowie Der Neue Bund. Zeitschrift für Freiheit und Gemeinschaft 3 (1964), EZA 626/137.
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Vorsitzende der IFFF (Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit)Erziehungskommission, publizierte bis in die 1930er-Jahre ein Dutzend Beiträge für die pazifistische Frauenzeitschrift Frau im Staat und prangerte u. a. die geheime Wiederaufrüstung der deutschen Reichswehr an.36 Die akribische Untersuchung der Transferprozesse zwischen den hier genannten Akteuren und Organisationen würde den Rahmen dieser Analyse sprengen. Nichtsdestotrotz lassen sich wesentliche Strukturmerkmale des Friedensengagements dieser Zeit ausmachen. Einerseits sticht das Phänomen der mehrfachen Mitgliedschaften von Akteuren hervor, die sich häufig gleichzeitig in den unterschiedlichen sozialen und emanzipatorischen Bewegungen dieser Zeit (Friedens-, Freihandels- oder Frauenbewegungen) engagierten. Diese Bewegungen fußten vorrangig, v. a. auf deutschem Boden, auf dem Engagement einzelner aktiver Persönlichkeiten und waren häufig lokal verankert, wie es hier das Beispiel Berlins verdeutlicht. Über die Unterschiede hinaus, u. a. hinsichtlich der Mittel des zu führenden Friedenskampfes, verband sie andererseits eine starke internationale Ausrichtung, die durch Roger Chickerings breit angelegte Definition des Pazifismus als „liberale[r] und politische[r] Internationalismus“37 verdeutlicht wird. Jene Definition ermöglicht es, zwischen unterschiedlichen Formen des Engagements als Teile einer internationalistischen Bewegung Brücken zu schlagen, sofern sie wie in diesem konkreten Fall im Zeichen der Mitmenschlichkeit und des Verzichts auf Hass, Neid und Gewalt zur Überwindung zwischenstaatlicher bzw. zwischenmenschlicher Schwierigkeiten stehen. Schlussfolgernd ist festzuhalten, dass dieser Schriftwechsel die Möglichkeiten und Grenzen deutsch-französischer Annäherungsversuche zu Beginn des Ersten Weltkriegs verdeutlicht und dabei das Spannungsverhältnis zwischen Patriotismus und Internationalismus auf besondere Weise beleuchtet. Selbst wenn beide Korrespondenzpartner die Aporie zwischen Freiheit des Geistes und Zwang der historischen Kontingenz nicht lösen konnten, war der Erste Weltkrieg nicht nur ein Hindernis, sondern auch ein grundlegender Katalysator ihres verantwortungsbewussten Engagements für Menschlichkeit und Wahrheit. Das Kriegsgeschehen und seine Wirkung auf die Menschen verliehen dem Schreckgespenst der inner- und zwischenstaatlichen Gewalt konkrete Züge und machten die Friedensbewegten zu unerhörten Propheten eines friedlichen Zusammenlebens in Europa, das erst nach einem zweiten, noch verheerenderen Weltkrieg eintreten konnte. Obwohl diese Geschichte der ‚Verlierer‘ bisher nur dürftig erforscht wurde, gibt sie Auskunft über den gesellschaftspolitischen Mainstream, durch den sie durchaus als Gefahr wahrgenommen wurden, wie es die zahlreichen Hetzkampagnen und Zensurmaßnahmen
36 Zur IFFF vgl. den Jahresbericht „Völkerversöhnende Frauenarbeit“, Bd. 3, 1921–1923. Der Verweis Rollands auf Jannaschs Bemühungen, Elisabeth Rotten 1919 für den Friedensnobelpreis vorschlagen zu lassen, ist ein weiterer Beleg der Verbindung zwischen beiden Frauen. Siehe: Rolland: Journal des années de guerre, Cahier XXVII, S. 1766. 37 Chickering, Roger: Imperial Germany and a World without War. The Peace Movement and German Society,1892–1914, Princeton: Princeton UP, 1975, S. 27.
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zeigen.38 Ausgehend von der hier erscheinenden Aura eines von den einen verdammten, von den anderen idealisierten engagierten Intellektuellen, könnte weiterführend Rollands Rolle als Mentor für die europäische Frauenfriedensbewegung hinterfragt werden. Schließlich bleibt diese Korrespondenz ein Austausch zwischen einer Frau und einem Mann, der nach einem Treffen in Bern am 17. März 1919 in paternalistischer Manier von ihr sagte: „Une femme d’une quarantaine d’années, pas belle, mais avec de beaux sourcils et de bons yeux. De manières douces et modestes.“39 LITERATURVERZEICHNIS Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland: Aufruf vom 6. Dezember 1915, Evangelisches Zentralarchiv Berlin (EZA) 45/37. Auskunfts- und Hilfsstelle für Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland: Bericht über die bisherige Tätigkeit, Januar 1915, EZA 45/37. [Autor unbekannt]: Une nouvelle ligue allemande: la „Nouvelle Patrie“, in: Le Temps, 7. Juli 1915, EZA 51 FII a 3. Bundesarchiv Koblenz: Bund Neues Vaterland, 52239 (1914–1922). Chickering, Roger: Imperial Germany and a World without war. The Peace Movement and German Society, 1892–1914, Princeton: Princeton UP, 1975. Der Neue Bund. Zeitschrift für Freiheit und Gemeinschaft 3 (1964), EZA 626/137. Fricke, Dieter: Bund Neues Vaterland (BNV) 1914–1922, in: ders. (Hg.): Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789–1945), Bd. 1, Leipzig: Bibliographisches Institut, 1983–1986, S. 351–360. Grappin, Pierre: Le Bund Neues Vaterland (1914–1916). Ses rapports avec Romain Rolland, Lyon [u. a.]: IAC, 1952 (Bibliothèque de la société des Etudes Germaniques). Groschopp, Horst: Dissidenten: Freidenkerei und Kultur in Deutschland, Berlin: Dietz,1977. Heckmann, Gustav: Leben ohne Gewalt. Elisabeth Rotten: geb. 15. Febr. 1882, gest. 2. Mai 1964, in: Neue Sammlung. Göttinger Blätter für Kultur und Erziehung 4/6 (1964), EZA 626/137. Holl, Karl/Wette, Wolfram (Hg.): Pazifismus in der Weimarer Republik. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Paderborn: Schöningh, 1981. Jahresbericht „Völkerversöhnende Frauenarbeit“, Bd. 3, 1921–1923. Kraus, Fritz: Vom freien Gewissen im Kriege. Die Brücke zur Welt, Beilage zur Stuttgarter Zeitung, 10. Dezember 1955, EZA 686 /8306. Lehmann-Russbueldt, Otto: Der Kampf der Deutschen Liga für Menschenrechte vormals Bund Neues Vaterland für den Weltfrieden 1914–1927, Berlin: Hensel & Co, 1927. Lorrain, Sophie: Des pacifistes français et allemands, pionniers de l’entente franco-allemande (1870–1925), Paris, Montréal: L’Harmattan, 1999. Lütgemeier-Davin, Reinholdt: Pazifismus zwischen Kooperation und Konfrontation. Das deutsche Friedenskartell in der Weimarer Republik, Köln: Pahl-Rugenstein, 1982. Quidde, Ludwig: Der deutsche Pazifismus während des Weltkrieges 1914–1918, aus dem Nachlass Ludwig Quiddes, Schriften des Bundesarchivs Nr. 23, Boppard am Rhein: Harald Boldt Verlag, 1979. 38 Der BNV wird in der Literatur zum Ersten Weltkrieg kaum erwähnt. Vgl. Fricke, Dieter: Bund Neues Vaterland (BNV) 1914–1922, in: ders. (Hg.): Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789–1945), Bd. 1, Leipzig: Bibliographisches Institut, 1983–1986, S. 351–360. 39 Rolland: Journal des années de guerre, Cahier XXVII, S. 1766.
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Riesenberger, Dieter: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1985. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, in: Journal de Genève, 22./23.09.1914. Rolland, Romain: Zwischen den Völkern. Aufzeichnungen und Dokumente aus den Jahren 1914– 1919, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt, 1954–1955.
DER INTELLEKTUELLE IM WIDERSPRUCH Romain Rolland und die Macht der Stereotypen – zur Aktualität seiner Kritik des kulturellen Gegensatzes Clemens Klünemann In einem Brief vom 5. Dezember 1919 schrieb Walter Benjamin an den Journalisten Ernst Schoen: Das Buch von Curtius [gemeint ist Ernst Robert Curtius’ 1919 erschienenes Buch Die Literarischen Wegbereiter des neuen Frankreich; C. K.], das Sie nennen, werde ich auch lesen. Daß es ahnungslos ist, erweist ja schon die Zusammenstellung der im Titel genannten Autoren ebendort wie Romain Rolland.1
Was auf den ersten Blick eine wohlfeile, ja herabsetzende Bemerkung ist, erweist sich auf den zweiten Blick und im Licht des benjaminschen Lobs für André Gide als unfreiwilliges Kompliment für Romain Rolland: In etwas altfränkischer Manier spricht Benjamin später einmal von den Franzosen als „in ihrem Volkscharakter reich und vielfältig nach Stämmen geschieden und in ihren nationalen und literarischen Tugenden stärker, prekärer als sonst ein Volk standardisiert“, und in diesem Volk sei André Gide „der große Ausnahmefall“ und eine „moralisch durchleuchtete höchst erzieherische Instanz“2. Hätte Benjamin Curtius gelesen, hätte er dort einen Satz finden können, der die Rolle des Intellektuellen nicht auf das pädagogische Moment reduziert; über Romain Rolland heißt es dort, er habe einer ganzen Generation (gemeint ist die Generation derer, die den Schützengräben von Verdun entkommen waren) „den Glauben an die Menschlichkeit , an das heroische Leben, an den Sieg der Idee gegeben“; und dann folgt der bedeutsame Satz: „Keiner der modernen Franzosen passt so wenig in das Bild, das wir uns von Frankreich zu machen pflegen, wie Romain Rolland“3 – letztlich also traf Walter Benjamins voreilige Kritik an Ernst Robert Curtius’ Buch zu, allerdings in einem ganz anderen als dem von ihm gemeinten Sinn.
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Benjamin, Walter: Briefe, hg. von Gershom Scholem und Theodor W. Adorno, Bd. 1, Frankfurt/ M.: Suhrkamp, 1978, S. 228. Walter Benjamin im Gespräch mit André Gide, in: Literarische Welt, 17.02.1928. Curtius, Ernst Robert: Die literarischen Wegbereiter des neuen Frankreich, in: ders.: Französischer Geist im Zwanzigsten Jahrhundert, Bern: Francke, 1952, S. 73.
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1. VIER FRAGEN ZUM STATUS DES INTELLEKTUELLEN ROMAIN ROLLAND Weder ließ und lässt sich Romain Rolland in das Bild, „das wir uns von Frankreich zu machen pflegen“ (E. R. Curtius), einpassen, noch in das Bild vom französischen Intellektuellen, ja vom Intellektuellen schlechthin. Dies liegt sicherlich auch daran, dass Romain Rolland keine Theorie des Intellektuellen im Sinne dessen formuliert hat, was seit Emile Zolas „J’accuse“ mit diesem Begriff assoziiert wird – vielmehr stand er diesem Begriff skeptisch gegenüber, er hielt ihn offenbar für zu abstrakt: „Donnez à un intellectuel n’importe quel idéal et n’importe quelle mauvaise passion, il trouvera toujours moyen de les ajuster ensemble“4, schreibt er in Au-dessus de la mêlée. Diese Absage an den Begriff des Intellektuellen provoziert nichtsdestoweniger mehrere Fragen: Ist Romain Rolland etwa nicht an den Kriterien zu messen, die seit Zolas Engagement für den Hauptmann Dreyfus die Debatten um die Rolle des Intellektuellen bestimmen? Ist er deshalb kein „inkompetente[r] Kritiker, […] der sich im Namen grundlegender gesellschaftlicher Wertvorstellungen in Dinge einmischt, die ihn eigentlich nichts angehen“, der „sich die Legitimation seines Engagements im Einzelfall immer erst erkämpfen muß“ 5? Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Romain Rolland wegen der eben zitierten Absage etwa nicht zu den Intellektuellen gehört, die – je nach Perspektive – als „paladins des grandes causes du siècle“ erscheinen oder als „des don Quichotte irresponsables et versatiles – et de surcroît dangereux puisque suivis d’innombrables Sancho Pansa“6? Und schließlich ist zu fragen, ob Romain Rollands Position und sein Engagement eher mit den (durchaus miteinander konkurrierenden) Begriffen „freischwebende Intelligenz“ und „homme de lettres“ zu erfassen sind, wie sie Dirk Hoeges in Bezug auf Ernst Robert Curtius und Karl Mannheim formuliert,7 oder ob Romain Rollands Engagement nicht vielmehr das verkörpert, was Pascal Ory als Proprium des Intellektuellen bezeichnet, nämlich einen „type d’intervention sur un certain lieu: la cité“8. Romain Rollands im Zeichen des Ersten Weltkriegs gewählte Position „audessus de la mêlée“ ist keinesfalls hinreichend charakterisiert, wenn man sie mit dem Begriff des Pazifismus zu identifizieren sucht: Die ohnehin zunächst nur von wenigen eingenommene pazifistische Haltung schloss keineswegs eine klare Parteinahme aus, was am Beispiel von Henri Barbusse deutlich wird, der unter Frieden „la paix de Brest-Litovsk“9 verstand und somit klar Partei nahm, wenn auch nicht für eine der Kriegsparteien des Sommers 1914. Romain Rolland dagegen lehnte 4 5 6 7 8 9
Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorf [u. a.], 1915, S. 86. Gipper, Andreas: Der Intellektuelle, Stuttgart: M und P, Verlag für wissenschaftliche Forschung, 1992, S. 22. Sirinelli, Jean-François: Intellectuels et passions françaises, Paris: Fayard, 1990, S. 15. Hoeges, Dirk: Kontroverse am Abgrund: Ernst Robert Curtius und Karl Mannheim. Intellektuelle und ‚freischwebende Intelligenz‘ in der Weimarer Republik, Frankfurt/M.: Fischer, 1994. Ory, Pascal (Hg.): Dernières questions aux intellectuels et quatre essais pour y répondre, Paris: Orban, 1990, S. 27. Winock, Michel: Le Siècle des intellectuels, Paris: Ed. du Seuil, 1997, S. 169.
Der Intellektuelle im Widerspruch
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eine solche Parteinahme ab, und zwar aus Misstrauen gegenüber dem, was er „n’importe quel idéal et n’importe quelle mauvaise passion“ der Intellektuellen bezeichnete. Umso paradoxer ist es, dass sein Engagement gegen den Krieg expressis verbis – und durchaus mit seiner Zustimmung – als Engagement eines Intellektuellen firmierte.10 Fast könnte man Romain Rollands Bezeichnung als Intellektueller mit Johann Wolfgang Goethes Äußerungen zum Begriff des ‚klassischen Nationalautors‘ vergleichen, gegen den dieser sich in seinem programmatischen Text über ‚Literarischen Sansculottismus‘11 verwahrte. Was beiden gemeinsam ist: Je heftiger der mit dem jeweiligen Begriff Bezeichnete ihn ablehnte, umso sicherer war ihm, unter das jeweilige Rubrum zu fallen. Der Vergleich mit Goethe ist keinesfalls willkürlich, denn Romain Rollands Selbstverständnis ist nicht nur in hohem Maße mit einem auf Goethe projizierten Humanitätsideal verbunden (in seinem Brief an Gerhard Hauptmann vom 2. September 1914 spricht er vom „exemple de notre Goethe – il est à l’humanité entière“12); vielmehr ist es immer wieder das Deutschland Goethes, das gegen dasjenige Otto von Bismarcks – oder wahlweise Friedrich Nietzsches – ausgespielt wird. Diese Ambivalenz ist in der Tat signifikant für ein französisches Deutschlandbild, das Romain Rolland mit vielen seiner Zeitgenossen teilte. Zur Frage dieser Zeitgenossenschaft Romain Rollands schreibt übrigens Pierre Sipriot in seiner Romain Rolland gewidmeten Studie völlig zu Recht: „Romain Rolland est un enfant de la défaite de 1870.“13 Die ‚crise allemande de la pensée française‘, wie sie seit dem gleichnamigen Buch des Historikers Claude Digeon14 genannt wird, bestimmt tatsächlich die Zeitgenossenschaft derer, die als französische Intellektuelle den Siedepunkt des nationalistischen Wahns am Vorabend des Ersten Weltkrieges erlebten, kommentierten, und – man denke an Maurice Barrès – auch befeuerten. Im besten Sinne fragwürdig sind Äußerungen Romain Rollands wie beispielsweise folgende in einem Beitrag zur Zeitschrift Le Parthénon vom 5. November 1913 gemachte: Je suis Français, je parle franc […] Je montrerai plus loin que le pays de Beethoven n’a jamais été, n’est pas pour moi un pays allemand. Mes amis, vous dites que vous aimez la France. Votre
10 Hier sei beispielsweise an den Humanité-Artikel vom 26. Juni 1919 (Un appel. Fière déclaration d’intellectuels) erinnert, welcher der Redaktion „par notre ami Romain Rolland“ übermittelt worden sei; unter dem Titel „Déclaration d’indépendance de l’esprit“ wurde er bekannt und von zahlreichen Schriftstellern unterzeichnet. Vgl. Rolland, Romain: Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, in: Humanité, 26.06.1919. 11 Goethe, Johann Wolfgang: Literarischer Sansculottismus (Die Horen. 1795. Fünftes Stück), in: ders.: dtv- Gesamtausgabe, Bd. 21: Schriften zur Literatur. Erster Teil, München: DTV, 1962, S. 105–109. 12 Rolland, Romain: Lettre ouverte à Gerhart Hauptmann, 2 septembre 1914, in: ders.: Au-dessus de la mêlée, S. 5–8, hier S. 5. 13 Sipriot, Pierre: Guerre et paix autour de Romain Rolland. Le désastre de l’Europe 1914–1918, Paris: Bartillat, 1997, S. 50. 14 Digeon, Claude: La Crise allemande de la pensée française (1870–1914), Paris: PUF, 1992.
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Clemens Klünemann amour est bien humble. Je ne suis pas si modeste ! Je ne renonce pas, pour ma France, à la rive gauche du Rhin.15
Um solche Statements besser verstehen zu können, sei im Folgenden kurz an den Kontext der deutsch-französischen Beziehungen zwischen 1870 und 1914 erinnert. 2. ZWEIMAL DEUTSCHLAND Bereits in seinem 1850 erschienenen Dictionnaire des idées reçues kommentiert Gustave Flaubert den Begriff ‚Allemands‘ mit den Worten: „peuple de rêveurs (vieux)“16. Interessanter noch als die Anspielung auf das durch Germaine de Staël in ihrem Buch De l’Allemagne (1813)17 geprägte Deutschlandbild ist die Tatsache, dass man offensichtlich bereits um die Jahrhundertmitte einen gewissen Überdruss kannte an Bildern des Nachbarn, die sich längst als Klischee erwiesen hatten. Aber erst nach der Rheinkrise und schließlich durch den Krieg von 1870/1871 setzte Ernüchterung ein. Madame de Staëls Deutschland-Buch und der Krieg Bismarcks gegen das Kaiserreich Napoleons III. sind in der Tat Wegmarken der Entwicklung des Bildes bzw. der Bilder, die man sich in Frankreich vom Nachbarn im Osten machte. Dabei handelte es sich zunächst um zwei aufeinander folgende Bilder: Erst die Idealisierung durch das von Germaine de Staël geprägte Bild Deutschlands als eines Landes, dessen friedliebende Bewohner sich vor allem für philosophische Ideen begeistern (vgl. das 8. Kapitel des III. Teils von De l’Allemagne), und dann die Dämonisierung der Deutschen nach dem Krieg von 1870/71 als kriegslüsternes Volk, aus der ja bekanntlich die despektierliche Bezeichnung der Deutschen als Boches18 stammt. Dann aber verschmolzen diese beiden Bilder zu einer Art Doppelgesichtigkeit Deutschlands und brachten die bis weit ins 20. Jahrhundert reichende und mit neuen Konnotationen versehende Rede von les deux Allemagnes oder einfach les Allemagnes hervor. Im besten Sinne handelt es sich hier um einen Mythos im französischen Denken über Deutschland, der zudem den Vorteil hat(te), unterschiedliche Wahrnehmungen des Nachbarlandes in das kanonisierte Bild zu integrieren.19 Wesentlicher, aber nichtsdestoweniger diffuser Bestandteil dieses Mythos war übrigens die 15 Romain Rolland: Les origines germaniques de Jean-Christophe, in: Le Parthénon, 05.11.1913, S. 67–68 (auch erschienen in: Bulletin de l’Association des Amis de Romain Rolland 30 (1954), S. 18–20, hier S. 18). Rolland antwortet auf die Kritik von Georges Pourcel, welche dieser in der gleichen Zeitschrift am 20. Oktober 1913 geäußert hatte. 16 Flaubert, Gustave: Le Dictionnaire des idées reçues suivi du Catalogue des idées chic, Paris: Librairie Générale Française, 1997, S. 49. 17 Staël Holstein, Germaine de: De l’Allemagne, London: Murray, 1813. 18 Ursprünglich wurde mit dem Wort tête de boche ein eher roher Mensch im Sinne eines Dickschädels bezeichnet (als Ableitung des Wortes caboche); als abfällige Bezeichnung für Deutsche findet der Begriff erstmals 1870 Verwendung und hatte vor allem im Umfeld der drei deutsch-französischen Kriege zwischen 1870 und 1945 Konjunktur. 19 Vgl. Ladmiral, Jean-René/Lipiansky, Edmond Marc: La Communication interculturelle, Paris: Colin, 1989, S. 242–249.
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Philosophie Nietzsches: diffus deshalb, weil sie von einem dreyfusard wie Charles Andler oder einem nietzschéen de gauche wie Georges Palante als Ausdruck eines emanzipatorischen Denkens wahrgenommen werden konnte, während sie von einem Mitglied der Action française wie Jacques Bainville ebenso positiv rezipiert wurde, freilich aus anderen Gründen: Ihm sei wichtig „ce que mon maître Friedrich Nietzsche appelle le ‚vouloir-vivre‘ et le ‚vouloir-dominer‘“20, schreibt Bainville in einem Text über Maurice Barrès’ Les Déracinés21 und lobt Niezsches Kritik des Christentums und der mit ihm verbundenen sozialen Werte. Für Romain Rolland ist Nietzsche zunächst nur ein „Gœthe malade“22 – vor allem aber ist er der Repräsentant des anderen, des negativ konnotierten Deutschlandbildes; allerdings durchläuft Romain Rollands Bild von Nietzsche einen – wie im Folgenden zu zeigen sein wird – bezeichnenden Wandel. 3. DEUTSCH-FRANZÖSISCHE AUTO- UND HETEROSTEREOTYPE Unbestreitbar ist, dass Romain Rollands Deutschlandbild am Vorabend des Ersten Weltkrieges in hohem Maß von einer stereotypen Sicht geprägt war und von dem Wunsch, das ‚gute Deutschland‘ (Goethes) gegen das ‚schlechte Deutschland‘ (Nietzsches) auszuspielen. Wie weitverbreitet diese Sicht war, zeigt sich an Heinrich Manns Unterscheidung zwischen „der besseren und der schlechteren Seele Deutschlands“23, die er einige Jahre nach dem Krieg in einem Brief an Félix Bertaux betonte. Und zu diesem Heterostereotyp Romain Rollands über Deutschland gehört komplementär ein bestimmtes französisches Autostereotyp: „Je n’ai jamais pu distinguer la cause de la France de celle de l’humanité“24, schreibt er in der „Lettre à ceux qui m’accusent“, die Eingang in Au-dessus de la mêlée gefunden hat. Die selbstgewählte Position der Freiheit „über den Schlachten“ (als deutsche Übersetzung des Titels Au-dessus de la mêlée25) erweist sich für Romain Rolland zunehmend als Illusion (nämlich die, geradezu voraussetzungslos urteilen zu können), und sie zeigt umso mehr die Notwendigkeit, sich freizumachen von Ressentiments und emotionalen Vorverurteilungen zwischen Deutschland und Frankreich, die Wurzeln der hass- und hämeerfüllten Propaganda im Vorfeld und während des Krieges von 1914 waren. Dabei ist der Titel „Lettre à ceux qui m’accusent“ bezeichnend, denn Romain Rolland muss sich klarmachen, dass eine intellektuelle Position jenseits der Konflikte der Zeit, jenseits der nationalen Zugehörigkeiten, kulturellen Grenzen und politischen Familien kaum möglich ist – jedenfalls kann 20 Bainville, Jacques: Conversation avec les Déracinés, in: La Plume 9/1 (1898), S. 524–526. 21 Barrès, Maurice: Les déracinés, Paris [u. a.]: Nelson, 1897. 22 Rolland, Romain: Chère Sofia: choix de lettres de Romain Roland à Sofia Bertolini GuerrieriGonzaga (1901–1908), Paris: Albin Michel, 1959 (Cahiers Romain Rolland 10), S. 194. 23 Brief Heinrich Manns an Félix Bertaux vom 11. Juni 1923; vgl. dazu Flügge, Manfred: Traumland und Zuflucht. Heinrich Mann und Frankreich, Berlin: Insel-Verlag, 2013, S. 77. 24 Rolland: Au-dessus de la mêlée, S. 78. 25 Rolland, Romain: Der freie Geist. Über den Schlachten, übers. v. Paul Ammann, Zürich: Büchergilde Gutenberg, 1931.
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diese Einsicht einerseits den leicht apologetischen Ton der soeben zitierten Passage erklären; sie erklärt jedoch auch eine aus heutiger Sicht fast esoterische Definition des Intellektuellen, zu der Romain Rolland noch während des Ersten Weltkriegs kommt: Le vrai intellectuel, le vrai intelligent, est celui qui ne fait pas de soi et de son idéal le centre de l’univers, mais qui, regardant autour, voit comme dans le ciel le flot de la Voie lactée, les milliers de petites flammes qui coulent avec la sienne, et qui ne cherche ni à les absorber, ni à leur imposer sa route, mais à se pénétrer religieusement de leur nécessité à toutes et de la source commune du feu qui les alimente.26
Es ist also zunächst weniger das zolasche Engagement, welches das intellektuelle Selbstverständnis Romain Rollands prägt – vielmehr geht es ihm um eine Haltung, welche die eigene Rolle als die des Beobachters, ja des Seismografen gesellschaftlicher Strömungen definiert. So sehr die Resignation seine Haltung zunehmend bedrohte,27 so sehr stemmte sich Romain Rolland allerdings dagegen, der Versuchung des Unpolitischen nachzugeben – was für seine Wahrnehmung gerade in Deutschland von besonderer Bedeutung sein sollte. Seine Reflexionen über den „vrai intellectuel“ (s. o.) lassen die eingangs mit Andreas Gipper gestellte Frage virulent werden, ob Romain Rolland sich als Intellektueller den Vorwurf gefallen lassen musste, ein „inkompetente[r] Kritiker [zu sein,] der sich im Namen grundlegender gesellschaftlicher Wertvorstellungen in Dinge einmischt, die ihn eigentlich nichts angehen“ und der „sich die Legitimation seines Engagements im Einzelfall immer erst erkämpfen“ 28 müsse. Offenbar hatte das Pathos Romain Rollands in seiner Zeit eine ganz andere Strahlkraft, als man ihm heute zutrauen würde – und offenbar beruhte es auf einem Paradox: Der Journalist und Essayist Pierre Abraham schrieb 1928 im Rückblick auf das Renommée Romain Rollands, dass man unter dessen Namen eine Schrift mit dem Titel Au-dessus de la mêlée auch in Form von 200 leeren Seiten hätte herausgeben können.29 Der Autor des Romans Jean-Christophe wurde von seinen Anhängern – und das waren die pazifistischen, von Jean Jaurès und der undogmatischen Linken geprägten Kreise – ebenso bewundert, wie er von den die Nation in den Vordergrund Stellenden (die keinesfalls einem politischen Lager oder einer famille politique angehörten und nicht einmal anhand der Trennungslinie zwischen dreyfusards und anti-dreyfusards zu identifizieren waren) abgelehnt, ja gehasst wurde. Diese Reputation lag wohl daran, dass Romain Rolland das verkörperte, was Pierre Bourdieu später – und mit Blick auf Jean-Paul Sartre – als den „intellectuel total“ bezeichnen sollte: „Sartre a réellement inventé et incarné la figure de l’intellectuel total, penseur écrivain, romancier métaphysicien et artiste 26 Rolland: Au-dessus de la mêlée, S. 96. 27 Vgl. Klünemann, Clemens: La Conscience intellectuelle et la construction littéraire de l’individu dans les écrits de Romain Rolland et de Thomas Mann au moment de la première guerre mondiale, Lille: Atelier national de reproduction des thèses, 1999, S. 233. 28 Gipper: Der Intellektuelle, S. 22. 29 Vgl. Jeanneret, Yves: Les Soleils meurent aussi. Un demi-siècle de réception critique de l’œuvre de Romain Rolland en France (1898–1944), Paris III, Univ, Diss., 1982, S. 174. Jeanneret kommentiert diesen Satz Pierre Abrahams folgendermaßen: „En lisant ses adversaires on se prend à se demander s’ils n’ont pas reçu cette brochure vierge.“
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philosophe qui engage dans les luttes politiques du moment toutes ces autorités et ces compétences réunies en sa personne“30. Seine Legitimation, sich zu den Fragen von Krieg und Frieden zu äußern, beruhte auf eben dieser Reputation. Dass allerdings auch die Umkehrung dieses Satzes gilt, gehört zum fragilen, um nicht zu sagen paradoxen Status des Intellektuellen. Denn seine Reputation ist in hohem Maße abhängig von den Konjunkturen der öffentlichen Meinung, in der die Kraft des Verstandes womöglich geschätzt wird, um kurz darauf jedoch als weltfremd und lebensfern geschmäht und somit delegitimiert zu werden. Allerdings hat Romain Rolland dieses ‚intellektuelle Kapital‘ (Bourdieu) nicht zur Besitzstandswahrung im Sinne eines Statuserhalts um jeden Preis genutzt, wie Jean Lacoste unlängst in einem Interview in Le Monde deutlich gemacht hat.31 Die dritte oben gestellte Frage, ob Romain Rolland als einer der „paladins des grandes causes du siècle“ anzusehen sei oder als ein „don Quichotte irresponsable et versatile – et de surcroît dangereux puisque suivi d’innombrables Sancho Pansa“32, ist vergleichsweise leicht zu beantworten: nämlich negativ! Allerdings lohnt es sich, sie zu stellen, und zwar deshalb, weil der Vorwurf an Romain Rolland durchaus bestand und vor allem, weil der Vorwurf – letztendlich geht es ja um den Vorwurf des Opportunismus – aus einer eher unerwarteten Richtung kam: Wenige Tage nach dem Vertragsabschluss in Versailles veröffentlichte André Gide in der Nouvelle Revue Française sein Journal sans date aus der Kriegszeit und schreibt: […] ce qui me choque dans le cas de Romain Rolland, c’est qu’il n’a rien à perdre du fait de la guerre : son livre [gemeint ist Jean-Christophe; C. K.] ne paraît jamais meilleur que traduit. Je vais plus loin : Il ne peut que gagner au désastre de la France.33
Diese vernichtende Kritik entspricht dem in Deutschland allfälligen Vorwurf des Vaterlandsverrats ebenso wie die Union sacrée dem von Kaiser Wilhelm II. proklamierten Burgfrieden entspricht. Ihr ideologischer Charakter macht eine ernsthafte Auseinandersetzung mit ihr obsolet – interessant an ihr sind lediglich ihr Absender und dessen Motiv.
30 Bourdieu, Pierre: Les Règles de l’art. Genèse et structure du champs littéraire, Paris: Seuil, 1992, S. 344. 31 „Il s’est très violemment opposé au traité de Munich (septembre 1938). Désormais, il acceptait la nécessité de la guerre. Il n’a cessé, toute sa vie, de changer. On lui en a fait le reproche, parlant de ‚donjuanisme des idées‘. Mais il a revendiqué cette mobilité. Il faut toujours être audelà. Les choses évoluent, l’intelligence doit accompagner leur mouvement. Cela dit, il ne se voyait pas en matamore. Vieux, fatigué, non mobilisable, il aurait trouvé indigne de plaider ouvertement pour la guerre, de ‚graisser les godillots‘, comme disait Simone Weil, de ceux qui allaient mourir alors que lui ne prendrait aucun risque. Mais il est très net: il faut combattre le nazisme. Son dernier acte public sera la lettre de soutien qu’il enverra à Daladier à la déclaration de guerre, qui suscitera l’indignation des pacifistes. Giono dira: ‚Feu Romain Rolland‘“. Georgesco, Florent: Jean Lacoste, éditeur du „Journal de Vézelay“: „Romain Rolland s’efforce d’être le plus lucide possible“, in: Le Monde Livres, 07.12.2012. 32 Sirinelli: Intellectuels et passions françaises, S. 15. 33 Gide, André: Journal sans date, in: NRF/Nouvelle Revue Française 6/71 (1919), S. 278–286, hier S. 278. Auch erschienen in: Gide, André: Incidences, Paris: Gallimard, 1951.
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4. DER POLITISCHE INTELLEKTUELLE Anstatt auf Gides Häme gegenüber Romain Rolland näher einzugehen, gilt es im Folgenden auf einen Aspekt zurückzukommen, der sich angesichts der Auseinandersetzung Romain Rollands mit Deutschland als eine Art Schlüsselbegriff erweist: Romain Rolland gab niemals der Versuchung des Unpolitischen nach, obwohl die Haltung des Unpolitischen jenseits der Parteinahmen, der Nationalitäten, der kulturellen Prägung ja in der Tat einen bestimmten Charme hatte, dem der große Antipode Romain Rollands in den Jahren des Ersten Weltkriegs erlegen war: Der Thomas Mann der Betrachtungen eines Unpolitischen34 ist geradezu ein AntiRolland jener Jahre und Manns Gedanken im Kriege, die ja nicht auf den einen ebenso betitelten Aufsatz zu reduzieren sind, stellen gleichsam das Pendant zu Romain Rollands Au-dessus de la mêlée dar. Gleichwohl ist es niemals zu einer direkten Begegnung zwischen den beiden Protagonisten eines – wie Wolf Lepenies es genannt hat – „deutsch-französischen Kulturkrieges“35 gekommen. Dieser aus der Distanz geführte Schlagabtausch ist für beide Seiten nicht rühmlich, denn auch Romain Rolland verzichtet letztlich nicht auf Heterostereotype über Deutschland, die sich nur schlecht mit einer Position „au-dessus de la mêlée“ vertragen. Thomas Mann allerdings bemüht sich nicht einmal um eine solche Position, sondern sieht sich als Verteidiger deutscher Kultur, die für ihn synonym ist mit Innerlichkeit und Tiefe gegen oberflächlich-biedere französische Zivilisation: Kultur ist Geschlossenheit, Stil, Form, Haltung, Geschmack, ist irgendwie gewisse geistige Organisation der Welt […]. Zivilisation aber ist Vernunft, Aufklärung, Sänftigung, Sittigung, Auflösung […].36
Romain Rolland ist indes zugutezuhalten, dass er immer politisch argumentiert und sein Bild des Verhältnisses zwischen Frankreich und Deutschland historisch begründet – was ihn allerdings nicht vor Missverständnissen schützte; Thomas Mann dagegen betrachtet die Begriffe Kultur und Zivilisation essentialistisch – als handele es sich um zeitlose und unwandelbare Realitäten,37 die mit der jeweiligen Nation verknüpft seien: In dieser Determinierung von nationalen Stereotypen liegt die eigentliche Gefahr des scheinbar Unpolitischen. Interessant ist an dieser Kontroverse die Instrumentalisierung der Revolution von 1789, an der sich der Austausch 34 Mann, Thomas: Betrachtungen eines Unpolitischen, Berlin: Fischer, 1918. 35 Vgl. das Kapitel „Deutsch-französische Kulturkriege“ in: Lepenies, Wolf: Kultur und Politik. Deutsche Geschichten, München: Hanser, 2006, S. 193–265. Vgl. ebenfalls Beßlich, Barbara: Wege in den ‚Kulturkrieg‘. Zivilisationskritik in Deutschland 1890–1914, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000, insbesondere die Einleitung unter dem Titel „Die Geburt des ‚Kulturkriegs‘ aus dem Geist der Zivilisationskritik“, S. 1–15. 36 Mann, Thomas: Gedanken im Kriege [1914], in: ders.: Essays, Bd. 1: Frühlingssturm, 1893– 1913, textkritisch durchgesehen, kommentiert und hg. v. Hermann Kurzke und Stephan Stachorski, Frankfurt/M.: Fischer, 1993, S. 188–205. 37 „Für ihn [Thomas Mann; C. K.] sind ‚Kultur‘ und ‚Zivilisation‘ universal, weder zeitlich noch räumlich festgelegt oder festlegbar […] Kultur und Zivilisation sind zeitlose Realitäten“, Hellmann, Winfried: Das Geschichtsdenken des frühen Thomas Mann (1906–1918), Tübingen, Univ., Diss., 1972, S. 68.
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von Auto- und Heterostereotypen bricht; hier zeigt sich einmal mehr, dass die von Thomas Mann gewählte Position des Unpolitischen selbst in hohem Maße politisch ist – etwa wenn der Revolution von 1789 „die Ideen von 1914“ entgegengehalten werden38 oder wenn das Konzept einer konservativen Revolution umrissen wird. 5. DREI DEUTSCHLANDBILDER: GOETHE, BISMARCK – UND NIETZSCHE Es ist fraglich, ob man hinsichtlich dieser Kontroverse um die Bedeutung von Kultur und Zivilisation, die in der Stigmatisierung der jeweiligen Gegner als Barbaren mündete,39 von einem gegenseitigen Missverständnis sprechen kann; Romain Rolland hat nämlich sehr wohl verstanden, welche intellektuellen Gefahren, ja Abgründe sich hinter der Maske des Unpolitischen verbergen – eine Maske, die Thomas Mann dann ja auch (allerdings erst zehn Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges) schließlich nolens volens ablegte. Es ist nicht Romain Rollands Versäumnis, dass eine konstruktive, weil die unterschiedlichen Positionen reflektierende deutsch-französische Kontroverse wie die zwischen Jules Michelet und Karl Marx bzw. ein deutsch-französischer Dialog wie der zwischen Ernest Renan und David Friedrich Strauss nicht zustande kam – nicht mit Thomas Mann und auch nicht mit einem anderen namhaften deutschen Intellektuellen; seine Übereinstimmung mit Stefan Zweig war so groß, dass sich ein Disput erübrigte. Allerdings ist Romain Rollands Sicht auf das Deutschland der Jahrhundertwende, das er als Abkehr vom Deutschland Goethes und Beethovens betrachtete, nicht frei von Widersprüchen. Neben Bismarck und dem preußischen Militarismus und schließlich dessen Propagandisten, zu denen er Thomas Mann und Gerhard Hauptmann zählte, war in den Augen Romain Rollands einer der größten Verantwortlichen für diese Abkehr Friedrich Nietzsche, auf den hier zurückzukommen ist: Wenn Romain Rolland von Nietzsche sprach, meinte er offenbar in erster Linie die Nietzsche-Rezeption durch die nationalkonservative Rechte – hier sollte eine berühmt-berüchtigte Passage aus den Betrachtungen eines Unpolitischen aus dem Jahre 1918 Erwähnung finden: Aber nicht um der positivistischen Aufklärung willen schleuderte er [Nietzsche; C. K.] gegen das Christentum Blitze, sondern um einer neuen Religiosität, eines neuen ‚Sinnes der Erde‘ und um der Heiligung des Leibes willen, im Namen des ‚Dritten Reiches‘ […]. Seine Synthese ist […] künstlerisch ausgedrückt, die von Sittlichkeit und Kritizismus, politisch ausgedrückt, die 38 „Sie [die ‚Ideen von 1914‘; C. K.] waren ein heterogenes Konglomerat nationalpolitischer Sinndeutungen und gesellschaftspolitischer Zukunftsentwürfe […]. Jetzt artikulierten sich die Inferioritätsgefühle einer verspäteten Nation im Postulat der Überlegenheit deutscher Kultur gegenüber der westlichen Zivilisation.“ Piper, Ernst: Nacht über Europa. Kulturgeschichte des Ersten Weltkriegs, Berlin: Propyläen, 2013, S. 65. 39 Michael Jeismann macht auf die sowohl in Deutschland wie in Frankreich während der Kriegsjahre wachsende Tendenz zur „Ethnisierung des historisch-politischen Bewußtseins“ aufmerksam: in: Jeismann, Michael: Das Vaterland der Feinde, Stuttgart: Klett-Cotta, 1992, S. 349– 363.
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Clemens Klünemann von Konservatismus und Revolution. Denn Konservatismus braucht nur Geist zu haben, um revolutionärer zu sein als irgendwelche positivistisch-liberalistische Aufklärung, und Nietzsche selbst war von Anbeginn, schon in den Unzeitgemäßen Betrachtungen, nichts anderes als konservative Revolution.40
Zum einen verwechselte Romain Rolland also offenbar Nietzsche mit dessen Vereinnahmung durch die Bellizisten des Jahres 1914, zum anderen unterschätzte er diesen Vertreter eines anderen, weil irritierenden Deutschland: Denn Nietzsche war nicht nur ein scharfzüngiger Kritiker des preußischen Imperialismus – und hier sei an die vielsagende Prophezeiung aus der ersten der Unzeitgemäßen Betrachtungen erinnert, wo sich Nietzsche mit dem Krieg von 1870 auseinandersetzt.41 Erinnert sei auch daran, dass Romain Rolland in der Genealogie der Moral42 den Schlüssel zur Reaktion der deutschen Intellektuellen hätte finden können: Friedrich Nietzsche hat dort das Ressentiment definiert als „das Schweigen, das Nicht-Vergessen, das Warten, das vorläufige Sich-verkleinern, Sich-demütigen“43. Dies ist genau die Situation, in der sich der erwachende deutsche Nationalismus im nach-napoleonischen 19. Jahrhundert befand: Einerseits bewunderte man eine trotz der Revolution in Frankreich bestimmend bleibende höfische Kultur und ihre Selbstinszenierung und andererseits lehnte man es geradezu trotzig ab, sich von dieser politisch wie kulturell dominieren zu lassen. Nietzsche hat dies erkannt: Während alle vornehme Moral aus einem triumphierenden Ja-sagen zu sich selber herauswächst, sagt die Sklaven-Moral von vornherein Nein zu einem ‚Außerhalb‘, zu einem ‚Nichtselbst‘: und dies Nein ist ihre schöpferische Tat. Diese Umkehrung des wertesetzenden Blicks – diese notwendige Richtung nach Außen statt zurück auf sich selber – gehört eben zum Ressentiment: die Sklaven-Moral bedarf, um zu entstehen, immer zuerst einer Gegen- und Außenwelt,
40 Mann, Thomas: Gesammelte Werke, Bd. 10: Reden und Aufsätze 2, Frankfurt/M.: Fischer, 1974, S. 598. 41 „Von allen schlimmen Folgen aber, die der letzte mit Frankreich geführte Krieg hinter sich dreinzieht, ist vielleicht die schlimmste ein weitverbreiteter, ja allgemeiner Irrtum: der Irrtum der öffentlichen Meinung und aller öffentlich Meinenden, daß auch die deutsche Kultur in jenem Kampfe gesiegt habe und deshalb jetzt mit den Kränzen geschmückt werden müsse, die so außerordentlichen Begebnissen und Erfolgen gemäß seien. Dieser Wahn ist höchst verderblich: nicht etwa weil er ein Wahn ist – denn es gibt die heilsamsten und segensreichsten Irrtümer – sondern weil er imstande ist, unseren Sieg in eine völlige Niederlage zu verwandeln: in die Niederlage, ja Exstirpation des deutschen Geistes zugunsten des ‚deutschen Reiches‘.“ Nietzsche, Friedrich: Kritische Studienausgabe, hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Bd. 1: Unzeitgemäße Betrachtungen. Erstes Stück: David Strauss, der Bekenner und der Schriftsteller, München: de Gruyter, 1999, S. 157–242, hier S. 157. 42 Hier sei an den sogenannten „Aufruf an die Kulturwelt“ vom 4. Oktober 1914 erinnert, in dem sich 93 namhafte Intellektuelle für den Krieg aussprechen; Leonard V. Smith spricht in diesem Zusammenhang von einer „Mobilmachung der Akademiker“. Smith, Leonard V.: 93 deutsche Intellektuelle für den Krieg, in: Cabanes, Bruno/Duménil, Anne (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Katastrophe, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2013, S. 71– 75. 43 Nietzsche, Friedrich: Zur Genealogie der Moral [1887], in: ders.: Studienausgabe in vier Bänden, ausgewählt und eingeleitet von Hans Heinz Holz, Bd. 4, Frankfurt/M.: Fischer, 1968, S. 28–141, hier S. 45.
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sie bedarf, physiologisch gesprochen, äußerer Reize, um überhaupt zu agieren, – ihre Aktion ist von Grund auf Reaktion.44
An Nietzsches Definition des Ressentiments wird – darin liegt eine gewisse Ironie der Geschichte – die eigentliche Bedeutung des intellektuellen Engagements Romain Rollands ersichtlich: Denn die Stärke des Intellektuellen Romain Rolland bestand darin, dass er keiner Gegen- und Außenwelt bedurfte, um Position zu beziehen in einem Konflikt, der einerseits die bis dato geltenden Gewissheiten zerstörte, andererseits wohlfeile Gewissheiten, nämlich Ressentiments – zum Beispiel scheinbar unwandelbare Bilder des Anderen und insbesondere des Nachbarn – zementierte. Romain Rollands Haltung zur Zeit des Ersten Weltkriegs ist im besten Sinne kosmopolitisch, weil er das Gefahrenpotenzial erkannt hat, das im Ressentiment liegt, und weil diese Erkenntnis nicht die einer „freischwebenden Intelligenz“ (Karl Mannheim)45 war, sondern sich immer politisch verortete innerhalb einer Polis, und das hieß zu seiner Zeit innerhalb der Republik – der „cité“, die Pascal Ory als Handlungsfeld des Intellektuellen bezeichnet.46 6. DIE VERORTUNG DES INTELLEKTUELLEN ENGAGEMENTS ALS KULTURVERMITTLUNG Cité war für Romain Rolland und seine Zeit die französische Nation und die III. Republik, und so sehr er diesen Rahmen zu relativieren suchte, so sehr musste er innerhalb dieses Rahmens erfahren, dass Widerspruch gegen seine Zeit selbst nicht frei bleiben konnte von Widersprüchen – davon zeugen Äußerungen aus den 1920erJahren, mit denen er sich erneut und immer wieder gegen den Vorwurf des Bruchs der Union sacrée, also gegen den Vorwurf des Vaterlandsverrats verwahrte.47 Diese Dialektik des Widerspruchs macht aus Romain Rolland einen Zeitgenossen, und gleichzeitig legt sie die Frage nahe, gegen welche heutigen Ressentiments sich der intellektuelle Widerspruch in seiner Tradition zu richten hat, welche determinierende Vereinfachung er heute als unerträgliche mêlée demaskieren würde – oder positiv formuliert: zu welcher cité der citoyen Romain Rolland heute gehören würde. Zweifellos zu Frankreich – und nichtsdestoweniger würde er heute den Finger in die Wunde neuer nationalistischer Untertöne legen: Auf deutscher Seite zeigen sich diese in Zusammenhang mit der Rede von der Grande Nation, die seit ihrer Genese während der napoleonischen Kriege (‚Befreiungskriege‘) meistens Ausdruck von Häme, ja von Polemik gegenüber dem westlichen Nachbarland ist;48 als
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Nietzsche: Zur Genealogie der Moral, S. 272. Mannheim, Karl: Ideologie und Utopie, Bonn: Cohen, 1929. Vgl. Ory: Dernières questions aux intellectuels, S. 27. Immer wieder unterstreicht er: „Qu’on ne fasse pas de moi un antifrançais…“; vgl. Sipriot: Guerre et paix autour de Romain Rolland, S. 9 und passim. 48 Die Herkunft und Konnotation des Begriffs Grande Nation wird erläutert bei Gauger, HansMartin: Was wir sagen, wenn wir reden. Glossen zur Sprache, München [u. a.]: Hanser, 2004.
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aktuelles französisches Beispiel solcher Untertöne sei die Petite Histoire de la germanophobie49 von Georges Valance zitiert, die nicht nur eine Geschichte des negativen französischen Deutschlandbildes darstellt, sondern auch ein Manifest französischer Germanophobie. Aber die Gräben sind nicht nur nationaler bzw. nationalistischer Natur, sondern – und dies ist vielleicht noch bedenklicher – supranational: Ein Jahr nach Romain Rollands Tod und unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verfasste Alexandre Kojève für die damalige provisorische französische Regierung unter Charles de Gaulle ein Memorandum unter der Überschrift Esquisse d’une doctrine de la politique française50, das in ausführlicherer Form 1947 als Buch mit dem Titel L’Empire Latin erschien.Giorgio Agamben hat im Frühjahr 2013 mit seiner provokanten These von einem lateinischen Europa, das sich gegen die Dominanz eines von Deutschland geführten protestantischen Europas des Nordens zur Wehr setzen müsse, unter Bezug auf Kojève Gräben aufgerissen, welche die europäische Einigung scheinbar überwunden hatte, welche aber durch das wirtschaftliche Gefälle in Europa als mögliche Sollbruchstellen wieder sichtbar wurden. „Ganz offensichtlich sind heute in Europa Kräfte am Werk, die unsere Identität manipulieren wollen, indem sie die Nabelschnur zerstören, die uns noch mit unserer Vergangenheit verbindet.“51 ‚Unsere Identität‘ und ‚unsere Vergangenheit‘ sind in der Diktion Agambens eben nicht inklusiv gemeint, sondern beziehen sich exklusiv auf den römischlateinischen Süden Europas und knüpfen direkt an den Determinismus an, den Kojève vor fast 70 Jahren in seiner Rede von der „parenté latine“ artikulierte.52 Es bleibt eine spekulative, aber nicht minder interessante These, dass der citoyen und Zeitgenosse Romain Rolland alles daran setzen würde, um zu zeigen, dass und wie die hypostasierte „parenté de substance et de genèse“ der lateinischen Kultur und damit die Teilung Europas ein Ergebnis menschlichen Handelns und keinesfalls eine unveränderbare und fatalistisch hinzunehmende – gar ‚ethnische‘ – Gegebenheit sind; vielmehr stellt sich um so dringlicher die Aufgabe der Kulturvermittlung für den, der ‚au-dessus de la mêlée des civilisations et des mentalités‘ steht. Womöglich würde Romain Rolland in dem bereits zitierten Satz aus seiner „Lettre à ceux qui m’accusent“ – nämlich: „Je n’ai jamais pu distinguer la cause de la France de celle de l’humanité“ – heute an die Stelle Frankreichs das Wort Europa setzen 49 Valance, Georges: Petite Histoire de la germanophobie, Paris: Flammarion, 2013. Vgl. dazu auch Klünemann, Clemens: Alte Dämonen und neue Ängste, in: Süddeutsche Zeitung, 12.11.2013, S. 15. 50 Kojève, Alexandre: Esquisse d’une doctrine de la politique française [27.08.1945], in: La Règle du Jeu 1 (1990), S. 89–123. 51 Schümer, Dirk: Die endlose Krise ist ein Machtinstrument. Gespräch mit Giorgio Agamben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.05.2013, unter http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ bilder-und-zeiten/giorgio-agamben-im-gespraech-die-endlose-krise-ist-ein-machtinstrument12193816-p3.html (12.05.2015). 52 „La parenté latine, fondée sur la parenté de substance et de genèse, est déjà un Empire en substance qu’il s’agit seulement d’actualiser politiquement dans les conditions historiques concrètes de notre temps“. Bibliothèque nationale de France: Hommage à Alexandre Kojève. Extraits d’un inédit d’Alexandre Kojève: „Esquisse d’une doctrine de la politique française“, S. 94, unter http://www.les-crises.fr/documents/2013/alexandre-kojeve-empire-latin.pdf (13.05.2015).
Der Intellektuelle im Widerspruch
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und sicher scheint, dass er gegen jegliche nationale Determinierung politischer Haltungen und Überzeugungen ebenso heftigen Widerspruch einlegen würde, wie er sich für die universelle Geltung von fundamentalen Rechten starkmachen würde. Das intellektuelle, ja kosmopolitische Erbe Romain Rollands besteht – jenseits von zeitbedingten Positionen und trotz mancher stereotyper Aussagen über Frankreich und Deutschland – in seiner Überzeugung, dass der Intellektuelle nur glaubwürdig spricht, wenn er für alle spricht und Widerspruch einlegt gegen die Beschwörung von Partikularismen und die Ethnisierung des politischen Denkens. LITERATURVERZEICHNIS Bainville, Jacques: Conversation avec les Déracinés, in: La Plume 9/1 (1898), S. 524–526. Barrès, Maurice: Les Déracinés, Paris [etc.]: Nelson, 1897. Benjamin, Walter: Briefe, hg. von Gershom Scholem und Theodor W. Adorno, Bd. 1, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1978. Beßlich, Barbara: Wege in den ‚Kulturkrieg‘. Zivilisationskritik in Deutschland 1890–1914, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2000. Bibliothèque nationale de France: Hommage à Alexandre Kojève. Extraits d’un inédit d’Alexandre Kojève: „Esquisse d’une doctrine de la politique française“, S. 94, unter http://www.les-crises. fr/documents/2013/alexandre-kojeve-empire-latin.pdf (13.05.2015). Bourdieu, Pierre: Les Règles de l’art. Genèse et structure du champs littéraire, Paris: Seuil, 1992. Curtius, Ernst Robert: Die literarischen Wegbereiter des neuen Frankreich, in: ders.: Französischer Geist im Zwanzigsten Jahrhundert, Bern: Francke, 1952. Digeon, Claude: La Crise allemande de la pensée française (1870–1914), Paris: PUF, 1992. Flaubert, Gustave: Le Dictionnaire des idées reçues suivi du Catalogue des idées chic, Paris: Librairie Générale Française, 1997. Flügge, Manfred: Traumland und Zuflucht. Heinrich Mann und Frankreich, Berlin: Insel-Verlag, 2013. Gauger, Hans-Martin: Was wir sagen, wenn wir reden. Glossen zur Sprache, München [u. a.]: Hanser, 2004. Gide, André: Journal sans date, in: NRF/Nouvelle Revue Française 6/71 (1919), S. 278–286. Gide, André: Incidences, Paris: Gallimard, 1951. Gipper, Andreas: Der Intellektuelle, Stuttgart: M und P, Verlag für wissenschaftliche Forschung, 1992. Goethe, Johann Wolfgang: Literarischer Sansculottismus (Die Horen. 1795. Fünftes Stück), in: ders.: dtv- Gesamtausgabe, Bd. 21: Schriften zur Literatur. Erster Teil, München: DTV, 1962, S. 105–109. Hellmann, Winfried: Das Geschichtsdenken des frühen Thomas Mann (1906–1918), Tübingen, Univ., Diss., 1972. Hoeges, Dirk: Kontroverse am Abgrund: Ernst Robert Curtius und Karl Mannheim. Intellektuelle und ‚freischwebende Intelligenz‘ in der Weimarer Republik, Frankfurt/M.: Fischer, 1994. Jeanneret, Yves: Les Soleils meurent aussi. Un demi-siècle de réception critique de l’œuvre de Romain Rolland en France (1898–1944), Paris III, Univ, Diss., 1982. Jeismann, Michael: Das Vaterland der Feinde, Stuttgart: Klett-Cotta, 1992. Klünemann, Clemens: La Conscience intellectuelle et la construction littéraire de l’individu dans les écrits de Romain Rolland et de Thomas Mann au moment de la première guerre mondiale, Lille: Atelier national de reproduction des thèses, 1999. Klünemann, Clemens: Alte Dämonen und neue Ängste, in: Süddeutsche Zeitung, 12.11.2013, S. 15.
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CONCEPTS, TOPOÏ ET METAPHORES DES DIALOGUES ET CONTACTS INTERCULTURELS DANS L’ŒUVRE DE ROMAIN ROLLAND A LA VEILLE ET AU DEBUT DE LA PREMIERE GUERRE MONDIALE (1912–1915) Hans-Jürgen Lüsebrink 1. APPROCHES THÉORIQUES L’expérience d’autres cultures, sous la forme de rencontres directes ou encore de lectures et d’autres appropriations de représentations symboliques, peut avoir un impact extrêmement divers sur les œuvres d’écrivains ou d’artistes. A côté d’écrivains qui ont largement refoulé l’expérience interculturelle dans leur œuvre – comme Marcel Proust par exemple, ou Alain Robbe-Grillet –, et d’autres qui l’ont placée, de manière presque obsessionnelle, au centre de leur production littéraire – comme Pierre Loti ou Victor Segalen –, l’œuvre de Romain Rolland semble se caractériser par une sensibilité constante pour l’Autre et une volonté de l’inscrire dans différents registres littéraires et poétiques. Les modalités d’inscription de l’Autre dépendent également des formes d’expérience existentielle, réelle et vécue, d’un écrivain sur le plan interculturel et transculturel. Si le terme ‘transculturel’ implique, lui, le dépassement des frontières d’un univers culturel dans lequel un auteur évolue – la culture française par exemple – à travers des lectures, des traductions, des voyages, des observations, le terme ‘interculturel’ renferme pour sa part l’idée de rencontre entre plusieurs cultures et leurs membres, entraînant des formes de communication, d’hybridation, de métissage ou encore de confrontation et de conflit.1 Les deux concepts de ‘transculturalité’ et d’‘interculturalité’ renvoient donc à deux formes différentes d’expérience et d’appropriation de l’Autre et de l’altérité, tout en étant liés entre eux. Le terme de transculturalité implique ainsi la confrontation à des phénomènes qui dépassent le propre univers culturel et qui peuvent être liés à des voyages et la présence de signes d’autres cultures dans la vie quotidienne et les médias – comme l’américanisation culturelle, le japonisme culturel et esthétique ou encore l’image obsessionnelle des ‘deux Allemagnes’ dans la France à la fin du XIXe siècle et au tournant du XXe siècle.2 Le terme d’interculturel suppose, quant
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Voir sur ces distinctions Lüsebrink, Hans-Jürgen : Interkulturelle Kommunikation : Interaktion, Kulturtransfer, Fremdwahrnehmung, Stuttgart, Weimar : Metzler, 2005, 32012, p. 18–20. Voir sur ce sujet notamment Carré, Jean-Louis : Les Ecrivains français et le mirage allemand, 1800–1940, Paris : Boivin, 1947 ; et en ce qui concerne Romain Rolland : Cheval, René : « Les
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à lui, des processus d’imbrication, de transformation de Soi et de l’Autre, entraînant potentiellement des changements d’identités, et impliquant des phénomènes d’ouverture et des transformations culturelles et identitaires qui dépassent très largement le cadre des structures transculturelles. Schématiquement, on pourrait d’emblée distinguer quatre voies ou modalités d’inscription littéraire et poétique de l’expérience inter- et transculturelle. Premièrement, des formes de perception de l’Autre, inscrites de manière plus ou moins différenciée ou stéréotypée dans la constitution des profils sémantiques des personnages, de leurs milieux et de leur environnement, ou encore dans la caractérisation de cultures et peuples étrangers. Deuxièmement, on peut distinguer des formes de traduction, implicites ou explicites, du langage et des réalités de l’Autre et de son altérité, qui dépendent des compétences et de la sensibilité interculturelle et linguistique des auteurs ayant le plus souvent recours, afin de ‘traduire’ des réalités culturelles différentes des leurs, à des registres de comparaison. Dans l’œuvre de Romain Rolland, on trouve ainsi de nombreux termes cités en allemand, mis en caractères italiques et en règle générale – mais pas toujours – traduits par la suite, tels les termes de « Kultur »3, de « Uebermensch » et de « Uebervolk » (AM 101), ou encore le terme de « Ungeheuer », « le monstre […] qui menace la civilisation » (en l’occurrence, dans le contexte, la Russie) qu’il mentionne dans la quatrième lettre4 de son ouvrage Audessus de la mêlée en citant Wilhelm Wundt (1832–1920), l’un des porte-parole majeurs de la psychologie des peuples (Völkerpsychologie) en Allemagne à cette époque.5 On trouve également dans son œuvre les termes allemands de « Feindesliebe » (« l’amour de l’ennemi »), de « Nächstendienste » (« services du prochain ») et de « Freundendienste » (« services d’amis ») mentionnés dans le douzième article intitulé « Notre prochain, l’ennemi »6. Son roman Jean-Christophe contient également de nombreux termes en allemand, généralement, mais pas toujours, traduits en français, ou bien commentés par le narrateur. Ces formes de médiationtraduction, qui caractérisent en particulier les ouvrages de Romain Rolland sur l’Allemagne et les relations franco-allemandes, prennent parfois la dimension d’un véritable processus d’apprentissage de la langue – et par extension de la culture – de l’Autre imposé au lecteur. Le lecteur de Jean-Christophe se voit ainsi confronté, par exemple dans la quatrième partie du roman évoquant la place emblématique des Lieder dans la culture allemande, à toute une série de vocables et de termes allant de « Sehnsucht » (« Désir ») et « Heimweh » (« Nostalgie ») jusqu’à des éléments sémantiques clés des chansons traditionnelles allemandes, comme « Herzeleid »
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deux Allemagnes », ds. idem : Romain Rolland, l’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963, p. 218–227. Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée (1914–1915), Paris : Petite Bibliothèque Payot, 2013 [1915], p. 135. Toutes les références à cet ouvrage seront désormais notées avec le sigle AM suivi du numéro de page. AM 82 (10 octobre 1914). Voir Espagne, Michel : Wilhelm Wundt. La « psychologie des peuples » et l’histoire culturelle, ds. : Revue Germanique Internationale 10 (1998), p. 73–91. AM 168 (15 mars 1915).
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(« Peine de cœur »), « Frühlingsbotschaft » (« Message de printemps »), « Frühlingsgruss » (« Salut du prinemps ») ou encore les expressions « Mein Herz ist betrübt » (« Mon cœur est troublé »), « Fülle der Liebe » (« Plénitude de l’amour ») et « Blumenbrief » (« Lettre des fleurs ») que le narrateur traduit au fur et à mesure tout en les commentant de manière délibérément ironique.7 Une place particulière est occupée, au sein de cette ‘médiation traductrice’ exercée par Romain Rolland aussi dans Au-dessus de la mêlée, par la notion de Kultur avec le champ conceptuel qui lui est associé. Il évoque le terme de « Kultur » (AM 132) et le champ lexical et sémantique s’y rattachant, comportant des notions comme « Kulturbund », « Kulturmensch », « Kulturstaat » et « Kulturimperium » (AM 132, 135), en allemand, pour les paraphraser ou les traduire par la suite. Le terme de ‘Kultur’, qui faisait partie à l’époque d’une vaste polémique francoallemande, est opposé par Thomas Mann – avec qui Romain Rolland s’engage à ce sujet dans une polémique virulente – à celui de ‘civilisation’. Rolland récuse à cet égard catégoriquement les positions de Thomas Mann qui place la notion de ‘Kultur’ – à laquelle Romain Rolland ajoute ironiquement le supplément « made in Germany » (AM 132) – au-dessus de la notion de ‘civilisation’, qui caractériserait la culture française en définissant « Kultur » comme une « organisation spirituelle du monde »8. L’activité traductrice de Romain Rolland se confond ainsi avec son rôle de médiateur interculturel, par exemple quand il traduit lui-même de l’espagnol, en janvier 1915, dans Au-dessus de la mêlée, un manifeste signé par des intellectuels, journalistes et écrivains catalans en faveur de l’unité morale de l’Europe.9 En troisième lieu, on peut distinguer des représentations fictionnelles de situations de communication interculturelles dans des œuvres littéraires, le plus souvent sous la forme, plus ou moins développée, de dialogues interculturels, souvent très sommaires et stylisés. Le dialogique comporte à cet égard chez Romain Rolland plusieurs registres : il s’étend du dialogue confraternel et herméneutique, visant à mieux comprendre l’Autre, au dialogue polémique, frôlant la confrontation et rendant difficile une poursuite de l’échange, comme celui engagé dans Au-dessus de la mêlée avec Thomas Mann à qui il reproche d’associer ‘culture’ et ‘militarisme’ et de soutenir ainsi intellectuellement l’expansionnisme guerrier de l’Allemagne prussienne.10 Quatrièmement, enfin, on peut relever des concepts, des métaphores et plus largement des topoï qui désignent et cristallisent la perception de relations et de 7
Voir Rolland, Romain : Jean-Christophe, édition définitive, Paris : Michel, 1966, p. 394. Toutes les références à cet ouvrage seront désormais notées avec le sigle JC suivi du numéro de page. 8 Thomas Mann cité par Romain Rolland, voir AM 135 (chapitre VIII, 4 décembre 1914). 9 Voir le « Manifeste des amis de l’unité morale de l’Europe », traduit de l’espagnol par Romain Rolland, AM 144–147 (9 janvier 1915). 10 « Thomas Mann affirme que la Kultur et le militarisme sont frères, que l’idéal de l’un et l’idéal de l’autre sont une seule et même chose, qu’ils ont le même principe, que leur ennemi est le même, et que cet ennemi est la paix, cet ennemi est l’esprit. » (JC 135). Romain Rolland se réfère ici à des positions développées par Thomas Mann dans son article « Gedanken im Kriege » publié en novembre 1914 dans la revue Neue Rundschau.
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dialogues interculturels, au lieu de les représenter et de les décrire, ne serait-ce que d’une manière sommaire. Manfred Schmeling a attiré l’attention, dans une étude très approfondie sur les métaphores associées aux relations dialogiques, sur la ‘poétique relationnelle’ caractérisant les discours sur l’interculturalité, et plus largement sur les métaphores et topoï propres aux ‘dialogues entre les peuples’ qui concernent aussi bien les discours politique et philosophique que les représentations littéraires et fictionnelles.11 Les réflexions et analyses qui suivent, portant sur l’œuvre de Romain Rolland parue dans le contexte de la Première Guerre mondiale, se concentreront sur les deux dernières modalités d’inscription littéraire et poétique de l’expérience interet transculturelle : à savoir, d’une part, sur l’utilisation de métaphores et de topoï servant à saisir conceptuellement et à sémantiser les relations entre différents peuples, en nous focalisant essentiellement sur son ouvrage emblématique Au-dessus de la mêlée, écrit et publié entre septembre 1914 et août 1915, dans le contexte du début de la Première Guerre mondiale ; et, d’autre part, sur la représentation de dialogues et de formes de communication interculturelles dans l’œuvre romanesque et fictionnelle de Romain Rolland, essentiellement dans le roman Jean-Christophe, écrit entre 1904 et 1912. Le contexte de genèse de ces deux œuvres est donc celui de la Première Guerre mondiale, une confrontation violente et meurtrière sans précédent entre les nations et les peuples européens, par rapport à laquelle Romain Rolland se positionne. Il s’avérera toutefois nécessaire de tenir compte également, de manière certes fragmentaire, des deux autres dimensions évoquées (les formes de perception de l’Autre et les formes de traduction de l’altérité), et notamment de l’image des ‘deux Allemagnes’ qui joue un rôle important dans l’œuvre et la pensée de Romain Rolland. Celle-ci paraît, en effet, fondamentale pour la compréhension du dialogue imaginaire qu’entretient Romain Rolland dans les deux œuvres mentionnées avec le pays voisin d’outre-Rhin et ses habitants. 2. CONCEPTS, TOPOÏ ET METAPHORES DANS AU-DESSUS DE LA MELEE Comme Manfred Schmeling l’a souligné dans l’étude mentionnée, qui est à la fois théorique et étoffée d’analyses de textes portant sur le langage métaphorique des relations dialogiques dans la littérature,12 des écrivains, mais aussi des journalistes et des hommes politiques ont eu recours à des topoï et des métaphores – comme ceux du ‘couple’ ou du ‘tandem’ franco-allemand – afin de saisir de manière à la fois plus imagée et plus poétique des phénomènes dont la description non-métaphorique 11 Voir Schmeling, Manfred : Französische Hefe für den deutschen Teig. Studien zur Metaphorik dialogischer Beziehungen : Menschen, Kulturen, Texte, ds. : Bachleitner, Norbert [et. al] (dir.) : Dialogische Beziehungen und Kulturen des Dialogs. Analysen und Reflexionen aus komparatistischer Sicht, Innsbruck [etc.] : Studien Verlag, 2011, p. 187–271. 12 Voir Schmeling : Französische Hefe für den deutschen Teig.
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semblerait plus banale, moins nuancée, moins esthétique et peut-être aussi moins précise. Nous donnons, comme Manfred Schmeling, dans ce contexte au terme de métaphore un sens large, comprenant toutes les formes poétiques ayant recours à des images qui se substituent aux expressions non-imagées. Partant de la définition de Henrik Birus, qui précise que la métaphore englobe des « expressions au sens figuré qui sont liées à ce qu’elles désignent par une relation de similitude »13, nous proposons de regrouper également sous le terme de métaphore des phénomènes comme la métonymie, l’oxymore et les topoï. Ces derniers se distinguent toutefois par leur caractère figé et de longue durée, reprenant un arsenal d’images souvent puisées dans la tradition biblique et s’opposant à la potentialité créative propre aux métaphores poétiques. Composé de 16 articles publiés entre le 2 septembre 1914 et le 2 août 1915 dans le Journal de Genève en Suisse où il travailla à partir d’octobre 1914 à l’Œuvre internationale des prisonniers de guerre14, Au-dessus de la mêlée, l’ouvrage pacifiste majeur de Romain Rolland, paru pendant la première année de la Guerre de 1914–1918, connut un immense retentissement au début, pendant et aux lendemains de la Première Guerre mondiale. Publié par l’éditeur Paul Ollendorff à Paris, l’ouvrage atteignit dès 1915 sa 33e édition, en 1916 sa 67e édition, pour totaliser en 1926, dans une réédition publiée par les Editions Albin Michel, non moins de 109 éditions.15 L’ouvrage fut rapidement traduit dans plusieurs langues, notamment en anglais (1916)16, en russe (1919)17, en tchèque (1926)18 et en italien (1916).19 Paradoxalement, Au-dessus de la mêlée connut en France une première diffusion partielle, mais au large retentissement, avant que sa publication ne soit autorisée par la censure, à travers l’ouvrage polémique d’Henri Massis intitulé Romain Rolland contre la France.20 Cette brochure permit à de nombreux lecteurs d’avoir accès à un texte dont ils avaient jusque-là pris connaissance de seconde main ou
13 Birus, Henrik : Metapher, ds. : Fricke, Harald [et.al] (dir.) : Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Berlin, New York : De Gruyter, 2000, p. 571–576, ici p. 571 : « Ein im übertragenen Sinne gebrauchter Ausdruck, der mit dem Gemeinten durch eine Ähnlichkeitsbeziehung zu verbinden ist » (trad. H. J. L.). Voir aussi Schmeling : Französische Hefe für den deutschen Teig, p. 193. 14 Voir sur le contexte suisse de la genèse de Au-dessus de la mêlée : Pieper-Reutimann, Ursula : Die Rolle der Schweiz in Romain Rollands politischen Schriften zum Ersten Weltkrieg, Zürich, Univ., Thèse, 1983, p. 51–60. 15 Informations tirées du Catalogue général de la Bibliothèque Nationale de France. 16 Rolland, Romain : Above the Battle, trad. par C. K. Ogden, London : G. Allen & Unwin, 1916. 17 Rolland, Romain : V’ storone ot’ shvatki, Petrograd : Izdanie Petrogradskago Soveta Rabočih i Krasn. Deputatov, 1919. 18 Rolland, Romain : Nad vřavou válečnou, Praha : B. Kočí, 1926. 19 Rolland, Rolland : Al di sopra della mischia, Milano : Società editrice « Avanti ! », 1916. Sur le succès retentissant et la diffusion internationale de l’ouvrage voir aussi : Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Michel, 2002, p. 186–187. 20 Massis, Henri : Romain Rolland contre la France, Paris : Floury, 1915. Voir Duchatelet : Romain Rolland tel qu’en lui-même, p. 184.
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entendu parler à travers des rumeurs et des fragments cités. L’ouvrage dont la publication fut finalement, en 1915, autorisée par la censure,21 suscita immédiatement une très vive polémique, notamment en France où l’essayiste politique Henri Massis lui reprocha, en 1915 dans la brochure citée, d’être « idéaliste » et « dilettante », en dénonçant radicalement l’universalisme de Romain Rolland et son penchant délibéré pour les autres littératures et cultures européennes, et notamment pour la littérature et la culture allemande. Niant les fortes nuances que Romain Rolland avait lui-même apporté à son image de l’Allemagne caractérisée par l’opposition entre ‘deux Allemagnes’ antagonistes, Massis lui fit le reproche suivant : « malgré les crimes de l’Allemagne, les méfaits de sa culture », il « n’entend point la rejeter de la civilisation humaine, mais, au contraire, l’intégrer dans l’‘idéal’ européen »22. L’écrit accusateur de Massis débute précisément par le constat polémique : « M. Romain Rolland parle et la France se bat »23 , et se termine sur la remarque suivante, adressée aux partisans et défenseurs de l’auteur de Au-dessus de la mêlée : En dépit d’une telle attitude à l’endroit de la France, à l’endroit de la guerre sainte qu’elle mène, il est quelques esprits qui ne laisseront point de rappeler l’œuvre « considérable de M. Romain Rolland » , la « haute valeur littéraire et morale » de l’auteur de Jean-Christophe.24
D’emblée Massis oppose, dans le paratexte de son ouvrage, à l’exergue pacifiste de Rolland, puisé dans sa pièce de théâtre Le Triomphe de la raison25 publiée en 1899 (« La victoire est mauvaise, quelle qu’elle soit. Quelle qu’elle soit, la défaite est bonne, la défaite volontaire, consentie, cherchée »26), un autre exergue, au sens radicalement opposé, qu’il place sur la page de titre de son pamphlet et qui est tiré de l’œuvre de l’écrivain Albert Guinon : « Pendant une guerre, tout ce qu’on donne d’amour à l’Humanité, on le vole à la Patrie »27. Au-dessus de la mêlée présente une structure générique et rhétorique particulière : débutant par une lettre ouverte à l’écrivain allemand Gerhart Hauptmann, cet ouvrage fragmenté et ponctué par des événements tragiques qui se succèdent à un rythme accéléré – comme la destruction de la Bibliothèque de Louvain et celle de la cathédrale de Reims en 1914 – construit, en creux, un dialogue interculturel imaginaire avec les compatriotes français et en même temps avec l’Autre, l’Allemagne. Alternant, en ce qui concerne le sujet énonciatif, entre un ‘nous’ collectif (qui prend parfois la forme d’un « nous Latins » (AM 87)) se confondant avec les Français dans leur ensemble, et un ‘je’ affirmant d’emblée sa subjectivité, l’interlocuteur de ce dialogue fictif glisse progressivement au fil de l’argumentation du concret et du 21 Voir Duchatelet : Romain Rolland tel qu’en lui-même, p. 186. 22 Massis : Romain Rolland contre la France, p. 14, note 1. Ce texte parut d’abord au printemps 1915 sous la forme d’un article dans le journal L’Opinion, comme le précise Pioch, Georges : Autour de la guerre. Une brochure, ds. : Les Hommes du jour. Annales Politiques, Sociales, Littéraires et Artistiques 390/24 (juillet 1915), p. 4–5, ici p. 4. 23 Massis : Romain Rolland contre la France, p. 5. 24 Massis : Romain Rolland contre la France, p. 14. 25 Rolland, Romain : Le Triomphe de la raison, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1899. 26 Massis : Romain Rolland contre la France, p. 5. 27 Massis : Romain Rolland contre la France, page de titre.
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singulier vers le collectif et l’abstrait. A Gerhart Hauptmann, que le narrateur interpelle d’emblée et avec qui il dialogue dans le premier article, et à Frédéric Van Eeden, directeur du journal De Amsterdammer aux Pays-Bas, à qui il s’adresse dans l’onzième article de Au-dessus de la mêlée, se substituent ainsi tour à tour des interlocuteurs collectifs multiples : « vous », les « Français », « les intellectuels de France » et « vous Chrétiens », mais aussi les « Allemands » (AM 73), « Mes amis d’Allemagne » (AM 86), ses « frères ennemis » (AM 99), « artistes d’Allemagne » et les « Intellectuels d’Allemagne » (AM 140). Cette dichotomie entre ‘nous’ et ‘vous’ est parfois remplacée dans ces textes par un ‘nous’ transgressant volontairement les frontières et les tranchées. Romain Rolland choisit d’emprunter les formes énonciatives « Nous, hommes d’Occident », « Nous tous, artistes et écrivains, prêtres et penseurs, de toutes les patries » ainsi que « nous, hommes libres de tous les pays » (AM 75, 78, 75) qui renvoient à une conscience universelle et cosmopolite. Texte ponctué par des dialogues fictifs, cet ouvrage complexe de Romain Rolland se caractérise par des formes rhétoriques très variées auxquelles il a recours et qui s’énoncent d’abord à travers des actes de langage performatifs : telle la profession de foi où le narrateur donne à lire ses convictions profondes, comme l’identification avec la ‘vieille Allemagne’ ; tel le rejet de toute idole ( « Je n’aime aucune idole, – même celle de l’humanité », AM 137) ; tel aussi le refus de toute idéalisation, voire de toute sacralisation de la violence et de la guerre ( « Moi, je ne connais pas de guerre sacrée », AM 198) ; puis la forme rhétorique de l’exhortation s’exprimant dans des incitations à l’action commune (« partageons un moment l’angoisse », AM 87) ; ainsi que des interpellations émotionnelles, voire pathétiques, comme : « il faudra bien un jour que vous vous donniez la main, vous et vos voisins d’outre-Rhin » (AM 126). S’y ajoutent les formes rhétoriques du réquisitoire où Romain Rolland adopte la posture de l’avocat défendant une cause juste et accusant de manière virulente ses adversaires, ainsi que celle du discours apologétique coulé dans le genre rhétorique de l’éloge du grand homme.28 Romain Rolland a recours à ce genre apologétique à travers l’hommage à Jean Jaurès dans le XVIe article de Au-dessus de la mêlée. Il y considère Jaurès comme un « modèle, presque unique, dans les temps modernes, d’un grand orateur politique qui est, en même temps, un grand penseur, joignant une vaste culture à une observation pénétrante et la hauteur morale à l’énergie de l’action. Il faut remonter jusqu’à l’Antiquité pour retrouver un pareil type humain » (AM 201). Enfin, on trouve dans Au-dessus de la mêlée la forme rhétorique de la prophétie qui, bien qu’insérée ici dans une forme d’énonciation laïque et foncièrement politique, prend néanmoins chez Romain Rolland des accents parareligieux, comme à la fin de l’article XV qui se termine sur une série de visions
28 Voir sur la reprise de cette tradition rhétorique ancienne du discours apologétique en France depuis le XVIIIe siècle : Bonnet, Jean-Claude : Naissance du Panthéon : essai sur le culte des grands hommes, Paris : Fayard, 1998 ; Papenheim, Martin : Erinnerung und Unsterblichkeit : semantische Studien zum Totenkult in Frankreich, 1715–1794, Stuttgart : Klett-Cotta, 1992.
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introduites par le souhait ardent « Que la conscience de l’humanité entende et recueille leur plainte ! » (AM 199) : Elle retentira, dans l’avenir, par-dessus la gloire des batailles ; et, qu’elle le veuille ou non, il faudra bien que l’histoire l’enregistre. L’histoire fera justice des bourreaux de leurs peuples. Et les peuples apprendront à se délivrer de leurs bourreaux. (AM 200)
Cette dimension rhétorique marquée par un pathos parfois délibérément parareligieux qui renoue avec une longue tradition révolutionnaire et républicaine remontant aux années 1789 à 179429 se retrouve également dans plusieurs allégories invoquant la figure de Notre-Dame la Misère : « Que Notre-Dame la Misère pose sur le front de l’Europe démente sa main sévère et secourable ! » (AM 113), peuton ainsi lire à la toute fin de l’article V intitulé « Inter arma caritas », consacré aux destructions d’œuvres d’art et du patrimoine culturel au début de la guerre en Belgique et dans le nord de la France. Qu’elle ouvre les yeux à ces peuples aveuglés par l’orgueil, et qu’elle leur montre qu’ils ne sont, les uns et les autres, que de pauvres troupeaux d’êtres, égaux devant la douleur, et qui ont assez à faire de la combattre ensemble pour ne pas y ajouter. (AM 113)
La perception de l’Allemagne et des relations franco-allemandes est profondément marquée, chez Romain Rolland, par sa conception des ‘deux Allemagnes’ : la « vieille Allemagne », la « vraie Allemagne » (AM 47, 62), celle de Ludwig van Beethoven, de Gottfried Wilhelm Leibniz, de Goethe et de la Aufklärung allemande dont il se considère le « fils »30, celle aussi qui proteste contre la guerre et qui déplore « avec nous les mêmes injustices » (AM 62), s’oppose ainsi radicalement, dans sa pensée, à l’Allemagne prussienne et militariste, marquée par « l’esprit d’un impérialisme avide et d’orgueil inhumain, l’esprit de la caste militaire et des pédants mégalomanes » (AM 186). « La Prusse brutale » et l’« impérialisme prussien » (AM 75, 83), qu’il considère comme fondamentalement responsables de cette guerre, incarnent ainsi, à ses yeux, l’opposé même de l’Allemagne intellectuelle, littéraire et musicale à laquelle il s’identifie. Cette vision des ‘deux Allemagnes’ s’est constituée chez Romain Rolland bien avant 1914 et fut renforcée chez lui notamment par son voyage de sept semaines en Allemagne pendant l’été 1896, au bord du Rhin, près de Mayence, dans la famille de sa femme, puis également à Bayreuth, en Bavière et en Autriche.31 Même s’il nomme, stigmatise et condamne les responsables de la guerre et de la haine qu’il voit essentiellement du côté allemand – les militaires et hommes politiques représentant l’Etat impérial allemand, mais aussi de nombreux intellectuels allemands comme Thomas Mann et Gerhart Hauptmann –, sa vision de la guerre et 29 Voir sur ce sujet, conceptualisé par l’historienne française Mona Ozouf à travers le terme de ‘transfert de sacralité’, Ozouf, Mona : La Fête révolutionnaire, Paris : Gallimard, 1976. 30 « Je suis fils de Beethoven, de Leibnitz [sic] et de Goethe, au moins autant que vous. » (AM 83) 31 Voir à ce sujet Hülle-Keeding, Maria : Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans « JeanChristophe ». Strukturfragen und geistig künstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Thèse, 1973, p. 22–23. Voir aussi Duchatelet : Romain Rolland tel qu’en lui-même, p. 76, et Rolland, Romain : Mémoires et fragments du Journal, Paris : Michel, 1956, p. 250–251 et p. 260–262.
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des relations interculturelles violentes qu’elle représente est en même temps caractérisée par des métaphores de la mêlée, de la maladie et de l’animalité. Si la métaphore de la « mêlée », apparaissant dans le titre de l’ouvrage, se réfère à l’idée d’un inextricable chaos, et en même temps à celle d’une confrontation fatidique,32 les deux autres métaphores confèrent à la guerre, une fois déclenchée, la dimension d’une force presque impossible à endiguer et à maîtriser. L’éclatement de la guerre et sa dynamique meurtrière sont ainsi tour à tour saisis par les métaphores du « poison »33, de l’« infection » , de la « contagion » et de l’« épidémie » auxquels « pas un n’a résisté » (AM 69, 122, 177) ; par celle d’une « grande vague [qui] se propage et parcourt tout le corps de la terre » ; et à plusieurs reprises par le terme de « fléau » (AM 69, 74, 120, 159). L’Europe en guerre est comparée à un « organisme malade […] rongé de fièvre » (AM 113) et la haine entre les peuples stimulée par la guerre à une « infection produite par ses blessures » (AM 122). Romain Rolland emploie également, mais plus rarement, des métaphores animalières pour caractériser la force à la fois brutale et quasi incontrôlable de la guerre, propulsée par des pulsions psychiques et mentales élémentaires et quasi impossibles à maîtriser par la raison, à travers des expressions comme « la bête est lâchée » et « la brute réside encore dans l’homme » (AM 159, 197). A ces métaphores symbolisant la guerre et la haine nouvelle entre les peuples, Romain Rolland oppose des métaphores renvoyant à l’entente interculturelle et la fraternité qui ont essentiellement recours à deux champs sémantiques : celui de la musique, d’une part, et celui de la lumière, d’autre part. La vision d’une convivialité interculturelle paisible entre les peuples, après la fin de la guerre, s’articule ainsi dans les concepts de « fraternité » et d’ « humanité »34 qui sont traduits tour à tour dans les métaphores d’« une symphonie de grandes âmes collectives », d’une « harmonie des peuples et des civilisations » et d’une « union spirituelle de l’humanité civilisée » (AM 78, 97, 152). Le champ sémantique de la lumière qui « gagne et s’étend », à l’exemple de la vérité qui « lentement se fait jour » (AM 126), est hérité, en ce qui concerne sa dimension politique, du XVIIIe siècle et de la Révolution française. Il est ancré, dans Au-dessus de la mêlée, dans les métaphores de la chaleur qui « persiste au fond du sol », comme « l’amour fraternel persiste au fond des peuples » brisant la « croûte glacée de la haine » ; dans celle des fleurs qui résistent au froid et à la glace, comme la « pitié humaine » (AM 165) réussit à survivre à toutes les horreurs de la guerre ; ainsi que dans celle du feu attisant une « ferveur » qui « embrase la nation tout entière » et « purifie les désirs » (AM 187). Ces réseaux métaphoriques se référant à des comportements collectifs et des configurations interculturelles renouent tous avec des traditions métaphoriques plus anciennes qui se trouvent investies ici d’un sens nouveau et éminemment tragique.
32 « abominable mêlée » (AM 71, 156). 33 « empoisonner la pensée » (AM 75). 34 Entre autres AM 44, 104, 123, 112, 129, 130. On trouve 9 occurrences pour « fraternité » et 29 pour « humanité ».
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Elément constitutif du style de Romain Rolland, son recours fréquent à la métaphore35 reflète ainsi à la fois des formes d’appropriation inventive et des modes d’utilisation politique originaux. 3. FIGURATIONS DU DIALOGUE INTERCULTUREL DANS AU-DESSUS DE LA MELEE ET DANS JEAN-CHRISTOPHE La réflexion interculturelle dans l’œuvre de Romain Rolland contient, en creux, le rêve – ou la projection visionnaire – d’un dialogue avec l’Autre dont on trouve de multiples fictionnalisations dans les deux ouvrages nés dans le contexte de la Première Guerre mondiale. Dans Au-dessus de la mêlée, le dialogue interculturel avec l’Autre se trouve représenté à deux endroits et sous deux formes assez différentes. D’une part, sous la forme d’un dialogue fictif et imaginaire entre un ‘Je’ incarnant l’auteur du texte exilé en Suisse et dénigré comme antipatriote par une partie importante de l’opinion publique française de l’époque et ses critiques français. Ce dialogue figure dans le chapitre XV du livre et sert d’autojustification à l’auteur : ‘Pourquoi publier ces pages ? me demanderont quelques-uns, en France ? A quoi bon, quand la guerre est lancée, attirer la pitié sur des adversaires, au risque d’émousser l’ardeur des combattants ?’ – Je répondrai : Parce que c’est la vérité, et parce que cette vérité légitime notre jugement, le jugement de l’univers contre les chefs de l’Allemagne et contre leur politique. (AM 199)
Le second dialogue interculturel figurant dans Au-dessus de la mêlée concerne la rencontre d’un lieutenant de l’armée allemande nommé Albert Klein (qui avait été professeur de collège avant la guerre) avec un prisonnier français. Cette rencontre, et le dialogue qu’elle a suscitée, est décrite dans les Feldpostbriefe de Klein, lettres publiées de manière posthume dans la revue allemande Die Tat en mai 1915, après sa mort survenue en février 1915 en Champagne. Ce dialogue rapporté et commenté par Romain Rolland renvoie au terrain d’entente interculturel par excellence que l’auteur de Au-dessus de la mêlée perçoit entre les peuples, à savoir celui de la culture, de la philosophie, des arts et de la littérature : Je pensais, comme on eût voulu être l’ami de ces hommes, qui vous sont si proches par l’éducation, la façon de vivre, le cercle de pensées, les intérêts. – Nous nous mîmes à causer d’un livre sur Rousseau, dont nous commençâmes à disputer, comme de vieux philologues… Combien nous sommes semblables en force et en valeur ! […]. Le collègue français montrait dans ses propos un esprit si réfléchi, tant de compréhension et d’estime pour l’esprit allemand ! Que nous soyons ainsi faits pour être amis et que nous devions être séparés !… Je me sentis tout à fait bouleversé ! Je m’assis anéanti. Je méditais, je méditais… (AM 193)
Cette configuration du dialogue interculturel rendu possible grâce à un terrain d’entente commun, celui des arts, de la musique et de la culture, se trouve dans son 35 Sur cette problématique voir aussi : Valabrèque, Jean-Pierre : Romain Rolland et la métaphore. La solitude de l’homme de vigie, Paris : L’Harmattan, 2011, qui n’aborde pourtant pas l’utilisation des métaphores dans Au-dessus de la mêlée et leur usage politique dans l’œuvre de Rolland.
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roman Jean-Christophe articulée autour du dialogue entre une certaine France, celle du pacifisme et d’une culture humaniste, démocratique et éclairée, héritière du Siècle des Lumières et de la première phase de la Révolution Française, et une ‘autre Allemagne’, opposée à l’Allemagne militariste et prussienne entrée en guerre en 1914, la « vieille » et la « vraie Allemagne » (AM 47, 62), comme Romain Rolland la désigne dans Au-dessus de la mêlée. Les nombreux dialogues entre le personnage de Sylvain Kohn, un Français, et le protagoniste allemand du roman, le musicien Jean-Christophe Krafft (dont les origines sont aussi flamandes36), se nouent notamment autour de questions esthétiques croisées, comme celle des conditions de la possibilité de l’existence d’un ‘Lessing français’ ou, à l’inverse, celle d’un ‘Boileau allemand’ (cf. JC 723). Le dialogue interculturel joue, dans l’acculturation française de Jean-Christophe, un rôle central, même si son interlocuteur principal, Sylvain Kohn, s’avérera un « guide » aussi peu « sûr » (JC 707) dans le monde réel que dans celui de l’univers livresque. Le parcours initiatique de Jean-Christophe dans les institutions culturelles, et plus particulièrement théâtrales, de la capitale française – des théâtres de boulevard au Théâtre-Français, puis aux « théâtres poétiques », aux « dîners d’hommes de lettres » (JC 746) et aux salons mondains puis aux rencontres politiques – , par lequel Kohn et ses autres interlocuteurs parisiens (comme la jeune Colette, le député socialiste Achille Roussin et ensuite Olivier Jeannin) lui font découvrir différentes sphères de la société et de la culture française, se trouve entrecoupé de nombreux dialogues interculturels. Ceux-ci ponctuent un processus d’apprentissage et de socialisation interculturel qui remet en cause et brise successivement les préjugés et les stéréotypes à l’égard de la France qui avaient dominé la perception de cette nation chez le protagoniste allemand du roman. Au sein de cette perception, l’opposition entre l’image d’une « chaste Allemagne » et celle de l’« immoralité latine » (JC 704) occupe une place centrale. Il choisit d’incarner cette immoralité latine à travers le personnage du jeune écrivain Lucien Lévy-Cœur, qui « représentait l’esprit d’ironie et de décomposition, qui s’attaquait doucement, poliment, sourdement, à tout ce qu’il y avait de grand dans l’ancienne société qui mourait : à la famille, au mariage, à la religion, à la patrie » (JC 746). Les dialogues entre Jean-Christophe et le jeune Olivier Jeannin, représentant d’une « France honnête et laborieuse » (JC 963), se nouent pour leur part autour de l’identité française que l’interlocuteur de Jean-Christophe voit incarnée dans l’universalité de la culture française et des valeurs qu’elle incarne. En découvrant d’autres milieux sociaux, et en dialoguant avec eux, Jean-Christophe explore ainsi une autre face de la France de l’époque, « commençant à entrevoir les ressources cachées de la France » (JC 983). Les positions défendues dans un des dialogues avec Olivier Jeannin par ce dernier se situent à l’opposé même de la haine nationale et du militarisme prussien que Romain Rolland et son protagoniste abhorrent : Notre génie ne s’affirme pas en niant ou détruisant les autres, mais en les absorbant. […]. Libre à vous, Allemands, de craindre ! Il faut que vous soyez purs, ou que vous ne soyez pas. Mais 36 Voir sur ce point Cheval : Romain Rolland, p. 63–172 (« Jean-Christophe est-il Allemand ? »), en particulier p. 165.
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Romain Rolland cite et reprend, en les confrontant, dans ce dialogue interculturel fictionnel (qui renoue, par sa structure rhétorique, avec la tradition du dialogue philosophique), des termes et métaphores empruntés aussi bien au discours des Lumières (« universalité », « génie ») qu’au discours nationaliste (la « haine » de l’Autre, la « virilité » et la « pureté » (JC 927) de la nation37). Le dialogue interculturel s’avère ainsi, dans l’opinion de Jean-Christophe qui reflète largement les positions de l’auteur du roman, un outil de tout premier plan d’apprentissage d’une autre culture, en l’occurrence de la culture française par un Allemand qui découvre successivement des réalités, mais aussi des valeurs différentes auxquelles il finit largement par s’identifier. Le narrateur du roman affirme ainsi, dans une réflexion sur les échanges de Jean-Christophe avec le jeune Olivier Jeannin : Christophe en avait plus appris sur la France, après huit jours d’intimité avec Olivier, sans presque sortir de la maison, qu’après un an de courses errantes à travers Paris et de stage dans les salons intellectuels et politiques. (JC 987)
Certains dialogues, comme ceux entre Jean-Christophe et la famille Reinhard, des Alsaciens, donnent à lire également entre les lignes des structures de traduction où le narrateur s’invente lui-même traducteur et médiateur entre différentes réalités linguistiques et culturelles. En insérant des mots et des expressions allemandes dans les dialogues interculturels qu’il rapporte en français, Romain Rolland fait transparaître une autre réalité langagière qu’il traduit constamment, mais souvent de manière très partielle et parfois volontairement allusive. Il traduit ainsi, tout en laissant les mots et expressions originaux en italique dans le texte, des bribes de phrases tirés de dialogues interculturels mettant en lumière les dimensions idiomatiques et culturelles du langage, comme « Nur ein Viertelstündchen » ( « Seulement un petit quart d’heure » ), « Noch ein Schlückschen » ( « Encore une petite goutte » ), « Für unseren lieben Gast » ( « Pour notre cher hôte » ), « Zu spät » ( « Trop tard » ) ou « Ach ! So, so ! » ( « Ah ! Bon, bon ! » ) (JC 518, 520, 545). Dans d’autres passages de son roman Jean-Christophe, il laisse le lecteur non-germanophone deviner, à partir du contexte immédiat, le sens d’expressions idiomatiques et proverbiales comme « Morgenstund hat Gold im Mund » (‘La chance appartient à ceux qui se lèvent tôt’) (JC 518). Et il montre parfois, au détour d’une phrase, l’impossibilité même de traduire des termes comme « Gemüt » et « Gemütlich » qui restent en italique (JC 515), en faisant découvrir ainsi au lecteur la fonction herméneutique de tout dialogue interculturel réussi : celle de traduire, à travers un jeu de questions et
37 Le discours d’Ernst Moritz Arndt, figure de proue du nationalisme allemand du XIXe siècle, est à cet égard représentatif pour ces positions et leur lexique. Voir Lüsebrink, Hans-Jürgen : Ein Nationalist aus französischer Inspiration : Ernst Moritz Arndt (1769–1860), ds. : Espagne, Michel/Greiling, Werner (dir.) : Frankreichfreunde. Mittler des französisch-deutschen Kulturtransfers (1750–1850), Leipzig : Leipziger Universitätsverlag, 1996 (Deutsch-Französische Kulturbibliothek 7), p. 221–242.
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de réponses, de remarques intercalées et d’interjections, un univers culturel très différent et fascinant. Cette fascination réside en grande partie dans le fait de ne pas être entièrement traduisible, de garder une certaine résistance sémantique et culturelle à la volonté d’appropriation herméneutique et de manifester ainsi, au sein même du dialogue interculturel, un résidu d’opacité. Romain Rolland fait ainsi partie de ces rares écrivains européens du XIXe et e XX siècle qui ont non seulement constamment su franchir les frontières et les seuils de leur propre horizon linguistique culturel, mais qui ont également su fictionnaliser les enjeux du dialogue interculturel, sa dynamique imprévisible, les malentendus qu’il est susceptible de produire et toutes les potentialités de connaissance et d’enrichissement qu’il peut recéler. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Birus, Henrik : Metapher, ds. : Fricke, Harald [et. al] (dir.) : Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, Berlin, New York : De Gruyter, 2000, p. 571–576. Bonnet, Jean-Claude : Naissance du Panthéon : essai sur le culte des grands hommes, Paris : Fayard, 1998. Carré, Jean-Louis : Les Ecrivains français et le mirage allemand, 1800–1940, Paris : Boivin, 1947. Cheval, René : Romain Rolland, l’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Michel, 2002. Espagne, Michel : Wilhelm Wundt. La « psychologie des peuples » et l’histoire culturelle, ds. : Revue Germanique Internationale 10 (1998), p. 73–91. Hülle-Keeding, Maria : Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans « Jean-Christophe ». Strukturfragen und geistig künstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Thèse, 1973. Lüsebrink, Hans-Jürgen : Ein Nationalist aus französischer Inspiration : Ernst Moritz Arndt (1769– 1860), ds. : Espagne, Michel/Greiling, Werner (dir.) : Frankreichfreunde. Mittler des französischdeutschen Kulturtransfers (1750–1850), Leipzig : Leipziger Universitätsverlag, 1996 (DeutschFranzösische Kulturbibliothek 7), p. 221–242. Lüsebrink, Hans-Jürgen : Interkulturelle Kommunikation : Interaktion, Kulturtransfer, Fremdwahrnehmung, Stuttgart, Weimar : Metzler, 2005, 32012. Mann, Thomas : Gedanken im Kriege, ds. : Neue Rundschau, novembre 1914. Massis, Henri : Romain Rolland contre la France, Paris : Floury, 1915. Ozouf, Mona : La Fête révolutionnaire, Paris : Gallimard, 1976. Papenheim, Martin : Erinnerung und Unsterblichkeit : semantische Studien zum Totenkult in Frankreich, 1715–1794, Stuttgart : Klett-Cotta, 1992. Pieper-Reutimann, Ursula : Die Rolle der Schweiz in Romain Rollands politischen Schriften zum Ersten Weltkrieg, Zürich, Univ., Thèse, 1983. Pioch, Georges : Autour de la guerre. Une brochure, ds. : Les Hommes du jour. Annales Politiques, Sociales, Littéraires et Artistiques 390/24 (juillet 1915), p. 4–5. Rolland, Romain : Le Triomphe de la raison, Paris : Ed. de la Revue d’art dramatique, 1899. Rolland, Romain : Above the Battle, trad. par C. K. Ogden, London : G. Allen & Unwin, 1916. Rolland, Romain : Al di sopra della mischia, Milano : Società editrice « Avanti ! », 1916. Rolland, Romain : V’ storone ot’ shvatki, Petrograd : Izdanie Petrogradskago Soveta Rabočih i Krasn. Deputatov, 1919. Rolland, Romain : Nad vřavou válečnou, Praha : B. Kočí, 1926. Rolland, Romain : Mémoires et fragments du Journal, Paris : Michel, 1956. Rolland, Romain : Jean-Christophe, édition définitive, Paris : Michel, 1966. Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée (1914–1915), Paris : Petite Bibliothèque Payot, 2013.
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Schmeling, Manfred : Französische Hefe für den deutschen Teig. Studien zur Metaphorik dialogischer Beziehungen: Menschen, Kulturen, Texte, ds. : Bachleitner, Norbert [et. al] (dir.) : Dialogische Beziehungen und Kulturen des Dialogs. Analysen und Reflexionen aus komparatistischer Sicht, Innsbruck [etc.] : Studien Verlag, 2011, p. 187–271. Valabrèque, Jean-Pierre : Romain Rolland et la métaphore. La solitude de l’homme de vigie, Paris : L’Harmattan, 2011.
III. INTERMEDIALITÄT: KÜNSTE UND KULTUREN IM DIALOG
PAZIFISTISCHES ENGAGEMENT IN TEXT UND BILD: ROMAIN ROLLAND UND FRANS MASEREEL Christiane Solte-Gresser 1. THEMA UND VORGEHEN Im Folgenden soll mit Pierre et Luce ein Text im Zentrum stehen, der im Gesamtwerk dieses Schriftstellers eine eher marginale Rolle spielt. Thema des Beitrags ist das Verhältnis dieser Erzählung zu ihren Illustrationen. Gerade eine solche vordergründig enge Perspektive erlaubt einen besonders scharfen Fokus auf die übergreifende Fragestellung dieses Bandes nach den Rezeptionsformen, Schlüsselkategorien und Strategien der Vernetzung von Romain Rolland als transkulturellem Denker. Rolland hat die Erzählung Pierre et Luce im August 1918 verfasst und zwei Jahre später bei Ollendorf publiziert. Von der Forschung wurde er bislang kaum beachtet.1 Er fügt jedoch wegen seiner Sonderstellung innerhalb des rollandschen Werkes der Rezeption eine wichtige Facette hinzu. Da der Text in der ersten deutschen Übersetzung aus dem Jahre 1921 von dem flämischen Maler und Grafiker Frans Masereel mit 16 Holzschnitten versehen wurde,2 ist er zudem ein spannendes
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Otto Fest bemerkt in den 1930er-Jahren, dass der Text nie ganz für voll genommen worden und als Gelegenheitsprodukt betrachtet worden sei (vgl. Fest, Otto: Stilistische Untersuchungen zu Romain Rolland’s „Pierre et Luce“. Form-Entwicklung und -Deutung, Borna-Leipzig: Robert Noske, 1935, S. 4). Daran hat sich, soweit ich sehe, bis heute kaum etwas geändert. Es mag allerdings sein, dass zumindest in Deutschland aufgrund der gelungenen Neuübersetzung von Hartmut Köhler die Neuausgabe im Berliner Aufbau Verlag von 2010 eine veränderte Rezeption bewirkt (Rolland, Romain: Pierre und Luce. Aus dem Französischen und mit einem Nachwort von Hartmut Köhler, Berlin: Aufbau, 2010). Rolland, Romain: Peter und Lutz. Eine Erzählung mit sechzehn Holzschnitten von Frans Masereel, übers. v. Paul Amann, München: Kurt Wolff, 1921. Wulf Emmo Ankel spricht in seinen „Erinnerungen an Masereel“ (in: Giessener Universitätsblätter 5/1 (1972), S. 84–87, hier S. 85) allerdings von einer Erstübersetzung im Jahr der französischen Originalausgabe: „Im August 1918 erschien von Romain Rolland Peter und Lutz, illustriert von Frans Masereel“. Ich verwende im Folgenden für den französischen Text die neunte Auflage der Originalausgabe: Rolland, Romain: Pierre et Luce, avec quatre hors-texte et vingt-neuf vignettes dessinées et gravées sur bois par Gabriel Belot, Paris: Ollendorff, o. J., abgekürzt mit PeL und Seitenangaben. Für die Illustrationen beziehe ich mich auf: Rolland, Romain: Pierre und Luce, mit sechzehn Holzschnitten von Frans Masereel, übers. v. Hans Balzer, Berlin: Rütten & Loening, 1960, im Folgenden mit PuL und Seitenzahlen abgekürzt. Die in diesem Beitrag verwendeten Abbildungen werden mit der Seitenzahl der jeweiligen Ausgabe wiedergegeben. Die unterschiedliche Gattungsbezeichnung „Roman“ bei Hartmut Köhler, „Erzählung“ bei Hans Balzer (vgl. PuL) hängt mit der Zwischenstellung des Werks bezüglich seines Umfangs von ca. 150 Seiten
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intermediales Beispiel für gemeinsames pazifistisches Engagement3 – und dieses wiederum bildet zweifellos eines der Schlüsselkonzepte des rollandschen Schreibens. Denn es handelt sich hier um eine ebenso dezidierte wie konsequente Positionierung gegen den Ersten Weltkrieg; und zwar eben nicht in Form eines dokumentarischen oder essayistischen Textes, sondern als Fiktion.4 Dass dies innerhalb eines transkulturellen Netzwerkes aus politisch gleichgesinnten Künstlern Frankreichs, Belgiens und der Schweiz geschieht, macht das Werk für unseren Zusammenhang zusätzlich interessant.5 Die folgenden Überlegungen werden nun von der Frage geleitet, wie sich diese Haltung auf der thematischen, der strukturellen und der stilistischen Ebene äußert. Ich gehe dabei aus von der Beobachtung einer intermedialen Überkreuzung: In der Erzählung spielt Kunst eine entscheidende Rolle. Die Malerei stellt ein zentrales Thema innerhalb der Diegese dar, und der Text selbst verwendet für seine Narration mehrere ausgesprochen visuelle Verfahren. In den Holzschnitten Masereels wiederum bilden nicht nur Bücher und das Lesen ein Motiv; er gestaltet darüber hinaus seine Bilder in ungewöhnlich narrativer Weise. Dieses Phänomen wird nun in folgenden Schritten untersucht: Nach einer knappen Klärung des Verhältnisses der beiden Künstler zueinander werden verschiedene Ebenen der Text-Bild-Verhältnisse unterschieden. Ich analysiere zunächst vergleichend die Gesamtstruktur der Erzählung und diejenige der Bilderfolge, betrachte dann die Interaktionen zwischen
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zusammen. Ich verwende hier der genetteschen Terminologie folgend die allgemeine Bezeichnung ‚Erzählung‘ (récit). Auf das Gesamtwerk und die politischen Äußerungen Rollands und Masereels bezogen, müsste die These einer gemeinsamen politisch-ästhetischen Position jedoch wohl differenziert werden. Sicherlich sind beide Künstler dezidierte Pazifisten. Philippe Kaenel zufolge steht Rolland jedoch für absolute militärische Neutralität, während Masereel eine anti-germanische Haltung bescheinigt wird, ohne dass diese jedoch belegt würde (vgl. Kaenel, Philippe: Illustrer la mort: Romain Rolland, Pierre-Jean Jouve, Edmond Bille, Franz Mazereel [sic!] et le genre de la danse macabre, in: Védrine, Hélène (Hg.).: Le Livre illustré européen au tournant des XIXe et XXe siècles. Passages, rémanences, innovations, Paris: Kimé, 2005, S. 245–263, hier S. 252). Was den politischen Gehalt des masereelschen Bildwerkes angeht, so lässt sich keinerlei Tendenz gegen eine bestimmte Nationalität feststellen, wenngleich er später sehr dezidiert Stellung gegen den Nationalsozialismus bezieht. Vgl. ähnlich auch Charrier, Landry: Romain Rolland, les relations franco-allemandes et la Suisse (1914–19), in: Dupeyrix, Alexandre (Hg.): Le Pacifisme en Allemagne. Du Reich wilhelmien à la fin de la République de Weimar (1890–1933), Paris: Irice, 2011, S. 91–109 (Les Cahiers Irice 8), http://www.cairn.info/revue-les-cahiers-irice2011-2.htm (05.01.2015). Vgl. hierzu vor allem die erhellenden Studien von Beaupré und Trévisan, die sich den verschiedenen Schreibweisen gegen den Krieg im nationalen bzw. im deutsch-französischen Kontext widmen: Beaupré, Nicolas: Ecrire en guerre, écrire la guerre. France, Allemagne 1914–1920, Paris: CNRS Editions, 2006, und Trévisan, Carine: Les Fables du deuil: la Grande Guerre, mort et écriture, Paris: PU de France, 2001. Eine kuriose weitere transkulturelle und zugleich intertextuelle Dimension der Erzählung entsteht schließlich durch eine Bearbeitung von Fernand Benoit, die dieser unter dem Titel „Pierre et Luce à Santinikétan“ im Liber amicorum Romain Rolland (Gorki, Maxim/Duhamel, Georges/ Zweig, Stefan (Hg.), Zürich, Leipzig: Rotapfel Verlag, 1926, S. 47–56) publiziert.
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Text und Illustrationen, widme mich daraufhin Text und Bild im Verhältnis zu anderen Texten und Bildern der jeweiligen ästhetischen Tradition und setze schließlich in einem Ausblick die Text-Bild-Erzählung in Relation zum Gesamtwerk Rollands und Masereels. 2. BIOGRAFISCHE UND POLITISCHE PERSPEKTIVE: DAS VERHÄLTNIS ROLLAND–MASEREEL Romain Rolland lernt Frans Masereel im Oktober 1917 im Rahmen seiner Kontakte zu Kriegsflüchtlingen in einer kleinen französischen Kolonie in Genf kennen. In seinem Tagebuch notiert er seine ersten Eindrücke6 und deutet bereits an, weshalb sich aus dieser Begegnung eine jahrelange, allerdings nicht ganz unproblematische Freundschaft ergeben sollte.7 Besonders über Stefan Zweig, mit dem beide gut befreundet sind, ergeben sich regelmäßige Kontakte, aus denen bald eine intensive künstlerische Kooperation entsteht. Rolland und Zweig bewundern ausdrücklich Masereels politischen Mut, seine künstlerische Bescheidenheit und seine ästhetische Konsequenz.8 Beide, Rolland und Masereel, gelten im ersten Drittel des Jahrhunderts als Ikonen des Pazifismus, welche das politische Bewusstsein geprägt und zahlreiche antikriegerische Aktivitäten ideell begleitet haben.9 Hierüber gibt beispielsweise eine Passage aus Louis Paul Boons flämischer Erzählung Oorlogsjeugd (dt.: Kriegsjugend) von 1946 Aufschluss, in der es rückblickend auf jene Zeit heißt:
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Vgl. Rolland, Romain: Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris: Albin Michel, 1952, S. 1320. Zu einem vorläufigen Bruch kommt es schließlich Mitte der 1920er-Jahre während der Zusammenarbeit für den 4. Band der bibliophilen Ausgabe des Jean Christophe. Masereel sind einige Passagen des Textes offensichtlich zu polemisch und die Figurenkonzeption überzeugt ihn nicht. Nachdem Rolland seine Enttäuschung über die Bebilderung der ersten beiden Bände kundgetan hat, möchte er die Illustrationen der weiteren Bände vor der Drucklegung überprüfen. Dieser Forderung entzieht sich Masereel mit dem Argument, der Künstler habe zwar die Absicht des Autors zu respektieren, müsse aber die Möglichkeit haben, ein persönliches Werk zu schaffen, das auch ohne den Text „Bedeutung und Wert hat“ (vgl. Parys, Joris van: Masereel. Eine Biographie [1995], in Zusammenarbeit mit der Frans Masereel Stiftung Saarbrücken, Zürich: edition 8, 1999, S. 220). Vgl. Zweig, Stefan: Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Frankfurt: Rütten & Loening, 1921, S. 229 f. Zur Einschätzung Masereels durch Stefan Zweig vgl. auch Parys: Masereel, S. 136. Zum Verhältnis zwischen Rolland und Masereel vgl. auch Ritter, Paul: Frans Masereel im Urteil von Romain Rolland, in: Marginalien. Zeitschrift für Buchkunst und Bibliophilie 126 (1992), S. 3–28. Man vermutet überdies, Rolland habe seiner Pazifistenfigur Clérambault (Rolland, Romain: Clérambault. Histoire d’une conscience libre pendant la guerre, Paris: Ollendorff, 1920) auffällige Züge des Freundes verliehen; vgl. hierzu Parys: Masereel, S. 87. Hierüber geben Yvan und Claire Goll Aufschluss, die Rolland und Masereel in einem Atemzug nennen, vgl. Rogister, Margaret: Yvan Goll, Switzerland, and the First World War, in: Robertson, Eric/Vilain, Robert (Hg.): Yvan Goll – Claire Goll. Texts and Contexts, Amsterdam: Rodopi, 1997, S. 11–20, hier 17 f.
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Christiane Solte-Gresser Unsere Jugend ist aufgeblüht zwischen zwei Kriegen, und wir haben geschwärmt für Romain Rolland, das Gewissen Europas, und wir haben abends in den Kundgebungen ‚Nie wieder Krieg‘ geschrien, und in unserem Kämmerlein hatten wir einen Holzschnitt von Frans Masereel an die Wand geheftet (am liebsten den mit dem Mann, der mit auf dem Rücken gebundenen Händen an eine Wand gestellt und erschossen werden wird und der erhobenen Hauptes nach etwas schaut, das Masereel nicht dazu geschnitten hat).10
Doch neben solchen gewissermaßen parallel nebeneinander her laufenden Bezugnahmen auf pazifistisch engagierte Zeitgenossen11 reflektiert auch Rolland selbst die gemeinsamen Erfahrungen politischer Bedrohung, sozialer Ausgrenzung und künstlerischer Missachtung ihres Werks.12 Auf der Grundlage dieser gemeinsamen Erfahrung entstehen nun künstlerische Verbindungen und zahlreiche Gemeinschaftsprojekte. Neben den Holzschnitten für Pierre et Luce fertigt Masereel beispielsweise das Frontispiz der Anthologie Les Poètes contre la mort, mehrere Porträts von Romain Rolland und 32 Illustrationen der Farce Liluli an.13 Rolland schätzt diese Bilder außerordentlich, weil sie, wie er in einem Brief an Stefan Zweig vom 2. August 1920 formuliert, sein „Werk in eine universelle Sprache [übersetzen]“.14
10 Zit. nach Parys: Masereel, S. 78. Boon referiert hier auf das Schlussbild der 25 images de la passion d’un homme, von denen später noch die Rede sein wird. 11 Einen guten Überblick über die Position Rollands im literarischen Feld Frankreichs zur Zeit des Ersten Weltkriegs liefert Lindner-Wirsching, Almut: Französische Schriftsteller und ihre Nation im Ersten Weltkrieg, Tübingen: Niemeyer, 2004. 12 Die unerträgliche Atmosphäre während der zweiten Hälfte des Jahres 1918 beschreibt Rolland in einem Brief an Stefan Zweig, vgl. Parys: Masereel, S. 83. 13 Rolland, Romain: Les Poètes contre la guerre. Anthologie de la poésie française 1914–1919, Genève: Editions du Sablier, 1920 (das Frontispiz findet sich z. B. in Masereel, Frans: Bilder gegen den Krieg (La Guerre/Der Krieg), hg. v. Hofmann, Karl-Ludwig/Riede, Peter, Saarbrücken: Frans-Masereel-Stiftung Saarbrücken, 2010, http://flandres-hollande.hautetfort.com/ media/02/00/2321970488.pdf (04.05.2015), S. 30. Bei Liluli (Genève: Editions du Sablier, 1919) handelt es sich um ein allegorisches Stück, das Masereel, wie auch Le Jeu de l’amour et de la mort (Paris: Editions du Sablier, 1925), ebenfalls bei den Editions du Sablier selbst herausgibt, vgl. hierzu auch Masereel: Bilder gegen den Krieg, S. 28. 14 Zit. nach Parys: Masereel, S. 416. Rolland wiederum schreibt die Einleitung für die amerikanische Luxusausgabe des masereelschen Stundenbuchs (Masereel, Frans: My Book of Hours. 167 Designs Engraved on Wood. Limited Edition, Foreword by Romain Rolland, o. V., 1922) und hält Masereel konsequent dazu an, mit seinen Werken einfache Geschichten des alltäglichen Lebens zu verfassen. Eben solche Bilderzyklen begründen zweifellos den Erfolg des heute erst allmählich wieder entdeckten Grafikers. Vgl. hierzu Keazor, Henry/Schmitt, Dominik/ Solte-Gresser, Christiane (Hg.): In Bildern erzählen. Frans Masereel im intermedialen Kontext, Bielefeld: transcript (im Druck). Ein weiteres gemeinschaftliches Projekt ist La Révolte des machines ou la pensée déchaînée (Paris: Editions du Sablier, 1921). Rolland ist im Übrigen von der Qualität der Illustrationen zu Pierre et Luce wenig überzeugt (vgl. Parys: Masereel, S. 116 f.). Die Ironie des Schicksals will es aber, dass Peter und Lutz, wie die deutsche Erstübersetzung kurioserweise lautet, schließlich zu den meistverkauften ausländischen Ausgaben des Sablier-Verlags überhaupt zählt, den Frans Masereel selbst mitgegründet hatte (vgl. Parys: Masereel, S. 117).
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3. ERZÄHLEN MIT WORTEN – ERZÄHLEN IN BILDERN: TEXTFOLGE UND BILDERFOLGE IM VERGLEICH Wie wird nun eine solche ‚Übersetzung ins Universale‘ realisiert? Betrachtet man zunächst einmal die Textstruktur für sich, so fällt deren strenge formale Komposition auf. Die Handlung selbst kann in ihrer Einsträngigkeit als ausgesprochen schlicht gelten und lässt sich dementsprechend in einem einzigen Satz zusammenfassen: In der Pariser Metro geraten Pierre, ein bürgerlicher Gymnasiast, der soeben seinen Gestellungsbefehl erhalten hat, und die aus armen Verhältnissen stammende Luce zufällig während eines Bombardements der Deutschen miteinander in Kontakt, treffen sich später in der Stadt wieder und beginnen eine Liebesbeziehung, die mit dem Tod der beiden durch den Einschlag einer Bombe auf eine Pariser Kirche am Karfreitag desselben Jahres endet.15 Durch die Art und Weise, wie die Liebesgeschichte mit der Geschichte des Krieges – und zwar mit historisch nachweisbaren Fakten, also den dokumentierten politischen Ereignissen zwischen Januar und März 1918 – verwoben ist, erhält sie eine besondere Zwangsläufigkeit. Diese entsteht erstens über die kreisförmige Bewegung der Erzählung: Dem Bombenangriff zu Beginn entgeht das Paar nur knapp, dem am Schluss können sie nicht entrinnen (vgl. Abb. 1 und Abb. 2) Allein der Krieg ist es, der sie zu Beginn zusammenbringt und dazu führt, dass sie sich trotz der sozialen Differenzen und moralischen Skrupel und trotz – oder eben gerade wegen – der damit einhergehenden Aussichtslosigkeit ihrer Liebe aufeinander einlassen. Am Ende ist es wiederum der Krieg, der bewirkt, dass sie auf ewig miteinander verbunden bleiben. Die Linie zwischen diesen beiden Punkten verläuft, zweitens, in einer stetigen Steigerung auf die Katastrophe zu: Mit der Ausbreitung des Krieges und dem Näherrücken des Einberufungstermins für Pierre geht die Intensivierung ihrer Liebe einher. Die symbolische Verlobung bedeutet eine versprochene Hochzeit bzw. Vereinigung am Ostersonntag, welche die herabstürzende Säule, die das umschlungene Paar unter sich begräbt, zugleich verhindert und vollendet. Unterbrochen wird diese lineare Gesamtstruktur, drittens, durch mehrere Einschübe, mit denen die Liebesgeschichte historisch, gesellschaftlich und politisch kontextualisiert wird: Es finden sich eine Passage über die bourgeoise Herkunft des Protagonisten, über die finanzielle und moralische Not von Luce und ihrer Mutter, über den kurzzeitig von der Front heimgekehrten Bruder Pierres und schließlich – fast schon schematisch – eine Darlegung der jeweiligen politischen Haltung von 15 Historische Referenz ist der Luftangriff auf Saint-Gervais vom 29. März 1918. Zur Rekonstruktion des historisch-politischen Kontexts vgl. Miller, Henry W.: The Paris Gun. The Bombardment of Paris by the German Long-Range Gun and the Great German Offensives of 1918, New York: Cape and Smith, 1930. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die enorme psychologische Bedeutung dieses Kriegsereignisses, auf die Hartmut Köhler hinweist: Der Angriff hatte keinen militärischen Nutzen, sondern wurde lediglich zur Terrorisierung der Zivilbevölkerung verwendet (vgl. Köhler, Hartmut: in: Rolland, Romain: Pierre und Luce, Berlin: Aufbau, 2010, S. 123–138, S. 130 f.). Rolland kommentiert dieses Ereignis polemisch in seinem Journal des années de guerre 1914–1919, S. 1437.
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Pierres Freunden dem Krieg gegenüber, die zusammengenommen ein repräsentatives gesellschaftliches Bild der unterschiedlichen Gründe ergeben, weshalb pazifistisches Engagement nicht möglich oder nicht lohnenswert scheint.
Abb. 1: Frans Masereel: Erster Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 9
Abb. 2: Frans Masereel: 16. und letzter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 163
Auf diese Weise lebt die Binnenstruktur der Erzählung von Brüchen und Kontrasten. Einerseits würde man den Roman, einer Einschätzung Hartmut Köhlers zufolge, bukolisch-idyllisch bzw. psychedelisch nennen;16 andererseits haben wir es mit einem Dokumentarroman zu tun. Die Liebeständelei des Paares wird durch politische Statements durchbrochen, die ersten Momente des Verliebtseins werden mit der Herzenskälte, Pflichttreue und Autoritätsgläubigkeit des Elternhauses kontrastiert, dem Eingeständnis der Liebe geht die notwendige Einsamkeit und Schweigsamkeit in einer Situation politischer Bespitzelung und ungehemmt agierender Staatsgewalt voraus.17 Für die Illustrierung der Erzählung durch Frans Masereel lässt sich insgesamt festhalten, dass die eben beschriebene narrative Struktur weitgehend auf der Bildebene nachvollzogen wird. Denn betrachtet man die Bilder in Folge, so zeigt sich auch hier erstens eine ‚Einrahmung‘ des Paares durch die Gewalt des Krieges am Beginn und am Schluss. Zweitens entsteht beim Betrachten ebenfalls eine sich kontinuierlich steigernde Intensität sowohl des Krieges als auch der Liebesbeziehung.18 Und drittens finden sich auch innerhalb der Illustrationen bemerkenswerte Brüche, durch die subjektive Liebeserfahrung und historische Kriegsrealität miteinander 16 Vgl. Köhler: Nachwort, S. 129. 17 Zur Gesamtkomposition des Romans vgl. die Studie von Otto Fest, der den Text radikal musiktheoretisch übersetzt und hierfür zunächst seine Gesamtstruktur analysiert (vgl. Fest: Stilistische Untersuchungen, v. a. S. 7–11). 18 Auf Abbildung PuL, S. 135, also gegen Schluss des Romans, scheint der Krieg bereits in den Wohnraum der Schulfreunde eingedrungen zu sein, während die geliebte Frau von Pierre durch die Fensterscheibe getrennt bleibt.
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konfrontiert werden. Liebes- und Kriegsgeschichte verlaufen dabei, ganz wie im Roman, gewissermaßen parallel, indem auf der großen Mehrzahl der Bilder beides gleichermaßen anwesend ist, also räumlich unmittelbar zusammengebracht wird. So bildet das fast durchgängige Element der Illustrationen eben diese dualistische Zweiteilung des Raumes: Das liebende Paar auf der einen, die Kriegsgewalt auf der anderen Seite. Wobei sowohl die räumliche Anordnung als auch die Aufteilung variieren und damit jeweils andere Größen- und Abhängigkeitsverhältnisse entstehen: Einmal lauert der Tod am Rande in Form eines Sensenmannes halb versteckt im Kirchenschiff (vgl. Abb. 3), ein anderes Mal ist es das Paar, das sich im Hintergrund in einen Hauseingang drängt, um nicht unmittelbar von den Auswirkungen des Kriegs überrollt zu werden (vgl. Abb. 4).
Abb. 3: Frans Masereel: Siebenter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 67
Abb. 4: Frans Masereel: Elfter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 115
Der Dualismus von Liebe und Krieg wird freilich auch stilistisch auf die den Medien eigenen Gestaltungstechniken übertragen. Wo die Grafiken Schwarz-WeißMalerei und holzschnittartige Konfrontation von Krieg und Liebe im mehr oder weniger wörtlichen Sinne betreiben, also schärfste Kontraste ohne Zwischentöne auf engstem Raum kombinieren, arbeitet der Text mit sprachlichen Oppositionen in Hülle und Fülle, die nicht selten auch durch phonetische Kontraste zwischen Hell und Dunkel ergänzt werden.19 Solche akustischen und visuellen Darstellungstechniken lassen sich durchaus als Beitrag zu einer Übersetzung der pazifistisch motivierten Geschichte ins Universelle auffassen.
19 Vgl. beispielsweise die wohl nicht zufällige Häufung der Laute „i“ und „e“ während der Liebesgespräche (PeL, S. 170, 171), wohingegen die Passagen über die Verzweiflung und inneren Abgründe Pierres, in die er durch den Krieg geraten ist, mit auffallend dunklen Vokalen gespickt sind („bouches“, „lourd“, „voûtes grondantes“, „ombres étouffantes“ (PeL, S. 3)).
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4. INTERMEDIALE KREUZUNGEN: INTERAKTIONEN ZWISCHEN TEXT UND BILD Damit gelangen wir zu den Formen der Eingliederung der Bilder in den Text und den mit der Illustration verbundenen Schnittstellen zwischen visuellen und textuellen Gestaltungsverfahren. Grundsätzlich gilt: Der Roman besitzt keine Kapitelunterteilung, wohl aber eine deutliche Gliederung in einzelne Episoden. Jeder neuen Episode vorausgeschaltet ist ein Holzschnitt Masereels, sodass sich 16 Abbildungen ergeben, die in der Rezeption des Romans als Ankündigungen fungieren.20 Durch die Kombination aus Text und Bild wird diese ‚Chronik eines angekündigten Todes‘ allerdings sehr viel direkter fassbar, womit die Fatalität der Geschichte eine zusätzliche Verstärkung erfährt: Man erkennt bereits vor der Lektüre der ersten Sätze aus dem Bild, dass die Begegnung der Hauptfiguren mit dem Bombenangriff zusammenfällt. Ebenso erfasst man in der letzten Illustration auf den ersten Blick – also bevor man den Roman zu Ende gelesen hat –, dass die Kirche über den Liebenden zusammenstürzen wird. Diese Tatsache lenkt die Aufmerksamkeit weg von der histoire auf die narrative und poetische Gestaltungsebene des Textes, d. h. weg von der Spannung der Ereignisse hin zur Wahrnehmung, Deutung und Bewertung dieser Ereignisse durch die beiden Hauptfiguren.21 Die Strategien der Übertragung vom Text zum Bild (also das Übersetzen des Werkes „in eine universelle Sprache“, wie Rolland in den bereits erwähnten Brief an Zweig schrieb,22 wären dabei für jedes Bild im Einzelnen zu untersuchen. In unserem Zusammenhang mag ein beispielhafter Blick auf die Eingangsillustration genügen. Die räumliche Aufteilung des Bildes entspricht in hohem Maße der topologischen und topografischen Gestaltung im Text (vgl. Abb. 5). Ein weiterer Effekt der Verschränkung von Text und Bild entsteht durch die intermediale Dimension des Textes selbst. Nachdem sich Pierre und Luce im Getümmel der Stadt wieder begegnet sind, ruft der Erzähler aus (vgl. Abb. 6).
20 Es lässt sich zugleich aber auch behaupten, dass es die Illustrationen sind, welche den Text in einzelne Sinnabschnitte strukturieren. Auch der Text selbst weist übrigens einige solcher Vorwegnahmen auf. Diese sind allerdings keine echten Prolepsen im narratologischen Sinne, wobei der Erzähler durchaus mehrfach zu verstehen gibt, dass dem Paar nur eine ausgesprochen schmale Zeitspanne für seine Liebe bleibt. 21 Andererseits lassen sich so Text und Bild auch ein gutes Stück weit getrennt voneinander lesen. Auch wenn die Holzschnitte keine neue, eigene Geschichte erfinden, sondern den Text mit leichten Akzentverschiebungen nach- bzw. ‚vorwegerzählen‘, so bilden beide Ebenen bis zu einem gewissen Grad eigenständige Zyklen, die in ihrer je eigenen Logik eine geschlossene Erzählung darstellen. 22 Vgl. Parys: Masereel, S. 416.
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Au-dessus de lui, au-dessus des ténèbres de ces voûtes … était Paris … le cauchemar de la vie et de la mort, – la guerre. Au-dessus de la voûte, sur la Ville, làhaut, des détonations sourdes. … A cet instant, un homme affolé descendait et … vint rouler en bas. A quelques pas de lui, séparée par deux corps étrangers, était une jeune fille qui venait de monter. D’abord il ne vit d’elle que le délicat profil. (PeL, S. 4, 7 f., Herv. C. S. G.)
Abb. 5: Frans Masereel: Erster Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 9 Etrange intensité de ces visions de l’amour, imprimées au fond de la pensée, et cependant dénuées de contours ! … Toutes ses tentatives pour préciser l’image n’aboutissaient qu’à la déformer …. Et le dessin exact serait une limite. (PeL, S. 37 f.)
Abb. 6: Frans Masereel: Fünfter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 43
Das Bild, das unmittelbar darauf folgt, zeigt die Geliebte genau so, wie sie im Text evoziert wurde: nicht in einer mimetisch-realistischen Darstellung, sondern ohne feste Umrisse, eher durch den Schatten des Bildes, das sich der Protagonist von seiner Geliebten macht. Besonders auffällig ist also, dass Masereel direkt auf die visuelle Dimension zu reagieren scheint, die dem Text eingeschrieben ist. Denn auf der diegetischen Ebene ist die Malerei bei Rolland präsent durch den Gelderwerb der Geliebten, in Gesprächen über die konträre Haltung der beiden den bildenden Künsten gegenüber, im übertragenen Sinne, wie in dem eben angeführten Beispiel, oder über ein bildliches
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Sprechen der Figuren.23 Sie tritt aber auch auf der Ebene der Narration und der stilistischen Gestaltung zutage. So wirkt etwa der Abschied Pierres nach dem ersten Besuch in Luces Vorstadthäuschen fast ekphratisch wie die Beschreibung eines Gemäldes (cf. PeL, S. 104 f.); zumindest aber ist die visuelle Inszenierung dieses Augenblicks offensichtlich. Dasselbe Phänomen lässt sich umgekehrt für Masereels bildliche Gestaltung feststellen. Innerhalb der dargestellten Szenen spielen Bücher und Schriften eine ernstzunehmende Rolle (vgl. Abbildung PuL, S. 17 und Abbildung PuL, S. 31). Darüber hinaus aber lässt sich eine ausgesprochen narrative Konstruktion zahlreicher Holzschnitte beobachten. Die Handlung aus dem Text wird hier oftmals nicht nur in die Bilderfolge, den Zyklus als Ganzen, übertragen, sondern findet sich auch auf dem einzelnen Bild in sequenzierter Form wieder.
Abb. 7: Frans Masereel: Zwölfter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 123
Die zwölfte Illustration fängt z. B. den Tag ein, welchen Pierre und Luce fernab der kriegsgebeutelten Stadt im Wald verbringen (vgl. Abb. 7). Wie in einem Zeichentrickfilm oder der Kombination mehrerer Comic-Panels zu einem einzigen Bild tritt das Paar hier gleich dreifach in Erscheinung und damit von der Stadt in den Wald bzw. sukzessive in den Bildvordergrund.24
23 Besonders offensichtlich mittels des Bildes der geflügelten Ameise, deren Hochzeitsflug nur eine Stunde währt (vgl. PeL, S. 159). 24 Vgl. ähnlich auch die Technik in den Abbildungen PuL, S. 81 und PuL, S. 105.
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5. TEXT-TEXT- UND BILD-BILD-RELATIONEN: INTERTEXUALITÄT DER ERZÄHLUNG UND INTERPIKTURALITÄT DER BILDER Des Weiteren, und dies führt zur intertextuellen bzw. zur intramedialen Dimension des Werkes, nimmt Masereel einzelne Begriffe und Bilder des Textes von Rolland auf, versieht sie mit einer größeren historischen bzw. ästhetischen Dimension und eröffnet damit weitere Deutungsspielräume. Der Autor Rolland, der Erzähler und der Protagonist referieren nämlich auf literarische Texte, Masereel und die Protagonistin auf Werke der Bildenden Kunst. Für beide Medien aber bilden die beiden Grundpfeiler der westlichen Kultur, Antike und Christentum, den Bezugsrahmen, innerhalb dessen die pazifistische Position artikuliert wird. Rolland bemüht in seinem Text mehrfach ausdrücklich die griechische Mythologie, um die unheilvolle, abgründige, unweigerlich auf den Tod zulaufende Situation in ein Bild zu fassen.25 Wenn im Roman der Erzähler ferner die Liebe in verabsolutierender Bildlichkeit dem Dunkel des Krieges gegenüberstellt, evoziert er mit der geliebten Frau zahlreiche ausgesprochen klischeehafte Geschlechterzuweisungen:26 Neben Maria als der Frau des Lichts in der Nacht und der Rettung auf dunkler See (Stella Maris)27 wird beispielsweise ausdrücklich auch Amor angerufen. Wie geht Masereel mit solchen Wortbildern um? Er stellt sie, ebenso wie Rolland, in einen größeren geschichtlichen, ikonografischen Kontext. Und hier ist bei Masereel fast so etwas wie eine Ironisierung oder doch zumindest ein Spiel mit dem Text auszumachen, dessen geschlechtsspezifisches Pathos bereits in den 1920er-Jahren aufgefallen sein dürfte.28 Das im Text genannte Licht der Liebe bzw. der Frau findet sich zunächst einmal ganz wörtlich genommen auf den meisten Holzschnitten wieder – beispielsweise in Form der Sonne, einer Art Heiligenschein oder auch als Scheinwerfer der Metro, der über Luces Kopf erstrahlt (vgl. Abb. 9). Vor allem aber wird Amor als Allegorie visuell in die Holzschnitte integriert: Er schießt einen Liebespfeil auf Luce ab, er beschützt die Liebenden vor den Bedrohungen des Krieges, ja er schickt gar seine Amoretten, die um das liebende Paar herum einen Reigen tanzen, nachdem diese sich im Kriegstrubel der Metropole endlich wiederfinden (vgl. Abb. 10 und Abb. 8). 25 „Demain!… Ceux qui viendront après nous auront peine à se représenter ce que ce mot évoquait de désespoir muet et d’ennui sans fond, dans la quatrième année de guerre. … Le temps n’avait plus de cours. L’année était comme un Styx, qui enserre la vie de son cercle aux eaux noires et grasses, avec de sombres moires, qui ne semblent plus couler. Demain? Demain est mort“ (PeL, S. 54). 26 Diese machen den Text heute, wie es in einer aktuellen Kritik heißt, „wenig verdaulich“ (Luithlen, Sibylle: Liebe unterm Bombenhagel (04.10.2010), http://titelmagazin.com/artikel/4/8006/ romain-rolland-pierre-und-luce.html (12.01.2015)). 27 Die intermediale Bezugnahme auf die Musik ist hier, wie auch an anderen Stellen des Romans, offensichtlich. 28 Die Neuübersetzung von Hartmut Köhler fällt freilich deutlich weniger sentimental aus als die Versionen Balzers oder gar Amanns. Er weist darüber hinaus den Eindruck von Sentimentalität – anders als heutige Rezensionen zu seiner Neuausgabe von 2010 – entschieden zurück (vgl. Köhler: Nachwort, S. 128).
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Abb. 8: Frans Masereel: Neunter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 97
Christiane Solte-Gresser
Abb. 9: Frans Masereel: Dritter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 31
Abb. 10: Frans Masereel: Sechster Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 55
Diese kleinen Flügelfiguren sind insofern interessant, als sie zeigen, wie reflektiert Masereel in seinen Illustrationen vorgeht: Als Luce mit ihrer Bildermappe aus dem Museum kommt, in dem sie ihre Gemälde kopiert, heißt es: „Elle montrait le jardin, les arbres de Watteau. ‚Je viens du Musée‘“ (PeL, S. 49). Das unmittelbar darauf folgende Bild (vgl. Abb. 11) zeigt die Amoretten, die das Liebespaar umgeben. Nimmt man Luces Verweis auf Watteau ernst, so gelangt man fast zwangsläufig zur Berliner Fassung seines berühmten Gemäldes „Die Einschiffung nach Kythera“ von 1717/18.
Abb. 11: Frans Masereel: Sechster Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 55
Abb. 12: Jean-Antoine Watteau: Le Pèlerinage à lʼisle de Cithère (1718)
Nicht nur sieht man hier ganz wörtlich „les arbres de Watteau“; auch auf diesem Bild befindet sich das Paar zwischen Menschen, umgeben von Statuen und Bäumen, auch hier beugt sich der Mann der Frau entgegen und lässt seine Hand über ihr Kleid gleiten, während die Amoretten sie umschweben. Wenn man obendrein bedenkt, dass das Schiff ausgerechnet nach Kythera aufbricht, jener griechischen Insel, auf der der Mythologie zufolge Aphrodite aus dem Meeresschaum aufgestie-
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gen ist und die fortan als idyllischer Sehnsuchtsort der Liebe fernab der Wirklichkeit gilt, so sind die Parallelen und Verschränkungen zwischen den Text- und Bildwelten mehr als offensichtlich. Weitere Anspielungen auf ikonografische Traditionen ergeben sich über den christlichen Kontext, der die Botschaft des Textes visualisierend, ja fast radikalisierend unterstützt: Neben der Parallelisierung Luce–Maria (etwa durch den Heiligenschein, vgl. Abb. 9) oder der Inszenierung des ‚Heiligen Paares‘, das von einem Engel beschützt wird (vgl. Abb. 8), ist die christlich-sakrale Ikonografie in der zweitletzten Grafik besonders deutlich:
Abb. 13: Frans Masereel: Fünfzehnter Holzschnitt zu Pierre und Luce, PuL, S. 155
Das Kruzifix ist in der Bilderfolge durchgängig präsent; aber nur hier ist der Leib Christi tatsächlich sichtbar; nämlich als herabstürzender Jesus kurz vor Karfreitag, so dass man sich fragen muss, ob hier nicht die Idee der Auferstehung als solche in Frage gestellt wird. Über ihm aber bewegen sich reitende und Kanonen schiebende Skelette vorwärts, eines von ihnen durch die Sense eindeutig als der Tod persönlich gekennzeichnet. Hier handelt es sich zweifellos um eine weitere Referenz auf das Neue Testament, nämlich auf die Apokalyptischen Reiter, die Masereel im Zusammenhang mit seiner Verurteilung des Krieges mehrfach verwendet.29 Auch im Text Romain Rollands finden sich intramediale Bezugnahmen. Diese werden in Form intertextueller Verweise realisiert. Zu Beginn wird beispielsweise 29 Vgl. die Bilderserien Masereels mit dem Titel „Die Apokalyptischen Reiter“ (Zürich 1954) in Masereel, Frans: Apokalypse unserer Zeit von Frans Masereel und andere Bilder gegen den Krieg, Darmstadt: Hessisches Landesmuseum, Graphische Sammlung, 1986, und hierzu SolteGresser, Christiane: Autobiographische Geschichtsdarstellung in Literatur und Bildender Kunst: Mai/Juni 1940, in: Lartillot, Françoise/Teinturier, Frédéric (Hg.): Autobiographie et textualité de l’événement au XXe siècle dans les pays de langue allemande, Bern [u. a.]: Peter Lang, 2016 (Genèses de textes 7), S. 103–129.
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die seelische Verfassung des Protagonisten mit Hamlet gleichgesetzt, der angesichts der sinnlosen Kriegsgewalt und in Ermangelung eines Horatio zunehmend vereinsamt (vgl. PeL, S. 23). Gegen Ende der Passionswoche trägt Pierre seine Geliebte Luce bezeichnenderweise ein Ronsard-Gedicht vor. Hier gehen nicht nur Liebe und Tod eine unauflösliche Verbindung ein. Der Tod im Schoße der Geliebten wird ausdrücklich einem Heldentod durch den Krieg vorgezogen (vgl. PeL, S. 169–171). Auch durch Intertextualität und Intermedialität erhält also die pazifistische Position in Text und Bild eine besondere Akzentuierung. Sie überführen das subjektiv erfahrene Leid in eine größere überpersönliche und überzeitliche Dimension und entgehen damit zugleich der Gefahr, es zu ent-individualisieren oder zu abstrahieren. Was die transmediale Dimension der Geschichte angeht, so zeigt sich im Anschluss an diese Beobachtungen: Das Werk wird sowohl auf der Text- als auch auf der Bildebene in komplexer Weise mit der Passion Christi parallelisiert. Damit erfährt die Unausweichlichkeit dieser tödlichen Liebesgeschichte zusätzlichen Nachdruck. Der Zeitraum der Erzählung umfasst – nicht exakt, aber doch ungefähr – die 40 Tage der Passionszeit und verläuft gewissermaßen stringent von der Verurteilung bzw. dem Verrat hin zum Tod des Protagonisten an Karfreitag. Er endet allerdings nicht – und dies ist sicherlich entscheidend – mit der Auferstehung. So wird dem Tod keine metaphysische, erlösende Bedeutung zugesprochen. Auf diese Weise entzieht dieses intermediale Werk der Vorstellung eines Märtyrer- oder Heldentodes ein weiteres Mal den Boden. Es oszilliert also in eigenartiger Weise zwischen Religiosität bzw. einer fast mystischen, sakral aufgeladenen Liebe auf der einen und Atheismus auf der anderen Seite. Diese Ambivalenz entspricht genau jener der beiden Hauptfiguren: Deren Gespräche sind von kritischen, mitunter gar blasphemischen Fragen nach Gott durchzogen, ohne dass sie auf das Thema der Religion jedoch gänzlich verzichten könnten. Die Auseinandersetzung mit der Tradition erfolgt dabei also zugleich als Affirmation und Kritik.30 Da es sich hier um ein charakteristisches Element sowohl im Werk Rollands als auch Masereels handelt, gelangen wir abschließend zu der Frage, in welchem Verhältnis Pierre et Luce als illustrierter Roman zum Gesamtwerk der beiden Künstler steht.
30 Kirchen- und Metaphysikkritik fallen bei Rolland allerdings aufgrund des Mediums Sprache, das sich besonders zur problematisierenden Reflexion (durch den Erzähler ebenso wie im Gespräch der Figuren) eignet, wesentlich dezidierter und damit auch politischer aus als in den Holzschnitten. Doch dieser Befund lässt sich nicht generalisieren. Masereel übt an anderer Stelle und durchaus zeitgleich gerade durch seine Kunst – und allein mit den Mitteln der Kunst – sehr massive und sehr explizite Kritik an Kirche und Staat.
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6. KONTEXTUALISIERUNGEN: PIERRE ET LUCE IN RELATION ZUM GESAMTWERK MASEREELS UND ROLLANDS Für eine solche Kontextualisierung sollen Masereels Illustrationen in Pierre et Luce in Bezug auf seine anderen Werke, etwa die täglichen Beiträge in Les Tablettes oder weitere schonungslose politische Karikaturen wie in La Feuille,31 zu seinen ausgesprochen radikalen Kriegsdarstellungen in Form von Zeichnungen oder Holzschnitten32 oder auch zur Passion eines Menschen. Eine Geschichte ohne Worte in 25 Holzschnitten33 betrachtet werden; eines seiner wichtigsten Werke, das übrigens gleichzeitig mit Pierre et Luce entsteht. In diesem Zusammenhang lässt sich schnell feststellen: Die Bebilderung des Romans wirkt vergleichsweise unpolitisch, in ihrer Anklage eher zurückhaltend, sehr viel weniger zum Aufruf für pazifistisches Engagement geeignet als die meisten anderen Werke Masereels. Gerade die Passion, in ihrer Engführung mit und Umkehrung der christlichen Heilsgeschichte ungleich konsequenter, besitzt deutlichen Manifestcharakter34 und ruft explizit zum Widerstand gegen die Staatsgewalt auf, auch oder gerade wenn diese politische Haltung mit dem Leben bezahlt wird. Hier besteht also ein sehr viel unmittelbarer Zusammenhang zwischen Kunst und Politik; und zwar durch die Gestaltung der existentiellen Konsequenzen einer eben nicht rein geistigen pazifistischen Haltung, sondern konkreter sozialpolitischer Aktion gegen die verschiedenen Machtinstitutionen der Zeit.35 Dass diese einfachen, klaren Bilder aber gleichwohl politische Schlagkraft besitzen, wird offensichtlich durch einen Vergleich mit einer anderen HolzschnittIllustration des Romans, der französischen Ausgabe bei Ollendorff.36 Gabriel Belot wählt für seine Illustration eine ganz andere Form der Symbolisierung: Die Abbildung des Paares wird weitgehend ersetzt durch zwei (Friedens-) Tauben (vgl. Abb. 14), was spätestens mit dem Tod der Vögel am Schluss nah an der Grenze zum Kitsch vorbeischrammt.37 Im Vergleich zur ständigen bedrohlichen Präsenz der Soldaten, Gewehre, Uniformen, Kanonenfeuer und Bombeneinschläge, zu den Toten und Schwerverletzten, welche die masereelsche Serie durchziehen, 31 Vgl. hierzu Masereel: Bilder gegen den Krieg, vor allem S. 19–24. 32 Vgl. z. B. die Holzschnittserie Les Morts parlent (Genève: Editions des Tablettes, 1917), vor allem aber auch die späteren, während bzw. unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Zyklen Destins (Zürich: Oprecht, 1943) und Remember! (Bern: Herbert Lang, 1946). 33 Masereel, Frans: Die Passion eines Menschen. 25 Holzschnitte, München: K. Wolff, 1921. 34 Dieser als ‚Bibel des Proletariats‘ bekannte Zyklus wird in der Dramatisierung durch Hans Sahl und durch die Vertonung von Tibor Kasics schließlich zum Kampfwerk gegen Kapitalismus und Faschismus, vgl. hierzu Solte-Gresser, Christiane: Vom Bild über den Text zur Musik. Frans Masereels Passion eines Menschen und ihre Adaptionen, in: Keazor/Schmitt/Solte-Gresser (Hg.): In Bildern erzählen. 35 Eine solche dezidiert politische Dimension findet sich in Pierre et Luce aber zumindest angedeutet, indem beispielsweise der Vater der Hauptfigur im richterlichen Talar auf das Gesetzbuch weist, während über ihm die Soldaten in den Krieg ziehen. 36 Rolland, Romain: Pierre et Luce, avec quatre hors-texte et vingt-neuf vignettes dessinés et gravés sur bois par Gabriel Belot, Paris: Ollendorff, o. J. 37 Vgl. Abbildung PeL, S. 187.
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wirkt das Dekorative der Grafiken Belots deutlich entpolitisiert und damit verharmlosend. Dies zeigt sich auch an der ungebrochenen Sakralisierung des Geschehens durch Belot, mit der die religiöse Ambivalenz des Textes vereindeutigt wird (vgl. Abb. 15).38
Abb. 14: Gabriel Belot: Zwölfter Holzschnitt zu Pierre et Luce, PeL, S. 137
Abb. 15: Gabriel Belot: Sechster Holzschnitt zu Pierre et Luce, PeL, S. 73
Diese eigentümliche Zwischenstellung – ein Bilderzyklus mit eindeutig pazifistischer Stoßrichtung, der dennoch politisch nicht allzu komplex ausfällt – lässt sich auch für die Textfassung geltend machen. Denn freilich weist das Gesamtwerk Rollands, verglichen mit Pierre et Luce, politisch deutlich reflektiertere und zu praktischem politischem Engagement aufrufende Schriften auf. Es analysiert klarsichtig und schonungslos die Ursachen des Krieges und transportiert eine weitreichende Vision der Völkerverständigung in transkultureller Dimension. Und dies
38 Wenn Masereel für die Bebilderung von Rollands Roman hingegen Kirchenräume darstellt, so brechen sie im Bombenhagel zusammen, lauert der Tod hinter einer Säule oder die Kruzifixe stürzen herab. Schon die erste Abbildung der beiden Zyklen macht diese grundsätzliche Differenz deutlich: Masereel bietet durch den Bombenangriff und seine verheerenden Folgen einen programmatischen Einstieg in die Kriegsrealität. Bei Belot hingegen sehen wir ein Landschaftsbild mit blühendem Busch im Vordergrund, also die symbolische Vereinigung des Liebespaars im Tod unter freilich düsterem, aber eben nicht bombenrauch-, sondern wolkenverhangenem Himmel. Die sich verschlingenden Pflanzen lassen sich freilich ebenfalls intertextuell lesen als das Ende vorwegnehmende Verweise auf Ovids Pyramus und Thisbe sowie auf Tristan und Isolde. Damit wäre zugleich eine inhaltliche Fokussierung vorgenommen: Weniger der politische Kontext stünde damit im Vordergrund des Werkes, sondern vor allem die soziale Ungleichheit des liebenden Paares, die einer Verwirklichung seiner Liebe entgegensteht.
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geschieht eben nicht nur in Rollands journalistischen, dokumentarischen, biografischen und essayistischen Texten,39 sondern auch in narrativer und dramatischer Form, wie Clérambault oder Liluli unmittelbar deutlich machen, die mehr oder weniger zeitgleich mit Pierre et Luce entstehen. Dass vor diesem Hintergrund die politische Tiefenschärfe in Pierre et Luce eher gering ist, hat mindestens zwei Gründe. Einer liegt auf der Produktions-, der andere eher auf der Rezeptionsseite: Rolland schreibt den Roman in einer biografischen Phase tiefer Resignation, in der er alle Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts verloren hat, sodass er selbst den Text als eine Flucht aus den Qualen des Kriegsalltags bezeichnet, als einen Rückzug in die Natur von der Enttäuschung durch die Niedrigkeiten der Menschen.40 Zentrale Charakteristika der rollandschen Kriegsdarstellung, wie die Gestaltung als Naturphänomen, als epidemisch sich ausbreitende Krankheit, als leidenschaftliche Entfesselung aller Zurückhaltung,41 finden sich auch in dieser Erzählung. Aber sie werden aufgespalten in eine negative Seite – die Kriegserzählung selbst – und eine positive: die Liebesgeschichte, in der sich das Paar mit naiv-idealistischer Kraft versucht, der Kriegsindustrie, der durch die Verrohung der Sitten um sich greifenden Promiskuität und der Logik staatlicher Gewalt zu entziehen, indem es gleichermaßen überschwänglich wie schamhaft auf sein individuelles Lebensglück pocht. Das Entscheidende daran ist: Protagonist und Schriftsteller wissen – ebenso wie der Holzschneider Frans Masereel – um diesen riskanten Eskapismus, in dem sozialpolitische Kritik und Resignation, carpe diem und memento mori zusammenfallen. Die politische Dimension steht in diesem Werk nicht im Vordergrund, sie lässt sich aber auch nicht verdrängen, sondern erlangt letztlich die tödliche Übermacht. Diese Perspektive entspricht genau der Lebenshaltung des jungen Paares. Dass die Liebesgeschichte in ihrer naiven Emphase in ungebrochen pathetischem Stil erzählt wird, ist daher aus der Sicht des Protagonisten nur konsequent. Rolland damit Kitsch vorzuwerfen, wie dies in der spärlich vorhandenen Literatur zu Pierre et Luce geschehen ist,42 trifft die Sache nicht ganz: Die in die Liebesgeschichte hinein geflochtene Kriegserzählung wird in ganz anderer Sprache vorgeführt; nämlich sarkastisch, boshaft, sicherlich resigniert, aber dabei schonungslos analytisch. Beides passt nicht zusammen. Und eben die Unvereinbarkeit und doch unvermeidliche Durchdringung dieser gegenteiligen Welten machen Rolland und Masereel in ihren Werken durchgehend zum Thema; und zwar, indem sie den Widerspruch nicht auflösen, sondern ihn gerade in all seiner Unerträglichkeit erzählen. 39 Hier wäre neben dem Journal des années de guerre freilich Au-dessus de la mêlée (Paris: Ollendorff, 1915) das wichtigste Beispiel. 40 Vgl. Fest: Stilistische Untersuchungen, S. 4, der Rolland 1931 besucht hat und das Gespräch mit ihm am Ende seiner Studie resümiert (vgl. Fest: Stilistische Untersuchungen, S. 161). 41 Vgl. Billeter, Nicole: „Worte machen gegen die Schändung des Geistes!“ Kriegsansichten von Literaten in der Schweizer Emigration 1914/18, Bern [u. a.]: Peter Lang, 2005, S. 55–102, hier vor allem S. 70–72. 42 Vgl. Luithlen: Liebe unterm Bombenhagel. Ganz anders hingegen Brueck, Svenja: Pierre und Luce (Romain Rolland), http://www.leser-welt.de/index.php?option=com_content&view= article&id=2588:pierre-und-luce-romain-rolland&catid=45&Itemid=135 (12.01.2015).
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VOULOIR COMPRENDRE L’AUTRE : ROMAIN ROLLAND ET LA POLOGNE Zbigniew Naliwajek Dans mon étude sur la réception de l’œuvre de Romain Rolland en Pologne, j’affirmais que la Pologne n’a pas été pour l’auteur de Jean-Christophe1 « un pays indifférent »2. Mais Gérard Beauprêtre, lui, en lecteur autonome et avisé, en forçant sans doute un peu le trait, a écrit dans son « Avant-propos », qu’il a bien voulu attacher à mon étude, qu’elle retraçait l’histoire « d’un malentendu croissant, et d’une déception réciproque »3. Dans cette matière délicate, il est difficile de trancher : le plus souvent, on court le risque d’utiliser des formules qui par la suite sont perçues comme définitivement explicatives. J’aimerais évoquer ici deux exemples de transfert de culture assez surprenants pour un musicologue et historien de l’art qu’était Romain Rolland. A vrai dire, ce n’est pas d’un transfert, mais d’un manque, voire d’un refus ou d’un rejet qu’il faudrait plutôt parler dans le cas de la musique de Frédéric Chopin et de l’art de Stanisław Wyspiański. Je reprends cette question pour l’étudier et la méditer à nouveau de façon plus profonde peut-être et dans une perspective différente par rapport aux résultats de mes recherches d’il y a un quart de siècle. Il n’empêche que, disons-le toute de suite, il est plus de questions à se poser que de réponses précises et définitives à donner. 1. ROMAIN ROLLAND ET CHOPIN Romain Rolland aimait et haïssait en même temps la musique de Chopin. A l’âge de 14–18 ans, il avait d’excellents initiateurs à la musique du compositeur polonais : Joséphine Martin et Isidore de Breuilpont. Il aimait alors « le charme unique »4 de ces morceaux de musique, mais, entre 20 et 24 ans, ayant choisi Ludwig van Beethoven pour son maître, il a rangé la musique non seulement de Chopin
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Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris : Cahiers de la quinzaine, 1904–1912. Naliwajek, Zbigniew : Romain Rolland en Pologne (1910–1939), Warszawa : Editions de l’Université de Varsovie, 1990 (Les Cahiers de Varsovie 17), p. 34. Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 3. Rolland, Romain : Analyses de la pensée, du mot et du son, ds. : Le Cloître de la rue d’Ulm. Journal de Romain Rolland à l’Ecole normale (1886–1889), avant-propos d’André George, Paris : Albin Michel, 1952, p. 47 (Cahiers Romain Rolland 4). Je cite ce passage dans mon article, Chopin vu par Romain Rolla, ds. : Źurowska, Joanna (dir.) : Frédéric Chopin et les
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mais aussi celle de Franz Liszt et de Robert Schumann parmi ses « ennemies nées », car ces compositeurs représentaient à ses yeux « la musique des âmes vagues, et des doigts de virtuose »5. En 1890, il traite Schumann et Chopin de « femmes nerveuses » ou encore de « virtuoses malsains », il ne veut plus les connaître, les laissant « au vieux comte polonais »6. Dans une de ses lettres datée de 1890, adressée, elle aussi, à sa mère, nous lisons qu’il avait depuis longtemps condamné Chopin. En 1892, notre jeune musicologue voit en Chopin « un jeune dandy byronien qui est vaincu avant même d’agir »7. Il est agacé, comme il dit, par l’attendrissement qu’il trouve chez Chopin, par son côté malsain, maladif, mondain ; il déteste en lui le bellâtre, le virtuose ; il le plaint, ne peut le souffrir ; il lui en veut, tout chez lui l’irrite, mais en même temps il est pour lui un grand musicien dont les Préludes sont une des choses les plus belles de l’art du son. Il le tient pour un des plus beaux poètes de la musique, un inventeur magique d’harmonies, de formes musicales (plus grand compositeur que Schumann), un créateur non seulement de rêves admirables, mais de l’étoffe des rêves de créateurs plus puissants que lui – (Wagner lui-même).8
Il l’aime, il l’admire, et c’est pour cela même qu’il le hait, car il est loin de lui. Notons cette formule qui permet à Romain Rolland d’opérer une séparation, un cut comme on dit aujourd’hui en français. Il est utile, dans ce contexte, de jeter un coup d’œil rapide sur un document que j’ai publié il y a presque 20 ans. Il s’agit de l’un des trois cahiers qui contiennent les notes voire même les cours entiers sur la musique française moderne que Romain Rolland donnait en 1894 au Lycée Henri-IV. Le cours sur Chopin se trouve dans le deuxième cahier et vient après une longue étude sur Hector Berlioz et après une plus courte présentation de Félicien David. En voici un fragment essentiel : Chopin a une supériorité marquée sur les deux autres romantiques, c’est qu’il n’a aucune intention littéraire. C’est un parmi les plus musiciens parmi les compositeurs. Point de titre, de livret, de programme. Ce sont des scherzos, des ballades, des mazurkas, des sonates – les titres les plus généraux : rien que du sentiment et de la musique. En cela il est très différent de Schumann, dont chaque petite œuvre s’appuie sur une idée intellectuelle précise. On le rapproche avec raison de Musset. C’est la même sincérité, le même lyrisme pur, et parfois aussi les mêmes défauts dans la déclamation, – quelque chose d’un peu trop en dehors, de trop complaisamment bercé dans leur tristesse. C’est aussi le même dandysme, le même amour des finesses, des élégances, des mondanités. Dans les pièces les plus belles, on trouve de petites mièvreries, que Chopin polit et repolit avec un soin infini ; tandis que les grandes phrases mélodiques lui viennent toutes seules.
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lettres, Warszawa : Editions de l’Université de Varsovie, 1988 (Les Cahiers de Varsovie 21), p. 107–118, p. 108. Lettre de Romain Rolland à sa mère (2 juin 1890), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 10. Lettre de Romain Rolland à sa mère (19 mai 1890), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 11. Lettre de Romain Rolland à Clotilde Bréal, 1892 (la date précise de cette lettre n’est pas connue), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 11. Rolland, Romain : Le centenaire de Chopin, ds. : Arlequin 4 (avril 1910), p. 166–167, cité ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 12.
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Rêveur, malheureux, féminin, enfant gâté, charmant, nerveux et malade, – il l’est toujours dans tout ce qu’il écrit, et n’est que cela. Aucun effort pour sortir de lui-même ; et avec raison, il n’a que cela à dire, que ses heures de spleen, et ses instants d’humour : c’est le plus subjectif des hommes. Très romantique quant au fond, il est toujours extrêmement soucieux de la forme, mais avec quelque recherche voisine de mignardise. Il y a trop de gentillesse dans ses nocturnes, dont le sentiment dominant est en général douloureux. Mais il faut faire la part du temps et des imitateurs médiocres, qui ont rendu banal et insignifiant, ce qui était alors original et plein de charme. Ce qui maintenant nous plaît le plus en lui, ce sont les pièces à forme plus rigoureuse, comme les Préludes et les Etudes. Quelques-unes sont d’une simple et grande beauté. Je ne crains pas de dire que rien ne rappelle davantage Beethoven, Mozart et les grands classiques ; mais le souffle est trop court, et s’arrête en chemin. Le sentiment dominant est une mélancolie énervée, devenant tantôt violente et tantôt câline. Dans toutes ces œuvres, une grande richesse d’harmonies, dont beaucoup étaient absolument nouvelles alors, et furent une révélation. Très grande richesse et ingéniosité d’invention dans les dessins d’ornement et d’accompagnement. Il fut un des premiers à user de cette forme, depuis devenue commune : la main gauche dessinant les arabesques de dentelles uniformément légères, tandis que la main droite chante une plainte plus ou moins tragique. Chopin avait une connaissance admirable des ressources du piano ; c’était le compositeur-pianiste par excellence ; c’était là quelquefois un écueil. Dans ses morceaux de concerts, il sacrifie parfois à la virtuosité. Vous connaissez ses valses, ses mazurkas, – faites pour n’être pas dansées – ses impromptus, ses ballades (création toute personnelle), ses scherzos, – ces pluies de notes brillantes et harmonieuses, ces exubérances d’harmonie (fantaisie en fa mineur) où il y a de la joie italienne mêlée à la rêverie allemande. Chopin n’a jamais pu écrire pour l’orchestre, les cordes, ni le théâtre (une seule sonate piano et violoncelle), et les concertos sont très mal orchestrés et perdent à être entendus avec accompagnement. Il eut une très forte influence sur la musique contemporaine, – influence dont vous vous faites difficilement une idée, – et non pas seulement sur les pianistes, mais sur tout l’art, qu’il avait enrichi d’harmonies nouvelles. Non seulement les romantiques comme Schumann en ont profité, mais Wagner lui-même, très fortement s’en est inspiré dans Tristan et Ysolde même. C’est ainsi que Grieg qui compose si peu, et des œuvres de courte haleine, agit si fortement sur les maîtres d’Allemagne, de France et d’Italie, par la nouveauté absolue de ses modulations.9
Jusqu’à la fin de sa vie, Romain Rolland a gardé, devant la musique de Chopin, ce mélange composé de jugements critiques d’un jeune musicologue intransigeant et d’admiration d’un pianiste ou d’un auditeur qui s’est retrouvé devant un phénomène unique, difficile à expliquer. Et il propose, dans ses explications, des rapprochements qui viennent naturellement à son esprit français et qui restent tous liés à la culture occidentale : s’il parle de la joie chez Chopin, c’est de la joie italienne, s’il 9
Ces notes de Romain Rolland, conservées au Département des Manuscrits de la Bibliothèque Nationale de France, ont été présentées d’abord à un colloque à Dijon le 18 mars 1994, puis publiées ensuite ds. : Naliwajek, Zbigniew : Une leçon inédite de Romain Rolland sur la musique française, ds. : idem/Wróblewska-Straus, Hanna/Żurowska, Joanna (dir.) : La Fortune de Frédéric Chopin 2 : Dijon, mars 1994, Warszawa : Société Frédéric Chopin, 1995, p. 53–59, ici p. 56–57.
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évoque la rêverie, c’est pour dire qu’elle est allemande. Il ne dépasse pas l’horizon conventionnel de la critique musicale de l’époque, il ne peut pas le faire faute de données qui auraient pu lui indiquer le chemin vers l’éclaircissement du phénomène. Dans son analyse, il classe Chopin « tout entier parmi les Français, bien qu’il ne le soit qu’à demi »10, faisant ainsi disparaître les années de formation de celui qui a vécu vingt ans en Pologne avant de s’en aller pour toujours. 2. ROMAIN ROLLAND ET WYSPIAŃSKI Quant à Stanisław Wyspiański, peintre et poète, dramaturge et réformateur de théâtre, nous nous heurtons au même refus ou à la même réserve. Certes, Romain Rolland veut comprendre l’autre, et nous avons, dans ses lettres, souvenirs ou mémoires, dans son journal aussi, plusieurs indices de cette quête de l’autre. Ils reflètent chez lui une véritable recherche à travers de laquelle nous constatons les méandres de sa vie intérieure, toujours riche et puissante, exemplaire. En avril 1917, par exemple, décrivant sa visite chez Rudolf Maria Holzapfel, né à Cracovie en 1874, l’écrivain rapporte les paroles de l’auteur de Panideal11 sur les poètes polonais qui sont, selon lui, « plus grands et surtout plus profondément, plus naturellement religieux que les Russes », et il ajoute : « c’est une grande lacune qu’il nous reste à remplir en Occident, que notre ignorance à l’égard des écrivains de Pologne et de Petite-Russie (en y joignant l’Ukraine) »12. Et puis, un an plus tard, en 1918, il va lire, « avec saisissement », le livre d’Edmond Privat, L’Europe et l’Odyssée de la Pologne au XIXe siècle13, où il découvre quelques fragments du poète romantique polonais Zygmunt Krasiński : « Ce que j’ai lu, çà et là, du poète Krasinski me paraît sublime », écrira-t-il à sa mère, en ajoutant cet aveu : « (Déjà, j’en avais été saisi jadis, en trouvant des citations de lui dans Mazzini, qui l’aimait). Je vais tâcher de le connaître mieux »14. Dans sa lettre à Privat, en communiquant son émotion que lui a causé la lecture des poèmes de Krasiński, Romain Rolland demande s’il existe des traductions françaises ou allemandes des œuvres de ce poète qu’il aimerait mieux connaître et que Mazzini regardait comme l’un des plus grands du siècle. Il veut savoir aussi s’il existe en français un bon manuel de littérature polonaise avec des morceaux choisis, si non, Privat et ses amis polonais pourraient en écrire un. Il
10 Rolland, Romain : Le centenaire de Chopin, ds. : Arlequin 4 (avril 1910), p. 166–167, cité ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 12. 11 Holzapfel, Rudolf Maria : Panideal. Psychologie der sozialen Gefühle, Leipzig : Barth, 1901. 12 Lettre de Romain Rolland à sa sœur (29 avril 1917), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 19. Voir aussi Naliwajek, Zbigniew : Romain Rolland et la littérature polonaise, ds. : Revue de littérature comparée 307 (juillet–septembre 2003), p. 325–338. 13 Privat, Edmond : L’Europe et l’Odyssée de la Pologne au XIXe siècle, Lausanne : G. Bridel, 1918. 14 Lettre de Romain Rolland à sa mère (27 janvier 1919), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 19.
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pense que Adam Mickiewicz et Henryk Sienkiewicz ne représentent pas suffisamment la littérature polonaise. Il sait bien qu’on a traduit récemment quelques pièces de Wyspiański, mais ce sont surtout les poètes romantiques qui l’intéressent.15 Or Stanisław Wyspiański vient directement du romantisme, il le prolonge à sa manière le dotant de son accent personnel. Romain Rolland a découvert ce dramaturge en septembre 1912 dans un article d’Adam Łada-Cybulski, publié dans la Revue bleue16. Cette même revue a donné dans deux numéros d’octobre 1912 la traduction d’un drame de Wyspiański, Protésilas et Laodamie17. Ensuite, en 1917, il y a eu l’enthousiasme de Jean de Saint-Prix (1896–1919). Ce jeune homme a envoyé à celui qu’il admirait, avec une lettre que je cite plus bas, un exemplaire des Noces, le drame le plus connu de Wyspiański, qui venait d’être traduit et publié aux Editions de la NRF18 : Je parlais hier à Baudouin d’un dramaturge polonais nommé Wyspianski. Je ne crois pas vous en avoir parlé. Le connaissez-vous ? C’est un génie de tout premier ordre, et qui a innové une forme théâtrale des plus originales, des plus vivantes et des plus populaires. A ces titres, je suis persuadé qu’il vous intéresserait beaucoup. Une de ses pièces a été traduite en français : Les Noces. Elle a un but social : la régénération de la Pologne, mais aboutit à un doute profond sur la vitalité des masses. – Il y a quelques années, l’aristocratie polonaise, pour vivifier sa race, mariait ses descendants masculins à de jeunes paysannes. C’est dans une ferme, à l’occasion d’un tel mariage, que se passe cette pièce, sous l’excitation de la danse et de la musique, la torpeur des paysans se dissipe, des fantômes des héros nationaux morts apparaissent, un grand complot se trame pour ressusciter la nation endormie ; mais aux premiers rayons de l’aube s’envole l’illusion féconde, et tous les invités de la noce, silencieusement, dansent, sans penser, une danse d’oubli, de mort, avant de reprendre leur travail journalier. Tel est le thème. Au point de vue artistique, la pièce est d’une construction symphonique remarquable. Un orchestre joue le même thème pendant les trois actes, ce qui donne au drame un caractère de rêve. La mise en scène était, paraît-il, minutieusement réglée par Wyspianski lui-même, grand peintre autant que grand dramaturge. Il ne s’est d’ailleurs mis à écrire qu’à trente ans. Mort à quarante, il a laissé une trentaine de drames.19
15 Cf. Lettre de Romain Rolland à Edmond Privat (28 janvier 1919), ds. : Revue Neuchâteloise 43–44 (1968), p. 42. 16 Lada, Adam de : Un grand poète tragique : Stanislas Wyspianski (1869–1907), ds. : Revue bleue, 28/09/1912, p. 395–400. 17 Wyspiański, Stanislas : Protésilas et Laodamie, trad. d’Adam Łada-Cybulski et de Lucien Maury, ds. : Revue bleue, 05/10/1912, p. 425–432, et 12/10/1912, p. 455–463. 18 Cette traduction des Noces (titre original : Wesele, 1901) par Adam Łada-Cybulski et Georges Lenormand, publiée en 1917, a été suivie d’une nouvelle, intitulée La Noce, due à Dorota Felman et Jacques Jouet, publiée en 1991 chez Christian Bourgois et montée en 1996 par Stanislas Nordey au Théatre Nanterre-Amandiers. 19 Lettre de Jean de Saint-Prix à Romain Rolland (30 août 1918), ds. : Saint-Prix, Jean de/Rolland, Romain : En plein vol : lettres 1917–1919 : textes et documents, Paris : Albin Michel, 1980 (Cahiers Romain Rolland 25), p. 24–25. Malheureusement en publiant la lettre citée, on a opéré une fâcheuse coupure, difficile à expliquer : quand je travaillais aux archives Romain Rolland à Paris, bd. Montparnasse, à la fin des années 1960, j’ai recopié la lettre tout entière et je suis en mesure de restituer ici le fragment coupé, en dédiant cette manipulation éditoriale aux futurs éditeurs de correspondances : « Je crois que la Pologne a encore une grande destinée artistique. Je connais à Paris un sculpteur de ce pays, nommé Dunikowski, d’un talent très puissant. Il a de très grandes audaces de facture, procède par grandes lignes droites ou par courbes exagérées,
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Poussé par l’enthousiasme de son jeune correspondant, Romain Rolland lit Les Noces, en 1918. Mais c’est une déconvenue. L’a-t-il communiquée à Jean de SaintPrix ? On ne le sait pas. Il a exprimé son irritation dans une lettre à sa sœur : Une étrangère décousue et ennuyeuse – une Polonaise intermittente, en ajoutant : La Pologne est un des pays d’Europe que, jusqu’ici, je comprends littérairement le moins. Je le regrette et je l’attribue à l’insuffisance des traductions. Des œuvres trop lyriques échappent à la lecture en une autre langue.20
Je partage l’avis de Romain Rolland sur l’insuffisance des traductions. Seulement, malgré tout, depuis plusieurs années, j’essaie de m’expliquer cette critique farouche et ce rejet d’un chef-d’œuvre qui n’est peut-être pas transparent, mais qui propose une nouvelle esthétique théâtrale. On raconte qu’en 1901, à Kraków, ceux qui sortaient du Vieux Théâtre le soir de la première représentation, ceux qui sans doute ne comprennent jamais rien, se disaient, comme s’ils continuaient le rêve scénique, comme s’ils étaient en transe : je ne comprends rien, je ne comprends rien… Tellement le spectacle était puissant et la réalisation moderne par rapport aux normes et conventions. 3. WYSPIAŃSKI ET LE FUTURISME Le 13 décembre 1913, à Florence, Jean-Richard Bloch écrit à Romain Rolland qu’en sortant de la représentation donnée par une troupe japonaise, avec la célèbre actrice Hanako, il était confronté à une manifestation devant le théâtre Verdi : Marinetti, Soffici, Boccioni et autres pantalons y péroraient sous les tomates crues et les pommes cuites. Je crois que le mouvement futuriste a en Italie une réalité sociale et politique qu’il n’a pas chez nous, après notre bain de réalisme et de naturalisme.21
Il ne croit pas aveuglement à la sincérité des futuristes, mais il attend la révélation de leur talent : « il est probable qu’ils détiennent en eux une des formes de la pensée italienne contemporaine, – un désir d’émancipation à la fois par égard au passé et par rapport à l’étranger »22. Il revient à cette question dans une autre lettre : mais, à la différence des cubistes et autres farceurs, ces procédés ont une valeur expressive saisissante. Je tâcherai de vous envoyer des reproductions de ses œuvres, bien qu’il soit difficile de s’en procurer. Il est sculpteur dans l’âme. En parlant, ses doigts pétrissent l’air, il sculpte sa pensée. D’une intelligence merveilleusement concrète, avec des hardiesses paradoxales, il met toute sa pensée dans son travail même, et ignore toute pensée de type métaphysique. Il est incapable même d’interpréter de la façon la plus simple, les plus lumineusement expressives de ses œuvres. Naturellement, il vit dans la purée ! » 20 Lettre de Romain Rolland à sa sœur (17–18 mars 1918), ds. : Naliwajek : Romain Rolland en Pologne, p. 71. 21 Lettre de Jean-Richard Bloch à Romain Rolland (13 décembre 1913), ds. : Bloch, Jean-Richard/ Rolland, Romain/Martin du Gard, Roger : Deux hommes se rencontrent. Correspondance entre Jean-Richard Bloch et Romain Rolland (1910–1918), avec une lettre de Roger Martin Du Gard, Paris : Albin Michel, 1964 (Cahiers Romain Rolland 15), p. 221. 22 Lettre de Jean-Richard Bloch à Romain Rolland (13 décembre 1913), ds. : Bloch/Rolland/Martin du Gard : Deux hommes se rencontrent, p. 221.
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Je crois à la réalité sociale du futurisme en Italie. […] Le futurisme est exaspérant, rodomont, niais, mais il est. Et que demander de plus à un mouvement ? N’est-ce pas jusqu’à l’existence que la compréhension doit pousser, sans se borner à ce qui nous ressemble ? Il n’est pas difficile de comprendre Sinclair, Wells, Gorki, qui traduisent dans un autre ton les harmonies que notre temps a mises en nous. Mais comprendre ce qu’une même époque peut avoir de dissonant ici et là – de révolutionnaire en France et de nationaliste en Italie, de modeste chez nous et de tapageur à la façon romantique ici – voilà qui me semble valoir la peine d’ouvrir les yeux.23
La réponse de Romain Rolland : Montrez la légitimité du futurisme, mais soyez dur pour ces imbéciles et ces charlatans qui compromettent sa cause par leurs stupides manifestes. Et moi aussi, je suis futuriste !, ricanet-il. Mais le moyen d’accepter dans son camp un Marinetti et un Apollinaire !24
La pensée de Jean-Richard Bloch est juste, excellente et bien dite, celle de Romain Rolland exprime ses convictions profondes, résultat de prises de positions esthétiques préméditées, autrement grandes et belles, qui s’ordonnent autour d’une idée qui lui est chère, celle d’harmonie : Ma pensée à moi, je ne l’exprime pas dans des formules. Je l’exprime dans des êtres, dont les attractions et les heurts forment une symphonie. Les rythmes et les accords, dans l’univers des âmes, voilà le plan sur lequel se meut ma pensée. Que ce beau, un bel accord, – une âme vivante, en chacun de ses moments de fragile équilibre !25
Alexandre Cingria, en rendant hommage au peintre Stanisław Wyspiański, qu’il avait rencontré à Cracovie dans les dernières années du XIXe siècle, a rapporté une opinion fort intéressante du dramaturge : Je n’ai jamais lu, parmi les œuvres dramatiques de Wyspiański, que ses Noces, mais l’art dionysiaque qui s’échappe des surprenants fantoches qui composent ce poème à la fois parlé, mimé et dansé m’ont fait comprendre, qu’une fois ensorcelé par la formule du théâtre, tout l’art de Wyspiański devait s’y amalgamer, engouffré par un souffle vivificateur nouveau. Ne disait-il pas lui-même qu’en matière de théâtre « le texte est une question secondaire ; que la moitié du texte se perd sur la scène ; que le spectateur ne s’intéresse en premier lieu qu’au décor, ensuite à l’action, à la musique et finalement à la compréhension du texte ; que le spectateur regarde avant tout et n’écoute qu’ensuite » ?26
En effet, quand on y songe, le texte peut être une question secondaire. C’est surtout l’impression et l’expression qui comptent, la compréhension vient après. Une œuvre d’art exige toujours un certain effort. Un artiste ne peut tout donner ni tout expliquer car il ne reproduit pas la vie, il crée la vie et il donne à penser. Et c’est la grande différence qui sépare ceux qui sont habitués aux anciennes prosodies, à travers lesquelles le sens coule sans heurts, et ceux qui savent que le monde est en 23 Lettre de Jean-Richard Bloch à Romain Rolland (23 décembre 1913), ds. : Bloch/Rolland/Martin du Gard : Deux hommes se rencontrent, p. 229. 24 Lettre de Romain Rolland à Jean-Richard Bloch (19 janvier 1914), ds. : Bloch/Rolland/Martin du Gard : Deux hommes se rencontrent, p. 235. 25 Lettre de Romain Rolland à Jean-Richard Bloch (6 décembre 1913), ds. : Bloch/Rolland/Martin du Gard : Deux hommes se rencontrent, p. 211. 26 Cingria, Alexandre : Discours. Une gloire de la Pologne. A la mémoire de Stanislas Wyspianski (1869–1907), Genève : Société Genève-Pologne, 1938, p. 33–34.
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marche continue et que les sens et les formes changent en s’adaptant aux attentes et à la sensibilité de nouveaux lecteurs, auditeurs et spectateurs. Le monde est en marche, les formes, elles aussi, sont en marche. C’est une évidence qu’il est utile, voire nécessaire de redire quelquefois. De la très abondante littérature critique consacrée à l’œuvre de Stanisław Wyspiański, je retiens, pour mon propos, un article dont le titre à lui seul est révélateur : « Wyspiański et le futurisme ». C’est Wilam Horzyca, metteur en scène et critique littéraire, qui l’a écrit à l’occasion de la réalisation, au Grand Théâtre de Lvov (11 mars 1933), d’une pièce de théâtre de Filippo Tommaso Marinetti, I prigionieri (1927), traduite en polonais par Hanna Mirecka et publiée en 1932. Wilam Horzyca considère Wyspiański comme l’un des précurseurs du futurisme. Les tendances artistiques du dramaturge polonais et des futuristes italiens découlent d’une base commune élaborée pendant presque deux siècles. Il met en avant le rôle joué par Andrzej Towiański qu’il ne considère pas comme un mystique mais comme un grand moraliste dont la doctrine est dirigée contre l’idéalisme, le romantisme et le sentimentalisme. L’art et la pensée de Wyspiański ainsi que les idées des futuristes sont l’expression des temps nouveaux marqués de nouvelles et grandes réalisations.27 Les poètes et les critiques polonais s’intéressaient d’ailleurs à toutes les nouveautés qui venaient de tous les coins de l’Europe, et ils étaient eux-mêmes créatifs : l’avant-garde se frayait le chemin. Bruno Jasienski, pour ne donner qu’un exemple, a publié, dans une feuille futuriste (Cracovie, juin 1921) un poème, « Fatigué par ce langage creux » (« Zmęczył mnie język… »), où, en cherchant sa place parmi les grands écrivains, dont les noms sont cités (Emile Verhaeren, Arthur Rimbaud, Romain Rolland, Joris-Karl Huysmans, Jules Laforgue, Guillaume Apollinaire, Constantin Balmont, Igor Sévérianine, Vladimir Maïakovski, Walt Whitman, Filippo Tommaso Marinetti et Aldo Palazzeschi), il écrivait : « O bracia włoscy, rosyjscy, francuscy, / tacy ogromni w swoim patosie ! / O ukochani, najdrożsi, bliscy – / mam już was wszystkich po dziurki w nosie ! »28 et il ajoutait : « umiem być dziki jak Palazzeschi […] mogę tak pisać, jak Marinetti »29.
27 L’article « Wyspiański et le futurisme » de W. Horzyca a été publié dans un numéro spécial d’une revue théâtrale : Scena Lwowska [Scène de la ville de Lvov] 5 (1932/1933), numéro consacré au théâtre futuriste, p. 120. L’article a été repris dans un livre publié à l’occasion du 50e anniversaire du Théâtre Jules Słowacki à Cracovie : Woycicki, Alfred : Wyspiański i teatr. 1907–1957, Kraków : Państwowy Teatr im. J. Słowackiego, 1957, p. 63–69. 28 Jasieński, Bruno : Zmęczył mnie język…, ds. : Poezje zebrane, wstęp, opracowanie i komentarze Beata Lentas, współpraca Małgorzata Ogonowska [Poésies complètes, introduction, rédaction et commentaires par Beata Lentas, avec la collaboration de Małgorzata Ogonowska], Gdańsk : słowo/obraz terytoria, 2008, p. 218–219, p. 219. « Oh ! mes frères italiens, russes, français / Tellement grandioses dans votre pathos / Oh ! vous tous, chers, proches et très aimés / J’en ai vraiment marre de vous tous ». Toutes les traductions dans cet article sont des traductions personnelles. 29 Jasieński : Zmęczył mnie język…, p. 218. « je sais être fauve comme un Palazzeschi […] je sais écrire, moi, comme un Marinetti ». Je signale ainsi un livre récent, très riche en informations sur la fortune polonaise du futurisme, de Strożek, Przemysław : Marinetti i futuryzm w
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Un critique, Ignacy Fik, a déclaré que Stanisław Wyspiański était le plus grand futuriste en Pologne : Twórczość jego, analogicznie do działalności futurystów włoskich, cechuje ta sama opozycja przeciw uciskowi spatynowanej przeszłości, ten sam anarchistyczny bunt przeciw świętościom narodowym (poezja, mesjanizm, Wawel), paraliżującym bieżące życie, ta sama afirmacja biologicznego życia, podobna wreszcie gorączka twórcza, wyłamująca się z wszystkich określonych kształtów literackich. Temu przeciwstawiona jest apoteoza nieokreślonego bliżej czynu, powszedniości, państwowo-twórczego nacjonalizmu. Arcyfuturystyczny jest końcowy efekt Akropolis, gdzie w gruzy wali się Wawel, a na rydwanie wjeżdża Chrystus-Apollo.30 Dans son œuvre, tout comme dans l’activité des futuristes italiens, est inscrite la même opposition contre le poids d’un passé patiné, la même révolte anarchiste contre tous les sacro-saints nationalismes (poésie, messianisme, le château du Wawel) qui font paralyser la vie courante, la même affirmation de la vie biologique, cette fièvre créatrice enfin qui se fait sentir dans toutes les formes littéraires. A tout cela est opposée l’apothéose de l’action indéterminée, du train-train quotidien, du nationalisme étatique. La scène finale d’Akropolis, où le Wawel tombe en ruine et où le Christ-Apollon arrive sur un char, est archifuturiste.31
Un siècle après la création polonaise des Noces, Jean-Pierre Thibaudat a écrit un article qui rend justice au grand dramaturge : Tous les grands noms du théâtre polonais ont été formés à un Wyspiański à la fois auteur dramatique, essayiste, peintre, décorateur, metteur en scène. Tous les Polonais adorent cette pièce magnifique et structurée qui s’équilibre dans son déséquilibre. Après un premier acte qui se déroule dans la pièce adjacente à celle où l’on danse et où passent et repassent les invités de la noce, surgissent ensuite des personnages de l’histoire polonaise, réels ou légendaires ; comme cet homme de paille qui confie au paysan Jasiek le cor en or devant sonner le début de la révolte (Eveillez-vous !) Mais, au petit matin, Jasiek ne sait plus ce qu’il a fait du cor, tout s’étiole […] La pièce est très moderne, avec ses dialogues coupés, son jeu d’apparitions et de disparitions, ses allers et retours entre le réel et le mythe, son absence de rôle-titre, sa danse obsédante et sa musicalité. Un modèle. Un miroir aussi.32
Dans cette effervescence de la fin du XIXe siècle et celle des premières décades du siècle dernier s’éveillaient des voix, des postulations, des désirs, on attendait des changements, on discutait. Les artistes sortaient des ornières en cherchant de nouvelles possibilités d’expression. On parlait des cubistes, des expressionnistes, des futuristes, des dadaïstes… Romain Rolland observait cette fermentation, lisait tout, écrivait, rencontrait ceux qu’il voulait connaître et comprendre. Il n’a pu tout accepter, tout embrasser, on connaît ses irritations ou ses refus : le cubisme et le futurisme étaient pour lui des « maladies intellectuelles du temps »33. Mais tout de
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Polsce. 1909–1939. Obecność – kontakty – wydarzenia, Warszawa : Instytut Sztuki PAN, 2012, p. 106–107. Fik, Ignacy : Dwadzieścia lat literatury polskiej (1918–1939) [Vingt ans de la littérature polonaise], Kraków : Placówka, 1949, p. 44–45. Le passage cité, que je traduis ici, se trouve, dans le livre de Strożek, à la page 194. Thibaudat, Jean-Pierre : Wyspiański, un siècle de « Noces ». La pièce du peintre polonais reste la référence du théâtre moderne polonais, ds. : Libération, 19/08/2000, http://next.liberation.fr/ culture/2000/08/19/wyspianski-un-siecle-de-noces_334586 (01/12/2015). Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919 : notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952, p. 346.
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même, cet intellectuel reste un grand éveilleur de cultures. La présence de Romain Rolland dans ce mouvement d’idées a joué son rôle. Christophe Prochasson a bien observé, dans sa préface d’Au-dessus de la mêlée, préface intitulée « L’invention de la dissidence », que l’indépendance d’esprit individualiste spiritualiste que tout le monde s’accorde à trouver chez Romain Rolland devient l’un des types répertoriés de l’intellectuel engagé : l’écrivain dissident.34 Pourtant, même s’il n’était en rien un homme d’action, car au fond c’était un contemplatif, comme il a dit lui-même dans une lettre adressée à Marcel Martrinet, « un contemplatif qui aime à voir, à comprendre, à chercher le rythme et l’harmonie cachés » 35, il s’élève, il crie son indignation, seul contre tous. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Bloch, Jean-Richard/Rolland, Romain/Martin du Gard, Roger : Deux hommes se rencontrent. Correspondance entre Jean-Richard Bloch et Romain Rolland (1910–1918), avec une lettre de Roger Martin Du Gard, Paris : Albin Michel, 1964 (Cahiers Romain Rolland 15). Cingria, Alexandre : Discours. Une gloire de la Pologne. A la mémoire de Stanislas Wyspianski (1869–1907), Genève : Société Genève-Pologne, 1938. Fik, Ignacy : Dwadzieścia lat literatury polskiej (1918–1939) [Vingt ans de la littérature polonaise], Kraków : Placówka, 1949. Horzyca, Wilam : Wyspiański et le futurisme, ds. : Scena Lwowska [Scène de la ville de Lvov] 5 (1932/1933), numéro consacré au théâtre futuriste, p. 120. Jasieński, Bruno : Zmęczył mnie język…, ds. : Poezje zebrane, wstęp, opracowanie i komentarze Beata Lentas, współpraca Małgorzata Ogonowska [Poésies complètes, introduction, rédaction et commentaires par Beata Lentas, avec la collaboration de Małgorzata Ogonowska], Gdańsk : słowo/obraz terytoria, 2008, p. 218–219. Lada, Adam de : Un grand poète tragique : Stanislas Wyspianski (1869–1907), ds. : Revue bleue, 28/09/1912, p. 395–400. Naliwajek, Zbigniew : Chopin vu par Romain Rolland, ds. : Źurowska, Joanna (dir.) : Frédéric Chopin et les lettres, Warszawa : Editions de l’Université de Varsovie, 1988 (Les Cahiers de Varsovie 21), p. 107–118. Naliwajek, Zbigniew : Romain Rolland en Pologne (1910–1939), Warszawa : Editions de l’Université de Varsovie, 1990 (Les Cahiers de Varsovie 17). Naliwajek, Zbigniew : Une leçon inédite de Romain Rolland sur la musique française, ds. : idem/Wróblewska-Straus, Hanna/Żurowska, Joanna (dir.) : La Fortune de Frédéric Chopin 2 : Dijon, mars 1994, Warszawa : Société Frédéric Chopin, 1995, p. 53–59. Naliwajek, Zbigniew : Romain Rolland et la littérature polonaise, ds. : Revue de littérature comparée 307 (juillet–septembre 2003), p. 325–338. Privat, Edmond : L’Europe et l’Odyssée de la Pologne au XIXe siècle, Lausanne : G. Bridel, 1918. Prochasson, Christophe : Préface, ds : Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Payot et Rivages, 2013, p. 7–34. Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris : Cahiers de la quinzaine, 1904–1912. Rolland, Romain : Le centenaire de Chopin, ds. : Arlequin 4 (avril 1910), p. 166–167.
34 Prochasson, Christophe : Préface, ds : Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Payot et Rivages, 2013, p. 7–34. 35 Lettre de Romain Rolland (10 novembre 1914), ds. : Rolland : Journal des années de guerre, p. 114.
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ERHABENER IDEALISMUS ODER OPFERBEREITSCHAFT EINES WAHNSINNIGEN? Zur Figur des Adam Lux im Theater von Romain Rolland (Le Triomphe de la Raison) und Stefan Zweig (Adam Lux) Fedora Wesseler Die Gestalt des Mainzer Revolutionärs Adam Lux, der 1793 in Paris unter der Guillotine endete, wurde von zahlreichen Schriftstellern in Gedichten, Dramen und Romanen dargestellt. Die ersten literarischen Werke, die sich mit seiner Person befassen, entstanden bereits kurz nach seinem Tod; in den folgenden Jahrhunderten haben die unterschiedlichsten Schriftsteller, von Jean Paul bis zu Fritz von Unruh, immer wieder auf Adam Lux als literarische Figur zurückgegriffen. Die Behandlung ein und derselben Gestalt durch zwei freundschaftlich und gedanklich einander so nahestehende Autoren wie Stefan Zweig und Romain Rolland ist unter all diesen Werken besonders bemerkenswert – umso mehr, als die beiden, ihrer oft beschworenen Geistesverwandtschaft zum Trotz, zwei völlig verschiedene Bilder des Mainzer Revolutionärs entwerfen. Der Vergleich von Rollands Drama Le Triomphe de la Raison, das 1899 in Paris uraufgeführt wurde, mit Zweigs 1926 begonnenem Stück Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, von dem zu Lebzeiten des Autors nur das erste Bild im Druck erschien, soll die Unterschiede in der Auffassung der Gestalt Adam Lux und damit auch die jeweilige Haltung der Autoren gegenüber dem von dem historischen Lux verfochtenen Idealismus verdeutlichen. 1. „LE FANATISME DETRUISANT LE FANATISME“ Das Drama Le Triomphe de la Raison ist Teil eines unter dem Titel Le Théâtre de la Révolution zusammengefassten mehrteiligen Dramenzyklus, der Rolland sein Leben lang beschäftigte: Zwischen 1898 und 1938 entstanden (hier in inhaltlicher, nicht in chronologischer Reihenfolge) mit Pâques fleuris (1926), Le 14 Juillet (1902), Danton (1899), Les Loups (1898), Le Triomphe de la Raison (1899), Le Jeu de l’Amour et de la Mort (1925), Robespierre (1939) und Les Léonides (1928) acht jeweils in sich abgeschlossene Dramen, die in ihrer Gesamtheit den Verlauf der französischen Revolution nachzeichnen: Von den letzten Tagen des Ancien Régime, die im als Prolog gedachten Stück Pâques fleuris beschworen werden, spannt Rolland den Bogen über die einzelnen Stationen der Revolution (die Erstürmung der Bastille, das Umschlagen der Begeisterung in blanken Terror, den Bürgerkrieg,
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Aufstieg und Fall Robespierres) bis hin zu Napoléon Bonaparte, der im Epilog Les Léonides als Vorbote einer neuen Ordnung in der Ferne vorüberzieht. Im Vorwort zu seinem besonders im Ausland mehrfach gespielten Stück Le Jeu de l’Amour et de la Mort fasst Rolland seinen geplanten Zyklus folgendermaßen zusammen: D’abord, on voit poindre au loin la tempête sociale, dans le ciel Fragonard d’Ermenonville, aux derniers jours du Précurseur halluciné. Elle accourt, au pas de charge, elle renverse les murailles, dans une jeune allégresse d’Ode à la Joie (« Le 14 Juillet »). Elle réveille les démons endormis au fond du cœur humain ; et ses forces de destruction, que déchaîne l’« ApprentiSorcier », échappent à la volonté. Elle écrase et culbute Pélion sur Ossa, Girondins, Cordeliers, Jacobins, Danton et Robespierre, les géants foudroyés ; (« Les Loups », « Le Triomphe de la Raison », « Danton », que doit compléter un « Robespierre »). Et après avoir détruit le passé et les destructeurs, elle s’éloigne à tire-d’aile des champs enveloppés de flammes et de fumées. La nuée rouge s’enfonce au loin du monde renouvelé, tandis qu’à l’Epilogue, la Révolution close, une poignée d’exilés de la France impériale, royalistes, régicides, ennemis réconciliés, dans une vallée de Suisse, sur l’autre pente du Jura, porte de la patrie, goûtent la paix rentrée dans leurs cœurs orageux et l’éternel silence du ciel, qui est à tous.1
In diesen Zeilen wird zugleich deutlich, was Rolland gerade an der Französischen Revolution so fasziniert; abgesehen davon, dass er mit diesen historischen Dramen seinem erklärten Ziel folgt, ein Theater für die eher kunstfernen Massen aufzubauen, um durch die Darstellung von Ereignissen aus der gemeinsamen Kulturgeschichte gesellschaftsstiftend auf das Publikum zu wirken,2 lässt diese geschichtliche Epoche aufgrund der Extremsituationen, die sie enthält, die Abgründe der menschlichen Natur klar zutage treten – eben jene „démons endormis au cœur humain“, von denen Rolland in seinem Vorwort spricht und die, von der Revolution aufgeweckt, letztlich auch zu deren Scheitern beitragen. Doch darüber hinaus entdeckt Rolland in der Französischen Revolution eine unheimliche Eigendynamik, wie durch seine Anspielung auf Goethes „Zauberlehrling“ und die darauf folgende Aufzählung unterstrichen wird: Mit absurder Folgerichtigkeit bringen die Anhänger aller verfeindeten Lager, ob Girondisten oder Jakobiner, Danton und sogar Robespierre einander unter dem Vorwand der gleichen Werte gegenseitig aufs Schafott. Genau um diese absurde Situation, um die blutigen Kämpfe im Namen derselben Ideale, drehen sich die Dramen des Théâtre de la Révolution, in denen unerschütterlich scheinende Größen wie ‚Freiheit‘, ‚Gerechtigkeit‘ oder ‚Vaterland‘ ihre Selbstverständlichkeit verlieren und die damit einhergehenden Überzeugungen infrage gestellt werden. „Le fanatisme détruisant le fanatisme“3, fasst Rolland in einer Skizze vom 14. November 1898 seine Sicht knapp zusammen.
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Rolland, Romain: Le Jeu de l’Amour et de la Mort, Paris: Albin Michel, 1925, S. 14–16. Vgl. hierzu vor allem Rollands Schrift: Le Théâtre du Peuple et le Drame du Peuple, in: Revue d’art dramatique, Dezember 1900, S. 1078–1114. Wiederabdruck in: Rolland, Romain: Le Théâtre du Peuple, Bruxelles: Editions Complexe, 2003. Romain Rolland zit. nach: Duchatelet, Bernard: D’un Robespierre à l’autre, ou les ‚anneaux du serpent‘, in: Berthier, Patrick (Hg.): Robespierre saisi par le théâtre, Arras: Centre Culturel noroit, 1991, S. 50–58, hier S. 50.
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Von allen diesen Dramen weist Le Triomphe de la Raison jedoch am meisten auf die Umkehrbarkeit, ja Austauschbarkeit dessen hin, was jeder als die ‚gerechte Sache‘ ansieht, für die jedes Opfer moralisch gerechtfertigt ist. Das Stück spielt 1793, also nach der Ächtung der Girondisten durch die Jakobiner. Die beiden Girondisten Faber und Hugot flüchten aus Paris und versuchen, sich in einer Festung an der Küste zu verteidigen. Der dauernden Kämpfe müde, möchten die Bewohner der Stadt nach einiger Zeit die Girondisten an ihre Feinde ausliefern; Rettung versprechen die Royalisten und die Engländer, deren Flotte den Schutz der Festung benötigt, um im Hafen zu landen und die Gegenrevolution einzuleiten. Alle Parteien, Royalisten, Girondisten und Sansculotten, sind überzeugt von der Legitimität des eigenen Handelns und fallen gerade dadurch derselben schicksalhaften Logik zum Opfer, die Rolland später auch „la fatalité terrible des Révolutions“4 nannte und in der er stets Bezüge zu seiner eigenen Zeit suchte und fand. 1938 hebt er in seinem Vorwort zu Robespierre diese ‚Schicksalhaftigkeit‘ entsprechend hervor: „Elle n’est pas d’un temps. Elle est de tous les temps.“5 Wie recht er damit hatte und wie sehr er den Nerv seiner Zeit traf, zeigt insbesondere die Reaktion der Zensur, die jede mögliche Anspielung auf die zum Zeitpunkt der Uraufführung des Triomphe de la Raison am 21. Juni 1899 hochaktuelle Dreyfus-Affäre vermeiden wollte. Aus diesem Grunde strich man brisant scheinende Sätze wie den von Faber aus der achten Szene des zweiten Aktes: „Une seule injustice fait l’humanité injuste.“ Ebenso entfiel die Antwort seines Gegenspielers, des Sansculotten Haubourdin: „Quand un mal est commis pour le bien de tous les hommes, ce n’est plus une injustice, c’est la justice.“6 Dieses Ausspielen ein und desselben Trumpfes durch zwei verfeindete Personen bzw. die Konfrontation der beiden Gegner, die sich auf dieselben Werte stützen, führt die Absurdität der Situation vor Augen, die in der an dieses Zitat anschließenden Szene noch stärker hervortritt: In dieser Szene wirft Hugot den Sansculotten, die die Girondisten verfolgen, vor: „Malheureux, vous tuez la patrie!“ Doch Haubourdins Antwort dreht ihm das Wort im Munde um, denn er kontert: „La patrie, c’est nous!“ Da erkennt Hugot leise und resigniert: „J’ai dit cela, moi aussi.“ (TR 49) Die großen Ideale, für die Hugot zu streiten auszog, entpuppen sich als austauschbare Worthülsen, die jedermann für sich beansprucht, um damit seine Vorgehensweise zu rechtfertigen. Das gesamte Stück setzt sich aus ähnlichen Momenten zusammen, in denen die Protagonisten sich in einem unentwirrbaren Netz von Wahrheiten gefangen sehen, in welchem ihnen ihre eigene felsenfeste Überzeugung keinen Schritt weiterhilft, da sie durch die Position der Gegenseite jedes Mal relativiert wird. Rolland konfrontiert die jeweiligen Standpunkte miteinander und exerziert sämtliche Positionen durch, ohne jedoch ein direktes Urteil darüber zu fällen
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Rolland, Romain: Robespierre, Paris: Albin Michel, 1939, S. 8. Rolland: Robespierre, S. 8. Rolland, Romain: Le Triomphe de la Raison, Paris: Albin Michel, o. J. (Erstdruck in der Revue d’Art dramatique, 1899), S. 48, im Folgenden mit TR und Seitenzahlen abgekürzt.
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oder gar eine Lösung des Dilemmas zu versuchen. Die einzige Person, der es zu gelingen scheint, den Ausweg aus dem Gewissenskonflikt zu finden, ist Adam Lux. 2. ADAM LUX: JUGENDLICHER SCHWACHKOPF ODER DER NEUE MENSCH? Im Gegensatz zu Zweigs Drama, das Adam Lux zur titelgebenden Hauptrolle macht, ist Lux bei Rolland eher eine – allerdings nicht unwesentliche – Nebenfigur. Im ersten Akt hört man ihn zunächst nur hinter der Bühne seufzen, was die verfolgten Girondisten zunächst in Alarmbereitschaft versetzt, bis sie merken, dass es sich nur um Lux handelt: „C’est un Allemand généreux et romanesque, sans défense contre les hommes“ (TR 6), bemerkt Faber. Dieses Bild eines leicht überspannten, doch harmlosen Idealisten wird von Lux bei seinem ersten Auftritt indirekt bestätigt: nicht allein durch sein äußeres Auftreten (laut Regieanweisung sind seine Kleider in Unordnung, und er tritt er ohne Hut auf (vgl. TR 14) – nach den Kriterien früherer Zeiten ein Zeichen von Verstörtheit und völliger Auflösung), sondern vor allem durch die Exaltiertheit, mit der er von der Hinrichtung Charlotte Cordays berichtet. Für Lux, der der Hinrichtung beigewohnt hat, ist Charlotte Corday nicht einfach die Mörderin von Jean-Paul Marat, sondern eine Märtyrerin, die sich geopfert hat, um die Menschheit zu erlösen: „Elle s’est offerte en sacrifice à la tâche nécessaire et libératrice. Elle est venue prendre sur ses blanches épaules le péché du monde; elle a expié nos crimes.“ (TR 16) Die Verwendung von religiösen Begriffen wie den ‚Sünden der Welt‘ und die Hervorhebung der ‚weißen Schultern‘, deren Weiß an die Farbe der Unschuld und damit geradezu an Christus, das Gotteslamm, erinnert, überhöhen die Figur der Charlotte Corday zu einer christusgleichen Erscheinung, der Lux nachfolgen will. Seine Begeisterung erreicht ihren Höhepunkt mit seinem Ausruf: „Mourir! Et que les hommes soient vertueux et heureux!“ (TR 16) Diese Worte spiegeln neben Lux’ Opferbereitschaft auch eine verblüffende Naivität, um nicht zu sagen Selbstüberschätzung wider, da sie seinen Tod und das Glück der Menschheit miteinander in einer Kausalität verknüpfen, als ergebe sich dieses zwangsläufig aus jenem. Faber, dessen skeptische Denkweise der Zuschauer zuvor in einer Auseinandersetzung mit Hugot kennengerlernt hat, macht sich über diese „ rêveries de moine“ lustig und fügt hinzu: „Tu crois aux miracles?“ (TR 16) Lux nimmt diese rhetorische Frage jedoch ganz ernst und antwortet: „Tout est miracle.“ (TR 16) Diese Darstellung eines stürmischen, aber zugleich naiven Enthusiasten wird im zweiten Akt weiter vervollständigt, wenn Lux erklärt, dass er trotz seiner 49 Jahre noch nie eine Liebesaffäre hatte, da er bislang ganz von der Welt zurückgezogen allein in Gesellschaft seiner Bücher lebte („Je n’étais pas seul; j’avais de la société: les âmes divines de Plutarque, ces femmes naïves et sublimes, Porcia, Cornélie, Clélie […]“, TR 30). Der Zuschauer gewinnt somit definitiv den Eindruck, Lux sei ein weltfremder Kauz, der das Leben nur aus Büchern kennt und deswegen so leicht in Hitze gerät. Wäre er nicht fast 50 Jahre alt, entspräche der
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Adam Lux, den Rolland hier zeichnet, dem Rollenfach des ‚jugendlichen Schwachkopfes‘, das bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschen Theater gebräuchlich war:7 zu allem entschlossen, ein Stürmer und Dränger, aber in seiner Unüberlegtheit fast schon dumm. Gleichzeitig lässt Rolland Adam Lux ganz im Sinne seines sprechenden Namens agieren; wer den Namen zum ersten Mal liest, muss zwangsläufig an eine Lichtgestalt, an den Vorkämpfer einer neuen Ordnung denken: Adam erinnert an den ersten Menschen, Lux (lateinisch: Licht) verbindet sich mit dem Licht einer kommenden Zeit. Allein aufgrund seines Namens drängt sich die Assoziation mit dem ‚neuen Menschen‘ des Expressionismus auf, dem Rollands Adam Lux tatsächlich in vielen Dingen entspricht. In Wirklichkeit war der historische Adam Lux nicht nur verheiratet, sondern auch Familienvater und erst 27 Jahre alt, als er in Paris unter der Guillotine starb. Zwar setzte er sich vehement für die Ideale der Revolution ein und ging deswegen nach Gründung der Mainzer Republik als Abgeordneter nach Paris, doch muss er bei aller Begeisterung ein durchaus hellsichtiger Mann gewesen sein, wie schon seine Dissertation über den Enthusiasmus beweist: Lux zeigt darin bereits die Zweischneidigkeit des Enthusiasmus auf, dessen positive Kraft jederzeit in Hass und Gewalt umschlagen und damit zerstörerische Kräfte freisetzen kann.8 Genau dies erlebte er, als er zusammen mit Georg Forster als Abgesandter der Mainzer Republik nach Paris kam und dort anstelle des erhofften Idealstaates blutigen Terror und nackte Gewalt vorfand. Enttäuscht von der Wendung, die die Revolution genommen hatte, wollte Lux offen dagegen protestieren und beabsichtigte, sich nach einer flammenden Rede im Konvent selbst umzubringen, um so die Aufmerksamkeit aller auf den Verlust der freiheitlichen Ideale zu lenken. Diesen Plan führt er zwar nicht aus, verfasste jedoch zwei äußerst provokante Pamphlete, mit denen er bewusst seine Verhaftung herbeiführte: War der Avis aux citoyens français (13. Juli 1793), in dem er die Verhaftung der girondistischen Abgeordneten aufs Schärfste verurteilte, bereits mehr als gewagt, so kam der zweite mit dem Titel Charlotte Corday (19. Juli 1793), in dem er die Hinrichtung Charlotte Cordays anprangert, seinem eigenen Todesurteil gleich. Kurz darauf wurde er verhaftet. Als seine Freunde versuchten, seine Aussagen mittels eines anonymen Artikels zu entschärfen, indem sie behaupteten, Lux sei aus Liebe zu Charlotte Corday verrückt geworden und seine Reden dürfe man daher nicht ernst nehmen, beharrte Lux hartnäckig auf seiner Schuld und forderte seine Verurteilung. Rolland dagegen greift die Darstellung des in Charlotte Corday verliebten Lux auf und lässt ihn am Ende seines Stückes in einer Art menschheitstrunkener Ekstase Selbstmord begehen. Fast könnte man meinen, Lux’ Handeln entspringe einer plötzlichen Erleuchtung, da er zunächst ein freiwilliges Opfer fordert („Le sang d’un juste, librement offert, un Messie […]“, TR 65) und hinzufügt „Je ne sais qui 7 8
Über die einzelnen Rollenfächer vgl. Diebold, Bernhard: Das Rollenfach im deutschen Theaterbetrieb des 18. Jahrhunderts, Leipzig: Voss, 1913 (Theatergeschichtliche Forschungen 5). Vgl. Dumont, Franz: „Sein Leben dem Wahren widmen.“ Adam Lux als historische Gestalt, in: Zweig, Stefan: Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, mit Essays und Materialien, Obernburg/M.: Logo Verlag, 2003, S. 113–145.
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ce sera; mais qu’il vienne“ – ganz, als ob er sich selbst umbrächte, um das Wunder zu beschleunigen. Mit den Worten „O miracle! miracle! viens! viens!“ stößt er sich, wie die Regieanweisung vorgibt, „avec une fureur mystique“ (TR 66) zwei Messer in die Brust und stirbt – was jedoch ohne bemerkenswerte Folgen bleibt: Die Girondisten, die man soeben zur Guillotine führen will, werden trotzdem hingerichtet. Selbst Lux’ Freunde Faber und Hugot reagieren nur mit einer gewissen Nachsicht, wie man sie einem Don Quixote entgegenbringt – einer Mischung aus Respekt und leisem Spott. Insbesondere Faber, der stets kritische Geist, sieht in Lux’ Handeln eine Opferbereitschaft, die an Wahnsinn grenzt: Pauvre Lux, âme de Romain mystique, Decius chrétien, te voilà arrivé au but de tes désirs ! Tu étais consumé de la folie du sacrifice. Tu as donné ta vie, mais le miracle n’est point venu. Toi seul es le miracle, cœur ivre de mourir, de te donner en pâture à l’humanité. (TR 66)
Diese nüchterne Zusammenfassung lässt Lux’ Selbstmord noch sinnloser, ja geradezu lächerlich erscheinen, zumal Faber Lux’ wiederholten Ruf nach einem Wunder, der das ganze Stück durchzieht und kurz vor seinen letzten Worten noch in dem Ausruf „Un miracle! Qu’il vienne! Pourquoi tarde-t-il tant?“ (TR 66) gipfelt, aufgreift und ad absurdum führt. Fabers Worte erwecken den Eindruck, dieses Opfer beruhe auf dem Irrtum eines Menschen, der sich in seinem Glauben an ein realitätsfernes Ideal zutiefst getäuscht hat. Dieser von mystischer Verzückung und impulsivem Handeln geprägte Selbstmord steht in scharfem Kontrast zu den Vorbereitungen, die der historische Lux der Überlieferung nach in größter Ruhe getroffen haben muss. Abgesehen davon, dass die Veröffentlichung seiner Pamphlete alles andere als eine spontane Aktion gewesen sein kann, unterstreichen Zeitgenossen wie Georg Kerner, Bruder des Dichters Justinus Kerner und zur gleichen Zeit in Paris wie Lux, die „Seelenruhe“ und die stoische Haltung, mit der Lux sein Todesurteil anhörte und am Morgen seiner Hinrichtung noch mit Appetit frühstückte. Kerner schließt mit den Worten: „Er bestieg das Schaffot [sic!] wie eine Rednerbühne.“9 3. GEGEN EINE „ZEIT DER MASSENFEIGHEIT“ Dagegen folgt Stefan Zweig in seinem Drama Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs10 relativ dicht den historischen Berichten, wie auch aus einem Brief vom 24. Juli 1928 hervorgeht, in dem Zweig an Rolland
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Vgl. den Bericht Georg Kerners im Kapitel „Freundschaftliches Verhältnis meines Bruders mit Adam Lux“ in: Kerner, Justinus: Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit. Erinnerungen aus den Jahren 1786 bis 1804, Braunschweig: Vieweg und Sohn, 1849, S. 74–92. 10 Zweig, Stefan: Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, mit Essays und Materialien, Obernburg/M.: Logo Verlag, 2003. Im Folgenden werden alle Zitate aus dieser Ausgabe mit dem Kürzel AL und Seitenzahl angegeben.
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schreibt, er plane „eher eine dramatische Biographie als ein Drama“11. Diese Konzentration auf Lux als alleinige Hauptperson wird nicht nur durch die Nähe zu den historischen Quellen deutlich, sondern auch quantitativ unterstrichen: So ist Lux in neun von zehn Bildern auf der Bühne; die einzige Szene, in der er nicht anwesend ist, ist die seiner Verurteilung durch den Sicherheitsausschuss. Doch zuvor begleitet der Zuschauer Adam Lux von den Anfängen der Revolution in Mainz, wo Lux und Georg Forster, ungeduldig die Ankunft der französischen Truppen erwartend, einen Freiheitsbaum pflanzen und den deutschen Bauern das Ziel einer „heilige[n] Weltrepublik“ (AL 21) vor Augen führen, bis nach Paris, wohin die beiden als Mainzer Deputierte gesandt werden. Ähnlich wie bei Rolland wird auch hier Lux’ idealistisches Denken durch den Gegensatz zum Skeptizismus einer anderen Person gespiegelt. Bei Zweig ist es Lux’ Freund Georg Forster, der zwar ein ebenso glühender Anhänger der Freiheit und der republikanischen Werte ist, doch aufgrund seiner Weltreisen (bereits als 17-jähriger begleitete er James Cook auf seiner zweiten Weltumsegelung) über beträchtlich mehr Erfahrung und die damit verbundene Fähigkeit, Dinge zu relativieren, verfügt. So zieht Forster gleich bei ihrer Ankunft in Paris, wo er und Lux dem ausgelassen tanzenden Pöbel in den Straßen begegnen, die Parallele zu den Ureinwohnern Australiens: Die Welt ist enger, als man denkt. Auch das habe ich drüben gesehen, bei den Australiern, dass man um die Opfer tanzt, ehe man sie mordet. Hier im Namen der Menschenliebe, der Freiheit und Brüderlichkeit. (AL 33)
Während Lux diesem Anblick der blutrünstigen Menge fassungslos, ja ungläubig gegenübersteht und die Bürgergarde alarmieren will, erkennt Forster auf Anhieb, dass die Zurschaustellung der Opfer, die zur Guillotine gekarrt werden, Teil des von den Machthabern inszenierten Terrors ist – im Namen der höchsten Werte der Zivilisation zwar, doch keinesfalls würdiger, zivilisiert genannt zu werden, als die ‚Wilden‘ Australiens. Lux’ Reaktion auf die Realität, mit der er konfrontiert wird, ist zunächst die pure Verzweiflung desjenigen, der feststellen muss, dass sein fester Glaube nur eine Illusion war: „Dass alles so erbärmlich enden muss in der Wirklichkeit, was die Idee so rein beginnt“ (AL 54), ruft er nach wenigen Tagen aus, während derer er und Forster vergebens versucht haben, Danton, Robespierre oder sonst einen einflussreichen Revolutionär auf das Schicksal von Mainz aufmerksam zu machen. Aus dieser Verzweiflung heraus verfällt Lux auf die Idee, sich nach einer flammenden Rede vor dem Konvent zu erdolchen, um allen die Ohren aufzusprengen (vgl. AL 57). Forster bringt ihn jedoch davon ab: „Du hast zuviel Plutarch gelesen, Lux. Römergesten sind fehl in unserm Jahrhundert. […] Sie werden lachen und sagen: ein deutscher Narr.“ (AL 57) Diese Diskrepanz zwischen der heroischen ‚Römergeste‘ und der modernen Realität, die allem Erhabenen verständnislos, ja spöttisch
11 Zweig, Stefan/Rolland, Romain: Briefwechsel 1910–1940, Bd. 2: 1924–1940, Berlin: Rütten & Loening, 1987, S. 290.
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gegenübersteht, wird auch schon bei Rolland hervorgehoben, wenn Faber, wie bereits erwähnt, Lux als „âme de Romain mystique“ bezeichnet. Bei Zweig durchläuft Lux jedoch noch eine weitere Entwicklung, die ihn dazu bringt, sich für seine Ideale zu opfern, obwohl er weiß, dass er damit in unmittelbarer Folge nichts erreichen wird. In einer „Zeit der Massenfeigheit“ (AL 103) will er der Welt durch seinen freiwilligen Tod ein Beispiel sein, „damit das Verbrecherische jeder Blutjustiz offenkundiger aufscheine“ (AL 104). Der Dialog zwischen Forster und Lux, der dessen Verurteilung vorausgeht, ist in dieser Hinsicht von großer Bedeutung, denn er führt den entscheidenden Unterschied zwischen dem Lux Rollands und der Vorstellung Zweigs vor Augen und erklärt zugleich, weshalb es für Zweig ein großes Anliegen war, diese „dramatische Biographie“ zu schreiben. Forster, der sich sterbenskrank fühlt (der historische Forster starb wenige Wochen nach Lux’ Hinrichtung in Paris an einer Lungenentzündung), bedauert, dass in Deutschland nie jemand erfahren wird, was sie für diese zu gründende deutsche Republik durchgemacht haben – denn „sie werden uns vergessen, weil wir Besiegte sind“ (AL 96). Forster stützt sich hier erneut auf die Erfahrungen, die er auf seinen Reisen gemacht hat. Sein Blick scheint daher geradezu die gesamte Menschheitsgeschichte zu umfassen, wenn er sagt: Du weißt, ich habe die ganze Welt gesehen, überall ist es dasselbe, bei den Kariben und den Samojeden, in Nord und Süd und West und Ost, jetzt und vor einem Jahrtausend – Denkmäler werden nur für die Sieger errichtet und die Besiegten eingegraben und vergessen. (AL 96)
Zweig legt Forster hier einen Gedanken in den Mund, den er selbst in seinem 1922 entstandenen Essay Ist die Geschichte gerecht? ausgedrückt hat. Dort erklärt Zweig, die Geschichte habe die Neigung, nachträglich dem recht zu geben, der im wirklichen Leben äußerlich recht behalten hat; auch sie neigt sich, wie die meisten Menschen, zur Seite des Erfolges, auch sie vergrößert noch nachträglich die Großen, die Sieger, und verkleinert oder verschweigt die Besiegten.12
Wie Erwin Rotermund13 bereits aufzeigt, kann Zweigs Drama insofern als bewusster Versuch gewertet werden, das Andenken eines solchen Besiegten dem Vergessen zu entreißen und ihm posthum ein Denkmal zu setzen. Darüber hinaus aber verkörpert Adam Lux, so wie Zweig ihn sieht und darstellt, dessen eigene Anschauungen und Ideale. Bereits Zweigs 1921 erschienene kurze Zusammenfassung von Rollands Drama Le Triomphe de la Raison ist in diesem Sinne sehr aufschlussreich, denn „Adam Lux, der Mainzer Klubist, der in heiliger Begeisterung nach Frankreich flieht, um hier für die Freiheit zu leben (und den die
12 Zweig, Stefan: Ist die Geschichte gerecht?, in: ders.: Die schlaflose Welt. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1909–1941, hg. von Knut Beck, Frankfurt/M.: Fischer, 1983, S. 159–161, hier S. 159. 13 Vgl. Rotermund, Erwin: Ein Mainzer Jakobiner im revolutionären Paris. Stefan Zweigs Drama Adam Lux, in: Zweig: Adam Lux, S. 147–165, hier S. 160.
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Freiheit auf die Guillotine führt), dieser erste Blutzeuge seines Idealismus“14, erscheint hier geradezu als die zentrale Hauptfigur, was er bei Rolland eindeutig nicht ist. Zweigs Interpretation beinhaltet vielmehr seine eigene klare Positionierung zugunsten von Adam Lux und weist bereits auf seine Sympathie für die Figur und die Absichten, die er mit ihr verfolgte, hin: „Lux, der deutsche Revolutionär, verkündet das Evangelium der innern Freiheit“15, und genau das tut er auch bei Zweig, der mit Lux den Gedanken fortspinnt, ein Leben könne durch den Tod seinen Sinn erhalten. „[…] wer nur ein wirkliches Wort gesagt, wer nur eine wirkliche Tat getan, hat nicht vergebens gelebt“ (AL 97), antwortet Lux in seinem letzten Gespräch mit Forster auf dessen Überlegungen zu Siegern und Besiegten. Er ist sich seiner unmittelbaren Niederlage zwar bewusst, aber der Überzeugung, langfristig Sieger zu bleiben – und sei es nur, weil er durch seinen freiwilligen Tod seinem Leben in seinen Augen einen Sinn gibt. Dies wird durch die einzige augenfällige dichterische Freiheit unterstrichen, die Zweig sich in seinem Drama erlaubt hat, nämlich die historisch nicht verbürgte Begegnung zwischen Adam Lux und dem Dichter André Chénier im siebten Bild. Zweig nutzt diese Szene, um Lux’ Beweggründe noch einmal klar herauszustellen, und das im bewussten Kontrast zu Chénier, der wenige Monate nach Lux ebenfalls hingerichtet werden sollte: Lux ist begeistert von Chéniers Talent, „feurige Lettern an die Zeit“ zu verfassen, während er, Lux, sich als „zu schwach zur Tat, unfähig zur Schöpfung“ (AL 89) empfindet. Aus diesem Gefühl heraus, nicht von Nutzen zu sein, entschließt sich Lux zum Freitod, um durch diesen Tod seinem Leben rückwirkend Sinn zu verleihen: „[Es ist] ein gutes Ende, gut zu sterben [: es macht] ein falsches Leben gut“ (AL 90). Es ist also keine Verzweiflungstat, die Lux begeht, sondern eine Entscheidung, die einem langfristig optimistischen Denken entspringt: der Hoffnung, der eigene Tod möge nicht umsonst sein, und das verteidigte Ideal möge letztlich doch noch siegen. Dieser sehr an Schiller gemahnende vorausschauende Optimismus hat Zweig vielleicht auch in seinen letzten Lebenstagen erfüllt, kurz bevor er Selbstmord beging; spricht er doch in seinem Abschiedsbrief von der „Morgenröte […] nach der langen Nacht“16, die er selbst zwar nicht mehr erblicken sollte, aber die er dennoch nicht ganz aufgab.
14 Zweig, Stefan: Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Frankfurt/M.: Rütten & Loening, 3 1926, S. 88. 15 Zweig: Romain Rolland, S. 87. 16 Wortlaut des Abschiedsbriefes von Stefan Zweig, datiert vom 22. Februar 1942, der heute in der National Library of Israel aufbewahrt wird. Das Original ist einsehbar in einer virtuellen Ausstellung des Deutschen Exilarchivs 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek, unter http://kuenste-im-exil.de/KIE/Content/DE/Objekte/zweig-stefan-abschiedsbrief.html?catalog=1 (05.08.2015).
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4. EINE WARNUNG VOR ALLZU GROSSER SICHERHEIT DER ÜBERZEUGUNG Warum aber nimmt Romain Rolland, der als minutiöser Historiker mit den Quellen und Fakten der französischen Revolution mehr als vertraut war, diese gravierende Änderung an der Person des Adam Lux vor? Unkenntnis der historischen Tatsachen kann nicht der Grund sein, zumal Rollands Stück Les Loups (1898), das die Kämpfe um die Mainzer Republik thematisiert, nicht nur zeigt, dass Rolland den Kontext genau kannte; dieses Stück brachte Zweig sogar zeitweilig dazu, von seinem Lux Abstand zu nehmen, da er fürchtete, es gäbe zu viele Überschneidungen mit Rollands Les Loups. Wenn Rolland sich also dazu entschließt, die Figur des Lux zu verändern, obwohl dieser sich als Hauptfigur für ein Drama über den Gegensatz zwischen idealistischen Revolutionären und der nackten Realität anbietet, dann deshalb, weil Rolland ein ganz anderes Konzept verfolgte: Rollands gesamtes Stück ist ein Plädoyer gegen eine allzu große Sicherheit der Überzeugungen, jene felsenfeste idealistische Sicherheit, die den klassischen Helden ausmacht. Lux ist Teil dieser Demonstration und ebenso wie die übrigen Figuren weder eindeutig positiv noch negativ gezeichnet. Die einfache Entscheidung für Größen wie Wahrheit oder Vernunft wird unmöglich durch die stets wechselnden Umstände, die jegliches Parteiergreifen sofort relativieren. So sind selbst die Jakobiner und ihre Gegner, die Girondisten, letztlich nur zwei Seiten ein und derselben Medaille. Dies wird z. B. am folgenden Dialog zwischen Adam Lux und dem Sansculotten Haubourdin, der als Spion ins Lager der Girondisten gekommen ist, sichtbar. Ein Missverständnis zwischen den beiden verdeutlicht, dass ihre so gegensätzlichen Ansichten doch austauschbar sind: Lux spricht schwärmerisch von Charlotte Corday, die Marat umgebracht hat, und fragt anschließend: „Ne l’as-tu pas connue?“ (TR 51) Daraufhin bricht es aus Haubourdin heraus: „Si je l’ai connu! Ah! Dieu!“ Lux fährt daher fort, als habe er einen Glaubensbruder gefunden: „Tu pleures? Tu l’aimais, toi aussi?“ (TR 51) Und Haubourdin bestätigt: „Jamais personne ne l’a autant aimé que moi.“ (TR 51) Da man im Französischen aufgrund der identischen Aussprache Maskulin und Feminin hier nicht unterscheiden kann, gehen beide Männer davon aus, das Gespräch drehe sich um die, bzw. um den, die/der ihre jeweiligen Gedanken stets erfüllt – was beweist, wie sehr sich das Wesen ihres Glaubens ähnelt. Dass es sich bei dem in Le Triomphe de la Raison behandelten Konflikt letztlich um nichts weniger als Glaubensfragen handelt, wird auch durch die Zuordnung des Dramas zu zwei verschiedenen Dramenzyklen hervorgehoben: Bevor Rolland das Stück seinem Théâtre de la Révolution einverleibte, fasste er es mit den Dramen Aërt und St-Louis unter dem Titel Tragédies de la Foi zusammen. Zwar geht es hier nicht um dezidiert religiöse Fragestellungen, doch steht der fanatische Absolutheitsanspruch, mit dem fast alle Personen ihre Überzeugungen verfolgen, religiösem Eifer in nichts nach. Das Missverständnis wird den Personen erst bewusst, als Haubourdin klar von „l’espoir de le venger“ (TR 51) spricht. Es stellt sich heraus, dass Haubourdin als Waise von Marat selbst erzogen wurde. Zu seiner Überraschung erkennt Lux, dass
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das Monstrum Marat durchaus zu Güte fähig war und dass, so Haubourdin, Charlotte Cordays Tat nur weitere Schrecken nach sich zieht: „flots de sang et de feu, un océan de haines, la guerre civile qui dévore la France!“ (TR 53) Obwohl Lux Charlotte weiterhin verehrt, wird ihm klar, dass auch sie sich getäuscht hat: „Hélas! tu t’es trompée. Marat n’était pas le mal. Il voulait le bien et faisait le mal, comme nous tous, comme toi.“ (TR 54) Hier wird deutlich, dass die Konsequenzen nur umso schrecklicher sein können, je eindeutiger die Überzeugung zu sein scheint. Der allumfassende Zweifel, den Rolland in sein Drama einführt, macht sogar vor dem Glauben an die Vernunft nicht halt. Der Titel des Stückes selbst ist durchaus zweideutig, da man sich am Ende des Dramas unbedingt fragen muss, welche Vernunft es ist, die da siegt. Einerseits ruft Faber, als er zur Guillotine geführt wird, die Vernunft an – jene Vernunft, von der er hofft, sie triumphiere über seinen Tod hinaus –, andererseits endet das Stück mit dem Schrei des berauschten, in einem Bacchanal umhertaumelnden Volkes: „Vive la Raison!“ (TR 68) Diese Vernunft wird darüber hinaus von einem jungen Mädchen dargestellt und führt, wie die Regieanweisung anmerkt, das Bacchanal an, während der Körper des toten Lux zu ihren Füßen hingestreckt liegt. Ja, die Vernunft triumphiert, indem sie über Lux’ Leiche hinwegschreitet und der Hinrichtung der Girondisten beiwohnt – aber dies ist nicht die Vernunft, für die Faber und Hugot stets gekämpft haben. An dieser Stelle besingen die Chöre des Volkes („Français, la Raison vous éclaire/ Venez l’adorer en ces lieux/ Où sous le voile du mystère/ Les prêtres trompaient vos aïeux/ Notre Evangile est la Nature/ Et notre culte est la Vertu“ TR 64) das genaue Gegenteil von dem, was man auf der Bühne sieht: ein fieberhaftes Getümmel, bar jeder Vernunft. 5. VERNUNFT UND IRRSINN GEBEN SICH DIE HAND Etwas anderes ist es, das bei Rolland triumphiert und von ihm als mögliche feste Größe vorgeschlagen wird: nicht die vernünftige Vernunft, sondern die innere Stimme. Dies tritt in der elften Szene des zweiten Aktes hervor, wenn Faber, entgegen seiner Ankündigung und trotz aller vorangegangenen Diskussionen, in denen er stets aus Gründen der Vernunft dafür plädierte, die Hilfe der Engländer anzunehmen, auf die englische Flotte schießen lässt. Als er zurückkehrt, fragt Hugot ihn, was denn in ihn gefahren sei. Faber antwortet: „Je ne sais pas. L’instinct a été plus fort que l’intelligence, plus intelligent peut-être.“ (TR 55) Seine Entscheidung, lieber zu sterben, als Frankreich den Engländern auszuliefern, entspringt also nicht der Vernunft, sondern einer impulsiven Handlung. Das bedeutet jedoch, dass der Instinkt oder die spontane Handlung einer inneren Ethik folgen, die der Vernunft übergeordnet ist, zumindest, wenn man Fabers Handeln als positiven Ausweg aus dem Dilemma wertet. Hugot neckt seinen Freund ein wenig, indem er ihn mit seiner zuvor stets ins Feld geführten Vernunft aufzieht: „C’était bien la peine de faire parade de ta raison et de ta volonté. Après beaucoup d’efforts, tu en es arrivé juste au même point que
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Lux.“ (TR 55) Faber gibt daraufhin zu, dass Lux und er beide wahnsinnig sein müssen, indem er Lux mit den Worten die Hand reicht: „La raison et la folie se donnent la main…Vois-tu, le mal est toujours une erreur de jugement.“ (TR 56) War Lux in Fabers Augen zuvor ein romantischer Verrückter, während er selbst die reine Vernunft verkörperte, so sind die Rollen nun nicht mehr so eindeutig. Vielmehr scheinen beide sich gegenseitig zu ergänzen. Was von nun an wichtig ist, ist die innere Klarsicht, wie Faber mit Hinweis auf den Instinkt, der vielleicht intelligenter ist als die Intelligenz, unterstreicht: Das richtige Handeln ist nicht zwangsläufig das Resultat objektiv vernünftiger Überlegungen, sondern stützt sich auf eine subjektive Ethik, die über die Vernunft hinausreicht. Dies ist vielleicht die Kernaussage des Stückes und zugleich ein Gedanke, der Rollands gesamtes Werk durchzieht, nämlich die Notwendigkeit, seinem inneren Gewissen nach zu handeln, selbst wenn es im Widerspruch zur äußeren Logik steht. Diese innere Stimme, auf die allein man vertrauen kann, lässt sich mit dem Gott in unserer Brust vergleichen, von dem Goethe spricht: Ganz leise spricht ein Gott in unsrer Brust, Ganz leise, ganz vernehmlich, sagt uns an, Was zu ergreifen ist und was zu fliehn.17
Zu oft geht seine Stimme im täglichen Getümmel oder auch in idealistischem Geschrei unter – und obendrein zeigt Rolland aufs Deutlichste, wie schwer es ist, herauszufinden, ob man die Stimme richtig interpretiert oder nicht. Und trotzdem legt Rolland dar, dass einzig die Entscheidung legitim ist, der zuvor ein alles erschütternder Zweifel vorausging, aus dem heraus der Mensch im vollen Bewusstsein der Absurdität des eigenen Handelns zu einem Dennoch gelangt, das ihn wieder handlungsfähig macht – weil er mit sich selbst einig ist. LITERATURVERZEICHNIS Abschiedsbrief von Stefan Zweig vom 22. Februar 1942, unter http://kuenste-im-exil.de/KIE/Content/ DE/Objekte/zweig-stefan-abschiedsbrief.html?catalog=1 (05.08.2015). Diebold, Bernhard: Das Rollenfach im deutschen Theaterbetrieb des 18. Jahrhunderts, Leipzig: Voss, 1913 (Theatergeschichtliche Forschungen 5). Duchatelet, Bernard: D’un Robespierre à l’autre, ou les ‚anneaux du serpent‘, in: Berthier, Patrick (Hg.): Robespierre saisi par le théâtre, Arras: Centre Culturel noroit, 1991, S. 50–58. Dumont, Franz: „Sein Leben dem Wahren widmen.“ Adam Lux als historische Gestalt, in: Zweig: Adam Lux, S. 113–145. Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso, III, 2, in: ders.: Werke, Kommentare und Register, textkritisch durchgesehen von Liselotte Blumenthal und Eberhard Haufe, Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, Bd. 5: Dramatische Dichtungen III, München: Beck, 2008, V. 1672–1674. Kerner, Justinus: Das Bilderbuch aus meiner Knabenzeit. Erinnerungen aus den Jahren 1786 bis 1804, Braunschweig: Vieweg und Sohn, 1849. 17 Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso, III, 2, in: ders.: Werke, Kommentare und Register, textkritisch durchgesehen von Liselotte Blumenthal und Eberhard Haufe, Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, Bd. 5: Dramatische Dichtungen III, München: Beck, 2008, V. 1672– 1674.
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Rolland, Romain: Le Triomphe de la Raison, Paris: Albin Michel, o. J. (Erstdruck in der Revue d’Art dramatique, 1899). Rolland, Romain: Le Théâtre du Peuple et le Drame du Peuple, in: Revue d’art dramatique, Dezember 1900, S. 1078–1114. Rolland, Romain: Le Jeu de l’Amour et de la Mort, Paris: Albin Michel, 1925. Rolland, Romain: Robespierre, Paris: Albin Michel, 1939. Rolland, Romain: Le Théâtre du Peuple, Bruxelles: Editions Complexe, 2003. Rotermund, Erwin: Ein Mainzer Jakobiner im revolutionären Paris. Stefan Zweigs Drama Adam Lux, in: Zweig: Adam Lux, S. 147–165. Zweig, Stefan: Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Frankfurt/M.: Rütten & Loening, 31926. Zweig, Stefan: Ist die Geschichte gerecht?, in: Beck, Knut (Hg.): Die schlaflose Welt. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1909–1941, Frankfurt/M.: Fischer, 1983, S. 159–161. Zweig, Stefan/Rolland, Romain: Briefwechsel 1910–1940, Bd. 2: 1924–1940, Berlin: Rütten & Loening, 1987. Zweig, Stefan: Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, mit Essays und Materialien, Obernburg/M.: Logo Verlag, 2003.
ROMAIN ROLLANDS HAENDEL IM KONTEXT DER AKTUELLEN HÄNDEL-FORSCHUNG Rainer Kleinertz Wer immer heutzutage die Händel-Monografie eines Literaturnobelpreisträgers aufschlägt, noch dazu wenn diesem der Nobelpreis während des Ersten Weltkriegs für einen Musikerroman verliehen wurde, erwartet wohl am ehesten eine romanhafte Biografie vom Schlage eines ‚Der Roman seines Lebens‘. Romain Rollands 1910 erschienener Haendel enttäuscht diese Erwartung. Es ist kaum übertrieben zu sagen, dass diese Monografie noch heute lesenswert ist. Dies liegt zum einen an grundlegenden und methodischen Problemen der Händel-Forschung, die aus verschiedenen Gründen nie zu den Leistungen beispielsweise der Bach-Forschung aufgeschlossen hat, zum anderen ist es aber zweifellos auch die persönliche Leistung Rollands. Die für einen Händel-Forscher problematischsten Jahre in Georg Friedrich Händels (im Englischen „Handel“, im Französischen „Haendel“ geschrieben) Leben sind zweifellos diejenigen bis zur Gründung der Royal Academy of Music, eines Opernunternehmens allerersten Ranges, im Jahr 1719. Im Folgenden sollen daher gerade diese für Händel in besonderem Maße prägenden Jahre betrachtet werden. Gleich das Geburtsdatum Händels, der 23. Februar 1685, ist falsch. Dies hat Rolland so jedoch nicht allein aus der relevanten Literatur übernommen, sondern noch die aktuell relevanten Enzyklopädien1 sowie die jüngere Händel-Literatur2 geben dies so an. Tatsächlich entspricht dieses Datum dem julianischen Kalender, der in den protestantischen Ländern des Reiches noch bis 1700 in Kraft war. Nach dem
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Hicks, Anthony: Händel, in: Sadie, Stanley (Hg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians, Bd. 10: Glinka to Harp, London [u. a.]: Macmillan, 2001, S. 747–813; Marx, HansJoachim: Händel, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2, Personenteil 8: Gri–Hil, Kassel, Basel: Bärenreiter, Metzler, 2002, S. 509–638. Beide Artikel enthalten zahlreiche Ungenauigkeiten. Bezeichnend ist beispielsweise Marx’ unkommentierte Aufnahme des von ihm entdeckten „Gloria in excelsis deo“ HWV deest ins Werkverzeichnis seines Artikels mit Angabe der Uraufführung als „Vignanello bei Rom Juni 1707?“. Tatsächlich gibt es überhaupt keinen Hinweis auf irgendeine Aufführung eines „Gloria“ von Händel. Nicht einmal die Echtheit des Stückes ist gesichert. Ausnahmen bilden nur der deutsche Wikipedia-Artikel „Georg Friedrich Händel“ sowie der entsprechende Artikel von Kleinertz, Rainer: Händel, in: Massenkeil, Günther/Zywietz, Michael (Hg.): Lexikon der Kirchenmusik, Bd. 1: A–L, Laaber: Laaber-Verlag, 2013, S. 484–498.
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gregorianischen Kalender müsste das Geburtsdatum Händels also korrekt mit dem 5. März 1685 angegeben werden.3 Fast alles, was wir über Händels Kindheit und Jugend wissen, geht auf John Mainwaring (1724–1807) zurück, dessen Memoirs of the Life of the Late George Frederic Handel4 1760 anonym in London erschienen. Eine kommentierte deutsche Übersetzung des Hamburger Komponisten und Musikschriftstellers Johann Mattheson, der Händel aus dessen Hamburger Zeit persönlich kannte, erschien 1761 in Hamburg.5 Dies war auch Rollands Hauptquelle für diese Zeit, wie das lange, von Rolland ins Französische übersetzte, Zitat aus dieser Lebensbeschreibung belegt, in dem von Händels Lehrer Friedrich Wilhelm Zachow (1663–1712) die Rede ist: L’homme était très fort dans son art, dit Mattheson6 ; et il possédait autant de talent que de bienveillance… Haendel lui plut de telle sorte qu’il ne pensa jamais pouvoir lui témoigner assez d’amour et de bonté. Son effort tendit d’abord à lui faire connaître les fondements de l’harmonie. Puis il tourna ses pensées vers l’art de l’invention ; il lui apprit à donner aux idées musicales la forme la plus parfaite ; il affina son goût. Il possédait une remarquable collection de musique italienne et allemande.7 Il montra à Haendel les façons diverses d’écrire et de composer des différents peuples, en même temps que les qualités et les défauts de chaque compositeur. Et, afin que son éducation fût à la fois théorique et pratique, il lui donnait souvent des devoirs à faire (dans tel ou tel style)…8
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Gleiches gilt für das Geburtsdatum Johann Sebastian Bachs. Man mag dies für unbedeutend halten, aber dann wäre die Angabe des genauen Geburtstages insgesamt unbedeutend. Diese parallelen Daten setzen sich, bezogen auf Händel, im Großherzogtum Toskana bis 1750 und in England bis 1752 fort. Mainwaring, John: Memoirs of the Life of the Late George Frederic Handel: to Which is Added a Catalogue of his Works and Observations upon Them, London: Dodsley, 1760. Der originale Titel lautet: [Mainwaring, John:] Georg Friderich Händels Lebensbeschreibung, nebst einem Verzeichnisse seiner Ausübungswerke und deren Beurtheilung; übersetzet, auch mit einigen Anmerkungen, absonderlich über den hamburgischen Artikel, versehen vom LegationsRath Mattheson, Hamburg: o. V., 1761. Mainwarings Biografie geht auf Personen aus Händels unmittelbarem Umfeld zurück, die Details aus der Jugendzeit Händels nur von diesem selbst gekannt haben können. (Dass die Datumsangaben und Namen dabei oft fehlerhaft sind, spricht nicht gegen die Authentizität der mündlich übermittelten Angaben.) Matthesons Kommentare, die vor allem die Hamburger Zeit betreffen, sind in der Übersetzung kenntlich gemacht. Anmerkung Rollands in der Übersetzung von Georg Friderich Händels Lebensbeschreibung. Der zitierte Text ist allerdings nicht von Mattheson, sondern von Mainwaring in Matthesons Übersetzung. Diese bereits von Mainwaring erwähnte „ansehnliche Sammlung italienischer und deutscher Musikalien“ (Mainwaring, John: G. F. Händel, nach Johann Matthesons dt. Ausgabe von 1761 mit andern Dokumenten, hg. von Bernhard Paumgartner, Zürich: Atlantis Musikbuch-Verlag, 2 1987, S. 35) dürfte nicht zuletzt die 1680 von Johann Philipp Krieger bei seinem Weggang nach Weißenfels der Marienkirche verkauften Musikalien umfasst haben, vgl. Krieger, Johann Philipp: 21 ausgewählte Kirchenkompositionen, hg. von Max Seiffert, Neuauflage hg. von Hans Joachim Moser, Wiesbaden, Graz: Breitkopf & Härtel [u. a.], 1958, S. XVI f. (Denkmäler deutscher Tonkunst 1, 53/54). Rolland, Romain: Haendel [1910], préface de Dominique Fernandez, Arles: Actes Sud, 2005, S. 22.
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Rolland behandelt Zachow mit erstaunlicher Ausführlichkeit. Zachows Unterricht, „d’une largeur d’esprit vraiment européenne“, ist für Rolland der Grundstein für Händels Fähigkeit, die verschiedensten Stile der verschiedensten Meister aufzusaugen: Cette éducation, d’une largeur d’esprit vraiment européenne, ne s’enfermait donc pas dans une école musicale, mais planait au-dessus de toutes les écoles, et s’efforçait de s’assimiler leurs richesses à toutes. Qui ne voit que ce fut la pratique constante de Haendel, et l’essence de son génie, fait de cent génies divers, qu’il avait absorbés !9
Rolland kannte die von Max Seiffert kurz zuvor in den Denkmälern deutscher Tonkunst herausgegebenen Werke Zachows.10 Ebenso war ihm das von Friedrich Chrysander in seiner monumentalen und lange Zeit prägenden Händel-Biografie11 erwähnte, seit dem 19. Jahrhundert verschollene handgeschriebene Notenbuch Händels, das die Jahreszahl 1698 und die Initialen „G. F. H.“ trug, bekannt. Es enthielt Klavierkompositionen von Zachow, Johann Friedrich Alberti (1642–1710), Johann Jacob Froberger (1616–1667), Johann Philipp Krieger (1649–1725), Johann Kaspar Kerll (1627–1693), Johann Wolfgang Ebner (1612–1665) und Nicolaus Adam Strungk (1640–1700).12 Rolland erwähnt alle diese Namen im Haupttext, womit er offensichtlich das breite kompositorische Umfeld hervorheben will, in dem Händel von Zachow ausgebildet wurde. Von Chrysander scheint Rolland auch die Angabe übernommen zu haben, Händel habe vor seinem Weggang nach Hamburg im Jahr 1703 bereits „des centaines de cantates“ komponiert.13 Die Angabe geht im Kern auf Mainwaring zurück, der berichtet, Händel habe „im neunten Jahre schon angefangen, Kirchenstücke mit Stimmen und Instrumenten zu setzen, und hernach wöchentlich damit 4 Jahre herdurch fortzufahren“ (Mainwaring: G. F. Händel, S. 36). Eine solche wöchentliche Komposition von ‚Kirchenstücken‘ – wie die damalige Bezeichnung für Kirchenkantaten lautete – hätte in der Tat zu Hunderten von Kantaten geführt, was jedoch völlig unglaubwürdig ist, selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Altersangabe statt „neun“ vierzehn Jahre, also vier Jahre vor Händels Weggang von Halle, lauten müsste. Als einziges überliefertes Werk erwähnen Chrysander und Rolland
9 Rolland: Haendel, S. 22 f. 10 Vgl. Rolland: Haendel, S. 21, Anm. 2. Gemeint ist die Ausgabe: Zachow, Friedrich Wilhelm: Gesammelte Werke, hg. von Max Seiffert, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905 (Denkmäler deutscher Tonkunst, Folge 1, 21/22). 11 Vgl. Chrysander, Friedrich: G. F. Händel, Bd. 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1858–1867; Reprint: Hildesheim: Georg Olms/Wiesbaden: Breitkopf & Härtel, 1966 f., S. 43. 12 Vgl. Hill, Robert: „Der Himmel weiß, wo diese Sachen hingekommen sind“: Reconstructing the Lost Keyboard Notebooks of the Young Bach and Handel, in: Williams, Peter (Hg.): Bach, Handel, Scarlatti: Tercentenary Essays, Cambridge: Cambridge UP, 1985, S. 75–98. 13 Rolland: Haendel, S. 33. Bei Chrysander heißt es: „Seine Halle’schen Erstlinge, zu denen gewiß mehrere hundert Kirchencantaten gehören, hat er selber nie der Aufbewahrung werth gehalten, und die Bibliotheken seiner Vaterstadt hatten vor lauter Tractätlein und theologischen Streitschriften keinen Raum für die Erzeugnisse der dortigen Organisten. Sie sind fast alle verschollen.“ Chrysander: G. F. Händel, S. 63.
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die Händel zugeschriebene Choralkantate „Ach Herr, mich armen Sünder“14. Auf die beiden von Rolland als „bien douteux“ bezeichneten frühen Oratorien Händels hatte ursprünglich Carl von Winterfeld hingewiesen.15 Chrysander ging eindeutig von einer Fehlzuschreibung aus, weshalb es erstaunlich ist, dass Rolland sie überhaupt noch erwähnt. Das von Rolland in diesem Zusammenhang erwähnte Laudate pueri für Solo-Sopran, das bereits von Chrysander mit Halle, später von anderen abwechselnd mit Hamburg, Halle und den ersten italienischen Jahren in Verbindung gebracht wurde,16 hat Händel nach heutigem Kenntnisstand in Hamburg komponiert. Nimmt man Mainwarings Hinweis auf eine mehrjährige Praxis Händels in der Komposition von Kirchenstücken bereits in Halle ernst, so muss man ein Korpus von mehreren Dutzend Kirchenkantaten annehmen. Leider ist kein einziges Werk aus dieser Gruppe erhalten oder Händel mit völliger Sicherheit zuzuschreiben. Ein 1718 angelegtes Verzeichnis heute verschollener Musikalien in der Halleschen St.-Ulrichs-Kirche aus dem Besitz des Organisten Adam Meissner,17 das Rolland noch nicht kannte, nennt sieben ‚Kirchenstücke‘, von denen Händels Verfasserschaft anzunehmen ist. Aus heutiger Sicht lässt sich zum Frühwerk Händels festhalten, dass auch wenn die Altersangabe „im neunten Jahre“ – wie häufiger bei Mainwaring – sicher untertrieben ist, Händel jedenfalls vor seiner Abreise nach Hamburg 1703 bereits über einen längeren Zeitraum Kirchenkantaten komponiert haben dürfte. Im Artikel „Händel“ seiner Grundlage einer Ehren-Pforte18 betont Mattheson, dass Händel, als er 1703 von Halle nach Hamburg kam, ausgesprochen altmodisch komponierte: Er setzte zu der Zeit sehr lange, lange Arien, und schier unendliche Cantaten, die doch nicht das rechte Geschicke oder den rechten Geschmack, ob wohl eine vollkommene Harmonie hatten; wurde aber bald, durch die hohe Schule der Oper, gantz anders zugestutzet.19
Rolland nimmt dieses Zitat Matthesons zum Anlass, um über die scheinbare Natürlichkeit melodischer Erfindung bei Händel und Beethoven zu reflektieren: 14 Rolland: Haendel, S. 33; Chrysander: G. F. Händel, S. 64. Diese Choralkantate erschien erstmals im 20. Jahrhundert in der Ausgabe Händel, Georg Friedrich: Ach Herr, mich armen Sünder. Kantate für 4 Soli, Chor, Orchester, Cembalo und Orgel, hg. und bearbeitet von Max Seiffert, Lippstadt: Kistner & Siegel, o. J. (Organum, 1. Reihe: Geistliche Gesangmusik 12). 15 Von Winterfeld, Carl: Der evangelische Kirchengesang und sein Verhältnis zur Kunst des Tonsatzes, Bd. 3: Der evangelische Kirchengesang im achtzehnten Jahrhundert, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1843–1847, S. 159 f. und Musikbeilage Nr. 51. 16 Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei Poppe, Gerhard: Beobachtungen zum Laudate pueri F-Dur HWV 236 vor dem Hintergrund der Gattungsgeschichte und von Händels Hamburger Situation, in: Händel-Jahrbuch 51 (2005), S. 131–152, hier insbesondere S. 133, Anm. 9. 17 Vgl. Serauky, Walter: Musikgeschichte der Stadt Halle, Bd. 2,1: Von Samuel Scheidt bis in die Zeit Georg Friedrich Händels und Johann Sebastian Bachs, Halle/Saale, Berlin: Buchhandlung des Waisenhauses, 1939, S. 72–82. Das Verzeichnis ist heute ebenfalls verschollen. 18 Mattheson, Johann: Grundlage einer Ehren-Pforte, woran der tüchtigsten Capellmeister, Componisten, Musikgelehrten Tonkünstler etc. Leben, Wercke, Verdienste etc. erscheinen sollen, Hamburg: Johann Mattheson, 1740. 19 Mattheson: Grundlage einer Ehren-Pforte, S. 93.
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Il est assez remarquable que la mélodie n’ait pas été une langue chez Haendel, qui nous apparaît aujourd’hui comme un génie mélodique. Mais il ne faut pas croire que les belles et simples mélodies jaillissent sans travail d’un génie. Les mélodies de Beethoven qui semblent les plus spontanées lui ont souvent coûté des années de travail intérieur où il les couvait en lui. Et si Haendel parvint à sa puissance d’expansion mélodique, ce fut après des années de sévère discipline, où il apprit, comme un apprenti ciseleur, à modeler les belles formes, et à n’y rien laisser de compliqué ni de vulgaire.20
1. HAMBURG Den Entschluss, Halle 1703 zu verlassen und nach Hamburg zu reisen, fasste Händel wohl vor allem aufgrund der Bedeutung der dortigen Oper. Möglicherweise bestanden bereits Kontakte zu dem in der Nähe von Weißenfels geborenen Reinhard Keiser, dem bedeutendsten Komponisten und seit 1703 Mitpächter der Hamburger Oper am Gänsemarkt. Unter explizitem Rückgriff auf seine Dissertation zum Thema Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti21 widmet Rolland der Hamburger Oper einen längeren Exkurs.22 Auch Keiser wird mit einiger Ausführlichkeit erwähnt, von Rolland allerdings für die Einführung des Italienischen in der deutschen Oper verantwortlich gemacht, womit diese und dann auch Händel ‚entwurzelt‘ worden seien: Tant que Postel et Schott avaient été à la tête de l’Opéra de Hambourg, l’italien avait été tenu à distance. Mais aussitôt que Keiser fut devenu directeur, tout changea. Dans son Claudius de 1703, il fit le premier essai barbare d’un mélange de textes italiens et de textes allemands. C’était pour lui pure fanfaronnade de virtuose, qui voulait montrer, comme il le laisse entendre dans sa préface, qu’il était capable de battre les Italiens sur leur propre terrain. Il ne se demandait point si c’était au détriment de l’opéra allemand. Haendel allait, à son exemple, mêler, dans ses premiers opéras, les airs sur paroles italiennes aux airs sur paroles allemandes ; puis il n’allait plus écrire que des opéras italiens ; et dès lors, son théâtre musical fut sans racines, sans peuple.23
Hier zeigt sich wieder einmal eine bereits zuvor – beispielsweise in seinen Ausführungen zu Zachow – latent angedeutete Dichotomie in Rollands Musikgeschichtsbild: Er betont zum einen die europäische Dimension einer die anderen Stile aufgreifenden deutschen Musik (in der er auch Händel sieht), lässt aber immer wieder eine dezidiert anti-italienische Haltung erkennen.24 Es ist denkbar, dass dies nicht zuletzt eine Folge seiner Wagner-Begeisterung und der Begegnung mit Malwida von Meysenbug in Rom war. Aus Halle kannte Händel bereits den Juristen und Dichter Barthold Feind (1678–1721). Feind hatte zunächst in Wittenberg, dann vermutlich ab 1701 in Halle Jura studiert. Nach dem Abschluss seines Studiums 1703 kehrte er im selben Jahr 20 Rolland: Haendel, S. 48 f. 21 Rolland, Romain: Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne, Paris: Thorin, 1895, S. 217–222. 22 Vgl. Rolland: Haendel, S. 34–42. 23 Rolland: Haendel, S. 41 f. 24 Vgl. hierzu auch den Beitrag von Stephanie Klauk im vorliegenden Band.
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nach Hamburg zurück. Zudem kannte Händel Barthold Heinrich Brockes, der 1700–1702 in Halle Jura studiert hatte. Brockes war allerdings erst 1704 wieder in Hamburg, wo er 1720 zum Ratsherrn gewählt wurde. Händel reiste offensichtlich im Sommer 1703 nach Hamburg. In seinem Kommentar zu Mainwarings Biografie erwähnt Mattheson, dass er Händel erstmals am 9. Juni 1703 „auf einer Orgel“25 getroffen habe. Im Artikel „Händel“ seiner Grundlage einer Ehren-Pforte26 ist ein gemeinsamer Ausflug „zu Wasser“ am 15. Juli und das Spielen der Orgel in der St.Maria-Magdalena-Kirche, der Kirche des Franziskanerklosters am nordwestlichen Rand des mittelalterlichen Stadtgebiets (1807 wegen Baufälligkeit abgerissen), durch Händel und Mattheson am 30. Juli 1703 erwähnt. Auch Gian Gastone de’ Medici (1671–1737), der jüngere Bruder des Erbprinzen der Toskana Ferdinando, der sich von Oktober 1703 bis Februar (möglicherweise sogar bis April) 1704 in Hamburg aufhielt, wird von Rolland erwähnt. Mainwaring zufolge unterhielt sich der Prinz oft mit Händel über italienische Musik, wovon er eine „weitläuffige Sammlung“ besaß. Händel hielt die gezeigten Werke jedoch für so mittelmäßig, „daß die Sänger und Sängerinnen, solche angenehm zu machen, nothwendig Engel seyn müsten“27. Am 17. August 1703 unternahmen Händel und Mattheson eine gemeinsame Reise nach Lübeck, wo sie Dietrich Buxtehude in der Marienkirche hörten. Diese Reise ist für Rolland Anlass für einen längeren Exkurs über Buxtehude. Rolland kannte die Ausgabe der Abendmusiken und Kirchenkantaten28 Buxtehudes von Max Seiffert in den „Denkmälern deutscher Tonkunst“. Zwei dort veröffentlichte Werke werden von ihm nicht nur zitiert, sondern Rolland geht auch auf ihren musikalischen Charakter ein.29 Buxtehude ist für Rolland – darin dem ‚fremden‘ italienischen Geschmack entgegengesetzt – ein geradezu ‚volkstümlicher‘ Künstler und in dieser Hinsicht ein unmittelbares Vorbild für Händel: Le caractère presque homophone de l’écriture, la netteté des beaux dessins mélodiques, d’une clarté populaire, l’insistance des rythmes et des phrases qui se répètent et s’enfoncent dans l’esprit, d’une façon obsédante, sont des traits essentiellement Haendeliens. Ce qui ne l’est pas moins, c’est la magnificence triomphale des ensembles, cette façon de peindre par larges touches de lumière et d’ombre.30 C’est, au plus haut degré, comme l’art de Haendel, une musique pour tout un peuple.31
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Mainwaring: G. F. Händel, S. 45. Mattheson: Grundlage einer Ehren-Pforte, S. 93. Mainwaring: G. F. Händel, S. 54; Rolland: Haendel, S. 58. Buxtehude, Dietrich: Abendmusiken und Kirchenkantaten, hg. von Max Seiffert, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1903 (Denkmäler deutscher Tonkunst, 1. Folge, 14). 29 Vgl. Rolland: Haendel, S. 51 f., Anm. 5: „Voir l’intimité pénétrante, la suavité mélodique de la cantate: Alles was ihr tut mit Worten oder Werken, et la grandeur tragique, avec des moyens si simples, de la magnifique cantate: Gott hilf mir.“ 30 Anm. Rolland: „On trouvera, page 167 du volume des Denkmäler, un Hallelujah de Buxtehude (pour 2 clarini [trompettes], 2 violini, 2 violes, violone, orgue et cinq parties vocales) qui est du pur Haendel, et du plus beau.“ 31 Rolland: Haendel, S. 51 f. Bei den Ausführungen zu Buxtehude konnte sich Rolland auf seinen Pariser Kollegen André Pirro stützen, der 1912 sein Nachfolger auf der Professur für Musikgeschichte an der Sorbonne werden sollte. Pirro arbeitete bereits an seiner Monografie über
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Zumindest Mattheson scheint sich für Buxtehudes Nachfolge interessiert zu haben, die jedoch an die Bedingung geknüpft war, Buxtehudes noch ledige jüngste Tochter (*1675) zu heiraten, was zwei Jahre später auch Johann Sebastian Bach abschreckte. Seit 1703 spielte Händel an der Hamburger Oper in der zweiten Geige, bald darauf aber bereits das Cembalo. Während Keisers Abwesenheit in Weißenfels, wo dieser aus Anlass eines Besuchs des Kurfürsten von der Pfalz seine neue Oper Almira aufführte, vertonte Händel anscheinend im Auftrag Keisers dasselbe Libretto. (Dieser durfte seine Vertonung für den Weißenfelser Hof nicht einfach in Hamburg zur Aufführung bringen.) Am 8. Januar 1705 erlebte in Hamburg Händels Almira ihre erste Aufführung und wurde bis zum 25. Februar etwa zwanzigmal wiederholt. Dafür, dass Keiser dieses Erfolges wegen eifersüchtig geworden sein soll, ein von Rolland und vielen anderen kolportiertes Gerücht, gibt es keinen Anhaltspunkt.32 Die unmittelbar darauffolgende Oper Händels, Nero, deren Musik verschollen ist, war weitaus weniger erfolgreich. Danach ist Händel in Hamburg dokumentarisch nicht mehr nachgewiesen, was zu der Vermutung geführt hat, er habe Hamburg schon 1705 verlassen und sei über Halle nach Italien gereist.33 Es ist anzunehmen, dass er bei der Aufführung von Keisers Passionsoratorium Der blutige und sterbende Jesus auf ein Libretto von Christian Friedrich Hunold (Menantes) am 6. und 8. April 1705 anwesend war, vermutlich sogar als einer der Ausführenden.34 Dieses Passionsoratorium war möglicherweise bereits im Jahr zuvor, am 18. und 20. März 1704, in der Zuchthauskirche aufgeführt worden. In der Passionszeit 1704 dürfte zudem die Aufführung einer oratorischen Johannespassion stattgefunden haben, sofern Händel der Komponist der erhaltenen Partitur ist.35 Es war in Hamburg
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Buxtehude, die 1913 in Paris erschien (Pirro, André: Dietrich Buxtehude, Paris: Fischbacher, 1913). Vgl. Rolland: Haendel, S. 55 f.: „C’était un beau début. Trop beau. Keiser en devint jaloux. […] Cette gloire naissante réveilla son amour-propre. Rien de plus sot que sa jalousie. […] Il remit en musique l’Almira et le Nero, pour écraser Haendel.“ Tatsächlich hat Keiser seine zunächst in Weißenfels aufgeführte Oper Almira in revidierter Gestalt (das Libretto hatte Barthold Feind überarbeitet) 1706 in Hamburg unter dem Titel Der durchlauchtige Secretarius, oder Almira, Königin in Castilien aufgeführt. Die Mär von Keisers verwundeter Eitelkeit scheint auf Chrysander zurückzugehen (vgl. Chrysander: G. F. Händel, S. 129). Vgl. Kirkendale, Ursula: Händel bei Ruspoli: Neue Dokumente aus dem Archivio segreto vaticano, Dezember 1706 bis Dezember 1708, in: Händel-Jahrbuch 50 (2004), S. 309–374. Vgl. Rolland: Haendel, S. 53. Vgl. Kleinertz, Rainer: Zur Frage der Autorschaft von Händels Johannespassion, in: HändelJahrbuch 49 (2003), S. 341–376; vgl. ders.: Handel’s St John Passion: A Fresh Look at the Evidence from Mattheson’s Critica Musica, in: The Consort 61 (Summer 2005), S. 59–80. Der Versuch von John Roberts die Passion Keiser zuzuweisen, (Roberts, John: Placing „Handel’s St. John Passion“, in: Händel-Jahrbuch 51 (2005), S. 153–177) krankt an mehreren methodischen Problemen. Zunächst sind die „apparent borrowings“ (S. 166) alles andere als überzeugend. Vor allem aber sind sie zwei Werken entnommen, die Roberts selbst als „Handel Sources“ veröffentlicht hat, vgl. Keiser, Reinhard: Adonis and Janus, hrsg. von John H. Roberts, New York: Garland, 1986 (Handel Sources 1). Die Datierung der Johannespassion in das Jahr 1697 ist eine freie Erfindung von Roberts, die offensichtlich nur dem Zweck dient, die
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seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert üblich, dass die ‚Operisten‘ in der Karwoche eine oratorische Passion aufführten, zunächst in St. Jakobi, dann ab 1702 in der Zuchthauskirche. Im Dom (Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen) wurde jeweils am 5. Sonntag der Passionszeit (‚Judica‘) eine wesentlich schlichtere Passion des dortigen Director musices Friedrich Nicolaus Brauns aufgeführt. Die aller Wahrscheinlichkeit nach von Händel komponierte Johannespassion mit Arientexten des Hamburger Dichters Christian Heinrich Postel (1658–1705) ging in ihrem künstlerischen Anspruch jedoch weit darüber hinaus, ohne – wie Keisers Der blutige und sterbende Jesus – ein Passionsoratorium zu sein. Aufgrund ihrer Zweiteiligkeit dürfte sie für den liturgischen Gebrauch in einer der Hamburger Kirchen vorgesehen gewesen sein. Rolland kannte sowohl diese Passion als auch die lange Besprechung Matthesons in seiner Critica Musica36, liegt jedoch falsch mit seiner Vermutung, diese sei ebenfalls bereits 1704 geschrieben worden. Auch wurde diese Besprechung in Matthesons Vollkommenem Capellmeister nicht wiederabgedruckt,37 sondern Mattheson kam dort in anderem Zusammenhang wieder auf diese Passion zu sprechen.38 2. ITALIEN Die Reise nach Italien dürfte Händel spätestens im Sommer 1706 angetreten haben. Mainwaring zufolge reiste er zunächst nach Florenz, wo er möglicherweise Gast des Erbprinzen Ferdinando (1663–1713) war. Ein gelegentlich vermuteter Umweg über Venedig, wie es der ‚üblichen‘ Reiseroute entsprochen hätte, kann nicht ausgeschlossen werden. Mainwaring gibt an, Händel habe sich in Florenz „fast ein Jahr“39 aufgehalten und sei von dort zunächst nach Venedig gereist, was für eine Abreise von Hamburg bereits 1705 sprechen würde (sofern Mainwaring nicht einen ersten kürzeren und einen möglichen zweiten längeren Aufenthalt 1708/1709 verwechselt). Sicher ist nur, dass Händel spätestens Ende des Jahres 1706 in Rom war, wo er am 14. Januar 1707 „con stupore di tutti“ auf der Orgel der Lateran-Basilika
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Behauptung zu untermauern, Keiser habe in Adonis und Janus aus seiner älteren Johannespassion entlehnt (und damit eine Entlehnung Händels aus den beiden Opern Keisers in ‚seiner‘ Johannespassion auszuschließen). Beim derzeitigen Kenntnisstand kann die Dichtung der betrachtenden Arien und Duette, die nicht der Bibel oder Chorälen entnommen sind, jedoch nur nach Neumeisters erstem Jahrgang Geistlicher Kantaten (1700) entstanden sein. Matthesons „Des fragenden Componisten Verhör über eine gewisse Passion“ erschien in zwei Teilen im 13. und 14. Stück der Critica Musica, die im November und Dezember 1724 herauskamen. Vgl. Rolland: Haendel, S. 45, 53. Vgl. Mattheson, Johann: Der Vollkommene Capellmeister, das ist gründliche Anzeige aller derjenigen Sachen, die einer wissen, können, und vollkommen inne haben muß, der einer Capelle mit Ehren und Nutzen vorstehen will, zum Versuch entworffen von Mattheson, Hamburg: Christian Herold, 1739, S. 176–178. Mainwaring: G. F. Händel, S. 60–62.
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spielte40 und mit den Kardinälen Benedetto Pamphili, der Erzpriester an jener Kirche war, Carlo Colonna und Pietro Ottoboni bekannt wurde. Im Mai 1707 erhielt er von Pamphili sein erstes italienisches Libretto, das allegorische Oratorium Il trionfo del Tempo e del Disinganno. Im selben Monat trat er in den Haushalt des Marchese Francesco Maria Ruspoli (ab 1709 Fürst von Cerveteri) ein und war Gast in dessen Palazzo Bonelli in Rom und auf dessen Landsitz in Vignanello. Am 19. Oktober 1707 verließ Händel Rom und reiste nach Florenz. Wahrscheinlich im Oktober oder Anfang November 1707 wurde dort am Teatro del Cocomero (heute Teatro Niccolini in der Via Ricasoli) seine erste italienische Oper aufgeführt: Vincer se stesso è la maggior vittoria (heute bekannt als Rodrigo). Laut Mainwaring41 hatte er in Florenz eine Affäre mit der verheirateten Sopranistin Vittoria Farinel, geb. Tarquini (um 1678–nach 1710), der (früheren?) Geliebten des Erbprinzen Ferdinando, was als Klatsch bis an den kurfürstlichen Hof in Hannover drang. (Händel kann sie allerdings auch in Venedig und Rom getroffen haben.) Diese einzige Liebesbeziehung, die aus Händels Leben bekannt ist, konnte auch Rolland nicht unerwähnt lassen. Nachdem Chrysander die von Mainwaring erwähnte Sängerin Vittoria mit einer Vittoria Tesi identifiziert hatte, nennt Rolland unter Anführung der ein Jahr zuvor (1909) erschienenen umfangreichen Händel-Monografie von Richard Alexander Streatfeild korrekt Vittoria Tarquini.42 Diese Richtigstellung gegenüber Chrysander, den Rolland ansonsten häufig heranzog, sowie die nüchterne Art, in der er diese Liebesbeziehung geradezu ‚en passant‘ erwähnt, zeigen einmal mehr, dass Rolland keineswegs an einer romanhaften Gestaltung interessiert, sondern durchaus bemüht war, einen musikwissenschaftlichen Text unter Heranziehung der neuesten Literatur zu verfassen. Von Florenz reiste Händel möglicherweise weiter nach Venedig. Vom 26. Februar bis Anfang Mai 1708 war er wieder Gast von Ruspoli in Rom, in dessen Palast am Ostersonntag und -montag (8./9. April 1708) Händels Oratorium La resurrezione di Nostro Signor Gesù Cristo aufgeführt wurde. Das Orchester mit mindestens 45 Spielern wurde von Arcangelo Corelli geleitet. Etwa Mitte Mai 1708 reiste Händel nach Neapel, wo er bis etwa Mitte Juli blieb. Dort komponierte er die Serenata Aci, Galatea e Polifemo (beendet am 16. Juni 1708) wahrscheinlich im Auftrag der Duchessa Aurora Sanseverino di Laurenzana (wohl die von Mainwaring erwähnte „Donna Laura“) für die Hochzeit ihrer
40 Vgl. Kirkendale, Ursula: Orgelspiel im Lateran und andere Erinnerungen an Händel. Ein unbeachteter Bericht in „Voiage historique“ von 1737, in: Die Musikforschung 41 (1988), S. 1– 9, hier S. 1. 41 Vgl. Mainwaring: G. F. Händel, S. 61. 42 Vgl. Rolland : Haendel, S. 63. In Fußnote 1 merkt Rolland an: „C’est Ademollo, dans un article de la Nuova Antologia (16 juillet 1889), et R.-A. Streatfeild, qui ont rétabli le véritable nom de la chanteuse de Rodrigo. Ainsi, a été détruite la légende romanesque, accréditée depuis Chrysander, de l’amour de Haendel pour la fameuse Vittoria Tesi. Celle-ci n’avait que sept ans en 1707, et elle ne débuta qu’en 1716.“ Den Hinweis auf Alessandro Ademollo scheint er aber nur von Streatfeild übernommen zu haben. Vgl. Streatfeild, Richard Alexander: Handel, London: Methuen, 1909, S. 30 f.
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Nichte.43 Bei der Aufführung, die anscheinend im Rahmen der Hochzeit am 19. Juli stattfand, war Händel offensichtlich wieder in Rom, da er für die Zeit von Mitte Juli bis Mitte September in den Haushaltsrechnungen des Marchese Ruspoli nachweisbar ist. Danach verliert sich Händels Spur für mehr als ein Jahr. Im November 1709 war bereits die Rückreise nach Deutschland geplant, zu der er am 9. November 1709 von Ferdinando de’ Medici Empfehlungsschreiben an den Pfalzgrafen Carl Philipp in Innsbruck und den Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz erhielt. Vielleicht fiel in die Zeit von 1708 bis 1709 der von Mainwaring erwähnte fast einjährige Aufenthalt Händels in Florenz. Ende 1709 war Händel in Venedig, wo am 26. Dezember seine zweite italienische Oper, Agrippina, als zweite Oper der Karnevalstagione am Teatro di S. Giovanni Grisostomo mit Durastanti in der Titelrolle aufgeführt wurde. Anwesend waren wohl der Bruder des hannoverschen Kurfürsten und späteren Königs Georg I. von England sowie der britische Gesandte Charles Montagu, Earl of Manchester. Soweit die Fakten zu Händels Jahren in Italien, wie sie nach aktuellem Forschungsstand bekannt sind.44 Rollands Angaben gehen hier ebenso wild durcheinander wie oft noch in der neueren Händel-Literatur, wo sich Gesichertes und Vermutetes immer wieder gegenseitig neu durchdringen. Seine Quelle scheint dabei insbesondere die damals aktuelle Händel-Monografie von Streatfeild gewesen zu sein, ohne dass Rolland dessen Angaben stets übernommen hätte. So wird beispielsweise aus Streatfeilds Vermutung, Händel habe Aci, Galatea e Polifemo für die Akademie der Arkadier in Neapel komponiert,45 bei Rolland falsche Sicherheit: „Pour les Arcadiens de Naples, il écrivait sa belle Serenata: Aci, Galatea e Polifemo.“46 3. HANNOVER UND ENGLAND Spätestens Ende Mai 1710 hielt sich Händel in Hannover auf, zunächst anscheinend als Cembalist, dann ab 16. Juni 1710 als Kapellmeister des Kurfürsten Georg Ludwig von Braunschweig-Lüneburg (1660–1727) mit einem Gehalt von 1000 Talern. Zusätzlich hatte er die Erlaubnis, im Herbst, wenn der Hof sich zur Jagd auf dem Land aufhielt, reisen zu können. Nach einem Besuch in Halle reiste er über Düsseldorf, wo der Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz mit seiner Gemahlin Anna
43 Vgl. Rolland: Haendel, S. 68–70. Keineswegs hielt sich Händel, wie Rolland annimmt, „près d’un an, de juin 1708 au printemps de 1709“ (S. 68) in Neapel auf. 44 Vgl. hierzu insbesondere auch Riepe, Juliane: Händel vor dem Fernrohr. Die Italienreise, Beeskow: Ortus Musikverlag, 2013. 45 Vgl. Streatfeild: Handel, S. 43: „There was a branch of the Arcadian Academy at Naples, which greeted Handel with acclamation, and it is almost certain that he composed the pastoral cantata, Aci, Galatea e Polifemo, a work which has nothing save name in common with the better known Acis and Galatea, for one of the Academical gatherings.“ 46 Rolland: Haendel, S. 69. In einer Fußnote merkt Rolland an: „L’Aci, Galatea e Polifemo de 1708 n’a aucun rapport avec l’Acis and Galatea de 1720.“
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Maria Luisa de’ Medici, einer Schwester Ferdinandos und Gian Gastones, residierte, nach London, wo er um den 1. Dezember 1710 eintraf. Sein Dienstherr Kurfürst Georg Ludwig stand seit 1702 in der britischen Thronfolge an erster Stelle. Die Reise hatte also vermutlich auch diplomatische Gründe. Bei Hof wurde er wohl von dem hannoverschen Diplomaten Christoph Friedrich Kreienberg eingeführt. Am 24. Februar 1711 (alle auf England bezogenen Daten bis 1752 sind hier nach dem julianischen Kalender angegeben) wurde in London am Queen’s Theatre am Haymarket seine Oper Rinaldo uraufgeführt. Nach der Rückkehr nach Hannover im Juni 1711 reiste Händel spätestens im September 1712 wieder nach London, das von da an sein ständiger Wohnsitz werden sollte. Der Kurfürst folgte wohl einer Bitte des Duke of Marlborough, „Hendell auf einige Monaht hieher zu kommen erlaubniss zu geben“47. Von 1713 bis 1716 wohnte Händel als Gast von Richard Boyle (1694–1753), 3. Earl of Burlington, in Burlington House am Piccadilly (heute Royal Academy of Arts), wo er unter anderem den Schriftsteller John Gay (1685–1732) und den Arzt und Schriftsteller John Arbuthnot (1667–1735) kennenlernte. Obwohl Händel mit den Opern Rinaldo (1711), Teseo (1713) und Amadigi di Gaula (1715) große Erfolge gefeiert hatte, kam es 1717 zur Schließung des Opernunternehmens im King’s Theatre am Haymarket. Möglicherweise war dies der Anlass für die Komposition der Brockes-Passion, die er Mattheson zufolge „in England verfertiget, und in einer ungemein eng-geschriebenen Partitur auf der Post hieher geschickt hat“48. In Hamburg muss die Partitur deutlich vor Palmsonntag 1718 eingetroffen sein, als Matthesons Vertonung desselben Librettos aufgeführt wurde. In der Passionszeit 1719 wurden dann nacheinander vier Vertonungen dieses Librettos – von Georg Philipp Telemann, Keiser, Händel und Mattheson – aufgeführt, was nahelegt, dass es sich um eine Art Wettbewerb um die Nachfolge des Hamburger Johanneumskantors Joachim Gerstenbüttel (1647–1721) handelte. Sein Nachfolger wurde dann tatsächlich nur drei Monate nach seinem Tod einer der vier: Telemann. Händel dürfte zu diesem Zeitpunkt bereits kein Interesse mehr an der Stelle gehabt haben. Rolland konnte dieser Hintergrund nicht bekannt sein. Er geht, dem Werkbegriff des 19. Jahrhunderts verpflichtet, von einer ‚Mode‘ aus (wobei er übersieht, dass wir dann auch Bachs Passionen einer solchen ‚Mode‘ verdanken würden), in deren Rahmen Händel sich mit seinen Rivalen messen wollte: Il y avait alors en Allemagne une mode des Passions musicales. C’était un courant religieux et théâtral à la fois. On y pouvait démêler l’influence du piétisme et celle de l’opéra. Keiser, Telemann, Mattheson écrivaient à Hambourg des Passions qui faisaient grand bruit, sur un texte fameux du sénateur Brockes. A leur exemple, peut-être pour se mesurer avec ces hommes qui tous trois avaient été ses rivaux ou ses amis, Haendel reprit le même texte, et écrivit lui aussi, en 1716, une Passion nach Brockes. Cette œuvre puissante et disparate, où le mauvais goût et le sublime se coudoient, où la préciosité et l’emphase se mêlent à l’art le plus profond et le plus sobre (œuvre que J.-S. Bach connut bien et dont il s’est ressouvenu), fut pour Haendel une 47 Kreienberg an Kurfürst Georg Ludwig, 23.05./03.06.1712, zit. nach Chisholm, Duncan: Handel’s Lucio Cornelio Silla: Its Problems and Context, in: Early Music 14 (1986), S. 64–70, hier S. 70. 48 Mattheson: Grundlage einer Ehren-Pforte, S. 96.
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Rainer Kleinertz expérience décisive. Il sentit, en l’écrivant, tout ce qui le séparait de l’art piétiste allemand ; et, de retour en Angleterre, il écrivit les Psaumes et Esther.49
Neben vielen Details, die Rolland beim damaligen Kenntnisstand unbekannt sein mussten, ist die hier als historische Notwendigkeit formulierte Chronologie der Werke keineswegs gesichert. Es ist durchaus möglich, dass Esther bereits vor der Brockes-Passion komponiert wurde.50 Von Anfang August 1717 bis weit in das Jahr 1718 hielt sich Händel bei James Brydges (1674–1744), Earl of Carnarvon, ab 1719 Marquess of Carnarvon und Duke of Chandos, auf dessen Landsitz in Cannons auf (vermutlich unterbrochen durch Aufenthalte in London). In Cannons entstand im Frühjahr 1718 die Masque Acis and Galatea und vielleicht auch Esther, das erste englische Oratorium, dessen Entstehung und anzunehmende Uraufführung im Dunkeln liegen.51 Eine Abschrift der vollständigen ersten Fassung von Esther in der Malmesbury Collection trägt den Titel: „The Oratorium / Composed by / George Frederick Handel Esquire / in London / 1718“. In einem gedruckten Textbuch von 1732 ist angegeben: „As it was Composed for the Most Noble James Duke of Chandos.“ Dieses experimentelle Werk in sechs kurzen Szenen ging wohl auf Überlegungen von Thomas Brereton zurück, der 1715 im Vorwort zu seiner Übersetzung der gleichnamigen Tragédie mit Musik von Jean Racine gefordert hatte, die antiken Opernsujets durch solche aus der Bibel zu ersetzen.52 Es ist anzunehmen, dass an der Weiterführung dieses Gedankens und der Kondensierung der Esther-Handlung zu einer kurzen, vollständig vertonbaren Dichtung Händel maßgeblich beteiligt war. Händels Situation in London veränderte sich 1719 grundlegend durch die Gründung der Royal Academy of Music, einem finanziell gut ausgestatteten Opernunternehmen mit Unterstützung des Königs und von Aristokraten. Von den Direktoren wurde er zum „Master of the Orchestra, with a Salary“ bestellt53 und reiste zur Gewinnung exzellenter Sänger im Mai 1719 über Düsseldorf und Halle – angeblich versuchte Bach von Köthen aus vergeblich, Händel dort zu treffen – nach
49 Rolland: Haendel, S. 97 f. Mit den Psaumes sind die sogenannten Chandos Anthems gemeint, vgl. S. 99. 50 Vgl. Kleinertz, Rainer: Zum Problem der Entlehnungen bei Händel am Beispiel der BrockesPassion und der ersten Fassung von Esther, in: Händel-Jahrbuch 55 (2009), S. 195–208. 51 Vgl. Kleinertz, Rainer: Esther (HWV 50a/b), in: Zywietz, Michael (Hg.): Händels Oratorien, Oden und Serenaten. Das Handbuch, Laaber: Laaber-Verlag, 2010 (Das Händel-Handbuch 3), S. 215–230. Beim Druck dieses Artikels sind im Vorsatz mit Angabe der Gattung, der Erstaufführung und der Verfasser des Librettos sinnentstellende Änderungen vorgenommen worden. Der ursprüngliche, korrekte Text lautet: „Oratorio, 6 Szenen / 3 Akte. UA: 1. Fassung: unbekannt, vermutlich Cannons oder London um 1718; 2. Fassung: 2.5.1732, King’s Theatre Haymarket, London. Libretto: Verfasser unbekannt (möglicherweise Alexander Pope und/oder John Arbuthnot; Zusätze der 2. Fassung von Samuel Humphreys).“ Das von Rolland angegebene mögliche Datum einer Erstaufführung, der 29. August 1720 (Rolland: Haendel, S. 100), lässt sich nicht belegen. 52 Vgl. Brereton, Thomas: Esther: Or, Faith Triumphant. A Sacred Tragedy, London: o. V., 1715. 53 Eisen, Walter/Eisen, Margret (Hg.): Händel-Handbuch, Bd. 4: Dokumente zu Leben und Schaffen, Kassel [u. a.]: Bärenreiter, 1985, S. 85.
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Dresden, wo für die Hochzeit des Thronfolgers Friedrich August und der habsburgischen Prinzessin Maria Josepha hervorragende Sänger engagiert worden waren, darunter der berühmte Kastrat Francesco Bernardi, genannt Senesino. Händel hielt sich bis etwa Anfang November 1719 in Dresden auf und dürfte auch die von Antonio Lotti für die Hochzeit komponierte und erstmals am 13. September 1719 aufgeführte Oper Teofane gehört haben.54 Die Royal Academy of Music begann am 2. April 1720 mit Giovanni Portas (1675–1755) Numitore; am 27. April folgte dann – noch ohne Senesino, der erst im September in London eintraf – in Anwesenheit des Königs und des Prince of Wales die eigentliche Eröffnung mit Händels Radamisto.55 Diese erste Academy of Music, für die Händel insgesamt zwölf Opern komponierte, darunter mit Giulio Cesare in Egitto (1724) eine seiner erfolgreichsten, schloss nach sieben Spielzeiten im Juni 1728. Für Rolland sind dieses Unternehmen und die zahlreichen Meisterwerke, die Händel hierfür komponierte, nur ein ‚rachitischer‘ Irrweg, auf dem Händel seine Kräfte vergeudete und den er erst mit der ‚nationalen‘ Kunst seiner Oratorien, in denen Rolland den Kern des Schaffens Händels sieht, würde verlassen können.56 Am Schluss seiner Lebensbeschreibung Händels, und bevor er in einem zweiten Teil auf L’Esthetique et l’œuvre Händels eingeht, lässt Rolland schließlich noch den praktischen Zweck seiner Händel-Monografie erkennen: „A nous maintenant de faire pénétrer en France le sens vivant de ce grand art tragique et lumineux, comme celui des Grecs.“57 In einer Fußnote verweist Rolland auf die ein Jahr zuvor (1909) erfolgte Gründung einer von Eugène Borrel und Félix Raugel geleiteten „Société G.-F. Haendel“ in Paris, deren Zweck die Verbreitung der Werke Händels war.58 Vier Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs wollte Rolland Händels Musik, die sich nicht nur an eine Elite, sondern an „tout un peuple“59 richtete, in Frankreich bekanntmachen. Es ist nicht ohne Ironie, dass für ihn der italienisch geprägte ‚internationale‘ Händel nur von untergeordneter Bedeutung war, während dieser sowohl in England als auch in Deutschland als ‚nationaler‘ Komponist vereinnahmt wurde.
54 Vgl. hierzu Kleinertz, Rainer: Thronfolge als Problem. Zur Bedeutung der Pragmatischen Sanktion von 1713 für das Dramma per musica, in: Béhar, Pierre [u. a.] (Hg.): Maria Theresias Kulturwelt. Geschichte, Religiosität, Literatur, Oper, Ballettkultur, Architektur, Malerei, Kunsttischlerei, Porzellan und Zuckerbäckerei im Zeitalter Maria Theresias, Hildesheim: Olms, 2011 (Documenta austriaca – Literatur und Kultur in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie 2), S. 77–90. 55 Vgl. Kleinertz, Radamisto (HWV 12a/b), in: Jacobshagen, Arnold/Mücke, Panja (Hg.): Händels Opern. Das Handbuch, Bd. 2, Laaber: Laaber-Verlag, 2009, S. 93–104. 56 Vgl. Rolland: Haendel, S. 101 f. 57 Rolland: Haendel, S. 144. 58 Vgl. Schneider, Herbert: Händel und Frankreich – Frankreich und Händel, in: Göttinger HändelBeiträge 14 (2012), S. 23–49, hier S. 39. 59 Rolland: Haendel, S. 228.
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Romain Rollands Haendel
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DIE ‚ANDERE‘ MUSIK NEBEN BEETHOVEN Europa und Nation in Rollands Musik(geschichts)bild Stephanie Klauk Es ist hinreichend bekannt, dass Romain Rolland sich im Rahmen seiner schriftstellerischen Tätigkeit in nicht unerheblichem Maße der Musik gewidmet hat. In diesem Zusammenhang wird seine Bedeutung als Musikwissenschaftler heute jedoch kaum noch wahrgenommen. Rolland befasste sich in seiner 1895 an der Sorbonne angenommenen Dissertation mit dem neapolitanischen Opernkomponisten Francesco Provenzale (1624‒ 1704).1 1903 erhielt er den ersten Lehrstuhl für Musikwissenschaft an seiner Heimatuniversität und begründete damit die Historische Musikwissenschaft als ordentliches Lehrfach in Frankreich.2 Bezüglich seines literarischen Schaffens und seiner politischen Wirkung wird ihm immer wieder eine kosmopolitische Haltung zugeschrieben. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob sich dies auch auf seine musikwissenschaftlichen Arbeiten übertragen lässt. Zunächst legt der Blick auf seine Publikationen eine europäische Perspektive insofern nahe, als sie deutsche, französische und italienische Musik gleichermaßen umfassen (vgl. Auswahlbibliografie am Ende dieses Beitrags). Im Gegensatz zur im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert emphatisch nationalen Verortung von Musik lassen die exemplarisch ausgewählten Veröffentlichungen die diesbezügliche Offenheit Rollands erkennen sowie auch ein thematisch bzw. gattungsgeschichtlich und chronologisch breites Interessengebiet.3 Dabei schien er ‒ auch unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung seiner Schriften4 ‒ von verschiedenen Motivationen geleitet zu sein und legte den Schwerpunkt auf unterschiedliche Fragestellungen. So skizziert Catherine Massip vier methodische Grundgedanken im 1 2 3 4
Vgl. Rolland, Romain: Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne, Paris: Thorin, 1895 (Bibliothèque des Ecoles Françaises d’Athènes et de Rome 71). Vgl. Rosteck, Jens: Rolland, Romain, in: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Bd. 14, Kassel [u. a.]: Bärenreiter-Verlag [u. a.], 2005, Sp. 298–301. Vgl. zu einer vollständigeren Übersicht über „Romain Rollands musikwissenschaftliche Werke und Vorlesungen“, in: Fähnrich, Hermann: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, in: Die Musikforschung 9/1 (1956), S. 34–45, hier S. 42‒45. Vgl. zu einer rein chronologischen Unterteilung des musikwissenschaftlichen Werks in drei Perioden (1. 1890‒1895; 2. 1899‒1914 und 3. erste Hälfte der 1920er-Jahre bis 1944): Fähnrich: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, S. 36.
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Musikschrifttum Rollands: Erstens die Kombination von musikwissenschaftlichen mit historischen, politischen und soziologischen Fragestellungen, wie beispielsweise in seinen Arbeiten über die Verbreitung der Oper in Europa; zweitens einen textkritischen bzw. musikphilologischen Zugang, zum Beispiel bei den Konversationsheften und Skizzenbüchern Beethovens; drittens einen psychologisch geprägten Ansatz, der vor allem in Rollands Händel-Biografie zum Tragen kommen soll,5 sowie viertens die Entwicklung einer Theorie einer ‚europäischen‘ Musik im Einklang mit seinen politischen Ideen.6 Stefan Hanheide trifft hingegen eine eher gattungstypologische Unterscheidung in ebenfalls vier Kategorien: erstens die im engeren Sinn musikwissenschaftlichen Arbeiten; zweitens die Schrift Vie de Beethoven7, die „nicht in erster Linie dem Verstehen von Kunst ‒ die Biografie Beethovens steht ganz im Vordergrund, während die Musik nur eine marginale Rolle spielt ‒, sondern der Belebung, ja Beseelung durch Beethovens Lebensweg“ gedient und damit „eine ethische Funktion“8 erfüllt habe; drittens der Musiker-Roman Jean-Christophe9, der ein Beispiel für die Völkerverständigung vornehmlich zwischen Deutschland und Frankreich liefere und mit dem vierten methodischen Grundgedanken bei Catherine Massip konform geht, und viertens die späten Beethoven-Schriften. Sowohl die Beispiele für die verschiedenen methodischen Ansätze Rollands als auch für die literarisch-wissenschaftlichen Gattungen, in die jene eingeflossen sind, verdeutlichen die zentrale Stellung deutscher Komponisten. Auch mit den einzigen beiden ‒ biografisch angelegten ‒ Monografien zu Georg Friedrich Händel und besonders zu Ludwig van Beethoven setzt Rolland einen offensichtlichen Schwerpunkt in der deutschen Musikgeschichte des 18. und 19. Jahrhunderts. Einerseits wurde sein Interesse an Deutschland offenbar erst durch die Entdeckung der beethovenschen Musik geweckt, die ihm – neben der Musik Händels und Johann Sebastian Bachs – als „Schlüssel zum Verständnis des Volkes und seiner Kultur“ 10 diente. Andererseits galt Rollands Interesse in erster Linie „Gestalt und Werk der
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Hingegen spricht Carl Dahlhaus der Händel-Biografie von Rolland gerade diesen psychologischen Ansatz ab (vgl. Rolland, Romain: Georg Friedrich Händel, Neuausgabe mit einem Vorwort von Carl Dahlhaus, München: Piper, 1985, S. 8). Siehe hierzu Hanheide, Stefan: Die Beethoven-Interpretation von Romain Rolland und ihre methodischen Grundlagen, in: Archiv für Musikwissenschaft 61 (2004), S. 255–274, hier S. 261. 6 Vgl. Massip, Catherine: Romain Rolland, musicologue, in: Chagny-Sève, Anne-Marie (Hg.): Permanence et pluralité de Romain Rolland. Actes du colloque tenu à Clamecy 22–24 septembre 1994, Nevers: Conseil général de la Nièvre, 1995, S. 257–265, hier S. 258. 7 Rolland, Romain: Vie de Beethoven, Paris: Hachette, 1903. 8 Hanheide: Die Beethoven-Interpretation von Romain Rolland, S. 257. 9 Rolland, Romain: Jean-Christophe, Paris: Cahiers de la Quinzaine, 1904–1912 ; Paris: Albin Michel, 1961. 10 Heitmann, Klaus: Die beiden Flügel des Abendlandes. Deutschlandbild und Frankreichbild in Romain Rollands ‚Jean-Christophe‘, in: Heitmann, Klaus (Hg.): Spiegelungen. Romanistische Beiträge zur Imagologie, Heidelberg: Winter, 1996 (Studia Romanica 86), S. 91–107, hier S. 92.
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großen Schöpfer der Musik“11. Die „heroische Persönlichkeit“12 war für seine Wertungen entscheidend, daher gibt er einem Gluck, Händel, Beethoven den Vorzug gegenüber einem Lully, Berlioz und Wagner. In diesem Sinne entspricht die heldische Größe des Menschen einem übernationalen Denken und Empfinden, einer Kunst für alle (Händel, Gluck, Mozart, Beethoven).13
Demnach wären die gewählten Komponisten nur „Mittel zum Zweck“14: „He wants to instruct men to their good through the hero. He wants to bring them a new ‚friend‘.“15 Hierzu bedient er sich eben am häufigsten und ausführlichsten der Persönlichkeit Beethovens, der er sich in seinem Musikschrifttum von 1903 bis zu seinem Tod immer wieder widmet. Während er mit seiner Monografie Vie de Beethoven (1903) den Nerv des französischen Zeitgeistes traf, wurden seine späteren Beethoven-Schriften (in Frankreich) in weitaus geringerem Maße und auch weniger positiv rezipiert. Auch wenn sich Rolland dem Komponisten und seinem Werk dort eher mit einem ‚gelehrten‘ Anspruch nähert, bleibt er letztlich einer ‚psychologischen‘ Methode verhaftet, die sich zum Zeitpunkt der Publikationen ‒ zwischen 1928 und 1945 ‒ als nicht mehr zeitgemäß erwies. Von musikalischer Analyse ist dort schwerlich zu sprechen, Bedeutung erlangten sie vor allem durch den „charm of the poetical language“16. Mit Blick auf Quantität und Qualität des Musikschrifttums von Rolland ist also durchaus eine Fokussierung auf die deutsche Musik erkennbar. Es bleibt allerdings die Frage, ob sich darüber hinaus ein dezidiert europäisches Denken innerhalb seiner musikalischen Schriften nachweisen lässt. Welche Bedeutung kommt der Musik als völkerverbindendem Element tatsächlich zu? Ausgehend von Romain Rollands Beethoven-Schriften soll zunächst untersucht werden, ob und auf welche Weise sich in seinem literarischen und musikwissenschaftlichen Œuvre ein europäisches Musikgeschichtsbild erkennen lässt. Hierzu begeben wir uns auf die Spuren der ‚anderen‘ Musik ‒ also der französischen und italienischen ‒ in Romain Rollands Beethoven-Schriften. Sowohl die französische als auch die italienische Musik spielen zunächst in der ‚subjektiven Wahrheit‘ des Literaten und Zeitzeugen Rolland eine zentrale Rolle. Aus dieser Perspektive verfasst Rolland bekanntlich den Musiker-Roman JeanChristophe. Formal erinnert sein Roman an die „Verflechtung von Themen und Gegenthemen in einer Beethovenschen Symphonie“17, Beethoven stand jedoch vor
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Fähnrich: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, S. 38. Fähnrich: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, S. 38. Fähnrich: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, S. 38. Schrade, Leo: Beethoven in Frankreich, Bern, München: Francke, 1980, S. 168 (Original: Beethoven in France. The Growth of an Idea, New York: Da Capo Press, 1978 [unveränderter Abdruck der Erstausgabe von 1942]). 15 Schrade: Beethoven in France, S. 159. 16 Schrade: Beethoven in France, S. 173. 17 Hülle-Keeding, Maria: Romain Rollands visionäres Beethovenbild im ‚Jean-Christophe‘, Frankfurt/M. [u. a.]: Lang, 1997 (Werkstruktur und Hintergrund 7), S. 18. Diese Monografie
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allem für die Figur des Protagonisten Pate. Rolland verortet sie in seiner eigenen Gegenwart, um auf diese Weise eine Bewertung des zeitgenössischen Musikschaffens in Deutschland, Frankreich und Italien vorzunehmen, und lässt die Werke seiner Romanfigur in der musikalischen Sprache Europas, sprich Deutschlands, Italiens und Frankreichs, gipfeln: l’union des plus belles forces musicales de son temps : la pensée affectueuse et savante d’Allemagne aux replis ombreux, la mélodie passionnée d’Italie, et le vif esprit de France, riche de rythmes fins et d’harmonies nuancées.18
Dabei sind die (Musik-)Nationen Deutschland und Frankreich jedoch deutlich überrepräsentiert.19 Italien spielt nicht nur eine eher untergeordnete Rolle, sondern das im Roman vermittelte Italienbild ist zudem von Klischees geprägt.20 Es wäre aber wohl übertrieben, wollte man Rolland hier eine Beurteilung der Musik durch die national gefärbte Brille unterstellen. Der Vergleich dieser im literarischen Schaffen verarbeiteten subjektiven Wahrheit mit der ‚historischen Wahrheit‘ des Musikwissenschaftlers Rolland kann sich in diesem Zusammenhang als aufschlussreich erweisen. Fragt man nach der französischen und italienischen Musik in Romain Rollands musikwissenschaftlichen Beethoven-Schriften, so wird man erstaunlicherweise kaum fündig. Im Gegensatz zu seiner beethovenschen Romanfigur Jean-Christophe und auch im Gegensatz zu anderen seiner im engeren Sinn musikwissenschaftlichen Schriften stellt Rolland Beethoven in seinen musikhistorischen Publikationen nicht in ein gesamteuropäisches Umfeld. Selbst wenn man die frühe Monografie Vie de Beethoven, die ja einen eher biografisch-moralisierenden Zweck erfüllen sollte, unberücksichtigt lässt, ist das Fehlen jedweder historischen Einordnung der beethovenschen Werke in seiner mehrbändigen Monografie Les Grandes Epoques créatrices21 auffällig.
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ist nahezu unverändert aus der Dissertationsschrift der Verfasserin hervorgegangen: dies.: Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans ‚Jean-Christophe‘. Strukturfragen und geistigkünstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Diss., 1973. Rolland, Romain: Jean-Christophe, Paris: Albin Michel, 1961, S. 1557‒1558. Vgl. dazu auch: Francis, Richard A.: Les œuvres musicales de ‚Jean-Christophe‘, in: Chagny-Sève (Hg.): Permanence et pluralité de Romain Rolland, S. 125–134, hier S. 132. Vgl. Heitmann: Die beiden Flügel des Abendlandes, S. 91‒107. Italien wird hier nicht einmal erwähnt. Dem entspricht beispielsweise auch, dass Rolland Italien zum Zeitpunkt seines Rom-Aufenthaltes anhand der Renaissance-Klassiker beschreibt, jedoch kein Interesse für das aktuelle Italien und die zeitgenössische italienische Literatur zeigt (vgl. den Artikel von Wilfert-Portal, Blaise: Un ‚grand cosmopolite‘? Romain Rolland et l’Italie ou les contradictions d’un inter-nationaliste in diesem Band). Rolland, Romain: Les Grandes Epoques créatrices, Bd. 1: De l’Héroïque à l’Appassionata, Bd. 2: Goethe et Beethoven, Bd. 3 Le Chant de la Résurrection (La Messe solennelle et les Dernières Sonates), Bd. 4: La Cathédrale Interrompue (La Neuvième Symphonie, Les Derniers Quatuors, Finita Comedia), Paris: Editions du Sablier, 1928–1945.
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So beschreibt er in einem immerhin über 40 Seiten umfassenden Kapitel Beethovens Oper Fidelio bzw. Leonore als einzigartiges Monument, ohne sie in die Geschichte der französischen Opéra-comique einzureihen: La grande et classique humanité de Leonore, – inaugurée dans l’Alceste et l’Orphée de Gluck, ainsi que dans quelques scènes de Mozart, – reste comme un monument de la meilleure Europe, qu’au seuil du siècle XIX avaient entrevue Gœthe et Beethoven, – et que cent ans de tourmentes n’ont pas, depuis, permis de réaliser.22
Stattdessen versucht Rolland, den Vergleich lediglich mit Christoph Willibald Gluck und den deutschen ‚heroischen‘ Komponisten Händel und Wolfgang Amadeus Mozart heranzuziehen, indem er Beethoven unterstellt, aus Stolz mit seinen ‚großen Rivalen der Vergangenheit‘ auch auf dem Gebiet des Musiktheaters konkurrieren und sie übertreffen zu wollen.23 Zutreffender dürfte wohl eher die ganz pragmatische Motivation gewesen sein, als Komponist in Paris Fuß zu fassen, was mit Erfolg traditionellerweise eben nur als Opernkomponist möglich war. Rollands Fokussierung auf die deutschen Heroen ist dabei nicht etwa von der zeitgenössischen musikwissenschaftlichen Forschung konditioniert. So wird eine angemessene historische Verortung beispielsweise bereits etliche Jahre zuvor von Maurice Kufferath vorgenommen: Par sa forme, elle [l’œuvre Fidelio] appartient au genre du Singspiel allemand, correspondant à l’ancien opéra-comique français, que l’opéra et le drame lyrique ont remplacé et relégué presque complètement loin de la scène. Mais par son style, par tout le caractère de la composition, prise dans sa totalité, il en diffère essentiellement et profondément.24
Kufferath erkennt zwar die Besonderheit der beethovenschen Oper an, zeigt gleichzeitig aber auch Entstehungseinflüsse auf und weist auf ihre Bedeutung hin, ohne die die nachfolgende Entwicklung des europäischen Musiktheaters nicht zu erklären sei.25 Auch wenn Rolland die Monografie des belgischen Musikkritikers und Dirigenten nicht zitiert, darf man mit einiger Sicherheit davon ausgehen, dass er die 1913 in Paris erschienene Schrift gekannt hat. Jedenfalls hat er den aktuelleren deutschen Aufsatz „Zur Dramaturgie des Fidelio“ (1924) rezipiert, eventuell auch den drei Jahre später erschienenen „Die dramaturgische Bedeutung des Fidelio“ (1927), die sich beide bezeichnenderweise lediglich dramaturgischen Aspekten der Oper widmen.26 22 Rolland, Romain: Beethoven. Les Grandes Epoques créatrices, édition définitive, Bd. 1: De l’Héroïque à l’Appassionata [1928], Paris: Albin Michel, 1966, S. 207. 23 Rolland: Beethoven, S. 167: „Car, de tous les terrains artistiques, le théâtre était celui où Beethoven se trouvait le plus inexpérimenté. Mais l’obstacle l’attirait. Son orgueil voulait, dans leur dernier bastion, disputer la couronne à ses grands rivaux du passé: Gluck, Hændel et Mozart.“ 24 Kufferath, Maurice: Fidelio de L. van Beethoven, Paris: Fischbacher, 1913, S. 273. 25 Vgl. Kufferath: Fidelio, S. 272: „On ne peut concevoir sans lui ni Meyerbeer dans son entier, ni Wagner dans sa définitive incarnation esthétique et musicale. Le drame lyrique moderne est tout entier contenu en substance dans Fidelio, voilà ce qu’il importe de reconnaître!“ 26 Waltershausen, Hermann W. von: Zur Dramaturgie des Fidelio, in: Neues Beethoven Jahrbuch 1 (1924), S. 142‒158, vgl. Rolland: Beethoven, S. 206; Wellesz, Egon: Die dramaturgische Bedeutung des Fidelio, in: Adler, Guido (Hg.): Beethoven-Zentenarfeier. Wien, 26.–31. März 1927, Internationaler Musikhistorischer Kongress, Wien: Universal-Edition, 1927, S. 48‒51.
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Rollands systematische Ausblendung der ‚anderen‘ Musik in seinen musikwissenschaftlichen Beethoven-Schriften tritt noch deutlicher in Bezug auf die italienische Musik hervor. In dem 1910 erschienenen Aufsatz „Les origines du ‚Style classique‘ dans la musique allemande du XVIIIe siècle“27 geht Rolland ausführlich auf die Bedeutung einer gesamteuropäischen Tradition für die Ausbildung der klassischen (Instrumental-)Musik ein: Mais ce que je veux dès à présent mettre en lumière, c’est que les chefs de la nouvelle musique allemande, bien que pénétrés d’un sentiment national très profond, étaient imprégnés des souffles étrangers, qu’ils avaient recueillis tout le long des frontières de l’Allemagne, – Tchèques, Polonais, Italiens, Français. […] Ai-je besoin d’ajouter que ce n’est pas dans la mesquine pensée de diminuer la grandeur ou l’originalité de l’art classique allemand de la fin du XVIIIe siècle, que je veux montrer qu’il doit, pour une bonne part, son renouvellement à des influences ou à des éléments étrangers ? – Il fallait qu’il en fût ainsi, pour que cet art devînt rapidement universel, comme il advint.28
Damit soll – ähnlich wie in seinem Musikerroman Jean-Christophe – der Musik eine völkerverbindende Rolle zugeschrieben werden. Rolland beschreibt für den Höhepunkt des kompositorischen Schaffens seiner Romanfigur eine musikalische Sprache Europas, die die schönsten ‚nationalen‘ musikalischen Stärken in sich vereine. Er benennt in diesem Zusammenhang die weise Gedankenwelt Deutschlands, die leidenschaftliche Melodik Italiens und den lebendigen Geist Frankreichs, während er in seinem Aufsatz über die Entstehung des klassischen Stils keine konkreten Beiträge der Musiknationen anführt. Im Vordergrund steht dort die Beteiligung Deutschlands, Frankreichs und Italiens an einem gemeinsamen Schaffen und demzufolge auch an einem gemeinsamen Besitz der klassischen Kunst: De ces victoires, si rares, un des plus beaux exemples est, en musique, l’art classique allemand de la fin du XVIIIe siècle. Cet art est devenu le bien, le pain de tous, de tous les hommes d’Europe, parce qu’au fond tous y ont collaboré, tous y ont mis du leur. Si un Gluck, si un Mozart, nous sont si chers, c’est qu’ils sont à nous tous. Tous: Allemagne, France, Italie, ont contribué à les fabriquer de leur esprit et de leur sang.29
Während ein solches idealistisches Konstrukt im Beethoven-Roman vage bleiben konnte, hätte man in einer musikwissenschaftlichen Schrift auch Belege erwartet. Rolland geht letztlich jedoch nur auf den prägenden Einfluss der deutschen (bzw. böhmischen) Musik ein, indem er sich vor allem auf die Publikationen von Hugo Riemann beruft.30 Vor dem Hintergrund der Entstehung des noch jungen universitären Faches Musikwissenschaft von Deutschland aus erscheint dies zunächst verständlich. Sowohl der ‚Vorsprung‘ bei der Erforschung deutscher Musik als auch
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Den Beitrag der Beethoven-Zentenarfeier hat Rolland möglicherweise auch seinerzeit gehört. Er war dort jedenfalls eingeladen und hat sich mit einem Vortrag beteiligt. Vgl. dazu auch Sister, Corinne: La musique dans la vie de Romain Rolland, in: La Revue de l’Université de Laval 7/10 (1953), S. 864–879, hier S. 878. Rolland, Romain: Les origines du ‚Style classique‘ dans la musique allemande du XVIIIe siècle, in: SIM. Revue musicale mensuelle 6/1 (1910), S. 81‒99. Rolland: Les origines du ‚Style classique‘, S. 98 f. Rolland: Les origines du ‚Style classique‘, S. 99. Vgl. Rolland: Les origines du ‚Style classique‘, S. 89.
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die Ausbreitung des Faches mitsamt seiner Methoden und Inhalte musste sich zwangsläufig auch auf das Musikgeschichtsbild anderer europäischer Länder auswirken. Gleichwohl wurde der ‚deutsche Blick‘ auf die musikalische Historiografie bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts kritisiert, in Italien vor allem durch Fausto Torrefranca, dem von 1941 an ersten Lehrstuhlinhaber der italienischen Musikwissenschaft. Als Kenner einer Vielzahl von teilweise bis heute unbearbeiteten Quellen in italienischen Archiven und Bibliotheken gerade zur italienischen Instrumentalmusik des 18. Jahrhunderts veröffentlichte er ab 1910 einschlägige Beiträge, die überwiegend in der Rivista Musicale Italiana erschienen.31 Über rein positivistische Forschungen hinausgehend versuchte er damit vor allem, die Bedeutung der italienischen Musik im 18. Jahrhundert, konkret für die Ausbildung der Wiener Klassik, herauszustellen. Auf seine teilweise sehr ausgeprägt nationalistischen Untertöne ist es hauptsächlich – oder zumindest vordergründig – zurückzuführen, dass er nicht nur von der zeitgenössischen internationalen Musikwissenschaft ignoriert wurde, sondern eine angemessene Rezeption seiner Schriften bis heute nicht stattgefunden hat.32 Auch Rolland hat Torrefranca offenbar nicht rezipiert, jedenfalls zitiert er ihn an keiner Stelle, noch weist er auf konkrete Einflüsse der italienischen Musik hin. Im ersten Band seiner Beethoven-Schrift Les Grandes Epoques créatrices: De l’Héroïque à l’Apassionata (1928) gibt er im Zusammenhang mit dem Frühwerk Beethovens den damaligen Forschungsstand aus der deutschen und der französischen Literatur wieder, dessen Tenor war, dass Beethoven mit seinen Klaviersonaten bis op. 23 (1801) lediglich ‚imitiere‘ und in der Tradition von (deutschen) Vorgängern wie Carl Philipp Emanuel Bach, Joseph Haydn und Mozart stehe.33 Rolland widerspricht an dieser Stelle, um auf die Originalität dieser Werke hinzuweisen, jedoch nicht, um einen gesamteuropäischen Einfluss auf Beethoven geltend zu machen: Mais on se tromperait lourdement, en méconnaissant l’originalité de celles-ci. Dire, comme on le fait aujourd’hui, qu’elles ne sont qu’un prolongement, ou une ‘imitation’ de l’art antérieur, dont elles paraphrasent les formes et l’esprit – écrire qu’il y ‘reste assujetti au style galant établi par Ph.-Em. Bach, Haydn et Mozart’, et que ces vingt-deux premières sonates ‘demeurent, dans leur ensemble, au-dessous des plus hautes productions des musiciens de l’époque précédente’, – 31 Vgl. hierzu die Bibliografie von Rostirolla, Giancarlo: Bibliografia degli scritti di (e su) Fausto Torrefranca, in: Ferraro, Giuseppe/Pugliese, Annunziato (Hg.): Fausto Torrefranca: L’uomo, il suo tempo, la sua opera. Atti del Convegno Internazionale di Studi Vibo Valentia, 15–17 dicembre 1983, Vibo Valentia: Istituto di Bibliografia Musicale Calabrese, 1993, S. 371‒394. 32 Vgl. dazu beispielsweise Klauk, Stephanie: Fausto Torrefranca und seine Schriften zur Entstehung des Streichquartetts. Rezeption und Perspektiven der Forschung, in: Klauk, Stephanie/ Aversano, Luca/Kleinertz, Rainer (Hg.): Musik und Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus. Deutsch-italienische Perspektiven/Musica e musicologia all’epoca del fascismo. Prospettive italo-tedesche, Sinzig: Studio-Verlag, 2015 (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft 19), S. 45‒62. 33 Damit bezieht er sich vor allem auf Selva, Blanche: La Sonate. Etude de son évolution technique, historique et expressive en vue de l’interprétation et de l’audition, Paris: Rouart, Lerolle & Cie, 21913, S. 99.
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Stephanie Klauk c’est perdre le souvenir du bouleversement produit, à l’apparition de ces œuvres, dans l’esprit de la génération qui les entendit pour la première fois.34
Rolland hätte hier Gelegenheit gehabt, sein vages und idealisiertes Konzept einer ‚paneuropäischen‘ klassischen Musik durch neuere Belege aus der Forschungsliteratur zu konkretisieren und zu stützen. So propagiert Torrefranca in mehreren Publikationen, die zeitgleich mit bzw. nach der Veröffentlichung von Rollands erwähntem Aufsatz zur Entstehung des klassischen Stils erschienen sind, verschiedene italienische Komponisten als ‚Vorläufer‘ Beethovens: „La creazione della sonata drammatica moderna rivendicata all’Italia“ und „Poeti minori del clavicembalo“ (1910), „Le origini della sinfonia: le Sinfonie dell’imbrattacarte (G. B. Sammartini)“ (1913, 1914, 1915), „La lotta per l’egemonia musicale nel Settecento“ (1917, 1918), alle in der Rivista Musicale Italiana erschienen.35 Dass Rolland diese Schriften Torrefrancas nicht gekannt hätte, kann mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden. Er stand nicht nur mit französischen und deutschen,36 sondern nachweislich auch mit italienischen Kollegen in Kontakt. Er las mit gewisser Regelmäßigkeit die von Benedetto Croce ins Leben gerufene Critica, deren Lektüre er auch römischen Freunden empfahl,37 und pflegte ab 1908 besonders intensive Kontakte zu Autoren des florentinischen Fachblattes für Kultur und Politik La Voce.38 Vor allem aber zählte Rolland von spätestens 1909 bis zu seinem Tode zu den ausländischen Mitarbeitern der im engeren Sinn ersten italienischen Fachzeitschrift Rivista Musicale Italiana, die ab 1894 in Turin erschien und über einen längeren Zeitraum von Torrefranca herausgegeben wurde. Ihr kommt das Verdienst zu, unter ihren Autoren nicht nur die prominentesten Vertreter der noch jungen italienischen Musikhistoriografie vereint, sondern auch qualifizierte ausländische Fachvertreter, vor allem deutsche und französische, miteinbezogen zu haben.39 Unter den italienischen Mitarbeitern befanden sich beispielsweise Oscar Chilesotti ‒ zu dem auch ein persönlicher Kontakt bestand40 ‒ und Luigi Torchi, zu den ‚collaboratori stranieri‘
34 Rolland: Beethoven, S. 84 f. 35 Auf diesen umfangreichen Aufsätzen basiert zu großen Teilen auch Fausto Torrefrancas 779 Seiten umfassende Monografie Le origini italiane del romanticismo musicale. I primitivi della sonata moderna, Torino: Bocca, 1930. 36 Vgl. dazu beispielsweise Duchesneau, Michel: Romain Rolland et La Revue musicale d’Henry Prunières, in: Duchatelet, Bernard (Hg.): Romain Rolland et la musique. Journées internationales Romain Rolland, Vézelay, 6–7 octobre 2012. Suivi de Mélusine: scénario inédit de Romain Rolland, Dijon: Editions Universitaires de Dijon, 2013 (Ecritures), S. 37‒45. 37 Vgl. Gugenheim, Suzanne: Romain Rolland e l’Italia, Milano [u. a.]: Cisalpino, 1955, S. 113. 38 Vgl. Giordan, Henri (Hg.): Romain Rolland et le mouvement florentin de La Voce. Correspondance et fragments du Journal, Paris: Albin Michel, 1966 (Cahiers Romain Rolland 16). 39 Vgl. Surian, Elvidio (Hg.): Répertoire International de la Presse Musicale. Rivista musicale italiana (1894‒1932, 1936‒1943, 1946‒1955), Bd. 1.: Calendar/Catalogo Cronologico 1894‒ 1908, Baltimore (Md.): RIPM, 2011, S. IX/XVII. 40 So bittet Rolland den italienischen Komponisten und Musikhistoriografen in einem Brief um Mitarbeit an einer geplanten Musikenzyklopädie zur italienischen Instrumentalmusik des 16. und 17. Jahrhunderts. Vgl. Gugenheim: Romain Rolland e l’Italia, S. 72.
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zählten unter anderen die beiden wohl bekanntesten deutschsprachigen Musikwissenschaftler der Zeit, Guido Adler und Hugo Riemann, aber auch der bereits erwähnte Belgier Maurice Kufferath. Rolland war also Teil eines relativ engen europäischen Netzwerks von Musikwissenschaftlern und Komponisten. Davon zeugen nicht nur seine Korrespondenz, sondern auch die zahlreichen Rezensionen seiner Werke. So wurden in der Rivista Musicale Italiana auch seine die Musik betreffenden Schriften rezensiert. In Band 15 (1908) finden sich Rezensionen von gleich dreien seiner Publikationen: Vie de Beethoven (Paris: Hachette, 1907), die Aufsatzsammlung Musiciens d’aujourd’hui (Paris: Hachette, 1908) und Musiciens d’autrefois (Paris: Hachette, 1908). Die Beethoven-Schrift wird positiv rezipiert: Der Rezensent ‒ bei dem es sich den Initialen R. G. nach um Romualdo Giani handeln dürfte41 ‒ bezeichnet sie als ein bewundernswert exaktes und harmonisches Buch, die Größe der beethovenschen Seele wäre auf den wenigen Seiten ausgebreitet.42 Ebenfalls positiv wird auch die Sammlung Musiciens d’autrefois besprochen, die sich nach einem einleitenden Kapitel über die Stellung der Musik in der Geschichte der Entwicklung der Oper in fünf Abschnitten widmet: Die Oper vor der Oper; Die erste Opernaufführung in Paris: Der ‚Orfeo‘ von Luigi Rossi; Bemerkungen über Lully, Gluck, Grétry, Mozart.43 Rezensent ist nun Ildebrando Pizzetti, Komponist und Musikkritiker, dessen Bekanntschaft Rolland 1911 bei einer Konferenz am Istituto Francese in Florenz gemacht hat.44 Während sich Rolland in seiner Beethoven-Biografie ganz auf die schöpferische Entwicklung und das Seelenleben des Komponisten konzentriert und damit von vornherein weitgehend unangreifbar für historische Kritik blieb, versuchte er in Musiciens d’autrefois eine ‚europäische‘ Musik aus der historischen Distanz zu beschreiben. Aus seiner insgesamt zehn Aufsätze umfassenden Schrift Musiciens d’aujourd’hui („Berlioz“, „Wagner“, „Camille Saint-Saëns“, „Vincent d’Indy“, „Richard Strauss“, „Hugo Wolf“, „Don Lorenzo Perosi“, „Pelléas et Mélisande de Claude Debussy“, „Musique française et musique allemande“, „Le renouveau“) liest der Rezensent Romualdo Giani jedoch vor allem den nationalistischen Tenor Rollands heraus. Er unterstellt ihm, eine Idee der Vorherrschaft der französischen Musik zu vertreten, die die deutsche Musik (von der sich auch Giani distanziert) abgelöst hätte.45 Das durchscheinende Konzept nationaler musikalischer Hegemonien ‒ wobei Rolland lediglich die „ausklingende Epoche der deutschen Romantik (Strauss, 41 Vgl. Surian (Hg.): Répertoire International de la Presse Musicale. Rivista musicale italiana, S. XV/XXIII. 42 „Libro mirabile d’esattezza e d’armonia. Tutta la grandezza dell’anima beethoveniana è in queste pagine brevi“ (R. G. [Giani, Romualdo]: R. Rolland, Vie de Beethoven. (Vie des hommes illustres), Paris: Hachette, 1907 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 205– 206, hier S. 205). 43 Vgl. I. P. [Pizzetti, Ildebrando]: R. Rolland, Musiciens d’autrefois, Paris: Hachette, 1908 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 826‒828. 44 Vgl. Gugenheim: Romain Rolland e l’Italia, S. 34 f. 45 „Li collega un’idea che, annunciata sin dalle prime pagine […], s’accampa risoluta nelle ultime: il concetto della fortuna serbata alla musica francese, a cui, nella fede dell’Autore, già cede
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Reger, Mahler)“ 46 wertet und Komponisten wie Hans Pfitzner oder Arnold Schönberg unberücksichtigt lässt ‒ steht in deutlichem Widerspruch zu einer tatsächlich kosmopolitischen Haltung und erinnert sprachlich und ideologisch vielmehr an Fausto Torrefrancas Aufsatz „La lotta per l’egemonia musicale nel Settecento“, der 1917‒1918 erstmals in der Rivista Musicale Italiana erschien.47 Torrefrancas musikwissenschaftliche Schriften wurden von Rolland nicht rezipiert, obwohl gerade sie seine Idee einer gesamteuropäischen Prägung des klassischen Stils (durch Deutschland, Frankreich und Italien) hätten stützen können. Könnte also diese Tatsache auf ein nationalistisch geprägtes Musikgeschichtsbild des Franzosen zurückzuführen sein? Dies scheint zumindest die Auffassung von Torrefranca gewesen zu sein, der seinerseits die Publikationen Rollands sehr wohl rezipierte und dessen Positionen ‒ wenn auch eher en passant ‒ mit mehr als deutlicher Kritik und offensiven Seitenhieben kommentierte: Gli storici che ci hanno preceduti, hanno offerto, come sappiamo, soluzioni erronee di questo problema: una pangermanistica i tedeschi, guidati dal Riemann; un’altra astratta e semplicistica i francesi; seguaci tutti, chi più chi meno, del Rolland. Il quale ha l’aria, tutt’altro che romantica, di chi dispensa gli onori del nuovo stile tra Francia, Germania e Italia; con un fare cerimonioso che trova di rigore lasciar cadere qualche sostenuta espressione di cortese rammarico, all’indirizzo della decadenza italiana. Professore di seconda mano, protettore di gusto francese, lo ringraziamo tanto del trattenimento e del rinfresco e lo salutiamo. Ma, come il Riemann era il profeta dei professori, il Rolland era il poeta dei dilettanti […].48 quella d’ogni altra gente. Ma l’orgoglio della propria stirpe (‚boria nazionale‘ la chiamava il Vico) non toglie al Rolland di pregiare e ammirare anche tra i barbari l’altezza d’ingegno. Che se della più recente arte tedesca egli scrive: ‚Malgré tout le talent qui y abonde encore, elle a perdu certaines de ses qualités essentielles: elle n’a presque plus aucun intérêt mélodique: elle n’a plus aucune profondeur‘, chi schiettamente, gli saprebbe dar torto?“ (R. G. [Giani, Romualdo]: R. Rolland, Musiciens d’aujourd’hui, Paris: Hachette, 1908 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 638). „Hier verbindet er eine Idee, die, bereits auf den ersten Seiten angekündigt […], sich deutlich auf den letzten manifestiert: das Erfolgskonzept, das der französischen Musik vorbehalten ist, der, nach Auffassung des Autors, diejenige aller anderen bereits am Weichen ist. Aber der Stolz auf die eigene Abstammung (von Vico ‚nationaler Dünkel‘ genannt) hindert Rolland nicht, auch unter den Barbaren größere Begabungen zu schätzen und zu bewundern. Wenn er von der aktuellen deutschen Kunst schreibt: ‚Malgré tout le talent qui y abonde encore, elle a perdu certaines de ses qualités essentielles: elle n’a presque plus aucun intérêt mélodique: elle n’a plus aucune profondeur‘, wer, ehrlich gesagt, wüsste ihm darin zu widersprechen?“ [Übers. S. K.] 46 Fähnrich: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, S. 38. 47 Vgl. Torrefranca, Fausto: La lotta per l’egemonia musicale nel Settecento, in: Rivista Musicale Italiana 24 (1917), S. 343‒378; Rivista Musicale Italiana 25 (1918), S. 1–28; S. 137–175: erneuter Abdruck in Torrefrancas Monografie Le origini italiane del romanticismo musicale, S. 285‒387. 48 Torrefranca, Fausto: La lotta per l’egemonia, 24 (1917), S. 343‒344, bzw. ders.: Le origini italiane del romanticismo musicale, S. 285‒286. „Die Historiker, die uns vorangegangen sind, haben, wie wir wissen, falsche Lösungen dieses Problems angeboten: eine pangermanistische von den Deutschen, angeführt von Riemann; eine andere, abstrakte und vereinfachende der Franzosen, der alle – der eine mehr, der andere weniger – nacheifern, von Rolland. Dieser vermittelt den Anschein, der alles andere als romantisch ist, die Verdienste des neuen Stils gleichmäßig auf Frankreich, Deutschland und Italien zu verteilen; mit einem zeremoniellen Gehabe,
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Während er Riemanns Auffassung als pangermanistisch bezeichnet, unterstellt er Rolland ein abstraktes und vereinfachtes Konzept, in dem einerseits der neue Instrumentalstil aus Frankreich, Deutschland und Italien gleichermaßen hervorgegangen sein soll, in dem andererseits aber auf die Dekadenz der italienischen Musik hingewiesen wird, was dem französischen Geschmack verpflichtet ist. Geradezu beleidigend wird Torrefranca dann mit der Bezeichnung Rollands als „Professor zweiter Reihe“ und „Poet der Dilettanten“ (im Gegensatz zu Riemann als „Prophet der Professoren“). In ihren nationalistischen Haltungen zum Musikgeschichtsbild des Settecento bezeichnet er Riemann als durch und durch deutsch („tedeschissimo“) und Rolland als germanophil („tedescofilo“).49 Bei aller Vorsicht im Umgang mit Torrefrancas Kritik ist das konsequente Verschweigen von dessen Forschungsarbeiten in Rollands Beethoven-Werk Les Grandes Epoques créatrices auffällig und steht im Widerspruch zur für verschiedene Epochen und in unterschiedlichen Schriften vertretenen Idee einer gesamteuropäischen Musik. Auch an den beiden oben angeführten Rezensionen zu den Aufsatzsammlungen Musiciens d’autrefois und Musiciens d’aujourd’hui lässt sich die unterschiedliche Betrachtungsweise Rollands ablesen, der im Bereich der älteren Musik einen universellen Ursprung postuliert, für die zeitgenössische Musik (19. und 20. Jahrhundert) jedoch eine Ablösung der deutschen Vorherrschaft durch die französische Musik propagiert. Der Wendepunkt für Rollands Behandlung und Methode liegt musikhistorisch im 18. Jahrhundert, in dem der neue musikalische Stil aus einem Zusammenwirken deutscher, französischer und italienischer Einflüsse entstanden sein soll. De facto geht Rolland aber nur auf den deutschen Einfluss auf die ‚klassische‘ Musik ein. Anhand seiner Ausführungen zu Beethovens Fidelio und den frühen Klaviersonaten in Les Grandes Epoques créatrices: De l’Héroïque à l’Apassionata wurde ersichtlich, dass Rolland keine Einordnung der beethovenschen Werke in den französischen und italienischen musikhistorischen Kontext vorgenommen hat. Dies ist einerseits wohl auf die besondere Motivation bzw. auf die gattungstypologische Kategorie dieser Schrift zurückzuführen, bei der es sich letztlich eher um eine Heroen-Biografie mit psychologischem Ansatz als um einen rein musikwissenschaftlichen Text handelt. Andererseits könnte die Kluft zwischen seinem idealisierten Nationenkonzept und seiner ‚Wissenschaftlichkeit‘, die aus der systematischen Ausblendung der Forschungsliteratur zum italienischen Einfluss auf Beethoven
bei dem er es für nötig hält, einige zurückhaltende Äußerungen höflichen Bedauerns in Bezug auf die italienische Dekadenz fallen zu lassen. Professor zweiter Reihe, Bewahrer des französischen Geschmacks, wir bedanken uns herzlich für seine Unterhaltung und lassen ihn abtreten. Aber, so wie Riemann Prophet der Professoren war, war Rolland Poet der Dilettanten […].“ [Übers. S. K.] 49 Torrefranca: La lotta per l’egemonia, 25 (1918), S. 1, bzw. ders.: Le origini italiane del romanticismo musicale, S. 321.
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hervorgeht, auch auf ein Musikgeschichtsbild Rollands schließen lassen, das eher als „inter-national“50 denn als kosmopolitisch bezeichnet werden sollte.51 LITERATURVERZEICHNIS Cioli, Monica/Rifkind, David: Lo Stato dell’arte. Fascismo e legittimazione culturale, in: Scienza e Politica 25/48 (2013), S. 135–148. Duchesneau, Michel: Romain Rolland et La Revue musicale d’Henry Prunières, in: Duchatelet, Bernard (Hg.): Romain Rolland et la musique. Journées internationales Romain Rolland, Vézelay, 6–7 octobre 2012. Suivi de Mélusine: scénario inédit de Romain Rolland, Dijon: Editions Universitaires de Dijon, 2013 (Ecritures), S. 37‒45. Fähnrich, Hermann: Romain Rolland als Musikwissenschaftler, in: Die Musikforschung 9/1 (1956), S. 34‒45. Francis, Richard A.: Les œuvres musicales de ‚Jean-Christophe‘, in: Chagny-Sève (Hg.): Permanence et pluralité de Romain Rolland, S. 125–134. R. G. [Giani, Romualdo]: R. Rolland, Musiciens d’aujourd’hui, Paris: Hachette, 1908 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 638). R. G. [Giani, Romualdo]: R. Rolland, Vie de Beethoven. (Vie des hommes illustres), Paris: Hachette, 1907 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 205–206. Giordan, Henri (Hg.): Romain Rolland et le mouvement florentin de La Voce. Correspondance et fragments du Journal, Paris: Albin Michel, 1966 (Cahiers Romain Rolland 16). Gugenheim, Suzanne: Romain Rolland e l’Italia, Milano [u. a.]: Cisalpino, 1955. Hanheide, Stefan: Die Beethoven-Interpretation von Romain Rolland und ihre methodischen Grundlagen, in: Archiv für Musikwissenschaft 61 (2004), S. 255–274. Heitmann, Klaus: Die beiden Flügel des Abendlandes. Deutschlandbild und Frankreichbild in Romain Rollands ‚Jean-Christophe‘, in: Heitmann, Klaus (Hg.): Spiegelungen. Romanistische Beiträge zur Imagologie, Heidelberg: Winter, 1996 (Studia Romanica 86), S. 91–107. Hülle-Keeding, Maria: Romain Rolland. Eine Analyse seines Romans ‚Jean-Christophe‘. Strukturfragen und geistig-künstlerische Probleme, Tübingen, Univ., Diss., 1973. Hülle-Keeding, Maria: Romain Rollands visionäres Beethovenbild im ‚Jean-Christophe‘, Frankfurt/ M. [u. a.]: Lang, 1997 (Werkstruktur und Hintergrund 7). Klauk, Stephanie: Fausto Torrefranca und seine Schriften zur Entstehung des Streichquartetts. Rezeption und Perspektiven der Forschung, in: Klauk, Stephanie/Aversano, Luca/Kleinertz, Rainer (Hg.): Musik und Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus. Deutsch-italienische Perspektiven/Musica e musicologia all’epoca del fascismo. Prospettive italo-tedesche, Sinzig: StudioVerlag, 2015 (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft 19), S. 45‒62. Kufferath, Maurice: Fidelio de L. van Beethoven, Paris: Fischbacher, 1913. 50 Vgl. dazu Wilfert-Portal: Un ‚grand cosmopolite‘? Der Begriff „inter-national“ wird dort im eigentlichen Sinne des Wortes verstanden. Mit ihm definiert Wilfert-Portal das Verhältnis Rollands zu den Autoren der italienischen Zeitschrift La Voce im Sinne einer „internationale des nationalistes“. Tatsächlich nähme Rolland eine antikosmopolitische Haltung ein und unterscheide sich von reaktionären Nationalisten lediglich durch seine deutschlandfreundliche Gesinnung. 51 Vergleichbare Phänomene treten im Bereich der Bildenden Kunst auf. So ist letztlich auch der vermeintliche Gegensatz zwischen dem kosmopolitischen Leitbild der Futuristen einerseits und den faschistischen Nationalisierungsbestrebungen andererseits wohl eher mit der Vorstellung einer Hegemonie der italienischen Kunst in Europa zu erklären bzw. zu ersetzen. Vgl. Cioli, Monica /Rifkind, David: Lo Stato dell’arte. Fascismo e legittimazione culturale, in: Scienza e Politica 48 (2013), S. 135‒148, hier S. 143 f.
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Massip, Catherine: Romain Rolland, musicologue, in: Chagny-Sève, Anne-Marie (Hg.): Permanence et pluralité de Romain Rolland. Actes du colloque tenu à Clamecy 22–24 septembre 1994, Nevers: Conseil général de la Nièvre, 1995, S. 257–265. I. P. [Pizzetti, Ildebrando]: R. Rolland, Musiciens d’autrefois, Paris: Hachette, 1908 [Rezension], in: Rivista Musicale Italiana 15 (1908), S. 826‒828. Rolland, Romain: Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne, Paris: Thorin, 1895 (Bibliothèque des Ecoles Françaises d’Athènes et de Rome 71). Rolland, Romain: Vie de Beethoven, Paris: Hachette, 1903. Rolland, Romain: Jean-Christophe, Paris: Cahiers de la Quinzaine, 1904–1912 ; Paris: Albin Michel, 1961. Rolland, Romain: Musiciens d’autrefois, Paris: Hachette, 1908. Rolland, Romain: Musiciens d’aujourd’hui, Paris: Hachette, 1908. Rolland, Romain: Les origines du ‚Style classique‘ dans la musique allemande du XVIIIe siècle, in: SIM. Revue musicale mensuelle 6/1 (1910), S. 81‒99. Rolland, Romain: Les Grandes Epoques créatrices, 4 Bde., Paris: Editions du Sablier, 1928–1945. Rolland, Romain: Beethoven. Les Grandes Epoques créatrices, édition définitive, Bd. 1: De l’Héroïque à l’Appassionata [1928], Paris: Albin Michel, 1966. Rolland, Romain: Georg Friedrich Händel, Neuausgabe mit einem Vorwort von Carl Dahlhaus, München: Piper, 1985. Rosteck, Jens: Rolland, Romain, in: Finscher, Ludwig (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik, Bd. 14, Kassel [u. a.]: Bärenreiter-Verlag [u. a.], 2005, Sp. 298–301. Rostirolla, Giancarlo: Bibliografia degli scritti di (e su) Fausto Torrefranca, in: Ferraro, Giuseppe/ Pugliese, Annunziato (Hg.): Fausto Torrefranca: L’uomo, il suo tempo, la sua opera. Atti del Convegno Internazionale di Studi Vibo Valentia, 15–17 dicembre 1983, Vibo Valentia: Istituto di Bibliografia Musicale Calabrese, 1993, S. 371‒394. Schrade, Leo: Beethoven in Frankreich, Bern, München: Francke, 1980 (Original: Beethoven in France. The Growth of an Idea, New Haven: Yale UP, 1942). Selva, Blanche: La Sonate. Etude de son évolution technique, historique et expressive en vue de l’interprétation et de l’audition, Paris: Rouart, Lerolle & Cie, 21913. Sister, Corinne: La musique dans la vie de Romain Rolland, in: La Revue de l’Université de Laval 7/10 (1953), S. 864–879. Surian, Elvidio (Hg.): Répertoire International de la Presse Musicale. Rivista musicale italiana (1894‒1932, 1936‒1943, 1946‒1955), Bd. 1.: Calendar/Catalogo Cronologico 1894‒1908, Baltimore (Md.): RIPM, 2011. Torrefranca, Fausto: La lotta per l’egemonia musicale nel Settecento, in: Rivista Musicale Italiana 24 (1917), S. 343‒378; Rivista Musicale Italiana 25 (1918), S. 1–28; S. 137–175. Torrefranca, Fausto: Le origini italiane del romanticismo musicale. I primitivi della sonata moderna, Torino: Bocca, 1930. Waltershausen, Hermann W. von: Zur Dramaturgie des Fidelio, in: Neues Beethoven Jahrbuch 1 (1924), S. 142‒158. Wellesz, Egon: Die dramaturgische Bedeutung des Fidelio, in: Adler, Guido (Hg.): BeethovenZentenarfeier. Wien, 26.–31. März 1927, Internationaler Musikhistorischer Kongress, Wien: Universal-Edition, 1927, S. 48‒51.
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AUSWAHLBIBLIOGRAFIE VON ROMAIN ROLLANDS SCHRIFTEN ZUR MUSIK Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne, Paris: Thorin, 1895 (Bibliothèque des Ecoles Françaises d’Athènes et de Rome 71). Richard Strauss, in: Revue de Paris 6 (1899), S. 769‒789. Don Lorenzo Perosi, in: Revue de Paris 7 (1899), S. 443‒448. Tristan, in: Revue d’art dramatique 8 (1899), S. 171‒177. Notes sur l’‚Orfeo‘ de Luigi Rossi et sur les musiciens italiens à Paris, sous Mazarin, in: Revue musicale 1 (1901), S. 225‒236; S. 363‒372. La première représentation du ‚San Alessio‘ de Stefano Landi en 1632, à Rome, d’après le journal manuscrit de Jean-Jacques Bouchard, in: Revue musicale 2 (1902), S. 29‒36; S 74. Rossini, in: Revue musicale 2 (1902), S. 374‒381. ‚Siegfried‘, in: Revue de Paris 9/1 (1902), S. 188‒204. Vie de Beethoven, Paris: Fischbacher, 1903 (Cahiers de la Quinzaine). Mozart, in: Revue d’art dramatique 13 (1903), S. 15‒26; S. 49‒57. Vincent d’Indy, in: Revue de Paris 10/1 (1903), S. 401‒420. Berlioz, in: Revue de Paris 11/2 (1904), S. 65‒88; S. 331‒352. Gluck. Une Révolution dramatique, in: Revue de Paris 11/3 (1904), S. 736‒772. Jean-Christophe, Paris: Cahiers de la Quinzaine, 1904‒1912. Hugo Wolf, in: Revue de Paris 12/3 (1905), S. 401‒421. La Musique en Italie au XVIIIe siècle, in: Revue de Paris 12/4 (1905), S. 763‒790. La Musique en Allemagne au XVIIIe siècle, in: Revue de Paris 13/1 (1906), S. 852‒882. L’opéra populaire à Venise. Francesco Cavalli, in: Mercure musical 2/1 (1906), S. 60‒70; S. 151‒160. Musiciens d’autrefois, Paris: Hachette, 1908. Musiciens d’aujourd’hui, Paris: Hachette, 1908. Haendel, Paris: Alcan, 1910 (Les Maîtres de la Musique). Les origines du ‚Style classique‘ dans la musique allemande du XVIIIe siècle, in: SIM. Revue musicale mensuelle 6/1 (1910), S. 81‒99. Métastase, précurseur de Gluck, in: SIM. Revue musicale mensuelle 8/1, Nr. 4 (1912), S. 1‒10. Les Grandes Epoques créatrices, Band I: De l’Héroïque à l’Appassionata, Paris: Editions du Sablier, 1928. Les Grandes Epoques créatrices, Band II: Goethe et Beethoven, Paris: Editions du Sablier, 1930. Les Grandes Epoques créatrices, Band III: Le Chant de la Résurrection (La Messe solennelle et les Dernières Sonates), 2 Bde., Paris: Editions du Sablier, 1937. Les Grandes Epoques créatrices, Band IV: La Cathédrale Interrompue, (La Neuvième Symphonie, Les Derniers Quatuors, Finita Comedia), 3 Bde., Paris: Editions du Sablier, 1943‒1945.
IV. KOMMUNIKATION UND REZEPTION: VOM ZEITZEUGEN ZUR FIKTIVEN GESTALT
« Р. РОЛЛАН […] ЛЕВ ТОЛСТОЙ ФРАНЦИИ – ROMAIN ROLLAND EST LE TOLSTOÏ DE LA FRANCE » (MAKSIM GOR’KIJ) Roland Marti Le titre de cette communication est tiré de l’hommage écrit par Maksim Gor’kij1 à l’occasion du 60e anniversaire de Romain Rolland. Publié en français l’année même de l’anniversaire dans deux versions différentes, l’original russe ne verra le jour qu’un an plus tard : Для меня Р.Роллан уже давно Лев Толстой Франции, но Толстой без ненависти к разуму, без этой страшной ненависти, которая была для русского рационалиста источником его великих страданий и так жестоко мешала ему остаться гениальным художником.2 Il y a déjà longtemps qu’à mes yeux Romain Rolland est le Tolstoï de la France, mais un Tolstoï exempt de haine pour la raison – de cette terrible haine qui fut, pour le rationaliste russe, la source de ses grandes souffrances et l’empêcha si cruellement de rester un artiste génial.3 Pour moi Romain Rolland est depuis longtemps Léon Tolstoi de la France, mais Tolstoi sans la haine de la raison, sans cette haine étrange qui pour le rationaliste russe a été l’origine de ses grandes souffrances et qui l’a empêché de rester l’artiste de génie.4
Le passage cité réunit deux ‘grands noms’ de la littérature engagée, Romain Rolland et Lev Tolstoj, et est issu de la plume d’un troisième ‘grand nom’, Maksim Gor’kij. 1 2
3 4
La translittération des noms et expressions russes s’effectue selon les règles de la translittération scientifique internationale dans sa variante française (avec h pour x cyrillique). Красная новь [Labour rouge] 6 (1927). La version publiée ici est revue sur la base d’une version antérieure dactylographiée et d’une copie de la version finale (cf. Горький, Максим : Собрание сочинений в тридцати томах, 24 : Статьи, речи, приветствия 1907–1928, Москва : Художественная литература, 1953 [Gor’kij, Maksim : Œuvres complètes en 30 volumes, vol. 24 : Articles, discours, salutations 1907–1928, Moskva : Hudožestvennaja literatura, 1953], p. 260). L’éditeur indique que le texte n’a jamais été reproduit dans une publication autorisée par Gor’kij. La copie de la version finale porte l’indication « Оригинал у Koniger [sic !] » (p. 551) [original chez Koniger], c’est-à-dire dans l’archive d’Emil Roniger. Témoignages. Maxime Gorki, ds. : Europe 38 (15 février 1926), p. 160–164, ici p. 162. Gor’kij, Maksim/Duhamel, Georges/Zweig, Stefan (dir.) : Liber amicorum Romain Rolland. Romain Rolland sexagenario ex innumerabilibus amicis paucissimi grates agunt, Zürich, Leipzig : Rotapfel Verlag, 1926, p. 397. La différence la plus importante entre les deux versions est sans doute l’adjectif « terrible » dans l’une et « étrange » dans l’autre. Le texte russe comporte l’expression « страшный », ce qui correspond à « terrible » et non à « étrange », qui se traduit par « странный ». Ceci prouve bien qu’il doit s’agir de deux traductions différentes (soit du même original russe, la différence étant alors causée par une erreur de lecture de la part du traducteur, soit de deux originaux différents, la faute revenant alors au copiste russe).
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L’opinion de Gor’kij sur Tolstoj, exprimée ici, ne rejoint pas celle de Rolland, lequel observe plutôt une symbiose de la raison et de la foi chez Tolstoj (alors que Gor’kij, lui, ne parle pas du tout de la foi) : Et le livre entier [De la vie, О жизни, R. M.] n’est qu’un hymne à la Raison. […] Le voici qui plane dans « le ciel immense et profond », avec ses deux grandes ailes, dont l’une est la raison et l’autre est la foi.5
Néanmoins on peut supposer que l’hommage ait plu à Rolland6 puisque le texte le compare à Tolstoj. En effet, depuis la publication en 1902 de la fameuse lettre que Tolstoj lui a adressée, Rolland joue lui-même de ce parallélisme avec ce grand écrivain de la littérature russe. Or, il ne faut pas oublier que Gor’kij cultive, lui aussi, cette mise en parallèle avec Tolstoj. Il se crée ainsi une relation triangulaire très inégale entre trois personnages extrêmement différents les uns des autres. Gor’kij est le seul du trio à connaître les deux autres personnellement, Tolstoj, quant à lui, a l’avantage de parler les langues des deux autres (alors que Rolland et Gor’kij ont toujours besoin d’une traduction).7 Outre le déséquilibre linguistique, le triangle est également désaxé chronologiquement : l’échange (épistolaire) entre Tolstoj et Rolland remonte à 1887, le contact (personnel) entre Tolstoj et Gor’kij à 1900, enfin Gor’kij n’écrit à Rolland qu’en 1916 et la rencontre personnelle entre les deux hommes aura lieu en 1935.
Ill. 1 : Gor’kij et Rolland en juillet 1935 près de Moscou
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7
Rolland, Romain : Vie de Tolstoï, Paris : Librairie Hachette, 1947 (Vie des hommes illustres), p. 91 et p. 195. La réaction épistolaire de Rolland semble toutefois plutôt réservée par rapport au ton enthousiaste qu’on lui connaît dans ses autres lettres. Il parle d’un « bel article » et ajoute : « Combien j’ai été touché […] ! Votre affection, l’estime que vous me témoignez, me font joie et fierté », ds. : Pérus, Jean (dir.) : Correspondance Romain Rolland et Maxime Gorki (1916–1936), Paris : Albin Michel, 1991 (Cahiers Romain Rolland 28) [dorénavant CRR 28], p. 171. Il convient de rappeler l’observation de Jean Pérus : « Entre Rolland et lui [Gor’kij, R. M.], il y a toujours eu l’écran d’un tiers » (CRR 28, p. 9).
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Enfin, pour ce qui est des rapprochements établis entre les trois écrivains, il manque le parallélisme Rolland–Gor’kij. Et c’est à Antonio Gramsci qu’il revient de l’ajouter, et cela dès 1919 : La fredda sillogistica di Lenin – il lirico eclettismo di R. Rolland. […] Rolland intuisce ciò che Lenin dimostra: la necessità storica dell’Internazionale. […] In questo senso Rolland lavora per il comunismo, per l’unità della classe proletaria, e noi sentiamo gratitudine e ammirazione per lui: egli è il Massimo Gorki dell’Europa latina.8 Les syllogismes froids de Lenin – l’éclectisme lyrique de R. Rolland. […] Rolland sent ce que Lénine démontre : la nécessité historique de l’Internationale. […] Vu sous cet angle, Rolland œuvre en faveur du communisme, pour l’unité de la classe prolétarienne, et nous lui en savons gré et nous l’admirons : il est le Maksim Gor’kij de l’Europe latine. [Trad. R. M.]
Le mythe de cette relation triangulaire entre les trois personnalités persiste jusqu’à nos jours. Elle s’exprime particulièrement bien dans l’ouvrage sur Rolland et Tolstoj, édité par Marija Kudaševa,9 qui jouait presque toujours le rôle d’écran entre Rolland et Gor’kij à partir de 1931. Au tout début de son livre, on trouve la fameuse photographie de Tolstoj et Gor’kij,10 prise lors de la visite de Gor’kij à Jasnaja Poljana, précédée d’une annotation autographe de Rolland : « Tolstoy et Gorki. Cette photographie, communiquée aux Cahiers de la Quinzaine a longtemps orné ma chambre de travail au boulevard de Montparnasse de 1903 à 1914 ».11 Il n’est guère étonnant que Rolland mentionne cette photographie lors de son hommage à Gor’kij à l’occasion du 60e anniversaire de ce dernier en 1928.12 Cette triangulation relationnelle est donc confirmée aussi bien par Rolland que par son épouse.
8
Gramsci, Antonio : Cronache dell’« Ordine Nuovo », ds. : L’Ordine Nuovo 1/16 (30 août 1919), p. 1. Le texte se trouve aussi, en traduction russe, chez Мотылева, Тамара Лазаревна : Ромен Роллан, Москва : « Молодая гвардия », 1969 (Жизнь замечательных людей 468) [Motyleva, Tamara Lazarevna : Romain Rolland, Moskva : « Molodaja gvardija », 1969 (Vie de personnes remarquables 468)], p. 6. 9 Romain Rolland, Marie (dir.) : Monsieur le comte. Romain Rolland et Léon Tolstoy. Textes, Paris : Albin Michel, 1978 (Cahiers Romain Rolland 24) [dorénavant CRR 24]. Sur Marija (Maša) Pavlovna Rolland-Kudaševa née Cuvillier, traductrice/interprète et (depuis 1934) épouse de Rolland, voir plus loin. 10 CRR 24, p. 5. La photographie, prise par S. A. Tolstaja, existe dans plusieurs versions plus ou moins remaniées. Pour l’original voir http://kornilov.name/wp-content/uploads/Tolstoy-Gorkiy. jpg (17/02/2014). 11 CRR 24, p. 6, voir Ill. 2 et 3. 12 Le texte de l’hommage est publié dans CRR 28, p. 196–197. Il semble que le texte ait été envoyé à Gor’kij puisqu’il se trouve dans son archive. Seule la dernière partie de l’hommage est publiée dans les Izvestija [Nouvelles] du 29 mars (« en une traduction assez inexacte », CRR 28, p. 457) ; la référence à la photographie se trouvant dans le premier paragraphe, elle restera donc inconnue du public. Le jour même de l’anniversaire de Gor’kij, Rolland lui envoie un télégramme (cf. CRR 28, p. 197). Détail curieux, ce télégramme est le seul texte où Rolland tutoie Gor’kij. Même après leur rencontre lors du voyage de Rolland à Moscou en 1935 et après d’innombrables banquets où ils se sont côtoyés, les deux hommes continuent à se vouvoyer.
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Ill. 2 : Tolstoj et Gor’kij à Jasnaja Poljana vers 1900
Ill. 3 : Annotation autographe de Rolland
Il semble que Rolland ait vu la Russie à travers les yeux de Tolstoj et plus tard l’Union soviétique par l’intermédiaire de Gor’kij. Inversement, en Union soviétique, Rolland devient le représentant idéal de l’intelligencija progressive française, lié à la culture russe par Tolstoj et Gor’kij. Et c’est précisément cette image de Rolland en Russie et plus tard en URSS qui est au cœur de la présente communication qui se propose d’examiner en premier lieu l’origine du fameux triangle relationnel, c’est-à-dire de l’‘axe’ Rolland–Tolstoj. 1. ROMAIN ROLLAND ET LEV TOLSTOJ Dans la littérature consacrée à ce sujet, on parle souvent d’une correspondance ou même d’une amitié entre les deux écrivains.13 En vérité il s’agit d’un échange très 13 « The friendship between Romain Rolland and Leo Tolstoy is a good example of such friendly relationships on an international scale », Tumas, Elena Valiute : The Literary Kinship of Leo N. Tolstoy and Romain Rolland : a Comparative Study of the Epic Dimensions of War and Peace and Jean-Christophe, Los Angeles, University of Southern California, Thèse, 1964, p. 2. « Dans l’intervalle, il avait lié amitié avec Tolstoï (1887) », Descotes, Maurice : Romain Rolland, Paris : Editions du temps présent, 1948 (Artistes et écrivains du temps présent), p. 8. « Nos es necesario mencionar aquí las viejas relaciones de Romain Rolland con uno de los hombres más representativos de eso que se llama el ‘alma eslava’ – con el profeta de IasnaiaPoliana » [« il nous est nécessaire de mentionner ici les liens anciens qui unissent Romain Rolland à l’un des hommes les plus représentatifs de ce que l’on appelle ‘l’âme slave’, à savoir le prophète de Jasnaja Poljana »], Relgis, Eugen : El hombre libre frente a la barbarie totalitaria. Un caso de conciencia : Romain Rolland, Montevideo : apartado de los Anales de la Universidad, 1954 (Anales de la universidad 168), p. 7. Motyleva est plus précise : elle parle de
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inégal et d’une amitié plutôt unilatérale. Tout commence par une lettre du jeune Rolland (qui avait tout juste dépassé les vingt ans) au célèbre écrivain russe (alors presque sexagénaire), datée du 16 avril 1887, poliment adressée à « Monsieur le comte »14. Puisque Jasnaja Poljana ne réagit pas, Rolland envoie une seconde lettre sans date (réceptionnée en Russie au mois de septembre) où il renonce cette fois-ci au titre de « comte » dans l’adresse.15 Tolstoj répond le 3 (?) octobre 1887 en s’adressant à Rolland par la formule « Cher frère ».16 Pour Tolstoj, la lettre de Rolland est, bien évidemment, une occasion de s’exprimer sur le sujet du travail manuel, intellectuel et artistique devant un plus large public. Par conséquent, une version russe de la lettre est aussitôt préparée pour être publiée en Russie et paraîtra l’année suivante dans l’hebdomadaire Неделя [Semaine] sous le titre « О ручном труде и умственной деятельности. Письмо к французу » [« Sur le travail manuel et l’activité intellectuelle. Lettre à un Français »].17 Le nom de ce « Français » n’est pas indiqué dans la publication russe. La lettre elle-même, c’est-à-dire la version française, ne verra le jour qu’en 1902 dans les Cahiers de la quinzaine.18 La lettre suivante de Rolland à Tolstoj est datée du 24 janvier 1897 (« Cher et grand ami lointain »),19 aussitôt suivie d’une autre lettre, écrite le 29 janvier de la même année (« Cher et vénéré ami »).20 La prochaine tentative de rétablir le contact date du 21 juillet 1901 (« Cher ami, si loin, si près de nous »),21 doublée d’une autre lettre
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« переписка – точнее, обмен письмами » [« correspondance, ou plutôt échange de lettres », trad. R. M.] (Motyleva : Romain Rolland, p. 22). CRR 24, p. 18–21. Cf. CRR 24, p. 21–22. Dans les Œuvres complètes russes de Tolstoj le commentaire indique que cette deuxième lettre est arrivée à Jasnaja Poljana au mois de septembre (cf. Толстой, Лев Николаевич : Полное собрание сочинений 1–90, Москва, Ленинград : Госиздат Художественная литературa, 1928–1958 [Tolstoj, Lev Nikolaevič : Œuvres complètes 1–90, Moskva, Leningrad : Gosizdat Hudožestvennaja literatura, 1928–1958, dorénavant PSS], vol. 49, р. 184). CRR 24, p. 22–30, PSS 64, p. 84–91 (original français) et p. 92–98 (traduction russe). Marie Romain Rolland indique comme date le 4 octobre ; PSS 49, p. 184 mentionne le 3 octobre (avec un point d’interrogation). Ds. : Неделя [Semaine] 46 (1888), p. 1461–1465. Pavel Birjukov est chargé d’en assurer la traduction qu’il réalise très rapidement (voir la lettre de Tolstoj à Birjukov du 11/12 (selon le calendrier julien, c’est-à-dire du 23/24 selon le calendrier grégorien) octobre 1887, PSS 64, p. 102). Tolstoj avait l’intention de remanier le texte, mais en fin de compte il sera publié tel quel (voir la lettre de Tolstoj à Birjukov du 6 (18) novembre 1888, PSS 64, p. 191). Pour la préface à la lettre voir CRR 24, p. 57–58. CRR 24, p. 44–46. En annexe Rolland envoie les épreuves du drame Saint Louis, destiné à être publié dans la Revue de Paris. CRR 24, p. 46–47. CRR 24, p. 49–50. En 1901, Rolland semble avoir oublié une grande partie de ses lettres antérieures à l’exception de la première, puisqu’il écrit : « Autrefois, je vous ai écrit et vous m’avez écrit une très bonne lettre, qui a eu une grande influence sur ma vie intellectuelle et morale. Si je n’ai pas continué à vous écrire depuis, c’est que j’aurais craint de vous prendre sans utilité un peu de votre temps et de votre activité, comme tant de désœuvrés » (CRR 24, p. 50). Dans son journal il parlera plus tard d’autres lettres, mais avec une certaine imprécision (« sans me souvenir exactement des autres [lettres] », 7 décembre 1935, CRR 24, p. 210). Un bilan complet sera dressé l’année suivante (« Les sept lettres de Romain Rolland à Léon Tolstoy », CRR 24,
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le 23 août. Toutes ces lettres restent sans réponse. Seule la dernière, envoyée le 27 août 1906 et accompagnée de la Vie de Michel-Ange,22 aura une réponse, mais pas de Tolstoj lui-même ; quelqu’un de son entourage remerciera Rolland.23 Il est très peu probable que Tolstoj se soit souvenu du nom de ce « Français » après avoir rédigé sa lettre de réponse : même lors de la préparation du texte russe pour la publication, il ne parle que de la « lettre au Français », et cela vaut également pour son entourage.24 En revanche, Romain Rolland évoque souvent le nom de Tolstoj (à l’oral et écrit) et se réfère à maintes reprises à sa correspondance avec l’auteur russe.25 Et c’est lui qui, juste après la réception de la première lettre de Gor’kij, compare ce dernier à Tolstoj dans son hommage du 30 janvier 1917 en parlant de la photographie de Tolstoj et Gor’kij mentionnée ci-dessus.26 2. ROMAIN ROLLAND EN RUSSIE PREREVOLUTIONNAIRE Il est difficile de déterminer à quel point Romain Rolland et son œuvre étaient connus en Russie avant la révolution d’octobre. Il est intéressant de noter que le nom de l’auteur ne se trouve ni dans la grande Encyclopédie Brokgauz-Ėfron publiée en 1907, ni dans le supplément de 1916. Toutefois, il existe plusieurs traductions russes de ses œuvres Quatorze Juillet (1906), Théâtre du Peuple (1910), Jean-Christophe I–IV (1911/12), Jean-Christophe V (1916) et Vie de Beethoven (1916),27 sachant que le boom de traductions qui suit habituellement le décernement du prix Nobel ne se fera pas observer dans le cas de Rolland puisque la guerre et la révolution font rage à cette époque.
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p. 247–251). Dans ce bilan, Rolland désavoue sa première lettre (« Elle m’est profondément antipathique », CRR 24, p. 247). Cf. CRR 24, p. 59. Dans sa lettre du 8 janvier 1924 à Gor’kij, Rolland écrit qu’il avait envoyé à Tolstoj, outre Saint Louis et Vie de Michel-Ange, encore Vie de Beethoven et Jean-Christophe I–II, toujours sans réponse (CRR 28, p. 120). Cf. PSS 76, p. 289. La réponse est envoyée le 23 août (5 septembre) 1906. Dans le bilan mentionné ci-dessus, Rolland passe sous silence le fait que sa dernière lettre a eu une réponse, quoiqu’elle n’ait pas été de Tolstoj lui-même. Il écrit : « Depuis la lettre de 1887, rien ne m’est venu de Yasnaya Poliana » (CRR 24, p. 250). Selon l’index général de PSS le nom de Romain Rolland figure uniquement dans les notes explicatives des éditeurs, jamais dans un texte de Tolstoj ou des personnes de son entourage. Voir CRR 24. On prendra pour preuve le livre publié par la veuve de Rolland qui réunit sur 250 pages tous (?) les textes de Rolland adressés à Tolstoj ou parlant de lui (ainsi que l’unique texte de Tolstoj adressé au « Français »). Cf. CRR 28, p. 50. Tolstoj occupera une position privilégiée dans l’échange épistolaire de Rolland et Gor’kij pendant les années 1920. Dans ce contexte, il convient de citer Pérus : « Le dialogue ressemble alors à un double soliloque, dont l’enjeu véritable serait dans le non-dit : c’est sur Tolstoï et sur le tolstoïsme qu’on s’explique, mais c’est de l’adhésion à la Révolution qu’il s’agit » (CRR 28, p. 17). Cf. Pérus, Jean : Romain Rolland et Maxime Gorki, Paris : Les Editeurs Français Réunis, 1968, p. 18.
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Or, le nombre de traductions n’est pas vraiment significatif puisque l’intelligencija russe prérévolutionnaire lisait la littérature française dans sa version originale. On peut donc supposer que Rolland était connu, au moins dans les milieux progressifs, mais il n’occupait guère une position centrale sur la scène littéraire russe, alors dominée par des mouvements littéraires tout à fait différents (symbolisme, acméisme, futurisme etc…). C’est en janvier 1915 que Rolland fait la connaissance en Suisse du futur ministre de l’éducation (Наркомпрос) Anatolij Lunačarskij28 qui l’invite à contribuer au journal Летопись [Chronique], dirigé par Gor’kij.29 Lunačarskij en informe Gor’kij qui prend contact avec Rolland en janvier 191730 – le contact s’établit uniquement de façon épistolaire jusqu’en 1935, en dépit des nombreuses invitations de la part de Rolland – et lui propose d’écrire une biographie de Beethoven pour la jeunesse.31 Bientôt Rolland saluera la révolution russe dans un texte rédigé le 31 mars 1917, destiné au journal Pravda et envoyé à Lunačarskij.32 En somme, on peut dire qu’à l’aube de la révolution d’octobre Rolland est déjà en contact avec deux personnes qui joueront un rôle très important dans la Russie révolutionnaire et plus tard en URSS. Cela l’influencera dans ses prises de positions 28 Cf. Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919. Notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952 [dorénavant JAG], p. 241–243. 29 Cf. JAG, p. 742–743, Pérus : Romain Rolland, p. 38. Duchatelet, Bernard (dir.) : Voyage à Moscou (juin–juillet 1935) suivi de notes complémentaires (octobre–décembre 1938), Paris : Albin Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29) [dorénavant CRR 29], p. 30. 30 La correspondance entre Rolland et Gor’kij est accessible dans deux publications, une française (CRR 28) et une russe (М. Горький и Р. Роллан. Переписка (1916–1936), Москва : Наследие, 1995 (Архив А. М. Горького 15) [M. Gor’kij et R. Rolland. Correspondance (1916–1936), Moskva : Nasledie, 1995 (Arhiv A. M. Gor’kogo 15), dorénavant AG 15]). Dès le début de la première lettre, on observe que les deux éditions ne sont pas conformes. En effet, dans la version française, Gor’kij s’adresse à Rolland par « Mon cher et bien estimé camarade Romain Rolland ! » (CRR 28, p. 50). Selon l’éditeur, « le texte suivi est celui des éditions, revu par R. R. » (CRR 28, p. 379), en fait, il s’agit du texte que Rolland copie dans son journal (cf. JAG, p. 1050). Le texte de l’édition russe débute par « Дорогой и уважаемый Ромэн Роллан ! » (AG 15, p. 15), qui se traduit littéralement par « Cher et estimé Romain Rolland ! » [trad. R. M.]. Ici les éditeurs affirment que le texte russe est traduit de l’original français (cf. AG 15, p. 332). Il semble donc que le mot « camarade » ait été ajouté dans les éditions françaises sur la base du texte figurant dans le journal de Rolland, un changement qui n’est pas négligeable. On retrouve souvent des différences de ce type dans les autres lettres, c’est pourquoi il est préférable d’avoir recours aux originaux. Une édition bilingue de toutes les lettres sur la base des originaux (ainsi que des traductions qui ont été faites pour Rolland et Gor’kij puisque c’est aux traductions et non aux originaux qu’ils répondent) serait souhaitable. 31 Gor’kij ne réalisera son projet de publier une grande série de biographies que beaucoup plus tard, mais avec un succès qui perdure jusqu’à nos jours. Il s’agit de la série Жизнь замечательных людей [Vie des personnes remarquables] (fondée en 1890 par Florentij Pavlenkov, interrompue par la guerre et la révolution et enfin renouvelée par Gor’kij en 1933), dans laquelle paraîtra la biographie de Rolland en 1969 (voir note n°8). 32 Cf. JAG, p. 1119–1120 ; CRR 29, p. 31 (texte introuvable dans la Pravda). Il s’agit évidemment de la révolution du 27 février (12 mars) et non de la ‘Grande révolution d’octobre’, dont Rolland était plutôt critique à l’époque.
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aussi bien envers le régime du parti bolchévique qu’envers la dictature de Stalin par la suite. 3. ROMAIN ROLLAND EN URSS Après la révolution d’octobre, Rolland suit avec beaucoup d’intérêt le développement de la RSFSR (République socialiste fédérative soviétique de Russie) et plus tard de l’Union soviétique. Pour Rolland, Gor’kij représente la source d’informations la plus importante pour comprendre ce qui se passe en URSS dans les années 1920, et leur échange de lettres en témoigne. Le problème principal de cette constellation est que Gor’kij lui-même vit, la plupart du temps, en dehors de l’URSS et ne dispose pas d’informations de première main de la situation sur place. En somme, Rolland a une attitude positive envers le nouvel ordre, les dirigeants soviétiques le qualifient même de « попутчик » [compagnon de route].33 Au cours des années 1920, Rolland évolue, et cela grâce surtout à l’influence de Gor’kij, d’observateur bienveillant de l’expérience révolutionnaire à un défenseur ardent – quoique toujours critique – de l’URSS. Comme tel, il est invité à participer au dixième anniversaire de la révolution d’Octobre à Moscou. Ne pouvant s’y rendre, il explique son absence dans une lettre contenant un salut pathétique aux camarades qui sera publiée à Moscou et un peu plus tard en France.34 Pendant les années 1930, l’attitude de Rolland ne change pas à l’égard de l’Union soviétique, en dépit du régime de plus en plus totalitaire et de la politique de terreur de son secrétaire général. Bien au contraire, Rolland renonce de plus en plus à toute critique de ce qui 33 A l’origine cette expression, forgée par Lunačarskij et employée par Trockij, n’a pas de connotation négative. Elle désigne un artiste qui nourrit des sympathies pour la révolution mais qui n’est pas membre du parti communiste. Il existe même une directive du Politbureau du Comité central du Parti communiste qui définit le statut des попутчики et l’attitude du parti envers ces sympathisants, proposant une approche qui garantirait leur passage du côté de l’idéologie communiste (cf. http://ru.wikipedia.org/wiki/Попутчик_(жаргон) (16/02/2014)). Au cours des années suivantes, l’attitude change et le попутчик devient un partisan du capitalisme. En Europe occidentale, par contre, l’expression ‘compagnon de route’ a presque toujours une connotation négative, et il est étonnant que Rolland l’ait choisie comme titre d’un de ses livres (Rolland, Romain : Compagnons de route (Essais Littéraires), Paris : Edition du Sablier, 1936). Il n’est pas surprenant que la traduction russe de ce livre porte non pas le titre de Попутчики, mais celui de Спутники (un synonyme sans connotation politique qui deviendra célèbre en 1956 avec le lancement du premier Sputnik). 34 Pour le texte original voir Cœuré, Sophie/Mazuy, Rachel (dir.) : Cousu de fil rouge. Voyages des intellectuels français en Union soviétique. 150 documents inédits des Archives russes, Paris : CNRS Editions, 2012 (Mondes russes et est-européens), p. 117–119. Pour la publication en France (dans Rolland, Romain : Quinze ans de combat, Paris : Rieder, 1935), Rolland remanie légèrement la première partie. Par exemple, la phrase « Je lui [à la révolution, R. M.] ai parfaitement conservé mon attachement en dépit des divergences de pensées que j’ai exprimées parfois, avec sincérité, tant au sujet de sa doctrine intellectuelle que de son action politique » (Cœuré/Mazuy : Cousu de fil rouge, p. 177) est modifiée et raccourcie : « Je lui ai fidèlement conservé mon attachement, en dépit des divergences de pensées, que j’ai parfois exprimées avec sincérité » (Rolland : Quinze ans de combat, p. 83–84).
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se passe en URSS et devient un partisan intransigeant du régime. Cette évolution est due, d’une part, à la situation politique (le danger que constitue la montée du fascisme qui mène, en France, à la politique du Front populaire) ; d’autre part, elle dépend aussi de deux Russes, Maksim Gor’kij et Marija Kudaševa, qui influencent Rolland dans sa vision de l’URSS. C’est précisément sous leur influence que « Romain Rolland rompt avec le ‘rollandisme’ et opte pour la défense inconditionnelle de l’URSS »35. De son côté, la propagande soviétique exploite le voyage de Rolland en URSS en 1935 et en particulier sa rencontre avec Stalin :36 Ромэн Роллан беседовал с товарищем Сталиным, и эта историческая встреча великого французского писателя с великим вождем народов Советского Союза является незабываемой датой сближения культуры Франции и СССР.37 Romain Rolland parlait avec le camarade Stalin, et cette rencontre historique du grand écrivain français avec le grand leader des peuples de l’Union soviétique est une date inoubliable du rapprochement des cultures de la France et de l’URSS. [Trad. R. M.]
Pour sa part, Rolland ne publiera pas le récit de son Voyage à Moscou (avec Notes complémentaires (de 1938) à mon récit de voyage en URSS) qui ne verra le jour qu’en 1992.38
35 Pérus : Romain Rolland, p. 8. 36 Rolland avait demandé à Stalin l’autorisation de publier le texte de leur entretien, mais sans obtenir une réponse directe de sa part (voir la lettre du 4 décembre 1935 de Rolland à Gor’kij, qui avait, lui aussi, écrit à Stalin à ce propos, CRR 29, p. 364–365). Il existe une version officielle de l’entretien, révisée par Rolland et Stalin (CRR 29, p. 134, n. 27), mais décrétée secrète par Stalin. La Pravda du 29 juin 1935 n’en publie qu’une notice sommaire. La version officielle russe n’est rendu publique qu’après la fin de l’URSS, voir, p. ex., Сталин, Иосиф Виссарионович : Сочинения 18, Тверь : Союз, 2006, [Stalin, Iosif Vissarionovič : Œuvres, Tver’ : Sojuz, 2006, р. 99–110], http://grachev62.narod.ru/stalin/t18/t18_037.htm (15/02/2014). On observe un parallèle frappant entre la ‘relation’ Rolland–Stalin et celle entre Rolland et Tolstoj : après un premier succès (la lettre de Tolstoj dans un cas, l’entretien avec Stalin dans l’autre), Rolland cherche à maintenir le contact en écrivant plusieurs lettres sans jamais recevoir de réponse directe du destinataire. Pour les cinq lettres de Rolland à Stalin, on consultera Балашова, Тамара В. (dir.) : Диалог писателей : из истории русско-французских культурных связей ХХ века. 1920–1970, Москва : ИМЛИ РАН, 2002 [Balašova, Tamara V. (dir.) : Dialogue d’écrivains. Pages d’histoire des relations culturelles franco-russes au XXe siècle. 1920–1970, Moskva : IMLI RAN, 2002], р. 277–289. 37 Анисимов, Иван Иванович : Французская литература и СССР, ds. : Французская кулътура и СССР І, Москва : Журнально–газетное объединение, 1937 (Литературное наследство 29–30) [Anisimov, Ivan Ivanovič : La littérature française et l’URSS, ds. : La Culture française et l’URSS I, Moskva : Žurnal’no–gazetnoe ob”edinenie, 1937 (Patrimoine littéraire 29–30)], p. LXXXIII–CIV, ici p. CII. C’est le premier de trois volumes publiés (le dernier en 1939). La publication se situe au moment du changement de la doctrine du parti communiste de l’URSS en ce qui concerne la politique des partis communistes en Europe occidentale et notamment en France : le combat contre les partis de gauches non-communistes fait place à la politique du Front populaire. 38 CRR 29. Il n’est pas clair si Rolland avait l’intention de publier son récit et, si oui, pourquoi il ne l’a pas fait.
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Ill. 4 : Romain Rolland et son épouse Marija Kudaševa reçus, en 1935, par Stalin et Aleksandr Arosev, le directeur de la VOKS, organisme voué aux échanges culturels avec l’étranger
Or, c’est précisément ce voyage qui contribue à accroître la popularité de Rolland en URSS. Dans la Литературная энциклопедия [Encyclopédie littéraire], publiée dans les années 1930, la visite est décrite dans le dernier paragraphe de l’article sur Rolland : Летом 1935 Р[оллан] посетил СССР. Приезд к страну строящегося социализма одного из лучших представителей зап.-европейской интеллигенции явился событием чрезвычайной важности. Беседа Р[оллана] с вождем социалистической революции т. Сталиным, беседы с А. М. Горьким, многолетним другом, оказавшим большую поддержку Р[оллану] в его идейном развитии, встречи с представителями различнейших кругов советской общественности, прекрасное письмо Роллана т. Сталину выявили сочувственное понимание Р[олланом] великой исторической миссии СССР, его глубокую преданность идеям этой «ударной бригады» мирового пролетариата.39 En été 1935, Rolland se rendit en URSS. L’arrivée d’un des meilleurs représentants de l’intelligencija de l’Europe occidentale dans le pays où le socialisme est mis en œuvre était un événement d’importance extraordinaire. L’entretien de Rolland avec le leader de la révolution socialiste, le camarade Stalin, les entretiens avec A. M. Gor’kij, son ami de longue date, qui servit de pilier à Rolland dans son développement intellectuel, les rencontres avec des représentants des cercles les plus divers de la société soviétique, la très belle lettre de Rolland au camarade Stalin, montrèrent la compréhension et la sympathie de Rolland à l’égard de la grande mission historique de l’URSS et sa dévotion profonde aux idées de cette « brigade de choc » du prolétariat mondial. [Trad. R. M ]
Dans son récit de voyage, Rolland remarque l’enthousiasme des gens qu’il rencontre, mais on peut supposer qu’il s’agit là d’un enthousiasme organisé. L’année suivante, à l’occasion de son 70e anniversaire, Rolland écrit à Gor’kij :
39 Гальперина, Елена Л. : Роллан Ромен, ds. : Литературная энциклопедия 9, Москва : Советская энциклопедия, 1935 [Gal’perina, Elena L. : Rolland Romain, ds. : Encyclopédie littéraire, Moskva : Sovetskaja ènciklopedija, 1935], p. 757–773, ici p. 772.
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Comme vous pouvez l’imaginer, c’est de l’URSS que j’ai reçu le plus d’« amour » […] Tant de lettres de simples gens, qu’on n’a jamais vu, qu’on ne verra jamais, et qui nous sont plus proches que des parents !40
Mais ce voyage n’est que le point culminant de toute une politique culturelle visant à promouvoir ce ‘compagnon de route’ célèbre. Le point de départ est peut-être l’hommage de Gor’kij, cité en introduction, qui n’a d’ailleurs été publié en URSS qu’un an après cette occasion. Tout porte à croire que c’est la publication des hommages à l’étranger (et en particulier celui de Gor’kij) qui ait convaincu les dirigeants de la politique culturelle du fait que Rolland représentait un ‘compagnon de route’ hors pair. C’est vers la fin des années 1920, alors que l’édition de ses Œuvres complètes est en cours,41 que Rolland entre en contact avec Kudaševa qui, après une première visite en Suisse en 1929, le rejoindra en 1931 et deviendra sa femme en 1934.42 Les Œuvres complètes en vingt volumes paraîtront à Leningrad entre 1930 et 1936 avec, dans le premier volume, des préfaces de Gor’kij, Lunačarskij, Stefan Zweig et Rolland lui-même. En 1931, Rolland est élu membre honoraire de la ФОСП (Федерация объединений советских писателей) [Fédération des associations des écrivains soviétiques]43 et il deviendra membre étranger honoraire de l’АН СССР (Академия наук СССР) [Académie des sciences de l’URSS] en 1932.44 En URSS, la popularité de son œuvre dépasse la littérature. Le sujet de Colas Breugnon est à la base de l’opéra de Dmitrij Borisovič Kabalevskij Мастер 40 CRR 28, p. 368. Malgré le doute qu’il est permis d’émettre quant à la spontanéité de cette vague d’enthousiasme, cette dernière suppose néanmoins que Rolland jouissait d’un haut degré de notoriété en URSS. 41 A propos de l’histoire de cette édition voir Заборов, Петр Романович : Ромен Роллан в его переписке с издательством « Время » 1928–1934, ds. : Институты культуры Ленинграда на переломе от 1920–х к 1930–м годам, Санктпетербург : ИРЛИ, 2011 [Zaborov, Petr Romanovič : Romain Rolland dans sa correspondance avec la maison d’édition « Vremja » 1928– 1934, ds. : Les Instituts de culture à Leningrad de la fin des années 1920 au commencement des années 1930, Sanktpeterburg : IRLI, 2011], p. 498–539, http://www.pushkinskijdom.ru/ LinkClick.aspx?fileticket=ff_GUp6qD2g%3d&tabid=10460 (17/02/2014). 42 Le premier contact par écrit est établi par Kudaševa elle-même en 1928 (cf. CRR 28, p. 199) et préparé par le fait qu’elle lui avait déjà écrit de sa propre initiative en 1923. S’ajoute à cela le fait qu’elle avait servi de guide à Georges Duhamel et Luc Durtain durant leur visite en URSS en 1927 et que les deux hommes l’ont bien évidemment recommandée à Rolland. Il est quandmême étonnant avec quelle insistance Rolland demande à ce qu’elle soit son contact avec la maison d’édition et qu’elle obtienne un visa de la part des autorités soviétiques (il l’appelle même « mon amie » à plusieurs reprises dans ses lettres à Gor’kij, voir CRR 28, p. 200, 202, 204 et 221). La même insistance est nécessaire auprès des autorités suisses pour obtenir (et renouveler plusieurs fois) un permis de séjour, appelé « droit de domicile de tolérance » (cf. Meylan, Jean-Luc : Un train peut en cacher un autre. L’entre-deux-guerres de Romain Rolland en Suisse (1922–1938), ds. : Corbellari, Alain (dir.) : Romain Rolland et la Suisse, Lausanne : UNIL, 2012 (Etudes de lettres 291), p. 29–47, ici p. 37–40). 43 Cf. CRR 28, p. 221. La fédération, fondée en 1926, est dissoute en 1932. 44 Cf. http://www.ras.ru/win/db/show_per.asp?P=.id-51983.ln-ru.dl-.pr-inf.uk-12 (15/02/2014). Auparavant, il avait déjà été élu membre de la Социалистическая академия общественных наук РСФСР [Académie Socialiste des Sciences Sociales de la RSFSR] (fondée en 1918 et dissoute en 1936) en 1918 (cf. JAG, p. 1622, Motyleva : Romain Rolland, р. 197), sans doute grâce aux efforts de Lunačarskij qui était un des membres fondateurs.
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из Кламси [Le maître de Clamecy], d’après un libretto de Vladimir Grigor’evič Bragin.45 Le nombre de livres traduits et des tirages des œuvres de Rolland témoignent également de la popularité de l’auteur en URSS. Pour la période de 1918 à 1953, Rolland est en cinquième position du classement des auteurs français ayant publiés le plus de livres en URSS (pour un total de 416 auteurs), derrière Victor Hugo, Guy de Maupassant, Jules Verne et Emile Zola, et en huitième position du classement selon le tirage des œuvres, derrière Hugo, Verne, Charles Perrault, Maupassant, Honoré de Balzac, Zola, Henri Barbusse.46 La mort de Stalin en 1953 n’altère aucunement la popularité de Rolland en URSS ; bien au contraire,47 ses Œuvres complètes sont publiées une deuxième fois, cette fois-ci en quatorze volumes et à Moscou, entre 1954 et 1958, avec un tirage énorme de 240 000 exemplaires.48 A l’occasion du centième anniversaire de sa naissance, l’Union soviétique émet un timbre-poste commémoratif à son effigie,49 et une place « Romain Rolland » est inaugurée à Moscou. La popularité de Rolland se mesure également par le grand nombre de rues, boulevards et places ainsi que d’écoles qui portent son nom en URSS.
45 Rolland a évidemment connaissance du libretto et il rencontrera Bragin à Moscou : « Sont aussi de la compagnie […] Braguine, qui vient d’écrire un libretto (assez bizarre) sur mon Colas Breugnon avec musique de Kabalevski » (CRR 28, p. 165). Rolland ne s’exprime pas au sujet de la musique. Peut-être la composition n’était-elle pas encore achevée à l’époque, la première de l’opéra n’ayant eu lieu qu’en 1938. 46 Cf. Cœuré/Mazuy : Cousu de fil rouge, p. 332–333. Les chiffres recensent évidemment aussi les traductions dans d’autres langues de l’URSS, mais cela vaut également pour les autres écrivains français de la liste. 47 « В Советском Союзе автора « Жан Кристофа » давно знают и любят, его сочинения разпространены в миллионах экземпляров. » [« En URSS on connaît et aime l’auteur de Jean-Christophe depuis longtemps, et ses œuvres sont répandues dans des millions d’exemplaires », trad. R. M.] (Motyleva : Romain Rolland, р. 6). 48 Cf. Мотылева, Татьяна Л. : Роллан (Rolland), Ромен, ds. : Краткая литературная энциклопедия 7, Москва : Советская энциклопедия, 1971 [Motyleva Tat’jana L. : Rolland Romain, ds. : Petite encyclopédie littéraire 7, Moskva : Sovetskaja ėnciklopedija, 1971], р. 343–348, ici p. 348. A titre de comparaison, les Œuvres complètes de Čehov, publiées de 1954 à 1957 en douze volumes, n’ont qu’un tirage de 200 000 exemplaires à l’origine, qui ne sera doublé qu’à partir du troisième volume (Чехов, Антон П. : Собрание сочинений в двенадцати томах, Москва : Худоджественная литература, 1954–1957 [Čehov, Anton P. : Œuvres complètes en 12 volumes, Moskva : Hudodžestvennaja literatura, 1954–1957]). 49 Cf. http://retroplanet.ru/pochtovaya-marka-romen-rollan-1866-1944-k-100-letiyu-so-dnyarozhdeniya-po-risunku-a-yar-kravchenko/ (15/02/2014) et Motyleva : Romain Rolland, p. 321, où sont également reproduits des timbres-poste provenant de Tchécoslovaquie et de Roumanie. La vénération pour Rolland n’était pas limitée à l’URSS mais s’étendait également aux autres pays socialistes.
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Ill. 5 : Timbre-poste soviétique émis à l’occasion du centenaire de la naissance de Romain Rolland
4. ROMAIN ROLLAND ET LA PERIODE DE GLASNOST’ La période de glasnost’ changera profondément l’image de Rolland en URSS et (après sa désintégration) en Russie. Deux raisons expliquent ce changement. La première est de nature plus générale et touche, à côté de Rolland, beaucoup d’autres écrivains occidentaux : en principe, tous les écrivains (soviétiques et étrangers) protégés et promus par la politique culturelle officielle en Union soviétique sont soupçonnés d’avoir été pour le moins des ‘compagnons de route’ dans le sens négatif du terme, voire même des collaborateurs du régime. La deuxième raison (qui vaut également pour plusieurs de ses collègues) découle de la découverte et de la publication de documents inaccessibles auparavant. Dans le cas de Rolland, ces révélations ont lieu non seulement en Russie, mais aussi en Europe occidentale. En France, c’est avant tout la publication du Voyage à Moscou en 1992 qui montre au public un Romain Rolland, qui, en dépit de ses observations très précises, ne voyait pas (ou ne voulait pas voir) la réalité du régime totalitaire stalinien. Après la lecture du récit de voyage écrit en 1935, qui témoigne d’une naïveté étonnante, on aborde les Notes complémentaires rédigées en 1938 – c’est-à-dire après les procès-simulacres – dans l’attente d’y trouver une réévaluation de la période passée. Et c’est précisément ce que Rolland semble annoncer dans son introduction : Il a fallu la projection des événements (et quels !) pour m’illuminer d’un jour tragique bien des figures et des propos, qui s’étaient inscrits en mon souvenir, sans que j’eusse la clé pour lire dedans.50
Mais la déception est imminente : Rolland est loin de découvrir la vérité qui se cache derrière les procès et la propagande, et d’interpréter, sur cette base, son séjour en Russie. Plus que cela, il prend le mensonge pour la vérité et va jusqu’à réinterpréter le vécu à la lumière des théories de conspiration développées au cours des procès. L’autre volet de cette réévaluation ne concerne pas directement Rolland, mais sa femme Marija Kudaševa. Son rôle est primordial pour les relations de Rolland 50 CRR 29, p. 277.
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avec le monde russe et l’URSS puisqu’elle sert d’‘écran’ dans presque tous ses contacts (écrits ou oraux)51. C’est par cet écran qu’on pouvait facilement influencer Rolland et son opinion de l’URSS. Dans le contexte de glasnost’, Kudaševa a fait l’objet de nombreuses publications l’accusant d’avoir été un agent de la police secrète de l’URSS (appelée GPU à l’époque),52 mais elle a aussi eu ses apologistes.53 En 2009, les téléspectateurs russes ont même pu voir un film documentaire (ou plutôt un drame documentaire) consacré à ce sujet.54 Le fait que Kudaševa ait collaboré sous une forme ou une autre semble être incontestable puisque même les apologistes avouent une sorte de coopération avec la police secrète. Cependant, il n’est pas clair quel a pu être le degré d’influence de la police secrète sur Kudaševa et comment cette influence s’est transmise à Rolland.55 Le fait qu’à partir de 1931, la quasi-totalité des contacts de Rolland avec le monde soviétique passent par une collaboratrice de la police secrète soviétique, l’étrange silence de Rolland à propos de la terreur en URSS ainsi que le climat de 51 L’entretien avec Stalin est le seul où Kudaševa, quoique présente, ne servira pas d’interprète, car les traditions diplomatiques veulent qu’il y ait un interprète officiel. 52 Voir, par exemple, Носик, Борис : « Кто ты ? – Майя », ds. : Звезда 4 (2001) [Nosik, Boris : « Qui es-tu ? – Maya », ds : Etoile 4 (2001)], http://magazines.russ.ru/zvezda/2001/4/nosik.html (17/02/2014), et Ваксберг, Аркадий : Мадам Ромен Роллан. Путешествие во времени, ds. : Литературная газета 45 (2006) [Vaksberg, Arkadij : Madame Romain Rolland. Voyage à travers le temps, ds : Gazette littéraire 45 (2006)], http://old.lgz.ru/archives/html_arch/lg452006/ Polosy/15_1.htm (09/06/2015). En dehors de l’URSS, l’accusation n’était pas nouvelle. Elle avait été lancée en 1937 par Henri Guilbeaux, un ancien ami de Rolland (cf. Guilbeaux, Henri : Le mariage d’Etat de Romain Rolland, prisonnier du Kremlin, ds. : idem : La Fin des Soviets, Paris : Société française d’éditions littéraires et techniques E. Malfère, 1937, p. 27–48). 53 Аракелова, Марина Петровна/Городницкая, А. A. : « Очарованная душа » : М. П. Кудашева– Роллан, ds. : Российская интеллигенция на родине и в зарубежье. Новые документы и материалы, Москва : Российский ин–т культурологии, 2001 [Arakelova, Marina Petrovna/Gorodnickaja, A. A. : « L’Ame Enchantée » : M. P. Kudaševa–Rolland, ds. : L’intelligencija russe à la maison et à l’étranger. Nouveaux documents et matériaux, Moskva : Rossijskij in–t kul’turologii, 2001], p. 161–175, http://www.riku.ru/lib/Rosintel/15.htm (17/02/2014). 54 Le documentaire Ромен Роллан – Мария Кудашева. Русская княгиня и « Совесть века » [Romain Rolland – Marija Kudaševa. Une princesse russe et la « Conscience du siècle »], (Elena Laskari, 2009) fait partie de la série Больше, чем любовь [Plus que l’amour], et commence par la réaction de Rolland face à l’accusation de Guilbeaux envers son épouse (disponible en ligne sur : http://vidos.pw/watch/53634333535312130363235363936313 (08/06/2015)). 55 Après la mort de son fils pendant la guerre, les possibilités de prise d’influence sur Kudaševa ont sans doute été assez réduites. Une lettre du deuxième secrétaire de l’ambassade soviétique en France à la VOKS (la Société soviétique pour les échanges culturels avec l’étranger), datant de 1946, en est la preuve : il y accuse Kudaševa d’avoir influencé Rolland par son « catholicisme ». En parlant du journal du voyage en URSS (inédit à l’époque), il ajoute : « Malheureusement, il y a un nombre significatif de passages qui nous présentent sous un jour défavorable, et dont la publication serait accueillie avec beaucoup de satisfaction par la presse réactionnaire. […] Il n’y a pour le moment aucun danger qu’elle [Kudaševa, R. M.] publie tel ou tel extrait qui nous soit défavorable. Pour le moment elle nous assure de sa sympathie pour nous, et il est donc indispensable de maintenir le contact avec elle […] afin de l’influencer et pour ne pas donner aux réactionnaires la possibilité d’utiliser le nom de Rolland contre nous » (Cœuré/Mazuy : Cousu de fil rouge, p. 324–327).
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méfiance générale à l’égard des ‘compagnons de route’, tout cela a sérieusement porté atteinte à l’image de Rolland auprès du public russe. 5. CONCLUSION En somme, on peut dire que la réception de Rolland en Russie et en Union soviétique a connu une histoire tout à fait singulière, liée à la situation politique changeante du territoire soviétique. La grande popularité de l’auteur et la reconnaissance de la part de la culture officielle dont il jouissait pendant la période soviétique l’ont rendu suspect à bien des égards aux yeux du public post-soviétique. De manière générale, ce sont les relations de Rolland avec Gor’kij et Tolstoj qui jouent un rôle important pour la perception de l’auteur français par le public russe. Quoique plutôt marginales dans le cas de Tolstoj, ces relations sont habilement exploitées par les deux autres écrivains de façon à créer un triangle culturel qui relie la Russie de l’époque des Tsars à celle des Soviets, et la culture russe (et soviétique) à celle de l’Occident. Il est certes encore trop tôt pour dresser un bilan définitif des effets de cette constellation sur chacun des trois écrivains et sur la culture russe. Pour cela, il faudra attendre jusqu’à ce que tous les documents d’archives soient rendus accessibles à la recherche. De plus, il serait souhaitable d’aborder cette question dans un esprit strictement scientifique, sine ira et studio. Cela semble cependant impossible pour le moment, puisque personne (surtout en Russie) ne semble être pour ainsi dire ‘audessus de la mêlée’. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Cœuré, Sophie/Mazuy, Rachel (dir.) : Cousu de fil rouge. Voyages des intellectuels français en Union soviétique. 150 documents inédits des Archives russes, Paris : CNRS Editions, 2012 (Mondes russes et est-européens). Descotes, Maurice : Romain Rolland, Paris : Editions du temps présent, 1948 (Artistes et écrivains du temps présent). Duchatelet, Bernard (dir.) : Voyage à Moscou (juin–juillet 1935) suivi de notes complémentaires (octobre–décembre 1938), Paris : Albin Michel, 1992 (Cahiers Romain Rolland 29). Gor’kij, Maksim/Duhamel, Georges/Zweig, Stefan (dir.) : Liber amicorum Romain Rolland. Romain Rolland sexagenario ex innumerabilibus amicis paucissimi grates agunt, Zürich, Leipzig : Rotapfel Verlag, 1926. Gramsci, Antonio : Cronache dell’« Ordine Nuovo », ds. : L’Ordine Nuovo 1/16 (30 août 1919), p. 1. Guilbeaux, Henri : Le mariage d’Etat de Romain Rolland, prisonnier du Kremlin, ds. : idem : La Fin des Soviets, Paris : Société française d’éditions littéraires et techniques E. Malfère, 1937, p. 27– 48. http://kornilov.name/wp-content/uploads/Tolstoy-Gorkiy.jpg (17/02/2014). http://retroplanet.ru/pochtovaya-marka-romen-rollan-1866-1944-k-100-letiyu-so-dnya-rozhdeniyapo-risunku-a-yar-kravchenko/ (15/02/2014). http://ru.wikipedia.org/wiki/Попутчик_(жаргон) (16/02/2014). http://www.ras.ru/win/db/show_per.asp?P=.id-51983.ln-ru.dl-.pr-inf.uk-12 (15/02/2014).
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L’ALLEMAGNE, LES ALLEMANDS ET LES JUIFS DANS LE JOURNAL DE VEZELAY 1938–1944 DE ROMAIN ROLLAND Hans T. Siepe « O grande Allemagne que j’ai aimée, – que j’aime encore » (p. 142)1 – ainsi peuton lire dans le Journal de Vézelay de Romain Rolland en décembre 1938, et c’est une des premières entrées qui évoquent l’Allemagne ou les Allemands dans ce journal. Cette remarque à la fin de la première année passée à Vézelay figure dans une lettre de Rolland dans laquelle il prend position contre les « abominables persécutions des Juifs en Allemagne » (p. 141) ;2 elle résume la continuité de la pensée de Romain Rolland à l’égard de l’Allemagne, bien observée et transmise dans le livrephare de René Cheval Romain Rolland, l’Allemagne et la guerre3 qui se réfère à la Première Guerre mondiale. Pour la dernière période de la vie de Romain Rolland, les années en France pendant la Deuxième Guerre mondiale et l’Occupation, « rien ne pourra être dit que de provisoire »4, avait conclu l’auteur. La publication de ce Journal ; qui avait connu un grand écho dans la presse lors de sa première sortie en 2012 ; a mis fin à cette incertitude comme à beaucoup de spéculations. « Lit-on encore de nos jours Romain Rolland ? »5, c’est ainsi qu’une critique littéraire dans la presse s’ouvrait sur une question actuelle pour exposer par
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Pour les citations qui viennent directement du Journal, nous n’indiquons que les pages du livre de Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, Paris : Bartillat, 2012. Ainsi la question de la vision de l’Allemagne est aussi liée à la question de la vision des Juifs par Romain Rolland, et nous abordons donc ces deux aspects. Cheval, René : Romain Rolland, l’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963. Cheval : Romain Rolland, p. 725. Voir aussi Kempf, Marcelle : Romain Rolland et l’Allemagne, Paris : Nouv. Ed. Debresse, 1962. Une bibliographie exhaustive de recherches sur Rolland (451 entrées) se trouve sous : https://www.zotero.org/groups/meylan/items/itemPage/1 (05/02/2014). Afeissa, Hicham-Stéphane : Les Mémoires d’outre-tombe de Romain Rolland, ds. : nonfiction.fr. Le Quotidien des livres et des idées, 04/01/2013, http://www.nonfiction.fr/article6301-les_memoires_doutre_tombe_de_romain_rolland.htm (05/02/2014). Dans Le Monde des Livres du 07 décembre 2012, on peut lire: « Comment être plus négligé que ne l’est aujourd’hui Romain Rolland ? », voir Georgesco, Florent : Lumière retrouvée. « Journal de Vézelay 1938– 1944 » de Romain Rolland, ds. : Le Monde Livres, 07/12/2012, http://www.lemonde.fr/livres/ article/2012/12/07/romain-rolland-lumiere-retrouvee_1800585_3260.html (27/05/2015).
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la suite que le prix Nobel de 1915, l’intellectuel engagé et le polygraphe extrêmement fécond ; n’est plus guère lu dans la France de nos jours.6 « Il est l’écrivain le plus célèbre qu’on a le plus oublié. »7 Quelles sont les expériences que le pacifiste de la Grande Guerre et de l’entredeux-guerres (à qui on avait assez souvent reproché sa germanophilie) a faites avec les Allemands de l’Occupation ? Qu’en a-t-il noté dans son Journal à une époque où il se trouvait bien sûr surveillé (tandis que son Jean-Christophe8 était interdit en Allemagne comme dans les écoles en France) ? Voilà les questions que soulève un livre impressionnant, reflet des réflexions de Rolland au cours de ses rencontres multiples ainsi que face à la situation difficile de la population en temps de guerre et d’Occupation. « Dès que Hitler prend le pouvoir, Romain Rolland est au poste de combat »9, peut-on lire dans l’épilogue du livre de René Cheval qui retrace aussi sur une dizaine de pages la pensée et les actions de Romain Rolland à partir du 2 mars 1933 jusqu’à son installation à Vézelay en 1938. Sans avoir connaissance encore du Journal, Jean Albertini se penche sur les dernières années de l’auteur ; il s’oppose à une thèse exprimée dans la biographie de Bernard Duchatelet selon laquelle Rolland se serait détaché des « agitations fiévreuses de la fourmilière »10. La publication récente du Journal peut lui donner raison puisque Rolland n’avait pas du tout renoncé devant la défaite et l’Occupation malgré quelques signes de faiblesse, d’amertume et de découragement (il a d’ailleurs 72 ans quand il revient en France). Nous nous limitons dans nos réflexions à cette toute dernière période de sa vie, caractérisée par le fait que Romain Rolland se trouva privé de la liberté de s’exprimer publiquement et qu’il « vécut dans le presque total isolement d’un lieu de résidence écarté, alors que son état de santé était plus que précaire »11. Précisons qu’il ne fut ni plus ni moins libre que les autres habitants de Vézelay durant l’Occupation12 et que, pendant cette guerre-là, il n’est plus ‘au-dessus de la mêlée’, mais ‘dans’ la mêlée,13 malgré son isolement à la campagne, interrompu par les visiteurs dans sa maison et par quelques voyages à Paris. 6 7 8 9 10 11 12 13
En Allemagne, il est aujourd’hui le grand inconnu : on ne trouve actuellement qu’un seul livre de lui dans les librairies : Rolland, Romain : Pierre und Luce, trad. par Hartmut Köhler, Berlin : Aufbau Verlag, 2010. Lançon, Philippe : Rolland dans la mêlée. Journal de guerre d’un champion du pacifisme, visité par sa propre mort, ds. : Libération, 05/12/2012, http://www.liberation.fr/livres/2012/12/05/ rolland-dans-la-melee_865364 (27/05/2015). Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris: Cahiers de la Quinzaine, 1903–1912. Cheval : Romain Rolland, p. 714. Voir Albertini, Jean : Les dernières années (1939–1944), ds : Europe 942 (octobre 2007), p. 105–116. L’auteur se réfère à Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Albertini : Les dernières années, p. 114. Voir Corbellari, Alain : Le Journal de Vézelay. Un monument enfin révélé, ds. : Cahiers de Brèves 31 (juillet 2013), p. 14–17, ici p. 15. Voir Bonnerot, Olivier Henri : Table ronde au Centre National du Livre autour du Journal de Vézelay, ds : Cahiers de Brèves 31 (juillet 2013), p. 13. « Rolland dans la mêlée » est aussi le titre de la critique de Philippe Lançon, parue dans le numéro de Libération du 05/12/2012.
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Le Journal couvre la période de la crise tchécoslovaque et de la conférence de Munich14 à la dernière offensive de la Wehrmacht dans les Ardennes belges, en passant par le pacte germano-soviétique, la déclaration de guerre, l’invasion et le débâcle, l’occupation, l’armistice et la mort de la IIIe République, en attendant le réveil de la Résistance et la libération du territoire, encore inachevée lorsqu’il s’éteint en décembre 1944.15
1. ROMAIN ROLLAND ET LES ALLEMANDS Les dernières entrées du Journal, consignées quelques jours avant la mort de Romain Rolland, traitent de la contre-offensive allemande dans les Ardennes en décembre 1944 et évoquent le début de l’Occupation en juin 1940 : On a laissé tomber le brûlant élan de la Libération. Il y a bien de l’amertume contre les Alliés. Et la poussée allemande se fraye la route vers Paris, quelle épouvante ! Et cette fois, plus justifiée encore qu’en juin 40. Car les Allemands ne ménageront plus rien. Ce sera l’écrasement total et l’extermination. (p. 1104)
Pessimisme, amertume, épouvante – voilà l’état psychique de Rolland à la fin de sa vie : des sensations qui incluent aussi la situation politique, économique et sociale en France. En 1933, il avait d’emblée condamné le nazisme et le ‘Führer’ ; par la suite, il a dénoncé l’antisémitisme et évoqué les camps de concentration. Il a eu connaissance des excès des SS et de la Gestapo en France ainsi que de la collaboration et des dénonciations réalisées par ses compatriotes. Ainsi, en 1938, il avait déjà prévu les suites d’une « catastrophe, où le dément de Berchtesgaden [= Hitler, H. T. S.] tient le monde entier dans sa balance » (p. 91) où « la paix du monde, le meurtre du monde, sont dans les mains de cet insensé qui se croit l’homme du Destin ! » (p. 98). Rolland a demandé au même moment une « union des peuples français et allemands contre l’oppression » (p. 108), contre « les maniaques du racisme » (p. 142) ; « il se refuse à confondre ce régime avec l’Allemagne, la ‘vieille Allemagne’ des poètes et des musiciens, de Goethe et de Beethoven, dont il garde la nostalgie ».16 Le jour de la déclaration de la guerre par la France, il écrit une lettre à Edouard Daladier pour le soutenir dans cette guerre contre l’Allemagne, dans laquelle il évoque qu’il s’agit d’un combat « sans haine pour le malheureux peuple allemand » et dans laquelle il cite Goethe par « Ici commence la terre de la liberté », la liberté qui est pour lui « le trésor commun le plus précieux de l’humanité » et « c’est pour l’humanité que nous le défendons » (p. 258).
14 « La ‘Paix’ de Munich est une capitulation dégradante », écrit Rolland dans L’Humanité, et, dans la revue Europe, il publie un article « Deuil sur le monde » (à relire dans le Journal de Vézelay, p. 191–192). 15 Afeissa, Hicham-Stéphane : Les Mémoires d’outre-tombe de Romain Rolland. 16 Lacoste, Jean : Introduction, ds. : Rolland : Journal de Vézelay, p. 7–32, p. 15.
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Plus tard il répond aux reproches d’avoir donné son adhésion au président Daladier pour la guerre : Vous m’alléguez l’amitié franco-allemande. C’est précisément cette amitié qui nous commande de combattre l’atroce despotisme qui asservit et avilit la meilleure Allemagne. J’ai des centaines, des milliers d’amis, dans les camps de tortures et d’ignominies d’Allemagne, ainsi que dans les multitudes d’émigrés. J’en ai aussi parmi les braves gens d’Allemagne, qui sont restés et qui se taisent, à leurs foyers, pleurant des larmes de honte – (j’ai vu ces larmes, j’ai entendu leur appel peureux à l’aide). (p. 289)
Les deux Allemagnes dans la tradition du XIXe siècle – un bon et un mauvais côté – existent donc toujours pour Romain Rolland. La première vague de l’invasion allemande à Vézelay (où tout est en désordre : plus d’électricité, plus de radio et des cohortes de fuyards sur les routes) est l’occasion de peindre d’abord le bon Allemand : celui qui donne à boire, sans geste arrogant, à un prisonnier français qui passe devant la gendarmerie dans la colonne (cf. p. 431) ; Rolland remarque : La première équipe allemande, installée dans la gendarmerie, en face de ma maison, s’en va déjà ; elle écrit, en partant, sur la porte : « 100 Grüße ». – Ils auraient bien voulu échanger des mots aimables avec la population. – Cette première vague de l’invasion était particulièrement bienveillante, et avait sans doute consigne de l’être, afin de gagner l’opinion. – A noter que ces soldats et ces officiers se saluaient simplement du « Heil » ou « Gruss ! » – Jamais du « Heil Hitler ! ». Aucun ne faisait le salut du bras tendu. (p. 433)
Ses lectures qui correspondent à sa situation n’ont rien de surprenant : il lit « les Stunden mit Goethe, les relations et les lettres de Weimar pendant l’occupation française, de 1806 » (p. 434). Et quand il joue du piano, c’est toujours des pièces de Bach, de Mozart ou surtout de Beethoven : Depuis samedi [= le jour où Paris a été livré aux Allemands, H. T. S.], je suis assiégé par la musique de l’adagio du concerto pour piano en mi bémol de Beethoven. Il donne la mesure et la tonalité inconsciente de mon âme, en ces journées. (p. 438)
Là, il faut regarder de près pour découvrir un parallélisme entre ce qui est vécu et ce qui est joué au piano : « assiégé » par les occupants allemands et aussi « assiégé par la musique » allemande. Par quelle musique précisément ? L’adagio est le deuxième mouvement du Klavierkonzert n° 5, et on date la composition de ce mouvement d’une autre occupation, celle de Vienne par les Français.17 Les mots récurrents concernant ces premiers contacts avec l’occupant allemand expriment la politesse, l’ordre, la tranquillité, puis aussi très vite les abus : oppression, brutalité, colère et arrogance. Une première demande de logement dans sa maison vient de la part des officiers : L’un d’eux est très mal disposé, rude, hostile, une sorte de bolchevik hitlérien, antibourgeois, et qui dissimule mal son irritation de classe. L’autre est, au contraire, doux et compréhensif (cf. p. 441).
17 Voir http://www.capriccio-kulturforum.de/orchestermusik/2648-ludwig-van-beethoven-dasklavierkonzert-nr-5-in-es-dur-op-73-der-kaiser-unter-beethovens-klavierkonzerten/(27/05/2015).
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Le bon et le mauvais côté des Allemands – cette dualité perdure dans les pensées de Rolland, corroborées aussi par ses expériences, par exemple quand un jeune soldat allemand s’approche en catimini de sa maison pour l’écouter jouer des variations de Beethoven au piano (cf. p. 458) ou quand un « Kommandant lève sa cravache sur une vieille femme, qui lui a fait humblement une demande » (p. 483). Il reproche aux Allemands de ne pas voir « l’exaspération croissante parmi la population occupée », de ne pas sentir « l’inhumanité insupportable » (p. 553) – tout cela au début de l’Occupation où il rêve encore « à la possibilité d’une ‘collaboration’ ou d’une collaboration nouvelle entre les deux peuples qui auraient (et pour cause !) renoncé à la guerre »18. Selon Rolland, « des millions de gens, de braves gens en France » ne haïssent pas le nazisme mais l’Allemand en général alors que lui se compte parmi un petit groupe qui se distancie de cette attitude : « Nous sommes une poignée à séparer les peuples des crimes ou des folies de tels de leurs chefs, et à continuer à croire en la fraternité des hommes » (p. 583). Parmi cette poignée d’hommes comptent aussi deux Allemands, les officiers Paul Becker et surtout Rolf Greve de la Feldkommandantur de Nevers (responsable de l’administration dans les régions occupées), tous deux admirateurs de Rolland, avec lesquels, en 1941, l’auteur a plusieurs entretiens en toute franchise : « nous discutons amicalement sur mes articles antihitlériens qu’il [= Greve, H. T. S.] a lus » (p. 606). Il les accueille dans sa maison, et c’est Greve qui soutient aussi Rolland en diverses circonstances. Rolland relate ces divers entretiens sur plusieurs pages. Une collaboration de bonne foi était donc envisagée par Rolland. Mais il faut retenir tout de même sa lecture continue de La Gerbe, revue nazie et antisémite de son ami Alphonse de Châteaubriant. Se pose alors la question de savoir comment comprendre sa position en 1941, quand il caractérise un article du collaborationniste Jacques de Lesdain (condamné à mort à la Libération) comme « un des meilleurs [articles] [qu’il ait] lu pour la collaboration franche sans réticence, jusqu’au bout, avec l’Allemagne » (p. 542) ou quand il exprime son intention de vouloir « amener entre l’occupant et l’habitant une progressive fraternisation » (p. 563) ? Quelques mois plus tard ont lieu les rafles des juifs et l’exécution des otages. Rolland constate alors « la spoliation et la ruine complète de l’un des ‘collaborateurs’ [= la France, H. T. S.] » (p. 671) et rapidement, il perçoit combien la « brutalité assyrienne » des nazis en France – avec la politique des otages fusillés à l’automne 1941 – rend impossible pareille collaboration dite « amicale »19. Rolland se démarque donc du « camp des collaborationnistes » (p. 697) et de tous les artistes et intellectuels qui se mettent au service de l’Allemagne. Invité en 1942 par deux officiers allemands à faire une lecture ou tenir une conférence à l’une de leurs soirées culturelles de rapprochement, Rolland décline l’offre comme il avait refusé la publication en Allemagne de son nouveau livre (cf. p. 844) tout en insistant sur sa relation étroite avec l’Allemagne : 18 Lacoste : Introduction, p. 18. 19 Lacoste : Introduction, p. 18.
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Hans T. Siepe Il est impossible à un bon Français de se prêter, en une heure pareille, à une pareille manifestation. – Mais tandis que je cause avec mes visiteurs, intelligents, cordiaux, bien-élevés, je ressens, une fois de plus, la criminelle absurdité d’éterniser une guerre fratricide et les haines sauvages qu’elle accumule, entre des races les plus proches par l’intelligence et les plus cultivées du genre humain. Chez ces voisins, je me sens chez moi –, autant que chez moi. Et il y a même beaucoup de chances, pour que chez eux je sois mieux compris. (p. 864)
Dans la démoralisation générale de la France (cf. p. 596), la déchéance morale de la France (cf. p. 611) où « la pourriture est installée dans la moelle » (p. 925), il se raccroche toujours à l’image d’une Allemagne idéalisée : O vieille Allemagne, où es-tu ? – Ici, tout près, tu ne t’en doutes pas. Et ce sera brusquement une réaction totale contre la discipline que ta docilité a acceptée de son Oberherrschaft présente, « réaliste » et guerrière qui l’a faussée. (p. 636 sv.)
Dans un commentaire à une lettre d’un Allemand qui lui avait écrit qu’il sentait, en lisant ses livres, « stets verwandte Saiten in mir anklingen/vibrer en moi des affinités » (p. 996), Rolland écrit : Que je voudrais aussi pouvoir m’entretenir intimement avec lui, lui faire sentir l’immense, l’effroyable erreur des maîtres actuels de l’Allemagne, qui ont voulu réaliser la « collaboration » des deux peuples par des moyens de violence aveugle et l’inhumanité d’une idéologie barbare ! Hélas ! Ils ont ruiné, pour un demi-siècle et davantage, notre grand rêve de fraternelle union entre les deux moitiés de l’Occident. (p. 997)
Lui, qui avait misé sur un lien fort avec l’Allemagne et qui exprime de nouveau son « espoir d’une avancée vers l’établissement d’Etats-Unis de l’Europe » (p. 394), lui, qui conçoit et incarne l’européanisme et le grand panhumanisme (cf. p. 563), s’est vite vu corrigé et désillusionné. Quelques semaines après ce constat d’une marche vers une Europe unie, il mentionne la faillite du rêve communautaire : « Il n’est plus question d’Etats-Unis d’Europe. Leur temps est passé. Il s’agit d’un Reich d’Europe dont la France serait une province, française de langue et de culture. » (p. 496) Une pensée transculturelle s’estompe petit à petit vers la fin de sa vie tandis qu’il publie – acte majeur de résistance intellectuelle – la fin de son Beethoven20, œuvre écrite sur un Allemand, contre le visage horrible que l’Allemagne hitlérienne montrait alors au monde, et pour servir aussi à la renaissance humaniste du peuple allemand.21 Elle finit même par s’éclipser totalement sous l’effet des expériences quotidiennes avec un occupant qui montre plutôt le visage d’une mauvaise Allemagne, sous l’effet aussi des expériences avec ses compatriotes qui « allemanisent » (comme il le dit, p. 698), de la politique française comme des actions des Alliés.
20 Rolland, Romain : Beethoven. La Cathédrale interrompue, vol. 3 : Finita comoedia, Paris : Editions du Sablier, 1945. 21 Voir Albertini : Les dernières années, p. 111.
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2. ROMAIN ROLLAND ET LES JUIFS Chez Rolland, une sorte d’antipathie latente contre les Juifs était toujours perceptible, en rapport éventuellement avec l’échec de son premier mariage, et la question de l’antisémitisme du jeune Rolland, en liaison avec ses expériences allemandes, est posée depuis longtemps.22 Mais qu’en est-t-il de la pensée de Rolland à l’égard des Juifs à cette dernière période de sa vie que retrace le Journal de Vézelay ? Les choses commencent bien dans ce journal : nécessité de combattre le nazisme, compassion à l’égard du sort des Juifs allemands. « Abominables persécutions des juifs, en Allemagne. Tout un peuple ignominieusement martyrisé » (p. 141) écrit-il en 1938 sous l’impression de la Nuit de Cristal, et le même jour il répond à une lettre de Naoum Aronson, président de l’Union de la Culture juive, dans laquelle il parle de « ces misérables maniaques du racisme, qui la [= l’Allemagne, H. T. S.] déshonorent aux yeux de l’univers » (p. 142). Quand il parle ici des « amis juifs », il pense surtout à une certaine couche sociale : La proscription du peuple juif d’Allemagne saigne celle-ci du meilleur sang de son intelligence ; et par la lâcheté, par la cruauté, par la bassesse des outrages, elle la marquera au front d’une infamie, qu’il faudra des siècles pour laver. (p. 142)23
Et il continue par des appels d’encouragement : Mais vous, amis juifs, que je vois prostrés, ne vous abandonnez point au désespoir et au doute, qui est pire que le désespoir ! Ne doutez point de la grandeur de votre race et de la Justice, que ses Livres saints et ses prophètes ont, dans la nuit barbare des temps passés, manifestée et incarnée, – comme ses grands fils des temps présents continuent d’être les précurseurs et les apôtres de la justice sociale. Votre place dans l’histoire du progrès humain est immense. Vous la payez, d’une infortune sans égale. Cette infortune vous sera gloire. Supportez-la, comme vos ancêtres de la captivité de Babylone, avec courage et foi dans l’avenir. (p. 142–143)
Il dénonce « les pogroms d’Allemagne » (p. 143), il pense en 1940 à un combat idéologique « entre le socialisme (national) et l’internationalisme (identifié avec les Juifs) ! » (p. 458), il dénonce les « abominables articles antisémites » dans la revue La Gerbe de son ami Châteaubriant : « J’en suis profondément attristé et révolté » (p. 502). Quand le premier Statut des Juifs (3 octobre 1940) est publié, il note : A la radio, statut des Juifs. Un esprit plus intelligent et plus humain qu’on pouvait craindre, établissement du moins des exceptions pour l’élite et les services rendus – injuste sans doute et hostile, mais non outrageant – reprochant seulement aux Juifs leur esprit trop individualiste, qui va à l’anarchie. (p. 505)
22 Voir Cheval : Romain Rolland, p. 154–160. Ici, on tombe sur des citations abominables de Rolland dans son Journal intime, sur des ‘preuves’ de l’antisémitisme et, par conséquent, du ‘germanisme’ de Rolland évoqués dans un livre du critique nazi Hans Grosshans, Romain Rolland und der germanische Geist de 1937 ; on tombe aussi sur le livre d’un rabbin, Ignaz Ziegler, sur les Juifs dans Jean-Christophe et une lettre adressée à l’auteur par Rolland. 23 Cette citation comme la suivante se retrouvaient déjà dans l’article de Blum, Antoinette : Romain Rolland et la question juive, ds. : Europe 942 (octobre 2007), p. 86–96, ici p. 92.
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Le reproche formulé par Rolland ne se trouve pas dans le texte de cette loi, elle reste donc un commentaire de sa part. Mais est-ce que l’on peut classer l’exclusion des Juifs français d’un certain nombre de professions (fonctionnaires, enseignants, journalistes, gens du cinéma et du théâtre, dirigeants de certaines entreprises, etc.) comme « non outrageant » quand les possibilités de dérogation ou « les exceptions pour l’élite et les services rendus » sont très limitées ? Quelques semaines plus tard, le 27 décembre 1940, il note un long entretien sur la question de l’antisémitisme avec Châteaubriant : Je lui ai exprimé avec une entière franchise ma position à ce sujet, et mon aversion contre un tel esprit, que je juge à la fois comme blessant pour une conscience chrétienne et dégradant pour ma raison. – Château s’entête, répète en farfouillant la thèse hitlérienne (nécessité vitale d’épurer la race aryenne, infectée par l’esprit juif) ; mais il ne laisse pas d’être touché par certains arguments, et il convient de l’insuffisance primaire de la croisade anti-juive, qui n’a pas su dissocier le prétendu esprit juif (de lucre et de corruption) de la partie saine et sacrifiée de la race, qu’il était inique de frapper et stupide de retrancher de la nation. (p. 534)
Rolland ne semble penser qu’à la « partie saine et sacrifiée », à « l’élite », à « l’intelligence » quand il se réfère à cette époque au sort des Juifs, et dans une lettre « affectueuse » à Châteaubriant en 1941 il lui répète combien l’antisémitisme grossier, sans nuances, sans égards, qui remplit son journal, me blesse au fond de mes sentiments les plus sacrés de vieux Français, de chrétien, et dans les entrailles mêmes de mon humanité. Quelle aberration de ne pas poursuivre le « coquinisme » où qu’il soit, dans toutes les races – et où qu’il soit, juifs et chrétiens. De ne pas honorer l’intelligence et les hautes vertus morales ! Rien n’éloigne plus de l’hitlérisme des hommes qui auraient été prêts à collaborer avec lui. (p. 554)24
Quand, quelques mois plus tard, le Statut des Juifs du 2 juin 1941 est promulgué, il parle de son « dégout de cet antisémitisme » (p. 627). En décembre 1941, il fait une copie dans son Journal d’un article sorti dans une revue de propagande allemande « Le Juif, ennemi de la morale et de la civilisation » et il souligne quelques idées et jugements monstrueux pour marquer ses distances (cf. p. 699). Le suicide de Stefan Zweig l’amène à un commentaire qui reprend une idée exprimée déjà dans sa lettre de 1938 (citée plus haut) quand il exhortait les Juifs à supporter l’infortune : Ces pauvres Juifs sont plus livrés que d’autres à l’affolement de leurs nerfs. Combien se sont suicidés, au cours de ces années ! – Et il est vrai que le sort qu’on leur fait, ou dont on les menace, est atroce ! – Mais n’ont-ils pas appris, depuis deux millénaires, à le surmonter ? – Il ne semble pas. Il semble que leur résistance se soit usée. – Et naturellement, ce sont les plus fortunés, ceux que le sort avait le plus comblés, ceux dont l’intelligence aussi s’était le plus affinée, qui sont les plus livrés. (p. 733–734)
24 Rolland reprend ici le texte d’une lettre écrite le 17 février 1941 et adressée à Châteaubriant. Là il parle d’un antisémitisme « brutal, injurieux, acharné » (citation dans l’article sur Châteaubriant rédigé par Jean Lacoste dans le Journal, p. 1131) au lieu d’un antisémitisme « grossier, sans nuances, sans égards » comme ici.
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Comme tant d’autres, Rolland n’a saisi ni l’étendue ni la nature de l’extermination en cours.25 Et quand il déclare que si les souffrances des Juifs sont terribles, ils en ont l’habitude, le propos est bien inadmissible. L’ordonnance contre les Juifs du 29 mai 1942 qui les oblige à porter l’étoile jaune est reproduite dans son Journal et suivie d’un seul commentaire souligné par Rolland : « Remember ! ». Pour comprendre ce commentaire, Jean Lacoste ajoute une note dans son édition : « ‘Souviens-toi’. Les derniers mots de Charles Ier dans Vingt ans après de Dumas » (p. 781). Ce « Remember » est dans le roman de Dumas le signal au bourreau pour mettre l’échafaud en marche, et Rolland évoque ainsi le sort qui attend les Juifs. Ce sort est évoqué de nouveau quand il note en juin 1942 que tous les Juifs et Juives d’Allemagne jusqu’à l’âge de 60 ans, sont envoyés à des camps de travail, en Pologne. Une dame de 70 ans (que l’on connaît) s’est suicidée, pour échapper. – Beaucoup de vieux ménages juifs se trouvent privés de toute aide, puisqu’ils n’ont pas le droit de se faire servir par des Aryens. (p. 789)
Quelques jours plus tard, il reproduit dans son Journal une lettre de Paul Claudel et une lettre du chef de l’église protestante, adressées toutes les deux au grand rabbin de France ; toutes les deux constatent « les épreuves et les injustices sans nombre » et se dressent contre la législation fasciste (cf. p. 795). A cette occasion, il dénonce le mutisme du pape Pie XII à l’égard du sort des Juifs (cf. p. 796). En juillet 1942, Rolland prend acte de la rafle du Vel d’Hiv’, ce qui n’est pas le cas de tous, loin de là : « Quelques nouvelles sur le barbare traitement infligé aux Juifs étrangers de Paris. Entassés dans le Vélodrome d’hiver, sans couvertures, sans aliments, sans w. c. » (p. 828). En septembre de la même année, il note : « Les indignités continuent contre les Juifs. Les mères déportées, séparées de leurs enfants, eux-mêmes séparés les uns des autres, mis à l’Assistance publique » (p. 840). Et en 1943, il évoque l’holocauste : Ces pauvres Juifs déformés par la malveillance et l’hostilité qui les entoure, depuis l’enfance, et qui culmine à présent en une extermination systématique. (p. 910) Ce que les Juifs (hommes et femmes) ont eu et ont encore à souffrir dépasse tout ce que l’on pouvait craindre. On aura peine à se figurer plus tard l’atroce inhumanité de certaines prisons, où la mort de faim et les tortures ont été pratiquées. Et c’est un peuple doux, humain, qui se fait l’instrument de ces cruautés ! (p. 970)
En rappelant l’ambiguïté de Rolland dans sa jeunesse à l’égard des Juifs, Antoinette Blum (qui ne connaissait pas encore le Journal de Vézelay) suggère une première conclusion quant à la pensée de Rolland âgé : « A lire les lignes de Rolland sur la question juive qui datent des années trente et quarante l’on pourrait croire que ses sentiments ambigus à l’égard des Juifs ont complètement disparus. » Mais elle enchaîne directement « Nous ne pouvons l’affirmer », notant à ce sujet « les réactions divergentes qu’il eut lors d’un différend avec son ami, André Suarès [= Juif, H. T. S.], et celles qu’il eut envers un autre grand ami, l’écrivain Alphonse de Châteaubriant
25 Voir Lançon : Rolland dans la mêlée.
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[= collaborateur antisémite, H. T. S.] » avec le constat : « rejet de Suarès, mais indulgence peinée à l’égard de Châteaubriant »26. Si on y trouve de la compassion, ce Journal n’est pour autant pas exempt de passages nettement antisémites, et ceci est déplorable de la part d’un intellectuel qui est au courant de la persécution, même sans en connaître le détail précis. Rolland jeune avait écrit dans son Journal intime en 1906 : Et tous ces Juifs, ces Juifs, on est oppressé. Je n’ai rien contre aucune race. Mais vraiment cellelà est trop mal représentée. Que de figures abjectes et bestiales ! […] J’observe ces faces aux yeux vitreux ; et j’ai l’impression d’une race moins forte qu’épaisse, une matière épaisse, une sorte de boue tenace, qui s’accroche à tout, et que rien ne peut détacher.27
Et Rolland âgé boucle la boucle, en 1944, avec des phrases ambiguës et de nouveau antisémites : […] j’ai beau être, du fond du cœur, un défenseur irréductible de la race juive persécutée, au point de sacrifier à cette défense indignée toutes mes sympathies pour la vieille Allemagne et celles que je trouverais auprès d’elle, je me sens physiquement éloigné des Juifs – particulièrement des Juifs allemands. – Je n’en veux dire aucun mal ; mais ils sont d’une pâte trop différente ; et ce ne sont pas les meilleurs d’entre eux qui me paraissent le moins étrangers : tout est, chez eux, trop appuyé : leurs traits, leurs expressions, leurs sourires, leur attachement même, qui colle aux doigts, leurs intonations lourdes et soulignées, et, je crains bien, leur âme charnelle, en son essence. J’ai eu, tout au long de ma vie, bien des amis excellents parmi eux –, de ceux qui ont été des premiers champions de ma pensée [= allusion à André Suarès et Stefan Zweig, H. T. S.]. Et cependant, si proches que semblent s’emmêler nos feuilles et nos fleurs – nos racines sont séparées par une cloison, qui n’est jamais ouverte. (p. 1058)
La cloison fermée – voilà un mot, exprimé deux mois avant sa mort, qui est tout à l’encontre de l’ouverture vers l’autre ; voilà un mot qui contredit une pensée transculturelle que Rolland avait pourtant exercée pendant plusieurs décennies de sa vie. Ces mots de la fin n’impliquent plus le militant d’une unité culturelle européenne. Cette perte d’une vision autrefois beaucoup plus ouverte peut éventuellement s’expliquer par une certaine myopie, une grande déception ou par le fait (comme il dit) que les événements des derniers ans, de ces derniers mois, nous ont fait entrer plus crûment dans la terrible réalité humaine que ne l’avait fait plus d’un demi-siècle d’expérience et de commerce avec l’histoire des siècles passés. (p. 1063)
Ce changement peut également être mis sur le compte d’une grande fatigue, d’un renfermement, d’égarements – il y a en effet dans le Journal des « passages d’une cécité et d’une naïveté confondantes »28. 26 Blum: Romain Rolland et la question juive, p. 93. 27 Cité d’après Cheval : Romain Rolland, p. 155–156. 28 Assouline, Pierre : Romain Rolland sous la mêlée, ds. : La République des livres, 14/02/2013, http://larepubliquedeslivres.com/romain-rolland-au-dessous-de-la-melee/ (30/01/2014). Pour approfondir les arguments de Pierre Assouline qui en donne quelques exemples, on peut ajouter quelques citations. En 1943, Rolland croit « que la France actuelle aurait besoin, pour se régénérer, de petites dictatures temporaires, régionales ou municipales, pour imposer à l’apathie et à l’anarchie générales un élan réorganisateur » (p. 971) et le 20 septembre 1944, il note : « Il
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En Romain Rolland s’est livré un combat, au sujet des Juifs, entre le cœur et la raison. Intellectuellement (côté ‘raison’), il est irréprochable, se sent concerné par la persécution, prend clairement position ; et côté ‘cœur’ (côté de l’irrationnel), il est sujet à des peurs : l’univers dans lequel il a baigné a été pétri d’antisémitisme, et celui-ci affleure parfois dans ses écrits. Les sentiments de Rolland envers les Juifs sont restés ambivalents et complexes ; sa pensée lucide, sa connaissance du sort infligé aux Juifs et sa prise de position sont assez souvent en contradiction avec son affectivité.29 Force est donc de constater une certaine ambiguïté de Rolland à l’égard des Juifs comme aussi une vision dualiste de l’Allemagne. Pour la dernière période de sa vie, se pose alors la question de savoir s’il est vraiment resté dans ces années de guerre et d’occupation, le ‘penseur transculturel’ qu’il était auparavant. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Afeissa, Hicham-Stéphane : Les Mémoires d’outre-tombe de Romain Rolland, ds. : nonfiction.fr. Le Quotidien des livres et des idées, 04/01/2013, http://www.nonfiction.fr/article-6301-les_ memoires_doutre_tombe_de_romain_rolland.htm (05/02/2014). Albertini, Jean : Les dernières années (1939–1944), ds : Europe 942 (octobre 2007), p. 105–116. Assouline, Pierre : Romain Rolland sous la mêlée, ds. : La République des livres, 14/02/2013, http://larepubliquedeslivres.com/romain-rolland-au-dessous-de-la-melee/ (30/01/2014). Bonnerot, Olivier Henri : Table ronde au Centre National du Livre autour du Journal de Vézelay, ds : Cahiers de Brèves 31 (juillet 2013), p. 13. Blum, Antoinette : Romain Rolland et la question juive, ds. : Europe 942 (octobre 2007), p. 86–96. Cheval, René : Romain Rolland, l’Allemagne et la guerre, Paris : PUF, 1963. Corbellari, Alain : Le Journal de Vézelay. Un monument enfin révélé, ds. : Cahiers de Brèves 31 (juillet 2013), p. 14–17. Duchatelet, Bernard : Romain Rolland tel qu’en lui-même, Paris : Albin Michel, 2002. Georgesco, Florent : Lumière retrouvée. « Journal de Vézelay 1938–1944 », de Romain Rolland, ds. : Le Monde Livres, 07/12/2012, http://www.lemonde.fr/livres/article/2012/12/07/romainrolland-lumiere-retrouvee_1800585_3260.html (27/05/2015). http://www.capriccio-kulturforum.de/orchestermusik/2648-ludwig-van-beethoven-das-klavierkonzertnr-5-in-es-dur-op-73-der-kaiser-unter-beethovens-klavierkonzerten/ (27/05/2015). https://www.zotero.org/groups/meylan/items/itemPage/1 (05/02/2014). Kempf, Marcelle : Romain Rolland et l’Allemagne, Paris : Nouv. Ed. Debresse, 1962. Lacoste, Jean : Introduction, ds. : Rolland : Journal de Vézelay, p. 7–32. Lançon, Philippe : Rolland dans la mêlée. Journal de guerre d’un champion du pacifisme, visité par sa propre mort, ds. : Libération, 05/12/2012, http://www.liberation.fr/livres/2012/12/05/ rolland-dans-la-melee_865364 (27/05/2015). Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris: Cahiers de la Quinzaine, 1903–1912.
faudrait, au pouvoir, une poigne de fer. Ce n’est point le fait d’une démocratie » (p. 1039). – Les Américains sont les pires ennemis, « la monstrueuse ploutocratie américaine » (p. 1004) : « France, Allemagne, URSS, qui sont entre elles opposées par leurs nationalismes, sont socialement apparentées, beaucoup plus qu’elles n’ont l’intelligence de le reconnaître : toutes trois aspirent à un idéal social, qui ne diffère que par des nuances ; et leur ennemi commun est le ‘Talon de fer’ américain » (p. 1005). 29 Voir aussi l’argumentation de Blum : Romain Rolland et la question juive, p. 86–96.
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Rolland, Romain : Beethoven. La Cathédrale interrompue, vol. 3 : Finita comoedia, Paris : Editions du Sablier, 1945. Rolland, Romain : Pierre und Luce, Berlin : Aufbau Verlag, 2010. Rolland, Romain : Journal de Vézelay 1938–1944, Paris : Bartillat, 2012.
ROMAIN ROLLAND, UN GRAND AUTEUR DE RDA Transfert – Traduction – Canonisation Danielle Risterucci-Roudnicky Ce n’est pas en tant que spécialiste de Romain Rolland que j’analyserai la réception de l’auteur en RDA, mais en tant que chercheur en transferts culturels : que deviennent l’auteur et l’œuvre une fois passée la frontière entre la France et la RDA, quelle place asymétrique occupent-ils dans le pays d’accueil après avoir traversé les opérations transformatrices de sélection, de diffusion et de médiation, et quelle(s) fonction(s) ont-ils dans ce nouveau biotope politique et culturel ? C’est donc de ‘l’identité allemande’ de Romain Rolland – allemande de RDA – dont il sera question ici. Pour cela, nous exploiterons un outil élaboré dans le cadre d’une recherche entreprise sur la littérature française traduite, diffusée et commentée en RDA, la bibliographie de transfert Nausikaa1 dont les principes seront brièvement exposés : aux premières données statistiques qu’elle fournira s’ajouteront les paratextes qu’elle contient, à savoir les postfaces destinées aux lecteurs allemands et une expertise éditoriale destinée à la censure. Il sera ainsi possible de reconstituer le processus d’intégration de l’auteur français dans le champ de réception de la RDA et les différentes étapes de sa canonisation. Enfin, nous tenterons de cerner les contours de la fonction qu’a pu remplir Romain Rolland dans une Allemagne qui se nommait elle-même ‘l’autre Allemagne’ et cherchait à se différencier de la RFA : Romain Rolland et son œuvre se sont trouvés impliqués, malgré eux, dans ce défi germano-allemand, témoignant ici des possibles instrumentalisations de l’étranger dans les contextes de réception interculturelle. 1. ROMAIN ROLLAND ET NAUSIKAA Avant d’aborder le ‘cas Romain Rolland’ dans la perspective que nous avons choisie, il faut faire une digression nécessaire en présentant les principes qui ont fondé
1
Risterucci-Roudnicky, Danielle : Nausikaa : la réception de la littérature française en RDA (1945–1990) ; une bibliographie de transfert, Paris : Maison des sciences de l’homme, 2010. Toutes les renvois à cet ouvrage seront désormais notés avec le titre abrégé Nausikaa, suivi du numéro de la référence.
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la bibliographie de transfert Nausikaa. Mettre cette dernière à l’épreuve de la réception de l’auteur français, c’est ouvrir une voie méthodologique que facilite l’outil informatisé. Ainsi Romain Rolland vaut-il pour illustration. Une bibliographie de transfert sur le modèle de Nausikaa est faite de la perspective du pays d’accueil et non d’une perspective ethnocentrique ou d’une perspective immanente. Il ne s’agit pas de définir d’abord ce que l’on considère comme ‘littérature française’ pour ensuite vérifier dans quelle mesure elle est en accord avec le corpus d’œuvres traduites sous cette dénomination, mais d’adopter une attitude ‘culturelle’, en inversant le point de vue, en cernant ce que le pays d’accueil a considéré comme littérature française et comme auteur français, sans jugement de valeur. Un tel choix se fonde donc exclusivement sur les critères du pays d’accueil, lisibles dans ses histoires et ses dictionnaires littéraires, ses catalogues de maisons d’édition et ses travaux universitaires. De plus, cette bibliographie comporte la réception de la littérature reçue par tous les supports de l’écrit : le volume, l’anthologie et la revue. Elle est constituée sur la base de paramètres comparatistes : sont consignés le différé de la publication (figurent les dates de publication en France et dans le pays d’accueil), la médiation (l’auteur de la postface ou l’anthologiste), la diffusion (l’éditeur et la collection où paraissent les œuvres). Elle contient les documents paratextuels numérisés (toutes les préfaces ou/et les postfaces parues dans le pays récepteur et toutes les archives qui attestent d’une médiation, comme les expertises éditoriales). Enfin, elle est informatisée et permet d’effectuer des recherches multicritères. Sur Romain Rolland, la bibliographie livre, dans un premier temps, les données statistiques qui permettent de situer la place de l’auteur dans le champ de réception, en contrepoint de celle des autres auteurs français du XXe siècle publiés durant la même période en RDA. Sur l’axe quantitatif, il apparaît que Romain Rolland occupe une place privilégiée dans les trois types de classements effectués : par le nombre de titres édités (2e après Louis Aragon), le nombre de rééditions (2e après Robert Merle) et le nombre de tirages (en 3e position avec trois œuvres simultanément, Colas Breugnon2, Pierre et Luce3 et Jean-Christophe4), après Le Nuage5 de Martine Monod (dont le succès est lié au débat sur le danger atomique et dont les 12 éditions sont concentrées sur six ans, de 1957 à 1963) et Le Petit Prince6 d’Antoine de Saint-Exupéry (dont les 13 éditions s’étalent de 1965 à 1988). Sur l’axe chronologique, la place de Romain Rolland se caractérise par sa longévité. Son succès constant est attesté par la publication de ses œuvres de 1947 à 1989 : 96 publications dont 82 en volumes et 14 en revues. Si leur nombre marque une différence entre les vingt premières années de la RDA (67 publications en volumes) et les vingt dernières (26 publications), il faut cependant souligner que les titres de cette
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Rolland, Romain : Colas Breugnon, Paris : Ollendorff, 1919. Rolland, Romain : Pierre et Luce, Paris : Ollendorff, 1920. Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1903–1912. Monod, Martine : Le Nuage, Paris : Les Editeurs Français Réunis, 1955. Saint-Exupéry, Antoine de : Le Petit Prince, New York : Reynal & Hitchcock, 1943.
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deuxième période portent, entre autres, sur des œuvres volumineuses et importantes, comme le Journal7 et les correspondances. Sur l’axe qualitatif, les rééditions et les tirages ont surtout porté sur L’Ame enchantée8 (10 éditions entre 1958 et 1968), Jean-Christophe (12 éditions de 1951 à 1987), Colas Breugnon (13 éditions de 1947 à 1983), Pierre et Luce (16 éditions de 1960 à 1989). Quant à Clérambault9 qui connaît deux éditions, en 1965 et en 1989, le livre témoigne d’un intérêt dans la durée. Ces œuvres de fiction confrontent le lecteur – en favorisant l’identification avec des personnages sympathiques, imparfaits, qui cherchent leur voie dans une société qu’ils voudraient meilleure – aux questions de morale, de politique, d’esthétique : la loyauté, les préjugés, l’amour, le pacifisme, la musique, etc. L’œuvre de Rolland, par la foison de questions qu’elle soulevait, s’offrait comme un moyen de toucher les hommes de bonne volonté, dans la perspective d’une société en pleine mutation. Il semble que l’histoire éditoriale de Romain Rolland en RDA illustre le précepte énoncé par l’auteur lui-même dans « L’Avertissement au lecteur » de L’Ame enchantée : Considérer chaque volume comme un chapitre d’une œuvre en mouvement, dont la pensée se déroule au cours de la vie représentée. Citant le vieux dicton « La fin loue la vie, et le soir le jour », j’ajout[erais] : lorsque nous serons au terme, vous jugerez de ce que valait notre effort.10
Car, ce que livrent ici les chiffres un peu secs d’une statistique, c’est la constance d’une réception sur une période de 40 ans, constituant progressivement un véritable ‘patrimoine’ littéraire, destin particulier pour les œuvres d’un auteur étranger. Au-delà des chiffres, l’interrogation portant sur les supports de diffusion (le volume, la revue et l’anthologie) fournit quelques informations éclairantes. Tous les articles et extraits d’œuvres de Romain Rolland paraissent dans la revue Sinn und Form, à l’exception des lettres inédites à Maksim Gor’kij, parues en 1950 dans la revue Aufbau – dans un numéro consacré au pacifisme –, témoignant d’une grande sympathie pour l’URSS. Les textes parus dans Sinn und Form sont essentiellement des lettres, des notes autobiographiques qui, toutes, donnent un éclairage du penseur à travers ses réflexions politiques – progressistes, pacifistes, humanistes –, insistent sur sa germanophilie, exposent ses analyses sur l’art et la musique. En 1986, la revue opère un choix dans les lettres des années 1930 où sont lisibles, entre autres, le climat politique de l’époque et les relations de Romain Rolland avec Stefan Zweig. Tous les extraits parus dans la revue permettent de faire un ‘tour d’horizon’ de l’homme, de l’écrivain et du penseur, replacé dans le contexte de son époque, au cœur des conflits et des contradictions du temps et… engagé du ‘bon côté’ de l’histoire. L’absence anthologique de Romain Rolland, qui tranche avec la diffusion hyperbolique en volumes, témoigne d’emblée de la place privilégiée qu’occupe l’auteur. 7
Rolland, Romain : Journal des années de guerre 1914–1919 : notes et documents pour servir à l’histoire morale de l’Europe de ce temps, Paris : Albin Michel, 1952. 8 Rolland, Romain : L’Ame enchantée, 3 vol., Paris : Ollendorff, 1922. 9 Rolland, Romain : Clérambault, Paris : Ollendorff, 1920. 10 Rolland : L’Ame enchantée, 3 vol., tome 1 : Annette et Sylvie, p. 9.
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En RDA, ce support permettait de contourner la censure en jouant sur la combinatoire (il était possible de ‘glisser’ un texte jugé problématique pour des raisons littéraires ou biographiques parmi les textes d’auteurs autorisés). Les ouvrages de Romain Rolland ne paraissent qu’en volumes, marque de conformité avec les valeurs du pays d’accueil et d’une reconnaissance officielle. De plus, la consultation de toutes les postfaces numérisées des auteurs français du XXe siècle édités en RDA permet de relever un grand nombre d’occurrences du nom de Romain Rolland. Ainsi dans 40 postfaces d’auteurs parmi lesquels Henri Barbusse, Albert Camus, Louis Aragon, Michel Butor, André Maurois, Vladimir Pozner, Jean-Paul Sartre, Anatole France, Henri de Montherlant, etc. –, Romain Rolland est-il l’aune à laquelle sont mesurés les autres auteurs français, sous forme de jugements de valeur politiques et idéologiques. Il est souvent cité en binôme avec Anatole France qui partage avec lui en RDA l’honneur de l’héritage humaniste (Aragon est le premier de tous, mais il est un cas à part : vivant et communiste). Il est possible de dire que Romain Rolland a ‘habité’ le discours critique de RDA de manière dominante jusque dans les années 1970 : à partir de cette date, l’intérêt se concentre sur les œuvres de la modernité littéraire qui accaparent l’intérêt des écrivains et des lecteurs, et la place de Romain Rolland – dont la présence ne se dément pas dans l’édition – change de fonction : outre le modèle de l’héritage humaniste qu’il incarne, il acquiert, presque ‘hors du temps’, l’aura d’un guide moral laïque. 2. ETAPES D’UNE IMPORTATION Les statistiques précédentes ont permis de montrer que les traits majeurs de la réception de Romain Rolland en RDA sont la longévité et l’exhaustivité (presque toute l’œuvre est éditée). Quant aux postfaces, espaces intermédiaires où le médiateur favorise l’‘importation’ de l’œuvre étrangère, elles construisent l’image d’un auteur pacifiste, humaniste, progressiste. Trois qualificatifs qui firent de l’histoire entre Romain Rolland et la RDA une affaire d’affinités électives, comme en témoignent, de façon récurrente, les convictions convergentes sur les grandes questions de morale sociale et politique au cœur du discours critique allemand sur l’auteur français. Auteur du manifeste pacifiste Au-dessus de la mêlée11 en 1915 et du Salut à la révolution russe12 en 1917, Romain Rolland avait en effet, sur les points importants, un ‘profil’ qui correspondait à ‘l’horizon d’attente’ du pays récepteur. Il incarnait l’homme aux pensées nouvelles, incompris dans un monde fondé sur le profit et l’héroïsation de la guerre. L’analyse qu’il faisait de la société de son temps éveillait un écho dans la jeune République démocratique allemande qui se reconnaissait dans l’avant-propos de la biographie de Beethoven en 1903 : L’air est lourd autour de nous. La vieille Europe s’engourdit dans une atmosphère pesante et viciée. Un matérialisme sans grandeur pèse sur la pensée, et entrave l’action des gouvernements
11 Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Ollendorff, 1915. 12 Rolland, Romain : Salut à la révolution russe, Genève : Editions de la revue Demain, 1917.
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et des individus. Le monde meurt d’asphyxie dans son égoïsme prudent et vil. Le monde étouffe. – Rouvrons les fenêtres. Faisons rentrer l’air libre. Respirons le souffle des héros.13
Romain Rolland est ‘le grand humaniste français’ qui emporte ses lecteurs dans les domaines variés du voyage, de la peinture, de la musique. Ses analyses, qui vont à rebours des idées dominantes, rencontrent un public à la recherche d’autres lectures de l’histoire, comme c’est le cas avec la grande figure de Beethoven dont il livre une autre image, renouvelée, de la fonction sociale et politique : Auf Grund unserer Kenntnis der realen gesellschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Verhältnisse und Zusammenhänge hat sich auch unsere Stellung zu dem überlieferten BeethovenBild gründlich verändert. Wir erkennen, daß es reich an schiefen Perspektiven und falschen Einschätzungen ist, und wissen, daß die Beethoven-Literatur des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts der wirklichen Bedeutung Beethovens in unserer Nationalkultur nicht gerecht wird.14
Vingt ans plus tard, Hansjürgen Schaeffer renforce ce propos de Ernst Krause, à l’occasion d’une réédition de la biographie de Beethoven pour la commémoration des 200 ans de la naissance du compositeur. En dégageant les catégories esthétiques, morales et éthiques que la musique de Beethoven porte en elle, non comme un idéal abstrait, mais comme un but à atteindre par et pour la communauté des hommes, le musicologue définit l’apport de Romain Rolland : « Das marxistische Beethovenbild unserer Epoche fand in Romain Rolland einen seiner bedeutendsten Wegbereiter. »15 La proximité des aspirations du biographe et des critiques allemands est évidente. D’une part, Romain Rolland rompt à la fois avec l’interprétation romantique qui prévaut depuis le XIXe siècle – selon laquelle la musique de Beethoven exprimerait une fuite de la réalité et de ses contradictions –, et avec l’exaltation chauvine qui domine en Allemagne après la guerre de 1870. De plus, il apparaît comme le précurseur incontestable d’un nouvel ordre social et politique dont la RDA se considère comme l’aboutissement. Si les deux critiques précédents, à 20 ans d’intervalle, formulent les mêmes réserves quant à la périodisation choisie – concentrer la biographie sur les grandes époques créatrices de l’Héroique à l’Appassionnata, c’est aller contre la conception que Rolland lui-même avait du rapport dialectique entre l’un et le tout, c’est trancher dans la cohérence de l’ensemble et c’est exclure des œuvres majeures – il n’en reste pas moins qu’ils saluent la nouveauté de l’analyse : outre la mise en valeur de l’action révolutionnaire en acte dans l’œuvre musicale de Beethoven sont valorisées les racines populaires de sa musique. Pourtant, au-delà de l’hommage souvent dithyrambique dont Rolland fait l’objet, la vie, la pensée et l’engagement de l’homme et de l’auteur présentaient des aspects en décalage avec la place que la RDA voulait lui assigner : sa controverse 13 Romain Rolland : La Vie de Beethoven, Paris : Hachette, 1910 (La vie des hommes illustres 1), avant-propos, s. p. 14 Postface de Ernst Krause dans Rolland, Romain : Beethovens Meisterjahre. Von der Eroica zur Appassionnata, Berlin : Rütten und Loening, 1952. Texte numérisé dans Nausikaa, paratexte, réf. p. 166. 15 Postface de Hansjürgen Schaeffer dans Rolland : Beethovens Meisterjahre. Texte numérisé dans Nausikaa, péritexte, réf. p. 167.
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avec Barbusse, ses convictions aux orientations plus individualistes que collectives, son attirance pour le pacifisme de Mahatma Gandhi, son intérêt pour la pensée orientale, et surtout des propos antisémites susceptibles de détruire le ‘mythe Rolland’. Il fallait donc intégrer et dépasser ces contradictions pour importer l’auteur et l’homme dans le champ littéraire et idéologique de la RDA. C’est sur ces aspects que la rhétorique des postfaces a porté ses efforts. Nous n’en donnerons qu’un exemple à propos du point le plus crucial, les accusations d’antisémitisme. Dans sa préface à Jean-Christophe en 1965, Gerhard Schewe aborde le sujet de front, évoquant « die Stellung Rollands zum Judentum, die bis zur heutigen Zeit eine Reihe heftiger Kontroversen ausgelöst hat, die bis zum Vorwurf des bewußten Antisemitismus gehen »16. La plaidoirie de Gerhard Schewe se décompose en quatre étapes : d’abord, il invoque la nécessité d’envisager la totalité de la vie de Rolland pour constater que seule la malveillance est à l’origine de ces accusations. Quant aux passages précis relevés dans le quatrième et cinquième livre de Jean-Christophe, Schewe les attribue à des « déceptions personnelles » – des expériences douloureuses avec des marchands d’art à Paris et l’échec de son mariage avec Clotilde Bréal, la fille du savant juif Michel Bréal. Puis, pour démonter les attaques, il insiste sur les nombreuses amitiés de Rolland avec des Juifs, dont André Suarès et Stefan Zweig. De même, dans les pages du journal tenu au moment de la rédaction de Jean-Christophe – correspondant à l’époque des passages incriminés –, Rolland évoque sa correspondance avec Elsa Wolff, une Juive allemande qui se suicidera en 1942 afin d’échapper à la déportation. Enfin, Schewe concède un point, le rejet du sionisme, déplaçant le problème du terrain idéologique vers le politique : Überall zeigt sich die Hochachtung Rollands vor den menschlichen Qualitäten und kulturellen Leistungen des jüdischen Volkes, dem er als einziges den Zionismus, das Streben nach einem eigenen jüdischen Staat zum Vorwurf macht.17
On mesure la maladresse de cette défense qui tente d’‘atténuer’ le crime par des arguments biaisés qui ne font pas tout à fait illusion : cependant, il était impossible de garder le silence sur cette affaire qu’il fallait désamorcer. L’image de l’auteur, dont les idées, les convictions, la vie démentaient l’indignité d’une telle position n’a pas été affectée : dans les esprits, Romain Rolland a toujours été, au cours de ces 40 années, l’une des incarnations les plus fortes de l’humanisme. 3. LA CANONISATION : ROMAIN ROLLAND, GRAND AUTEUR FRANÇAIS DE RDA La longévité de Romain Rolland recoupe celle de la RDA : pendant quarante ans, il fut un auteur dont l’image collait à celle d’un projet politique et, comme auteur 16 Postface de Gerhard Schewe dans Rolland, Romain : Jean-Christophe, Berlin : Rütten & Loening, 1965. Texte numérisé dans Nausikaa, paratexte, réf. p. 171. 17 Postface de Gerhard Schewe dans Rolland : Jean-Christophe. Texte numérisé dans Nausikaa, paratexte, réf. p. 171.
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étranger, il apportait une caution supplémentaire à un Etat fondé sur les principes qui avaient fait le sel de sa vie. Ce qui scella cette sorte d’union sacrée – puisque l’on accepta même de ‘passer’ sur son antisémitisme latent –, c’est probablement la ‘rupture’ qu’il incarnait : rupture mentale et intellectuelle avec les valeurs dominantes de son époque et d’une société que la RDA rejetait dans ses principes fondateurs. De la même manière, dans une sorte de mouvement spéculaire, la réception allemande de l’auteur français s’élabora contre celle de l’Allemagne d’avant la Deuxième Guerre mondiale. Et après la guerre, la RDA aura l’exclusivité éditoriale des œuvres traduites en allemand. Cette ‘réception en rupture’ avec le passé, si nous osons l’expression, est illustrée par la réédition de Colas Breugnon sous le titre Meister Breugnon18 en 1962. La première édition allemande, publiée par Rütten & Loening en 1920 dans la traduction de Erna et Otto Grautoff, est l’objet de modifications qui en font une œuvre, sinon nouvelle, du moins autre. Gerhard Schewe, romaniste spécialiste de Romain Rolland en RDA, commence par réviser la traduction dont Stefan Zweig disait en 1919 qu’elle « [était] lourde […] comme une bonne bière allemande, alors que Colas [était] du vin fin et mousseux […] Grautoff n’a pas l’oreille d’un musicien, il traduit comme un savant […] mais pour l’excuser, jamais on ne pourra rendre Breugnon parfaitement »19. Il supprime le sous-titre20 qu’il estime être un contresens (« Bonhomme vit encore », traduit par Ein fröhliches Buch). Or Gerhard Schewe, dans sa postface à l’œuvre, rejette l’idée de comique, de drôlerie, d’humour, de farce, au profit de ce qu’il estime être une tonalité d’un autre ordre, celui de la sérénité, de l’harmonie sensuelle, de la grâce légère. Ce livre, qui aura la faveur constante du public, semble concentrer ce qui a fait la notoriété de Romain Rolland en RDA, ce qui a façonné son image : sa ‘francité’ et son universalité, les deux faces oxymores qui produisirent cette chose hybride, ‘un écrivain français de RDA’. En effet, dans un mouvement d’extranéité, Romain Rolland a été perçu comme une incarnation de l’esprit français. Dans la postface de Gerhard Schewe au roman, on peut relever 17 occurrences du mot französisch ou Frankreich. La ‘francité’ de Rolland plonge ses racines dans ses origines, dans une filiation avec la tradition, ce que la connaissance de ses mémoires et de ses écrits intimes permettent, à l’instant où Schewe rédige son texte, de savoir et de comprendre : […] es [handelt] sich hier um eine echt französische Schöpfung, die augenfälliger als die meisten Werke Rollands französischem Geist und französischer Denkweise verpflichtet ist. Schon
18 Rolland, Romain : Meister Breugnon : ein fröhliches Buch, trad. par Erna et Otto Grautoff, Frankfurt/M. : Rütten & Loening, 1920. 19 Zweig, Stefan : Lettre à Romain Rolland, 2 août 1919, citée par Niemetz, Serge : Stefan Zweig, le voyageur et ses mondes, Paris : Belfond, 1996, p. 272. 20 Le premier sous-titre français était « Conte bourguignon ».
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Danielle Risterucci-Roudnicky Stefan Zweig hatte […] diesen Roman als „französisches Intermezzo der europäischen Sinfonie“ bezeichnet […] Ernst Robert Curtius […] wertete das „gallische Lachen“, das Colas anstimmte […].21
Ce mélange de gaieté et de ‘francité’ fusionnent en une gallische Fröhlichkeit, une « gaieté gauloise » pour ein echt französisches Buch, pour « un livre vraiment français ». Ces expressions qu’emploie Rolland dans une préface au lecteur, reprises par Gerhard Schewe, scellent ainsi un pacte de lecture qui perdurera. Au-delà de cette lecture, c’est le portrait évolutif de l’auteur qui s’inscrit dans les commentaires et les analyses, attestant la conviction de Romain Rolland, citée précédemment, que la vérité d’un être ou d’une vie se lit et se comprend comme un tout. Emerge un écrivain qui a vécu selon les principes de son œuvre, devenu un modèle, une référence échappant à la fugacité de la mode. Dans l’expertise éditoriale de 1980, portant sur la publication de Jean-Christophe dans une édition pour la jeunesse, moins de dix ans avant la chute du mur, Romain Rolland est adoubé comme un guide, un maître, non un maître à penser, mais un maître à vivre, grâce à une œuvre exemplaire par les questions essentielles qu’elle soulève : Dennoch wäre es falsch, den Johann Christof etwa nur noch unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, daß er zum Erbe der Weltkultur gehört und deshalb gepflegt werden muss. Dieser Roman ist, was auch durch Nachfragen in Bibliotheken und Buchhandlungen unterstrichen wird, auf überraschende Weise lebendig geblieben, allen Änderungen zum Trotz, die Romantechnik, Publikumserwartung, Lesegewohnheiten usw. inzwischen durchgemacht haben; und zwar weil seine moralische Substanz noch immer als gültig empfunden wird, auch als erzieherische Potenz. Was der Titelheld an Eigenschaften besitzt: Geradlinigkeit, Ehrlichkeit, Selbstachtung, Leistungswillen u. a. aber auch die Weigerung, sich persönlichkeitsdeformierenden Zwängen zu unterwerfen, geistige Unruhe, ein kritisches Umweltbewußtsein sind letztlich unverzichtbare Werte.22
Lorsqu’en 1966 eut lieu l’anniversaire des 100 ans de sa naissance, Romain Rolland fut, malgré lui, au centre des tensions qui divisaient les deux Allemagnes. Entre 1965 et 1971, la RDA pratique une politique de durcissement envers l’Ouest, le 11e comité du SED23 réaffirme que « l’art est une arme dans la lutte des classes »24, et interdiction est faite de traiter tout achat de licence et tout droit d’auteur sans passer par l’Office des droits d’auteurs (par le décret du 7 février 1966), une façon d’empêcher les auteurs de RDA interdits de publication de publier leurs œuvres en RFA. En revanche, sur le plan littéraire, il se produit un mouvement inverse : l’intérêt pour la littérature jugée subversive (dont Franz Kafka, publié en 1965), l’évolution du concept de ‘réalisme’ et la remise en cause de celui de ‘décadence littéraire’ attestent la fissuration du champ culturel de RDA par la percée des problé-
21 Postface de Gerhard Schewe dans Rolland, Romain : Colas Breugnon, Berlin : Rütten & Loening, 1963. Texte numérisé dans Nausikaa, péritexte, réf. p. 168. 22 Anonyme : Expertise éditoriale à Jean-Christophe de Romain Rolland, 1980. Texte numérisé, dans Nausikaa, réf. e-140. 23 SED : Sozialistische Einheitspartei Deutschlands : Parti socialiste unifié d’Allemagne. 24 Nausikaa, Documents (Procès-verbal du 11e Congrès du Comité Central du SED), Tableau synoptique de l’histoire de la RDA, année 1965.
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matiques de la modernité. Dans ce contexte, la célébration de Romain Rolland devient un enjeu entre l’Ouest et l’Est, d’autant plus que la France soutient la commémoration de l’auteur français qui donne lieu à des festivités solennelles.25 Le SED s’empare de l’occasion pour célébrer ce que Romain Rolland représenta pour la RDA : l’incarnation de l’humanisme, la capacité à combattre la résignation et le scepticisme, l’encouragement des hommes à l’action. Les intervenants sont, entre autres, le disciple de Werner Krauss Manfred Naumann, le médiateur de Rolland à partir des années 1960 Gerhard Schewe, le fonctionnaire de la culture Alfred Kurella, le journaliste et écrivain Maximilian Scheer, auteur de Le Peuple allemand accuse26 préfacé par Romain Rolland, l’écrivain Ludwig Renn. Il s’agissait, à travers Romain Rolland, de faire la preuve que la RDA était, des deux Allemagnes, la plus ‘humaniste’, celle dont la politique et la culture étaient réellement antifascistes. La RDA espérait, à l’occasion de cette commémoration, jouir à son tour d’une reconnaissance de la part du milieu intellectuel français. Cependant, la propagande qui entoura les préparatifs de cette manifestation indisposa le côté français : brochures, publications, journaux ont inondé les services culturels français dont la réponse n’a pas été à la hauteur de l’attente des Allemands de l’Est. Peut-être Romain Rolland aurait-il préféré rester ‘au-dessus de la mêlée’ ? Romain Rolland, par sa vie et son œuvre, répondait aux canons idéologiques d’un Etat qui se créait sur des bases antifascistes, pacifiques et humanistes. S’il n’a pas joué de rôle sur le plan littéraire, il a occupé une place particulière pour un auteur étranger, celle d’un modèle à imiter sur le plan de l’énergie vitale au cœur de l’action et de la liberté de pensée. Son ‘prestige’ ne s’est jamais démenti tout au long des 40 années d’existence de l’Etat de RDA. Il illustre, dans le cadre des transferts littéraires, un cas typique de ‘canonisation’ étrangère. BIBLIOGRAPHIE SELECTIVE Monod, Martine : Le Nuage, Paris : Les Editeurs Français Réunis, 1955. Niemetz, Serge : Stefan Zweig, le voyageur et ses mondes, Paris : Belfond, 1996. Pfeil, Ulrich : Die ‘anderen’ deutsch-französischen Beziehungen. Die DDR und Frankreich 1949– 1990, Köln : Böhlau, 2004 (Zeithistorische Studien des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam 26). Risterucci-Roudnicky, Danielle : Nausikaa : la réception de la littérature française en RDA (1945– 1990) ; une bibliographie de transfert, Paris : Maison des sciences de l’homme, 2010. Rolland, Romain : Jean-Christophe, 10 vol., Paris : Cahiers de la Quinzaine, 1903–1912. Romain Rolland : La Vie de Beethoven, Paris : Hachette, 1910 (La vie des hommes illustres 1). Rolland, Romain : Au-dessus de la mêlée, Paris : Ollendorff, 1915. Rolland, Romain : Salut à la révolution russe, Genève : Editions de la revue Demain, 1917. Rolland, Romain : Colas Breugnon, Paris : Ollendorff, 1919. Rolland, Romain : Clérambault, Paris : Ollendorff, 1920. 25 Voir Pfeil, Ulrich : Die ‘anderen’ deutsch-französischen Beziehungen. Die DDR und Frankreich 1949–1990, Köln : Böhlau, 2004 (Zeithistorische Studien des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam 26). 26 Scheer, Maximilian : Le Peuple allemand accuse, Paris : Editions du Carrefour, 1938.
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Rolland, Romain : Meister Breugnon : ein fröhliches Buch, trad. par Erna et Otto Grautoff, Frankfurt/M. : Rütten & Loening, 1920. Rolland, Romain : Pierre et Luce, Paris : Ollendorff, 1920. Rolland, Romain : L’Ame enchantée, 3 vol., Paris : Ollendorff, 1922. Rolland, Romain : L’Ame enchantée, 3 vol., t. 1 : Annette et Sylvie, Paris : Ollendorff, 1922. Rolland, Romain : Beethovens Meisterjahre. Von der Eroica zur Appassionnata, Berlin : Rütten & Loening, 1952. Rolland, Romain : Colas Breugnon, Berlin : Rütten & Loening, 1963. Rolland, Romain : Jean-Christophe, Berlin : Rütten & Loening, 1965. Saint-Exupéry, Antoine de : Le Petit Prince, New York : Reynal & Hitchcock, 1943. Scheer, Maximilian : Le Peuple allemand accuse, Paris : Editions du Carrefour, 1938.
KRITIK DER „MENSCHENGÜTE“ Romain Rolland im Werk von Yvan Goll Manfred Schmeling 1. DIE VERGLEICHSGRUNDLAGE Romain Rolland, Nobelpreisträger von 1916, zählt zu den ‚Großen‘ der französischen Kulturgeschichte, auf Augenhöhe mit Autoren wie Emile Zola, André Gide oder Thomas Mann. Von Yvan Goll hat man hingegen behauptet, er sei der „Verniemandung“ und der „absoluten Ausradierung“ (Hilde Domin)1 zum Opfer gefallen. Für die Forschung, so hört man, sei er ein „weißer Fleck“2. Wir wissen, dass auch ein Romain Rolland heute nicht gerade zu den meistgelesenen Schriftstellern zählt, was immer die Gründe für die Zurückhaltung sein mögen. Aber sein internationaler Stellenwert in Europa und besonders in den asiatischen Ländern sowie die kontinuierliche Rezeption seines Werkes sind unvergleichlich umfangreicher und intensiver als die Auseinandersetzung mit dem deutsch-französischen Autor Yvan Goll. Exemplarisch sei auf die Zeitschrift Europe verwiesen, die im Jahre 2007 über zwanzig internationale Beiträge der neueren Rolland-Forschung präsentiert und dabei auch die außereuropäische Rezeption berücksichtigt hat.3 Rolland als Künstler und Persönlichkeit hat in der Tat ein Stück weit Kulturgeschichte geschrieben. Es wäre übertrieben, das auch von Yvan Goll behaupten zu wollen. Davon unberührt bleibt die große literarische Begabung Golls, dessen lyrisches und dramatisches Werk mich allerdings mehr beeindruckt als seine Romane, die mit der stofflichen und ästhetischen Substanz eines JeanChristophe4 kaum konkurrieren können. Gleichwohl existieren gute Gründe, die beiden Schriftsteller miteinander in Beziehung zu setzen, eine wissenschaftliche Aufgabe, die meines Wissens bisher nicht stattgefunden hat. Erstens existieren zwischen Rolland und Goll gegenseitige 1 2
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Domin, Hilde: Plädoyer gegen die ‚Verniemandung‘ von Yvan Goll [1973], in: dies.: Gesammelte Essays. Heimat in der Sprache, München: Piper, 1992, S. 121–123. Reichel, Edward: Yvan Goll als Romancier – in Frankreich und in Deutschland. Ein weißer Fleck der Germanistik und Romanistik: Seine Paris-Berlin-Trilogie, in: Krauss, Henning/Delft, Louis van (Hg.): Offene Gefüge. Literatursystem und Lebenswirklichkeit. Festschrift für Fritz Nies zum 60. Geburtstag, Tübingen: Narr, 1993, S. 472–482. Vgl. Europe 85/942 (Oktober 2007), Themenheft: Romain Rolland, mit einem Vorwort von Bernard Duchatelet: „Avec un œil neuf“, S. 3–5. Rolland, Romain: Jean-Christophe, 10 Bde., Paris: Ollendorf, 1904–1912.
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Reminiszenzen oder intertextuelle Verknüpfungen, die von der Forschung kaum untersucht wurden5 und über die zu reden es sich lohnt. Allerdings würde ich, wie noch zu erläutern sein wird, die Kontakte zwischen Rolland und Goll unter gewissen Vorbehalten beleuchten wollen, denn die empirische Basis hierfür ist sehr schmal. Zweitens gibt es thematische Parallelen, was die interkulturelle Problematik, insbesondere das deutsch-französische Verhältnis betrifft. Beide Autoren haben Romane, Essays, Manifeste und andere Schriften verfasst, in denen der Kulturtransfer und der geistig-künstlerische Austausch zwischen Deutschland und Frankreich, wenn nicht die europäische Idee im Ganzen, im Zentrum stehen. Drittens befanden sich beide Autoren zeitlich und räumlich in derselben sozio-kulturellen Situation: nämlich als Exilanten und Pazifisten auf Schweizer Boden. Ihre jeweiligen sozialen Netze haben sich teilweise überschnitten. Und viertens gilt es in diesem Fall die sprachlichen Voraussetzungen zu berücksichtigen: Yvan Goll als bilingue hat fast jedes seiner Werke in deutscher und französischer Sprache geschrieben. Wer nur eine Version betrachtet, ohne sie mit der anderen zu vergleichen, kommt zu fehlerhaften Urteilen. Ich betone das deshalb, weil man auch im Zusammenhang mit der Rolland-Rezeption Golls entsprechende Defizite, ja Irrtümer beobachten kann. Bevor ich über diese Aspekte im Einzelnen spreche – Golls Roman Der Mitropäer (1928)6 wird analytisch im Vordergrund stehen – wäre ein Wort zum biografischen Hintergrund von Yvan Goll zu sagen. Seine Werke sind wie durchtränkt von persönlicher Lebenserfahrung. Er hat sich stets als Entwurzelten und Heimatlosen betrachtet, aber er hat seine kulturelle Gespaltenheit und erzwungene Mobilität ästhetisch fruchtbar machen können. Er wurde als Kind jüdischer Eltern 1891 in Saint-Dié-des-Vosges geboren – in einer lothringischen Stadt, die damals wie die gesamte Region an das Deutsche Reich angeschlossen war. Golls Zweisprachigkeit resultierte aus dem Zwang, in der Schule (in Metz) Deutsch sprechen zu müssen, obschon zuhause das Französische vorherrschte. In einem autobiografischen Fragment, das in der von Kurt Pinthus 1920 herausgegebenen Expressionisten-Anthologie Menschheitsdämmerung abgedruckt wurde, äußert sich der Autor wie folgt: „Iwan Goll hat keine Heimat: durch Schicksal Jude, durch Zufall in Frankreich geboren, durch ein Stempelpapier als Deutscher bezeichnet.“7 In einem kritischen Kommentar lesen wir später, er sei gestorben „mit französischem Herzen, deutschem Geist, jüdischem Blut und einem amerikanischen Pass“ 8. Damit sind zugleich Stationen angedeutet: Zur Zeit des Expressionismus lebte Goll zwischen Berlin und Paris,
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Allerdings liegt neuerdings eine präzise Analyse des Romans Der Mitropäer vor: Singh, Sikander: Yvan Goll. Der Mitropäer (1928), in: Gätje, Hermann/ders.: Übergänge, Brüche, Annäherungen. Beiträge zur Geschichte der Literatur im Saarland, in Lothringen, im Elsass, in Luxemburg und Belgien, Saarbrücken: universaar, 2015, S. 175–186. Goll, Yvan: Der Mitropäer [1928], Berlin: Argon, 1987. Pinthus, Kurt (Hg.): Menschheitsdämmerung. Ein Dokument des Expressionismus, Hamburg: Rowohlt, 1959, S. 341. Goll, Yvan: Lyrik in vier Bänden, Bd. 3: Jean Sans Terre = Johannes Ohneland, Berlin: Argon, 1996, Kommentar S. 360.
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während des Ersten Weltkrieges im Exil in der Schweiz, 1919–1939, in seiner surrealistischen Periode, zusammen mit seiner Frau Claire in Paris, ab 1939/40 im amerikanischen Exil und seit 1947 wieder in Paris. Ich möchte mich auf die Zeit zwischen 1914 und 1930 konzentrieren, auf jene Epoche, in der Romain Rolland und Yvan Goll sich begegnet sein könnten. Der Erste Weltkrieg war aus der Sicht von Rolland und Goll vor allem ein deutsch-französischer. Sie wählten den Weg in die Schweiz aus pazifistischer Überzeugung. Wir haben es indes mit zwei sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten zu tun: Für Yvan Goll war das Schweizer Exil der einzige Ausweg aus dem Dilemma, als Deutsch-Franzose gleichsam gegen sich selbst Krieg führen zu müssen. Goll war zeit seines Lebens innerlich gespalten. Diese Gespaltenheit resultierte unter anderem aus der hybriden kulturellen Situation, in der er sich befand. Identität und Alterität waren für ihn – das zeigen auch seine Schriften – keine klar voneinander abgrenzbaren Empfindungen. Rolland hingegen war Franzose und überzeugter Europäer, aber mental in einer nicht weniger schwierigen Lage, wenn es um das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich ging. Auf fiktionaler Ebene handelt davon der monumentale JeanChristophe-Roman, in dem die deutsch-französische Freundschaft immer wieder neuen Belastungen ausgesetzt ist. Aber auch generell unterschied Rolland, wie viele Intellektuelle seiner Epoche, etwa André Gide, zwischen dem Deutschland Goethes und Beethovens und der martialischen Politik jenseits des Rheins. Ich darf die oft zitierte Aussage Rollands noch einmal in Erinnerung rufen: Le pire ennemi de la liberté, le despotisme barbare, pour nous Français, Anglais, hommes de l’Occident, c’est l’impérialisme prussien ; […] vous savez combien bien j’aime votre vieille Allemagne et tout ce que je lui dois. Je suis fils de Beethoven, de Leibnitz et de Goethe […].9
Mit den ‚guten‘ Deutschen, so zitiert ihn Stefan Zweig um 1920/21, verknüpfe den Nobelpreisträger „ein brüderliches Band“10. Eigentlich kann man über Yvan Goll nicht ohne Rücksicht auf Claire Goll, geschiedene Studer, sprechen, weil beide als verheiratetes Paar (1921) auch literarisch, übersetzerisch und editorisch häufig ‚gemeinsame Sache‘ gemacht haben – ein Faktum, das die Editions- und Übersetzungsforschung, aber auch den hermeneutischen Zugang zum Autor erheblich beeinflusst, wenn nicht gar behindert. Die Autorschaft (er oder sie) bleibt in vielen Werken bis heute unklar. Yvan starb 1950 in Paris an Leukämie, während ihn seine Frau Claire um fast dreißig Jahre überlebte (gest. 1977 in Paris) und sein Werk auf sehr eigenwillige Weise verwaltete. Als besonders problematisch in dieser Frage der Authentizität bleibt der Streit der Witwe Golls mit Paul Celan in Erinnerung: sie hatte Celan vorgeworfen, Goll plagiiert zu haben – eine Auseinandersetzung, die in einer von Barbara Wiedemann herausgegebenen Dokumentation auf fast tausend Buchseiten dargelegt wird und in der man Claire wiederholt vorwirft, das Werk ihres Mannes ihrerseits massiv verfälscht zu haben:11 9 Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorf, 1915, S. 39–41. 10 Zweig, Stefan: Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Frankfurt/M.: Rütten & Loening, 1921, S. 230. 11 Vgl. Wiedemann, Barbara (Hg.): Paul Celan – Die Goll-Affäre, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2000.
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Manfred Schmeling So schwer hat uns der Kulturbetrieb den Zugang zu einem poetischen Œuvre selten gemacht, so sorglos, schlampig und irreführend wie die Gedichtbände, Dramen und Prosastücke Yvan Golls ist neuere Dichtung noch nicht publiziert worden.12
Das war eine Meinung aus dem Jahr 1968. Heute befindet sich der Nachlass hauptsächlich in den Archiven von Marbach und Saint-Dié-des-Vosges. 2. FRÜHE KONTAKTE ZU ROLLAND Ich hatte betont, dass der autobiografische Hintergrund ein notwendiger methodischer Zugang zum Werk von Goll und zur Frage der Rolland-Rezeption ist. In diesem Zusammenhang wird nun auch die Rolle von Claire Goll deutlich. In ihrer Autobiografie La Poursuite du vent13 beschreibt sie recht ausführlich, wie es zur Begegnung zwischen ihr und Romain Rolland in einem Schloss im Schweizer Wallis kam, wo auch Pierre Jean Jouve Zuflucht gefunden hatte, der in Frankreich – wie Romain Rolland – „pour crime de pacifisme“14 angeklagt worden war. Während eines Spaziergangs im Park kommt es zwischen Rolland und Claire zu einem Gespräch, das man, was Claire Goll betrifft, als schicksalsbestimmend beschreiben kann: Vous allez à Genève pour continuer vos études ? [demanda Romain Rolland, M. S.] Je vais vous donner une lettre d’introduction pour un militant pacifiste qui publie la revue Demain. Avec lui, vous pourrez faire du travail utile. Dans le dernier numéro se trouve un beau poème d’un certain Yvan Goll qui m’est dédié.15
Claire hat immer gewusst, wie sie sich selbst ins rechte Bild setzt, und sie mag die Begegnungen mit dem berühmten Rolland aus der Erinnerung heraus etwas überbetont haben. Gleichwohl hat die Erwähnung von Yvan Goll im gegebenen Zusammenhang ihre Richtigkeit. Das Gedicht Yvan Golls – es handelt sich um das Requiem für die Gefallenen von Europa (1917) – findet auch in Romain Rollands Tagebuch (1917) Erwähnung – eine von zwei nachweisbaren Textstellen, die Goll betreffen: „Reçu d’un poète allemand, Ivan Goll, un Requiem für die Gefallenen von Europa, qui m’est dédié. (Edité par ‚Demain‘. A Genève).“16 Claire Goll berichtet ihrerseits, dass Henri Guilbeaux, der Herausgeber von Demain, für den sie wiederholt Artikel schrieb, ihr diese Nummer mit dem Requiem sowie die Adresse des ihr damals noch unbekannten Yvan Goll übergeben habe: „Je le lus avec un enthousiasme délirant, flairant immédiatement le génie.“17 Sie spricht immer wieder gerne von der Freundschaft mit Romain Rolland18 und die Forschung schließt sich solchen Äußerungen 12 Wiedemann: Paul Celan, S. 747 (Auszug einer Goll-Rezension von: Baier, Lothar: Wer hat Angst vor Claire Goll?, in: Süddeutsche Zeitung, 28.03.1968). 13 Goll, Claire: La Poursuite du vent, Paris: Editions Olivier Orban, 1976. 14 Goll: La Poursuite du vent, S. 39. 15 Goll: La Poursuite du vent, S. 41. 16 Rolland, Romain: Journal des années de guerre 1914–1919, Paris: Albin Michel, 1952, S. 1069. 17 Goll: La Poursuite du vent, S. 43. 18 Vgl. Goll: La Poursuite du vent, S. 46, S. 54.
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mit Fleiß an. Der Beleg für eine Korrespondenz mit dem Freund existiert allerdings nicht mehr: „les liasses de lettres“ von Romain Rolland und weiteren Freunden, so berichtet sie in ihrer Autobiografie,19 waren während der Nazi-Herrschaft aus der Wohnung in Paris verschwunden. Andererseits liefert uns Claires Autobiografie gewisse Orientierungshilfen bei der Suche nach entsprechenden Kontakten, wenn sie – in der Formulierung möglicherweise etwas euphemistisch – erklärt: „Romain Rolland fut l’entremetteur entre Goll et moi […]“20. Der Name Yvan Golls taucht an einer weiteren Stelle des Kriegstagebuchs (1914–1919) von Romain Rolland auf, diesmal indirekt und in einem eher pejorativen Kontext: Rolland zitiert aus dem Briefwechsel zwischen einem deutschen und einem französischen Soldaten, in dem unter anderem von der pazifistischen Einstellung mittelmäßiger Literat en in Zürich die Rede ist. Der Brief untermauert in einem Eintrag von 1918 die kritische Einstellung des Deutschen gegenüber „les lettrés incapables“ anhand eines aus der Sicht des Briefschreibers wenig gelungenen Goll-Verses aus dem Requiem für die Gefallenen Europas21 und betont: „Le pacifisme est à la mode aujourd’hui, comme le sentiment de guerre.“22 Warum erwähne ich diese eher mageren Verweise? Sie werfen ein Licht auf die etwas einseitige Rezeptionssituation zwischen Rolland und Yvan Goll. Der in der neueren Kulturtransfer-Forschung gängige Begriff des regard croisé mag – zumindest sofern man ihn nicht nur global als bilateralen Kulturaustausch, sondern auch als individuellen Kontakt versteht – in diesem Fall nicht wirklich greifen, denn während Goll sich in seinem Roman Der Mitropäer ausführlich mit seiner pazifistischen Vergangenheit und mit Rolland auseinandersetzt, so existiert doch umgekehrt kaum eine substanzielle Äußerung von Rolland über Yvan Goll. Da sind andere, häufiger zitierte Autoren aus dem expressionistischen Umkreis, wie Ludwig Rubiner oder René Schickele, ihm offenbar näher gewesen. 3. REZEPTION IM KONTEXT DER KRIEGSJAHRE Diese Einbahnstraße spiegelt sich auch in zahlreichen Äußerungen Claire Golls über Rolland wider. Schon 1917 schrieb sie, damals noch als Claire Studer, in der Internationalen Rundschau einen Artikel – „Im Zeichen Romain Rollands“ –, der von einer geradezu mythischen Überhöhung des Vorbildes zeugt: Er hat sich hundert Mal kreuzigen lassen für seine Überzeugung, die die wahre, die einzige Überzeugung ist. Er ist das große Symbol des Friedens und der Verbrüderung. Und er wird es
19 Goll: La Poursuite du vent, S. 260. 20 Goll: La Poursuite du vent, S. 116. 21 Vgl. die deutsche Version des Satzes aus dem Requiem: „O ihr Brüder alle! Tommies! Poilus! Bayern! Mudjiks! Bersaglieri! Honveds! […]“ in: Goll, Yvan: Lyrik in vier Bänden, Bd. 1: Frühe Gedichte, Berlin: Argon, 1996, S. 54. Die deutsche Version ist inhaltlich nicht deckungsgleich mit der in Rollands Tagebuch zitierten Textstelle. Vgl. Rolland: Journal des années de guerre, S. 1491. 22 Rolland: Journal des années de guerre, S. 1491.
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Manfred Schmeling sein, dessen Name allein einmal Millionen vor der Geschichte reinigen wird, deren Menschlichkeit unterging in der Verwirrung. Er ist das große Licht unserer Zeit, er ist der größte Europäer. Seine wissenden Augen, die schmerzlich in die Menschen gleiten, leuchten wie Sterne über dem Nachthimmel der Zeit. Aber sein göttliches Herz ist die große Sonne, die hinwegstrahlt bis an das andere Ende und dort die Seelen seiner Jünger entzündet, daß sie aufgerissen von seinem Wort sich hingeben an das All mit der leuchtenden Gebärde der Liebe.23
Und am Ende des Artikels heißt es: „Wer sagt, dass Europa nicht mehr lieben kann? Der neue Geist kann nicht ermordet werden, der neue Geist wird leben!“24 Sieht man vom pathetischen Stil einer begeisterten jungen Journalistin einmal ab, so spiegelt die Sprache des Artikels doch den Zeitgeist und die Stimmung unter den Anhängern Rollands in typischer Weise wider. Dieser Diskurs liefert gewissermaßen die Kontrastfolie zu dem, was, zumindest aus der Sicht Yvan Golls, zehn Jahre später aus Europa geworden ist. Jedenfalls bietet uns Goll dann 1928 auf fiktionaler Ebene ein ganz anderes, ein müdes, ja krankes Bild von Europa, vornehmlich in den Romanen Die Eurokokke25 und Der Mitropäer. Die frühen Gedichte von Goll, insbesondere das Requiem, erscheinen ein Stück weit wie die lyrische Version pazifistischer Essays oder Manifeste. Goll sekundiert hier gleichsam Gedanken, die Romain Rolland in Au-dessus de la mêlée geäußert hat. Das Vokabular dieser expressionistischen Gedichte ist wie durchtränkt von den Schlüsselbegriffen pazifistischer Rede. Die Klage über den grausamen Krieg, über das blutende Europa, über die zerrissenen Flügel Europas (eine Metapher, die schon Rolland in Jean-Christophe benutzte), die Forderung nach Menschenliebe, die Forderung nach Brüderschaft, nach Güte… das sind genau die Wörter, die auch im Mitropäer vorkommen, dort aber aus der Perspektive des Erzählers nur noch zur Resignation, zur Satire und zum Sarkasmus taugen. Auf der Ebene der politischen Ideen standen sich Rolland und Goll, zumindest bis 1920, relativ nahe. Immerhin gehörte Goll 1919 zu den Unterzeichnern der von Romain Rolland publizierten „Déclaration d’indépendance de l’esprit“26 und Rollands Name taucht neben vielen anderen französischen Pazifisten in Golls Anthologie Le Cœur de France (1920)27 auf. Hingegen unterscheiden sie sich beträchtlich auf der Ebene des poetischen Wortes und der damit verknüpften Theorie. Goll entstammt einer anderen Dichtergeneration, zumal was seine deutsche Phase, seine Verbindung zum Expressionismus betrifft, aber auch mit Blick auf den Surrealismus, der Ende der 1920er- und dann in den 1930er-Jahren sein Wirken in Frankreich prägte. Zwar gelten im Kontext des Ersten Weltkrieges auch für Goll humanistische, 23 Goll, Claire: Im Zeichen Romain Rollands, in: Die Neue Rundschau 3 (1917), S. 699–700. Wiederabdruckt in: Goll, Claire: Der Gläserne Garten. Prosa 1917–1939, Berlin: Argon, 1989, S. 22–24, hier S. 22. 24 Goll: Der Gläserne Garten, S. 24. Vgl. auch den Kommentar S. 340: „Claire und Ivan Goll waren beide eng mit Rolland befreundet und bewunderten seine Persönlichkeit.“ 25 Goll, Yvan: Die Eurokokke [1927], Göttingen: Wallstein, 2002. 26 Rolland, Romain: Un appel. Fière déclaration d’intellectuels, in: L’Humanité 5547 (26.06.1919), S. 1.Wieder abgedruckt in: Rolland, Romain: L’Esprit libre, Paris: Albin Michel, 1953, S. 343– 348. 27 Vgl. Goll, Yvan: Œuvres, Bd. 1, édition établie par Claire Goll et Francois Xavier Jaurard, Paris: Emile-Paul, 1968, S. 9.
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ja pazifistische Wertmaßstäbe und ein weltoffener internationaler Ideenaustausch, jedoch versteht er sein Engagement eher literarisch-poetologisch. Ein Credo aus Les Cinq Continents. Anthologie mondiale de poésie contemporaine verdeutlicht das: Que ce livre soit aussi un symbole de ces temps, où, grâce aux possibilités modernes de vitesse et de mouvement, déjà se forme une grande conscience internationale grâce à qui bientôt les littératures nationales seront remplacées par un art mondial.28
Diese neue ‚Weltkunst‘ – ein Begriff, der an Goethes Aussagen über eine neue ‚Weltliteratur‘ erinnert – soll den friedlichen Austausch unter den Völkern fördern: Literatur als Mittel pazifistischen Engagements. Auch ein Blick auf die in der Anthologie publizierten Dichter lässt erkennen, dass Goll an eine neue internationale Avantgarde denkt, die sich dichterisch von der früheren Generation, zu der ein Roman wie Jean-Christophe zählen dürfte, absetzen möchte. Die Anthologie enthält unter der Rubrique „France“ z. B. Texte von Guillaume Apollinaire, Blaise Cendrars, Paul Valéry, Jean Cocteau und Yvan Goll. Über den in Mode gekommenen Cocteau und seine Jüngerschaft wird sich Goll dann im Mitropäer wenig solidarisch äußern. Aber kurz nach dem Ersten Weltkrieg ist seine Auffassung über die Rolle des Schriftstellers oder Dichters im Allgemeinen noch Spiegel seiner pazifistischen Einstellung. Wir bewegen uns wieder auf der Ebene des Anti-Kriegs-Kanons, wenn es in Les Cinq Continents von der Aufgabe des Dichters heißt: „Qu’il soit un Frère du Monde, avec toutes les responsabilités qui en découlent.“29 Ein früherer Text von Yvan Goll, Die drei guten Geister Frankreichs30, geschrieben im Oktober/ November 1918, der die französische Aufklärung und die Französische Revolution in ihrer geistigen Vorreiterrolle für die gegenwärtig nach Frieden und Brüderlichkeit strebende Dichtergeneration betrachtet, erwähnt explizit die Verdienste Romain Rollands in diesem Zusammenhang: Und das angegriffene, das gedemütigte Frankreich war es, das zuerst gegen das Menschenschlachthaus an der Somme und an der Meuse protestierte. Ein Franzose war es, der, noch im Jahr 1914, das Buch ‚Au-dessus de la mêlée‘ schrieb.31
Auch dieser Text von Goll ist durchsetzt mit idealistischem Vokabular – und der Leser des sieben Jahre später entstandenen Romans Der Mitropäer fragt sich, wie der anti-idealistische Gesinnungswandel beim Autor derart Raum greifen konnte.
28 Goll, Yvan: Les Cinq Continents. Anthologie mondiale de poésie contemporaine, Paris: La Renaissance du livre, 1922, S. 6. Das Goll-Zitat erinnert an Goethes Aussagen über die ‚Weltliteratur‘. Sie sei ein Spiegel der sich „immer vermehrenden Schnelligkeit des Verkehrs“. Goethe, Johann Wolfgang von: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens, hg. v. Karl Richter, Münchner Ausgabe, Bd. 18.2: Letzte Jahre 1827–1832, München: Hanser, 1996, S. 178. 29 Goll: Les Cinq Continents, S. 7. Vgl. auch S. 10: „Poète de nos jours, citoyen du monde, frère de chacun […]“. 30 Goll, Yvan: Die drei guten Geister Frankreichs, Berlin: Erich Reiß, 31919. 31 Goll: Die drei guten Geister Frankreichs, S. 19.
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Manfred Schmeling
4. ROLLAND IN FIKTIONALER GESTALT (1928) Die schon angesprochene grundsätzliche Problematik der Goll-Datierungen, der Authentizität seiner Schriften sowie die Frage der Übersetzungen (Selbstübersetzungen, Übersetzungen von Claire Goll, Übersetzungen anderer Autoren) erweist sich nun in unserem Zusammenhang der Rolland-Rezeption methodisch und hermeneutisch als besonders virulent. Ich hatte bereits darauf verwiesen, dass jedes einzelne Werk von Yvan Goll in deutscher und französischer Sprache verfasst wurde. Statt von Übersetzung möchte man bei Goll aber eher von Adaption, Neugestaltung, Bearbeitung, bricolage, Intratextualität etc. sprechen. Oft sind ganze Textteile umgestellt oder fehlen vollständig in der jeweils anderen Version. Er selber hat mit Blick auf die Übertragung seiner lyrischen Werke betont, er schreibe „in jeder Sprache neu“32. Der Roman A bas l’Europe33 ist in der Tat alles andere als die getreue Übersetzung von Der Mitropäer. Umstritten ist in der Forschung, in welcher Reihenfolge beide Romane entstanden sind (1928 publiziert in Basel und in Paris) – und geradezu ignoriert wird das Problem, in welchem stofflichen und formalen Verhältnis sie zueinander stehen. Symptomatisch hierfür ist eine neuere Monografie über Yvan Goll, die mit der französischen Version arbeitet und den Helden des Romans, Edmond (der Verfasser schreibt „Edmund“), als Anhänger Romain Rollands charakterisiert: Edmund hat während des Krieges in der Schweiz mit Romain Rolland zusammengearbeitet, ist für Pazifismus, Europagedanken und Menschengüte eingetreten und hat als Auslandskorrespondent für ein französisches Linksblatt gearbeitet.34
Wie gesagt, der Verfasser spricht nicht von Yvan Goll, nicht von einer realen ‚Zusammenarbeit‘, sondern bewegt sich hier auf der Ebene der Fiktion. Aber die zitierte Aussage muss beim Leser Verwirrung hervorrufen, denn in der französischen Version des Mitropäers – wohlgemerkt: sie ist es, mit der der Verfasser der Monografie arbeitet – ist explizit über Romain Rolland überhaupt nichts zu finden. Sein Name wird an keiner Stelle erwähnt. Darüber hinaus vermischt der Autor die Namen der beiden Protagonisten, – es handelt sich um Halbbrüder – spricht von „Edmund“ und „Philippe“. Aber in der deutschen Fassung heißen sie Edmund und Edgar, in der französischen hingegen Edmond und Philippe. Er produziert also ein Amalgam aus beiden Fassungen. Der partielle Gleichklang der Namen in der deutschsprachigen Fassung (Edmund/Edgar) ist jedoch alles andere als eine quantité négligeable. Die lautliche Verknüpfung ist von Goll mutmaßlich gewollt, wenn man davon ausgeht, dass er sich in seinem Werk selbst porträtiert, d. h. Edmund,
32 Vgl. Schmeling, Manfred: In jeder Sprache neu: Zweisprachigkeit und Kulturtransfer bei Iwan Goll, in: Zima, Peter V./Strutz, Johann (Hg.): Literarische Polyphonie. Übersetzung und Mehrsprachigkeit in der Literatur, Tübingen: Narr, 1996, S. 157–173. 33 Goll, Yvan: A bas l’Europe, Paris: Emile-Paul, 1928. Die Schreibweise des Vornamens – Iwan, Yvan etc. – variiert in den verschiedenen Ausgaben der Romane. 34 Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden, Bern [u. a.]: Peter Lang, 1996, S. 168.
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den Schweizer, und Edgar, den Pariser, gleichsam als seine beiden Alter Egos konstruiert hat. In aller Kürze erzählt wird zunächst die Lebensgeschichte Edmunds, der in Paris die Mutter, ursprünglich Griechin, besuchen möchte. Aus einer zweiten Ehe stammt der sehr viel jüngere Halbbruder Edgar, den Edmund vor seiner Reise nach Paris nie zu Gesicht bekommen hat und der in jeder Beziehung sein Gegenbild darstellt. Edmunds Schweizer Hintergrund wird vom Autor immer wieder ironisch begleitet: Da kam der Krieg. Edmund hatte nie gewusst, welcher Nationalität er angehörte, ob er Grieche war wie sein Vater, Franzose wie später seine Mutter. Oder Glarner, wozu ihn sein Vormund, ein entfernter Verwandter, naturalisieren lassen wollte. […] Schließlich wurde er Schweizer und entdeckte gleichzeitig sein ‚über dem Getümmel schwebendes‘ Herz. Romain Rolland war an den Genfer See geflüchtet und hatte dort, in einem kleinen Hotel, das den Namen Byrons trug, Europa entdeckt.35
Der informierte Leser liest den autobiografischen Hintergrund des Autors zwischen den Zeilen. Neben der Evokation der einstigen Rolland-Begeisterung spielt er auf die Identitätsproblematik an, die ihn, den Juden und Deutsch-Franzosen, ein Leben lang begleitet hat. In Jean sans Terre, dem seit den 1930er-Jahren entstandenen Gedichtzyklus, wird die Heimatlosigkeit und kulturelle Hybridität Golls später auf eine mythologisch-symbolische Formel gebracht. „Je suis l’unique et l’être double.“36 Der Romantitel Mitropäer zielt in eine ähnliche Richtung. Mitropa, das war der Name einer Eisenbahngesellschaft, die 1916 zum Betrieb von Schlaf- und Speisewagen gegründet wurde und bis 2004 weiterexistierte. Wenn wir die Namens-Verdichtung (Akronym) auflösen – Mitropa steht für „Mitteleuropäische Schlaf- und Speisewagen Aktiengesellschaft“ – wird klar, dass Goll mit dem Romantitel tatsächlich die geopolitische Herkunft des Schweizers und die kulturelle Mobilität oder auch das Unbehauste seines Helden betonen wollte. Angespielt wird im Mitropäer, wie gesagt, auch auf Rollands Au-dessus de la mêlée, allerdings in eher parodistischer Form. In Die drei guten Geister Frankreichs hatte sich Goll über den gleichen Text noch ausgesprochen positiv geäußert. In diesem dritten Kapitel des Mitropäers werden wir mit Themen konfrontiert, die Edmund als unverbesserlichen Humanisten, Kosmopoliten, Pazifisten und Vertreter der Menschengüte zeigen. Wenn hier jedoch überdeutlich die gemeinsame Schweizer Zeit von Romain Rolland und Yvan Goll ins Licht gerückt wird, so lediglich unter kritisch-satirischem Vorbehalt. Einerseits spürt man die tiefe Selbstironie bezüglich der eigenen Vergangenheit, andererseits die Hoffnungslosigkeit eines Erzähler-Ichs, das sich im aktuellen Europa nicht mehr heimisch fühlt. Edmund fuhr zu Rolland und wurde sein erster Apostel. In einem feierlichen Zeitungsartikel beschrieb er die Zufluchtsstätte des großen Denkers wie die Arche Noah über der Blutflut. […] Mit Deserteuren aller Länder, mit Russen, Türken, Deutschen, Franzosen, Serben und Irländern zusammen buchstabierte er die Worte Menschlichkeit, Güte, Brudertum. Er wurde der Verwaltungschef der Bruder-A. G. Romain Rolland war der Gott dieser religiösen Bewegung. Altäre 35 Goll: Der Mitropäer, S. 22. 36 Goll, Yvan: Jean sans Terre le Double, in: ders.: Die Lyrik in vier Bänden, Bd. 3: Jean Sans Terre = Johann Ohneland, S. 174.
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Manfred Schmeling wurden ihm errichtet in den Cafés von Genf, Bern, Zürich und Locarno. […] Kurz, Edmund war ein neuer Europäer und Freiheitskämpfer geworden. Er hatte ein Programm: ‚Die Menschengüte‘, und wer ein Programm im Leben hat, der hat es gut: er braucht nicht mehr zu zweifeln. […] Endlich die Russische Revolution, der Friede, der Völkerbund, Tagore und Ghandi, und dann, und dann… Dann sah sich Edmund eines Tages in seinem möblierten Zimmer um und rief: ‚Wo ist mein Ich?‘37
Zwischen dieser Textstelle und der 1976 publizierten Chronique scandaleuse von Claire Goll existieren gewisse stoffliche Ähnlichkeiten. In Claires Erinnerung wird Romain Rolland als Opfer widersprüchlicher Bewegungen und Agitationen innerhalb der Genfer Diaspora hochstilisiert: Peu à peu, je me rendis compte de l’étrange climat qui régnait en Suisse. Pacifistes et déserteurs, révolutionnaires et unijambistes, planqués et insoumis formaient un curieux magma qui s’entraidait et s’entre-détestait.38
Romain Rolland sei durchaus auch umstritten gewesen: Romain Rolland souffrait d’être la cible des bateleurs cyniques et malodorants. Ayant dépassé la cinquantaine, figé dans son idéal humanitaire, il estimait de son devoir de tenir tête à la marée de boue. En constatant ses angoisses, je décidais de me consacrer au même combat.39
In Yvan Golls Roman überspannt die allgemeinere existenzielle Problematik die Rolland-Episoden wie überhaupt alle ideologischen Auseinandersetzungen. Der Mitropäer ist kein historischer oder politischer Roman, sondern das Psychogramm einer persönlichen Suche. Das macht ihn mit den späteren lyrischen Texten Golls durchaus vergleichbar: „‚Wo ist mein Ich‘?“, so formuliert es Edmund im Roman. Sehr ähnlich klingt es in einer von Claire und Yvan gemeinsam verfassten kurzen Präsentation des Jean-Sans-Terre-Zyklus: „‚Wer bin ich?‘ fragt sich Johann Ohne Land. ‚Woher komme ich?‘“40 Die Identitätsproblematik korrespondiert im Zyklus mit dem zur Realität gewordenen Mythos vom umherirrenden Juden; im Roman steht die kulturelle Hybridität und der Verlust nationaler Verankerung im Vordergrund. Das dritte Kapitel der französischen Ausgabe, A bas l’Europe, liest sich insofern wie eine gereinigte Version des entsprechenden Kapitels im Mitropäer, als die meisten direkten politischen Anspielungen hier entfallen und der Name von Romain Rolland geflissentlich ausgespart wird. Aus der Formulierung „sein ‚über dem Getümmel schwebendes‘ Herz“41 (in der deutschen Fassung als Rolland-Zitat durch Anführungszeichen markiert) wird im französischen Text ein neutrales „En ces jours noirs, il découvrit son cœur“42. Während Rolland in der deutschen Version
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Goll: Der Mitropäer, S. 23–24. Goll: La Poursuite du vent, S. 42. Goll: La Poursuite du vent, S. 42. Goll, Yvan/Goll, Claire: Das Lied von Johann Ohne Land, in: Goll, Yvan: Die Lyrik in vier Bänden, Bd. 3: Jean Sans Terre = Johann Ohneland, S. 8. 41 Goll: Der Mitropäer, S. 22. 42 Goll: A bas l’Europe, S. 29.
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noch als „großer Denker“ und Führer einer „neue[n] Arche Noah über der Blutflut“43 beschrieben wird, heißt es in A bas l’Europe: „cette petite Suisse épargnée pendant le déluge de sang, comme dans une espèce d’arché de Noé, qui abritait les derniers restes des biens humains: la liberté, la bonté, la pitié.“44 Satire und Sarkasmus werden im französischen Text zumindest partiell zurückgenommen. Pazifismus und linke Ideologie sind zwar weiterhin Thema, jedoch abgemildert oder ersetzt durch eine sachliche Aussage wie „Edmond créa un mouvement humanitaire qui luttait pour un idéal menacé, la paix du monde“45. Die aus der Sicht des Romans unkritische Anhängerschaft der Jünger Romain Rollands wird im Mitropäer immer wieder lächerlich gemacht, das gilt auch für die Auseinandersetzung mit der Russischen Revolution: „Sie kamen ja auch eine Viertelstunde nach Rolland zum Pazifismus und zwei Jahre nach Trotzki zur Revolution!“46 Auch diese Aussage hat Yvan Goll in A bas l’Europe getilgt. Insgesamt wirkt der französische Roman weniger thesenhaft, gereinigt von konkreten Reminiszenzen. Ich habe an anderer Stelle über das Phänomen der Selbstübersetzung bei Goll geschrieben und festgestellt, dass zum Beispiel auch in der französischen Fassung des Methusalem47, einer anti-bürgerlichen Farce aus der Zeit des Expressionismus, viele Stellen anders präsentiert werden als im deutschen Text.48 Auffallend sind unter anderem Auslassungen, die das Judentum betreffen. Man kann nur darüber spekulieren, warum Goll 1928 in A bas l’Europe jede direkte Erinnerung an Romain Rolland vermieden hat. Neben Anpassungsprozessen an die französische Kultur und Sprache dürften persönliche Rücksichtnahmen und politische Korrektheit eine Rolle gespielt haben. Für die französische Leserschaft mag ein Romain Rolland – der, wie schon betont, die Deutschen nie in Bausch und Bogen verdammt hat, sondern immer zwischen dem ‚guten‘ und dem politischen (preußischen) Deutschland unterschied – nach wie vor nicht unumstritten gewesen sein. Im Jahre 1921 schildert Stefan Zweig in seiner Rolland-Biografie, welche französischen Reaktionen besonders Au-dessus de la mêlée ausgelöst hatte. Er spricht von journalistischen Angriffen, „die Rolland als einen Verderber des Patriotismus an den Pranger stellten, eine Aufgabe, vor der Professoren der Sorbonne und Historiker von Ruf nicht zurückschreckten. Aus den Angriffen wurde bald eine systematische Kampagne […]“49.
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Goll: Der Mitropäer, S. 23. Goll: A bas l’Europe, S. 30. Goll: A bas l’Europe, S. 30. Goll: Der Mitropäer, S. 39. Goll, Yvan: Methusalem oder der ewige Bürger. Ein satirisches Drama [1919], Berlin: de Gruyter, 1963 (französische Fassung: ders.: Mathusalem ou l’éternel bourgeois. Drame satirique [1923], Paris: Arche, 1963). 48 Vgl. Schmeling, Manfred: Von der Regionalität zur Internationalität. Der Fall Yvan Goll, in: Bogner, Ralf/Leber, Manfred (Hg.): Die Literaturen der Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass in Geschichte und Gegenwart, Saarbrücken: universaar 2012 (Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesungen 2), S. 153–170. Zur Selbstübersetzung vgl. bes. S. 164 ff. 49 Zweig: Romain Rolland, Anm. 8, S. 223.
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Auf der anderen Seite hatte sich das Rolland-Bild in Deutschland gewandelt. René Cheval berichtet über das Rolland zum 60. Geburtstag gewidmete Liber Amicorum, in dem fast alle deutschen Autoren und Künstler von Rang ihre Spuren hinterlassen haben und schreibt: Jamais les amis allemands de Romain Rolland n’ont été plus démonstratifs, jamais l’Allemagne ne lui a aussi largement ouvert ses bras et son cœur, jamais elle ne s’est montrée aussi désireuse d’être pour lui une seconde patrie.50
Das Urteil mutet etwas pauschal an, aber Rolland hat in der Tat – etwa anlässlich der Besetzung des Ruhrgebietes – immer wieder seine Stimme erhoben, um den deutsch-französischen Beziehungen eine neue, positivere Richtung zu geben.51 Zurück zum Roman: Der Mitropäer schildert zwei Welten. Die eine betrifft die Ideale des Pazifismus und des Europäertums, wie er von Rolland von der Schweiz aus vertreten und durch Edmund weitergetragen wurde. Die andere Welt ist die von Paris, einer Metropole, die aus der Perspektive der Satire von Europamüden, gelangweilten Zynikern und eitlen Intellektuellen wie Cocherel bevölkert wird. Cocherel wird beschrieben als Cocktail trinkender, blasierter Literat, der auf seiner Ottomane liegend die Jugend empfängt und ihnen laszive Gedanken einhaucht. Goll hat hier ganz bewusst ein satirisches Kontrastprogramm zum Programm der Rolland-Anhänger entworfen. Beide, Rolland wie auch Cocherel, werden ironisch als „Gott“ bezeichnet, freilich mit jeweils ganz anderem Publikum. Die Cocherelianer, wie der Erzähler sie nennt, sind Nichtstuer, frönen der Bohème, machen die Pariser Nachtlokale unsicher, lesen allenfalls noch André Gides Paludes und sagen zu allem „Nein“.52 Nach Aussage von Klaus Mann, der Yvan Goll 1929 in Paris besucht hat, verbirgt sich hinter dem Snobisten Cocherel offenbar der Schriftsteller Jean Cocteau.53 Aber sehr viel deutlicher ist die Cocteau-Reminiszenz auf Aussagen von Claire Goll beziehbar. Bis in wörtliche Formulierungen hinein erinnert die Autobiografie an die Cocherel-Passagen des Mitropäers.54 Evoziert werden dieselben Orte in Paris, dieselben Cocktail-Partys, derselbe snobistische Kunst- und LiteraturZirkus, dieselbe Mode etc. Auch im Ton nähern sich beide Beschreibungen an. Der Mitropäer ist im Prinzip konstruiert wie ein Anti-Bildungsroman. Er schildert den Weg des Helden vom pazifistischen Ideal hin zu einem Zustand der Desillusionierung. Paris war für Edmund eine herbe Enttäuschung: Er hatte die Menschengüte gepredigt, dann den Zynismus entdeckt und durchschaut, und es blieb nun nichts anderes übrig, als einfach sich zu ergeben, und möglichst angenehm zu essen, zu schlafen und zu sterben.55
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Cheval, René: Romain Rolland, l’Allemagne et la Guerre, Paris: PUF, 1963, S. 704. Vgl. Cheval: Romain Rolland, S. 705. Goll: Der Mitropäer, S. 113. Vgl Mann, Klaus: Auf der Suche nach einem Weg, Berlin: Transmare Verlag, 1931, S. 333. Vgl. Goll: La Poursuite du vent, S. 184–186. Goll: Der Mitropäer, S. 143.
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Die französische Fassung übernimmt übrigens die Passage über die „bonté des hommes“56 ziemlich genau. Nichts Spektakuläres passiert in diesem Roman, der sich aus unorthodox wirkenden familiären Konstellationen, pseudo-freundschaftlichen Gesprächen und oberflächlichen aperçus über Politik und Kultur zusammensetzt. Gemäß der ironisch-satirischen Haltung des Autors schließt er allerdings mit einem ‚guten Ende‘, nämlich der Verbürgerlichung Edmunds: „Er blieb in Paris, heiratete und fand eine anständige Stellung als Redakteur an einem Abendblatt.“57 Ein Stück weit handelt es sich auch um eine Liebesgeschichte internationaler Prägung, in der drei junge Leute – Edmund, der Schweizer, Edgar, der Franzose, und der Russe Ewersejeff – gemeinsam um die schöne Lola, selbst russischer Abstammung, werben. Lola könnte das Alter Ego von Claire Goll sein. Auch die Liebesgeschichte wirkt sehr konstruiert, fast schon allegorisch in ihrer Bezogenheit auf ethnische Herkünfte: „Es waren drei Typen des modernen Jünglings, die drei Geistesrichtungen von Ost-, Mittel- und Westeuropa personifizierten.“58 Dass Goll dieses kollektive, in sich konkurrierende europäische Liebesprojekt scheitern lässt, wirft wiederum ein symbolisches Licht auf die Europa-Idee, die aus der Sicht Edmunds – also aus der Perspektive des fast 40-jährigen Yvan Goll – eine obsolete Ideologie darstellt. Jahre später schreibt Claire Goll: „Goll […] avait perdu confiance dans la culture européenne à laquelle il reprochait d’avoir dégénéré en palabres de mandarin […].“59 Ein weiterer Aspekt betrifft speziell Golls deutsch-französische Provenienz. Die Darstellung der Schweiz als periphere Wahlheimat und die Beschäftigung mit russischen Emigranten (auch mit der Russischen Revolution und mit Lenin) hindert ihn nicht daran, immer wieder auf Deutschland und das deutsch-französische Verhältnis, auf deutsche Literatur (mehrfach wird Goethes Werther erwähnt), auf die deutsche Seele, auf deutsche Politik und Ideologie zu sprechen zu kommen. „Also im Grunde bist du ein Boche!“ 60, sagt Edgar, der Franzose, zu Edmund, dem Schweizer. Hier vollzieht sich auf fiktionaler Ebene eine Art imagologische Gratwanderung, die strukturell durchaus mit Rollands Jean-Christophe vergleichbar ist. Das Deutsche aus französischer und das Französische aus deutscher Sicht sowie die hybride Situation des Grenzgängers sind für Goll zentrale Komponenten seiner Lebenserfahrung. Edmunds Herkunft als naturalisierter Schweizer spielt im Roman also teilweise eine Stellvertreter-Rolle – auch dadurch bedingt, dass er als Deutschschweizer zur übergeordneten Spezies des Mitteleuropäers gehört. Andererseits vermittelt die fiktionale Auseinandersetzung mit der Schweiz wiederum ein Stück reale Politik der Zeit. Thematisiert wird das angespannte Verhältnis zwischen der deutschsprachigen und der französischsprachigen Schweiz, wobei Letztere den pazifistischen Bestrebungen der Emigranten eher mit Misstrauen begegnet. Darüber erfährt man manches nicht nur im Roman, sondern auch aus den Briefen und den 56 57 58 59 60
Goll: A bas l’Europe, S. 195. Goll: Der Mitropäer, S. 158. Goll: Der Mitropäer, S. 85. Goll: La Poursuite du vent, S. 220. Goll: Der Mitropäer, S. 116.
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Tagebüchern Rollands, der den Schweizer Kontext immer wieder einmal beleuchtet, wenn auch mit der Neutralität, die er als Gast für sich in Anspruch nimmt. Historische Realität und Fiktion durchdringen sich im Goll-Roman allenthalben. Dass Lola, mit der Edmund bereits in der Schweiz befreundet war, ihn im Jahre 1916 mitnimmt in das Hinterstübchen eines Züricher Lokals, „wo der unscheinbare Genosse Lenin einen Vortrag über die revolutionäre Unterminierung des Balkans hielt“61, dass im selben Kontext Ludwig Rubiner, der deutsche Expressionist, auftaucht und das Liebespaar auf einem Spaziergang am Zürcher See begleitet, solche und andere ‚Fakten‘ legen Spuren, die zumindest zu Teilwahrheiten führen: „Sie hatten sich dann schnell auf einem kleinen Pfad am See verlaufen, Edmund, Lola und Ludwig Rubiner. […] In jener Nacht hatte ihn Lola geliebt! Wie hatte Rubiner Europa geliebt! Wie hatte er, Edmund, die ganze Welt geliebt!“62 Rubiner war sowohl mit Rolland als auch mit den Golls befreundet und gehörte zu den Anhängern der Russischen Revolution, die im Mitropäer wie auch im politischen Denken von Rolland und Goll eine wichtige Rolle spielt. Ich hatte schon angedeutet, dass Golls Roman, auch wenn er ein Stück Gesellschaftssatire darstellt, in starkem Maße persönliches Bekenntnis ist. Sein Leben, seine zerstörten Hoffnungen, seine Unbehaustheit usw. werden darin thematisiert. Sämtliche Stadtromane dieser Zeit, Sodom Berlin63, Die Eurokokke und Der Mitropäer – Romane, die im gleichen Zeitraum zwischen 1927 und 1930 geschrieben wurden – sind Ausdruck des verlorenen Glaubens an die Menschengüte, an die pazifistische Ideologie und die humanistischen Tugenden der Romain-Rolland-Periode. Die Eurokokke insistiert vielleicht noch stärker auf der Infragestellung eines vereinten Europas. In diesem Roman entlarvt Goll gleichsam sein eigenes narratives Verfahren der ironischen Distanzierung, indem er den Protagonisten sagen läßt: „Ich predige die Menschengüte, und kann die Ironie nicht verwinden.“64 Die innere Zerrissenheit Yvan Golls, eine in allen seinen Werken nachvollziehbare persönliche Unruhe und Entwurzelung, treffen hier mit einer Außenwelt zusammen, die nur noch in destruktiven Bildern beschreibbar ist: ein Hauptmotiv und Bild der Entfremdung ist das Krankhafte, die Eurokokke, der Bazillus, der das kapitalistische Europa inzwischen heimgesucht hat. Die Gründe für die Desillusionierung mögen jedoch auch mit den politischen Vorahnungen zu tun haben. Claire Goll kommentiert das so: Goll se sentait inutile, vidé, ne parlait que de partir en Amérique ou en Australie. Il ne pouvait plus se faire le chantre du pacifisme ni parler de réconciliation. Face à Hitler et à sa bande d’hystériques, il eût été dérisoire d’adopter la même attitude qu’en 1914.65
61 Goll: Der Mitropäer, S. 98. 62 Goll: Der Mitropäer, S. 98. 63 Vgl. die französische Fassung: Goll, Yvan: Sodome et Berlin [1930], Paris: Circé, 1995 sowie die deutsche Fassung: ders.: Sodom Berlin. Aus dem Französischen von Hans Thill, Berlin: Rotbuch-Verlag, 1985. 64 Goll: Die Eurokokke, S. 53. 65 Goll: La Poursuite du vent, S. 212.
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Claire Goll bestätigt also aus der gemeinsamen Lebenserfahrung der Golls heraus das, was der Roman auf der Ebene der Fiktion und mit den Mitteln der Satire ausdrückt: die allmähliche Entfernung von den humanistischen Ideen, die Romain Rolland ausgezeichnet haben. Goll war nicht etwa in ein anderes ideologisches Lager hinübergewechselt, sondern hatte den Glauben an eine Realisierung jener Ideale verloren und sich in eine Art inneres Exil zurückgezogen. Dem inneren Exil folgte das äußere, das politische: mit der Flucht aus dem später von den Nationalsozialisten besetzten Paris nach Amerika entgeht Goll, der Jude, dessen Bücher der Bücherverbrennung zum Opfer gefallen sind, den Grausamkeiten des Krieges und womöglich dem Holocaust. LITERATURVERZEICHNIS Baier, Lothar: Wer hat Angst vor Claire Goll?, in: Süddeutsche Zeitung, 28.03.1968. Cheval, René: Romain Rolland, l’Allemagne et la Guerre, Paris: Presses universitaires de France, 1963. Domin, Hilde: Plädoyer gegen die ‚Verniemandung’ von Yvan Goll, in: dies.: Gesammelte Essays. Heimat in der Sprache, München: Piper, 1992. Europe, 85/942 (Oktober 2007).Themenheft: Romain Rolland. Goethe, Johann Wolfgang von: Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens, hg. von Karl Richter, Münchner Ausgabe, Bd. 18.2: Letzte Jahre 1827–1832, München: 1996. Goll, Claire: Im Zeichen Romain Rollands, in: Die Neue Rundschau 3 (1917), S. 699–700. Goll, Claire: La Poursuite du vent, Paris: Editions Olivier Orban, 1976. Goll, Claire: Der Gläserne Garten. Prosa 1917–1939, Berlin: Argon, 1989. Goll, Yvan: Die drei guten Geister Frankreichs, Berlin: Erich Reiß, 31919. Goll, Yvan: Les Cinq Continents. Anthologie mondiale de poésie contemporaine, Paris: La Renaissance du livre, 1922. Goll, Yvan: A bas l’Europe, Paris: Emile-Paul, 1928. Goll, Yvan: Methusalem oder der ewige Bürger. Ein satirisches Drama [1919], Berlin: de Gruyter, 1963. Goll, Yvan: Mathusalem ou l’éternel bourgeois. Drame satirique [1923], Paris: Arche, 1963. Goll, Yvan: Œuvres, Bd. 1, édition établie par Claire Goll et Francois Xavier Jaurard, Paris: EmilePaul, 1968. Goll, Yvan: Der Mitropäer [1928], Berlin: Argon, 1987. Goll, Yvan: Sodome et Berlin [1930], Paris: Circé, 1995. Goll, Yvan: Lyrik in vier Bänden, Bd. 1: Frühe Gedichte, Berlin: Argon, 1996. Goll, Yvan: Lyrik in vier Bänden, Bd. 3: Jean Sans Terre = Johannes Ohneland, Berlin: Argon, 1996. Goll, Yvan: Die Eurokokke [1927], Göttingen: Wallstein 2002. Knauf, Michael: Yvan Goll. Ein Intellektueller zwischen zwei Ländern und zwei Avantgarden, Bern [u. a.]: Peter Lang, 1996. Mann, Klaus: Auf der Suche nach einem Weg, Berlin: Transmare Verlag, 1931. Pinthus, Kurt (Hg.): Menschheitsdämmerung. Ein Dokument des Expressionismus, Hamburg: Rowohlt 1959. Reichel, Edward: Yvan Goll als Romancier – in Frankreich und in Deutschland. Ein weißer Fleck der Germanistik und Romanistik: Seine Paris-Berlin-Trilogie, in: Krauss, Henning/Delft, Louis van (Hg.): Offene Gefüge. Literatursystem und Lebenswirklichkeit. Festschrift für Fritz Nies zum 60. Geburtstag, Tübingen: Narr, 1993, S. 472–482. Rolland, Romain: Au-dessus de la mêlée, Paris: Ollendorf, 1915.
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Manfred Schmeling
Rolland, Romain: Journal des années de guerre 1914–1919, Paris: Albin Michel, 1952. Rolland, Romain: L’Esprit libre, Paris: Albin Michel, 1953. Schmeling, Manfred: In jeder Sprache neu: Zweisprachigkeit und Kulturtransfer bei Iwan Goll, in: Zima, Peter V./Strutz, Johann (Hg.): Literarische Polyphonie. Übersetzung und Mehrsprachigkeit in der Literatur, Tübingen: Narr, 1996, S. 157–173. Schmeling, Manfred: Von der Regionalität zur Internationalität. Der Fall Yvan Goll, in: Bogner, Ralf/Leber, Manfred (Hg.): Die Literaturen der Großregion Saar-Lor-Lux-Elsass in Geschichte und Gegenwart, Saarbrücken: universaar 2012 (Saarbrücker literaturwissenschaftliche Ringvorlesungen 2), S. 153–170. Singh, Sikander: Yvan Goll. Der Mitropäer (1928), in: Gätje, Hermann/ders.: Übergänge, Brüche, Annäherungen. Beiträge zur Geschichte der Literatur im Saarland, in Lothringen, im Elsass, in Luxemburg und Belgien, Saarbrücken: universaar, 2015, S. 175–186. Wiedemann, Barbara (Hg.): Paul Celan – Die Goll-Affäre, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2000. Zweig, Stefan: Romain Rolland. Der Mann und das Werk, Frankfurt/M.: Rütten & Loening, 1921.
ANHANG
ZUSAMMENFASSUNGEN Bernard Duchatelet Romain Rolland und seine Korrespondenz Wie hat sich Romain Rollands Korrespondenznetzwerk im Laufe der Zeit entwickelt? Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dieser Frage und unterscheidet dabei verschiedene Perioden. Vor dem Krieg von 1914–1918 ist Rollands Netzwerk relativ begrenzt. Man kann dennoch unterschiedliche Kategorien bestimmen: Familie und Vertraute, unter ihnen die engsten Freunde und Freundinnen; professionelle Kontakte (mit Theaterund Musikexperten…), Verleger und literarische Kontakte… Vor allem zur Zeit der Veröffentlichung von Jean-Christophe erweitern sich seine Verbindungen in Deutschland, der Schweiz und England. So entsteht ein Kreis, der im Laufe der Zeit immer größer wird. Mit dem Krieg von 1914–1918 vergrößert sich das Netzwerk zusätzlich. Die Stimme Romain Rollands reicht weit, bis nach Amerika und ab der russischen Revolution auch nach Russland. Die Jahre nach dem Krieg bringen neue, intensive Austauschmöglichkeiten, die bis nach Asien führen (Japan, China und vor allem Indien…). Die Kontakte mit Amerika werden intensiver, vor allem mit den USA, aber auch mit Südamerika. Romain Rolland ist oft ein Vermittler und Fährmann zwischen den verschiedenen Erdteilen. Dann wendet er sich eine Zeitlang der UdSSR zu. Aber zurück in Frankreich löst er sich im Kontext des Krieges von 1939–1945 zunehmend von jeder politischen Aktivität. Er ist zwar immer noch Europäer und Weltbürger, doch übernimmt er nun Beethovens Motto „Mein Reich ist in der Luft“. Entsprechend seiner neuen Gesinnung ändern sich auch seine Briefpartner in dieser Zeit. Susann Gundermann-Link Romain Rolland und Hermann Hesse – transkulturelle Weggefährten im Krieg Während des Ersten Weltkriegs wurden Hermann Hesse und Romain Rolland zu Weggefährten, die sich in ihrer pazifistischen Gesinnung gegenseitig unterstützten. Die geistige Verbindung zwischen den beiden europäischen Schriftstellern wurde zu einer tiefen Freundschaft, in der die Vision des Friedens lebendig blieb. In der Schweiz kämpften sie beide in zahlreichen Artikeln gegen den blinden Patriotismus ihrer Vaterländer und wurden von ihren Landsleuten angegriffen und verleumdet. Der Briefwechsel der beiden Schriftsteller und die Zeugnisse ihrer Begegnungen zeigen ihre Reflexionen über den Krieg, sind aber auch Spiegel ihres künstlerischen Schaffens. Außerdem zeichnen sie ein Bild der Zeit, mit all ihren politischen, sozialen und menschlichen Facetten. Der Erste Weltkrieg brachte diese wirklich europäisch
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denkenden Schriftsteller zusammen und ließ sie zu Weltenbürgern werden, deren Wege bis nach Indien führten. Marina Ortrud M. Hertrampf Jean-Christophe – eine relecture aus transkultureller und intermedialer Perspektive In der Literaturkritik des 20. Jahrhunderts wurde Romain Rollands Romanzyklus Jean-Christophe stets als eindrückliches Plädoyer für die deutsch-französische Freundschaft gelesen. In den letzten Jahrzehnten hat sich weder die deutsche noch die französische Forschung besonders für Rolland interessiert. Dabei erscheint eine relecture des Jean-Christophe gerade vor dem Hintergrund der Spannungen innerhalb der Europäischen Union einerseits und den neueren methodischen Theorieansätzen von Transkulturalität und Intermedialität andererseits besonders relevant. Die Untersuchung zeigt, dass das Deutschlandbild Rollands recht stereotyp und heterogen ist. Die Rolland oft vorgeworfene Idealisierung Deutschlands lässt sich so einseitig nicht halten. Stattdessen relativiert Rolland nationalkulturelle Grenzziehungen und löst die Dichotomie zwischen dem Eigenen und Fremden in der Konstruktion eines transkulturellen Zwischenraums auf. Bei dem Entwurf dieses (im Sinne Michel Foucaults) heterotopen Kulturraums spielt der Bezug auf andere Medien, insbesondere auf die fließende Dynamik der Musik in Verknüpfung mit geografischen Gegebenheiten (konkret mit dem Rhein) eine herausragende Rolle. Die Bezüge auf andere Medien erfolgen dabei jedoch nicht im engeren Sinne als intermediale Schreibweisen, sondern auf der inhaltlichen Verweisebene. Das Vermächtnis Christophes, seine Symphonie, kann letztlich also als musikalische Realisierung des Transkulturalitätskonzeptes aufgefasst und zugleich als mise en abyme des gesamten Romans verstanden werden, will dieser doch beweisen, dass die deutsch-französische Verbrüderung sowie transkulturelles Denken nicht nur möglich, sondern unabdingbar für die Zukunft eines grenzenlosen, friedvollen Europa sind. Stephanie Klauk Die ‚andere‘ Musik neben Beethoven. Europa und Nation in Rollands Musik(geschichts)bild Begibt man sich auf die Spuren der ‚anderen‘ Musik in Romain Rollands Beethoven, also der französischen und italienischen, begegnet man auf den ersten Blick einem dezidiert europäischen Musikgeschichtsbild. Dieses spiegelt sich sowohl in der ‚historischen Wahrheit‘ des Musikwissenschaftlers Rolland wieder als auch in der ‚subjektiven Wahrheit‘ des Literaten und Zeitzeuge Rolland. Indes offenbart die genauere Betrachtung seiner Schriften, dass sich der Franzose dem Musikland Italien gegenüber weit weniger offen zeigte als dem benachbarten Deutschland. Dies ist nicht nur an seiner Romanfigur Jean-Christophe erkennbar, die deutlich beethovensche Züge aufweist – allerdings in der Gegenwart
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des Autors verortet wird –, sondern vor allem auch in Rollands musikhistorischen Schriften. Es kann gezeigt werden, dass der Musikwissenschaftler Rolland den italienischen Beitrag zur Ausbildung der Wiener Klassik und den Einfluss auf Beethoven systematisch ausblendet. Gerade anhand der italienischen Forschungsliteratur und Rollands Umgang mit dieser wird deutlich, dass sein Musikgeschichtsbild weitaus weniger kosmopolitisch ist als allgemein angenommen. Rainer Kleinertz Romain Rollands Haendel im Kontext der aktuellen Händel-Forschung Die Händel-Monografie eines Literaturnobelpreisträgers lässt wohl am ehesten eine romanhafte Biografie vom Schlage eines ‚der Roman seines Lebens‘ erwarten – besonders wenn der Nobelpreis dem Autor vor fast einem Jahrhundert für einen Musikerroman verliehen wurde. Romain Rollands 1910 erschienener Haendel enttäuscht diese Erwartung. Rolland verzichtet fast ganz auf psychologisierende ‚Einfühlung‘ und stützt sich auf die damals neuesten Publikationen, wie zum Beispiel die kurz zuvor erschienenen Werke von Händels Lehrer Friedrich Wilhelm Zachow. Bei seinen Ausführungen zur Hamburger Oper greift Rolland auf seine eigene Dissertation von 1895 zurück (Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne). Bei den Darlegungen zu Dietrich Buxtehude bezieht er sich auf seinen Pariser Kollegen André Pirro, der an einer Monografie über den Komponisten arbeitete, die 1913 in Paris erschien. Insofern ist Rollands Haendel ein beeindruckendes Stück Geschichte des Faches Musikwissenschaft. Dass manches an dieser Monografie nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entspricht, kann anhand der für einen Händel-Forscher problematischsten Jahre in Georg Friedrich Händels Leben, denjenigen bis zur Gründung der Royal Academy of Music im Jahr 1719, gezeigt werden. Überraschender ist aber wohl, dass Rolland eine gerade in der Bewertung von Händels mitteldeutschem Hintergrund bis heute – oder heute wieder – lesenswerte Händel-Monografie konzipierte. Clemens Klünemann Der Intellektuelle im Widerspruch. Romain Rolland und die Macht der Stereotypen – zur Aktualität seiner Kritik des kulturellen Gegensatzes Romain Rolland hat keine Theorie des Intellektuellen im Sinne dessen, was seit Zolas „J’accuse“ mit diesem Begriff assoziiert wird, formuliert. Vielmehr stand er der Abstraktion dieses Begriffs skeptisch gegenüber. Höhepunkt und damit gleichzeitig Prüfstein seines intellektuellen Engagements war sein Eintreten gegen den Ersten Weltkrieg und seine Position „au-dessus de la mêlée“. Die Analyse seiner unter diesem Motto publizierten Schriften zeigt, dass der intellektuelle Widerspruch gegen die Verirrungen der Politik seiner Zeit selbst nicht frei war von Widersprüchen, die sich u. a. in stereotypen Äußerungen Romain
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Rollands über Frankreich und Deutschland spiegeln. Hinsichtlich des östlichen Nachbarlandes werden insbesondere Thomas Mann und – in mehrfacher Brechung – Friedrich Nietzsche zu Antipoden seines Denkens. Entscheidend jedoch für die heutige Bewertung der Kritik Romain Rollands an der kulturellen und politischen Gemengelage der Kriegsjahre ist, dass er der Versuchung des Unpolitischen widerstand: Sein intellektuelles Engagement verstand sich als die Einmischung des citoyen in die Belange der cité, und diese cité definierte er nicht national oder gar – wie manche seiner Zeitgenossen – ethnisch, sondern universal und kosmopolitisch. Die Analyse des intellektuellen Engagements Romain Rollands in den Jahren des Ersten Weltkrieges führt somit unweigerlich zu der Frage, worin die Aktualität seiner intellektuellen Einmischung besteht und worin ihr Erbe für eine Zeit liegt, in der die nationalen Sollbruchstellen trotz des europäischen Einigungsprozesses der letzten Jahrzehnte immer deutlicher hervortreten. Annette Lensing Krieg erleben, Frieden ersehnen. Völkerversöhnung schaffen? Die Korrespondenz zwischen Romain Rolland und Lilli Jannasch zu Beginn des Ersten Weltkriegs Das friedenspolitische Engagement des Literaturnobelpreisträgers Romain Rolland war in vielerlei Hinsicht wegweisend. Seine zwischen Januar und Juli 1915 geführte Korrespondenz mit Lilli Jannasch, der damaligen Geschäftsführerin der am 16. November 1914 gegründeten deutschen pazifistischen Organisation Bund Neues Vaterland, bildet den Kern dieses Beitrags. Dieser untersucht mit geschichtswissenschaftlichen Methoden die völkerversöhnenden Bemühungen zweier wachsamer Zeugen ihrer Zeit, die sich mit ihren Worten gegen zwischenstaatliche Gewalt wandten und auf deutsch-französische Verständigungsschritte in Politik und Öffentlichkeit hofften. Ausgehend von den jeweiligen Handlungsspielräumen und Erwartungshorizonten liefert der Beitrag neue Einblicke in Werk und Wirkung von Romain Rolland und Lilli Jannasch, die sich trotz innerer Barrieren (Stereotypen) und äußerer Hemmnisse (Zensur- und Repressionsmaßnahmen) mit dem Aufbau einer künftigen Friedensordnung in Europa auseinandersetzen. Selbst wenn es ihnen nicht gelang, den Gegensatz zwischen Freiheit des Geistes und Zwang der historischen Kontingenz zu überwinden, fungierte die direkte Konfrontation mit dem Kriegsgeschehen und seiner Wirkung auf die Menschen als Auslöser eines verantwortungsvollen Handelns für Menschlichkeit und Wahrheit. In dieser Hinsicht stellte der Erste Weltkrieg nicht nur ein Hindernis, sondern auch einen Katalysator eines deutsch-französischen Friedensdialogs dar, der die Existenz kultureller Transferprozesse im Kontext nationaler Antagonismen auf europäischem Boden offenlegt.
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Hans-Jürgen Lüsebrink Konzepte, Topoi und Metaphern interkultureller Dialoge und Kontakte im Werk von Roman Rolland unmittelbar vor und zu Beginn des Erstens Weltkriegs (1912–1915) Dieser Beitrag analysiert die interkulturelle Dimension des Werks von Romain Rolland vor dem und zu Beginn des Ersten Weltkriegs, insbesondere des Romans Jean-Christophe und der Streitschrift Au-dessus de la mêlée, unter zwei Gesichtspunkten: einerseits anhand der Netze von Konzepten, Metaphern und Topoi, die benutzt werden, um die interkulturellen Kontakte in ihren unterschiedlichen Dimensionen zu beschreiben und ihren Sinn zu erfassen, wobei diese Dimensionen vom Dialog und der Verständigung zwischen den Völkern bis zum Hass und zur Gewalt reichen, die Romain Rolland bekämpfen wollte. Andererseits analysiert der Beitrag Repräsentationsformen interkultureller Dialoge im eigentlichen Sinne zwischen Deutschen und Franzosen in den beiden genannten Werken, wobei die Themen, die formale Stilisierung, der Ablauf und die Entwicklungsdynamik dieser Dialoge in den Blick genommen werden. Roland Marti „Р. Роллан […] Лев Толстой Франции – Romain Rolland ist der Tolstoï Frankreichs“ (Maksim Gor’kij) Romain Rolland zeigte schon früh Interesse für die russische Literatur, das sich noch verstärkte, nachdem er einen Brief von Lev Tolstoj erhalten hatte. Er förderte sie, indem er zunächst sein ‚spezielles Verhältnis‘ zu Tolstoj, später seine Kontakte zu Maksim Gor’kij nutzte. Nach der Oktoberrevolution kam zur kulturellen Russophilie noch eine stetig zunehmende Sowjetophilie. Der Beitrag untersucht diesen Beziehungskomplex aus der russisch/sowjetischen Perspektive, wobei zunächst die Konstruktion der bipolaren Konstellation Tolstoj–Rolland und ihre Erweiterung zum Dreieck Tolstoj–Rolland–Gor’kij im Mittelpunkt stehen. Die Entdeckung von Rolland im russisch/sowjetischen Raum setzt erst nach der Revolution richtig ein und ist stark von der politischen Konjunktur abhängig. Seine große Popularität in der Sowjetunion ist zu gleichen Teilen seiner Kontextualisierung im Umfeld von Tolstoj und Gor’kij, seinen politischen Positionen und der offiziellen Propaganda geschuldet. Im Zeitalter von glasnost’ weicht sie einer zum Teil äußerst negativen Einstellung, die sich hauptsächlich an Rollands kritikloser Übernahme stalinistischer Positionen festmacht (und die oft dem Einfluss seiner zweiten Frau, Marija Kudaševa, zugeschrieben wird). Eine objektive Würdigung von Rollands Wirken und Werk scheint deswegen in Russland zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich zu sein.
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Jean-Pierre Meylan Romain Rolland als Initiator und Spielball politisch-literarischer Netzwerke Romain Rolland war schon vor 1914 ein weltoffener, fruchtbarer Briefschreiber. Mit seinem Artikel Au-dessus de la mêlée vom September 1914 wird er jedoch zu einem der bedeutendsten Intellektuellen des europäischen Pazifismus. Nachdem er den Nobelpreis (1916) erhielt, wurde er, sehr zum Missfallen des offiziellen Frankreichs, schließlich eine praktisch unantastbare Institution. Seine Situation in der neutralen Schweiz machte aus ihm eine Vermittler-Persönlichkeit, eine gut informierte Drehscheibe unter den Intellektuellen. Dem bereits existierenden Netzwerk der Korrespondierenden schloss sich ein diffuses Netz junger expatriierter Ausländer, die vor dem Krieg flüchteten (Deserteure, Kriegsdienstverweigerer, Anarchisten, etc.), an, die in ihm, wie weiland in Lev Tolstoj, eine Art Guru sahen. Dieses 1923 um die Zeitschrift Europe gebildete diffuse Netz prägte die Geschichte der Intellektuellen in der Zwischenkriegszeit. In dieser Zeit widmete sich Rolland dem Kampf gegen den italienischen und später den deutschen Faschismus. Obwohl er während des Krieges gelernt hatte, den Bolschwiken zu misstrauen, machte ihn sein Engagement als ‚Weggefährte‘ des Kommunismus blind für den Aufstieg des Stalinismus. Es war seine zweite Ehefrau, die junge, aus der UdSSR stammende Marija Kudaševa, unter deren Einfluss er stand und die ihn quasi zur Geisel nahm. Der zweite Weltkrieg war für ihn eine doppelte Katastrophe: seine Hoffnungen in die Sowjetunion als Gegenspieler des Nazismus setzend, wurde er durch den HitlerStalinpakt von 1939 verraten, der die Allianzen umkehrte und aus der Wehrmacht in Frankreich eine schützende Kraft der französischen Kommunisten machte. Den Zusammenbruch Frankreichs erlebte er in Vézelay, wohin er geflüchtet war – ein Zufluchtsort, wo er von der Besatzung überrumpelt und schließlich isoliert wurde. Rolland zog sich vom öffentlichen Leben zurück und hielt sich während des Winters bedeckt, was ihm zum Zeitpunkt der Befreiung zugutekam, als er von der PCF (Parti Communiste Français) entdeckt und als Widerstandskämpfer auf ihren Schild hoben wurde. Rolland ist gegen seinen Willen vom Pazifisten zu einem Zauberlehrling des Kommunismus geworden. Zbigniew Naliwajek Den Anderen verstehen wollen: Romain Rolland und Polen Dieser Beitrag stützt sich auf zwei Beispiele, die Musik Frédéric Chopins und das Theater Stanisław Wyspiańskis, die nicht nur für den Reichtum und die Vielfältigkeit der polnischen Kultur, sondern auch für die menschliche Seele im Allgemeinen ohne Ansehen der Herkunft und nationaler Grenzen beispielhaft sind, und versucht die Gründe aufzuzeigen, weshalb Romain Rolland keinen der beiden akzeptierte. Ist es möglich, alles zu mögen und zu verstehen? Gewiss nicht. Im Falle Chopins hilft der berühmte Ausspruch Catulls, odi et amo, die unnachgiebige Haltung von Romain Rolland besser zu verstehen, für den die Musik und die Persönlichkeit Beethovens im Zentrum seiner Ästhetik standen. Bezüglich Wyspiański mag es
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überraschend sein, dass der Autor von Liluli und von La Révolte des machines nicht in der Lage war, den Enthusiasmus derer zu teilen, die wie Jean de Saint-Prix in Wyspiańskis wichtigstem Stück Hochzeit ein Meisterwerk sahen. Es ist sicherlich weise, die Entscheidung Rollands zu akzeptieren, dessen Ideen bis heute in vielerlei Hinsicht beispielhaft sind und Anstoß zum Nachdenken geben. Danielle Risterucci-Roudnicky Romain Rolland, ein großer Autor der DDR. Transfer – Übersetzung – Kanonisierung Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass jeder literarische Transfer auf einer Auswahl beruht und eine Transformation im Dienste einer ‚Funktionalisierung‘ auf der Empfängerseite einleitet, wird hier die Rezeption des Autors Romain Rolland aus der Perspektive seiner deutschen Identität betrachtet. Während seine Werke mehrere Jahrzehnte lang in Deutschland übersetzt und verlegt wurden, hat sich die Funktion des Autors im Laufe der deutsch-französischen Geschichte und vor allem zum Zeitpunkt der Teilung Deutschlands gewandelt. Die Rezeption Romain Rollands in der DDR weist somit hervorstechende Merkmale auf, die sie zu einem repräsentativen Beispiel interkultureller Identität machen. Als Hilfsmittel der Untersuchung dient Nausikaa, eine digitalisierte Bibliografie französischsprachiger und in der DDR verlegter Werke, deren Prinzipien zunächst erläutert werden. Anschließend geht es darum, die Modalitäten der ‚Kanonisierung‘ eines Autors zu analysieren, der als ausländischer Bürge für diejenigen Werte galt, die seitens des ‚anderen Deutschland‘ verfochten wurden – desjenigen Deutschland, das die Widersprüche des Autors und seines Werks zu überwinden versuchte und ihn dadurch zu einem vollwertigen Mitbürger dieses ‚anderen Deutschland‘ machte. Manfred Schmeling Kritik der „Menschengüte“. Romain Rolland im Werk von Yvan Goll In einem Buchkommentar heißt es, Yvan Goll verfolge mit seinen Romanen „den kleinen Schritt vom großen Taumel der 20er-Jahre in die große Depression“1. Man kann die in diesem Satz beschriebenen Stimmungslagen auch auf Golls Äußerungen über Romain Rolland und dessen internationale Anhängerschaft beziehen, die in Der Mitropäer (1928, frz. A bas l’Europe) in kritisch-satirischer Absicht in Szene gesetzt werden. Der Beitrag stellt die Frage, in welcher fiktionalen Form und unter welchen neuen zeitlichen Bedingungen eine kritische Auseinandersetzung mit dem Werte-Kodex Rollands, u. a. mit den Themen Menschlichkeit, Brüderlichkeit,
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Lerch, Gisela: Werbetext zum Roman Der Mitropäer, in: Goll, Yvan: Die Eurokokke, Berlin: Argon Verlag, 1988, o. S.
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Pazifismus, Einheit Europas etc., stattfinden konnte. Goll, der in seiner expressionistischen Periode dem Messianismus Rollands wie viele Avantgarde-Autoren anfänglich durchaus vertraute, ist später, auch aufgrund seines persönlichen Schicksals als Deutsch-Franzose jüdischer Abstammung, von solchen Idealen entschieden abgerückt. Abgesehen von expliziten Verweisen auf Rolland bietet sich ein Vergleich zwischen den beiden Autoren auch deshalb an, weil vor allem zur Zeit des Ersten Weltkriegs deutliche gedankliche Parallelen zwischen Goll und dem Werk Rollands auftauchen. Die Forschung hat diese Verknüpfungen bisher nicht untersucht. Hans T. Siepe Deutschland, die Deutschen und die Juden im Journal de Vézelay 1938–1944 von Romain Rolland Der Beitrag veranschaulicht in seinem ersten Teil die Entwicklung eines ambivalenten Deutschlandbilds bei Romain Rolland, das von seinen persönlichen Erfahrungen in der Zeit der deutschen Besetzung Frankreichs geprägt ist. In einem zweiten Teil wird die ebenso ambivalente Position Rollands gegenüber den verfolgten Juden näher betrachtet, für die er sich einerseits engagierte, ihnen gegenüber jedoch andererseits eine gewisse Antipathie äußerte. Dies warf bereits in früheren Jahren die Frage nach einer antisemitischen Haltung des Autors auf. Mit Blick auf diese teils widersprüchlichen Betrachtungsweisen Romain Rollands kann schließlich auch seine Rolle als ‚transkultureller Denker‘ in der Zeit des Zweiten Weltkriegs hinterfragt werden. Christiane Solte-Gresser Pazifistisches Engagement in Text und Bild: Romain Rolland und Frans Masereel Romain Rollands Roman Pierre et Luce ist ein eindrückliches Beispiel pazifistischen Engagements. Diese Liebesgeschichte über ein junges Paar, das sich durch den Ersten Weltkrieg findet und sogleich wieder verliert, wurde von Frans Masereel mit 16 Holzschnitten illustriert. Der Beitrag setzt beides, Text und Bild, zueinander in Beziehung. Eine solche intermediale Studie wird von der Frage geleitet, wie sich der Pazifismus der beiden Künstler auf der thematischen, der strukturellen und der stilistischen Ebene äußert. Ausgangspunkt der Analyse ist die Beobachtung einer medialen Überkreuzung: In der Erzählung spielt Kunst als Thema eine entscheidende Rolle, und der Text selbst verwendet für seine Narration mehrere ausgesprochen visuelle Verfahren. In den Holzschnitten Masereels wiederum bilden nicht nur Bücher und das Lesen ein Motiv; der Grafiker gestaltet darüber hinaus seine Bilder in ungewöhnlich narrativer Weise. Nach einer knappen Klärung des Verhältnisses der beiden Künstler zueinander werden verschiedene Ebenen der Text-Bild-Verhältnisse unterschieden: erstens die
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Gesamtstruktur der Erzählung und diejenige der Bilderfolge im Vergleich, zweitens die Interaktionen zwischen Text und Illustrationen, drittens Text und Bild im Verhältnis zu anderen Kunstwerken der jeweiligen ästhetischen Tradition und schließlich in einem Ausblick die Text-Bild-Erzählung in Relation zum Gesamtwerk Rollands und Masereels. Auf diese Weise wird erkennbar, wie sich Erzählung und Holzschnitte gemeinsam kritisch mit dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzen und ihm gegenüber mit den Mitteln der Kunst eine eindeutig politische Aussage formulieren. Gwenaële Vincent-Böhmer Romane Europas: Jean-Christophe von Romain Rolland und Das Erbe am Rhein von René Schickele – Leben und Sterben eines Ideals? Der vorliegende Artikel versteht sich als Beitrag zur Untersuchung der Europaidee in der Literatur vor der Entstehung ‚Europas‘, wie wir es heute kennen. Wie wurde Europa in der Literatur dargestellt, benannt, verteidigt oder zunichte gemacht? Um diese Frage zu beantworten, beschäftigen wir uns mit zwei Akteuren ersten Ranges: Romain Rolland und der deutschsprachige Elsässer René Schickele. Beide Schriftsteller setzten sich für die deutsch-französische Aussöhnung, für Frieden und die Schaffung Europas ein und beiden brachten ihre Überzeugungen Unverständnis, Schmach und Schande ein. Beide teilten das Schicksal des Exils, sie kannten sich persönlich und gehörten mit Stefan Zweig, Thomas Mann und Hermann Hesse demjenigen Kreis von Schriftstellern an, die in den 1920er- und 1930er-Jahren unermüdlich für ein humanistisches Ideal kämpften. Beide Autoren haben große europäische Fresken geschaffen: Romain Rolland schrieb Jean-Christophe (1903–1912) und René Schickele Das Erbe am Rhein (1926–1931). Warum wählten sie den Roman und damit das Reich der Fiktion? Kann man Europa nach dem Ersten Weltkrieg literarisch noch genauso schreiben wie vorher? Welche intertextuellen Beziehungen bestehen zwischen den beiden Romanen? Führt Das Erbe am Rhein Rollands Jean-Christophe fort, geht Schickeles Romanzyklus über das Vorbild von Rolland hinaus oder vollendet er es? Fedora Wesseler Erhabener Idealismus oder Opferbereitschaft eines Wahnsinnigen? Zur Figur des Adam Lux im Theater von Romain Rolland (Le Triomphe de la Raison) und Stefan Zweig (Adam Lux) Die Figur des Mainzer Revolutionärs Adam Lux, der 1793 in Paris unter der Guillotine endete, wurde von zahlreichen Schriftstellern verarbeitet. Bemerkenswert ist dabei die völlig unterschiedliche Behandlung ein und derselben Gestalt durch zwei einander freundschaftlich und gedanklich so nahestehende Autoren wie Stefan Zweig und Romain Rolland. 1899 wurde in Paris Rollands Drama Le Triomphe de la Raison uraufgeführt, 1926 begann Stefan Zweig ein Drama mit dem Titel Adam
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Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs, von dem zu seinen Lebzeiten jedoch nur das erste Bild im Druck erschien. Während Zweig sich dicht an die historischen Berichte hält, weicht Rolland – grundsätzlich in seinen Dramen ein äußerst minutiöser Historiker, der jegliche Änderung im Anhang oder im Vorwort erläuternd rechtfertigt – bewusst von den überlieferten Tatsachen ab und entwirft eine Gestalt, deren rasende Exaltiertheit in einen letztlich unnützen Opfertod mündet und als solche mit der gefassten Seelenruhe des zweigschen Helden, der seinem Leben durch den freiwilligen Tod Sinn zu geben scheint, kontrastiert. Ein Vergleich der beiden Dramen soll die unterschiedlichen Haltungen beider Autoren dem Idealismus gegenüber deutlich machen. Blaise Wilfert-Portal Ein ‚großer Kosmopolit‘? Romain Rolland und Italien oder die Widersprüche eines Inter-Nationalisten Dieser Beitrag analysiert den ‚Kosmopolitismus‘ und ‚Internationalismus‘ Romain Rollands anhand seiner sozialen und internationalen Kontakte vor 1914, insbesondere seiner Beziehungen zu Italien, von seinem ersten Aufenthalt an der Ecole française de Rome bis hin zu seinem Mitwirken an der Internationalisierung des Institut Français in Florenz. Unter Rückgriff auf die Methodik der kritischen socio-histoire ist es möglich, bedeutende Informationen bezüglich seiner Reisen, seines Netzwerks und seiner italienischsprachigen Lektüren zu rekonstruieren. Darüber hinaus wird aufgezeigt werden, dass die Kontakte Rollands trotz seines Rufes als Kosmopolit weder mit einem Erwerb von Kenntnissen über die gesellschaftliche Wirklichkeiten Italiens noch mit kultureller Aufgeschlossenheit einhergingen. Die Reisen, internationalen Kontakte und das Eintauchen in die gehobenen Milieus des kultivierten Kosmopolitismus dienten somit keineswegs zwangsläufig einem transkulturellen Zweck, sondern konnten im Gegenteil sogar zu Voreingenommenheit und mangelnder Offenheit führen. Internationale Freizügigkeit, Diskurse über den Anderen sowie länderübergreifende Netzwerke haben maßgeblich – und dies trifft auch auf den zukünftigen Einsiedler von Vézelay zu – zur Fähigkeit von Schriftstellern beigetragen, sich als Spezialisten des Nationalen zu behaupten und zu Propheten der Nation zu werden. Romain Rolland hat sich stets mit ‚nationalen Identitäten‘ beschäftigt und an diesen festgehalten, ganz gleich, welcher Natur sein ‚Kosmopolitismus‘ war.
RESUMES Bernard Duchatelet Romain Rolland et sa correspondance Comment au fil du temps s’est développé le réseau des correspondances de Romain Rolland ? Tel est l’objet de cette contribution : distinguer et caractériser les diverses périodes. Avant la guerre de 1914–1918, le réseau est relativement restreint. On pourrait identifier plusieurs catégories : la famille et les intimes, parmi lesquels les ami(e)s les plus proches ; les professionnels (relations avec les gens de théâtre, les musicologues…) ; ses éditeurs et ses correspondances littéraires… Surtout avec JeanChristophe, ses relations s’élargissent : avec l’Allemagne, la Suisse, l’Angleterre. C’est le début de la création d’un cercle qui, avec le temps, va s’agrandir. Avec la guerre de 1914–1918, le réseau prend de plus en plus d’ampleur. La voix de Romain Rolland se fait entendre au loin, jusqu’en Amérique, et, à partir de la Révolution russe, jusqu’en Russie. Les années d’après-guerre sont l’occasion d’échanges intenses qui s’élargissent à l’Asie (Japon, Chine, et surtout Inde…). Les contacts avec l’Amérique s’intensifient : Etats-Unis, mais aussi Amérique du Sud. Romain Rolland se fait souvent l’intermédiaire et le passeur d’une rive à l’autre du monde. Puis, un temps, il se tourne vers l’URSS. Mais, rentré en France, au moment la guerre de 1939–1945, il se détache de toute action politique. S’il est toujours un Européen, un citoyen du monde, il reprend le mot de Beethoven : « Mein Reich ist in der Luft. » Ses correspondants sont alors tout autres, en accord avec son nouvel état d’esprit. Susann Gundermann-Link Romain Rolland et Hermann Hesse – Compagnons de route transculturels pendant la guerre Durant la Première Guerre mondiale, Hermann Hesse et Romain Rolland, qu’un même esprit pacifiste unissait, devinrent des compagnons de route et se soutinrent mutuellement. Ce lien spirituel entre les deux écrivains européens se transforma en une profonde amitié, célébrant une vision commune de la paix. Depuis leur exil suisse, ils luttèrent chacun, à travers de nombreux articles engagés, contre le patriotisme aveugle de leur terre natale, et furent attaqués et calomniés par leurs compatriotes. La correspondance entre les deux écrivains et les témoignages de leurs rencontres montrent non seulement leurs réflexions sur la guerre, mais sont aussi le
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miroir de leur création artistique. Par ailleurs, ces documents restituent une image de l’époque sous toutes ses facettes, tant politiques que sociales ou humaines. Rapprochés par la Première Guerre mondiale, ces deux écrivains à la pensée européenne devinrent de véritables citoyens du monde dont les chemins les menèrent jusqu’en Inde. Marina Ortrud M. Hertrampf Jean-Christophe – une relecture dans une perspective transculturelle et intermédiale La critique littéraire du XXe siècle a toujours lu le cycle romanesque Jean-Christophe de Romain Rolland comme un plaidoyer impressionnant pour l’amitié francoallemande. Au cours des dernières décennies, ni la recherche allemande, ni la française n’ont porté un intérêt particulier à l’œuvre de Rolland. Or, une relecture de Jean-Christophe s’avère tout à fait pertinente, notamment dans le contexte des tensions au sein de l’Union Européenne, mais aussi à la lumière de nouvelles approches théoriques telles que la transculturalité ou l’intermédialité. L’analyse du roman fait apparaître une image de l’Allemagne assez stéréotypée et hétérogène chez Rolland. Le reproche souvent adressé à l’auteur d’avoir une vision idéalisée de l’Allemagne ne semble pourtant pas entièrement justifié. En effet, Rolland relativise les frontières nationales et culturelles et efface la dichotomie entre le propre et l’étranger en imaginant un espace intermédiaire transculturel. Dans la création de cet espace culturel hétérotopique au sens foucaldien, le recours à d’autres médias joue un rôle éminent, en particulier la présence de la dynamique fluide de la musique associée à la situation géographique des deux pays (concrètement au Rhin). Pour les médias autres que la musique, la référence ne se fait pas au sens propre en tant qu’écriture intermédiale, mais au niveau thématique du texte. L’héritage de Christophe, en l’occurrence sa symphonie, peut finalement être considéré aussi bien comme la réalisation musicale du concept de transculturalité que comme une mise en abyme du roman, ce dernier visant à démonter qu’une fraternisation entre la France et l’Allemagne et une pensée transculturelle sont possibles et indispensables pour la construction d’une Europe en paix et sans frontières. Stephanie Klauk L’‘autre’ musique dans les écrits de Romain Rolland sur Beethoven. L’Europe et la nation dans la vision rollandesque de la musique (et de son histoire) La piste de l’‘autre’ musique, à savoir la française et l’italienne, dans le Beethoven de Romain Rolland fait apparaître à première vue une image résolument européenne de l’histoire de la musique chez son auteur. Celle-ci se manifeste non seulement dans la ‘vérité historique’ du musicologue Rolland, mais aussi dans la ‘vérité subjective’ de l’écrivain et l’homme de son siècle Rolland.
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Toutefois, un examen attentif de ses écrits révèle que l’écrivain français montrait une attitude bien moins ouverte à l’égard de la culture musicale italienne qu’envers celle du voisin allemand. Cette préférence nationale s’exprime par l’intermédiaire de son personnage Jean-Christophe, dont la ressemblance avec Beethoven est flagrante – bien que l’action du roman se situe dans un contexte contemporain de l’auteur –, et plus particulièrement dans les écrits de Rolland portant sur l’histoire de la musique. Il s’agira de montrer, dans le cadre de cette contribution, que le musicologue Rolland tend à occulter systématiquement l’importance de la musique italienne dans la formation du classicisme viennois et l’influence de celle-ci sur Beethoven. La littérature scientifique italienne et l’usage qu’en fait Rolland permettront de mettre en évidence que l’écrivain et musicologue français possède une vision de l’histoire de la musique bien moins cosmopolite que généralement admis. Rainer Kleinertz Le Haendel de Romain Rolland dans le contexte de la recherche actuelle sur Händel La monographie sur Haendel d’un lauréat du Prix Nobel de littérature laisse plutôt présager une biographie romanesque du type ‘le roman de la vie de…’, surtout si l’auteur s’est vu attribué le prix il y a près d’un siècle pour un roman musical. Le Haendel de Romain Rolland, paru en 1910, déçoit pourtant cette attente. Rolland renonce presqu’entièrement à une empathie psychologisante et s’appuie sur les publications les plus récentes de son époque, comme par exemple les ouvrages tout juste parus du maître de Haendel Friedrich Wilhelm Zachow. Pour ses explications concernant l’Opéra de Hambourg, Rolland a recours à sa propre thèse datant de 1895 (Histoire de l’opéra en Europe avant Lully et Scarlatti. Les origines du théâtre lyrique moderne). Dans son exposé sur Dietrich Buxtehude, il se réfère à son collègue parisien André Pirro qui préparait alors une monographie sur ce compositeur, publiée quelques années plus tard à Paris en 1913. Dans cette mesure, le Haendel de Rolland peut être considéré comme un impressionnant morceau d’histoire de la musicologie. A partir de l’analyse des années allant jusqu’à la création de la Royal Academy of Music en 1719, qui posent le plus de problèmes aux spécialistes de Händel, on peut établir le constat que certains éléments de cette monographie ne correspondent plus à l’état de la recherche actuelle. Mais ce qui est surprenant, c’est que la monographie de Rolland reste d’une grande actualité – et regagne récemment en intérêt –, notamment pour l’analyse que Rolland fait des origines d’Allemagne centrale de Händel. Clemens Klünemann L’intellectuel en contradiction. Romain Rolland et le pouvoir des stéréotypes – regards sur l’actualité de sa critique de l’opposition des cultures Romain Rolland n’a pas formulé de théorie de l’intellectuel au sens où l’on entend depuis le « J’accuse » de Zola. Au contraire, il se montra plutôt sceptique quant à
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l’abstraction de cette notion. Son opposition à la Première Guerre mondiale et sa position « au-dessus de la mêlée » constituent le point culminant et aussi la pierre de touche de son engagement intellectuel. L’analyse de ses écrits publiés sous la devise « au-dessus de la mêlée » montre que l’opposition intellectuelle contre les dérives politiques de son temps n’était pas exempte de contradictions, des contradictions qui se manifestent entre autres par des propos stéréotypés de Rolland sur la France et l’Allemagne. Concernant le voisin à l’est, Rolland placera Thomas Mann et – par plusieurs intermédiaires – Friedrich Nietzsche aux antipodes de sa pensée. Toutefois, pour l’évaluation actuelle de sa critique de l’amalgame politique et culturel des années de guerre, il est important de souligner que Romain Rolland a su résister à la tentation d’adopter une position apolitique. En effet, il concevait son engagement intellectuel comme une implication du citoyen dans les affaires de la cité, une cité dont il ne donnait pas de définition nationale, encore moins ethnique – comme certains de ses contemporains – mais qu’il considérait plutôt comme universelle et cosmopolite. L’analyse de l’engagement intellectuel de Romain Rolland durant la Première Guerre mondiale amène donc inéluctablement à la question de l’actualité de son implication intellectuelle et de l’héritage qu’elle constitue pour une époque dans laquelle les lignes de rupture nationales semblent de plus en plus saillantes malgré le processus d’unification européen en cours depuis plusieurs décennies. Annette Lensing Guerre – Paix – Réconciliation des peuples ? La correspondance entre Romain Rolland et Lilli Jannasch au début de la Première Guerre mondiale L’engagement du lauréat du Prix Nobel de la littérature Romain Rolland en faveur de la paix est exemplaire à de nombreux égards. Sa correspondance entre janvier et juillet 1915 avec Lilli Jannasch, alors directrice de l’organisation pacifiste allemande Bund Neues Vaterland, fondée le 16 novembre 1914, est au cœur de cette contribution. Cette analyse historique est vouée aux efforts de deux témoins vigilants de leur temps, œuvrant pour l’entente des peuples, qui dirigèrent leurs mots contre la violence entre Etats et nourrirent l’espoir de voir s’établir un processus de réconciliation franco-allemand tant au niveau politique que dans l’opinion publique. Partant des champs d’action et des horizons d’attente propres à chacune des acteurs, cette contribution porte un regard neuf sur l’œuvre et l’action de Romain Rolland et de Lilli Jannasch, qui, malgré leurs barrières intérieures (stéréotypes) et les obstacles extérieurs (censure et mesures de répression), sont parvenus à penser un ordre de paix paneuropéen. Même s’ils n’ont pas réussi à surmonter l’antinomie entre la liberté d’esprit et la contingence historique, la confrontation directe avec la guerre et son prix humain joua un rôle déclencheur, poussant les acteurs à agir de façon responsable et à s’engager pour l’humanité et la vérité. Dans cette perspective, la Première Guerre mondiale ne représente donc pas uniquement un obstacle
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mais également un catalyseur pour le dialogue franco-allemand, qui révèle l’existence de processus de transferts culturels dans le contexte d’antagonismes nationaux sur le sol européen. Hans-Jürgen Lüsebrink Concepts, topoï et métaphores des dialogues et contacts interculturels dans l’œuvre de Romain Rolland à la veille et au début la Première Guerre mondiale (1912–1915) Cette contribution analyse la dimension interculturelle de l’œuvre de Romain Rolland parue avant et au début de la Première Guerre mondiale, en particulier celle du roman Jean-Christophe et du pamphlet Au-dessus de la mêlée, sous un angle double : d’une part, à travers les réseaux de concepts, de métaphores et de topoï utilisés pour décrire et sémantiser les contacts interculturels dans leurs différentes dimensions, allant du dialogue et de l’entente entre les peuples et les cultures jusqu’à la haine et à la violence que Romain Rolland entendait combattre ; et, d’autre part, à travers l’analyse des formes de représentation de dialogues interculturels proprement dits entre Français et Allemands, dans les deux œuvres mentionnées, prenant en compte les enjeux, la stylisation formelle, le déroulement et la dynamique d’évolution de ces dialogues. Roland Marti « Р. Роллан […] Лев Толстой Франции – Romain Rolland est le Tolstoï de la France » (Maksim Gor’kij) Depuis sa jeunesse, mais surtout après avoir reçu une lettre de la part de Lev Tolstoj, Romain Rolland manifeste un vif intérêt pour la littérature russe. Il la propage même, exploitant dans un premier temps sa ‘relation privilégiée’ avec Tolstoj, puis ses contacts avec Maksim Gor’kij. Après la révolution d’octobre, la russophilie culturelle de Rolland est doublée d’une soviétophilie croissante. L’article se propose d’analyser les relations entre Rolland et les deux auteurs russes en abordant l’homme et l’œuvre du point de vue russe et soviétique. L’analyse se concentre dans un premier temps sur le parallélisme Tolstoj–Rolland qui s’élargit à la relation triangulaire Tolstoj–Rolland–Gor’kij. La vraie découverte de l’auteur français sur le territoire russe et soviétique ne débute qu’après la révolution et dépend fortement de la conjoncture politique. La grande popularité de Rolland en Union soviétique est due aussi bien à son rapprochement avec deux grands noms de la littérature russe qu’à ses prises de position politiques ainsi qu’à la propagande officielle. A partir de la période de glasnost’, elle cède la place à une attitude souvent très critique à son égard. Ce revirement d’opinion en sa défaveur s’explique en grande partie par le soutien inconditionnel que Rolland portait au régime stalinien, une attitude souvent attribuée à l’influence
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de sa deuxième épouse, Marija Kudaševa. A l’heure actuelle, une appréciation objective de la personne et de l’œuvre de Rolland ne semble pas encore possible en Russie. Jean-Pierre Meylan Romain Rolland, initiateur et victime de réseaux politico-idéologiques Romain Rolland fut un grand épistolier cosmopolite déjà avant 1914, mais, avec son article Au-dessus de la mêlée de septembre 1914, il passe pour l’intellectuelphare du pacifisme européen. Avec l’attribution du prix Nobel (1916), il en devint, au déplaisir de la France officielle, pratiquement une institution inattaquable. Sa situation en Suisse neutre en fit un personnage médiateur, une plaque tournante bien informée des intellectuels. Au réseau déjà existant se joignit une nébuleuse de jeunes expatriés étrangers fuyant la guerre (déserteurs, objecteurs de conscience, anarchistes, etc.) qui virent en lui une espèce de gourou, comme auparavant en Lev Tolstoj. Cette nébuleuse (autour de la revue Europe, 1923) marqua l’histoire intellectuelle de l’entre-deux-guerres. Durant cette période, il se consacra à la lutte contre les fascismes italien et puis allemand. Bien qu’il sût se méfier des bolcheviks en 1918, son engagement de ‘compagnon de route’ du communisme le rendit aveugle à la montée du stalinisme, une influence dont il se rendit dépendant grâce à sa jeune seconde épouse, Marija Kudaševa, d’origine soviétique qui le tint quasiment en otage. La Seconde Guerre mondiale fut pour lui une double catastrophe : ayant confié son espoir en l’URSS comme antagoniste des fascismes, il fut trahi par le pacte germano-soviétique de 1939 qui renversa les alliances et fit de la Wehrmacht en France une force protectrice des communistes français – une alliance contre nature de brève durée. L’effondrement de la France, finalement, il le vécut à Vézelay où il s’était réfugié – un refuge où l’occupation le surprit, et qui finit par l’isoler. Rolland s’étant retiré de la vie publique y hiberna en tenant un profil bas, ce qui le servit lors de la libération lorsqu’il fut redécouvert par le PCF (Parti Communiste Français) et levé sur leur bouclier comme résistant. De pacifiste Rolland est passé, malgré lui, apprenti sorcier du communisme. Zbigniew Naliwajek Vouloir comprendre l’autre : Romain Rolland et la Pologne Cet article s’appuie sur deux exemples, la musique de Frédéric Chopin et le théâtre de Stanisław Wyspiański, qui représentent non seulement la culture polonaise dans sa richesse et sa diversité, mais aussi l’âme humaine en général, sans distinction de races ou de frontières, et tente d’expliquer pour quelles raisons Romain Rolland n’a pu accepter ni l’un, ni l’autre. Peut-on tout aimer et tout comprendre ? Sans doute pas. Dans le cas de Chopin, la formule célèbre de Catulle, odi et amo, aide à comprendre le choix intransigeant de Rolland pour qui la musique et la personnalité de
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Beethoven constituaient le pivot central de l’esthétique choisie. Quant à Wyspiański, même s’il peut paraître étonnant que l’auteur de Liluli et de La Révolte des machines n’ait pas été en mesure de partager l’enthousiasme de ceux qui, comme Jean de Saint-Prix, voyaient dans Les Noces un chef-d’œuvre, il est sage d’accepter le choix de Rolland dont la pensée est toujours un exemple à suivre et à méditer. Danielle Risterucci-Roudnicky Romain Rolland, un grand auteur de RDA. Transfert – Traduction – Canonisation Dans la mesure où tout transfert littéraire repose sur une sélection, prélude à une transformation, au service d’une ‘fonctionnalisation’ dans le champ d’accueil, on envisage ici la réception de l’auteur Romain Rolland sous l’angle de son identité allemande. Comme son œuvre est traduite et éditée en Allemagne sur plusieurs décennies, la fonction de l’auteur français a évolué au gré des aléas de l’histoire franco-allemande, notamment au moment de la bipartition de l’Allemagne. Ainsi la réception de Romain Rolland en RDA présente-t-elle des traits surdéterminés qui en font un exemple représentatif d’identité interculturelle. En s’appuyant sur une bibliographie informatisée des œuvres littéraires françaises éditées en RDA – Nausikaa, dont les principes sont exposés dans un premier temps –, il s’agira d’analyser les modalités de ‘canonisation’ d’un auteur pris comme caution étrangère des valeurs défendues par ‘l’autre Allemagne’, celle qui, en tentant de dépasser les contradictions de l’homme et de l’œuvre, en fit un des leurs à part entière. Manfred Schmeling La critique de « la bonté des hommes ». Romain Rolland dans l’œuvre d’Yvan Goll Dans un commentaire concernant une œuvre d’Yvan Goll, on peut lire que l’auteur retrace dans ses romans le petit pas qui sépare le vertige collectif des années 1920 de la grande dépression.1 Les états d’esprit décrits dans cette phrase peuvent également s’appliquer aux propos de Goll sur Romain Rolland et ses disciples internationaux, dépeints d’une façon critique et satirique dans A bas l’Europe (1928, allemand : Der Mitropäer). Cette contribution s’interroge sur les formes fictionnelles et les nouvelles conditions historiques qui ont permis une réflexion critique sur le code de valeurs de Rolland, entre autres sur des thèmes tels que la bonté humaine, la fraternité, le pacifisme, l’unité de l’Europe etc. Dans sa période expressionniste, Goll adhère, comme beaucoup d’autres auteurs d’avant-garde, au messianisme de Rolland. Plus tard, il se détournera nettement de tels idéaux en raison de son sort personnel en tant que Franco-Allemand d’origine juive. Outre les références explicites à Rolland dans l’œuvre de Goll, la comparaison des deux auteurs s’avère opportune car 1
Cf. Lerch, Gisela : texte publicitaire sur Der Mitropäer, ds. : Goll, Yvan : Die Eurokokke, Berlin : Argon Verlag, 1988, s. p.
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il existe des parallèles intellectuels significatifs entre Goll et l’œuvre de Rolland, notamment pendant la Première Guerre mondiale. Cette parenté intellectuelle n’a pas encore été étudiée à ce jour. Hans T. Siepe L’Allemagne, les Allemands et les Juifs dans le Journal de Vézelay 1938–1944 de Romain Rolland Cette contribution retrace, dans une première partie, l’évolution d’une image ambivalente de l’Allemagne chez Romain Rolland, marquée par son expérience personnelle pendant l’occupation allemande en France. La seconde partie se consacre à la position toute aussi ambiguë que Rolland entretenait vis-à-vis des Juifs persécutés pour lesquels il s’engagea, mais à l’égard desquels il exprima aussi une certaine antipathie. Cette attitude souleva très tôt la question de l’antisémitisme de l’auteur. Ces différentes approches de Romain Rolland, qui se contredisent pour certaines, permettent également de questionner son rôle de ‘penseur transculturel’ pendant la Seconde Guerre mondiale. Christiane Solte-Gresser Engagement pacifiste entre texte et image : Romain Rolland et Frans Masereel Le roman Pierre et Luce de Romain Rolland est un exemple remarquable d’engagement pacifiste et artistique. Il relate l’histoire d’amour d’un jeune couple que la Première Guerre mondiale réunit et sépare aussitôt, en l’accompagnant d’une série de 16 gravures sur bois de Frans Masereel. La présente contribution s’intéresse précisément aux deux dimensions de ce roman illustré, à savoir le texte et l’image, qu’elle met en relation. Une telle étude intermédiale poursuit la question de savoir comment le pacifisme des deux auteurs s’exprime aussi bien au niveau thématique que sur le plan de la structure et du style. Le constat d’un croisement des médias au sein du roman constitue le point de départ de l’analyse. En effet, l’art joue un rôle primordial en tant que thème dans le récit, mais aussi au niveau de la structure du texte, où la narration a recours à des procédés très visuels. Inversement, les livres et la lecture constituent un motif récurrent dans les gravures de Masereel, des illustrations que le graphiste conçoit par ailleurs de façon inhabituellement narrative. Après un bref aperçu sur les rapports qui unissent les deux artistes, l’article expose différents niveaux de la relation texte-images : premièrement, la structure générale du récit en comparaison avec celle de la série d’illustrations ; deuxièmement, les interactions texte-image ; troisièmement, le texte et les illustrations par rapport aux autres œuvres des traditions esthétiques respectives ; et enfin, en guise d’ouverture finale, le texte illustré, vu cette fois-ci dans le contexte de l’ensemble de l’œuvre de Rolland et Masereel.
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Cette démarche permettra de montrer comment le récit et les gravures sur bois entreprennent ensemble une réflexion critique sur la Première Guerre mondiale et formulent, avec des moyens artistiques, un message clairement politique. Gwenaële Vincent-Böhmer Romans de l’Europe : Jean-Christophe de Romain Rolland et Das Erbe am Rhein de René Schickele ou vie et mort d’un idéal ? Notre travail se veut une contribution à l’étude de l’idée d’Europe en littérature avant l’‘Europe’ telle que nous la connaissons aujourd’hui. Comment l’Europe fut-elle représentée, appelée, défendue ou mise à mal en littérature ? Pour répondre à cette question, deux acteurs de premier plan : Romain Rolland et l’Alsacien de langue allemande René Schickele. Ecrivains engagés pour la réconciliation franco-allemande, pour la paix et la construction de l’Europe, ils ont payé cher leurs convictions qui les ont exposés à l’incompréhension, à l’opprobre et à l’infamie. Ils ont partagé un destin d’exilé, se sont connus personnellement et ont appartenu au cercle des écrivains combattant sans relâche, dans les années 1920–1930, aux côtés de Stefan Zweig, Thomas Mann, Hermann Hesse, pour un idéal humaniste. Or, tous deux sont auteurs d’une vaste fresque européenne : Jean-Christophe (1903–1912) pour Romain Rolland et Das Erbe am Rhein (1926–1931) pour René Schickele. Que leur apportait le roman, domaine de la fiction ? L’Europe s’écritelle différemment avant et après la Première Guerre mondiale ? Quels rapports d’intertextualité existent-ils entre les deux romans ? Le cycle romanesque de Schickele estil un prolongement, un dépassement ou un achèvement de Jean-Christophe ? Fedora Wesseler Idéalisme sublime ou délire sacrificiel ? Le personnage d’Adam Lux chez Stefan Zweig (Adam Lux) et Romain Rolland (Le Triomphe de la Raison) Le personnage du révolutionnaire allemand Adam Lux, député de la république de Mayence qui périt sur l’échafaud à Paris en 1793, a inspiré de nombreuses adaptations littéraires. Celles de Stefan Zweig et de Romain Rolland sont particulièrement intéressantes par la manière tout à fait différente dont les deux auteurs – pourtant liés par leur amitié et par leurs idées souvent très proches – traitent ce même personnage. Le drame de Romain Rolland Le Triomphe de la Raison fut représenté pour la première fois à Paris en 1899 ; en 1926, Stefan Zweig entama l’écriture d’un drame intitulé Adam Lux. Zehn Bilder aus dem Leben eines deutschen Revolutionärs dont seul le premier tableau parut du vivant de l’auteur. Alors que Zweig suit assez fidèlement les documents historiques, Rolland – historien minutieux qui, dans ses drames, justifie d’habitude toute modification par des explications fournies
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dans la préface ou dans l’annexe – s’écarte consciemment des faits historiques et dessine un personnage dont l’exaltation délirante finit par le pousser à se donner la mort inutilement. Ce caractère contraste avec le calme impassible du héros de Zweig qui, en se sacrifiant, semble donner un sens à sa vie. Une comparaison des deux drames permettra de dégager les différentes positions des deux auteurs vis-àvis de l’idéalisme. Blaise Wilfert-Portal Un ‘grand cosmopolite’ ? Romain Rolland et l’Italie ou les contradictions d’un inter-nationaliste Dans cet article, il s’agit d’interroger le ‘cosmopolitisme’ et l’‘internationalisme’ de Romain Rolland à partir de ses sociabilités internationales d’avant 1914, et plus précisément ses rapports avec le monde italien, de ses premiers séjours dans le cadre de l’Ecole française de Rome à sa contribution à l’institutionnalisation de l’Institut Français de Florence. En appliquant les méthodes de la socio-histoire critique, il est possible en effet de restituer une part des enjeux liés aux voyages, aux lectures et aux réseaux italiens de Romain Rolland, et de montrer que malgré sa réputation de cosmopolite, ces contacts n’ont impliqué aucun réel apprentissage des réalités italiennes ni aucune ‘bonne volonté culturelle’. Le voyage, la sociabilité internationale, l’immersion dans les milieux élégants du ‘cosmopolitisme’ cultivé ne déterminaient donc nullement de manière nécessaire une vocation transculturelle, et pouvaient même avoir un effet inverse de renforcement des certitudes et d’assèchement des curiosités. Dans une large mesure, et c’est vrai aussi pour le futur ermite de Vézelay, les circulations internationales, le discours sur l’étranger, les réseaux internationaux nourrissaient la capacité des hommes de lettres à se dire et à se faire spécialistes du national, à se poser en prophètes de la nation. Romain Rolland ne cessa de théoriser et de donner crédit aux ‘identités nationales’, quel qu’ait été son ‘cosmopolitisme’.
AUTORENVERZEICHNIS BERNARD DUCHATELET Professeur émérite de l’Université de Bretagne occidentale, il a surtout fait porter ses travaux sur Romain Rolland. Il a publié sur lui de nombreux articles, écrit une biographie, Romain Rolland tel qu’en lui-même (Paris 2002), et édité plusieurs correspondances – particulièrement Romain Rolland et les écrivains de la NRF (Paris 1989) ; Claudel–Rolland : « Une amitié perdue et retrouvée », avec Gérald Antoine (Paris 2005) – et des pages du Journal Voyage à Moscou (juin–juillet 1935) (Paris 1992). Il s’est aussi intéressé à Roger Martin du Gard, publiant sur lui plusieurs articles et éditant les trois derniers volumes (8, 9, 10) de sa Correspondance générale (Paris 1997–2006). SUSANN GUNDERMANN-LINK 1981–1983 Studium der Romanistik und Germanistik an der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg. 1983–1991 Studium der Romanistik an der Université Paris VIII mit Magisterabschluß und DEA. 1983–1994 Angestellte der Chancellerie des Universités de Paris, deutsch-französische Assistentin von Marie Romain Rolland, Betreuung des kulturellen Erbes Romain Rollands, Mitarbeiterin der Bibliothèque Nationale für den Nachlass Romain Rollands und der Bibliothèque littéraire Jacques Doucet, Paris. 1991–1994 Promotion an der Université Paris VII über „Romain Rolland et Stefan Zweig, L’Europe en conscience“. 2004–2009 Lehrtätigkeit an der Julius-Maximilians-Universität und der Fachhochschule Würzburg, Interkulturelle Seminare im Kolping-Bildungszentrum, Beauftragte für Städtepartnerschaften „Würzburg International“. Seit 2006 Generalsekretärin der Gesellschaft der Freunde Romain Rolland in Deutschland e. V. in München, zahlreiche Vorträge in Frankreich und Deutschland über Romain Rolland und seine Freundschaft mit Stefan Zweig und Hermann Hesse. Seit 2009 Lehrbeauftragte und Studiengangsassistentin an der Hochschule München. (Mit-)Veröffentlichungen u. a.: Romain Rolland und Hermann Hesse –Weggefährten im Krieg, in: Seybert, Gislinde/Stauder, Thomas (Hg.): Heroisches Elend. Der Erste Weltkrieg im intellektuellen, literarischen und bildnerischen Gedächtnis der europäischen Kulturen, Frankfurt/M. [u. a.] 2014, S 573–588; Bulletin de L’Association des Amis du Fonds Romain Rolland; Einstein, Albert: Œuvres choisies, Bd. 4: Correspondances françaises, Paris 1989; Rolland, Romain: Une œuvre de paix: actes du colloque de Vézelay, Paris 2008.
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MARINA ORTRUD M. HERTRAMPF Studium der Romanistik, Anglistik und Germanistik in Regensburg und Pau (Frankreich). Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ENS Lyon (Frankreich). Aktuell akadem. Rätin a. Zt. für französische und spanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg. Dissertation zum Verhältnis von Fotografie und Literatur in der französischen Gegenwartsliteratur. Habilitation zu den Raumdimensionen im spanischen Fronleichnamsspiel (auto sacramental). Forschungsinteressen: Intermedialität (Literatur und Fotografie, Comic), Gegenwartsliteratur/Postmoderne Literatur (Schwerpunkt Narrativik), Fremdwahrnehmung und Kulturtransfer, Postkolonialismus, Franko- und Hispanophonie, RomaLiteraturen, Raumtheorien, Literatur des Ersten Weltkrieges, Religiöse Literatur. Wichtige Publikationen: Photographie und Roman. Analyse – Form – Funktion. Intermedialität im Spannungsfeld von nouveau roman und postmoderner Ästhetik im Werk von Patrick Deville, Bielefeld 2011. Mit-Hg.: Grenzerfahrungen: RomaLiteraturen in der Romania, Berlin 2011. Mit-Hg.: Die (Neu-)Vermessung romantischer Räume. Raumkonzepte der französischen Romantik vor dem Hintergrund des spatial turn, Berlin 2013. Mitherausgeberin der Reihe „Forum Junge Romanistik“ bei der Akademischen Verlagsgemeinschaft München. STEPHANIE KLAUK Studium der Musikwissenschaft, der Spanischen Philologie und der Vor- und Frühgeschichte an der Universität des Saarlandes und der Universidad de Sevilla (Erasmus). 2004 Magisterabschluss mit einer Arbeit über Juan Bermudos Declaración de instrumentos musicales (1555). 2006 Stipendiatin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). 2008 Promotion im Fach Musikwissenschaft an der Universität des Saarlandes mit einer Arbeit zum Thema „Musik im spanischen Theater des 16. Jahrhunderts“. 2006–2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft der Universität des Saarlandes. 2012–2015 Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Musikgeschichtlichen Abteilung des Deutschen Historischen Instituts in Rom mit einem Forschungsprojekt zur italienischen Instrumentalmusik in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Seit 2015 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft der Universität des Saarlandes. 2015‒2016 Forschungsstipendiatin der Max Weber Stiftung. Veröffentlichungen u. a.: Dos cuartetos de Joseph Haydn para el Duque de Alba, in: Anuario Musical 66 (2011), S. 159–164; Musik im spanischen Theater des 16. Jahrhunderts, Sinzig 2012 (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft 15); Fausto Torrefranca und seine Schriften zur Entstehung des Streichquartetts. Rezeption und Perspektiven der Forschung, in: Klauk, Stephanie/Aversano, Luca/Kleinertz, Rainer (Hg.): Musik und Musikwissenschaft im Umfeld des Faschismus. Deutsch-italienische Perspektiven/Musica e musicologia all’epoca del fascismo.
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Prospettive italo-tedesche, Sinzig 2015 (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft 19), S. 45‒62. RAINER KLEINERTZ Studium der Musik an der Hochschule für Musik Detmold sowie der Fächer Musikwissenschaft, ältere deutsche Literaturwissenschaft und italienische Literaturwissenschaft an der Universität Paderborn. 1992 Promotion in Paderborn. 1992– 1994 Gastprofessor (Profesor visitante) an der Universität Salamanca. 1994–2006 Wissenschaftlicher Assistent, 1998 Habilitation und apl. Professor an der Universität Regensburg. 1999–2002 Vertretung des Lehrstuhls in Regensburg und von 2000–2001 Visiting Fellow an der Faculty of Music der Universität Oxford. Seit 2006 Ordinarius für Musikwissenschaft an der Universität des Saarlandes. Forschungsschwerpunkte: Werke und Schriften von Franz Liszt, Richard Wagner und Georg Friedrich Händel sowie das Musiktheater des 18. Jahrhunderts in Spanien. Seit 2014 gemeinsam mit Meinard Müller (Informatik, Erlangen) Leitung eines DFG-Projekts zur computergestützten Analyse harmonischer Strukturen. Veröffentlichungen u. a.: Liszt, Franz: Sämtliche Schriften, Bd. 4: Lohengrin und Tannhäuser von Richard Wagner, Wiesbaden [u. a.] 1989; Liszt, Franz: Sämtliche Schriften, Bd. 1: Frühe Schriften, Wiesbaden 2000; Grundzüge des spanischen Musiktheaters im 18. Jahrhundert – Comedia, Opera und Zarzuela, 2 Bde., Kassel 2003. CLEMENS KLÜNEMANN Studium der Romanistik, Germanistik, klassischen Philologie und katholischen Theologie an den Universitäten Münster, Louvain-La Neuve und Toulouse. Erstes (1990) und Zweites (1993) Staatsexamen in Münster; Prämierung eines Essays zum Thema Schaffen neue Namen neue Verhältnisse? (Preisfrage des Jahres 1991) durch die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung; DAAD-Lektorat an der Université de Saint-Etienne (1993–1997); Promotion an der Université de Toulouse-Le Mirail (1999)/UER Lettres Modernes (Littérature comparée) mit einer Dissertation über Romain Rolland und Thomas Mann; Tätigkeit im gymnasialen Schuldienst in Öhringen/Baden-Württemberg. Seit April 2016 Honorarprofessor am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Veröffentlichungen u. a.: La Conscience intellectuelle et la construction littéraire de l’individu dans les écrits de Romain Rolland et de Thomas Mann au moment de la Première Guerre mondiale, Villeneuve d’Ascq 2001; Die Geburt der Gewaltenteilung aus dem Chaos im Serail – Vor 250 Jahren starb Montesquieu, der nicht nur staatsphilosophische Abhandlungen schrieb, in: Zeitschrift für Französische Sprache und Literatur 115/3 (2005), S. 227–235; Paris und Rom als Erinnerungsraum – Spiegelungen einer doppelten Erbschaft auf Spaziergängen durch zwei Hauptstädte, in: Dannecker, Wiebke/Thielking, Sigrid (Hg.): Öffentliche Didaktik
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und Kulturvermittlung, Bielefeld 2012 (Hannoversche Beiträge zur Kulturvermittlung und Didaktik 2), S. 219–240; Entre le „chancelier de fer“ et la „Grande Nation“ – Aspects d’une imagologie franco-allemande, in: Defrance, Corine/Pfeil, Ulrich (Hg.): La France, l’Allemagne et le traité de l’Elysée, Paris 2012, S. 415– 441; „Eine grausame Erinnerung“ – Siebzig Jahre nach den großen Judenrazzien von Paris diskutiert Frankreich über die Rolle der katholischen Kirche in der NSZeit, in: Die Zeit, 19.07.2012; Rom – Stadt ohne Ursprung. Die Erfindung einer römischen Identität, Darmstadt 2013 (deutsche Übersetzung des Werkes von Dupont, Florence: Rome, la ville sans origine, Paris 2011); Vichy war kein Betriebsunfall, in: Die Zeit 50 (04.12.2014), S. 20; Vichy, die Collaboration und der Faschismus, in: Quo vadis, Romania? Themenheft: Formen gesellschaftlicher Aufarbeitung des Faschismus in der Romania, Wien: 2016 (im Druck). ANNETTE LENSING Interdisziplinäres Studium der deutschen Literatur- und Geschichtswissenschaft am Lycée Henri IV in Paris. Studium der Deutschen Geschichte an der Ecole Normale Supérieure de Lyon. Fremdsprachenassistentin für Französisch in Halle/Saale und Bestehen des Master 1 mit einer Arbeit über das Hallesche Berufskabarett „Die Kiebitzensteiner“ (2007). Agrégation (französische staatliche Lehrerprüfung) in Deutsch (2009). Lehrtätigkeit am Lehrstuhl von Prof. Rainer Hudemann an der Universität des Saarlandes und wissenschaftliche Hilfskraft am Frankreichzentrum der Universität des Saarlandes (2010–2012). Masterdiplom über die Friedenspolitik der Grünen (1998–2002) an der Ecole Normale Supérieure de Lyon (2011). Seit 2012 Promotion in Deutscher Geschichte zur Biographie August Haußleiters (1905– 1989) an der Universität Lothringen unter Betreuung von Prof. Reiner Marcowitz in cotutelle mit Prof. Uwe Puschner an der Freien Universität Berlin. Seit September 2015 Attachée Temporaire d’Enseignement et de Recherche (ATER) an der Universität Caen. Veröffentlichungen: Les défis de l’institutionnalisation des Grünen: entre politique et symbolique, in: Allemagne d’aujourd’hui 202, Oktober–Dezember 2012, S. 58–67. MARTINE LIEGEOIS Martine Liégeois est présidente de l’Association Romain Rolland et directrice de la publication Cahiers de Brèves – Etudes Romain Rolland qu’elle a créée en 1999. Tous les quatre ans, depuis 2004, l’association organise des Journées Internationales Romain Rolland qui donnent lieu à l’édition d’actes. Jusqu’en 2006, Martine Liégeois était Chef du département Culture et Communication de SVP. Une liste des Cahiers de Brèves déjà parus est consultable sur : http://www. association-romainrolland.org/cahiers.htm.
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HANS-JÜRGEN LÜSEBRINK Studium der Romanistik und der Geschichtswissenschaft in Mainz, Tours und Paris; 1981 Promotion an der Universität Bayreuth in Romanischer Philologie; 1984 Promotion im Fach Geschichtswissenschaft an der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales (EHESS) in Paris; 1987 Habilitation in Romanischer Philologie an der Universität Bayreuth. Inhaber des Lehrstuhls für Romanische Kulturwissenschaft und Interkulturelle Kommunikation an der Universität Saarbrücken. Gastprofessuren u. a. an der Universität Laval (Québec), der EHESS (Paris), der ENS (Paris), der EPHE (Paris), der Northwestern University (Evanston) und der University of California at Los Angeles (UCLA). 2001 Diefenbaker-Preisträger des Conseil des Arts du Canada, 2005 Ernennung zum Officier dans l’Ordre des Palmes Académiques. Mit York-Gothart Mix (Marburg) und Christophe Charle (Paris) Leiter des binationalen ANR-DFG-Forschungsprojekts „Die Transkulturalität nationaler Räume. Prozesse, Vermittler- und Übersetzerfiguren sowie soziokulturelle Wirkungen des literarischen Kulturtransfers in Europa (1750–1900)“ (2012–2015). Stellvertretender Sprecher des Internationalen Graduiertenkollegs GRK 1864, „Diversity. Mediating Difference in Transcultural Spaces“ der Universitäten Montréal, Trier und Saarbrücken (DFG/Conseil de Recherche en Sciences Humaines du Canada, 2013– 2017). Forschungsschwerpunkte: Europäisch-außereuropäische Literatur- und Kulturbeziehungen 18.–20. Jahrhundert; Kulturtransfer Deutschland–Frankreich; frankophone Literaturen und Kulturen außerhalb Europas mit Schwerpunkt Afrika und Québec; Theorie der Interkulturellen Kommunikation mit Schwerpunkt Kulturtransfer. Veröffentlichungen u. a.: Einführung in die Landeskunde Frankreichs. Wirtschaft – Gesellschaft – Staat – Kultur – Mentalitäten, Stuttgart 2000, 22003; Interkulturelle Kommunikation. Interaktion – Kulturtransfer – Fremdwahrnehmung, Stuttgart, Weimar 2005, erw. Neuaufl. 2008, 32012; Französische Kultur- und Medienwissenschaft: eine Einführung, Tübingen 2004 (Mitautor). Hg.: Die französische Kultur – interdisziplinäre Annäherungen, St. Ingbert 1999; Das Europa der Aufklärung und die außereuropäische koloniale Welt, Göttingen 2006; Mithg.: Vies en récit. Formes littéraires et médiatiques de la biographie et de l’autobiographie, Québec 2007; Am Wendepunkt. Deutschland und Frankreich um 1945 – zur Dynamik eines ‚transnationalen‘ kulturellen Feldes, Bielefeld 2008; Städtischer Raum im Wandel. Modernität – Mobilität – Repräsentationen/Espaces urbains en mutation. Modernités – mobilités – représentations, Berlin 2011; Zwischen Transfer und Vergleich. Theorien und Methoden der Literaturund Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive, Wiesbaden 2013; La Romanistique allemande. Un creuset transculturel, Paris 2014 (Revue Germanique Internationale 19); Jesuit Accounts of the Colonial Americas. Intercultural Transfers, Intellectual Disputes, and Textualities, Toronto 2014.
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ROLAND MARTI Studium der Slavistik, Germanistik und Islamwissenschaft in Basel und Moskau. 1980 Promotion an der Universität Basel in Slavischer Philologie. 1987 Habilitation in Basel. 1988 Professur an der Universität Bamberg, seit 1989 Inhaber des Lehrstuhls für Slavische Philologie an der Universität des Saarlandes, 1998–2000 Dekan der Philosophischen Fakultät und 2012–2014 der Philosophischen Fakultät II. Forschungsschwerpunkte: Historisch-vergleichende slavische Sprachwissenschaft und älteres slavisches Schrifttum; Sprachsoziologie; Sorabistik. Veröffentlichungen u. a.: Studien zur Sprache der russischen Pčela: die finiten Verbalformen, Bern [u. a.] 1981; Handschrift – Text – Textgruppe – Literatur. Untersuchungen zur inneren Gliederung der frühen Literatur aus dem ostslavischen Sprachbereich in den Handschriften des 11. bis 14. Jahrhunderts, Wiesbaden 1989; Probleme europäischer Kleinsprachen. Sorbisch und Bündnerromanisch, München 1990; ó w dolnoserbšćinje – ó in Lower Sorbian –ó im Niedersorbischen, Saarbrücken 2007. Hg.: Sprachenpolitik in Grenzregionen/Politique linguistique dans les régions frontalières/Language Policy in Border Regions/Polityka językowa na pograniczach, Saarbrücken 1996; Europa. Traditionen – Werte – Perspektiven. Beiträge zu einer Ringvorlesung an der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes im Sommersemester 1999, St. Ingbert 2000. Mithg.: Kosyk, Mato: Spise. Cełkowny wudawk, 8 Bde., Budyšyn 2000–2012; Jouer selon les règles du jeu/Playing by the Rules of the Game/Spielen nach den Spielregeln, Münster [u. a.] 2008; Russian Emigré Culture: Conservatism or Evolution?, Newcastle upon Tyne 2013. JEAN-PIERRE MEYLAN Jean-Pierre Meylan a fait des études de littérature comparée à Bâle, Londres, Paris et Genève. Il est l’auteur d’une thèse sur La Revue de Genève, miroir des lettres européennes (Genève, Droz, 1969). Après avoir été maître de conférences de l’Université de Saint-Gall, il se consacra au niveau politique aux réformes et au développement des études universitaires en Suisse, et renoua par la suite avec ses recherches sur les intellectuels étrangers expatriés à Genève et à Zurich pendant la Première Guerre mondiale, dont notamment Romain Rolland. Il est membre du Groupe de Recherches sur l’Histoire Intellectuelle Contemporaine (GRHIC) des universités de la Suisse romande et membre correspondant pour la Suisse de l’Association Romain Rolland. Il est bilingue et réside à Bâle sur la frontière avec l’Alsace et le BadeWurtemberg. Jean-Pierre Meylan a publié de nombreux travaux sur Romain Rolland. Pour la bibliographie, voir le site www.jpmeylan.ch.
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ZBIGNIEW NALIWAJEK Zbigniew Naliwajek, professeur émérite de littérature française et comparée à l’Institut d’Etudes romanes à l’Université de Varsovie. Thèses sur la fortune polonaise de Romain Rolland et sur l’art romanesque d’Alain-Fournier. Travaux sur Gérard de Nerval, Paul Verlaine, Arthur Rimbaud, Stéphane Mallarmé, Guillaume Apollinaire, Blaise Cendrars, Frédéric Chopin… Direction de thèses et d’ouvrages collectifs, organisation de colloques et d’expositions (Romain Rolland, Victor Hugo, Gérard de Nerval), participation à des colloques en Pologne, en France, en Inde, en Allemagne, cours et conférences à Padoue, New Delhi, Sarrebruck, Bonn, Lyon, Nancy. Maître de conférences à l’Université de Corse Pascal Paoli, professeur à l’Université de Łódź, professeur invité à Paris IV et à Montpellier III. Membre de l’Association des Amis de Jacques Rivière et d’Alain-Fournier (AJRAF), de la Société d’Histoire littéraire de la France (SHLF), de la Société d’Etudes romantiques et dix-neuviémistes (SERD). Traducteur d’Apollinaire (L’Enchanteur pourrissant). Publications récentes (sélection) : Relire Morice, pour Mallarmé, seul, ds : Blaise, Marie (dir.) : Réévaluations du Romantisme. Mutations des idées de littérature – 1, Montpellier 2014, p. 231–237 ; Guillaume Apollinaire, Gérard de Nerval, Edgar Quinet. Sur l’imagination et l’érudition, le mystère et l’obscurité dans la poésie, ds. : Ernst, Anja/Geyer, Paul (dir.) : La Place d’Apollinaire, Paris 2014, p. 99– 110 ; Apollinaire en Pologne I (1909–1939), ds. : Kroker, Wiesław (dir.) : Apollinaire à travers l’Europe, Warszawa 2015, p. 136–147 ; De l’Allemagne de Madame de Staël et ses traductions polonaises, ds. : Deutschlandbilder aus Coppet : Zweihundert Jahre De l’Allemagne von Madame de Staël/Des images d’Allemagne venues de Coppet : De l’Allemagne de Madame de Staël fête son bicentenaire, Ernst, Anja/Geyer, Paul (dir.) : Hildesheim [etc.] 2015, p. 389–399. DANIELLE RISTERUCCI-ROUDNICKY Danielle Risterucci-Roudnicky est docteur en littérature comparée. Maître de conférences honoraire, elle a enseigné à l’Université d’Orléans de 1999 à 2012. Ses recherches, dans le prolongement de sa thèse de doctorat soutenue à Paris IV en 1996 – France-RDA : Anatomie d’un transfert littéraire (1949–1990) –, parue chez Peter Lang en 1999, portent sur les transferts littéraires et culturels, ainsi que sur la traduction littéraire. Elle a donné de nombreuses conférences à l’étranger sur la traduction littéraire, notamment au Brésil en 2008 et au Mexique en 2012. Parmi ses publications : Introduction à l’analyse des œuvres traduites, Paris 2008 ; Nausikaa. La réception de la littérature française en RDA (1945–1990). Une bibliographie de transfert, livre et CD, Paris 2010. Elle a également traduit Erika Mann (chez Grasset en 2011), Sándor Márai et Franz Hessel (à paraître chez Albin Michel).
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MANFRED SCHMELING Studium der Romanistik und Germanistik in Braunschweig, Caen, Paris und Saarbrücken, Erstes Staatsexamen, Promotion und Habilitation. 1991 bis zur Emeritierung 2009 Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes. 1996–2008 im Vorstand des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes, z. T. als Leiter. 1996–2003 Mitglied im Graduiertenkolleg „Interkulturelle Kommunikation in kulturwissenschaftlicher Perspektive“. 2006: Gastprofessor an der Université de la Sorbonne Nouvelle, Paris III, Département de Littérature Générale et Comparée. 2007–2010 Präsident der AILC/ICLA (Association Internationale de Littérature Comparée/International Comparative Literature Association). 2001 Chevalier dans l’Ordre des Palmes Académiques; 2004 Officier dans l’Ordre National du Mérite. Forschungsschwerpunkte: Literaturgeschichte und Poetik des 20. Jahrhunderts, Narratologie, Theorie der vergleichenden Literaturwissenschaft, deutsch‐französische Kultur- und Literaturbeziehungen, literarische Fremdhermeneutik, literarische Übersetzung und Text‐Bild‐Beziehungen. Veröffentlichungen u. a.: Métathéâtre et intertexte. Aspects du théâtre dans le théâtre, Paris 1982; Der labyrinthische Diskurs. Vom Mythos zum Erzählmodell, Frankfurt/M. 1987. Hg.: Weltliteratur heute – Konzepte und Perspektiven, Würzburg 1995. Mithg.: Heinrich et Thomas Mann – Européens. Themenband der Pariser Zeitschrift Revue de Littérature Comparée 4 (1998); Das visuelle Gedächtnis der Literatur, Würzburg 1999; Literatur im Zeitalter der Globalisierung, Würzburg 2000; Littérature – Modernité – Réflexivité, Paris 2002; Multilinguale Literatur im 20. Jahrhundert, Würzburg 2002; Unheimliche Ähnlichkeiten. Gesellschaft und Identität in Frankreich und Deutschland, Opladen 2002; Sprache und Identität in frankophonen Kulturen, Opladen 2003; Universitäten in europäischen Grenzräumen. Konzepte und Praxisfelder, Bielefeld 2005; Die Zeitschrift – Medium der Moderne. Deutschland und Frankreich im Vergleich, Bielefeld 2006; Die ‚Nation‘ auf dem Prüfstand/La ‚Nation‘ en question/Questioning the ‚Nation‘, Berlin 2009; Poetiken. Autoren – Texte – Begriffe, Berlin 2009, 22011; From Ritual to Romance and Beyond. Comparative Literature and Comparative Religious Studies, Würzburg 2011. Hg. der Reihe Vice Versa. Deutsch-französische Kulturstudien des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes und Mitherausgeber der Reihe Saarbrücker Beiträge zur Vergleichenden Literatur- und Kulturwissenschaft. HANS T. SIEPE Studium der Romanistik und Germanistik in Köln und Aix-en-Provence, Staatsexamen, Promotion 1976, Habilitation 1983, Professor für Romanistik und Literaturwissenschaft an den Universitäten Duisburg (1984–1996), Mainz (1996–2001) und Düsseldorf (2001–2012).
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Veröffentlichungen u. a.: Der Leser des Surrealismus. Untersuchungen zur Kommunikationsästhetik, Stuttgart 1977; Abenteuer und Geheimnis. Strukturen und Mythen des Populärromans, Frankfurt/M. [u. a.] 1989. (Mit-)Herausgeber u. a.: Grenzgänge. Kulturelle Begegnungen zwischen Deutschland und Frankreich, Essen 1988; André Gide et l’Allemagne, Düsseldorf 1992; Baudelaire und Deutschland – Deutschland und Baudelaire, Tübingen 2005; Surréalisme et politique – politique du Surréalisme, Amsterdam [u. a.] 2007. CHRISTIANE SOLTE-GRESSER 1987–1990 Ausbildung zur Buchhändlerin, 1990–1996 Studium der Germanistik und Romanistik in Bremen und Paris. 1997–2000 Wissenschaftliche Mitarbeiterin für französische Literaturwissenschaft an der Universität Bremen, 1999 dort Promotion. 2001–2008 Wissenschaftliche Assistentin für Germanistik und Romanistik an der Universität Bremen; 2007 dort Habilitation, Venia Legendi: Vergleichende Literaturwissenschaft (Romanistik und Germanistik). 2008 Gastprofessorin am Département d’Allemand der Université de Provence, Aix–Marseille I. 2008–2009 Vertretungsprofessorin für französische und italienische Literatur an der GoetheUniversität Frankfurt/Main. Seit 2009 Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität des Saarlandes. Seit 2015 Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs „Europäische Traumkulturen“ (GRK 2021). Forschungsschwerpunkte: Französische, italienische und deutschsprachige Literatur der Klassischen Moderne, Literaturtheorien und Methoden (Narratologie, Intertextualität, Psychoanalytische Literaturtheorie, gender studies), Beziehungen zwischen Literatur und Philosophie, Theorie und Geschichte des Subjekts, Textund-Bild-Relationen, Literatur des siècle classique. Publikationen u. a.: Leben im Dialog. Wege der Selbstvergewisserung in den Briefen von Marie de Sévigné und Isabelle de Charrière, Königstein/Ts. 2000; Spielräume des Alltags. Literarische Gestaltung von Alltäglichkeit in deutscher, französischer und italienischer Erzählprosa 1929–1949, Würzburg 2010. (Mit-)Hg.: Ecritures. Denk- und Schreibweisen jenseits der Grenzen von Literatur und Philosophie, Tübingen 2004; Von der Wirklichkeit zur Wissenschaft. Aktuelle Forschungsmethoden in den Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften, Münster 2005; Eros und Literatur. Liebe in Texten von der Antike bis zum Cyberspace, Bremen 2005; Mittelmeerdiskurse in Literatur und Film, Frankfurt/M. [u. a.] 2009; Relire Madeleine Bourdouxhe. Regards croisés sur son œuvre littéraire, Bruxelles 2011; Zwischen Transfer und Vergleich. Theorien und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive, Stuttgart 2013. Mitherausgeberin der Reihen Saarbrücker Beiträge zur Vergleichenden Literaturund Kulturwissenschaft, SOFIE. Schriftenreihe zur Geschlechterforschung und FOLIES. Forum Literaturen Europas.
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GWENAËLE VINCENT-BÖHMER Après des études à Paris, Berlin et Strasbourg, Gwenaële Vincent-Böhmer est licenciée de Lettres Modernes et agrégée d’allemand. Elle prépare actuellement une thèse de doctorat sous la direction du professeur Maryse Staiber (Etudes germaniques, Université de Strasbourg) et la codirection du professeur Pascal Dethurens (Littérature comparée, Université de Strasbourg) sur Jean-Christophe de Romain Rolland et Das Erbe am Rhein de René Schickele. Elle a publié l’article « Romain Rolland et René Schickele, deux écrivains engagés pour l’Europe (1900–1933) » dans : Cahiers de Brèves 27 (juin 2011), p. 49–52. Elle vit à Bruxelles où elle enseigne l’allemand, la littérature et la DNL (Discipline Non Linguistique) Histoire en allemand au Lycée Français Jean-Monnet. FEDORA WESSELER Studium der Komparatistik und Musikwissenschaften sowie des Italienischen in Mainz, Dijon und Paris. 2011 Promotion (summa cum laude) an der Sorbonne über das Erhabene auf der Bühne um die Jahrhundertwende (Richard Beer-Hofmann, Romain Rolland, Hugo v. Hofmannsthal und William Butler Yeats). Während des Studiums Tätigkeit als Regieassistentin und Dramaturgin bei der Ruhrtriennale, dem Opernhaus Zürich und den Salzburger Festspielen. Seit 2015 Leitende Dramaturgin für Musiktheater und Konzert am Theater Lübeck. Veröffentlichungen u. a.: La postérité commence-t-elle à la frontière? Les pièces de Victorien Sardou en Allemagne, in: Moindrot, Isabelle (Hg.): Victorien Sardou. Le Théâtre et les Arts, Rennes 2011; Une dramaturgie de l’aspiration: le voyage dans l’opéra du XIXe siècle, in: Guyon, Loïc/Requemora-Gros, Sylvie (Hg.): Voyage et Théâtre, Paris 2011; Romain Rolland et l’Histoire parallèle, in: Fix, Florence (Hg.): Le Théâtre historique et ses objets: le magasin des accessoires, Paris 2012; Einträge über Romain Rolland für Kindlers Literaturlexikon; Übersetzungen von Theaterstücken und Lyrik auf Deutsch und Französisch. BLAISE WILFERT-PORTAL Maître de conférences en histoire contemporaine au Département de sciences sociales de l’Ecole normale supérieure de Paris (Paris Sciences et Lettres), il enseigne les sciences sociales de la culture, l’histoire du livre, l’histoire de la mondialisation et des circulations culturelles. Chercheur associé à l’Institut d’histoire moderne et contemporaine, il participe au programme de recherche Transnat (programme franco-allemand de l’Agence national et de la Deutsche Forschungsgemeinschaft), dans le cadre duquel il travaille au développement et à l’analyse de plusieurs bases de données sur la traduction littéraire en Europe autour de 1900. Il a publié de nombreux articles et chapitres de livres sur l’importation littéraire en France, le nationalisme culturel, l’histoire des traducteurs et de la traduction, et
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l’histoire de la nationalisation culturelle, dont p. ex. : Cosmopolis et l’homme invisible. Les importateurs de littérature étrangère en France, 1885–1914, ds : Actes de la recherche en sciences sociales 2/144 (2002), p. 33–46. Il est également coauteur dans l’œuvre de Chevrel, Yves/D’Hulst, Lieven/Lombez, Christine (dir.) : Histoire des traductions en langue française. XIXe siècle, 1815–1914, Paris 2012. Les publications sont consultables notamment sur sa page web : https://ens.academia.edu/ BlaiseWilfertPortal.
BILDNACHWEIS MARTI Ill. 1: Ill. 2–3: Ill. 4: Ill. 5:
© ullstein bild. Romain Rolland, Marie (dir.): Monsieur le comte. Romain Rolland et Léon Tolstoy. Textes, Paris: Albin Michel, 1978 (Cahiers Romain Rolland 24), p. 6–7. © akg-images. http://www.liveinternet.ru/users/kakula/post310389649/ (17/03/2015). SOLTE-GRESSER
Abb. 1–11 u. 13: Rolland, Romain: Pierre et Luce, avec quatre hors-texte et vingt-neuf vignettes dessinées et gravées sur bois par Gabriel Belot, Paris: Ollendorff, o. J. Abb. 12: Watteau, Jean-Antoine: Le Pèlerinage à l’isle de Cithère (1718), in: Moureau, François/Morgan Grasselli, Margaret: Antoine Watteau (1684–1721); le peintre, son temps et sa légende, Paris [u. a.]: Champion-Slatkine, 1987, Bild 17, S. 345. Abb. 14–15: Rolland, Romain: Pierre und Luce, mit sechzehn Holzschnitten von Frans Masereel, übers. v. Hans Balzer, Berlin: Rütten & Loening, 1960.
Christiane Solte-Gresser / Hans-Jürgen Lüsebrink / Manfred Schmeling (Hg.)
Zwischen Transfer und Vergleich Theorien und Methoden der Literatur- und Kulturbeziehungen aus deutsch-französischer Perspektive
vice versa – band 5 Die Paradigmen der Kulturbeziehungs- und Kulturkontaktforschung haben sich in den letzten Jahren beständig erweitert. Die deutsch-französischen Kulturbeziehungen stellen gerade auch aufgrund ihrer Differenzen und Konfliktpotenziale ein privilegiertes Feld dar, um entsprechende Theorien und Methoden auf ihre heuristische Aktualität zu prüfen und Perspektiven ihrer Weiterentwicklung aufzuzeigen. Dieser Band konzentriert sich auf die Auseinandersetzung mit zwei grundlegenden Analysekategorien – Vergleich und Transfer –, die in erster Linie im deutsch-französischen Wissenschaftskontext entwickelt wurden und zurzeit besonders kontrovers diskutiert werden. Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen untersuchen anhand von vielfältigen Textsorten, Medien und soziokulturellen Kontexten die methodischen Herausforderungen dieser beiden Ansätze. mit beiträgen von Christiane Solte-Gresser, Hans-Jürgen Lüsebrink, Manfred Schmeling, Anke Bosse, Kambiz Djalali, Elke Richter, Sonja Malzner, Jeanne Ruffing, Louise-Hélène Filion, Karen Struve, Ruth Florack, Thomas Keller, Hans Manfred Bock, Monika Schmitz-Emans,Carolin Fischer, Perrine Häfner, Joseph Jurt, Michel Espagne, Michael Eggers, Margot Brink, Rüdiger Zymner, Ute Heidmann, Peter V. Zima, Stéphane Michaud, Patricia Oster, Peter Herr, Christoph Vatter
457 Seiten mit 11 Abbildungen 978-3-515-10634-4 geb. 978-3-515-10639-9 e-book
Hier bestellen: www.steiner-verlag.de
Françoise Berger / Anne Kwaschik (Hg.)
La « condition féminine » Feminismus und Frauenbewegung im 19. und 20. Jahrhundert / Féminismes et mouvements de femmes aux XIXe–XXe siècles
Schriftenreihe deS deutSch-franzöSiSchen hiStorikerkomiteeS – band 12 mit beiträgen von Ute Gerhard, Anne-Laure Briatte-Peters & Yannik Ripa, Barbara Klaus-Cosca, Ursula E. Koch, Françoise Thébaud, Christina Stange-Fayos, Agathe Bernier-Monod, Malte König, Patrick Farges & Elissa Mailänder, Ludivine Bantigny & Anne Kwaschik, Monica Fioravanzo, Gilles Leroux, Valérie Dubslaff, Rachel Chrastil, Cornelia Möser, Annkatrin Babbe & Freia Hoffmann & Volker Timmermann, Claudia Schweitzer, Amélie Nuq, Françoise Berger, Stefanie van de Kerkhof, Dominique Herbet
Seit einigen Jahren mehren sich die Stimmen, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland, die neue Impulse für eine Geschichte der Frauen im Zeitalter der Geschlechtergeschichte fordern. Zeitgleich bringen aktuelle Diskussionen das Thema immer wieder auf die politische Agenda. Das Deutsch-Französische Historikerkomitee (DFHK) macht es sich daher zur Aufgabe, nach den „conditions féminines“ in der westeuropäischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts zu fragen und legt den Schwerpunkt dabei auf eine transnationale Perspektive. Forscherinnen und Forscher aus Deutschland, Frankreich, Italien und den USA diskutieren unter anderem die folgenden Themenkomplexe: Welche Faktoren prägten die Entwicklung der Frauenbewegungen und wie wirkten sich Kriegs- und Friedenszeiten aus? Welche Rolle spielten nationalstaatliche Kontexte und transnationale Verflechtungen in den 1970er Jahren? Welche Katalysatoren und Hindernisse sind für die Veränderungen von Arbeits- und Ausbildungswelten entscheidend? Und wie lässt sich die Geschichte von „Gender“ als einer Forschungskategorie in Europa schreiben?
2016 345 Seiten mit 14 Abbildungen und 5 Tabellen 978-3-515-11395-3 kart. 978-3-515-11397-7 e-book
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Wiltrud Mihatsch / Catherine Schnedecker (ed.))
Les noms d’humains : une catégorie à part ?
Zeitschrift für franZösische sprache und Literatur – beiheft 40 mit beiträgen von Catherine Schnedecker, Wiltrud Mihatsch, Vassil Mostrov, Fabienne Baider, Nelly Flaux & Véronique Lagae & Dejan Stosic
Les noms qui désignent des êtres humains sont d’une saillance particulière pour nous humains. Cependant, il s’agit d’une catégorie de noms qui a été presque systématiquement négligée en sémantique lexicale. Ce manque d’intérêt est peut-être dû au statut à part de ces noms, qui les rend particuliers et fait qu’ils diffèrent fondamentalement – et sur plusieurs plans – des autres noms concrets. Il s’agit donc de vérifier si les noms d’humains constituent une catégorie linguistique à part. Cette question sert de fil conducteur à un projet de coopération initié par Catherine Schnedecker (Strasbourg) et Wiltrud Mihatsch (Bochum). Le présent ouvrage, qui rassemble des contributions de plusieurs membres du groupe, offre un premier état de l’art, des analyses de la structure sémantique interne de ces noms, leurs relations sémantiques récurrentes avec d’autres noms, le problème des asymétries entre des noms désignant des référents des deux sexes, ainsi que certains patrons de dérivation. L’objectif de ce volume est de réveiller l’intérêt pour ce terrain encore presque inexploré.
203 Seiten mit 8 Abbildungen und 25 Tabellen 978-3-515-11157-7 kart. 978-3-515-11158-4 e-book
Hier bestellen: www.steiner-verlag.de
ISBN 978-3-515-11547-6
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag
Einige Zeit war es still geworden um den französischen Pazifisten Romain Rolland (1866–1944). Doch angesichts der aktuellen Europa- und weltpolitischen Entwicklungen lohnt es sich, das Erbe des Europa-Vordenkers Romain Rolland neu zu diskutieren. Auch das aktuelle Interesse an der Zeit des Ersten Weltkriegs als Markstein der intellektuellen und politischen Geschichte verlangt nach einem neuen Blick auf diesen herausragenden Akteur der deutsch-französischen und
europäischen Verständigung in jener Zeit. Neue Quellen und innovative methodische Herangehensweisen ermöglichen einen differenzierten Blick auf Rolland als Knotenpunkt der wichtigsten Intellektuellen-Netzwerke und erschließen so das geistige Klima einer ganzen Epoche. Der Schwerpunkt dieses Bandes liegt daher auf Prozessen der transkulturellen Vernetzung, der intermedialen Wechselwirkung, des Transfers und der Rezeption in und rund um Rollands Werk.