Repetitorium Intensivmedizin: Vorbereitung auf die Prüfung "Intensivmedizin" (German Edition) 3540214798, 9783540214793

Intensivmedizin zum Nachschlagen und Lernen für die Zusatzbezeichnung "Intensivmedizin". Das Repetitorium Inte

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Repetitorium Intensivmedizin: Vorbereitung auf die Prüfung "Intensivmedizin" (German Edition)
 3540214798, 9783540214793

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M. Fresenius M. Heck Repetitorium Intensivmedizin 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

M. Fresenius M. Heck

Repetitorium Intensivmedizin Vorbereitung auf die Prüfung »Spezielle Intensivmedizin« 2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage Mit 97 Abbildungen

123

Dr. med. Michael Fresenius Facharzt für Anästhesie, Spezielle anästhesiologische Intensivmedizin, Spezielle Schmerztherapie, Notfallmedizin Ltd. Oberarzt an der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensiv- und Schmerztherapie des Evangelischen Krankenhauses Düsseldorf Kirchfeldstraße 40 D-40217 Düsseldorf E-Mail: [email protected]

Dr. med. Michael Heck Facharzt für Anästhesie, Spezielle anästhesiologische Intensivmedizin, Notfallmedizin Niedergelassener Anästhesist Weberstraße 10 D-69120 Heidelberg E-Mail: [email protected] http://www.die-anaesthesie-praxis.de

ISBN-10 3-540-21479-8 2. Auflage 2006 Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN-13 978-3-540-21479-3 2. Auflage 2006 Springer Medizin Verlag Heidelberg ISBN 3-540-41368-5 1. Auflage 2001 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2001, 2006 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und MarkenschutzGesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Haftung übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Ulrike Hartmann, Heidelberg Projektmanagement: Gisela Schmitt, Heidelberg Design: deblik Berlin SPIN 10817425 Satz: TypoStudio Tobias Schaedla, Heidelberg Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier

22/2122 – 5 4 3 2 1 0

V

Meiner Frau Stephanie und meinen Kindern Benedict, Antonia und Constance gewidmet (M.F.)

VII

Vorwort zur 2. Auflage Im intensivmedizinischen Bereich wurde in den zurückliegenden Jahren am Beginn des neuen Jahrtausends eine Reihe vom bedeutenden neuen Therapiekonzepten entwickelt, welche die Mortalität und die Behandlungsdauer unserer Patienten positiv beeinflusst haben. So führt beispielsweise beim septischen Patienten die Konstanthaltung des Blutzuckerspiegels nach den Empfehlungen van den Berghe oder die frühzeitige Kreislaufstabilisierung anhand der Rivers-Kriterien zu einer deutlichen Senkung der Mortalität. Erstmals konnte in einer groß angelegten Studie gezeigt werden, dass durch die singuläre Gabe eines Medikamentes (aktiviertes Protein C) die Letalität bestimmter Patienten mit schwerer Sepsis deutlich gesenkt werden kann. Die Anwendung moderner Beatmungsstrategien führte in großen multizentrischen Studien zu einer signifikanten Erhöhung der Überlebensrate unserer ARDS-Patienten. Es konnte auch in multiplen Studien der vergangenen Jahre gezeigt werden, dass der Einsatz bestimmter Substrate im Rahmen der enteralen oder parenteralen Ernährung einen positiven Effekt auf die Rekonvaleszenz unserer schwerkranken Patienten hat. Diese zahlreichen neuen Therapiekonzepte sowie die Einführung neuer Substanzen und Medikamente in der intensivmedizinischen Therapie auf den Gebieten der Infektiologie, der Ernährung, der Herzkreislauftherapie, der Organersatzverfahren oder Beatmungsstrategien machen es notwendig, die vorhandenen Kapitel der erstmals im Jahr 2001 erschienenen Auflage des »Repetitoriums Intensivmedizin« zu aktualisieren und durch zahlreiche klinisch und prüfungsrelevante neue Kapitel zu ergänzen. Hierbei wird das erfolgreiche Konzept unserer »Repetitorien« – nämlich die Darstellung von ausgewähltem, knapp formuliertem, aktuellem intensivmedizinischem Wissen beibehalten. Wir hoffen damit auch in Zukunft den Erwartungen unserer Leser und Prüfungskandidaten zu entsprechen. Für die konstruktiven Hinweise zur Verbesserung der vorangegangenen Auflage des »Repetitoriums Intensivmedizin« möchten wir uns bei den zahlreichen Lesern vielmals bedanken und würden uns auch weiterhin über Anregungen und Kritik aus Ihrem Leserkreis sehr freuen.

Düsseldorf und Heidelberg im Oktober 2005 Dr. med. Michael Fresenius Dr. med. Michael Heck

IX

Geleitwort zur 2. Auflage Aus verwaltungstechnischer Sicht ist die Intensivstation eine Station, die hohe bis sehr hohe Kosten verursacht. Aus Sicht des Patienten ist die Intensivstation diejenige Station, die über seine Prognose »quoad vitam« entscheidet. Die Praxis der Intensivmedizin hat sich in den letzten 10 Jahren deutlich geändert. Früher bestand die Intensivmedizin aus einer empirischen Therapie, die »aus dem Bauch heraus« gesteuert wurde. Heute orientiert sich der Intensivmediziner an einer Vielzahl wissenschaftlich erhobener Daten und richtet danach das therapeutische Konzept für den individuellen Patienten aus. Die Umsetzung dieses modernen Konzeptes erfordert vom Intensivmediziner neben Erfahrung insbesondere detaillierte Sachkenntnis. Bereits die erste Auflage dieses Repetitoriums hatte sich in den vergangenen Jahren als verlässlicher Zugang zu einer detaillierten Sachkenntnis bestens bewährt. Auf den Intensivstationen vieler Kliniken sah man das Repetitorium liegen, und viele Kolleg(inn)en platzierten den Fresenius/Heck im heimischen Arbeitszimmer. Die zweite Auflage des Werkes wurde um zahlreiche internistische und neurologische Themen erweitert, zum Beispiel wurden das akute Koronarsyndrom, die infektiöse Endokarditis und auch die Hirntoddiagnostik ins Repertoire aufgenommen. Die S2-Leitlinien zur Analgosedierung werden vorgestellt, und der nichtinvasiven Beatmung wird ausreichend Bedeutung zugeordnet. Das PICCO- und das MARS-System sind in den entsprechenden Kapiteln beschrieben. Auch sind neuere Antibiotika wie das Tigecyclin oder neuere Antimykotika wie Caspofungin und Voriconazol ausführlich dargestellt. Somit spiegelt das Repetitorium den aktuellsten Stand der Intensivmedizin wider. Auch die zweite, vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage ist ein sehr gut gelungenes Werk. Ich wünsche auch dieser Auflage eine weite Verbreitung.

Im Oktober 2005 Prof. Dr. Hubert Böhrer Caritas-Krankenhaus 97980 Bad Mergentheim

XI

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

25 26 27

Allgemeine Grundlagen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

23 24

Atemwegsmanagement und Bronchoskopie . . . 3 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23 Kardiovaskulär wirksame Medikamente . . . . . . .55 Blut und Blutprodukte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65 Analgosedierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87 Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .95 Invasive Beatmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Nichtinvasive Beatmung (NIV) . . . . . . . . . . . . . . 163 Hyperbare Oxygenierung (HBO) . . . . . . . . . . . . 167 Kardiopulmonale Reanimation. . . . . . . . . . . . . . 169

28 29 30 31 32 33 34 35

Akutes Koronarsyndrom (ACS) . . . . . . . . . . . . . . 321 ARDS (»acute respiratory distress syndrome«) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 SIRS, Sepsis und Multiorganversagen . . . . . . . 341 Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Pulmonaler Hypertonus (PH) und akute Rechtsherzdekompensation . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Tetanus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Patienten mit Subarachnoidalblutung (SAB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT) . . . . . . . . . . . . . 383 Therapie zerebraler Krampfanfälle . . . . . . . . . . 391 Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393 Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401 Abdominelles Kompartmentsyndrom (AKS) . .405 Häufige Herzrhythmusstörungen in der Intensivmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Infektiologie Physiologie 11 12 13 14 15

Antibiotika und Antimykotika. . . . . . . . . . . . . . . Infektiöse Endokarditis und Endokarditisprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pneumonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nosokomiale Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spezielle Infektionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183 209 217 227 231

36 37 38

Spezielle Krankheitsbilder 16 17 18 19 20 21 22

Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pankreatitis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gastrointestinale Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . Stressulkus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entzugssyndrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intoxikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Physiologie der Atmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 Wasser-, Elektrolyt- und Säure-BasenHaushalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Blutgerinnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447

Anhang 39 249 263 273 281 299 307 311

Nachschlageteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491

XIII

Abkürzungen Erläuterung einiger Abkürzungen

AAA AaDO2 ACh ACS ACT ADH AEP AGW AK ALI AMI AML ALV AMV Anm ANV AP ARDS

AS ASA ASB ASS ATC avDO2 BE BEL BGA BIPAP BtMVV BZ C CAO caO2 CARS CAVHD

abdominelles Aortenaneurysma alveoloarterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz Acetylcholin akutes Koronarsyndrom »activated clotting time« antidiuretisches Hormon akustisch evozierte Potentiale Atemgrenzwert Antikörper »acute lung injury« akuter Myokardinfarkt akute myeloische Leukämie akutes Leberversagen Atemminutenvolumen Anmerkung akutes Nierenversagen arterieller Systemdruck »acute respiratory distress syndrome« (früher: »adult respiratory distress syndrome«) Aminosäuren American Society of Anesthesiologists »assisted spontaneous breathing« Acetylsalicylsäure automatic tube compensation arteriovenöse Sauerstoffdifferenz »base excess« (Basenüberschuss) Beckenendlage Blutgasanalyse oder Bundesgesundheitsamt (aus Kontext ersichtlich) »biphasic positive airway pressure« Betäubungsmittelverordnung Blutzucker Compliance »chronic airflow obstruction« arterieller Sauerstoffgehalt »compensatory antiinflammatoric response syndrome« kontinuierliche arteriovenöse Hämodialyse

CAVHF CBF CBV CC CHE CI CIP CLA Cm CMRO2 CO CO2 COLD COPD COT CPAP CPP CPR CPPV CSE CSF CV CVI cvO2 CVVHD CVVHDF CVVHF

DBS DD DIC DK DLCO DLV DO2

kontinuierliche arteriovenöse Hämofiltration bzw. Spontanfiltration zerebraler Blutfluss (Hirndurchblutung) zerebrales Blutvolumen »closing capacity« (Verschlusskapazität) Cholinesterase Herzindex »critical illness polyneuropathy« Konzentration des Lokalanästhetikums minimale Konzentration »cerebral metabolic rate for oxygen« (zerebraler Metabolismus) Herzzeitvolumen (Herzminutenvolumen) Kohlendioxid »chronic obstructive lung disease« »chronic obstructive pulmonary disease« »clot observation time« »continuous positive airway pressure« zerebraler Perfusionsdruck kardiopulmonale Reanimation »continuous positive pressure ventilation« kombinierte Spinal- und Epiduralanästhesie Liquor cerebrospinalis »closing volume« (Verschlussvolumen) chronische ventilatorische Insuffizienz venöser Sauerstoffgehalt kontinuierliche venovenöse Hämodialyse kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration kontinuierliche venovenöse Hämofiltration Double-burst-Stimulation Differentialdiagnose disseminierte intravasale Koagulopathie (Verbrauchskoagulopathie) Blasendauerkatheter Diffusionskapazität der Lunge für CO »different lung ventilation« (seitendifferente Beatmung) Sauerstoffangebot

XIV

Abkürzungen

ECCO2R ECMO ECT EDCF EDRF EDV EF EK EKK EKZ EMLA EMD ERV ES ESV ESWL etCO2

extrakorporale CO2-Elimination extrakorporale Membranoxygenierung »Ecarin clotting time« »endothelium-derived contracting factor« »endothelium-derived relaxing factor« enddiastolisches Volumen Ejektionsfraktion (Auswurffraktion) Erythrozytenkonzentrat extrakorporaler Kreislauf extrakorporale Zirkulation eutektische Mixtur von Lokalanästhetika elektromechanische Dissoziation bzw. Entkoppelung exspiratorisches Reservevolumen Extrasystolen endsystolisches Volumen extrakorporale Stoßwellenlithotripsie endexspiratorische CO2-Konzentration (in Vol.-%)

FAO2 FCKW

alveoläre Sauerstoffkonzentration fluorierte Chlorkohlenwasserstoffverbindungen FDA Food and Drug Administration FEV1 Ein-Sekunden-Kapazität FEV1/FVC relative Ein-Sekunden-Kapazität in % FexCO2 exspiratorische CO2-Konzentration FFP Fresh-frozen-Plasma FFS freie Fettsäuren FG Frühgeborene inspiratorische Sauerstoffkonzentration FiO2 FKW fluorierte Kohlenwasserstoffe FRC funktionelle Residualkapazität FRC funktionelle Residualkapazität FS Fettsäuren FSME Frühsommer-Meningoenzephalitis FSP Fibrin(ogen)spaltprodukte FVC forcierte Vitalkapazität GABA GCS GFR GHB GI GISA GvHReaktion

γ-Aminobuttersäure Glasgow Coma Scale glomeruläre Filtrationsrate γ-Hydroxybuttersäure gastrointestinal Glykopeptid – intermediär empfindlicher Staphylokokkus Graft-versus-Host-Reaktion

HF HFV HFOV HI HLM HMV HPV HRST HTPL HWZ HZV IAP ICP ICG-PDR ICR ID IHSS

Herzfrequenz »high frequency ventilation« (Hochfrequenzbeatmung) Hochfrequenzoszillationsventilation Herzindex Herz-Lungen-Maschine Herzminutenvolumen hypoxische pulmonale Vasokonstriktion Herzrhythmusstörungen Herztransplantation Halbwertszeit Herzzeitvolumen (Herzminutenvolumen)

IRDS IRV ITN ITBV

intraabdomineller Druck intrazerebraler bzw. intrakranieller Druck Indocyaningrün-Plasmaverschwinderate Interkostalraum Innendurchmesser idiopathische hypertrophe Subaortenstenose interventional lung assist Indikation »intermittent positive pressure ventilation« (kontrollierte Beatmung) »infant respiratory distress syndrome« inspiratorisches Reservevolumen Intubationsnarkose intrathorakales Blutvolumen

KBE KG KH KI KOD KOF

koloniebildende Einheit Körpergewicht Kohlenhydrate Kontraindikation kolloidosmotischer Druck Körperoberfläche

LA LAP LAP LBP LE LTPL LVEDP LVEDV

Lokalanästhetikum (Lokalanästhetika) linker Vorhofdruck linker Vorhofdruck Lipopolysacharid-bindendes Protein Lungenembolie Lebertransplantation linksventrikulärer enddiastolischer Druck linksventrikuläres enddiastolisches Volumen linksventrikuläre Ejektionsfraktion (Auswurffraktion) linksventrikuläre Pumpfunktion

ILA Ind IPPV

LVEF LVF

XV

Abkürzungen

LVP LVSWI

linker Ventrikeldruck linksventrikulärer Schlagarbeitsindex

MAC MAP MCT

minimale alveoläre Konzentration mittlerer arterieller Druck »middle chain triglycerides« (mittelkettige Triglyzeride) motorisch evozierte Potentiale Muskeleigenreflex Molekulargewicht Muttermund maximaler mittlerer exspiratorischer Flow malignes neuroleptisches Syndrom »multiple organ dysfunction syndrome« Multiorganversagen mittlerer Pulmonalarteriendruck Muskelrelaxanzien Methicillin-resistenter Staphylococcus aurens Methicilin-resistenter Staphylococcus epidermidis Magensonde Methicillin-empfindlicher Staphylococcus aurens

MEP MER MG MM MMEF MNS MODS MOV MPAP MR MRSA MRSE MS MSSA

NTPL NW NYHA

Stickstoff Stickoxidul (Lachgas) nichtdepolarisierende Muskelrelaxanzien Nierenersatzverfahren Neuroleptanästhesie neuromuskuläre Blockade N-Methyl-D-Aspartat niedermolekulares Heparin neuromuskuläres Monitoring Stickstoffmonoxid »nonsteroidal anti-inflammatory drugs« (nichtsteroidale Antiphlogistika) Nierentransplantation Nebenwirkung New York Heart Association

O2

Sauerstoff

P p PAK pAO2 paO2

Druck Partialdruck Pulmonalarterienkatheter alveolärer O2-Partialdruck arterieller O2-Partialdruck

N2 N2O ndMR NEV NLA NMB NMDA NMH NMM NO NSAID

PAP pAVK PCA PCI PCEA pCO2 PCWP

PTC PTT PTZ pvO2 PVR

Pulmonalarteriendruck periphere arterielle Verschlusskrankheit patienten-kontrollierte Analgesie perkutane Koronarintervention patienten-kontrollierte Epiduralanalgesie CO2-Partialdruck Pulmonalkapillardruck = Wedgemitteldruck Periduralanästhesie Periduralkatheter pulslose elektrische Aktivität »positive endexpiratory pressure« (positiver endexspiratorischer Druck) perkutane endoskopische Gastrostomie endexspiratorischer CO2-Partialdruck Pharmakologie intramukosaler pH-Wert »postoperative nausea and vomiting« (postoperative Übelkeit und Erbrechen) parts per million = ml/m3 partielle oder funktionelle Sauerstoffsättigung »post tetanic count« (posttetanische Zahl) partielle Thromboplastinzeit Thrombinzeit gemischtvenöser Sauerstoffpartialdruck pulmonaler Gefäßwiderstand

QL Qs/Qt

Lungenperfusion intrapulmonaler Shunt

R RAP RBF RQ RR RV RVEF RVP RVSWI RWBS RZ

Resistance (Atemwegswiderstand) rechter Vorhofdruck renaler Blutfluss respiratorischer Quotient systemarterieller Blutdruck (nach Riva-Rocci) Residualvolumen rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion (Auswurffraktion) rechter Ventrikeldruck rechtsventrikulärer Schlagarbeitsindex regionale Wandbewegungsstörungen Reptilasezeit

SaO2 SHT SI SIADH

fraktionelle arterielle Sauerstoffsättigung Schädel-Hirn-Trauma Schlagvolumenindex Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion

PDA PDK PEA PEEP PEG petCO2 Pha pHi PONV ppm psO2

XVI

Abkürzungen

SIRS SO2 SPA SSEP SSW SV SVES SvjO2 SVR SVT

»systemic inflammatoric response syndrome« fraktionelle Sauerstoffsättigung Spinalanästhesie somatosensorisch evozierte Potentiale Schwangerschaftswoche Schlagvolumen supraventrikuläre Extrasystole(n) jugularvenöse Sauerstoffsättigung systemischer Gefäßwiderstand supraventrikuläre Tachykardie

TAA TAAA TAT TEE TCD TEG TFA TG THAM TIVA TK TLC TOF TRALI TUR-Blase TURProstata TVT

thorakales Aortenaneurysma thorakoabdominelles Aortenaneurysma Thrombin-Antithromin-III-Komplex transösophageale Echo(kardio)graphie transkranieller Doppler Thrombelastogramm Trifluoracetylchlorid Triglyzeride Tris-Hydroxy-Aminomethan totale intravenöse Anästhesie Thrombozytenkonzentrat totale Lungenkapazität »train-of-four« »transfusion-related acute lung injury« transurethrale Elektroresektion der Blase transurethrale Elektroresektion der Prostata

UBF UFH URS

uteriner Blutfluss normales (unfraktioniertes) Heparin Ureterorenoskopie

VA VA/Q VC VCO2 VD VES VHF VK . VO2 VT VT VVBP vWF

alveoläre Ventilation Ventilations-Perfusions-Verhältnis Vitalkapazität CO2-Produktion Totraumvolumen ventrikuläre Extrasystole(n) Vorhofflimmern Verteilungskoeffizient Sauerstoffaufnahme (Sauerstoffverbrauch) Tidalvolumen (Atemzugvolumen) ventrikuläre Tachykardie venovenöse Biopumpe (Bypass) von-Willebrand-Jürgens-Faktor

tiefe Beinvenenthrombose

WM WW

Wirkmechanismus Wechselwirkung

ZNS ZVD

Zentrales Nervensystem zentraler Venendruck

I

Allgemeine Grundlagen Kapitel 1

Atemwegsmanagement und Bronchoskopie – 3

Kapitel 2

Monitoring – 23

Kapitel 3

Kardiovaskulär wirksame Medikamente – 55

Kapitel 4

Blut und Blutprodukte – 65

Kapitel 5

Analgosedierung – 87

Kapitel 6

Ernährungstherapie – 95

Kapitel 7

Invasive Beatmung – 125

Kapitel 8

Nichtinvasive Beatmung (NIV) – 163

Kapitel 9

Hyperbare Oxygenierung (HBO) – 167

Kapitel 10

Kardiopulmonale Reanimation – 169

1 Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Intubation

• Patient mit instabilem Thorax (z. B. nach Rippenserienfraktur)

Intubationsarten • orotracheale Intubation (immer bei Notfall-Intubation) und • nasotracheale Intubation (vor allem bei Neugeborenen und Kleinkindern zur besseren Tubusfixierung!) ! Die nasotracheale Intubation sollte aufgrund von Nebenwirkungen, wie z. B. Blutungen aus dem Nasen-Rachen-Bereich und einer erhöhten Rate an NNH-Infektionen nur ausnahmsweise beim Intensivpatienten erfolgen!

Intubationskriterien • nichtnüchterne sowie alle aspirationsgefährteten Patienten: – Notfallpatient – Patient im Schock – schwangere Patientinnen nach der 12. SSW – Patient/in mit ausgeprägter Bewusstseinsstörung – Patienten mit ausgeprägtem Aszites, mit Refluxkrankheit, mit Pylorusstenose, → Ileuseinleitung ohne Zwischenbeatmung und mit Krikoiddruck (Sellick-Handgriff)! • Patienten mit Linksherzversagen z. B. nach ausgeprägtem Vorderwandinfarkt • Patienten unter nichtinvasiver Beatmung mit klinischer und laborchemischer Verschlechterung der respiratorischen Situation

Sichere Intubationszeichen • CO2-Nachweis mit Hilfe eines Kapnometers (4–5 Vol.-% ≈35–40 mmHg) in der exspirierten Luft über mehrere Minuten – Cave: CO2-produzierende Antazida, Cola-Effekt – niedrige CO2-Werte trotz korrekter Intubation bei Low-output-Syndrom bzw. eingeschränkter pulmonaler Perfusion (z. B. massive Lungenembolie) • direkte Inspektion des Tubusverlaufs durch die Stimmbänder • bronchoskopische Verifikation der intratrachealen Tubuslage • semiquantitativer Nachweis durch reversiblen Farbumschlag eines zwischen Tubus und Beatmungsgerät plazierten CO2-Detektor (Fenem CO2-Detektor oder EASY-CAP)

Unsichere Intubationszeichen • Thoraxexkursionen • Beschlagen der Tubusinnenwand mit Atemfeuchtigkeit • auskultatorisches Atemgeräusch (gerade bei Kindern!) • Konstanz der pulsoxymetrischen Sättigung über längere Zeit

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

4

1

Tubusarten Bezeichnung

Kennzeichen

Magill

Standardtubus

Murphy

mit seitlichem Auge

Oxford-non-kinking (ONK)

bei schwieriger Intubation zu empfehlen!

Woodbridge

Spiraltubus zum Offenhalten des Tubuslumen

Kuhn

S-förmig vorgeformter Tubus

High-volume-lowpressure(Lanz)-Tubus

im intensivmedizinischen Bereich: selbstregulierender Cuff-Druck

Carlens-Tubus

historischer linksseitiger Tubus mit Karinasporn

White-Tubus

rechtsseitiger Tubus mit Karinasporn (Öffnung am Cuff für die Ventilation des rechten Oberlappens)

Robertshaw-Tubus

links- oder rechtsseitiger Doppellumentubus ohne Karinasporn mit schlitzförmiger Öffnung im distalen Cuff zur Belüftung des rechten Oberlapppens, 3 verschiedene Modellgrößen: klein, mittel, groß (ID = 8,0; 9,5; 11 mm)

Mallinckrodt (Bronchocath)-Tubus bzw. Rüsch-Doppellumentubus

links oder rechtsseitiger Doppellumentubus, ohne Karinasporn, mit schrägverlaufenden blauen Cuff und distaler Öffnung zur Ventilation des rechten Oberlappens Größen: 35, 37–39 Ch für Frauen, 39 und 41 Ch für Männer Rüsch-Doppellumentubus ab CH 26 Mallinckroth Bronchocath ab CH 28 erhältlich

Sheridan-I-Tubus Bronchusblocker (Univent)

mit zweiteiligem endobronchialem Cuff und großer dazwischenliegender Öffnung Single-Lumentubus mit dünnem Seitenkanal, durch den ein Katheter mit Bronchusblockermanschette geführt werden kann

Wave-Cuff-Tubus

wellenförmiger Cuff zur Sekretaufnahme

Tracheopart

links- und rechtsseitiger Tracheostoma-Doppellumentubus 3 verschiedene Modellgrößen mit unterschiedlicher intratrachealer Strecke: 75 mm (für Körpergröße bis 165 cm), 85 mm (für Körpergröße von 165–175 cm) und 95 mm (für Körpergröße >180 cm)

Combitube oder EASY-Tube

Doppellumentubus, der die Funktionen eines Endotrachealtubus und eines Ösophagusverschlusstubus in sich vereint

RAE-Tubus AGT-Tubus Polar-Tubus

anatomisch geformte Tuben, die über die Stirn oder den Unterkiefer ausgeleitet werden können

Unterdrückung des Intubationsreizes

Tubusgröße Erwachsene

Insbesondere notwendig bei Patienten mit KHK • Aussprühen des Hypopharynx mit 4%igem Xylocainspray vor der Intubation • i.v.-Gabe von 2%igem Lidocain (1 mg/kg) • Narkoseinduktion mit hohen Opioiddosen

Frauen: 7,0–8,0 Innendurchmesser (ID) Männer: 7,5–8,5 ID → Patienten mit pulmonaler obstruktiver Ventilationsstörung sollten einen möglichst großen Tubus erhalten bzw. frühzeitig zum Weaning tracheotomiert werden! ! Ch = (ID × 4) + 2

1

5

Allgemeine Grundlagen

Tubusgröße Kinder Alter

Körpergewicht (kg)

Innendurchmesser (mm)

Tubuslänge vom Mundwinkel (cm)

Tubuslänge von Nasenöffnung (cm)

Neugeborene (26 kg/m2 – Bartträger – fehlende Zähne – Schnarcher bei Anwesenheit von 2 dieser Faktoren ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer schwierigen Maskenbeatmung zu rechnen (Sensitivität: 0,72, Spezifität: 0,73)  eine schwierige Maskenbeatmung kann durch das Einführen eines Guedel-Tubus erleichtert werden Schwierige Laryngoskopie Schwierige Laryngoskopie bedeutet, dass sonst

sichtbare Larynxanteile nicht eingesehen werden können → Cormack und Lehane-Einteilung: Grad III oder IV (⊡ Abb. 1.3). Einteilung »Schwierige Laryngoskopie« nach Cormack, Lehane (1984) Grad I

Stimmbänder komplett einsehbar

Grad II

nur Aryregion und hinterer Abschnitt der Stimmritze sichtbar

Grad III

nur Epiglottis sichtbar

Grad IV

nur weicher Gaumen einsehbar (Epiglottis nicht sichtbar)

durchschnittlich ausgebildeter Anästhesist Schwierigkeiten bei der Durchführung einer adäquaten Maskenbeatmung und/oder der Intubation hat. Schwierige bzw. inadäquate Maskenbeatmung

• • • • •

O2-Sättigung < 90% Zyanose nichtmessbarer exspiratorischer Gasflow keine Thoraxexkursion fehlendes Atemgeräusch

⊡ Abb. 1.3. Laryngoskopisches Bild des Larynxeingangs (Einteilung nach Cormack). Grad I–IV zeigen eine zunehmend kleiner werdene Anzahl der sichtbaren Strukturen. I: Glottis, Stimmbänder und umgebende Strukturen sind sichtbar; IV: nur weicher Gaumen sichtbar

8

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Bedeutung der Atemwegssicherung • bei den Ursachen anästhesiologischer Komplikationen mit gerichtlichen Konzequenzen, die von 1985–1996 in den USA auftraten, nehmen nach Cheney respiratorische Probleme mit 28% aller Fälle den ersten Platz ein • hiervon beruhten wiederum 28% der Fälle auf inadäquate Ventilation oder Oxygenierung, 21% auf einer schwierige Intubation und 19% auf einer nichtbemerkte ösophageale Fehlintubation

Inzidenz der schwierigen Intubation Die durchschnittliche Inzidenz der schwierigen Intubation beträgt ≈ 0,5–5 o/oo

• • • • •

– gut durchbluteter und vulnerabler Mukosa – allgemeiner Ödemneigung (ggf. Larynx- u. Zungenödem) – große Mammae, die schon das Einführen des Laryngoskop erschweren Lippen-Kiefer-Gaumenspalte Epiglottitis (vorwiegend Kinder) Makroglossie bei Akromegalie, M. Down, Patienten mit Quinke-Ödem, Mukopolysaccharidose, Amyloidose, Glykogenosen, Myxödem anatomische Varianten und Syndrome isolierte ausgeprägte Mikro-/Makrognathie oder Prognathie

• Mundöffnung < 2 cm • Kiefergelenkankylose • oder folgende Syndrome:

! Merke:

• Schwierige Intubation vorwiegend – bei Schwangeren (v. a. bei Präeklampsie/Eklampsie) → 10mal höher als bei nichtschwangeren Patientinnen – bei kardiochirurgischen Patienten – erhöhte Inzidenz auch bei Patienten mit Diabetes mellitus (stiff man syndrome) oder chronischer Polyarthritis • Die meisten Patienten mit schwierigen Intubationsbedingungen erleiden einen Schaden, nicht infolge der Unmöglichkeit der Intubation, sondern weil man die Intubationsversuche nicht rechtzeitig einstellte und alternative Verfahren zur Patientenoxygenierung anwendete!

Allgemeine Zeichen und warnende Hinweise für eine schwierige Intubation • tiefsitzender und steilgestellter Kehlkopf (Tastbefund!) und kurzer dicker Hals • eingeschränkte Beweglichkeit im Atlantookzipitalgelenk wie z. B. bei Morbus Bechterew, primärer chronischer Polyarthritis (Grade II-IV nach D’Arcy), Zustand nach HWS-Trauma oder HWS-Prolaps-Operation mit Implantation eines Knochenspahns • monströse Struma und Tracheaverlagerung → Beurteilung des Tracheaverlaufs im Thoraxröntgenbild bzw. Tracheazielaufnahme! • vorstehende, prominente obere Schneidezähne • schwangere Patientinnen infolge

Syndrom

Anästhesie-relevante Veränderungen

Pierre-Robin

Gaumenspalte, Unterkieferspalte, Unterentwicklung des Unterkiefers → Mikrognathie

Treacher-Collins

Mikrognathie, Choanalatresie

Franceschetti-Zwahlen = Dysostosis mandibulofacialis

Mittelgesichtshypoplasie (Vogelgesicht), Mikrognathie, Ohrmissbildung, manchmal Taubheit

Klippel-Feil

Kurzhals, Halswirbelblockbildung, ggf. Gaumenspalte

Pfaundler-Hurler

großer plumper Schädel, Makroglossie, kurzer Hals

Akromegalie

Makroglossie, Schleimhauthyperplasie, Progenie

• postoperative Blutung im Halsbereich → frühzeitige Reintubation von Karotispatienten bei zunehmenden Schluckbeschwerden und Heiserkeit → bei Intubationsproblemen sterile Eröffnung der Operationswunde zur Entlastung durch den Chirurgen (immer HNO-ärztliches oder chirurgisches »stand-by« zur Reintubation organisieren!) • Mundbodenphlegmone, bekanntes Zungengrund- oder Larynxkarzinom, Schluckstörun-

9

Allgemeine Grundlagen

• • • • •

gen und Globusgefühl, Atemnot, Stridor, Heiserkeit/Aphonie Zustand nach Neck dissection mit subhyoidaler Ausräumung, Hemimandibulektomie Zustand nach Bestrahlung im HNO-Bereich Tumoren mit Obstruktion der Atemwege Verätzungen und Vernarbungen im Halsbereich Verbrennungen/Inhalationstrauma

Klasse

Sichtbare Strukturen

I

weicher Gaumen, Pharynxhinterwand, Uvula, vordere + hintere Gaumenbögen sichtbar

II

weicher Gaumen, Pharynxhinterwand und Uvula sichtbar

III

weicher Gaumen und nur Uvulabasis sichtbar

IV

nur harter und nicht weicher Gaumen sichtbar

1

modifiziert nach Samsoon u. Young

Klinische Screeningverfahren bezüglich einer schwierigen Intubation Wichtig ist die Anamneseerhebung bei der Prämedikation bezüglich früher aufgetretener Intubationsschwierigkeiten! • höheres Mallampati-Stadium (⊡ Abb. 1.4) (Klassifikation wurde durch Samsoon und Young in 4 Stadien modifiziert) – Nichtsichtbarkeit des weichen Gaumens (Stadium IV) → in > 50% der Fälle ist der Kehlkopf laryngoskopisch nicht einsehbar – Sensitivität je nach Untersuchung: 42–66% – Spezifität je nach Untersuchung: 65–84% (die Orginalarbeit von Mallampati ging von einer Sensitivität > 95% und einer Spezifität von nahezu 100% aus) – Durchführung: Patient sitzt dem Untersucher gegenüber, Kopf in Neutralposition, maximale aktive Mundöffnung, Zunge maximal herausgestreckt

⊡ Abb. 1.4. Modifizierte Mallampati-Klassifikation der Atemwege nach Samsoon u. Young: Einschätzung einer schwierigen Intubation

• multifaktorieller Risikoindex nach Arne (⊡ Abb. 1.5) (1998) – Beurteilung einer möglichen Schwierigen Intubation anhand von 7 Kriterien und Vergabe von Punkten – ab > 11 Punkten ist mit einer erschwerten Intubation zu rechnen

Multifaktor-Risiko-Index Mallampati I 0

Score II

III

IV

2

6

8

Schwierige Intubation in der Anamnese 0 Nein 10 Ja Pathologische Veränderungen bezüglich einer schwierigen Intubation 0 Nein Ja 5

Thyromentaler Abstand »Test nach Patil« (in max. Flexionsstellung des Halses) Ž6,5 cm 0 0 cm 0 3,5 cm < SKD/AKD < 5 cm und SLux = 0 3 13 SKD/AKD < 3,5 cm und SLux < 0 (*SKD=Schneide-Kanten-Distanz, AKD= Alveolar-Kanten-Distanz, bei Zahnlosen)

0 2 3

Summe

über 100° um 90° (90°±10°) unter 80°

⊡ Abb. 1.5. Multifaktorieller Risikoindex nach Arne

10

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

• Wilson-Index (aus dem Jahr 1988)



• • • •

Punktzahl

0

1

2

Gewicht

< 90 kg

90–110 kg

> 110 kg

Kopfbeweglichkeit zur Neutralachse

> 90°

≈ 90°±10°

< 90°

maximale Mundöffnung und maximale Protrusionsbewegung (PROT.)

> 5 cm oder PROT.: UK vor OK

< 5 cm und PROT.: UK = OK

< 5 cm und PROT.: UK hinter OK

zurückweichender Unterkiefer

normal

mäßig ausgeprägt

stark ausgeprägt

prominente OK-Schneidezähne

normal

mäßig starke Ausprägung

starke Prominenz

– bei Punktwerten ≥ 2 ist von einiger schwierigen Intubation auszugehen! – Sensitivität des Tests: 75%; Spezifität von 88% – Vorteil des Tests: geringe Variabilität bei verschiedenen Untersuchern, umfasst Aspekte, die ohnehin bei der anästhesiologischen Risikoeinschätzung erfasst werden Test nach Patil: verminderter Abstand zwischen Schildknorpeloberkante und Vorderkante des Unterkiefers bei maximal überstrecktem Kopf: – thyreomentaler Abstand < 7cm → schwierige, aber meist durchführbare Intubation; – thyreomentaler Abstand < 6 cm → Intubation in aller Regel sehr schwer – Sensitivität je nach Untersuchung: 90–32% – Spezifität je nach Untersuchung: 80–81,5% verminderte horizontale Unterkieferlänge (< 9 cm) eingeschränkte Beweglichkeit im Atlanto-okzipital-Gelenk (< 15°; Norm: ≈ 30°) eingeschränkte Mundöffnung (< 2 cm) verminderter hyomentaler Abstand (< 2 Querfinger) bei Dorsalflexion

! Alle Patienten mit Hinweisen auf schwierige Atemwege sollten ausgiebig oxygeniert oder besser noch denitrogenisiert werden! (s. auch  Kapitel Apnoische Oxygenierung)

Management bei unerwarteter schwieriger Intubation Das Vorgehen sollte abteilungsintern unter Berücksichtigung des apparativen Equipments festgelegt sein und kann somit von der dargestellten Reihenfolge der zu ergreifenden Maßnahmen abweichen!

! Merke: Maximal 2–3 Intubationsversuche Cave: Schleimhautschwellungen und Blutungen → ggf. post intubationem Glukokortikoid- (z. B. 250 mg Prednisolon i.v.) und Antiphlogistikagabe (z. B. Indomethacin supp. 100 mg)

• sofortige personelle Unterstützung anfordern! (Ober- und/oder Facharzt) • Lageoptimierung → verbesserte Jackson-Position mit Unterpolsterung des Kopfes (10–15 cm) und mäßige Überstreckung im Atlanto-okzipital-Gelenk (= Schnüffelposition) → eventuelle Nachrelaxation mit einem kurzwirksamen Muskelrelaxans (Succinylcholin)! Die meisten schwierigeren Intubationsbedingungen sind durch eine nichtkorrekte Kopflagerung des Patienten bedingt → richtige Lagerung zur Intubation: Lagerung des Kopfes so, dass Mund-, Larynx- und Pharynxachse auf einer Linie liegen!) • BURP-Manöver nach Knill (backward, upward, right-sided pressure) bzw. OELM-Manöver nach Benumof (optimal external laryngeal manipulation) • Wechsel der Laryngoskopspatels – Spatelgröße (überlanger MacIntosh-Spatel Nr. V oder gerader Miller-Spatel und Versuch, vorsichtig die Epiglottis aufzuladen) – Spateltypus (Jüngling, Scherer, Wiemers, Ibler, Bellhouse) • Wechsel des Laryngoskoptypus – Hebel-Laryngoskop nach McCoy, durch das nach Abknickung der Laryngoskopspitze die Epiglottis noch weiter angehoben werden kann!

Allgemeine Grundlagen

– Laryngoskope mit endoskopischer Optik nach Bullard oder Bumm → deren Anwendung erfordert vom Anwender Geschicklichkeit und eine längere Übungphase vorab! – Bullard-Laryngoskop (⊡ Abb. 1.6): Spatel, in dem nicht nur eine Kaltlichtquelle, sondern auch ein Absaugkanal und eine Fiberoptik zur direkten Laryngoskopie eingearbeitet sind – Bumm-Laryngoskop (⊡ Abb. 1.7): normales McIntosh-Laryngoskop, auf das ein Zusatzinstrument in Form einer Führungshülse aufgesetzt wird. Durch die Führungshülse wird dann die mit einer Kaltlichtquelle versehene eigentliche Hopkins-Weitwinkeloptik von 30° oder 70° vorgeschoben – Vorteile der speziellen Laryngoskope: Intubation unter Sicht, geringe Verletzungsgefahr, Einsatzmöglichkeit auch bei Mikrogenie – Nachteile: Muskelrelaxierung und Narkose notwendig, adäquate Maskenbeatmung für den Einsatz unabdingbar • starre Intubationshilfen: retromolares Intubati-

11

– über die LM Größe 2 ein 4,5-ID-Tubus und über die LM Größe 1 ein Tubus mit 3,5 mm Innendurchmesser blind oder ggf. endoskopisch in die Trachea vorgeschoben werden – Intubationsversuch neuerdings über spezielle Intubationslarynxmaske (ILMA bzw. LMA-Fastrach) mit abgeknickter, metallener Führungshülse, über die ein 7,0- oder 8,0ID-Tubus je nach ILMA-Größe vorgeschoben werden kann → erfolgreiche Plazierung meist erst nach dem 2.–3. Versuch!

onsfiberskop nach Bonfils:

– – – –

ETT ≥6,5 mm ID hochwertige Optik kein Absaugkanal Einsatz des Macintosh- oder Zungenspatels, evtl. Esmarch- oder UK-Zungen-Handgriff • vorsichtige blinde orale Intubation mit dünnerem Tubus und mit herausschauendem, vorgeformtem Plastikführungsstab (≈ 2–3 cm), mit dem die Stimmbandebene sondiert und der bei/ nach Glottispassage zurückgezogen wird. Cave: Blutung und Schwellung nach mehreren forcierten und frustranen Intubationsversuchen! • retromolarer Intubationsversuch (schräge Einführung des Laryngoskops) • fiberoptische Intubation (klassische Methode) – des narkotisierten Patienten (95%ige Erfolgsrate) während Apnoe oder simultaner Maskenbeatmung über den Mainzer-Adapter mit dem Optosafe als Beißschutz • Intubationsversuch über eingelegte Larynx-

⊡ Abb. 1.6. Laryngoskop nach Bullard

maske (LMA)

– über eine LM Größe 4 kann ein Tubus mit 6,0 mm Innendurchmesser

1

⊡ Abb. 1.7. Laryngoskop nach Bumm

12

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

 blinder Intubationsversuch nach dem Prinzip der »light guided intubation« (Transilluminationstechnik) mit Hilfe des Trachlight-Stilettes: ein in der Länge an den Tubus adaptiertes, gebogenes Führungsstilett mit heller Lichtquelle an der Spitze, durch die die tracheale Lage anhand des optimalen transdermalen Lichtscheins verifiziert werden kann  notfalls blind-nasale Intubation (nach Rowbotham und Magill 1921) unter Spontanatmung und adäquater Oberflächenanästhesie, Tubusführung durch Tubusdrehbewegungen und/oder Kopfbewegungen des Patienten Cave: Blutungen aus dem Locus Kieselbachii bzw. Epi- und Mesopharynxbereich! → sollte im Zeitalter der Endoskopie nicht mehr durchgeführt werden! • Platzierung eines ösophagotrachealen EASYTube (Firma Rüsch) (⊡ Abb. 1.8) oder Kombitubus nach Frass

– notwendige Schneidekantendistanz zum blinden Einlegen: 25 mm Doppellumentubus mit 2 Cuffs (proximal/distal) + 2 Pilotballons + 2 Normkonnektoren + 2 Cuffspritzen, in 2 Größen erhältlich: Größen 41 Ch (>130 cm KG) + 28 Ch (>90 cm KG), blindes Einführen, bis schwarze Markierung und Zahnreihe übereinstimmen, Reihenfolge der Ballonblockung: erst pharyngealen proximalen Tubus mit 60–80 ml, dann den distalen Ballon mit 5–10 ml

⊡ Abb. 1.8. Platzierung des EASY-Tube

– häufig liegt der Kombitubus im Ösophagus: primär über den blauen pharyngealen Schenkel ventilieren → Luft fließt dann vom Pharynx über die Epiglottis in die Trachea (Atemgeräusch über den Lungen). Bei fehlendem Atemgeräusch und positiver Auskultation über dem Epigastrium liegt die Tubusspitze in der Trachea → Fortsetzung der Beatmung dann über den hellen, trachealen Tubusteil – Vorteile: technisch einfaches Einführen des Tubus, geringe Komplikationsrate, sofortige »tracheale« oder »ösophageale« Beatmungsmöglichkeit, weitgehender Schutz vor Aspiration – Nachteile: bei Platzierung in den Ösophagus ist eine tracheale Absaugung nicht möglich

Management bei Misslingen der Intubation, aber guter Ventilationsmöglichkeit • Aufwachenlassen des Patienten und Verschieben des Eingriffes → dann ggf. Regionalanästhesieverfahren • Weiterführung der Narkose unter Berücksichtigung des geplanten Eingriffs mit Hilfe einer Maskenbeatmung mit Krikoiddruck oder • Insertion der Larynxmaske ggf. mit Spontanatmung → letzteres Verfahren bietet einen höheren, aber keinen vollständigen Aspirationsschutz

13

Allgemeine Grundlagen

a

1

b

c

e

⊡ Abb. 1.9a–f. Retrograde Intubation a) Senkrechte Punktion der Membrana cricothyroidea, nach Aspiration von Luft; b) Absenken des Winkels auf 45° und erneute Aspiration von Luft; c) Einführen eines Peridual- oder zentralen Venenkatheters bzw. eines Seldinger-Drahtes (ca. 110 cm Länge) über die Punktionskanüle; d) Durchziehen des Drahtes durch den

d

f

Mund (Klemme am distalen Ende) e) Einführen des Endotrahealtubus über den Führungsdraht und Vorschieben bis zur Membrana cricothyroidea. f) Der Tubus muß weiterhin unter kontinuierlichen Druck gegen die Membrana cricothyroidea gehalten werden, dabei Klemme lösen und Führungsdraht herausziehen

14

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

• wenn Eingriff unbedingt zum derzeitigen Zeitpunkt und unter Intubationsnarkose durchgeführt werden muss → retrograde Intubation (1963 von Waters erstmals beschrieben) (⊡ Abb. 1.9a–f): – Einführung einer 14-G-Tuohy-Kanüle durch die Membrana cricothyreoidea (Ligamentum conicum) – Einführung eines Peridural- oder zentralen Venenkatheters durch die Tuohy-Kanüle retrograd in den Pharynx und transorale Ausleitung – anschließend anterogrades Einführen eines Endotrachealtubus (∅ 6,5 mm ID) über liegenden Katheter, der bei Passage der Punktionsstelle abgeschnitten wird

Management bei Misslingen von Ventilation und Intubation (Cannot intubate, cannot ventilate!) • Inzidenz: < 1:10.000 • erneuter Ventilationsversuch mit Guedel-Tubus und zweitem Helfer, der mit beiden Händen die Maske optimal positioniert Möglichkeiten bei Erfolglosigkeit • sofortiges Einlegen einer Larynxmaske (dann

Verfahren s. oben) oder ggf. • Platzierungsversuch eines EASY-Tube oder • Platzierungsversuch eines Kombitubus nach Frass Transtracheale Ventilation über Ambu-Beutel • über 14-G-Känüle nach Punktion der Membrana cricothyreoidea (zwischen Ring- und Schildkorpels) mit einer NaCl-gefüllten Spritze → Luftaspiration signalisiert die intratracheale Nadelspitzenlage → Konnektion der 14-G-Braunüle mit Tubusadapter (∅ 3 mm) oder über 2 ml-Spritze mit Tubusadapter (∅ 7,5 mm) • Komplikationen: subkutanes Emphysem, pulmonales Barotrauma, Pneumothorax, Blutung, Ösophagusverletzung Transtracheale Hochfrequenz-Jet-Ventilation

(HFJV) • über eine 14-G-Braunüle oder einen speziellen Jet-Ventilationskatheter nach Ravussin →

direkter Anschluss an das Hochfrequenzbeatmungsgerät mit beiden Punktionsmitteln möglich! • über einen blind in die Trachea inserierten Airway Exchange Catheter (z. B. Cook-Stab)

• Beatmung mit Jet-System → O2 wird unter einem hohen Flow und einer Frequenz von 60– 100/min zugeleitet → Venturi-Effekt: Luft aus der Umgebung wird mitgerissen • Cave: bei zu langer Inspirationszeit kommt es unter HFJV zur Behinderung der Exspiration mit Gefahr von Barotrauma • Vorteil: schnelles, relativ wenig traumatisierendes Verfahren Chirurgischer Zugang zur Trachea • Koniotomie (z. B. mit Fertig-Set Quick-Trach oder Nu-Trake) • Nottracheotomie z. B. durch den herbeigerufe-

nen HNO-Kollegen (Schonung des ersten Trachealknorpel → sonst Gefahr von Ringknorpelperchondritis!) • perkutane dilatative Krikothyreotomie mit 4,0– 5,0er-Tubus (weitere Ausführung s. unten!) Retrograde Intubation über Mandrin Einlegen des sogenannten Notfallrohrs (Fa. Storz)

• Kombination aus Intubationsspatel und starrem Bronchoskop mit Batteriehandgriff, distaler Glühbirne und Anschlussmöglichkeit an das Beatmungsgerät über speziellen Schlauchansatz (Intubationstracheoskop) • Voraussetzungen zur Anwendung des Notfallrohrs: Überstreckbarkeit der HWS, ausreichende Mundöffnung und Passierbarkeit der Mundhöhle • Nachteil des Nottfallrohrs: ausgeprägte Gewebstraumatisierung, erfordert viel Erfahrung, um schwere Verletzungen zu vermeiden! • Rückzug des Notfallrohrs über einen Gummibougie und Einlegen eines trachealen Tubus • Verfahren ist im Rahmen der »schwierigen Intubation« bei fortgeschrittenen Tumoren, die mit einer starken Blutung vergesellschaftet sind, der Fiberoptik überlegen! • abgestufte Rohrlängen ermöglichen auch den Einsatz im Kindesalter

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Allgemeine Grundlagen

Management bei erwarteter schwieriger Intubation Bei zu erwartenden Intubationsschwierigkeiten immer einen erfahrenen Kollegen (Facharzt) hinzurufen! Sorgfältige Vorbereitung

• Aufklärung des Patienten über das geplante Vorgehen • Überprüfung alternativer Methoden (Regionalanästhesieverfahren) • vor Intubationsversuch: ggf. Atropingabe, Aspirationsprophylaxe (Natriumcitrat, Metoclopramid, H2-Blocker), ggf. Magensonde legen und Magen absaugen, Applikation von Nasen- (Nasivin, Otriven) oder 10%igen Cocaintropfen, Oberflächenanästhesie mit Lokalanästhetikum mittels speziellem Zerstäuber • Präoxygenierung/Denitrogenisierung (>3 min mit 100% Sauerstoff) über dicht sitzender Maske oder mit NasOral-System, Insufflation von O2 über Nasensonde während des Intubationsvorganges • fiberoptische Intubation des wachen, mit Lokalanästhetika (LA) vorbehandelten Patienten als Methode der Wahl (Anästhesie des Larynx durch Instillation des LA durch den Arbeitskanal des Bronchoskopes ggf. via PDA-Katheter oder Instillation des LA durch Punktion der Membrana cricothyreoidea in die Trachea → der Patient wird wach bronchoskopiert, aber sediert intubiert! • eventuell bei Nichtvorhandensein eines Bronchoskopes: 1. konventioneller Intubationsversuch nach Situsbeurteilung unter optimalen Konditionen: – optimale Kopflagerung – kompetente Assistenz – verschiedene einsatzbereite Laryngoskope – verschiedene Tuben in unterschiedlichen Größen, u.U. ONK-Tubus, Führungsstäbe, Intubationszangen oder 2. Versuch der »Wachintubation« unter Spontanatmung nach ausgiebiger Lokalanästhesie des Pharynx-Larynxbereichs und nach vorsichtiger Sedierung des Patienten (Propofol)

1

→ so mindestens Laryngoskopie und Situsbeurteilung – notfalls blinde (Wach)-Intubation des allenfalls leicht sedierten und rachenanästhesierten Patienten ggf. unter Anwendung des Trachlight – Erwägung einer primären Tracheotomie in Lokalanästhesie durch den HNO-Kollegen, falls eine Intubation mit den genannten Maßnahmen als sicherlich unmöglich erscheint und/oder eine spätere Tracheotomie erforderlich ist ! Merke: Bei zu erwartender schwieriger Intubationen im HNO- und MKG-Bereich, sowie bei postoperativer Extubation von Patienten nach ausgedehnter Tumorchirurgie sollte immer ein Operateur in Tracheotomiebereitschaft sein!

Detailierte Erläuterung bestimmter Maßnahmen Blind-nasale Intubation Diese sollte im Zeitalter der Endoskopie nicht mehr durchgeführt werden! • Spontanatmung, entweder wacher Patient in Oberflächenanästhesie oder Allgemeinnarkose, z. B. flache Inhalationsanästhesie mit Spontanatmung • sorgfältige Oberflächenanästhesie mit Oxybuprocain (Novesine 1%) oder Lidocain (4% Xylocain Pumpspray) evtl. Blockade des N. laryng. sup. mit 2–3 ml Lidocain 1% unter Zungenbein oder 2–3 ml Lidocain 1% durch Ligamentum cricothyreoideum • Nasentropfen (z. B. Oxymetazolin-Trp. 0,5 ml in jedes Nasenloch) • Tubus und Naseneingang mit Lidocain-Gel einreiben • Tubus über unteren Nasengang horizontal bis in Oropharynx vorschieben • Ohr an Tubusende, Tubus unter leichten Drehbewegungen vorschieben bis Atemgeräusch maximal laut ist • bei Inspiration Tubus in die Trachea vorschieben • Tubuslage kontrollieren (Kapnographie!)

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1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Vorteile

Bronchoskopische (Wach)-Intubation

• Intubation ohne Mundöffnung möglich • eventuell bei Blutungen oder starker Verschleimung der bronchoskopischen Intubation überlegen • in der Hand des Geübten hohe Erfolgsrate

Sie ist die Methode der Wahl bei vorhersehbaren Intubationsschwierigkeiten. • Spontanatmung, entweder wacher Patient in Oberflächenanästhesie oder Allgemeinnarkose z. B. Inhalationsanästhesie mit Sevofluran oder Propotol/Remifentanil-Sedierung • sorgfältige Oberflächenanästhesie mit Oxybuprocain (Novesine 1%) oder Lidocain (4% Xylocain Pumpspray); evtl. Blockade des N. laryng. sup. durch Infiltration mit 2–3 ml Lidocain 1% unterm Zungenbein oder 2–3 ml Lidocain 1% durch Ligamentum cricothyreoideum ggf. Analgesie der Nasenschleimhaut mit gefärbter Cocainlösung 5–10% 0,5 ml in jedes Nasenloch → gute vasokonstringierende Wirkung; sonst Gabe von Nasentropfen (Oxymetazolin-Trp. 0,5 ml in jedes Nasenloch) oder Kombination aus Lidocain 4% und Phenylephrin 1% im Verhältnis 3:1 • ausgiebige Präoxygenierung/Denitrogenisierung • Anti-Beschlagmittel auf Bronchoskopoptik • Tubus über Bronchoskop schieben und fixieren • Tubus und Naseneingang mit Lidocain-Gel einreiben • sorgfältiges Absaugen des Oropharynx • Einführung des Bronchoskops durch das weitere Nasenloch nach beidseitiger Inspektion und weiteres Vorschieben entlang des unteren Nasengangs (bei der etwas schwieriger auszuführenden oralen fiberendoskopischen Intubation muss vorab ein Beißschutz eingelegt werden!) • Einstellen der Glottis und Anästhesierung des Kehlkopfeinganges und der proximalen Trachea durch gezielte Lidocainapplikation durch den Arbeitskanal oder einen durch diesen vorgeschobenen PDA-Katheter (Dosis 3–4 mg/kg), ggf. Anheben des Unterkiefers (wichtig, da eine Orientierung nur im entfalteten Raum möglich ist!) Bei schlechten Sichtverhältnissen, z. B. infolge Blut sollte die Optik über den Arbeitskanal mit 0,9%iger Kochsalzlösung freigespült und über die kontralaterale Nasenöffnung oder oral ein Absaugkatheter eingeführt werden. Nicht über den Biopsiekanal des flexiblen Bronchoskop absaugen → Verlegung der Optiklinse mit Sekret! • Bronchoskop in Trachea einführen • Narkoseeinleitung • Tubusplazierung

Nachteile

• häufig mehrere Versuche nötig • keine Einsicht in Pharynx- und Glottisregion, daher u. U. traumatisierend • Gefahr der HWS-Schädigung durch forcierte Kopfdrehungen

Notfall-Krikothyreotomie (Koniotomie) • Unterpolsterung der Schultern und Reklination des Kopfes • Aufsuchen der Membrana cricothyreoidea zwischen Ring- u. Schildknorpel • bei klassischer Koniotomie: mediane Längsinzision der Haut, stumpfes Präparieren des prälaryngealen Weichteilgewebes bzw. horizontales Spreizen mit der Schere, quere Stichinzision der Membrana cricothyreoidea mit senkrecht aufgesetztem Skalpell • oder Punktion der Membrana cricothyreoidea mit Spezialset und Vorschieben der Trachealkanüle über Dilatationsschleuse (Nu-trake) Vorteile

• letzte Möglichkeit bei Versagen anderer Methoden • schnell (Dauer < 90 s) • kommerziell erhältliche, gut ausgestattete Koniotomie-Fertigsets (z. B. Nu-Trake oder Quick-Trach) Nachteile

• hohe Komplikationsrate in ≈ 30% der Notkoniotomien: Verfehlen der Trachea, Perforation der Tracheahinterwand, Ringknorpelfraktur, Störungen der Stimmbandfunktion und Gefahr subglottischer Stenosen • meist wenig praktische Erfahrung des Durchführenden

17

Allgemeine Grundlagen

Vorteile

• Arbeiten unter Sicht • wenig traumatisierend • hohe Erfolgsrate Nachteile

• nicht überall verfügbar, hohe Anschaffungskosten • Bereitstellung benötigt einige Zeit • nicht für kleine Tubusdurchmesser geeignet → LF1-Bronchoskop von Olympus: Außendurchmesser 4,0 mm PM20-D-Bronchoskop von Olympus: Außendurchmesser 6,0 mm → je kleiner das Bronchoskop, desto geringer die Absaugleistung • Probleme durch Beschlagen des Bronchoskops, Blutung, Schleim

Postoperative Umintubation Bei geplanter postoperativer Umintubation (z. B. Austausch eines Bronchocath- Doppellumentubus gegen Magill-Tubus) empfiehlt sich folgendes Vorgehen: • Narkosevertiefung z. B. mit Midazolam oder Propofol, Opioidgabe • Nachrelaxierung bzw. erneute Vollrelaxierung mit einem nichtdepolarisierenden Muskelrelaxans • laryngoskopische Einstellung des Patienten und Beurteilung der Intubationsbedingungen • bei schwieriger Laryngoskopie z. B. durch pharyngeale/laryngeale Schwellung sollte der Tubus über eine Führungsschiene mit Hilfe eines Airway Exchange Catheter (z. B. Cook-Stab) gewechselt werden → über diesen intratracheal eingeführten Plastikmandrin kann notfalls der Patient mit einem Ambu-Beutel oder einem Hochfrequenzbeatmungsgerät ventiliert werden. Meistens reicht jedoch eine O2-Insufflation über den Stab aus. Komplikationsmöglichkeiten sind: Perforation des Tracheobronchialbaumes und Spannungspneumothorax

1

Bronchoskopie Historie 1897: erste translaryngeale starre Bronchoskopie durch G. Killian 1964: Entwicklung flexibler fiberoptischer Bronchoskope durch Ikeda

Bronchoskopeinteilung • nach Verwendungszweck (Intubationsbronchoskope, diagnostische Bronchoskope, Chipbronchoskope) • nach Größe (Außendurchmesser und Durchmesser des Arbeitskanals), sowie • nach dem Aufbau/Typ in – starre Bronchoskope – flexible, fiberoptische Bronchoskope

Aufbau des flexiblen Fiberendoskops • 2 Lichtleitbündel (10.000–15.000 Fasern, ∅ 10– 30 µm); Ausnahme: nur 1 Lichtbündel beim LF-2-Bronchoskop von Olympus • 1 Bildleitbündel (ca. 20.000 Fasern, ∅ 7–10 µm) • 1 Arbeitskanal mit unterschiedlichem Durchmesser (1,2–3,2 mm) • 2 Abwinkelungszüge (max. Abwinkelung von 180° bzw. 130° zur anderen Seite)

Starre Bronchoskopie (mit IPPV oder Hochfrequenzbeatmung) Indikationen

• massive Hämoptoe oder Fibrinausgüsse • Entfernung größerer endobronchialer Fremdkörper (besonders bei Kindern) • endobronchiale Lasertherapie oder Eingriffe an der Trachea • Stentplatzierung • Beurteilung der laryngealen und sublaryngealen Region (meist im HNO-Bereich)

18

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Durchführung der Bronchoskopie

Kontraindikation

Nicht bei instabiler oder fixierter HWS.

Handhabung des Fiberbronchoskop Nachteile

Indikationen

Bei der Bedienung eines Bronchoskops sind bis zu drei simultan auszuführende Manöver notwendig (⊡ Abb. 1.10): • achsengerechte Längsbewegung (Vor- und Zurückziehen des Einführungsteils) • Achsendrehung des gesamten Bronchoskops (nur bei gleichzeitiger Längsbewegung zur Vermeidung von Torsionskräften) • Abwinkelung des distalen Einführungsteils (»Up«- oder »Down«-Bewegung in einer Ebene)

• Atemwegssicherung z. B. fiberoptische Wachintubation • selektive Materialentfernung • endotrachelae und endobronchiale Befunderhebung • fiberoptische Assistenz z. B. bei Tracheotomien • therapeutische Interventionen z. B. Applikation von Medikamenten wie N-Acetylcystein, Surfactant etc.

Pulsoxymetrie, EKG, Blutdruckmessung (evtl. invasiv), intravenöser Zugang, Registrierung des endexspiratorischen CO2 mittels Kapnometrie/graphie, engmaschige Überwachung der Beatmungsparameter bei beatmeten Patienten (PAW, AMV, Beatmungsdrücke, FiO2).

Nachteile sind eine eingeschränkte Sicht in der Peripherie und die größere Belastung für die Patienten, z. B. infolge einer notwendigen tiefen Sedierung/Narkose evtl. mit Muskelrelaxierung.

Flexible, fiberoptische Bronchoskopie

Monitoring während der Bronchoskopie

Häufige diagnostische Indikationen für die fiberoptische Bronchoskopie bei Intensivpatienten

a

Pneumoniediagnostik: – BALa (2- bis 3-mal Gewinnung von 20–30 ml Spüllösung; bes. bei Immunsuppression) – Bürstenabstrich – geschürzte Bürste

Beurteilung der Schleimhaut, selektive Gewinnung von Sekretmaterial, Beseitigung einer Sekretretention, Ursachensuche (intra- oder extrabrochiale Obstruktion), ggf. transbronchiale Biopsie (Cave: hohe Komplikationsrate!)

Atelektasen

Nachweis, Ursachenfeststellung von Gasaustauschstörungen (z. B. bronchiale Obstruktion durch Schleimpfropf, Tumor, anatomisches Hindernis, Fremdkörper wie Zähne, Nahrungspartikel etc.)

Apperente Aspiration bzw. nach prä- oder intrahospitaler Notfallintubation: Nachweis/Ausschluss einer Aspiration, Sicherung von aspiriertem Material (pH- Bestimmung und Bakteriologie)

Beurteilung der Schleimhaut (Lavage ist obsolet!)

Thoraxtrauma

Nachweis/Ausschluss von Trachea- oder Bronchusverletzungen

Inhalationstrauma/Intoxikation

Beurteilung der Schleimhaut und des Ausmaßes (Rötung, Ödem, Nekrosen)

Tumorverdacht

Beurteilung der Schleimhaut, der Karina, Zytologiegewinnung, transbronchiale oder transkarinale Biopsie, BAL

Hämoptoe

Lokalisation der Blutungsquelle

Tubuslage

Tubuslokalisation (DLT)

Perkutane Tracheotomien

Lagekontrolle des Tubus, Nachweis von Läsionen und Blutungen

Atemwegsobstruktion

Tubusverlegung (Cuff-Hernien, Sekretverhalt, Bronchialkollaps, Tumor, Fremdkörper)

Nicht entfaltete Lunge nach Pneumothorax

Ausschluss/Nachweis einer Obstruktion oder bronchopleuralen Fistel

Die endobronchiale Sekretgewinnung hat eine Sensitivität von 73–100% und eine Spezifität von nur 27–67%!

19

Allgemeine Grundlagen

⊡ Abb. 1.10. Bedienung des Fiberbronchoskops

Häufige therapeutische Indikationen für die fiberoptische Bronchoskopie bei Intensivpatienten Atelektasen

Beseitigung von Aspiraten, Blut oder Sekret durch körperwarme NaCl-Lösung. oder Sekretolytika

Aspiration mit ALI/ARDS

gezielte Applikation von Surfactant (z. B. Alveofact)

Asthma

Absaugen von Schleimpfröpfen, direkte Applikation von bronchodilatorischen Lösungen

bronchopleurale Fisteln

Applikation von Fibrinklebern

Fremdkörper

Entfernung mit Zange oder Körbchen

Blutstillung bei Hämoptoe

Applikation von eiskalter NaCl-Lösung, 1 ml Noradrenalin-Lsg. (1:10.000), Xylometazolin-haltige Lösung, Vasopressin, Fibrin; endobronchiale Blockade, Lasertherapie

Positionierung von Bronchusblockern/ Univent-Tubus

Schutz der intakten Lunge vor Blutaspiration

fiberbronchoskopische Assistenz

im Rahmen der perkutanen Tracheotomie: Bestimmung der Punktionshöhe mittels Diaphanoskopie, Kontrolle der korrekten Lage des Seldinger-Drahtes

Komplikationen der Bronchoskopie Allgemein

Fieber (proinflammatorische Zytokine ↑) SIRS mit Temperaturanstieg

Gaswechsel

PaO2 ↓, SaO2 ↓, PaCO2 ↑, V T ↓, VA ↓, QS/QT ↑

Kreislauf

MAP ↑(↓), HF ↑(↓), SVR ↓, PCWP ↑, PAP ↑, PVR ↑, CI ↑(↓) , Arrhythmie, ST-Strecke ↓, ANP ↑, MVO2 ↑

zerebral

ICP ↑

Atemwege/Lunge

Reflektorische Broncho- und Laryngospastik Mechanische Mukosaläsion mit Blutung Auto-PEEP ↑ (Barotrauma) Resorptionsatelektasen (hohe Fi O2) Surfactant ↓, Infiltrat, Infektion

topisch applizierte Lokalanästhetika

allergisch-toxische Reaktionen (Konvulsion, Schock), PaO2↓

Atemmechanik

Ctot ↓ , RAW ↑

Dauersog lobär-segmental

Mikroatelektasen, PEEP ↓, V T ↓,(VA ↓),FRC ↓, PaO2 ↓, PaCO2 ↑, Mukosaläsion bei starkem Sog

Spontanatmung – ohne Tubus – mit Tubus

(F)VC ↓, FEV 1,0 ↓ PAW ↑(↓), PEEP ↑, Atemarbeit ↑

1

20

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Schwere Komplikationen treten in 0,5% der Fälle

2. sehr hohes Risiko:

– – – – – –

paO2 0,7 refraktärer paCO2 >55 mmHg PEEP >15 cm H2O akuter unkontrollierter Bronchospasmus akuter Myokardinfarkt 1,5fach verlängert oder Therapie mit Antikoagulanzien – Hirndruck ohne ICP-Monitoring – Urämie, pulmonaler Hypertonus

⊡ Abbildung 1.11 zeigt die Anatomie des Bronchi-

albaums mit den Bronchialsegmenten.

LINKE LUNGE

RECHTE LUNGE 19

Apical Posterior (1-2)

Apical (1)

Oberlappen

Posterior (2) Anterior (3)

22 10

16

13

50 Anterior (3)

Lateral (4)

Mittellappen

⊡ Abb. 1.11. Bronchialbaum mit durchnummerierten Bronchialsegmenten. (Aus Heck u. Fresenius 2004)

Lateral (4)

Superior (6) 9 Superior (6)

Medial (5) Anterior Basal (8) Lateral Basal (9)

Medial (5)

Anterior Basal (8)

Medial Basal (7) Posterior Basal (10) Posterior Basal (10)

Unterlappen

Unterlappen

Lateral Basal (9)

Oberlappen

Lingula

1

21

Allgemeine Grundlagen

Beurteilung von Behandlungsverfahren beim Atemwegsmanagement Siehe ⊡ Abb. 1.12. Beurteilung der Vorteile und Durchführbarkeit grundlegender Behandlungsverfahren: versus

A. nichtchirurgische Verfahren als primärer Versuch der Intubation B. Wache Intubation

chirurgische Verfahren als primärer Versuch der Intubation Versuch der Intubation nach Einleitung der Allgemeinanästhesie

versus versus

C. Erhalt der Spontanatmung

Verzicht auf Spontanatmung

B. Versuch der Intubation nach Einleitung der Allgemeinanästhesie

A. Wache Intubation

Versuch der Atemwegssicherung durch Intubation

Initialer Versuch der Intubation erfolgreich

Atemwege gesichert durch chirurgischen Zugang

Erfolg

Ab diesem Moment wiederholt an die Ratsamkeit folgender Optionen denken: 1. Rückkehr zur Spontanatmung 2. Patienten aufwachen lassen 3. Notruf-Hilfe herbeiholen, wenn möglich

Versagen

Bestätigung der Intubation durch Nachweis von endexspiratorischem CO2

Initialer Versuch der Intubation nicht erfolgreich

Abbruch der Beurteilung der Chirurgischer Behandlung Durchführbarkeit Atemwegsanderer zugang Möglichkeiten*

Notfallmäßiges Verfahren

NICHT notfallmäßiges Verfahren

Patient narkotisiert, Intubation nicht erfolgreich, Maskenbeatmung nicht adäquat

Patient narkotisiert, Intubation nicht erfolgreich, Maskenbeatmung adäquat Alternative Verfahren zur Intubation:

verschiedene Laryngoskopspatel, blind-orale oder nasale Intubation, fiberoptische Intubation, Wach-Intubation, Intubation mit Führungsdraht, retrograde Intubation über Führungsdraht, Transilluminationstechnik, chirurgischer Atemwegszugang

Erfolg

Wenn Maskenbeatmung inadäquat wird

Versagen

Bestätigung der Intubation durch Nachweis von endexspiratorischem CO2

in mehreren Versuchen

Operativer Eingriff in Maskennarkose

Patient aufwachen lassen →

siehe unter A. Wache Intubation

* Operation unter Maskenbeatmung, Lokal- oder Regionalanästhesie, Intubationsversuch nach Einleitung der Allgemeinanästhesie

⊡ Abb. 1.12. ASA-Algorithmus »Difficult Airway«

notfallmäßige Beatmung ohne chirurg. Intervention: Transtracheale (Jet)-Ventilation, Beatmung mit LM oder Combitubus

ein weiterer Intubationsversuch

Erfolg Chirurgischer Atemwegszugang

Notruf-Hilfe herbeiholen

Versagen Versagen notfallmäßiger chirurgischer Zugang zu den Atemwegen: Tracheotomie, Koniotomie

Erfolg Endgültige Atemwegssicherung endotracheale Intubation, Tracheotomie

22

1

Kapitel 1 · Atemwegsmanagement und Bronchoskopie

Ausgewählte Literatur Arne J et al. (1998) Preoperative assessment for difficult intubation in general and ENT surgery: predictive value of a clinical multivariate risk index. Br J Anaesth 80: 140–146 Benumof JL (1996) Airway management. Principles and Practice. Mosby, St. Louis Benumof JL (1996) The ASA Difficult Airway Algorithm. Laryngeal mask airway and the ASA difficult airway algorithm. Anesthesiology 84: 686–699 Cormack RS, Lehane J (1984) Difficult tracheal intubation in obstetrics. Anesthesia 39: 1105–1111 Doerges V, Paschen HR (2004) Der schwierige Atemweg, 1. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Finucane B, Santora AH (2003) Principles of airway management. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo Hartung HJ, Osswald PM, Petroianu G (2001) Die Atemwege. Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft, Stuttgart Hagberg CA, Hagberg CA, Allan R (1999) Handbook of difficult airway management. Churchill Livingstone, New York Heck M, Fresenius M (2004) Repetitorium Anästhesiologie, 4. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Krier C, Georgi R (2001) Airway-Management, 1. Aufl. Thieme, Stuttgart New York Mallampati SR et al. (1985) A clinical sign to predict difficult tracheal intubation: a prospective study. Can Anaesth Soc J 32: 429–434 Samsoon GLT, Young JRB (1987) Difficult tracheal intubation: a retrospective study. Anaesthesia 42: 487–490 Stewart CE (2002) Advanced airway management. Practice Hall 2002

2 Monitoring

Allgemeine klinische Überwachungsmethoden • • • •

Inspektion Palpation Auskultation Perkussion

Basismonitoring • • • • • • •

Herzfrequenz/Herzrhythmus Blutdruck Atemfrequenz Urinausscheidung Temperatur evtl. Messung des Bauchumfangs evtl. Pulsoxymetrie

Myokardischämien (ischämische ST-Streckenveränderungen) • die ST-Strecke beginnt nach dem J-Punkt (Ende des QRS-Komplexes) und dauert 60–80 ms • eine pathologische ST-Senkung liegt vor bei Veränderungen > 0,05 mV in der Extremitätenableitung und > 0,1 mV in der Brustwandableitung • ein präkordiales EKG mit den Ableitung II oder V5 reicht aus, um transmurale Ischämien im anterolateralen oder inferioren Bereich zu erkennen (80% der Myokardischämien), ist aber ungeeignet, um eine subendokardiale Ischämie, bes. im Bereich der Hinterwand des linken Ventrikels, zu erfassen. Da der linke Ventrikel für subendokardiale Ischämien am anfälligsten ist, lässt sich durch die üblichen EKG-Ableitungen eine Ischämie in diesem Bereich nur schwer erkennen. Zur Überwachung der Hinterwand, daher • Abl. II, V5 + V4 oder Poor man’s V5 EKG-Modifikation nach Kaplan

EKG-Monitoring • Standardmonitoring • Überwachung von Herzfrequenz, Rhythmus und Myokardischämien

Herzfrequenz, -rhythmus • kontinuierliche Überwachung • bei herzgesunden Patienten Standardableitungen nach Einthofen (I, II, III)

(⊡ Abb. 2.1) (Ableitung I und Elektrode in V5Position und Elektrode am rechten Manubrium oder unter rechtem Schulterblatt) kann ca. 96% der Myokardischämien anhand von ischämischen ST-Streckenveränderungen nachweisen • von einigen Autoren wird auch eine kontinuierliche EKG-Überwachung mit 12 Ableitungen (I, II, III, aVF, aVR, aVL, V1–6) empfohlen, um perioperative Myokardischämien zu entdecken

24

Kapitel 2 · Monitoring

Monitoreinstellung: Einthoven I

Rote Elektrode: Manubrium sterni Grüne Elektrode: Linkes AC-Gelenk

2

• Messprinzip beruht darauf, dass – – desoxygeniertes Hämoglobin (Hb) im Infrarotbereich (≈ 940 nm) weniger absorbiert wird als oxygeniertes Hb bzw. – oxygeniertes Hämoglobin im Rotbereich (≈ 660 nm) weniger Absorption als desoxygeniertes (=reduziertes) Hb zeigt! ! Merke:

• Bei einer Wellenlänge von 506 nm absorbiert

Gelbe Elektrode: V5-Position

oxygeniertes und desoxygeniertes Hämoglobin das emittierte Licht gleich • HbO2 (Oxyhämoglobin): Absorptionsmaximum bei 560 und 590 nm • Bilirubin: Absorptionsmaximum bei 460 nm (350–550 nm)

Partielle oder funktionelle Sättigung (pSO2) ⊡ Abb. 2.1. Poor man’s V5 EKG-Modifikation nach Kaplan

• der prozentuale Anteil des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) zur Summe von Oxy- und Desoxyhämoglobin wird als partielle oder funktionelle Sättigung (pSO2) bezeichnet SpO2 =

Pulsoxymeter • Standardmonitoring • 1972 von Takuo Aoyagi entwickelt • nichtinvasives Messverfahren zur kontinuierlichen Bestimmung der partiellen Sauerstoffsättigung (pSO2), mit einer Fehlerbreite von ca. 2% bei pSO2 –Werten > 70% • Kombination von Plethysmographie (Registrierung einer peripheren Pulswelle) und spektrometrischer Oxymetrie • Pulsoxymeter messen die Absorption von Licht mit nur 2 Wellenlängen (Rotlicht: 660 nm und Infrarotlicht: 940 nm) • gemessen wird die Differenz zwischen Absorption während der Diastole (venöses Blut, Gewebe, Knochen, Pigmente) und dem Spitzenwert während der Systole (es wird unterstellt, dass der Absorptionsanstieg während der Systole nur durch arterielles Blut verursacht wird) • Einsatz als Transmissions- oder Reflexionspulsoxymeter

HbO2 Hb + HbO2

• Dyshämoglobine und fetales Hb werden nicht berücksichtigt und in der Berechnung der Sättigung vernachlässigt! ! Merke: Im Normalfall ergeben sich aus den unten angegebenen O2-Partialdruckwerten folgende partielle Sättigungswerte paO2 (mmHg) (pCO2=40; pH=7,4; normale Temp.) SpO2 (%)

26 35 40 60

90 150

50 66 75 90

95 100

• normale Sauerstoffsättigung im arteriellen Blut: 96–98%

• normale Sauerstoffsättigung im gemischtvenösen Blut: 70–75%

Störgrößen, keine Werte messbar

• Bewegung (Shivering) • Zentralisation (Hypothermie, Hypovolämie, αadrenerge Substanzen)

25

Allgemeine Grundlagen

2

Beeinflussung der Pulsoxymetrie Durch folgende Faktoren: Keine Beeinflussung der pulsoxymetrischen Sättigungswerte

• • • • •

roter und purpurner Nagellack Hautfarbe HbF erhöhte COHb-Werte bis 14,5% weder in Hypoxie noch in Normoxie Hyperbilirubinämie (Bilirubin-Absorptionsmaximum bei 460 nm) (Bilirubinabsorptionsbereich von 350–550 nm)

Falsch hohe Werte → tatsächliche Sättigung (SpO2) ist niedriger!

• •

Xenon- und Fluoreszenzlicht MetHb bei Hypoxie (bei 5% MetHb + 1% COHb → deutliche Überschätzung); unter Hypoxiebedingungen wird eine 87,6% O2-Sättigung am Gerät angezeigt, obwohl die tatsächliche partielle Sättigung nur 80% und die mit dem CO-Oxymeter gemessene aktuelle fraktionelle Sättigung* (SO2) nur 72,5% beträgt

Falsch niedrige Werte → tatsächliche Sättigung (SpO2) ist höher!

• • • • • • •

farbiger Nagellack (blau, grün, schwarz) und Fingerabdruck-Tinte Infrarot-Wärmelampen infundierte Lipidlösungen und erhöhte Chylomikronenkonzentrationen Methylenblau (Absorptionsmaximum bei 660 nm) Indocyaningrün, Indigocarmin (Effekt hält nur wenige Minuten an!) MetHb-Werte (0,4 bis 8,4%) in Normoxie (geringfügige Unterschätzung) Onychomykose führt zu einem zu niedrig (3–5%) gemessenen Wert

* fraktionelle Sättigung s. Blutgasanalyse

Blutdruckmessung Die Blutdruckmessung stellt das Standardmonitoring zur Überwachung des Kreislaufs dar.

Nichtinvasive Blutdruckmessung Eine automatische Messung findet nach vorgegebenem Intervall statt.

Manuelle Blutdruckmessung • Manschettengröße (-breite) ca. 40% des Oberarmumfangs (bei Kindern: breiteste Manschette, die die Plazierung des Stethoskops in der Ellenbeuge noch erlaubt) • die Blutdruckmanschette sollte 70% des Oberarms umschließen • bei Oberarmumfang > 40 cm Messung am Unterarm oder an Unterschenkel

• zu große Manschette → keine Falschmessung • zu schnelles Ablassen des Manschettendrucks (> 3 mmHg/s) → falsch niedrige Werte Blutdruckmessung nach Riva-Rocci (RR)

• Korotkoff-Geräusche – systolischer Wert: beim Hören des Gefäßtones – diastolischer Wert: beim Verschwinden oder deutlich leiser werden des Gefäßtones • Berechnung des mittleren arteriellen Druckes (MAP) MAP = APdia +1/3 (APsys – APdia)

APsys = systolischer arterieller Druck, APdia = diastolischer arterieller Druck Palpatorische Blutdruckmessung

• systolischer Wert: wenn Puls wieder tastbar, ca. 10–20 mmHg tiefer als bei der Riva-Rocci-Methode • diastolischer Wert nicht zu messen

Fehlermöglichkeiten:

Blutdruckautomaten

• zu kleine Manschette oder zu locker angelegt → falsch hohe Werte

Hierbei handelt es sich meist um oszillometrische Messverfahren.

Kapitel 2 · Monitoring

26

Invasive (blutige) Blutdruckmessung (»Arterie«)

2

Indikationen Abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten und meist während invasiver und nicht invasiver Beatmung: • mehrfache arterielle Blutentnahmen • kontinuierliche Blutdruckmessung Vorteil

Der Druckkurvenverlauf kann einen zusätzlichen Hinweis auf die Volumensituation des Patienten geben (cardiac cycling = systolische RR-Schwankungen bei In- und Exspiration) (⊡ Abb. 2.2a,b)

Kontraindikationen • Gerinnungsstörungen (relativ) • Gefäßprothese bei A.-femoralis-Zugang • pathologischer Allen-Test für A.-radialis-Zugang  bei vitaler Indikation gibt es nur relative Kontraindikationen

nicht rosig, besteht eine ungenügende Perfusion der Hand über die A. ulnaris • ein pathologischer Allen-Test ist eine relative Kontraindikation für die Radialispunktion

Allgemeine Komplikationen • Blutung und Hämatome • Thrombose • Gefäßläsionen: Dissektion, Aneurysma, arteriovenöse Fistel • Verletzung umliegender Strukturen (Nervenschäden) • Infektion • passagerer Vasospasmus bei Fehlpunktion (sofortige, weitere Punktionsversuche oft erfolglos) • sekundäre Katheterfehllage, -dislokation, -diskonnektion mit Blutung • versehentliche intraarterielle Injektion mit Gefahr von Nekrosen ! Merke:

• Überprüfung der Konnektionsstellen • deutliche Kennzeichnung des arteriellen Zugangs!

Allen-Test

• Wert umstritten, aus forensischen Gründen jedoch empfehlenswert • Kompression von A. radialis und A. ulnaris, nach mehrfachem Faustschluss wird die Hand blass → A. radialis weiter komprimieren und A. ulnaris freigeben → nach 5 bis max. 15 s wird die Hand rosig (Reperfusion). Wird die Hand

A

Praktisches Vorgehen • aseptisches Vorgehen • je nach Punktionsort spezielle Lagerung (leicht überstreckte Hand bei A. radialis, leichte Unterpolsterung des Beckens bei A. femoralis) • Kontrolle der intravasalen (intraarteriellen) Lage

A

B

B Beatmungsdruck C

C

B

B

a

Normovolämie

b

⊡ Abb. 2.2a,b. (a) Normale arterielle Druckkurve. A Geringer Effekt der Beatmung auf die Druckamplitude; B hoher dikroter Umschlagpunkt; C große Fläche unter der Kurve. (b) Arterielle

Hypovolämie Druckkurve bei Hypovolämie. A Starker Effekt der Beatmung auf die Druckamplitude (paradox); B niedriger dikroter Umschlagpunkt; C kleine Fläche unter der Kurve

27

Allgemeine Grundlagen

• evtl. Einführen eines Führungsdrahtes nach der Seldinger-Technik • nach Einlegen der Kanüle Verbindung mit einem Spülsystem (3 ml/h mit 500 ml 0,9 % NaCl und 500 IE Heparin) und einem Drucksensor, bei Säuglingen und Kleinkindern: Perfusor mit 49 ml NaCl (G5%) und 1 ml Vetren (100 IE Heparin) mit 1,2 ml/h

2

Spezifische Nachteile

• retro-intraperitoneale Hämatome oder Darmperforation, wenn zu hohe Punktion • möglichst nicht bei Patienten mit AVK und nach Gefäßprothese der A. femoralis A. dorsalis pedis Vorgehen

• Einsatz einer 22- (24-) G-Kanüle.

Zugangswege A. radialis Vorgehen

• 20-(22) G-Kanüle nach vorheriger Lagerung der Hand (leichte Überstreckung) • Punktion im Winkel von 30–45 ° Spezifische Vorteile

Eine einfach zugänglich und kollaterale Blutversorgung über A. ulnaris.

Spezifische Nachteile ! Cave: höherer systolischer Blutdruck im Vergleich zum Radialisdruck (MAP ist gleich!).

A. temporalis superficialis Vorgehen

Einsatz einer 22- (24-) G-Kanüle. Spezifische Nachteile

! Punktionsort der 1. Wahl, bei Rechtshändern sollte bevorzugt die linke Seite kanüliert werden und umgekehrt

A. brachialis, A. axillaris Vorgehen

• 18-(20-) G-Kanüle mit ausreichender Länge (Seldinger-Set) • A. brachialis: medial der Bizepssehne in der Ellenbeuge • A. axillaris: in Achselhöhle, Klick bei Penetration der Gefäß-Nerven-Scheide Spezifische Nachteile

• N. medianus: Verletzung bei A. brachialis • Plexusläsion bei Hämatom A. femoralis Vorgehen

• 18- (20-) G-Kanüle mit ausreichender Länge notwendig! (Seldinger-Set) • evtl. leichte Unterpolsterung des Beckens • unterhalb des Leistenbandes  IVAN: von Innen: Vene, Arterie, Nerv Spezifische Vorteile

Oft erfolgreicherer Zugang, gerade bei Hypotonie.

• Luftembolie • bei Thrombose → Ischämie des Schädels und Gesichts

Probleme und Messfehler Durch eine Unter- bzw. Überdämpfung des Systems kommt es zu bedeutsamen Abweichungen der gemessenen Druckwerte – bei Unterdämpfung des Katheter-Druckaufnehmer-Systems zur Überschätzung des systolischen Blutdrucks und zur Unterschätzung des diastolischen Drucks. Die Resonanz eines Systems wird erniedrigt bzw. die Dämpfung verstärkt, wenn die Compliance des Schlauchsystems groß oder der Katheter sehr lang ist bzw. einen zu kleinen Innendurchmesser aufweist. Der Nachweis von Resonanz und Dämpfung des Systems erfolgt durch den so genannten »Fastflush-Test« zur Überprüfung der dynamischen Eigenschaften eines Kathetersystems. Durch das Spülen des Katheters werden der Fluss und der Druck im System abrupt angehoben und der Druckkurvenverlauf nach abruptem Spülstopp beobachtet. Eine gedämpfte Oszillation mit einem negativen Ausschlag gefolgt von einem einzigen positiven Ausschlag mit einer etwas schwächeren Amplitude zeigt eine optimale Dämpfung

28

Kapitel 2 · Monitoring

Unterdämpfung

Optimal

Überdämpfung

2

a

b

c

⊡ Abb. 2.3a–c. Dämpfungskurven. (Mod. nach Perret et al. 1996)

Indikationen

• Störungen der Ventilation und Oxygenation • Störungen des Säure-Basen- und Elektrolythaushalts • Laktat als Marker für anaeroben Stoffwechsel • Dyshämoglobine bei Rauchvergiftung, NO-Beatmung • Hb und Blutzucker sind auch durch getrennte Einzelmessverfahren zu bestimmen • zum HZV-Monitoring (Zentralvenöse Sättigung!)

Mehrwellenlängenoxymeter

Blutgasanalyse (BGA) Messung von • Partialdrücken (pO2, pCO2) • partieller Sauerstoffsättigung • Hb, HbO2 • pH-Wert • Basenexzess (BE) und Bikarbonat (HCO3–) • Elektrolyte (mit ionenselektiven Elektroden) • evtl. BZ- und Laktatmessung • Dyshämoglobine (COHb, MetHb, SulfHb) • fraktionelle Sauerstoffsättigung  Vorgehen • Blutentnahme in einer mit Heparin benetzten Spritze • nach Entnahme luftdicht verschließen und möglichst sofort analysieren. Ist das nicht möglich auf Eis lagern, um Erythrozytenstoffwechsel und Aufnahme oder Abgabe von Gasen zu minimieren • jedes °C Körpertempertatur < 37 °C erhöht den pH um 0,015! ein pH von 7,40 bei 37 ° ergibt bei 27 °C einen pH von 7,55 (dieselbe Blutprobe!) • die Messung erfolgt bei 37 °C (Korrektur auf die tatsächliche Patiententemperatur erfolgt bei entsprechender Eingabe automatisch durch das Gerät)

• Messung der fraktionellen Sauerstoffsättigung (SO2) • Messgeräte z. B. – CO-Oxymeter 2500 Fa. Ciba-Corning: spektrometrische Messung der Hämoglobinderivate bei 7 spezifischen Wellenlängen – Häm-Oxymeter OSM3 der Fa. Radiometer: 6 verschiedene Wellenlängen

Fraktionelle Sättigung (SO2) • die fraktionelle Sättigung (SO2) gibt den Anteil des oxygeniertem Hämoglobins (HbO2) am Gesamthämoglobin an • bei normaler Bindung von O2 an das Hb erreicht sie im arteriellen Blut ≈ 96–97% • bei vermindertem O2-Bindungsvermögen, d. h. Anwesenheit von Dyshämoglobinen (MetHb, COHb, SulfHb) und fetalem Hb, werden nur entsprechend kleinere Werte erreicht SO2 =

HbO2 Hb + HbO2 + COHb + MetHb + SulfHb

⎧ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩

des Systems an (⊡ Abb. 2.3b). Links davon der typische Druckkurvenverlauf bei einer Unterdämpfung (⊡ Abb. 2.3a), rechts bei einer Überdämpfung des Systems (⊡ Abb. 2.3c).

Dyshämoglobine

• normale Konzentrationen von Dyshämoglobinen – COHb: 0,5–1,5% → Raucher: 5% (max. 10%) – MetHb: 0,2–1,5% • Beeinflussung der fraktionellen Sättigung – bei steigenden Bilirubinwerten werden falsch niedrige SO2-Werte gemessen → Grund: mit beiden oben genannten Geräten werden erhöhte COHb-Werte registriert, welche aus einem falschen COHb-Anstieg auf den Boden eines

29

Allgemeine Grundlagen

Spektralfehlers und einem echten COHb-Anstieg infolge einer CO-Entstehung beim Abbau von Hämoglobin zu Bilirubin beruhen! – Früh- und Neugeborene besitzen in den ersten Lebensmonaten noch große Mengen an fetalem Hämoglobin (HbF), das andere Absorptionsspektren als das Hämoglobin des Erwachsenen aufweist → notwendige Korrektur der SO2-Werte bei co-oxymetrischer Bestimmung der fraktionellen Sauerstoffsättigung!

Gemischtvenöse Sättigung (SvO2) . Q SvO2 = . x Hb x SaO2 VO

• wird aus dem pulmonalarteriellem Blut bestimmt • sie gibt keinen Hinweis bezüglich des HZV und der peripheren Gewebeoxygenierung. So kann bei einer hypodynamischen Sepsis trotz Störung der peripheren Oxygenierung infolge verminderter Sauerstoffaufnahme und erhöhter Laktatbildung die SvO2 im Normbereich liegen! • normale gemischtvenöse Sättigung (SvO2) = 70– 80% (gemischtvenös pvO2 = 35–40 mmHg [bei FiO2 1,0])

Zentralvenöse Sättigung (SvO2) • wird aus dem über den ZVK entnommenen Blut bestimmt • liegt im Bereich der gemischtvenösen Sättigung bzw. leicht darüber

⊡ Abb. 2.4. CeVOX-Messgerät

2

• wird diskontinuierlich nach Blutentnahmen im BGA-Gerät oder neuerdings kontinuierlich mittels einer Messsonde bestimmt, die durch das Lumen eines normalen, kommerziell erhältlichen ZVK vorgeschoben wird (CeVOX-Messgerät der Firma Pulsion, ⊡ Abb. 2.4)

Arterieller O2-Partialdruck (paO2) • der arterielle O2-Partialdruck (paO2) bestimmt über die sog. O2-Bindungskurve die zugehörige Sättigung des Hämoglobins (SaO2 in %) paO2 = 70–95 mmHg (bei FIO2 0,21) paO2 = 640 mmHg (bei FIO2 1,0) • die Messung erfolgt elektrochemisch mit Hilfe der sog. Clark-Elektrode ! Merke:

• Ist eine arterielle Blutentnahme zu schwierig oder nicht möglich, kann aus gut perfundierten Bereichen (Ohrläppchen, Finger, Zehe) Kapillarblut entnommen werden. Dies hat eine enge Korrelation zu den arteriellen Werten • Der venöse O2-Partialdruck (pvO2 in mmHg) liefert keine Information über die Qualität des pulmonalen Gasaustausches

Arterieller CO2-Partialdruck (paCO2) • Entstehung in den Mitochondrien als Endprodukt des aeroben Stoffwechsels (auf 10 verbrauchte O2-Moleküle entstehen 8 CO2-Moleküle) → Dif-

30

2

Kapitel 2 · Monitoring

fusion im Gewebe entlang des Konzentrationsgefälle (46 → 40 mmHg) von intrazellulär nach arteriell und in der Lunge von gemischtvenös nach alveolär (46 → 40 mmHg) • entstehende Menge: ca. 200 ml/min in Ruhe • Transport im Blut größtenteils in – chemisch gebundener Form – als Bikarbonat: ≈ 50% in den Erythrozyten (hohe Carboanhydrase-Aktivität; das intra-erythrozytär entstandene HCO3– wird gegen extrazelluläres Cl– ausgetauscht [Reaktion: Hamburger-Shift]) und ≈ 27% im Plasma – als Carbamat (Carbaminohämoglobin): ≈ 11% (Hb · NH2 + CO2 ↔ Hb · NHCOO–+ H +) oder in – physikalisch gelöster Form: nur zu ≈ 12%

und von außen eine angelegte Spannung, die durch die eindringenden H+-Ionen verändert wird • mittels CO2-Elektrode mit dünner, nur für CO2 durchlässiger Teflonmembran, hinter der eine dünne Flüssigkeitsschicht mit Bikarbonat sich befindet, welche mit dem CO2 zu H2CO3 bzw. HCO3– + H+ reagiert. Die H+-Ionenkonzentration ist proportional der CO2-Konzentration  jedes °C Körpertempertatur < 37 °C erhöht den pH um 0,015! ein pH von 7,40 bei 37 ° ergibt bei 27 °C einen pH von 7,55 (dieselbe Blutprobe!) • die Messung erfolgt bei 37 °C (Korrektur auf die tatsächliche Patiententemperatur erfolgt bei entsprechender Eingabe automatisch durch das Gerät)

Haldane-Effekt

Siehe Gastrointestinum.

Es besteht eine Abhängigkeit der CO2-Bindung vom Oxygenierungsgrad des Hämoglobins → desoxygeniertes Hämoglobin vermag mehr CO2 zu binden als oxygeniertes Hämoglobin.

Transkutane pCO2-Messung (ptcCO2) Messverfahren

• mit Hilfe einer modifizierten CO2-Elektrode nach Severinghaus mit dünner, nur für CO2 durchlässigen Teflonmembran, hinter der sich eine dünne Flüssigkeitsschicht mit Bikarbonat befindet, welche mit dem CO2 zu H2CO3 bzw. HCO3– + H+ reagiert. Die H+-Ionenkonzentration ist proportional der CO2-Konzentration • Erwärmung des Hautbezirks unter der Elektrode auf 44 °C → bessere arterielle CO2-Diffusion, aber ptcCO2 > paCO2 wegen gesteigerter regionaler pCO2-Produktion!

pH-Wert Messmethoden • mit einer Glaselektrode aus Spezialglas, welche

für H+-Ionen durchlässig ist und einer Ag/AgCl-Referenzelektrode; dazwischen KCl-Lösung

Intramukosaler pH-Wert (pHi)

In- und exspiratorisches Gasmonitoring Messung der inspiratorischen O2-Konzentration (FiO2) Messmethoden • elektrochemisch:

– galvanische Zelle (Bleianode und Goldkathode in basischer Elektrolytlösung) Brennstoffzelle: O2 + 4e– + 2H2O → 4 OH– Pb + 2 OH– → PbO + H2O + 2e– – polarographischer Sensor (Clark-Zelle: Platin- und Silber(chlorid)-Elektroden) umhüllt mit einer O2-durchlässigen Membran; die angelegte äußere Spannung erfährt abhängig von der O2-Konzentration eine Veränderung

• paramagnetisch: in einem inhomogenen Magnetfeld befindet sich eine Hantel mit Spiegel, welche beim Umströmen mit Sauerstoff ausgelenkt wird (gelegentliche Überschätzung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration bis zu 15%)

31

Allgemeine Grundlagen

Indikation

Detektion ungenügenden O2-Anteils im Inspirationsschenkel. • unverzichtbares Monitoring bei Niedrigflussnarkosen (Low-flow, Minimal-flow)

2

sorption von Infrarotlicht (lineare Abhängigkeit von der Anzahl der CO2-Moleküle) • Massenspektrometrie • Raman-Spektrometrie Messverfahren • im Hauptstrom (Sensorkopf wird auf 39 °C zur

! Cave: Eine Messung der inspiratorischen O2-Konzentration gewährleistet, dass dem Patienten keine hypoxischen O2-Konzentration zugeführt wird, garantiert jedoch keine ausreichende arterielle Oxygenation

Kapnometer (etCO2, petCO2), Kapnographie

Vermeidung von Wasserdampfbildung aufgeheizt) oder • im Nebenstrom (Absaugen einer tubusnahen Gasprobe von 60 oder 200 ml/min, Anwendung frühestens bei Säuglingen > 5 kg) • Messgenauigkeit: – 2 mmHg im Bereich von 40–60 mmHg Normwerte

• Messung als Partialdruckeinheit petCO2 (mmHg) oder in Konzentrationseinheiten etCO2 (Vol.-%) • Kontinuierliche Messung der endexspiratorischen CO2-Konzentration (etCO2, petCO2) • Messung der inspiratorischen CO2-Konzentration (itCO2)

• petCO2 = 35–45 mmHg oder etCO2 = 4,5–6 Vol.-% • AaDCO2 = alveoloarterielle CO2-Differenz 2–5 mmHg Ursachen von petCO2 Veränderungen

Die Kapnographie ist ein wünschenswertes Monitoring, insbesondere bei • Beatmungsmonitoring bes. bei Patienten mit Hirndruck und pulmonalen Hypertonus • zur Tubuslagekontrolle nach schwieriger Intubation • bei Patienten mit Hyperthermie

• metabolisch (erhöhte bzw. erniedrigte CO2-Produktion, z. B. ↑ O2-Verbrauch ⇒ ↑ CO2-Produktion) • respiratorisch (verminderte bzw. erhöhte CO2Abatmung) • zirkulatorisch (pulmonale Hypo- bzw. Hyperperfusion) • gerätebedingt • Kombination von verschiedenen Ursachen

Messprinzip

! petCO2-Veränderungen können plötzlich oder all-

Indikation

• Messung der endexspiratorischen CO2-Konzentration auf der Basis der CO2-abhängigen Ab-

mählich auftreten, aber auch permanent vorhanden sein

Erhöhtes petCO2

Erniedrigtes petCO2

metabolisch

inadäquate Analgosedierung Hyperthermie, Sepsis, postoperatives Shivern, Nabic-Gabe, maligne Hyperthermie

tiefe Analgosedierung, (Schmerzen, Stress etc.), Hypothermie

respiratorisch

Hypoventilation (z. B. Leckage, Atemdepression, respiratorische Insuffizienz), obstruktive Lungenerkrankung, Bronchospasmus, Tubusknick

Hyperventilation, Bronchospasmus, Sekret, Schleimpfropf, Fehlintubation (primär, sekundär) Tubusverlegung (Tubusknick, Cuff-Hernie), PEEP-Beatmung

zirkulatorisch

erhöhtes HZV, Sepsis, erhöhte CO2-Aufnahme (z. B. bei Laparoskopie)

erniedrigtes HZV (akute Hypotension, Hypovolämie) Lungenembolie, Herzstillstand

gerätebedingt

Rückatmung (z. B. verbrauchter CO2-Adsorber, defektes Exspirationsventil), Fehlmessung (N2O-Kompensation), Patient presst gegen Beatmungsgerät

Leckage, Diskonnektion, Ausfall des Beatmungsgeräts, Fehlmessung (O2-Kompensation)

Fettdruck = plötzliche Veränderungen.

32

Kapitel 2 · Monitoring

Kapnographie Sie stellt die graphische Darstellung der gemessenen Werte über dem Atemzyklus dar (⊡ Abb. 2.5).

2

Kapnographiekurven (Beispiele)

A 1 2 3 4 5 B C

normale Kapnographiekurve Inspirationsphase beginnende Exspiration Plateau während der Exspiration endexspiratorisches CO2 (petCO2) beginnende Inspiration Atemwegsobstruktion Patient presst gegen Beatmungsgerät

⊡ Abb. 2.5. Kapnographiekurven

D Patient atmet während Exspiration ein E Rückatmung von CO2 F Magenbeatmung (petCO2 Abfall bis auf 0) bei intragastralem CO2 (z. B. nach Cola-Trinken) G Leckage oder partielle Diskonnektion H zu geringes Ansaugvolumen (Kindereinstellung) beim Erwachsenen eingestellt (60 ml anstatt 200 ml/min)

33

Allgemeine Grundlagen

Zentraler Venenkatheter (ZVK) Indikationen

• Messung des zentralen Venendrucks (ZVD) → Beurteilung des intravasalen Volumenstatus und der rechtsventrikulären Funktion (nur bei guter LVF mit EF > 40%) • zentralvenöse Applikation von Medikamenten (Katecholamine) • Gabe hyperosmolarer Lösungen (> 800 mosmol/ kg) • Notfallzugang, wenn peripher kein Zugang möglich ist • großlumiger ZVK (»Schockkatheter«) bei großem Blutverlust • Mehrlumenkatheter (2-Lumen, 3-Lumen, 4-Lumen) – kontinuierliche ZVD-Messung und freier Weg zur Applikation von Medikamenten – parallele Applikation von miteinander unverträglichen Medikamenten Kontraindikationen • relativ (abhängig von Zugangsweg)

– erhöhte Blutungsneigung – ausgeprägte Hyperkoagulabilität • absolut – keine Allgemeine Komplikationen

2

Praktisches Vorgehen • • • •

aseptisches Vorgehen Kopftieflage bei Punktion der zentralen Venen Kontrolle der intravasalen (intravenösen) Lage Einführen eines Führungsdrahtes nach der Seldinger-Technik

Kontrolle der intravenösen Lage • unsichere Methoden

– – – –

Blutfarbe Druck/Fluss an der Punktionskanüle Blutvergleich: arteriell-venös Blutgaskontrolle

• am sichersten – Druckmessung über Kanüle mit Druckkurve! (bes. bei Shuntkindern)  je großlumiger der einzuführende Katheter (z. B. »Schockkatheter«), desto wichtiger die sichere Lage Kontrolle der Katheterlage Wichtig ist die richtige Lage in der V. cava superior

(≈ 2 cm vor rechtem Vorhof) • intrakardiale Elektrokardiographie (α-Kard-System) (⊡ Abb. 2.6): EKG-Kurvenverlauf beim Vorschieben: normale p-Welle bei Lage in V. cava superior → hohe pWelle bei Lage in Vorhof, danach wieder ≈ 2 cm zurückziehen bis normale p-Welle im EKG • Thoraxröntgen (Lagekontrolle, Ausschluss von Komplikationen)

• Blutung und Hämatome • arterielle Punktion (Hämatom, Gefäßläsionen: Dissektion, Aneurysma, arteriovenöse Fistel) • Luftembolie, Führungsdrahtembolie • Verletzung umliegender Strukturen (Nervenschäden) • Perforation der Vene, bes. V. subclavia oder des rechten Ventrikels • Pneumo-, Hämato-, Infusionsthorax • Chylothorax bei Punktion der V. subclavia links mit Verletzung des Ductus thoracicus • katheterassoziierte Infektion • Venenthrombose • Katheterfehllage • Herzrhythmusstörungen ⊡ Abb. 2.6. Kontrolle der korrekten Katheterlage mit Hilfe des α-Kards

34

Kapitel 2 · Monitoring

! Bis zur Bestätigung der korrekten Lage ausschließlich isotone Lösungen infundieren

2

! Merke: die rechte V. jugularis interna sollte im Rahmen einer Herztransplantation zur posttransplantationären Myokardbiopsie geschont werden!

Zugangswege V. jugularis interna

V. anonyma

Vorgehen

Vorgehen

Die Vorpunktion mit kleiner Kanüle (22 G) wird empfohlen (⊡ Abb. 2.7a–c). Mittlerer Zugang: Punktion in Höhe des Schildknorpels, lateral der A. carotis; Kanüle parallel der A. carotis nach kaudal vorschieben.

Die Vorpunktion mit kleiner Kanüle (22 G) wird empfohlen • lateraler Zugang: Punktion ≈ 2 cm oberhalb der Clavicula und ≈ 2 cm lateral des medialen Ansatzes des M. sternocleidomastoideus (durch lat. Anteil) und lateral der V. jugularis externa. Kanüle in Richtung Jugulum vorschieben. Nach 1,5 bis max. 4 cm Punktion der V. anonyma, danach zum Einbringen des Führungsdrahtes Kanüle evtl. in einen steileren Winkel bringen • zentraler Zugang: Notfallzugang für Erfahrene. Punktion ≈ 1 cm oberhalb des Sternoklavikulargelenkes. Kanüle in 45 ° Winkel nach medial und kaudal vorschieben. Punktion der V. anonyma nach 1,5 bis max. 4 cm

Spezifische Vorteile

Es wird eine hohe Erfolgsrate erzielt. Spezifische Nachteile

• Punktion der A. carotis: Gefäßläsion (Hämatom mit Kompression der Atemwege) • Verletzung des Plexus brachialis • zervikale Nervenschäden (Horner-Syndrom, Phrenikusparese) • Vagusläsion • Pleurakuppenverletzung mit Pneumothorax • nicht bei Verdacht auf erhöhten Hirndruck (Abflussstörung) • keine beidseitigen Punktionsversuche ohne Thoraxröntgenkontrolle

Spezifische Vorteile

• Zugang auch ohne spezielle Lagerung möglich • Punktion auch im hypovolämischen Schock möglich

Bei linksseitiger Punktion zusätzlich

• schwierigere Katheterplazierung und erhöhte Gefahr der Gefäßverletzung durch Introducer wegen rechtwinkliger Einmündung der V. subclavia • Verletzung des Ductus thoracicus

a

b

⊡ Abb. 2.7a–c. Kathe terisierung der V. jugularis interna. (a) Verlauf der V. jugularis interna, (b) Punktion der Vene mit

Spezifische Nachteile

Die Katheterplazierung ist oft schwieriger

c der Kanüle, (c) Vorschieben des Katheters durch die Kunststoffkanüle in die obere Hohlvene

35

Allgemeine Grundlagen

2

V. subclavia

V. jugularis externa

Vorgehen

Spezifische Vorteile

Infraklavikulärer Zugang: Punktion ≈ 1–2 cm unterhalb der Clavicula am Übergang laterales 1/3 zu medialem 1/3 oder Medioklavikularlinie. Kanüle direkt unter Clavicula (Knochenkontakt) in Richtung Jugulum vorschieben (⊡ Abb. 2.8a–d).

Es handelt sich um eine leichte und komplikationsarme Punktion (wenn gut gefüllt).

Spezifische Vorteile

Die Punktion ist auch im hypovolämischen Schock möglich.

Spezifische Nachteile

• oft schwierigere Katheterplazierung über Einmündung in V. subclavia und erhöhte Gefahr der Gefäßverletzung durch Introducer • häufig Fehllagen (→ ipsilateraler Arm)

Spezifische Nachteile

V. basilica, V. cephalica

• Punktion der A. subclavia • Pneumo-, Hämato-, Infusionsthorax • keine beidseitigen Punktionsversuche ohne Thoraxröntgenkontrolle • bei ausgeprägtem Emphysemthorax nur als Ultima ratio  bei Thoraxtrauma ipsilaterale Punktion • links zusätzlich: Verletzung des Ductus thoracicus mit Chylothorax

Spezifische Vorteile

a

c

Die Punktion ist gefahrlos. Spezifische Nachteile

• höhere Infektions-, Thrombosegefahr (Thrombophlebitis) • starke Beweglichkeit • V. cephalica zusätzlich hohe Versagerquote wegen rechtwinkliger Einmündung in V. axillaris

b

d

⊡ Abb. 2.8a–d. Katheterisierung der Vena subclavia. (a) Anatomische Fixpunkte zur Punktion der V. subclavia, (b) Punktion der V. subclavia mit der Kunststoffkanüle, (c) Vorschieben des Katheters durch die Kunststoffkanüle in die obere Hohlvene, (d) Fixierung des Katheters auf der Haut

36

2

Kapitel 2 · Monitoring

V. femoralis

ZVD erhöht

Vorgehen

Zum Beispiel bei Hypervolämie, Rechtsherzversagen, Globalherzversagen, niedriges HZV, Perikarderguss, Spannungspneumothorax, PEEP.

• evtl. leichte Unterpolsterung des Beckens • unterhalb des Leistenbandes  IVAN: von Innen: Vene, Arterie, Nerv

ZVD erniedrigt Spezifische Vorteile

Zum Beispiel bei Hypovolämie, Schock, hohes HZV.

• leichte Punktion • hohe Erfolgsrate

ZVD-Wellen Spezifische Nachteile

• • • •

hohe Thromboserate Infektionsgefahr arterielle Fehlpunktion retro-, intraperitoneale Hämatome oder Darmperforation, wenn zu hohe Punktion

ZVD-Messung • bezogen auf das Niveau des rechten Vorhofs, der sich in Höhe des Schnittpunktes von vorderer Axillarlinie (3/5 des anterior-posterioren Thoraxdurchmessers) und der Senkrechten durch die Mamille befindet ! Es wird empfohlen, bei ZVD-Messung über Druckdom diesen ca. 5 cm unter der Höhe des linken Sternumrands zu platzieren!

• Normwerte: 5 (0–10) mmHg (1 mmHg = 1,36 cmH2O) • wichtiger als die Messung von Absolutwerten ist die Verlaufskontrolle • Beurteilung des intravasalen Volumenstatus und der rechtsventrikulären Funktion (nur bei guter LVF mit EF > 40%)

3 Druckmaxima (a, c, v) und 2 Druckminima (x, y) (⊡ Abb. 2.9) • a-Welle: rechtsatriale Kontraktion (Verlust der a-Welle und Prominenz der c-Welle bei Vorhofflimmern) – hohe a-Welle bei pulmonalem Hypertonus, Trikuspidalklappenstenose, Pulmonalklappenstenose, ↓ rechtsventrikuläre Compliance und AV-Block Grad III; Fusion von a- und c-Welle bei verkürzter PQZeit; – Kanonen-a-Welle bei AV-Dissoziation oder junktionalem Rhythmus • c-Welle: durch Kontraktion der rechten Kammer kommt es zur Trikuspidalklappenvorwölbung und zum kurzfristigen Druckanstieg • x-Welle: Vorhofdiastole (-erschlaffung) und Abwärtsbewegung der Klappenebene • v-Welle: rechtsatriale Füllung über die Hohlvenen und ventrikuläre Systole – hohe v-Welle bei Trikuspidalklappeninsuffizienz, Rechtsherzversagen, Pericarditis constrictiva, Herztamponade • v-Maximum nach dem II. Herzton (Schluss der Aorten- und Pulmonalklappe)

a v

c

y x ⊡ Abb. 2.9. Zentrale Venendruckkurve mit a-, c-,v- und x-, y-Wellen

37

Allgemeine Grundlagen

• y-Welle: Öffnung der Trikuspidalklappe, Relaxation des rechten Ventrikels und Ansaugen des Blutes aus den Vorhöfen mit konsekutiven Abfall des Vorhofdruckes  W- oder M-Form der ZVD-Kurve (a-v: neuer Plateaupunkt) bei Pericarditis constrictiva

Pulmonaliskatheter (PAK) Historie 1929 40er Jahre Ende 40er Jahre

1970

Forssmann: Rechtsherzkatheter im Selbstversuch Cournand entwickelt klassischen Rechtsherzkatheter Dexter beschreibt Pulmonalkapillarposition des Rechtsherzkatheter Swan und Ganz: klinische Einführung

Katheterarten 5-Charr-Doppellumenkatheter

• distales Messlumen oder Chandler-Sonde zur Schrittmacher-Stimulation ⇒ Paceport-PAK • Lumen mit Latexballon (kurz oberhalb des distalen Lumens) 7-Charr-Katheter: 4-lumig • distales Lumen:

⇒ Druckmesslumen (PAP und PCWP) ⇒ Entnahme von gemischtvenösem Blut • Ballonlumen • Thermistorelektrode (etwa 5–6 cm proximal der Katheterspitze) ⇒ Messung des Herzzeitvolumens (HZV) • Lumen mit Öffnung 25–30 cm proximal der Spitze (Öffnung ca. in Höhe re. Vorhof, V. cava sup.) ⇒ Messung des zentralen Venendruckes (ZVD)

2

oder • Glasfiberoptik zur distalen Spitze (Oxy-Cath) ⇒ kontinuierliche Registrierung der gemischtvenösen Sättigung Bei Kindern

• Kinder < 5 kg → 4 F-Thermodilutionskatheter (Fa. Arrow) • Kinder > 5 kg → 5,5 F-Thermodilutionskatheter mit Fiberoptik (Fa. Abbott) femoral eingeführt und radiologisch kontrolliert Indikationen

• strenge Indikationen gibt es sicherlich nicht, es können lediglich Empfehlungen ausgesprochen bzw. Erfahrungen weitergegeben werden • bislang konnte noch in keiner kontrollierten Studie eine Verbesserung des Patienten-Outcome durch den Einsatz des PAK belegt werden Empfehlungen • zur intraoperativen Überwachung bei

– High-risk-Patienten mit hohen Volumenumsätzen, zu erwartenden großen Blutverlusten oder Aortenabklemmung (z. B. TAAA, AAA) – schwerer Herzinsuffizienz (Stadium III-IV NYHA) – Myokardinfarkt vor pa > pv

Alveolardruck > pulmonalarterieller Druck > pulmonal-venöser Druck

Zone II

pa > pA > pv

pulmonal-arterieller Druck > Alveolardruck > pulmonal-venöser Druck

Zone III

pa > pv > pA

pulmonal-arterieller Druck > pulmonal-venöser Druck > Alveolardruck

Fehlinterpretationen des gemessenen PCWP bezüglich des LVEDP PCWP > LVEDP

• Mitralstenose (aufgrund des Gradienden über der Stenose) • ausgeprägte mitrale Regurgitation

2

• PEEP-Beatmung (ab ≈ 10 cmH2O), intrinsischer PEEP (z. B. umgekehrtes Atemzeitverhältnis) bzw. erhöhter intrathorakaler Druck • COPD • deutliche Tachykardie • Lage außerhalb der West-Zone III • Patienten mit ausgeprägter respiratorischer Störung (Konstriktion der kleinen Venen in hypoxischen Lungenarealen) PCWP < LVEDP

• Aorteninsuffizienz (vorzeitiger Schluss der Mitralklappe) • verminderte pulmonale Gefäßstrombahn (Embolie, Pneumonektomie) • verminderte Ventrikelcompliance (Aorteninsuffizienz, Myokardischämie, Vasodilatoren, Kardiomyopathie) ! Besonders die Erfassung von Veränderungen (PCWP, HZV, SVR, PVR) unter entsprechenden therapeutischen Maßnahmen (Volumengabe, Vasodilatoren, Katecholamine) steigert den Wert des PCWP als Überwachungsgröße der linksventrikulären Vorlast

Aussagen des Pulmonaliskatheters Detektion von Myokardischämien • ein akuter Anstieg des PCWP bzw. die Veränderungen der PCWP-Wellen (hohe a-, c- und vWelle) können ein Frühzeichen von Ischämien

Normalwerte Hämodynamik Mittelwert (mmHg)

Durchschnittswert (mmHg)

Zentraler Venendruck

ZVD

5

0–10

Rechter Vorhof, Mitteldruck

RAP

5

1–10

Rechter Ventrikeldruck sys./dia.

RVP

25/4

Pulmonalarteriendruck sys./dia.

PAP

23/9

15–32/4–15

Pulmonalarterienmitteldruck

MPAP

15

10–20

Pulmonalkapillardruck = Wedgemitteldruck

PCWP

9

5–12

17–32/0–8

Linker Vorhof, Mitteldruck

LAP

9

Linker Ventrikeldruck sys./dia.

LVP

120/9

90–140/5–12

Arterieller Systemdruck sys./dia.

AP

120/75

90–140/60–90

Arterieller Mitteldruck

MAP

85

5–12

70–105

42

Kapitel 2 · Monitoring

Differentialdiagnose des Low-output-Syndroms Wedgedruck bei der Differentialdiagnose des Low-output-Syndroms

2

Ursache des Low-output

ZVD

Hypovolämie

erniedrigt

erniedrigt

erniedrigt

Linksherzinsuffizienz

normal od. erhöht

erhöht

erhöht

Rechtsherzinsuffizienz

erhöht

normal

normal

Pulmonale Hypertonie

erhöht

normal

erhöht (> PCWP)

Lungenembolie

erhöht

normal

erhöht (> PCWP)

Globalherzinsuffizienz (Herztamponade)

erhöht

erhöht

erhöht

oder einer drohenden Ischämiegefahr sein. Diese Veränderungen gehen EKG-Veränderungen voraus (ST-Senkung in Ableitung V5 tritt erst verzögert auf) oder sind oft nicht im EKG zu erkennen (Ableitung II) • das Fehlen von Änderungen des PCWP schließt eine Myokardischämie jedoch nicht aus!

Bestimmung des Herzzeitvolumens (HZV) • »Golden Standard« in der klinischen Praxis: modifizierte Thermodilutionstechniken mit Pulmonalarterienkatheter (PAK) auf der Grundlage von Kälte- oder intermittierenden elektrischen Wärmeboli (Berechnung nach der Stewart-Hamilton-Gleichung bzw. deren Modifikation) Stewart-Hamilton-Gleichung: HZV =

k V1 (TB – T1) σTB(t)dt

k = Konstante, V1 = Injektatvolumen, TB = Bluttemperatur vor Injektion, T1 = Injektattemperatur, σTB (t)dt = Flächenintegral der durch Kältebolus hervorgerufenen Temperaturänderung

Prinzip: Nach Injektion einer Indikatorsub-

stanz in den Blutstrom ist die Blutflussrate an einem stromabwärts gelegenen Punkt der mittleren Indikatorkonzentration indirekt proportional  die Fläche unter der Thermodilutionskurve ist umgekehrt proportional zum Herzminutenvolumen (große Fläche = kleines HZV)

PCWP

diast. PAP

• kontinuierliches HZV-Monitoring (CCO-Monitoring) durch intermittierende elektrische Wärmeboli Weitere Methoden zur Messung des Herzzeitvolumens • Farbverdünnungstechnik mit Cardiogreen (jod-

haltig!) unter Anwendung des COLD-Systems • Ultraschallflussmessung (transtracheale oder transösophageale Echokardiographie) • Ultraschallflussmessung (transtracheale oder transösophageale Echokardiographie z. B. mit dem HemoSonic 100 → Messung des aortalen Blutflusses in der Aorta descendens) • Bioimpedanzmethode: nichtinvasiv (siehe unten) • indirekte kalorimetrische Messung mit Deltatrac Metabolic Monitor und Anwendung des Fickschen Prinzips

Ficksches Prinzip: VO2 = avDO2 × QL VO2 = O2-Aufnahme, avDO2 = arteriovenöse O2-Gehalt-Differenz, QL= Lungenperfusion ≈ HZV venöses Blut muss aus A. pulmonalis sein (invasiv) DO2 = caO2 × HZV (Norm: 900–1200 ml/min) HZV =

VO2 avDO2

(caO2 = SaO2 × caHb × 1,39 + paO2 × 0,003) (Norm: 19 ± 1 ml/dl)

43

Allgemeine Grundlagen

• Ventrikulographie (sehr genau, sehr invasiv) • Pulskonturanalyse mit COM-3 von Baxter: kontinuierliches Beat-to-beat-Messverfahren, das über Bestimmung der Herzfrequenz und des Schlagvolumens, welches aus der Fläche unter der Pulskurve nach der Formel von Wesseling berechnet wird Drei Verfahren: A. einmalige Eineichung mittels PAK und Ermittlung eines Koeffizienten ZAO ⇒ relative Abweichung vom HZV mittels Thermodilution von 23,9% B. intermittierend Nacheichung ⇒ relative Abweichung vom HZV mittels Thermodilution von 15,7% C. geschätzter ZAO-Koeffizient: 90 + Lebensalter ⇒ kein zuverlässiges Verfahren Probleme der HZV-Messung ( Thermodilutionsmethode)

• Injektionsort (rechter Vorhof) • zu langsame Injektatgeschwindigkeit (Bolus sollte innerhalb 2–4 s appliziert werden; Injektionspumpe)

• zu kleines Injektatvolumen und gleichzeitig niedrigem HZV (Unterschätzung des HZV um bis zu 30%) • zu hohe Temperatur des Injektats (> 20 °C) • Injektionszeitpunkt (endexspiratorisch) • Anzahl der Messungen (Mittelwert von 3 HZVMessungen) • klinische Störgrößen – Trikuspidalklappeninsuffizienz: HZV wird infolge der Regurgitation in den rechten Vorhof fälschlicherweise zu niedrig gemessen (Temperaturkurve mit flacher Amplitude und verlängerter Zeit) – intrakardiale Shunts: HZV wird fälschlicherweise zu hoch gemessen (unabhängig von der Shuntrichtung) – Rhythmusstörungen Sinustachykardie > 140/min (unzureichende Indikatormischung) Tachycardia absoluta (keine homogene Indikatormischung) – Katheterthrombus – inkorrekte Lage des Katheters (Thermistor liegt der Pulmonalarterienwand an oder in Westzone I/II)

Berechenbare Größen (Anhang) Formel

Normwerte

Schlagvolumen (SV)

= EDV-ESV

60–90 ml

Herzzeitvolumen (HZV = HMV = CO)

= HF × SV

4–8 l/min

RVEF

= SV/EDV

40–50% (< 35% ist pathologisch)

Schlagvolumenindex (SI)

= SV/KOF

35–65 ml/m2KOF

Herzindex (CI)

= HZV/KOF

2,5–4 l/min/m2KOF

Rechtsventrikulärer Schlagarbeitsindex (RVSWI)

= SI × (PAP-ZVD) × 0,0136

8–12 g × m/m²

Linksventrikulärer Schlagarbeitsindex (LVSWI)

= SI × (MAP-PCWP) × 0,0136

50–80 g × m/m²

Systemischer Gefäßwiderstand (SVR)

=

(MAP-ZVD) x 80 CO

900–1400 dyn × s × cm-5

Pulmonaler Gefäßwiderstand (PVR)

=

(MPAP-PCWP) x 80 CO

150–250 dyn × s × cm-5

HF = Herzfrequenz EDV = Enddiastolisches Volumen

2

ESV = Endsystolisches Volumen RVEF = Rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion

Kapitel 2 · Monitoring

44

syndrome«

Durch seine retrospektive Studie aus dem Jahr 1996 hat Connors et al. die Diskussion um den Sinn und Unsinn des Pumonaliskatheters entfacht. Hierbei konnte er zeigen, dass Patienten mit PAK vs. ohne PAK in den ersten 30 Tagen nach Anlage eine höhere Mortalität aufwiesen (⊡ Abb. 2.11). Nach einer 2003 veröffentlichten Studie von Sandham et al. führt der Einsatz des PAK bei älteren Hochrisikopatienten (n=1994) und größeren chirurgischem Eingriff zu keiner Verbesserung der 6- und 12-monatigen Überlebensraten.

PiCCO-System (Pulse Contour Cardiac Output von Pulsion) auf der Grundlage der transpulmonalen Doppelindikatorverfahren Indikationen

• Patienten unter intensivmedizinischer Therapie und mit den Zeichen eines »capillary leakage« im Rahmen einer Sepsis, zur Steuerung einer Katecholamintherapie bei kardialer Instabilität, allerdings keine Druck- und Widerstandsmessung im pulmonalen Stromgebiet möglich • Einsatz auch bei Kleinkindern ab 2 Jahren möglich (1,3-F-Sonde) Vorteile

• geringere Invasivität im Vergleich zum PAK: nur ZVK und arterieller Katheter (4- oder 5-FFemoralarterienkatheter) notwendig • kontinuierliches, atemunabhängiges HZV-Monitoring • Liegezeit des Systems bis zu 10 Tagen (vs. PAK max. 3 (–5) Tage) • Vorlastmonitoring in Kombination mit einen arteriellen Katheter (zusätzlicher Arterienkatheter entfällt) Nachteile

• relativ hohe Katheterkosten • Fehlmessung bei Z. n. Pneumektomie (ITBV überschätzt, EVLW unterschätzt), bei aortalem Aneurysma (ITBV und GEDV überschätzt)

100

Anteil Überlebende %

2

→ die Gefäßwiderstände werden nicht in mmHg pro ml/s, sondern als dyn × s × cm–5 angegeben: Umrechnung lautet 1 dyn × s × cm–5 = 1333 mmHg pro ml/s  mit dem PAK können 10 verschiedene Parameter des kardiovaskulären Systems und 4 verschiedene Parameter des systemischen Sauerstofftransports (Sauerstoffangebot, -aufnahme, -extraktionsrate und gemischtvenöse Sättigung) ermittelt werden! Nach Tuman wird doch sehr oft bei intraoperativ liegendem PAK keine HZV-Messung durchgeführt! Da die rote Kappe am Pulmonaliskatheter nicht entfernt wird, spricht er vom »red cap

90

Messverfahren ⊡ Abbildung 2.12 zeigt die Mischkammern im kar80

diopulmonalen System.

Kein PAK

70

p = 0,02

Zentralvenöse BolusInektion

PAK

RAEDV RVEDV

0 0

5

10

15

20

25

EVLW PBV

Arterieller TD-Katheter (z.B. PV2015L20) LAEDV LVEDV

30

Tage ⊡ Abb. 2.11. 30-Tages-Überlebenskurve von 2016 Patienten mit und ohne Pulmonalarterienkatheter

EVLW ⊡ Abb. 2.12. Schematische Darstellung der Mischkammern im kardiopulmonalen System

2

45

Allgemeine Grundlagen

Die mittlere Transitzeit anhand der Kety-SchmidFormel (mtt = Zeit bis zu der 50% des Indikators den Messort erreicht hat) wird folgendermaßen bestimmt: Vd mtt = . V

P [mm Hg]

AS

(1)

mtt: mittlere Transitzeit; Vd: Verteilungsvolumen; V: Durchfluss

Systolendauer

t [s]

⊡ Abb. 2.13. Druckkurvenverlauf

! Applikation eines Kältebolus ( 3,0 >850

850

10 10 10

Kat.

-V

Kat. +V +V(!) o.k. -V

750- 850- 750750850 1000 850 850 >5,5 >4,5 >5,5 10 µg/kg/min: • peripherer Widerstandsanstieg durch α1-Stimulation, HZV ↑, RBF ↓, erhöhte Natriumreabsorption

• Übelkeit und Erbrechen (DA2-Rezeptor-vermittelt) • Zunahme des intrapulmonalen R-L-Shunts • Suppression der hormonellen Regulation der Schilddrüsenfunktion (bes. bei Kindern) • Hypoprolaktinämie, welche zu einer eingeschränkten Lymphozyten- und Makrophagenaktivität führt → immunsupressiver Effekt! • Verminderung der Konzentration verschiedener Wachstumshormone → ggf. Ursache von nicht beeinflussbarer Katabolie des Intensivpatienten • Verringerung der Splanchnikusperfusion und pHi-Abfall bei septischen Patienten • Abfall des Atemminutenvolumens und der arteriellen O2-Sättigung, insbesondere bei respiratorisch grenzwärtig kompensierten Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz • Verstärkung von Ulkusblutungen infolge Erhöhung der Splanchnikusperfusion  die therapeutische Wirksamkeit von Dopamin zur Vermeidung des perioperativen Nierenversagen und der Mesenterialperfusion ist bislang nicht gesichert!  bei Patienten mit prärenal-ischämischem und toxischem Nierenversagen konnte Chertow (1995) nach zweiwöchiger Dopamintherapie eine erhöhte Dialysepflichtigkeit und nach 3 Wochen eine erhöhte Mortalität gegenüber der nicht mit Dopamin behandelten Gruppe nachweisen!  verminderte O2-Aufnahme → parakapilläre Shuntphänomene (in einer kleinen Studie führte dies zum Abfall des intramukosalen pH [pHi]) Rolle des endogenen Dopamins

• parakrines natriuretisches Hormon • Stimulation der proteinbedingten Hyperfiltration: GFR-Steigerung nach Proteinzufuhr durch endogene Dopaminfreisetzung und DA2-Rezeptorenstimulation

NW:

• Vasokonstriktion über α1-Rezeptoren und Noradrenalinfreisetzung • Angina-pectoris-Anfälle infolge Tachykardie, Herzrhythmusstörungen • Verminderung des Atemantriebs → Blockade der O2-sensitiven Rezeptoren im Karotis-und Aortenbogenbereich → verminderte Ansprechbarkeit auf Hypoxie!

Noradrenalin (Arterenol) • 1 Amp. à 1 ml = 1 mg • 1 Fl. à 25 ml = 25 mg WM:

• Stimulation von α-Rezeptoren und zu einem geringeren Anteil β1-Rezeptoren (positive Inotropie

59

Allgemeine Grundlagen

3

• Syntheseweg und -ort: s. Adrenalin • Elimination hauptsächlich durch Methylierung, Oxidation und neuronale Wiederaufnahme • HWZ: 1–3 min

• zusätzlich Reuptake-Hemmung der Katecholamine (vorwiegend Noradrenalin) → Steigerung des HZV und Nachlastreduktion bei Patienten mit chron. Herzinsuffizienz über die zahlenmäßig erhöhten β2-Rezeptoren! • experimentell: Erhöhung der Splanchnikusdurchblutung • keine Beeinflussung des intrapulmonalen L-RShunts nach gegenwärtigen Studien (auch während der Ein-Lungen-Ventilation!)

Ind:

Pha:

• erniedrigter peripherer Widerstand (z. B. septischer Schock) • Anhebung des zerebralen Perfusionsdrucks (CPP) bzw. des MAP z. B. bei Hirndruck, SHT oder intraoperativ bei Karotisendarteriektomie

• HWZ: 5–7 min, bis ca. 11 min (bei niedrigem HZV) • Elimination durch – Metabolisierung in der Leber zu inaktiven O-Methyl- und O-Sulfatderivaten – Ausscheidung > 50% renal, > 20% unverändert oder als Metaboliten über Fäzes

bei gleichzeitiger Erhöhung der kardialen Nachlast, teils Reflexbradykardie) • Anstieg des systolischen, diastolischen und mittleren arteriellen Blutdrucks Pha:

Dosis

evtl. initial Bolusgaben: • 1:10 – 1:1000 verdünnt nach Wirkung (z. B. 5–100 µg i.v.) Perfusor (z. B. 10 mg auf 50 ml): • 0,05–0,3 µg/kg/min Perfusor Kinder (3 mg auf 50 ml): • initial 0,1 ml/kg/h = 0,1 µg/kg/min

NW:

• hypertone Krise, Reflexbradykardie, Hautblässe, RBF ↓ und Diurese ↓ • Erhöhung des pulmonalvaskulären Widerstandes • Rhythmusstörungen und ggf. Kammerflimmern • Perfusionsstörungen im Gastrointestinaltrakt mit Ischämiegefahr • Angst- und Unsicherheitsgefühl, Tremor  eine subkutane Antikoagulation sollte auf i.v.-Antikoagulation umgestellt werden

Ind:

• Steigerung der Mesenterialperfusion Dosis

Applikation nur kontinuierlich i.v. Perfusor (z. B. 100 mg auf 50 ml): • 0,5–2-(4) µg/kg/min Perfusor Kinder (z. B. 30 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 1 µg/kg/min

NW:

• im oberen Dosierungsbereich oft Tachykardien und ventrikuläre Arrhythmien

Dobutamin (Dobutrex) WM:

Künstliche Katecholamine Dopexamin (Dopacard)

• hauptsächlich Stimulation von β1-Adrenorezeptoren und schwache β2-agonistische Wirkung → positive Inotropie und periphere Vasodilatation → LVEDP↓, HF →↑, HZV ↑, SVR ↓

1 Amp. à 5 ml = 50 mg Pha: WM:

• Stimulation von Dopamin- (DA1 und DA2) und vorwiegend β-Rezeptoren mit einer Selektivität von β1/β2 von 1:10

• Razemat aus R(+) und S(-)-Dobutamin, wobei R(+) ein α1-Antagonist und S(-) ein α1-Agonist ist → Wirkung wird gegenseitig aufgehoben (Pseudo-β-Selektivität)

Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente

60

• HWZ: 2–3 min • Elimination durch Konjugation mit Glukuroniden und Umwandlung zu pharmakologisch inaktiven 3-O-Methyl-Dobutamin durch Metabolismus mittels der COMT (keine über MAO)

3

Ind:

• Steigerung der Inotropie Dosis

Applikation nur kontinuierlich i.v. Perfusor (z. B. 250 mg auf 50 ml): • 2–10-(15) µg/kg/min Perfusor Kinder (150 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 5 µg/kg/min

NW:

• Hemmung der Thrombozytenaggregation (Vorteil bei KHK-Patienten) • Zunahme des intrapulmonalen R/L-Shunts bei hoher Dosierung • bei intravasaler Hypovolämie: Tachykardie und ggf. Blutdrucksenkung • Arrhythmien

NW:

• Tachykardie

Akrinor • Mischung aus Theodrenalin (Theophyllin und Noradrenalin) und Cafedrin (Coffein und Ephedrin) im Verhältnis 1 : 20 • 1 Amp. à 2 ml = 200 mg Cafedrin und 10 mg Theodrenalin WM:

• Stimulation von β1- und ß2 -Rezeptoren mit Blutdruckanstieg durch positive Inotropie ohne Anstieg des peripheren Gefäßwiderstands • keine bis nur geringe Beeinflussung der Plazentaperfusion → Einsatz in der Geburtshilfe bei hypotensiven Phasen unter Regionalanästhesie Ind: • Hypotonie Dosis

initial 1–2 ml einer mit NaCl 0,9% 2:10 verdünnten Lösung i.v.

Etilefrin (Effortil)

KI:

• N-Ethyl-Analogon von Phenylephrin • 1 Amp. à 1 ml = 10 mg

• Phäochromozytom; Mitralstenose, Schilddrüsenstörung

schwere

WM:

NW:

• überwiegende β1-Stimulation (aber auch β2 und α)

• pektanginöse Beschwerden, Herzklopfen, ventrikuläre Herzrhythmusstörungen

Pha:

WW:

• HWZ: 2–3min

• mit β-Blockern (Herzfrequenz ↓) • bei gleichzeitiger Verabreichung von Halothan kann es zum Auftreten von Herzrhythmusstörungen kommen • während und bis zwei Wochen nach Einnahme von MAO-Hemmern soll Akrinor nicht angewendet werden, weil es sonst zu krisenhaften Blutdruckanstieg kommen kann!

Ind:

• Hypotonie Dosis

initial1–2 mg i.v. (1:10 mit NaCl 0,9% verdünnt)

KI:

• Klappenstenosen, hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie

Orciprenalin (Alupent) • 1 Amp. à 1 ml = 0,5 mg, 1 Amp. à 10 ml = 5 mg

61

Allgemeine Grundlagen

WM:

• Stimulation der β1- und β2-Rezeptoren (Senkung des peripheren Widerstands und des diastolischen Blutdrucks) Pha:

3

• keine Erhöhung des myokardialen O2-Verbrauchs (im Gegensatz zu Katecholaminen) • lusitroper Effekt (Verbesserung der diastolischen Herzfunktion → Bezeichnung daher als Inodilatoren) • Wirkung auch bei β-Blockade oder β-Rezeptordown-Regulation!

• HWZ: 2 h • renale Elimination (unverändert oder nach Konjugation an Schwefelsäure)

Ind:

Ind:

• kurzfristige Therapie der schweren Herzinsuffizienz

• Sinusbradykardie, bradykarde Erregungsstörungen (AV-Block Grad II) • Intoxikation mit β-Blockern • ggf. als Bronchospasmolytikum Dosis

Bolus: • initial 0,1–0,2 mg i.v. (2–4 ml 1:10 verdünnt) Perfusor (z. B. 15 mg auf 50 ml): • 0,1–0,3 µg/kg/min (z. B.: 10–30 µg/min = 2–6 ml/h) Perfusor Kinder (3 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 0,1 µg/kg/min

KI:

• schwere obstruktive Aorten- oder Pulmonalklappenerkrankungen • hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie, ventrikuläres Aneurysma • schwere, ausgeprägte Hypovolämie, akuter Myokardinfarkt sowie Herzinsuffizienz infolge Hyperthyreose, akuter Myokarditis oder Amyloidkardiomyopathie • Kinder < 12 Jahren, Schwangerschaft und Stillzeit NW:

KI:

• hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) oder Aortenstenose

• Herzrhythmusstörungen (vorwiegend VES), Hypotonie • Thrombozytopenie (v. a. bei Milrinon und Enoximon), Fieber, gastrointestinale Störungen, Transaminasen↑, Myalgien, Anämie (bei Amrinon)

NW:

• Tachykardie, ventrikuläre Extrasystolen • Tremor, Kopfschmerz, Übelkeit

Phosphodiesterase-III-Hemmer bzw. Inodilatoren WM:

• Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels durch Blockade von Phosphodiesterasen → intrazellulärer Ca2+-Spiegel ↑ → additive Eigenschaften mit Katecholaminen • Steigerung der kardialen Inotropie und Chronotropie bei simultaner Reduktion der Nachlast → SV ↑ und HZV ↑, LVEDP und SVR ↓

! Cave: Vermehrte Todesfälle bei klinischen Langzeitstudienpatienten

Gruppeneinteilung • Bipyridinderivate: Amrinon (Wincoram) und Milrinon (Corotrop) • Imidazolderivate: Enoximon (Perfan) und Piroximon (in d. BRD nicht verfügbar)

Amrinon ( Wincoram) • erster selektiver PDE-III-Hemmer → 1983 in die Klinik eingeführt • 1 Amp. à 20 ml = 100 mg

Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente

62

3

Pha:

NW:

• • • •

• Herzrhythmusstörungen bis zum Kammerflimmern • Hypotonie, Kopfschmerzen • Abfall der Thrombozytenzahl, Anstieg der Transaminasen und des Bilirubins

HWZ: 2,5–6 h Maximaleffekt nach 2–5 min Wirkdauer für 60 min 30% renal unverändert ausgeschieden → Cave: bei Niereninsuffizienz und Herzinsuffizienz verlängerte HWZ bis zu 15 h • Plasmaproteinbindung: 30% Dosis

Perfusor (z. B. 100 mg auf 50 ml): • 5–10 µg/kg/min Perfusor Kinder (z. B. 90 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 3 µg/kg/min

 Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz ! Cave: Vorsicht bei primärer Bolusgabe (0,5–1,5 mg/kg) wegen der Gefahr einer ausgeprägten Vasodilatation mit Blutdruckabfall (entgegen der Dosierungsangabe des Herstellers)

WW:

• Inkompatibilität mit Glukoselösungen! ! Cave: • Vorsicht bei primärer Bolusgabe (0,5–1 mg/kg) wegen der Gefahr einer ausgeprägten Vasodilatation mit Blutdruckabfall (entgegen der Dosierungsangabe des Herstellers) • Enthält Ethanol! (9,8 Vol.-%)

Milrinon (Corotrop) • 1994 in die Klinik eingeführt • 20 mal stärker wirksam als Amrinon • 1 Amp. à 10 ml = 10 mg Pha:

Enoximon (Perfan) • 1991 in die Klinik eingeführt • 1 Amp. à 20 ml = 100 mg Pha:

• • • •

HWZ: ca. 2 h (bei Herzinsuffizienz > 6 h) Maximaleffekt nach 10–30 min Wirkdauer für 3–6 h (dosisabhängig) Metabolisierung des Enoximons zu 80% zu dem biologisch aktiven Sulfoxidmetaboliten Piroximon (20%ige Restaktivität), der renal ausgeschieden wird (Kumulationsgefahr bei Nierenfunktionseinschränkung) • Plasmaproteinbindung: 85% für Enoximon und 5% für Piroximon

• HWZ: 55 min bei eingeschränkter Nierenfunktion: > 3 h, bei Herzinsuffizienz: 2–3 h • Metabolisierung zu nur 12% in der Leber (Glukuronverbindungen) und zu 80–85% unveränderte renale Elimination (Cave: Niereninsuffizienz!) • Plasmaproteinbindung: 70% Dosis

Perfusor (z. B. 10 mg auf 50 ml): • 0,3–0,75 µg/kg/min • bei Niereninsuffizienz: (Kreatininclearance 5–50 ml/min) Dosis ↓ auf 0,2–0,4 µg/kg/min Perfusor Kinder (z. B. 6 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 0,2 µg/kg/min

Dosis

NW:

Perfusor (z. B. 100 mg auf 50 ml): • 2,5–10 µg/kg/min Perfusor Kinder (z. B. 60 mg auf 50 ml): • 0,1 ml/kg/h = 2 µg/kg/min

• schwere Nierenfunktionsstörung, ausgeprägte Hypokaliämien • Thrombozytopenie (< 100.000/µl), sowie Verminderung der Erythrozytenzahl und/oder Hämoglobinkonzentration

63

Allgemeine Grundlagen

• häufig ventrikuläre Arrhythmien, selten Kammerflimmern WW:

• gleichzeitige Gabe von Diuretika: diuretische und hypokaliämische Wirkung verstärkt ! Cave: • Vorsicht bei primärer Bolusgabe (0,05–0,1 mg/ kg) wegen der Gefahr einer ausgeprägten Vasodilatation mit Blutdruckabfall (entgegen der Dosierungsangabe des Herstellers) • Corotrop-Injektionslösung reagiert chemisch mit Furosemid und Bumetanid → verschiedene intravenöse Zugänge bei gleichzeitiger Anwendung

Kalzium-Sensitizer (Inoprotektoren) • herzwirksame Medikamente, welche die Sensitivität der kontraktilen Proteine erhöhen • zzt. einzige zugelassene Substanz ist Levosimendan (Simdax)

3

• fehlendes arrhythmogenes Potential • deutlich besserer Herzindex, Abfall des PCDrucks und geringere 30-Tage Mortalität im Vergleich zu Dobutamin (Lido-Studie) • rasche Resorption bei hoher Bioverfügbarkeit, HWZ: ca. 1 h (auch bei Niereninsuffizienz) Pha:

• Metabolisierung über hepatische Gluthationkonjugation • WM über Bindung an Troponin C und Sensibilisierung der kontraktilen Filamente (Verlängerung der Aktin- Myosin-Querbrückendauer) für Ca2+ → Steigerung der Inotropie ohne Erhöhung des myokardialen Sauerstoffverbrauches und Myokardprotektion (Halbierung der Letalität in den ersten 72 h nach Myokardinfarkt) • Aktivierung der ATP-abhängigen Kaliumkanäle → periphere Vasodilatation und Nachlastreduktion • zusätzlich Hemmung des PhosphodiesteraseIII-Abbaus Ind:

• akute Herzinsuffizienz besonders im Rahmen einer kardialen Ischämie

Levosimendan (Simdax, Orion Pharma) • gehört zur Gruppe der Pyridazinon-Dinitrile • positiv-inotrop wirkendes Pharmakon aus der Gruppe der Kalzium-Sensitizer • Steigerung der Schlagkraft des insuffizienten Herzens und Verbesserung der diastolischen Relaxation

Dosis

Initialer Bolus: • 6-24 µg/kg KG, anschl. Perfusor: • 0,1–0,2-(0,3) µg/kg/min

Übersicht der hämodynamischen Auswirkung von vasoaktiven Medikamenten Medikamente

SVR

HF

PCWP

CI

MAP

. Myokardialer VO2

Dobutamin Dopamin Adrenalin Noradrenalin Milrinon

↓ ↑↓ ↓↑ ↑↑ ↓

↑ ↑ ↑↑ ↑ ––

↓ ↑ ↑ ↑ ↓

↑ ↑ ↑ ↑ ↑

↑ –– ↓ ↑ ↑ ↑↑ ––

↑ ↑ ↑ ↑ ↓

64

Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente

!

3

1. Überlebensvorteil nach 6 Stunden und nach 14 Tagen bei Patienten nach Myokardinfarkt, die innerhalb von 5 Tagen für 24 Stunden Levosimendan vs. Plazebo erhalten hatten (RUSSLAN-Studie) 2. Geringere 31-Tage- und 6-Monate-Mortalität bei Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz (24 µg/kg Bolus und anschl. 0,1–0,2 µg/kg/min für 24 Stunden vs. Dobutamin = LIDO-Studie)

Ausgewählte Literatur Kersten JR et al. (2000) Levosimendan , a new positive inotropic drug, decreases myocardial infarct size via activation of K (ATP) channels. Anesth Analg 90: 5–11 Lehmann A. et al. (2003) Wirkt Levosimendan bei der operativen Versorgung des akuten Koronarsyndroms inoprotektiv? Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 38: 577–582 Moiseyev VS et al. (2002) RUSSLAN Study investigators. Safety and efficacy of a novel calcium sensitizer, levosimendan, in patients with left ventricular failure due to an acute mycardial infarction . A randomized placebo-controlled double blind study (RUSSLAN). Eur Heart J 23: 1422–1432

4 Blut und Blutprodukte

Blutgruppen AB0-System • die Blutgruppe richtet sich nach der Antigeneigenschaft der Erythrozyten • die Blutgruppenantigene A und B des AB0-Systems befinden sich an der Erythrozytenoberfläche. Das Antigen 0 gibt es nicht, man spricht allenfalls vom Merkmal H • die Blutgruppe A lässt sich in A1 und A2 unterteilen. Der Hauptunterschied zwischen den Untergruppen besteht darin, dass die Agglutination von A1-Erythrozyten bei Kontakt mit Anti-A-Serum wesentlich stärker und rascher verläuft. Für die Transfusion ist diese Unterteilung nicht von Bedeutung, da Antigen-Antikörper-Reaktionen zwischen A1 und A2 sehr selten auftreten und nur sehr schwach sind (Verteilung: A1 ≈ 20%, A2 ≈ 80%)

dieses Antigen, wird es als Rhesus-negativ (Rhneg) bezeichnet  Rhesusformel Ccddee (als Empfänger Rh-neg, als Spender Rh-pos)

Weitere Blutgruppenantigene • Antigene: Kell, Duffy, Lewis, Kidd, Lutheran, P und MNSs • Antikörper gegen diese Antigene werden erst nach Sensibilisierung gebildet • Patienten, die Antikörper eines dieser Systeme besitzen, dürfen kein Blut mit dem entsprechenden Antigen erhalten

Serumantikörper Antikörper sind Immunoglobuline und werden in reguläre und irreguläre Antikörper unterteilt. Reguläre Antikörper (Iso-Antikörper) • kommen regelmäßig im AB0-System, d. h. ohne

Rhesusfaktor • der Rhesusfaktor der Erythrozyten wird durch mehrere Antigene (Partialantigene) bestimmt (C, c, D, d, E, e) • das Rhesusantigen D ist wegen seiner starken Immunität das wichtigste und bei Transfusionen stets zu berücksichtigen • Blut, das Erythrozyten mit dem Antigen D besitzt, wird als Rhesus-positiv (Rh-pos) bezeichnet. Fehlt

Sensibilisierung vor (z. B. Anti-A, Anti-B). Sie werden jedoch erst im Lauf des ersten Lebensjahres entwickelt, d. h. Neugeborene besitzen in der Regel noch keine Iso-Antikörper des AB0Systems • gehören zu der Klasse der IgM-Antikörper und sind wegen ihrer Größe nicht plazentagängig • sie sind fast immer komplementbindend und somit hämolytisch wirksam

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

66

Irreguläre Antikörper • entstehen erst nach Sensibilisierung (z. B. nach

vorangegangener Transfusion oder nach Schwangerschaft gebildete Antikörper) • gehören zu der Klasse der IgM- oder IgG-Antikörper

4

• können gegen Untergruppen im AB0-System (A2, H) oder anderen Systemen (Rhesus, Kell, Duffy, Lewis, ...) gerichtet sein • wichtig sind irreguläre Antikörper der IgG-Klasse. Sie bleiben jahrelang nach Sensibilisierung erhalten und können eine lebensbedrohliche Transfusionsreaktion auslösen, außerdem sind sie plazentagängig, z. B. Rhesus (Anti-D, Anti-C, ...), Kell (Anti-K), Duffy (AntiFya), Lewis (Anti-Lea Anti-Leb) • irreguläre AK gegen die Untergruppen im AB0System (Anti-A1, Anti-H) besitzen sehr selten hämolytische Eigenschaften und sind somit klinisch nicht bedeutsam • irreguläre Antikörper der IgM-Klasse sind z. B. Kälteagglutinine. Sie sind außer bei tiefer Hypothermie (z. B. in der Kardiochirurgie) ohne klinische Bedeutung, da ihr Temperaturoptimum bei ≈ 20 °C liegt Blutgruppenhäufigkeiten Blutgruppe

Häufigkeit (in Westeuropa)

A 0 B AB

43% 40% 12% 5%

Rh-positiv Rh-negativ

85% 15%

Blutprodukte Frisches Vollblut (Frischblut) • weniger als 72 h altes Konservenblut (bis zu 6 h als Warmblut bezeichnet) • Herstellung: frisches Vollblut einer Einzelspende wird mit 63–70 ml eines sterilen, pyrogenfreien Stabilisators (CPDA-1) in einem geschlossenen Blutbeutel gemischt

• Volumen: 450–570 ml • Hämatokrit: 35–38,5% (abhängig vom Spender) • Leukozyten ≈ 100%, Plasma ≈ 100% (vom Vollblut) • plasmatisches Gerinnungssystem und Thrombozyten nahezu vollständig erhalten. Die Thrombozyten sind jedoch nach spätestens 72 h nicht mehr funktionsfähig. Ebenso besteht rasch ein Defizit an Faktor V und VIII, da sie am lagerunginstabilsten sind • höchste Immunität! • hohe Infektionsgefahr (HIV, HBV, HCV, Lues → bei Lagerung der Blutkonserve > 72 h und 4 °C sterben Treponemen ab)  darf nicht mehr in den Verkehr gebracht und transfundiert werden

Vollblut • länger als 72 h gelagertes Frischblut (max. 21 Tage) • Volumen: 450–570 ml • Hämatokrit: 35–38,5% (abhängig vom Spender) • Leukozyten ≈ 100%, Plasma ≈ 100% (vom Vollblut) • nicht mehr funktionsfähige Thrombozytenreste • Gerinnungsaktivität von Faktor V und VIII weitgehend aufgehoben (nach 10 Tagen noch ≈ 35%, nach 20 Tagen ≈ 25% Aktivität) • Mikrofilter (10–40 µm) wegen Mikroaggregaten notwendig  darf nicht mehr in den Verkehr gebracht und transfundiert werden

Stabilisatoren und Additivlösungen für Erythrozytenkonzentrate Stabilisatoren dienen der Antikoagulation und Membranstabilität von Erythrozyten zur Lagerung. ACD-Stabilisator • Aqua destillata, Citrat (Acidum citricum, Natrium citricum), Dextrose

• Lagerung bei 2–6 °C (erschütterungsfrei) bis 21 Tage

67

Allgemeine Grundlagen

CPD-A-1-Stabilisator • Citrat, Natriumdihydrogen-Phosphat, Dextrose, Adenin

• Lagerung bei 2–6 °C (erschütterungsfrei) bis 35 Tage Additive Lösungen dienen der Aufrechterhaltung

des Energiehaushalts und der Membranstabilität von Erythrozyten während der Lagerung und verlängern die Verwendbarkeit um 10–14 Tage gegenüber Stabilisatoren. SAG-M-Additivlösung • Sodiumchlorid (NaCl), Adenin, Glukose, Aqua ad inject., Mannitol

• Lagerung bei 2–6 °C (erschütterungsfrei) bis 42 Tage PAGGS-M-Additivlösung

• Natrium-mono- und -di-hydrogen-Phosphat, Adenin, Glukose, Guanosin, Sodiumchlorid (NaCl), Aqua ad inject., Mannitol • Lagerung bei 2–6 °C (erschütterungsfrei) bis 49 Tage → Antikoagulation (fällt ionisiertes Kalzium aus und hemmt somit Gerinnung) Phosphat → Unterstützung der ErythrozytenGlykolyse; hebt pH leicht an → mehr 2,3-Diphosphoglycerat bleibt erhalten (bis zu 1 Woche 2,3-DPG normal) 2,3-DPG ↓ ⇒ Linksverschiebung der O2-Bindungskurve ⇒ schlechtere O2-Abgabe ans Gewebe (analog: pH ↑, CO2↓, Temp.↓) Adenin → Lagerungsfähigkeitsverlängerung Dextrose, → Erythrozyten-Glykolyse → die enerGlukose giereichen Phosphate bleiben erhalten

Citrat

Lagerung

• Frischblut, Vollblut und EK müssen bei 2–6 °C in geeigneten Kühlschränken oder -räumen mit fortlaufender Temperaturregistrierung gelagert werden. Die Kühlkette soll auch während des Transports nicht unterbrochen werden, sofern sie nicht unmittelbar danach verwendet werden

4

Erythrozytenkonzentrat (EK) • alle verfügbaren EK enthalten in Abhängigkeit vom Herstellungsverfahren den größten Teil der Erythrozyten einer Vollbluteinheit • sie unterscheiden sich im wesentlichen durch den Gehalt an noch verbleibenden Leukozyten und Thrombozyten (»buffy coat«), Plasma (incl. Gerinnungsfaktoren) und Zusatz additiver Lösung zur Haltbarkeitsverlängerung  680 µg Ammoniak pro EK!  seit 2001 dürfen nur noch Leukozyten-depletierte zelluläre Blutkomponenten in den Verkehr gebracht werden

Buffy-coat-haltiges EK • Herstellung: nach Zentrifugation des Vollblutes wird das Plasma durch einfache physikalische Verfahren im geschlossenen System teilweise oder weitgehend von den Erythrozyten getrennt

• Volumen: 280–320 ml (40–70 ml Plasma und 10 ml Stabilisator) • Hämatokrit: > 80% • Leukozyten: ≈ 90%, Plasma: 20–30% (vom Vollblut)

Buffy-coat-freies EK • Herstellung: nach Zentrifugation des Vollblutes wird das Plasma und der Buffy-coat (Leukozyten und Thrombozyten) durch physikalische Verfahren im geschlossenen System teilweise oder weitgehend von den Erythrozyten getrennt. Zur Verbesserung der Konservierung wird das EK anschl. mit 40–70 ml Plasma resuspendiert • Volumen: 250–300 ml (40–70 ml Plasma und 10 ml Stabilisator) • Hämatokrit: > 80% • Leukozyten: < 50%, Plasma 20–30% (vom Vollblut)

Buffy-coat-freies EK in additiver Lösung • Herstellung: das Buffy-Coat-freie EK wird in 80–100 ml Additivlösung aufgeschwemmt • Volumen: 280–350 ml (10–25 ml Plasma)

68

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

• Leukozyten: < 20 %, Plasma: < 15% (vom Vollblut)

Leukozyten-depletiertes EK (gefiltertes EK)

4

• Herstellung: mittels spezieller Tiefenfilter (Leukozytendepletionsfilter) wird die Anzahl der Leukozyten weiter reduziert. Die Anzahl der Restleukozyten darf 1 × 106 Zellen pro EK nicht übersteigen. Leukozyten-depletierte EK können sowohl aus Buffy-Coat-freien EK als auch aus Buffy-Coat-freien EK in additiver Lösung hergestellt werden • Nachteile: Kontaminationsgefahr und fehlende Lagerungsfähigkeit bei Eröffnung des geschlossenen Systems: Sie sollten nach Eröffnen möglichst umgehend verwendet werden • Leukozyten: < 1%, Plasma: < 20% (vom Vollblut) Ind:

• Prävention einer Alloimmunisierung gegen leukothrombozytäre Merkmale bei absehbarer Langzeitsubstitution und Immunsuppression (auch vor Transplantation) • hämatologische Grunderkrankungen (aplastische Anämie, myelodyspla-stische Syndrome, transfusionspflichtige chronische Anämien, Leukämien) • Schwangere, wenn CMV-negative EK nicht verfügbar sind (Vermeidung einer intrauterinen fetalen CMV-Infektion) und ggf. HIV-Infizierte • herzchirurgische Patienten mit einem Transfusionsbedarf > 3 EK (seit 1999 in England und der Schweiz praktiziert) → geringe Inzidenz an Infektionen und geringere postoperative Mortalität • Zustand nach nichthämolytischer, febriler Transfusionsreaktion • Verhinderung des Refraktärzustandes gegen Thrombozyten • Reduzierung von intrazellulären, leukozytären Virenübertragung (CMV, HIV) • Prophylaxe des ARDS bei Massivtransfusion • evtl. Früh-, Neugeborene und Säuglinge bis zum ersten Lebensjahr

Gewaschenes EK • Herstellung: durch mehrmaliges Aufschwemmen und Zentrifugieren leukozyten-depletierter Erythrozyten wird der größte Teil des Plasmas, der Leukozyten und Thrombozyten entfernt. • Leukozyten: < 1%, Plasma: < 1% (vom Vollblut) • Nachteile: Kontaminationsgefahr und fehlende Lagerungsfähigkeit bei Eröffnung des geschlossenen Systems sowie waschbedingte Zellschäden Ind:

• Unverträglichkeit gegen Plasmaproteine, trotz Verwendung von Leukozyten-depletierten EK in additiver Lösung oder bei Nachweis von Antikörpern gegen IgA oder andere Plasmaproteine

Kryokonserviertes EK • Herstellung: gewaschene EK werden unter Zusatz eines Gefrierschutzmittels (Glycerin) tiefgefroren und bei mindestens -80 °C gelagert. Kryokonservierte EK sind praktisch frei von Plasma sowie intakten Leukozyten und Thrombozyten. Nach dem Auftauen muss das Glycerin wieder ausgewaschen und die EK müssen umgehend verwendet werden • Leukozyten: < 1%, Thrombozyten: < 1%, Plasma: < 1% (vom Vollblut) Ind:

• nur bei Patienten mit komplexen Antikörpergemischen oder mit Antikörpern gegen ubiquitäre Antigene, die nicht anders versorgt werden können

Bestrahltes EK • Herstellung: Bestrahlung mit 30 Gy kurz vor der vorgesehenen Transfusion. Zerstörung immunkompetenter Lymphozyten. Nach Möglichkeit sollten leukozyten-arme gefilterte EK bestrahlt werden • Nachteil: der lagerungsbedingte Kaliumaustritt aus den Erythrozyten wird durch Bestrahlung zusätzlich verstärkt

Fresh-frozen-Plasma (FFP)

Absolute Indikation

• • • • • • •

4

69

Allgemeine Grundlagen

intrauterine Transfusion Neugeborene (< 37. SSW) Stammzell- oder Knochenmarktransplantation autologe Stammzellenentnahme lymphoproliferative Erkrankungen Immundefizit-Syndrom alle gerichteten Blutspenden aus der engen Familie

Relative Indikation

• Patienten mit Malignom unter Hochdosis-Chemotherapie • Autoimmunerkrankungen • Morbus Hodgkin • Transplantation solider Organe (Immunsuppression) • Austauschtransfusion  für Kinder und Patienten vor/nach Transplantation sollten nur CMV-freie und bestrahlte Konserven verwendet werden!  die Gabe von Fremdblut führt zu einer klinisch fassbaren Immunsuppression bei reduzierter »natural killer cell activity« und reduzierter T-Zell-Entwicklung → verminderte Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantation, günstige Beeinflussung des postoperativen Verlaufs von Autoimmunerkrankungen wie z. B. Morbus Crohn, jedoch erhöhte Tumorrezidivrate nach EK-Gabe von Karzinompatienten

• Herstellung: innerhalb von 6 h (max. 24 h) tiefgefrorenes Plasma, welches aus einer Vollblutspende (≈ 270 ml) oder durch Plasmapharese (≈ 600 ml) gewonnen worden ist • Antikoagulanzien: Citrat-Phosphat-DextroseAdenin (CDPA) • physiologische Zusammensetzung prokoagulatorischer und profibrinolytischer Faktoren • Gerinnungsaktive Qualität von Frischplasmen abhängig von – Konzentration beim Spender (große interindividuelle Schwankungen bei Spendern von 0,6–1,4 U/ml jedes Gerinnungsfaktors, dabei entspricht 1 U/ml 100% Aktivität eines Plasmapools) – Lagerung (Temperatur) – Herstellungsverfahren (Virusinaktivierung durch Methylenblau, Hitze,...) – Auftauen (Temperatur und Geschwindigkeit): Soll: 25 min bei 37 °C – Die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII im aufgetauten Plasma soll mind. 70% der individuellen Ausgangsaktivität sein (also

mind. 0,7 U/ml, von BGA vorgeschrieben). – Nach dem Auftauen verlieren sie jedoch rasch an Aktivität ≈ 60–70% der Ausgangsaktivität nach dem Auftauen, außer Faktor V (≈ 40–50%), da sehr labil → FFP innerhalb einer ½ h nach dem Auftauen geben! nach 4 h nur noch 40–50% Aktivität vorhanden, nach 6 h 0%

Übersicht Erythrozytenkonzentrate Restanteil des Vollblutes (%) Präparat

Volumen (ml)

Hämatokrit (%)

Erythrozytenmasse

Leukozyten

Plasma

Vollblut

450–570

35–38,5

100

100

100

Buffy-coat-haltiges EK

280–320

60–80

≈ 90

≈ 90

20–30

Buffy-coat-freies EK

250–300

60–80

≈ 90

< 50

20–30

Buffy-coat-freies EK in additiver Lösung

250–350

50–70

> 80

< 20

< 15

Leukozyten-depletiertes EK

200–350

50–80

> 80

80

0,2 mV für eine Dauer von mind. 1 min in den Ableitungen II und V5  die restriktive Gabe von Erythrozytenkonzentraten (Hb-Transfusionswert < 7,0 g/dl vs. 10 g/dl sinnvoll sein! Mehr als 15 Tage lang gelagerte Erythrozytenkonzentrate scheinen ungeeignet zu sein, die globale und lokale O2-Versorgung beim kritischkranken Patienten zu verbessern! Maximal tolerabler Blutverlust (MTBV)

MTBV =

geschätztes Blutvolumen (70 ml/kg) x (Hkto – Hktmin) (Hkto – Hktmin)/2

Hkto = Ausgangshämatokrit, Hktmin = minimaler Hämatokrit

 für das Überleben von (Myokard)Gewebe ist ein unterer O2-Gehalt von 6 ml/dl, was einem Hb-Wert von 4,4 g/dl unter Raumluft entspricht, notwendig. Es liegen einzelne Berichte vor, dass Zeugen-Jehovas-Patienten Hb-Werte von 2,4 g/dl

Hb-Hk-Normalwerte und kritische Grenzwerte Transfusionsgrenzen Alter

Hb (g/dl)

Hk (%)

Frühgeborene Frühgeborene bis 2 Monate Neugeborene Säuglinge in der Trimenonreduktion 1 Jahr 6 Jahre Gesunder Erwachsener KHK-Patient

12–14 11–12 10 8 6–7 6–7 6–7 10

40–50 36–42 30–40 25–28 20–25 20–25 20 30

Grenzwerte werden gegenwärtig nicht einheitlich beurteilt

Normalwerte Hb (g/dl)

Hk (%)

15–25 9–12 10–15 10–15 12–16

45–65 30–42 35–45 35–45 40–50

4

73

Allgemeine Grundlagen

und Hkt-Werte von bis zu 4% ohne Organschäden überlebten → das Recht auf Selbstbestimmung (Art. 2 GG) ist bei erwachsenen bewusstseinsklaren Patienten zu respektieren (gegenüber dem Grundsatz der ärztlichen Behandlungsfreiheit). Anders hingegen bei minderjährigen Kindern, deren Eltern eine Bluttransfusion verweigern. Hier muss über das Vormundschaftsgericht eine Einwilligung zur Transfusion gegen den Willen der Eltern eingeholt werden (§ 1666 BGB). Im Notfall muss die Transfusion erfolgen, da sonst der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung zugrunde liegen kann Therapievorschlag Volumenverlust

Therapie

Blutverlust bis 20% des Blutvolumens

Ersatz mit Kristalloiden und Kolloiden

Blutverlust ab 30% des Blutvolumens

EK-Einsatz nach Hb-Wert FFP-Gabe im Verhältnis 4:1–2:1 (EK:FFP)

ab Verlust des einfachen Blutvolumens

EK-Einsatz nach Hb-Wert FFP-Gabe im Verhältnis 1:1 (EK:FFP)

ab Verlust des 1,5fachen Blutvolumens

EK-Einsatz nach Hb-Wert FFP-Gabe im Verhältnis 1:1 (EK:FFP) TK-Gabe im Verhältnis 1:1 (EK:TK) bzw. ab 50.000 Thrombozyten/µl

Verträglichkeitstests (Prophylaxe hämolytischer Transfusionsreaktionen) Vor jeder Transfusion müssen folgende Untersuchungen bzw. Tests durchgeführt werden: • Bestimmung der Blutgruppe und des Rh-Faktors • Antikörpersuchtest (indirekter Coombs-Test) beim Empfänger und Spender • Kreuzprobe • Überprüfung des Blutgruppenbefundes, der Kreuzprobe und der Konserve • Bedsidetest

Bestimmung der Blutgruppe und des Rh-Faktors Bestimmung der Blutgruppe

 Unter extremer Hämodilution sind Gelatinelösungen aufgrund eines erhöhten Transportvermögens von CO2 und keiner über das Maß des Hämodilutionseffektes hinausgehende Beeinflussung der Gerinnung zu bevorzugen

Blutgruppe

A B AB 0

Erythrozytenreaktion mit Testserum (Bedsidetest)

Serumreaktion mit Testerythrozyten

Anti-A

Anti-B

A-Zellen

B-Zellen

+ – + –

– + + –

– + – +

+ – – +

Kreuzprobe Mit der Kreuzprobe soll festgestellt werden, ob sich Antikörper beim Spender oder Empfänger befinden und eine hämolytische Transfusionsreaktion auslösen können. Die Kreuzprobe besteht aus 3 Stufen:

Dosis

Stufe 1 = Kochsalztest (= eigentliche Kreuzprobe)

Faustregel: 3–4 ml/kg EK ⇒ Erhöhung des Hb um ≈ 1 g/dl oder:

• Die Erythrozyten des Spenders werden mit dem Serum des Empfängers (Majorteil) und umgekehrt (Minorteil) zusammengebracht.

erforderl. Vol. = Blutvolumen (≈ 70 ml/kg) x Hktwunsch – HktAktuell Hkttranf.Blut

Majortest

HktWunsch HktAktuell Hkttranf.Blut

= gewünschter Hämatokrit = aktueller Hämatokrit = Hämatokrit der transfundierten Konserve (60–80%)

• Das Empfängerserum wird auf Antikörper gegen Spendererythrozyten untersucht. Minortest

• Spenderserum wird auf Antikörper gegen Empfängererythrozyten untersucht

74

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

• bes. wichtig bei Neugeborenen und Kleinkindern mit noch nicht ausgereiftem Immunsystem  tritt beim Major- oder Minortest nach Inkubation von 5 min bei Raumtemperatur und anschließender Zentrifugation schon eine Agglutination auf, besteht Unverträglichkeit und die weiteren Tests können weggelassen werden

4

Stufe 2 = Albumintest

• Suche nach kompletten Antikörpern oder Antikörpern, die in Kochsalz keine Agglutination hervorrufen • Zugabe von 30%-igem Rinderalbumin und Inkubation von 30–45 min bei 37 °C • nach Zentrifugation wird auf Agglutination untersucht Stufe 3 = Coombs-Test (direkter Coombs-Test)

• Die Suche nach inkompletten Antikörpern, die erst durch Zugabe von Coombs-Serum (Antihumanglobulin) eine sichtbare Agglutination bewirken. Die im Coombs-Serum enthaltenen Antikörper bilden eine »Verbindungsbrücke« zwischen inkompletten Antikörpern.

Antikörpersuchtest (indirekter CoombsTest) Bei Empfänger und Spender • hier werden im Unterschied zur Kreuzprobe gepoolte Testerythrozyten mit einer optimalen Anzahl von Antigenen mit Empfänger- bzw. Spenderserum vermischt • Aufdeckung der meisten irregulären bzw. inkompletten Antikörper wie z. B. Rhesus, Kell, Duffy, Lewis, Kidd, ... • eine weitere Identifizierung von irregulären Antikörpern erfolgt dann gegebenenfalls mit speziellen Testerythrozyten

Bedsidetest • mit dem Bedsidetest sollen Vertauschungen und Verwechslungen bei der Blutabnahme, bei der Kreuzprobe oder bei der Zuordnung der Blutpräparate zum Patienten entdeckt werden • der Bedsidetest ist unmittelbar vor der Transfusion vom transfundierenden Arzt oder unter seiner

Aufsicht durchzuführen, um die AB0-Blutgruppe des Empfängers zu bestätigen. Das Ergebnis ist schriftlich zu dokumentieren. Eine Testung der Konserve ist nicht mehr vorgeschrieben! • eine Bestimmung des Rhesusfaktors oder eine Blutgruppenkontrolle des EK (»Inhaltskontrolle«) ist nicht vorgeschrieben • bei Eigenblut muss der Bedsidetest vom Empfänger und von der Eigenblutkonserve (»Inhaltskontrolle«) durchgeführt werden, um Vertauschungen zu vermeiden, da hier keine Kreuzprobe erfolgt ! Maßnahmen vor Transfusion Vor Beginn der Transfusion hat der transfundierende Arzt persönlich zu überprüfen: • den Blutgruppenbefund des Empfängers und evtl. vorliegende irreguläre Antikörper • ob die Konserve für den entsprechenden Empfänger bestimmt ist • ob die Blutgruppe der Konserve (Konservenetikett) dem Blutgruppenbefund des Empfängers entspricht • ob Verträglichkeit besteht (negative Kreuzprobe) und die Kreuzprobe noch Gültigkeit besitzt (in der Regel 72 h) • ob die angegebene Konservennummer mit dem Begleitschein übereinstimmt • ob die Konserve unversehrt und das Verfallsdatum nicht überschritten ist • Durchführung des Bedsidetests (oder unter seiner Aufsicht)

Auswahl von Erythrozytenkonzentraten Blutgruppenkompatible Transfusion von EK Patient (Empfänger)

Kompatible EK

A B AB 0 Rh-positiv Rh-negativ

A (0) B (0) AB (A, B, 0) 0 Rh-positiv (Rh-negativ) Rh-negativ (evtl. Rh-positiv)

 nach Möglichkeit sollte AB0 - und Rh-blutgruppengleich transfundiert werden

Allgemeine Grundlagen

• einem Rh-neg-Empfänger darf Rh-pos-Blut nur im Notfall transfundiert werden, da der Empfänger Antikörper bildet, die oft lebenslang erhalten bleiben. Wird einem solchen Patienten erneut Rh-pos-Blut übertragen, kann eine schwere hämolytische Transfusionsreaktion ausgelöst werden  die Gabe von Rh-positivem EK sollte bei Rh-negKindern und Rh-neg-Frauen im gebärfähigen Alter unbedingt vermieden werden • »Universalspenderblut 0« Erythrozyten der Blutgruppe 0 lassen sich praktisch reaktionslos auf blutgruppenungleiche Empfänger übertragen. Da jedoch in EK der Blutgruppe 0 immer noch ein Plasmaanteil mit Anti-A- und Anti-B-Antikörpern vorhanden ist, ist die Menge der übertragbaren EK begrenzt. Bei größeren Transfusionsmengen werden die Empfängererythrozyten geschädigt, da dann die Verdünnung der Antikörper nicht mehr ausreichend hoch ist. Bei EK mit geringem Plasmaanteil (gewaschene EK) brauchen die Isoantikörper des AB0-Systems im Spenderplasma nicht berücksichtigt werden. Solche EK können im Bedarfsfall unter Berücksichtigung der Majorkompatibilität im AB0-System unbedenklich übertragen werden • bei Austauschtransfusionen an Neugeborenen muss das für den Austausch herangezogene EK mit der AB0-Blutgruppe der Mutter und des Kindes kompatibel sein

Mikroaggregate und Blutfiltration • bei der Lagerung von Blutkonserven entstehen durch Alterung der Blutbestandteile Mikroaggregate, die sich durch Stabilisatoren- und Antikoagulanzienzusatz nicht verhindern lassen. Auch in Blutpräparaten mit neueren additiven Lösungen lassen sich Mikroaggregate nachweisen • sie setzen sich zusammen aus gealterten, zerfallenen oder degenerierten Thrombozyten, Leukozyten, Zellfragmenten, Fibrin, Lipiden und denaturierten Proteinen • bereits nach wenigen Stunden kommt es zur Thrombozytenaggregation, nach 24–48 h zu stabilen Mikroaggregaten

75

4

Die Übertragung von Mikroaggregaten

• spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Posttransfusionslunge • führt zur Aktivierung körpereigener Thrombozyten mit Sequestration in der Milz (→ Thrombozytopenie 2–4 Tage nach Transfusion) Blutfiltertypen Flächenfilter sind Siebe aus Polyester mit Poren

einer definierten Größe von 10–200 µm. Partikel, die größer als die jeweiligen Poren sind, werden mechanisch abgeschieden. Flächenfilter sind z. B. der Standardfilter (170 µm), PALL-Ultipor SQ 40 (40 µm), Mikrofilter MF 10 (10 µm) oder Microtrans (10 µm). Kaskadenfilter bestehen aus 3–4 hintereinander geschalteten Flächenfiltern mit zunehmend kleineren Porengrößen. Kaskadenfilter haben aufgrund der großen Gesamtoberfläche schnellere Durchflusszeiten als Standardfilter, z. B. MF 10 mit den Porengrößen 200, 50, 20 und 10 µm oder Microtrans mit den Porengrößen 150, 50 und 10 µm. Tiefenfilter bestehen z. B. aus Dacronwolle und eli-

minieren Partikel aus dem Blut vornehmlich durch Adsorption als durch mechanische Trennung. Mit zunehmender Flussgeschwindigkeit werden weniger Partikel adsorbiert bzw. können sich adsorbierte Partikel wieder lösen.  Hinweise • ob routinemäßig Mikrofilter (10–40 µm) zur Transfusion eingesetzt werden sollen, ist noch umstritten. Sie scheinen jedoch folgende Vorteile zu bieten: bei Herzchirurgie mit EKZ, Neonatologie, Massivtransfusion, Patienten mit Thrombozytopenie und bes. gefährdeten Patienten (Polytrauma, pulmonaler Vorerkrankung, Sepsis oder zu erwartender häufiger Transfusion) • bei der Autotransfusion von präoperativ entnommenem Eigenblut scheinen Standardfilter (170–200 µm) sinnvoll, wenn das entnommene Blut zur Erhaltung der Thrombozytenfunktion bis zur 6. Stunde bei Raumtemperatur auf einer Rüttelmaschine aufbewahrt wird. Bei durch Cellsaver gewonnenem Eigenblut hingegen sollten Mikrofilter (10–40 µm) verwendet werden

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Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

• ein Filterwechsel erfolgt im Allgemeinen nach 4–6 EK, spätestens wenn die Durchflussrate sinkt

Komplikationen bei Transfusionen

4

Die Häufigkeit von Transfusionszwischenfällen beträgt ca. 1:5000. Man kann zwischen immunologisch und nichtimmunologisch bedingten Komplikationen unterscheiden.

Hämolytische Transfusionsreaktion Ursache sind Antikörper gegen Erythrozyten: am

häufigsten AB0-Unverträglichkeit, seltener bereits vor Transfusion vorhandene, hämolytisch wirksame Allo-Antikörper  mehr als 80% sind auf menschliches Versagen, also Verwechslung von Patienten und/oder Konserven zurückzuführen Häufigkeit

• 1:6.000–1:80.000 tödliche Reaktionen 1:250.000–1:600.000 Symptome

• Schüttelfrost und Fieber, kalter Schweiß • Tachypnoe, Tachykardie, RR↓, → Schock • Hämolyse, Hämaturie, diffuse Blutung im Operationsgebiet

• Diurese steigern (Volumen, Furosemid, Mannitol, Dopaminperfusor), ggf. frühzeitige Hämodialyse • Heparinisierung bei beginnender Verbrauchskoagulopathie • Bereitstellung von kompatiblen EK • bei bes. schweren Reaktionen Austauschtransfusion

Verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion • unerklärlicher Hb-Abfall nach zunächst unauffälliger Transfusion mit mehr oder weniger ausgeprägten Hämolysezeichen • primär niedrige Allo-Antikörpertiter beim Empfänger (negative Kreuzprobe). Derartige Reaktionen lassen sich also nicht sicher vermeiden • nach Übertragung anitgentragender Erythrozyten kommt es innerhalb weniger Tage zu einer verstärkten Antikörperbildung

Nichthämolytische febrile Transfusionsreaktion (NHFT, Fieberreaktion) • zytotoxische Reaktion (Antigen-Antikörper-Reaktion) durch präformierte Antikörper des Patienten gegen Leukozyten (Thrombozyten oder Plasmaeiweiße), die mit den übertragenen Bestandteilen reagieren Häufigkeit: < 1:200 (EK), < 1:5 (TK) • aber auch eine selten vorkommmende bakterielle Verunreinigung kommt hierfür in Betracht

Komplikationen

DIC, akutes Nierenversagen.

Posttransfusionspurpura Therapie • Transfusion sofort abbrechen • Blutentnahme für Labor, wenn möglich vor wei-

teren Maßnahmen: Blutgruppenbestimmung, Kreuzprobe und AKSuchtest wiederholen. Bestimmung von Hämoglobin in Blut und Urin, Haptoglobin, Bilirubin, Kreatinin und Harnstoff, Thrombozyten, Gerinnungsstatus, Fibrinogenspaltprodukte (FSP) • Hypotonie mit Volumengabe und ggf. Katecholaminen behandeln • hochdosiert Kortikoide

• akute, isolierte Thromozytopenie mit oder ohne Blutungsneigung etwa 1 Woche nach Transfusion aufgrund der Bildung spezifischer Antikörper gegen Thrombozyten

• Inzidenz: 1:600.000 (Dtsch. Ärztebl 1999; 49: B2830), besonders Frauen >50 Jahre betroffen • Therapie: Gabe von Immunglobulinen

Allergische Reaktion • tritt fast ausschließlich bei Empfängern mit Hypogammaglobulinämie (IgA-Mangel) und Im-

77

Allgemeine Grundlagen

munisierung gegen IgA-Immunoglobuline durch IgA-Übertragung auf ⇒ Urtikaria, selten schwere Reaktionen • kommt seit Verwendung plasmaarmer EK nur noch selten vor

4

Septischer Schock • Verursacht durch bakterielle Kontamination (insbesondere gramnegative Keime), meist letal endend.

Infektionsübertragung Transfusionsinduzierte akute Lungeninsuffizienz ( TRALI-Syndrom) Diese Komplikation ist sehr selten und tritt fast ausschließlich durch Übertragung größerer Mengen Plasma in Form von FFP, das granulozytenspezifische Antikörper im Spenderserum enthält, auf.

Graft- vs. -Host-Reaktion • wird bei immunsupprimierten Patienten und bei Blutsverwandten nach Übertragung von proliferationsfähigen Lymphozyten beobachtet • durch Bestrahlung der Blutprodukte (30 Gy) zu verhindern

• Übertragung von intraleukozytären Erregern (CMV, HIV, Epstein-Barr-Viren, Yersinien) • Hepatitis B • Hepatitis C • Lues (Frischblut bis 72 h) • Parvovirus 19 (kann bei Schwangeren (fötale Infektion), Personen mit Immundefekt oder gesteigerter Erythropoese (z. B. hämolytische Anämie) zu schweren Erkrankungen führen) • Parasitosen insbesondere Malaria (Plasmadien), ferner Trypanosomen, Babesien, Leishmanien, Mikrofilarien und Toxoplasmen • HTLV-II-Virus (neue Variante der CreutzfeldtJakob-Erkrankung, sicherheitshalber werden alle Spender, die sich länger als 6 Monate in England

Häufigkeiten unerwünschter Wirkung bei Transfusionen Unerwünschte Wirkungen Hämolytische Transfusionsreaktion vom Soforttyp • ohne tödlichen Ausgang • mit tödlichem Ausgang hämolytische Transfusionsreaktion vom verzögerten Typ nicht-hämolytische, febrile Transfusionsreaktion (NHFT) posttransfusionelle Purpura allergische Transfusionsreaktion • mit mildem Verlauf • mit schwerem Verlauf transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI) transfusionsassoziierte Graft-Versus-Host-Krankheit (GvHD) bakterielle Kontamination transfusionsassoziierte Virusinfektionen durch • HIV • HBV • HCV transfusionsassoziierte Parasitosen neue Variante der Creuzfeld-Jakob-Krankheit transfusionsassoziierte Gesamtmortalität (sicher/wahrscheinlich/möglich)

Risiko je transfundierte Einheit

1:6.000–1:80.000 1:250.000–1:600.000 1:1.000–1:4.000 1:100.000# < 1:200 (EK) < 1:5 (TK) Einzelfälle 1:600.000# 1:33–1:333 1:20.000–1:50.000 1:5.000–1:7.200 < 1:180.000# 1:400.000–1:1.200.000 1:500.000–1:4.700.000 (EK) 1:900–1:100.000 (TK) < 1:106 1:105–1:106 < 1:106 < 1:106 bisher kein Fall bekannt 1:260.000#

Modifiziert nach Bundesärztekammer: Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten 3. Aufl., 2003 # Zahlen abgeleitet aus Meldungen an das britische Register Serious Hazards of Transfusion (SHOT), http://www.shotuk.org

78

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

aufgehalten haben von der Blutspende ausgeschlossen)  HIV-Risiko bei FFP (Quarantänelagerung) 1:20.000.000  HIV-Risiko bei Gerinnungspräparaten (virusinaktiviert) < 1:20.000.000

4

Hypervolämie Tritt fast ausschließlich bei Patienten mit Herzoder Niereninsuffizienz auf.

Restleukozyten in Blutkomponenten Blutkomponenten

Anzahl Zellen x 106

Vollblut Buffy-coat-haltiges EK Buffy-coat-freies EK Leukozyten-depletiertes EK FFP Einzelspender-TK Thrombozytenhochkonzentrat (Plasmapherese) Leukozyten-depletiertes TK

3000 3000 400–700 1,5 ml/kg/min • (benötigte Transfusion > 10 EK) Verdünnung der Gerinnungsfaktoren Verlust des Sollblutvolumens (in %)

Gerinnungsfaktoren (in % der Ausgangsfaktorenkonzentration)

50 100 150 200

60 37 22 14

! ⇒ exponentieller Verlust der Gerinnungsfaktoren

Auswirkungen Körpertemperaturabfall

• 25–30 kalte Blutkonserven (4–6 °C) ⇒ Abfall der Kerntemperatur auf 26–29 °C mit Gefahr des Kammerflimmerns • eine Hypothermie per se löst eine Gerinnungsstörung aus • daher Erwärmung auf 37 °C, Durchlauferwärmer, Wärmegeräte

79

Allgemeine Grundlagen

Störungen der Blutgerinnung

• Verlustkoagulopathie durch Blutung • Dilutionskoagulopathie durch Substitution mit kristalloiden oder kolloidalen Volumenersatzmitteln oder EK (zuerst Thrombozyten ↓) • Koagulopathie durch Verbrauch (Mangel an Faktor V und VIII) Labor: PTT ↑, Quick ↓, Fibrinogen ↓, AT III ↓, Protein C ↓ • Hyperkoagulopathie (bei nur mäßiger Aktivierung der Fibrinolyse, D-Dimere) Labor: PTT ↓ Übertragung von Mikroaggregaten

Es sollten Mikrofilter mit 10–40 µm verwendet werden. Citratintoxikation bzw. Hypokalzämie Kalzium (ionisiertes Kalzium: Normalwert 1,1–1,4

mmol/l) • die Leber ist normalerweise in der Lage, das 100fache der normalen Serumcitratkonzentration während einer einzelnen Passage zu metabolisieren. Bei einer Citratüberschwemmung kommt es auch zu einer Hypokalzämie, da Citrat ionisiertes Kalzium bindet • Hypothermie, verminderte Leberdurchblutung und Hyperventilation erhöhen zusätzlich die Gefahr der Hypokalzämie • Gesamt-Kalzium-Werte (im Labor gemessen) können irreführend sein • deutliche Effekte auf die Gerinnung hat die ionisierte Hypokalzämie erst < 0,5 mmol/l • kardiale Phänomene können schon bei Werten < 0,75 mmol/l Ca2+ auftreten • Ca2+-Substitution nicht routinemäßig, sondern nur bei erniedrigtem ionisiertem Kalziumspiegel, wenn keine Ca2+-Bestimmung möglich ⇒ ≈ 10 ml Ca-Glukonat 10% pro 4 EK oder FFP • Ca2+ -Substitution durch Ca-Glukonat oder CaCl2 ! Cave: Ca-Glukonat und CaCl2 haben verschiedene Molarität, bei CaCl2 wird mehr ionisiertes Ca++ freigesetzt (nicht an den Lebermetabolismus gebunden)

• 10 ml Ca-Glukonat 10% (0,225 mmol/ml) • 10 ml Ca-Glukonat 20% (0,45 mmol/ml)

4

• 10 ml CaCl2 liefert mehr ionisiertes Ca2+ (0,5 mmol/ml) als Ca-Glukonat 10% Hyperkaliämie

Abhängig vom Alter der Konserven (Azidose verstärkt die Hyperkaliämie). Azidose Cave: Überkorrektur, da Citrat in Leber zu Bikar-

bonat metabolisiert wird. 2,3-DPG ↓ (2,3-Diphosphoglycerin)

• mit Linksverschiebung der O2-Bindungskurve (bei bis zu 5 Tage alten Konserven unbedeutend) Dosis

Faustregel: • nach Transfusion des 6.–8. EK bzw. dem 12.–14. EK ⇒ rasche Gabe von 3–4 FFP anschl. Transfusionsverhältnis EK:FFP = 3:1 • pro 4 FFP 10 ml Ca-Glukonat 10% bzw. 5 ml CaCl2 • pro 10 EK 4–6 Thrombozytenkonzentrate

Fremdblutsparende Maßnahmen Präoperativ Präoperative Eigenblutspende (EBS) Ind:

• planbare Operation mit zu erwartendem hohem Blutverlust (> 1000 ml) KI: • schwere respiratorische Störungen (z. B. FEV1 1,5 l, paO2 < 65 mmHg) • schwere kardiale Störungen (z. B. KHK mit instabiler AP, Herzinfarkt vor weniger als 6 Wochen, hochgradige Aorten-, Mitralstenose) • Gerinnungsstörungen • akute Infektionen (Fieber, Leukozytose) • Anämie (Hb < 11,5 g/dl und Hkt < 34%) Durchführung

• Op-Terminplanung, Beginn der EBS ca. 35–40 Tage bis max. 72 h vor Op

80

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

• Entnahme von 400–500 ml Blut je Sitzung • evtl. Substitution mit Kolloiden (→ weniger kollaptische Zustände) • Auftrennung des gewonnenen Vollblutes in EK und FFP

4

• primär kurze Spendeintervalle (< 1 Woche) → höherer Anstieg des Serumerythropoetins durch Anämisierung • evtl. Anwendung der Bocksprungtechnik (Retransfusion älterer vorher entnommener EK bei simultaner weiterer Blutabnahme) • Überwachung der Patienten für mind. 30–60 min  Eisensubstitution: oral (300–900 mg EisenII-Sulfat ≈ 100–300 mg Fe2+ tgl) oder 100–200 mg Eisensaccharat i.v. langsam als Kurzinfusion (Cave: allergische Reaktionen) • evtl. Gabe von rh-Erythropoetin bei Eigenblutspende (100–150-[400] IE/kg 2mal wöchentlich s.c., ab 2. Lebensjahr) → immer simultane Eisengabe  Vorteile – Ersatz von eigenen Gerinnungsfaktoren durch Eigen-FFP – möglicher Infektionsschutz durch körpereigene Immunglobuline – Stimulation der Erythropoese

Präoperative Eigenplasmapherese (PPH) Ind: • planbare Operation mit zu erwartenden großen Wundflächen (auch bei anämischen Patienten durchführbar)

– Ersatz von eigenen Gerinnungsfaktoren – möglicher Infektionsschutz durch körpereigene Immunglobuline – Stimulation der Erythropoese – auch bei sehr alten Patienten ohne Probleme durchführbar  2 Verfahren – Membranfiltration – Zentrifugation: höherer Gerinnungsfaktorengehalt und Restthrombozytenzahl als bei Membranfiltration (5000 U/min → thrombozytenarmes Plasma, 3500 U/min → thrombozytenreiches Plasma)

Intra- und postoperativ Isovolämische Hämodilution Ind:

• zu erwartender Blutverlust > 1000 ml und Hkt > 34% KI: • Koronar- und Herzinsuffizienz (Herzinfarkt < 3 Mo., Herzklappenfehler) • schwere restriktive und obstruktive Lungenerkrankungen • Anämie < 11 g/dl • SIRS, Hypovolämie, Schock • Fieber • Eiweißmangel Durchführung:

KI:

• s. EBS, außer Anämie Durchführung: • Op.-Terminplanung • Entnahme von 600–900 ml (10–15 ml/kg) Plasma je 30–90 min Sitzung • evtl. Substitution mit Kolloiden (→ weniger kollaptische Zustände) • Überwachung der Patienten für mind. 30–60 min  Vorteile: – Beginn der PPH schon viele Monate vor dem Eingriff möglich

• präoperativ Entnahme von bis zu 15 ml/kg Vollblut und Ersatz durch Kolloide Formel nach Gross: entnehmbares BV = geschätztes Blutvolumen (≈70 ml/kg) × (Hkto - Hktmin) (Hkto + Hktmin)/2 HktO= Ausgangshämatokrit HktZiel = Zielhämatokrit

• Entnahme von 350–450 ml pro Beutel • Transfusion in umgekehrter Reihenfolge der Abnahme

Allgemeine Grundlagen

• Lagerung bei Raumtemperatur auf einer Rüttelmaschine zur Erhaltung der Thrombozytenfunktion bis zur 6. h, sonst im Kühlschrank lagern • Standardtransfusionfilter (170–200 µm) verwenden • bei der präoperativen Hämodilution kann auf einen AB0-Identitätstest vor Retransfusion verzichtet werden, wenn die Eigenblutkonserve beim Patienten verweilt und weder ein räumlicher noch persöneller Wechsel zwischen Entnahme und Retransfusion erfolgt ist! Retransfusion innerhalb von 6 Studen  Vorteile: – Verbesserung des postoperativen Gerinnungsstatus, bessere Rheologie – keine Schädigung der retransfundierten Erythrozyten durch den Sauger im Vergleich zur MAT Effekte

• deutliche kardiale Nachlastsenkung: EF↑, SV↑, HZV↑ (über höheres SV), DO2↓ • verstärkte O2-Extraktionsrate (kritischer Hb-Wert ohne erhöhte Koronarperfusion 8,8 g/dl und mit gesteigerter Koronarperfusion bei 4,4 g/dl) • Rechtsverschiebung der O2-Dissoziationskurve durch Zunahme von 2,3-DPG • Abnahme der Blutviskosität

Maschinelle Autotransfusion (MAT) Ind: • Elektiv- oder Akut-Op mit zu erwartendem hohem Blutverlust (> 1000 ml) KI: • Op in infektiösen oder kontaminierten Gebieten • Tumorchirurgie Durchführung:

• Sammeln von Blut aus dem Wundgebiet in einem sterilen Beutel (Vacufix) oder Reservoir mittels Doppellumensauger (heparinisiertes NaCl läuft über ein Lumen zur Saugerspitze und wird zusammen mit dem Blut über das 2. Lumen wieder aufgesogen), Sog: 80– 100 mmHg

81

4

• Antikoagulation mit heparinisierter NaCl-Lsg. (15.000 IE Heparin auf 500 ml NaCl 0,9% → Verhältnis zu Blut 1:5–1:10) • die Aufbereitung (Zellseparation) des in einem Reservoir gesammelten Blutes erfolgt durch einen so genannten »Cellsaver« • nach ausreichender Füllung des Reservoirs wird es durch eine Rollerpumpe in eine Zentrifugenglocke gepumpt. Dort wird das leichtere Plasma nach oben gedrängt und in den Abfallbeutel entleert, anschließend erfolgt ein Waschvorgang mit NaCl 0,9%, der mehrfach wiederholt werden kann. Nach Beenden des Waschens wird das Erythrozytenkonzentrat in einen Transfusionsbeutel gepumpt  ca. 80% der Erythrozyten können unzerstört zurückgewonnen werden  Hkt der Ery-Lsg: 55–75% (abhängig von Ausgangs-Hkt des Patienten, Verdünnung im Op.Gebiet und Anzahl der Waschvorgänge)  hohe Qualität der Erythrozyten (O2-Transportfunktion, Überlebenszeit und osmotische Resistenz)  das komplette Plasma sowie Zellfragmente, freies Hämoglobin, aktivierte Gerinnungsfaktoren, aber auch Heparin werden zum größten Teil ausgewaschen  Elimination von Medikamenten und Anästhetika (Cave: bei Phäochromozytom nur ungenügende Auswaschung der Katecholamine)  bei der Transfusion von durch Cellsaver gewonnenem Eigenblut sollten zur Retransfusion Mikrofilter (10–40 µm) verwendet werden  in der Regel durch Autotransfusion keine Veränderungen von Gerinnung, Elektrolytgleichgewicht und hämatologischen Werten, außer: bei hohen Autotransfusionsmengen kann es zu messbaren Veränderungen durch Heparineinschwemmung kommen (heparinisierte Waschlösung). In diesem Fall ist das Heparin durch adäquate Protamingaben zu antagonisieren

Weitere fremdblutsparende Maßnahmen • gewebeschonende Operationstechnik mit akribischer Blutstillung

82

• • • •

4

Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte

kontrollierte Hypotension (s. dort) Konzept der permissiven perioperativen Anämie postoperative Drainagenretransfusion? medikamentöse Beeinflussung des Blutverlustes: – rechtzeitiges Absetzen von Thrombozytenaggregationshemmern und Umstellen auf Heparinperfusor – Antifibrinolytika: Aprotinin (Trasylol) → Hemmung der Fibrinolyse und der durch Thrombozytenaggregationshemmer induzierten Blutungsneigung – Desmopressin (Minirin) führt zu einer ↑ Thrombozytenausschwemmung aus Knochenmark

O2-transportierende Blutersatzmittel (Hämoglobinmodifikationen/ Fluorocarbon-Emulsionen) Indikation für Blutersatzmittel • blutgruppenunabhängige Transfusion • ggf. Erhöhung der Gewebsoxygenierung in zuvor minderversorgten Gebieten (kardial oder zerebral) • ggf. NO-Bindung im Rahmen einer Sepsis • ggf. zur Verbesserung der Radiosensibilität von Tumoren • ggf. zur Reduktion eines Reperfusionsschadens  für die einzelnen Indikationsgebiete muss ein positiver Effekt erst noch nachgewiesen werden

• fragliche Nephrotoxizität (Reduktion der GFR und Tubulusobstruktion) • kurze intravasale Verweildauer der Hb-Tetramere, da das Tetramer in Dimere und Monomere zerfällt und dadurch renal schnell ausgeschieden wird (HWZ: 1–4 h) • Erhöhung des kolloidosmotischen Drucks (KOD) durch Hämoglobintetramere und -dimere • Gerinnungs- und Komplementaktivierung durch Membranfragmente der Erythrozyten • arterielle und pulmonale Hypertonie und Bradykardie aufgrund von Vasokonstriktion durch Interaktion mit dem endothelial freigesetzten NO (HZV fällt meist ab!) • erhöhte O2-Affinität (Verlust von intraerythrozytärem 2,3-DPG) • Methämoglobinämie (Verlust der Hb-Reduktase und hierdurch vermehrte Oxydation von Hb zu Met-Hb) • Beeinflussung von konventionellen photometrischen Labormessmethoden (künstliche Hämoglobinlösungen sind farbig) • verminderter CO2-Transport (Verlust der Carboanhydrase) • Dysphagie • Reduktion des O2-Angebots durch Verringerung des Blutflusses (Vasokonstriktion!)  durch verbesserte Reinigungsverfahren (Ultrapurifikation mittels Säulenchromatographie) sind zur Zeit mehrere Hämoglobinmodifikationen in klinischer Erprobung (Phase-II/III-Studien)

Hämoglobinmodifikationen Bei experimentellen Versuchen mit ungereinigten, nicht modifizierten Hämoglobinlösungen trat eine Reihe von Problemen auf, die letztendlich zur Entwicklung von verschiedenen Hämoglobinmodifikationen führte.

Probleme bei Einsatz von unmodifizierten Hämoglobinlösungen • allergische Reaktionen durch Stroma und Membranreste der Erythrozyten • abdominelle Beschwerden, passagerer Anstieg von Leber- und Pankreasenzymen

• Verlängerung der intravasalen Verweildauer von Blutersatzmitteln auf 16–36 h und Normalisierung der erhöhten KOD durch (⊡ Abb. 4.1): – intermolekulares Cross-linking – Polymerisation von einzelnen Hb-Molekülen zu Polymeren, z. B. durch Glutaraldehyd – Konjugation an Makromoleküle, z. B. Polyethylenglykol, Polyvinylpyrrolidon, Dextrane – Liposomenverkapselung (∅ 10–14 Tage): 10–15% pro Tag

Für die (Analgo)sedierung eingesetzte Medikamente Analgetika Morphin (zur Analgosedierung beatmeter Pati-

enten) Dosis

1–3–5 mg Boli bzw. 3–10 mg/h

Durchführung ! Cave:

1. kontinuierliche Applikation von Analgetika und Sedativa über zwei verschiedene Perfusorspritzen 2. bolusartige Gabe von Analgetika und Sedativa nach Sedierungsgrad und Pharmakologie

Kumulationsgefahr bei Niereninsuffizienz, Histaminliberation, Hemmung des Immunsystems

Kapitel 5 · Analgosedierung

90

Fentanyl (zur Analgosedierung beatmeter Patien-

KI:

ten) • Perfusorzusammensetzung: 1,5 mg Fentanyl + 20 ml NaCl 0,9% (= 30 µg/ml)

• fixierter pulmonaler Hypertonus, fragl. KHK und intrakranielle Druckerhöhung  in Kombination mit Midazolam oder Propofol.  gute vertikale Steuerbarkeit, keine Hemmung der gastrointestinalen Motilität im Vergleich zu den Opioiden, katecholaminsparender Effekt durch Sympathikusstimulation (bevorzugter Einsatz bei Herzinsuffizienz), bronchodilatorische Komponente (bevorzugter Einsatz bei Asthmapatienten), Erhaltung der Schutzreflexe des Larynx/ Pharynx sowie der Spontanatmung  S(+) Ketamin ist ein rechtsdrehendes Isomer mit 2- bis 3facher analgetischer und anästhetischer Potenz → halbe Dosierung im Vergleich zum Razemat

Dosis

1–3,5 µg/kg/h = 2–12 ml/h = 60–360 µg/h

! Merke:

5

In Kombination mit Midazolam-Perfusor

Sufentanil (zur Analgosedierung beatmeter Patienten) • Perfusorzusammensetzung: 0,5 mg Sufentanil (Sufenta) + 40 ml NaCl 0,9% (= 10 µg/ml) Dosis

0,5–1,5 µg/kg/h = 2–10 ml/h = 20–100 µg/h

Remifentanil (zur kurzfristigen Sedierung beatmeter Patienten) • Perfusorzusammensetzung: 1 mg Remifentanil (Ultiva) auf 50 ml NaCl 0,9% (= 20 µg/ml) Dosis

2,5–6 µg/kg/h = 0,04–0,1 µg/kg/min → 0,1–0,3 ml/kg/h

! Cave: Keine Bolusapplikation wegen der Gefahr der respiratorischen Insuffizienz und der Skelettmuskelrigidität, die eine Beatmung unmöglich machen kann

Ketamin (zur Analgosedierung beatmeter Patien-

ten) • Perfusorzusammensetzung: 1,5 g Ketamin + 20 ml NaCl 0,9% (= 30 mg/ml) Dosis

0,5–4,5 mg/kg/h = 2–10 ml/h = 60–300 mg/h

Sedativa Midazolam

• Standardsedativum mit anxiolytischer, antikonvulsiver, zentral relaxierender sowie sedierendhypnotischer Wirkung, fördert die GABA-Wirkung an speziellen Rezeptor, Induktion von Entzugssymptomatik bei abruptem Absetzen • Perfusorzusammensetzung: 90 mg Midazolam (Dormicum) + 32 ml NaCl 0,9% (= 1,8 mg/ml) Dosis

Erwachsene: 2–5 µg/kg/min → 0,1–0,3 mg/kg/h = 4–12 ml/h = 7–22 mg/h Kinder: 0,1–0,2 mg/kg als Bolus, dann 0,05– 0,4 mg/kg/h

Lorazepam

• besonders bei jüngeren Patienten mit Entzugssymptomatik indiziert Propofol

• bevorzugtes Sedativum zur Kurzzeitsedierung (bis max. 7 Tage) beim Erwachsenen (ab dem 16. LJ) • Perfusorzusammensetzung: 2%-Lösung (Disoprivan) pur (= 20 mg/ml)

NW:

NW:

• Hypersalivation, Tachykardie und Hypertonie, psychomimetische NW nicht ausgeschlossen

• Bradykardie; Hypotonie (bedingt durch periphere Vasodilatation), Hyperlipidämie, Leber-

91

Allgemeine Grundlagen

funktionsstörungen, Kontaminationsgefahr und Auslösung eines SIRS/Sepsis • Propofol-Infusions-Syndrom (PRIS) mit akuter Rhabdomyolyse und kardialer Beteiligung (Rhythmusstörungen und Herzversagen), metabolische Azidose, Hyperkaliämie und Nierenversagen. Wahrscheinliche Ursache: Steigerung des Malonyl-Coenzym-A-Spiegels mit konsekutiver Hemmung der Carnitin-Palmytyl-Transferase (Hemmung des Transports langkettiger Fettsäuren ins Mitochondrium) sowie direkte Störung der β-Oxidation und Entkoppelung von dem Multienzymkomplex von der Atmungskette (Zytochromoxidase). Präventive Maßnahme: keine Sedierung von Kindern mit Propofol, Limitierung der Propofolkonzentration auf max. 4 mg/kg/h bei Langzeitsedierung, präventive Gabe von Glukose von 6–8 mg/kg KG/min (nach Wolf et al.). Regelmäßige Laborkontrollen (insbesondere Laktat und pH-Wert) KI:

• bekannte Allergie, fragl. Hypovolämie, Fettstoffwechselstörung Dosis

Propofol-Infusionssyndroms nicht überschritten werden! γ-Hydroxybuttersäure • hoher Na-Gehalt, selten Myoklonien, Wirkung evtl. mit Physostigmin antagonisierbar • Perfusorzusammensetzung: 10 g γ-Hydroxybuttersäure (Somsanit) pur auf 50 ml (= 0,2 g/ml) Dosis

initial Bolus: 50 mg/kg, dann 10–20 mg/kg/h = 750–1500 mg/h → 3,5–7,5 ml/h

KI:

• Epilepsie, schwere Nierenfunktionsstörungen, Hypertonie, Alkoholintoxikation (Wirkungsverstärkung) Clonidin

• Perfusorzusammensetzung: 2,25 mg Clonidin (Paracefan) auf 35 ml NaCl 0,9% (= 45 µg/ml) • Anwendung einer Kombination eines potenten Opioidanalgetikums mit einem Sedativum • Anwendung eines sequentiellen Sedierungsund Analgesie-Managements (SESAM) mit verschieden Stadien, d. h. die Art und das Ausmaß der Sedierung des Intensivpatienten sollte sich individuell am Patienten orientieren

0,8–3 mg/kg/h (0,01–0,05 mg/kg/min) ≈ 3–10 ml/h = 60–200 mg/h

 unter Langzeitsedierung mit Propofol kommt es zu einer Tachyphylaxie, d. h., zur Erreichung eines gleichen Sedierungs-Scores muss bei kontinuierlicher Sedierung über Tage der Propofolplasmaspiegel bzw. die zugeführte Menge ständig erhöht werden → wahrscheinlich pharmakodynamischer Effekt, da die PropofolClearance konstant bleibt. Unter 2%iger Propofolsedierung kommt es im Vergleich zur 1%igen Propofollösung zu signifikant geringeren Triglyzeridspiegeln bei fast gleichem Cholesterinspiegel und insgesamt geringerer Fettbelastung bei Langzeitsedierung! Eine höhere Dosierung von 4 mg/kg/h unter längerer Sedierung sollte zur Vermeidung des

5

Dosis

0,3–1,2 µg/kg/h = 0,5–4 ml/h → 22-(90)-180 µg/h; evtl. 150–450 µg Bolus voraus

NW:

• Bradykardie (Verlängerung der Refraktärzeit des AV-Knotens) und Hypotonie, GI-Motilitätsstörungen KI:

• fixierter pulmonaler Hypertonus, fragl. KHK und intrakranielle Druckerhöhung  Einsatz von Clonidin führt meist zu einer Reduktion des Sedativa- und Analgetikabedarfs. Es empfiehlt sich auch bei Entzugssymptomatik  In Zukunft evtl. Sedierung des Intensivpatienten durch einen tubusnah platzierten Spezialbeat-

92

Kapitel 5 · Analgosedierung

mungsfilter, über den ein volatiles Anästhetikum injiziert wird. Das volatile Anästhetikum wird bei der anschließenden Exspiration vom Filter wieder »regeneriert« (Anästhesiereflektor AnaConDa™)

5

Regionale Analgesieverfahren als Bestandteil des schmerztherapeutischen Konzepts • meist in Form von thorakalen Epiduralkathetern (kontinuierlich oder als PCEA) → Verbesserung der intestinalen Motilität bei Anlage in Höhe TH5–10 und der pulmonalen Funktion mit geringeren Raten an pulmonalen Komplikationen • Einsparung von Opioiden und Nicht-OpioidAnalgetika mit besserer perioperativer Analgesie und verkürzter intensivmedizinischer Behandlungsdauer • Kontraindikation für die Anlage des rückenmarknahen Katheters: Sepsis mit positiver Blutkultur, jegliche Schockformen, erhöhter Hirndruck, spezifische neurologische Vorerkrankungen ohne Dokumentation, hochgradige Aorten- und Mitralstenosen, manifeste Gerinnungsstörungen ( Kap. Regionalverfahren), lokale Infektion der Haut im Bereich der Einstichstelle, Lokalanästhetikaallergie, fehlende Einwilligung bzw. Ablehnung des Patienten

• bei sympathischer Hyperaktivität Clonidin, Betablocker, Magnesium • bei psychotischen Symptomen: Haloperidol oder andere Butyrophenone

Pharmakologische Unterstützung des Weanings • Anwendung von Antidepressiva wie z. B. Fluvoxamin (Fevarin), Amitryptillin (Saroten) oder neuerdings Mirtazapin (initial Remergil intravenös und später Remergil SolTab per os) • Mirtazapin (Remergil): tetrazyklisches Antidepressivum aus der Reihe der Piperzinozepine, einschleichender Therapiebeginn mit 6 mg als intravenöse KI über 3 h für 2 Tage, dann 9 mg i.v. für 2 Tage, anschl. 15 mg für 2 Tage bis max. 21 mg/Tag. Spätere Umstellung auf 15–45 mg (= 1–3 Schmelztabletten) p.o. abends möglich

»Neue Substanzen«: Melatonin zur Sedierung • Sedierung mit Melatonin (0,3–5 mg p.o.): Ängstlichkeit ↓, kaum Amnesie, keine Beeinflussung des REM-Schlafs • mit 5 mg p.o. gleiche Schläfrigkeit wie Midazolam 15 mg p.o. (allerdings besser erweckbar) • zusätzlich Hemmung der Morphinintoleranz • antiinflammatorisch und antinozizeptiv

Entzugssymptomatik nach Langzeitsedierung

Ausgewählte Literatur

• mehr als 60% aller Patienten zeigen nach Langzeitsedierung Entzugssymptomatik unterschiedlichen Schweregrads • Gefahr der Outcome-Verschlechterung (vermehrte Herzrhythmusstörungen, stressbedingte myokardiale Ischämien, erhöhter gastraler Reflux, Ulkusblutungen etc. • Entzugsprophylaxe durch langsame Reduktion der Analgosedierung (s. oben) • symptomatische Therapie bei Agitation durch Gabe von langwirksamen Benzodiazepinen (z. B. Lorazepam), ergänzt mit Propofol zur Nacht

Albrecht S et al. (1999) Analgosedierung auf der Intensivstation. Anaesthesist 48: 794–801 Brzezinski A (1997) Melatonin in humans. New Engl J Med 336: 186 De Jonghe, B et al. Sedation algorithm in critically ill patients without acute brain injury. Critical Care Medicine 2005; 33(1):120–127 Hommel J et al. (1995) Rationelles Konzept einer Analgosedierung von Intensivpatienten. Medizin im Dialog 1: 17 Hughes MA et al. (1992) Context-sensitive half-time in multicompartment pharmacokinetic models for intravenous anesthetic drugs. Anesthesiology 76: 334–341 Jacobi et al. (2002) Clinical practice guidelines for the substained use of sedatives and analgetics in the critically ill adult. Crit Care Med 30: 119–141

Allgemeine Grundlagen

Hein et al. (2004) Das Propofol-Infusionssyndrom – Ein Fallbericht. A&I 45: 580–584 Kress JP et al. (2000) Daily interruption of sedation infusions in critically ill patients undergoing mechanical ventilation. NEJM 342: 1471–1477 Martin J et al. (2003) Multimodulares sequentielles Sedierungs- und Analgesiemanagement in der Intensivmedizin, 4. Aufl. Zuckschwerdt, München Wien New York Martin J et al. (2005) S2-Leitlinien der DGAI. Analgesie und Sedierung in der Intensivmedizin. A&I 46 (Suppl 1): 1–20 Motsch J (2004) Propofol-Infusionssyndrom. Anaesthesist 53: 1009–1024 Naguib M et al. (2000) The comparative dose-response effect of melatonin and midazolam for premedication of adult patients: a double-blinded, placebo-controlled study. Anesth Analg 91: 473–479 Spies C et al. (2000) Analgosedierung in der Intensivmedizin – ein Überblick über das aktuelle Management. J Anästh Intensivbeh 7: 206–209 Sydow M, Neumann P (1999) Sedation for critically ill. Intens Care Med 25: 634–636 Walz et al. (1999) Verkürzung der Weaningphase nach maschineller Beatmung durch kombinierte Gabe von Clonidin und Sufentanil. Chirurg 70: 66–73 Wappler F et al. (1999) Stufenkonzept zur Analgosedierung in der Intensivmedizin mit Sufentanil. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 33: 18–26

Internet: http://awmf.org www.dgai.de

93

5

6 Ernährungstherapie

• die künstliche Ernährung des Intensivpatienten sollte eine patientenorientierte, optimale Ernährungstherapie sein, die den jeweiligen Krankheitszustand mit seiner veränderten Stoffwechsellage berücksichtigt • die Ernährungstherapie sollte so früh wie möglich mit einer physiologischen, enteralen Ernährung begonnen werden, die ggf. durch eine gemäßigte parenterale Ernährungstherapie unterstützt wird • frühzeitige enterale Ernährung (< 24 h nach Beginn der intensivmedizinischen Behandlung) verbessert die Wundheilung und reduziert die Inzidenz der septischen Mortalität • bei Kontraindikation für eine enterale Ernährung, sollte ausnahmsweise eine totale parenterale Ernährung (TPE) als überbrückende Therapie durchgeführt werden!  in den verschiedenen Ländern Europas und Amerika werden unterschiedliche Ernährungstherapien (enteral vs. parenteral) bevorzugt: Enterale Ernährung

Parenterale Ernährung

Kanada

74%

12%

Schweiz

92%

k. A.

Österreich

k. A.

19%

England

33%

k. A.

Schweden

k. A.

71%

k. A. = keine Angaben

Indikation zur Ernährungstherapie • wer längerfristig nicht essen will, kann oder darf (>3–5 Tage) • Patienten mit bestehender Malnutrition (z. B. präoperativer Beginn → postoperative Verbesserung des Outcome nachgewiesen!)  die Entscheidung, eine Ernährungstherapie durchzuführen, kann anhand des ErnährungsScores nach Hackl verifiziert werden (⊡ Abb. 6.1) Kriterien

• Ernährungsstatus, ggf. präoperativer Aufbau bei reduziertem Ernährungszustand (Gewichtsverlust, Erniedrigung des Serumalbumins bei normaler hepatischer Syntheseleistung) • Dauer der behinderten Nahrungsaufnahme • Ausmaß der Katabolie Kontraindikation zur Ernährungstherapie

• • • • •

Schock und schwere Sepsis/septischer Schock Akutphase eines Stressstoffwechsels Hyperlaktatämie (>3–4 mmol/l) Hypoxie (pO2 < 50 mmHg) schwere Azidose (pH 80 mmHg)

Nutzen einer Ernährungstherapie

• • • •

verbesserte Wundheilung Reduktion der katabolen Antwort Steigerung der Immunfunktion Erhalt der intakten Darmbarriere insbesondere bei enteraler Ernährung

96

Kapitel 6 · Ernährungstherapie

• Reduktion der Komplikationsrate, der Mortalität, der Hospitalisationszeit und der Kosten • Verbesserung der intestinalen Perfusion bei enteraler Ernährung

Parenterale Ernährung (PE) Definition • Zufuhr von Energieträgern und für den Stoffwechsel notwendigen Substraten über einen (zentral-)venösen Zugang • Formen der parenteralen Therapie: – totale parenterale Ernährungstherapie (TPE): intravenöse Zufuhr aller Komponenten der täglichen Ernährung ohne zusätzliche orale Nahrungs- oder Flüssigkeitsaufnahme – partielle parenterale Ernährung: bei nicht bedarfsdeckender oraler/enteraler Ernährung wird diese durch eine parenterale Zufuhr von Nährstoffen ergänzt – krankheitsadaptierte Ernährung: Ernährungsform, die den geänderten Bedarf einzelner Ernährungskomponenten in Gegenwart von Stoffwechselstörungen (z. B. Leber- und Nierenerkrankungen) berücksichtigt und zu korrigieren versucht

Risiken einer Ernährungstherapie

6

• Aspirationspneumonien bei enteraler Ernährung → Vermeidung durch Jejunalkatheter, Oberkörperhochlagerung, geschultes Team • katheterassoziierte Komplikationen bei parenteraler Ernährung • Hyperglykämien und Hyperlipidämien, Anstieg des Harnstoffs • Diarrhöen bei enteraler Ernährung mit hyperosmolaren Sondennahrungen oder fettreichen Sondennahrungen wie z. B. Pulmocare • Darmdilatation und Flatulenz • Dünndarmnekrose bei forcierter enteraler Ernährung (bei 0,15–1,4% der Ernährungspatienten; meist nach 5–10 Tagen) • Leberverfettung

Indikation zur »Ernährungstherapie«

Ernährungszustand (Grad der Mangelernährung)

voraussichtl. Nahrungskarenz (tgl. orale Nahrungszufuhr < 500 kcal)

Body Index (BMI; kg/m2)

ungewollte Gewichtsabnahme (% in den letzten 2 Monaten)

Serum Albumin (g/l)

Katabolie (BUN,/ S-Kreatinin)

Pkt.

Tage

Pkt.

19–25 17–19 16–17 < 16

6,5

> 35 30–35 25–30 < 25

< 15 15–25 25–35 > 35

0 1 2 4

≤ 2 Tage 2–5 Tage Langzeit

0 2 5

Max.

+ ≤2

3,4

≥5

nein nicht indiziert

ja? empfehlenswert

ja unabdingbar

⊡ Abb. 6.1. Indikationen zur Ernährungstherapie nach Hackl (1998)

97

Allgemeine Grundlagen

Ziele der parenteralen Ernährung • Energie zur Verfügung stellen (Kohlenhydrate, Fette, Proteine) • Strukturbausteine liefern z. B. für Membranlipide • Proteinbausteine für reparative, humorale und immunologische Leistungen anbieten • Anabolismus fördern: Effizienz der Proteinutilisation erhöhen • Katabolie mindern: Reduktion des endogenen Proteinanteils an der Deckung des Energiebedarfs

Indikationen Patienten, die die Kriterien zur Ernährungstherapie erfüllen und bei denen die enterale Ernährung temporär kontraindiziert oder nicht möglich ist.

6

• Vitamin-, Spurenelementmangel/-überdosierung • Dekompensation des Herz-Kreislauf-Systems infolge Volumenbelastung • Leberfunktionsstörungen (oft milder bis mäßiger Anstieg der Transaminasen, AP, Bilirubin → benigne und meist selbstlimitierend) • respiratorische Störungen → erhöhte Atemarbeit bei Kohlenhydratmast sowie Oxygenierungsstörungen bei zu hoher Fettzufuhr • Überwucherung des Darms mit gramnegativen Darmbakterien bei totaler parenteraler Ernährung und simultaner H2-Blockade (pH-Wert des Magens meist >4) • Schleimhautatrophie und vermehrte bakterielle Translokation bei totaler parenteraler Therapie • nicht steinbedingte Cholezystitis (intrabiliäre Cholestase bei mangelndem Stimulus der Gallenblasenkontraktion aufgrund fehlender Cholezystokininsekretion) • immunsuppressiver Effekt

Komplikationen • Katheterkomplikationen (Infektion, SIRS, Sepsis etc.) • metabolische Entgleisungen: – Säure-Basen-, Elektrolytstörungen – Glukosehomöostasestörung – Erhöhung der Triglyzeride (TG) oder freien Fettsäuren (FFS) – Harnstoffanstieg

Hungerstoffwechsel ismus bol a An

Katab olis mu s

InulinØ

Glykag o Kortiso n¤ lØ Katech ¤ o Media lamineØ toren³

⊡ Abb. 6.2. Hormonstatus bei Stress- und Hungerstoffwechsel

Beginn der parenteralen Ernährungstherapie • nach Beendigung des Postaggressionsstoffwechsels mit seinen neurohumoralen Imbalancen wie Katecholamine ↑, Kortikosteroide ↑, STH ↑ (Spätphase, primär ↓), Insulinsekretion ↓ und periphere Insulinresistenz → verstärkte Lipolyse und Fettoxidation (⊡ Abb. 6.2)

Stressstoffwechsel ismus bol a An

Inu

lin¤

¤

Katab olis mu s

Gly Kor kagon Kat tisol¤ ¤¤ Me echol ¤ a dia tor mine en¤ ¤¤ ¤

98

Kapitel 6 · Ernährungstherapie

• Beginn der parenteralen Ernährung nicht mit vollen Bedarf, sondern mit stufenweiser Erhöhung des Angebotes: 1. postoperativer Tag

keine Ernährung

2–3. postoperativer Tag

hypoenergetische Ernährung z. B. 100 g Glucose + 70 g AS + Elektrolyte

4–5. postoperativer Tag

normoenergetische Ernährung z. B. 250 g Glucose + 70 g AS + 50 g Fette + Elektrolyte

ab 6. postoperativen Tag

Substratmonitoring sowie Ergänzung von Vitaminen und Spurenelementen

6 Monitoring der parenteralen Therapie Überwachung infundierter Substrate

Glukose (BZ) Triglyzeride (TG) Kalium Natrium

Kalzium Magnesium Phosphat Chlorid

Überwachung von Organfunktionen

SGPT alk. Phosphatase Bilirubin Kreatinin Harnstoff

LDH Erythrozyten Hämoglobin Leukozyten Blutgase Quickwert

Postaggressionsstoffwechsel Der Postaggressionsstoffwechsel ist die krankheitsbedingte metabolische Antwort zur Bereitstellung von Energie bzw. Substraten. • erhöhte hepatische Glukoneogenese (z. B. nach Trauma und Sepsis) → Hyperglykämie • Hemmung der Glykogensynthese durch erhöhte Glukokortikoidspiegel • temporäre Insulinresistenz (Abnahme der Anzahl der Insulinrezeptoren sowie periphere Insulinresistenz aufgrund eines Postrezeptordefekts) • Gesamtkörperumsatz von Eiweiß erhöht – negative Stickstoffbilanz – Harnstoffsynthese erhöht – Muskelproteolyse – Aminosäureaufnahme in der Muskulatur vermindert • Synthese von Akutphaseproteinen erhöht – Aminosäurefluss von der Peripherie zu den viszeralen Organen

Hormone und Entzündungsmediatoren bei Stress- bzw. Postaggressionsstoffwechsel • katabole Hormone: – Katecholamine ↑↑ (Adrenalin ↑) – Glukagon ↑↑ – ACTH ↑ → Kortisol ↑ • Mediatoren: – Interleukin 1 ↑, TNF ↑, PIF↑ • anabole Hormone: – Insulin ↑↑

Phasen des Postaggressionsstoffwechsels (nach Cuthbertson 1978) Akutphase (Ebbphase)

• Dauer: Stunden; keine Ernährung indiziert • Mobilisierung freier FS aus dem Fettgewebe • Aktivierung des Cori-Zyklus durch hormonelle Konstellation • Zunahme der Laktat- und Pyruvatproduktion Postaggressionsphase (»flow phase«)

• Dauer: Tage/Wochen; reduziertes Nährstoffangebot • Hypermetabolismus • gesteigerte Proteolyse (Hyperkatabolismus) • gesteigerte Lipolyse Reparationsphase (»gain of lean body mass«)

Es herrscht eine anabole Stoffwechsellage mit Hyperinsulinismus.

Berechnung des Energiebedarfs Der tägliche Energiebedarf des einzelnen Patienten kann entweder abgeschätzt oder gemessen werden.

Gleichung von Harris und Benedikt (1919) Der durchschnittlicher Tagesenergiebedarf in kcal beträgt: • Männer: 66,47 + (13,74 × kg KG) + (5 × Größe in cm) – (6,75 × Alter in Jahren) • Frauen: 655,1 + (9,56 × kg KG) + (1,85 × Größe in cm)- (4,67 × Alter in Jahren)

! Die oben stehende Formel wurde anhand von gesunden Probanden ermittelt und ist sicherlich auf den heutigen Intensivpatienten nicht ohne weiteres übertragbar!

6

99

Allgemeine Grundlagen

Ruheumsatz (REE) = (3,94 × VO2 + 1,11 × VCO2) × 1,44 → aktueller Energiebedarf (AEE, mod. nach Long) = REE × AF × IF × TF AF = Aktivitätsfaktor:

IF = Traumafaktor:

Indirekte Kalorimetrie

strikte Bettruhe

1,20

unkomplizierte Verletzung

1,0

Mit Hilfe der indirekten Kalorimetrie (z. B. Deltatrac) lässt sich der tatsächliche aktuelle Energiebedarf des Patienten berechnen.

gelockerte Bettruhe

1,25

postop. Phase

1,1

stationäre Bettruhe

1,30

Frakturen

1,2

Sepsis

1,3 1,4

! Voraussetzung: keine pflegerischen Maßnahmen ab ca. 30 min vor bzw. während der Messung, keine Änderung des Katecholaminregimes während der Messung

Nachteile des Messverfahrens • ab inspiratorischen Sauerstoffkonzentrationen >60% wird der metabolische Bedarf falsch er-

TF = Thermalfaktor: –38 °C

1,10

Peritonitis

–39 °C

1,20

Polytrauma

1,5

–40 °C

1,30

Verbrennungen 3. Grades

1,7–2,0

–41 °C

1,40

mittelt (Sauerstoffaufnahme wird nach der Haldane-Transformation berechnet)! • relativ teures und personalaufwendiges Messverfahren

! Bei den meisten Intensivpatienten entfällt der

Vorteile des Messverfahrens

Schätzung des Energiebedarfs

• relativ genaue Bestimmung des täglichen, aktuellen Energiebedarfs des Patienten • die simultane Ermittlung des respiratorischen Quotienten (RQ) gibt Hinweise auf die vorwiegende Nährstoffverwertung: VCO2 RQ = VO2

– Normwert: 0,83 – Hungerzustand: RQ ca. 0,70 – reine KH-Verwertung: RQ ca. 1,0 – Ketonkörperverbrennung: RQ 1,0  in einzelnen Fällen können bei Azidose (RQ 1,0) extreme RQWerte vorkommen.

Formel von Weir (1949) Nach der Weir-Formel und deren Modifikation unter Berücksichtigung der Temperatur, der Mobilität und des Verletzungsmusters ergibt sich:

Aktivitätsindex aufgrund einer Analgosedierung; spezielle Faktoren wie Stress sowie neurohumorale Aktivierungen werden nicht berücksichtigt.

Bedarf

kcal/kg Sollgewichta

Durchschnittl. kcal/Tag

Grundumsatz

25

1600–1800

postoperativ (durchschnittlich)

25–30

1800–2300

gesteigert (Sepsis, Polytrauma)

30–35

2300–2700

maximal (Verbrennung)

40–50

3000–3800

aSollgewicht

= Körpergröße (cm) – 100

 eine minimale Energiezufuhr von 10 kcal/kg KG/Tag (ca. 700 kcal) darf nicht unterschritten werden!  der Mensch ist auf die kontinuierliche Zufuhr von Nährsubstraten angewiesen, da bestimmte Organe (z. B. Gehirn) nur ganz spezielle Substrate verwerten können und die endogenen Energiereserven sehr begrenzt sind  allerdings sollte in den ersten Tagen keine Hyperalimentation durchgeführt werden. So konnten Krishan et al. zeigen, dass die Mortalität, die

100

Kapitel 6 · Ernährungstherapie

Beatmungsdauer und die Infektionsrate günstig beeinflusst wurden, wenn die Patienten nur ca. 60–70% der errechneten Kalorienzufuhr (25– 30 kcal/kg KG/Tag) erhalten hatten! Kreymann et al. empfehlen daher, Patienten mit Sepsis in den ersten Tagen nur maximal 1000 kcal/Tag in Form von Fett, Aminosäuren und Glukose zuzuführen! Energiequelle

6

vorhandener Vorrat (durchschnittl., kg)

Energieausbeute (kcal)

Fett

15,00

141.000

Muskeleiweiß

6,00

24.000

Glykogen

0,09

900

z. B. HZV = 6,4 l/min, avDO2 = 8 ml/100 ml (= 80 ml/l) → O2-Verbrauch 512 ml/min = 30,72 l/h = 737 l/ Tag → Energieverbrauch: 737 × 4,85 = 3574 kcal/ Tag • Energieverbrauch bei Fieber: pro 1° >38°: +10% • Energieverbrauch bei Sepsis und Multiorganversagen (MOV): – Steigerung des Energiebedarfs bei Sepsis um ca. 50% [Giovannini (1983): +45%; Shangraw (1989): + 48%; Frankenfield (1994): + 91%] – Steigerung des Energiebedarfs bei MOV [Forsberg (1991): überlebende Patienten: +41%, verstorbene Patienten: nur +26%]

O2-Verbrauchsmessung • mittels Pulmonalarterienkatheter kann durch Bestimmung der avDO2 × HZV (= VO2) der O2-Verbrauch näherungsweise berechnet werden (der Sauerstoffverbrauch des Lungengewebe wird nicht miterfasst!) • unter Annahme eines mittleren kalorischen Äquivalents von 4,85 kcal/l O2 lässt sich der Energiebedarf abschätzen: avDO2 = CaO2 – CvO2 (CxO2 = sxO2 × cHb × 1,39 + pxO2 × 0,003)

Hunger Verlust peripher kleine Operationen

Übersicht über Änderungen des Grundumsatzes bei verschiedenen Erkrankungen Siehe ⊡ Abb. 6.3. Notwendige durchschnittliche Nährstoffzusammensetzung

• 50–60% Kohlenhydrate (KH) • 20–35% Fette • 10–15% Eiweiß

Knochen Polytrauma Sepsis Gastrektomie usw. Unruhezustände

Verbrennungen > 50 % apallisches Syndrom

⊡ Abb. 6.3. Änderung des Grundumsatzes bei verschiedenen Erkrankungen nach Hackl (1998)

6

101

Allgemeine Grundlagen

Nährstoffsubstrate der parenteralen Therapie Substrat

Anfangsdosis (g/kg/Tag)

max. Infusionsrate (g/kg/h)

max. Dosis (g/kg/Tag)

VO2 (l/g)

VCO2 (l/g)

Energiewert (kcal/g)

RQ

Glukose

1,5–2,0

0,500

5,0–6,0

0,75

0,75

3,8

1,00

Xylit

0,5–1,0

0,125

1,5–3,0

Eiweiß

0,5–1,0

0,250

1,5–2,0

0,90

Fette

0,5–1,0

0,150

2,0–(2,5)

2,00

4,0

1,00

0,78

4,1

0,80

1,40

9,3

0,71

RQ = respiratorischer Quotient

Ab. dem 1. postop. Tag Glulose und AS, ab 2–3. postop. Tag Fettemulsionen  der O2-Verbrauch bei der Verwertung von 1 g Glukose beträgt 0,75 l, bei Aminosäuren 0,9 l/g und bei Fett 2,0 l/g  die CO2-Produktion verhält sich entsprechend dem respiratorischen Quotienten (RQ für Glukose = 1, für Proteinverwertung = 0,8 bzw. für überwiegende Fettverwertung = 0,71 → RQ × VO2 = VCO2); d.h. Energiestoffwechsel und Atmung beeinflussen sich

Glukose • Glukose ist Hauptenergielieferant • die menschlichen Glukosespeicher in Form von Glykogen (ca. 300 g) sind nach ca. 12–16 h erschöpft → minimale Glukosezufuhr von 1,0 g/ kg KG/Tag (100 g/Tag) • Umwandlung von FFS in Glukose nicht möglich→ alle Zellen können jedoch Glukose verwerten! • ZNS, Erys und RES sind auf Glukose als Energieträger angewiesen • BZ-Spiegel ist normalerweise eine streng geregelte Messgröße und kann leicht laborchemisch erfasst werden • die Glukoseaufnahme in Muskulatur und Fett erfolgt insulinabhängig • die Glukoseaufnahme in Neurone, Erythrozyten und Leber erfolgt insulinunabhängig • hoher proteinsparender Effekt durch Hemmung der endogenen Glukoseproduktion aus glukoplastischen Aminosäuren → 100 g Glukose führt zu 50% Reduktion des Proteinverlustes;

ein weitere Glukosezufuhr ohne Aminosäurenapplikation ist diesbezüglich ineffektiv • hochprozentige Lösungen sind hyperosmolar. Die maximale Osmolarität bei periphervenöser Applikation sollte nicht über 900 mosmol/l steigen! Das heißt, maximal G10% periphervenös applizieren! Osmolarität bestimmter Infusionslösungen Osmolarität (mosmol/l) Glukose 10%

555

Glukose 20%

1110

Glukose 40%

2200

AKE 1100 + Glukose

800

AS-Lsg. 5%

430

AS-Lsg. 10%

1000

AS-Lsg. 15%

1300

Lipovenös 10% MCT

272

Omegaven

273

Structolipid 20%

260

! 1 g Glukose hat einen Energiewert von ca. 4 kcal

Nebenwirkungen zu hoher Glukosezufuhr (Hyperglykämie) • osmotische Diurese – Dehydratation – Elektrolytstörungen – hyperosmolares Koma • Insulinstimulation – beschleunigte Lipogenese – verminderte Lipolyse – verstärkter AS-Abtransport von der Leber

102

6

Kapitel 6 · Ernährungstherapie

– Steatosis hepatis bei höherer und längerer Glukosedosierung (>6 g/kg/Tag) • erhöhte Infektionsgefahr → Harnwegsinfekte infolge Glukosurie (Nierenschwelle: 180 mg/dl) → bei Glukosurie des Intensivpatienten Reduktion der KH-Zufuhr • Wundheilungsstörungen • Hypoglykämien bei zu hoher Insulingabe • Hypophosphatämie [Verbrauch von Phosphat aufgrund der Thiaminpyrophosphatbildung, ein wichtiger Kofaktor des KH-Stoffwechsels (C1Körper)]  der Blutzucker sollte daher unter niedriger KH-Zufuhr 40 g/Tag) und des Harnstoff-Kreatinin-Quotienten (>20). • eine anfängliche externe Proteinzufuhr spart eigene AS-Reserven, höhere AS-Zufuhr führt allerdings zu keiner weiteren Einsparung von fettfreier Körpermasse (»lean body mass«, LBM): ⊡ Abb. 6.4. • es müssen L-AS zugeführt werden, da nur diese verstoffwechselt werden und die Verwertung von infundierten albumin- oder plasmahaltigen Lösungen aufgrund der notwendigen Aufspaltung der Proteine in AS bis zu 14 Tage in Anspruch nehmen würde! • ca. 35–50% der zugeführten AS werden im Energiestoffwechsel (Glukoneogenese) verbraucht und nur 50–65% der extern zugeführten AS können anabol verwendet werden.

Proteolyse Proteinsynthese

Utilisation

Es sollten keine anderen Zuckeraustauschstoffe wie Sorbit und Fruktose gegeben werden: wegen der Gefahr einer letal endenden hereditären Fruktoseintoleranz (Prävalenz 20.000–360.000) mit • Hypoglykämie (Hemmung der Glykogenolyse und Glukoneogenese) • Hypophosphatämie • schweren Leber- und Nierenschäden → zugrunde liegende Stoffwechselstörung: Aldolase-BMangel

6

103

Allgemeine Grundlagen

Verlust an LBM

Aminosäurenzufuhr

optimaler Dosisbereich ⊡ Abb. 6.4. Darstellung der Auswirkungen einer steigenden externen Aminosäurezufuhr auf endogen Proteolyse, Proteinsynthese und energetische Verwertung sowie Verlust von fettfreier Körpermasse (LBM)

Indikation für spezielle stoffwechseladaptierte AS-Lösungen Leberfunktionsstörungen

Leberzerfall- und -ausfallskoma mit erhöhtem NH3 → Anwendung spezieller Leberlösungen wie z. B. Aminoplasmal Hepa: • verzweigtkettige AS ↑ (Valin, Leucin, Isoleucin) und aromatische AS ↓ (Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan)  verzweigtkettige AS werden für die Synthese von Glutamin zur Ammoniakentgiftung benötigt! zusätzlich: • Flüssigkeitsreduktion (bei Überwässerung) • ausreichendes Energieangebot (30 kcal/kg/Tag) • nur Glukoselösungen als KH (ca. 200 g/Tag) und keine Zuckeraustauschstoffe wie Xylit! • erhöhte Fettzufuhr (1,0–1,5 g/Tag) unter Kontrolle des Plasmatriglyzeridspiegels (TG 300–350 mg%), sowie alle Zustände mit verminderter O2-Zufuhr ans Gewebe (obligate aerobe Fettverwertung zu ATP!)  die akute Pankreatitis stellt keine Kontraindikation für niedrig dosierte, parenteral applizierte Fette dar → 0,5–1,0 g/kg/Tag Kurzkettige Fettsäuren (SCFA)

! • Unter kontinuierlicher Fettapplikation sollten die Serumtriglyzeridwerte 80– 300 µg/Tag empfohlen! s. auch  Kap. Sepsis

320 reich ein an einfach ungesättigten FS, Geschmacksrichtungen: neutral, Vanille, Kakao, Kaffee, Banane

bilanzierte Sondennahrung, ballaststofffrei

bilanzierte Sondennahrung mit löslichen Ballaststoffen





+++ 14 g/1000 ml



1,0

1,05

1,0

1,6

50:30:15 KH: 137,5 g/l Fette: 33,3 g/l Eiweiß: 37,5 g/l

54:30:16 KH: 142 g/l Fette: 30 g/l Eiweiß: 40 g/l

55:30:15 KH: 136 g/l Fette: 34 g/l Eiweiß: 38 g/l

51:35:14 KH: 200 g/l Fette: 62 g/l Eiweiß: 57 g/l

SALVIMULSIN Standard (Nestle)

Isosource STANDARD (Novartis)

Isosource Faser (Novartis)

Isosource ENERGY (Novartis)

bilanzierte Sondennahrung für erhöhten Energiebedarf bzw. Flüssigkeitseinschränkung

232 (neutral) 317 (Toffee)

298

gluten-, purin-, cholesterin- und laktosefrei lösliche und unlösliche Ballaststoffe gluten-, purin-, cholesterin- und laktosefrei lösliche und unlösliche Ballaststoffe

201 (neutral) 310 (Schoko/Vanille)

262

besonders geeignet bei Diarrhöen u. Obstipation reich an Omega-3-Fettsäuren (1,0 g/1000 ml, 146 kcal/g N, ΩΩ-3: ΩΩ-6 = 1:4,1 Kaffeegeschmack/neutral 10 BE/l gluten- und laktulosefrei

nährstoffdefinierte, hochmolekulare Standarddiät für Patienten mit normaler Stoffwechsellage

+++ 13,6 g/1000ml

0,96

51,1:32,1:16,8 KH: 122 g/l Fette: 34 g/l Eiweiß: 40 g/l

Osmolite mit Ballaststoffen (Abbott)

gluten-, purin-, cholesterin- und laktosefrei

361

20% der Fette sind MCT 13 BE/l gluten- und laktulosefrei

nährstoffdefinierte, hochmolekulare Standarddiät für Patienten mit Verdauungsproblemen (osmot. Diarrhö oder Obstipation)

++++ 22 g/1000 ml, davon 10 g FOS

1,2

50,3:29,5:18,5 (+ 1,7% FOS) KH: 150,7 g/l Fette: 39,3 g/l Eiweiß: 55,5 g/l FOS: 10 g/l

Jevity Plus mit FOS* (Abbott)

nährstoffdefinierte, cholesterinund natriumarme, ballaststofffreie Standarddiät

249

45% unlösliche und 55% lösliche Ballaststoffe 20% der Fette sind MCT 12 BE/l gluten- und laktulosefrei

Osmolarität (mosmol/l)

nährstoffdefinierte, hochmolekulare Standarddiät für Patienten mit Verdauungsproblemen (osmot. Diarrhö oder Obstipation)

Besonderheiten

+++ 17,6 g/1000 ml, davon 7 g FOS

Indikation

1,05

Ballaststoffe

53,6:29,8:15,3 (+ 1,3% FOS) KH: 140,5 g/l Fette: 34,7 g/l Eiweiß: 40 g/l FOS: 7 g/l

Energie (kcal/ml)

Jevity mit FOS* (Abbott)

Standard-Diäten

Verhältnis von KH:Fett:Eiweiß

6

NAME

Ausgewählte Beispiele für in Deutschland erhältliche Sondennahrungen

112 Kapitel 6 · Ernährungstherapie

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststoffreiche Standarddiät

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststoffreiche Standarddiät

+++ 15 g/1000 ml

+++ 15 g/1000 ml

1,05

0,5

1,0

1,5

1,5

49:29:22 KH: 126 g/l Fette: 40 g/l Eiweiß: 66 g/l

53:31:16 KH: 138 g/l Fette: 36 g/l Eiweiß: 43 g/l

49:35:16 KH: 62 g/l Fette: 20 g/l Eiweiß: 20 g/l

49:35:16 KH: 123 g/l Fette: 39 g/l Eiweiß: 40 g/l

49:35:16 KH: 123 g/l Fette: 39 g/l Eiweiß: 40 g/l

49:35:16 KH: 185 g/l Fette: 58 g/l Eiweiß: 60 g/l

50:35:15 KH: 188 g/l Fette: 58 g/l Eiweiß: 56 g/l

Isosource PROTEIN (Novartis)

Isosource MIX (Novartis)

Pre Nutrison (Pfrimmer/Nutricia)

Nutrison Standard (Pfrimmer/Nutricia)

Nutrison MultiFibre (Pfrimmer/Nutricia)

Nutrison Energy MultiFibre (Pfrimmer/Nutricia)

Fresenius energy fibre (Fresenius)

1,0

1,22

2,0

40:45:15 KH: 201 g/l Fette: 100 g/l Eiweiß: 75 g/l

++++ 20 g/1000 ml (Inulin, Haferfasern und resistente Stärke)





++ 6 g/1000 ml (aus Obst und Gemüse)





hochkalorische, Standarddiät mit reichlich Ballaststoffen

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststofffreie Standarddiät

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststofffreie Diät

Sondenvollnahrung aus natürlichen Lebensmittel für Problempatienten

bilanzierte Sondennahrung für Patienten mit erhöhtem Eiweißbedarf oder Proteinmangelzuständen

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststofffreie Diät für Patienten mit Flüssigkeitsrestriktion

bilanzierte Sondennahrung für erhöhten Energiebedarf bzw. Flüssigkeitsrestriktion

Nutrison Concentrated (Pfrimmer/Nutricia)

+++ 15 g/1000 ml

1,5

54:33:13 KH: 202 g/l Fette: 55 g/l Eiweiß: 49 g/l

Indikation

Isosource ENERGY FASER (Novartis)

Ballaststoffe

Energie (kcal/ml)

Verhältnis von KH:Fett:Eiweiß

NAME

Verhältnis ΩΩ-6:ΩΩ-3 = 4:1, durch Inulin werden physiolog. Bifidusbakterien stimuliert und pathogene Darmbakterien gehemmt

15 BE/l, hochkalorisch mit prebiotischer Ballaststoffkomponente MultiFibre

10 BE/l mit prebiotischer Ballaststoffkomponente MultiFibre

10 BE/l

zur Umstellung von parenteraler auf enterale Ernährung in der Einschleichphase 5,2 BE/l

aus Fleisch, Gemüse und Früchten carnitinreich, gluten- und laktosefrei lösliche und unlösliche Ballaststoffe

gluten-, purin-, cholesterin- und laktosefrei lösliche und unlösliche Ballaststoffe

mineralstoffreduziert, eiweißreich , für Patienten mit akuter oder chronischer Niereninsuffizienz und damit verbundener Dialyse

gluten-, purin-, cholesterin- und laktosefrei lösliche und unlösliche Ballaststoffe

Besonderheiten

310

335

280

260

140

303

350

335

298

Osmolarität (mosmol/l)

Allgemeine Grundlagen 113

6

1,3 ∅

+++ 15 g/1000 ml



++++ 20 g/1000 ml (Inulin, Haferfasern und resistente Stärke)

Ballaststoffe

nährstoffdefinierte, hochmolekulare Spezialdiät für frühestmögliche enterale Ernährung bei Patienten mit Postaggressionsstoffwechsel

hypokalorische , ballaststoffreiche Standarddiät mit MCT-Fetten

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, ballaststofffreie Standarddiät

Standarddiät mit reichlich Ballaststoffen

Indikation

Mit Arginin (8,3 g/l), β-Carotin als Antioxidant, L-Carnitin (170 mg/l), Taurin, Cholin angereichert, 123 kcal/g N kein Glutamin,ΩΩ-3:ΩΩ-6= 1: 4,8; ΩΩ-3-Fettsäuren von Fischölen: 1,6 g/1000 ml, jodhaltig

zur Umstellung von parenteraler auf enterale Ernährung 7,7 BE/l

fruktosehaltig

Besonderheiten

27,9: 55,6:16,5 KH: 106 g/l Fette: 93,7 g/l Eiweiß: 62,5 g/l

1,5 ∅

nährstoffdefinierte, hochmolekulare Spezialdiät für beatmete Patienten (>24 h) bzw. bei ARDS oder ARDS-Risiko

Reich an Eicosapentaen (4,6 g/l)- und Gammalinolensäure (4,3 g/l) KH-arm und fettreich Zink (18 mg/l), Selen (77 µg/l)

53:25:22 KH: 134 g/l Fette: 28 g/l Eiweiß: 56 g/l

52:25:23 KH: 145 g/l Fette: 30 g/l Eiweiß: 63 g/l

IMPACT (Novartis)

IMPACT Glutamine (Novartis)

1,1

1,0





nährstoffdefinierte, hochmolekulare, immunmodulierende Spezialdiät für Patienten im Stress bzw. postoperativ

nährstoffdefinierte, hochmolekulare, immunmodulierende Spezialdiät für Patienten im Stress bzw. zur frühzeitigen postoperativ Ernährungstherapie

Arginin ↑ (13 g/l), RNS-Nukleotide (1,3 g/l), Selen (40 µg/1000 ml) und Omega-3-Fettsäuren (3,3 g/1000 ml) aus Fischöl; glutaminreich (10 g/l), aber verzweigtkettige AS ↑ ΩΩ-3:ΩΩ-6= 1,4:1; 91 kcal/g N

Arginin ↑ (13 g/l), RNS-Nukleotide (1,3 g/l), Selen (40 µg/1000 ml) und Omega-3-Fettsäuren (3,3 g/1000 ml) aus Fischöl; kein Glutamin, aber verzweigtkettige AS ↑ ΩΩ-3:ΩΩ-6= 1,4:1; 91 kcal/g N

Reduktion der Beatmungstage (minus 28%), der Zeit des Intensivaufenthaltes und der Inzidenz an Organversagen (Gadek et al. 1999) im Vergleich zu einer Standarddiät

OXEPA (Abbott)

Reduktion der Pneumonierate und der Anzahl von allgemeinen Infektion durch Perative im Vergleich zu einer eiweißreichen Standarddiät (Brown et al. 1994)

PERATIVE (Abbott)

54,1:25,4:20,5 42% MCT KH: 177 g/l Fette: 37 g/l Eiweiß: 67 g/l

0,75

50:35:15 KH: 94 g/l Fette: 29 g/l Eiweiß: 28 g/l

Sondalis 0,75 plus (Nestle)

Spezialdiäten

0,75

49:35:16 KH: 93 g/l Fette: 29 g/l Eiweiß: 30 g/l

Nutrison L.EN (Pfrimmer/Nutricia)

1,0

55:30:15 KH: 138 g/l Fette: 34 g/l Eiweiß: 38 g/l

Fresenius original fibre (Fresenius)

Energie (kcal/ml)

Verhältnis von KH:Fett:Eiweiß

6

NAME

319

298

384

308

210

210

250

Osmolarität (mosmol/l)

114 Kapitel 6 · Ernährungstherapie

0,5

1,0

30:2:68 KH: 37,5 g/l Fette: 2.0 g/l Eiweiß: 85 g/l

48:30:22 KH: 120 g/l Fette: 34 g/l Eiweiß: 55 g/l

Intestamin (Fresenius)

RECONVAN (Fresenius)

1,3

55:25:20 KH: 183,5 g/l Fette: 37 g/l Eiweiß: 66,7 g/l

NUTRICOMP IMMUN (Braun)

Glutaminreiche Sondennahrung

32:50:18 (70% LCT:30% MCT) KH: 104 g/l Fette: 72 g/l Eiweiß: 59 g/l

SUPPORTAN (Fresenius)





+++ 13,3 g/1000ml

+++ 13,0 g/1000 ml



1,6

45:35:20 KH: 180 g/l Fette: 62,2 g/l Eiweiß: 80 g/l

SALVIMULSIN 800 MCT (Nestle)

1,3



1,3

40:40:20 KH: 130 g/l Fette: 58 g/l Eiweiß: 65 g/l

Ballaststoffe

Nutricomp Intensiv (Braun)

Energie (kcal/ml)

Verhältnis von KH:Fett:Eiweiß

NAME

glutaminhaltige, nährstoffmodifizierte, stoffwechseladaptierte Spezialdiät für kritisch Kranke

glutaminhaltige, nährstoffmodifizierte, stoffwechseladaptierte Spezialdiät für kritisch Kranke

glutaminhaltige, nährstoffmodifizierte, stoffwechseladaptierte Spezialdiät bei eingeschränkter Immunfunktion oder Karzinom

nährstoffmodifizierte, stoffwechseladaptierte, onkologische Spezialdiät fett- u. eiweißreich

hochkalorische nährstoffdefinierte natriumarme, ballaststofffreie Spezialdiät

nährstoffdefinierte, KH-reduzierte, fettreiche Spezialdiät mit modifizierter Nährstoffrelation

Indikation

reich an Glutamin (10 g/1000 ml), mit Arginin angereichert (6,7 g/1000 ml) reich an ΩΩ-3-Fettsäuren (3,0 g/l), Selenhaltig (50 µg/l), hoher MCT-Gehalt (56%)

reich an Glutamin (30 g/500 ml), reich an Antioxidanzien (Vitamin E 0,5 g/500 ml, Vitamin C 1,5 g/500 ml, Selen 300 µg/500 ml, Zink 20 mg/ 500 ml) Tributyrin (strukturiertes Fett, das 3 Moleküle Butyrat enthält) anstatt Ballaststoffe enthält kein Arginin!

Antioxidanzien↑ ( Vit. C, E, Selen, β-Carotin) Glutamin ↑ (10,6 g/1000 ml); ausgewogenes Verhältnis der ΩΩ-3 (2,1 g/1000 ml), ΩΩ-6 und ΩΩ-9-Fettsäuren (1:3:4,5) Cave: Zöliakie (glutenhaltig)

270

390

400

350

395

enthält hochmolekulares Eiweiß (Milch-, Molkenprotein), Fett (Sonnenblumen-, Rapsöl, MCT-Öl), Kohlenhydrate (Maltodextrine) sowie Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente reich an Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl (3,0 g/1000 ml) und Nukleotiden (RNS), MCT-haltig; Vitamine (A, C, E) ↑; geschmacksneutral

260

Osmolarität (mosmol/l)

frei von Gluten, Purinen, Cholesterin und Laktulose 11 BE/l

Besonderheiten

Allgemeine Grundlagen 115

6

1,0

50:30:20 KH: 126 g/l Fette: 33 g/l Eiweiß: 50 g/l

Nutrison MCT (Pfrimmer/Nutricia)

1,0

45:37,8:17,2 KH: 113 g/l Fette: 42 g/l Eiweiß: 43 g/l

53:32:15 KH: 120 g/l Fette: 32 g/l Eiweiß: 34 g/l

37:45:18 KH: 83 g/l Fette: 45 g/l Eiweiß: 40 g/l

52: 32:16 KH: 129 g/l Fette: 35 g/l Eiweiß: 41 g/l

33,2:49,8:7 KH: 81,4 g/l Fette: 54,4 g/l Eiweiß: 41,8 g/l

Diason (Pfrimmer/Nutricia)

FRESUBIN DIABETES N (Fresenius)

Diben (Fresenius)

Nutricomp Diabetes (Braun)

GLUCERNA (Abbott)

1,0

1,0

0,.9

0,.9

1,0

45:40:15 KH: 112 g/l Fette: 44 g/l Eiweiß: 38 g/l

SALVIMULSIN DIABETES (Nestle)

Bei Diabetes mellitus

0,75

43:30:27 KH: 81 g/l Fette: 25 g/l Eiweiß: 50 g/l

Novasource START (Novartis)

Energie (kcal/ml)

Verhältnis von KH:Fett:Eiweiß

+++ 14,4 g/1000 ml

+++ 15 g/1000 ml

++++ 20 g/1000 ml

+++ 15 g/1000 ml

+++ 15 g/1000 ml

+++ 15 g/1000 ml



+ 5 g /1000 ml (aus Guar)

Ballaststoffe

natriumarme, bilanzierte Diät bei verminderter Glukosetoleranz 6,8 BE/l

Diabeteskost mit Ballaststoffen

Diabeteskost mit Ballaststoffen

Diabeteskost, blutzuckervorteihafte KH aus Stärke + Fruktose

vollbilanzierte, ballaststoffreiche Spezialdiät bei Diabetes

nährstoffdefinierte, stoffwechseladaptierte, ballaststoffreiche Spezialdiät

vollbilanzierte, ballaststofffreie eiweißreiche Spezialdiät bei Fettverwertungsstörungen

Anfangssondennahrung für Patienten mit Kurzdarmsyndrom oder nach längerer parenteraler Ernährung in der Übergangsphase

Indikation

13,6 mg Fe/Liter, selenhaltig, enthält L-Carnitin (140 mg/L) Cholin, Taurin und Myo-inosit

Fette aus Sonnenblumen-, Raps- und Fischöl, reich an Antioxidanzien

Reich an Antioxidanzien, Chrom, Ballaststoffen

Milcheiweißfrei, ballaststoffreich, reich an Chrom (verbesserte Glucosetoleranz und Insulinwirkung), 1 Flasche = 5 BE oder 60 g Glukose

hoher Anteil an einfach ungesättigte FS, erhöhter Chromgehalt (120 µg/l)

mit Süßstoff, laktose- und glutenfrei mit Carrageen und Fruktose, cholesterin- und natriumarm

hoher Anteil am MCT (60%), 10,5 BE/l, Indik.: Steatorrhö, chron. Pankreatitis, chron. entzündlichen Darmerkrankungen, Lymphabflussstörung, Leber- u. Gallenerkrankungen

glutaminreich 10 g/l, eiweißreich (27%), MCT-reich 50%, laktosefrei, ausschl. lösliche Ballaststoffe Benefiber

Besonderheiten

6

NAME

300

250

320

320

300

240

265

250

Osmolarität (mosmol/l)

116 Kapitel 6 · Ernährungstherapie



nach Tabelle: 0,95-2,2

Relation individuell je nach Beutel I und IIKombinationen: (63–75):(20–23):(3–18)

SALVIPEPTID NEPHRO (Nestle)



1.3

84:10:6 KH: 272 g/l Fette: 15 g/l Eiweiß: 20 g/l

SURVIMED RENAL (Fresenius)



41,4:43:14 (+ FOS 1,6%) KH: 206 g/l Fette: 96 g/l Eiweiß: 70 g/l FOS: 15,6 g/l

Nephro Abbott (Abbott)

2.0

++ 10 g/1000ml



1.3

2.0

51:43:6 KH: 255,5 g/l Fette: 96 g/l Eiweiß: 30 g/l

SUPLENA (Abbott)

Bei Niereninsuffizienz

FRESUBIN HEPA (Fresenius)

55:33:12 (66% LCT: 33% MCT) KH: 179 g/l Fette: 49 g/l Eiweiß: 40 g/l

Komponentenkost für niereninsuffiziente Patienten: Eiweißkomponente I: Proteine, Oligopeptide, AS, Mineralstoffe Energiekomponente II: KH, Fette, Vitamine, Spurenelemente

eiweiß- und elektrolytarme Spezialdiät bei Niereninsuffizienz

hochkalorische Spezialdiät für niereninsuffiziente Patienten ab 4. Jahre

hochkalorische Spezialdiät für niereninsuffiziente Patienten ab 4. Jahre

nährstoffmodifizierte, stoffwechseladaptierte Spezialdiät bei Leberinsuffizienz

geringe Mengen an: Na, K, Cl, P, Ca, mg ⇒ Serumkontrollen Vitamin-A-Gehalt gering ⇒ Substitution bei Langzeiternährung; Eiweißgehalt zw. 0,3–1,5 g/kg/Tag regulierbar

eiweiß- und elektrolytarm, hochkalorisch, Bananengeschmack, kein Vitamin D 1 Beutel (80 g) auf 200 ml auflösen Trink- oder Sondennahrung

eiweißreich, zur Gabe bei Dialysepatienten, Verhältnis Kalorien/Stickstoff: 182 kcal/g N

Eiweißreich, zur prädialytischen Gabe, L-Carnitin u. Taurin angereichert Cave: jodhaltig: 80% (50% der Pneumonien entwickeln sich in den ersten 4 Tagen!) negative Beeinflussung der Splanchnikusperfusion Schädigung des Surfactants durch »shear stress trauma« (= Volutrauma), sowie Induktion der O2-Radikalenbildung und Mediatorenfreisetzung durch Mechanotransduktion

STEP 4 (Änderung des Atemzeitverhältnisses)

Eine weitere Steigerung der Invasivität der Atemhilfen stellt die Veränderung des Atemzeitverhältnisses zugunsten der Inspirationszeit dar.

Einige Grundbegriffe der Beatmung

Sektor C (additive Maßnahmen)

Resistance (Atemwegswiderstand)

Ist mit den vorangegangenen Atemhilfen eine adäquate Oxygenierung nicht erreichbar, sollten additive Maßnahmen wie z. B. die etablierte kinetische Therapie und die teils noch experimentellen Verfahren wie NO-Beatmung, Prostazyklinvernebelung oder die aus der Pädiatrie stammende Flüssigkeitsbeatmung zusätzlich durchgeführt werden.

• bei laminarer Strömung (Normalwert: 2–4 mbar/l/s für Erwachsene) R=

P Tubus – P Alveole V

 bei hoher (turbulenter) Strömung steigt der Atemwegswiderstand mit dem Quadrat der Strömung an Inspiratorische Resistance

Nachteile der maschinellen Beatmung • Erhöhung des intrathorakalen Drucks mit sekundärer Beeinflussung der Hämodynamik → Beeinflussung der kardialen Füllung ↓ • Beeinflussung der Nierenfunktion mit Gefahr der Hyperhydratation (RBF ↓ bei Anstieg des renalen Venendruckes und Abfall des arteriellen Perfusionsdrucks, Sti-

RAW =

Pmax – PPlat. V

Pmax: Beatmungsspitzendruck, PPlat.: Plateaudruck, V: insp. Flow (l/sec) Normalwert für den intubierten erwachsenen Patienten: 4–6 mbar/l/sec

127

Allgemeine Grundlagen

Beatmungsdruck ∆P = V T × 1 + V × R C

 d. h. der Beatmungsdruck steigt bei Erhöhung des Atemzugvolumens (VT), bei Zunahme des inspiratorischen Flows (V) z. B. bei volumenkontrollierter Beatmung oder bei Zunahme des Atemwegwiderstandes (R), sowie bei Abnahme der Compliance (C)

Spezifische Compliance

• Compliance bezogen auf das aktuelle Lungenvolumen → Berücksichtigung der Abhängigkeit der Compliance von der FRC;  die spezifische Compliance ist altersunabhängig und somit beim Säugling und Erwachsenen gleich! Lungen-Compliance CLunge =

Compliance (C) C=

∆V (ml) ∆P (mbar oder cm H2O)

7

VΤ PAW – PPleura

 Abnahme der Compliance → Atemarbeit ↑ bei gleicher alveolärer Ventilation → chronische Ermüdung der Atemmuskulatur; Störung des Ventilations/Perfusionsverhältnisses

Statische Compliance Cstat =

exp. VΤ PPlat – PEEP

Normalwert für den erwachsenen Patienten: 80– 100 ml/cmH2O  zur Berechnung der statischen Compliance müssen In- und Exspirationsventile nach der Inspiration für 2–3 s geschlossen werden Voraussetzung: völlig erschlaffte Atemmuskulatur und Flow = 0 Dynamische Compliance CDyn =

VΤ PPeak – PEEP

 klinischer Nutzen nur gering, da im Wert neben den elastischen Kräften auch die restitiven Komponenten (Tubus-, Bronchuswiderstand) eingehen! Effektive Compliance

• Messung im Respirator (inklusive der Compliance der Beatmungsschläuche und Beatmungssystem) → nur als Verlaufsparameter sinnvoll. Die »innere Compliance« liegt je nach Beatmungsschlauchart zwischen 0,5 und 3,0 ml/ mbar, d.h. es müssen 0,3–3 ml Volumen pro mbar inspiratorischer Druck von dem inspiratorischen AMV abgezogen werden!

Reduktion der Compliance durch

• ARDS • Pneumonie (interstitielle, alveoläre) • Lungenfibrose (bei Kollagenosen, Sarkoidose, chronische Alveolitiden) • Lungenödem • Aspiration • Zwerchfellhochstand (z. B. ausgeprägter Meteorismus, Z. n. Oberbaucheingriff, Pleuraerguss, Hämato(pneumo)thorax)

Zeitkonstante (τ) τ=R×C R = Resistance (cmH2O/l/s), C = Compliance (l/cmH2O)

• Zeit, in der die Alveole eine 63%ige Änderung ihres Volumens erfährt. 3mal Zeitkonstante: 95%ige Füllung bzw. Entleerung der Alveole in dieser Zeit 7mal Zeitkonstante: 99,9%ige Füllung bzw. Entleerung der Alveole in dieser Zeit • Normalwert für gesunde Lunge: 0,2 s • bei COPD: 0,9 s

Inflection Points • entsprechen den Übergangspunkten vom flachen in den steilen Teil der Druck-Volumen-Kurve der Lunge (lower inflection point) oder vom steilen

128

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

1000 Oberer inflection point (UIP)

Volumen (ml)

800 600 400 C stat = V/P

200

Unterer inflection point (LIP) PEEP

10 intrinsic

20 30 Druck (cm 2HO)

40

50

⊡ Abb. 7.1. Pulmonale Druckvolumenkurve

7

in den flachen oberen Abschnitt des Kurvenverlaufs (upper inflection point) (⊡ Abb. 7.1) • Kurvenverlauf links vom unteren inflection point → niedrige Compliance • die Druck-Volumen-Kurve der ARDS-Lunge wird im Rahmen der Erkrankung nach rechts verschoben und ist durch einen deutlich flacheren Kurvenverlauf bzw. einer geringeren Compliance gekennzeichnet • Registrierung der statischen Druck-VolumenKurve am sedierten und relaxierten Patienten nach der – Super-Syringe-Methode (Applikation von Atemzugvolumina in 200-ml-Schritten mit anschließender Pause von 2–3 min bis zu einem Beatmungsdruck von ca. 40 cmH2O oder einem Gesamtvolumen von 25 ml/kgKG) – durch Registrierung der inspiratorischen Plateaudrucke nach Applikation verschieden großer Atemzugvolumina

Intrinsic PEEP • oder Auto-PEEP (endogener PEEP), der bei Lungenerkrankungen mit vorwiegend obstruktiver Komponente oder bei mechanischer Ventilation mit verlängerter Inspirationszeit vorwiegend in Lungenarealen mit langer Zeitkonstante auftritt • die Höhe des Intrinsic-PEEP, sowie das korrespondierende »airtrapped volume« können mit modernen Respiratoren wie z. B. Evita 4 durch die Okklusionsmethode gemessen werden (⊡ Abb. 7.2) → während einer kompletten

⊡ Abb. 7.2 Druck- und Flowverlauf bei der Intrinsic-PEEPMessung

l/min

Inspiration F L O W

FLOW-

Exspiration

NO - FLOWPHASE Hinweis auf intrinsic-PEEP Hinweis aufintrinsic-PEEP bzw. „air trapping“ bzw. »air-trapping«

(exspiratorischer Flow Flow geht bis bis zur zur (expiratorischer geht nächstenInspiration Inspiration nicht mehr mehr auf null auf nächsten nicht zurück! nullGestrichelte zurück! Linie entspricht einem normalen Flow-Kurvenvelauf) Gestrichelte Linie entspricht einem normalen Flow-Kurvenverlauf

⊡ Abb. 7.3. Intrinsic-PEEP bei volumenkontrollierter Beatmung eines COPD-Patienten

maschinellen Inspirationsphase werden In- als auch Exspirationsventil geschlossen und der leicht ansteigende Druckverlauf von Respirator registriert → Wert am Ende der Verschlusszeit ist der Gesamt-PEEP (= effektiver PEEP) • Gesamt-PEEP minus am Beatmungsgerät eingestellter PEEP = intrinsic-PEEP • die Ausbildung eines intrinsic- oder Auto-PEEP unter mechanischer Beatmung kann bei Verwendung eines Bildschirms anhand einer veränderten Flow-Zeit-Kurve erkannt werden (⊡ Abb. 7.3)

129

Allgemeine Grundlagen

Beatmungsformen Diese werden charakterisiert durch • den zeitlichen Verlauf von Fluss, Volumen und Druck (druck-, volumenkontrolliert) • das Verhältnis von In- zu Exspiration (z. B. inverse ratio ventilation oder verlängerte Exspiration) • die Höhe des Patienten-Atemanteils (kontrollierte, mandatorische, augmentierende und spontane Beatmungsformen)

Atemzyklus • Zeitdauer von Beginn einer Inspiration bis zum Ende der anschließenden Exspiration – Aufteilung in Inspirationszeit mit inspiratorischer Fluss- und Pausenphase sowie in Exspirationszeit mit Flussphase – das Verhältnis von In- zu Exspiration wird als Atemzeitverhältnis bezeichnet (normalerweise 1:1,7 bis 1:2)

Beatmungsmuster Das Beatmungsmuster beschreibt den zeitlichen Ablauf eines einzelnen Atemzyklus.

Beispiele für Beatmungsformen Spontan-CPAP (continuous positive airway pressure) • bei der CPAP-Therapie atmet der Patient spontan auf einem bestimmten Druckniveau → während des Atemzyklus wird ein kontinuierlicher positiver Druck (meist 5 bis 10 mbar) in den Luftwegen aufrechterhalten  normalerweise ist der intraalveoläre Druck bei Spontanatmung: – bei Inspiration immer negativ – bei Exspiration null bis leicht positiv

7

CPAP-Effekte

• Anhebung der Atemmittellage mit Verhinderung eines vorzeitigen Alveolenkollaps bei der Exspiration • ggf. Eröffnung von verlegten Luftwegen (prophylaktische und therapeutische Wirkung auf Atelektasen) • Erhöhung der FRC (Luft- und O2-Puffer, der bei normaler Exspiration in der Lunge verbleibt) • Verbesserung der Lungencompliance • Abnahme des intrapulmonalen Rechts-LinksShunt • Abnahme der inspiratorischen Atemarbeit • Abnahme der Atemfrequenz bei gleichzeitiger Zunahme des Zugvolumens und Verlängerung der Exspirationszeit • Abnahme des Atemminutenvolumens (AMV) → paCO2 bleibt dennoch konstant, da die Totraumventilation ebenfalls abnimmt NW:

• der mittlere Atemwegsdruck wird nach oben verschoben → venöser Rückstrom zum Herz ↓ → ggf. RR ↓ und HZV ↓ • hohe Perspiratio insensibilis durch Zufuhr kalter, trockener Frischgase, zusätzlich Gefahr der Auskühlung • Gefahr des Barotraumas und Überdehnung der Alveole bei Anwendung hoher PEEP-Niveaus • hoher Gasverbrauch bei Continuous-flow-Systemen • Aerophagie (Übelkeit, Meteorismus etc.) → ggf. Magensonde legen • die CPAP- Applikation muss immer über ein dicht sitzendes System erfolgen, was vom Patienten beänstigend empfunden wird. Außerdem können Hautläsionen im Bereich der Maske entstehen CPAP-Systeme

Es werden zwei große Gruppen unterschieden: Demand-flow-CPAP und Continuous-flow-CPAP • beim Demand-System (z. B. Servo 900C, Servo 300, Evita) muss der Patient Respiratorventile antriggern, um den Flow zu aktivieren • beim Continuous-System (früher CPAP-Ballon, heute FDF-Gerät) wird der Flow kontinuierlich generiert

130

7

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

 CPAP muss ohne Leckage appliziert werden (Überprüfung der Maskendichtigkeit)  Einstellung eines adäquat hohen Frischgasflows → während der Inspiration erreicht der Spitzenfluss eines normal atmenden Patienten Werte von 30–50 l/min. Bei forcierter Einatmung werden Werte von 100 l/min und mehr erreicht. Der Flowgenerator sollte diesen Fluss liefern, da sonst – auch bei Existenz eines Reservoirbeutels – der positive Druck im System absinken kann → ca. 40–50 l/min am CPAP-Gerät einstellen; der O2-Gehalt kann beim FDF-Gerät durch Mischen von Druckluft und Sauerstoff reguliert werden  die Höhe des CPAP-Niveaus muss individuell bestimmt werden: – 5 cmH2O gilt als unterste Grenze mit therapeutischer Wirkung – empfohlenes PEEP-Niveau: 7 bis 10 cmH2O – 10 cmH2O werden von vielen Patienten bereits schlecht toleriert – 15 cmH2O sind nur ausnahmsweise anzuwenden

Besonderheiten der CPAP-Therapie bei Kindern Nach Extubation ist es bei Säuglingen und Kleinkindern manchmal sehr hilfreich, einen kontinuierlichen positiven Druck in den Luftwegen aufrechtzuerhalten. Dies lässt sich am einfachsten über ein Rachen-CPAP erreichen, welches von Kleinkindern in der Regel gut toleriert wird → (CPAP-Masken sind außerdem erst für größere Kinder verfügbar) Durchführung

• nötige Tubuslänge bestimmen (≈ Distanz Nasenloch – Ohransatz), Tubus mit Lidocain-Gel einreiben und unter angeschlossenem Flow in ein Nasenloch einführen und fixieren • Einstellung des Continuous-flow-Systems (FDFGerät): Flow ca. 10 l/min, CPAP-Niveau ca. 5 cm H2O, ggf. Anwärmen der Luft mit Hilfe der Heizung des Beatmungsgerätes um Auskühlen der Kinder zu verhindern

Augmentierende Beatmungsformen Nichtinvasive Überdruckbeatmung (NIPPV)  siehe Kapitel 8: Nicht invasive Beatmung

IMV, SIMV, MMV Diese Beatmungsformen gewährleisten eines Atemmindestvolumen, das durch die Spontanatmung des Patienten (meist unter Druckunterstützung von > 5 mbar) noch gesteigert werden kann. Die kontrollierten Beatmungszyklen werden synchronisiert (z. B. SIMV) oder asynchron (z. B. IMV) bzw. druck- oder volumenkontrolliert ausgeführt (SIMV-PC oder SIMV-VC beim Respirator Servo 300). SIMV (Synchronized Intermittend Mandatory Ventilation)

• Vorgabe einer SIMV-Frequenz (≈ 6–8/min), eines Atemzugvolumen (≈500 ml) bei volumenkontrolliertem Modus oder eines oberen Druckniveaus (≈ 20–25 mbar) unter druckkontrollierter Form sowie einer Druckunterstützung während der Spontanatmung (≈ 5–20 mbar) und einer Triggerschwelle, die der Patient zur Auslösung der Druckunterstützung überwinden muss • zwischen den maschinellen Beatmungshüben kann der Patient spontan atmen MMV (Mandatory Minute Ventilation)

• garantiert ein voreingestelltes Atemminutenvolumen und vergleicht es intermittierend mit dem vom Patienten geleisteten Atemminutenvolumen • bei ausreichender Spontanatmung wird auf eine maschinelle Unterstützung ganz verzichtet; bei Unterschreiten des Atemmindestvolumens werden solange eingestellte Atemhübe über das Atemgerät appliziert, bis das vorgegebene MMV erreicht wird • Nachteil: eine Hechelatmung (hohe Frequenz bei kleinem Atemvolumen und somit erhöhter Totraumventilation) wird nicht registriert!

131

Allgemeine Grundlagen

ASB bzw. PSV (Assisted Spontaneous Breathing, Pressure Support Ventilation) • meist angewandte Beatmungsform im Rahmen der Spontanisierung, deren Grundprinzip 1962 von Taylor entwickelt wurde • nach Antriggerung des Gerätes erfolgt bis zum Erreichen des eingestellten Druckniveaus eine inspiratorische Gasströmung (≈ 30–60 l/min) • die Flowform ist dezelerierend (⊡ Abb. 7.4) • die passive Exspiration erfolgt bei einem Flowabfall von 75% des Spitzenflusses, bei Gegenatmen des Patienten (Flow < 0) oder spätestens nach 4 s • die Dauer der Inspiration ist abhängig von der inspiratorischen Atemarbeit, die vom Patienten erbracht wird • Voraussetzung zur Anwendung dieser Beatmungsform: intakte zentrale Atmungsregulation und neuromuskuläre Steuerung der respiratorischen Muskulatur  ist die inspiratorische Gasströmung des Gerätes kleiner als der spontane Gasfluss des Patienten, kann Dyspnoe entstehen → Steuerung am besten über das Messverfahren P0,1. Bei COPDPatienten sollte ein hoher inspiratorischer Flow (ca. 100 l/min) angewandt werden, da hierdurch der Gasaustausch infolge verlängerter Exspiration verbessert werden kann

7

IPPV (Intermittent Positive Pressure Ventilation, kontrollierte Beatmungsformen [CMV]) Entweder • volumenkontrolliert (Evita, Servo 300 [ggf. druckreguliert]) mit konstantem Flow (⊡ Abb. 7.6) oder • druckkontrolliert (Servo 300) mit dezelerierendem Flow (⊡ Abb. 7.5) • bei Anwendung von PEEP wird aus IPPV → CPPV (continuous positive pressure ventilation)

l/min

konstanter Flow bei volumenkontrollierter Beatmung

dezelerierender Flow bei druckkontrollierter Beatmung

30 F L o 0 w

Zeit

- 30 - 60 ⊡ Abb. 7.5. Flow-Zeit-Kurven

mbar

D R U C K l/min

F L O W

dP dt

PEEP

Druckunterstützung über PEEP

Zeit 100%

25%

Zeit

⊡ Abb. 7.4. Druck- und Flowkurve bei »assisted spontaneous breathing« (ASB)

mbar D r u c k l/min F L O W

P EEP

Zeit

hoher Flow mit inspiratorischer No-Flow-Phase Æ hoher Beatmungsspitzendruck Zeit

⊡ Abb. 7.6. Druck- und Flowkurve bei volumenkontrollierter Beatmung

132

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

Druckkontrollierte Beatmung bzw. PCV (Pressure Controlled Ventilation) • Einstellung eines oberen Druckniveaus, der Atemfrequenz, des Atemzeitverhältnisses → der Beatmungsspitzendruck sollte möglichst < 30–35 cmH2O betragen (⊡ Abb. 7.7) • Beatmungsform mit dezelerierendem Flow • Atemzugvolumen ergibt sich als so genannter Freiheitsgrad aus der Compliance der Lunge und Faktoren wie Patientenlagerung, »Bauchbinde« etc. mbar

7

D r u c k

oberes Druckniveau Druckniveau oberes

P EEP

Zeit

l/min F L O W

Zeit

⊡ Abb. 7.7. Druck- und Flowkurve bei druckkontrollierter Beatmung

PAW

• geringere Gefahr des Barotraumas • jedes Kompartiment füllt sich gemäß seiner bestimmten Zeitkonstante

BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure) • 1989 von Baum und Benzer aus Innsbruck in die klinische Praxis eingeführte Beatmungsform (⊡ Abb. 7.8) • Kombination aus zeitgesteuerter, druckkontrollierter Beatmung und Spontanatmung, meist mit Druckunterstützung auf dem unterem Druckniveau (BIPAP/ASB bei Respiratoren wie z. B. Evita 2 und 4) • Respirator wechselt zwischen zwei Druckniveaus, was einer druckkontrollierten Beatmung entspricht • Spontanatmung meist auf dem unteren Druckniveau beginnend, jedoch zu jedem Zeitpunkt des Atemzyklus möglich Nach dem Anteil der Atemarbeit, welche vom Patienten erbracht wird, werden 4 verschiedene Formen der BIPAP-Beatmung unterschieden: 1. CMV-BIPAP: keine Spontanatmung, reine druckkontrollierte Beatmung 2. IMV-BIPAP: Spontanatmung auf dem unteren Druckniveau

Spontanatmung BIPAP

PAW PT high 1

t

PT low 2

PAW PC-Ventilation

t 1

2

Phase Time Ratio (PhTR) =

Pressure Time high Pressure Time low

t ⊡ Abb. 7.8. Druckkurve von BIPAP, als Kombination von Spontanatmung und druckkontrollierter Beatmung

133

Allgemeine Grundlagen

3. genuiner BIPAP: Spontanatmung auf beiden Druckniveaus 4. CPAP: oberes Druckniveau wurde kontinuierlich dem unterem Druckniveau angepasst

APRV (Airway Pressure Release Ventilation) • airway pressure release ventilation ist eine 1987 von Downs und Stock vorgestellte Beatmungsform • Spontanatmung mit hohem CPAP-Niveau (20– 30 cmH2O) und kurzzeitige (10–15 mal/min) Absenkung des oberen Druckniveaus auf ein niedrigeres Niveau für die Dauer von ca. 1–2 s → Absenken des Beatmungsdruckes auf das untere Niveau entspricht einer kurzen Exspiration, wobei die exspiratorischen Atemzugvolumina bis zu 2,0 l betragen können. Bei Wegfall der Spontanatmung stellt APRV eine druckkontrollierte Beatmungsform mit umgekehrtem Atemzeitverhältnis dar (= BIPAP mit IRV) Vorteile

• Reduktion des pulmonalen Shuntanteils bei gleichzeitig geringerer Totraumventilation unter APRV im Vergleich zur SIMV-Beatmung • höherer paO2, geringerer pulmonaler Shunt und ein um 30% geringerer Atemwegspitzendruck unter APRV im Vergleich zur volumenkontrollierten inverse ratio ventilation • einzige Kontraindikation für eine APRV-Beatmung: obstruktive Ventilationsstörung

7

Verschiebung des Atemzyklus in einen günstigeren Druck-Volumen-Bereich • Abnahme des intrapulmonalen R-L-Shunts durch Verbesserung des V/Q-Verhältnisses • längere Kontaktzeiten zwischen frischem Alveolargas und Kapillarblut Nachteile

• arterielle Hypotonie durch Abnahme der Vorlast (ausgeprägt bei intravasaler Hypovolämie) • Zunahme der rechtsventrikulären Nachlast aufgrund eines Anstiegs des Beatmungsmitteldrucks • Gefahr des pulmonalen Barotraumas infolge der kürzeren Exspirationszeit mit konsekutivem »air-trapping« und Ausbildung eines intrinsicPEEP→ bes. bei einer volumenkontrollierten IRV → Bestimmung der Höhe des intrinsischen PEEP mit automatischen Messmanövern bei Evita 2 und 4 möglich! • Notwendigkeit einer tiefen Analgosedierung

PEEP (Positive Endexpiratory Pressure) Vorteile

Vorteile

• Vergrößerung der funktionellen Residualkapazität (FRC ↑ → Vergrößerung der Gasaustauschfläche und Verbesserung des Ventilations-PerfusionsVerhältnisses → Abnahme des intrapulmonalen Re-Li-Shunts → paO2 ↑) • Aufhebung intermittierender Bronchialverschlüsse • Verhinderung oder Auflösung von Atelektasen • Verlagerung der Atemschleife in den steilen Teil der Druck-Volumen-Kurve der Lunge infolge Erhöhung der FRC → Compliance ↑ → Atemarbeit ↓ • »Verdrängung« von interstitiell eingelagertem Wasser und Reduktion eines intraalveolären

• aufgrund der Ausbildung eines regional unterschiedlichen Intrinsic-PEEP wird ein endexspiratorischer Alveolarkollaps verhindert • inspiratorische Füllung von Alveolarkompartimenten mit langsamer Zeitkonstante • Erhaltung der Surfactantfunktion ⇒ Vergrößerung der FRC durch alveoläres Recruitment ⇒

• Vermeidung von sekundären Lungenschäden infolge permanenten Recruitment/De-Recruitments, da der Atemzyklus aufgrund der PEEPAnwendung oberhalb des unteren inflection point stattfindet → geringere Auswaschung von Surfactant, verminderte Schädigung der alveo-

IRV (Inverse(d) Ratio Ventilation, I:E ≥ 1:1) Verlängerung der Inspirationszeit (bis zum 4-fachen der Exspirationszeit) → auch Kompartimente mit großer Zeitkonstante (= R × C) füllen sich.

Ödems

134

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

lokapillären Basalmembran sowie verminderte Sekretion von proinflammatorischen Zytokinen

Hochfrequenzbeatmung (HFV) Definition

Nachteile

7

• Gefahr des Barotraumas bei hohem PEEP-Niveau • intrathorakaler Mitteldruck ↑ → venöser Rückstrom ↓ → HZV ↓ • renale Funktion ↓ (Cavadruck ↑ → venöser Rückstroms ↓ → renaler Abfluss ↓ → arteriovenöse Druckdifferenz ↓ → GFR ↓ → Na+- u. Wasser-Retention → intravasales Volumen ↑ → Gefahr des interstitiellen Lungenödems ↑) • Beeinträchtigung der LVF durch interventrikuläre Septumdeviation → Coronarperfusion ↓ • Erhöhung des intrapulmonalen Drucks mit Anstieg der rechtsventrikulären Nachlast und Kompression der Kapillaren von ventilierten Alveolen → PAP • Abnahme der Compliance und Überdehnung der alveolokapillären Membran bei zu hohem PEEP-Niveau • PEEP → ADH ↑, Renin ↑ → Wasser-Retention • Leberfunktionsstörung infolge venöser Abflussbehinderung • intrakranieller Druck ↑ durch Behinderung des venösen Abstroms • Anstieg des extravaskulären Lungenwassers bei hohem PEEP-Niveau infolge einer Störung der Lymphdrainage via Ductus thoracicus sowie pleuralen und mediastinalen Lymphgefäßen • PCWP ↑ (Korrelation zu LVEDP wird verschlechtert, bes. ab PEEP-Niveau > 10 cmH2O!)

Die HFV ist Beatmungsform, bei der die Atemfrequenz > 60/min (1 Hz) und das Atemzugvolumen ≈ 2–3 ml/kgKG (≤ Totraumgröße) beträgt. Ind:

• intraoperativ bei z. B. Trachearesektionen, Tracheomalazien, bei laryngoskopischen Eingriffen • bei Bestrahlung von Lungentumoren zur »Lungenruhigstellung« • bei bronchopleuralen oder tracheo-ösophagealen Fisteln • zur Sekretmobilisation und Lösen von Resorptionsatelektasen • zur Notfallbeatmung bei Intubationsproblemen (ggf. über spezielle Kanüle nach Ravussin) • pädiatrisches Beatmungskonzept (bei IRDS) Vorteile

• kleines VT und geringere Thoraxexkursion, Ventilation über das Op-Gebiet hinweg möglich (z. B. beim Anlegen von trachealen Anastomosen) • geringere Beeinträchtigung der Hämodynamik → Verbesserung des HZV mit Blutdruckanstieg • intrakranielle Drucksenkung im Vergleich zur Überdruckbeatmung • wirksamere pulmonale Gasverteilung • positiver intratrachealer und negativer pleuraler Druck während des gesamten Atemzyklus • dezelerierender Inspirationsfluss ohne endexspiratorisches Plateau

Optimaler PEEP

Nachteile

Best-PEEP nach Suter, Gallagher oder Murray

• zum Teil schwierige technische Handhabung • eingeschränktes Monitoring (AMV, Beatmungsdrücke, inspiratorische O2-Konzentration) → obligate Pulsoxymetrie + intraoperative BGA • eingeschränkte Vorhersagbarkeit der Beatmungseffektivität • keine Atemgasklimatisierung oder Möglichkeit zur Applikation von Inhalationsanästhetika

→ s. Beatmungskonzept bei ARDS ! Patienten mit initial erhöhter FRC ohne PEEP und Lungenemphysem profitieren nicht von einer PEEP-Erhöhung über das physiologische Maß hinaus, da es hierunter zu einem starken Abfall von HZV und O2-Angebot kommt. Patienten mit einer reduzierten FRC infolge ausgeprägten Alveolarkollapses profitieren von der Anwendung eines positiven endexspiratorischen Drucks

! Cave: Auskühlung, postnarkotisches Kältezittern, nekrotisierende Tracheobronchitis

135

Allgemeine Grundlagen

• Gefahr des Barotraumas bei Obstruktion des Gasabflussweges  positiver Effekt auf die Oxygenierung während der HF-Beatmung beruht auf einer Generierung eines intrinsic-PEEP, der Erhöhung des mittleren intrapulmonalen Drucks und Erhöhung der FRC bzw. des durchschnittlichen intrapulmonalen Gasvolumens!

Einteilung der Hochfrequenzventilation nach Smith in: 1. Hochfrequenz-Überdruckbeatmung (HFPPV) mit

60–120 /min 2. Hochfrequenz-Jet-Beatmung (HFJV) mit 120–

900/min → mittlere Beatmungsdrücke während HFJV sollten denen während konventioneller mechanischer Beatmung entsprechen → bessere Oxygenierung  HFJV ist gekennzeichnet durch: offenes System, hohen Gasfluss (10–30 l/min), kleine Tidalvolumina, breiten Frequenzbereich, aktive In- und passive Exspiration, koaxiale Gasflüsse in den Atemwegen, Einbeziehung

7

der Umgebungsluft aufgrund des VenturiEffektes (Entrainment) 3. Hochfrequenz-Oszillation (HFOV) mit 600–3000/ min → die Exspiration erfolgt ebenfalls im Unterschied zu allen anderen HF-Formen aktiv.

Formen der HF-Beatmung (VT–Angaben gelten für den normalgewichtigen Erwachsenen; Angabe durchschnittlicher Ventilationsfrequenzen) (⊡ Abb. 7.9) HFPPV (high-frequency-positive-pressure-ventilation): Konventionelle Beatmung mit hoher Frequenz (60–120/min) und niedrigen VT (150–250 ml). HFJV (high-frequency-jet-ventilation)

→ Einleitung eines schmalen Gasstrahls mit hohem Druck • Frequenz: 120–300/min • VT: 150–250 ml HFP (Hochfrequenzpulsation) s. HFJV.

⊡ Abb. 7.9. Schematische Darstellung der unterschiedlichen Hochfrequenzbeatmungssysteme

136

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

→ über Kolbenpumpe werden sinusartige Druckschwankungen in die Trachea geleitet, Frischgasflow wird quer zur Richtung eingeleitet • Frequenz: -700/min • VT: 70–150 ml

pCO2 (mmHg)

HFJO (Hochfrequenz-Jet-Oszillation)

FDV (forcierte Dilutionsventilation) • Frequenz: 500–1800/min • VT: 30–50 ml HFO (Hochfrequenz-Oszillationsventilation)

• Frequenz: 600–3000/min • VT: 60–150 ml

7

Arbeitsdruck (atm)

6

⊡ Abb. 7.10. Normogramm zur Ermittlung des pCO2

 Sonderform: SHFJV (superponierte Hochfrequenz-Jetventilation mit simultaner Applikation einer nieder- und einer hochfrequenten Gasapplikation)

bzw. um einen normalen pCO2 von 37,5 mmHg zu erreichen, muss der Arbeitsdruck wie folgt betragen:

Verbesserung der CO2-Elimination unter HF-Beatmung durch

Der zur Normokapnie notwendige Arbeitsdruck kann bei errechnetem CO2-Eliminationskoeffizenten aus dem Normogramm (⊡ Abb. 7.10) auch direkt ermittelt werden.

• Senkung der Beatmungsfrequenz (optimaler Bereich der Frequenz: 90–150 /min [1,5–2,5 Hz]) bei hoher Frequenz • Erhöhung des Betriebsdrucks (normal: 1,5–2 bar bei englumigem Jet-Katheter und 0,5 bar beim starrem Bronchoskop) • Verlängerung der Inspirationszeit (maximal 50%)  die CO2-Eliminationskapazität des Patienten kann anhand eines CO2-Eliminationskoeffizienten (ECCO2) eingeschätzt werden und beträgt durchschnittlich ca. 0,79. Werte unter 0,63 signalisieren eine erschwerte individuelle CO2-Elimination ECCO2 =

75 DP (atm) × pCO2 (mmHg)

DP = Arbeitsdruck

pCO2 = arteriell oder transkutan gemessener Kohlendioxidpartialdruck

Hieraus kann der zur Erreichung eines bestimmten pCO2 notwendige Arbeitsdruck ermittelt werden: DP (atm) =

75 pCO2 (mmHg) × ECCO2

DP (atm) =

2 ECCO2

Verbesserung der Oxygenierung durch

• Verlängerung der Inspirationszeit in kleinen Schritten (bis max. 50%) • Erhöhung der FiO2

Seitendifferente Beatmung (DLV) Ind:

• unilaterale Lungenprozesse wie z. B. seitenbetontes ARDS, Lungenveränderungen mit seitendifferenter Compliance oder Resistenz, Lungenabszess, Bronchiektasien etc. • große bronchopulmonale Fisteln z. B. bei Barotrauma im Rahmen des ARDS → Blähung der mazerierten Lunge mit einem Druck, der kleiner als der Fistelöffnungsdruck ist Beatmung mit Hilfe von:

• 2 unabhängig voneinander arbeitenden Respiratoren (asynchron) • 2 miteinander gekoppelten Respiratoren (synchrones Master-and-slave-Prinzip)

137

Allgemeine Grundlagen

• 1 konventionellem Respirator und 1 Hochfrequenzbeatmungsgerät • 1 konventionellem Respirator und 1 Continuous-flow-CPAP-System ! Anwendung gleicher Zugvolumina mit unterschiedlicher PEEP-Applikation, welche synchron oder asynchron appliziert werden können

Atemunterstützung mit konstantem Flow

7

Kinetische Therapiemodi 1. dorsoventrale Wechsellagerung bei dorsobasa-

len Atelektasen (z. B. 2mal pro Tag für jeweils 4–6 h) 2. kontinuierliche axiale Rotation z. B. im RotoRest-Spezialbett bei interstitiell-alveolärem Ödem mit erhöhter Sekretproduktion 3. intermittierende Seitenlagerung bei unilateralen Lungenprozessen, wobei der Patient nach dem Motto von Fishman (1981) »Down with the good lung« auf die gesunde Lunge gelagert werden sollte 4. überdrehte Seitenlagerung (135 °)

Hierzu gehören: 1. apnoeische Oxygenierung (s. Physiologie der

Atmung) 2. tracheale O2-Insufflation (TRIO):

• kontinuierlich O2–Insufflation von 2l/min ≈ 1 cm oberhalb der Karina • Indikation: schwierige Intubation, massive Verlegung der oberen Luftwege (→ Punktion der Membrana cricothyreoidea und darüber Einlegen der O2-Sonde) 3. constant flow ventilation (CFV): ähnlich wie TRIO, jedoch O2-Gabe über 2 getrennte Sonden in jeden Hauptbronchus mit einem hohem Flow von 1 l/kg/min → Jet-Effekt und Gastransport infolge Turbulenzen, kardiale Oszillationen und kollaterale Ventilation

Additive Maßnahmen Kinetische Therapie • Nachweis eines günstigen Effektes von Lagerungsdrainagen auf die Lungenfunktion durch Blair und Hickham (1955) • im Vergleich zur konventionellen Beatmungstherapie ohne Lagerungsmaßnahmen kommt es unter der kinetischen Therapie mit einer drucklimitierten Beatmung und permissiver Hyperkapnie (PHC [paCO2 –Werte: 46,5 bis 116 mmHg]) zu einer Reduktion der nach dem APACHE-IIScore vorhergesagten Mortalität von ARDS-Patienten um ein Drittel (12% vs. 35,4%)

Die Verbesserung des pulmonalen Gasaustausches unter kinetischer Therapie beruht auf einem Soforteffekt mit • verbesserter Mobilisierung von tracheobronchialem Sekret • Reduktion von Ventilations/Perfusionsstörungen → Umverteilung des Blutflusses in weniger geschädigte gesunde Areale • Rekrutierung von Kompressionsatelektasen → pulmonale venöse Beimischungen ↓ und einem Späteffekt (nach 2–4 h) • Anstieg der FRC • Rückgang von Lungenödemen infolge der Veränderung des hydrostatischen Drucks • Reduktion nosokomialer Infektionen und pulmonaler Komplikationen Nachteile

• Auftreten von Lagerungsschäden • Gesichtsödeme • akzidentelle Extubation und Katheterdislokationen • hoher personeller Aufwand • zeitlich limitierte Durchführbarkeit • z. T. nur positiver Effekt in Bauchlagerung, der nach dem Drehen nicht anhält KI:

• Akutphase eines SHT • instabile Wirbelsäule • kardiovaskuläre Instabilität oder maligne Herzrhythmusstörungen • offenes Abdomen

138

7

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

 die kinetische Therapie sollte in der Frühphase einer respiratorischen Insuffizienz eingesetzt werden: Patienten mit einem progressiven ARDS (> 1 Woche Beatmungsdauer mit invasivem Beatmungsmuster) pofitieren von der kinetischen Therapie weniger als Patienten mit kürzerem Krankheitsverlauf und geringgradigerem Lungenversagen! Das Abdomen darf bei der Bauchlagerung zur Vermeidung eines lagerungsbedingten Zwerchfellhochstands nicht komprimiert werden! → Unterpolsterung der Hüfte und des oberen Thorax oder Einsatz eines Luftkissenbettes bei dem der Druck in den einzelnen Luftpolstern eingestellt werden kann!  gegenwärtig existieren keine größeren randomisierten Studien zur isolierten kinetischen Therapie bei ARDS!  empirisch gesehen profitieren in bezug auf die Oxygenierung ca. 75% der Patienten von der kinetischen Therapie!

Anwendung von Expektoranzien

Schleimviskosität durch Aufspaltung von Disulfidbrücken durch Cystein (Dosis: 3mal 1 Amp. à 200 mg) • Carbocistein (Transbronchin, Pulmoclase, Pectox, Mucopront) → intrazelluläre Beinflussung der Schleimsynthese und Bildung von gering viskösem Sekret, leichte Abnahme der Sekretproduktion Sekretomotorika

β2-Sympathomimetika → Anregung der Zilienmotilität und Broncholyse.

Sekretmindernde Medikamente Bei Hypersekretion ggf. Gabe von Parasympatholytika: Dosis

• Belladonnablätter (Belladonnysat): 3mal ½ –1 Messlöffel • hyoscyaminhaltige Lösung (Olren N): 1mal 1 Tbl. oder 3mal 15 Trp.

Sekretolytika • ätherische Öle (Transpulmin, Pulmotin, Soledum, Gelomyrtol) → direkte Steigerung der Bronchialsekretion, sowie Anregung der Zilientätigkeit • Ammoniumchlorid und Kaliumiodid → direkte und reflektorische Wirkung auf schleimproduzierende Zellen, keine Langzeitanwendung von KJ wegen Iodvergiftung! • Bromhexin (Bisolvon) → vermehrte Schleimbildung durch seröse Drüsenzellen bei gleichzeitiger Abnahme der Sputumviskosität durch gesteigerten Abbau saurer Mucopolysaccharide (Dosis: 3mal 4–8 ml p.o.) und • dessen Metabolit Ambroxol (Mucosolvan, Ambrohexal, Mucobroxol, etc.) → Stimulation der Surfactantbildung → Reduktion der Oberflächenspannung, Verhinderung von Dys- und Atelektasen → Reduktion der Schleimadhärenz am Bronchialepithel (Dosis: 3–6 g/24 h i.v.) Mukolytika

• Acetylcystein (Fluimucil, ASS, Acetylcystein ratiopharm, Bromuc, Mucret) → Erniedrigung der

Stickstoffmonoxidbeatmung (NO) NO – Molekül des Jahres 1992 (Zeitschrift: Sci-

ence).

Historie • 1980: Furchgott u. Zawadzki entdecken einen Stoff, den sie als endothelial-derived- relaxingfactor (EDRF) bezeichneten (Nobelpreis für Medizin im Oktober 1998 für Furchgott, Ignarro und Murad) • 1987: Ignarro und Palmer/Moncada wiesen nach, dass EDRF = NO • 1991: Frostell zeigt klinischen Effekt von NO an Probanden unter hypoxischen Bedingungen • August 2001: NO wird als Arzneimittel zur Inhalation bei Neugeborenen offiziell in Europa zugelassen

139

Allgemeine Grundlagen

Indikationen für exogene NO-Gabe Offiziell (Level-A-Empfehlung):

• akute respiratorische Insuffizienz des reifen Neugeborenen (≥34 SSW) • persistierende pulmonale Hypertension des Neugeborenen (PPHN) Inoffiziell: • Oxygenierungsverbesserung beim ARDS (Shuntabnahme bzw. Umverteilung des Blutflusses zu ventilierten Alveolen) ! Hohe NO-Konzentrationen können jedoch zu einer Verschlechterung der Oxygenierung führen, da es infolge einer Diffusion von NO in nichtventilierte Alveolen zu einem konsekutiven Perfusionsanstieg nicht- oder minder ventilierter Lungenbezirke kommen kann!

• Therapie des Rechtsherzversagens bei Herztransplantationen (HTPL) • akuter postoperativer pulmonaler Hypertonus als Folge von Herzerkrankungen • Diagnostik der pulmonalen Vasoreaktivität z. B. vor Transplantation • Patienten mit Sichelzellanämie • Therapie des Höhenlungenödems • Vermeidung der Notwendigkeit eines extrakorporalen Kreislaufs und von Reperfusionsschäden im Rahmen von Lungentransplantationen (NO-Inhalation; (5–20 ppm) schon vor Beginn der Einlungenventilation) ! Merke: Nach einer britischen Expertenrunde gibt es nur 2 Indikationen für eine NO-Gabe: 1. ARDS mit schwerer Hypoxämie (paO2/FiO2 < 84 mmHg), welche therapierefraktär ist. 2. schweres Rechtsherzversagen (MPAP > 24 mmHg, transpulmonaler Druckgradient > 15 mmHg, PVR > 400 dyn × s × cm–5)

KI:

• • • •

Methämoglobinämie Blutungsneigung frische intrakranielle Einblutung schwere Linksherzinsuffizienz (Zunahme der linksventrikulären Vorlast unter NO aufgrund eines vermehrten transpulmonalen Blutflusses!)

7

Dosis

Inhalative NO-Dosierung: Zur Oxygenierungsverbesserung reichen schon geringe NO-Konzentrationen von 5 bis 15 ppm (= 5–15 ml/m³) aus, während zur pulmonalarteriellen Drucksenkung höhere NO-Konzentrationen eingesetzt werden müssen (durchschnittlich 20–40 ppm)!

• Inaktivierung von NO im Sekundenbereich durch Hämoglobin → Nitrosylhämoglobin → Methämoglobin → obligates NO2-Monitoring und Methämoglobinmessung NO-Applikation Inhalative NO-Applikation als selektiver pulmo-

naler Vasodilatator wurde früher mit folgenden Geräten durchgeführt (⊡ Abb. 7.11): • NO-Domo als Aufsatz für eine Evita 2 von der Firma Dräger • Pulmonox-Apparat der Firma Messer Griesheim • kontinuierliche NO-Einspeisung in den inspiratorischen Schenkel des Babylog-Respirators über ein spezielles Rotameter nach der Formel: applizierte NO-Konzentration (ppm) = NO-Kon. der Flasche (ppm) × NO-Flow

Beatmungsgerätflow + NO-Flow

• aktuell: über INOvent NO-Uptake

• inhalative Aufnahme von ca. 90% der zugeführten NO-Menge • der NO-uptake ist anhängig vom: – Volumenanteil gut ventilierter Lungenbezirke (lineare Korrelation) – Ausmaß der alveolären Totraumventilation (inverse Korrelation)  NO wird auch beim Menschen in geringen Mengen im Nasopharynx gebildet und nachfolgend inhaliert (physiologische Aufgabe?)  dem intubiertem Patienten wird »physiologisches NO« somit vorenthalten!

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

140

Formen der NO-Synthetase • konstitutionelle NO-Synthetase (cNOS):

7

Ca2+- u. Calmodulin-abhängig; Syntheserate in picomol; kontinuierliche Syntheserate → Regulation von Blutdruck bzw. Gefäßweite – Vorkommen: Endothel, Endocard, Myocard, Neuron, Thrombozyten – wiederum 2 Unterarten: eNOS (endothelial) und bNOS (brain) • induzierbare NO-Synthetase (iNOS): Ca2+- u. Calmodulinunabhängig; höhere Syntheserate als cNOS (nanomol); durch Mediatoren (TNF, IL-1) nach 8–12 h induzierbar → verzögerter Anstieg nach Stimulation ist durch Genexpression und Neusynthese bedingt. Erhöhte Serumkonzentrationen von cGMP und Nitrat bei septischen Patienten deutet auf eine generell gesteigerte NO-Produktion hin • Substrat der NO-Synthetase: L-Arginin wird durch NO-Synthetase zu L-Citrullin und NO umgewandelt, welches wiederum die intracelluläre Guanylatzyklase (sGC) aktiviert, wodurch die Ca++-Konzentration abfällt → Relaxation der Gefäßmuskulatur Effekte

• Anstieg des paO2 bzw. des Oxygenierungsindex infolge Perfusionszunahme der ventilierten Alveolen → Va/Q -Verbesserung, die hypoxische Vasokonstruktion bleibt erhalten • RVEF ↑, PAP↓, PVR ↓ → insgesamt verbesserte Lungenperfusion (⊡ Abb. 7.12) • CO ↑, Reduktion des pulmonalkapillären Drucks (PCP)

belüftet NO

• bei höheren NO-Konzentrationen (NO > 10 ppm) → evtl. Reduktion eines Lungenödems • Abnahme der Interleukin-6- und Interleukin-8Konzentration in der BAL sowie der spontanen H2O2-Produktion und Expression von Adhäsionsmolekülen durch neutrophile Granulozyten nach mehrtägiger NO-Inhalation → ggf. möglicher antiinflammatorischer Effekt von NO • unterschiedliche Reaktivität auf NO → Einteilung der Patienten in zwei Kollektive: Responder und Non-responder (Verhältnis ca. 60:40) → Ursache unklar: – fragliche Beeinflussung der vaskulären Reaktivität auf NO durch extravaskuläres Lungenwasser und/oder Katecholamintherapie – genetische Disposition – Veränderungen innerhalb des NO/cGMPStoffwechsels – Gasaustauschstörung durch ausgeprägtes diffuses interstitielles und intraalveoläres Lungenödem ! Trotz der klinischen Verbesserung der Oxygenierung ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein positiver Effekt der NO-Beatmung auf die Letalität des schweren ARDS bei Erwachsenen nicht nachgewiesen → Klasse-II-(Level-C-)Empfehlung

nicht belüftet NO

NO NO NO NO

NO NO

⊡ Abb. 7.11. Selektiver Wirkmechanismus von inhalativen NO

⊡ Abb. 7.12. Effekte der NO-Inhalation bei ARDS (Mod. nach Gerlach H et al.) Höhere NO-Konzentration führen zu einer Oxygenierungsverschlechterung, da inhaliertes NO auch in nichtventilierte Shuntareale diffundiert! (n = 12 Patienten mit ARDS)

141

Allgemeine Grundlagen

7

Letalitätsbeeinflussung durch inhalatives NO Autoren

Jahr

Anzahl der Patienten (n)

Initiale PaO2Verbesserung (%)

Letalität (iNO/Kontrolle) (%)

Troncy et al. Michael et al Dellinger et al. Lundin et al. Gerlach et al. Taylor et al.

1998 1998 1998 1999 2003 2004

30 40 177 268 40 40

66 36 31 32 26 26

60/53 55/45 30/30 44/40 15/20 15/20

• bei pädiatrischen Patienten mit akutem Lungenversagen konnte in zahlenmäßig großen Studien eine Reduktion der Indikationsstellungen zur ECMO nachgewiesen werden! → Klasse-I-(Level-A-)Empfehlung NW: • Methämoglobinbildung (MetHb wird durch die NADH-Methämoglobinreduktase wieder zu funktionstüchtigem Hb reduziert → Cave: ange-

borener Enzymmangel! Es gibt drei weitere Enzyme bezüglich der Reduktion des MetHb, welche jedoch klinisch von geringer Relevanz sind: NADPH-Dehydrogenase, Ascorbinsäure und reduziertes Gluthation) → Andidot bei Methämoglobinämie: Methylenblau 1 mg/kg KG i.v. • Entstehung von Nitraten und Nitriten bzw. ihre wässrigen Verbindungen (Salpeter- und salpetrige Säuren) → NO2 und NOx  unter klinischer NO-Applikation kann die NO2Konzentration durch den Einsatz eines CO2-Absorbers (NaOH, (CaOH)2 und KOH) reduziert werden, wobei mit steigenden KOH-Konzentrationen im Absorber mehr NO2 eliminiert wird • Auslösung von – Bronchokonstriktion bei höheren NO2-Konzentrationen (> 0,6 ppm) – proinflammatorischen pulmonalen Effekten (> 2,25 ppm) • Hemmung der Schilddrüsenfunktion • Surfactantschädigung durch NO2 • epitheliale Hyperplasien • entzündliche Veränderungen der Atemwege • Entstehung eines zähen, klebrigen Trachealsekrets nach längerer NO-Beatmung (eigene Erfahrungen)

• Hemmung der Thrombozytenaggregation (klinisch nicht relevant) • Hemmung der Granulozytenaktivität sowie der HLA-DR-Expression auf Leukozyten → immunsuppressive Wirkung (fragliche klinische Relevanz) • Beeinträchtigung des interzellulären Zellkontakts (tight junction) → spielt im Rahmen der septischen bakteriellen Translokation wahrscheinlich eine Rolle! • Reboundphänomen nach abruptem Absetzen höherer NO-Konzentrationen  Vorsicht bei der Anwendung von NO bei Patienten mit manifester Linksherzinsuffizienz durch Anstieg des pulmonalen Okklusionsdrucks! → bedingt durch erhöhtes Blutangebot an das linke Herz! Beeinflussung der endogenen NO-Produktion bzw. Wirkung durch

• Antagonisten (falsche Metabolite) – N-Methl-L-Arginin – N-Argininmethylester • Hemmung der Guanylatzyklase durch Methylenblau Beeinflussung der NO-Wirkdauer

• Verlängerung der NO-Wirkung durch Hemmung der selektiven (cGMP)-Phosphodiesterase durch Zaprinast-Vernebelung oder i.v.-Gabe (nur Hemmung der Phosphodiesterase vom Typ 5) → dosisabhängige Reduktion des PAP → nur geringe Beeinflussung der systemischen Zirkulation bei hohen Dosen • Dauer der durch Zaprinast induzierten pulmonalen Vasodilatation ist dosisabhängig (zwischen 5 und 20 min)

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

142

! Stickstoffmonoxid (NO) ist vom Massachusetts General Hospital patentrechtlich geschützt und ist als INOmax zur Behandlung von Neugeborenen mit einer Schwangerschaftsdauer ≥34 Woche und hypoxischer respiratorischer Insuffizienz zugelassen! Für Erwachsene ist die Anwendung augenblicklich auf Heilversuche beschränkt! Primär sehr hohe Therapiekosten aufgrund der Monopolstellung eines einzigen medizinischen NO-Anbieters (INO Therapeutics/Linde), der neben dem INOmax auch die komplette Inhalationseinheit (INOvent) mit Stundenzähler zur Verfügung stellt (ca. 112 €/h bis 96 h, anschließend kostenfrei)

7

Neuere Kombinationen der NOInhalation mit anderen Substanzen Kombination von NO und intravenösem Almitrin • die Kombination von NO und intravenösem Almitrin (Vectarion) führt z. B. nach Puybasset aus Paris

zur Verbesserung der Oxygenierung → paO2↑, QS/QT ↓, Totraumventilation ↓ (⊡ Abb. 7.13) • Almitrin gehört zur Gruppe der Analeptika, wie z. B. Dopram oder Daptazile Dosis

in Konzentrationen von 2–4 µg/kg/min intravenös; bis max. 16 µg/kg/min → Plateau-Effekt bezüglich der Oxygenierung bei 4 µg/kg/min

WM:

• Verstärkung des physiologischen Euler-Liljestrand-Reflexes vorwiegend in Arealen mit ab-

geschwächter hypoxischer pulmonaler Vasokonstriktion (HPV) → Konstriktion nur der pulmonalen Arterien (dadurch keine Gefahr eines Lungenödems infolge des PAP-Anstieges zu erwarten!) • teils Anstieg des HZV (durch simultane inhalative NO-Gabe ist dieser Effekt noch zu verstärken!) • benötigte Serumkonzentration: 300 ng/ml NW:

• MPAP + PVRI ↑ und Oxygenierung ↓ (Cave: Abschwächung des Euler-Liljestrand-Reflexes bei hoher Dosierungen) • z. T. irreversible Polyneuropathie bei Langzeitanwendung (> 1 Woche Dauer und Konzentrationen > 10 µg/kg/min) • Nausea, Vomitus, Diarrhö Metabolisierung

Hepatisch → geringe Clearance von 4 ml/kg/min → lange β-HWZ (40 h bis 4 Wochen unter Langzeitanwendung bei Leberinsuffizienz). Interaktion mit anderen Substanzen

Interaktion von Almitrin und Nifedipin → Abschwächung der Almitrinwirkung.

Kombination von NO und Perfluorocarbon (PFC) • die Kombination der partiellen Flüssigkeitsbeatmung mit Perfluorocarbon und der NO-Inhalation führt nach Houmes aus Rotterdam zu einer gesteigerten Oxygenierung im Sinne eines kumulativen Effektes bei simultaner Reduktion des pulmonalarteriellen Drucks NO

NO

Systemic vasodilators i.v.

Almitrine i.v. •

VA



VA

NO ↓



QT

PaO2

Qs

NO ↓







Qs



VA



QT

PaO2

Qs



QT

PaO2

⊡ Abb. 7.13. Überblick über die Effekte von systemischen Vasodilatoren, inhalativem NO und die Kombination von NO und Almitrine bezüglich intrapulmonalem Shunt (QS/QT ) und paO2

143

Allgemeine Grundlagen

• die Oxygenierung ist dabei von der NO-Konzentration linear abhängig, wobei tierexperimentell bei 30 ppm NO ein Maximum erreicht war • Unterbrechung der NO-Applikation führt zu einem fast verzögerungsfreien Abfall des arteriellen O2-Partialdrucks → keine Speicherung von NO in der PFC-Lösung!  die Interaktion zwischen Stickstoffmonoxid (NO) und der Perfluorocarbonflüssigkeit ist gegenwärtig noch nicht ausreichend untersucht!

Prostazyklin (PGI2)-Aerosol • PGI2 ist ein Arachidonsäuremetabolit, der in den 70er Jahren entdeckt wurde und in physiologischer Weise im Endothel (vorwiegend der Lunge) gebildet wird. → Anstieg der rezeptorvermittelten, intrazellulären cAMP-Produktion (Adenylatzyklase) mit konsekutivem Abfall des intrazellulären Kalziums • endogene Prostazyklinproduktion durch Endothel- und glatte Muskelzellen (totale PGI2 -Syntheserate: 60 pg/kg/min bzw. Serumkonzentrationen von 5–18 ng/l bzw. 0,2–0,5 nmol/l) • HWZ: 180 s • Stabilität von PGI2-Lösung ist pH- und temperaturabhängig! → pH-Wert der Lösung: 10–11! • messbarer Metabolit: PGF1α WM:

• die Vernebelung von Prostazyklinen wie Flolan (Epoprostenol) oder Ilomedin (Iloprost) im Rahmen des ARDS führt zu einer Verbesserung der Oxygenierung durch – signifikante Reduktion des intrapulmonalen Shunts aufgrund der Dilatation von pulmonalen Gefäßen ventilierter Alveolen (im Gegensatz zur intravenösen Prostazyklingabe

mit Erhöhung des R-L-Shunts durch Beeinflussung der hypoxischen Vasokonstriktion und Verschlechterung des intrapulmonalen Gasaustauschs) (⊡ Abb. 7.14)  im Vergleich zur inhalativen NO-Therapie ist die Verbesserung der Oxygenierung geringer, die Senkung des pulmonalarteriellen Drucks ist hingegen stärker ausgeprägt als bei NO

7

• Reduktion des MPAP und des PVR • Vasodilatation und Abfall des SVR (Effekt bei intravenöser Gabe > als bei Vernebelung) • geringer Anstieg des HZV (Effekt bei intravenöser Gabe ausgeprägter als bei Vernebelung) • Thrombozytenaggregationshemmung (→ Einsatz bei extrakorporalen Eliminationsverfahren: ≈ 5–15 ng/kg/min) • Hemmung der Leukozytenadhäsion und Aktivierung bei inflammatorischen Prozessen sowie die Freisetzung von lysosomalen Enzymen aus den Leukozyten  Verbesserung der Mikrozirkulation (→ Anstieg des pHi); im Tiermodell führt die PGI2 -Infusion beim Endotoxinschock zu einem Anstieg des HZV, des O2-Angebots und der Urinproduktion bei gleichzeitigem Abfall des Cathepsinspiegels und der clotting activity • die Inhalation von vasodilatorisch wirkenden Substanzen ist beim akuten Rechtsherzversagen eine Klasse-IIa-(Level-C-)Empfehlung! Dosis

• Epoprostenol (Flolan) mit HWZ von 2–3 min: 5–15 (–25) ng/kg/min über Spezialvernebler (z. B. Ultraschallvernebler des Servo 300 von der Firma Siemens → PGI2Partikel 5 cmH2O oder einem PEEP-Niveau, das über dem unteren Inflection point (LIP) der pulmonalen Druck-Volumen-Kurve liegt, erfolgen → Steigerung der Oxygenierung

• druckkontrollierte, synchonisierte intermittierende Beatmungsform (PCSIMV), bei der die Beatmungsfrequenz nach der Formel von Mead und Otis aus der Compliance und der alveolären bzw. Totraumventilation berechnet wird • die Exspirationszeit wird vom Respirator automatisch so gewählt, dass sie dem 2fachen der exspiratorischen Zeitkonstante entspricht → dadurch Vermeidung eines Intrinsic-PEEP

Proportionale unterstützende Beatmungsformen

NW:

• Pneumothorax • Liquidthorax

Inhalation von vernebeltem Perfluorhexan Erste Untersuchungen zur Inhalation von Perfluorocarbon (Perfluorhexan) sind bereits absolviert → Verdampfung von Perflourhexan über »konventionellen« Vapor in einer Konzentration von 2–18 Vol.-%. Effekt

Verbesserung der Compliance (PIP ↓) und der Oxygenierung, welche über die Phase der Vernebelung hinaus anhält! Eigenschaften von Perfluorhexan

• farb- und geruchlose Flüssigkeit, bestehend aus einer Kette von 6 C-Atomen, die alle mit F-Atomen substituiert sind (C6F14) • hoher Dampfdruck: 273 mmHg bei 30 °C (→ Perflubron nur 11 mmHg) • Siedepunkt: 57 °C

• PPS bzw. PAV (»proportional pressure support« bzw. »proportional assist ven-tilation«) • ATC (automatische Tubuskompensation)

Proportional pressure support (PPS) • augmentierende Beatmungsform mit proportionaler Unterstützung, die 1992 von Younes vorgestellt wurde und bei der die Höhe des inspiratorischen Flusses und des Tidalvolumens individuell von den inspiratorischen Atembemühungen des Patienten abhängig sind → bessere Synchronisation von Patient und Respirator; d. h. atmet der Patient schnell und tief ein, so wird proportional seiner Bemühungen über eine hohe Druckunterstützung mit hohem Flow-Volumen geliefert. Atmet der Patient mit geringerer inspiratorischer Anstrengung flach, wird nur eine geringe Druckunterstützung mit niedrigem Inspirationsflow vom Gerät generiert • Voraussetzung: ausreichender und kontinuierlicher Atemantrieb und physiologisches Atemmuster • PAV-Ventilation ist im Beatmungsgerät Evita 4 mit neuer Softwarekonfiguration implementiert!

148

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

• Kontraindikation für diese Beatmungsform: bronchopleurale Fistel  die Beatmungsform PPV stellt abstrakt einen zusätzlichen Atemmuskel dar!

ATC (automatische Tubuskompensation)

7

• bei der Inspiration wird der Widerstand des Tubus unter der Berücksichtigung eines nichtlinearen Zusammenhangs von Druck und Fluss durch eine entsprechende Druckerhöhung kompensiert. Während der Exspiration wird der Druck entsprechend reduziert (ggf. subatmosphärisch). Der Anwender muss nur die Tubusart und -größe am Beatmungsgerät eingeben, und der Tubuskompensationsdruck wird gemäß der folgenden Formel berechnet: pATC = V × K1 + V² × K2 K1 und K2 = linearer und nichtlinearer Tubuskoeffizient

V = Höhe des Gasflusses

 die tubusbedingte Atemarbeit ist eine variable, flussabhängige Größe → Modifizierung der konventionellen Druckunterstützung während

⊡ Abb. 7.16. Schematische Darstellung des restriktiven Druckverlustes über den Endotrachealtubus (gestrichelte Kurve bei verschiedenen Gasflüssen (0–2l/s). In diesem Beispiel beträgt die Druckunterstützung 10 mbar (durchgezogene Linie). Bei Gasflüssen < 1,2 l/min liegt die Druckunterstützung höher als der Tubuswiderstand → Überkompensation (»run away«Phänomen) der durch den Gasfluß verursachten zusätzlichen Atemarbeit

augmentierter Beatmungsform wie z. B. ASB, sodass sie nicht mehr fix, sondern entsprechend dem nicht linearen Zusammenhang (siehe ⊡ Abb. 7.16) zwischen Tubuswiderstand und Gasfluss appliziert wird • hierdurch ist eine optimale Reduktion der Atemarbeit möglich (neuere Evita-4-Geräte besitzen bereits die Zusatzfunktion »ATC«) → Methode entspricht also einer »elektronischen Extubation« (⊡ Abb. 7.17) • das Atemmuster entspricht unter ATC weitgehend dem Atemmuster unter Spontanatmung ohne Tubus (gleiche Atemfrequenz, gleiches Atemzugvolumen) – unter ASB mit 5 oder 10 mmHg Druckunterstützung ist hingegen nach Untersuchungen an Probanden die VT signifikant erhöht! – Nachteil: ggf. Atemwegskollaps bei gefährdeten Patienten und unvollständige Kompensation während der Exspiration  bei der ATC wird der Trachealdruck kontinuierlich berechnet und am Monitor überwacht → bessere Abschätzung der Gefahr des Barotraumas der Lunge

⊡ Abb. 7.17. Zusätzliche Atemarbeit (WOB) bei verschiedenen Verfahren zur assistiereten Spontanatmung. Unter CPAP ist die Atemarbeit am höchsten. Die beste Kompensation der zusätzlichen Atemarbeit wird durch die automatische Tubuskompensation (ACT) erreicht. Die obengezeigten Werte wurden an einem mechanischen Lungenmodell bei einem Gasfluß von 1 l/min, einem VT von 500 ml, einer AF von 30/ min und einem Tubus mit ID von 8,0 mm mit einer Evita 2 von Dräger erhoben. (Mod. nach Kuhlen)

149

Allgemeine Grundlagen

Trachealgasinsufflation (TGI) • neue, noch experimentelle Beatmungsform, bei der durch einen intratrachealen Zusatzgasfluss die Totraumventilation (VD) vermindert und simultan die CO2-Elimination gesteigert wird → Reduktion von Volumen- bzw. Druckanteil des Ventilators im Vergleich zur konventionellen Ventilation möglich • Durchführung als kontinuierliche TGI (»continuous flow TGI«) oder nur in der Exspirationsphase durchgeführte TGI (»phasic flow TGI«) • Nebenwirkung ist die unzureichende Befeuchtung des Zusatzgasflusses und ggf. unkontrollierter Anstieg des Beatmungsdrucks insbesondere bei hohen Gasflüssen aufgrund einer zusätzlichen PEEP-Entstehung  TGI ist um so effektiver, je höher der Totraumanteil der Ventilation und je höher die alveoläre CO2-Konzentration unter konventioneller Beatmung ist. Des Weiteren spielen der Gasfluss (ca. 4–15 l/min) und die tiefe, carinanahe Position des Insufflationskatheters eine Rolle! Anstelle von Sauerstoff wurde bei der TGI auch Helium verwendet → geringerer Anstieg des Beatmungsdrucks bei ggf. leicht verminderter Oxygenierung!

Lungenersatzverfahren Ist das Ziel einer adäquaten Oxygenierung mit den konventionellen Atemhilfen nicht erreichbar, können in einigen Zentren so genannte Lungenersatzverfahren durchgeführt werden. Zu diesen zählen: • die aus der Pädiatrie kommende extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO)

• die 1977 von Kolobow entwickelte extrakorporale CO2-Elimination (ECCO2R), welche 1980 von Gattinoni mit einer niedrigfrequenten Überdruckbeatmung kombiniert wurde • die 1992 von Mortensen vorgestellte intravenöse Membranoxygenierung (IVOX)

Die Lungenersatzverfahren werden im angloamerikanischen Bereich auch als extracorporal lung assist, kurz ECLA bezeichnet.

7

Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) Historie 1937 1965 1971

Gibbon unternimmt ersten Einsatz eines Bubble-Oxygenators Clowes entwickelte den Membranoxygenator erster erfolgreicher ECMO-Einsatz von Hill bei polytraumatisiertem 24jährigen Patienten

Methode

• bei der ECMO des Erwachsenen wird venöses Blut über größere Gefäßzugänge und heparinbeschichtete Schläuche aus der Vena cava inferior entnommen und nach Äquilibrierung durch 2 parallel geschaltete Membranoxygenatoren von jeweils 2 m2 Austauschoberfläche zur Vena cava superior zurückgeleitet. Die Patienten werden gegenwärtig simultan mit normaler Atemfrequenz (5–10/min) bei deutlich reduziertem Atemwegsspitzendruck (max. 25–30 mmHg) u. hohem PEEP-Niveau (10–15 cmH2O → PEEP-Niveau sollte oberhalb des unteren inflection point sein) konventionell beatmet • angestrebter paO2: > 70 mmHg bei möglichst niedriger FiO2 • Überlebensrate unter ECMO-Therapie in 13 europäischen Zentren betrug bei erwachsenen ARDS-Patienten (bis 12/1996): 54% • die Letalitätsraten unter ECMO waren bei früheren Studien deutlich höher → Zapol et al. (1979): 90% und Morris et al. (1994): 62% • 2 größere, kontrollierte Studien bezüglich der Mortalitätbeeinflussung des ARDS durch die ECMO-Anwendung (multizentrische US-ECMO-Studie [1974–1976] bzw. monozentrische Salt-Lake-City-Studie) konnten keinen positiven Effekt der ECMO im Vergleich zur konventionellen Therapie nachweisen! In beiden Studien wurde jedoch der Beatmungsdruck und die inspiratorische O2-Konzentration nicht unter ein ungefährliches Niveau gesenkt! • angesichts der sehr hohen ECMO-Therapiekosten (ca. 20.000–25000 Euro Mehrkosten im Vergleich zur konventionellen Beatmungstherapie)

150

Kapitel 7 · Invasive Beatmung

und des fehlenden Effektivitätsnachweises wurde in einigen Ländern das ECMO-Programm bereits gestoppt (z. B. 1993 in Schweden) ECMO bei pädiatrischen Patienten

Es liegen 50–70%ige Überlebensraten bei IRDSKindern vor. KI:

• • • •

7

Gestationsalter von weniger als 35 Wochen Gewicht < 2000 g vorbestehende intrakranielle Blutung kongenitale Anomalien z. B. neurologischer Art, die eine günstige Prognose ausschließen • Z. n. > 1 Woche konventioneller Beatmungstherapie • angeborene Herzerkrankungen Komplikationen der ECMO 1. patientenbezogene Komplikationen:

• Pneumothoraces (mechanisch unabhängig, Auftreten von Bullae in abhängigen, schlecht ventilierten Lungenarealen) • Blutungen (infolge Heparin-beschichteter Schläuche in der Inzidenz deutlich zurückgegangen → angestrebte PTT= 40–50 s oder ACT = 120–150 s bei Benutzung heparinisierter Membranlungen und Schläuchen) • Thrombozytopenie • Infektion • DIC • Hämolyse und Anämie (durchschnittliche Transfusionsrate: 1,3 EK pro ECMO-Tag; Priming der ECMO mit EK und FFP im Verhältnis 2:1) • neurologische und vaskuläre Komplikationen 2. technische Komplikationen:

• Thrombenbildung im Bypass-System • kanülenassoziierte Probleme • Schlauchruptur und Fehlfunktion der Rollerpumpe oder des Wärmeaustauschers Kontraindikationen bei Erwachsenen • absolut: malignes Grundleiden, septischer

Schock bei nichtbereinigter Infektionsquelle, ZNS-Schädigung, Gerinnungsstörungen, progrediente chronische Lungenerkrankung, Immunsuppression, primäre kardiale Insuffizienz

• relativ: Alter > 60 Jahren, Vorbeatmung > 21 Tage Einschlusskriterien • Slow-entry-Kriterien nach 24–96 h-konventio-

neller Beatmung: – Oxygenierungsindex < 150 mmHg bei PEEP > 5 mbar – semistatische Compliance < 30 ml/mbar – R-L-Shunt > 30% • Fast-entry-Kriterien bei akuter Hypoxie: – paO2 < 50 mmHg unter Beatmung mit FiO2 = 1,0 und PEEP > 5 mbar für > 2 h Dauer Effekte

• Reduktion von FiO2, Atemwegsdrücken und Beatmungsvolumina bei gleichzeitiger Beseitigung der Hypoxämie → geringere Invasivität der Beatmung • Abfall des pulmonalarteriellen Druckes → wahrscheinlich bedingt durch präpulmonale Oxygenierung und Aufhebung der pulmonalen, hypoxischen Vasokonstriktion unter ECMO Weaning

Schrittweise Reduktion des Blut- und O2-Flusses im extrakorporalen Bypass, nachdem die inspiratorische O2-Konzent. (FiO2) am Beatmungsgerät reduziert wurde. Beendigung der ECMO

Wenn paO2 > 70 mmHg, pH > 7,3 und die FiO2 für mindestens 24 h ohne ECMO-Unterstützung möglich ist, wird die ECMO beendet. Erneuerung der im Einsatz befindlichen ECMO-Membranen

• pO2 am rückführenden Blutschenkel < 300 mmHg bei 100% Sauerstoff • extrakorporaler Blutfluss < 2,5 l/min • makroskopisch sichtbare Thrombenbildung → i.v.-Heparinisierung während ECMO mit 5000– 12.500 IE/Tag nach PTT 40–55 s • Membranleakage > 50 ml/h • Anstieg des Membranwiderstandes (Pmean > 200 mmHg für länger als 1 h) • Anstieg von Fibrinogenspaltprodukten (FSP) auf 50 mg/l über dem Ausgangslevel

Allgemeine Grundlagen

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7

Extrakorporale CO2-Entfernung mit niedrigfrequenter Überdruckbeatmung (ECCO2-LFPPV) • Kolobow stellt die extrakorporale CO2-Elimination bei niedrigem Blutfluss (0,5–2 l/min) und gleichzeitiger apnoischer Oxygenierung vor → erster Einsatz durch Gattinoni 1979 in Mailand • keine verbesserte Letalitätsrate nach der SaltLake-City-Studie von 1994 (67% vs. 58%)

Sonderform der extrakorporalen Oxygenierung (extrakorporale Lungenunterstützung = ECLA oder lung assist device = LAD): NovaLung • pumpenlose arteriovenöse Membranoxygenierung mittels speziell beschichtetem Gasaustauschmodul (NovaLung mit einer Gesamtaustauschfläche von 1,3 m2) → komplette CO2Elimination und simultane Verbesserung der Oxygenierung (⊡ Abb. 7.18) • spezielles widerstandsarmes Kanülierungsset; das Blut fließt aufgrund der arteriovenösen Druckdifferenz pumpenlos durch den »Oxygenator«, über den ca. 12 l O2/min insuffliert werden. Vorfüllung des Systems mit 250 ml 20% Humanalbumin • Voraussetzung: kardiale Stabilität und ausreichender Blutdruck (MAP >80 mmHg und Flussrate von 1,0–2,5 l/min), hoher Antithrombin-Wert (>90%), keine pAVK (ausreichender Durchmesser der linken A. femoralis), Heparinisierung mit ACT von 150–160 s

⊡ Abb. 7.18. Schematische Darstellung des Blutflusses durch das NovaLung-System

der begeleitenden konventionellen Beatmung kann hierbei weiter reduziert werden (evtl. VT < 5 ml/kg KG).

Ind:

ARDS mit schwerere Hypoxämie (Horowitz-Quotient 5ml/kgKG (zur Extubation: > 10–15 ml/ kg KG) • inspiratorischer Sog: > 10 cmH2O (zur Extubation: > 25–30 cmH2O) • PEEP < 15 cmH2O (zur Extubation : < 5 cmH2O) • pH-Wert: > 7,3 • Atemfrequenz: < 45 min (zur Extubation: < 25/ min) • AMV: < 18 l/min (zur Extubation: < 10 l/min) • AaDO21.0 sollte zu Beginn des Weanings < 300– 350 mmHg betragen Klinische Aspekte

Die koordinierte Atemmuskulaturfunktion führt zu einem normalen Atemmuster, kein Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, keine interkostalen oder ju-

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Allgemeine Grundlagen

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gulären Einziehungen, keine Schaukelatmung (paradoxe Atmung), keine Tachykardie. Atemarbeit und O2-Verbrauch

Der Atemarbeitanstieg wird beim Wechsel von kontrollierter Beatmung auf Spontanatmung mittels Deltatrac-System gemessen. ! Normalerweise beträgt der O2-Bedarf der Atemmuskulatur etwa 1–3% des Gesamtsauerstoffverbrauchs. Bei massiv erhöhter Atemarbeit kann dieser Anteil bis auf 20% ansteigen (»oxygen cost of breathing«) ⊡ Abb. 7.20. Druckverlauf während der Messung von p0,1

Prognostische Parameter für erfolgreiches Weaning • Yang-Index oder »rapid shallow breathing index«: < 100 (f/VT), wobei VT in Liter angegeben wird → in ca. 80% der Fälle erfolgreicher Verlauf nach Extubation bei Werten < 100 unter nicht assistierter Spontanatmung; bei Werten > 105/min war der Entwöhnungsversuch zu 95% nicht erfolgreich

 die regelmäßige Anwendung des Yang-Index einmal pro Tag führt zu kürzeren Weaningphasen bzw. früherer Extubation! Ein Yang-Index < 80 ist bezüglich einer anhaltenden Spontanatmung sicherer, Patienten mit Yang-Indizes zwischen 80 und 105 sollten durch intermittierende NIPPV (Autoinhalation von NO) nach der Extubation unterstützt werden. Bei der Bestimmung der Atemfrequenz des Patienten sollte nicht nur die angezeigte Atemfrequenz registriert werden, sondern es sollten die tatsächlichen Atembemühungen anhand der Flow- bzw. Druckkurve erfasst werden • Okklusionsdruck nach 100 ms (P0.1) bei COPDPatienten → NW.: 1–4 mbar bei zunehmender Erschöpfung kommt es zu einem gesteigerten Atemantrieb mit P0,1-Werten > 6 mbar Gemessen wird der negative Druck, der in den ersten 100 ms einer Inspiration gegen ein geschlossenes Inspirationsventil generiert wird. Die Messung beginnt, wenn der Patient einen negativen Druck von 0,5 mbar erzeugt (⊡ Abb. 7.20).

 der P0,1 sollte eher als Verlaufsparameter anstatt als absoluter Messparameter herangezogen werden. Ein P0,1 13 ml/Atemzug: CROP (ml/Atemzug) =

C + Pimax + (paO2/pAO2) f

C = effektive Compliance; f = Atemfrequenz; Pimax = maximaler inspiratorischer Atemwegsdruck

• maximaler inspiratorischer Sog (NW: – 90 cmH2O für Frauen und –120 cmH2O für Männer): mindestens minus 20–30 cmH2O → 60% der Patienten konnten bei besseren Werten erfolgreich entwöhnt werden → guter Indikator, welcher Patient entwöhnt werden kann und weniger ein Indikator für erfolgreiches Weaning! • Atemmuster unter einer ATC-Ventilation gibt Hinweise auf das Atemmuster nach Extubation (→ »physikalische oder elektronische Extubation«)

Weaningmethoden (diskontinuierliche oder kontinuierliche) • bei kurzfristiger postoperative Nachbeatmung → kurzer Spontanatemversuch bei ausreichender Vigilanz über T-Stück oder Demand-CPAP • bei postoperativer Entwöhnung nach längerer Beatmung (> 24 h) → augmentierende Beat-

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Kapitel 7 · Invasive Beatmung

mungsformen wie SIMV, BIPAP/ASB, ASB; Kinder über CPAP/ASB • Entwöhnung nach Langzeitbeatmung → BIPAP/ ASB oder SIMV/ASB • bei prolongierter Entwöhnung → Anwendung intermittierender Spontanatmungsversuche unter O2-Insufflation mit zunehmender Dauer (z. B. Spontanatmung 8.00, 11.00, 14.00, 17.00, 20.00 Uhr; initial 5–10 min, dann 15, 30, 60, 120 min Dauer etc.)  bei Spontanatemversuchen über ein T-Stück bietet die mehrmalige Anwendung nach Esteban et al. gegenüber der einmal täglichen Anwendung keinen Vorteil! • bei COPD-Patienten → rasche Extubation ohne Spontanatemversuch, ggf. nach einer Ruhephase (CMV > 24 h) → Wiederauffüllen der Glykogenspeicher der Atemmuskulatur! • beim tracheotomierten Patienten entweder über T-Stück oder nach Insertion einer Silberkanüle intermittierend bzw. kontinuierlich spontan atmen lassen

stieg der Pulsfrequenz und des Blutdruckes → O2-Verbrauch und linksventrikuläre Nachlast steigen an! (kann auch durch Angst des Patienten bedingt sein → Extubation dann unter leichter Sedierung empfohlen) • Hypoxämie durch Shuntzunahme nach der Extubation • entweder Zunahme des PVR infolge Abnahme der FRC nach Extubation möglich (bei konstanter FRC kommt es zu einer Abnahme des PVR infolge Abnahme des intraalveolären Druckes)

!

Gründe:

• Inzidenz der definitiv nichtentwöhnbaren Patienten nach Langzeitbeatmung beträgt ca. 4,2%! • Die Frage, ob über einen T-Stück-Versuch oder mittels Spontanatmungsversuch unter 7 mbar Druckunterstützung extubiert werden sollte, kann gegenwärtig nicht beantwortet werden → Reintubationsrate ist bei beiden Verfahren gleich! • Das Wichtigste am erfolgreichen Weaning ist nicht die Methode oder der Inhalt, sondern das rechtzeitige Erkennen des Zeitpunkts, ab dem der Patient ohne Unterstützung suffizient spontan atmen kann

• bei folgenden Erkrankungen rechnet man mit einer erschwerten Entwöhnung – COLD (hohe resistente Widerstände) – Lungenfibrose (hohe elastische Widerstände) – hoher Rückenmarkquerschnitt und andere neurologische Störungen – Störungen der Atemmuskulatur Komplikationen und Nebenwirkungen der Entwöhnung

• Hyperkapnie (Anstieg des paCO2 um 5–8 mmHg in den ersten Stunden nach Extubation) → An-

Weaningversagen

Bis zu 20% der Patienten lassen sich nur schwer entwöhnen und bei einem Teil der Patienten kommt es aufgrund der Imbalance zwischen der Last und der Kapazität der Atemmuskulatur mit deutlich erhöhter Atemarbeit zum Weaningversagen. Übersteigt die Belastung der Atemmuskulatur etwa 40% der maximal möglichen Kraft, droht die muskuläre Erschöpfung.

• ungenügende Atemmechanik (Diskoordination der Atemmuskulatur, Proteinkatabolismus, Sedativaüberhang, diaphragmale Minderperfusion, Elektrolytstörungen etc.) • erhöhte Atemarbeit oder erhöhter Bedarf an alveolärer Ventilation (reduzierte Lungencompliance, Hyperthermie, COPD etc.)  bei COPD sind die Zwerchfellkuppeln abgeflacht, wodurch es zu einer Verschlechterung der Länge-Kraft-Relation der Muskelfasern kommt. Zusätzlich muss zur Überwindung des iPEEP in der frühen inspiratorischen Atemphase vermehrt isometrische Atemarbeit geleistet werden! • psychologische Komponente nach rezidivierenden Reintubationen (mentale Abhängigkeit vom Beatmungsgerät)  beim Weaning sollte alles unternommen werden um eine Erhöhung der Atemarbeit zu vermeiden. Eine erhöhte Atemarbeit ist definiert als das Produkt aus transpulmonalem Druck und Atemzugvolumen. Im Falle einer Reintubation kommt es zu einem deutlichen Anstieg der Letalität (bis zu 33%)

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Allgemeine Grundlagen

Flankierende Maßnahmen Maßnahmen, die das Weaningverfahren optimieren sollen sind: • Ausgleich von Elektrolyt- und Säure-Basen-Störungen: – Hypophosphatämie 10 Tage) → zur Vermeidung von laryngealen Schäden müsste jedoch schon am 5. Tag tracheotomiert werden!

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Kapitel 7 · Invasive Beatmung

 optimaler Zeitpunkt kann gegenwärtig nicht eindeutig definiert werden! → eine frühelektive Tracheotomie am 3.–5. Tag scheint die translaryngealen Intubationsfolgeschäden reduzieren zu können! • Zustand nach mehreren erfolglosen Weaningversuchen • COPD-Patient mit zu erwartendem kompliziertem Weaning • Notwendigkeit zur kinetischen Therapie, FiO2 >0,5 und PEEP >10 cm H2O • Ulzerationen im oralen Bereich • neuromuskuläre Erkrankungen • ggf. intraoperativ nach größeren Operationen im HNO- oder MKG-Gebiet → Sicherung der Atemwege bei zu erwartenden längeranhaltenden Schwellungen im Bereich der oberen Luftwege

• Blutaspiration und sekundäre Ventilationsprobleme • Pneumothorax (4%), Mediastinalemphysem • Verletzung des N. recurrens bei falscher Operationstechnik • Infektion (bis 36%), Mediastinitis- und Mediastinalemphysem • Trachealstenosen (bis zu 60%)

Vorteile

rekt auf die Schleimhaut des trachealen Fensters [2.–4. Trachealknorpel] genäht) • nichtepithelialisiertes Tracheostoma (schwierigerer Kanülenwechsel, höhere Gefahr der Via falsa, höhere Infektions- und Blutungsgefahr als beim Epithelalisierten)

• schnelleres Weaning • Möglichkeit eines unproblematischen Wechsels zwischen Silberkanüle und Tracheoflex bei respiratorischer Erschöpfung • anatomische Totraumreduktion → verbesserte alveoläre Ventilation • verbesserte Sekretabsaugung • Reduktion des Atemwegwiderstands durch im Innendurchmesser größere (> 8,5 mm) und kürzere Tuben → verminderte Atemarbeit • geringere Beweglichkeit des Tracheoflexes im Vergleich zu einem translaryngealen Tubus (bis zu 3,5 cm bei Flexion und Extension des Kopfes) → geringere Larynxschäden nach Tracheotomie  Kompression der Schleimhaut durch den Tubus (Mukosaperfusionsdruck nur 30 mmHg!), dadurch Stenosierungen im posterioren Stimmbanddrittel und bis zu 10% subglottische Vernarbungen und Stenosen • bessere Möglichkeit der Mundpflege • geringerer Bedarf an Analgosedierung • höherer Patientenkomfort (Patient kann über spezielle Kanüle sprechen oder kann leichter oralisiert werden) Nachteile

• Blutungen durch Verletzung oder spätere Arrosion von Gefäßen

! Cave: Bei Blutungen im Tracheostomabereich und sekundären Ventilationsproblemen muss intermittierend eine Bronchoskopie zur Vermeidung eines Bronchusausgusskoagels durchgeführt werden!

Methoden Zu den chirurgischen Methoden zählen: • epithelialisiertes Tracheostoma (Haut wird di-

Bettseitige Methoden (perkutane Tracheotomien) sind: • perkutane Dilatationstracheotomie (PDT) nach

Ciaglia, Ciaglia BlueRhino oder neuerdings nach Frova • Dissektionstracheotomie nach der Methode von Schachner bzw. Griggs • translaryngeale Tracheotomie (TLT) nach Fantoni

• Minitracheostoma nur zur Sekretabsaugung (Punktion zwischen Schild- und Ringknorpel) Perkutane Dilatationstracheotomie

1. Dilatationstracheotomienach Ciaglia • mit verschiedenen Dilatationsstäben mit zunehmendem Durchmesser (bis 36 CharriŁre) wird die Punktionsstelle dilatiert (Cook-Set oder PercuQuick-Set von Rüsch) • Punktion in Höhe des 2.–4. Trachealrings → nach einer Studie von Stein wurde die geplante und vermutete Punktionshöhe zu 90% nicht punktiert (⊡ Abb. 7.21)!

Allgemeine Grundlagen

• typische Komplikation: Fraktur von Trachealspangen • Durchführung der Dilatationstracheotomie: – Punktion des Ligamentum anulare nach Hautinzision in Höhe des oben genannten Trachealknorpels – Aspiration von Luft mit einer flüssigkeitsgefüllten Spritze – Vorschieben eines Seldinger-Drahtes und fiberoptische Kontrolle, anschließend Einführen von Dilatatoren mit ansteigendem Durchmesser – nach der Dilatation Einführen der Trachealkanüle (⊡ Abb. 7.22)

⊡ Abb. 7.22. Durchführung der Dilatationstracheotomie

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⊡ Abb. 7.21. Optimale Punktionshöhe zur perkutanen Dilatationstracheotomie

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Kapitel 7 · Invasive Beatmung

2. Modifikation der PDT nach der Methode Ciaglia Blue Rhino  neuerdings stellt die Methode mittels CigliaBlue-Rhino (CBR-)Methode eine Weiterentwicklung der PDT dar: nur noch eine einzige Dilatation mit konisch zulaufendem, hydrophil beschichtetem und gebogenem Dilatator bis zur aufgedruckten 38-F-Markierung. Anschließend wird die Trachealkanüle über die im Set befindlichen 3 verschieden gebogenen Führungsstäbe mit unterschiedlicher Größe mittels Seldinger-Technik durch den Dilatationskanal eingesetzt (Ciaglia- Blue-RhinoDilatator der Firma Cook Critical Care, Dänemark; ⊡ Abb. 7.23) 3. Dilatationstracheotomie nach Fova (⊡ Abb. 7.24) • Punktion der Trachea in Höhe der 2./3. oder 3./4. Tracheaknorpelspange in der Mitte der Vorderwand (wie bei den anderen Dilatationstracheotomien) • horizontaler Schnitt von ca. 3–5 mm zu beiden Seiten des Seldinger-Drahtes • kontrolliertes Eindrehen eines selbstschneidenden schneckenförmigen Gewindes (PercuTwist)

⊡ Abb. 7.23. PDT nach Ciaglia-Blue-Rhino-Dilatationstracheotomie

über den Seldinger-Draht unter bronchoskopischer Kontrolle bis zur Tracheahinterwand • anschließend Einführung des spitz zulaufenden Dilatators mit aufgeschobenen PercuQuick-Tubus oder CrystalClear-Tubus der Größen 7,0 oder 8,0 bzw. 9,0 • anschließend bronchoskopische Lagekontrolle des Trachealtubus  die PercuTwist-Methode weist nach Quintel erhöhte Inzidenzraten an Spätblutungen auf! Dissektionstracheotomie

• nach der Methode von Schachner bzw. später von Griggs modifizierte Technik mit spezieller Spreizschere der Firma Portex • Punktion zwischen 2./3. oder 3./4. Trachealknorpel Zur Vermeidung von Sekundärschäden möglichst in der Mittellinie punktieren; horizontaler Hautschnitt zeigt bessere kosmetische Ergebnisse und geringere Verletzungsrate des Krikoidknorpels → keine Trachealstenosen • typische Komplikation: Verletzung der Tracheahinter- oder Seitenwand • Durchführung der Dissektionstracheotomie: – Nach Hautschnitt Punktion der Trachea mit nach kaudal gerichteter Kanüle – Insertion eines Seldinger-Drahtes über die Kanüle und anschließend obligate bronchoskopische Lagekontrolle des Drahtes – Vordilatation der Punktionsstelle mit einem kleinen Dilatator – Einführung der Dilatationspinzette über den Draht in das prätracheale Gewebe und Spreizung des Gewebes durch Rückzug der geöffneten Pinzette (⊡ Abb. 7.25) – Insertion der Pinzette über den Führungsdraht in die Trachea und Anheben der Pinzettengriffe in die vertikale Position – Öffnen der Pinzette mit beiden Händen und Aufdehnung der Trachea mit anschließendem Zurückziehen der geöffneten Pinzette – Einführung der Trachealkanüle mit innenliegendem Obturator über den Draht in die Trachea und sofortiges endotracheales Absaugen  spontaner Verschluss des Tracheostomas nach Dekanülierung in ca. 3–4 Tagen

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Allgemeine Grundlagen

1

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⊡ Abb. 7.24. Durchführung der Dilatationstracheotomie nach Frova

Translaryngeale Tracheotomie (TLT) • nach der Methode von Fantoni unter Durchzug der Spezialtrachealkanüle von innen nach außen

• Punktion in Höhe des 2.–4. Trachealknorpels; zuvor Desinfektion der Mundhöhle • Insertion eines Seldinger-Drahtes über Punktionsnadel in die Trachea und Vorschieben des Drahtes nach kranial am leicht entblockten Cuff vorbei in die Mundhöhle • nach transoraler Ausleitung des Drahtes wird an diesem ein konisch zulaufender Spezialtubus fixiert • Extubation des Patienten und evtl. Einlegen des speziellen Beatmungstubus zur Aufrechterhaltung der Ventilation bei deutlich eingeschränkter Oxygenierung • Durchzug der Trachealkanüle durch den Hypopharynx, die Stimmbandebene und letztendlich durch die Trachealwand und das umliegende Gewebe nach außen (zwei Finger dienen als Gegenlager) • Abschneiden der ausgeleiteten Konusspitze des Tubus • nach weiterem Herausziehen des Tubus mit 4 ml geblockten Cuff kann mittels im Tubuslumen

⊡ Abb. 7.25. Dissektionstracheotomie. Nach Einführung der Spezialpinzette über den Seldinger-Draht Spreizung der intertrachealen Membran

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Kapitel 7 · Invasive Beatmung

inseriertem Bronchoskop die Hinterwand der Trachea gesehen werden • anschließend Vorschieben des Bronchoskops Richtung Karina und Nachführung des Tubus von außen nach innen bzw. Einsatz eines speziellen Obturators • Vorteile der TLT: – geringeres Blutungsrisiko – deutlich reduzierte Verletzungsgefahr – weniger Knorpelspangenfrakturen – weniger Infektionen des Tracheostomas

auf Stimmbandebene zurückgezogener Tubus

Bronchoskop

a

Minitracheostoma

7

• Minitracheostoma, das nach Plazierung eines speziellen 4-mm-Tubus mit außen befindlichem Flanch und Befestigungsbändern nur zur Sekretabsaugung dient • Punktion des Ligamentum cricothyroideum zwischen Schild- und Ringknorpel

SpezialbeatmungsTubus

! • Erster Kanülenwechsel nicht vor dem 5.–7. Tag! → in Seldinger-Technik ggf. mit Cook-Führungsstab • Bei akzidenteller Entfernung der Trachealkanüle innerhalb der ersten beiden Tage → keine Rekanülierungsversuche, sondern konventionelle Intubation! • Eine Punktion in Höhe des Ringknorpels oder des ersten Trachealrings muss bei den perkutanen Tracheotomien auf jeden Fall vermieden werden! • Die perkutanen Tracheotomien weisen im Vergleich zur konventionellen mukokutanen chirurgischen Tracheotomie eine geringere Komplikationsrate auf (3,9 vs. 18,9% nach Griggs, bzw. 25% vs. 58% unter Einbeziehung von kosmetischen Besonderheiten, Wundheilungsstörungen und Trachealstenosen nach Hazard et al.), ebenso eine geringere Mortalitätsrate und z. T. eine kürze Verweildauer auf der Intensivstation sowie Beatmungsdauer

Komplikationen der perkutanen Tracheotomien • Frühkomplikationen:

– Pneumothorax (5%) – akute Blutung aus dem Stoma (1,5-8%) oder in die Trachea – Verletzung der Tracheahinterwand

b

B

A

3

c ⊡ Abb. 7.26a-c. Durchführung der translaryngealen Tracheotomie: a) Einlegen des Drahtes in den Tubus unter bronchoskopischer Sicht, aborales Ausleiten des Drahtes b) nach Extubation Einlegen eines speziellen Beatmungstubus zur Aufrechterhaltung der Ventilation, Durchzug der konisch zulaufenden Trachealkanüle durch die Trachealwand und das umliegende Gewebe von innen nach außen (zwei Finger dienen als Gegenlager) c) Abschneiden der ausgeleiteten Konusspitze, Herausziehen des Tubus, mittels im Tubuslumen inseriertem Bronchoskop/ Endoskop (A) kann die Hinterwand der Trachea gesehen werden. Anschließend Vorschieben des Bronchoskop in Richtung Carina und Nachführung des Tubus von außen nach innen bzw. Einsatz eines speziellen Obturators (B)

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Allgemeine Grundlagen

• Spätkomplikationen: – Beatmungsprobleme bei endobronchialer Koagelbildung – akzidentielle Dekanülierung – tracheale Schäden (Strikturen, Stenosen einige Wochen nach der Dekanülierung, etc.) – Infektion des Stomas – inakzeptable Narbenverhältnisse

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– Seldinger-Technik mittels Melker-Set (Firma Cook) Minitrach-II-Seldinger (Innendurchmesser 6,4 oder 3 mm) – demnächst erhältliche Koniotomieschere von Storz • Skalpell und z. B. 6,0-Tubus

Ausgewählte Literatur Kontraindikationen für perkutane Tracheotomien

• Kinder und Jugendliche (unter 18 Jahren), Ausnahme ggf. die Tracheotomie nach Fantoni (einzelne positive Kasuistiken liegen gegenwärtig vor!) • Notfallsituation • schwierig oder gar nicht translaryngeal zu intubierende Patienten (Cave: Dislokation des Tracheostomas!) • Nichtbeherrschung der konventionellen Tracheotomietechnik bzw. fehlende Kapazität zur notfallmäßigen konventionellen chirurgischen Tracheotomie • Patienten mit massiven Gerinnungsstörungen • Patienten mit dissoziiertem Tracheaverlauf, mit Struma, mit schlecht zu identifizierenden anatomischen Verhältnissen • Infektionen und bestehende Malignität im Tracheotomiebereich • Patienten mit instabiler HWS Relative Kontraindikationen:

• Patienten mit schweren Gasaustauschstörungen (manifestes ARDS) • Patienten mit extremer Adipositas • Patienten mit Zustand nach Hirnschädigung und anzunehmender längerer Rehabilitationsphase • kalzifizierende Trachealspangen, Patienten mit Hirndruck, vergrößerter Schilddrüse

Koniotomien Zur Durchführung stehen zur Auswahl: • kommerziell erhältliche Sets: – direkte Punktionstechniken mittels TracheoQuick, Quicktrach oder Nu-Trach (meist 4 mm Innendurchmesser)

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Kapitel 7 · Invasive Beatmung

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8 Nichtinvasive Beatmung (NIV)

Historie 1936 1981 1989

2003

Erstanwendung bei einem Patienten mit kardialem Lungenödem erste erfolgreiche nasale CPAP-Therapie bei Schlaf-Apnoe-Syndrom durch Sullivan erfolgreiche NPPV-Therapie bei akuter respiratorischer Insuffizienz bei intensivmedizinisch betreuten Patienten mit vorbestehender Lungenerkrankung durch Meduri et al. nichtinvasive Beatmungsformen im DRGSystem kodierbar

Definition Mechanische Beatmung, die im Gegensatz zur invasiven Beatmung nicht über einen endotrachealen Tubus oder Tracheoflex, sondern über Gesichtsoder Nasenmasken sowie mittels diversen Beatmungshelmen erfolgt. Ind:

Gesicherte Indikationen sind: • Symptome und Zeichen der akuten respiratorischen Insuffizienz mit mäßiger bis schwerer Dyspnoe • Gasaustauschstörung (paCO2 >45 mmHg, pH 16 h

Allgemeine Grundlagen

! Erhöhte Abbruchrate der nichtinvasiven Beatmung insbesondere bei Patienten mit AusgangspH 45 mmHg) • Erschöpfung der respiratorischen Pumpe bei COPD (pCO2 >55 mmHg) • Schlaf-Apnoe-Syndrom  Leitsymptom der CVI ist die Hyperkapnie. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schlafneigung am Tage, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen

Ausgewählte Literatur Antonelli M (2004) Noninvasive positive pressure ventilation using a helmet in patients with acute exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease: A feasibility Study. Anesthesiology 100:16–24 American Thoracic Society (2001) International Consensus Conferences in Intensive Care Medicine: Non-invasive positive pressure ventilation in acute respiratory failure. Am J Respir Crit Care Med 163:283–291 Antonelli et al. (1998) A comparison of non-invasive positive pressure ventilation and conventional mechanical ventilation in patients with acute respiratory failure. NEJM 339:429–435 Brochard L et al. (2000) Non-invasive ventilation for acute exacerbations of COPD: a new standard of care. Thorax 55:817–818 Brochard L (2002) Noninvasive ventilation for acute respiratory failure. JAMA 288:932–935 Buchardi H, Kuhlen R, Schönhofer B, Müller E, Criée CP, Welte T für die Task Force Nicht-invasive Beatmung der AG Beatmung innerhalb der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung Intensivmedizin (DIVI) (2001) Konsensus-Statement zu Indikation, Möglichkeiten und Durchführung der nicht-invasiven Beatmung bei der akuten respiratorischen Insuffizienz. Intensivmedizin 38:611–621 Ferrer M et al. (2003) Noninvasive ventilation during persistent weaning failure: a randomized controlled trial. Am J Respir Crit Care Med 168:70–76

165

8

Girou E et al. (2000) Association of noninvasive ventilation with nosocomial infections and survival in critically ill patients. JAMA 284:2361–2367 Keenan SP et al. (2000) Noninvasive positive pressure ventilation in acute respiratory failure. JAMA 284:2376–2378 Lemmen HJ, Rossaint R (2002) Indikationen zur invasiven Beatmung neu überdacht. Refresher Course der DAAF. Bd 28:117–133 Masip J et al. (2000) Non-Invasive pressure support ventilation versus conventional oxygen therapy in acute cardiogenic pulmonary oedema: a randomised trial. Lancet 356: 2126–2132 Mehta S et al. (1997) Randomized prospective trial of bilevel versus continuous positive airway pressure in acute pulmonary edema. Crit Care Med 25:620–628 Meissner E, Hamm M, Fabel H (2000) Nicht-invasive Beatmung. Internist 41:970–984 Rocker et al. (1999) Non invasive positive pressure ventilation. Chest 115:173–177 Jolliet et al. (2001) Noninvasive pressure support ventilation in severe community-acquired pneumonia. Intensive Care Med 27:812–821

9 Hyperbare Oxygenierung (HBO)

Definition Behandlungsform, bei der der Patient in einer Überdruckkammer Sauerstoff unter erhöhtem Partialdruck (2–3 atm) für 45 min (CO-Intoxikation) oder bis zu 6 h (schwere Gasembolie) atmet.

• hirndrucksenkender Effekt hoher paO2-Konzentrationen (zerebrale Vasokonstriktion) • Reduktion von Ödemen infolge Vasokonstriktion bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewebsoxygenierung

Ziel

Historie

• Erhöhung des Anteils des physikalisch gelösten Sauerstoffs aufgrund der Steigerung des Umgebungsdrucks (2,5–3,0 bar [= atm]) und Zufuhr von reinem Sauerstoff (Berücksichtigung der Henry-Gleichung: Gaskonzentration in einer Flüssigkeit ist abhängig vom Partialdruck [= Barometerdruck × Volumen-anteil] und dem Löslichkeitskoeffizienten) → Verbesserung der Gewebeoxygenierung in auch schlecht perfundierten Arealen • Reduktion der Gasblasendurchmesser bei Luftbzw. Gasembolien oder Dekompressionskrankheit (Berücksichtigung des Boyle-Mariotte-Gesetzes: Produkt aus Druck und Volumen eines Gases ist konstant → Reduktion der Ischämiezone und Ausschwemmung der Gasblasen in die Peripherie • schnellere Verdrängung von gebundenem Kohlenmonoxid (CO) aus der Hämoglobinverbindung (25–30 min bei HBO vs. 80–90 min unter reiner O2-Beatmung bzw. 5 h unter Raumluftventilation) • direkte bakterizide Eigenschaft hoher O2-Konzentrationen (1500–2000 mmHg) auf Anaerobier

1961

erstmals von Boerema und Brummelkamp zur Therapie des Gasbrands eingesetzt

Ind:

(nicht einheitlich beurteilt) • Dekompressionskrankheit (Caisson-Erkrankung) • Luft- und Gasembolien • CO-Intoxikation • clostridiale Myonekrose (Gasbrand) – Diagnostik: Klinik (toxisches Krankheitsbild mit Benommenheit und starkem lokalem Schmerz! Myo- und Hämolysezeichen), Wundabstrich: grampositive, plumpe, Stäbchen mit wenigen Leukozyten, die Röntgenaufnahme zeigt die typisch gefiederte Muskulatur – Therapie: chirurgisches Debridement, antibiotische Therapie mit Metronidazol, Breitbandantibiotikum oder Cephalosporin und Kombination mit Aminoglykosid, komplementierende HBO (7 Zyklen à 2 h; 3 Zyklen in den ersten 24 h) • embolischer Verschluss der Mikrostrombahn durch intravasal entstehende Stickstoffgasblasen, Gewebshypoxie, Aktivierung der intravasalen

168

• • • • • •

• • •

9

• •



Kapitel 9 · Hyperbare Oxygenierung (HBO)

Gerinnung, Thrombozytenaktivierung, Ausbildung von Erythrozytensludge infolge Blutstase, Hämokonzentration und Volumenmangel infolge Abstroms von Flüssigkeit ins Interstitium nekrotisierende Weichteilinfektion → Verbesserung der leukozytären Phagozytoseaktivität und Aminoglykosidwirkung ausgewählte Problemwunden interkranielle Abszesse Kompartmentsyndrom und andere akute traumatische Ischämien Verbrennungen/Verbrennungskrankheit Prävention und Therapie eines radiogenen Schadens (Osteoradionekrose, Strahlenzystitis) und Strahlensensibilisierung von Tumorzellen → 3 Zyklen à 30 min bei 240 kPa (≈ 1,8 bar) therapieresistente Osteomyelitis gefährdete Haut-/Weichteiltransplantate diabetisches oder arteriosklerotisches Ulkus/ Gangrän akute kochleäre Funktionsstörung ggf. Myokardinfarkt (schneller CK-Abfall, und Sistieren der thorakalen Schmerzen, verbesserte Auswurffraktion (nach Fillestad, Long Beach, Vortrag ESA 98 Frankfurt) ggf. bei lebensbedrohlichem Blutverlust und ischämischen Augenerkrankungen

KI:

• • • • •

Lungenläsion (z. B. Pneumothorax) SHT mit intrakranieller Luft bekanntes Krampfleiden Schwangerschaft gestörte Mittelohrbelüftung (Gefahr der Trommelfellruptur) • gestörte alveoläre Belüftung (bullöses Emphysem, Dystelektasen, Sekretverhalt mit Ventileffekt) sowie pulmonale Infekte • Chemotherapie (Bleomycin!! Cave bei simultaner Gabe von Cyclosphosphamid, Doxorubicin und Cisplatin → 4–6 Wochen Abstand) • bestehendes Asthma bronchiale NW:

• zentral neurologische Störungen (von Benommenheit bis zu zerebralen Krampfanfällen) • Barotraumata im Rahmen der Kompression und Dekompression von Nasennebenhöhlen, Mittel-

• • • • • • • •

ohr und Lunge (Pneumothorax und Mediastinalemphysem) → Valsalvamanöver oder Anlegen einer Paukendrainage bei beatmeten Patienten können Mittelohrschäden vermeiden helfen direkte Lungenschädigung durch O2-Toxizität → kann durch intermittierende Luftatmung für 5–10 min alle 20–30 min abgeschwächt werden! durch HBO ausgelöste Hyperventilation mit zerebraler Vasokonstriktion und Minderperfusion Erhöhung des Strömungswiderstands im Bronchialsystem → Atemwiderstand ↑, Atemarbeit ↑ Erhöhung des arteriellen Drucks, Abfall der Herzfrequenz und pCO2-Anstieg gerätetechnische Komplikationen erhöhte Brandgefahr Cuff-Komplikation beim beatmeten Patienten bei Kompression und Dekompression → Füllung des Cuffs vor der Dekompression mit Kochsalz Respiratorprobleme (Evita 4 nur bis 1,8 bar einsetzbar)

Ausgewählte Literatur Jaeger K, Jüttner B (2003) Hyperbare Sauerstofftherapie. Anästhesiologie und Intensivmedizin 3:187–202

10 Kardiopulmonale Reanimation

Historie 1956 1958 1960 1966

therapeutische Empfehlung des Kammerflimmerns mit Elektrizität (Zoll et al.) Einführung der Mund-zu-Mund-Beatmung (Safar et al.) erste Empfehlung zur Thorax-Kompressionsmassage First Conference on CPR

Ursachen des Herz-Kreislauf-Stillstands • eine ischämische Herzerkrankung ist die häufigste Ursache des plötzlichen Herztodes beim Erwachsenen in der »industrialisierten Welt« • weitere Ursachen des Herzstillstands unter speziellen Umständen sind: Trauma, Medikamentenüberdosierung, Hypothermie, Beinahe-Ertrinken, Anaphylaxie, Schwangerschaft oder Hypovolämie etc.

Klinik des Kreislaufstillstands • Bewusstlosigkeit innerhalb von 10–15 s nach Herzstillstand • ggf. zerebrale Krämpfe nach 15–45 s • Atemstillstand, Schnappatmung bei primärem Kreislaufstillstand nach 15–40 s • Pupillenerweiterung und Verlust der Lichtreaktion nach 30–60 s • Veränderung des Hautkolorits (unsicheres Zeichen!)

Therapie – Grundlagen Nach den Leitlinien • der American Heart Association (AHA) 1992 • des European Resuscitation Council (ERC) 1992 und 1998 • des International Liaison Committee on Resuscitaton (ILCOR) 1997 • der Bundesärztekammer (BÄK) 2000 • »Guidelines 2000« an International Consensus on Science (AHA und ILCOR) 2000

Bewertung der Empfehlungen • Klasse I: exzellent und absolut indiziert – sicher wirksam Effektive Wirksamkeit beim Menschen erwiesen; mindestens eine, prospektive, kontrollierte, randomisierte klinische Studie zeigt einen großen Nutzen • Klasse IIa: gut bis sehr – akzeptabel und sinnvoll, »Therapie der Wahl«. Sehr gute Beweise für Wirksamkeit und Unschädlichkeit für Menschen; viele Experten empfehlen diese Maßnahme; mehrere gute Studien erzielen generell positive Ergebnisse • Klasse IIb: mittelmäßig bis gut – akzeptabel und sinnvoll »Therapieoption« Gute Beweise für Wirksamkeit und Unschädlichkeit für Menschen; viele Experten halten sie für eine erlaubte und akzeptable Maßnahme; mehrere gute Studien erzielen generell positive Ergebnisse

170

Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation

• Klasse »Indeterminate«: »unbestimmbar« Keine Empfehlung, da bisher zuwenig Daten für eine klare Zuordnung zu einer anderen Klasse. Hier werden auch alle Maßnahmen eingestuft, die seit Jahren empfohlen wurden, eine Überprüfung der unterstützenden Beweise zeigt jedoch, dass die ursprüngliche Annahme wahrscheinlich nicht zu halten ist, z. B. der Routinegebrauch von Vasopressoren bei Asystolie oder Lidocain bei Kammerflimmern (VF) nach erfolglosen Defibrillationen • Klasse III: nicht akzeptabel, nicht wirksam und möglicherweise schädlich

Basismaßnahmen (Basic Life Support) • zu den Basismaßnahmen der Reanimation zählen neben der Notfalluntersuchung und dem Notruf, die Beatmung, die Herz-Druck-Massage und die stabile Seitenlage

10

• das Vorgehen der Basismaßnahmen ist im nebenstehenden Algorithmus dargestellt (⊡ Abb. 10.1)

 die BÄK weist eindeutig darauf hin, dass die Atmung mehr als eine Schnappatmung sein muss, wobei dieses Symptom damit erstmals indirekt als ein Zeichen eines Stillstands aufgenommen wurde • Kreislaufkontrolle (max. 10 s) Palpation über den zentralen Körperarterien (A. carotis oder femoralis) entweder beidseits für je 5 s oder einseitig für max. 10 s. Die Pulskontrolle durch Laien wird v. a. vom ERC kritisch gesehen, da möglicherweise darauf zu viel Zeit verwendet wird und sollte Laienhelfern nicht mehr gelehrt werden (»Guidelines 2000«)  die Kontrolle der Vitalfunktionen (Atem- und Kreislaufkontrolle) werden als deutsche Besonderheit im Gegensatz zu den internationalen Empfehlungen ohne Unterbrechung zusammenhängend durchgeführt (»diagnostischer Block«). Im Gegensatz zum ERC wird nach der Atemkontrolle keine Beatmung interponiert, sondern die Reanimation wird entweder als isolierte Beatmung (bei noch vorhandenem Kreislauf) oder als kardiopulmonale Reanimation mit Beatmung und Herz-Druck-Massage (HDM) als Ein- oder Zwei-Helfer-Methode durchgeführt

Zeitpunkt des Notrufs »phone first«

»phone fast«

• Patienten > 8 Jahre

• Patienten < 8 Jahre

• primär kardiales Ereignis – alle Alterstufen (auch Kinder)

• primär respiratorisches Versagen (z. B. Ertrinken, Trauma, Medikamenten-, Drogenintoxikation) – alle Alterstufen

Notfalluntersuchung • Bewusstseinskontrolle durch Reaktion auf laute

Ansprache bei fehlender Reaktion: leichtes Schütteln an der Schulter und Umfassen des Unterkiefers • Atemkontrolle nach Reklination des Kopfes durch Inspektion von Thoraxbewegungen, Hören von Atemgeräuschen und Fühlen von Luftbewegungen  bei der Atemkontrolle wird nicht grundsätzlich eine Inspektion der Mundhöhle durchgeführt, sondern nur, wenn sich die Beatmung als ineffektiv erweist

Atemwege und Beatmung (einfache Maßnahmen des Airwaymanagements) • Atemspende durch Mund-zu-Mund-Beatmung oder Mund-zu-Nase-Beatmung (die Mund-zuNase-Beatmung wird nicht mehr favorisiert) mit der Einschränkung, dass »zuweilen die Mundzu-Nase-Beatmung vorgezogen wird« (einfachere Technik, natürliche Behinderung des Spitzendrucks) • eine Revision hat das Atemzugvolumen erfahren und wurde bei Mund-zu-Mund- und Maskenbeatmung von 800–1200 auf rund 700–1000 (10 ml/kg) ml reduziert, wobei das Zeichen für eine korrekte Beatmung das sichtbare Heben des Thorax darstellt. Die Insufflationsdauer von 2 Sekunden soll eine gastrale Insufflation mit Regurgitation vermeiden • ist eine zusätzliche O2-Gabe möglich (FiO2 > 0,4), kann bei Maskenbeatmung das Atemzugvolumen auf 400–600 ml (6–7 ml/kg) reduziert

171

Allgemeine Grundlagen

10

Sicherung von Helfern und Betroffenen Bewusstsein prüfen (anrufen, schütteln)

ja

Überwachen,

 ggf. Notruf

(veranlassen)

ggf. Atemwege freimachen (Kopf überstrecken, Kinn anheben) Atmung prüfen (sehen, hören, fühlen)





Atmung ja Kreislauf ja

Atmung nein Kreislauf ja







Kreislauf prüfen (max. 10 s)

Atmung nein Kreislauf nein



stabile Seitenlage

10-mal beatmen

Notruf (veranlassen)

Notruf (veranlassen)

Notruf (veranlassen)

Herz-Druck-Massage : Beatmung 15 : 2 (1- und 2 Helfer-Methode) (8-jähriges Kind bis Säugling 5 : 1; Neugeborene 3 : 1) Frequenz der HDM 100/min

Beatmung fortführen Kreislauf minütlich prüfen ⊡ Abb. 10.1. Algorithmus Basismaßnahmen CRP

werden, wobei Thoraxexkursionen sichtbar sein müssen. Das niedrigere Tidalvolumen bei zusätzlicher O2-Gabe gewährleistet eine adäquate Oxygenierung und verhindert die Insufflation von Luft in den Magen

Herz-Druck-Massage • der Ersthelfer sollte mit der äußeren Herz-DruckMassage (HDM) auch bei nicht eindeutigen Kreislaufzeichen mit der HDM beginnen. Dies steht in Übereinstimmung mit ERC und ILCOR, die gleichfalls bei keinen eindeutigen Anzeichen einer Herzaktion oder Unsicherheit darüber zum Beginn der HDM raten. Dies ist auch vor dem

Hintergrund der durch Laien schwierigen Erkennbarkeit einer Pulslosigkeit zu sehen • bei der Durchführung der Herz-Druck-Massage hat sich die Technik des Auffindens des Druckpunktes geändert. Es wird nicht mehr der Processus xiphoideus als Orientierungspunkt aufgesucht, sondern die Stelle, wo »Rippen und Brustbein sich vereinigen«. Der Mittelfinger lokalisiert diese Stelle, und der Zeigefinger wird daneben gesetzt, um dann den Handballen kopfwärts zu plazieren • eine Kompressionsrate von 100/min wird beim Erwachsenen angestrebt (mit zeitlich gleichem Kompressions-Dekompressions-Verhältnis) • Ein- und Zwei-Helfer-Methode: Verhältnis von Herz-Druck-Massage zu Beatmung = 15:2

172

10

Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation

 die »Guidelines 2000« empfehlen auch bei der Zwei-Helfer-Methode bis zur Sicherung der Atemwege (Intubation) ein Verhältnis von HerzDruck-Massaage zu Beatmung von 15:2, da der koronare Perfusionsdruck nach 15 Kompressionen ohne Pause höher ist als nach 5 Kompressionen und die eine Beatmung bei 5 Kompressionen schneller und kräftiger durchgeführt wird (erhöhte Gefahr gastraler Insufflation mit Regurgitation und Aspiration). Nach der Intubation können die Kompressionen kontinuierlich (mit Zwischenbeatmung nach 5 Kompressionen) vorgenommen werden  die Lehraussage »Erwachsenen-Reanimation bis zum achtjährigen Kind 15:2, achtjähriges Kind bis Säugling 5:1 und Neugeborenes 3:1« unabhängig von der zur Verfügung stehenden Helferzahl ist einfach zu lehren, einfach zu merken und einfach anzuwenden • die Drucktiefe wurde beim Erwachsenen von 3 bis 5 cm enger gefasst auf 4 bis 5 cm  »Guidelines 2000«: bei der Reanimation Neugeborener sollte kein absolutes Maß für die Drucktiefe verwendet werden, sondern sie so gewählt werden, dass ein Puls zu tasten ist bzw. ca. 1/3 der anterior-posterioren Thoraxtiefe  wenn der Reanimierende nicht gewillt oder nicht in der Lage ist eine Mund-zu-Mund Beatmung vorzunehmen, sollen nur Thoraxkompressionen durchgeführt werden (statt überhaupt nicht zu reanimieren, Klasse IIa). Bei telefonischen CPRInstruktionen nur Kompressionen zu erläutern basiert auf Praktikabilitätsüberlegungen  der Einsatz neuer Techniken muss in wissenschaftlichen Untersuchungen noch weiter überprüft werden: • aktive Kompression-Dekompression (ACD) • intermittierende abdominelle Kompression (IAC) • Kombination ACD/IAC Zurzeit gibt es jedoch keine klinischen Daten, die unwidersprochen eine Verbesserung des Ergebnisses zeigen ! In einer kürzlich veröffentlichen Studie von Babbs et al. konnte unter einem veränderten Verhältnis von Beatmung zu Herzdruckmassage von 50:2 ein höheres Sauerstoffangebot (>30%) nachgewiesen werden!

Spezifische erweiterte Maßnahmen (Advanced Life Support – ALS) • das Vorgehen bei erweiterten lebensrettenden Sofortmaßnahmen ist in dem allgemeinen Algorithmus (⊡ Abb. 10.2) dargestellt • Basismaßnahmen können nur einen überbrückenden Charakter haben, weshalb der Einsatz von Elektrotherapie und Medikamenten unabdingbar ist • die EKG-Überwachung stellt den Übergang zwischen einfachen und erweiterten lebensrettenden Sofortmaßnahmen dar. Die elektrokardiographische Rhythmusdiagnose muss andererseits immer im klinischen Kontext gesehen werden Bewegungsartefakte, Diskonnektionen und elektrische Interferenzen können Rhythmen widerspiegeln, die mit einem Herzstillstand verwechselbar sind

Atemwege und Beatmung (erweiterte Maßnahmen des Airwaymanagements) • zur Sicherung der Atemwege und als Applikationsweg für die Notfallmedikation (BÄK) steht die endotracheale Intubation an erster Stelle • dies steht insofern in Übereinstimmung mit den internationalen Empfehlungen, als dass diese einhellig die Intubation als Klasse-I-Intervention (nützlich und effektiv) bezeichnen. Der ERC räumt allerdings ein, dass die Technik schwer und manchmal auch gefährlich in der Anwendung sein kann und deshalb regelmäßig Erfahrung und Auffrischungstraining unerlässlich sind • nur wenn die Intubation nicht durchführbar ist, kommen Larynxmaske oder Kombitubus als alternative Techniken als Klasse IIb in Frage. Unstrittig erfordern diese Alternativen ein intensives Training und haben ihre speziellen Anwendungsprobleme • die Oxygenierung der Patienten ist das primäre Ziel der Beatmung deshalb sollte die inspiratorische Sauerstoffkonzentrationen (FI O2) 1,0 betragen

173

Allgemeine Grundlagen

• die CO2-Produktion und der Abtransport des CO2 zu den Lungen ist während der Initialphase des Herzstillstands limitiert. Beatmungsvolumina von 400–600 ml sind daher ausreichend. (Nach Gabe von CO2-produzierenden Puffern wie Natriumbikarbonat ist das Atemminutenvolumen ggf. zu erhöhen)

Defibrillation • die frühzeitige Defibrillation < 3 min (Klasse I) ist die entscheidende Maßnahme bei einem Kreislaufstillstand aufgrund von Kammerflimmern ( VF) oder einer pulslosen ventrikulären Tachy-





kardie ( VT)

 diese Patienten haben die beste Prognose, jedoch nimmt die Chance einer erfolgreichen Defibrillation mit jeder Minute ab. Amplitude und Kurvenform des Kammerflimmerns verschlechtern sich rapide und reflektieren die Abnahme der myokardialen Energiephosphatvorräte. Folglich besteht die erste Priorität darin, das Zeitintervall zwischen Beginn des Herzstillstands und der Defibrillation zu verkürzen • als weitere Indikation zur Defibrillation werden auch noch das Kammerflattern und nicht eindeutige Fälle des zugrunde liegenden elektrischen Zustands sowie bei Asystolie als letzte Möglichkeit genannt • einheitlich ist die Applikation der Energiestufen für die Defibrillation (erste 3er-Defibillationssequenz mit 200–200–360 J) • eine Besonderheit der BÄK stellt die Forderung dar, dass zwischen der nunmehr obligaten 3er-Serie der Defibrillation ein Zeitraum von maximal 1 min liegen soll, wobei der ERC dafür die doppelte Zeit veranschlagt • keine Pulskontrolle während der 3er-Defibrillationsserie: Eine Pulsüberprüfung ist nur erforderlich, wenn eine Kurvenform erreicht wird, die einen Auswurf des Herzens vermuten lässt • weitere Schocksequenzen sollten – wenn erforderlich – mit Energien von 360 J appliziert werden  wenn ein koordinierter Rhythmus kurzfristig aufgetreten ist, gibt es keinen wissenschaftlichen





10

Beweis dafür, wieder mit 200 J zu beginnen oder mit 360 J fortzufahren, auch wenn eine Myokardverletzung mit steigenden Energien größer ist. die Elektrodenplatzierung erfolgt wenn möglich wie folgt: – ein Paddel unter der rechten Klavikula in der Medioklavikularlinie – das andere Paddel über dem linken unteren Rippenbogen in der medio-anterioren Axillarlinie eine korrekte Durchführung der Defibrillation einschließlich der Applikation von ElektrodenGel ist unerlässlich. Dabei hat die Sicherheit des Reanimationsteams oberste Priorität. Während der Defibrillation darf niemand in Kontakt mit dem Patienten bleiben. Flüssigkeiten, nasse Kleider oder exzessiv aufgetragenes Elektroden-Gel können Probleme verursachen. Transdermale Pflaster müssen unbedingt entfernt werden, um die Möglichkeit der Ausbildung eines elektrischen Kurzschlusses zu verhindern – während manueller Defibrillation muss der Helfer das Kommando (z. B.) »Wegtreten« geben und sicherstellen, dass alle dieses Kommando beachten, bevor die Defibrillation ausgelöst wird – von automatischen Systemen wird ein Tonkommando gegeben; alle Mitglieder des Teams müssen sich nach diesem Kommando richten – bei einem implantierten Schrittmacher sollten die Paddel 12–15 cm davon entfernt angelegt werden häufige Defekte sind: – nicht ausreichender Kontakt der Elektroden mit dem Brustkorb – schlechte Anwendung oder völliges Versagen der Übertragungsmedien sowie fehlerhafte Paddelpositionierung oder fehlerhafte Paddelgröße die zur Zeit am meisten verwendete transthorakale Defibrillationskurvenform weist eine gedämpfte Sinuskurve auf. Neue Techniken, wie biphasische Kurvenformen (mit Energiemengen < 200 J) oder sequentiell überlappende Schocks, die eine rasche Verschiebung des elektrischen Vektors während eines Multipulseschocks bewirken, weisen folgende Vorteile auf:

174

Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation

– geringere Energie und Spannung gegenüber monophasischer Stromkurve – höhere Konversionsrate – geringere schockinduzierte Dysfunktion am Myokard  obwohl gezeigt werden konnte, dass die Polarität der Elektroden den Erfolg bei internen, implantierbaren Defibrillatoren beeinflusst, ist die Polarität während der transthorakalen Defibrillation offenbar bedeutungslos Automatischer externer Defibrillator (AED) Die »Guidelines 2000« empfehlen

10

• professionelle Helfer in der Durchführung der Defibrillation auszubilden, mit AEDs auszustatten und zur Anwendung zu autorisieren • im Krankenhaus die Verfügbarkeit von AEDs in allen Bereichen (Klasse IIa) mit dem Ziel ein Kollaps-Defibrillations-Intervall von < 3 min zu erreichen (Klasse I) • die Verfügbarkeit von AEDs an öffentlichen Orten (»Public Access Defibrillation«), wo eine Wahrscheinlichkeit von einer AED-Anwendung in 5 Jahren gegeben ist bzw. ein Notruf-Defibrillations-Intervall von < 5 min durch den Rettungsdienst nicht zuverlässig gewährleistet werden kann • bestimmte Berufsgruppen, wie Polizei, Feuerwehr, Flugbegleiter und Sicherheitsdienste in CPR inkl. AED-Anwendung auszubilden • AEDs zur Behandlung eines Herzstillstandes bei Kindern > 8 Jahren (>25 kg) außerhalb der Klinik anzuwenden (Klasse IIb), da Kammerflimmern bei Kindern offenbar häufiger vorkommt als bisher angenommen. Bei Kindern < 8 Jahren wird ihr Einsatz nicht empfohlen (Klasse »Interminate«)

Medikamentenapplikation • die venöse Applikationsform bleibt die optimale Methode der Medikamentenapplikation während der CPR – ein ZVK kann genutzt werden, wenn er bereits liegt, um schnell Medikamente in die zentrale Zirkulation zu bringen

– ist ein ZVK nicht verfügbar, bedeuten die Risiken, die mit dieser Technik verbunden sind, dass die Entscheidung zwischen peripherem und zentralem Zugang individuell von der Erfahrung des Anwenders sowie von der Umgebung und dem verfügbaren Instrumentarium abhängig gemacht werden muss – wenn man sich für den Versuch einer zentralen Kanülierung entscheidet, darf dies nicht zu einer Verzögerung der Defibrillation, Reanimation oder Atemwegssicherung führen – bei Medikamentengabe über eine periphere Vene sollten 20 ml 0,9%ige NaCl-Lösung infundiert werden, um die Medikamente in die Zirkulation zu schwemmen • die Medikamentenapplikation über einen Endotrachealtubus bleibt nur zweite Wahl, weil eine verschlechterte Absorption vorliegt und unvorhersehbare pharmkokinetische Vorgänge auftreten. Die Medikamente, die über diesen Weg ohnehin nur gegeben werden können, sind Adrenalin, Lidocain und Atropin

– die endobronchiale Applikation erfolgt bei Adrenalin, Lidocain und Atropin in 2- bis 3fach höherer Dosierung als bei intravenöser Applikation, auf 10 ml 0,9% NaCl-Lösung verdünnt. Nach der Applikation sollten laut

BÄK 2–5 Beatmungen erfolgen, um die Verteilung in den distalen Bronchialbaum und damit eine Maximierung der Absorption zu erreichen  die BÄK empfiehlt die Medikamentenapplikation zunächst endobronchial über den möglichst frühzeitig gelegten Endobronchialtubus. Erst später im weiteren Verlauf wird ein i.v.-Zugang geschaffen. Aus diesem Grunde hat auch die Intubation im Atemwegsmanagement einen höheren Stellenwert als im internationalen Vergleich  die »Guidelines 2000« empfehlen bei Kindern (unabhängig vom Alter), sobald nach angemessener Zeit kein venöser Zugang gelingt, einen intraossären Zugang. »Angemessen« hängt von der Situation ab – die Pediadric-ALS verwenden eine 90 Sekunden Grenze, um bei Herzstillstand einen venösen Zugang zu legen, erlauben jedoch beim stabilen Patienten mehr Flexibilität

175

Allgemeine Grundlagen

Spezielle Medikamente Vasopressoren • Adrenalin 1 mg (0,01 mg/kg) i.v. galt bisher als das Medikament der Wahl – die i.v.-Dosierung von Adrenalin bleibt wie bisher bei 1 mg auf 10 ml verdünnt und wird alle 2–3 min verabreicht (Klasse »Indeterminate«) – in der Praxis sollte jede Algorithmusschleife für Nicht VF/VT-Rhythmen 3 min dauern und Adrenalin deshalb nach jeder Schleife gegeben werden – nach der dritten Injektion von Adrenalin (ca. 10 min nach Beginn der erweiterten Maßnahmen) kann bei ausbleibendem Erfolg eine Steigerung der Dosis auf 0,1–0,2 mg/kg erwogen werden (Klasse IIb) – routinemäßige hochdosierte Adrenalingabe (0,1 mg/kg i.v.) führt zu keiner höheren Überlebensrate bei möglicherweise mehr Spätkomplikationen (erhöhter O2-Verbrauch, Myokardnekrosen) als nach einer Standarddosis Adrenalin (Klasse »Indeterminate«) und wird daher auch bei Asystolie nicht empfohlen  besondere Vorsicht ist geboten bei der routinemäßigen Applikation von Adrenalin bei Patienten, deren Herzstillstand möglicherweise auf Lösungsvermittlermissbrauch, Kokainmissbrauch oder einen Missbrauch anderer sympathikomimetischer Medikamente zurückzuführen ist • Vasopressin (40 U i.v.) bei refraktärem Kammerflimmern (VF) bzw. pulsloser ventrikulärer Tachykardie (VT) bewerten die »Guidelines 2000« mittlerweile als dem Adrenalin gleichwertig (Klasse IIb). Als Vasokonstriktor erscheint Vasopressin dem Adreanlin (Klasse »Indeterminate«, trotz jahrzehntelanger Gabe) gleich effektiv zu sein, bei weniger negativen Wirkungen auf das Herz. Die Wirkung von Vasopressin hält außerdem länger an (10–20 min) und muss daher nur einmal gegeben werden. Die »Guidelines 2000« empfehlen eine Adrenalingabe 5–10 min nach nutzloser Vasopressingabe – bei Asystolie wird Vasopressin gegenwärtig (noch) nicht empfohlen (Klasse »Indeterminate«)

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Antiarrhythmika • der Einsatz von Antiarrhytmika während der CPR (VT/VF) ist nicht ausreichend geklärt • aufgrund der bisherigen Erfahrungen kann Lidocain weiterhin nach Defibrillation und Adrenalingabe bei persistierendem Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie nach Defibrillation gegeben werden. Die initiale Dosis beträgt 1–1,5 mg/kg (max. 3 mg/kg) Einige Studien haben vermuten lassen, dass Lidocain die Defibrillationsschwelle im Tierversuch erhöht. Beim Menschen dürfte die Applikation von Lidocain vor der Defibrillation die Energieschwelle zur Defibrillation nicht erhöhen • Amiodaron (Cordarex) wurde von den »Guidelines 2000« zu der Liste der Antiarrhythmika nach Defibrillation bei persistierendem Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie aufgenommen (Klasse IIb). Ein Bolus von 300 mg (≈ 5 mg/kg) verdünnt mit 20 ml Glukose 5% sollte primär i.v. gegeben werden. Eine weitere Dosis von 150 mg wird bei Erfolglosigkeit empfohlen, gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion von 1 mg/min über 6 h, danach 0,5 mg/min (max. 2 g/Tag; in Europa bisher max. 1,2 g/Tag!) • Magnesium (8 mmol i.v.) wird therapierefraktärem Kammerflimmern bes. im Falle einer Torsade de pointes bzw. einer Hyomagnesiämie empfohlen (Klasse IIb) • Bretylium wurde von den »Guidelines 2000« aus der Liste der zu empfehlenden Antiarrhythmika aufgrund einer hohen Inzidenz von Nebenwirkungen gestrichen (Klasse IIb in III) • Atropin hat einen festen Platz in der Behandlung hämodynamisch wirksamer Bradyarrhythmien, bei der pulslosen elektrischen Aktivität (PEA) und der elektromechanischen Entkoppelung (EMD). Auch bei einer Asystolie wird Atropin in einer Dosis von 3 mg i.v. (6 mg endotracheal) empfohlen, um die Auswirkungen eines hohen Vagotonus zu antagonisieren • Adenosin ist Mittel der Wahl (Klasse IIa) bei supraventrikulären Tachykardien (SVT) mit schmalen Kammerkomplexen. SVT mit Pulslosigkeit sollten mittels Kardioversion therapiert werden

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Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation

Puffersubstanzen

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• die Applikation von 8,4%igem Natriumbikarbonat (NaHCO3) zählt nach den aktuellen Empfehlungen der BÄK nicht mehr zur Standardtherapie. Im Gegensatz zu früher soll NaHCO3 überhaupt erst nach einer Reanimationsdauer von mehr als 20 min in der reduzierten Dosis von 0,5 mval/kg gegeben werden • das ERC sieht die Indikationen bei schwerer Azidose (pH 95

SMZ/TMP: Sulfamethoxazol/Trimethoprim

Dosis

Schema zur Dosierung von Antibiotika bei Niereninsuffizienz und Nierenersatzverfahren (NEV) • ab 25% renalem Anteil an der Gesamt-Clearance der Substanz ist ein Nierenersatzverfahren von Relevanz • Initialdosierung wie bei normaler Nierenfunktion (Ausnahme Aminoglykoside, hier evtl. keine Einmalgabe, sondern Applikation in 3 ED, ab 2. Tag um ca. 50% Dosis reduzieren und ab 3. Tag Spiegelbestimmung) • Dosis wie bei Anurie plus Substitutionsdosis • weitere Dosierung nach Freiburger Liste von Keller oder Wiener Liste von Thalhammer (s. Kap. Anhang, nur bei Substanzen mit klar definierten Wirkspiegel, geringer Toxizität, keine Membraninteraktion) Ausnahmen: – Vancomycin: initial 15–20 mg/kg KG, ab 2. Tag 250–500 mg alle 12 h (keine Elimination bei klassischer Dialyse) – Piperacillin/Tacobactam: HF-Clearance von Piperacillin > Tazobactam deshalb Piperacillin intermittierend ohne Tazobactam • Unveränderte Dosierung von: – Katecholaminen – Rifampicin – Chloramphenicol – Clindamycin – Ceftriaxon* – Metronidazol* – Doxycyclin* – Erythromycin* * Dosierung wie bei Anurie!

188

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Kombinationen von Antibiotika

Nach chemischer Struktur

Kombination von 2 oder 3 verschiedenen Antibiotika aufgrund • synergistischer Wirkungen mit evtl. Möglichkeit der Dosisreduktion der einzelnen Antibiotika • Wirkspektrumerweiterung • Verzögerung von Resistenzentwicklung

Beta-Laktam-Antibiotika beispielsweise sind Antibiotika mit einem β-Laktam-Ring. Zu ihnen zählen: • Penicilline • Cephalosporine (1.–4. Generation) • Carbapeneme • Monobactame

Benzyl-Penicilline

Phenoxy-Penicilline (Oralpenicilline)

Isoxazolyl-Penicilline (Staphykokokken-Penicilline)

Penicillin G (Penicillin G)

Penicillin V (Isocillin) Propicillin (Baycillin)

Oxacillin (Stapenor) Dicloxacillin (Dichlor-Stapenor) Flucloxacillin (Staphylex)

Amino-Penicilline

Carboxy-Penicilline

Ureido-Penicilline (Azylaminopenicilline)

Ampicillin (Binotal) Amoxicillin (Clamoxyl) Bacampicillin (Penglobe)

Ticarcillin (Betabactyl) Temocillin (Temopen)

Azlocillin (Securopen) Mezlocillin (Baypen) Piperacillin (Pipril) Apalcillin (Lumota)

Cephalosporine 1. Gen.

Cephalosporine 2. Gen.

Cephalosporine 3. Gen.

Cephalosporine 4. Gen.

Cephalosporin 5. Gen.

Cefazolin (Gramaxin) Cefazedon (Refosporin)

Cefamandol (Mandokef ) Cefuroxim (Zinacef ) Cefotiam (Spizef ) Cefoperazon (Cefobis) Cefotetan (Apatef )

Cefotaxim (Claforan) Ceftriaxon (Rocephin) Cefmenoxim (Tacef ) Ceftizoxim (Ceftix) Ceftazidim (Fortum) Cefodizim (Opticef ) Cefsoludin (Pseudocef )

Cefepim (Maxipime) Cefpirom (Cefrom in Österreich)

Cefoxitin (Mefoxitin)

11

Einteilung nach Paul-Ehrlich-Gesellschaft.

Die oralen Cephalosporine sind weiter unten separat abgehandelt! Monobactame

Carbapeneme ( Thienamycine)

Aminoglykoside

Aztreonam (Azactam)

Imipenem (Zienam) Meropenem (Meronem) Ertapenem (Invanz) Faropenem (Phase-III)

Streptomycin (Streptomycin) Gentamicin (Refobacin) Tobramycin (Gernebcin) Netilmicin (Certomycin) Amikacin (Biklin)

Tetracycline

Chinolone (Fluorochinolone, Gyrasehemmer)

Lincosamine

Doxycyclin (Vibramycin) Tetracyclin (Hostacyclin) (oral) Oxytetracyclin (Terravenös) Rolitetracyclin (Reverin) Minocyclin (Klinomycin)

Ofloxacin (Tarivid) Ciprofloxacin (Ciprobay) Pefloxacin (Peflacin) Norfloxacin (Barazan, Bactracid) Enoxacin (Gyramid) Fleroxacin (Quinodis) Levofloxacin (Tavanic) Sparfloxacin (Zagam) Moxifloxacin (Avalox) Gatifloxacin (Bonoq) Clinafloxacin

Clindamycin (Sobelin) Lincomycin (Albiotic)

Makrolide

11

189

Infektiologie

Nitroimidazole

Glykopeptide

Azalide Azithromycin (Zithromax)

Erythromycin (Erythrocin)

Metronidazol (Clont)

Vancomycin (Vancomycin)

Roxithromycin (Rulid)

Tinidazol (Simblotan)

Teicoplanin (Targocid)

Clarithromycin (Klacid) Spiramycin (Rovamycine) Josamycin (Wilprafen)

Tuberkulostatika

Streptogramine

Oxazolidinone

Isoniazid (Isozid)

Dalfopristin/Quinupristin (Synercid)

Linezolid (Zyvoxid)

Rifamycin (Rifa) Ethambutol (Myambutol) Streptomycin

Ketolide

Glycylcycline

Telithromycin (Ketec)

Tigecyclin (in den USA bereits zugelassen)

• Mezlocillin und Piperacillin wirken gut bei Enterokokken, Enterobacteriaceae und Pseudomonas aeruginosa (gilt nur für Piperacillin) HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

Penicillin G

0,5

45–50

50–70

Flucloxacillin

1

95

75

20

ca. 30 70–80 p.o. 60 i.v.

Charakteristika der Antibiotikagruppen Penicilline • Wirkspektrum: grampositive und gramnegative Kokken; Mittel der ersten Wahl bei Streptokokken, Pneumokokken, Meningokokken, Borrelien, Leptospiren, Clostridien • Wirklücke: Enterokokken und Enterobakterien (gilt nicht für die Breitspektrum-Penicilline), Bacteroides fragilis, Pseudomonas aeruginosa, Legionellen, Mykoplasmen, Chlamydien • HWZ: 0,5–1,5 h; Verteilungsvolumen: 0,2 l/kg; Plasmaproteinbindung: 60% • Elimination: bis zu 90% unverändert renal (tubuläre Sekretion) • dialysierbar (Zusatzdosis bei HD: ≈ 1–2 Mio. IE) • bis zu 2% der Pneumokokken sind resistent bzw. bis zu 5% sind nur intermediär sensibel gegenüber Benzylpenicillin (Penicillin G) • Menigokokken sind hingegen zu 96% sensibel auf Benzylpenicilline, Ampicillin und Amoxicillin wirken gut bei Enterokokken und Listerien, werden jedoch hingegen von Beta-Laktamase-produzierenden Bakterien inaktiviert (z. B. Staphylokokken, Moxarella, Bacteroides fragilis und viele Enterobacteriacae)

Ampicillin 1 Piperacillin

1,0

20

68

Mezlocillin

0,9

30

55

Cephalosporine (1.–5. Generation nach Paul-Ehrlich-Gesellschaft) • Wirkspektrum: – 1. und 2. Generation: überwiegend grampositive Kokken: Staphylokokken und Streptokokken (einschl. Penicillin-resistenter Stämme) sowie Gono- und Meningokokken, Hämophilus influenzae (2. Gen.) auch noch Indolpositive Proteusarten, Moraxella catarrhalis, Klebsiellen und E. coli – 3. Generation: Verschiebung des Wirkspektrums in den gramnegativen Bereich 3 a ohne Pseudomonas-Aktivität (Cefotaxim, Ceftriaxon, Cefodizim, Cefmenoxim, Ceftizoxim) und

190

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

3 b mit Pseudomonas-Aktivität (Ceftazidim,

Cesoludin, Cefoperazon) – 4. Generation: Wirkspektrum ähnlich wie Cefotiam, jedoch bessere Aktivität auf Pseudomonas aerug., Enterobakterien und Methicillin-sensible Staphylokokken und Streptokokken. Einziger Vertreter ist das Cefepim. – 5. Generation: Wirkspektrum auch auf Anaerobier. Im gramnegativen Bereich etwas schwächer wirksam als die Vertreter der Gruppe III. Einziger Vertreter ist das Cefoxitin. • Wirklücke: (1.–4. Gen.) Enterokokken, Anaerobier (Ausnahme: Cefotetan und Cefoxitin!) und Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA), Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination

11

HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

Cefomandol

1

70

80

Cefuroxim

1,5

30

95

Ceftazidim

2

10

100

6–9

95

50 (überwiegend hepatische Elimination)

Ceftriaxon

• Elimination: vorwiegend renal → relative Nephrotoxizität der Cephalosporine der 1. Generation ! Cave: Kreuzreaktion bei Penicillinallergie möglich (ca. 10%)

β-Laktam-Inhibitoren • Wirkspektrum: Substanz besitzt selbst keine antimikrobielle Eigenschaft, sondern antagonisiert nur die von den Bakterien sezernierten und den β-Laktam-Ring spaltende Enzyme • Kombination mit Ureidopenicillin (Ampicillin, Piperacillin) • Wirkstärke: Tazobactam = Clavulansäure > Sulbactam

HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination

Tazobactam Clavulansäure Sulbactam

HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

1 1 1

23 20 38

80 40–60, 80–90 p.o. 100

Aminoglykoside • Wirkspektrum: gramnegative Bakterien sowie Staphylokokken, Pseudomonas aeruginosa und alle Enterobakterien • Wirklücke: Enterokokken, Anaerobier, Streptokokken-Pneumokokken und bestimmte Pseudomonasarten (Pseudomonas bzw. Burgholderia cepacia und Stenotrophomonas maltophilia) • sinnvolle Kombination mit β-Laktamantibiotikum oder Fluorochinolon • HWZ: 2–3 h, Verteilungsvolumen: 0,25 l/kg, Plasmaproteinbinding: 10–25% • Elimination: nahezu vollständig renal • Toxizität: – ototoxisch (irreversibler Hörverlust im höheren Frequenzbereich) und – nephrotoxisch (rezeptorgekoppelte Anreicherung an die Nierentubuli) → die Nephrotoxizität wird verstärkt durch Hypovolämie, Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, vorbestehenden Nierenschaden und hohes Lebensalter ! Cave: Interaktion mit Diuretika, Amphotericin B und Cisplatin!

Verstärkung der Wirkung von nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien • gegenwärtiges Dosierungsregime: nur noch Einmalgabe, aufgrund des Phänomens der ersten Dosis → Abnahme der Antibiotikapenetration ins Bakterium nach der ersten Antibiotikagabe! – Eimalgabe führt auch zu einer geringeren Ototoxizität (Niere kann sich während den Applikationsphasen wieder erholen) – geringe therapeutische Breite → Bestimmung des Talspiegels (< 0,5 mg/dl) kurz vor der nächsten Gabe (Drugmonitoring) • des weiteren ist die bakterizide Wirkung der Aminoglykoside konzentrationsabhängig (je höher

191

Infektiologie

die Konzentration über der minimalen Hemmkonzentration [MHK], um so wirksamer ist dieses Antibiotikum) und der sog. postantibiotische Effekt (PAE) → Wirkung auch unter der MHK; ist von der Ausgangskonzentration abhängig!)  bis zum heutigen Tag sind keine Resistenzentwicklungen auf Aminoglykoside bekannt geworden  die Aminoglykoside sollten nicht simultan mit einem Penicillinpräparat gegeben werden (Spaltung des β−Laktam-Ringes!)  eine Ausnahme von der heute praktizierten Einmalgabe ist die Endokarditis, bei der das Aminoglykosid zusammen mit dem zweiten Antibiotikum über den Tag verteilt verabreicht wird (meist 3-mal/Tag)

Glykopeptidantibiotika • Wirkspektrum: Staphylokokken, Streptokokken (auch S. faecalis), Corynebacterien, Listeria monocytogenes und Clostridien • Wirklücke: gramnegative Bakterien • Nebenwirkung: Nephro- und Ototoxizität→ Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz → Drugmonitoring: Bestimmung von Tal- (5–10 mg/l) und Spitzenspiegel (30–40 mg/l); Red-neck- bzw. Red-man-Syndrom HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination

Vancomycin Teicoplanin

HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

6 >24

50 90

95 95

11

Chinolone (Gyrasehemmer) • Wirkspektrum: Hämophilus influenzae (Ofloxacin/Fleroxacin) → hohe Konzentration im Bronchialsekret; Enterobakterien, Salmonellen, Shigellen, Legionellen, Yersinien, Campylobacter, außerdem Pseudomonas aeruginosa (Ciprofloxacin) • Wirklücke: Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken, Anaerobier (gilt nicht für die neueren Substanzen und Moxifloxacin und Gatifloxacin), Clostridium difficile, Pseudomonas cepacia, Stenotrophomonas maltophilia, E. faecium, Nokardien • HWZ: 3–4 h (Ciprofloxacin), 6 h (Ofloxacin), 6–8 h (Levofloxacin) Verteilungsvolumen 2–2,5 l/kg, Plasmaproteinbindung: 20–30%, vorwiegend renale Elimination • Nebenwirkung: Diarrhö, Krampfanfall, Vigilanzstörung, Halluzination, Phototoxizität, Hypotonie, Granulo- und Thrombopenie, AP-, Transaminasen- und Bilirubin-Anstiege, Tendopathien, Theophyllin- und Ciclosporinspiegelanstieg unter Ciprofloxacin  für Kinder aufgrund von Knorpelschäden nicht zugelassen  Chinolone sind ähnlich wie Aminoglykoside Spitzenspiegelantibiotika, d.h ihr bakterizider Effekt ist nicht so sehr von der Aufrechterhaltung eines langanhaltenden Serumspiegels über der mittleren inhibitorischen Konzentration, sondern von einem einmalig hohen Wirkspiegel abhängig. Daher geht der Trend bei einigen Präparaten zur einmaligen Chinolongabe z. B. 1mal 500 mg Levofloxacin (Tavanic) anstatt 2mal 250 mg!

Einteilung der Chinolone nach der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (1998) in 4 Gruppen Gruppe

Gruppenmerkmal

Erreger

Substanz

I

orale Fluorchinolone für den Harnwegsinfekt

gramnegative

Pefloxacin, Norfloxacin, Lemofloxacin

II

systemisch anwendbare Fluorchinolone mit breiter Indikation

plus Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken

Enoxacin, Fleroxacin, Ofloxacin, Ciprofloxacin

III

verbesserte Aktivität gegen grampositive und atypische Erreger

plus Pneumokokken, Chlamydien, Mykoplasmen, Legionellen

Levofloxacin, Sparfloxacin

IV

verbesserte Aktivität gegen grampositive und atypische Erreger sowie Anaerobier

plus Anaerobier

Moxifloxacin, Gatifloxacin (zukünftig Gemifloxcin, Sitafloxacin, Clinafloxacin und Garenoxacin)

192

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Carbapeneme • Wirkspektrum: breitestes Spektrum mit Erfassung der meisten gramnegativen Aerobier (Hämophilus, Klebsiellen, Enterobacter spp., Campylobacter, Neisserien, Moraxella spp., E. coli, Bordetella, Acinetobacter) und Anaerobier (Bacteroides-Arten, Fusobakterien, Clostridien, Aktinomyces, Bifidobacterium Peptoccos spp.) sowie grampositive Keime (Staphylococcus aureus und epidermidis, Listerien, Nokardien, Enterococcus faecalis) • Wirklücke: natürliche Resistenz von Stenothrophomonas (Xanthomonas) maltophilia und Methicillin-resistente Staphylokokken, einige Stämme von Pseudomonas cepacia und Enterococcus faecium, Chlamydien und Mykoplasmen. Meronomen wirkt etwas besser im gramnegativen Bereich bei gleichzeitiger Lücke bzgl. Enterococcus faecalis; Imipenem hat etwas bessere Wirkung auf grampositive Kokken (n. Rodloff) HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination

11

HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

Imipenem

1

25

70

Meropenem

1

15

70

4,3

>90

80

Gruppe 1

Gruppe 2 Ertapenem

! Imipenem wirkt besser auf grampositive Keime, während Meropenem und Ertapenem besser auf gramnegative Keime bakterizid wirken!

• Biotransformation: überwiegend renale Ausscheidung • Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, Krampfanfalle (Zienam), dermatologische Nebenwirkungen (Exanthem bis Steven-Johnson-Syndrom) Vigilanzstörung, Halluzination, Blutbildveränderungen (Thrombozytose, Agranulozytose, Thrombopenie), Verlängerung der Prothrombinzeit, Leberwerterhöhung (AP-, Transaminasen-, Bilirubinanstiege), Erhöhung von Retentionswerten (Kreatinin, Harnstoff)  Neuentwicklungen: Faropenem

Einteilung der Carbapeneme nach der PaulEhrlich-Gesellschaft (2003) in drei Gruppen Gruppe

Handelname

Substanz

Besonderheiten

I

Zienam, Meronem

Imipenem/ Cilastatin, Meropenem

gute Wirksamkeit gegen Non-Fermenter (P aeruginosa, Acinetobacter spp.)

II

Invanz

Ertapenem

begrenzte Wirksamkeit gegen Non-Fermenter

III

?

1b-MethylCarbapenem

wirksam auch gegen MRSA!

Tetracycline • Wirkspektrum: grampositive (Strepto-Pneumokokken, Listerien) und zahlreiche gramnegative Bakterien (Hämophilus, Brucellen, Yersinien, Neisserien, Campylobacter), Spirochäten und intrazelluläre Keime wie Mykoplasmen und Chlamydien sowie Plasmodium falciparum (Cave: Photosensibilisierung im Urlaub!) • Wirklücke: Proteus, Enterobacter, Serratia-Arten und Pseudomonas aeruginosa • HWZ: 12–24 h (Doxycyclin und Minocyclin), 10 h (Tetrazyklin) • Biotransformation bis zu 30%, Elimination biliär und renal • Nebenwirkungen: Diarrhö, Krampfanfall, Vigilanzstörung, Halluzination, Phototoxizität, RR↓, Granulo-Thrombopenie, AP-, Transaminasen-, Bilirubinanstiege, Speicherung in Knochen (Wachstumsstörung!) und Zähnen (Zahnschmelzhypoplasie, Verfärbung der Zähne) → Anwendung nur bei Kindern > 8 J. ! Cave:

10–30% der Staphylokokken und Streptokokken sind resistent (Austestung!)

Makrolide • Wirkspektrum: Legionellen-, Chlamydien- und Mykoplasmeninfektionen (Mittel der ersten Wahl bei atypischer Pneumonie), Streptokokken inkl. Pneumokokken sowie Bordetella pertussis, bei Clarithromycin zusätzlich Hämophilus influenzae

193

Infektiologie

• Wirklücke: Enterobakterien, Pseudomonas und Enterokokken, Bacteroides fragilis, Haemophilus influenzae, Fusobakterien HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination HWZ (h)

a

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

Erythromycin

1,5

70

10

Clindamycin

2,5

90

10

Azithromycin

48–96

12–52a

11

konzentrationsabhängig

• Nebenwirkungen: Interaktion mit dem P450System der Leber (Spiegelerhöhung von Theophyllin, Carbamazepin und Digoxin); QT-Zeitverlängerung und Gefahr der ventrikulären Arrhythmie unter simultaner Einnahme von Astemizol oder Terfenadin! ! Cave:

Akkumulation bei ausgeprägten Leberfunktionsstörungen, 10–15% der Pneumokokken sowie Streptokokken der Gruppe A und ca. 20–50% der Enterokokken sind in Deutschland auf Makrolide resistent!

• Wirkspektrum: Anaerobier (Cave: 10–20% der Bacteroides fragilis sind resistent), grampositive Kokken (Cave: 15–30% der Staphylokokken sind resistent), Nokardien, Mykoplasmen, Diphteriebakterien • Wirklücke: MRSA, MRSE, Enterokokken, Enterobactericae; E. coli, Klebsiellen, Haemophilus influenzae, Neisserien, Ureoplasma ureolyticum HWZ, Plasmaproteinbindung, renale Elimination

! Cave:

Streptogramine • neue Wirkstoffklasse mit der seit 5/2000 zugelassenen, bakteriozid wirksamen Substanzkombination von Dalfopristin/Quinupristin (Synercid) im Verhältnis 70:30 zur Behandlung von Krankenhausinfektionen. Die Kombination bewirkt eine 10fach höhere antibakterielle Wirkung als die der Einzelsubstanzen • Wirkspektrum: grampositive Keime (insbesondere bei Knochen- und Gelenkinfektionen), inkl. Enterococcus faecium, MRSA und GISA sowie Haemophilus influenzae, M. catarrhalis, Neisserien und atypische Erreger wie Mykoplasmen, Chlamydien und Legionellen • Wirklücke: Enterococcus faecalis sowie bestimmte weitere Enterokokkenarten (E. avium, E. casseliflavus, E. durans, E. gallinarum) und die meisten gramnegativen Keime (vor allem Pseudomonaden) • Wirkmechanismus: Hemmung der bakteriellen Proteinbiosynthese • Nebenwirkungen: Venenreizung, Myalgien/Arthralgien • Metabolismus: überwiegend extrarenale Elimination (Ausscheidung zu 80% über Fäzes), keine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz notwendig ! Cave:

Lincomycine

Clindamycin

11

HWZ (h)

Proteinbindung (%)

Renale Elimination (%)

2,5

90

10

In 5–10% gastrointestinale NW und selten Selektion von Clostridien difficile (blutige Durchfälle)

Synercid hemmt das Cytochrom P450 3A4 (Wirkverlängerung von Medikamenten wie z. B. Midazolam, Nifedipin, Cylosporin A, Indinavir), Kontraindikation für Patienten mit eingeschränkter hepatischer Funktion

• langer postantibiotischer Effekt (Anreicherung in Makrophagen!) • nur intravenöse Applikation über ZVK (Venenreizung) in einer Dosierung von 3-mal 7,5 mg/ kg (Erwachsene) oder 2-mal 7,5 mg/kg (Kinder) möglich • Nebenwirkungen: Myalgien, Arthralgien, Phlebitis, Bilirubinanstieg

Oxazolidinone • neue Wirkstoffklasse mit dem bakteriostatisch wirksamen Präparat Linezolid (Zyvoxid); hohe

194



• • • •



Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Wirkspiegel in der Lunge aufgrund einer 4,5fachen Anreicherung, keine Interaktion mit dem Cytochrom P450 Wirkspektrum: Staphylokokken (inkl. MRSA, MRSE und GISA), Streptokokken (inkl. Penicillin-resistente Pneumokokken), Enterokokken (inkl. VRE) sowie Corynebakterien, Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen und Neisserien keine Kreuzresistenz zurzeit bekannt Wirklücke: gramnegative Keime Wirkmechanismus: Hemmung der Proteinbiosynthese in der Frühphase Nebenwirkungen: vorwiegend gastrointestinale Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhöen sowie Kopfschmerzen, selten reversible Myelosuppression intravenöse und orale Applikation als Suspension oder in Tablettenform (100%ige Bioverfügbarkeit) möglich (Dosis 2-mal 600 mg/Tag, keine Dosisanpassung bei Nieren- oder Leberfunktionsstörungen)

! Cave:

11

Erste Resistenzen in den USA seit 2001 beschrieben (Lancet 2001; 358: 207–208)!

Ketolide • einziger gegenwärtiger Gruppenvertreter ist das Telithromycin (Ketec) • Wirkspektrum: vor allem Makrolid-resistente Pneumokokken bzw. Streptokokken, daher Einsatz bei ambulant erworbenen Pneumonien, auch Chlamydien und Mykoplasmen • Wirklücke: koagulasenegative Staphylokokken, MRSA, Enterokokken, Enterobakterien, Pseudomonaden, B.-fragilis-Gruppe, Clostridium difficile • HWZ: 2–3 h, Bioverfügbarkeit: 57%, Eiweißbindung ca. 70% • Biotransformation in der Leber und Ausscheidung überwiegend über Fäzes (76%) und nur 17% renal → keine Dosisanpassung bei NI (nur leichte Akkumulation) • Nebenwirkungen: Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen, Transaminasenanstieg • Dosis: 1 mal 2 Tbl. à 400 mg (=800 mg tgl.) p.o.

• Wechselwirkung: Hemmung von Cytochrom P450 3A4 und 2D6 (Wirkverlängerung von Medikamenten wie z. B. Midazolam, Nifedipin, Ciclosporin A, Digoxin, Simvastatin)

Glycylcycline • einziger gegenwärtiger Gruppenvertreter ist das intravenös applizierbare Tigecyclin (Tygacil), einem synthetischem Analogon des Minozyklins, einem Tetrazyklin • Wirkspektrum: grampositive und gramnegative Bakterien, Anaerobier sowie atypische Bakterien; starke Aktivität auch gegenüber MRSA, VRE, Penicillin-resistente Pneumokokken und Tetrazyklin-resistente Bakterien • Wirklücke: evtl. Pseudomonas aeruginosa, evtl. Burkholderia cepacia • Wirkmechanismus: 5fach höhere Affinität zu bakteriellen 30S-Ribosomen als Tetrazykline → Hemmung der Proteinbiosynthese aufgrund der Blockade der Anlagerung der Amino-AcylTransferase-RNA an die A-Seite der Ribosomen, langer postantibiotischer Effekt • HWZ: 36 h, Eiweißbindung ca. 68%, hohes Verteilungsvolumen: 7–10 l/kg KG • Biotransformation: 1 Wo): 100 mg/kg/Tag in 4 Dosen

nicht bei Infektion durch Methicillin-resistente Staphylococcen (MRSA), dann Clindamycin, Vancomycin, Teicoplanin, Fosfomycin oder Fusidinsäure bevorzugen NW.: GOT, GPT, AP, γ-GT ↑

Dicloxacillin (Dichlor-Stapenor)

4mal (0,25-)0,5 g p.o., i.m., i.v.

bessere Resorption als Oxacillin

Flucloxacillin

4mal 0,5–1–2 g p.o., i.m., i.v.

(Staphylex)



196

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Dosis

Bemerkungen

Breitspektrum-Penicilline Ampicillin (Binotal, Amblosin)

3–4mal (0,5-) 2,0 g i.v. Kinder: 150–200 (400) mg/ kg/Tag in 4 ED oral: nur 40% Resorptionquote → Schädigung der Darmflora

wirkt nicht bei: Staph. aureus, Klebsiellen typischer Selektionskeim: Klebsiellen wirkt gut auf Enterokokken!

Amoxicillin (Amoxypen, Clamoxyl)

3–4mal 750 mg p.o. 3mal 1(-2) g i.v. 4mal 500 mg p.o. bei Ulcus und Heliobacter pylorii-Nachweis 80% orale Resorption

Mittel der ersten Wahl bei Enterokokken-, Listerien- und Salmonelleninfektionen. Amoxicillin + Clavulansäure s. unten 2–3mal bessere enterale Resorption als Ampicillin, weniger GIT-Störungen

Mezlocillin (Baypen)

3mal 2–5 g i.v.

gallengängig Spektrum: Anaerobier, Enterococcen, Enterobacterien, Pseudomonas aeruginosa Wirklücke: Klebsiellen und Staph.

Pseudomonas – aktive Penicilline Azlocillin (Securopen)

3–4mal 2–5 g i.v.

Wirklücke: Staph.aureus, Klebsiellen; Enterococcus faecium

Piperacillin (Pipril)

3mal 2–4 g i.v. K: 100–300 mg/kg/Tag in 4 Einzeldosen

Piperacillin + Tazobactam→Tazobac breites Wirkspektrum Wirklücke: Methicillin-resist.Staph., Enterokokken, Clostridium diff., Listeria mono., Campylobacter. Empfindlichkeit variiert: Pseudomonas spp., Acinetobacter spp.

s. auch Ceftazidim, Aminoglykoside β-Laktamaseantibiotika plus β-Laktamaseinhibitoren

11

Piperacillin 4 g + Tazobactam 0,5 g ( Tazobac 4,5 g)

2 (–3)mal 4,5 g i.v. ab Krea 3,3 mg/dl 2mal tgl.

unterschiedlich empfindlich auf: Pseudomonas aeruginosa (8–15% resistent), Bacteroides frag. (1% resistent), Serratia marcescens; Enterobacter und Klebsiellen (10–20% resistent!), Anaerobier Wirklücke: methicillin-resistente Staphylokokkus aureus, Enterococcus faecium

Amoxicillin + Clavulansäure (Augmentan)

3mal 625–1250 mg p.o.; 1Tbl.= 0,5 g Amoxicillin + 0,125 g Clavulansäure 3–4mal 1,2–2,2 g i.v.

Wirkspektrum wie Ampicillin, erweitert auf Anaerobier und β-Lactamase-Bildner (Staphyl.) wirkt nicht auf Citrobacter spp., Enterobacter, Pseudomonas spp., Serratia spp., Providentia spp., Morganella morganii

Ampicillin + Sulbactam (Unacid)

3-mal 3 g i.v

Wirkspektrum wie Ampicillin, erweitert auf Anaerobier und β-Laktamase-Bildner (Staphyl.)

Sultampicillin (Unacid PD oral)

2-mal 375–750 mg p.o. 1Tbl.= 0,5 g Ampicillin + 0,25 g Sulbactam p.o.

Ticarcillin + Clavulansäure (Betabactyl)

3–4mal 3,2–5,2 g i.v.

Carboxypenicillin Temocillin ( Temopen)

2mal 0,5–2 g i.v./i.m.

lange HWZ

Parenterale Cephalosporine Cephazolin (1.Gen.) (Gramaxin) ▼

3mal 1–2 g i.v. Kinder: 25–100 mg/kg/Tag in 3–4 Dosen

gutes grampositives Wirkspektrum

197

Infektiologie

11

Dosis

Bemerkungen

Cefamandol (2.Gen.) (Mandokef )

3mal 2 g i.v.

Vitamin K-Stoffwechselstörung (Gerinnungstörung) → Konakion-Gabe, bevorzugt in der Gefäßchirurgie

Cefoxitin (5.Gen.) (Mefoxitin)

3mal 1–2 g i.v.

wirkt auch auf Anaerobier, inklusive Bacteroides fragilis  Cave: Induktor von β-Laktamasen

Cefuroxim (2.Gen.) (Zinacef )

3mal 1,5 g i.v. (Kinder: 100 mg/kg/Tag in 2–3 ED)

perioperativ bei ACVB/MCB (2mal 1,5 g), bei Klappen-Op. und Fremdmaterialimplantation für 3 Tage! Resistenzen bei: Pseudomonas spp., Legionellen, Serratia, Acinetobacter, Bacteroides, Listerien, indol-pos. Proteus, Clostridien, Enterokokken, Campylbacter und MRSA

Cefotiam (2.Gen.) (Spizef )

3mal 2 g i.v.

wirkt auch auf Enterobakterien

Ceftriaxon (3a.Gen.) (Rocephin)

am 1. Tag 2mal 2 g, dann 1mal 2 g i.v. Kinder: 50–100 mg/kg/Tag in 1mal Dosis

gallengängig (35–40%), Kombination meist mit Metronidazol längste HWZ d. Cephalosporine: 6–9 h gegenüber 1–2 h bei den anderen Cephalosporinen

Cefotaxim (3a.Gen.) (Claforan)

3mal 2 g i.v. Kinder: in 3–4 Dosen

50–200 mg/kg/Tag

Cefmenoxim (3a.Gen.) (Tacef )

3mal 1–2 g i.v.

Ceftazidim (3b.Gen.) (Fortum)

2 (–3)mal 2 g i.v.

»Pseudomonas-Antibiotikum«, bei vermutlicher Anaerobierbzw. Staph.-Beteiligung mit Clindamycin

Cefepim (4.Gen.) (Maxipime)

2mal 1,0 – 2,0 g i.v.

Wirkspektrum ähnlich wie Cefotiam, jedoch bessere Aktivität auf Pseudomonas aerug., Enterobakterien, methicillin-sensible Staphylokokken und Streptokokken

! Inter Cefotaxim- oder Ceftriaxon-Therapie besteht die Möglichkeit der Selektion von Enterobacter cloacae! Des Weiteren Selektion von Vancomycin-resistenten Enterokokken (Cave: bei primärer Gabe von Cephalosporin und sekundär Vancomycin z. B. im Rahmen einer pseudomembranösen Kolitistherapie) Orale Cephalosporine (⊡ Abb. 11.1) Gruppe 1 Cefalexin (500 mg) (Cefporexin oder Oracef )

3-mal 1,0 g p.o.

Kinder: 25–100 mg/kg/Tag

Cefadroxil (500 mg) (Bidocef, Grüncef )

2-mal 1,0 g p.o.

Kinder: 50–100 mg/kg/Tag

Cefaclor (500 mg) (Panoral, Cefallone)

3-mal 0,5–1,0 g p.o.

eingeschränkte Aktivität gegenüber Hämophilus influenzae Kinder: 30–50 (–100) mg/kg/Tag

Gruppe 2 Cefuroxim-Axetil (250 mg) (Elobact, Zinnat)

2-mal 250–500 mg p.o.

Einnahme nach dem Essen (höhere Bioverfügbarkeit!), gute Aktivität gegen Haemophilus influenzae und gramneg. Keime Kinder: 20–30 mg/kg/Tag

Loracarbef (400 mg) (Lorafem)

2-mal 200–400 mg p.o.

Kinder: 15–30 mg/kg/Tag

1- bis 2-mal 200–400 mg p.o.

Wirklücke: Enterokokken, Staphylokokken, Bacteroides fragilis, Pseudomonas aeruginosa bessere Aktivität gegenüber gramnegativen Keimen Kinder: 8–12 mg/kg/Tag

Gruppe 3 Cefixim (200 mg) (Cephoral, Suprax) ▼

198

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Dosis

Bemerkungen

Cefpodoxim (200 mg) (Orelox, Podomexef )

2-mal 200–400 mg p.o.

Kinder: 5–12 mg/kg/Tag Cave: eingeschränkte Aktivität gegenüber Staphylokokken

Ceftibuten (200 mg) (Keimax)

1-mal 400–800 mg p.o.

Kinder: 9 mg/kg/Tag Cave: eingeschränkte Aktivität gegenüber Pneumokokken und Streptokokken

Cefetamet (500 mg) (Globocef )

2-mal 500 mg p.o.

Kinder: 10–20 mg/kg/Tag

Carbapeneme bzw. Thienamycine Imipenem + Cilastatin (Zienam)

3-mal 0,5 g bis 3-mal 1 g i.v. evtl. auch 2 g kontinuierlich intravenös über 24 h; Kinder: 4-mal 15 mg/kg/Tag max. 4 g bzw. 2 g bei Kindern

Cave: Selektion von Stenotropomomas maltophilia!! Lücke bei: Enterokokken, Legionellen, Pseudomonas maltophilia u. cepacia sowie Methicillin-resist. Staphylokokken → Kombination mit Gykopeptidantibiotikum Vancomycin oder Teicoplanin Cave: Krampfanfälle! (1–3%) Antibiotikum der engeren Wahl bei nekrotisierender Pankreatitis Cilastation hemmt die Dihydropeptidase, wodurch die Bildung eines nephrotoxischen Imipenemabbauprodukts verhindert wird

Meropenem (Meronem)

3-mal 0,5 g bis 3-mal 1 g i.v. 2-mal 2,0 g bei Meningitis

(kein Cilastatin notwendig) geringeres Krampfpotential

Ertapenem (Invanz)

1-mal 1,0 g i.v.

zugelassen für die ambulante Pneumonie und intraabdominelle Infektionen schneller bakterizider Effekt



11

Staph. aureus

Strepto. pyogenes

Strepto. pneumoniae

H. influenzae

M. catarrhalis

E. coli, K. pneumoniae, P. vulgaris

P.vulgaris und andere Enterobacteriaceae

Gruppe 1 Cefalexin (Oracef, Ceporexin, Cephalex) Cefadroxil (Bidocef, Grüncef, Cefdrox) Cefaclor (Panoral, Cefallone)

Gruppe 2 Cefprozil (in Deutschland nicht zugelassen). Loracarbef (Lorafem) Cefuroximaxetil (Zinnat, Elobact)

Gruppe 3 Cefpodoxim (Orelox, Podomexef) Cefetametpivoxil (Globocef) Ceftibuten (Keimax) Cefixim (Cephoral, Suprax)

Keine oder eingeschränkte Wirksamkeit Gute Wirksamkeit ⊡ Abb. 11.1. Wirkspektrum der oralen Cephalosporin-Gruppen (mod. nach Scholz et al. PEG 6/1999)

eingeschränkte Wirksamkeit

199

Infektiologie

11

Dosis

Bemerkungen

3- bis 4-mal 1,0 g i.v. mit oder vor der eigentlichen Antibiotikagabe

nur in Kombination sinnvoll, da selbst keine antibakterielle Wirkung

β-Lactamasehemmer Sulbactam (Combactam) Clavulansäure

in Augmentan, hepatotoxisch

Tazobactam

in Tazobac

Durch die Zugabe von β-Laktamase-Inhibitoren kann das Spektrum auf folgende β-Laktamase-bildenden Erreger ausgeweitet werden: • bei den Penicillinen auf MSSA, Moxarella catarrhalis, Haemophilus influenza, Klebsiellen, E. coli, Proteus, Gonokokken und die Bacteroides-fragilis-Gruppe

• bei den Cephalosporinen auf die Bacteroidesfragilis-Gruppe Sulbactam ist zur Kombination von Mezlocillin, Piperacillin, Cefotaxim und Cefoperazon zugelassen!

Dosis

Bemerkungen

2–3mal 1–2 g i.v.

wirkt nur auf gramnegative Keime! Alternative zu den Aminoglykosiden, keine Anaerobierwirkung

Gentamycin (Refobacin)

1mal 340–400 mg/Tag i.v. (3–5 mg/kg/Tag), dann nach Spiegel

Talspiegel: < 0,5 mg/l, bei Niereninsuffizienz deutl. Dosisreduktion

Tobramycin (Gernebcin)

1mal 340–400 mg/Tag i.v. (3–5 mg/kg/Tag), dann nach Spiegel (intratracheal 3mal 50 mg)

Talspiegel: < 0,5 mg/l, bei Niereninsuffizienz deutl. Dosisreduktion gelegentlich auch intratracheale Anwendung oder Vernebelung (4 mal 80 mg) Wirkung nicht einheitlich beurteilt! Gute Wirkung auf Pseudomonas aeruginosa

Netilmicin (Certomycin)

1mal 400 mg/Tag i.v. (6 mg/kg/Tag), dann nach Spiegel Kinder: 6–7,5 mg/kg (intratracheal 3mal 50 mg)

Talspiegel: < 0,5 mg/l, bei Niereninsuffizienz deutl. Dosisreduktion wirkt gut auf E. coli, Klebsiellen, Proteus, Citrobacter, Pseudomonas aerug. und MRST; vollständige Kreuzresistenz mit Gentamycin und partiell einseitig mit Amikacin

Paromomycin (Humatin)

2,0 g p.o.verteilt auf 4 Dosen

Therapie der hepatischen Enzephalopathie und bei NH3 ↑

2 mal 2g bzw. 4 mal 0,5 g i.v. (40 mg/kg/Tag) über 60 min Kinder: 20–40 mg/kg/Tag in 2 Dosen (bei pseudomembranöser Colitis orale Gabe von 3–4mal 250 mg für 7–10 Tage)

Talspiegel: 5–10 mg/l; Spitzenspiegel: 30–40 mg/l (bei 0,5 g 1 h, bei 1 g 2 h nach Gabe) bei zu schneller Infusion red-neck-Syndrom (Histaminfreisetzung) nicht dialysierbar, bei Anurie 1,0 g alle 1–2 Wochen; unter HF ist eine häufigere Gabe notwendig! Bei pseudomembranöser Kolitis nur für schwere Fälle, sonst Metronidazol bevorzugen!

Monobactame Aztreonam (Azactam) Aminoglykoside

Glykopeptide Vancomycin ( Vancomycin)



200

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Teicoplanin ( Targocid)

Dosis

Bemerkungen

initial 800 mg, dann 1mal (200-) 400 mg/Tag i.v. (ca. 6 mg/kg) CVVHD: 1.T: 800 mg; 2+3 T.: 400 mg, dann 400 mg jeden 2–3 Tag. Kinder: SD: 2mal 10 mg/kg/Tag ED: 1mal 10 mg/kg/Tag

Talspiegel: 5–15 mg/l Gabe mind. 3 Tage über Entfieberung hinaus wirkt nicht auf gramnegative Bakterien! bessere Wirkung auf Enterokokken im Vergleich zu Vancomycin

Fosfomycin (Reserveantibiotikum) Fosfomycin (Fosfocin)

2–3mal 3–5 g i.v.

Spektrum: Staphylokokken, Streptokokken Kl: Hypernatriämie (1g Fosfomycin ^ = 14,5 mmol Na+)

Gyrasehemmer (Chinolone, Fluorochinolone)

11

Ofloxacin ( Tarivid)

2mal 200–400 mg/Tag p.o. oder i.v.

gute orale Resorption Wirklücke: Stenotrophomonas maltophilia, Pseudomonas cepacia, Entercoccus faecalis, Clostridium difficile, Nocardia

Ciprofloxacin (Ciprobay)

2(–3)mal 400 mg i.v. 2mal 0,5 g (0,25) p.o. Unter HDF bzw. HF nur 1mal Gabe

Enteritis, Harnwegsinfekt NW: zentralnervöse Störungen, (Verwirrtheit), in Einzelfällen zerebrale Krampfanfälle; sollte nicht für die Behandlung von nosokomialen Late-onset-Pneumonien eingesetzt werden → möglicherweise Selektion von MRSA Anstieg des Theophyllinspiegels um 25% unter simultaner Anwendung

Fleroxacin (Quinodis)

1mal 400 mg p.o. (Tbl.: 200/400 mg) Unkompl. HWI: 1mal 200–400 mg/Tag od. einmalig 1mal 400 i.v.

akute Exazerbationen einer chron. Bronchitis, kompl. HWI einschl. Pyelonephritis, Haut- u. Weichteilinf. Zusätzl. Filmtbl.: unkompl. HWI, Gonorrhoe, gastrointest. Infektion, Typhus abdominalis

Pefloxacin (Peflacin)

einmalig 2 Tbl. (= 400 mg) p.o.

einmalige Behandlung der unkomplizierten Zystitis, Gonorhoe und Prostatitis sowie perioperative Prophylaxe bei transurethralen Eingriffen bei erhöhter Gefährdung des Patienten durch Infektionen

Norfloxacin (Barazan)

2mal 400 mg p.o.

Urologische Infektion mit multiresistenten Keimen, Prophylaxe Reisediarrhö Wirklücke: Anaerobier, Chlamydien, Mykoplasmen

Enoxacin (Gyramid)

1mal 1 Tbl. (= 200 mg) bis 2mal 2 Tbl. bei schweren Harnwegsinfektionen nur p.o.

Infektionen der Niere, der Harnwege sowie der Prostata; Gonorrhö; Infektionen der Atemwege einschl. des Hals-, Nasen- und Ohrenbereichs, Infektionen der Haut- und Hautanhangsgebilde. Cave: gleichzeitiger Gabe von Ranitidin führt zur Resorptionsbeeinträchtigung von Enoxacin

Sparfloxacin (Zagam)

1mal 400 mg initial, dann 1mal 200 mg nur p.o.

Phototoxizität! Cave: Verlängerung der QT-Zeit; Interaktion z. B. mit Amniodaron nur für die Behandlung von Infektionen mit Penicillinresistenten Pneumokokken zugelassen

Levofloxacin ( Tavanic) (linksdrehendes Enantiomer des Razemats Ofloxacin)

1- (bis 2-)mal 500 mg p.o./i.v. bei unkompl. HWI 1-mal 250 mg; bei KreatininClearance 30 min

Einsatz bei Atemwegsinfektionen, wirkt auf grampositive und negative Keime, auf atypische Erreger sowie auf Anaerobier → kein Metabolismus über das P450-System besonders gut geeignet zur Therapie von ambulant erworbenen Pneumonien oder Knochen- und Weichteilinfektionen sowie bei nekrotisierender Pankreatitis, keine Wirkung gegen Pseudomonas spp.! Hohe Gewebegängigkeit (auch bei Pankreatitis) Keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz oder CVVH!

Gatifloxacin (Bonoq)

1-mal 200–400 mg p.o.

Einsatz nur bei Atemwegsinfektionen (Anreicherung in der Lunge), (nur oral verfügbar) zu 80% renal eliminiert, Spektrum wie Moxifloxacin NW: gastrointestinale Beschwerden, Kopfschmerzen, Benommenheit wirkt gegen nahezu alle grampositiven Erreger (inkl. Penicillinresistente Pneumokokken und Enterokokken) und gramnegative Keime sowie Anaerobier

3mal 0,5 g i.v. Kinder: 3mal 10 mg/kg/Tag Behandlungsdauer: < 10 Tage

wirkt gut auf: obligate Anaerobier, Amöben und Flagellaten Wirkmechanisus: Ausbildung von DNA-Strangbrüchen und Entspiralisierung der Doppelhelix

Nitroimidazole Metronidazol (Clont, Flagyl)

Streptogramine (Reserveantibiotikum) Dalfopristin/Quinupristin (Synercid)

3-mal 7,5 mg/kg i.v.

Spektrum: Vancomycin-resistenter Enterococcus faecium, schwere nosokomiale Pneumonien, Haut- und Weichteilinfektionen KI: schwere Leberinsuffizienz, Cave: Hemmung der Cyt450 3A4 (Interaktion mit Fluorchinolonen, Midazolam, Azol-Antimykotika, Makrolide etc.)

Oxazolidinone (Reserveantibiotikum) Linezolid (Zyvoxid)

2-mal 600 mg i.v. (Infusionslsg. mit 2 mg/ml) 2 mal 1 Filmtbl (= 600 mg) oder Granulat (= 100 mg/5 ml) p.o.

Spektrum: Staphylokokken (inkl. MRSA, MRSE, GISA) und Streptokokken (inkl. Penicillin-resistente Pneumokokken), Enterokokken (inkl. VRE) und grampositive Erreger, keine Dosisanpassung bei Leber- oder Niereninsuffizienz NW: Kopfschmerz, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen

10 mg/kg/Tag mind. 450 mg, max. 700 mg i.v. oder p.o. Sgl. ab 3. Mo. Kleink.: 15 mg/kg

Wirkspektrum: Mykobakterien, Streptokokken, Staphylokken, (auch Legionellen und Enterokokken) keine prophylaktische Gabe oder Single-Therapie mit Rifa bei Tuberkuloseanamnese!! Hohe Resistenzentwicklung bei Staphylokokkeninfektionen NW: GOT/GPT (5–20% der Fälle), bei GOT >100 U/l Rifa absetzen! Gefahr der akuten Leberdystrophie → keine simultane Gabe mit Ritonavir oder Saqiunarvir wegen Gefahr einer medikamentösen Hepatitis, Neutro-, Thrombopenie, zentralnervöse Störungen, interst. Nephritis, Enzyminduktion! (Cave: Pille, Marcumartherapie)

Ansamycine Rifampicin (Rifa)

202

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

Bakteriostatische Antibiotika Dosis

Bemerkungen

2mal 2 Tbl. p.o. 2mal 80 mg TMP/400 mg SMZ i.v.

Harnwegsinfekt, Bronchitis, Enteritis, Typhus, Pneumocystis carinii, Toxoplasmose

Roxithromycin (Rulid)

2mal 150 mg p.o.

höhere Serumspiegel als die anderen Makrolide (75% Bioverfügbarkeit)

Clarithromycin (Klacid)

2-mal 250 (–500) mg p.o. oder 2-mal 500 mg i.v.

gute Gewebegängigkeit, bessere Anreicherung im Lungengewebe und Alveolarmakrophagen als Erythromycin (55% Bioverfügbarkeit) Einsatz bei Helicobacter-pylorii-Gastropathie, wirksam auch gegen Haemophilus influenzae

Erythromycin (Erythrocin)

3–(4)mal 0,5 g p.o., i.v. als KI in 250 ml Kochsalz über 45 min

Ersatzantibiotikum bei Penicillinallergie. Mittel der Wahl bei Legionellen, Chlamydien, Mycoplasmen vorwiegend hepatische Eliminination HWZ: 1,5 h; nicht dialysierbar

Azithromycin (Zithromax)

1mal 250–500 mg p.o.

bessere Wirkung auf Haemophilus influenzae als Erythromycin

3mal 0,5 g i.v. als KI über 2–4 h Kinder: 20–30 mg/kg in 3 Dosen

Einsatz bei methicillinresistenten Staphylokokken und gestörte Nierenfunktion; bakteriostatisch, unter Monotherapie: rasche Resistenzentwicklung

3mal 600 mg i.v. als KI über mind. 15 min, oder 3mal 100–300 mg p.o. Kinder: 20 mg/kg/Tag in 3 Dosen

wirkt gut gegen Anaerobier, Staphylokokken und Streptokokken, Corynebac., gute Penetration in den Knochen und Abszessgebiete (Anreicherung in Leukozyten), Verstoffwechselung über die Leber! nicht wirksam gegen: Enterokokken, Enterobactericae; E coli, Klebsiellen, Haemophilus inf., Neisserien, Ureoplasma ureolyticum

Sulfonamide Trimethoprim + Sulfamethoxazol = Cotrimoxazol (Bactrim, Eusaprim) Makrolide

Fusidinsäure

11

Fusidinsäure (Fucidine)

Lincomycine Clindamycin (Sobelin)



Cave: in 5-10% gastrointestinale NW und selten Selektion von Clostridien difficile (blutige Durchfälle), selten hepatotoxisch

Tetrazykline Doxycyclin ( Vibravenös, Vibramycin N)

initial 200 mg, dann 1mal 100–200 mg i.v. p.o.: 1mal 200 mg Kinder: initial 4 mg/kg i.v./p.o., dann 2 mg/kg in 1 Dosis

bevorzugt bei Rickettsien-, Chlamydien- und Mykoplasmeninfektionen; Wirklücke: Pseudomonas aerug., Proteus, Serratia, Providentia

203

Infektiologie

11

 Keine Kombination mit Azolderivaten → Antagonismus

Antimykotika Einteilung der Antimykotika

Triazole (Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol etc.)

Nach chemischer Struktur Polyene

Triazole

Echinocandine

Amphotericin B (Amphotericin B, Amphomoronal)

Miconazol (Daktar)

Caspofungin (Caspofungin MSD)

Nystatin (Moronal)

Ketoconazol (Nizoral) Fluconazol (Diflucan) Itraconazol (Sempera) Voriconazol (Vfend)

Polyene (Amphotericin B) • Wirkspektrum: Organmykosen und generalisierte Mykosen, besonders Candidamykose, Aspergillose, Histoplasmose, Kryptokokkose, Kokkidioidomykose, Blastomykose • Wirklücke: Candida lusitaniae und Aspergillus terreus, Trichosporon bigelii, Fusarium spp., Scedosporium prolificans • Wirkmechanismus: Permeationsänderung der Pilzmembran durch Komplexbildung mit Ergosterol (= essentieller Bestandteil der Zellmembran von Pilzen) • Nebenwirkungen: Fieber (80%), Nephrotoxizität (jedoch keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz notwendig! → Nierenschädigung kann durch hohe Serum-Natriumkonzentration und Applikation über 24h vermindert werden), Leuko- und Thrombopenie, Transaminasenanstieg, GIT-Störungen (50%), Blutgerinnungsstörungen, Thrombozytopenie, Leukopenie, Agranulozytose, Eosinophilie, Leukozytose, periphere Neuropathie, Konvulsionen • Pharmakokinetik: HWZ des Plasmapools: 24– 48 h, terminale HWZ: bis zu 15 Tagen • Wechselwirkung: Herzglykoside, Muskelrelaxanzien, Antiarrhythmika, etc. – Wirkung durch Hypokaliämie verstärkt. Diuretika → Nephrotoxizität und Hyperkaliämie verstärkt. Kortikoide, ACTH → Verstärkung einer Hypokaliämie; Flucytosin → Synergismus

• Wirkspektum: Sprosspilze (Systemkandidosen, Kandidosen oberflächlicher Schleimhäute wie rezidivierende oropharyngeale und ösophageale Kandidosen, Behandlungsversuch zur Vorbeugung der Kryptokokkenmeningitis bei AIDSPatienten (n. Rex et al. einzelne Resistenzen beschrieben) und von Kandidosen bei der Chemo- oder Strahlentherapie sowie bei abwehrgeschwächten Patienten) Für Voriconazol ist das Anwendungsgebiet auf invasive Aspergillosen sowie Candidainfektionen bei nichtneutropenischen Patienten erweitert • Wirklücke: Candida glabrata (meist nur intermediär sensibel) und Candida krusei (primär resistent, Ausnahme Voriconazol) und Candida tropicalis und Aspergillen (Fluconazol) • Nebenwirkungen: GIT-Störungen, Hautausschlag, Kopfschmerzen, periphere Nervenstörungen; Veränderungen der Werte von hepatischen, renalen sowie hämatologischen Laborparametern wie Leukopenie, Thrombopenie • Wirkmechanismus: Hemmung der P450-abhängigen Ergosterolsynthese der Pilze (Blockade der Umwandlung von Lansosterol in Ergosterol aufgrund einer Hemmung der 14-α-Demethylase) → fungistatische Wirkung! • Wechselwirkung: Wirkungsverstärkung von Kumarinderivaten, oralen Antidiabetika vom Sulfonylharnstoff-Typ, Theophyllin und Phenytoin. Bei gleichzeitiger Gabe von Rifampicin können die Fluconazol-Spiegel erniedrigt sein  zzt. 6 neue Azolderivate in den Pipelines der Pharmaindustrie: Ravuconazol und orales Posaconazol, Do870, TAK-187, UR-9825 und ER 30346  das »Breitspektrumantimykotikum« Voriconazol besitzt gegenüber Hefepilzen fungistatische Wirkung und gegenüber Schimmelpilzen fungizide Eigenschaften. Es wirkt auch auf Fluconazol-resistente Candida spp, Cryptococcus

204

Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika

neoformans, Fusarium spp, Scedosporium spp. und Aspergillen (inkl. zerebrale Form mit verbesserter Ansprechbarkeitsraten im Vergleich zu Amphotericin B)  weitere Eigenschaften von Voriconazol: hohe Liquorgängigkeit, hohe orale Bioverfügbarkeit (96%), Plasma-HWZ: ca. 6 h (200 mg oral); Metabolisierung über das Cytochrom P450 (vorwiegend 2C19)  die Substanz Itraconazol ist in Deutschland seit kurzem als Sempera-Konzentrat zur intravenösen Applikation erhältlich (60% höhere Bioverfügbarkeit als die orale Darreichungsform)!

Neuentwicklung aus der Gruppe der Echinocandine (Caspofungin)

11

• weißes, wasserlösliches Pulver mit einem pHWert von 6,6 • Indikation: invasive Candidainfektion und vorbehandelte invasive Aspergillosen (Ansprechrate ca. 42%) • Wirkspektum: Sprosspilze (fungizid C. albicans sowie Non-Albicans-Stämme), Schimmelpilze (fungistatisch), Histoplasmose und auch Pneumocystis carinii, Ansprechrate von 30–40%

• Wirklücke: Cryptococcus neoformans, Blastomyces, Fusarium, Trichosporon • Nebenwirkungen: reversibler Transaminasenanstieg (besonders bei simultaner CiclosporinMedikation), histaminvermittelte Symptome • Pharmakokinetik: hohe Albuminbindung (ca. 97%), HWZ: 9–11 h, nicht dialysierbar, nichtoxidativer Abbau durch Hydrolyse und Acetylierung und Ausscheidung der inaktiven Metabolite (35% Stuhl und 41% Urin), leichte Dosisreduktion bei mäßiger hepatischer Insuffizienz, keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz

• Wirkmechanismus: Hemmung der Synthese von β-(1,3)-D-glucan (nichtkompetitive Hemmung der Glukansynthese); Glukan kommt in Säugetierzellen nicht vor und ist ein essentieller Bestandteil der Pilzmenbran, verantwortlich für mechanische Stabilität und osmotische Integrität • Dosis: 1. Tag 70 mg/Tag über 1 h; ab 2. Tag 50 mg/ Tag über 1 h; Dosisreduktion nur bei schwerer Leberinsuffizienz (ab 2. Tag auf 35 mg); Kinder: anstatt 1 mg/kg/Tag besser 50 mg/m²/Tag (nach Walsh ICAAC 2002)  zurzeit noch extrem teuer; weitere zukünftige Folgepräparate Anidulafungin (vormals LY 303366), Micafungin (vormals FK 463)

Dosis

Bemerkungen



Gabe bei: Aspergillose, Blastomykose, Kryptokokkose, Hiostoplasmose und systemischer Candidiasis (Nachweis im Urin + positive Mykoserologie) NW: Fieber (80%), Nephrotoxizität (jedoch keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz notwendig! → Abbau im Gewebe, Ausscheidung über Niere), Leuko-, Thrombopenie, Transaminasen ↑, GIT-Störungen (50%) nicht dialysierbar nie mit Azolderivaten kombinieren!

Polyenantimykotika Amphotericin B (Amphotericin B, AmBisome)

• • • •

• •

vor 1. Gabe evtl. Testdosis 1 mg/100ml NaCl 0,9% über 30 min danach Initialdosis 0,1–0,5 mg/kg über 24 h i.v. Steigerung innerhalb von 2 Tagen auf 1 mg/kg/d nach 14 Tagen jeden 2. Tag 1 mg/kg/d in Kombination mit Flucytosin ist eine Dosierung von 0,4–0,6 mg/kg/Tag ausreichend Therapiedauer: 3–6 Wochen evtl. Blasenspülung: 50 mg pro Liter aqua dest. Gesamtdosis: 2–4 g oder Vernebelung von 2-mal 10 mg/Tag bei Risikopatienten

205

Infektiologie

 Metabolisierung von Amphotericin B in der Leber (34 Metabolite), 5% werden über die Nieren eliminiert  Verminderung der Nephrotoxizität von Amphotericin B durch – Anheben der Serumnatriumkonzentration (>140 mmol/l)

11

– kontinuierliche Applikation von Amphotericin B über 24 h mittels separaten i.v.-Zugang (Reduktion der NW nach Eriksson (2001) um fast 50%!) – Vermeidung einer Hypovolämie (adäquate Rehydratation vor Therapiebeginn) – evtl. Pentoxifyllin-Gabe (Trental) 5–10 mg/kg

Dosis

Bemerkungen

Amphotericin B (Ampho-moronal Salbe/Creme)

3- bis 4-mal tgl.

bei lokaler Infektion (oral, inguinal)

Nystatin (CandioHermal)

3- bis 4-mal 1 Pipette p.o.

wirkt nur lokal, keine Resorption

Flucytosin (Ancotil)

4-mal 37,5 mg/kg als KI i.v. 100–200 mg/kg p.o.

mit Amphotericin B kombinieren (Kombination bei Kryptokokkose von Vorteil) NW: Leuko-, Thrombopenie, Transaminasen renale Elimination: > 90% → Zusatzdosis nach Dialyse Nephrotoxizität bei Serumkonzentration >100 mg/l

Voriconazol ( Vfend)

1. Tag: 6 mg/kg, 2 Tag: 4 mg/kg jeweils in 2 ED i.v. oder p.o.

reversible, kurz andauernde Sehstörungen (in 30%), Hautreaktionen (in 10%) ab dem 2. LJ zugelassen orale Bioverfügbarkeit: 90%, 8 Metabolite, t max 80%) Bioverfügbarkeit: >90%, hohe Liquorgängigkeit, niedrige Eiweißbindung, überwiegend unveränderte renale Elimination NW: GIT-Störungen zunehmende Resistenzentwicklung

Itraconazol (Sempera, Sporanox-Saft)

1- bis 2-mal 200 (–400) mg p.o. 3-mal 200 mg an Tag 1–4 i.v., anschl. 2-mal 200 mg i.v. Kinder 1–12 J.: 5–12 mg/kg

wirkt auch gegen Aspergillen Bioverfügbarkeit: nur 55% KI: Kreatinin-Clearance 70 kg KG (sonst 2,0 g) Kinder: 50 mg/kg bzw. max. 3 g als höchste Einzeldosis

oder Ampicillin (Binotal) i.v.

2 g i.v. 30 min präoperativ

2. besonders erhöhtes Risiko: Amoxicillin (Amoxypen) p.o.

3 g p.o. 1 h präoperativ bei Personen >70 kg KG (sonst 2,0 g) und 1,0 g Amoxicillin p.o. 6 h postoperativ Kinder: 50 mg/kg bzw. max. 3 g als höchste Einzeldosis und 15 mg/kg KG bzw. max. 1,0 g als höchste Einzeldosis 6 h postoperativ

oder Ampicillin (Binotal) i.v.

2 g i.v. 30 min präoperativ und 2 g 6 h postoperativ

Standardprophylaxe bei Penicillinallergie 1. mäßig erhöhtes Risiko: Clindamycin (Sobelin) p.o./i.v.

600 mg p.o. 1 h präop (i.v. 30 min) Kinder 15 mg/kg bzw. max. 600 mg p.o.

2. besonders erhöhtem Risiko Clindamycin (Sobelin) p.o./i.v.

600 mg p.o. 1 h präop (i.v. 30 min) und 300 mg 6 h postoperativ Kinder: 15 mg/kg bzw. max. 600 mg p.o. bzw. 7,5 mg/kg und max. 300 mg 6 h postoperativ

12

alternativ Vancomycin ( Vanco Lilly) als KI i.v.

1 g i.v. über 1 h 1–1,5 h präoperativ oder alternativ 800 mg Teicoplanin i.v. (evtl. bei hospitalisierten Patienten zusätzlich 1,5 mg/kg Gentamicin i.v.) Kinder: 20 mg/kg bzw. max. 1,0 g als Höchstdosis

Standardprophylaxe für Operationen bei Infektion der Haut- und Hautanhangsgebilde (Abszessspaltung, Exzision von infiziertem Gewebe) 1. mäßig erhöhtes Risiko: Clindamycin (Sobelin) p.o.

600 mg p.o. 1 h präoperativ Kinder: 15 mg/kg bzw. max. 600 mg p.o.

oder Vancomycin (Vanco Lilly) als KI i.v.

1 g i.v. über 1 h 1–1,5 h präoperativ oder alternativ 800 mg Teicoplanin i.v. Kinder: 20 mg/kg bzw. max. 1,0 g als Höchstdosis

2. besonders erhöhtes Risiko: Clindamycin (Sobelin) p.o.

600 mg p.o. 1 h präoperativ und 300 mg 6 h postoperativ p.o. Kinder: 15 mg/kg bzw. max. 600 mg p.o. bzw. 7,5 mg/kg und max. 300 mg 6 h postoperativ

oder Vancomycin (Vanco Lilly) als KI i.v.

1 g i.v. über 1 h 1–1,5 h präoperativ und 1,0 g Vancomycin i.v. 12 h postoperativ (evtl. bei hospitalisierten Patienten zusätzlich 1,5 mg/kg Gentamicin i.v.) Kinder: 20 mg/kg bzw. max. 1,0 g als Höchstdosis

Infektiologie

! Durch die Gabe von Amoxycillin kann das relevante Erregerspektrum effektiv therapiert werden: Streptococcus viridans bei oropharyngealen Eingriffen, Enterokokken bei diagnostisch-therapeutischen Eingriffen im Bereich des Abdomens und des Urogenitalsystems sowie Staphylokokken bei Eingriffen an der Haut und an infiziertem Gewebe!

Ausgewählte Literatur Deutsche Gesellschaft für Kardiologie- Herz und Kreislaufforschung (1998) Revidierte Empfehlung zur Prophylaxe bakterieller Endokarditiden. Z Kardiol 87: 663–666 Gabler-Sandberger E (1999) Neue Empfehlungen zur Endokarditisprophylaxe. J Chemother 2: 62 Horstkotte D for the Task Force on Infective Endocarditis of the European Society of Cardiology (2004) Recommendations for Prevention, Diagnosis and Treatment of Infective Endocarditis. Eur Heart J 25:267–276 Naber CK et al. (2004) Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der infektiösen Endokarditis. Chemotherapie J 13: 227–37 Naber CK et al. (2004) S2-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der infektiösen Endokarditis. Z Kardiol 93:1005–1021 Netzer RO et al. (2002) Infective endocarditis: determinants of long term outcome. Heart 88:61–66 www.dgk.org/leitlinien

215

12

13 Pneumonie

60

Einteilungsmöglichkeiten

Die American Thoracic Society (ATS) empfiehlt folgende Einteilung: • ambulant erworbende Pneumonien oder im Krankenhaus erworbene Pneumonien ≤ 5 Tage ohne antibiotische Vorbehandlung im Krankenhaus (early onset pneumonia) • im Krankenhaus erworben Pneumonie ab dem 6. Tag mit vorheriger antibiotischer Vorbehandlung im Krankenhaus (late onset pneumonia) a) Patient nicht am Respirator b) Patient am Respirator → beatmungsassoziierte Pneumonie bzw. ventilator-associated pneumonia (VAP) • Aspirationspneumonie

50 Patienten mit VAP

• nach dem ursächlichem Agens (virale, bakterielle, mykotische oder atypische) • nach klinischem Verlauf (akut, chronisch) • nach der radiologischen Morphologie (Lobär-, Segment-, Bronchopneumonie und interstitielle Pneumonie) • nach dem Ort, wo die Infektion erworben wurde: 1. nosokomiale Pneumonien (Patient länger als 48 h auf Station) 2. ambulante bzw. außerhalb des Krankenhaus erworbene Pneumonien 3. Pneumonien bei Immunsuppression • primäre und sekundäre Pneumonien (als Folge bestimmten Grunderkrankungen Bronchiektasien, Aspiration, Inhalationsintoxikation, Lungeninfarkt etc.)

40 30 20 10 0

3-5 6-10 11-15 16-20 21-25 26-30 31-35 Ž36 Mechanische Ventilation (Tage)

Patientenzahl: 499 278 143 92 69 49 36 27 davon ohne VAP (%): 94,0 79,9 89,5 84,8 94,2 89,9 88,9 88,9 ⊡ Abb. 13.1. Abhängigkeit der VAP von den Beatmungstagen

Die maximale Inzidenz von ventilatorassoziierter Pneumonie (VEP) liegt nach Ibrahim et al. (2001) zwischen dem 6. und dem 10. Tag (⊡ Abb. 13.1).

Inzidenz • ca. 500.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an einer ambulant erworbenen Pneumonie • Menschen >65 Jahre haben ein 4fach höheres Risiko • ca. 200.000 Patienten erleiden in Deutschland pro Jahr eine nosokomiale Pneumonie

Kapitel 13 · Pneumonie

218

Mortalität

Infektionsweg

Altersabhängigkeit der Mortalität der ambulant erworbenen Pneumonie n. Marston (1997): • Alter 65 Jahre: ca. 12%

• aerob durch kontaminierte Stäube, Aerosole • durch Keimaszension der bakterielle Flora des Oropharynx • hämatogen • durch Aspiration von Mageninhalt, Blut und Fremdmaterial

Die Mortalität der nosokomialen Infektion liegt zwischen 40–50% (⊡ Abb. 13.2). Die Mortalität der MRSA-Pneumonie beträgt >50% bzw. für MSSA ca. 12% (n. Rello et al.) Die Mortalität von Pneumonien auf der Intensivstation ist sowohl bei Früh- als auch Spätpneumonie gleich hoch (Ibrahim 2000)

Risikofaktoren für eine nosokomiale Pneumonie • Alter 65 Jahre • vorbestehende schwere Grunderkrankungen, die zu einer Reduktion der Immunabwehr und/ oder des Bewusstseins führen • Vorerkrankungen des Respirationstrakts • thorakale oder abdominelle operative Eingriffe • Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung P < 0,001

13

P < 0,001

P 0 0,504

Pneumoniekriterien bzw. klinischer Befund • Husten und Auswurf von verändertem purulentem Trachealsekret • Tachypnoe, Dyspnoe • Temperatur > 38,5 °C oder < 36 °C • Leukozyten > 12000, BSG ↑, CRP-Anstieg, ggf. Anstieg von Procalcitonin (PTC) bei bakterieller oder mykotischer Pneumonie • typischer Auskultationsbefund: Bronchialatmen, klingende ohrnahe RG; sowie gedämpfter Klopfschall und verstärkter Stimmfremitus »99« bei Infiltration • neu aufgetretene Verschattungen im Thoraxröntgen (positives Bronchoaerogramm, retikuläre Zeichnung bei Pilzpneumonien) • Nachweis von Keimen im Trachealsekret (Keimzahl > 106/ml) • positive Serologie bei viralen oder mykotischen Pneumonien

Krankenhausmortalität (%)

50

Pneumoniekriterien für ventilatorassoziierte Pneumonie (VAP)

40

1. neu aufgetretenes (und persistierendes) Infiltrat im Röntgenthorax 2. Fieber >38 °C oder Hypothermie 3. Leukozytose >10/nl oder Leukopenie 4. vermehrtes und eitriges Tracheobronchialsekret

30 20 10 0

Keine

früher Beginn

später Beginn

Nosokomiale Pneumonie ⊡ Abb. 13.2. Mortalität der Früh- und Spät-Pneumonie

Eine Pneumonie liegt nach Rello et al. (2001) dann vor, wenn Punkt 1. und mindestens 2 der drei anderen Punkte erfüllt sind!

Pathophysiologie Infiltrations- und exsudationsbedingte Abnahme der Lungenkapazität und Lungencompliance → Atemarbeit ↑, respiratorische Partialinsuffizienz, Perfu-sions/Ventilationsstörungen durch Freisetzung vasoaktiver Mediatoren aus den inflammatorischen Lungenbezirken, Shuntzunahme

Sensitivität und Spezifität der BAL in verschiedenen Studien mit einem Schwellenwert von 104 KBE/ml BAL-Lsg. Autor

Diagnostik • Kultur des abgesaugten Trachealsekrets nach vorangegangenem mikroskopischem Screening (Gramfärbung) und Ausschluss von Kontaminationen aus der Mundhöhle (> 25 Plattenepithelzellen/Gesichtsfeld bei 100-facher Vergrößerung), sowie Nachweis von Sekret aus dem unterem Respirationstrakt (> 25 neutrophile Granulozyten/Gesichtsfeld und Nachweis mehrerer Makrophagen) sprechen für eine Pneumonie und gegen Sputumverunreinigung – positives Ergebnis bei > 105–106 Kolonien/ml unverdünnten Sekrets – hohe Sensitivität (> 90%), aber auch sehr hohe Spezifität bzw. Rate an falsch-positiven Ergebnissen (> 80%) – hohe Sensitivität (90–95%), jedoch geringe Spezifität (ca. 30%) – Nachweis von Elastinfasern bei nekrotisierender Pneumonie mittels 40%iger Kaliumhydroxidlösung • Bronchoalveoläre Lavage (BAL) – positives Ergebnis bei > 104 Kolonien /ml – ein großes Lungenareal von ca. 1% wird mikrobiologisch »gescreent« → erhöhte Rate an falsch-positiven Befunden (ca. 80%), bei einer Sensitivität von teilweise nur 70%! – eher zurückhaltend bei schwerer respiratorischer Störung (Gefahr der Hypoxie während und insbesondere nach der Bronchoskopie mit der BAL) • geschützte Bürste (PSB) – positives Ergebnis bei > 103 Kolonien /ml Verdünnungslösung – erhöhte Inzidenz falsch-negativer Befunde unter antibiotischer Therapie! Sensitivität all-

13

219

Infektiologie



• • • •



Sensitivität (%)

Spezifität (%)

Chastre et al.

91

78

Torres et al.

71

71

Torres et al. (nach antibiotischer Vorbehandlung)

50

45

Guerra u. Baughman

89

100

gemein bei nur 70% bei guter Spezifität von 80–90% – hohe Kosten! positiver bakterieller Befund in der Blutkultur, nach mehrmaliger Entnahme (2- bis 3-mal 2 Kulturen an verschiedenen Punktionsstellen innerhalb von 24 h) aus dem venösen System (geringe Sensitivität mit 5–10%) Punktion und Kultur von Pleuraergüssen/empyem perthorakale Punktion von Lungeninfiltraten offene Lungenbiopsie bei schweren Verläufen (insbesondere bei V. a. Pilzpneumonie) positive Serologie (Titeranstieg um mindestens 2 Stufen) bei viralen oder mykotischen Pneumonien (geringe Spezifität und Sensitivität) oder Antikörpernachweis auf Mykoplasmen, Chlamydien, Legionellen und Q-Fieber Entzündungsparameter ↑ und Procalcitonin(PCT-)Anstieg

PCT (ng/ml)

Bakterielle Infektion

Empfehlung

60 Jahre) Zur Vermeidung von ZVK-assoziierten Septikämien

• Legen des Katheters unter sterilen Bedingungen • Bevorzugung von peripheren ZVK • bei absehbar längerer Liegezeit (> 30 Tage) Anlage eines subkutan getunnelten Katheters oder implantierbare Gefäßzugänge bei Patienten ab 4 Jahren (z. B. Hickman) • frühzeitige Entfernung des Gefäßzugangs, sobald keine Indikation mehr besteht • kein routionemäßiger Wechsel von Gefäßkathetern (Ausnahme: PAK nach 3 Tagen) • kein Katheterwechsel über einen Führungsdraht, wenn eine katheterbedingte Infektion belegt ist • Verwendung von steriler Gaze oder transparenten (semipermeablen) Verbänden zum Abdecken der Kathetereintrittsstelle (Infektionsprophylaktisch kann kein Unterschied zwischen

14

beiden Verbandsmaterialien nachgewiesen werden), keine routinemäßige Applikation von antimikrobiellen Salben auf die Insertionsstelle • tägliche Palpation der Kathetereintrittsstelle durch den Verband • Wechsel des Verbandes des ZVK bei Durchfeuchtung, Verschmutzung, Lockerung, notwendiger Inspektion der Eintrittsstelle • Wechsel der i.v.-Schläuche einschließlich der Drei-Wege-Hähne nicht häufiger als im 72-hIntervall Zur Vermeidung von katheterassoziierten Harnwegsinfektionen

• Harnwegkatheter sollten nur gelegt werden, wenn sie erforderlich sind, und sobald wie möglich wieder entfernt werden • Verwendung suprapubischer Katheter als sinnvolle Alternativen zu transurethralen Harnwegskathetern • Legen des Katheters unter sterilen Bedingungen (sterile Handschuhe, steriles Abdecktuch, sterile Tupfer, antiseptische Lösung für die periurethrale Reinigung und einzeln verpacktes Gleitmittel) • Verwendung steriler, dauerhaft geschlossener Urinableitsysteme mit Antirefluxventil • Katheter und Drainageschlauch sollten nicht diskonnektiert werden, außer wenn unbedingt eine Spülung notwendig ist, die allerdings grundsätzlich vermieden werden sollte (Ausnahmen: z. B. Blutungen im Zusammenhang mit Prostata- oder Blasenoperationen) • ein freier Urinabfluss sollte gewährleistet sein (d. h. kein »Blasentraining«) Zur Vermeidung von multiresistenten Erregern

• keine ungezielte Antibiotikatherapie, Therapie nach Antibiogramm, hohe und adäquate Antibiotikadosen, evtl antibiotic cycling • kein Einsatz eines Standardantibiotikums für alle Patienten • zurückhaltende prophylaktische Antibiotikagabe

Ausgewählte Literatur Eggimann P, Pittet D (2001) Infection control in the ICU. Chest 120:2059–2093 Geffers C, Gastmeier P, Rüden H (2002) Nosokomiale Infektionen. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. RKI, Berlin

230

Kapitel 14 · Nosokomiale Infektionen

Krüger W et al. (2002) Influence of combined intravenous and topical antibiotic prophylaxis on the incidence of infections, organ dysfunctions and mortality in critically ill surgical patients: A prospective, stratified, randomized, double blind, placebo-controlled clinical trial. Am J Respir Crit Care Med 166: 1029–1037 Krüger W (2005) Prävention der Beatmungs-assoziierten Pneumonie – Was ist sinnvoll, was ist bewiesen? Abstract-Band, St. Anton 2005 Quintel M (Hrsg) (2003) Infektionskrankheiten in der Intensivmedizin, 1. Aufl. Uni-Med, Bremen Rüden H, Gastmeier P (2003) Aktuelle Daten des KrankenhausInfektions-Surveillance-System (KISS) – Stand Juni 2002. Epidemiologisches Bulletin 2003; 9: 63–65 Vincent JL et al. (1995) The prevalence of nosocomial infection in intensive care units in Europe. JAMA 274:639–644

Internetadressen www.PEI.de (Paul-Ehrlich-Gesellschaft) www.vki.de (Robert-Koch-Institut)

14

15 Spezielle Infektionen

Katheterassoziierte Infektionen Inzidenz

• Kolonisationshäufigkeit: 5–25% • katheterassoziierte Infektionen: 1–10% • Sepsisrate: 1% mit 50% Letalität

Einteilung

stimmung der Keimzahl nach intraluminärem Ausspülen und ultraschall-getriggerter Keimablösung → 90% Spezifität und Sensitivität Häufigstes Keimspektrum

• koagulase negative Staphylokokken (Staphylococcus epidermidis) • Staphylococcus aureus

Kontamination

Sekundäre Besiedelung des Katheters (keine klinische Relevanz) Kolonisation Durch biofilmbildende Bakterien (< 15 Keime in

der Ausrollkultur des Kathetersegments) • extraluminäre Kolonisation (vorwiegend bei traumatologisch-postoperativen Patienten von der Kathetereintrittsstelle ausgehend → lokale Infektionszeichen; jedoch nur 50% der Katheterinfektionen gehen mit lokalen Infektionszeichen einher) • intraluminäre Kolonisation (vom Katheteransatzstück ausgehend; vorwiegend bei langzeitkatheterisierten Patienten und hämatologischonkologischen Patienten) • hämatogene Streuung (Kolonisation nach vorangegangener Bakteriämie)

Risikofaktoren • verminderte Abwehrlage des Patienten • Zugangsweg (Keimbesiedelung des V.-subclaviaKatheters < V. jugularis < V. femoralis) • Nichtbenutzung von Bakterienfilter (< 0,2 µm) und Katheterschleusen (z. B. Pulmonaliskatheter-Introducer) → signifikante Reduktion der Rate an katheter-assoziierten Infektionen durch diese Maßnahmen • Kathetermaterialien (hydrophile Materialien aus Polyurethan sind zu bevorzugen) • Verbandstechnik (Mullbinden und Pflaster sind günstiger als Okklusionsverbände [feuchte Kammern!]) • Verwendung von geschlossenen Spülsystemen → Reduktion der Infektionsrate

Diagnostik Infektion

• extra-oder intraluminale Besiedlung des Katheters mit anschließender Induktion eines SIRS • > 15 Kolonien in der Ausrollkultur des Kathetersegments (Definition nach Maki 1977) oder Be-

• klinische Kriterien (Fieber, Leukozytose, CRPAnstieg, lokale Infektionszeichen etc.) • mikrobiologische Kriterien • Kultur des Kathetersegments in Nährbouillon und später Bestimmung der Kolonieanzahl

232

Kapitel 15 · Spezielle Infektionen

• zwei peripher entnommene Blutkulturen und die aus dem Katheter entnommene Blutkultur zeigen identisches Keimspektrum

Therapie • Katheterwechsel • Antibiotikatherapie möglichst nach Antibiogramm bzw. nach W. Krüger bei – koagulasenegativem Staphylokokkus: Penicillinase-festes Penicillin oder Cephalosporin der 1. Generation z. B. Cephazolin – S. aureus: Glykopeptid z. B. Vancomycin – Enterokokken: Ampicillin plus ggf. Aminoglykosid – gramnegative Bakterien: Cephalosporin der 3. Generation – Pseudomonas spp.: Ciprofloxacin, Piperacillin/Tazobactam oder Carbapenem

Infektion mit methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA)

15

• Methicillin-resistente Staphylokokken (Staphylococcus aureus) sind grampositve Haufenkokken, die koagulasepositiv sind und eine goldgelbe Pigmentierung in der Kultur zeigen. Sie besitzen die Fähigkeit, an Haut und Flächen zu haften und wochenlang zu überleben  Methicillin ist ein 1956 in England eingeführtes Antibiotikum, das wegen Knochenmark- und Nephrotoxizität nicht mehr im Handel ist und später von Oxacillin in Europa abgelöst wurde • MRSA wurde erstmals 1961 von Jevons beschrieben • Staphylococcus aureus ist normaler Bestandteil der menschlichen Mikroflora (Nachweis bei 30% gesunder Erwachsener, vorwiegend in Nasenhöhlen und Rachen)

Inzidenz • in Deutschland wird die Häufigkeit von MRSA mit 3,7–15,2% angegeben; deutliches Nord-SüdGefälle bei den MRSA-Infektionen in Europa. In

Südeuropa und einigen westeuropäischen Ländern wird über Häufigkeiten von über 30%, gelegentlich sogar zwischen 40 und 50% berichtet. In Skandinavien hingegen liegt die Häufigkeit unter 1%, Dänemark weist sogar einen Prozentsatz von nur 0,2% auf • prädisponiert sind Patienten mit SHT, Diabetes mellitus, terminaler Niereninsuffizienz und Koma  weltweit zunehmende Resistenz von Staphylococcus aureus auch gegen Vancomycin (VRSA)! So waren z. B. in Japan zwischen 9 und 20% der isolierten MRSA auch gegen Vancomycin resistent! ! Die Staphycoccus-aureus-Septikämie hat eine hohe Letalität!

Resistenz • beruht auf → Bildung von β-Laktamasen, die den β-Laktamring spalten oder Veränderung der Zielstruktur des Antibiotikums (Penicillinbindendes Protein = PBP2A) • häufig ist MRSA auch gegen weitere Antibiotika wie Chinolone, Aminoglykoside resistent → Bezeichnung »multiresistenter Staphylococcus aureus« Nachweis:

• Screening-Platte mit 6 mg/l Oxacillin (Ergebnis nach 24–48 h) • Nachweis des Penicillin-bindenden Proteins (Antigennachweis von PBP2A; Ergebnis nach 24 h) • Nachweis des Resistenzgens (mecA) mittels PCR (Ergebnis nach 24 plus 2 h)

Reservoir • meist asymptomatischer Patient aus Pflegeheim oder anderem Krankenhaus (meist mit Dermatitis), selten Übertragung durch kolonisiertes Pflegepersonal (< 2%), daher Screening des Pflegepersonals auf MSRA aus ökonomischer Sicht nicht vertretbar! • Infektionsweg: transient kolonisierte Hände (Händedesinfektion; Wasser und Seife würde sogar grundsätzlich reichen); selten, aber v. a. auf Stationen mit Brandverletzten oder Patienten mit Tracheostoma, kann die Infektion über die Luft übertragen werden

233

Infektiologie

15

Hygienemaßnahmen Nach Krueger und Unertl vom Ort der Kolonisation/Infektion abhängig: Ort

Isolierungsmaßnahmen

Handschuhe

Schutzkittel

Nasale/rektale Kolonisation

JA

JA

NEIN

NEIN

Wunde, Tracheostoma, Harnwege

JA

JA

bei direktem Kontakt

wenn Aerosolisierung oder Verspritzen von Sekret wahrscheinlich

Verbrennungen, Infek. des unteren Respirationstrakt

JA

JA

JA

JA

 demnach muss der MRSA-Träger immer isoliert werden (Einzel- oder Kohortenisolation) → Aufhebung der Isolation erst, wenn 3 Abstriche im Abstand von 48 h negativ sind!

Therapie • systemische Gabe von Vancomycin (bei Kolonisation des nasopharyngealen Bereichs ist die alleinige Gabe eines Glykopeptidantibiotikums infolge einer geringen Konzentration im Sekret wirkungslos) oder bei MRSA-Pneumonie evtl. Gabe von Linezolid (signifikant bessere klinische Heilungsrate bei pulmonaler Anreicherung!) plus

– Rifampicin (2-mal 300 mg i.v., bei alleiniger Gabe hohe Resistenzentwicklung!) oder – Trimethoprim/Sulfamethoxazol (2-mal 80/ 400 mg i.v.) oder – Fosfomycin (3-mal 2–5 g i.v.) bei septischen Krankheitsbild Zur Sanierung der Schleimhäute zusätzlich Mupirocin (Turixin Nasensalbe) 3- bis 4-mal täglich für max. 5 Tage, dann mikrobiologische Kontrolle der Schleimhäute! • bei extranasaler, dermatologischer Besiedlung → Bäder mit Hexachlorophen oder Dekontamination mit Polyhexamethylen-Biguanid-Hydrochlorid PHMB (Sanalind und Lavasept) bzw. bei multilokulärem Nachweis und/oder immunsupprimierten Patienten Ganzkörperwaschung mit Octenidin (Octenisept) über einen Zeitraum von 5 Tagen mit täglich je 3 Einzelapplikatio-

Mundschutz

nen morgens und abends jeweils im Abstand von 1 h  Turixin Nasensalbe (2% Mupirocin) ist ein von Pseudomonas fluorescens gebildetes bakteriostatisches Antibiotikum, das die bakterielle Proteinsynthese durch Hemmung der Isoleucin-tRNA-Synthetase verhindert (< 1% der Substanz wird resorbiert) • bei Risikopatienten mit Staphylococcus-aureus-Nachweis im Nasenabstrich präoperative Gabe von Mupirocin-Nasensalbe erforderlich! Ein routinemäßiges Screening von Pflege- und ärztlichen Personal ist weder medizinisch noch ökonomisch indiziert. Nur bei Pandemie gezielte Umgebungsuntersuchung • bei nachgewiesener Pneumonie mit MSSA sollte nicht mit Vancomycin, sondern mit Cloxacillin therapiert werden, da sonst nach Gonzalez et al. die Letaliät deutlich erhöht ist (47% vs. 0%) Bei MRSA-Pneumonie evtl Einsatz von Linezolid, das sich im Lungengewebe anreichert (bis zu 450% höherer Gewebsspiegel als Plasmaspiegel). • seit 1998 sind in Deutschland auch Staphylococcus-aureus-Stämme mit geringerer Empfindlichkeit gegen über Vancomycin (VISA) bzw. Glykopeptide (GISA = Glykopeptid intermediär sensible Staphylococcus aureus) beschrieben. Zur Therapie sind höhere Antibiotika-Spiegel notwendig. • eine dauerhafte Sanierung des Patienten vom MRSA ist selten möglich; meist nach einigen Wochen Rekolonisation!

234

Kapitel 15 · Spezielle Infektionen

Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) Inzidenz Etwa 5% der Isolate aller Enterokokken-Isolate von nosokomialen Infektionen waren im Jahr 1995 in Deutschland glykopeptid-resistente Enterococcusfaecium-Stämme, ca. 25% in den USA.

Typen • Enterokokken sind fakultativ anaerob, nicht sehr virulent, besitzen jedoch die Eigenschaft, an Herzklappen und Nierenepithelzellen zu haften sowie extrachromosomale Antibiotikaresistenz zu erwerben • Enterococcus spp.: E. faecalis (80–90%), E. faecium (5–15%), E. avium, gallinarum oder casseliflavus • bei vorliegender Endokarditis ist Enterococcus faecalis der dritthäufigste Keim nach den Streptokokken der Viridansgruppe und den Staphylokokken • Hauptreservoir: menschlicher Gastrointestinaltrakt, wo Enterokokken zur normalen Flora gehören

• das Oxazolidinon Linezolid (Zyvoxid). Im Gegensatz zu Synercid erfasst Linezolid auch Enterococcus faecalis

• das Evernimycin-Antibiotikum Ziracin. Neben grampositiven Bakterien wie Enterokokken, Staphylokokken, Streptokokken werden auch Methicillin-, Oxacillin- und Vancomycinresistente Mikroorganismen erfasst.

Pilzinfektionen • die häufigsten Pilzinfektionen in unseren Breiten ist die Sprosspilzinfektion (>75% mit Candida albicans, 8–10% Non-albicans-Candida-Arten wie z. B. C. glabrata, tropicalis, parapsilosis und krusei, guilliermondii sowie C. lusitaniae und dubliniensis); Hefen reduzieren den Gewebs-pH und setzten sich auch gegenüber den Bakterien durch; gleichzeitig werden die β-Laktam-Antibiotika inaktiviert! • die Fadenpilzinfektionen sind dagegen sehr selten (2–5%) • extrem selten meist in Form von Kleinepidemien Malasezzia spp. bei Neugeborene, Fusarium spp. und Trichosporon spp. bei Tumorpatienten und Acremonium spp. bei Augenpatienten

Ursache

15

• unkontrollierte Anwendung von Glykopeptidantibiotika in der Klinik  Enterokokkeninfektionen werden üblicherweise mit einer Kombination von Ampicillin mit einem Aminoglykosid nach Austestung der Antibiotikasensibilität behandelt • Zugabe von Antibiotika zum Futtermittel in der Tierzucht, z. B. wurde Avoparcin, eine Glykopeptidantibiotikum, bis 1995 in Deutschland verfüttert

Inzidenz

Therapie

! In den letzten Jahren zunehmende Kandidosen

Gegen VRE gibt es inzwischen neue Medikamente: • das Streptograminantibiotikum mit Handelsnamen Synercid (Kombination aus Dalfopristin und Quinopristin). Synercid wirkt auch auf MRSA, Cave: E. faecalis-Lücke

• Verdoppelung der Pilzinfektionen zwischen den Jahren 1980–1990 von 9 auf 20,5 Erkrankungen pro 10.000 Patienten bzw. in 10,2% aller positiven Blutkulturen von Intensivstationen konnte Candida spp. nachgewiesen werden (Pittet 1994). Bei den nachgewiesenen Erregern einer nosokomialen Infektion (EPIC-Studie, JAMA 1995) stehen die Pilze an der fünften Stelle (17,1%), nach Edmond et al. sogar an der vierten von allen Sepsiserregern.

vom Non-albicans-Typ. Der Grund liegt in der vorausgegangen ineffektiven Therapie mit Antimykotika. Daher generell keine Prophylaxe bei allgemeinchirurgischen Patienten empfohlen (Ausnahme: Transplantationspatienten und nach

235

Infektiologie

Eggimann (1999) chirurgische Patienten mit Darmperforation) Candida species gehört zur normalen Flora des Gastrointestinaltraktes

Ursache der Zunahme von Pilzinfektionen • Zahl der immunkomprommitierten Patienten steigt • Zunahme der Invasivität der Intensivtherapie • Zunahme der intensivmedizinischen Langzeitbehandlung u. a. mit Antibiotika

Mortalität • isolierte Letalität von Candida-albicans-Infektionen: ca. 40% • Mortalität einer nachgewiesenen Candidämie, die bei nur 2% der Candida-Infektionen auftritt, liegt bei 75% • Mortalität einer Aspergilleninfektion ist von Haus aus sehr hoch: ca. 90%

Candidainfektion Sprosspilzarten • über 81 Spezies sind bekannt → Unterscheidung aufgrund ihres Zucker- und Aminosäuremetabolismus • klinisch am wichtigsten sind: – C. albicans (ca. 50%), C. tropicalis (ca. 9%), C. pseudotropicalis • C. glabrata (= Torulopsis glabrata mit ca. 15%), C. parapsilosis (ca. 12%), C. krusei (ca. 3–4%), sind alle resistent auf Fluconazol • C. lusitaniae: »resistent« gegen Amphotericin B  Candida spp. umfasst ca. 8–10% aller positiven Blutisolate und 50% der Candida-Arten sind aktuell Non-albicans-Stämme  C. glabrata, C. krusei und C. albicans vermehren sich auch noch bei einem pH-Wert von 2 (!).

Klinik Sehr unterschiedliches klinisches Bild (von SIRS bis schwere Sepsis)

15

• blander Verlauf (kontinuierliche subfebrile Temp.) • Candidämie: positive Blutkultur (Cave: in nur 10– 50% der Fälle einer Kandidämie) sowie ggf. Nachweis von Sprosspilzen im Urin (Hefen werden über die Glomerula in den Urin ausgeschieden! DD: lokale, aufsteigende Infektion der Blase) • Candida-Sepsis: Candidämie + SIRS • disseminierte Candidiasis: Befall eines oder mehrerer Organe → Biopsie, Bestimmung des Candida-Hämagglutinationstiters und Antigennachweis, Spiegelung des Augenhintergrundes → Nachweis von Cotton-wool-Herden (die Glomerula in den Urin ausgeschieden! DD: lokale, aufsteigende Infektion der Blase) bei okulärem Befall → Enukleation des befallenen Auges!) • Candida-Pneumonie: in der BAL Candida > 106/ ml mit Ausbildung von Pseudohyphen  die meisten Candida-Infektionen treten bei nichtneutropenischen, stationären Patienten zwischen dem 21. und 28. Tag erstmals auf.

Risikofaktoren für eine Candidainfektion (n. Dean 1998) • Alter >40 Jahre • akutes Nierenversagen • Verbrennungen (> 2. Grades) • mehr als 3 Antibiotika bzw. länger als 7 Tage • gramnegative Sepsis • akute Peritonitis • intraabdomineller Abszess • Tumorerkrankung • Diabetes mellitus • parenterale Ernährung • Steroidtherapie • Polytrauma/SHT  hohes Risiko bei ≥3 Risikofaktoren; niedriges Risiko bei 1:16): Nachweis von Mannan durch monoklonalen Antikör-

per (Pastorex-Candida oder Platelia-CandidaTest) – Candida-Antikörper ! Im Rahmen der Mykoserologie sind Titeranstiege über >2–3 Titerstufen wichtig! Allerdings können sie bei immunsupprimierten Patienten fehlen. Als Screening-Methode bei langzeitbehandelten Intensivpatienten ist die Mykoserologie aufgrund von inakzeptabler Sensitivität und Spezifität nicht zu empfehlen! Hämagglutinationstest: Cut-off bei 1:1280 bzw. Anstieg um 4 Titerstufen in kurzer Zeit

Candida-Nachweis (nach Petri 1997) Sensitivität (%)

15

Spezifität (%)

Candida-Hämagglutinationstest (HAT)

88

26

Candida-Immunfluoreszenstest (IFT)

100

6

Candida-Antigentiterbestimmung (Ag)

50

73

 zurzeit keine verlässlichen Parameter für eine indizierte antimykotische Therapie vorhanden, ggf. obengenannte serologischen Veränderungen in Verbindung mit einem hohen Kolonisationsindex nach Pittet von 0,4–0,5-(0,6)

• Wechsel aller peripheren und zentralen Katheter, einschl. Urinkatheter • empirische antifugale Therapie bei – Kandidurie bei Hochrisikopatienten mit klinischer Verschlechterung – Candida-positive Blutkultur – jede Candida-Isolierung aus einem sonst sterilem Untersuchungsgebiet/material – positive Histolgie (invasive Mykose) von Risikopatienten – ≥3 unterschiedliche positive Candida-Nachweise

Medikamente • Fluconazol (Diflucan), Voriconazol (Vfend, zugelassen zur primären Therapie von nicht neutropenischen Patienten) oder Intraconazol (Sempera), entsprechend Erregernachweis ! Cave:

Die prophylaktische Therapie mit Azolen kann zur Selektion von Candida krusei führen!

• evtl. Amphotericin B oder Caspofungin als Monotherapie oder in Kombination • in Zukunft vielleicht monoklonale CandidaAntikörper (das Präparat Mycograb mit einer Dosierung von 2-mal 1 mg/kg KG für 5 Tage bereits im klinischem Einsatz und ist gegen das hsp90-Antigen von Candida gerichtet), in Kombination mit Amphotericin B

15

237

Infektiologie

Aspergillus-Infektion Inzidenz Insgesamt sicherlich bei chirurgischen und internistischen Intensivpatienten eine sehr seltene Erkrankung.

Risikofaktoren • Infektionsrisiko >10%: – allogene KMT – AML – LTPL – chronisch granulomatöse Erkrankung • Infektionsrisiko 1–10%: – AIDS – AHTPL/Pankreas-TX/ – Verbrennung >30% – Lymphom – Immunmangelsyndrom

• PCR von Pilz-DNA aus Blut oder BAL-Spüllösung mit einer Sensitivität von 100% und einer Spezifität ca. 70% • positive Blutkulturen (bei Organmykosen meist negativ) • Nachweis im CT mittels High-Resolution-Technik (evtl. Nachweis des halo sign) • invasive, bronchoskopische oder transthorakale Lungenbiopsie Sensitivität (%)

Spezifität (%)

Aspergillus-Hämagglutinations-Test (HAT)

23

?

Platelia-ELISA

>90

>90

Therapie der Mykosen ! Frühzeitiger Therapiebeginn bei dringendem

Klinik Sehr unterschiedliches klinisches Bild wie bei Candida-Infektionen, zusätzlich durch Penetration in die Lungengefäße kann ein klinisches Bild wie bei einer Lungenarterienembolie auftreten! Im ThoraxRöntgen ggf. makronoduläre (>1 cm) Verschattungen und so genanntes »halo-sign« im hochauflösendem CT. Inzidenz bestimmter Symptome Pleuraschmerz

100%

Husten

90%

Fieber

70%

Hämoptoe

20%

Giemen

10%

Pleurareiben

5%

Diagnostik • Galaktomannan-Nachweis (Aspergillus Platelia-ELISA mit einer Sensitivität und Spezifität >90%); evtl. in Zukunft Nachweis von beta-1,3D-Glukan durch Faktor G, ein Enzym vom Pfeilschwanzkrebs

Verdacht auf invasive Mykose, da die Mortalität bei verspäteter Behandlung signifikant ansteigt (Nolla-Salas 1997), gerade die invasive Aspergillen-Pneumonie (IPA) hat auch bei nichtneutropenischen Patienten eine hohe Letalität (>75%)

• Antimykotika nach Erregerspektrum ( Kap. Antibiotika und Antimykotika) • bei positiver Blutkultur oder Erregernachweis an Kathetern zusätzlich Wechsel aller Katheter einschl. Urinkatheter  Pilzprophylaxe nur bei Patienten mit Zustand nach Knochenmarktransplantation, zytostatischer Therapie und prolongierter Neutropenie, nach Organtransplantation wie z. B. LTPL und bei Leukämie

Meningitis und Enzephalitis Bakterielle Meningitis • Inzidenz: 5 Fälle/100.000 Einwohner in Deutschland (2000), davon 20% durch Meningokokken • Letalität: – unbehandelt: 60–80% – behandelt: 1–25(!)%

238

Kapitel 15 · Spezielle Infektionen

Erregerspektrum Erreger nach Lebensalter Patientengruppe/-alter

Wahrscheinlicher Erreger

Kalkulierte antibakterielle Chemotherapie (2003)

50 Jahre

Streptococcus pneumoniae Listeria monocytogenes gramnegative Stäbchenbakterien

Ampicillin plus Cephalosporin 3a (Ceftriaxon, Cefotaxim)

Patienten mit gestörter zellulärer Abwehr, Alkoholabusus

Listeria monocytogenes gramnegative Stäbchenbakterien

Ampicillin plus Cephalosporin 3a (Ceftriaxon, Cefotaxim)

Mykobacterium tuberculosis

Isoniazid + Rifampicin + Pyrazinamid

u. a. Pilzmeningitis: Cryptococcus neoformans, Candida spp.

Amphotericin B 0,7–1 mg/kg/Tag Fluconazol 1-mal 800 mg/Tag

Staphylokokken spp., Staphylococcus aureus gramnegative Stäbchenbakterien Streptococcus pneumoniae

Cephalosporin 3b (Ceftriaxon, Cefotaxim, Cefepime) plus Vancomycin (plus Metronidazol)

Neurochirurgie, Kopftrauma oder vorhandene Shuntanlage

• Ampicillin (z. B. Binotal): bis 3 Monate 100 mg/ kg KG alle 8 h; Erwachsene 2 g alle 4 h i.v. • Ceftriaxon (z. B. Rocephin): bis 18 Jahre 50–100 mg/kg KG alle 12 Jahre; Erwachsene 2 g alle 12 h • Cefotaxim (z. B. Claforan): bis 18 Jahre 50 mg/ kg KG alle 6 h; Erwachsene 2 g alle 6 h • Ceftazidim (Fortum): bis 14 Jahre 50 mg/kg KG alle 8 h; >14 Jahre 2 g alle 6 h

15

Klinik • Fieber, Kopfschmerz, Vigilanzstörungen (somnolent bis komatös) Meningismus (Kernig- und Brudzinski-Zeichen sind nur bei 50% der Patienten mit Meningitis klinisch nachweisbar) • Übelkeit, Erbrechen, Bradykardie und arterieller Hypertonus als Zeichen des Hirndrucks • selten zerebrale Krampfanfälle und fokal-neurologische Defizite

Infektionsweg • Hämatogener Infektionsweg: bei Neisserien, Hämophilus influenzae und Pneumokokken nach Eintritt über Lunge oder Schleimhäute des Oropharynx • per continuitatem: Fortleitung bei Otitis media oder Mastoiditis (meist Pneumokokken) • durch offene Verbindung z. B. nach Schädelbasisfraktur mit Liquorfistel oder offener Ventrikeldrainage • durch »aufsteigende« Infektion z. B. nach neurochirurgischer ventrikuloperitonealer Shuntanlage

Diagnostik • BB plus CRP (bakteriell meist 115± 60 mg/dl, viral meist < 20 bis 40 mg/l), ProCalcitonin • Liquorpunktion mit Zellzahl, Laktat, Glukose, Eiweiß, Erregernachweis (Kultur, PCR) • Blutkultur • CCT • NMR

15

239

Infektiologie

Typischer Liquorbefund Bakterielle Infektion

Mykobakterielle Infektion

Virale Infektion

Zellzahlen

>1000 evtl. bis 20-mal 10³/mm³

bis 500/mm

meist bis zu 500/mm³

Zellarten

Granulozyten

Lympho-/Monozyten

Lymphozyten, initial Granulozyten

Glukose (60–70% des Blutzuckerwerts)



↓ (40 mg/dl)

Liquor-Serum-Glukose-Ratio NW: > 0,4

3,5

>3,5

100

>100

normal bis 12 Jahre

Rifampicin

2-mal 600 mg/Tag p.o.

2 Tage

>18 Jahre

Ciprobay

1-mal 500 mg p.o.

(einmalig)

12 Jahre

Ceftriaxon

1-mal 250 mg i.v. oder i.m.

(einmalig)

Alternativen

Rifampicin-Tbl à 75,150, 300, 450 und 600 mg verfügbar, Saft/Sirup nicht mehr erhältlich Rifampicin verfärbt Urin, Nasensekret und Tränen orange/rot! a nach Empfehlungen von Fr. Prof. Schweitzer-Kranz (Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf )

! Keine Glukokortikoidgabe bei Vancomycin-Gabe (Dexamethason verändert die Antibiotikakonzentration im Liquor), beim Vorliegen eines septischen Schocks, bei bereits eingeleiteter antibiotischer Therapie bei Meningokokkensepsis: sofortige Antibiotikagabe, Substitution von Protein C und/oder FFP (zur Therapie der DIC)

Enzephalitis Formen • Mitreaktion im Rahmen einer bakteriellen Meningitis im Sinne einer Meningoenzephalitis • als virale eigenständige Enzephalitis

15

Erregerspektrum • Herpes simplex Typ 1 (HSV-1) oder Typ 2 (HSV-2) • Enteroviren (Coxsackie-, Echo-, Polioviren)

• • • •

Arboviren (FSME) Varizellen-Zoster-Virus Zytomegalieviren und Epstein-Barr-Virus HIV-Infektion

Klinik • • • • • • •

allgemeines Krankheitsgefühl Fieber Kopfschmerz Hirndrucksymptomatik Bewusstseinsstörung Aphasie Krampfanfall

Laborkonstellation • nur mäßige Zellerhöhung im Liquor (initial Neutrophile, später Lymphozyten) • Liquor-BZ normal • Gramfärbung negativ • Procalcitonin normal

Therapie Die Therapie erfolgt entsprechend dem Erreger: Erreger

Substanz

Dosierung

Dauer (Tage)

HSV- und VZV-Enzephalitis

Aciclovir

3-mal 10–15 mg/kg KG i.v. Kinder 50 Jahre

5

• primäre Peritonitis oder spontane Peritonitis z. B. bei Leberzirrhose, bei implantierten CAPDKatheter, bei ventrikuloperitonealen Shunt • sekundäre Peritonitis nach Perforation eines Hohlorgans mit Übertritt von ortsständigen Bakterien in die Bauchhöhle • tertiäre Peritonitis bei intraabdominellen Infektionssyndrom aufgrund einer mangelnden immunologischen Abwehrfunktion, z. B. nach primär optimaler operativer Peritonitistherapie, bei klinischem Vorliegen einer Sepsis, bei fehlendem Endotoxin-produzierendem Fokus, bei Nachweis von geringer oder fehlender Pathogenität der isolierten Keime • postoperative Peritonitis bei Anastomosenleckage oder Stumpfinsuffizienz • posttraumatische Peritonitis nach stumpfen oder penetrierendem Abdominaltrauma

Geschlecht weiblich

5 4

präoperative Dauer >24 h

4

peritonitische Ursache: nicht Dickdarm

4

Ausbreitung diffus

6

klar

0

trüb-eitrig

6

kotig-jauchig

12

Erreichte Punkte:

Summe der JaAntworten

Schweregrad

MPI-Bereich

Letalitätsrisiko (%)

I

0–20

0–10

II

21–29

10–30

III

>20

30–80

• • • •

• anhand des Mannheimer Peritonitis-Index (MPI), mit einer Spezifität von 79% und Sensitivität von 84% • anhand des APACHE-II-Score und der Letalität

Appetitlosigkeit und Übelkeit Hypo- oder Hyperthermie Darmdistension und Darmparalyse Anstieg der Infektparameter (Leukos, CRP, Procalcitonin, IL-6 und LBP, evtl. Thrombozytensturz, Hypophosphatämie) • klinische Zeichen von SIRS und Sepsis mit HZV ↑, SVR ↓, warme Extremitäten, aber auch marmorierte Haut

Diagnostik

Therapie

• Sonographie • CT-Abdomen und evtl. CT-gesteuerte Punktion von auffälligen Strukturen • evtl. Aszitespunktion

• chirurgische Fokussanierung und peritoneale Spülbehandlung (kontinuierlich über Spüldrainagen oder Etappenlavage alle 48 h (mit Taurolin 05–2%, Chloramin 0,1% oder Lavasep 0,1– 0,2%), evtl. bei Anastomoseninsuffizienz Anlage eines protektiven Stomas • antibiotische Therapie nach Kalkulation in Anhängigkeit von der anatomischen Lokalisation des Ausgangspunktes bzw. sekundär nach Antibiogramm i.v., z. B. Piperacillin/Tazobactam

Prognose und Beurteilung

15

7

Malignom

Exsudat (nur eine der folgenden 3 Möglichkeiten)

Einteilung in drei Schweregrade

I. ohne Organausfall mit günstiger Prognose II. Funktionseinschränkung zweier Organsysteme bzw. manifeste Insuffizienz eines Organsystems III. zwei oder mehrere manifeste Organsuffizienzen

Organversagen

Nein

Klinik • Zeichen des akuten Abdomens (abdomineller Schmerz mit Abwehrspannung, Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit)

243

Infektiologie

15

Lokalisation

Erreger aerob

Erreger anaerob

Kalkulierte Therapie (intravenös)

Magen/ Duodenum

Streptokokken (Flora des oberen Respirationstrakts) Gramnegative Bakterien (E. coli, Enterokokken, candida spp.)

Insgesamt selten Prevotella spp. aus den Oropharynx

Cefuroxim 3-mal 1,5 g Cefotiam (Spizef ) 3-mal 2 g Ampicillin/Sulbactam (Unacid) 3-mal 3 g

Jejunum/ Ileum

gramnegative Stäbchenbakterien, Enterokokken, Streptokokken, Candida spp.

Bacteroides spp. Clostridium spp.

Acylureidopenicillin/BLI ohne Metronidazol oder Cefuroxim(Cefotiam in Kombination mit Metronidazol 3-mal 0,5 g (Cave: Enterokokkenlücke der Cephalosporine!)

Appendix/ Kolon

Enterokokken, Streptokokken, gramnegative Stäbchenbakterien, Pseudomonas aeruginosa (!)

Bacteroides spp. Clostridium spp. Peptostreptokokken, Bilophila wadsworthia

Acylureidopenicillin/BLI ohne Metronidazol oder Ceftazidim 3-mal 2 g in Kombination mit Metronidazol 3-mal 0,5 g (Cave: Enterokokkenlücke der Cephalosporine!) oder Ciprofloxacin 3-mal 400 mg plus 3-mal 600 mg Clindamycin

Peritonitis bei CAPD

Staphylococcus epidermitis (koag.-neg.), Staphylococcus aureus, Enterokokken, Corynebakterien gramnegative Stäbchen, Pseudomonas aer.

lokale Gabe von Vancomycin 30–50 mg/l Dialyseflüssigkeit plus Gentamicin 8 mg/l Dialyseflüssigkeit

Modifiziert nach Heinzmann et al.

plus Aminoglykosid (Gentamicin, Netilmicin) oder Ceftriaxon plus Metronidazol (Cave: Enterokokkenlücke) oder Ciprofloxacin plus Metronidazol oder Clindamycin • moderne Sepsistherapie ( Kap. SIRS und Sepsis) und intensivmedizinische Begleitbehandlung

Formen der Osteomyelitis

Definition

• sekundäre Osteomyelitis: lokale Ausbreitung von einem angrenzendem infektiösem Ausgangsherd z. B. nach Gelenkersatz oder Knochenoperation • vaskulär bedingte Osteomyelitis, vorwiegend bei Diabetiker-Patienten mit Weichteilinfektion der Füße • hämatogene Osteomyelitis, vorwiegend bei Kindern oder sehr alten Patienten, die sich in der Regel aus einer Bakteriämie entwickelt

Osteomyelitis ist ein inflammatorischer Prozess des Knochens, der mit Destruktion kombiniert und durch Infektionserreger verursacht ist.

Klinik

Osteomyelitis

Inzidenz Bei großen rekonstruktiven Eingriffen in der Orthopädie beträgt die Inzidenz >0,5%.

• • • •

lokaler Ruhe- und Belastungsschmerz Hautveränderungen (z. B. Rötung) allgemeines Krankheitsgefühl und Fieber erhöhte Entzündungsparameter

Diagnostik Einteilung • akute Osteomyelitis • chronische Osteomyelitis (mäßig ausgeprägte Entzündung bei persistierenden Erregern mit Sequester- und Fistelbildung)

• • • • •

konventionelles Röntgen Computertomographie selten MNR Knochenszintigraphie Labor: Leukozytose, BSG, CRP

244

Kapitel 15 · Spezielle Infektionen

Therapie

Ausgewählte Literatur

• hämatoge Osteomyelitis: primär gezielte Antibiose (nach 1. Woche deutlicher Rückgang oder Erreichen der Normalwerte der Entzündungsparameter) • sekundäre Formen: Kombination aus antibiotischer und chirurgischer Therapie

Beekmann SE (1999) Unfinished business: Assessing the efficacy of extraluminal silver ions on the prevention of microbial colonization and catheter-associated infection. Critical Care Medicine 27:456–458 Begg et al. (1999) Consensus statement on diagnosis, investigation, treatment and prevention of acute bacterial meningitis in immunocompetent adults. J Infect 39:1–15 Daum RS et al. (2001) Evolving antimicrobial chemotherapy for Staphylococcus aureus infections: Our backs to the wall. Critical Care Medicine 29 (Suppl):92–96 De Gans J, van de Beek D (2002) The European Dexamethasone in adulthood bacterial meningitis study investigation. New Engl J Med 347:1549 Eckmanns T (2004) Hygienische Maßnahmen bei MRSA. J Anästhesie Intensivbehandlung 2:26 Eggimann P et al. (1999) Fluconazole prophylaxis prevents intra-abdominal candidiasis in high-risk surgical patients. Crit Care Med 27:1066–1072

Prämissen

• meist Monotherapie ausreichend (Ausnahme Infektionen mit prothetischen Material und bei chronischer Osteomyelitis → meist Kombination mit Rifampicin) • Therapiedauer: meist parenteral für 4–6 Wochen, bei chronischer Osteomyelitis evtl. Dauertherapie

Kalkulierte Antibiotika-Therapie

15

Bakterien

Therapie und Dosisempfehlung

Alternative antibakterielle Chemotherapie

Penicillin-sensitiver Staphylococcus aureus

Benzylpenicillin 12–20 Mio. E/Tag

Cephazolin (4-mal 1 g/Tag) oder Clindamycin (4-mal 600 mg/Tag) oder Vancomycin (2-mal 1 g/Tag)

Penicillin-resistenter Staphylococcus aureus

Flucloxacillin (3-mal 1 g/Tag) oder Cephazolin (3-mal 2 g/Tag)

Cephalosporine der Gruppe II (z. B. Cefuroxim) oder Clindamycin (4-mal 600 mg/Tag) oder Vancomycin (2-mal 1 g/Tag) oder Ciprofloxacin (2-mal 750 mg/Tag p.o.) oder Levofloxacin (2-mal 500 mg/Tag) plus Rifampicin (1-mal 600 mg/Tag)

Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

Vancomycin (2-mal 1 g/Tag)

Teicoplanin (initial 2-mal 400 mg, dann 1mal 400 mg/Tag)

verschiedene Streptokokken (Gruppe A und B, Pneumokokken)

Benzylpenicillin 12–20 Mio. E/Tag

Clindamycin (4-mal 600 mg/Tag) oder Erythromycin (4-mal 500 mg/Tag) oder Vancomycin (2-mal 1 g/Tag)

gramnegative Enterobakterien

Fluorochinolone (Ciprofloxacin 2-mal 400 mg i.v. bis 2-mal 750 mg/Tag p.o.)

Cephalosporine der Gruppe III z. B. Ceftriaxon (1-mal 2 g/Tag) oder Cefepim (2-mal 2 g/Tag)

Serratia spp, Pseudomonas aeruginosa

Piperacillin/Tacobactam (6–mal 4,5 g/ Tag) plus Aminoglykosid

Cefepim (2-mal 2 g/Tag) oder Fluorchinolon plus Aminoglykosid

Anaerobier

Clindamycin (4-mal 600 mg/Tag)

Ampicillin/Sulbactam (3-mal 2 g/Tag) evtl. Metronidazol (3-mal 500 mg/Tag)

aerobe und anaerobe Mischinfektionen

Ampicillin/Sulbactam (3- bis 4-mal 2–3 g/Tag)

Imipenem (4-mal 0,5 g/Tag)

Mod. nach Zeitschrift für Chemotherapie 2004, 25:33–36)

Infektiologie

Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA)-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen (1999) Bundesgesundheitsblatt 42:954–958 Geldner G et al. (1999) Therapie und Prophylaxe bei MRSAInfektion auf Intensivstationen. Intensivmedizin 36:612– 618 Gonzalez P et al. (1999) Reduction of catheter-associated central line sepsis in a burn unit: A new methode of catheter care. Crit Care Med 27 (Suppl): 140A Heizmann WR et al. (2004) Vademecum Infektiologie 2003/ 2004. Wyeth GmbH, Münster Herbrecht et al. for the Invasive Fungal Infections Group of the European Organisation for Research and Treatment of Cancer and the Global Aspergillus Study Group (2002) Voriconazole versus amphotericin b for primary therapy of invasive aspergillosis. New Engl J Med 347:408–415 Linder MW et al. (1987) Der Mannheimer Peritonitis-Index. Ein Instrument zur intraoperativen Prognose der Peritonitis. Chirurg 58:84–92 McGee DC et al. (2003) Preventing complications of central venous catheterization. New Engl J Med 348:1123–1133 Moller K et al. (2000) Guidelines for managing acute bacterial meningitis. BMJ 320:1290 Mora-Duarte J for the Caspofungin Invasive Candidiasis Study Group (2002) Comparison of caspofungin and amphotericin b for invasive candidiasis. New Engl J Med 347:2020– 2029 Quagliarello V et al. (1997) Treatment of bacterial meningitis. N Engl J Med 336:708–716 Quintel M et al. (2003) Infektionskrankheiten in der Intensivmedizin, 1. Aufl. Uni-Med-Verlag, Bremen Trunkel AR, Scheid WM (2002) Editorial: Corticoid for everyone with meningitis? New Engl J Med 347:1613 Wacha H et al. (2000) Antibiotikatherapie bei Peritonitis. J Anästhesie Intensivmed 1:223–226 Walsh TJ (2002) Echinocandins – An advance in the primary treatment of invasive candidiasis. New Engl J Med 347:2070–2072 Walsh TJ for the National Institute of Allergy and Infectious Diseases Mycoses Study Group (2002) Voriconazole compared with liposomal Amphotericin B for empirical antifungal therapy in patients with neutropenia and persistent fever. New Engl J Med 346:225–234

Internetadressen www.dmykg.de www.dgho-infektionen.de www.mykosen-online

245

15

III

Spezielle Krankheitsbilder Kapitel 16

Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren – 249

Kapitel 17

Lebererkrankungen – 263

Kapitel 18

Pankreatitis – 273

Kapitel 19

Gastrointestinale Probleme – 281

Kapitel 20

Stressulkus – 299

Kapitel 21

Entzugssyndrome – 307

Kapitel 22

Intoxikationen – 311

Kapitel 23

Akutes Koronarsyndrom (ACS) – 321

Kapitel 24

ARDS (»acute respiratory distress syndrome«) – 329

Kapitel 25

SIRS, Sepsis und Multiorganversagen – 341

Kapitel 26

Lungenembolie – 361

Kapitel 27

Pulmonaler Hypertonus (PH) und akute Rechtsherzdekompensation – 371

Kapitel 28

Tetanus – 377

Kapitel 29

Patienten mit Subarachnoidalblutung (SAB) – 379

Kapitel 30

Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT) – 383

Kapitel 31

Therapie zerebraler Krampfanfälle – 391

Kapitel 32

Herzinsuffizienz – 393

Kapitel 33

Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders – 401

Kapitel 34

Abdominelles Kompartmentsyndrom (AKS) – 405

Kapitel 35

Häufige Herzrhythmusstörungen in der Intensivmedizin – 409

16 Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

Akutes Nierenversagen (ANV) Definition Beim ANV handelt es sich um eine abrupte, jedoch prinzipiell reversible Abnahme der glomerulären Filtrationsrate (GFR) der Nieren mit Störung des Säure-Basen-, Elektrolyt- und Wasserhaushaltes sowie Akkumulation von Stoffwechselendprodukten wie z. B. Harnstoff (= Azotämie).

Formen des ANV Einteilung in • oligourisches NV (< 500 ml Harnmenge/Tag) • nicht oligourisches NV (500–3000 ml/Tag) • polyurisches Nierenversagen (> 3000 ml/Tag) oder • prärenales NV • renales NV • postrenales NV Prärenales NV

Postoperative Inzidenz • 2–4% bei kardiochirurgischen Patienten • bis 1% bei allgemeinchirurgischen Patienten • 15–25% bei notfallmäßigen Operationen eines Aortenaneurysmas (Elektiveingriff 2–5%) Die durchschnittliche Inzidenz liegt bei 4–5% für alle Intensivpatienten (Philipp et al. 2002). Das ANV hat eine hohe Letalität und steigert diese je nach zugrunde liegender Erkrankung um das 1,5–2fache: 65% vs. 40% bei allen Intensivpatienten (Medwitz 2002).

Phasen des ANV 1. Induktionsphase (Nierendurchblutung ↓ beim prärenalen NV, GFR ↓, Beginn eines Tubulusschadens) 2. Erhaltungsphase (Oligurie oder primäre Polyurie) 3. Erholungsphase (bei 95% der überlebenden Intensivpatienten ist eine Restitutio ad integrum zu erwarten!)

Ursachen: • Hypotonie, kardiale Insuffizienz mit Abnahme des renalen Perfusionsdruck • intravasale Hypovolämie

Renales NV

Ursachen: • Niere als »Opfer«: z. B. im Rahmen von Sepsis, Schock • intrinsisches ANV: primär renoparenchymatöse Erkrankungen (akute Glomerulonephritis, interstitielle Nephritis, Zytomegalie- oder Hantavirus-Infektionen) • tubulotoxische Noxen (Crushniere mit vermehrtem Anfall von Myo-, Hämoglobin, Schädigung durch Medikamente oder Kontrastmittel) • vaskuläre Ursachen: Embolie, Thrombosen, Nierenarterienstenosen Postrenales NV

Ursache ist eine Obstruktion der harnableitenden Systeme.

250

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

Ätiologie • Hypovolämie im Rahmen der beabsichtigten Dehydratation bei pulmonaler Insuffizienz (hohe Konzentrations- und Rückresorptionsleistung führen zu hohem O2-Bedarf der Niere), Hämorrhagien, Fehlbilanzierungen (z. B. unter CVVHDF), intraoperative Fehleinschätzung des Volumenbedarfs • hypotensive Episoden bei z. B. Herzinsuffizienz oder kardialem low-output Syndrom → renaler Perfusionsdruck und renaler Blutfluss ↓ • Überdruckbeatmung (führt zu vermehrter ADHFreisetzung, Aktivierung des Renin-AngiotensinAldosteronsystems, ANP-Sekretionsminderung durch Senkung des transmuralen Vorhofdrucks → höherer renaler O2-Bedarf, Aktivierung des renalen Sympathikus über Barorezeptoren, da gegebenenfalls RR-Abfall unter Beatmung) • Sepsis, Pankreatitis und akute sowie chronische Leberinsuffizienz → maximale systemische Vasodilatation → MAP ↓ → reflektorische renale Vasokonstriktion • Anwendung nephrotoxischer Substanzen wie z. B. Glykopeptidantibiotika, Aminoglykoside, Amphotericin B, Immunsuppressiva (Ciclosporin, Cisplatin), NSAID (PGE2-Synthese ↓ → Nierendurchblutung ↓ → Gabe von NSAID sind bei Kreatininserumwerten > 2 mg/dl kontraindiziert!) • Gabe von hochosmolarem, ionischem Kontrastmitteln:

16

– GFR ↓ infolge Vasokonstriktion des Vas afferens und Beeinflussung der mesangialen Kontraktion → Umverteilung des renalen Blutflusses von kortikalen Nephronen zu Nephronen im Mark → obengenannte Reaktionen sind nicht vegetativ sympathisch, sondern Endothelin-vermittelt – erhöhte osmotische Belastung der Niere führt zu höherem Verbrauch von ATP → Beeinflussung der renalen Funktion durch anfallendes Adenosin • unbemerkte Erhöhung des intraabdominellen Drucks (> 30 mmHg) • im Rahmen von aortalen operativen Eingriffen wie z. B. Operation eines Bauchaortenaneurysma mit Aortenablemmung und konsekutiver renaler Ischämie: • kurzzeitige Ischämie: passagere Isosthenurie mit Polyurie

• längerdauernde Ischämie: GFR-Abfall auf 1% der Norm, Oligurie und Tubulusschaden • meist vorbestehende Nierenerkrankungen (rezid. Pyelonephritiden, Kimmelstiel-Wilson-GN bei Diabetes mellitus, Nephrokalzinosen bei Hyperparathyreoidismus, generalisierte Atherosklerose) • Elektrolytstörungen (Hypokaliämie und Hypophosphatämien) • Beeinflussung der Autoregulation der Nierendurchblutung durch vasoaktive Medikamente (Katecholamine, Kalziumantagonisten) oder hepatorenales Syndrom ! Beim Intensivpatienten ist das ANV meist Folge einer Summation verschiedener Risikofaktoren, die im Verlauf mehrerer Tage zum manifesten Organversagen führen! Beispiel: septischer Patient + Beatmung + nephrotoxische Medikamente

Pathophysiologie des ANV Diese ist gegenwärtig nicht eindeutig geklärt! • primäre Abnahme der Nierendurchblutung → reflektorische Sympathikusaktivierung → renale Vasokonstriktion mit resultierender Minderperfusion → Anstieg des präglomerulären Widerstands → Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteronsystems (Erhöhung des renalen O2-Bedarfs durch tubuläre Rückresorption) → Aktivierung der ADH-Sekretion → klinische Oligurie • gestörte renale Perfusion führt zur veränderten glomerulären Permeabilität (↓) → infolge erhöhtem Anteil an rückresorbierten Ultrafiltrates kommt es zur tubulären Obstruktion → beim ischämiebedingten Nierenschaden: • Abfall der GFR • Störung der Reabsorption von Natrium • Störung der Exkretion von Kalium • Dilatation der Tubuli • Verlust des Bürstensaums der proximalen Tubuluszellen • tubuläre Obstruktion durch hypoxische Zellschwellung und Eiweißpräzipitation in den Sammelrohren  Aufhebung der renalen Autoregulation beim ANV (Nierenperfusion ist vom Systemdruck/ HZV abhängig!)

251

Spezielle Krankheitsbilder

16

Diagnostik Harnuntersuchung Normbereich

Prärenales NV

Renales NV

Postrenales NV

Harnosmolarität (mosmol/kg)

500–900

> 500

< 350

< 450

Urin-Kreatinin/Serum-Kreatinin

≈ 10

> 20

< 20

< 20

Urin-Na+ (mmol/l)

40–80

< 20

> 30

> 40

Fraktionierte Na-Elimination (%)*

1–3

3

>3

* Fraktionierte Na-Elimination (FENa) =

Urin-Na × Serum-Krea × 100 Serum-Na × Urin-Krea

Harnsediment

Kreatinin-Clearance

• Nachweis von Erythrozyten: – dysmorphe Erys: Hinweis auf glomeruläre Schädigung – eumorphe Erys: Hinweis auf Blutung aus den ableitenden Harnwegen – Eryhrozytenzylinder: beweisend für glomeruläre Schädigung • Leukozytenzylinder: Hinweis auf Infektion bei interstitieller Nephritis: in 30% der Fälle Nachweis von eosinophile Leukozyten im Urin

• Normalwert: 90–130 ml/min (altersabhängig) • berechnet aus dem 24-Stunden-Sammelurin:

• Proteingehalt: Mikro- oder Makroproteinurie • Nachweis einer Glukosurie • Nachweis von tubulären Enzymen im Harn: – im Bürstensaum befindliche Alaninaminopeptidasen – in der Membran verankerte Glutamyl-Transpeptidasen – α-Glutathion-S-Transferase → Hinweis für proximalen Tubulusschaden (selektiv erhöhte Werte im Rahmen der Ciclosporinnephrotoxizität) – π-Glutathion-S-Transferase → Hinweis für distalen Tubulusschaden und selektiv erhöhte Werte im Rahmen der Nierentransplantatabstoßung – in den tubulären Lysosomen befindliche NAcetyl-β-D-glukosaminidasen Harnkultur

Nachweis einer Infektion bei einer Keimzahl > 106/ml.

Krea-Clearance (ml/min) =

Urin-Kreatinin × Urinvolumen Serum-Kreatinin × Zeit (min)

• geschätzt nach der Cockcroft-Gault-Formel: Krea-Clearance (ml/min) =

(140 – Alter) × kgKG =×F 72 × Serum-Kreatinin

F = 1,0 für Männer bzw. 0,85 für Frauen Virusserologie

Nachweis von CMV oder Hanta-Viren.

Therapie Dopamin

• in »Nierendosis« (2–4 µg/kg/min) • führt zur renalen Vasodilatation → RBF ↑ und GFR ↑, Diurese ↑ und Reduktion der Na+/K+ATPase-Aktivität im proximalen Tubulus (führt zu geringerem renalen O2-Verbrauch) → Natriurese ↑ → Anstieg der Urinproduktion → Umwandlung eines oligourischen in ein polyurisches NI mit besserer Prognose  es gibt jedoch gegenwärtig keine klinische Studie aus den Bereichen Transplantations-, Gefäß-, Kardio- und Allgemeinchirurgie, die einen Vorteil der Dopaminapplikation bezüglich der Verbesserung oder Vermeidung eines dialysepflichtigen ANV nachgewiesen hat!  Ausnahme hiervon sind das ANV im Rahmen einer Malaria und einer Interleukin 2-Therapie

252

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

 einige Arbeiten berichten sogar von einer negativen Beeinträchtigung der Perfusion und der O2Aufnahme der gastrointestinalen Mukosa wahrscheinlich infolge präkapillärer Vasokonstriktion (tierexperimentelle Ergebnisse!) sowie negative Auswirkungen auf verschiedene Hormonsysteme (STH ↓, Prolaktin ↓ und Thyreotropin ↓ bei Kindern). Außerdem steigert Dopamin den intrapulmonalen Shunt, induziert Übelkeit, reduziert die gastrale Motilität, reduziert den Atemantrieb und führt oft zu kardialen Arrhythmien! Schleifendiuretika (Furosemid, Etacrynsäure)

• Anstieg der Urinproduktion, Abfall der Urinosmolarität, Abnahme des O2-Verbrauchs des Nierenmarkbereiches und Verminderung der tubulären Obstruktion Furosemid (Lasix):

• • • • •

Wirkbeginn: 2–5 min Wirkmaximum: 60–90 min Wirkdauer: 4 h HWZ: 60 min 50% des Furosemid werden unverändert über die Niere ausgeschieden; 10% unverändert über Fäzes und ca. 40% werden glukuronidiert • max. Dosis: 1,5 g/24 h

• positiver Effekt bezüglich der Vermeidung des ANV nach Nierentransplantation (Antagonisierung der durch Ciclosporin induzierten arteriolären Vasokonstriktion mit Hypertonie) und Nephrotoxin-induziertem ANV (Kontrastmittel und Aminoglykoside) Urodilatin (experimentell)

• ist mit dem atrial natriuretischem Hormon (ANP) bzw. Cardiodilatin verwandt • besitzt jedoch 4 AS mehr = 32 AS • wirkt auf 3 Rezeptortypen: A und B sind mit intrazellulärer Guanylatzyklase gekoppelt → cGMP → Vasodilatation Typ C: so genannter Clearance-Rezeptor, da kein Signal ausgelöst wird • Bildungort: distaler Tubulus und Sezernierung ins Lumen → daher nur im Urin zu finden! • Regelung wahrscheinlich über einen kardiorenalen Reflexbogen, der intakte Innervierung des Herzen voraussetzt • renale Elimination • Indikation: Therapie des drohenden Nierenversagens nach HTPL oder LTPL zur Aufhebung der durch Ciclosporin-induzierten Vasokonstriktion Atrial-natriuretischer Faktor (ANP, experimentell)

! Cave: Primäre Nephro- und Ototoxizität, Verstärkung der Nebenwirkung anderer nierenschädigender Substanzen!

Osmodiuretika

16

Reduktion der tubulären Zellschwellung nach renaler Ischämie, Vermeidung von Tubulusokklusionen durch Anstieg des tubulären Flusses, Anstieg der PGE2-Konzentration, vermehrte ANP-Ausschüttung. Mannitol (Osmofundin 15–20%):

• Zuckeralkohol, der kaum metabolisiert wird • HWZ: 120 min; bei urämischen Patienten 11,5 h • nicht anwenden bei anurischem Nierenversagen!

• 2 Peptide (Atriopeptid I und II) • bewirkt einen Anstieg der GFR durch Dilatation der afferenten Arteriolen und Konstriktion der efferenten Arteriolen → Filtrationsdruck ↑, Anstieg der glomerulären Permeabilität → Salz- u. Wasserverlust ↑, Hemmung von Aldosteron • bei herztransplantierten Patienten mit Ciclosporintherapie und eingeschränkter GFR führte die ANP-Gabe (100 ng/kg/min) zu einer Steigerung der GFR (70%), des Ultrafiltrates (240%) und des renalen Blutflusses (50%) • Nebenwirkungen: – systemische Hypotension – Freisetzung durch Volumenzufuhr Fenoldopam (experimentell)

Kalziumantagonisten (Diltiazem)

• Vasodilatation der afferenten Arteriolen durch Inhibierung des Kalziumeinstroms, Anstieg des renalen Blutflusses und GFR

• Razemat, wobei nur das R-Enantiomer die renalen und vasodilatorischen Effekte bewirkt • bewirkt anhaltende Diurese über D1-Rezeptor • Wirkdauer: 5 h

253

Spezielle Krankheitsbilder

• HWZ: ca. 10 min • Metabolisierung zu Methoxymetaboliten, sowie zu Sulfat-und Glucuronidkonjugaten

16

Nephrotisches Syndrom Definition

8,4%iges Natriumbikarbonat

Protektiver Effekt der Alkalisierung bei ANV bedingt durch Hämolyse/Myolyse, Paraproteinämie und Aminoglykosid-induziertem NV.

Starke Proteinurie > 3,5 g/24 h/1,73 m2 Körperoberfläche.

Klinik Theophyllin Der unspezifische Phosphodiesterasehemmer

soll in einer Dosierung von 0,5–1 mg/kg/h über eine adenosinantagonistische Wirkung verhindern, dass Adenosin bei ischämischem Nierenschaden die Angiotensin-II-Wirkung verstärkt und damit die präglomeruläre Vasokonstriktion erhöht. Durchführung eines Renal-rescue-Programms • Anstreben von Normovolämie durch Volumen-

gabe und simultaner, niedrig dosierter Nitroglycerinapplikation (bis 2 mg/h) → Auffüllen des venösen Pools • Zielkriterien sind nicht nur das strikte Einhalten des Normbereiches von bestimmten Messwerten wie ZVD ( > 5 mmHg), PCWP (12–16 mmHg), sondern auch klinische Aspekte wie ausreichend Urinproduktion (> 2 ml/kg/h) und Farbe (konzentriert, hämolytisch, etc.), gute periphere Durchblutung, Herzrate, Verlauf der arteriellen Druckkurve (Vermeiden des cardiac cyclings) • Anstreben einer Normotension (MAP > 70 mmHg) → Verbesserung der renalen Perfusion • Optimierung des O2-Angebotes ( > 550 ml/min/ m2) und der Herzleistung (CI > 4,0 l/min/m2) • Vermeidung von nephrotoxischen Substanzen • Vermeidung einer hyperkalorischen Ernährung in der Akutphase des ANV (Erhöhung des O2Bedarfs der Niere) → s. Ernährungstherapie  bei Niereninsuffizienz werden Medikamente, welche renal eliminiert werden primär als loading dosis ganz normal dosiert und anschließend entweder nach Wirkspiegel (drug monitoring z. B. bei Glykopeptidantibiotika und Aminoglykoside) oder nach der so genannten Freiburger Liste (nach (Keller 1995) oder Wiener Liste (Thalhammer 2003, s. Anhang) dosiert!

• primäre Natriumretention mit Ödembildung (Beginn noch vor der Proteinurie und Hypoalbuminämie) und hypalbuminämische Ödeme (Serumalbumin < 2,5 g/dl) • Hyperlipoproteinämie (Triglyzeride und Cholesterin ↑) • erhöhtes Thromboserisiko infolge AT-III-Mangel durch renalen Verlust und Hämokonzentration aufgrund intravasaler Hypovolämie • Infektneigung aufgrund des IgG-Verlustes

Ätiologie • primäre Glomerulonephritiden in 80% der Fälle: – Minimal-change-GN, vorwiegend bei Kindern – membranöse bzw. membranoproliferative GN – fokal-segmentale GN – diabetische Nephropathie • seltener: – paraneoplastisch mit Kombination der obengenannten GN – Nierenamyloidose – Leichtkettenerkrankung – fibrilläre Glomerulopathie – Cholesterinembolie – Systemerkrankungen (Lupus erythematodes) – immunologisch (z. B. Goldpräparate) – Erbkrankheiten (M. Alport)

Pathophysiologie • primär gesteigerte Natriumrückresorption vornehmlich im distalen Tubulus unklarer Ursache • Albumin ↓ → KOD ↓ → Flüssigkeitsverschiebung ins Interstitium → Verminderung des Plasmavolumens → Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems; ADH ↓ → ANP ↓ → Wasser und Salzretention → Ödeme

254

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

Diagnosesicherung

Ziele der Nierenersatzbehandlung

• Nierenbiopsie mit Biopty-Nadel und Sonographie • Laborkonstellation bzw. Elektrophorese Albumin ↓ und γ-Globuline ↓, α2- und β-Globuline

• Elimination von überschüssigem Gesamtkörperwasser und harnpflichtigen Substanzen (Urämietoxine wie z. B. Kreatinin, Harnstoff) • Korrektur von Störungen im Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt (Kalium, Natrium, Kalzium, Phosphat, pH-Wert, Bikarbonat)

Therapie

16

• Natriumrestriktion (50 mmol/Tag ca. 3 g NaCl/d) • Schleifendiuretikum zur Erreichung einer negativen Natriumbilanz (vorsichtige Dosierung aufgrund der Gefahr der Hypovolämie und Hämokonzentration) • Gabe von ACE-Hemmern auch ohne Hypertonie → Reduktion der Proteinurie • proteinbeschränkte Kost (0,6–0,8 g Protein/kg/d); unter Diät mit Sojabohnenprotein (0,7 kg/kg/d) • idiopathisches nephrotisches Syndrom: – Minimal-change-GN oder fokal-segmentale GN): Steroidtherapie mit Methylprednisolon (Urbason) 1 mg/kg/d für mindestens 8 Wochen; ggf. bei Ineffektivität der Steroidtherapie Gabe von Cyclophosphamid (Endoxan) 1–2 mg/kg/Tag während 8 Wochen, bei fokalsegmentaler GN ggf. Ciclosporin A – bei membranöser GN: Ponticelli-Schema (3 alternierende Zyklen von je 4 Wochen Dauer mit Methylprednisolon bzw. Chlorambucil) • Antithrombosestrümpfe und Thrombozytenaggregationshemmer, ggf. bei hohem Risiko Antikoagulation mit Marcumar • ggf. Therapie mit Lipidsenkern bei Hyperlipidämie → Reduktion des kardiovaskulären Risikos • Ultima ratio bei exzessiver und therapierefraktärer Proteinurie: bilaterale Nephrektomie • bei Hepatitis-B-assoziiertem nephrotischem Syndrom: α-Interferon

Nierenersatzverfahren Historie 1977

1981 1985 1987

erster Einsatz einer arteriovenösen Hämofiltration (CAVHF) durch Kramer in Göttingen Einführung der CVVHF durch Bischoff Einführung der CAVHD durch Geronemus Einführung der CVVHD durch Uldall

! Im intensivmedizinischem Bereich haben sich die kontinuierlichen Nierenersatzverfahren (CVVHF und CVVHDF) gegenüber der intermittierenden Hämodialyse (IHD) durchgesetzt: erhöhte hämodynamische Stabilität, verbesserte Flüssigkeitskontrolle, effektivere Blutreinigung, stabilerer Metabolismus (pH-Wert, Serumosmolarität), besserer pulmonaler Gasaustausch, geringerer Katecholaminbedarf bei kreislaufinstabilen Patienten

Indikation • akute Oligo-Anurie mit Anstieg der harnpflichtigen Substanzen

• • • • • •

(Kreatinin 600–800 µmol/l [= 7–9 mg/dl, Umrechnungsfaktor: 88,4]; Harnstoff 30–35 mmol/l [= 200 mg/dl, Umrechnungsfaktor: 0,17) unter adäquater Behandlung mit Schleifendiuretika, differenzierter Volumenund Katecholamintherapie  die »Dialyseschwelle« wird nicht einheitlich bewertet (fehlende Studien auf dem Boden von evidence-based medicine) bei erhöhten Harnstoffwerten > 50 mmol/l [290 mg/dl] ist auch bei Polyurie (> 2,5 l/Tag) eine Nierenersatztherapie indiziert akute Elektrolytstörungen (Hyperkaliämie → Hämodialyse) Diuretika-resistente Hyperhydratation und pulmonales Ödem mit respiratorischen Störungen urämische Komplikationen (Perikarditis, Enzephalopathie, Thrombozytopathien mit Blutungsneigung, Übelkeit und Erbrechen) Intoxikationen z. B. Lithium, Methanol, Procainamid Entfernung von Medikamenten z. B. perioperative Elimination von Hirudin (Refludan) mit geeigneter Filterkartusche

Erweiterte Indikation

• SIRS bzw. septischer Schock, Pankreatitis → Elimination von Toxinen (z. B. Streptokokkenenterotoxin), proinflammatorischen Zytokinen, myocard-depressant factor • Steigerung der immunologischen Abwehr infolge der Entfernung eines granulozyten-inhibierenden Proteins (GIP)  eine Beeinflussung der Letalität durch den Einsatz von Nierenersatzverfahren bei Intensivpatienten mit MOV konnte bis heute nicht nachgewiesen werden!

Einteilung der Dialyseverfahren • extrakorporale Dialyseverfahren mit einem Blutfluss durch einen Dialysator und Dialysatfluss im Gegenstromprinzip. Weitere Unterteilung in: Kontinuierliche Verfahren

Zwischenstellung

Intermittierende Verfahren

CVVH

SLEDD (slow extented dialy dialysis) mit niedrigem Heparinbedarf, hoher Harnstoff-Clearance, guter Kreislaufstabilität; Anwendung des GeniusSystems von Fresenius mit reiner Bikarbonatdialyse und ultrareinem Dialysat

intermittierende HD

Kontraindikationen • absolute: prärenales oder postrenales ANV, welche therapierbar sind • relative: von Willebrandt-Jürgens Syndrom und andere Gerinnungsstörungen, frische intrakranielle Blutungen, allgemeine Blutungsneigungen

Komplikationen • Hypotonie, Herzrhythmusstörungen, Hämolyse, Muskelkrämpfe, Luftembolie, Dysäquilibriumssyndrom (tritt nicht auf bei kontinuierlichen Eliminationsverfahren), Hartwassersyndrom (Hyperkalziämie durch unzureichend enthärtetes Wasser oder sek. Hyperparathyreoidismus → heutzutage selten geworden), Blutungen, Thrombozytopenien, Bilanzierungsfehler, teils erwünschte Hypothermie (Energieverluste bis zu 750 kcal/Tag) • Katheterkomplikationen – Thrombosen (bis zu 17% bei A.+V. femoralisAnlage) – Embolie (2%) – Fistelbildung – Kathetersepsis (2–20%) – Peritonitis bei Peritonealdialyse • Dialyseflüssigkeitskomplikationen; Verunreinigungen mit Moraxella, Pseudomonas spp., Corynebakterien und Mikrokokken

16

255

Spezielle Krankheitsbilder

CVVHD

intermittierende HF online

CVVHDF

intermittierende HDF

CAVH

• intrakorporale Dialyseverfahren, bei denen das Peritoneum als Austausch-Dialyse-Membran dient

Grundprinzipien der extrakorporalen Eliminationsverfahren Gefäßkanülierung • Shaldon-Katheter 8–11,5 F bei Erwachsenen

und 6,5–7 F für Kinder, bevorzugt in die V. jugularis interna, V. femoralis • die V. subclavia sollte aufgrund der Gefahr der Thrombosierung mit späterer Beeinflussung eines operativ angelegten Dialyseshunt nicht bevorzugt werden! • Tenckhoff-Katheter für Peritonealdialyse (PD) bei Kindern

Hämodialyse • Die Clearance erfolgt durch Diffusion von Stoffen mit einer Molekulargröße < 1000–1500; angestrebt wird der Konzentrationsausgleich von

256

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

Stoffen beidseits der semipermeablen Membran → beim Dialyseprinzip werden zwei Lösungen mit unterschiedlichen Konzentrationen im Gegenstromprinzip aneinander vorbei geleitet.

Hämofiltration • Clearance erfolgt durch Konvektion von Stoffen mit einer Molekulargröße < 30000; hierbei werden die gelösten Substanzen durch einen Filtrationsprozess mit Hilfe eines Druckgefälles gemeinsam mit einem Lösungsmittel als Carrier durch die Membran geschleust • → Entfernung von Kalzium, Magnesium und Bikarbonat, das ersetzt werden sollte

Hämodiafiltration • Kombination aus Diffusion und Konvektion über eine hochpermeable Membran

Membranmaterialien Zellulosemembranen (Cuprophan, Hemophan): • biologisch nichtinert → Freisetzung von Media-

toren, Komplementaktivierung, klinisch teilweise ausgeprägte Leukozytose, resultierende kardiopulmonale Instabilität • werden auch als so genannte Low-flux-Membranen bezeichnet: – Wandstärke: 5–15 µm, symmetrische Struktur und uniforme Porengröße – Prinzip: Ultrafiltration, keine Rückresorption – Vorteil: kostengünstig, gute Effizienz im kleinmolekularen Bereich

16

Polysulfon-, Polyacrylnitril- oder Polyamidmembranen • biologisch inerte Membran, welche eine höhere

Überlebensrate der Patienten und eine schnellere renale Erholung ermöglicht: die Polyacrylfilter haben eine längere Laufzeit und ein geringeres Thrombozyten-Aktivierungspotential als Polyamidfilter • werden auch als so genannte High-flux-Membran bezeichnet (→ höhere Wasserpermeabilität als Low-flux-Membranen, d. h. bei vorgegebe-

nen Druckgradienten wird pro Zeiteinheit mehr Plasmawasser filtriert) – Wandstärke: 40–100 µm; dünne innere Trennmembran und schwammartige äußere Stützschicht, große Membranporen und hoher Siebkoeffizient – Prinzip: proximal überwiegt die Filtration und distal die Rückresorption – Elimination von Stoffen auch im mittleren und großmolekularen Bereich (evtl. Elimination von Mediatoren)

Dialyselösungen • Bikarbonat-Lösungen: bessere hämodynamische Stabilität, muss jedoch kurz vor dem Einsatz hergestellt werden • Azetat-Lösungen: sollten nicht mehr verwendet werden → Nachteil: Vasodilatation mit Hypotonie, Einschränkung der myokardialen Kontraktilität, Ausbildung einer Hypokapnie aufgrund eines pCO2-Verlustes über die Dialysemembran → alveoläre Hypoventilation mit konsekutiver Hypoxämie • Laktat-Lösungen: Zufuhr von großen Laktatmengen (bis 2000 mmol/24 h) mit folgenden Nebenwirkungen: Einschränkung der myokardialen Kontraktilität, Hemmung der endogenen Laktatverwertung, Verstärkung der Glukoseintoleranz, fragliche Steigerung des Proteinkatabolismus. Kontraindikation: erhöhte endogene Laktatproduktion (Schock, Sepsis) und Leberinsuffizienz

Eliminationsverfahren Intermittierende Verfahren Hämodialyse (HD)

• Indikation: akute Intoxikation von bestimmten dialysablen, kleinmolekularen Substanzen, bei akuter Elektrolytentgleisung (lebensbedrohliche Hyperkaliämie) und hoher Blutungsgefahr (dann Dialyse »ohne« Heparin!) • Blutflussrate von ca. 200–300 ml/min • Dialysatfluss von 500 ml/min bzw. 30 l/h • Filtrationsvolumen von jeweils 30–40 l pro 3- bis 6stündlicher »Sitzung«

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Spezielle Krankheitsbilder

! Cave: Hyperphosphatämie und Dysäquilibriumssyndrom durch stärkere intra-extrazelluläre Harnstoffschwankungen!

• Effektivität der Dialyse wird mittels der HarnstoffClearance ermittelt: Effektivität der Dialyse =

K×t

V K Harnstoffclearance t Behandlunszeit (in h), V Harnstoffverteilungsvolumen (ca. 58% der Körpergewichts) z. B. bei üblicher Hämodialyse: K = ca. 200 ml/min = 12 l/h; t = 4 h, V = 48 l (bei 83 kg Körpergewicht) 12l/h × 4 h Effektivität der Hämodialyse = = 1,0 48l

 der Quotient sollte nach neueren Erkenntnissen bei chronischer Dialyse um 1,3 liegen (intensivierte Dialyse) → Reduktion des jährlichen Todesrisikos um ca. 7–9% bei jeder Steigerung des obengenannten Quotienten um 0,1!

Kontinuierliche Verfahren CAVHF (kontinuierliche arteriovenöse Hämofiltra-

tion bzw. Spontanfiltration) • MAP sollte > 80 mmHg betragen → Blutdruck = effektiver Filtrationsdruck, der Filter sollte < 15 cm Länge aufweisen, um Hämokonzentration entlang des Filters zu vermeiden, Hämatokrit sollte max. bis 40% betragen, PTT > 50 s • durchschnittliche tägliche Ultrafiltratmenge: 12– 15 l Nachteile:

• Filtrationsrate ist vom Blutfluss (40–200 ml/ min) bzw. Blutdruck abhängig • keine Überwachung von Luft und Thromben im System • Gefahr des unbemerkten Blutverlustes bei Diskonnektion • Notwendigkeit einer arteriellen und venösen Punktion • höhere Antikoagulation in Vergleich zu anderen Verfahren notwendig • ständig schwankende Filtrationsrate, welche die Bilanzierung erschwert

16

(→ Filtrationsmenge abhängig vom arteriellen Blutdruck) CVVHF (kontinuierliche venovenöse Hämofiltration) • Blutflussrate von ca. 100–200 ml/min wird über eine Rollerpumpe sichergestellt • Filtrationsvolumen bis zu 60–70 l/Tag • Gewährleistung einer besseren hämodynamischen Stabilität

Durch Erhöhung der üblichen, täglichen Filtratmenge (intensivierte Hämofiltration mit Filtratmengen von 1,5–3 l/Stunde) konnten erstmals Ronco et al. (2000) eine Reduktion der Mortalität von Intensivpatienten mit ANV nachweisen. Die Überlebensrate konnte von 41% auf 58% erhöht werden, wenn die Filtratmenge von 25 auf 35 bzw. 45 ml/kg/h gesteigert wurde (= >2,5 l/h oder 60 l/ Tag). Obwohl diese Ergebnisse in einer größeren Studie von Boumanns (2002) nicht bestätigt werden konnte, geht man heute davon aus, dass eine größere Filtratmenge die Letalität reduziert. Wird das Nierenersatzverfahren frühzeitig begonnen (Harnstoff-Serumwerte 1,0 m2, Blutfluss >150 ml/h, Therapie der Hypothermie. Nachteile:

• gerätetechnischer Aufwand und Notwendigkeit von ausgebildetem Personal • Möglichkeit von exzessiven Flüssigkeitsschwankungen durch Bilanzierungsfehler → genaue Flüssigkeitsbilanzierung (Zwischenbilanzen!) • benötigt zusätzlich eine Luftfalle • nur langsame Harnstoff- und Kaliumelimination

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Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

CVVHDF (kontinuierliche venovenöse Hämodiafiltration) • Kombination von Filtration und Dialyseverfahren • Dialysatfluss von 1–2 l/h CAVHD (kontinuierliche arteriovenöse Hämodia-

lyse) • bessere Clearance im kleinmolekularen Bereich !

• Glukoseverlust unter kontinuierlichen Eliminationsverfahren: 40–80 g/Tag

• AS-Verluste unter kontinuierlichen Eliminationsverfahren ca. 6–15 g/Tag

• kein Verlust von Fetten • die kontinuierlichen Verfahren haben sich in den letzten Jahren zunehmend durchgesetzt (geringere Komplikationen und bessere kardiale Stabilität).

! Die kontinuierlichen Nierenersatzverfahren (CRRT) scheinen gerade bei MODS im Vergleich zur intermittierend Hämodialyse (HD) eine geringere Letalität aufzuweisen. Aus ökonomischer Sicht sind nach einer Untersuchung von Vitals (2003) beide Verfahren annähernd gleich: € 277,– bei kontinuierlicher Nierenersatztherapie (79% der Gesamtkosten fallen auf Materialkosten und 21% auf Personalkosten) versus € 248,– bei intermittierender Dialyse (44% der Gesamtkosten fallen auf Materialkosten und 56% auf Personalkosten). Neuere Daten geben € 326,–/Tag für CVVH an (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)

16

Gerinnungshemmung während extrakorporaler Eliminationsverfahren 1. durch systemisch wirksames, unfraktioniertes Heparin (UFH)

– Durchspülen und Benetzen der Filter mit 2500–5000 IE Heparin – initial 20–50 IE/kg in den zuführenden Schenkel – anschl. 5(–10)–30 IE/kg/h (bei Blutungsgefahr 5–15 IE/kg/h) nach PTT (PTT 50–60 s oder ACT (180)–200–240 s) bzw. im Rahmen der sog. regionalen Heparinisierung mit Heparin-Gabe vor dem Filter und Antagonisierung mit Protamin nach dem Filter

2. durch systemische Applikation von Prostaglandinen – z. B. Prostazyklin (Flolan, Ilomedin): 5–15 ng/ kg/min in Kombination mit niedrig-dosierter Heparintherapie (keine Prostazyklin-Monotherapie, systemische Nebenwirkung mit Blutdruckabfall und Herzfrequenzanstieg, Medikament ist teuer! Indikation bei rezidivierender transfusionspflichtiger Thrombozytopenie oder ständigem Filterverschluss unter Heparin (nach Ausschluss einer HIT II) 3. durch Tri-Natrium-Citrat – zur regionalen/lokalen Antikoagulation mit 2–4% Natriumzitrat (Na3C6H5O7), einem Chelatbildner mit Kalzium; bei 0,25 mmol/l Kalzium keine Gerinnungsneigung mehr – Komplex wird zu 90% eliminiert bei Highflux-Membranen (Siebkoeffizient: 0,9) – kontinuierliche Infusion von 3–8% des Filterblutflusses (ca. 200 ml ± 20 ml/h), nach ACT 200–250 s bzw. Kalziumserumkonzentration im Postfilterbereich (0,6–0,7 mmol/l Gesamt bzw. iCa2+ von 0,25–0,35 mmol/l); systemische Gabe von Ca-Glukonat oder CaCl über separaten Schenkel – NW: Hypernatriämie mit Kardiodepression (Verwendung natriumarmer Dialysate), metabolische Alkalose aufgrund der HC03–Produktion durch Zitratverstoffwechselung (aus 1 Zitratmolekül entstehen 3 Bikarbonatmoleküle, Verwendung von pufferreduzierter Lösungen), Hypo- und Hyperkalziämien (Kontrolle des ionisierten Kalziums) ! Die regionale Zitratantikoagulation könnte in Zukunft aufgrund geringer Nebenwirkungen und geringer Kosten an Bedeutung gewinnen (nach Bach, Krefeld)!

4. Lepirudin (Refludan) – intermittierende Bolusgaben von 0,05 mg/kg KG i.v. (geringere Blutungskomplikationen als kontinuierliche Infusion) bzw. nach Bolus von 0,05 mg/kg kontinuierliche Infusion von 5–25 µg/kg KG/h (0,005–0,025 mg/kg KG/h) mit aPTT um ca. 60 s oder Ecarinzeit zwischen 80–100 s

5. Danaparoid-Natrium (Orgaran) – Bolus mit 750 IE, anschl. 140 IE/h, Ziel-AntiXa-Spiegel: 0,4 U/ml.

Grundprinzipien der Peritonealdialyse • Instillation von ca. 1–2 l Dialysatlösung in die Bauchhöhle über speziellen Katheter für die Dauer von ca. 2–6 h (unter absolut sterilen Bedingungen) • der Flüssigkeitsentzug wird über die Osmolarität der Lösung (350–511 mosmol/l), welche durch die Glukosezugabe bedingt ist, gesteuert • neuerdings wird an Stelle der Glukose das noch teure Icodextrin verwendet

Hauptkomplikation • Peritonitis • lokale Katheterinfektion • nach jahrelanger Anwendung Nachlassen der Ultrafiltration infolge sklerosierender Peritonitis aufgrund der Dickenzunahme des Peritoneums • ungenügende Harnstoffelimination bei katabolen Zuständen

16

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Spezielle Krankheitsbilder

Die Medikamentenelimination ist von 3 Faktoren abhängig: 1. Siebkoeffizient der Substanz 2. von der Qualität des Nierenersatzverfahren bzw. von der Clearancegröße: CL = QF × Sc,

wobei Cl: Clearancerate, QF = Blutfluss durch den Filter, Sc = Siebkoeffizient ist 3. Filtermaterial bzw. Cut-off-Wert (in Daltons) Einige Medikamentenbeispiele für CVVHF Substanz

Siebkoeffizient

Freier Anteil

Ampicillin

0,7

0,8

Mezlozillin

0,7

0,7

Cefotaxim

0,6

0,6

Ceftazidim

0,9

0,9

Cefoxitin

0,6

0,5

Ceftriaxon

0,7

0,1

Oxacillin

0,02

0,05

Imipenem

1,0

0,9

Cilastatin

0,8

0,6

Vancomycin

0,8

0,9

Ciprofloxacin

0,8

0,7

Tobramycin/ Gentamicin

0,8

0,9

Diazepam

0,02

0,02

Theophyllin

0,9

0,85

Peritonealdialysearten

Phenytoin

0,4

0,2

• CAPD (chronisch ambulante Peritonealdialyse) • CCPD (chronisch zyklische Peritoneladialyse) → nachts übernimmt ein spezielles Gerät (Cycler) nach vorgegebenen Angaben den Wechsel der Spüllösung, tagsüber dann normaler Beutelwechsel wie bei CAPD • IPD (intermittierende Peritonealdialyse in einem Dialysezentrum)

Lidocain

0,2

0,4

Medikamentendosierung unter Nierenersatzverfahren (NEV)

 Das heißt, Ceftazidim (Fortum) oder Imipenem (Zienam) werden sehr gut eliminiert, während Oxacillin (Stapenor), Phenytoin (Zentropil) oder Diazepam (Valium) nur zu einem geringen Anteil durch das kontinuierliche NEV eliminiert werden können

Röntgenkontrastmittel(RKM-)induzierte Nephropathie

Beurteilung anhand des Siebkoeffizienten: Sc =

CFiltrat CPlasma

Das heißt, Sc= 1,0 bedeutet freie, ungehinderte Filtration bzw. vollständige Elimination der Substanz unter NEV.

Definition Kreatininanstiege innerhalb von 3 Tagen nach vorausgegangener KM-Gabe: 1. ≥0,5 mg/dl bei einem Ausgangswert unter 2,0 mg/dl 2. ≥1,0 mg/dl bei Ausgangswerten ≥2,0 mg/dl

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

260

RKM-Toxizität

Athero-(Cholesterin-)Embolie

Pathogenese

medulläre Vasokonstriktion und direkte Tubulustoxizität

Mikroembolien, Fremdkörperreaktionen, Intimaproliferation

Auftreten

1–3 Tage nach RKM-Gabe

1–4 Wochen nach RKM-Gabe

Begleitsymptome

Allergie

digitale Nekrose, zerebrale Symptome (Verwirrtheit bis Koma), Levido reticularis Eosinophilie, Komplement

Labor Verlauf

gut reversibel

nur 25% reversibel

! Die RKM-induzierte Nephropathie muss differentialdiagnostisch von der atheroembolisch ausgelösten akuten Niereninsuffizienz nach radiologischer Untersuchung unterschieden werden

Ursachen Die intravasal applizierten Röntgenkontrastmittel werden renal ausgeschieden. Sie • führen zu einer Vasokonstriktion der Nierengefäße mit Perfusionsminderung (Endothelin und Angiotensin-II-vermittelt) • haben einen zytotoxischen und proapoptotischen Effekt • induzieren die Bildung freier Radikale und schädigen hierüber das Nierengewebe

2. sekundäre Risikofaktoren – erniedrigtes intravasales Volumen (Dehydratation, Leberzirrhose) – Art und Menge des verwendeten KM (Cave: hyperosmolare KM und Volumina >300 ml Gesamtmenge sowie wiederholte Gabe innerhalb von 7 Tagen) – Herzinsuffizienz und Paraproteinämie (multiples Myelom, nephrotisches Syndrom) – begleitende Therapie mit nephrotoxischen Substanzen (Aminoglykoside, NSAID, Cephalosporine etc.) – Alter >70 Jahre

Prognose Die RKM-induzierte Nephropathie ist voll reversibel und hat insgesamt eine gute Prognose.

Risikofaktoren 1. primäre Risikofaktoren – vorbestehende Niereninsuffizienz (Krea >1,4 mg/dl) – Diabetes mellitus mit eingeschränkter Niereninsuffizienz

16

a

Prophylaxe/Therapie Die Prophylaxe richtet sich nach den Risikofaktoren (RF), eingeteilt in 3 Bereiche:

Normale Risiko (1)

Mittleres Risiko (2)

Hohes Risiko (3)

Definition

keine RF

Patient mit RF, die nicht der Gruppe 3 zugehören

Diabetes mellitus mit Krea >2,0 mg/ dl oder Krea >3,0 mg/dl

Maßnahmen

Dehydratation vermeiden, Vermeidung zusätzlicher nephrotoxischer Faktoren

Hydratation, Reduktion des RKM-Volumens, Vermeidung zusätzlicher nephrotoxischer Faktoren

wie Gruppe 2, niedrig osmolares RKMa, Erwägung einer prophylaktischen Hämodialyse nach RKM

nur von Vorteil für leichte Formen ohne Nierenersatzverfahren

261

Spezielle Krankheitsbilder

• ausreichende Trinkmenge bzw. Infusionsmenge vor und nach KM-Gabe (die Hydratation hat auf Evidence-based-medicine-Basis den höchsten Stellenwert (Kategorie A)! Hierbei scheint die Vollelektrolytinfusion der Halbelektrolyttherapie überlegen zu sein. Dosis: 1 ml/kg KG/h 12 h vor KM-Gabe, während der KM- und 12 h nach KM-Gabe! Keine Gabe von Diuretika (Cave: Dehydratation). • Verwendung von nichtionisiertem, niedrig osmolarem KM (Osmolarität immer noch um 600 mosm/kg) → Verwendung alternativer KM (Gadolinium) oder neuerer KM (z. B. Iodixanol = isoosmolares, dimeres Kontrastmittel) • Beschränkung der KM-Menge auf kleiner 300 ml • Anwendung von Acetylcystein (ACC) 2-mal 600 mg p.o. (jeweils 1 Tag vor und nach KMGabe) • Vermeidung von nephrotoxischen Substanzen (Aminoglykosiden, Glykopeptiden etc.) • Entfernung des applizierten Kontrastmittels durch Hämodialyse (keine Peritonealdialyse) bei deutlich eingeschränkter Nierenfunktion (fraglicher positiver Effekt, da die Dialyse erst 1–2 h nach der KM-Gabe durchgeführt wird und das KM schon den renalen Schaden induziert hat)

• ggf. Gabe von Dopamin, Theophyllin beginnend 1 Tag vor KM-Gabe, atrialem natriuretischen Peptid (ANP) und Ca-Antagonisten (fraglicher positiver Effekt)

Ausgewählte Literatur Bellomo R, Ronco C (1999) Continuous renal replacement therapy in the intensive care unit. Intensive Care Med 25:781–789 Cole L et al. (2003) The impact of lactate-buffered high-volume hemofiltration on acid-base balance. Intensive Care Med 29:1113–1120 Gettings LG, Reynolds HN, Scalea T (1999) Outcome in posttraumatic acute renal failure when continuous renal replacement therapy is applied early vs. late. Intensive Care Med 25:805–813 Haller M, Schelling G (2000) Akutes Nierenversagen. Pathophysiologie, klinische Diagnose, Therapie. Anaesthesist 49:349–352 Kellum A et al. (2002) Continuous versus intermittent renal replacement therapy: a meta-analysis. Intensive Care Med 28:29–37 Kindgen Milles D (2004) Nierenersatzverfahren. RefresherBand Nr. 30. Diomed, Ebelsbach Meier-Kriesche HU et al. (2001) Increased total to ionized calcium ratio during continuous venovenous hemodialysis with regional citrate anticoagulation. Crit Care Med 29:748–752 Möckel M et al. (2002) Empfehlungen zur Prophylaxe der durch Röntgen-Kontrastmittel (RKM) induzierten Nephropathie. Z Kardiol 91:719–726

Übersicht über Empfehlungen zur Prophylaxe des RKM-induzierten ANV Gesicherte Maßnahmen

Patientenkollektiv

Vermeidung der Dehydratation [C] Hydratation [A] 8–12 h vor Exposition niedrig osmolares KM [B] Reduktion des Kontrastmittelvolumens [B] zusätzliche ACC-Gabe [B] Vermeidung nephrotoxischer Faktoren [C] postexpositionelle Hämodialyse [C]

Alle Patienten Risikopatienten Hochrisikopatient Risikopatienten Hochrisikopatient Alle Patienten Hochrisikopatienten

 nicht empfohlen: Kalziumantagonisten Theophyllin als Adenosinantagonist (NW: Tachykardie, Arrhythmie!) Diuretika (NW: Dehydratation und Nephrotoxizität) atrial-natriuretisches Peptid (ANP) Endothelin-A-Rezeptorantagonisten zurzeit nicht beurteilbar: Fenoldopam (Dopamin-Rezeptor-Agonist) In Klammern ist das Evidenzniveau angegeben!

16

262

Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren

Ronco C et al. (2000) Effects of different doses in continuous veno-venous haemofiltration on outcomes of acute renal failure: a prospective randomised trial. Lancet 356:26–30 Schiffl H, Lang S, Fischer R (2002) Daily hemodialysis and the outcome of acute renal failure. N Engl J Med 346:305– 310 Schuster HP (2001) Update – Akutes Nierenversagen in der Intensivmedizin. Intensivmed 38:179–186 Tepel M et al. (2000) Prevention of radiographic-contrastagent-induced reductions in renal function by acetylcysteine. N Engl J Med 343:180–184 Thalhammer F, Gabein B (2003) Kompendium der antimikrobiellen Therapie, 1. Aufl. Arcis, München

16

17 Lebererkrankungen

Leberfunktionen

Leberhistologie

Hepatische Synthese

Leberläppchen oder Leberazinus → zonale Gliederung des Leberazinus: 1. periportal → O2- und nährstoffreiches sinusoidales Blut, viele Mitochondrien in den Hepatozyten (oxidativer Metabolismus, Glykoneogenese) 2. intermediär: Ausdehnung dieser Zone vom O2Angebot abhängig 3. perizentral: Biotransformation von Pharmaka (Schädigung dieser Zellen durch toxische Zwischenprodukte

• Plasmaproteine (Albumin, Gerinnungsfaktoren, AT III, Cholinesterase, Komplementfaktoren, Akut-Phase-Proteine, Lipoproteine) • Glykogensynthese- und speicherung • Glukoneogenese • Harnstoffsynthese und Gallenproduktion

Hepatischer Stoffwechsel • • • • • •

Protein- und Lipoproteinstoffwechsel Fettsäuremetabolismus und Ketogenese Häm-Abbau Bilirubinkonjugation Vitaminstoffwechsel Biotransformation von Pharmaka (Demethylierung und Glukuronidierung)

Hepatische Exkretion • Bilirubin • Steroide (Hormone, Gallensäuren) • Pharmaka wie z. B. Rocuronium, Vecuronium, Ceftriaxon Hepatische Klärfunktion für Substanzen • Endotoxine • FSP • Plasminogenaktivatoren

Hepatische Perfusion • Perfusion: 25% vom HZV, davon 70–80% durch die V. portae, 20–30% durch die A. hepatica • die hepatische O2-Versorgung erfolgt aber nur zu ca. 50% durch die V. portae, da die O2-Sättigung nur 70% beträgt (desoxygeniertes Blut) • Sättigung in den Lebervenen (ShvO2) nur ca. 35% – 9,4 (19–59% n. Lampert) → mögliche zukünftige Überwachung der gastrointestinalen Perfusion und des hepatischen O2-Verbrauchs mit Hilfe eines fiberoptischen Katheters in der Lebervene → ShvO2 < 45% unter Therapie scheint mit schlechten Outcome verbunden zu sein

264

Kapitel 17 · Lebererkrankungen

Steuerung der Leberperfusion

Beinflussung der Leberperfusion

Durch intrinsische und extrinsische Mechanismen: • intrinsische Regulationmechanismen:

Beeinflussung des hepatischen O2-Angebots durch Anästhetika: • volatile Anästhetika: Halothan, Enfluran und Isofluran erniedrigen den Blutfluss in der Pfortader, während unter Isofluran ein kompensatorischer Blutflussanstieg in der A. hepatica auftritt → nicht unter Desfluran und Sevofluran! • Lachgas isoliert zeigt nur geringen Effekt auf Leberdurchblutung • Injektionsanästhetika: Thiopental, Etomidat, Propofol reduzieren die Gesamtdurchblutung der Leber, bei Midazolam erst initialer Anstieg der Pfortaderdurchblutung mit sekundärem Abfall. Unter Ketamin bleibt die Leberperfusion nahezu unverändert oder steigt ggf. leicht an • Opioide: Reduktion des Blutflusses in der Leberarterie durch Alfentanil, keine Beeinflussung durch Fentanyl • weitere Beeinflussung der Leberperfusion (Reduktion des Blutflusses) durch – PEEP-Beatmung – Art des chirurgischen Eingriffs (Oberbaucheingriffe reduzieren die Leberperfusion am ausgeprägtesten!) • keine Beeinflussung der Leberdurchblutung durch – Muskelrelaxanzien wie z. B. Pancuronium und Vecuronium – Vasodilatanzien (Nitroglycerin, Nitroprussidnatrium) • Steigerung der Leberperfusion durch Adenosingaben (experimentell)

1. Druck-Fluss-Autoregulation: in Narkose aufgehoben, da die Autoregulation der A. hepatica vom Grad der Nahrungsaufnahme abhängig ist und im Nüchterzustand außer Kraft tritt → ein Blutdruckabfall führt zur Abnahme der arteriellen Leberdurchblutung 2. Hepatic-arterial-buffer-response-Mechanismen: semireziproke Beziehung zwischen V. portae und A. hepatica: Abfall oder Anstieg der Pfortaderperfusion führt zu einer gegensätzlichen Reaktion in der Leberarterie, jedoch Abfall der Leberarteriendurchblutung kann nicht von der V. portae kompensiert werden  Steuerung der Leberarteriendurchblutung wahrscheinlich durch die Adenosinkonzentration!

17

3. metabolische Kontrollmechanismen – Regelung der Leberperfusion durch – pH-Wert (metabolische Azidose führt zu Vasokonstriktion im präportalen und leberarteriellen Gebiet, Alkalose keine Auswirkung bzgl. Leberperfusion) – paO2 – paCO2: Hypokapnie → hepatischer Blutfluss ↓, Hyperkapnie → hepatischer Blutfluss ↑) – Temperaturabfall : Rückgang der O2-Aufnahme – Hb • extrinsische Regulationmechanismen: 1. humorale Steuermechanismen: – Katecholaminspiegel (Konstriktion in V. portae über β-Rezeptoren; primäre Konstriktion und sekundäre Dilatation der A. hepatica über α- und β-Rezeptoren) – Glukagon (Dilatation der Leberarterie) – vasoaktives intestinales Peptid (VIP) – Angiotensin II (Vasokonstriktion in Vena portae und Arteria hepatica) 2. Steuerung über vegetatives Nervensystem (Parasymphatikus)

Veränderungen des hepatischen O2-Angebotes • Reduktion des hepatischen O2-Angebotes durch – anämische Hypoxie (Hb ↓) – hypoxische Hypoxie (sO2 ↓,pO2 ↓) – ischämische Hypoxie (Perfusion ↓) • Steigerung des hepatischen O2-Angebotes durch: • Dopamin und Dobutamin • evtl. Dopexamin (unter diversen klinischen Bedingungen)

265

Spezielle Krankheitsbilder

! Keine Beeinflussung des O2-Angebotes durch

hämodilutive Verfahren mit HES (Hkt-Senkung bis max. 30% vom Ausgangswert) durch kompensatorische Erhöhung der Lebergesamtdurchblutung und erhöhte O2-Ausschöpfung. Cave: Vakuolisierung der Hepatozyten durch HES-Speicherung und somit ggf. Beeinflussung der Mikrozirkulation durch Zellschwellung!

Klinische Zeichen einer Leberschädigung • Ikterus • Palmarerythem, Spider-Naevi, Gynäkomastie, Caput medusae • Splenomegalie, Aszites • allgemeine Ödemneigung bei verminderter Eiweißsynthese (onkot. Druck↓) • klinische und subklinische Zeichen der Enzephalopathie (→ Asterixis, reduzierte Leistung im Number-Connection-Test, veränderte Handschrift) • Koagulopathie mit Hämatomen • Kachexie • Juckreiz (vorwiegend bei der primär biliären Zirrhose) • Übelkeit und Erbrechen • erhöhtes HZV (z. B. 8–10 l/min) infolge multipler arteriovenöser Shunts und Oxygenierungsstörungen bei intrapulmonalen Shunts im Rahmen der Leberinsuffizienz

Laborchemie und Funktionstests bei Leberstörungen Statische Tests bzw. Laborwerte: • Albumin ↓ (HWZ: 14–21 Tage), Präalbumin ↓ (HWZ: 1,5 Tage) • Quick ↓ (HWZ: VII 1,5–6 h, Faktor II: 2–3 Tage) • Faktor III ↑ • Cholinesterase ↓ (HWZ: ≈ 12 Tage) – Glykoprotein, das von der Leber synthetisiert wird, effektivstes Enzym im menschlichen Körper, dessen physiologische Funktion unbekannt ist – Reduktion der klinischen Aktivität der CHE durch:

• • • • •

17

Cyclophosphamid, Thiotepa, Bambuterol (Asthmamittel), sowie bei Urämie, Verbrennung, Bronchial-Ca und Finalstadium eines Leberschadens AT III ↓ GOT-, GPT-Veränderungen (gute Korrelation mit der Schwere des akuten Leberzellschadens) Hepatitisserologie (HBsAg, HBC-IgM+IgG, HBC-Antikörper) γ-GT-, LDH-, sowie meist MCV-Erhöhung bei Alkoholabusus Bilirubin und AP-Erhöhung als Hinweis auf Cholestase

Dynamische Tests

• Beurteilung der Leberfunktion anhand von Funktionstests: 1. MEGX-Test: Mono-Ethyl-Glycin-Xylidid, ist der primäre Metabolit von Lidocain; entsteht durch Deethylierung aus Lidocain, hat fast dieselbe pharmakodynamische Potenz wie Lidocain; MEGXBildung ist abhängig von mikrosomaler Cytochrom P450 3A-Aktivität und Leberdurchblutung Durchführung des Tests: – 1. Blutentnahme: → arterielle Entnahme von 5 ml Blut in Serumröhrchen (0-Wert) – Testsubstanz : Gabe von 1 mg/kg Lidocain (Xylocain) in ZVK über 2 min – 2. Blutentnahme 15 min nach Lidocaingabe → arterielle Entnahme von 5 ml in Serumröhrchen (Zeitpunkt 1) – 3. Blutentnahme 30 min nach Lidocaingabe → arterielle Entnahme von 5 ml in Serumröhrchen (Zeitpunkt 2) 2. Exhalations-[14C-]-Aminopyrin-Test: Beurteilung der Leberfunktion anhand von Funktionstests zur Clearanceleistung 1. Galaktose-Eliminationstest 2. ICG-(Indocyaningrün-)Test • Blutbildveränderungen bei Hypersplenismus sowie direkte toxische Wirkung auf das Knochenmark bei hepatischer Insuffizienz: Anämie und Thrombozytopenie → ggf. zur Beurteilung einer Thrombopathie sollte am besten ein TEG durchgeführt werden  zur Abschätzung der Syntheseleistung sind am empfindlichsten die Faktor-VII-, die Protein-Cund die Antithrombin-Bestimmung

266

Kapitel 17 · Lebererkrankungen

Auswirkungen einer gestörten Leberfunktion • bedingt durch eingeschränkte Syntheseleistung kommt es zu – Hypo- und Dysproteinämien → erhöhte freie, pharmakologisch wirksame Pharmakakonzentrationen von z. B. Thiopental oder Midazolam infolge geringer Plasmaeiweißbindung – einem Mangel an Plasmacholinesterase → evtl. Wirkverlängerung von Succinylcholin, Mivacurium, LA vom Estertyp – verminderte Synthese von Gerinnungsfaktoren → Blutungsgefahr • bedingt durch eingeschränkte metabolische und exkretorische Funktion kommt es zu – Störung des Glukosestoffwechsel infolge einer peripheren Insulinresistenz mit Hyperglykämien, selten Hypoglykämien bei eingeschränter Glukoneogenese (erst bei massivem Leberparenchymverlust) – einer Akkumulation bestimmter Substanzen – neurotoxische Substanzen wie z. B. Ammoniak, Phenole

– Laktat aufgrund einer verminderten Laktataufnahme und Verwertung (Hyperlaktatämie meist ohne metabolischer Azidose) – Plasminogenaktivatoren und aktivierten Gerinnungsfaktoren → FSP ↑ → intravasale Gerinnung ↑ infolge einer geringeren Elimination – Endotoxinen aufgrund einer eingeschränkten RES-Clearancefunktion • Störung der Arzneimittelbiotransfomation → Phase-I-Reaktion ↓ (Hydroxylierungsvorgänge), weniger Phase-II- bzw. Glucuronidierungsvorgänge

17

Therapie der Leberinsuffizienz

Unspezifisch:

• leberadaptierte Ernährungstherapie (enterale Ernährung, Glukoselösungen etc.) • Gerinnungssubstitution nach Labor • Ulkusprophylaxe • SDD bzw. Antibiotikaprophylaxe • Hirndrucktherapie • Albumin- und Vasopressingabe (Terlipressin, 4-stündlich 0,25 mg)

Hepatische Enzephalopathie Inzidenz • 50–70% der Patienten mit Leberzirrhose weisen eine hepatisch bedingte, subtile zerebrale Störung auf, welche jedoch in den meisten Fälle subklinisch ist • Nachweisbar nur durch psychomimetische Tests!

Ursachen der hepatischen Enzephalopathie • Akkumulation von nicht metabolisiertem Ammoniak infolge stark reduzierter Leberfunktion oder infolge eines portosystemischen Shunts • Produktion falscher Transmitter infolge einer Anreicherung von aromatischen Aminosäuren (Tyrosin, Phenylalanin, Tryptophan) • Aktivierung von zentralen γ-Aminobuttersäure-Benzodiazepin-Rezeptoren durch endogenen Liganden → veränderter zerebraler Metabolismus und Störung der Aktivität der Na+/K+-ATPase • Abnahme der Enzymaktivität innerhalb des Harnstoffzyklus infolge Zinkmangels • Ablagerung von Mangan in den basalen Ganglien • Ausbildung eines zytotoxischen (osmotischen) Hirnödems durch Schwellung der Astrozyten aufgrund der Bildung von Glutamin aus Ammoniak und Glutamat

Spezifisch:

• bei Paracetamolintoxikation hochdosiertes NAcetylcystein (s. Intoxikationen) • bei HELLP-Syndron während der Schwangerschaft notfallmäßige Sectio caesarea • bei Knollenblätterpilzvergiftung evtl. Silibilin

Therapie • Reduktion der Ammoniaksynthese durch reduzierte Aminosäurezufuhr von maximal 0,8 bis 1,0 g/Tag, beginnend mit 20 g/Tag und Steigerung um 10 g/Tag nach jeweils 3–5 Tagen

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Spezielle Krankheitsbilder

• die Zufuhr von pflanzlichen Proteinen führt zur Verbesserung der Stickstoffbilanz (ohne negative Beeinflussung der hepatischen Enzephalopathie) • Resorptionshemmung des intestinalen, intraluminalen Ammoniaks infolge pH-Erniedrigung durch den Einsatz von Lactulose und Lactitol (durchschnittlich 30–60 g/Tag → richtet sich nach der Stuhlfrequenz. Ziel: 2–4 weiche Stühle mit einem pH < 6) • Reduzierung der Ammoniak-produzierenden bakteriellen Darmflora durch die orale Applikation von Antibiotika (Paromomycin 6 g/Tag oder 800 mg/Tag Metronidazol p.o. bzw. 1200 mg Rifaximin, ein nichtresorbierbarer Abkömmling von Rifampicin) • enterale oder parenterale Applikation von Ornithinaspartat (nicht Ornithin-α- ketoglutarat!) → führt zur verbesserten Harnstoffsynthese Dosierung 3mal 3 g/Tag p.o. • Gabe von Zinkverbindungen, da 2 der 5 Enzyme des Harnstoffzyklus zinkabhängig sind. Dosierung: 600 mg/Tag p.o. • Gabe von Flumazenil (Anexate) zur Beeinflussung einer GABA-Benzodiazepin-Interaktion • Beeinflussung der Manganresorption durch ETDA-Kalzium-Komplexbildner • Verbesserung der zerebralen Perfusion und O2Bilanz durch kontinuierliche Infusion von Acetylcystein • Ultima Ratio: orthotope Lebertransplantation

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Definition • funktionelles Nierenversagen bei akuter oder chronischer, meist fortgeschrittener Lebererkrankung (nach Ausschluss anderer Ursachen), meist in Begleitung mit Aszites und Enzephalopathie  das HRS ist grundsätzlich reversibel (z. B. nach Lebertransplantation)

Inzidenz Bei Patienten mit Leberzirrhose und Aszites in bis zu 18% der Fälle nach 1 Jahr bzw. in bis zu 39% der Fälle nach 5 Jahren. Verlaufsformen des HRS • Typ I: akute Form des HRS mit spontan auftre-

tender Niereninsuffizienz und rapid-progredienter Verschlechterung der Nierenfunktion in wenigen Tagen (Kreatinin-Clearance < 20 ml/ min und Serum-Kreatinin > 2,3 mg/dl) → Auftreten bei akutem Leberversagen, akuter Dekompensation einer chronischen Leberzirrhose, alkoholtoxischer Fettleberhepatitis  sehr schlechte Prognose • Typ II: langsame Progredienz der Nierenfunktionsverschlechterung über Wochen mit letztlich auf niedrigem Niveau stabiler, eingeschränkter Nierenfunktion → Auftreten bei chronischer Leberzirrhose mit Aszites (Salz- und Wasserretention!) DD des akuten Leber- und Nierenversagens

! Bei akutem Leberversagen und schwerer hepatischer Enzephalopathie (Grad 3–4) sollte aufgrund eines zerebralen Ödems eine frühzeitige kontrollierte Beatmung und zur Vermeidung von psychomotorischen Agitationen (→ ICP-Anstieg!) eine Analgosedierung mit Fentanyl erfolgen → ggf. Hirndruckmonitoring und Gabe von Mannitol (0,5 g/kg über 10 min) bei akuten Hirndruck

Hepatorenales Syndrom

• massive Hämolyse (z. B. nach Transfusionsreaktion, hämolytisch-urämischem Syndrom oder Malaria) mit ausgeprägtem Ikterus bei normaler Leberfunktion • Hypovolämie z. B. während Aszitesausschwemmung mit prärenaler Azotämie oder oberer GIBlutung • Einfluss von Medikamenten • IGA-Nephropathie (bei nutritiv-toxischer Leberzirrhose) • Intoxikation mit Tetrachlorkohlenstoffen

Historie

Hauptkriterien

(Erst)beschreibung des hepatorenalen Syndroms (HRS) durch Frerichs im Jahr 1861 sowie durch Austin Flint im Jahr 1863.

• chronische oder akute Lebererkrankung mit fortgeschrittener Leberinsuffizienz oder portaler Hypertension

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Kapitel 17 · Lebererkrankungen

• GFR erniedrigt (Serum-Kreatinin > 1,5 mg/dl [> 130 µmol/l], Krea-Clearance < 40 ml/min • keine Besserung der klinischen Symptomatik nach Infusion von 1,5 l 0,9% NaCl • Proteinurie < 0,5 g/Tag, sonographischer Normalbefund der Nieren • Ausschluss anderer Ursachen renaler Funktionsstörungen (persistierender Schock, bakterielle Infektionen, Therapie mit nephrotoxischen Substanzen, exzessive Flüssigkeitsverluste [Aszites, GI-Blutungen]) Zusatzkriterien

• Urinvolumen < 500 ml/Tag • Urin-Natrium-Konzentration < 10 mmol/l und fraktionelle Natriumexkretion < 1% (DD: prärenale Azotämie [Na-Konzentration im Urin < 10 mmol/l) • Urin-Osmolalität < Plasma-Osmolalität • Urin-Sediment ohne Hinweise auf eine glomeruläre Erkrankung (Erythrozyten < 50 Zellen/ Gesichtsfeld) • Serum-Natrium < 130 mmol/l

Mortalität Insgesamt hohe Mortalität: • Typ I mit ca. 50% innerhalb von 2 Wochen; weniger als 10% überleben das HRS • Typ II mit geringerer Mortalität

Pathogenese

17

• periphere arterielle Vasodilatation im Bereich der Extremitäten und des Splanchnikusgebietes (MAP ↓) mit Umverteilung des Blutvolumens → bedingt durch eine durch verschiedene Mediatoren und die portale Hypertension (vaskuläre Scherkräfte) ausgelöste endotheliale NO-Freisetzung • gleichzeitige renale Vasokonstriktion und Umverteilung des renalen Blutstroms von kortikal nach medulär als Folge einer Aktivierung von neurohumoralen Mechanismen • Aktivierung des sympathischen Nervensystems mit α-Rezeptor-vermittelter GFR-Verminderung • Stimulation des Renin-Angiotensin-II-Systems mit den Folgen der renalen Vasokonstriktion sowie Wasser- und Natriumretention

• Steigerung der Vasopressinausschüttung (nicht über osmotische Stimulation) → Vasokonstriktion über V1-Rezeptorstimulation • Vasodilatation durch erhöhte Glucagon-Spiegel (Desensibilisierung der mesenterialen Strombahn durch Katecholamine und Angiotensin II und intrazelluläre cAMP-Erhöhung)

Klinik/Diagnostik • Oligurie mit Hypervolämie • Anstieg der Retentionwerte (Cave: abhängig von Analyseverfahren werden die Kreatininwerte bei Hyperbilirubinämie bis zu 50% zu niedrig gemessen) • Zunahme des Aszites • normales Urinsediment • Rückgang der Natriumausscheidung (< 10 mmol/l) • ggf. leichte Proteinurie • Kreatinin-Urin/Krea-Plasma > 30:1

Therapie  zurückhaltender Einsatz von Diuretika (können selber bei HRS die Nierenfunktion weiter verschlechtern) und gemäßigte Negativ-Bilanzierung des Patienten (ca. 300–500 ml/Tag) • ggf. invasives Monitoring (Arterie, PAK oder ZVK) • frühzeitige antibiotische Therapie bei erhöhtem Sepsisrisiko • Ausgleich einer intravasalen Hypovolämie mit isotoner Kochsalzlösung oder Humanalbumin → Steuerung über ZVD bzw. PCWP • Vermeidung von nephrotoxischen (z. B. Aminoglykoside) oder die renale Perfusion beeinflussenden Substanzen (nichtsteroidale Antiphlogistika/ Analgetika → renale Prostaglandinsynthese ↓ • Optimierung der renalen Perfusion (Erhöhung des arteriellen Mitteldrucks) • Gabe von ADH-Analoga (Ornipressin, Vasopressin, Terlipressin) → Ziel ist die Vasokonstriktion im Splanchnikusgebiet ohne zusätzliche Verminderung der Nierenperfusion) • ggf. Aszitespunktion zur Reduktion des gesteigerten intraperitonealen Drucks → Nierenvenendruck ↓ → verbesserte renale Hämodynamik

• transjuguläre intrahepatische portosystemische Shuntanlage (TIPS) → führt zur Verbesserung der Nierenfunktion • Nierenersatztherapie (CVVHD) als unterstützende Maßnahme bis zur Lebertransplantation → keine laktathaltigen Substitutionslösungen aufgrund eingeschränkter hepatischer Metabolisierung • notfalls orthotope Lebertransplantation (allerdings postoperativ erhöhte Mortalitätsraten bei Empfängern mit vorbestehendem HRS)

Leberersatzverfahren Die Detoxifikation mit bioartifiziellen Systemen oder maschinellen Systemen scheint in den letzten Jahren zunehmend, insbesondere als bridging bis zur Lebertransplantation an Bedeutung zu gewinnen. Einteilung

1. biologische Systeme 2. künstliche Systeme: – SPAD (Single-Pass-Albumin-Dialyse) – MARS (Molekular-absorbent-recirculatingSystem) – FPSA (Prometheus-System mit AlbuFlowFilter) Substitution von Syntheseprodukten der Leber bzw. Intensivtherapie

• Glukosehömoöstase • Proteinsubstitution • Ausgleich des Säure-Basen-Haushaltes

MARS-System (molecukar absorbent recirculating system) Historie 1993 1999 2000

erster Patient mit Albumindialyse erste Behandlung mit dem MARS-System mehr als 400 behandelte Patienten

Behandlungsziel des Leberversagens Der Zustand des Patienten soll stabilisiert werden, um eine Regeneration der Leber oder eine Transplantation zu ermöglichen.

17

269

Spezielle Krankheitsbilder

Hauptindikationen (⊡ Abb. 17.1) 1. dekompensierte chronische Lebererkrankungen – Acute-on-Chronic Liver Failure (AoCLF) – dekompensierte (end-stage) Zirrhose 2. akutes Leberversagen/Leberdysfunktion – akutes Leberversagen – akute intrahepatische Cholestase 3. Transplantatversagen – primary graft dysfunction – primary graft non-function 4. Leberversagen/-dysfunktion nach leberchirurgischen Eingriffen 5. therapieresistenter Pruritus bei chronisch-cholestatischen Syndromen 6. Multiorganversagen Indikationen anhand von Labor- und Testergebnissen: • Bilirubin >8–10 mg/dl • ICG-PDR 2 (Somnolenz/ Agitiertheit) oder hepatorenales Syndrom • Störung der Gerinnung mit INR >2

Effekte • Reduktion der Stickstoffmonoxidproduktion durch MARS-Therapie im Rahmen des HRS → Entfernung von NO (Nitrosothiol) und hierdurch Verbesserung des mittleren arteriellen Druckes (MAP) vor allem bei AoCLF-Patienten • Verbesserung der Urinproduktion mit MARS bei HRS • Besserung des therapieresistenten Pruritus (vor allem bei pbC)

LV nach Teilresektion 5% 13% Leberversagen nach Lebertransplantation

Andere 5%

Akutes Leberversagen / Dysfunktion 26%

51% Dekompensierte chronische Lebererkrankungen ⊡ Abb. 17.1. Indikationen zum Leberersatzverfahren (nach Angaben der Firma Teraklin AG)

270

Kapitel 17 · Lebererkrankungen

• Besserung des intrakraniellen Druckes und verbesserte Synthesefunktion der Leber (n. Mitzner et al.) ! nach einer Studie von Kjaergard et al.(2003) profitieren gerade Patienten mit Acute-on-chronic liver failure von dem künstlichen Leberersatzsystems! Die Überlebensrate wird um bis zu 50% erhöht

Funktionsweise von MARS (Albumindialyse)

⊡ Abb. 17.2. Ausschnitt aus der semipermeablen MARSMembran (nur wasserlösliche und albumingebundene Toxine können die Membran passieren)

Selektive Entfernung von an Albumin gebundenen Giftstoffen aus der Blutbahn von Patienten mit Leberinsuffizienz über eine semipermeable Spezialmembran (⊡ Abb. 17.2), die für Albumin nicht durchlässig ist. Anschließend Regeneration des extrakorporalen (Dialyse-)Albumins nach Durchfluss durch 1. einen Adsorber (Aktivkohlefilter) und 2. einen Ionenaustauscher. (⊡ Abb. 17.3).

17

⊡ Abb. 17.3. Schematische Darstellung des Blutflusses beim Leberersatzverfahren

Spezielle Krankheitsbilder

! Das MARS-System hat im Jahr 2003 eine eigene OPS-Schlüsselnummer (OPS 8–853) zugewiesen bekommen und kann durch vereinbarte Sonderentgelte finanziert werden (ZE 32)

Ausgewählte Literatur Bernal W (2003) Intensive care support therapy. Liver Transpl 9:15–17 Böker KHW (2001) Akutes Leberversagen. Internist 42:545– 563 Kjaergard LL et al. (2003) Artificial and bioartificial support systems for acute and acute-on-chronic liver failure: A systematic Review. JAMA 289:217–222 Mitzner SR et al. (2002) Extracorporeal support of the failing liver. Curr Opin Crit Care 8:171–177 Mitzner SR, Stange J, Klammt S et al. (2000) Improvement of hepatorenal syndrome with extracorporeal albumin dialysis MARS: results of a prospective, randomized, controlled clinical trial. Liver Transpl 6:277–286 Schmidt LE et al.(2003) Systemic hemodynamic effects of treatment with molecular adsorbents recirculating system in patients with hyperacute liver failure: A prospective controlled trial. Liver Transpl 3:290–297 Sen S et al. (2002) Review article: the molecular adsorbents recirculating system (MARS) in liver failure. Aliment Pharmacol Ther 16 (Suppl 5):32–38

271

17

18 Pankreatitis

Einteilung

Inzidenz und Letalität

• akute, ödematöse oder hämorrhagisch-nekrotisierende Pankreatitis (reversibel) bzw. • chronische Pankreatitis (irreversibel, strukturelle Veränderungen wie dilatierter und im Kaliber unregelmäßiger Ductus pancreaticus, kontinuierliche Entzündungszeichen, eingeschränkte endound exokrine Funktion)

5–10 Fälle auf 100.000 Einwohner/Jahr bzw. 185.000 Neuerkrankungen/Jahr: In den USA • davon ca. 70–80% der Pankreatitiden als ödematöse Verlaufsform (Letalität: 1–5%) • und nur 20% als schwere akute Pankreatitis mit Teil- oder Totalnekrose (Letalität ohne Infektion: 12% und mit Infektion ca. 17%, wobei eine frühe Infektion innerhalb von 4 Wochen nach Beginn der Pankreatitis eine hohe Letalität von 10–40% aufweist und eine Infektion zu einem späteren Zeitpunkt (> 4 Wochen) durch eine geringere Letalität von 0–8% gekennzeichnet ist → Tod meist durch Multiorganversagen)

Akute Pankreatitis Atlanta-Klassifikation Die akute Pankreatitis wird nach der Atlanta-Klassifikation aus dem Jahr 1992 eingeteilt in A. leichte akute Pankreatitis (mit interstitiellem Pankreasödem und nur minimaler Organdysfunktion ohne Komplikationen) B. schwere akute Pankreatitis (mit Organversagen und/oder lokale Komplikationen wie intra- und peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen, Nekrosen, Abszess oder Pseudozyste) bzw. in 7 verschiedene Stadien: Stadium

Klinik

I

akute Pankreatitis

II

milde akute Pankreatitis

III

akute schwere Pankreatitis

IV

akute Flüssigkeitskollektion/Fettgewebsnekrose

V

Pankreasnekrose

VI

Pseudozyste

VII

Pankreasabszess

Ätiologie Häufige Ursachen • biliär (40–50%) • äthyltoxisch (30–40%) → jedoch nur 5–10% der

»schweren Trinker« entwickeln eine Pankreatitis → Ätiologie letztendlich unklar: postuliert wird die Stimulation der exokrinen Sekretion durch Alkohol, die Sezernierung von unlöslichem Pankreaseiweiß, das im Gangsystem als kalzifizierende Verbindung ausfällt und der erhöhte Sphincter-Oddi-Tonus, der durch Rückstau von Pankreassekret zu einer intrazellulären Enzymaktivierung führt Seltene Ursachen • idiopatisch (10–20%) → 2/3 der Patienten be-

sitzen jedoch in der ERCP nachweisbare Mi-

274

Kapitel 18 · Pankreatitis

krogallensteine oder Gallensludge → Therapie: endoskopische Papillotomie oder Cholezystektomie • hereditär (meist spontane Punktmutation innerhalb des Trypsinogen-Gens auf Chromosom 7, die zu einer Störung der intrazellulären Trypsin-Inaktivierung führt [Patienten meist < 20 Jahren, hohe Penetranz (> 80%) des autosomaldominant vererbten Gendefektes]

• nach dem APACHE-II-Score (12 physiologischbiochemische Faktoren, s. Anhang) Ranson-Score

• der Ranson-Score wurde 1974 anhand von 100 Patienten mit alkoholinduzierter Pankreatitis evaluiert→ Verwendung von 11 klinischen Parametern mit prognostischer Bedeutung bei Aufnahme

Sehr seltene Ursachen (5%) • infektiös (Mumps- oder Coxsackie-B-Viren, HIV)

• traumatisch • medikamentös: – gesicherter Zusammenhang für Azathioprin, 6-Mercaptopurine, Asparaginase, Pentamidine, Didanosine – wahrscheinlicher Zusammenhang für Furosemid, Hydrochlorothiazide, Valproinsäure, Tetracycline, Sulphonamide, Sulphazalazine, Paracetamol- u. Ergotaminüberdosierungen und Propofol • primärer Hyperparathyreoidismus bzw. Hyperkalziämie (auch exogen bedingt) • Hyperlipidämie (Typ I, IV,V) • selten – Duodenaldivertikel, penetrierendes Ulcus duodeni, duodenaler Parasitenbefall (Ascariden), Zustand nach kardiopulmonalem Bypass, Pankreas divisum (zweigeteilte Anlage mit Ductus santorini und Ductus Wirsungianus) – atherosklerotisch bedingt – Sphincter-Oddi-Dyskinesie (erhöhter basaler Sphinktertonus > 40 mmHg)

! Merke: • 80% aller akuten Pankreatitiden sind biliärer oder alkoholtoxischer Genese • 80% aller chronischen Pankreatitiden sind alkoholtoxisch bedingt

18

Risikofaktor

Alter > 55 Jahre

1

Leukozytose > 16.000/mm³

1

Glukose > 200 mg/dl (> 11 mmol/l)

1

LDH > 400 U/l

1

GOT > 250 U/l

1

innerhalb von 48 h nach Krankenhausaufnahme Hkt-Abnahme > 10%

1

Anstieg des Serum-Harnstoffs > 11 mg/dl (> 1,8 mmol/l)

1

Serum-Kalzium < 2 mmol/l

1

paO2 < 60 mmHg (< 8,0 kPa)

1

Basendefizit > 4 mmol/l

1

Flüssigkeitsdefizit > 6 l

1

 Vergabe von jeweils einem Punkt bei zutreffenden Kriterium: Risikofaktor

Mortalitätsrate [%]

0–2

< 1–2

3–4

≈ 15

5–6

≈ 40

>6

≈ 100

 Der Ranson-Score ohne die LDH-, BE- und Flüssigkeitsdefizit-Bestimmung (8 Kriterien!) wird als Glasgow- bzw. Imrie-Score bezeichnet. Eine neuere Studie aus Spanien konnte das Alter, das Vorliegen einer respiratorischen und/oder renalen Insuffizienz sowie einer Schocksymptomatik als bessere prädiktive Marker für die Mortalität der Pankreatitis identifizieren!

Schweregradeinteilung

CT-orientierte Schweregradeinteilung

• nach klinischen und laborchemischen Kriterien bei Aufnahme und nach 48 h anhand des Ran-

(⊡ Abb. 18.1 und 18.2) • »golden standard« für die Diagnose »nekrotisierende Pankreatitis« • hohe Sensitivität bei einem Pankreasnekroseanteil > 30%

son-Scores

• nach radiologischen Kriterien (CT-orientierte Einteilung) anhand von Ranson und Balthazar

275

Spezielle Krankheitsbilder

Indikationen zur CT-Untersuchung: Eine CT-Untersuchung sollte grundsätzlich durch-

geführt werden bei: • Patienten mit zweifelhafter Diagnose »Pankreatitis« • Patienten mit Hyperamylasämie und schwerer klinischer Pankreatitis, starkem Meteorismus, hohem Fieber oder Leukozytose • Patienten mit einem Ranson-Score > 3 oder APACHE-Score > 8 Punkten • Patienten mit fehlender klinischen Besserung nach 72-stündiger konservativer Therapie • akuter Verschlechterung des klinischen Zustands nach anfänglicher Besserung

18

! Definition »schwere Pankreatitis« (nach klinischen Kriterien) • Ranson-Score > 3 oder • APACHE-Score > 8 Punkte oder • fehlende klinische Besserung unter konservativer Therapie bzw. rapide Verschlechterung des klinischen Zustands • Vorhandensein eines der folgenden Kriterien: Schock, renale oder pulmonale Insuffizienz

CT-orientierte Schweregradeinteilung nach Ranson und Balthazar Radiologischer Befund

Punkte

A

normal

0

B

fokale und diffuse Vergrößerung des Pankreas, inhomogenes Parenchym, kleine intrapankreatische Flüssigkeitsansammlung

1

C

Veränderungen wie bei A und B zusätzlich peripankreatisch • entzündliche Veränderungen • Pankreasnekrosen < 30%

2

D

Veränderungen wie bei A,B, und C, zusätzlich • einzelne peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen, • Pankreasnekrosen 30-50%

3

E

Veränderungen wie bei A,B, C und D, zusätzlich • ausgedehnte, peripankreatische Flüssigkeitsansammlungen, • Pankreasnekrose > 50%

4

⊡ Abb. 18.1. CT-Bild einer schweren akuten nekrotisierenden Pankreatitis mit Nekrosebildung, besonders im Kopfbereich. Ausgedehnte exsudative Komponente mit sog. »Nekrosestraße« in Richtung auf den unteren Milzpol. (Aus U. Sulkowski et al. (1998) Die akute Pankreatitis. Klassifikation – Diagnostik – Therapie. Anästhesist 47: 765–777)

 0–4 Punkte je nach Kriterium A-E plus 2, 4 oder 6 Punkte für das Nekroseausmaß Gesamtpunkte

Letalität

0–13 Pkt.

13%

4–16 Pkt.

16%

7–10 Pkt.

20%

⊡ Abb. 18.2. Akute nekrotisierende Pankreatitis mit Lufteinschlüssen in der Pankreasloge als Zeichen der bakteriellen Nekrosenbesiedlung (Aus U. Sulkowski et al. (1998) Die akute Pankreatitis. Klassifikation – Diagnostik – Therapie. Anästhesist 47:765–777)

276

Kapitel 18 · Pankreatitis

Pathophysiologie • Freisetzung verschiedener vasoaktiver Zytokine und toxischer Substanzen u. a. als dominantes Zytokin der Plättchen aktivierende Faktor (PAF), daneben Interleukin 1 ↑, α-TNF ↑ (HWZ: 14-18 min!) und Interleukin 6 ↑, während Interleukin 2 ↓, Interleukin 10 ↓ (die Zytokinspiegel sind im Pankreasgewebe um ein Vielfaches höher als im Serum)  die Konzentration des physiologischen, löslichen TNF-Rezeptors (sTNFR) innerhalb der ersten 24 h der Intensivbehandlung einer akuten Pankreatitis ist nach Kaufmann et al. ein prognostischer Marker hinsichtlich der Entwicklung eines Multiorganversagens! (Höhe der Serumspiegel korreliert mit dem Schweregrad (milde Verlaufsform < schwere Pankreatitis mit lokalen Komplikationen < schwere Pankreatitis mit Organversagen) • Aktivierung der Komplement-, Kinin-, Gerinnungs- und fibrinolytischen Kaskade → letztendlich Aktivierung von polymorphnukleären Granulozyten und Endothelzellen • intrazelluläre Aktivierung von Pankreasenzymen in den zytoplasmatischen Vakuolen und konsekutiver Übertritt der aktivierten Serinproteasen ins umgebende Gewebe mit Autolyse: – Lipase → Fettgewebsnekrosen – Trypsin + Chymotrypsin → Ödem und Nekrose, Aktivierung weiterer Enzyme – Elastase → Blutungen – Kallikrein → Bildung von Kininen → Vasodilatation und Schmerzentstehung, Kapillarpermeabilitätserhöhung mit Flüssigkeitsverschiebung in den 3. Raum – Aktivierung von Phospholipase A2 → Lysolezithinbildung mit zytotoxischem Effekt

Klinik

18

• plötzlich einsetzende, starke, innerhalb von 60 min zunehmende Schmerzen im Oberbauch mit Ausstrahlung in den Rücken (50% der Fälle) → meist postprandial! • Übelkeit und Erbrechen • evtl. Fieber, erhöhte Entzündungsparameter (CRP, Leukozytose, Procalcitonin, IL-6)

• Hypovolämie mit gelegentlicher Schocksymptomatik → starkes retroperitoneales Ödem • starker Meteorismus • spärliche oder fehlende Darmgeräusche bis paralytischer Ileus (»Totenstille«) • respiratorische Insuffizienz infolge meist linksseitigen Pleuraergusses, Atelektasen oder schmerzbedingter Hypoventilation, selten ARDS-Entwicklung • Zeichen der Pankreasinsuffizienz (Blutzuckerentgleisungen) • bei 90%iger Organinsuffizienz: Zeichen der Maldigestion (Flatulenz, Meteorismus, übelriechende, fettreiche Stühle) • bei nekrotisierender Pankreatitis: – Cullen-Zeichen: bläuliche Verfärbung um den Nabel – Grey-Turner-Zeichen: bläuliche oder grünbraune Verfärbung der Flanken als Zeichen von intrapankreatischen und retroperitonealen Einblutungen

Komplikationen • partielle bzw. multifokale Nekrosen, selten totale Pankreasnekrose • Infektion von nekrotischen Arealen (bei 40–70% aller nekrotisierenden Pankreatitiden kommt es zur bakteriellen Besiedelung von pankreatischem und peripankreatischem sowie retroperitonealem Gewebe innerhalb von 3 Wochen) → Gefahr der Abszessbildung ab der 4. Woche nach Beginn der Pankreatitis! (⊡ Abb. 18.3)  die Infektion des nekrotischen Pankreasgewebes erfolgt 1. aufgrund einer transkolischen Migration von Bakterien auf lympatischem Wege 2. hämatogen 3. durch aufsteigende Infektion vom Duodenum via Ductus pancreaticus 4. über das Gallengangssystem 5. von der Portalvene aus • Pseudozystenbildung mit ggf. Kompressionssymptomatik • Fistelbildung (hohe Amylasewerte in der Drainagenflüssigkeit)

277

Spezielle Krankheitsbilder

18

• bei biliärer Pankreatitis – erhöhte Bilirubin- und GOT-Werte (> 80 U/l) – Cholestase-Enzyme ↑ (γ-GT, AP, LAP, ggf. Bilirubin)

⊡ Abb. 18.3 Darstellung von möglichen Infektionswegen der infizierten nekrotisierenden Pankreatitis. (Mod. nach W. Uhl (1998). Infections complicating pancreatitis: diagnosis, treating, preventing. New Horizons 6: 73)

• SIRS/Sepsis und hypovolämischer Schock infolge massiver Flüssigkeitsverschiebung in den 3. Raum • akutes Nierenversagen infolge Volumenmangel und toxischer Tubulusschädigung (schlechte Prognose bzgl. des Outcomes) • respiratorische Insuffizienz (ALI, ARDS) • remote organ failure, ggf. Multiorganversagen (MOV) • Choledochusstenosen mit Cholestasen (Ikterus und Stauungsschmerz) • Duodenalstenosen • Verbrauchskoagulopathie • Milzvenenthrombose mit portaler Hypertension

Labordiagnostik Serumenzyme

• Lipase im Serum ↑ ( > 350–1000 U/l) • Amylase im Serum ( > 350 U/l) und Urin ↑  die simultane Bestimmung dieser Enzyme besitzt eine Sensitivität und Spezifität von 90–95%. Beide Enzyme können jedoch bei Niereninsuffizienz (renale Elimination) um das 3fache erhöht sein!  die Höhe der Pankreasenzyme korreliert nicht mit dem Schweregrad der Pankreatitis!

• bei nekrotisierender Pankreatitis: – CRP ↑ um den 3.–4. Tag nach Erkrankungsbeginn (> 12 mg/dl) – LDH ↑ (> 270 U/l) – α1-Antitrypsin ↑ (> 3,5 g/l) und α2-Makroglobulin ↓ (< 1,3 g/l) – Procalcitonin (PTC)-Anstieg bei Infizierung der Pankreasnekrosen! • weitere fakultative Laborveränderungen: – Hyperglykämie mit Glukosurie – Hypokalziämie (prognostisch ungünstig) – Leukozytose – Anstieg von Kreatinin und Harnstoff bei progredienter Nierenfunktionsverschlechterung  weitere laborchemische Untersuchungen bei chronischer Pankreatitis: – Chymotrypsin im Stuhl ↓ (< 5 U/g Stuhl) – Nachweis von Steatorrhö (> 7 g/24 h) unter definierter Diät (100 g Fett/Tag) – Stuhlgewicht > 300g/Tag Funktionstests • Sekretin-Pankreozymin-Stimulationstest: »gol-

den standard« → Bestimmung der Bikarbonatexkretion im Duodenalsekret über 2–3 h nach Sekretin i.v.-Gabe (patholog.: < 80–90 mval/l ab 60%igem Organfunktionsverlust) • Bentiromide-Test: enzymatische Spaltung dieses Stoffes nach oraler Gabe unter Para-Aminobenzoesäurebildung, die nach Absorption vollständig renal eliminiert wird! • Pankreolauryl-Test • oraler Glukosetoleranz-Test (im Spätstadium pathologisch) Zusatzuntersuchungen

• Sonographie des Abdomens: meist eingeschränkte Beurteilbarkeit bei ausgeprägtem Meteorismus (geschwollener Pankreas nur in ca. der Hälfte der Fälle nachweisbar) • kontrastmittelverstärkte CT-Untersuchung: Nachweis von ödematösen und nekrotischen

278

Kapitel 18 · Pankreatitis

Pankreasbezirken sowie peripankreatischem Gewebe und deren Ausmaße durch kontrastmittelunterstützte computertomographische Untersuchungen bei Hyperamylasämie, ausgeprägtem klinischem Befund und Fieber > 39 °C • ggf. CT-gesteuerte Feinnadelpunktion von suspekten Pankreasgebieten zum Nachweis von infiziertem nekrotischem Gewebe (geringe Komplikationsrate, Sensitivität > 90%) • Thoraxröntgen: ggf. linksseitiger Erguss, Plattenatelektase, Pneumonie, freie Luft unter dem Zwerchfell bei Ulkusperforation mit Pankreasbeteiligung • Abdomenübersicht: – Luft- und Flüssigkeitsspiegel bei Ileussymptomatik – Nachweis von schattengebenden Gallensteinen oder – Kalkinseln im Pankreas-Bereich bei chronisch-kalzifizierender Pankreatitis – Pankreasabszess mit gasbildenden Bakterien (Flüssigkeitsansammlung mit überschichteter Gasanreicherungung)

• gastrale Sekretabsaugung zur Vermeidung der Pankreasstimulation durch die Magensäure (von einigen Autoren wird das Legen einer Magensonde bei Fehlen von Übelkeit, Erbrechen, Meteorismus und Ileussymptomatik aufgrund einer fehlenden nachgewiesenen Effektivität abgelehnt) Adäquate Schmerztherapie • PCA mit intravenösen Opioiden, welche die



• •

Differentialdiagnose

Erhöhte Enzyme bei: perforiertem Ulkus, Cholezystitis, Mesenterialinfarkt, Ileus, Aneurysma, Parotitis, Extrauteringravidität, Niereninsuffiziienz, selten Makroamylasämie (nach HAES-Gabe)

Therapie



Sphincter-Oddi-Funktion nur gering beeinflussen (Tramadol oder Pethidin) kontinuierliche 1%ige Procaingabe z. B. Procain-Perfusor: 2 Amp. Novocain 1% à 20 ml (= 400 mg) pur = 40 ml mit 2–4 ml/h (max. 2 g/24 h = 8 ml/h), Die Gabe von Procain konnte allerdings in kontrollierten Studien der vergangenen Jahre gegenüber Plazebo keinen Vorteil erbringen und wird daher nicht mehr empfohlen! ggf. zusätzlich NSAID: Metamizol (5 g/24 h), Paracetamol (4 g/24 h), Naproxen (2-mal 500 mg) Periduralanästhesie (kontinuierliche Infusion von 0,25%igen Bupivacain oder 0,2% Ropivacain (ca. 2–5 ml/h) über lumbalen bzw. thorakalen Periduralkatheter → Abwägung gegenüber dem Risiko der sekundären Infektion des Periduralkatheters) Schmerztherapieergänzung durch Gabe von Pankreas-Enzymen (Trypsin) → Reduktion der Schmerzsymptomatik durch Abnahme der Cholezystokinin-Pankreozymin vermittelten Pankreasstimulation

Basistherapie

18

• Bettruhe und ggf. intensivmedizinische Überwachung • orale Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz • Stabilisierung der Hämodynamik und Verbesserung der Makro- und Mikrozirkulation mit erhöhtem O2-Angebot durch Ausgleich des intravasalen Flüssigkeits- und Elektrolytverlustes → Rehydratation mittels 3–5 l/24 h zur Vermeidung von Hypotonien und Nierenversagen → Überwachung der Gewichtsentwicklung, welche ab dem 12. Tag wieder abnehmen sollte → prognostischer Marker nach Lankisch et al. • ggf. Gabe von Sucralfat (Ulcogant) anstelle von H2-Blockern (Vermeidung der gastralen Keimbesiedelung)

Antibiotische Therapie

• nur bei sekundärer Infektion von Pankreasnekrosen • erwartetes Keimspektrum bei infizierten Pankreasnekrosen: Enterobakterien, Enterokokken, Staphylokokken, Anaerobier und Sprosspilze • Substanzen: – Imipenem (Zienam): Reduktion der Inzidenz an Pankreasinfektionen, jedoch ohne signifikante Beeinflussung der Mortalität bei gleichzeitiger deutlicher Reduktion von septischen Komplikationen oder – Cefuroxim (Zinacef): trotz niedriger Pankreasgewebsspiegel konnte die Mortalität bei akuter nekrotisierender Pankreatitis reduziert

Spezielle Krankheitsbilder

werden→ ggf. positiver Effekt aufgrund eines antioxidativen Effekts von auch niedrig dosiertem Cefuroxim oder – Chinolone (Moxifloxacin oder Ciprofloxacin, Ofloxacin → beide letztgenannten Substanzen werden von einigen Autoren aufgrund einer Wirklücke bei Anaerobiern mit Metronidazol kombiniert) – Piperacillin + β-Laktamasehemmer (Empfehlung nach Braveny 2002)  bei den Antibiotika wird insbesondere Moxifloxacin im Pankreasgewebe angereichert. Antibiotikum

Verhältnis von Gewebs- zu Serumspiegel

Moxifloxacin

1,82

Imipenem

0,98

Ciprofloxacin

0,86

Cefotaxim

0,78

Piperacillin

0,72

Mezlocillin

0,71

Tobramycin

0,22

Netilmicin

0,21

Modifiziert nach Büchler 1996

• ggf. selektive Darmdekontamination (SDD) → signifikante Reduktion der Letalität (22% vs. 35% in einer randomisierten, prospektiven Studie von Luiten et al.) ! Merke: Die prophylaktische Antibiotikatherapie kann die Infektion des nekrotischen Pankreas weder verhindern noch verzögern, kann jedoch den klinischen Verlauf verbessern und das Outcome infolge einer Vermeidung von septischen Komplikationen positiv beeinflussen!

• bei nachgewiesener Pankreasinfektion: kalkulierte antibiotische Therapie anhand des Antibiogramms nach CT-gesteuerter Feinnadelpunktion (häufigstes Keimspektrum: gramnegative Darmbakterien (Escherichia coli, Klebsiellen-, Pseudomonas- und Proteus-Spezies, Enterokokken), Anaerobier und Staphylokokken (aureus) sowie Candida

279

18

Weitere Therapiekonzepte • frühzeitige enterale Ernährung über eine jejunale Sonde (Sondenlage distal des Treitz-Bandes

zur Vermeidung einer Cholezystokininstimulation) → geringere Inzidenz an katheterassoziierten, septischen Komplikationen, hyperglykämischen Phasen und geringere Kosten im Vergleich zur totalen parenteralen Therapie sowie Reduktion der Mortalität in der späten Phase einer akuten Pankreatitis → Substitution der parenteralen und enteralen Therapie mit Glutamin → Stabilisierung der Mukosabarriere und Reduktion der bakteriellen Translokation mit septischen Komplikationen • Gabe von Antioxydanzien wie Selen (Selenase, Inzolen), Vitamin C (Ascorbinsäure) und Vitamin E (α-Tocopherol), N-Acetylcystein (Fluimucil) • Drainageneinlage bei Pseudozysten mit Schmerzsymptomatik, gastraler Obstruktion oder Durchmesser > 5-6 cm • ggf. ERCP bei Verdacht auf obstruktive, biliäre Ursache und gleichzeitiger schwerer Pankreatitis → Entlastung eines erhöhten intraduktalen Drucks bei Obstruktion durch Papillotomie, ggf. Drainageneinlage (Cave: Verschlimmerung der Pankreatitis durch hohe Drücke beim Anspritzen des Pankreasganges • Verbesserung der rheologischen Eigenschaften (isovolämische Hämodilution, Gabe von Dextranen) • ggf. CVVHF oder CVVHD ab dem 10. Tag zur Mobilisierung der Flüssigkeit im retroperitonealen Raum • die früher propagierte Gabe von Octreotid (100 µg alle 8 h für 14 Tage subkutan) scheint nicht bzw. allenfalls von geringem Vorteil zu sein. → Hemmung der Pankreassekretion und Vasokonstriktion des Splanchnikusgebietes • ebenso ist der positive Effekt von applizierten Proteinase-Inhibitoren (Aprotinin [Trasylol] oder Gabexat-mesilat bezüglich der Mortalität bei akuter nekrotisierender Pankreatitis fraglich! → allerdings scheint die Infusion von Gabexat die Inzidenz der Post-ERCP-Pankreatitis zu reduzieren!  die früher empfohlene Gabe von Atropin, Calcitonin, Glucagon und Fluorouracil beeinflusst

280

Kapitel 18 · Pankreatitis

nach neueren Erkenntnissen den Krankheitsverlauf in keiner Weise! Experimentelle Therapiekonzepte

• Gabe des PAF-Antagonisten namens Lexipafant innerhalb von 48 h nach Beginn der Symptome • Gabe von löslichem Typ-1-TNF-bindendem Protein (TNF bP) → Gabe nach Anstieg der Zytokine führt zur Mortalitätsreduktion • Gabe von Interleukin 10 → Reduktion der Expressionsrate von TNF-mRNA • Toxinelimination mittels Plasmapharese → zur Zeit laufen kontrollierte Untersuchung mit dem PAF-Antagonisten und der isovolämischen Hämodilution mit Dextranen Chirurgische Intervention

18

 im Gegensatz zur früheren aggressiven chirurgischen Therapie wird heute eher eine zurückhaltende, späte Nekrosektomie bevorzugt (frühestens ab der 3. Woche nach Krankheitsbeginn) → verbessertes klinisches Outcome Indikation für chirurgische Intervention nur noch bei • durch Feinnadelpunktion gesicherte Infektion der Pankreasnekrosen (Einlage von retroperitonealen Drainagen nach Pankreasmobilisation und intraoperative Spülung mit 10–12 l Kochsalzlösung, ggf. entlastendes Enterostoma bei paralytischem Ileus) • Pankreasabszess • persistierender biliärer Pankreatitis • Perforation von Hohlorganen oder Perforation der infizierten Nekrose in die Peritonealhöhle • Darmischämie • zur Differentialdiagnose ggf. Einlage eines T-Tubes in den Pankreasgang und einer jejunalen Ernährungssonde zur enteralen Ernährung • ggf. bei Verschlechterung des klinischen Befundes und Multiorganversagen unter intensivmedizinischen Maßnahmen • ggf. bei sterilen Nekrosen mit einem Ausmaß > 50% des Pankreas  Merke: nach überstandener Pankreatitis sollte die auslösende Ursache erforscht werden: • nutritiv- toxische Ursache

• Ausschluss von Gallenkonkrementen und anderen obstruktiven Ursachen (z. B. Tumor, Askariden etc. → elektive Cholezystektomie im freiem Intervall bei biliärer Genese) • Lipidstatus (Ausschluss primärer Hyperlipidämie) • Parathormon im Serum (Ausschluss eines primären Hyperparathyreoidismus)

Ausgewählte Literatur Adler G, Woehrle H (2005) Diagnostik und Therapie der akuten Pankreatitis. Internist 46:131–144 Braveny I, Maschmeyer G (2002) Infektionskrankheiten, 1. Aufl. medco, München Kujath P, Rodloff AC (2003) Chirurgische Infektionen. Aktuelle Aspekte zur Diagnostik und Therapie. Unimed, Bremen Mahlke R, Lübbers H, Lankisch PG (2005) Diagnostik und Therapie der chronischen Pankreatitis. Internist 46:145–156 Sulkowski U et al. (1998) Die akute Pankreatitis. Klassifikation – Diagnostik – Therapie. Der Anästhesist 47:765–777

19 Gastrointestinale Probleme

Vorbemerkung

nach sollte die Atonie dringlich diagnostisch abgeklärt werden, denn der Übergang von der

• Komplikationen dieses Organsystems haben einen erheblichen Einfluss auf die Mortalität • Inzidenz abdomineller Komplikationen (z. B. nach herzchirurgischen Eingriffen): 0,3–2,9% • treten Probleme auf, sind sie mit einer hohen Mortalität verbunden; 11–59% bei Komplikationen vs. 4% ohne Komplikationen, bei einer Mesenterialischämie gar mit einer Mortalität von 60–85%

Atonie zum paralytischen Ileus ist fließend

 unter Obstipation versteht man ein Intervall von mehr als 3 Tagen zwischen 2 Stuhlentleerungen

Motilitätsstörungen Die Störung der Magen-Darm-Motilität ist eines der zentralen Probleme, da sie bei Intensivpatienten sehr häufig anzutreffen ist.

Normale Entleerungszeiten und postoperative Normalisierung normale Entleerungszeiten ab Nahrungsaufnahme

postoperative Normalisierung der Funktion

Magen

20 min–3 h

6–48 h

Dünndarm

7–9 h

6 h bis 3 Tage

Dickdarm

24–30 h

3–5 Tage oder länger

Rektum

30 h bis 5 Tage

3–5 Tage oder länger

Physiologie (Peristaltik von Magen, Dünndarm, Dickdarm) Steuerung der gastrointestinalen Motilität • digestive und interdigestive Peristaltik • die gastrointestinale (GI) Motilität ist ein komplexes Geschehen, an dem das extrinsische und intrinsische Nervensystem sowie gastrointestinale Hormone beteiligt sind Intrinsisches Nervensystem

 die Frequenz des Stuhlgangs variiert von 3-mal pro Tag bis 1- (–2)mal pro Woche • die Angaben über die Normalisierung der Darmfunktion nach operativen Eingriffen sind sehr unterschiedlich. Dies ist umso verständlicher, da bei Gesunden die Entleerungszeiten erheblich variieren können • spätestens am 3.–4. postoperativen Tag müssen jedoch Darmgeräusche nachweisbar sein, wenn ein unkomplizierter Verlauf vorliegt, da-

• zentrales Regulationssystem der GI-Motilität • Plexus myentericus (Meissner) zwischen Längsund Ringmuskulatur • Plexus submucosus (Auerbach) in der Submukosa • Verarbeitung von Signalen aus den übergeordneten Steuersystemen sowie aus den lokalen Rezeptoren • Funktionsfähigkeit beider Plexus ist eine Voraussetzung für die Transport- und Mischvorgänge

282

Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme

Extrinsisches Nervensystem

• übergeordnete nervale Strukturen des extrinsischen Nervensystems – Parasympathikus (N. vagus, Nn. sacrales) – Sympathikus (thorakolumbaler Grenzstrang, Nn. splanchnici) • greifen nur modulierend ein; deren Innervation ist jedoch für Funktionsfähigkeit der Erregung nicht erforderlich

• wirken stimulierend oder hemmend auf verschiedene Segmente des GI-Trakts

Motilität des Magens »Gastrointestinaler Schrittmacher« • autonome Muskelzellen im Korpusbereich des

Magens, die ähnlich wie am Herz, rhythmische elektrische Potentiale aussenden → spontane

GI-Hormone

Depolarisationen (ECA = »electrical control activity«) mit einer Frequenz von 2–3/min. Bei

• freigesetzt durch Erregung von Mechano- und Chemorezeptoren in der Magen- und Darmwand

Erreichen eines Schwellenwertes → Aktionspotential mit Kontraktionen (ERA = »electrical response activity«). Ob und wie oft dieser Er-

Einflüsse auf die Magenmotilität Neuroendokrine Steuerung der GI-Motilität Stimulation (Tonus/Motilität) Acetylcholin (Parasympathikotonus) Gastrin

Motilin Cholezystokinin (Dünndarm, Dickdarm)

PP (pancreatic polypeptide) Thyroxin, Trijodthyronin

gastrale Säuresekretion ↑ gastrointestinale Motilität ↑ Pepsinogensekretion ↑ Regulation des Mukosawachstums gastrale Motilität ↑ Tonus des Ösophagussphinkter ↓ Dünndarm-, Dickdarmmotilität ↑ Gallenblasenkontraktion ↑ Pankreassekretion ↑ Relaxation des Sphinkter Oddi Pankreassekretion ↓ Gallengangsmotilität ↓ gastrale Motilität ↑

Hemmung (Tonus/Motilität) Adrenalin, Noradrenalin (Sympathikotonus) Sekretin (Magen)

gastrale Säuresekretion ↓ gastrale Motilität ↓ Pankreassekretion ↑ hepat. Gallensekretion ↑ Regulation des Pankreaswachstums

Glukagon Cholezystokinin (Magen) Feedback GIP (gastric inhibitory peptide) Feedback

19

Somatostatin

gastrale Säuresekretion ↓ gastrale Motilität ↓ Insulinsekretion bei Hyperglykämie ↑ Dünndarmsekretion ↑ gastrale Säuresekretion ↓ gastrale Säuresekretion ↓ gastrointestinale Motilität ↓ Gastrinsekretion des Magens ↓ Pankreassekretion ↓ Gallenblasenkontraktion ↓

283

Spezielle Krankheitsbilder









regungswelle Kontraktionen folgen, hängt von der Summe der neuronalen und humoralen Einflüsse ab. Gastrin und Cholezystokinin erhöhen die Antworthäufigkeit und Schrittmacherfrequenz, andere Peptidhormone wie z. B. GIP (»gastro inhibitory peptide«) hemmen diese Motilität die resultierenden peristaltischen Wellen laufen mit zunehmender Geschwindigkeit auf Antrum und Pylorus zu → Aufbau eines aboralen Druckgradienten, peristaltische Wellen von Kardia zu Pylorus (0,5–4 cm/s) – die meisten peristaltischen Wellen führen zur Durchmischung des Speisebreis und kommen im Antrum zum Stillstand – intensive Peristaltik im Antrum führt zu einer portionsweisen Entleerung des Mageninhalts in das Duodenum. Übertritt von Nahrungsbestandteilen (5 mmol/l • Blut-pH 20 mmol/l (Na+ – [Cl– + HCO3–)] Norm: 5–12 mval/l • negativer Base Excess Aussagekraft/Fehlermöglichkeiten eines erhöhten Laktatspiegels

19

• kein Beweis für eine Darmischämie (s. oben) • keine Berurteilungsmöglichkeit der regionalen Durchblutung, kann aus anderen ischämischen Regionen stammen (z. B. A.-femoralis-Verschluss) • kann primär trotz Ischämie gering sein • kann erst sekundär bei Reperfusion in die Blutbahn eingeschwemmt werden

CO2

CO2

CO2

Diffusion

HCO-3

intragastrales Lumen

CO2

CO2

HCO3-

Mukosa Muskularis

HCO3-

HCO-3

HCO3-

⊡ Abb. 19.2. Prinzip der pHi-Messung

HCO3-

Arteriole

287

Spezielle Krankheitsbilder

fusionsstörungen bzw. intestinalen Hypoxämien unter Einsatz einer Spezialmagensonde mit CO2durchlässigem Ballon an der Spitze • Messung des intramukosalen pH-Wertes im Magen oder Sigma (pHi) Grundlage

CO2 -Akkumulation bei verminderter Gewebsperfusion (verminderte Auswaschung des produzierten CO2 sowie erhöhte CO2-Produktion unter anaeroben Konditionen infolge vermehrten Anfalls von sauren Valenzen; D-Glukose → 2 ATP + 2 Laktat– + 2 H+). Methode und Durchführung

• korrekte gastrale Positionierung einer speziellen Magensonde mit zusätzlichem Lumen für gasdurchlässigen Ballon (Tonometer) • 2,5 ml NaCl 0,9% werden eingespritzt • CO2 diffundiert von der Magenmukosa in den mit NaCl 0,9% gefüllten Ballon • Äquilibrationszeit von mind. 30 min (30–90 min) • luftfreie Entnahme der instillierten Flüssigkeit • der erste 1 ml wird verworfen, aus dem Rest dann der pCO2 bestimmt • simultane Messung des pCO2 aus der tonometrischen Flüssigkeit (NaCl-Lsg.) und der arteriellen Bikarbonatkonzentration • Berechnung des pHi-Wertes anhand der modifizierten Henderson-Hasselbalch-Gleichung modifizierte Henderson-Hasselbalch-Gleichung: pH = 6,1 + log

[art.HCO–3 ] pCO2Tonom.

Wie hoch ist der normale pHi? • pHi = 7,35–7,32 (Fiddian-Green 1994) • pHi > 7,35 (Gutierrez et al. 1992) Aussagekraft

• Marker für Hypoxie der Magenmukosa (z. T. nur geringe Sensitivität und Spezifität) • niedriger pHi korreliert gut mit Letalität bei großen operativen Eingriffen, Sepsis und Multiorganversagen – erhöhte Mortalität bei Patienten mit pHi 2,5 g/dl, KOD >18 mmHg

Therapie von motilitätsbeeinflussenden Erkrankungen

– Hypothyreose (Thyroxin, Trijodthyronin wirken stimulierend auf die Darmmotilität) – Diabetes mellitus (autonome Polyneuropathie) – Herzinsuffizienz/Myokardinfarkt – Hirn- und Rückenmarkläsionen

291

Spezielle Krankheitsbilder

19

Therapie der Darmatonie Bei nichtvorhandener Peristaltik Einsatz von peristaltikfördernden Medikamenten: Substanz

Wirkung

Dosis

Dexpanthenol (Bepanthen)

gesteigerte Synthese von Acetylcholin

Prophylaxe mit 2 Amp. i.v. während oder unmittelbar nach OP 3–6 Amp. (1,5–3 g) i.v.

Neostigmin (Prostigmin)

Cholinesterasehemmer (Erhöhung der Acetylcholin-Konzentration, parasympathikomimetisch)

1,5–3 mg (0,03–0,06 mg/kg, max. 0,0 mg/kg) als KI i.v. Wirkeintritt: 30–90 min

Bradykardie, AV-Block-Hypotonie, ↑ Speichel- und Bronchialsekretion, Bronchospasmus

Pyridostigmin (Mestinon)

s. Neostigmin

10–20 mg (0,1–0,2 mg/kg, max. 0,3 mg/kg) als Kurzinfusion i.v.,

s. Neostigmin

Metoclopramid (Paspertin)

zentral u. peripher: Blockierung von Dopaminrezeptoren; in höheren Dosen: serotoninagonistisch (→ antiemetisch) Freisetzung von Acetylcholin am Plexus myentericus → Kardiatonus↑ (Reflux ↓), Antrummotilität ↑, Fundusrelaxation ↓

1- bis 3-mal 1 Amp à 10 mg

extrapyramidale Störungen, bes. in höheren Dosen und bei Kindern

Domperidon (Motilium)

peripher dopaminantagonistisch, Kardiatonus ↑, Fundusrelaxation ↓ und Antrummotilität ↑

3 mal 10–20 mg p.o. (1–2 ml, 1–2 Tbl.)

passiert kaum Blut-HirnSchranke, kaum NW

Ceruletid ( Takus)

Cholezystokinin-Analogum, direkte Wirkung auf glatte Muskulatur und erhöhte Acetylcholinfreisetzung am Plexus myentericus

2 ng/kg/min i.v. bzw. 1 Amp. auf 50 ml NaCl 0,9% → 10–20 ml/h

stimuliert exokrine Pankreasfunktion KI: Pankreatitis, Hypotonie, Übelkeit, schmerzhafte Tenesmen

Erythromycin (Erythrocin)

agonistische Wirkung am Motilinrezeptor am Magen und Dünndarm und führt so zu Kontrak tionen am Antrum und einer verbesserten Koordination antroduodenaler Motilität

2-mal 0,5 g bis 4-mal 0,25 g i.v./p.o.

bakteriostatisches Antibiotikum; Ind: Gastroparese; in Entwicklung: Erythromycin-Analoga ohne antibiotische Wirkung

Tegaserod (Zelmac)

Serotoninrezeptoragonist

Cisaprid (Propulsin)

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat am 28. 6. 2000 aufgrund lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen das Ruhen der Zulassung angeordnet!

! Nach Haug et al. ist im Rahmen der postoperativen Darmatonie die Gabe von Metoclopramid, Erythromycin Neostigmin und Dexpanthenol

Bemerkungen

neu, noch nicht beurteilbar

unwirksam. Nach Studienlage sind nur die Laxanzien und das nicht mehr erhältliche Cisaprid wirksam!

Sympathikolyse therapeutische PDA α- oder β- Blocker (DHB, Urapidil)

Carbostesin 0,125% oder Naropin 0,2%

initial Bolus von 10 ml, dann Perfusor mit 4–10 ml/h kommen aufgrund meist sehr eingeschränkter Kreislaufverhältnisse nur selten in Betracht, evtl. im Sedierungsregime

292

Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme

Bei vorhandener Peristaltik

Durchaus sind mehrere Versuche mit verschiedenen Substanzen notwendig, bis sich der gewünschte Erfolg einstellt. Osmotisch wirksame Laxanzien/Antiabsorptiva

men, zusätzlichen zu einem Einstrom von Wasser, Natrium und Kalium in das Darmlumen führen und so die Dehnungsrezeptoren erregen. Nebenwirkungen: abdominelle Schmerzen, Meteorismus, Flatulenz, bei längerer Anwendung Elektrolytverluste, bes. Kalium.

Schwer resorbierbare Substanzen, die die Resorption von Natrium und Wasser aus dem Darm hem-

Substanz

Dosis

Nebenwirkungen/Bemerkungen

Laktulose (Bifiteral)

1-mal 1–1½ Btl. à 6 g bis 3-mal 5 Btl. (30 g)

Gastrografin

1-mal 60–100 ml p.o.

Rizinusöl

100 ml warme Milch und 30 ml Rizinusöl (3–6 Kps. à 2 g)

Sennafrüchte (X-Prep), Abführtee

mind. 75 ml viel nachtrinken (insg. 2–3 l) 1–2 Tassen Tee

Bisacodyl (Dulcolax)

2 Dragees (Wirkeintritt nach 5–10 h)

Überempfindlichkeitsreaktion u. vereinzelt urtikarielle Hautreaktionen, selten Übelkeit, Erbrechen bei Aspiration, Möglichkeit eines Lungenödems

Sennablätter enthalten Glykoside, aus denen Anthrachinone gespalten werden, die die Resorption von Wasser und Natrium hemmen und so die Darmperistaltik stimulieren, Darmentleerung erfolgt nach 5–8 h

Rektale Einläufe Maßnahme

Dosis

Schwenkeinlauf

Bemerkungen Cave: Läsionen von Rektum oder Sigmoid

Glycerol (Babylax, Glycilax Miniklistier)

Säuglingen ½–1 Rektiole, Kleinkindern 1 Rektiole, Schulkindern 1–2 Rektiole

1-mal Klysma salinisch, 1-mal Klysma Sorbit

1–2 Klysmen

Bisacodyl (Dulcolax)

Supp. (führt kurzfristig zu einer Entleerung in 15–30 min)

Supp.: Wirkstoff quillt im Rektum und führt so zur Erregung der Dehnungsrezeptor

CO2-Laxans (Lecicarbon)

1–2 Supp.

setzt CO2 frei und führt so zur Erregung der Dehnungsrezeptoren, sehr schonend!

Begleitende Maßnahmen Maßnahme/Substanz Gabe von Quell- und Gleitmitteln, Leinsamen, Hemizellulose (Nutrivital)

quellen mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr → verstärkte Peristaltik

Dosis

Bemerkung

Wirkeintritt nach 10 h 3-mal 1–2 Kps.

Ileusgefahr durch Verkleisterung, wenn zu wenig Flüssigkeit

Sphinkterdehnung, endoskop. Darmdekompression

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Kolonmassage, warme Rolle

kann sehr effektiv sein

Antiblähmittel Simethicon (Sab simplex)

bringt die bei Blähungen entstehenden Schaumbläschen zum zerfallen, so dass die Darmgase resorbiert werden oder natürlich abgehen können

3- bis 6-mal 5–30 ml Kleinkinder: 4- bis 6-mal 15 Trp.

293

Spezielle Krankheitsbilder

Prophylaxe und Therapie der Darmischämie Perfusionsverbesserung

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pliziert über einen noch belassenen Angiographiekatheter bei »non-occlusive disease« sinnvoll

Erhaltung der gastrointestinalen Integrität Frühe, gemäßigte enterale Ernährung

• Optimierung der Volumentherapie nach ZVD und invasiver Blutdruckkurve • Verbesserung des O2-Angebots → Erhöhung von Hb, HZV und Perfusionsdruck • kritischer Einsatz von α-adrenergen Substanzen (bes. Noradrenalin) Die bei Intensivpatienten zur Stabilisierung des Kreislaufs oft notwendige hochdosierte Katecholamintherapie kann jedoch auch dazu führen, dass im Splanchnikusgebiet unter der Stimulation der α-Rezeptoren eine Verschlechterung der Perfusion eintritt. Die therapeutischen Möglichkeiten sind in dieser Situation eingeschränkt. ! Ob durch die Kombination von Vasopressoren mit dem neuen Katecholamin Dopexamin oder mit Phosphodiesterase-III-Hemmern die vasopressorbedingte mesenteriale Vasokonstriktion abgeschwächt werden kann, ist derzeit noch nicht sicher erwiesen

• Dopamin: in niedriger Dosierung (2–4 µg/kg/min) soll über eine bevorzugte Stimulation der Dopaminrezeptoren der Nieren- und Splanchnikusgefäße vasodilatierend wirken. Diese Effekte ließen sich jedoch nicht von allen Untersuchern bestätigen, es wurde gar von einer Verschlechterung der Leberperfusion unter Dopamin berichtet • Dopexamin (Dopacard): eine bessere Substanz zur Perfusionsverbesserung im Splanchnikusbereich könnte der kombinierte β2- und Dopaminrezeptoragonist sein • Phosphodiesterase-III-Hemmer ob dadurch die mesenteriale Vasokonstruktion der Vasopressoren abgeschwächt und eine relevante Senkung des intestinalen Gefäßwiderstandes erreicht werden kann, ist derzeit noch in Diskussion • Vasodilatanzien (Ca-Antagonisten, Papaverin [0,5–1 mg/kg/h]) erscheinen besonders lokal ap-

Hierdurch wird nicht nur die Peristaltik angeregt, sondern auch die Barrierefunktion der Darmschleimhaut am besten aufrechterhalten. Glutamin

• Glutamin ist einer der wichtigsten Nährstoffe für die Darmmukosa. Eine längerfristige glutaminarme oder -freie parenterale oder enterale Ernährung fördert die Translokation zu den mesenterialen Lymphknoten. Glutamin schützt vor einer Schleimhautatrophie und vermindert so die bakterielle Translokation Immunnutrition • ω-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure): antiinflammatorisch (verringer-

te Synthese von IL-1 und TNF), Synthese von Leukotrienen der 5er-Reihe und Prostaglandinen der 3er-Reihe bei gleichzeitiger Hemmung der Eikosanoidsynthese ↓ (Leukotriene der 4erReihe, Prostaglandine der 2er-Reihe)

• Perfusionsverbesserung im Leber- und Splanchnikusgebiet, da vermehrt vasodilatierende Metabolite, wie PGI3 gebildet werden. • α-Linolensäure Präkursor der Ω-3-Fettsäuren • Linolsäure Vorstufe für Prostaglandin- und Prostazyklinstoffwechsel: Arachidonsäure, aus der die Leukotriene der 4er-Reihe (Chemotaxis und endotheliale Permeabilitätserhöhung!) und die Prostaglandine der 2er-Reihe metabolisiert werden Spurenelemente (Selen)

• wichtiges Antioxidans, neben Vitaminen C, E, β-Carotin (Radikalenfänger) • Bestandteil der Glutathionperoxidase mit 1000mal höherer antioxidativer Potenz als Vitamin E Operation

Bei embolischem oder thrombotischem Mesenterialarterienverschluss Dünn- bzw. Dickdarmteilresektion.

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Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme

Ileus Einteilung • mechanischer Ileus – Okklusionsileus – Strangulationsileus • funktioneller Ileus – spastischer Ileus • Dickdarm- (20–25%) oder Dünndarmileus (75– 80% aller Passagestörungen) Mechanischer Ileus

• Verlegung des Darmlumens und Blockade der Darmpassage mit Aufstau des Speisebreis und der Verdauungssäfte oral des Hindernisses • Ursachen: – meist Okklusionsileus aufgrund entzündlicher oder tumoröser Stenosen, Gallensteine, Kotballen, Würmer, die die Lumenlichte einengen oder Kompressionen von außen durch Briden oder extramurale Tumoren – seltener Strangulationsileus, bei dem es zu Durchblutungsstörungen der Mesenterialgefäße kommt z. B. durch Inkarzeration, Invagination oder Volvulus Funktioneller Ileus

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• Behinderung der Darmpassage, ohne dass ein mechanisches Hindernis vorhanden ist. • Ursachen: – meist paralytischer Ileus bei intraabdominelle Entzündungen wie z. B. bei Pankreatitis, Cholezystitis, Appendizitis oder Peritonitis – bei metabolischen (z. B. diabetischer Azidose, Urämie, Hypokaliämie) oder hormonellen (z. B. Schwangerschaft) Veränderungen, reflektorisch im Rahmen anderer Erkrankungen (z. B. Nieren- oder Gallenkoliken, stärkere Blutverluste, Blasenüberdehnungen, Wirbelkörperfrakturen), bei vaskulär bedingten Veränderungen (Verschluß von Mesenterialgefäßen, z. B. Claudicatio abdominalis) oder medikamentös bedingt (z. B. durch Opiate, Antidepressiva, Parkinsonmedikamente)

– seltener kommt es aufgrund einer spastischen Parese der Darmmuskulatur zum Verlust der geregelten Propulsivmotorik z. B. durch Bleiintoxikationen, Porphyrie oder eine Askariasis

Pathophysiologie Hier unterscheiden sich der Dünndarm und der Dickdarmileus voneinander: Mechanischer Dünndarmileus Beim mechanischen Dünndarmileus kommt es zu

einer starken Vermehrung von fäkulenten Keimen, besonders von E. coli. → Zunahme der Bakterienzahl mit konsekutiver Hypersekretion der Schleimhaut und gleichzeitiger vermehrter Durchblutung der Dünndarmwand. Beim hohen Dünndarmileus (jejunale Passagestörung) dominiert klinisch nicht so sehr die geblähten Darmschlingen, sondern vielmehr der entgleiste und vital bedrohliche Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt aufgrund des hohen Refluxes von Magen- und Darmsekreten und dem ständigem Erbrechen. Beim tiefen Dünndarmileus kommt es zu einer qualitativ und quantitativ veränderten bakteriellen Besiedlung → starker Anstieg von bakteriellen Zerfalls- und Stoffwechselprodukten, mit direkter Wirkung auf die Mukosazellen und verstärkter Mediatorfreisetzung→ Alteration der Mukosabarriere mit Translokation von Lipopolysacchariden und für Bakterien → Gefahr des septischen Multiorganversagens. Dickdarmileus

Beim Dickdarmileus ist das von Wangsteen vorgestellte Konzept relevant: Durch eine zunehmende Darmdistension bei Passagestörung kommt es aufgrund einer intraluminären Druckerhöhung zu einer Mikrozirkulationsstörung der Darmwand mit konsekutiven hypoxischen Gewebeschaden → Hypovolämie und Schock aufgrund einer passiven Flüssigkeitssequestration ins intramurale Gewebe und in das Darmlumen. »Bakterielle Dysbalancen« scheinen eher eine sekundäre Rolle zu spielen.

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Spezielle Krankheitsbilder

Diagnostik • Anamneseerhebung (Voroperationen → postoperative Adhäsionen stellen die häufigste Ursache dar) • klinische Symptome: – Schmerzen (– 93% der Patienten) – Erbrechen (– 71%) – Meteorismus (– 54%) – Stuhlverhalt (ca. 29%) und – Miserere (ca. 4%) • Auskultation: spärliche Darmgeräusche, nur gering hochgestellte oder typisch metallisch klingende Darmgeräusche (mechanischer Ileus) bzw. aukultatorische »Totenstille« (paralytischer Ileus oder mechanischer Ileus im Stadium der Paralyse) • radiologische Untersuchung: – Röntgenleeraufnahme des Abdomens (Differenzierung zwischen Dick- und Dünndarmileus, Nachweis eines Gallensteinileus, Volvulus oder Nachweis von freier intraabdomineller Luft als Zeichen einer Perforation) – Kontrastmittelpassage (Differenzierung zwischen mechanischem und paralytischen Ileus und evtl. OP-Indikationsstellung) – Kolonkontrasteinlauf oder -doppelkontrastdarstellung • Koloskopie • Sonographie (Nachweis von Gallensteinen, einer Cholezystitis, Pankreatitis oder tumoröse Veränderungen im kleinen Becken) • Computertomographie (bei Dickdarmileus und tiefen Dünndarmileus zum Ausschluss von obstruierenden Tumoren, besonders im Ileozökalbereich)

Therapie • konservativ (beim rein paralytischen Ileus): – Dekompressionsbehandlung des gestauten Gastrointestinaltrakts mittels Magensonde, gastrointestinale Dekompressionssonde über Dennissonde oder koloskopisches Absaugen von Darmsekret und Gase – bilanzierte Flüssigkeits- und Volumensubstitution.

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– Absetzen/Umsetzen motilitätshemmender Medikamente (z. B. Analgetika, Antidepressiva) – evtl. Antibiotikagabe. – Behandlung der Grund- oder Begleiterkrankungen (z. B. bei M. Crohn, Colitis ulcerosa, Cholezystitis, Divertikulitis). – medikamentöse Induktion von Peristaltik (Prokinetika, Cholinergika, Laxanzien, Serotonin-, Motilin- und Dopaminagonisten). • operativ (vorwiegend beim Okklusionsileus): – Adhäsiolyse der Briden – Stenose beseitigende Operationen

Medikamentöse Therapie Es wird eine Vielzahl von Medikamenten in der konservativen Ileustherapie angewendet. Deren Wirksamkeit ist allerdings nicht in klinischen Studien bewiesen worden! Zur Anwendung kommen: • das Cholinergikum Bethanechol (MyocholineGlenwood) • die Dopaminagonisten Metoclopramid (MCP, Paspertin) und Domperidon (Motilium) • der Motilinagonist Erythromycin • das parasympathomimetisch wirkende Ceruletid (Takus) und • indirekte Parasympathomimetika Neostigmin (Prostigmin), evtl. in Kombination mit Dexpanthenol (Bepanthen-Roche)

Diarrhö Definition • mehr als 3 Stuhlentleerungen am Tag mit einem Gewicht • > 250 g Fäzes und verminderte Stuhlkonsistenz (Wassergehalt >75%) Elektrolytgehalt des normalen Stuhls:

• • • •

K+: ca. 90 mmol/I Na+: ca. 40 mmol/l HCO3-: ca. 30 mmol/l Cl-: ca. 15 mmol/I

Osmolalität des normalen Stuhls: ca. 290 mosm/kg

296

Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme

Ursachen

! Cave:

Eine kontaminierte Sondenkost ist auszuschließen

Eine Diarrhö kann sowohl durch einen osmotisch wirksamen Darminhalt ausgelöst werden, als auch durch eine Imbalance zwischen Motilität, Sekretion und Resorption. • osmotische Ursachen: (hyperosmolare Sondenkost, Laktose bei Laktoseintoleranz, sekretorische Diarrhö mit Netto-Wasser- und Elekrolytsekretion bei bakteriellen Toxinen, Gallensäuren, entzündlichen Prozessen wie M. Crohn, Tbc sowie Proteinsekretion (großes Adenom) • funktionelle Ursachen: Imbalance zwischen Motilität, Sekretions- und Resorptionsleistung • mikrobiologische/infektiologische Ursachen: – kontaminierte Nahrungsbestandteile, bakterielle Infektionen (Salmonellen, Shigellen, Staphylokokken, Campylobacter jejuni, Vibrio cholei und am häufigsten enterotoxinbildende E. coli (ETEC), Clostridrium-difficile-Toxin → pseudomembranöse Kolitis – Viren: Norwalkvirus, Rotavirus u. a. – selten Protozoen wie z. B. Entamoeba histolytica, Giardia lamblia u. a. Maldigestion/Malabsorption

• mangelhafte Enzym- und/oder Gallensekretion – Störung der Hydrolyse von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett in niedermolekulare Spaltprodukte bzw. der Emulgierung der Fette – Hauptursachen: gastrisch (z. B. nach Magenresektion), hepatobiliär (z. B. Cholestase), Gallensäureverlustsyndrom (z. B. Ileumerkrankungen), pankreatisch (z. B. chronische Pankreatitis) • Mukosaatrophie (nach längerer enteraler Nahrungskarenz) Alimentär

• Sondenkost (zu hohe Osmolarität, zu rasch große Mengen) • Laktoseintoleranz

19

Intestinale Infektionen

z. B. Shigellen, Campylobacter, enteritische Salmonellen, E. coli, Clostridium difficile, Viren, Pilze oder Parasiten

Endokrin

• Hyperthyreose • häufig schwerer insulinpflichtiger Diabestes mellitus (diabetische Neuropathie des autonomen Nervensystems) gelegentlich im Wechsel mit Obstipation • Nebenniereninsuffizienz (M. Addison), sehr selten Medikamentös

Mg-haltige Antazida, Antibiotika. Pseudomembranöse Kolitis

• die Häufigkeit der pseudomembranösen Kolitis wird mit 5–21% der Intensivpatienten angegeben • die Hälfte aller Diarrhöen bei Intensivpatienten unter Antibiotikatherapie (besonders Clindamycin) sollen durch Clostridium-difficile-Endotoxin ausgelöst sein (bedingt durch Endotoxin A+B von Clostridium difficile, das bei Suppression der normalen Darmflora proliferiert) • die Klinik variiert von unkomplizierter Diarrhö bis zur schweren Kolitis mit blutigen Durchfällen • der Immunstatus des Patienten korreliert gut mit dem klinischen Erscheinungsbild. So wurden bei asymptomatischen Trägern höhere Antikörperspiegel von IgA und IgM gegen das Toxin A gefunden als bei Patienten, die deutliche Symptome aufwiesen • endoskopisch variiert das Bild entsprechend von diffuser Schleimhautrötung bis zu schweren pseudomembranös-ulzerierenden Läsionen • Diagnose: Nachweis von Clostridium-difficileToxin im Stuhl oder die Kultur von C. difficile aus einer Biopsie • Therapie: Metronidazol 4-mal 250 mg/Tag p.o. (Metronidazol i.v., falls p.o. vom Patienten nicht toleriert) oder Vancomycin 4-mal 125 mg/Tag p.o. (die zur intravenösen Applikation zugelassene Infusion kann auch oral gegeben werden)

297

Spezielle Krankheitsbilder

Therapie der Diarrhö • Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung z. B. pseudomembranöse Kolitis • Änderung der Sondenkostauswahl – niedrigere Osmolarität ( 160 mosm/kg H2O sprechen für eine osmotische Diarrhö

1 Kps. enthält je 25 mg Kulturlyophilisat von Lactobacillus gasseri und Bifidobacterium longum (je 8-mal 108 bis 8-mal 109 Keime). Ind:

Diarrhö nach Antibiotika- und Strahlentherapie, nach schweren Darminfektionen, Gärungs- und Fäulnisdyspepsie.

Antidiarrhoika

Dosis

Ind:

3-mal 1–2 Kps.

Zurückhaltend, da bei einer zu starken Motilitätshemmung mit nachfolgender Atonie und Obstipation zu rechnen ist.

Bactisubtil:

Dosis

1 Kps. enthält 35 mg keimfähige Sporen des Bacillus subtilis (= 109 Keime)

Loperamid (Imodium) 1 Kps. = 2 mg, 1 ml Lsg. = 0,2 mg 1 Tbl. = 2 mg

Ind:

Diarrhöen, Gärungs- und Fäulnisdyspepsien, Enteritis, Enterokolitis. WM:

Wirkt über Opiatrezeptoren motilitätshemmend.

Dosis

3 × 2 Kps.

KI:

Subileus, Obstipation, blutige Diarrhö, akute Colitis ulcerosa, pseudomembranöse Kolitis. Dosis

2- bis 4-mal 1 Kps. oder 2-mal 20 ml akute Diarrhö: • Erw.: Anfangsdosis: 2 Kps., danach 1 Kps. nach jedem ungeformten Stuhl. Tageshöchstdosis: 12 mg



Perenterol (50 mg Kps. oder forte 250 bzw. Pulver)

1 Kps. enthält Saccharomyces boulardii 50 mg/ 250 mg Ind:

Symptomatische Behandlung akuter Diarrhöen. Vorbeugung und symptomatische Behandlung von Reisediarrhöen sowie Diarrhöen unter Sondenernährung.

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Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme

Dosis

3-mal 2–4 Kps. (50 mg) oder 1- bis 2-mal 1 Kps. (250 mg)

Ausgewählte Literatur Booth C, Heyland D, Paterson W (2002) Gastrointestinal promotility drugs in the critical care setting: a systematic review of evidence. Crit Care Med 30:1429–1435 Bungard TJ, Kale-Pradhan PB (1999) Prokinetic agents for the treatment of postoperative ileus in adults: a review of the literature. Pharmacotherapy 19:416 Davies A, Bellomo R (2004) Establishment of enteral nutrition: prokinetic agents and small bowel feeding tubes. Current Opinion in Critical Care 10:156–161 Decurtins M, Goti F (1998) Postoperativer Ileus – Früh, spät oder gar nicht operieren? Zentralbl Chir 123:1355 Haug K, Brügger L, von Flüe M (2004) Neue Aspekte in der Behandlung der postoperativen Darmatonie. Schweiz Med Forum 4:108–114 Herold G (2005) Innere Medizin – eine vorlesungsorientierte Darstellung. Eigenverlag Henne-Bruns D, Löhnert M (2000) Aktueller Stand zur Diagnostik und nichtoperativen Therapie des Dünndarmileus. Chirurg 71:503–509 Herbert MK (2001) Die Magen-Darm-Atonie beim Intensivpatienten. Mechanismen, Ursachen Therapie. Anaesthesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 36:337–359 Kreis ME et al. (1999) What dose of neostigmine is effective for the treatment of postoperative colonic ileus? Lessons from colonic motility studies. In: Herbert MK, Holzer P, Roewer N (eds) Problems of the gastrointestinal tract in anesthesia, the perioperative period, and intensive care. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokyo, pp 12ff Storr M, Allescher HD (2000) Motilitätsmodifizierende Pharmaka Internist 41:1318–1330

19

20 Stressulkus

Pathogenese Imbalance zwischen • aggressiven Faktoren (Salzsäure, Pepsin, Gallensäure) und • protektiven Faktoren (Mukosa, Bikarbonat, mukosaler Blutfluss, Gefäßschäden, Prostaglandin, Epithelzellenregeneration, Neuropeptide) • eine Änderung (Verminderung) der schützenden Faktoren spielt bei der Entstehung des Stressulkus eine bedeutendere Rolle als eine Zunahme der aggressiven Faktoren (vermehrte Säureproduktion) • vermehrte Säureproduktion ist jedoch beim Schädel-Hirn-Trauma oder bei der Sepsis als Ursache eines Stressulkus vorrangig

Inzidenz

– Definition der Ulkusblutung: Kreislaufinstabilität oder Bluttransfusion von 2 EK notwendig – 1,5% von 2252 Intensivpatienten entwickelten eine obere GI-Blutung – Mortalität 48,5% gegenüber 9,1% ohne obere GI-Blutung  Stressulkus und Dieulafoy-Läsion (dilatiertes submukosales, arterielles Gefäß) sind die Hauptursachen einer signifikanten Blutung des oberen GI beim Intensivpatienten  Zunahme gastrointestinaler, akuter Blutungen um das 4-fache in den 60er Jahren unter intensivmedizinischen Bedingungen  trotz der Einführung der Ulkusprophylaxe mit H2-Blockern (potenter antisekretorischer Medikamente) bleibt das Stressulkus in der Intensivmedizin ein ernsthaftes Problem

Gastritis, Erosionen, Ulcus ventriculi/duodeni

Bei 52–100% aller Patienten lassen sich nach 18– 24 h Intensivaufenthalt endo-skopisch Mukosaschäden (oberflächliche Erosionen bis tiefe Ulzerationen) nachweisen.

Ursachen von Blutungen im oberen GI

• Ulkuskrankheit (10–15% der Bevölkerung), meist Duodenalulzera (singulär) DD:

Ulkusblutung

• die Angabe der Inzidenz einer Stressulkusblutung in der Intensivmedizin variiert von 0–39% • die Inzidenz ist abhängig von der Definition pos. Hämoccult, geringe Mengen Blut aus Magensonde bis hin zur Kreislaufinstabilität mit Transfusionsbedarf • Beispiel: kanadische Multicenterstudie (prospektive Studie)

• • • •

Stressblutung Magenkarzinom Läsion durch Magensonde (MS) Zustand nach Magenresektion + Anastomosenblutung • medikamentös bedingte Läsionen (NSAID, Glukokortikoide, Zytostatika)

300

Kapitel 20 · Stressulkus

Risikopatienten, Risikofaktoren

• neurochirurgische Patienten (Cushing-Ulzera): Stimulierung zentraler Vaguskerne • akute Querschnittsverletzte → Inzidenz: 20–30% unter Prophylaxe → Vagusstimulation, psychischer Stress, respiratorische Insuffizienz, Immobilisation, Störung der autoregulatorischen Mechanismen • akute Niereninsuffizienz oder Zustand nach Nierentransplantation: erhöhte Mukosapermeabilität und H+-Ionenrückdiffusion • Brandverletzte (> 35% KOF): Volumenverschiebungen und Mediatorenfreisetzung führt zu Perfusionsproblemen • leberzirrhotische Patienten → portale hypertensive Gastropathie • Hypotonie (Sepsis mehr als hypotensiver Schock) Patienten mit verminderter gastrointestinaler Perfusion (kardiochirurgische Patienten, Patienten im Schock) → eingeschränkte Mukosadurchblutung führt zu Gewebeazidose und -hypoxie mit konsekutivem ATP-Abfall: ATP → AMP → Adenin → Hypoxanthin → durch Xanthinoxidase → Xanthin mit Bildung von O2- und Hydroxylradikalen → Zerstörung der Mukosa. Septische Patienten: Störung der Mikrozirkulation durch Freisetzung verschiedener Mediatoren • mechanische Beatmung (> 5 Tage) • Gerinnungsstörung, Antikoagulation • großer operativer Eingriff • Polytrauma • Kortikoidtherapie

Klinik • Blut über Magensonde • Hämatemeis und Meläna beim spontan atmenden Patienten • Teerstuhl • unklarer Hb-Abfall und Hypotension • Hb-Abfall > 2 g/dl und Persistenz der Blutungszeichen > 12 h → therapeutische Gastroskopie mit Urease-Test zum Nachweis eines Helicobacter pylori

20

Diagnose Die Endoskopie ist der »golden standard«.

Ulkustherapie Ulkusblutung • Kreislaufstabilisierung und ggf. Transfusion • Endoskopie (diagnostisch und therapeutisch → Sklerosierung: Unterspritzung mit Aethoxysklerol) und medikamentöse Säuresekretionshemmung • Operation ggf. im symptomfreien Intervall (geringere Mortalität)

Hämorrhagische Ösophagitis • Entfernung der Magensonde (auch bei beatmeten Patienten) • Instillation von 15 ml Sucralfatsuspension ins obere Ösophagusdrittel und medikamentöse Säuresekretionshemmung

Hämorrhagische Gastritis • Legen von 2 Magensonden (MS) kardianah und distal • Spülung mit eiskalter Lösung (10–20 l) für 1–2 h über proximale MS • Entfernung der freigespülten Koagel über distale MS • Gabe von Pantoprazol oder Omeprazol 40 mg als Kurzinfusion i.v. • 60 ml Sucralfat proximal applizieren und für 2 h abklemmen (Repetition im 2 stdl. Abstand am ersten Tag) 2./3. Tag: nur noch 20 ml/2h 4./5. Tag: 20 ml alle 6 h • ggf. angiographische Embolisation • bei Versagen: operative Therapie → Umstechung der Blutung (Forrest Ib), selektive Vagotomie, magenreserzierende Verfahren

Bei infektiöser Genese (Helicobacter-pylori-Positivität) • Erstbeschreibung des Cambylobacter bzw. Helicobacter pylori durch Robin Warren und Barry Marshall 1984 • Inzidenz: 95% der Duodenalulzera und 70% der Magenulzera

301

Spezielle Krankheitsbilder

Diagnostik • Urease-Schnelltest

bioptisches Material aus dem Antrum bzw. bei Vorbehandlung mindestens zwei weitere Biopsien aus dem proximalen Magenabschnitt •

13C-Harnstoff-Atemtest

radioaktiv markierter Harnstoff wird oral appliziert, anschließend gastral durch HelicobacterUrease in CO2 gespalten, das in der Exspirationsluft gemessen wird • HP-Antigennachweis im Stuhl Therapie

früher: 2-wöchige Dualtherapie: • Omeprazol (Antra) 2 × 20 mg p.o. + Amoxicillin (Amoxypen) 3 × 750–1000 mg/ Tag (oral oder via Magensonde) heute besser 1-wöchige Tripletherapie: • Omeprazol (Antra) 2 × 20 mg p.o. + Clarithromycin (Klacid) 2 × 250–500 mg p.o. + Metronidazol (Clont) 2 × 400 mg p.o. → Eradikationsrate: 90–95% oder • Omeprazol (Antra) 2 × 20 mg p.o. + Clarithromycin (Klacid) 2 × 250–500 mg p.o. + Amoxicillin (Amoxypen) 2 × 1000 mg p.o. → Eradikationsrate: 84–96%

Bei Keimpersistenz nach Tripletherapie → 2 mögliche Schemata

Ulkusprophylaxe Basismaßnahmen • adäquate Sedierung und Analgesie (Ausschaltung von Stress und Schmerz) • frühestmögliche enterale Ernährung zur Pufferung der Magensäure, ob besser kontinuierlich (pH > 3,5) oder diskontinuierlich (pH < 3,5) ist noch in Diskussion • frühzeitige Verbesserung und Wiederherstellung einer adäquaten intestinalen Perfusion (Volumensubstitution, Optimierung von Oyxgenierung und Kreislauffunktion, Sedierung) • evtl. medikamentöse Ulkusprophylaxe → höhere Pneumonierate!

Medikamentöse Ulkusprophylaxe Anticholinergika Pirenzepin (Gastrozepin)

• 1 Tbl. = 25 mg/50 mg, 1 Amp. à 2 ml = 10 mg WM:

• wirkt auf Muskarin-1-Rezeptoren: Reduzierung der Gesamtproduktion des Magensaftes und nicht der Magensaftazidität • tierexperimentell nachgewiesene Erhöhung der Mukosadurchblutung, der Bikarbonat-, Prostaglandin und Mukussekretion • bes. geeignet bei SHT und neurochirurgischen Patienten!

Therapie

Dosis

Schema A Tage 1–10 Protonenpumpenblocker Omeprazol (Antra) 2 × 40 mg p.o. Tage 4–10 Wismutsalz (Jatrox 600) 4 × täglich + Tetrazyklin 4 × 500 mg p.o. + Metronidazol (Clont) 3 × 400 mg p.o.

i.v.: 3 × 1 Amp à 10 mg oral: 2 × 25 mg oder 1- bis 2 × 50 mg (max. 150 mg)

Schema B Tage 1–14 Omeprazol (Antra) 3 × 40 mg p.o. + Amoxicillin (Amoxypen) 3 × 750 mg p.o.

20

NW:

• gelegentlich Tachykardie • anticholinerge NW (Mundtrockenheit, Akkommodationsstörungen) • bei pH > 3,5 ↑: bakt. Kolonisation im Magen mit erhöhten Pneumonierisiko (durch »stille Aspirationen«)

Kapitel 20 · Stressulkus

302

! Cave: Bei Tachyarrhythmie oder Niereninsuffizienz Dosisreduktion (z. B. 3mal ½ Amp.)

Antazida WM:

• Neutralisierung der intraluminalen Säure und direkte Bindung von Pepsin und Gallensäuren • tierexperimentelle Stimulation der Epithelerneuerungsrate (Aluminiumhydroxid)

NW:

• Obstipation • Aluminiumeinlagerungen v. a. in Nerven- u. Knochengewebe • Phosphatverarmung Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid (Maalox 70)

^ 9 g Aluminiumhydroxid-Gel, 600 10 ml (1 Btl.) = mg Magnesiumhydroxid) Dosis

Magaldrat (Riopan)

Erw. 4 × 10 ml: initial 20 ml Maalox 70 per Magensonde. weitere Dosierung vom Erreichen des pH-Grenzwertes (nicht < pH 3,5), der möglichst stdl. im Magenaspirat mittels pH-Papier gemessen werden sollte, abhängig. In der Regel 10–20 ml in 2- bis 4-stdl. Intervallen

^ 10 ml = ^ 800 mg, 1 Tbl. = ^ 400/800 mg 1 Btl. = Dosis

4- bis 6 × 1 Btl. (10 ml)

KI:

Fruktose-Sorbitol-Intoleranz  bei Niereninsuffizienz hochdosierte Daueranwendung vermeiden NW:

• Hypophosphatämie  bei Niereninsuff. Kumulationsgefahr von Magnesium

breiige Stühle u. erhöhte Stuhlfrequenz bei hoher Dosierung

NW:

Resorption von gleichzeitig verabreichtem Eisen, Tetracyclinen, Natriumfluorid, Chenodeoxycholsäure, Digoxin, Benzodiazepinen, Dicumarol, Indometacin u. Cimetidin kann beeinflusst werden. Deshalb sollte die Einnahme dieser Arzneimittel im Abstand von 1 h erfolgen

• beatmete Patienten in der Intensivmedizin: u. U. Pneumonie • Obstipation • Hypermagnesiämie bes. bei Niereninsuffizienz u. hoher Dosierung • Aluminiumeinlagerungen v. a. in Nerven- u. Knochengewebe • Phosphatverarmung

Aluminiumhydroxid (Aludrox)

WW:

^ 320 mg 1 Tbl. =

Atropinresorption wird beeinflusst

WW:

Dosis

4- bis 6× 1–2 Tbl.

KI:

Ileus

20

KI:

Antihistaminika (H2-Rezeptorantagonisten) WM:

• kompetiver Antagonismus an H2-Rezeptoren • Säuresuppression und intragastrale pH-Anhebung (pH > 4) • kein Einfluss auf die Magenentleerungszeit und den unteren Ösophagussphinkter oder Pankreassekretion

303

Spezielle Krankheitsbilder

NW:

• negativ chronotrop und inotrop wirksam bei schneller Gabe • koronare Vasokonstriktion • Enzyminduktion (Cytochrom P450) vorwiegend bei Cimetidin • Verwirrtheit und Halluzinationen, da die BlutHirn-Schranke überwunden wird • teilweise lebertoxisch (Hepatitis) • Exanthem • Leuko-, Thrombopenie • Gynäkomastie • bakterielle Magenbesiedelung bei pH > 3,5 mit ↑ Pneumonierisiko (durch »stille Aspirationen«) WW:

mögliche Verringerung der Resorption durch Antazida oder Sucralfat

Dosis

Ulkusrezidivprophylaxe: • 2 × 200–400 mg i.v./p.o. Akutbehandlung: • 800 mg/Tag i.v.

Famotidin (Pepdul) Dosis

i.v.: 1 × 20 mg i.v. oral: 1- bis 4 × 20 mg p.o.

Roxatidin (Roxit) Pha:

• Gabe als Prodrug Roxatidinacetat • nahezu vollständige renale Elimination Dosis

 bei eingeschränkter Nierenfunktion (KreatininClearance < 30ml/min) sollte die Dosis der H2Blocker um 50% reduziert werden! Ranitidin (Zantic, Sostril)

^ 150/300 mg, 1 Amp. à 5 ml = ^ 50 mg 1 Tbl. = Pha:

• • • • •

5- bis 8mal stärker wirksam als Cimetidin Proteinbindung: 15–20% Plasma-HWZ: 2–3 h Wirkdauer 8–12 h 70% unverändert renal eliminiert

20

oral: 2 × 75mg (1 Tbl. mite) p.o.

Nizatidin (Gastrax, Nizax Lilly) Pha:

• • • •

5- bis 8mal stärker wirksam als Cimetidin Proteinbindung: 35% Plasma-HWZ: 4 h 95% unverändert renal eliminiert Dosis

oral: 1 × 1- bis 2 Kps. (150–300 mg) p.o.

Dosis

i.v.: • 2 × 1 Amp. à 50 mg, max. 4 × 1 Amp. bei Niereninsuffizienz Dosisreduktion um 50% oral: • Zantic 300 1 × 1 abends oder • Zantic 150 2 × 1 tgl.

Cimetidin ( Tagamet)

^ 200/400/800 mg, 1 Amp. à 2 (4) ml = ^ 200 1 Tbl. = (400) mg

Sucralfat Sucralfat (Ulcogant)

• basisches Aluminiumsalz ^1 Btl./1 Messb.) = ^1g • 1 Tbl., 5 ml (= WM:

• bedeckt die Magenmukosa und bes. den Ulkusboden • weitere Wirkung: Erhöhung der Durchblutung durch Prostaglandin- und wahrscheinlich durch NO-Freisetzung, Bindung von Pepsin und Gallensäuren, prostaglandinunabhängige Bikarbonat- und Mukussekretion

Kapitel 20 · Stressulkus

304

• wirkt außerdem bakterizid durch Al++-Freisetzung, scheint die Mortalität in vielen Studien im Vergleich zu Antazida oder Histaminblocker deutlich zu senken!

Ind:

• therapierefraktäre Ulzera, obere GI-Blutung Dosis

i.v.: • initial 1–2 Amp à 40 mg, dann ½-1 Amp. tgl.  Cave: nur als Kurzinfusion über mind. 30 min keine Bolus-i.v.-Gabe wegen möglicher Sehstörungen (durch kurzfristig hohe Blutspiegel) bei Niereninsuffizienz: Reduktion auf ¼ Amp. tgl., nicht länger als 8 Wo oral: 2 × 1 Kps. à 20/40 mg am 1. Tag, dann 1 × 1 Kps.

Dosis

4- bis 6 × 1 Btl.

KI:

• bei Niereninsuffizienz mit Erhöhung des Plasmaaluminiumspiegels NW:

• gelegentlich Obstipation, erhöhte Aluminiumspiegel WW:

• verminderte Resorption verschiedener Medikamente vermeidbar durch um 1–2 h versetzte Einnahme ! Merke

• Sucralfat hebt den pH-Wert des Magens nicht entscheidend an und führt somit auch nicht zur bakteriellen Kolonisation im Magen mit erhöhtem Pneumonierisiko • Geringste Kosten

NW:

• selten Kopfschmerzen, endogene Depressionen, BB-Veränderungen • irreversible Sehstörungen und Gesichtsfeldausfälle → Erblindung (Papillenveränderungen und Cotton-Wool-Herde) • Hörstörungen bis Hörverlust  Omeprazol hebt Magen-pH auf ≈ 3 ⇒ geringeres Pneumonierisiko gegenüber H2-Blocker

Prostaglandine Misoprostol ( Cytotec)

^ 200 µg 1 Tbl. = WM:

Substituierte Benzimidazole Omeprazol (Antra)

^ 40 mg; 1 Kps. = ^ 20 (40) mg 1 Amp. à 10 ml = WM:

Dosis

• Hemmung der histamin- und vagusinduzierten Säuresekretion (irreversible Protonenpumpehemmung: H+/K+-ATP-ase), sehr potente Säurehemmung

2- bis 4 × 1 Tbl. p.o.

Pha:

20

• Verbesserung der Perfusion sowie der Bikarbonat- und Schleimbildung • Säuresekretionshemmung in hoher Dosierung

• Gabe als Prodrug, welche in den Belegzellen durch säurekatalysierte Zyklisierung in die aktive Form umgewandelt wird und die Zelle nicht wieder verlassen kann (cell-trapping) → Wirkdauer > HWZ von 40 min • hepatische Elimination, geringgradige Beeinflussung von Cytochrom P450

KI:

• Überempfindlichkeit gegen Prostaglandine, entzündl. Darmerkrankungen • Schwangerschaft NW:

• Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen, Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen • Veränderungen der Menstruation oder Zwischenblutungen

20

305

Spezielle Krankheitsbilder

Nachteile der Ulkusprophylaxe

Ausgewählte Literatur

Nachteil ist die bakterielle Überwucherung des Magens mit nachfolgender Mikroaspiration von infizierten Magensekret und sekundärer Pneu-

Herold G (2004) Innere Medizin 2004. Eine vorlesungsorientierte Darstellung. Eigenverlag, Köln Buchardi H, Larsen R, Schuster HP (2003) Die Intensivmedizin, 9. Aufl. Springer, Belin Heidelberg New York Tokio

monie.

Pneumonierisiko Pneumonie Sucralfat

H2-Antagonisten (Cimetidin)

Sucralfat

Antacida

228 Patienten

212 Patienten

171 Patienten

167 Patienten

Anzahl 42

Prozent 18,4

Anzahl 73

Prozent 34,4

Anzahl 25

Prozent 14,6

signifikant

Anzahl 49

Prozent 29,3

nicht signifikant

Effektivität von Sucralfat, Antihistaminika und Antazida in der Ulkusprophylaxe akute obere GI-Blutung H2-Antagonisten (Cimetidin)

Sucralfat 451 Patienten Anzahl 20

Sucralfat

409 Patienten

Prozent 4,4

Anzahl 36

Antacida

475 Patienten

Prozent 8,8

Anzahl 12

Prozent 2,5

signifikant

481 Patienten Anzahl 19

Prozent 3,9

nicht signifikant

Auswirkungen von Stress und verschiedenen Medikamenten zur Ulkusprophylaxe Stress

Pirenzepin

Antazida

Histaminantagonisten

intragastraler pH-Wert

↔-↑

↔-↑

↑↑

↔-↑↑

Pepsin

↔-↓

↔-↓



↔-↓

Gallensäuren









Prostaglandinproduktion







Mukus







Bikarbonatproduktion





Zellerneuerung



Mukosaperfusion



Sucralfat

Omeprazol

Prostaglandine



↑-↑↑↑↑

↔-↑



↓-↓↓↓

↔-↓

















































↔-↓







21 Entzugssyndrome

Ursachen Merksatz: I WATCH DEATH!: Infektion, Entzug (withdrawal), akute metabolische Störung, Trauma, pathologisches ZNS (CNS pathology), Hypoxie, Mangelerkrankungen (Deficiencies), Endokrinopathie, akute vaskuläre Erkrankungen/Ischämie, Toxine/Drogen, Schwermetallvergiftung (Heavy metals) ! Bei allen deliranten Patienten sollte als Erstes eine akute respiratorische Insuffizienz bzw. Hypoxie ausgeschlossen werden!

Alkoholentzugssyndrom Negativeffekte des Alkohols • Unterdrückung der REM-Schlafphasen, der Schlaftiefe; schnellerer Wechsel der Schlafphasen • in hohen Dosen Atemdepression • bei akuter Intoxikation: Verminderung der kardialen Kontraktilität, periphere und zentrale Vasodilatation (Ausnahme: Koronararterien) mit Reflextachykardie → Anstieg des O2-Verbrauchs mit ggf. Angina-pectoris-Symptomatik • bei chronischem Abusus: dilative Kardiomyopathie (DCM) mit eingeschränkter systolischer

Pumpfunktion, arterieller Hypertonus, Leberschaden (Steatosis hepatis, Leberzirrhose, portale Hypertension, Hypersplenismus) • hormonelle Änderungen: T3 und T4 ↓, Kortisol ↓, Hypoglykämie durch Verminderung der Glukoneogenese und Verstärkung der Insulinwirkung

Wirkmechanismus • Alkohol blockiert die NMDA-Rezeptoren → Gedächtnisverlust und Amnesie während Alkoholintoxikation • Alkohol stimuliert den GABAA-Rezeptor • Alkohol stimuliert auch spannungsabhängige Kalziumkanäle → Krampfanfälle nach Alkoholexzess • Alkohol führt zu einer Funktionsstörung des Locus coeruleus und der Hirnstammnuklei → vermehrte Sekretion von Adrenalin und Noradrenalin • Alkohol blockiert die ADH-Sekretion → Gefahr der Exsikkose und gesteigertes Durstgefühl • Alkohol führt zu Elektrolytstörungen: Magnesiummangel (Anstieg der Krampfschwelle), Hypokaliämie (Herzrhythmusstörungen), Zinkmangel (Zn bindet an Zink- und Magnesiumrezeptoren, die wiederum mit NMDA-Rezeptoren gekoppelt sind. Fehlende Hemmung auf NMDA-Rezeptoren und vermehrte NMDA-Rezeptorpräsentation bei Zn-Mangel

308

21

Kapitel 21 · Entzugssyndrome

Inzidenz (> 100 g Alkohol/Tag bzw. 36 l/Jahr reiner Alkohol) • 10% der Männer und 3–5% der Frauen müssen in den westlichen Industrienationen als alkoholkrank eingestuft werden. • 30–60% der alkoholabhängigen Patienten entwickeln ein Entzugssyndrom während der postoperativen Behandlung

Mortalität • bei ausgeprägtem Delir: ca. 5% ! Bei chronischer Einnahme von >80–120 g Alkohol am Tag über mehrere Jahre hinweg, muss bei Abstinenz mit einem Entzugsdelir gerechnet werden

Laborparameter bei chronischem Alkoholabusus • CDT ↑ (kohlenhydratdefizientes Transferrin) spezifischer als γ-GT und MCV • γ-GT ↑ (DD: Cholestase und andere Lebererkrankungen) • MCV ↑ (DD: megaloblastäre Anämie durch Vitamin-B12-Mangel und Folsäuremangel)

Begleiterkrankungen • chronische Gastritis • Leberzellschaden (Hepatomegalie, Alkoholhepatitis, Leberzirrhose) • äthyltoxische Kardiomyopathie • chronische Pankreatitis oder evtl. akuter Schub • Hüftarthrose • Elektrolytstörungen: – Magnesiummangel: Anstieg der Krampfschwelle – Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen – Zinkmangel (Zn bindet an Zink- und Magnesiumrezeptoren, die wiederum mit NMDARezeptoren gekoppelt sind; bei Zinkmangel fehlende Hemmung auf NMDA-Rezeptoren und vermehrte NMDA-Rezeptorpräsentation • Klebsiellenpneumonie, TBC

• alkoholtoxische Myopathie und zerebelläre Degeneration etc.

Klinik Vorzeichen des Alkoholentzugs • • • • • • • •

Desorientiertheit Halluzinationen Tremor Schlaflosigkeit Hyperkinesie motorische Unruhe Nesteln Fieber, Tachykardie, Hypertonie, vermehrtes Schwitzen • Elektrolytstörungen, Störungen des SBH, Anämie • Pankreatitis • Hepatopathien

Im Vollbild: Delirium tremens • Tachykardie, Hypertension • Gesichtsröte, starkes Schwitzen, Hyperventilation mit Alkalose • Ataxie, Tremor, Artikulationsstörungen (verwaschene Sprache) • Übelkeit, Erbrechen • Denkstörungen, Verwirrtheit, Halluzinationen (optisch), Suggestibilität

Pathophysiologie Komplexe Imbalance neuronaler Transmitter: – die Acetylcholinsynthese aufgrund einer Abnahme des zerebralen oxidativen Metabolismus vermindert → Besserung der klinischen Symptomatik auf Physostigmingabe (Anticholium) möglich. Des Weiteren Hemmung der Acetylcholinfreisetzung durch direkte Alkoholwirkung – die Aktivität von inhibierend wirkenden GABA-Rezeptoren ist reduziert → Auftreten von zerebralen Anfällen, im Rahmen des Entzugs → Gabe von Benzodiazepinen (Clonazepam, Diazepam, Midazolam)

309

Spezielle Krankheitsbilder

– die Anzahl von dopaminergen Rezeptoren im limbischen System erhöht → vegetative Übererregbarkeit und Halluzinationen möglich → Besserung auf Haloperidol (Haldol) – ungebremste sympathische Aktivierung und Noradrenalinfreisetzung → Besserung auf Clonidin (Catapresan oder Paracefan)

Therapie Ausgleich von Flüssigkeitsdefiziten und Beseitigung von Elektrolytstörungen [z. B. Hypomagnesiämie (0,2 mmol/kg Magnesium)] → Magnesium ist auch für den Thiamin-(B1)-Stoffwechsel notwendig (Thiamin zu Thiaminpyrophosphat; funktioneller Thiaminmangel bei Magnesiumdefiziten).

Additive und symptomorientierte Maßnahmen • Sedierung mit Benzodiazepinen: – Midazolam-Bolus 3–5 mg i.v. und/oder Midazolam-Perfusor 2,5–10 mg/h, – Chlordiazepoxid- (Tranxilium-)Perfusor 200– 400 mg/24 h – Oxazepam 10 mg p.o. – Flunitrazepam (Rohypnol) 0,2–2,0 mg Boli, anschl. 0,015–0,08 mg/kg/h • Clonidin (Paracetan, Catapresan), Beginn mit initialem Bolus von 150 µg i.v. und anschl. 120– 240 µg/h bzw. 2–6 µg/kg KG/h → Verkürzung der Tage mit Entzugssymptomatik und Behandlungsdauer • Clomethiazol (Distraneurin): – per os: - 24 Kps./Tag, Beginn mit 4 Kps. à 192 mg Base in 2 h, dann durchschnittl. 3- bis 6-mal 2 Kps./Tag p.o. oder – 0,8% Lösung mit 100 ml Bolus initial und 30– 60 ml/h über 3–5 Tage, max. 10 Tage (evtl. in Kombination mit Haloperidol) – NW: starke bronchiale Hypersekretion und Atemdepression • Neuroleptika (Cave: Senkung der Krampfschwelle) – Haloperidol (nephro- und kardiotoxisch, Gefahr des MNS); Dosis: 3–5 (–10) mg i.v. initial und anschl. alle 4 h 5–10 mg Haloperidol i.v.

21

– Droperidol mit antipsychotischer, antiemetischer und adrenolytischer Komponente steht nur noch über internationale Apotheke zur Verfügung; Dosis: 15–25 mg Bolus initial, anschl. ca. 25 mg/h; WM: dienzephal vermittelter Dopaminantagonismus NW: Torsade-de-pointes-Tachykardie aufgrund einer QT-Zeitverlängerung (Inzidenz 0,4% der Intensivpatienten nach Haldolgabe), malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) mit Tachyarrhythmie, Blutdruckkrise, Tachypnoe, Schweißbildung, Fieber, Muskelrigidität mit extrapyramidalen Störungen, Vigilanzstörung; akutes Nierenversagen, Stauungslunge und DIC → Ursache: zentrale Dopaminrezeptorstörung, zerebrale Krampfanfälle infolge einer Reduktion der Krampfschwelle, Nephro- und Kardiotoxizität • evtl. β-Blocker bei malignen Herzrhythmusstörungen • evtl. Physostigmin (Anticholium) 2 mg in 100 ml NaCl 0,9% über 30 min • evtl. γ-Hydroxybuttersäure (50 mg/kg Bolus und 10–20 mg/kg/h kontinuierlich)? → nicht im Prädelir mit Halluzinationen, da die Substanz selbst eine halluzinogenen Wirkung besitzt! ! Kein postoperativer direkter Entzug aufgrund einer Hyperalgesie und Steigerung des Stressstoffwechsels!

Prophylaxe • mit Rohypnol 2 mg p.o. und/oder Clonidin 150 µg p.o. • evtl. Distraneurin ca. 2-mal 2 Kps. p.o. • Ethanolsubstitution (15–150 mg/kg KG/h) → Cave: Antabussyndrom bei Metronidazol, Cephalosporinen ! Cave:

Simultane Gabe von Alkohol und Substanzen, die die Acetaldehyd-Dehydrogenase hemmen wie z. B. Metronidazol (Clont), Cephalosporine wie z. B. Cefomandol (Mandocef ), Ceftriaxon (Rocephin), Cefotetan (Apatef ), Cefoperazon (Cefobis), Cefmenoxim (Tacef ) und Chloralhydrat!

310

21

Kapitel 21 · Entzugssyndrome

Wernicke-Korsakow-Syndrom Sonderform des chronischen Alkoholismus mit Ataxie, Lähmungen der Augenmuskeln, Nystagmus (vertikal, horizontal), Bewusstseinsstörungen, Gedächtnisstörungen, Konfabulationen, Nausea, Emesis. Dosis

• Gabe von hochdosiertem Thiamin 200– 400 mg/Tag i.v. für 10 Tage, anschließend 100 mg/Tag p.o. für 12 Wochen • vorsichtige Rehydratation mit Mischinfusionen und Elektrolyten

Opioidentzugssyndrom • Abusus bewirkt eine kontinuierliche Stimulation von Opioidrezeptoren im Locus coeruleus mit Hemmung der von dort ausgehenden noradrenergen Neurone → Stimulation dieser bei Entzug • der Zeitpunkt des Auftretens von Entzugssymptomen ist vom Opioid abhängig: – bei Pethidin bereits nach 4 h – bei Heroin und Morphin nach 6–8 h – bei L-Polamidon erst nach 2–3 Tagen

Symptome bei Opioidentzug in Abhängigkeit von der Karenzdauer – Phase 1 (nach ca. 4 h): Opioid-Hunger (»craving«), Ängstlichkeit, Gähnen, Schlaflosigkeit, Schwitzen – Phase 2 (nach ca. 8 h): Tränenfluss, Rhinorrhö, Piloerektion (Gänsehaut), Mydriasis (so genannte »Tellerminen«) – Phase 3 (nach ca. 12 h): Glieder- und Muskelschmerzen, Tremor – Phase 4 (nach ca. 24 h): Tachykardie, Blutdruckanstieg, Übelkeit und Erbrechen, Temperaturanstieg, Agitiertheit – Phase 5 (nach ca. 36 h): Magenkrämpfe, Diarrhö, Koma

Dosis

• Gabe von Clonidin (Catapresan) initial 0,3 mg bis 1,2 mg, anschließend 2–6 µg/kg/h • Gabe von Doxepin (Aponal) bis 600 mg/Tag!

Ausgewählte Literatur: Frankenburg FR (2004) Pharmacological treatment of delirium in the intensive care unit. JAMA 292:168–169 Hönemann CW, Middeke C, Brünen A, Van Aken H (2002) Pathophysiologie, Klinik, Diagnostik und Therapie des perioperativen Alkoholdelir. Anästh Intensivmed 10:617–628 Spies CD, Otter HE, Huske B et al. (2003) Alcohol withdrawal severity is decreased by symptom-orientated adjusted bolus therapy in the ICU. Intens Care Med 29:2230-8 Spies CD, Sander M, Stangl K et al. (2001) Effects of alcohol on the heart. Curr Opin Crit Care 7:337–343 Young CC, Lujan E (2004) Intravenous ziprasidone for treatment of delirium in the intensive care unit. Anesthesiology 101:794–795

22 Intoxikationen

Einteilung • exogene und • endogene Intoxikationen → bei den exogenen Vergiftungen: zu 80% orale Intoxikation, meist mit Medikamenten

duktion der Eliminationshalbwertszeit bei Phenobarbital, Carbamazepin, Theophyllin, Digoxin bei Niereninsuffizienz → »intestinale Dialyse«  die Kohle-Applikation wird in den letzten Jahren nach Menzner et al. gegenüber der Magenspülung zunehmend im klinischem Alltag bevorzugt

Inzidenz

Magenspülung Ind:

Etwa 10% aller Krankenhauseinweisungen bzw. ca. 20% aller Aufnahmen auf die Intensivstation sind durch unerwünschte Arzneimttelwirkungen bedingt.

Nur bei Aufnahme lebensbedrohlicher Substanzmengen und innerhalb von 60 min nach Ingestion, z. B. bei Benzodiazepinen, Paracetamol, Theophyllin, β-Blockern, Amphetaminen etc.

Allgemeine Therapiemaßnahmen

• bewusstseinsgetrübter, nicht intubierter Patient • nach Ingestion ätzender Substanzen • nach Aufnahme von Kohlenwasserstoffen mit hohem Aspirationsrisiko • bei bekannten Magen- oder Ösophagusläsionen

KI:

A. Sicherung der Vitalfunktionen B. primäre und sekundäre Giftelimination: Verhin-

derung der weiteren Resorption (Gabe von medizinischer Kohle, Magenspülung, Erbrechen) und Entfernung der Substanz aus dem Körper C. symptombezogene Intensivtherapie

Primäre Giftelimination Gabe von ca. 0,5–1,0 g/kgKG medizinischer Kohle (Carbo medicinalis in Puderform mit hoher Absorptionsoberfläche, ca. 2000 m3/g), anschließend

Vorgehen:

• Spülung mit Wasser oder bei Kindern mit 37 °C warmer physiologischer Kochsalzlösung; Menge ca. 3 ml/kgKG bzw. eine Gesamtmenge von 10–20 Liter bis Spüllösung klar oder tablettenrestefrei ist  Komplikationen: bis zu 3% Aspirationspneumonien

20–25 g alle 4–6 h Induziertes Erbrechen Ind:

• Intoxikationen mit Neuroleptika, Salicylate, Chinin, Phenobarbital, Carbamazepin etc. → Re-

• Ausgelöst durch 30 ml Ipecacuanha-Sirup bei Erwachsenen oder Kindern > 5 J. (wird routinemäßig nicht empfohlen, da kein nachgewiesener

312

22

Kapitel 22 · Intoxikationen

Benefit bei verzögerter Anwendung > 60 min nach Ingestion) • ggf. Induktion einer Diarrhö

• oral: meist perorale, akzidentelle Intoxikation eines Drogenkuriers nach Läsion des Kondompäckchens

KI:

Klinik

• • • • • •

Intoxikation mit Schaumbildnern organischen Lösungsmittel Säuren und Laugen bewusstseinsgetrübter Patient Patient mit Krampfneigung kardiozirkulatorische Störungen

! Cave: verursacht z. T. gravierende Elektrolytimbalancen und sollte daher nicht routinemäßig angewandt werden!

Sekundäre Giftelimination • Hämodialyse bei schwerer Ethanolvergiftung (> 4½ bei Erwachsenen und 3½ bei Kindern), Ethylenglykol, Thallium, Quecksilber, Lithiumsalze etc. • Hämoperfusion z. B. bei Meprobamat-, Phenobarbital- und Theophyllinintoxikation • Magen-Darm-Spülung bei Substanzen mit enterohepatischem Kreislauf oder schweren Vergiftungen mit Paraquat oder Arsen mittels Golytely-Lsg.1–2 l/h • forcierte Ventilation bei Ingestion von chlorierten Kohlenwasserstoffen (Dichlorethan, Tetrachlorkohlenstoff, Trichlorethan, Tetrachlorethylen etc.) • forcierte Diurese, sinnvoll bei Barbituraten, Lithium, Knollenblätterpilz, Vergiftungen mit begleitender Rhabdomyolyse (CO-Vergiftung)

Spezielle Intoxikationen Kokain Aufnahme

• inhalativ als hitzestabiles »Crack« (schwarzes Sputum, Thoraxschmerzen aufgrund von Tracheairritationen) • über die Nasenschleimhaut: Schnupfen (bei chronischer Anwendung Nasenseptumdefekte) • intravenös, als wasserlösliches Cocainhydrochlorid

Typisches Trias mit • weiten, ggf. »lichtstarren« Pupillen • neurologischen Störungen (Angstzustände, Agitiertheit, paranoide Psychosen, Epilepsien, fokale neurologische Symptome, Bewusstlosigleit sowie Aggressivität) • kardiovaskulären Störungen: – Steigerung des Sympathikotonus (Hemmung des Re-uptakes von Noradrenalin, Serotonin, Dopamin) mit Tachykardie, Koronarspasmen, Arrhythmien (Re-entry-Arrhythmien, supraventrikuläre Arrhythmien, AV-Dissoziationen) – ekzessive Hypertonie (Kopfschmerzen, intrazerebrale Einblutungen, Hirnödem), – Blockade der Natriumkanäle (wirkt wie Antiarrhythmikum der Klasse I): negative Inotropie (überwiegt die sympathomimetische Nebenwirkung), Blockbilder und ventrikuläre Rhythmusstörungen (VES, VT, KF) • weiterhin Steigerung der Thrombozytenaggregation, Hyperthermie, generalisierte Vasokonstriktion mit Organminderperfusion (Darmischämien, Nierenversagen, Angina-pectoris-Symptomatik, Laktatzidose mit Hyperkaliämie) • bei chronischem Abusus ST-Streckenveränderungen als Folge der linksventrikulären Hypertrophie und Wandbewegungsstörungen in der Echokardiographie, sowie kokaininduzierte dilative Kardiomyopathie (DCM) und bakterielle Endokarditiden infolge Verunreinigung der Droge (im Gegensatz zu Heroin findet vor der Kokaininjektion kein Erhitzen der Droge statt) Therapie • Magenspülung und Gabe von Aktivkohle (Ul-

tracarbon) bei V.a. perorale Intoxikation (Verhinderung der weiteren Resorption) • Natriumbikarbonat bei breiten Kammerkomplexen und Rhythmusstörungen (Erhöhung der Proteinbindung von Kokain) • Verapamil (Isoptin) bei supraventrikulären Arrhythmien und Tachykardien

313

Spezielle Krankheitsbilder

Spezielle Antidotbehandlung Antidot

Intoxikation mit

Dosis

Bemerkung

Flumazenil (Anexate)

Benzodiazepinen

0,2–0,5 mg fraktioniert i.v.

Glucagon (GlucaGen)

β-Rezeptorenblocker

3 mg s.c., i.m. oder langsam i.v.

Kalziumgluconat 10%

Kalziumantagonisten

0,2–0,3 ml/kg i.v. bei Kindern bzw. 10–20 ml 10% Lösung bei Erwachsenen

Naloxon (Narcanti)

Opioide

1–2 µg/kg fraktioniert i.v.

Antagonismus am Opioid-Rezeptor

Atropin (1 Amp. á 10 ml = 100 mg)

Phosphorsäureester (z. B. 605), Carbamate, Cholinergika

initial 2–5 mg i.v. (bis zu 100 mg !), anschl. nach Klinik

Antagonismus am Rezeptor

4-DMAP (Dimethylaminophenol)

Zyanid-, Schwefelwasserstoff und Nitril

2–3 mg/kg i.v.; anschließend Natriumthiosulfat (50–100 mg/kg)

Ethanol

Methanol- oder Glykol

> 100 ml

Blutalkoholkonz. von 1–2 ‰ (mg/ml) anstreben

Berlinerblau

Thallium

3 g Eisen(III)-hexacyanoferrat per MS auf einmal bei schwerer Intoxikation bzw. 3 g/d in 6 Einzeldosen p.o.

Verminderung der Toxinabsorption

Digoxinspezifische Antikörper(Fab)-Fragmente Digitalis-Antidot BM Trockensubstanz in Injektionsflaschen

Digitalis

80 mg Antidigoxin-Fab binden 1 mg Digoxin oder Digoxinderivate bzw. Digitoxin

Bildung von atoxischen Antigen-AntikörperKomplexen

Biperiden (Akineton)

Neuroleptika

0,04 mg/kg in 5% Glukose lösung langsam i.v.

Silibinin (Legalon SIL)

Knollenblätterpilzen

5 mg/kg über 1 h; anschl.: 20 mg/kg/24 h, verteilt auf 4 Infusionen von jeweils 2 h Dauer unter Beachtung der Flüssigkeitsbilanz

Verhinderung des intrazellulären Eindringens des Toxins

N-Acetylcystein (Fluimucil, ACC)

Paracetamol

nach aufgenommener Menge

Förderung des Toxinmetabolismus durch Gabe von Präkursoren

Desferoxamin (Desferal)

Eisenverbindungen

15 mg/kg/h über 4–6h (max. 80 mg/kg/24h)

Serum-Fe2+ > totale Eisenbindungskapazität

DMPS (Dimercaptopropansulfonat)

Schwermetalle wie Blei, Quecksilber, Zink, Chrom, Kupfer, Gold, Arsen Kobalt, Nickel

1 Tag: 250 mg i.v. 3- bis 4stdl.; 2. Tag 4–6 stdl; 3. Tag 6–8 stdl. etc.

aufgrund geringerer NW dem Dimercaprol vorzuziehen

Methylenblau (Methylenblau Vitis i.v. 1% Injektionslösung)

Methämoglobinbildner wie Nitrat-, Nitrit-, Anilin-, Nitrobenzol- u. Phenol-Verbindungen

1–2 mg/kg der 1%igen Lsg.

Toloniumchlorid Toluidinblau Injektionslösung

Methämoglobinbildner wie Nitrat-, Nitrit-, Anilin-, Nitrobenzol- u. Phenol-Verbindungen

3–4 mg/kg (1 Amp. (10 ml) enth.: 300 mg)

Blaufärbung der Haut

22

314

22

Kapitel 22 · Intoxikationen

• zur Senkung des Blutdrucks: Phentolamin; bei simultaner Myokardischämie: Kalziumantagonisten und/oder Nitrate • beim Lungenödem: Gabe von Schleifendiuretika • bei Hyperthermie: physikalische Kühlung • bei Rhabdomyolyse (auch direkte Wirkung von Kokain): Alkalisierung des Urins und forcierte Diurese • bei Agitation: Gabe von Benzodiazepinen z. B. Diazepam (keine Haldol oder Chlorpromazin → Erniedrigung der Epilepsieschwelle, der arrhythmogenen Wirkung und der Gefahr der Induktion der neuroleptischen Hyperthermie)  HWZ der psychischen Wirkung: 1 h, HWZ der somatischen Nebenwirkungen: 5–6  Nachweis der 2 Hauptmetabolite des Kokains bis zu 48 h nach Konsum im Urin (Benzylecgonin, Methylecgoninester) oder nach langfristiger Einnahme durch Haarnalyse

Amphetamine Aufnahme

• oral, intravenös oder subkutan • Metamphetamin und die freie Base des Amphetamins (»speed«) auch inhalativ

MDMA-Ecstasy Aufnahme

Orale Zufuhr in Tablettenform. Wirkung

• exzessive neuronale Serotoninfreisetzung und Hemmung der Serotoninwiederaufnahme • diskrete dopaminerge Wirkung • zentrale Aktivierung des Sympathikus Klinik

• psychische Stimulation (gesteigerter Antrieb, erhöhte Kommunikationsbereitschaft, erhöhtes Selbstvertrauen) • somatische Nebenwirkungen Tachykardie, Trismus, Bruxismus (unmotivierte Kaubewegungen), milde Hyperthermie (meist nach repetiviven Einnahmen infolge erhöhter Umgebungstemperatur und mangelnder Flüssigkeitszufuhr während sog. »Rave«-Parties), ggf. begleitet von Epilepsie, DIC und Nierenversagen • Synkopen infolge kardialer Überbelastung  Wirkung nach 100 mg MDMA klingt nach 1–2 h wieder ab, Nebenwirkungen können noch 5 h anhalten  Nachweis bis zu 48 h im Urin

Wirkung

Erhöhte Ausschüttung von Katecholaminen, Verminderung der neuronalen Wiederaufnahme und Hemmung der Monoaminooxidase (MAO).

Heroin Die Aufnahme erfolgt intravenös. Klinik

Klinik

• Amphetaminpsychose • zerebrale Blutungen im Rahmen des arteriellen Hypertonus und toxischer zerebraler Vaskulitis • Herzrhythmusstörungen, Hyperthermien • Rhabdomyolyse mit DIC und Nierenversagen Therapie

• leichte Sedierung mit Benzodiazepinen • Vitamin C-Gabe → Cave: nicht bei Myoglobinurie (Nierentubulusschädigung durch Präzipitation)  HWZ: 7–30 h (anhängig vom Urin-pH → Ansäuren des Blutes mit 1-5 g Vitamin C /24h p.o. oder i.v. verkürzt die HWZ)  Wirkung hält 5–6 h an  Nachweis bis zu 4 Tagen im Urin

Trias mit • eingeschränktem Bewusstsein bis Bewusstlosigkeit • stecknadelgroßen Pupillen • Hypoventilation bis Apnoe • weiterhin Bradykardie und Hypotension, Rhabdomyolyse und Nervenschädigung infolge anhaltender Hypoxie sowie durch Lagerungsschäden Therapie

• mechanische Beatmung bei Zeichen der Hypoxämie • ggf. Antagonisierung einer Teilwirkung des Opioids durch Naloxon (Cave: HWZ von Naloxon ca. 70 min)

315

Spezielle Krankheitsbilder

 Metabolisierung des Heroins (Diacylmorphin mit HWZ 3–20 min) zu 6-Mono-Acetylmorphin und Morphin (HWZ: 3–6 h)  Nachweis der Metabolite bis zu 40 h nach Einnahme im Urin

Benzodiazepin-Intoxikation

22

Therapie

• Atropin, Orciprenalin (Alupent) • Glucagon (GlucaGen) bei kardialer Hauptsymp^ 0,05 mg/kg); tomatik 3 mg initialer Bolus (= bei positivem Effekt kontinuierlich Gabe von 5 mg/h (0,07 mg/kg h)  NW: Übelkeit und Erbrechen bei > 5 mg/h

Die Aufnahme erfolgt meist oral.

Trizyklische Antidepressiva Klinik

• • • • •

Sprachstörungen tiefe Sedierung (Somnolenz bis Koma) Ataxie und Nystagmus muskuläre Hypotonie Kreislaufdepression mit Hypotonie und Tachykardie • Atemdepression bei schweren Intoxikationen Therapie

Die Aufnahme erfolgt meist oral. Klinik

• durch anticholinerges Syndrom gekennzeichnet • ZNS: Fieber, Agitiertheit, Mydriasis, später Delir, Koma, generalisierte Krampfanfälle • kardial: Tachykardie, arterielle Hyper- oder Hypotonie, später auch Hypotonie und orthostatische Dysregulation, Reizleitungsstörungen mit Arrhythmien bis Kammerflimmern (QRS-Komplexverbreiterung als Diagnostikum)

• Gabe von Flumazenil (Anexate) 0,2–1,0 mg als Bolus; anschließend ggf. Perfusor mit 0,3–0,4 mg/h, da die Wirkung nur ca. 1 h anhält (10 Amp. Anexate à 0,5 mg auf 50 ml (= 0,1 mg/ml)  NW von Flumazenil: Krampfanfälle bei Patienten unter antiepileptischer Therapie oder bei Mischintoxikation mit trizyklischen Antidepressiva, Entzugssyndrom bei chronischem Abusus  häufigste und selten tödlich verlaufende Intoxikation

• Natriumsubstitution (initial 100–160 mval i.v. bzw. bei Bedarf 1- bis 2mal 0,5–2 mmol/kg) • Alkalisierung des Blut-pH mit 8,4% Natriumbikarbonat bei schweren Rhythmusstörungen (ZielpH: 7,5–7,55 → Wirkprinzip ist unbekannt) • ggf. Magnesiumsulfat • ggf. bei therapierefraktärem Kammerflimmern Sotalol (Sotalex)

β-Rezeptorenblocker

Paracetamol

Die Aufnahme erfolgt meist oral.

Die Aufnahme erfolgt meist oral oder rektal.

Klinik

Klinik

• kardial: Bradykardie, art. Hypotonie (periphere Vasodilatation durch Reninblockade und HZV-Abfall durch β1-Blockade, ggf. Blockbilder durch direkte AV-Überleitungsstörung (z. B. Propranolol) • zerebral: Lethargie, Vigilanzstörungen, Krampfanfälle (vorwiegend bei den lipophilen β-Blockern aufgrund zerebraler Akkumulation)

• • • • •

Therapie

initial symptomlos, verzögerter Ikterus Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen Oligo- bis Anurie Hämaturie, Proteinurie Somnolenz bis Koma

Therapie

• Gabe von Aktivkohle (1 g/kg) in den ersten 4 h nach Ingestion • Gabe von N-Acetylcystein als Glutathionersatz bei hoher Paracetamolintoxikation und gleich-

Kapitel 22 · Intoxikationen

316

zeitig präexistentem Leberschaden infolge eines chronischen Alkoholabusus sowie unter Medikation mit Substanzen, die den Zytochromstoffwechsel induzieren (Barbiturate, Phenytoin, Rifampicin)

22

Dosis

initial 100-150 mg/kg in 200 ml G 5% über 15 min; anschl. 50 mg/kg über 4 h und danach 100 mg/kg in 1000 ml G 5% über 16 h (gesamt 300 mg/kg über 20 h)

Serumkonzentration von Paracetamol (µg/ml)

• ggf. innerhalb von 48 h nach Ingestation sekundäre Eliminationsverfahren wie Hämoperfusion oder High-flux-Hämodialysebehandlung über mind. 5 Tage  Auftreten einer Hepatotoxizität abhängig von • der aufgenommen Menge: – > 250 mg/kg: Leberschädigung wahrscheinlich – > 140 mg/kg: Leberschädigung möglich – > 70 mg/kg: Leberschädigung möglich bei vorbestehendem Risikofaktor (Malnutrition, chronischer Alkoholabusus, HIV-Infektion, Enzyminduktion) • von der Serumkonzentration – Risikoeinschätzung anhand des nachfolgenden Normogramms (⊡ Abb. 22.1) – Errechnung des zu erwartenden Paracetamolspiegels nach dem Rumack-Matthews-Nor300

(µg/ml × 6,62 = µmol/l)

mogramm als Entscheidungshilfe zur Therapiedurchführung  Akkummukation von lebertoxischen Substanzen, welche aufgrund der Paracetamolverstoffwechselung über das Cytochrom-P450 gebildet werden. Die toxischen Metabolite werden normalerweise durch die Konjugation mit Gluthathion (intrazelluläres Antioxidans) und Bildung einer Zysteinverbindung neutralisiert  in den USA die zweithäufigste Intoxikationsform bei Erwachsenen!

Salicylate Die Aufnahme erfolgt oral oder rektal. Klinik

• Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen • Herzrhythmusstörungen (VT, Kammerflimmern, Asystolie) • Unruhe, Agitation, Somnolenz bis Koma, zerebrale Krampfanfälle • Tachypnoe, Lungenödem Therapie • Alkalisierung des Urins • ggf. Gabe von Glycin (30–70 g p.o.) → höhere

Metabolisierungsrate der Salicylsäure • Ultima ratio: Hämodialyse

Theophyllin

150

Die Aufnahme erfolgt meist oral. hohes Risiko

100

10

Klinik

• • • • • •

niedriges Risiko prädisponierende Umstände 4

8 12 16 20 Stunden nach Medikamentenaufnahme

Hypokaliämie Hyperglykämie Azidose Rhabdomyolyse Unruhe, Agitiertheit, Krampfanfälle tachykarde Herzrhythmusstörungen

Therapie 24

⊡ Abb. 22.1 Einschätzung des Leberschädigungsrisikos anhand der Serumkonzentration von Paracetamol

• Magenspülung (auch noch lange nach Ingestion sinnvoll) • orale Kohlegabe 20 g alle 2 h + 75 ml 70%iges Sorbit bei jeder 2. Gabe

317

Spezielle Krankheitsbilder

• ggf. kardioselektive β-Blocker Esmolol (Brevibloc) • Hämoperfusion oder alternativ Hämodialyse bei schwerer Intoxikation (> 100 mg/l Serumspiegel, ernste Arrhythmien, Krampfanfälle)

Methanol

22

Neuroleptika Die Aufnahme erfolgt meist oral. Klinik

• extrapyramidale Nebenwirkungen • Unruhe, Somnolenz bis Koma, zerebrale Krampfanfälle • Hypotension, Tachykardie, QT-Verlängerung

Die Aufnahme erfolgt oral. Therapie Wirkung

Methanol selbst ist nicht toxisch, sondern die Abbauprodukte Formaldehyd und Formiat. Klinik

Nach einer Latenzzeit von 12-24 h Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, abdominelle Schmerzen, Agitiertheit, Sehstörungen, Krämpfe, weite und reaktionslose Pupillen, Kußmaul-Atmung, Zyanose, klin. Zeichen wie bei der Pankreatitis, Flanken- und Rückenschmerz, akutes Nierenversagen.

• • • •

Magenspülung Aktivkohle Alkalisierung des Blutes bis pH 7,5 Gabe von Natrium (auch in Form von 8,4%igem Natriumbikarbonat) • Lidocain 2% bei arrhythmogenen Störungen • Biperiden (Akineton) bei extrapyramidalen NW

Lithium Die Aufnahme erfolgt meist oral.

Therapie

Wirkung

• ggf. Magenspülung in den ersten 6 h nach Ingestion • ggf. Lidocain bei ventrikulärer Arrhythmie • Diazepam 10-20 mg bei zerebralen Krämpfen • Gabe von Folsäure zur Steigerung des Ameisensäuremetabolismus (Koenzym bei der Oxidation von Formiat zu CO2 und H2O) • Gabe von Ethanol in den ersten 4 h 0,75 g/kg als 5% Lsg. i.v. oder p.o.; anschl. 0,1 g/kg/h nach Alkoholspiegel (0,3–1½) bis Methanolspiegel < 0,2 ½ → Verhinderung der Enstehung toxischer Metabolite (Formaldehyd und Ameisensäure) durch Hemmung des Methanolabbaus über die Alkoholdehydrogenase • ggf. Alternativpräparat 4-Merthylpyrazol (10– 20 mg/Tag oral) • Ausgleich der metabolischen Azidose mit 8,4%igem Natriumbikarbonat und gleichzeitige verstärkte Ausscheidung von Formiat • ggf. Hämodialyse bei Methanolvolumen > 30 ml, ausgeprägter Azidose, Blutmethanolspiegel > 1½ und beginnender Sehstörung  HWZ des Methanols ca. 12 h, Elimination des Methanols zu 20% pulmonal/renal und zu 80% durch langsame hepatische Metabolisierung

Antagonismus der synaptischen Transmission bzw. Hemmung der Freisetzung oder eine verminderte Retention zentraler Neurotransmitter. Klinik

Die klinischen Symptome korrelieren gut mit den Lithium-Serumkonzentrationen. Serumkonzentration (mmol/l)

Symptome

0,6–1,2

Durst, Polyurie, Übelkeit, Müdigkeit, feinschlägiger Tremor

> 1,5

Durchfall, Erbrechen, Verwirrtheit, Vigilanzstörungen, Hyperreflexie, grobschlägiger Tremor, Muskelfaszikulationen

> 2,0

zerebelläre Symptome (Ataxie), extrapyramidale Störungen

> 2,5

Myoklonien, Athetosen, Stupor

> 3.0

zusätzlich zerebrale Krampfanfälle

> 3,5

Nierenversagen, Hypotension, Koma, Schock, Atemregulations- und Herzrhythmusstörungen

318

22

Kapitel 22 · Intoxikationen

Therapie

Knollenblätterpilzvergiftung

• Magenspülung ohne anschließende Instillation von Aktivkohle (Lithium wird nicht adsorbiert und wirkt selbst laxierend) • hochnormale Natriumserumspiegel durch Kochsalzinfusion (150–300 ml/h 0,9%ige NaCl-Lösung) • Gabe von Aminophyllin oder Azetazolamid → Steigerung der Lithiumausscheidung • Hämodialyse bei Serumwerten > 4 mmol/l

Die Aufnahme erfolgt oral. Wirkung

Aufnahme von zytotoxischen Amatoxinen (Amantidin), welche die Transkription bzw. die Bildung von mRNA in der Zelle vollständig blockieren (Hemmung der Eiweißsynthese, z. B. Albumin und Gerinnungsfaktoren etc. Klinik

• Verätzungsspuren im ororpharyngealem Bereich • Dysphagie, Erbrechen Hämatemesis, Salivation, starke Schmerzen, akutes Abdomen • Dysphonie, Heiserkeit, Husten, Stridor, Tachypnoe, Aspiration, Lungenödem • Hypotension, Schock, Tachykardie, QT-Verlängerung, Kammerflimmern • Tetanie, Krämpfe

Nach einer durchschnittlichen Latenzzeit von 12½ h Auftreten von • »cholera-like period« mit Übelkeit, Erbrechen, profusen, wäßrigen, cholera-artigen Durchfällen mit ggf. Blutbeimengungen, abdominelle Krämpfe • hypovolämischem Schock • Hyponatriämie, -kaliämie, metabolische Entgleisung, Leukozytose, -urie, Protein- und Glukosurie • später Ikterus, Hepatomegalie, paralytischer Ileus, akutes Nierenversagen, Hypotension, Schock, Coma hepaticum, Enzephalopathie

Therapie

Therapie

• ggf. Verdünnung mittels lauwarmen Wasser oder Fruchtsaft (bei Kindern) → Effektivität dieser Maßnahme wird heutzutage kontrovers diskutiert • Gabe von Milch oder Kalziumgluconat 10% bei Fluorwasserstoffsäure-Intoxikation • Gabe von Antazida (auch bei Laugenvergiftung) – Methylprednisolon 40 mg 8stdl. i.v. zur Vermeidung von Ösophagusstrikturen ist allenfalls nach Laugeningestion indiziert!

• Versuch der primäre Giftelimination mittels Magenspülung (rasche Resorption des Amantidin) • 25 g Aktivkohle (alle 3 h) und 10–20 g Glaubersalz • forcierte Diurese durch Infusiontherapie und Schleifendiuretika für 24–48 h • 3mal 15 g Laktulose nach Sistieren der Durchfälle • Ausgleich der Elektrolyt- und Säure-BasenHaushalt-Störungen • Anlage einer Duodenalsonde mit Sekretabsaugung zur Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs • Silibinin-Infusion (Dosierung s. oben) auch schon beim Verdacht! • ggf. Hämoperfusion oder -filtration in der Frühphase der Intoxikation

Laugen- und Säureintoxikation Klinik

! • kein blindes Legen einer Magensonde • Laugen induzieren eine Kolliquationsnekrose, führen im Vergleich zu Säuren dreimal häufiger zu Läsionen im Ösophagus, sie dringen schnell in tiefe Gewebsschichten ein und verursachen ausgiebigere Läsionen • Säuren induzieren eine Koagulationsnekrose (oberflächliche Nekrosen)

Kalziumantagonisten-Intoxikation Meist orale Aufnahme von Verapamil, Diltiazem oder Nifedipin.

319

Spezielle Krankheitsbilder

Klinik

• bei Verapamil meist Hypotonie infolge Abnahme des HZV (neg. Inotropie) und verlängerte AV-Zeit • bei Nifedipin Hypotonie bedingt durch Vasodilatation und komp. Tachykardie • Lethargie, Bewusstseinsstörungen • Unruhe, Somnolenz bis Koma, generalisierte Krampfanfälle • Hyperglykämie (Blockade der kalziumabhängigen Insulinfreisetzung) • Übelkeit, Erbrechen • akutes Nierenversagen aufgrund einer Rhabdomyolyse Therapie

• Gabe von 10–20 ml Kalziumgluconat 10%, anschließend kontinuierlich 3–20 ml/h • Glucagon wie bei β-Blockern • Katecholamine: Dopamin (ca. 5 µg/kg/min) oder Adrenalin hochdosiert (bis 1 µg/kg/min) bzw. PDE-III-Hemmer

22

Dosis

160–240 mg als Infusion innerhalb von 20 min, anschl. 30 mg/h für 7–8 h (vorab IntrakutanTest) → meist 6 Päckchen (= 480 mg) zur Entgiftung notwendig → sehr teuer!  80 mg Digitalis-Antidot-BM binden ca. 1 mg Digitalis (Digoxin und Digitoxin)

• Gabe von Magnesium inbesondere bei Hypokaliämie (nicht bei digitalisbedingter Bradykardie und AV-Überleitungsstörungen) • Gabe von Phenytoin (125–250 mg langsam i.v.) oder Lidocain bei ventrikulärer Arrhythmie • ggf. Atropin bei Bradykardie • ggf. passager SM bei therapierefraktärer Bradykardie • ggf. Hämoperfusion

Kohlenmonoxid-Intoxikation Akzidentelle Aufnahme (im Rahmen von Rauchvergiftungen) oder meist in suizidaler Absicht mit inhalierten CO-Konzentrationen > 0,02%.

Digitalis-Intoxikation Die Aufnahme erfolgt meist oral. Klinik

• Müdigkeit, Schwäche, Kopfschmerz, Unruhe, Schlaflosigkeit • Rhythmusstörungen wie z. B. Sinusbradykardie, ES, Kammerflimmern,-flattern, AV-Blockierungen, AV-Knotentachykardien, atriale Tachykardien, etc. • Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle, abdominelle Schmerzen • Sehstörungen

Wirkung

• hohe Affinität des CO zu Hämoglobin (ca. 200- bis 250fach höher als O2) und hierdurch Verdrängung des Sauerstoffs aus der Hämoglobinbindung mit Gefahr der Hypoxie und Organminderversorgung • Störung der mitochondrialen Atmungskette (Blockade der Cytochromoxidase); Steigerung der Lipidoxidation durch freie Radikalenbildung bei Reperfusion der Organe • Verschiebung der O2-Bindungskurve nach links Klinik

Therapie

• Gabe von Aktivkohle (1 g/kg alle 4 h) • Gabe von spezifischen Digitalis-Antikörpern (Fab-Fragmente) bei lebensbedrohlicher Intoxikation (Hyperkaliämie bei schwerer Digitalisintoxikation, komplexen ventrikulären Arrythmien, hochgradigem AV-Block)

• Kopfschmerz, Schwäche, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sehstörungen, Stupor, Koma, Krampfanfälle • Hypotension (Vasodilatation) und kardiale Depression, AP-Symptomatik • Dyspnoe, Lungenödem • Übelkeit, Erbrechen, Ikterus hepatorenales Syndrom und hepatische Enzephalopathie • akutes Nierenversagen infolge von Rhabdomyolyse

320

Kapitel 22 · Intoxikationen

Therapie

22

• O2-Gabe • bei Bewusstseinstörung mechanische Ventilation, ggf. HBO-Therapie

Ausgewählte Literatur Albrecht K (1997) Intensivtherapie akuter Vergiftungen. Ullstein Mosby, Berlin Wiesbaden (oder CD, Urban & Fischer, München 2002) Ludewig R, Köppel K, Poelchen W (1999) Akute Vergiftungen, 9. Aufl. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart Mühlendahl von KE, Oberdisse U, Bunjes R (2003) Vergiftungen im Kindesalter 2. Aufl. Thieme, Stuttgart Weilemann LS, Reinecke HJ (1996) Notfallmanual Vergiftungen. Thieme, Stuttgart

23 Akutes Koronarsyndrom (ACS)

Einteilung

• von die Beherrschung rhythmogener Komplikationen

1. instabile Angina pectoris (IAP) → im Labor Troponin negativ

2. nichttransmuraler Myokardinfarkt oder auch Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI) → im Labor Troponin positiv und EKG negativ 3. transmuraler Myokardinfarkt mit ST-Streckenhebungen (STEMI) → im Labor CK-MB und Troponin positiv plus ST-Strecken-Elevation im EKG ! Nichtinfarktabhängige Erhöhungen von Troponin finden sich selten bei: Niereninsuffizienz, Myokarditis, Lungenembolie, hypertensiver Krise und Contusio cordis

Inzidenz Etwa 400.000 Patienten sind pro Jahr in Deutschland betroffen.

Prognose des Myokardinfarktes (MI) Die Langzeitprognose nach akutem Myokardinfarkt ist abhängig von • der Verkürzung der Dauer des thrombotischen Gefäßverschlusses • einer effektiven und lang anhaltenden Wiedereröffnung der Infarktarterie • die Verhinderung eines größeren Myokardverlusts und eines ventrikulären Remodellings

Definition des Myokardinfarkts Beim MI handelt es sich um eine akute Koronarthrombose auf dem Boden eines rupturierten atherosklerotisch und ggf. entzündlich veränderten Gefäßplaques, das zu einer Minderperfusion und transmuralen oder nicht transmuralen Infarzierung des zugehörigen Myokardgebietes führt. Die alte WHO-Definition des Myokardinfarktes war definiert durch das Auftreten von mindestens 2 der nachfolgend genannten 3 Charakteristika: 1. typische pektangiforme Symptome 2. pathologischer Anstieg kardialer Enzyme im Serum (CK/CK-MB) 3. infarkttypische EKG-Veränderungen, einschließlich der Ausbildung von Q-Zacken Heute wird der Myokardinfarkt definiert durch die Bestimmung von laborchemischen Markern, die den Untergang von Myokardzellen widerspiegeln.

Behandlungsziele • Verhinderung eines weiteren Thrombuswachstums • frühe und anhaltende vollständige Reperfusion (TIMI-3-Beurteilung) des betroffenen Koronargefäßes in den folgenden 6-(12) h nach Infark-

322

23

Kapitel 23 · Akutes Koronarsyndrom (ACS)

tereignis und Aufrechterhaltung einer adäquaten systemischen Perfusion sowie • Erhalt von funktionsfähigem Myokardgewebe (Open-artery-Konzept) und damit der linksventrikulären Pumpfunktion. Nach der 12. Postinfarktstunde ist kein merklicher Nutzen eines Reperfusionsverfahren mehr nachweisbar  je mehr Myokard erhalten wird, desto größer die Auswurffraktion und desto geringer die Mortalitätsrate (⊡ Abb. 23.1).

Letalitätsrate • • • •

unkomplizierter Myokardinfarkt: 7% mit Herzinsuffizienz: 16% mit Lungenödem: 39% bei kardiogenem Schock: 70%

Klinik • retrosternale (60%), präkardiale (20%), epigastrische Schmerzen, ggf. Rückenschmerzen im BWSBereich, linksseitige, ulnare Armschmerzen • Übelkeit, Erbrechen • Schwitzen • Dyspnoe; feuchte RG und Zyanose • Todesangst etc.

»

«

⊡ Abb. 23.1 Eine möglichst frühzeitige und vollständige Wiedereröffnung des Infarktgefäßes rettet Myokardgewebe und erhält die Pumpfunktion (Verschiebung von Punkt A nach B). Die hierdurch erzielte Senkung der Sterblichkeit erfährt eine weitere Verbesserung (senkrechte Pfeile) durch die »bindene« Kraft des pulsatilen Blutflusses in einem wieder eröffneten Infarktgefäß. (Mod. nach Gersh et al.)

 Differentialdiagnose gegenüber nichtkoronaren kardialen Ursachen (z. B. Aortendissektion) sowie pulmonale (z. B. akute LE), skelettale und gastrointestinale (z. B. Ösophagusruptur) Erkrankungen

Diagnostik • seit kurzem neuer Frühmarker zum Nachweis von aktivierten Thrombozyten durch den blutlöslichen Marker CD-40-Liganden (Cut-offWert: 5 µg/l) • Herzenzyme im Abstand von 4–6 h (CK, CKMB, Troponin T, GOT, HBDH) und Leukozyten, evtl. Myoglobin) • 12-Kanal-EKG im Akutstadium und nach 6 h • Echokardiographie mit Nachweis von a-, hypound dyskinetischen Wandabschnitten • Koronarangiographie mit interventionellen Maßnahmen (perkutane Koronarintervention (PCI) mit Dilatation und Stentimplantation)

Nichtinterventionelle Standardtherapie Basismaßnahmen • Oberkörperhochlagerung bei Zeichen der Herzinsuffizienz und strikte Bettruhe für 12–24 h (ggf. Bettstuhl) • O2-Applikation über O2-Nasensonde oder Maske (2–4 l/min) zur Verbesserung der Oxygenierung • intrahospital evtl. nasales CPAP oder NIPPV (druckunterstützte Beatmung mittels nasalem Bi-Level-PAP mit IPAP/EPAP von 12/8 mmHg) zur Reduktion der Atemarbeit (gerade beim kardialen Lungenödem mit verminderter Compliance sinnvoll → Reduktion des O2-Verbrauchs der Atemmuskulatur, evtl. gesteigert bis auf 30%; normal: 2–3%) • Analgesie mit Morphin initial 2–5 mg i.v. alle 5 min bis Schmerzfreiheit → Vor- und Nachlastsenkung durch Blockade der Sympathikusafferenzen im ZNS sowie Reduktion der zirkulierenden Katecholamine

323

Spezielle Krankheitsbilder

• Sedierung z. B. mit Midazolam 1–5 mg i.v. und/ oder Anxiolyse z. B. mit Dikaliumchlorazepat (Tranxillium) 10–10–25 mg/Tag p.o. zur Stressreduktion • Gabe von Nitraten bei arterieller Hypertonie und Linksherzversagen, z. B. 1–2 Hübe Nitrolingual-N-Spray à 0,4 mg Glyceroltrinitrat oder Isosorbitdinitrat (Isoket) 5 mg Tbl.; später kontinuierliche Gabe von 1–2–3 mg/h Isosorbitdinitrat über Perfusor  Bei der IAP kommt es nach Nitrogabe und/ oder Blutdruckkontrolle zu einem Rückgang der Schmerzsymptomatik (Nitro positiv), zusätzlich führt die »NO-Gabe« zu einer Hemmung der Thrombozytenfunktion ! Vorsichtige Applikation bei rechtsventrikulärem Infarkt und RRSyst 90 kg KG evtl. 10.000 IE Heparin i.v. → hierdurch Reduktion der Mortalität um 10–30% • 250–500 mg Acetylsalicylsäure i.v. zur Vermeidung einer weiteren Okklusion des Gefäßes (anschließend 100 mg/Tag p.o., z. B. Aspirin protect) ! Bei Aspirinallergie Gabe von Clopidogrel (Plavix, Iscover) oder Tiklopidin (Tiklyd), s. unten

• bei Auftreten höhergradiger Rhythmusstörungen: ggf. Antiarrhythmika (Cordarex, evtl. Lidocain), Kardioversion/Defibrillation, Gabe von Atropin/Orciprenalin bei Bradykardie • bei Herzinsuffizienz, Lungenödem oder kardiogenem Schock: Diuretika (40–80 mg i.v.), Katecholamine (Dobutamin/Adrenalin), HochdosisNitrate (3–6 mg/h) und PCI ± Koronar-Stent ± intraaortale Ballonpumpe (IABP) • ggf. Magnesiumgabe bei Torsade de pointes und nachgewiesenem Magnesiummangel z. B. 2 g als Bolus über 10 min + kontinuierliche Gabe von 18 g in 24 h, NW: Flush, Bradykardie • evtl. Glukose- (25%), Insulin- (50 IE/l), Kalium(80 mmol/l) Infusionen im Rahmen der Reperfusionstherapie, besonders bei Diabetikern

23

Erweiterte Maßnahmen Medikamentöse Therapie • Thrombozytenaggregationshemmung mittels Clopidogrel (Plavix, Iscover) 1-mal 300 mg p.o.

oder Tiklopidin (Tiklyd) 2-mal 250 mg/Tag) → Hemmung der primären als auch sekundären ADP-bedingte Plättchenaggregation – Ind: NSTEMI und STEMI bei einer notwendigen Stentimplantation – NW: Nausea und Diarrhö, reversible Leukopenie (bei Ticlopidin in bis zu 1% der Patienten) Dauer: >6 Wochen • Gabe eines Betablockers bei jüngeren tachykarden und hypertensiven Patienten und fehlender Kontraindikation innerhalb von 12 h nach Myokardinfarkt (z. B. Metoprolol 5–15 mg i.v. im Rahmen der Erstversorgung oder in Tablettenform 100–200 mg/Tag in 2 Einzelgaben (Lopresor (mite), Bloc zok (mite)) oder Atenolol (Tenormin) 2,5 mg langsam i.v, anschl. 25–50 mg/Tag p.o. ! Die Zielgröße der Herzfrequenz beträgt um die 50–60 Schläge/min → hierdurch Reduktion der Inzidenz des plötzlichen Herztods bzw. der Krankenhausletalität um ca. 13%. Kontraindikationen: Bradykardie, art. Hypotonie (syst. RR 15 EK in 24 h (ca. 36%) sowie – Polytrauma seltener – Pankreatitis – verschiedene Schockformen – ausgedehnte Verbrennungen – Verbrauchskoagulopathie – Operationen mit langer kardiopulmonaler Bypasszeit – Fruchtwasser- oder Fettembolie – Intoxikationen (organische Phosphate, Kokain, Heroin) – extrakorporale Zirkulation • direkte Lungenaffektionen: – diffuse pulmonale Infektionen (Bakterien, Viren, Pilze, Protozoen) → »parapneumonisches« ARDS – Lungenkontusion (ca. 22%) seltener – Säure-, Salz- und Süßwasseraspiration – Beinahe-Ertrinken – toxisches Inhalationstrauma (NO2, Ozon, Rauchgase) – Höhenödem und hypoxisches Lungenödem – chemische Agenzien mit intrapulmonaler Verteilung (Paraquat, Cordarex, Bleomycin)

Verlauf Die Erkrankung beginnt relativ rasch; die meisten Fälle entwickeln sich innerhalb von 24 h nach der initialen Schädigung. Das klinische Bild besteht

• nach Lewandowski (Berlin): 1,5–3,0 Fälle pro 100.000 Einwohner • in Europa (1989 auf Las Palmas): 1,5–4,5 Fälle pro 100.000 Einwohner • in USA (in Utah): 4,8–8,3 Fälle pro 100.000 Einwohner bzw. je nach Grunderkrankung 12–36% bei Pneumonie und 11–38% bei Sepsis.

Letalität • sehr unterschiedliche Zahlenangaben bezüglich der Letalität (bis 53–22%) Letalitätsrate in den letzten 10 Jahren leicht fallend! → nach Milberg et al. hatte das ARDS eine Überlebensrate von 47% im Jahr 1983, welche bis zum Jahr 1993 auf 64% anstieg! • im Jahr 1997 veröffentlichte Zahlen von der Berliner Arbeitsgruppe um Lewandowski zeigten eine Gesamtüberlebensrate von 75% 89%ige Überlebensrate im Patientenkollektiv, das ohne ECMO-Einsatz konventionell mit druckkontrollierter PEEP-Beatmung, permissiver Hyperkapnie, negativer Flüssigkeitsbilanzierung und optionaler kinetischer Therapie, DLV oder NO-Beatmung behandelt werden konnte und 55%ige Überlebensrate im Patientenkollektiv, das infolge der massiven Lungenfunktionseinschränkung sich einer ECMO-Therapie unterziehen musste! ! Merke: Die Letalität des ARDS ist von Faktoren wie Patientenalter, Grunderkrankung, Anzahl der Organdysfunktionen, sowie von einer begleitenden Sepsis abhängig; jüngere Trauma-induzierte ARDS-Patienten haben z. B. eine bessere Prognose als ältere Sepsispatienten mit ARDS!

Spezielle Krankheitsbilder

331

24

Schweregrade

Pathophysiologische Charakteristika des ARDS

• Einteilung nach dem Murray-Scoresystem, der auch als LIS (lung injury score) bezeichnet wird (s. Scoresysteme im Anhang): • leichtes bis mäßig ausgeprägtes ARDS: ScoreWert < 2,5 • schweres ARDS: Score-Wert > 2,5

• anfänglicher Epithelschaden mit Erhöhung der pulmonalen Kapillarpermeabilität → schweres, proteinhaltiges alveoläres Ödem mit entzündlichen Infiltraten (hauptsächlich neutrophile Granulozyten) • Denaturierung des Surfactant durch Proteinverlust in die Alveolen → Ausbildung von Atelektasen, Reduktion der funktionellen Residualkapazität (FRC) • im späteren ARDS-Verlauf pulmonale Fibroblasteninfiltration und Kollagenproliferation → Entstehung einer fibrosierenden Alveolitis und Ausbildung einer mikrovaskulären Obstruktion → Lungencompliance ↓, pulmonal-arterieller Druck ↑, intrapulmonaler Rechts-Links-Shunt ↑, AaDO2↑

Differentialdiagnose • • • • •

kardiales Lungenödem primär bakterielle oder virale Pneumonien hypersensitive oder eosinophile Pneumonien idiopathische fibrosierende Alveolitiden medikamenteninduzierte Lungenveränderungen (Amiodaron-Lunge) • »acute lung injury« (ALI) mit paO2/FiO2 < 300 mmHg • akute Lungenembolie (LE)

Pathophysiologie Mediatorenaktivierung Im Rahmen des ARDS kommt es zu einer unkontrollierten Aktivierung verschiedener Kaskadensysteme: • Mediatoren: IL-1, TNF, IL-6, IL-8 • Aktivierung der Phospholipase A2 mit konsekutiver Freisetzung von Arachidonsäure, die durch die Cyclo- und Lipooxygenase vermehrt Thromboxan A2, LTB4 und PAF entstehen lässt → starke Aktivierung von neutrophilen Granulozyten mit konsekutiver Freisetzung von O2Radikalen und Proteasen sowie Substanzen mit vasokonstringierendem Effekt (TxA2) • Kallikreinsystem • Komplementsystem: C3b,C5b • neutrophile Granulozyten → konsekutive Elastasefreisetzung  erhöhte Zytokin-Konzentrationen (IL-1, IL-6, α-TNF, γ-INF) und Kollagenasenaktivität (Mitursache für die Permeabilitätserhöhung der pulmonalen Gefäße) konnten in der BAL-Flüssigkeit nachgewiesen werden

Morphologie der ARDS-Lunge Der erstmalige Nachweis von bilateralen dorsobasal gelegenen Atelektasen bei 22 ARDS-Patienten wurde durch Gattinoni aus Mailand mit Hilfe einer thorakalen computertomographischen Untersuchung im Jahr 1988 erbracht → durch Anwendung eines hohen PEEP-Niveaus von 15 cmH2O konnten diese atelektatischen Lungenbezirke zum größten Teil wieder eröffnet werden. Die Lungen der ARDS-Patienten zeigen eine morphologische Dreiteilung: 1. dorsal gelegene atelektatische Bezirke, in denen aufgrund alveolärer und vaskulärer Okklusion kein pulmonaler Gasaustausch stattfindet und die somit die wesentlichen Komponenten des intrapulmonalen Shunts darstellen → als Zone D (diseased) bezeichnet 2. im mittleren Bereich befindet sich eine Übergangszone mit potentiell für den pulmonalen Gasaustausch rekrutierbarem Lungengewebe → Zone R (recruitable) 3. ventral gelegen befindet sich im Volumen stark reduziertes gesundes Lungengewebe mit normaler Compliance und nichtpathologischem Ventilation/Perfusionsverhältnis → Zone H (healthy), ⊡ Abb. 24.2

332

Kapitel 24 · ARDS (»acute respiratory distress syndrome«)

ringen inspiratorischen O2-Konzentration (FiO2 < 0,6) → Beachtung des »baby lung concept«

Zone H Zone R

24

Zone D

⊡ Abb. 24.2. Computertomographische Aufnahme einer ARDS-Lunge

! Das gesunde, am Gasaustausch teilnehmende Lungengewebe ist im Rahmen des ARDS auf etwa 20–30% seines Ausgangsvolumens reduziert. Gattinoni prägte für diese Lungenmorphologie den Begriff der baby lung

Therapie

• Reduktion des extravaskulären Lungenwassers bzw. Dehydrierung des Patienten nach dem Motto »keep the lung dry and avoid hypovolaemia« (Diuretika-Therapie, kontinuierliche extrakorporale Nierenersatzverfahren [CVVHF oder Hämodialyse]) → Cave: die aggressive Dehydrierung kann zu einer Reduktion des HZV bzw. des O2-Angebotes führen und somit die Prognose eines ARDS im Rahmen eines MOV weiter verschlechtern • Reduktion der systemischen Entzündungsreaktion durch antiinflammatorische Therapieansätze, deren Effektivitätsnachweis in großen kontrollierten Studien noch nachgewiesen werden muss (hochdosierte Acetylcysteintherapie als Antioxidans, Ketoconazolgabe als ThromboxanA2-Syntheseinhibition, Antithrombin-III-Substitution bei erniedrigtem Serumspiegel, C1-Esterase-Inhibitoren zur Blockade des Komplementsystems, Pentoxyphyllin zur Unterdrückung der endotoxininduzierten TNF-Produktion)

Aktuelles Beatmungskonzept beim ARDS

• möglichst Therapie der auslösenden Ursache/ Erkrankung • bei zunehmender Oxygenierungsstörung frühzeitige CPAP-Therapie oder maschinelle Beatmung mit PEEP (> 10 mmHg) und andere additive Maßnahmen

• das aktuelle Beatmungskonzept bei ARDS muss darauf ausgerichtet sein, die dorsobasal gelegenen Atelektasen durch geeignete Beatmungsformen und PEEP-Anwendung zu rekrutieren und gleichzeitig die ventral gelegenen gesunden Lungenbezirke mit ihrer auf ca. 20–30% reduzierten Atemoberfläche nicht weiter zu schädigen

Vier Behandlungsziele beim ARDS

! Vermeidung von beatmungsinduzierten Lungen-

• Aufrechterhaltung einer adäquaten Gewebsoxygenierung z. B. durch Beatmung mit verlängerter Inspirationszeit (IRV), PEEP-Beatmung, alveoläres Recruitmentmanöver mit hohem Beatmungsdruck und nachfolgender PEEP-Beatmung (»Open the lung and keep the lung open«), kinetische Therapie, NO-Beatmung, ECMO, Surfactant- oder Ambroxolapplikation, etc.) • Vermeidung einer weiteren, iatrogen ausgelösten Lungenschädigung mittels Anwendung reduzierter Tidalvolumina bzw. mittels HFOV, permissiver Hyperkapnie (PHC), möglichst ge-

schäden durch die Anwendung des Konzeptes der lung protective ventilation nach Amato et al. (1998) (VILI = ventilation induced lung injury oder VALI = ventilation associated lung injury)

• Reduktion des Atemzugvolumens (VT) nach den Empfehlungen des American College of Chest Physicians (ACCP) aus dem Jahre 1993 bei ARDS auf 5–6 ml/kg Körpergewicht (im Vergleich zu einem Zugvolumen von 8–10 ml/kg bei der Beatmung einer nicht geschädigten Lunge) • Die im Jahr 2000 veröffentlichten Ergebnisse der ARDS-Network-Studie konnten erstmals eine

signifikante Reduktion der Letalität des ARDS bei Ventilation der Patienten mit reduziertem Zugvolumen aufzeigen (⊡ Abb. 24.3)! • Bauchlagerung bei schwerem ARDS → die Prone-Position-Studie von Gattinoni (2001) zeigte eine Verbesserung der Oxygenierung, jedoch keine Reduktion der Gesamtmortalität. Eine Subgruppe profitierte allerdings von der Bauchlage: Patienten mit einem PaO2/FiO2 40 Punkte und einem VT >12 ml/kg KG! ! Die Bauchlage eignet sich somit nicht für alle Patienten mit respiratorischer Störung!

• Limitierung des Atemwegsplateaudrucks bei normaler Lungen-/Thoraxcompliance auf unter 30-35 cmH2O • Beatmung im Bereich der optimalen Compliance des gesamten respiratorischen Systems (steilster Kurvenverlauf der statischen DruckVolumen-Kurve) → beste Beatmungsform zur Einhaltung dieser Richtlinien: drucklimitierte oder besser druckkontrollierte Beatmungsform mit PEEP und dezelerierendem Flow • durch druckkontrollierte Beatmungsformen mit reduzierten Atemzugvolumina können weitere beatmungsinduzierte Lungenschäden vermieden werden. Zu diesen zählen das durch hohe Atemzugvolumina und den daraus resultierenden hohen Scherkräften ausgelöste Volutrauma, das durch hohe Beatmungsdrücke induzierte Barotrauma sowie das Atelekttrauma. Durch das ständige Kollabieren der Alveole am Ende der Exspiration bei zu gering eingestelltem PEEP ( 300 mmHg bewirkt → PEEP sollte

334

24

Kapitel 24 · ARDS (»acute respiratory distress syndrome«)

jedoch zur Vermeidung eines Barotraumas < 15 mmHg betragen • oder nach den Best-PEEP-Kriterien nach Murray: PEEP, der zur maximalen Rekrutierung der Alveolarbezirke führt und somit den kleinsten paCO2-petCO2 Gradienten erzeugt → bei PEEP induzierter Hyperinflation steigt der oben genannte Gradient als Ausdruck einer zunehmenden Totraumventilation wieder an

Beatmungsregime nach Stewart und Slutsky Das Beatmungsregime bei ARDS kann durch folgende Therapieformel charakterisiert werden. ! P2 R2 Protect the ventilated lung, Prevent oxygen toxicity Recruit the atelectatic, infiltrated and consolidated lung Reduce the anatomic and alveolar dead space

100 PaO2 (mm Hg) 20

*

20 •

*



QS/QT (%) 12

Total Compliance (ml/cm H2O)

* *

55

*

45 *

* * O2 Transport (QT × C2O2 ml/min)

1000 *

800

* *

-6

-3

BEST PEEP

+3 +6 cm H2O

⊡ Abb. 24.4. Best-PEEP nach Suter (QS/QT = pulmonaler Shunt)

Beatmungskonzept nach Lachmann (»Open-lung«-Konzept von 1992) • das Ziel der Rekrutierung der dorsobasalgelegenen Atelektasen kann neben dem PEEP-Einsatz durch die Anwendung des Konzeptes von Lachmann »Open the lung and keep the lung open« erreicht werden. Dieses Beatmungskonzept beginnt mit einem hohen Druckniveau (bis 80 mmHg!!) mit PEEP – jedoch nur für wenige Atemzyklen, um dann rasch in den Normalbereich reduziert zu werden • beim erneutem Kollabieren von Lungenbezirken → kurzfristig Repetition des hohen Beatmungsdruckniveaus • Reduktion der Indikation zur Bronchialtoilette auf ein Minimum (intratracheales Absaugen nur bei Verlegung der Atemwege durch Schleim)  durch dieses Konzept kann erwiesenermaßen die Traumatisierung von gesundem Lungengewebe auf ein Minimum reduziert werden

Permissive Hyperkapnie (PHC) • 1990 veröffentlichte Hickling aus Neuseeland die Ergebnisse einer retrospektiven Studie von 50 beatmungspflichtigen ARDS-Patienten, die mit geringen Atemzugvolumina und einem angestrebten Beatmungspitzendruck von maximal 30 cmH2O beatmet wurden → durch dieses Beatmungskonzept war die Mortalität mit 16% signifikant geringer als die über den APACHE II-Score prognostizierte Mortalität von 39,6% • infolge der geringen Atemzugvolumina und der daraus resultierenden alveolären Hypoventilation kam es zu einem klinisch nicht nachteiligen Anstieg des paCO2 auf durchschnittlich 62 mmHg, mit einzelnen Höchstwerten von 129 mmHg • diese iatrogen tolerierte Hyperkapnie wird als permissive Hyperkapnie (PHC) bezeichnet und ist ein mittlerweile erfolgreiches Beatmungskonzept bei ARDS-Patienten • die ggf. entstehende respiratorische Azidose sollte bei pH-Werten < 7,2 mit THAM-Lsg. gepuffert werden. Bei langsamem pCO2-Anstieg (über Stunden!) kommt es nur zu einem geringen intrazellulären pH-Abfall, da dann intrazelluläre Kompensationsmechanismen (Pufferung, Abbau von organischen Säuren, wandständige

Spezielle Krankheitsbilder

Protonenpumpen (H+/Na+ oder HCO3/Cl–) zur Wirkung kommen Auswirkungen der PHC

• zentrale Sympathikusstimulation und erhöhte Katecholaminspiegel → HZV ↑, SVR ↑ und Neigung zu kardialen Arrhythmien • Verschlechterung der Oxygenierung aufgrund einer Zunahme des intrapulmonalen Shunts durch alveoläres De-Recruitment infolge geringem VT • Abschwächung der pulmonalen Vasokonstriktion → Verschlechterung des Ventilations-Perfusionsverhältnisses vorwiegend bei septischen ARDS-Patienten • Abnahme der alveolären Ventilation → paO2 ↓ • Abnahme der pulmonalen Perfusion und Anstieg des pulmonalen Drucks (MPAP ↑) • respiratorische Azidose (Cave: Hyperkaliämie, Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve in der Lunge, reduzierte Katecholaminwirkung) • Zunahme des O2-Angebotes (HZV) bei gleichbleibendem O2-Verbrauch → pvO2 ↑ und Gewebeoxygenierung ↑ • Zunahme der Splanchnikusdurchblutung • Koronardilatation (fragliches Coronary-stealPhänomen) Indikationen für die Anwendung der PHC

• Beatmung von ARDS-Patienten mit reduzierter Lungencompliance und erhöhtem Beatmungsdruck > 30 cmH2O • Patienten mit Status asthmaticus • bei chronischen Lungenerkrankungen Kontraindikationen für PHC

• pulmonale Hypertonie (PVR und MPAP ↑↑) Cave: Rechtsherzversagen unter PHC! • katecholaminpflichtige Herzinsuffizienz (systemische Vasodilatation und verminderte Myokardkontraktilität) • Hirnödem mit erhöhtem intrakraniellem Druck • zerebrales Krampfleiden → hyperkapnische Krampfanfälle bei hohen pCO2-Werten (> 150– 200 mmHg), auch ohne Krampfanamnese!  von einigen Autoren wird neuerdings empfohlen, die PHC mit einer moderaten Hypothermie zu kombinieren → geringere CO2-Produktion und geringere Nebenwirkungen der PHC!

335

24

→ auf jeden Fall sollte während der Durchführung der PHC der Patient tief analgosediert und ggf. muskelrelaxiert werden; erhöhte Körpertemperaturen sollten rasch physikalisch und medikamentös therapiert werden und die Ernährung sollte kohlenhydratarm sein (CO2Produktion ↓)  nach Amato et al. kommt es durch das Beatmungskonzept mit reduziertem Atemzugvolumen, hohem PEEP und PHC zu einer signifikanten Reduktion der 28-Tage Mortalität (38% vs. 71%) und der Inzidenz an Barotraumen (41% vs. 7%); die Krankenhausmortalität war unter diesem Beatmungsregime ebenfalls reduziert. Ein signifikanter Unterschied war jedoch nicht nachzuweisen! (45% vs. 71%)  Stewart et al. und Brochard et al. konnten jedoch in größeren Studien keinen Vorteil einer volumen- und druckreduzierten Beatmung (VT ≤ 8 ml/kg und PIP ≤ 30 cmH2O) mit PHC bei ARDS nachweisen (Anwendung jedoch eines geringeren PEEP-Niveaus in beiden Kollektiven und die Kontrollgruppe hatte unter hohen VT von 10 ml/kg aufgrund der guten Lungencompliance ebenfalls niedrige inspiratorische Plateaudrücke [ca. 30 cmH2O]). Die Dialyserate infolge Niereninsuffizienz war z. T. in der protektiven Beatmungsgruppe sogar erhöht!  in einer großangelegten prospektiven randomisierten Multicenter-Studie mit 861 nordamerikanischen Patienten konnte durch die Reduktion des Zugvolumens von 12 auf 6 ml/kgKG und hieraus resultierenden inspiratorischen Plateaudrücken ≤ 30 cmH2O erstmals ein Reduktion der Krankenhausletalität (31% vs. 39.8%) und der Beatmungsdauer nachgewiesen werden! Die Studie wurde nach der 4. Interimsanalyse aufgrund des eindeutigen Vorteils der lungenprotektiven Beatmung aus ethischen Gründen abgebrochen! (http://www.hedwig.mgh.havard.edu/ardsnet)

Weitere Therapiekonzepte bei ARDS Inverse-ratio-Ventilation (IRV)

Weitere Verbesserung der Oxygenierung bei ARDS durch Inverse-ratio-Ventilation (Atemzeitverhältnis I:E > 1:1) → längere Kontaktzeit der Atemgase

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24

Kapitel 24 · ARDS (»acute respiratory distress syndrome«)

in der Alveole, Eröffnung von alveolären Gebieten mit hoher Zeitkonstante (= R × C), Aufbau eines Intrinsic-PEEP (Offenhalten der Alveole, da FRC > Closing capacity) → Reduktion der FIO2 möglich (Vermeidung von Resorptionsatelektasen oder Surfactantschädigung).

durch den »Oxygenator«, über den ca. 12 l O2/min insuffliert werden (⊡ Abb. 24.5). Der klinische Nutzen der ILA liegt in einer Verhinderung einer akuten Hypoxie und Hyperkarpnie sowie in der Vermeidung einer weiteren Lungenschädigung (VALI).

Reduktion der inspiratorischen O2-Konzentration

KI:

Zielgröße paO2: 55-80 mmHg bzw. SaO2 88-95%; pH > 7,30.

Low cardiac output, MAP 90 Schläge/min • respiratorische Insuffizienz (eines der folgenden 4 Kriterien) – Atemfrequenz > 20/min – Hyperventilation paCO2 < 32 mmHg (bei Spontanatmung) – paO2 < 70 mmHg (bei Spontanatmung) – oder paO2/FIO2 < 175 (bei maschineller Beatmung und fehlender pulmonaler Vorerkrankung) • Leukozyten > 12.000/µl oder < 4000/µl oder > 10% unreife neutrophile Granulozyten  neben der Veränderung der Leukozytenzahl findet man bei der Sepsis oft einen Abfall der Thrombozytenzahl (DD: HIT II)und der Anti-

1909 Beschreibung einer E. coli-Sepsis durch Jakob 1914 Erstbeschreibung durch Schottmüller: die Sepsis als ein Herd innerhalb des Körpers, von dem kontinuierlich oder periodisch pathogene Bakterien in den Blutkreislauf ausgeschüttet werden! 1992 erstmalige Definition von SIRS, Sepsis und schwerer Sepsis durch eine internationale Consensuskonferenz 2000 Schuster und Müller-Werden definieren Sepsis neu: als Gesamtheit der lebensbedrohlichen klinischen Krankheitserscheinungen und pathophysiologischen Veränderungen als Reaktion auf die Aktion pathogener Keime und ihrer Produkte, die aus einem Infektionsherd in den Blutstrom eindringen, die großen biologischen Kaskadensysteme und spezielle Zellsysteme aktivieren und die Bildung und Freisetzung humoraler und zellulärer Mediatoren auslösen. 2001 erstmaliger Nachweis einer Mortalitätsreduktion durch eine medikamentöse Sepsistherapie in einer großen internationalen Studie (PROWESS-Studie von Bernard et al.) 2003 Levy et al. stellt das PIRO-Konzept vor (PIRO = Predisposition, Insult Infection, Response und Organ Dysfunction). Danach wird »Sepsis« anhand von vier Kriterien klassifiziert:

thrombin-III-Konzentration (AT III) ! Der Begriff Sepsis stammt aus dem Griechischen und bedeutet Fäulnis (Lewandowski 2002)

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Kapitel 25 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen

1. 2. 3. 4.

nach Prädispositionsbedingungen Natur der Erkrankung Schwere der Wirtsreaktion Grad der gleichzeitigen Organdysfunktion

Definition Sepsis

25

• systemische inflammatorische Antwort (SIRS) auf eine vermutete oder nachgewiesene Infektionsquelle bzw. eine überschießende Aktivierung von primär protektiven Defensivsystemen des septischen Patienten im Sinne einer host defence failure disease  die Begriffe Sepsissyndrom und Septikämie sind verlassen worden!

Inzidenz • in den USA erleiden jährlich ca. 3 Personen pro 1000 Einwohner eine Sepsis • schätzungsweise 270.000 Sepsisfälle pro Jahr und eine Letalität von 70.000 Patienten in Deutschland • im intensivmedizinischen Bereich ca. 10-mal höhere Sepsisinzidenz → 5,5% bei kardiologischen Intensivpatienten und 6,3% bei chirurgischen Intensivpatienten  nach Bone sind es 2% aller Krankenhauspatienten, die eine Sepsis erleiden und 9% aller auf einer Intensivstation aufgenommenen Patienten haben die Zeichen einer schweren Sepsis. Die Inzidenz der Sepsis hat in den Jahren 1979–2000 nach einer Untersuchung von Martin GS et al. (2003) jährlich um durchschnittlich 8,7% zugenommen! Die Kosten der Sepsisbehandlung werden in Deutschland auf ca. 1,1–2,2 Mrd. Euro/Jahr beziffert (Reinhard 2002)

Ursachen • intraabdominelle Infektionen nach z. B. Ulkusperforation, perforierte Sigmadivertikulitis, Cholezystitis, postoperative Infektion etc. • Pneumonie (nosokomial, ventilatorassoziiert) • katheterassoziierte Infektion • Urosepsis • Sinusitis etc.

Mortalität 28-Tage-Mortalität insgesamt: 25–35% nach Le Gall bei Sepsis und 48–60% bei schwerer Sepsis 40–80% beim septischen Schock  die Letalität der Sepsis ist neben dem Erreger auch vom Infektionsort abhängig: von den Harnwegen ausgehende Sepsis ca. 10%, bei katheterassoziierter Sepsis ca. 35%, bei zugrunde liegender Pneumonie ca. 40% und bei bestehender Peritonitis ca. 60%. Der Verlauf des Procalcitoninwerts kann von prognostischer Bedeutung sein: Beständig hohe Werte korrelieren mit einer schlechten Prognose, fallende Werte unter Therapie signalisieren einen günstigen Krankheitsverlauf. Ebenso ist ein extrem hoher IL-6-Wert (>1000 pg/ml) mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet (RAMSES-Studie). Die frühzeitige Diagnosestellung »Sepsis« und der sofortige Therapiebeginn sind bzgl. der Mortalitätsrate als günstig anzusehen

Definition »schwere Sepsis« Sepsis-Kriterien + Zeichen der Organdysfunktion, Hypoperfusion oder die septisch induzierte Hypotension

verminderte Organperfusion → Laktatazidose (gestörte hepatische Laktatclearance), Oligurie, Störungen der Bewusstseinslage: • metabolische Azidose: Laktat > 20 mg/dl • Oligurie: Urinausscheidung < 30 ml/h oder < 0,5 ml/kg/h länger als 2 h persistierend • Enzephalophathie: akute Verwirrtheit und Bewusstseinsstörungen • Thrombozyten 30% Abfall innerhalb 24 h)¸ DD: HIT II, die jedoch auch bei septischen Patienten während einer längeren intensivmedizinischen Behandlung sekundär auftreten kann ! Bei immunsupprimierten Patienten z. B. nach Organtransplantation ist das Kriterium »Temperaturerhöhung« und »Leukozytose/Leukopenie« nicht verwertbar. Gleiches gilt für das Kriterium »Temperaturerhöhung« bei Hämofiltration. In be-

Spezielle Krankheitsbilder

sonderen Fällen wird die Diagnose »Sepsis« mittels invasivem Monitorings gestellt bzw. erhärtet (HZV ↑ und SVR ↓)

Definition »septischer Schock« Zeichen von Sepsis und arterieller Hypotension (syst. RR 40 mmHg vom Ausgangswert und Dauer > 1 h) trotz ausreichender Volumensubstitution, begleitet von verminderter Organperfusion oder Organdysfunktion.

Inzidenz Etwa 6% der Patienten mit SIRS erleiden einen septischen Schock mit sehr hoher Letalität (> 80%).

Fulminante Verlaufsformen der Sepsis • Meningokokkensepsis, ggf. mit bilateralen Nebennierenblutungen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) und Verbrauchskoagulopathie (DIC) • Sepsis nach Splenektomie »overwhelming postsplenectomy infection syndrome« = OPSI-Syndrom) aufgrund Störung der Phagozytose des RES (Störung der lienalen Synthese eines Tetrapeptids namens Tuftsin) • Toxic-shock-syndrome (TSS): – toxisches Schock-Syndrom-Toxin 1 (TSST-1) durch Invasion von Staphylococcus aureus aus dem vaginalem Bereich bei menstruierenden Frauen (Tampon) oder Wundinfektion → Bildung von Enterotoxin F – Streptokokken-assoziiertes toxisches SchockSyndrom durch Enterotoxine von Bakterien der Gruppe-A-Streptokokken (GAS) bei nekrotisierender Fasziitis oder Myositis (in 60% der Fälle)

Pathophysiologie • Aktivierung körpereigener plasmatischer (Komplement, Gerinnung, Mediatoren) und zellulärer (Makrophagen, Endothel, Mastzellen, Granulo-

343

25

zyten, Thrombozyten) Systeme mit überschießender Reaktion • erhöhte Serumkonzentrationen von – Zytokinen (Tumor-Nekrose-Faktor [α-TNF], Interleukinen [IL] 1,6,8): Störung der Gefäßpermeabilität, Erhöhung der zellulären Adhäsion, kaskadenartige Aktivierung verschiedener weiterer Mediatorsystemen mit Konzentrationsänderungen von Bradykinin, Histamin, Eikosanoiden (Prostaglandine, Thromboxan, Prostazykline), Komplementfraktionen (C3a u. C5a), plättchenaktivierendem Faktor (PAF) mit Thrombenbildung und Gerinnungsfaktoren  die Syntheserate des Mediators α-TNF ist von der genetischen Disposition des Patienten (TNF-Polymorphismus) abhängig → diese Tatsache könnte eine Erklärung für die unterschiedliche Ausprägung der Sepsis sein • Stickstoffmonoxid (NO): Störung der Vasomotorik und Mikrozirkulation aufgrund einer ausgeprägten Vasodilatation mit Abfall des systemvaskulären Widerstands (SVR) mit Störungen der Blutflussumverteilung zwischen den Organen, als auch innerhalb der Organe (z. B. im Herzen subendokardial/epikardiale Umverteilung) → Aktivierung der induzierbaren NOSynthetase (iNOS) durch IL-1 und 6, Endotoxin und α-TNF  neben NO scheinen noch andere Faktoren wie z. B. erhöhte Konzentrationen an atrial natriuretischen Faktor (ANF) für die Vasodilatation in der Sepsis verantwortlich zusein. • gesteigerte Expression von leukozytären Integrinen (CD11/CD18) und endothelialen Adhäsionsmolekülen (E-, P-Selektine auf der Endothelzelle und L-Selektine auf Granulozyten; sowie ICAM-1 u. -2 auf den Endothelzellen und VCAM-1 auf Lymphozyten) • Reduktion des Protein C-Spiegels → Störung der Fibrinolyse mit Konsekutiver Thrombenbildung in der Mikrozirkulation ! Die in der Sepsis reduzierten AT-III- und ProteinC-Spiegel korrelieren nach Fourrier (1992) bei Patienten mit septischem Schock mit einer schlechteren Prognose

344

Kapitel 25 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen

Funktionsstörungen bei Sepsis

25

• hyperdynamer Kreislauf (CI > 4,0 l/min/m2) mit Tachykardie bei normalem oder niedrigem Blutdruck (HZV steigt jedoch dem SVR entsprechend nicht adäquat an) • reduzierter peripherer Systemwiderstand (SVR < 600 dyn × s × cm–5) → periphere Mikrozirkulationsstörungen: Vasodilatation bei Fehlregulation und Dichteabnahme der α-Adrenorezeptoren bei simultan erhöhter NO-Freisetzung • Störungen der Kontraktilität (septische Kardiomyopathie) mit links- und rechtsventrikulären Dyskinesien und erhöhten enddiastolischen und endsystolischen Volumina, LVEF ↓, LWSI ↓ infolge myocardial depressant factor (MDF, Molekulargewicht 10–30 × 106 → Elimination durch Hämofiltration)  der PCWP ist trotz eingeschränkter Pumpfunktion bei septischen Patienten meist < 8 mmHg – der myocardial depressant factor scheint mit dem α-TNF identisch zu sein, da die Gabe eines Anti-TNF-Antikörpers die Myokardkontraktilität fast vollständig wiederherstellt – eine weitere myokarddepressive Wirkung wird durch Toxine (z. B. Endotoxin), Downregulation der β-Rezeptoren sowie einen fraglichen metabolischen Defekt der Myozyten angenommen • Störung der Gewebsoxygenierung bzw. der O2-Extraktion → gemischtvenöse Sättigung ↑, vermehrte Diffusionsstrecke durch interstitielle Flüssigkeitsvermehrung, zellulärer Defekt der Aufnahme und der mitochondrialen Verwertung des Sauerstoffs infolge Entkoppelung der oxidativen Phosporylierung (»zytopathische Hypoxie«), Ausfall der Perfusionssteuerung nach metabolischen Erfordernissen → lineare Abhängigkeit der O2-Aufnahme vom O2-Angebot bei septischen Patienten mit deutlich reduziertem O2-Angebot • Störung der Gefäßpermeabilität → intravasale Hypovolämie und generalisierte Ödembildung • Steigerung der Darmpermeabilität mit bakterieller Translokation • Nierenfunktionsstörung – prärenales ANV, bedingt durch Hypovolämie oder tubuläre Nekrosen, Verminderung des

renalen Blutflusses bzw. der glomerulären Filtration • Störungen der Hämostase – Störung der plasmatischen Gerinnung und Thrombozytopenie, evtl. DIC (Thrombozyten ↓, Fibrinogen ↓) mit reaktiver Fibrinolyse ( AT III ↓, TZ ↑, D-Dimere ↑) • Neurologische Störungen – septische Enzephalopathie mit Wahrnehmungs- und Konzentrationsstörungen, Inzidenz: ca. 23% der septischen Patienten, Ursache u. a. wahrscheinlich erhöhte Spiegel an Cholinsäure mit exzitatorischer Wirkung auf N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptoren (von aktivierten Makrophagen im Rahmen des Tryptophanmetabolismus synthetisiert). Daneben spielen eine gestörte Blut-HirnSchranke, AS-Imbalanzen, arterielle Hypotonie mit reduziertem CPP sowie direkte Effekte der inflammatorischen Mediatoren eine Rolle – »critical illness polyneuropathy« (axonale Degeneration) bei längerem Verlauf

Monitoring • arterielle Druckmessung • erweitertes Kreislaufmonitoring (HZV, SVR, intrathorakales Blutvolumen (ITBV) und extravaskuläres Lungenwasser (EVLW)) mit PiCCOSystem, evtl. Pulmonalarterienkatheter (PAK) oder VoLEF-System von der Firma Pulsion mit 7 F-4 Rechtsherzkatheter • umstritten: intramukosale pHi-Messung • ggf. Messung der Leberperfusion mit LiMONSystem zur frühzeitigen Erfassung einer hepatischen Dysfunktion • infektiologisches Monitoring: Abstriche, Blutkulturen (3-mal 2 Blutkulturen) • laborchemisches Monitoring: – CRP (HWZ: 24 h), Procalcitonin, ggf. in Zukunft Komplement C3-Bestimmung – Procalcitonin (PCT): HWZ von 24 h, Sensitivität: 89–96% und Spezifität: 78–94% (n. Brunkhorst), unabhängig von therapeutischen Interventionen wie z. B. Hydrocortisontherapie (im Gegensatz zu Zytokinen)

345

Spezielle Krankheitsbilder

PCT-Konzentration (ng/ml)

Bewertung

10

schwere bakterielle Infektion wahrscheinlich

25

Therapie bei Sepsis Herdsanierung • Nachweis des Sepsisherdes und dessen Sanierung z. B.

– chirurgische oder radiologisch-interventionelle Abszessdrainage – programmierte Lavage/Etappenlavage – offene Peritonitisbehandlung

Antimikrobielle Therapie

– Bestimmung von IL-6 und Lipopolysaccharidbindendes Protein (LBP) mittels IMMULITE-System (beide in der Sepsis und auch bei Lokalinfektionen frühzeitig erhöht); HWZ: 30–60 min – frühzeitiger Antithrombin- und Thrombozytenabfall – prognostisch relevante Hyperlaktatämie, bedingt durch 1. erniedrigte hepatische LaktatClearance, 2. metabolischen zellulären Defekt (»cytopathic hypoxia«) und 3. allgemeine Gewebshypoxie durch Mikrozirkulationsstörungen – Hypophosphatämie – Hyperglykämie – geringere CD-10-Antigenrepräsentation auf der Oberfläche von neutrophilen Granulozyten bei septischen Patienten nach In-vitroInkubation mit Staphylococcus aureus (noch experimenteller Labortest für die Frühdiagnose einer Sepsis)

Quantifizierung der Sepsis Anhand des • APACHE-II-Scores • Sepsis-Score nach Elebute und Stoner (Beurteilung von 4 Gruppen: Infektzeichen, Pyrexie, Organversagen und Laborparameter) • SAPS II • SOFA-Score (s. unten) ! Zur Verlaufsbeurteilung sollte täglich mindestens 1-mal eine Scoreerfassung durchgeführt werden.

• begleitende hochdosierte und intravenöse Antibiotikatherapie unter Berücksichtigung der Grunderkrankung des Patienten, des potentiellen Ausgangsherdes, der stationsspezifischen Erregerepidemiologie und Resistenzlage  die Wahl des »richtigen« Antibiotikums ist essentiell, da die Mortalität – wie einige Studien ergeben haben – bei primärer Nichterfassung des Erregers und nachträglichem Antibiotikumwechsel erhöht ist • initial kalkulierte Antibiotikatherapie oder Deeskalationstherapie nach PEG-Schema 1999 (Parenterale Antibiotika-Therapie bei Erwachsenen) z. B. – Aminoglykosid z. B. Gentamicin (Refobacin), Netilmicin (Certomycin) oder Makrolid z. B. Erythromycinggf. plusAcylaminopenicillin + β-Lactamaseinhibitor z. B. Piperacillin + Tacobactam (Tazobac) – Cephalosporin 3b z. B. Ceftazidim (Fortum) – Carbapenem z. B. Imipenem/Cilastatin (Zienam) oder Meropenem (Meronem) – Fluorochinolone 2 z. B. Ciprofloxacin • die Antibiotikatherapie sollte innerhalb von 24 h begonnen werden! Ein späterer Beginn führt zu einer 3- bis 5fach höheren Letalität (Clee 2004)! ! Die Fokussanierung ist elementar, da es »keine gute Medizin für schlechte Chirurgie gibt« (T. Welte)!

– nach Erregeridentifizierung Antibiotikatherapie nach Antibiogramm – ggf. Entfernung oder Wechsel aller intrakorporalen/intravasalen Katheter mit mikrobiol. Untersuchung

346

Kapitel 25 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen

! Vor Antibiotikatherapie Abnahme von Infektionsparametern (CRP, Procalcitonin) und mehreren Blutkulturen (nur 30% positiv)!  Die Antibiotikatherapie kann jedoch auch, wie in einigen Studien nachgewiesen wurde, zu einer vermehrten Freisetzung von Endotoxin bzw. Bakterienwandbestandteilen von grampositiven Keimen führen → Konsequenz für die Zytokin- und Entzündungskaskade.

25

Supportive Maßnahmen • Optimierung der Organperfusion (MAP > 75 mmHg) und des O2-Angebots, um eine Multiorgandysfunktion oder Organversagen zu vermeiden: – O2-Angebot ist das Produkt aus Herzzeitminutenvolumen und O2-Gehalt des Blutes (DO2 = HZV × CaO2) → Zielgröße bei Sepsis: > 600 ml/min/m²

 die Anhebung des O2-Angebots, z. B. mittels hochdosierten Katecholaminen, ist nach Studien von Hayes von 1993 (Kap. 24) und Gattinoni umstritten. (z. T. höhere Mortalitätsraten in der Studiengruppe)  ob das von Shoemaker 1988 aufgestellte Postulat eines supranormalen O2-Angebotes wirklich von Vorteil ist, ist bis dato nicht eindeutig bewiesen; Nur Yu et al. konnten bei septischen älteren Patienten (50-75 J.) durch das Anheben des O2-Angebotes auf supranormale Werte eine Verringerung der Mortalität nachweisen  die Fähigkeit, das O2-Angebot unter einer Volumen- oder Katecholamintherapie zu steigern, konnte von Rhodes und Hayes als ein »positiver« Outcome-Parameter identifiziert werden • frühzeitige Stabilisierung des Kreislaufs innerhalb von 6 h (time is tissue!) nach Sepsisbeginn führt zur signifikanten Reduktion der Mortalität um 16% (46,5 vs. 30,5%!). Ziel einer modernen Sepsistherapie sollte eine parametergerichtete Therapie nach den Kriterien von Rivers et al. (2001) sein (Grad-B-Empfehlung) (⊡ Abb. 25.1): 1. ZVD ≥8–12 cmH2O 2. MAP ≥65 mmHg 3. zentralvenöse SvO2 ≥70% 4. Urinvolumen ≥0,5 mg/kg KG/h

 sowohl künstliche Kolloide als auch Kristalloide können verabreicht werden (Grad-C-Empfehlung, BMJ 1998). HES scheint allerdings das leukozytäre Sticking am Endothel zu reduzieren, den PaO2/FiO2-Quotienten zu verbessern und die Albuminexkretionsrate zu reduzieren. Allerdings führt HES (200 kDa; 0,6 Substitutionsgrad) im Vergleich zu Gelatine bei Patienten mit schwerer Sepsis zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion (Schortgen et al. 2001)! Bei instabilen Kreislaufverhältnissen mit reduziertem systemvaskulärem Widerstand ist Noradrenalin das Mittel der Wahl. Ist eine Kreislaufstabilisierung unter dieser Monotherapie nicht zu erzielen, kann eine Kombination mit Vasopressin (0,01–0,04 IE/kg/h) versucht werden → erste kontrollierte Studie von Klinizing et al. (2003) zeigte keine Verbesserung des Outcome, jedoch einen Abfall des Herzindex und eine Zunahme der Splanchnikusperfusion • frühzeitige Respiratortherapie bei gestörtem pulmonalen Gasaustausch oder klinischen Anzeichen einer erhöhten Atemarbeit  durch die mechanische Ventilation können die Atemarbeit und der O2-Verbrauch bei septischen

Notaufnahme

Schwere Sepsis: 47%

< 6 Stunden

Septischer Schock: 53%

ZIELGRÖßEN

< 8 mmHg ZVD

Volumenersatz über 30 min (0,5-1,0l)

8-12 mmHg unter Spontanatmung < 65 mmHg

Vasoaktive Substanzen (Noradrenalin, Dobutamin)

< 70%

Transfusion von Erythrozytenkonzentraten bis HK > 30%

MAP > 65 mmHg < 90 mmHg

> 70%

SVO 2

⊡ Abb. 25.1. Goal directed therapy nach Rivers

347

Spezielle Krankheitsbilder

Patienten um bis zu 25% reduziert werden. Eine längerfristige Hyperoxie unter Beatmung sollte jedoch aufgrund der Gefahr der Radikalenbildung mit Aktivierung der alveolaren Makrophagen vermieden werden • bei niedrigem O2-Gehalt des Blutes (CaO2 = 1,36 ml/g Hb × SaO2 × cHb: Zielgröße > 16 g/dl) → Bluttransfusion von »frischen« Erythrozytenkonzentraten (< 15 Tage) → die Gabe von älteren Blutkonserven führte in einer Studie von Marik zu keinem Anstieg des O2-Verbrauchs, jedoch zu einem Abfall des Magenwand-pHWerts • Transfusionstrigger ist nach Sprung (2001) bei schwerer Sepsis ein Hb-Wert von 7–8 g/dl. • bei niedrigem Blutdruck bzw. HZV → differenzierte Volumentherapie mit kristalloiden und/oder kolloidalen Lösungen nach PCWP (12–15 mmHg) bzw. ZVD ≥8–12 mmHg  die Gabe von Humanalbumin im Rahmen der Sepsis wird nicht mehr empfohlen (Permeabilitätserhöhungen der Gefäße mit Steigerung des interstitiellen Ödems, schlechte interstitielle Mobilisierung nach Restitution der Schrankenstörung; Cave: erhöhte Mortalität von Intensivpatienten nach Albumingabe. • differenzierte Katecholamintherapie (Behandlungsziel: CI > 4,5 l/min/m², MAP > 65 mmHg) → Gabe von Dobutamin bei hypodynamischer Kreislaufsituation (schlechtere Prognose im Vergleich zur hyperdynamen Kreislaufsituation) und Tonisierung des Gefäßsystems durch Noradrenalin mit dem Ziel, dass der SVR > 800 dyn × s × cm–5 beträgt. ! Cave: Keine hochdosierte Noradrenalinmonotherapie → sonst nur Nachlasterhöhung. Die Gabe von Adrenalin und Dopamin beim septischen Patienten im Schock führt zu einer Verschlechterung der Splanchnikusperfusion.

! Prinzipiell sollte die Erhöhung des O2-Angebotes

nicht um jeden Preis durch erhöhte Katecholamintherapie erstrebt werden → Hayes et al. konnten eine erhöhte Mortalität (54 vs. 34%) unter z. T. extrem hohen Dobutamindosen (5–200 µg/kg/h) nachweisen

25

• intensivierte Insulintherapie mit Normalisierung der Blutzuckerspiegels zwischen 80– 110 mg/dl → Reduktion der 12-Monats-Letalität in einer Studie von van den Berghe: Mortalitätsrate auf der ICU 4,6% vs. 8% und Krankenhausmortalität 7,2 vs. 10% bei intensivierter Insulintherapie versus konventioneller Therapie mit BZ-Werten bis 215 mg/dl. Außerdem geringere Raten an ANV (–41%), PNP (– 4%) und geringerer Transfusionsbedarf (–50%). NW: Gefahr der Hypoglykämien → engmaschige BZ-Kontrolle  die intensivierte Insulintherapie ist gegenwärtig nur eine Empfehlung Grad D! • frühzeitige enterale Ernährung mit immunmodulierenden Substanzen zur Vermeidung einer Zottenatrophie und Steigerung der IGA-Sekretion (Reduktion der bakteriellen Translokation und Steigerung der Immunabwehr). Insgesamt 25–30 kcal/kg KG, AS 15–20%, 50–70 KH und 15–30% Fette, ω-6-FS sollten auf max. 1,0 g/kg/Tag bzw. 7% der Gesamtkalorien begrenzt werden. Nach Galaban (2000) et al. kann durch die enterale Ernährung die Sepsisletalität (19 vs. 32% bei n=181) und die nosokomiale Infektionsrate deutlich gesenkt werden. Hierbei spielt nach Kompan et al. (1999) nicht so sehr die applizierte enterale Substratmenge eine große Rolle, sondern vielmehr der Beginn der Ernährung (48 h) der schweren Sepsis mit Multiorganversagen (mindestens 2 Organsysteme) zugelassen. Hierdurch Reduktion der relativen Mortalität um ca. 19,4% bzw. Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit von 38,1% für Patienten mit schwerer Sepsis (PROWESS-Studie). Die absolute Reduktion der Mortalität lag bei 6,1%. Insgesamt lag die 28Tage-Mortalität in der Plazebogruppe bei 30,8% und in der Therapiegruppe bei 24,7%. In den USA wurde die Anwendung von aktvierten Protein C auf Sepsispatienten mit einen

APACHE-II-Score von >25 Punkten beschränkt!

In Europa ist die Anwendung auf das Vorliegen von 2 Organsystemen ausgerichtet. – Dosierung: 24 µg/kg KG über 96 Stunden – KI: bestehende Blutungsgefahr (postop. 180% • Applikation eines α-TNF-Antikörperfragments (Afelimomab). In einer großen Studie mit 944 Patienten (RAMSES) führte die Gabe des Antikörpers in einer Konzentration von 1 mg/kg KG alle 8 h für 3 Tage nur bei Patienten mit hohem

349

25

Interleukin-6-Spiegel (>1000 pg/ml) und gleichzeitig niedrigem APACHE-Score zu einer Reduktion der Mortalität. Bemerkenswert war, dass die Mortalität bei hohen IL-6-Werten (>1000 pg/ml) signifikant (0,001) erhöht ist (39,6% vs. 55,8%)  in Zukunft könnte ggf. der Versuch unternommen werden, die gestörte Mikrozirkulation des septischen Patienten durch Substanzen wie Prostazyklin (Vasodilatation und Thrombozytenaggregationshemmung) zu verbessern. Neu ist ein Endotoxin-Absorber (Matisse) aus immobilisiertem humanen Albumin (iHSA), der zirkulierende Lipopolysaccharide nach Passage des Blutes entfernt. Erste positive Ergebnisse in einer europäischen kontrollierten Studie an 143 Patienten zeigte eine Reduktion der Intensivbehandlungszeit im Vergleich zur Kontrollgruppe

Adjuvante und experimentelle Sepsistherapie Viele der anschließend erwähnten Maßnahmen haben gegenwärtig teils nur experimentelle Bedeutung – könnten jedoch in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen. Da der Sepsis eine überschießende Immunantwort zugrunde liegt, wurde in den letzten Jahren versucht, die Immunkaskade durch einzelne Faktoren [Methylprednisolon (1987), monoklonale Antikörper gegen Endotoxin (1991), PAF-Rezeptorantagonist (1994), Interleukin-1-Rezeptorantagonist (1994 und 1997), Anti-TNF-Antikörper (1993– 2001), löslicher TNF-Rezeptor (1996/1997), Bradykininantagonist (1997), Ibuprofen (1997), p55TNF-Rezeptor/Ig] selektiv zu blockieren. Keine der bis heute durchgeführten, groß angelegten Studien (mit jeweils mehr als 100 Patienten) mit Ausnahme der PROWESS- und der MONARCS-Studie konnte eine Verbesserung des Outcome erzielen. Unterstützung der Abwehrmechanismen

• hochdosierte N-Acetylcystein-Gabe als O2-Radikalenfänger und zur Glutathionerhöhung • hochdosierte Immunglobulingabe (IgG-, IgMAK): z. B. polyklonale Immunoglobuline (mit Pentaglobin IgM angereichert) in einer Dosierung von 300 ml über 6 h am Tag 1, 2 und 3

350

25

Kapitel 25 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen

Theoretische Wirkung: – Neutralisation von Endo- und Exotoxinen (Wirkung durch hohe Proteinkonzentrationen von IgM in vitro) – Inhibition der Produktion von TNF und IL-1 – Steigerung der Phagozytoseaktivität der Leukozyten – Synergismus mit β-Laktamantibiotika (gramnegative Keime)  die größte bis heute durchgeführte Studie (ESBIT-Studie, Shock 1997) von Pilz und Werdan mit 653 septischen Patienten konnte keinen Therapievorteil der Immunglobuline aufzeigen. Die Cochrane Libary-Gruppe hat nach einer großen Metaanalyse, in der die ESBIT-Daten noch nicht berücksichtigt und dementsprechend gewichtet worden waren, noch eine Empfehlung für die Immunglobulin-Applikation ausgesprochen! Weitere zum Teil noch experimentelle Therapieansätze • Gabe von monoklonalen AK gegen Endotoxin

– humaner HA-1A (Centoxin) oder muriner E5-AK (Studie mit Centoxin wurde 1993 abgebrochen, da eine erhöhte Mortalität bei Patienten mit nichtgramnegativer Sepsis unter Centoxintherapie im Vergleich zur Plazebogruppe auftrat!) – polyklonale E.-coli-Antikörper • Fibronectingaben (2 Studien kleineren Umfangs konnten bis heute keinen positiven Effektv nachweisen!) • Applikation von Endotoxin-bindenden Proteinen → Endotoxin (MG: 100.000) besteht aus dem variablen O-Antigenanteil, dem Core-Anteil und einem bei den meisten Keimen strukturgleichen Lipidanteil – dem Lipid A, welches für die anschließenden Reaktionen verantwortlich ist → Nachweis durch den Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test (LAL) – Lipopolysaccharid-bindendes Protein (LBP) wird physiologisch in der Leber synthetisiert, Glykoprotein (MG: 58.000), 456 Aminosäuren, Bindung an Lipoprotein-A-Anteil → 2 Aufgaben: 1. Verstärkung geringer LPS durch Transport zum zellulären, nicht-transmembranösen CD-14-Rezeptor

2. Detoxifikation großer LPS-Mengen durch Transport und Bindung an neutralisierenden HDL – löslicher CD-14-Rezeptor (sCD14) Neutralisierung des LPS-LBP-Komplex im Serum, weiterhin Bindung von Endotoxin an HDLApolipoproteinen und einem Endoxin-Inhibitor-Protein, welche die Endotoxinämieauswirkungen abschwächen kann – bactericidal/permeability increasing protein (BPI) wird von LPS-aktivierten neutrophilen Granulozyten aus azurophilen Granula freigesetzt und besitzt LPS-neutralisierende Eigenschaften → proinflammatorische Zytokinproduktion ↓ – Endotoxin-neutralisierendes Protein (ENP) von Limulus polyphemus (Arthropodenart) produziertes, LPS-neutralisierendes Protein, das seit 1991 rekombinant verfügbar ist – Endotoxinantagonisten synthetisches, tetraacetyliertes Lipid A (Präparat 406) hemmt LPS-induzierte Mediatorenfreisetzung • Endotoxinentfernung von mit Polymyxin B beschichteten Fasern (einzelne japanische Studie mit 24 septischen Patienten) Mediatorenblockade • Glukokortikoide

– Hydrokortison induziert die Bildung von Lipocortinen, die die Phospholipase-A2-Aktivität hemmen (Phospholipase A2 führt zur Synthese von vasoaktiven Eikosanoiden (TXB2, 6-keto PGF1α → Vasodilatation, Thrombozytenaggregation) → verminderte Expression von inflammatorischen Prozessen z. B. TNFα, IL 6 und 8. Hydrokortison hemmt die induzierbare NOSynthetase sowie die Cyclooxygenase-2 und steigert die Katecholaminsensibilität der Gefäßmuskelzelle. Die Kortisongabe führt zu einer Zunahme des SVR aufgrund der Reduktion der iNOS-Aktivität sowie über eine Hemmung der Phospholipase zu einer Reduktion der PGI2 und PGE2-Spiegel – nach Briegel führt die Applikation von Hydrokortison ( 100 mg Hydrokortison Bolus und anschließend kontinuierliche Infusion von 0,18 mg/kg/h = ca. 300 mg/Tag) zur hä-

351

Spezielle Krankheitsbilder

modynamischen Stabilisierung und zu einer Abschwächung der systemischen Inflammmation → Reduzierung des Katecholaminbedarfes im septischen Schock – der inadäquate Anstieg des Kortisolspiegels nach ACTH-Stimulation beim septischem Schock ist signifikant mit einer höheren Letalität assoziiert → relative Nebenniereninsuffizienz Die Hydrokortisonapplikation in einer ursprünglichen Dosierung von 300 mg/24 h als Dauerinfusion über 3 Tage wird durch die Gabe von Hydrokortison bes. bei Patienten im septischen Schock in Stressdosierung über einen Zeitraum >5 Tage und anschließender langsamen Reduktion modifiziert. Neuerdings wird auch eine Dosierung 200 mg in 4 (!) Einzelgaben empfohlen → bessere Reduktionsmöglichkeit als die kontinuierliche Gabe (meist Reboundphänomen)  die Infektabwehr bleibt unter der niedrig dosierten Hydrokortisontherapie erhalten. In einer größeren französischen multizentrischen Studie von Annane (2002) führte die Applikation von Hydrocortison (4-mal 50 mg) plus Fludrokortison (1-mal 50 µg) über 7 Tage zur Mortalitätsreduktion. Der zuvor durchgeführte ACTH-Test war pathologisch (Kortisolanstieg 1000 pg/ml) – PAF-Rezeptorantagonist • Lösliche Rezeptoren für die Bindung von – IL-1 (dosisabhängige Reduktion der Mortalitätsrate, Folgestudie zeigte keinen Effekt) – TNF (p75- oder p55-TNF-Rezeptor) • Reduktion der Komplementaktivierung – durch Gabe eines löslichen Komplementrezeptors 1 (CR1) oder C1-Esterase-Inhibitors

352

Kapitel 25 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen

Mediatorelimination

25

• durch Hämofiltration (CVVHF) infolge Ultrafiltration und Adsorption an der Filtermembran → die Reduktion der Letalitätrate durch CVVHF ist nach Storck et al. von der Filtratmenge abhängig! (< 7,5 l Filtrat → 6%; bei > 15 l Filtrat → 26% Überlebensrate) Weitere Kriterien für den Einsatz des Hämofilters: – renale Insuffizienz mit Urinausscheidung < 30 ml/h länger als 3 h trotz max. Stimulation – radiologisch bilaterale pulmonale Infiltrate, charakteristisch für ein Lungenödem in Verbindung mit einem FIO2 > 0,6  keine Elimination von TNF (MG zwar 17 × 106, liegt jedoch als Trimer (MG 51000) oder Pentamer vor und kann daher nicht eliminiert werden) ! Cave: Filtration auch von antiinflammatorischen Interleukinen z. B. IL-10 (MG 18000)

• durch Plasmapherese • Hämoperfusion

– mit blutverträglichem Absorberharz Amberlite XAD-4 (750 m2/g) oder mit Polymyxin B beschichtete Kunststoffasern

Gegenspieler des SIRS Nach einer initialen proinflammatorischen Phase kommt es zu in einer Gegenreaktion zu einer kompensatorischen antiinflammatorischen Antwort (CARS). Diese Antwort kann überschießend sein und zur Immunsuppression bzw. Anergie führen.

CARS (compensatory antiinflammatory response syndrome) Von Bone eingeführter Begriff, gekennzeichnet durch antiinflammatorische Mediatoren wie z. B. Interleukin (IL)-4, IL-10, IL-13, IL-Rezeptorantagonisten oder durch Mediatoren, die sowohl proinflammatorisch als auch anti-inflammatorisch wirken, wie z. B. IL-6 und IL-8. → klinische Manifestation als Anergie und erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Infektionen. Die

Übersicht über wichtige Studien der letzten Jahre bzgl. der 28-Tage-Mortalität Studie

Untersuchte Substanz

Untersuchte Patienten (n)

Mortalität (%) Verum-Gruppe

Value P Plazebo-Gruppe

Kybersepta

AT III

2314

38,9

38,7

0,94

PROWESS

aktiviertes Protein C

1690

24,7

30,8

0,005b

ENHANCE

aktiviertes Protein C

273

26,4

32,9

0,005b

OPTIMIST

TFPI (»tissue factor pathway inhibitor«)

1754

34,2

33,9

0,88

RAMSES

α-TNF-Antikörperfragment (Afelimomab)

944 Verum: 224 Plazebo: 222 Kontrollgruppe: 498

54,0

57,7

n.s.

MONARCS

Anti-TNF-AK

35 47,6 (bei hohen IL-6-Werten)

32,3 43,6 (bei hohen IL-6-Werten)

n.s. n.s.

a in der Gruppe ohne begleitende Heparingabe Reduktion der Letalität von 42,7 auf 34,6% (p = 0,05); unter Heparin-Applikation keine Beeinflussung der Letalität; b signifikantes Ergebnis

CARS

rpe ion Hy mat am

infl

An erg ie

SIRS MARS

25

353

Spezielle Krankheitsbilder

TOD durch MOV ⊡ Abb. 25.2. Wechselnder Ablauf von SIRS und CARS

Immunparalyse ist laborchemisch gekennzeichnet durch 1. monozytäre HLA-DR-Expression 10 cmH2O und/oder FIO2 > 0,4

Herz-KreislaufVersagen

normaler Blutdruck ohne vasoaktive Substanzen

Therapie erforderlich, um syst. RR > 100 mmHg zu halten: Volumensubstitution oder Dopamin = 10 µg/kg/min oder Nitroglycerin = 20 µg/kg/min

Phasen arterieller Hypotension mit Blutdruck unter 100 mmHg und/ oder Dopamin > 10 µg/kg/min und/oder Nitroglycerin > 20 µg/kg/min

Nierenversagen

Serumkreatinin < 2 mg/dl

Serumkreatinin = 2 mg/dl

Hämodialyse/Hämofiltration

Leberversagen

SGOT < 25 U/L Bilirubin < 2 mg/dl

SGOT > 25 U/L oder Bilirubin > 2 mg/dl, < 6 mg/dl

SGOT > 50 U/L Bilirubin > 6 mg/dl

Blutgerinnungsstörung

Thrombozyten normal Leukozyten normal

Thrombozyten < 50000 und/oder Leukozyten > 3000 u. < 6000

Hämorrhagische Diathese oder Leukozyten < 2000 oder > 6000

ZNS-Versagen

normale Funktion

eindeutig eingeschränktes Reaktionsvermögen

schwer gestörtes Reaktionsvermögen

Gastrointestinales Versagen

normale Funktion

Cholecystitis und Stressulcus

Stressblutung und Transfusion mit > 2 EK/24 h und/oder nekrot. Enterokolitis und/oder Pankreatitis, und/oder Gallenblasenperforation

Punkte 0–2 je nach Schwere der Organeinschränkung von 7 Organen (max. 14 Punkte)

25

355

Spezielle Krankheitsbilder

MOD-Score nach Marschall

MOD-Score (Multiple Organ Dysfunction Score) nach Marschall, der anhand von 692 Patienten einer chirurgischen Intensivstation ermittelt wor-

den ist → im Gegensatz zum APACHE-Score ist eine tägliche Bestimmung des Score-Wertes zur Verlaufskontrolle möglich!

Punkte Parameter

0

1

2

3

4

paO2/FiO2 Serumkreatinin (µmol/l)

>300

226–300

151–225

76–150

–75

–100

101–200

201–350

351–500

>500

Serumbilirubin (µmol/l)

–20

21–60

61–120

121–240

>240

Puls-Druck-Produkta

–10

10,1–15

15,1–20

20,1–30

>30

Thrombozyten (1000/µl)

>120

81–120

51–80

21–50

80 mmHg

70–80 mmHg

60–70 mmHg

< 60 mmHg

Gefäßverschluss

periphere Äste

Segmentarterien

ein Pulmonalarterienast (>50% der Lungenstrombahn)

Pulmonalarterienhauptstamm oder mehrere Lappenarterien (>66% der Lungenstrombahn)

Diagnostik • Klinik! → nur ca. 30% der Lungenembolien





• • •

werden intravital diagnostiziert! Beachtung von Risikofaktoren: Immobilisation, postoperativ, Raucher/in, positive (Familien)anamnese, bekannte Thrombophilien etc. Blutgasanalyse (ggf. nicht erklärbare Verschlechterung) paO2 ↓ und meist paCO2 ↑, intraoperativ mit Hilfe der Kapnometrie nachweisbare Differenz zwischen petCO2 und paCO2 bei Spontanatmung und nicht ausgeprägter Lungenembolie kann ggf. durch Erhöhung des Atemminutenvolumens infolge zentraler Atemstimulation durch Hypoxämie eine Hypokapnie vorliegen. Eine pulsoxymetrischer Sättigungsabfall (pSO2) 95% die Letalität nur 2% beträgt! erhöhte arteriovenöse Sauerstoffdifferenz (avDO2) und bei erniedrigtem HZV metabolische Azidose abrupter ZVD-Anstieg oder hoher ZVD (>10 mmHg) Leukozytose, D-Dimere ↑, FSP ↑, TAT ↑, verzögerter LDH-Anstieg und Troponin I -Erhöhung (>0,06 µg/l) Ist der D-Dimer-Test normal, dann ist eine Lungenembolie nahezu ausgeschlossen (Sensitivität >98% und Spezifität von >70%)! D-Dimere sind allerdings erhöht bei DIC, Infektionen, Sepsis, Karzinom, postoperativ in den ersten 4 Wochen, nach Trauma, Herzversagen, Nierenversagen, akutem Koronarsyndrom (nur leicht erhöht),

Vorhofflimmern (nicht Vorhofflattern), Aortenaneurysma/-dissektion (deutlich erhöht), Apoplex sowie bei Schwangerschaft und Sichelzellkrise. Ist eine gerinnungshemmende Therapie eingeleitet, ist eine D-Dimer-Bestimmung nach >24 h nicht mehr sinnvoll (meist schon wieder normale D-Dimer-Spiegel)! EKG

Oft zeigen sich nur flüchtige Veränderungen (engmaschige EKG-Kontrollen und Vergleich mit dem Vor-EKG!). 1. Änderung des Lagetyps nach rechts oder SIQIII -Typ (Mc-Ginn-White-Syndrom) 2. ST ↑ in V1-V2, terminal negatives T in III, I 3. Rechtsschenkelblock: kompletter/inkompletter (oberer Umschlagspunkt [OUP] > 0,03 s und QRS-Dauer > 0,12 s) 4. evtl. spitzes P (P pulmonale): p >0,25 mV in II, III, oder aVF bzw. p >0,15 mV in V1, V12) 5. Verschiebung der Übergangszone nach links (S überwiegt bis in V5/6) Thoraxröngten

Nur in 40% der Fälle ergibt sich typisch positiver Befund! → Vergleich mit Voraufnahmen! (⊡ Abb. 26.2) 1. Zwerchfellhochstand auf der Embolieseite und verminderte Exkursion des Zwerchfells 2. basale Verschattung, kleine Pleuraergüsse 3. Zeichen des Lungeninfarkts bei simultaner Linksherzinsuffizienz (Inzidenz: ≤ 10%) → seg-

364

Kapitel 26 · Lungenembolie

(Zeichen des pulmonalen Hypertonus) oder in ca. 10% der Fälle direkter Thrombusnachweis im Pulmonalarterienstamm • pulmonalarterielle Druckmessung → Anstieg des vorher normalen mittleren pulmonalarteriellen Drucks korreliert mit dem Ausmaß der LE:  bei kardiopulmonal gesunden Patienten gilt ein MPAP von 40 mmHg als kurzfristige obere Belastungsgrenze für den rechten Ventrikel Spiral-CT (= CT-Pulmonalisangiographie = CTPA) • Spiral-CT oder durch Gadolinium verstärktes NMR: beide Verfahren → besitzen eine hohe

26

Sensitivität und Spezifität (Nachweis von Embolien bis auf Ebene der Segmentarterien bis zum Durchmesser von 1 mm) → wird zunehmend als Standardverfahren angesehen!

⊡ Abb. 26.2. Radiologische Zeichen bei Lungenembolie [Aus Lorentz A. 1997 Komplikation in der Anästhesie. In. List, Osswald (Hrsg), 3. Aufl. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York, S 598]

4.

5. 6. 7.

mentale Verschattungen, selten die oft beschriebene dreieckförmige Lungenverdichtung Kalibersprung der Gefäße oder »Hilusamputation« in 30% der Fälle, evtl. »Gefäßlücken« oder periphere Aufhellung nach dem Gefäßverschluss (Westermark-Zeichen) Hyperämie der kontralateralen Seite Herzschattenverbreiterung (Dilatation des rechten Ventrikels) Dilatation der V. azygos und der V. cava superior

Echokardiographie • Dilatation des rechten Vorhofs/Ventrikels mit Septumdeviation in den linken Ventrikel wäh-

rend der Systole und reduzierter Kontraktilität, ggf. Darstellung des dilatierten Pulmonalarterienstamms und einer Trikuspidalinsuffizienz

Pulmonalisangiographie Sie gilt als bisheriger »golden standard«: Gefäß-

abbruch, Füllungsdefekte → sehr hohe Sensitivität und Spezifität. Lungenszintigraphie

• primär Durchführung einer Perfusionsszintigraphie mit radioaktiv markiertem Humanalbumin (hohe Sensitivität jedoch geringe Spezifität) und bei nachgewiesenen Defekten eine Ventilationsszintigraphie • Erhärtung der Diagnose durch zusätzlichen sonographischen oder phlebographischen Nachweis einer Thrombose im tiefen Bein-BeckenVenensystem  bei ca. 70% aller Patienten mit LE ist eine tiefe Beinvenenthrombose nachzuweisen!

Sensitivität (%)

Spezifität (%)

Thrombusnachweis

Thrombusausschluss

Vorteile

Nachteile

VentilationPerfusionsSzintigraphie

98

10

sicher

sicher

nichtinvasiv, gute Verfügbarkeit, große Erfahrung

ungeeignet bei Lungenerkrankungen, hoher Anteil nichtdiagn. Befunde

Spiral-CT

53–100

78–100

sicher

umstritten

nichtinvasiv, gute diagnostische Übereinstimmung, Venogramm anschließbar

i.v.-Kontrastgabe, subsegmentale LE wird nicht sicher erfasst

PulmonalisAngiographie

98

97

sicher

sicher

golden standard

invasiv, Komplikatiosrate 5%, Mortalität 0,2–0,5%, i.v.-Kontrastmittel

365

Spezielle Krankheitsbilder

26

Eruierung der Wahrscheinlichkeit einer Lungenembolie anhand von klinischen Kriterien bzw. Anamnese ( Wells-Score 2003) Kriterium

Punkte

Verdacht auf tiefe Beinvenenthrombose

3

Alternative Diagnose ist unwahrscheinlicher als Lungenembolie

3

Herzfrequenz >100/min

1,5

Immobilisation oder Operation in den vorangegangen 4 Wochen

1,5

Frühere tiefe Beinvenenthrombose oder vorausgegangene Lungenembolie

1,5

Hämoptysen

1

Maligne Erkrankungen (vorhanden oder in den letzten 6 Monaten therapiert)

1

Auswertung Punkte

Wahrscheinlichkeit einer akuten tiefen Lungenembolie

0–2

niedrige Wahrscheinlichkeit

3–6

mittlere Wahrscheinlichkeit

>6

hohe Wahrscheinlichkeit

Die Verdachtsdiagnose »tiefe Beinvenenthrombose« als Ausgang einer Thrombembolie kann ebenfalls anhand eines Scores nach Wells erhärtet werden:

Wells-Score zum Nachweis einer tiefen Beinvenenthrombose Kriterium

Punkte

Maligne Erkrankungen (vorhanden oder in den letzten 6 Monaten therapiert)

1

Paralyse, Parese oder Immobilisation der unteren Extremität

1

Bettruhe von >3 Tagen und/oder größere Operation in den letzten 4 Wochen

1

Schmerzen im Bein

1

Schwellung von Unterschenkel und Oberschenkel

1

Umfangsdifferenz der Unterschenkel von >3 cm, gemessen 10 cm unterhalb der Tuberositas tibiae

1

Einseitiges Ödem (nur betroffenes Bein)

1

Dilatierte oberflächliche Venen (keine Varizen), nur im betroffenen Bein

1

Alternative Diagnose wahrscheinlicher als tiefe Beinvenenthrombose

-2

Auswertung Punkte

Wahrscheinlichkeit einer akuten tiefen Beinvenenthrombose

3

hohe Wahrscheinlichkeit

Prävention

Therapie

• • • • •

Therapieziel

Heparingaben s.c. (NMH oder UFH) frühzeitige postoperative Mobilisierung Kompressionsstrümpfe Gabe von Dextranen Normovolämie

• hämodynamische Stabilisierung • Verhinderung eines weiteren appositionellen Thrombuswachstums • Rekanalisierung des verschlossenen Gefäßes • Verhinderung von Re-Embolien

366

Kapitel 26 · Lungenembolie

Allgemeinmaßnahmen

26

• Hochlagerung des Oberkörpers, Immobilisierung mit absoluter Bettruhe, intensivmedizinische Überwachung, vorsichtige Lagerung bei operativer Intervention • O2-Sonde (6–10 l/min) bei Spontanatmung, bei respiratorischer Insuffizienz maschinelle Beatmung mit 100% O2 • Heparin bei fehlender Kontraindikation und LE-Schweregrad I und II (initial 5000–10.000 I.E. als Bolus, dann 800–1200 I.E./h über Perfusor → PTT ≈1,5- bis 2facher Normalwert) → Senkung der Letalität um 25%. Evtl. das zur Therapie der LE zugelassene NMH Tinzaparin (Innohep) in einer Konzentration von 175 Anti Xa-I.E./kg KG 1-mal tgl. s.c.. Bei V. a. HIT II Gabe von Lepirudin (Refludan): initial 0,4 mg anschl., 0,05–0,2 mg/kg/h nach aPTT-Verlängerung (um das 1,5–2,5fache) • Volumengabe (bis 500 ml) zur Erhöhung der rechtsventrikulären Vorlast nur bei niedrigem ZVD und moderater Hypotension • Volumengabe zur Erhöhung der rechtsventrikulären Vorlast • wenn Pulmonalarteriendruck ↑ oder klinisch massiv gestaute Halsvenen:

Nitro-Perfusor (1–6 mg/h; 0,25–1 µg/kg/min) bei ausreichendem arteriellem Blutdruck • bei Hypotension: Kombination mit Noradrenalin (Arterenol) → Verbesserung der rechtsventrikulären Perfusion (= MAP-RVEDP); früher wurde der Einsatz von Dobutamin empfohlen! (soll im Vergleich zu Dopamin oder Noradrenalin zu keinem weiteren pulmonalarteriellem Druckanstieg führen!) • Analgesie (Piritramid oder Pethidin) und Sedierung (Midazolam, Valium) • Akut-Lyse-Therapie mit der Gefahr von relevanten Blutungen (nach Hach-Wunderle in 20–28% der Fälle): in 12% schwere Blutungen, in –2,1% intrazerebrale Blutungen, die zu 50% dann tödlich verlaufen. Insgesamt ist bei 1–2% der Lysepatienten mit letalen Blutungen zurechnen. Absolute Lyse-Kontraindikationen: aktive innere Blutung, kürzlich stattgefundene intrazerebrale Blutungen Relative Lyse-Kontraindikationen: OP in den letzten 10 Tagen, Apoplex innerhalb von 2 Monaten, GI-Blutung in den letzten 10 Tagen, schweres Trauma in den letzten 15 Tagen, art. Hypertonus (syst. >180 mmHg oder diast. >110 mmHg), kürzliche Reanimation, Throm-

Lyseschemata bei Lungenembolie Urokinase Standardlyse nach dem UPET-Protokoll:

Streptokinase Standardlyse

Gewebsplasminogenaktivator (rt-PA) Standardlyse

Bolusinjektion von 4400 IE/kg i.v. über 20 min, anschließend 4400 IE/kg/h i.v. über 12–72 h und i.v.- Heparinisierung mit PTT- Verlängerung um das 1,5- bis 2fache

Bolusinjektion von 1,5 Mio. IE i.v. über 120 min und i.v.-Heparinisierung mit PTT- Verlängerung um das 1,5- bis 2fache

100 mg i.v. über 2 h und im Anschluss i.v.-Heparinisierung mit PTT-Verlängerung um das 1,5- bis 2fache Alternativ: 0,6 mg/kg i.v. über 15 min und im Anschluss i.v.-Heparinisierung (1,5- bis 2fache PTT-Verlängerung)

Früher noch alternativ: Kurzlyse nach Goldhaber: 1 Mio. IE i.v. über 10 min, anschließend 2 Mio. IE bis zum Ablauf der 2. Stunde

UPET urokinase pulmonary embolism trial

Lyse nach dem USPET-Protokoll: primär 250 mg Prednisolon (SoluDecortin) vor der Lyse, Bolusinjektion von 250.000 IE i.v. über 20 min anschl. 100.000 IE/h über 24–72 h (Thrombinzeitverlängerung auf das 2- bis 4fache und Fibrinogenspiegel um ca. 400 mg/ dl) und i.v.-Heparinisierung (1,5- bis 2fache PTT-Verlängerung)

10-mg-Bolus, anschl. 50 mg in der 1. Stunde und 40 mg in der 2. Stunde

367

Spezielle Krankheitsbilder

bozytopenie 2 Jahre, ggf. lebenslang • evtl. Implantation eines Cava-Schirmes (Greenfield- oder Mobin-Uddin-Schirm)  wird neuerdings nicht mehr empfohlen aufgrund hoher Raten an Venenthrombosen und weiteren lebensbedrohlichen Komplikationen im Langzeitverlauf

Luftembolie Definition Meist perlschnurartiges Eindringen von Luftblasen ins venöse System nach Eröffnung von nichtkollabierten Venen (Vv. epiploicae, Vv. diploicae,

26

Vv. emissariae und Sinus matris, Halsvenen und Strumagefäße) bei vorhandenem Druckgradienten zum rechten Herzen.  die dabei aufgenommene Gas/Luftmenge hängt ab vom: – Druckgradienten zwischen rechtem Herzen und Lufteintrittspforte bzw. Volumenstatus des Patienten – Blutflussgeschwindigkeit und Luftblasengröße – Gefäßquerschnitt – Reibungskräfte der Luftblasen an der Gefäßwand

Operationsarten Vorwiegend in der Neurochirurgie bei Operationen in sitzender Position, vereinzelt bei Hals- und Strumaoperationen, bei extrakorporaler Zirkulation und während der Gasinsufflation bei laparoskopischen Eingriffen. Einteilung des Schweregrades einer venösen Luftembolie (nach Matjasko 1985) Grad

Veränderung

1

nur Dopplergeräuschänderung

2

Dopplergeräuschveränderung + zentralvenöse Luftaspiration

3

Symptome wie bei Grad 2 + Abfall des endexspiratorischen CO2-Anteils

4

Symptome wie bei Grad 3 + Hypotension und/oder Arrhythmien

5

Schocksymptomatik und Reanimationspflichtigkeit

Diagnose • dopplersonographischer Nachweis von eingedrungener Luft im rechten Herzen durch Veränderung des Dopplertones (Plazierung der Dopplersonde im 2./3. ICR rechts) → neben der Echokardiographie sensitivste Methode zum Nachweis einer Luftembolie (ab 0,01 ml Luft/kg) • Echokardiographie mit Vierkammerblick (Nachweis auch von paradoxen Embolien; jedoch personal- und kostenintensives Monitoring) • Stethoskopgeräusch (rauhes systolisches Geräusch bis zum Mühlradgeräusch bei größerer

368

26

Kapitel 26 · Lungenembolie

Luftembolie steigernd), Zunahme der Herzfrequenz und paukende Herztöne • deutliche ZVD-Erhöhung bei kontinuierlicher Messung und ggf. Aspiration von Luft über den Katheter → sollte unter Alpha-Kard-Monitoring im Atrium oder an der Übergangszone Atrium/ V. cava superior liegen! • Abfall des endexspiratorischen CO2 (> 0,4 Vol.%) und hahnenkammartige CO2-Kurve in der Kapnometrie (unterschiedlicher CO2-Anteil der aus den verschiedenen Lungenabschnitten stammenden Exspirationsluft) • Blutgasanalyse (s. Thrombembolie)

Prophylaxe • vorsichtige Lagerungsmaßnahmen des Patienten, bei denen sich das Op.-Gebiet oberhalb des Herzniveaus befindet • ggf. PEEP-Beatmung • ausreichender Hydratationszustand → ZVD von 5 bis 10 mmHg anstreben → hierdurch Reduktion des Druckgradienten • bei entsprechendem Risiko keine N2O-Applikation • keine Druckinfusion bei Plastikflaschen

Therapie • manuelle Beatmung mit 100% Sauerstoff mit Valsalva-Manöver • chirurgisches Abdecken oder Spülen des Operationsgebietes mit 0,9% NaCl → Vermeidung eines weiteren Eindringens von Luft • ggf. Jugularvenenkompression durch Chirurgen/ Anästhesisten • Flachlagerung des Patienten bzw. Kopftief- und Linksseitenlagerung • Luftaspiration bei liegendem zentralem Katheter • ggf. hyperbare Sauerstofftherapie → Verkleinerung der Gasblasen und Verbesserung der Herzleistung infolge gesteigerter Oxygenierung (paO2 >2000 mmHg) • medikamentöse Rechtsherzunterstützung (s.  Thrombemboliekapitel) • ggf. kardiopulmonale Reanimation

Fettembolie Inzidenz Die Fettembolie ist sehr selten, vorwiegend bei Polytrauma oder bei jungen Patienten mit Frakturen der langen Röhrenknochen, nach chirurgischer Aushöhlung der Markhöhle, nach kardiopulmonaler Reanimation, hoher externer Fettzufuhr sowie selten bei operativer Absaugung von Fettgewebe.

Klinik Symptome s. auch Thrombembolie • akute Dyspnoe, die auch in ein ARDS münden kann • neurologische Störungen (Einschränkung der Vigilanz bis Somnolenz) • Pleurareiben • nach 12–72 h petechiale Hämorrhagien in der Haut, im Bereich des Gaumens und subkonjunktival • DIC-Symptomatik (Thrombozytensturz!) • Fieber

Diagnose Siehe auch Thrombembolie • BAL: Nachweis von Alveolarmakrophagen mit intrazellulärem Fett (Cut-off point: > 5% der vorhandenen Leukozyten) • erhöhte Blutfette • Fettnachweis im Urin • Augenhintergrundspiegelung (ggf. Nachweis von Cotton-wool-Herde) • Schädel-CT meist unauffällig, während das NMR Schädigungsareale aufweist

Pathophysiologie • Eindringen von Fettpartikeln aus der Markhöhle in die Blutbahn nach Läsion der Blutgefäße • Zurückhaltung von Fettpartikel in den Lungengefäßen → Abbau durch pulmonale Lipasen zu freien Fettsäuren, welche die kleinen Gefäße und die alveolokapilläre Membran schädigen → Freisetzung vasoaktiver Amine und Prostaglandine

Spezielle Krankheitsbilder

• veränderte Lipide im Serum → Zusammenfluss von Chylomikronen zu größeren Fetttröpfchen  Prävention der Fettembolie: Frühosteosynthese, insbesondere bei Frakturen der langen Röhrenknochen!

Therapie Siehe auch Allgemeinmaßnahmen bei Thrombembolie.

Ausgewählte Literatur Anderson DR et al. (2003) Combined use of clinical assessment and d-dimer to improve the management of patients presenting to the emergency department with suspected deep vein thrombosis (the EDITED Study) J Thromb Haemost 1:645– 651 British Thoracic Society (2003) Guidelines for the management of suspected acute pulmonary embolism. Thorax 58:470–483 Brown MD, Lau J, Nelson RD, Kline JA (2003) Turbidimetric D-dimer test in the diagnosis of pulmonary embolism: a metaanalysis. Clin Chem 49:1846–1853 Büchner S, Pfeiffer B, Hachenberg T (2005) Lungenembolie. Anästh Intensivmed 46:9–22 American Collage of Emergency Physicians (2003) Clinical policy: Critical issues in the evaluation and management of adult patients presenting with suspected pulmonary embolism. Ann Emerg Med 41: 257–270 Dempfle CE (2005) Bestimmung des D-Dimer-Antigens in der klinischen Routine. Dtsch Arztebl 102:A 428–432 Hach-Wunderle V (2002) Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und LE. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Angiologie- Gesellschaft für Gefäßmedizin. VASA 31 (Suppl):60 Kline JA, Wells PS (2003) Methodology for a rapid protocol to rule out pulmonary embolism in the emergency department. Ann Emerg Med 42:266–275 Kruip MJ et al. (2003) Diagnostic strategies for excluding pulmonary embolism in clinical outcome studies. A systematic review. Ann Intern Med 138:941–951 Kucher N et al. (2003) Novel management strategy for patients with suspected pulmonary embolism. Eur Heart J 24:366–376 Schoepf UJ, Costello P (2004) CT angiography for diagnosis of pulmonary embolism: state of the art. Radiology 230:329– 337 Torbicki A et al. and the European Society of Cardiology (2000) Task Force Report. Guidelines on diagnosis and management of acute pulmonary embolism. Eur Heart J 21:1301– 1336 Wells PS et al. (2003) Evaluation of D-dimer in the diagnosis of suspected deep-vein thrombosis. N Engl J Med 349:1227– 1235

369

26

27 Pulmonaler Hypertonus (PH) und akute Rechtsherzdekompensation

Pulmonale Hypertonie Physiologie Der Druck in der Arteria pulmonalis bleibt normalerweise weitgehend konstant → Umverteilung eines vermehrten Blutflusses in gering perfundierte apikale Lungenbezirke und aktive Gefäßerweiterung der pulmonalen Strombahn → Steuerung wahrscheinlich über Stickstoffmonoxid (NO) und Prostazyklin (PGI2), die vom Endothel produziert und sezerniert werden.

Definition der MPAP beträgt >20 mmHg in Ruhe und >30 mmHg unter Belastung.

Ätiologie • Dysfunktion des Lungengefäßbettes mit Imbalance zwischen den endothelialen Relaxationsfaktoren (PGI2, EDRF = NO und endothelzellabhängiger Hyperpolarisationsfaktor) einerseits und den Kontraktionsfaktoren (TxA2, Endothelin, Angiotensin II und ein endothelabhängiger Kontraktionsfaktor) andererseits.  Stimulus für NO-Freisetzung sind: – intraluminäre Scherkräfte – Thrombin – Adenosin – Bradykinin • im Endstadium sind massive Umbauvorgänge der kleinen präkapillären Lungenarterien zu finden!

Ursachen des PH Präkapillär

• chronisch-obstruktive Bronchopneumopathien → Peribronchitis → Perivaskulitis → Bindegewebsvermehrung → Einengung der Gefäße • interstitielle Lungenerkrankungen (Lungenfibrose, Sarkoidose, Silikosen, Mukoviszidose) • extrapulmonal bedingte chronische Hypoxämien → Hyperplasie der glatten Gefäßmuskeln (»remodeling«) • angeborene und erworbene Herzfehler (sog. Rezirkulationsvitium mit erhöhter Lungenperfusion z. B. Links/Rechts-Shunt-Vitium, pulmonalvenöse Hypertension) • persistierende pulmonale Hypertension des Neugeborenen (PPHN) • rezidivierende chronische Lungenembolien • Autoimmunerkrankungen (Sklerodermie, CRESTSyndrom) • primäre pulmonale Hypertonie (selten; Inzidenz 2 Fälle pro 1 Mio. Einwohner und Jahr; familiäre Häufung) Kapillär

• schwere COPD mit Alveolarüberblähung • Langzeitbeatmung mit PEEP Postkapillär

Die sekundären pulmonalen Hypertonien entstehen im Rahmen von chronisch erhöhten, kardialen Füllungsdrücken (LA- oder LV-Druck ↑).

372

Kapitel 27 · Pulmonaler Hypertonus (PH) und akute Rechtsherzdekompensation

Klinik rasche Ermüdbarkeit Belastungsdyspnoe Tachykardie Synkopen Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz (Hepatomegalie, Stauungshepatitis etc.) • EKG-Veränderungen mit Zeichen der Rechtsbelastung (ca. 50% der Fälle) • im Thoraxröntgen verstärkte Lungengefäßzeichnung in den oberen Lungenzonen, Kalibersprünge der pulmonalen Gefäße in der Peripherie

• Gabe von Diuretika bei Ödemen und erhöhtem ZVD (Hypervolämie) • evtl. Bosentan, ein selektiver Endothelinrezeptor (NW: Hepatotoxizität) Nicht empfohlen werden: • Betablocker • ACE-Hemmer • Nitrate und Angiotensin-Antagonisten • sowie die generelle Behandlung mit Kalziumantagonisten (evtl. zur Vermeidung von pulmonalen Vasospasmen → Langzeiteffekt jedoch fraglich, vorher unter Monitoring positiven Effekt nachweisen)

Therapie

! Die Therapie der pulmonalen Hypertonie z. B. im

• • • • •

27

• Vermeidung von hypoxischen Bedingungen (Höhenlage, Flugreisen etc.) • körperliche Schonung • Langzeitsauerstoffgabe (24 h) → Senkung der Letalität ! Cave: Möglicher Anstieg des paCO2 unter O2-Gabe

• Vermeidung von Substanzen, die zu einer pulmonalen Vasokonstriktion führen (z. B. Noradrenalin) • frühzeitige antibiotische Therapie bei pulmonalen Infektionen • Prostanoid-Applikation z. B. Prostazyklin (Vernebelung oder intravenöse Gabe; insbesondere bei PPH mit NYHA-Stadium III–IV und Sklerodermie-assoziierte pulmonale Hypertonie) oder Iloprost (6-mal Vernebelung/Tag bzw. intravenöse Gabe); neuerdings auch Gabe von Uniprostgabe, UT-15 subkutan oder Beraprost per os. • Antikoagulation zur Vermeidung von thromboembolischen Komplikationen (Marcumar oder präoperative i.v.-Heparinisierung) • Optimierung der Vorlast des rechten Ventrikels (Vermeidung von Hypovolämien) • ggf. Digitalisierung (vor allem bei SVT) • ggf. Stickstoffmonoxidgabe • evtl. Sildenafil (Viagra), ein Phosphodiesterase5-Hemmer • ggf. zur Druckreduktion invasive Ballonarterioseptostomie • ggf. Adenosingabe • Gabe von L-Arginin bei erniedrigtem Serumspiegel

Rahmen des ARDS führt jedoch zu keiner nachgewiesenen Reduktion der Mortalität!

Akute Rechtsherzdekompensation Definitionen • Rechtsherzdysfunktion: Zunahme der enddiastolischen Füllung und Abnahme der Auswurffraktion bei unverändertem Schlagvolumen (SV = EF× EDV) • Rechtsherzinsuffizienz: Zunahme des enddiastolischen Füllung und Abnahme der Auswurffraktion; zusätzlich Abfall des Schlagvolumens  die akute Kompensationsfähigkeit des nichtadaptierten rechten Ventrikels des Menschen endet bei einem pulmonalarteriellen Mitteldruck von 40 mmHg!

Zeitpunkt des Auftretens Eine Rechtsherzdekompensation zeigt sich meist in der postoperativen oder intensivmedizinischen Phase, bedingt durch akut auftretende Rechtsherzbelastung oder seltener Myokardischämie/Infarkt; wobei nach Infarktgeschehen das Rechtsherzversagen durch eine gute septale Kontraktion kompensiert und bei dessen Fehlen ausgelöst wird (⊡ Abb. 27.1). Bei akut einsetzender Nachlasterhöhung kommt es zur Initiierung eines Circulus vitiosus mit Ausbildung einer Ischämie des rechten Ventrikels und Pumpversagen (⊡ Abb. 27.2).

Eine intrapulmonale Widerstanderhöhung mit Anstieg der rechtskardialen Nachlast kann nach Zwissler et al. durch verschiedene Mechanismen ausgelöst sein (⊡ Abb. 27.3). Nachlast ¤ Kontraktilität Ø Füllungsvolumen ¤ Auswurffraktion Ø

Vorlast ¤

Septale Kontraktion

Frank-Starling-Mechanismus Schlagvolumen ´

d

ie fre

R

27

373

Spezielle Krankheitsbilder

an W V-

Diagnostik EKG

• Nachweis eines rechtsventrikulären Infarkts bei ST-Hebung (>0,1 mV) mit R-Verlust in den Ableitungen V3R und V4R (Sensitivität 83% und Spezifität 77%) • Nachweis einer chronisch pulmonalen Hypertonie: Steil- bis Rechtstyp, SI/SII/SIII-Typ, positiver Sokolow-Index (RV1+SV5=1,05 mV), Rechtsschenkelblock (QRS = 0,11, oberer Umschlagspunkt >0,03 s in V1–V2), konvexbogige ST-Streckensenkung, biphasisches bis präterminal negatives T (V1–V3), P dextroatriale Echo

Kombination aus kleinem, gut kontrahierendem linken Ventrikel und großem, akinetischen rechten Ventrikel und Septumdeviation nach links.

um

pt Se

LV

ZVD-Messung ⊡ Abb. 27.1. Kompensationsmechanismen der akuten Rechtsherzbelastung: die Septumkontraktion

Die Kurven weisen eine hohe V-Welle auf (⊡ Abb. 27.4). Labor/Enzyme

Nachlast ¤ Kontraktilität Ø Dilatation des RV

Kontraktilität Ø

Wandspannung ¤

Schlagvolumen Ø

O2-Verbrauch ¤

Arterieller Druck Ø

RV Ischämie

Perfusionsdruck Ø

⊡ Abb. 27.2. Rechtsventrikuläre Ischämie aufgrund akuter Nachlaständerung

• Nachweis einer Ischämie bzw. eines rechtsventrikulären Infarkts (Troponin T und I, CK/CKMB etc.) • brain natriuretic peptide (BNP): sensibler Parameter für den Nachweis einer chronisch isolierter Rechtsherzinsuffizienz bzw. auch einer Linksherzinsuffizienz mit einem Cut-off-Wert von 90 pg/ml. Korreliert sehr gut mit dem enddiastolischem Durchmesser des rechten Ventrikels. Keine Korrelation mit der Mortalität und der Komplikationsrate.

V-Welle

Vasokonstriktion (Hypoxie, Hyperkapnie)

Thombosen Embolien

16 [mmHg]

Vasokonstriktion (Mediatoren)

EndothelzellSchwellung

Kompression (Ödem, Beatmung)

Gefäßumbau Intimafibrose

⊡ Abb. 27.3. Ursachen der Nachlasterhöhung des rechten Herzens

EKG ZVD-Kurve

8

0 ⊡ Abb. 27.4. ZVD-Kurve bei Rechtsherzdekompensation

374

Kapitel 27 · Pulmonaler Hypertonus (PH) und akute Rechtsherzdekompensation

Therapiekonzepte Volumentest 1. Optimierung der Vorlast durch Volumengabe:

nur Patienten mit niedrigem, nicht jedoch solche mit hohem rechtsventrikulären Füllungsvolumen können auf Volumengabe ihr Schlagvolumen steigern! Zurückhaltende Indikation für Erythrozytenkonzentrate, insbesondere bei Patienten mit Sepsis und/oder ARDS → passagere Erhöhung des pulmonalarteriellen Drucks und damit des rechtsventrikulären O2-Verbrauchs nach Transfusion von 2–4 Erythrozytenkonzentraten!

27

2. Die Senkung des pulmonalarteriellen Drucks (zentrales Therapieprinzip!):

– Sauerstoffgabe – leichte Alkalisierung und evtl. Hypokapnie durch Hyperventilation

3. Medikamententherapie Siehe ⊡ Abb. 27.5. 4. evtl. gerinnungswirksame Antikoagulation mit Heparin i.v. oder Marcumar p.o. normotensiv / RV Vorlast

normotensiv / RV Vorlast ¤

 Volumen  Vasodilatatoren  Inodilatatoren *  evtl. inhaliertes NO, Prostanoide

 Vasodilatatoren  Inodilatatoren *

hypotensiv / RV Vorlast Ø

hypotensiv / RV Vorlast ¤

 Volumen  Noradrenalin  evtl. Adrenalin  evtl. inhaliertes NO, Prostanoide

 Noradrenalin  evtl. Adrenalin

 evtl. inhaliertes NO, Prostanoide

 evtl. inhaliertes NO, Prostanoide

* z.B. Phosphodiesterase-Inhibitoren, Dobutamin, Dopexamin.

⊡ Abb. 27.5. Medikamentöse Therapie bei akuter Rechtsherzdekompensation

Gebräuchliche Medikamente bei Rechtsherzversagen Medikamente

Dosierung

HWZ (min)

0,5–0,8 µg/kg/min 0,5–8 µg/kg/min 0,05–0,4 µg/kg/min 0,5–2 ng/kg/min 1,0–20 ng/kg/min

3,5 2,7 5–10 30 3,0

0,1–20 (–40) ppm 10–20 µg (über 10–15 min) 5–20 ng/kg/min 10–25 ng/kg/min

1 Stunde mit deutlich schlechterer Prognose) • Todesursache: früher die Re-Blutung, heute der Vasospasmus oder die medizinischen Komplikationen

380

Kapitel 29 · Patienten mit Subarachnoidalblutung (SAB)

Klinische SAB-Schweregradeinteilung nach Hunt und Hess (1968) in 5 Stadien Grad I

nur leichte Kopfschmerzen und leichte Nackensteifigkeit

Grad II

mäßige bis schwere Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Hirnnervenlähmung

Grad III

leichte Bewusstseinstrübung, Verwirrtheit oder leichte Herdsymptome

Grad IV

tiefere Bewusstseinsstörung, mäßige bis schwere Hemiparese, vegetative Störungen, auch frühe Dezerebrationszeichen

Grad V

tiefes Koma, Enthirnungsstarre

Monitoring

29

• Standardmonitoring: Pupillenreaktionen, Vigilanzstatus bei nicht intubiertem bzw. sediertem Patient, Glasgow-Coma-Scale (GCS), EKG, kontinuierliche arterielle Druckmessung (Bezugspunkt: Druckaufnehmer auf Höhe des äußeren Gehörganges), BGA, Temperatur, Blutglukose, Elektrolyte, evtl. ZVD • erweitertes Monitoring: – Neurologie: ICP (evtl. Außenableitung bei erhöhten ICP-Werten), CPP, CT, Angiographie, PtiO2, TCD (Flussgeschwindigkeit sollte 70 mmHg, keine Hypovolämie) 3. Reduktion/Vermeidung einer sekundären Hirnschwellung mit Hirndruck 4. Vermeidung bzw. Therapie eines zerebralen Vasospasmus 5. Prävention und Therapie medizinischer Komplikationen Therapeutische Maßnahmen

1. neurochirurgische Ursachenbeseitigung: nach Aneurysmanachweis – Aneurysma-Clipping – radiologische Interventionen (Coiling) 2. Intensivtherapie – Sicherstellung einer adäquaten Oxygenation (paO2 >100 mmHg) durch frühzeitige Intubation und mechanischer, lungenprotektiver Ventilation (VT 6–8 ml/kg KG und evtl. PEEP bis 15 mmHg!) bei Bewusstseinsstörungen und/oder GCS 10%) – mit dem Ziel einen adäquaten zerebrale Perfusionsdruck >70 mmHg aufrecht zu erhalten: bei arterieller Hypotonie mit MAP 110 mmHg → Gabe von α- Blockern oder Beta-

381

Spezielle Krankheitsbilder

blockern (CPP = MAP – ICP → >70 mmHg; Verzicht auf Nitrate und Nifedipin)

18% ↑, zellprotektive Wirkung (intrazelluläres Ca2+↓), NW: pulmonale Shunts mit psO2-Abfall, hoher Alkoholgehalt, Blickrichtungsnystagmus)

! Früher orientierte sich die Therapie am ZVD, heute sollte bei der intensivmedizinischen Therapie frühzeitig ein PiCCO-System gelegt und das ITBV gemessen werden!

• Vermeidung und Therapie des zerebralen Vasospasmus in 30–40% klinisch symptomatischer Vasospasmus mit DIND (deleyed ischemic neurological deficit) • Ausgleich der Hypokaliämie, Hyponatriämie und der Hyperglykämie (nach Reanimation und bedingt durch SIADH mit überschießender ADH-Sekretion sowie aufgrund des cerebral salt wasting syndrome) • notfalls Lagerungsbehandlung [Abwägung zwischen Hirndruckanstieg (ICP↑) mit leichtem Abfall des zerebralen Perfusionsdrucks (CPP↓) und deutlicher Verbesserung der Oxygenierung (PtiO2↑↑)] • Vermeidung einer Anämie (Hkt < 30%) → Erythrozytentransfusion mit Zielhämatokrit von 30–35%

• neurochirurgische Intervention (Drainageanlagen etc.) • frühe enterale Ernährung • Vermeidung bzw. schnelle Therapie einer Hyperthermie • Einhaltung einer Blutglukosehomöostase (BZ 80–110 mg/dl)

29

Ind:

• wache bzw. neurologisch zu beurteilende Patienten: bei neu aufgetretener Klinik oder bei neurologischer Verschlechterung, die unter Triple-H-Therapie (Hypertonie, Hypervolämie und Hämodilution) nach 1 h nicht sistiert ist • neurologisch nicht beurteilbarer Patient: TCD der A. cerebri media mit einem Vmean > 200 cm/s KI:

• Alter >75 LJ • großer Infarkt im abhängigem Versorgungsgebiet • abhängiges unversorgtes Aneurysma Verbesserung der Hämodynamik/Perfusion

• MAP-Erhöhung von 20–30% über der Baseline mittels Noradrenalin oder Dopamin • CO-Optimierung mittels Dobutamin • evtl. intraortale Ballonpumpe bei eingeschränkter kardialer Reserve Gefäßdilatation

• intravenöse Gabe von Magnesium; natürlicher Kalzium- und Glutamatantagonist, Vasodilatator, breites therapeutisches Spektrum, kostengünstig • intravenöses Natriumnitroprussid (50%ige Ansprechrate, 2–8 mg/h)

Therapie des Vasospasmus Angioplastie

Möglichst in den ersten 2 h → besseres Outcome nach Rosenwasser (1999) • chemisch mittels superselektiver, intraarterieller Applikation von Papaverin (kurze, einige Stunden anhaltende Wirkdauer!) • mechanische Dilatation mittels Ballonkatheter (effektiv, Besserung bei 55–70% der Patienten, Prozedur anhaftende Mortalität von 2–5%) • Kombination beider Verfahren: Papaverin – Ballondilatation oder Ballondilatation-PapaverinApplikation • Nimodipin (Nimotop) 2 mg/h über 7–10 Tage (Thrombozytenaggregation ↓, CBF um ca.

Ausgewählte Literatur Barile M (2003) Intravenous magnesium sulfate admission in a patient with refractory vasospasm, following subarachnois hemorrhage. Intensive Care Med 29: 1182–1185 Bein T (2002) ARDS und schweres Schädel-Hirn-Trauma. Anaesthesist 51:552–556 Dorsch N (2002) Therapeutic approaches to vasospasm in subarachnoid hemorrhage. Current Opinion in Critical Care 8:128–133 Edlow JA, Caplan LR (2000) Avoiding pitfalls in the diagnosis of subarachnoid hemorrhage. NEJM 342:29–36 Hop JW et al. (1999) Initial Loss of Consciousness and Risk of Delayed Cerebral Ischemia After Aneurysmal Subarachnoid Hemorrhage. Stroke 30:2268 – 2271 Lang EW et al. (2001) Cerebral autoregulation testing after aneurysmal subarachnoid hemorrhage: The phase relation-

382

Kapitel 29 · Patienten mit Subarachnoidalblutung (SAB)

ship between arterial blood pressure and cerebral blood flow velocity. Crit Care Med 29:158–163 Macmillan CSA, Grant IS, Andrew PJD (2002) Pulmonary and cardiac sequelae of subarachnoid haemorrhage: time for active management? Intensive Care Med 28:1012–1023 Reinprecht A et al. (2003) Prone position in subarachnoid hemorrhage patients with acute respiratory distress syndrome: Effects on cerebral tissue oxygenation and intracranial pressure. Crit Care Med 31:1831–1833 Rosenwasser RH et al. (1999) Therapeutic modalities for the management of cerebral vasospasm. Timing of endovascular options. Neurosurgery 44:975-979; discussion 979–980 Smith WS, Matthay MA (1997) Evidence for a hydrostatic mechanism in human neurogenic pulmonary edema. Chest 111:1326–1333 Solenski NJ et al. (1995) Medical complications of aneurysmal subarachnoid hemorrhage: A report of the multicenter, cooperative aneurysm study. Crit Care Med 23:1007–1017 Van de Berg WM et al. (2003) Hypomagnesemia after aneurysmal subarachnoid hemorrhage. Neurosurgery 52: 276–282

29

30 Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Definition

• weitere Einteilungen:

Das Schädel-Hirn-Trauma beruht auf einer Störung der funktionellen und strukturellen Integrität des Gehirns durch äußere Gewalteinwirkung.

Einteilung • offenes SHT (mit Duraeröffnung und Gefahr der sekundären Meningitis.  Kap. 15): – direkt offenes SHT: durchgehende Verletzung von Kopfschwarte, Schädelknochen und Dura, d. h. direkte Kommunikation des intrakraniellen mit dem extrakraniellen Raum – indirekt offenes SHT: Kommunikation des intra- mit dem extrakraniellen Raum über Eröffnung von Nebenhöhlen (z. B. bei frontobasaler Fraktur) • geschlossenes SHT (Dura intakt) und/oder leichtes SHT (80–90%)

Bewusstlosigkeit und Bewusstseinseintrübung bis zu 1 h, völlige Wiederherstellung (GCS >13–15 Pkt.)

mittelschweres SHT (9–12%)

Bewusstlosigkeit und Bewussseinseintrübung bis zu 24 h (GCS 9–12 Pkt.)

schweres SHT (3–8%)

Bewussßtlosigkeit und Bewusstseinseintrübung > 24 h oder >6 h mit Hirnstammläsion (GCS 3–8 Pkt.)

GCS Glasgow Coma Scale von Teasdale und Jennett (1974), s. Anhang

Grad I (Commotio cerebri)

keine Substanzschäden des Gehirns, kurze Bewusstlosigkeit, neurologische Ausfälle können vorhanden sein, klingen jedoch innerhalb 4 Tage ab

Grad II (leichte Contusio cerebri)

Substanzschäden des Gehirns, Bewusstlosigkeit bis zu 1 h, neurologische Ausfälle können bis zu 3 Wochen nachweisbar sein

Grad III (schwere Contusio cerebri)

Substanzschäden des Gehirns, Bewusstlosigkeit meist Tage bis Wochen, neurologische Ausfälle länger als 3 Wochen und bilden sich nur langsam, teilweise oder nicht zurück

Inzidenz • Schätzungen gehen von 200–300 erwachsene Patienten mit Schädel-Hirn-Traumen aller Schweregrade auf 100.000 Einwohner jährlich aus • das SHT ist die häufigste Todesursache junger Erwachsener in den westlichen Industrienationen (ca. 10.000 Tode/Jahr). Für Kinder wird in den USA eine Inzidenz von 180 Kindern auf 100.000 Einwohner angenommen

Prognose Nach schweren SHT ca. 40% bleibende schwerste Behinderungen. Insgesamt hat sich in den letzten zehn Jahren die Prognose des SHT deutlich verbessert. Dies liegt u. a. an einer Optimierung der Akutbehandlung in der Prähospitalphase (»golden

384

Kapitel 30 · Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

hour of shock«) mit der Prävention von Hypoxämie und arterieller Hypotonie.

• die normale ICP-Kurve zeigt langsame respiratorische und schnelle kardiale Schwankungen ICP-Einteilung:

Pathophysiologie Es liegt eine Störung der zerebralen Gefäßautoregulation und/oder eine Zunahme der intrazerebralen Volumen (Volumenzunahme des Hirnparenchyms infolge Schwellung/Blutung oder des intrazerebralen Blutvolumens) zugrunde.

Diagnostik

30

• Anamnese des Unfallhergangs und der Dauer der Bewusstlosigkeit sowie der primären Neurologie sind für die Einschätzung des Traumas von Bedeutung • Klinik und Neurologie • Röntgen des Schädels in 2 Ebenen • CCT: 1. Überprüfung einer primären Operationsindikation: intrazerebrale Hämatome >30 ml, Mittellinienverlagerung >5 mm extrazerebrale Hämatome >10 mm Schichtdicke 2. Indikationsstellung zur Anlage einer Hirndrucksonde s. unten • biochemische Marker: Protein S-100 (Werte >2,5 µg/l korrelieren mit einem schlechten Outcome (Tod, schwere Behinderung)

ICP [mmHg]

Einteilung

15–19

leicht erhöhter Hirndruck

20–29

deutlich erhöhter Hirndruck

30–39

hochgradig erhöhter Hirndruck

>40

im Regelfall vital bedrohlich

! Bei SHT sollte ein ICP 15 min unter 50% → Desaturationsepsiode, schlechtes neurologisches Outcome! – >75% → hoher CBF nach Trauma, akute Infarzierung und Substanzverlust, Kontamination mit extrakraniellen Blut – Spitze Höhe C2 (Röntgenkontrolle) – primär rechts legen wegen besserem Flow, sonst auf Verletzungsseite – Technik: 4F-Doppellumen-Katheter, retrograde Punktion 5F-Schleuse Oximetrix (Abbott), Edslab (Baxter) unter Annahme eines konstanten VO2 reflektiert der SvjO2 die zerebrale Perfusion – geringe Korrelation! + jugularvenöses Laktat → r = 0,74

30

• CPP-Konzept nach Rosner mit der Annahme einer intakten zerebralen Autoregulation. Ziel ist eine Erhöhung des MAP ggf. mittels Katecholaminen (Noradrenalin und ggf. Dobutamin) und gezielter Flüssigkeitstherapie, sodass der CPP über 70 mmHg beträgt → bei intakter Autoregulation kommt es zu einem Abfall des ICP und somit zur weiteren Verbesserung des CPP (⊡ Abb. 30.1)! • das so genannte Lund-Konzept mit der Annahme einer gestörten Blut-Hirn-Schranke. Ziel ist es, das posttraumatische vasogene Hirnödem durch eine Reduktion des mittleren arteriellen Blutdrucks als treibende Kraft zu limitieren durch – Reduktion des kapillären hydrostatischen Drucks durch Gabe von α2-Agonisten z. B. Clonidin oder/und β1-Rezeptorenblocker z. B. Metoprolol – Reduktion des zerebralen Blutflusses durch Applikation von Dehydroergotamin (DHE) – Stabilisierung kolloidosmotischen Druckes (Albumin >4 g/dl)  das Lund-Konzept ist in Mitteleuropa sehr umstritten! 2. Vermeidung von Vasospasmen

Spezielle Therapiemaßnahmen Präklinische Maßnahmen

Intraparenchymatöse ptiO2

• Clark-Miniaturelektroden 25–30 mmHg • 95% betragen Vor allem Patienten mit einer GCS 70 mmHg sollte eingehalten werden (Grad-EEmpfehlung). Bei Kleinkindern 40–50 mmHg, bei Schulkindern 50–60 mmHg

Zurzeit existieren zwei differente »Therapiephilosophien«:

ICP ¤

CPP Ø

CBV ¤

Vasodilatation

⊡ Abb. 30.1. Zusammenhang der Parameter ICP und CPP

386

Kapitel 30 · Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

Oxygenierung). Nur diskrete Reklination bei der Intubation (Cave: 10% haben begleitende HWS-Verletzungen! Vor Intubation Sicherung der HWS) • normo- oder allenfalls mäßige Hyperventilation • Schockbekämpfung (ausreichend venöse Zugänge legen, adäquate Volumen- und ggf. Katecholamintherapie (Cave: Überwässerung des Patienten!) • Beurteilung der Bewusstseinslage und des Verletzungsmuster und deren Dokumentation Intensivmedizinisch Therapieansätze Basismaßnahmen:

30

• Flüssigkeitstherapie mit isotonen Lösungen (z. B. Ringerlösung, NaCl 0,9%) und Kolloide ! Cave:

Hypotone kristalloide Lösungen wie z. B. Glukose 5%- und Ringer-Laktat-Lösung sollten aufgrund der Gefahr eines Hirnödem vermieden werden.

! Patienten mit SHT und Hypotension haben nach »small volume resusitation« eine doppelt so hohe Überlebenschance

Neurochirurgisch Therapieansätze:

• zerebrale Drainage optimieren: Kopf in Neutralstellung, max. –30° Oberkörperhochlagerung bei stabiler Hämodynamik • adäquate Analgosedierung (möglichst kein Ketamin wegen Beeinflussung der Pupillenmotorik), Vermeiden von Pressen und Husten • Normothermie • Normoglykämie (BZ 80–110 mg/dl) • frühzeitige enterale Ernährung ab dem 2. Tag nach Trauma

• Anlage einer Hirndrucksonde zum invasiven Monitoring • Hämatomausräumung • Anlage einer Liquordrainage zur Kontrolle und Therapie des akuten Hirndrucks (schrittweises Ablassen von 10–20 ml Liquor), Liegedauer der Ventrikelsonde: ca. 1 Woche

Erweitere Maßnahmen:

– Effekt: Anstieg der Plasmaosmolarität Volumenverscheibung von extra- nach intravaskulär – Verbesserung der rheologischen Bluteigenschaften mit Steigerung des hirnvenösen Abflusses sowie autoregulatorische Vasokonstriktion von zerebrovaskulären Widerstandsgefäßen, Entzug von Flüssigkeit und Abnahme des zerebralen Blutvolumens – NW: Hypovolämie aufgrund der osmotischen Diurese mit der Gefahr der art. Hypovolämie und CPP ↓, Rebound-Phänomen bei gestörter Blut-Hirn-Schranke (Zunahme des Hirnödems!), nephrotoxische Wirkung (Tubulusschaden!) • Barbiturate (Grad-C-Empfehlung) – Effekte: primär Reduktion der neuronalen metabolischen Aktivität → reaktive Vasokonstriktion bei direkter Koppelung des CBF an den CMRO2, Reduktion der Lipidperoxidasen, Verbesserung der regionalen Sauerstoffbilanz – NW: MAP ↓, Risiko nosokomialer Infektionen ↑

• ICP-Kontrolle und Therapie bei ICP-Werten >20 mmHg für >5 min 1. Analgosedierung sicherstellen (evtl. Muskelrelaxierung → CMRO2 ↓ → CBF und Hyperkapnie behandeln 2. Liquordrainage 3. Bolusgabe von hochdosiertem Mannitol (Osmofundin 20%) 1,2–1,4 g/kg KG, solange Serumosmolarität 120 mmHg bzw. MAP>80 mmHg und 95% bzw. paO2 >80 mmHg – PCO2: 35 (–40) mmHg → Applikation von Dobutamin und Noradrenalin bei Hypotension adäquaten Volumenstatus

Medikamente und Maßnahmen zur Senkung des Hirndrucks (⊡ Abb. 30.2): • Mannitol (Grad-C-Empfehlung)

30

387

Spezielle Krankheitsbilder

Therapieziele: ICP < 20-25 mm Hg (Grenzwerte je nach Messmethode) [ICP = intrakranieller Druck]

CPP > 70 mm Hg

[CPP = zerebraler Perfusionsdruck (MAP - ICP mittel]

Basistherapie / Basisdiagnostik: • • • • • •

primäres CT Analgo-Sedierung Oberkörper-Hochlagerung (max. 30°) Normokapnie Normothermie normales ‘milieu interne’: Hb, Hk, E’lyte, BZ usw.

Extrazerebrale Ursache?

ICP-Druckaufnehmer anlegen

nein Nach Primär-CT zerebrale Schädigung wahrscheinlich?

ICP > 20-25 mm Hg?

ja

Stufenweise

Reduktion

nein

der ICP-Therapie

(Grenzwerte je nach Messmethode)

mäßige Hyperventilation

ja

PaCO2 = 30 - 35 mmHg

ja CT -Wiederholung erwägen

Mannit

0,3 - 1,5 g/kg Kurzinfusion. max. Serumosmolarität: 320 mosm/l

tiefe Sedierung

(Ausschluss Raumforderung)

(CPP > 70 mm Hg)

Liquordrainage, wenn möglich

ja

ICP > 20-25 mm Hg?

nein

(Grenzwerte je nach Messmethode)

ja Therapieversuche: • • • • •

Barbiturattherapie (EEG-Monitoring) forcierte Hyperventilation ? Ziel: PaCO 2 < 30 mm Hg; Monitoring: Jugularvenen-Oxymetrie oder Hirngewebs-PO2 milde Hypothermie? Trispuffer? Dekompressionstrepanation?

⊡ Abb. 30.2. Klinischer Algorithmus der AWMF zur Hirndrucktherapie

388

Kapitel 30 · Intensivtherapie von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma (SHT)

 Empfehlung nur bei hämodynamischer Stabilität, ansonst MAP ↓ und CPP↓. Zur Prophylaxe und der initialen hirndrucksenkenden Therapie nicht geeignet! • Hyperventilation (Grad-E-Empfehlung) – Effekt: Reduktion des Blutflusses bzw. des intrakraniellen BV durch zerebrale Vasokonstriktion bei Hypokapnie – keine dauerhafte prophylaktische Hyperventilation, da nach SHT bei einem Großteil der Patienten der CBF für einige Tage reduziert ist und durch die Hyperventilation es zu einer weiteren Verschlechterung der Gehirndurchblutung kommt.  Hyperventilation nur bei Verschlechterung der Neurologie (Grad-E-Empfehlung) • Kortikosteroide (Grad-C-Empfehlung) – Effekt: Hemmung von Mediatoren – NW: Hyperglykämien mit Verschlechterung des neurologischen Outcome → kann zurzeit zur Therapie des SHT nicht empfohlen wer-

den! Eine sehr große Studie mit über 10.000 Patienten mit SHT unterschiedlichen Ausmaßes konnte zeigen, dass die innerhalb von 8 h nach Trauma begonnene Hochdosistherapie (2 g über eine Stunde und anschl. 0,4 g/h für 48 h) deletär ist und nicht empfohlen werden kann (MRC-»Crash-Studie« = Corticosteroid- randomisation-after-significant-head-injury-study, 2004) • Milde Hypothermie von 34–36°C durch Oberflächenkühlung (Grad-C-Empfehlung) – Effekt: temperaturabhängige Reduktion des zerebralen Stoffwechsels → Abnahme des CBF des CBV und des ICP, verminderte Freisetzung von exzitatorischem Neurotransmitter – NW: Hemmung der Immunabwehr, Einschränkung der Nierenfunktion, Auslösung kardiovaskulärer Komplikationen, Beeinflussung der plasmatischen und zellulären Gerinnung

30 Evidenzbasierte Bewertung einiger Therapieempfehlungen bei Hirndruck Therapie

Empfehlung

Stufe der Empfehlung

Mannitol zur initial Therapie eines erhöhten ICP

Ja

C

Hochdosisgabe (1,2–1,4 g/kg KG)

Ja

C

Prophylaxe

Nein

C

zur initial Therapie eines erhöhten ICP

Nein

C

zur Senkung eines sonst therapierefraktären ICP

Ja

C

zur routinemäßigen Anwendung

Nein

C

akut bei sonst nicht anders beherrschbaren ICP-Anstieg mit neurologischer Verschlechterung

Ja

E

Barbiturate

Hyperventilation

Kortikosteroide Prophylaxe

Nein

C

zur Behandlung

Nein

C

zur routinemäßigen Anwendung

Nein

C

Höchstgrenze des ICP 70 mmHg

Ja

E

Hypothermie

389

Spezielle Krankheitsbilder

! Nur bei therapierefraktären Hirndruckkrisen bietet sich die milde Hypothermie (33–34 °C) als Therapieoption an! Von einer fortgeführten Hypothermie könnten gerade jüngere Patienten (30 min) sollte zur Vermeidung einer Langzeitschädigung nicht auftreten!

Bei Kindern unterscheidet man außerdem Epilepsien und Anfälle, die im Rahmen einer akuten Erkrankung auftreten.

Vor-Ort-Therapie

Ursachen • bei Kindern – Fieberkrampf – Hypoglykämie oder Elektrolytstörung (Na+, Ca2+) – Meningitis, Enzephalitis (viral-bakteriell), Hirnabszess – Schädel-Hirn-Trauma – genuine Epilepsie – Intoxikation – »battered child« – Hirnblutung (Vit.-K-Prophylaxe, AV-Malformation) • bei Erwachsenen – primäre bzw. genuine Epilepsie – posttraumatische Epilepsie – Alkoholentzug – Intoxikation – medikamentös, z. B. unter Imipenem-Therapie

1. Diazepam. (Valium) 0,5 mg/kg KG rektal als 5oder 10-mg-Rektiole für Kleinkinder 2. Lorazepam (Tavor expidet) 0,1 mg/kg KG bukkal als 1- oder 2-mg-Plättchen 3. Midazolam (Dormicum) 0,5 mg/kg nasal oder bukkal Klinisch intravenöse Therapie

1. Diazepam 0,2–0,5 mg/kg KG i.v. 2. Lorazepam (Tavor) 0,1 mg/kg KG i.v. 3. Clonazepam (Rivotril) 0,02–0,05 mg/kg KG als 1:1 mit Aqua verdünnt (1 Amp. = 1 mg = 2 ml) langsam i.v. d. h. Säuglinge bis 1/2 Amp., Kleinkinder bis 1 Amp. und Schulkinder bis 2 Amp. ! Notfalls kann Diazepam oder Lorazepam auch intraossär injiziert werden!

Intensivmedizinische Therapie bei zerebralem Krampfanfall

• Phenobarbital (Luminal, 1 Amp. = 1 ml = 200 mg), Säuglinge 10–15 mg/kg KG = -1/2 Amp., Klein-/ Schulkinder 5–10 mg/kg = –1 Amp.

392

Kapitel 31 · Therapie zerebraler Krampfanfälle

• Phenytoin (Epanutin,Phenhydan): initial 20–25 mg/kg KG i.v. als Kurzinfusion, anschl. ab 2. Tag 15–20 mg/kg KG und ab 3. Tag 10 mg/kg KG (max. ED 500 mg) Geschwindigkeit: 1–3 mg/kg/min Blutspiegelbestimmung am 2. Tag (Ziel: 20–25 µg/ml) Alternativ: • Valproinat (Orfiril-Injektionslösung, 1 Amp. = 3 ml = 300 mg): initial 15 mg/kg KG/h als Bolus, anschl. Erhaltungsdosis 6 mg/kg KG/h, zur Prophylaxe 1,5–3 mg/kg KG/h; KI: Leberfunktionsstörung • Midazolam 0,1–0,2 mg/kg KG i.v. • evtl. Propofol 2–5 mg/kg KG i.v. (?) • evtl. Lidocain 1–2 mg/kg KG i.v. (?)

Ausgewählte Literatur Matthes A, Schneble H (1992) Epilepsien – Diagnostik und Therapie für Klinik und Praxis. Thieme, Stuttgart New York Stöhr M, Brandt Th, Einhäupl KM (1998) Neurologische Syndrome in der Intensivmedizin. 3. Aufl. Kohlhammer, Stuttgart

31

32 Herzinsuffizienz

Definition

Mortalität

Pathophysiologisch ist die Herzinsuffizienz definiert als das Unvermögen des Herzens, bei normalen Füllungsdrücken die Körperperipherie ausreichend mit Blut – Sauerstoff und Substraten – zu versorgen, um den Gewebestoffwechsel in Ruhe oder bei Belastung sicherzustellen.

• fortschreitendes kardiales Pumpversagen (Herztod mit vorausgehender symptomatischer oder hämodynamischer Verschlechterung) • plötzlicher Herztod (Herztod innerhalb einer Stunde nach kardiovaskulärem Kollaps bei vorher stabilem Patienten)

Epidemiologie

Ätiologie und Pathophysiologie

• eine der häufigsten internistischen Erkrankungen weltweit mit einer deutlichen altersabhängigen Prävalenz und Inzidenz • ca. 1% der westlichen Bevölkerung leidet an chronischer Herzinsuffizienz • Neuerkrankungen: ca. 2 bis 12/1000 und Jahr • deutliche Altersabhängigkeit: – 45- bis 55-Jährige: >1% – 65- bis 75-Jährige: 2–5% – über 80-Jährige: ca. 10% • Risikofaktoren: Hypertonie und Myokardinfarkt, die ca. 75% des populationsbezogenen Herzinsuffizienzrisikos ausmachen  5% der gesamten Krankenhausaufnahmen und der Bettenbelegung erfolgen wegen Herzinsuffizienz; 2% des gesamten Krankenhausbudgets werden zur Behandlung des herzinsuffizienten Patienten aufgebracht (n. Cowie et al. 1997)

• primäre Einschränkung der kardialen Pumpleistung aufgrund verschiedener Ursachen • neurohumorale Anpassungsvorgänge – wie die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, des sympathischen Nervensystems, verschiedener Zytokine, vasoaktiver Substanzen → periphere Vasokonstriktion, erhöhte myokardiale Inotropie und Chronotropie sowie eine Zunahme des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens mit erhöhter enddiastolischer Vordehnung des Herzens (Frank-Starling-Mechanismus) – ansteigende Kapillardrücke mit der Konsequenz pulmonaler Stauung und peripherer Ödeme, zunehmende Herzbelastung (afterload) durch erhöhten peripheren Widerstand, Arrhythmieneigung, Verschlechterung der koronaren Ischämie durch Katecholamineffekte auf Kontraktilität und Herzfrequenz – Förderung des Zelltodes von Myozyten durch Angiotensin II und Katecholamine sowie pathologischen Umbau (remodeling) des Myokards

394

Kapitel 32 · Herzinsuffizienz

Ursachen der Herzinsuffizienz Pathophysiologie

Ursache

systolische Ventrikelfunktionsstörung

ischämische Kardiomyopathie (akute Ischämie, akuter Infarkt Papillarmuskelruptur mit Mitralklappeninsuffizienz dilative Kardiomyopathie hypertrophisch-obstruktive Kardiomyopathie toxisch-metabolische Kardiomyopathie (Alkohol, Doxorubicin und andere mehr) Myokarditis und Endokarditis hypertensive Herzerkrankung/arterielle Hypertonie Herzklappenerkrankung Shuntvitien/Ventrikelseptumruptur mit L-R-Shunt andere Kardiomyopathien, wie idiopathische, Non-Compaction, HIV

diastolische Ventrikelfunktionsstörung

Perikarderkrankungen (Pericarditis constrictiva) ischämisch bedingte diastolische Relaxationsstörung

Herzrhythmusstörungen

rhythmogene Herzinsuffizienz (Tachyarrhythmie, Bradykardie)

Einteilung der Herzinsuffizienz

32

1. funktionelle Klassifikation der Herzinsuffizienz nach NYHA-Stadien I Herzerkrankung ohne Symptomatik II Herzerkrankung mit Beschwerden bei stärkerer Alltagsbelastung III Herzerkrankung mit Beschwerden bei leichter Alltagsbelastung IV Herzerkrankung mit Beschwerden bereits in Ruhe 2. Stadieneinteilung der Herzinsuffizienz nach der ACC/AHA 2001 in vier Stadien A–D A Patienten mit Risikokonstellation für spätere Herzinsuffizienz; keine erkennbaren strukturellen oder funktionellen Abnormalitäten; keine Herzinsuffizienzzeichen Beispiele: arterielle Hypertonie, koronare Herzerkrankung, Diabetes mellitus, kardiotoxische Substanzen oder Alkoholabusus, rheumatisches Fieber, familiäre Disposition B Patienten mit struktureller Herzerkrankung, aber ohne Herzinsuffizienzsymptomatik Beispiele: linksventrikuläre Hypertrophie oder -fibrose, linksventrikuläre Dilatation oder Hypokontraktibilität, asymptomatischer Herzklappenfehler, früherer Myokardinfarkt C Patienten mit aktueller oder früherer Herzinsuffizienzsymptomatik mit struktureller Herzerkrankung

Beispiele: Dyspnoe, Erschöpfung bei systolischer Dysfunktion; asymptomatischer Patient unter Herzinsuffizienztherapie D Patienten mit fortgeschrittener struktureller Herzerkrankung und mit deutlicher Herzinsuffizienzsymptomatik in Ruhe trotz maximaler medikamentöser Therapie Beispiele: gehäufte Hospitalisierung, Indikation zur Herztransplantation, »Bridging« beziehungsweise »assist devices«; präfinale Konstellation

Klinik Linksherzinsuffizienz

Belastungs- und Ruhedyspnoe, Tachypnoe >20/min, Orthopnoe, paroxysmale nächtliche Dyspnoe, Husten evtl. blutig tangiert Müdigkeit und Schwäche lateralisierter Herzspitzenstoß Jugularvenenstauung (in 80% d. Fälle) Beinödeme art. Hypotonie, evtl. kalte blasse Haut Herzton (150 ms nach dem 2. Herzton links apikal in Linksseitenlage) auskultatorische feuchte RGs bei Lungenstauung

Rechtsherzinsuffizienz

Stauungsgastritis (Appetitlosigkeit) Leberstauung mit Oberbauchschmerzen, evtl. Transaminasenerhöhung, Jugularvenenstauung, Aszites, Anasarka HARZER-Zeichen = rechter Ventrikel im Epigastrium, sowie links parasternal tastbar

32

395

Spezielle Krankheitsbilder

Diagnostik

Therapie

! Voraussetzung einer kausalen Behandlung der

Therapieziele sind, die Beschwerden und damit die Lebensqualität des Patienten zu verbessern, die Herzfunktionsstörung zu mildern und die Letalität zu senken oder zumindest ein Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten!

Herzinsuffizienz ist die exakte Diagnose der zugrunde liegenden Herzkrankheit und die anschließende gezielte Therapie. • Anamnese: Belastbarkeit, Nykturie, Dysbeziehungsweise Orthopnoe, Leistungsabnahme • körperlicher Untersuchungsbefund: Ödeme, pulmonale Stauung, Hepatomegalie, Aszites, Tachykardie • Laboruntersuchungen: Blutbild, Kreatinin, Elektrolyte, brain natriuretic peptide (BNP), ein sensibler Parameter für den Nachweis einer chronisch isolierter Rechts- und Linksherzinsuffizienz • 12-Kanal-EKG mit eine Verbreiterung des QRSKomplexes auf mehr als 130 ms (in 50% der Fälle; mit schlechterer Prognose verbunden) • Röntgenthorax • transthorakale Echokardiographie: Einschätzung der LVF, Nachweis von systolischen Pumpfunktionsstörungen, diastolischen Relaxationsoder Compliancestörungen oder hämodynamisch relevanten Vitien • Koronarangiographie bei Verdacht auf koronare Herzerkrankung

Allgemeine Maßnahmen • Gewichtsnormalisierung, Flüssigkeitsrestriktion (12

Lisinopril

1-mal 2,5

1-mal 35

60

2–4

18–30

>24

Enalapril

2-mal 2,5

2-mal 10

60–120

4–8

18–30

>24

Ramipril

2-mal 1,25

2-mal 5

30–60

3–8

24–60

>24

Trandolapril

1-mal 1

1-mal 4

397

Spezielle Krankheitsbilder

Herzglykoside

Indiziert bei Patienten mit Herzinsuffizienz und tachyarrhythmischem Vorhofflimmern zur Frequenzkontrolle sowie zur symptomatischen Therapie bei Sinusrhythmus.

• • • •

32

Ausnahme: tachyarrhythmisches Vorhofflimmern Thiazolidinedione Metformin Cilostazol Digitalispräparate bei Frauen

KI:

höhergradige AV-Blockierungen, Bradykardie, Hypo-/Hyperkaliämie, Hyperkalzämie, Präexzitationssyndrome, höhergradige Aortenstenosen, hypertrophischobstruktive Kardiomyopathie, Carotis-SinusSyndrom ! Digoxin sollte allerdings nur Männern verordnet werden, da Frauen eine höhere Mortalität aufweisen! Die Serumdigoxin-Konzentration sollte niedrig sein und Werte zwischen 0,5 bis 0,8 ng/ml annehmen!

Kombinationsbehandlung mit Hydralazin (Zieldosis 300 mg pro Tag) und Isosorbiddinitrat (160 mg pro Tag) zusätzlich zu einer

Diuretika- und Digitalismedikation Ind:

• bei Unverträglichkeit beziehungsweise Kontraindikation zu ACE-Hemmern/AT1-Blockern  verminderte ebenfalls Letalität und Symptomatik bei systolischer Herzinsuffizienz, jedoch geringer als bei ACE-Hemmergabe! Systemische Antikoagulation

Bei Herzinsuffizienz in Kombination mit Vorhofflimmern/-flattern, bei dokumentierten intrakavitären Thromben und nach systemischen oder pulmonalen Embolien. ! Cave:

Bei Herzinsuffizienz sind folgende Substanzen zu vermeiden: • Antiarrhythmika der Klasse I und III mit Ausnahme des Präparates Amiodaron, • nichtsteroidale Antiphlogistika, • Kalziumantagonisten (bekannte negativ-inotrope Wirkung kann zu einer Verstärkung der Herzinsuffizienz und zu einer Zunahme der Mortalität von Patienten mit eingeschränkter systolischer Ventrikelfunktion führen)

Zukünftige, medikamentöse Therapiekonzepte • Endothelin-Antagonismus aufgrund eines En-

dothelin-Rezeptor-Antagonismus oder über die Inhibition des Endothelin-Converting-Enzyme oder auch indirekt via Angiotensin-II-Inhibition → periphere Gefäßdilatation, Anstieg von Herzrate und Schlagindex • Moxonidin (Cynt), ein Imidazolin-RezeptorAgonist → zentrale Sympathikolyse (Clonidin ähnlicher Effekt) • Tedisamil führt dosisabhängig zu einer Blockierung spannungsabhängiger Kaliumkanäle (Kalium-Kanal-Blocker) und damit über eine Verlängerung der Aktionspotentialdauer zu einer Senkung der Herzfrequenz → MVO2-Reduktion via Senkung der Herzrate und Verlängerung der koronarwirksamen Diastolendauer • Nesiritid (Noratak): synthetisches BNP zur Akutbehandlung; WM: venöse und art. Vasodilatation, leicht diuretisch, SVR ↓, Wedge ↓; Wirkbeginn: 15 min, HWZ: 18 min; Dosis: 2 µg/kg KG Bolus, anschl. 0,01 µg/kg KG/min

Nichtmedikamentöse, interventionelle oder chirurgische Therapie • Koronarrevaskularisationen mittels PTCA und Stentimplantation bei KHK • »kardiale Resynchronisationstherapie« bzw. Rekoordinierung des asynchronen Kontraktionsablaufs der Ventrikel mittels neu entwickelte, mikroprozessorgesteuerte Schrittmacher und speziellen Führungskathetersystemen über die eine transvenöse Sondierung des Koronarsinus und Positionierung der linksventrikuläre Stimulationselektrode in einer lateralen oder posterolateralen Koronarvene einen koordinierten Stimulationsprozess möglich ist.  die MUSTIC-Studie (Multisite Stimulation in Cardiomyopathies), die PATH-CHF-Studie (Pacing Therapy in Congestive Heart Failure) und

398

32

Kapitel 32 · Herzinsuffizienz

die MIRACLE-Studie (Multicenter InSync Randomized Clinical Evaluation) zeigten eine signifikante Verbesserung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit • Ind.: medikamentös refraktärer Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen III bis IV, idiopathische oder ischämische Kardiomyopathie, Linksschenkelblock mit QRS-Komplex >150 ms, erhaltener Sinusrhythmus, linksventrikulärer enddiastolischer Durchmesser >55 mm und einer Ejektionsfraktion 30% bei Patienten mit reduzierter Ventrikelfunktion und Zustand nach Reanimation bei Kammerflimmern oder schnellen, hämodynamisch wirksamen ventrikulären Tachykardien im Vergleich zur medikamentösen Therapie mit Amiodaron! • chirurgische Therapie: – Klappenersatz-OP, ACVB-OP – orthotope Herztransplantation bei schwerer, therapieresistenter Herzinsuffizienz und einer Lebenserwartung von voraussichtlich weniger als zwei Jahren; die 5-Jahres-Überlebensrate nach Herztransplantation liegen bei 70–80% und die 10-Jahres-Überlebensrate bei >50% – selten Assist-device-Implantationen als Kurzzeitsysteme mit dem Ziel der (partiellen) Myokarderholung (»bridge to recovery«), als Langzeitsysteme als überbrückende Maßnahme bis zur Transplantation (»bridge to transplant«) oder als Dauerunterstützungssysteme bei terminaler Herzinsuffizienz (»destination therapy«). Meist univentrikuläre Linksherzunterstützungssysteme (LVAD) wie z. B. das Novacoroder Berlin Heart Incor I-System – selten Reduktionsventrikuloplastie nach Batista mit Verkleinerung des linken Ventrikel oder – dynamische Kardiomyoplastie mit muskulärer Umschlingen der beiden Herzkammern mit Lattissimus dorsi-Muskulatur, welche

von einem speziellen Schrittmacher stimuliert wird oder passive Kardiomyoplastie bei der die linksventrikuläre Dilatation durch ein über das Herz gezogenes, echokardiographisch angepasstes, elastisches Polyesternetz begrenzt wird. Unterstützende Maßnahmen: – intraaortale Ballongegenpulsation (IABP): herzzyklussynchrone Inflation eines über die A. femoralis communis in die Aorta descendens eingebrachten Ballonkatheter in der Diastole und präsystolische Deflation → Anhebung des Perfusionsdruckes in der Diastole, Nachlastreduktion während der Systole und Reduktion des myokardialen Sauerstoffverbrauchs (⊡ Abb. 32.1) NW: Gefahr der Extremitätenischämie, keine aktive Volumenentlastung des linken Ventrikels, nur wenige Tage einsetzbar, Immobilisierung des Patienten, erhöhter pflegerischer Aufwand, nicht anwendbar bei bekannten Aortenaneuryma oder Heparin induzierter Thrombozytopathie Typ II – Hämofiltration oder evtl. Hämodialyse mit Negativbilanzierung bei Hypervolämie oder chronischer Niereninsuffizienz

⊡ Abb. 32.1. Korrekte Lage und Funktionsweise der IABP

Spezielle Krankheitsbilder

Therapie der akuten Herzinsuffizienz • positiv inotrope Substanzen wie z. B. die Katecholamine Dobutamin (4–15 µg/kg KG/min) oder Adrenalin (0,1–0,5 (–1,0) µg/kg KG/min) • Vorlastsenker wie z. B. die Isosorbitdi- oder -trinitrate (1–5 mg/h) • neuerdings der erste Kalzium-Sensitizer Levosimendan (Simdax) in einer Dosierung von 0,1–0,3 µg/kg/min mit dem Vorteil den Sauerstoffverbrauch des Herzens nicht weiter zu erhöhen, keine Arrhythmien oder Tachykardien auszulösen (s. auch  Kap. 3) • unterstützende Maßnahmen (s. oben)

Ausgewählte Literatur Abraham WT, Fisher WG, Smith AL et al., for the MIRACLE Study Group (2002) Cardiac resynchronization in chronic heart failure. N Engl J Med 346:1845–1853 Anand IS, Fisher LD, Chiang YT et al., for the Val-HeFT Investigators (2003) Changes in brain natriuretic peptide and norepinephrine over time and mortality and morbidity in the Valsartan Heart Failure Trial (Val-HeFT). Circulation 107:1278–1283 Auricchio A et al. (1999) Effect of pacing chamber and atrioventricular delay on acute systolic function of paced patients with congestive heart failure. The Pacing Therapies for Congestive heart failure Study Group. Circulation 99:2993–3001 Bristow MR, Saxon LA, Boehmer J et al., for the Comparison of Medical Therapy, Pacing, and Defibrillation in Heart Failure (COMPANION) Investigators (2004) Cardiac-resynchronization therapy with or without an implantable defibrillator in advanced chronic heart failure. N Engl J Med 350: 2140–2150 Cazeau S, Leclercq C, Lavergne T et al. (2001) Multisite Stimulation in Cardiomyopathies (MUSTIC) Study Investigators. Effects of multisite biventricular pacing in patients with heart failure and intraventricular conduction delay. N Engl J Med 344:873–880 Cohn JN, Tognoni GA, for the Valsartan Heart Failure Trial Investigators (2001) A randomized trial of the angiotensinreceptor blocker valsartan in chronic heart failure. N Engl J Med 346:1667–1675 Cowie MR, Mosterd A, Wood DA, Deckers JW, Poole-Wilson PA, Suuton GC, Grobbee DE (1997) The epidemiology of heart failure. Eur Heart J 18:208–225 Garg R, Yusuf S, for the Collaborative Group on ACE Inhibitor Trials (1995) Overview of randomized trials of angiotensin-converting enzyme inhibitors on mortality and morbidity in patients with heart failure. JAMA 273:1450–1456 Granger CB, McMurray JJ, Yusuf S et al. (2003) Effects of candesartan in patients with chronic heart failure and reduced left-ventricular systolic function intolerant to

399

32

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400

32

Kapitel 32 · Herzinsuffizienz

Schmid FX, Hengstenberg C, Völkel S, Birnbaum D (2004) Chirurgische Therapieoptionen bei schwerer Herzinsuffizienz. Dtsch Arztebl 101:A 429–435 Task Force on Heart Failure of the European Society of Cardiology (2001) Guidelines for the diagnosis and treatment of heart failure. Eur Heart J 22:1527–1460 Schwinger RHG (2002) Therapie der Herzinsuffizienz mit ß-Rezeptorenblockern. Dtsch Med Wochenschr 127:682–688 The Antiarrhythmics Versus Implantable defibrillators (AVID) investigators (1997) A comparison of antiarrhythmic drug therapy with implantable defibrillators in patients resuscitated from near-fatal ventricular arrhythmias. N Engl J Med 337:1576–1583 Packer M, Abraham WT (2001) Effect of cardiac resynchronisation on a composite clinical status endpoint in patients with chronic heart failure: results of the MIRACLE trial. Circulation 104:1995 Pitt B, Poole-Wilson PA, Segal R et al. (2000) Effect of losartan compared with captopril on mortality in patients with symptomatic heart failure: Randomized trial – the Losartan Heart Failure Survival Study ELITE II. Lancet 355:1582–1587 Pitt B, Remme WJ, Zannad F, for the Eplerenone Post-Acute Myocardial Infarction Heart Failure Efficacy and Survival Study Investigators (2003) Eplerenone, a selective aldosterone blocker, in patients with left-ventricular dysfunction after myocardial infarction. N Engl J Med 348:1309– 1321 Poole-Wilson PA, Swedberg K, Cleland JG et al. (2003) Comparison of carvedilol and metoprolol on clinical outcomes in patients with chronic heart failure in the Carvedilol Or Metoprolol European Trial (COMET): randomized controlled trial. Lancet 362:7–13

33 Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders

Historie

Hirntoddiagnostik bei Erwachsenen

Morallet und Gaulon beschrieben erstmals beatmete Patienten, die nach persistierendem tiefem Koma einen Verlust aller neurologischen Funktionen und der Spontanatmung hatten. Sie bezeichneten diesen Zustand als coma depassé um hervorzuheben, dass die zugrunde liegende neurologische Schädigung über den Zustand des Komas hinausgeht.

Klinik des Hirntods

Definition Hirntod Der Hirntod wird definiert als »Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstammes«. Dabei wird die Herz- und Kreislauffunktion durch kontrollierte Beatmung und entsprechende Kreislauftherapie noch künstlich aufrechterhalten«. • Voraussetzung zur Feststellung des Hirntodes: Nachweis einer schweren primären (Trauma, Blutung) oder sekundären Hirnschädigung (Sauerstoffmangel des Gehirns als Folge von Intoxikation, Reanimation nach Herzinfarkt) • Durchführendes Team: zwei unabhängige Ärzte, die nicht dem Transplantationsteam angehören dürfen und die gemäß den »Richtlinien zum Inhalt der Weiterbildung« über eine mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schweren Hirnschädigungen verfügen müssen bzw. aus den Bereichen Neurochirurgie, Anästhesie oder Neurologie kommen

• Nachweis erloschener Hirnfunktionen (Koma, Areflexie, fehlender Atemantrieb) • Ausschluss folgender Faktoren: – Schockzustand, Unterkühlung, Intoxikation, Medikamentenüberhang oder Muskelrelaxation, Stoffwechselentgleisungen • spezieller Nachweis von neurologischen Defiziten: – fehlende Reaktion der Pupillen auf Lichteinfall – Ausfall des okulozephalen Reflexes (»Puppenkopfphänomen«) – Verlust des Kornealreflexes – fehlende Reaktion von starken Schmerzreizen im Gesichtsbereich (Nervus trigeminus) → bei tief komatösen (aber nicht hirntoten) Patienten führen solche Schmerzreize zu erkennbaren Muskelzuckungen und unspezifischen Reaktionen – Ausbleiben des Würge- und Hustenreflexes z. B. unter endotrachealem Absaugen – pathologischer »Apnoetest« • Apnoetest: primär Beatmung mit reinem Sauerstoff, anschl. Reduktion der maschinellen Beatmung (Senkung von Atemfrequenz und/oder Tidalvolumen) und Induktion einer Hyperkapnie infolge Hypoventilation. Nachweis eines Anstiegs des arteriellen Kohlendioxidpartialdruckes auf mehr als 60 mmHg durch arterielle BGA; Dokumentation eines fehlenden Atemantriebs (sowohl klinisch anhand fehlender Thoraxbewegungen als auch beatmungstechnisch anhand

402

Kapitel 33 · Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders

fehlender Triggerung von Atembemühungen am Respirator) • Wiederholung der klinischen Untersuchung zum Nachweis der Irreversibilität der Hirnschädigung nach 12 h bei primärer Hirnschädigung und nach mindestens drei Tagen nach sekundärer Hirnschädigung • alternativ kann die 2. Untersuchung durch apparative Zusatzuntersuchung ersetzt werden: – Feststellung nicht vorhandener hirnelektrischer Aktivität mittels »Nulllinien-EEG« – Verlust von evoziertem Potential z. B. erloschene akustisch-evozierter Potenziale (AEP) – Hirnperfusionsszintigraphie oder transkranielle Dopplersonographie zum Nachweis des zerebralen Zirkulationsstillstandes

• • • •

– kontinuierliche Katecholamintherapie z. B. Noradrenalin 0,1–1 µg/kg/min – Desmopressin 2–4 µg alle 4–8 h – Hydrocortison 10 mg/h bei Hyperglykämie: Insulin-Perfusor nach Blutzuckerwert 2–6 IE Insulin/h bei Hypokaliämie: Substitution mittels KCI-Infusion nach Serumwert bei Hypernatriämie: Furosemid (20 mg) + Substitution mittels Glucose-5%-Lösungen bei Hypothermie: externe Wärmung mittels Gebläse oder Wärmedecken

Primäre (direkte) oder sekundäre (indirekte) Hirnschädigung

! Eine zerebrale Angiographie wird nicht mehr empfohlen! Für Kinder unter 2 Jahren gelten besondere Algorithmen für die Hirntoddiagnostik! Als Todeszeitpunkt wird in Deutschland und in der Schweiz der Zeitpunkt registriert, zu der die Diagnose und Dokumentation des Hirntodes abgeschlossen ist. Das Protokoll zur Hirntoddiagnose gilt auch als Todesbescheinigung. In Österreich ist der hirntote Spender erst mit Eintritt des Herz-Kreislauf-Stillstands tot (⊡ Abb. 33.1, s. auch ⊡ Abb. 33.2).

Koma, Areflexie, fehlender Atemantrieb

Ausschluss von Intoxikation, Hypothermie, Schock

Klinische Untersuchung durch zwei erfahrene Ärzte

Pupillenreaktion

33

Therapie des Organspenders 70–80% aller Hirntoten versterben innerhalb von 3–5 Tagen an Multiorganversagen und Herz-Kreislauf-Stillstand. Die Therapie des Organspenders beginnt zum Zeitpunkt der Annahme eines vorliegenden Hirntodes und nicht erst nach abgeschlossener Hirntoddiagnostik, da eine frühzeitige hämodynamische Stabilisierung und Korrektur von Imbalanzen im Elektrolyt-, Glukose- oder SäureBasen-Stoffwechsel die spätere Transplantatfunktion des Empfängers erheblich beeinflusst!

Protokollierung

Wiederholung (12-72 h) oder Apparative Untersuchung

Okulozephaler Reflex

Hornhautreflex

Schmerzreaktionen (Trigeminus)

Würge-/Hustenreflex

Organerhaltende Maßnahmen • bei Kreislaufinstabilität, Hypotension oder Hypovolämie: – großzügige Infusion kristalloider und kolloider Lösungen, z. B. 2500 ml Vollelektrolytlösung plus 1500 ml Hydroxyethylstärke über 24 h

Ausfall der Spontanatmung

⊡ Abb. 33.1. Algorithmus zur Hirntodbestimmung

33

403

Spezielle Krankheitsbilder

Protokoll zur Feststellung des Hirntodes Name_____________________________ Vorname_____________________ geb.:______________Alter:_________________ Klinik:____________________________________________________________________________________________________ Untersuchungsdatum:__________________ Uhrzeit:_____________________ Protokollbogen-Nr.:_____________________ 1.

Voraussetzungen:

1.1

Diagnose___________________________________________________________________________________________ Primäre Hirnschädigung:_________supratentoriell_______________infratentoriell_____________________________ Sekundäre Hirnschädigung:__________________________________________________________________________ Zeitpunkt des Unfalls/Krankheitsbeginns:_______________________________________________________________

1.2

Folgende Feststellungen und Befunde bitte beantworten mit Ja oder Nein Intoxination ausgeschlossen:_______________________________________________ Relaxation ausgeschlossen:______________________________________________ Primäre Hypothermie ausgeschlossen:_______________________________________________ Metabolisches oder endokrines Koma ausgeschlossen:_______________________________________________ Schock ausgeschlossen:_______________________________________________ Systolischer Blutdruck _______________mmHg

2.

Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion

2.1

Koma______________________________________________________________________________________________

2.2

Pupillen

2.3

Okulo-zephaler Reflex (Puppenkopf-Phänomen) beidseits fehlt____________________________________________

2.4

Korneal-Reflex beidseits

fehlt____________________________________________

2.5

Trigeminus-Schmerz-Reaktion beidseits

fehlt____________________________________________

2.6

Pharyngeal-/Tracheal-Reflex

fehlt____________________________________________

2.7

Apnoe-Test bei art. paCO2 ________mmHg

erfüllt___________________________________________

weit / mittelweit Lichtreflex beidseits

fehlt____________________________________________

3.

Irreversibilitätsnachweis durch 3.1 oder 3.2

3.1

Beobachtungszeit: Zum Zeitpunkt der hier protokollierten Untersuchungen bestehen die oben genannten Symptome seit_____Std. Weitere Beobachtung ist erforderlich mindestens 12 / 24 / 72 Stunden

3.2

ja___________________nein______________________________

Ergänzende Untersuchungen:

3.2.1 Isoelektrisches (Null-Linien-) EEG, 30 Min. abgeleitet:

______ ______ ___________ ___________ ________________

3.2.2 Frühe akustisch evozierte Hirnstammpotentiale, Welle III-V, beidseits erloschen

______ ______ ___________ ___________ ________________

Medianus-SEP beidseits erloschen

______ ______ ___________ ___________ ________________

ja

ja

ja

nein

nein

nein

Datum

Datum

Datum

Uhrzeit

Uhrzeit

Uhrzeit

Arzt

Arzt

Arzt

3.2.3 Zerebraler Zirkulationsstillstand beidseits festgestellt durch: Doppler-Sonographie:_____________Perfusionsszintigraphie:____________Zerebrale Angiographie:___________ Datum________________ Uhrzeit___________________ untersuchender Arzt_________________________________ Abschließende Diagnose: Aufgrund obiger Befunde, zusammen mit den Befunden der Protokollbögen Nr._____________, wird der Hirntod und somit der Tod des Patienten festgestellt am:______________ um_____________Uhr Untersuchender Arzt:________________________________________ ___________________________________ Name

⊡ Abb. 33.2. Hirntodprotokoll

Unterschrift

404

Kapitel 33 · Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders

Ziel dieser Maßnahmen

• Einhaltung eines mittleren arteriellen Drucks von 70–110 mmHg, ZVD 7 ± 2 mmHg, PCWP 10 ± 2 mmHg, SVR 700–1000 dyn×s/cm5, CI 3,5–5 l/min×m2 sowie einer ausreichenden Nierenfunktion (>1 ml/kg KG/h bzw. 100 ml/h) • Aufrechterhaltung eines ausgeglichenen Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt • pulmonale Infektionsprophylaxe mit einem Antibiotikum z. B. Cephalosporine der dritten Generation

Ausgewählte Literatur

33

Bein T et al. (2005) Hirntodbestimmung und Betreuung des Organspenders. Dtsch Arztebl 102:226–231 Firestone LL, Firestone S (2001) Anesthesia for organ transplantation. In: Barash PG, Cullen BF, Stoelting RK (eds) Clinical anesthesia. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp 1347–1371 Fischer-Fröhlich CL, Wehrle A (1998) Leitfaden Organspende. 2. Aufl. Universität Tübingen Guesde R et al. (1998) Administration of desmopressin in brain-dead donors and renal function in kidney recipients. Lancet 352:1178–1181 Hunt SA et al. (1996) Cardiovascular management of a potential heart donor: a statement from the Transplantation Committee of the American College of Cardiology. Crit Care Med 24:1599 Mauer D et al. (2003) Die organprotektive Therapie bei postmortalen Organspendern. Intensivmed 40:574–584 Schlake HP, Roosen K (2001) Der Hirntod als der Tod des Menschen. 2.Aufl. Deutsche Stiftung Organtransplantation, Neu-Isenburg, S 28–47 Spiess CK et al. (1997) Management of the multi-organ donor. Acta Anaesthsiol Scand Suppl 111:77–78 Wissenschaftlicher Beirat der Bundesärztekammer (1998) Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes – dritte Fortschreibung 1997 mit Ergänzungen gemäß Transplantationsgesetz. Dtsch Arztebl 95:A-1861–1868

Internet www.bmgesundheit.de/rechts/organ/organ/ubersich.htm

34 Abdominelles Kompartmentsyndrom (AKS)

Allgemeines • progrediente unphysiologische Erhöhung des intraabdominellen Drucks führt zu Dysfunktionen von lebenswichtigen Organen • der Ausdruck »abdominelles Kompartmentsyndrom« (AKS) wurde Anfang der 80er Jahre von Kron eingeführt

Definition des Kompartmentsyndroms nach Moore (Denver) Es liegt eine intraabdominelle Druckerhöhung vor mit gleichzeitigem Anstieg des Beatmungsdrucks >40 cmH2O, einem Horowitz-Quotienten 35

Dekompression und Reexploration

daraus folgt: 1. Volumentherapie 2. dekompressive Laparotomie 3. Darmstimulation sowie Durchführung abführender und entblähender Maßnahmen (vor Entlastungslaparotomie) 4. Anlage eines Laparostomas (Reißverschluss) und intermittierend explorative Relaparotomien (Second-look-Laparotomie)

Pathophysiologie

34

Organ

Veränderungen

Folge

Niere

venöser Abstrom ↓ mit arterieller Perfusion ↓, renaler Widerstand ↑, GFR ↓, tubuläre Natrium- und Wasserretention ↑

Oligourie bei IAP 15–25 mmHg Anurie bei IAP >25 mmHg

Lunge

Zwerchfellhochstand mit basaler Atelektasenbildung, Lungencompliance ↓, funktionelle Residualkapazität ↓, Residualvolumen ↓ → Erhöhung des Beatmungsdrucks mit respiratorischer Insuffizienz

Hypoxämie + Hyperkapnie  eine intraabdominelle Druckerhöhung auf 15 mmHg führt zu einem Anstieg des Beatmungsdrucks um 50% und vermindert die Lungencompliance um 25–50%!

Herz

Kompression der V. cava inferior → verminderter venöser Rückfluss mit Senkung der kardialen Vorlast (»preload«), erhöhter intrathorakaler Druck mit Anstieg der kardialen Nachlast (»afterload«)

signifikante Reduktion des Herzzeitvolumens und Linksherzinsuffizienz → Ursache der hohen Letalität des AKS!

Intestinaltrakt

Reduktion des mesenterialen, hepatischen und mukosalen Blutflusses

anaerober Stoffwechsel, Azidose, Freisetzung von toxischen Metaboliten → Erhöhung der Darmwandpermeabilität → Übertritt von Mikroorganismen in den Pfortaderkreislauf (»bakterielle Translokation«)

IAP intraabdomineller Druck

Spezielle Krankheitsbilder

! Ein sekundärer Bauchwandverschluss sollte erst durchgeführt werden, wenn der Blasendruck 140 ms (RSB) bzw. >160 ms (LSB) – RS-Intervall >100 ms in einer Brustwandableitung – negativer QRS in allen Brustwandableitungen (negative Konkordanz) – ventrikuläre Fusionsschläge oder Nachweis einer ventrikuloatrialen Dissoziation • bradykarde Herzrhythmusstörungen – Bradyarrhythmia absoluta – AV-Ersatzrhythmus bei supraventrikulären Blockaden

Tachyarrhythmia absoluta (TAA) bei Vorhofflimmern (VHF) Inzidenz • 0,5% für alle Patienten; bei Patienten >60 Jahre: 2–4% • im Intensivbereich: – 15% auf der chirurgischen Intensivstation – 50% auf der internistischen Intensivstation – 25% auf der kardiochirurgischen Intensivstation

Ursachen • koronare Herzerkrankung • Mitralvitium etc.

410

Kapitel 35 · Häufige Herzrhythmusstörungen in der Intensivmedizin

Diagnostik

– Kardioversion erst nach echokardiographischem Ausschluss von Vorhofthromben und anschl. 4-wöchige Antikoagulation

Im EKG zeigen sich eine Ventrikelfrequenz 100– 180/min und der Nachweis von Flimmerwellen >350/min (vorwiegend in der V1-Ableitung).

Ventrikuläre Tachykardie (VT)

Therapie • Harmonisierung des Patienten 1. Elektrolyt- und Volumenausgleich (Kaliumund Magnesiumsubstitution) 2. Fiebersenkung 3. Reduktion des exogenen und endogenen Katecholaminspiegels  hierunter in ca. 50% der Fälle spontane Konversionen in den Sinusrhythmus! • Herzfrequenzkontrolle (HF3 konsekutiven Schlägen; anhaltenden VT bei einer Dauer >30 s bzw. hämodynamischer Instabilität. Man unterscheidet monomorphe und polymorphe VT.

Ursache Meist sind herzkranke Patienten betroffen.

Therapie • stabile VT: Amiodaron 300 mg i.v. über 20– 30 min (evtl. als KI), keine schnelle Bolusgaben wegen Gefahr einer ausgeprägten arteriellen Hypotonie • instabile VT: Elektrotherapie mit >100 J Medikamentöse VT-Therapie bei Kindern:

• Lidocain 1–2 mg/kg KG (HWZ: 30 min) • Cordarex 5 mg/kg KG langsam i.v. anschl. 300– 600 mg/m2/h; (HWZ: 2–7 Wochen) • Adenosin 0,05–0,5 mg/kg KG; (HWZ: 10 sec)

Torsaden Ursachen • • • •

Hypokaliämie Hypomagnesiämie trizyklische Antidepressiva Antiarrhythmika I/III

Therapie Gabe von 2,0 g Magnesium intravenös.

Spezielle Krankheitsbilder

Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien (PSVT) • Tachykardien mit schmalem QRS-Komplex (HF >100/min mit QRS-Breite 35 ° • rechter Hauptbronchus: 1–2,5 cm lang, ∅ 14 mm, Abgangswinkel: ≈ 22 °, Abgang des rechten Oberlappenbronchus relativ kurz nach der Carina (extrapulmonal)

• Lungenoberfläche von ca. 150 m² und ca. 300 Millionen Alveolen mit einem Durchmesser von durchschnittlich 0,1 mm Einteilung der oberen und unteren Luftwege

• obere Luftwege: Nasopharynx und Larynx • untere Luftwege: – Trachea (Generation: 0) – Haupt-, Lappen- und Segmentbronchien (Generation: 1–4)

LINKE LUNGE

RECHTE LUNGE 19

Apical Posterior (1-2)

Apical (1)

Oberlappen

Posterior (2) Anterior (3)

22 10

16

13

50 Anterior (3)

Lateral (4)

Mittellappen

Lateral (4)

Superior (6) 9

Lateral Basal (9)

Lingula

Superior (6)

Medial (5) Anterior Basal (8)

Medial (5)

Oberlappen

Anterior Basal (8)

Medial Basal (7) Posterior Basal (10) Posterior Basal (10)

Lateral Basal (9)

Unterlappen

Unterlappen ⊡ Abb. 36.1. Trachea, Haupt-, Lappen-, Segmentbronchien. (Angabe der Segmentnummern sowie Längen- und Durchmesserangaben in Millimeter)

416

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

– kleine Bronchien (Generation: 5–11) – Bronchiolen (Generation: 12–16) – respiratorische Bronchiolen (Generation: 17– 19) – Ductus alveolaris bis Alveolen (Generation: 20–23)

Muskeln der Ventilation Das Diaphragma leistet mit 75% den Hauptanteil an der Gesamtventilation → Höhenveränderung zwischen In- und Exspiration beträgt ca. 10–12 cm. • Innervation des Diaphragma: N. phrenicus (C34-5-Innervation) • Innervationsstörung durch: – Regionalanästhesieverfahren wie z. B. interskalenäre Plexusblockade nach Winnie → nie beidseitige Punktion! – »frost bitten phrenicus« durch Hypothermieschaden nach extrakorporaler Zirkulation (EKZ) – Z.n. Aneurysma-Operation mit linksseitiger Störung → N.-phrenicus-Verlauf um den Aortenbogen – Elektrolytstörungen – tumoröse Infiltration des N. phrenicus – »critical illness polyneuropathy«  zur Beurteilung der Zwerchfellbeweglichkeit ist eine Röntgen-Durchleuchtung am sinnvollsten Weitere Atemmuskeln • inspiratorisch: Mm. intercostales externi • exspiratorisch: Mm. intercostales interni und

36

die Bauchmuskeln bei Obstruktion der Atemwege • Atemhilfsmuskeln: Mm. scaleni, Mm. sternocleidomastoidei, Mm. pectorales (major et minor)  Normalerweise erfolgt die Exspiration aufgrund der elastischen Retraktionseigenschaft der Lunge passiv!

Innere und äußere Atmung Äußere Atmung (Gasaustausch in der Lunge)

abhängig von: • Ventilation (Belüftung der Alveole mit Frischgas) • alveolokapillärem Gasaustausch (Diffusion der Aleolargase ins Blut und umgekehrt aufgrund einer Partialdruckdifferenz → Diffusionsgeschwindigkeit wird durch das Ficksche Gesetz beschrieben: (p1 – p2) x k x F D VGas = Austauschrate, F = Austauschfläche, k = Diffusionkonstante, D = Diffusionstrecke bzw. Dicke der alveolokapillären Membran, (p1 – p2) = Partialdruckdifferenz

VGas =

• Lungenperfusion (→ von besonderer Bedeutung für die Lungenfunktion ist das Ventilations-Perfusions-Verhältnis) Innere Atmung

(Verwertung des Sauerstoffs in der Atmungskette innerhalb des Mitochondrium mit ATP- und CO2Bildung)

Ventilation • die Steuerung der Ventilation erfolgt größtenteils über den paCO2 (daneben auch pH- und O2-abhängig) → Zunahme der Ventilation um 2–3 l/min/mmHg CO2-Anstieg (bis 60–70 mmHg besteht eine lineare Beziehung)  Ausnahme: z. B. der COPD-Patient mit chronischer Hypoxämie → der Atemantrieb erfolgt dann größtenteils über den paO2 → O2-Gabe kann bei COPD zu Brady- oder Apnoe mit Hyperkapnie führen (obligates Monitoring der Respiration → angestrebter paO2 von 60–70 mmHg) Alveoläre Ventilation

Als aveoläre Ventilation wird das eingeatmete Volumen bezeichnet, das am intrapulmonalen Gasaustausch teilnimmt: AMValv = f × (V T - VD) f = Atemfrequenz, V T = Atemzugvolumen, VD = Totraumvolumen

417

Physiologie

 AMValv ↓ bei sinkendem VT oder zunehmender Atemfrequenz (AMVex konstant) Totraumventilation

Die Totraumventilation ist das eingeatmete Volumen, das nicht am intrapulmonalen Gasaustausch teilnimmt: Totraumventilation = Totraumvolumen (VD) × Atemfrequenz (f ) VD ≈ 2–3 ml/kgKG oder 30% des Atemzugvolumens

• Bestimmung des Totraumanteils (VD/VT) nach der Bohr-Gleichung (modifiziert nach Enghoff ) unter der Annahme, dass der paCO2 gleich dem pACO2 ist: VD/V T =

paCO2 - pexCO2 paCO2

paCO2 = arterieller, pexCO2 = gemischt-exspiratorischer CO2-Partialdruck

• dasselbe gilt für die Ventilation, die ebenfalls, jedoch in einem etwas geringerem Ausmaß als die Perfusion (Q), von apikal nach basal ansteigt (Grund: Alveolen sind apikal in größerem Ausmaß vorgedehnt → geringe Volumenänderung während der Inspiration in den oberen Lungenbezirken, während die basalen Alveolen im Durchmesser kleiner sind und leichter gedehnt werden können  hieraus ergibt sich ein Ventilations-PerfusionsVerhältnis (VA/Q) an der Lungenspitze von 1,6–3,0 und basal von 0,4-0,6 (durchschnittliches V/QVerhältnis von 0,8) • der pulmonale Perfusionsdruck ergibt sich aus der Differenz von MPAP-LAP (normal: ≈ 10 mmHg) → der pulmonale Gefäßwiderstand ist äußerst gering und beträgt nur 1/10 des systemvaskulären Widerstandes → um 500 ml Blut durch die pulmonale Gefäßbahn zu treiben, ist nur ein Druckgefälle von 1 mmHg notwendig

pexCO2 = (pB – pH2O) × FexCO2 Fex = gemischt-exspiratorische CO2-Konzentration, pB = Barometerdruck, pH2O = Wasserdampfdruck Rechenbeispiel: (60 mmHg - 14,3 mmHg) ≈ 0,76 60 mmHg pB = 760 mmHg, FexCO2 = 2 Vol% = 0,02 und paCO2 = 60 mmHg pexCO2 = (760 – 47) × 0,02 = 14,26 mmHg

• funktioneller Totraum (Tfunkt) = anatomischer Totraum und alveolärer Totraum → Bestimmung des funktionellen Totraums: Tfunkt = V T × (1 – pexCO2 / paCO2)

Lungenperfusion • die Lungenperfusion (Q) ist beim stehenden Menschen nicht gleichmäßig über die Lunge verteilt, sondern nimmt, wie aus ⊡ Abbildung 36.2 entnommen werden kann, von apikal (+ 30 cm) nach basal (± 0 cm) zu

36

⊡ Abb. 36.2. Ventilations-Perfusions-Verhältnis (VA/Q)

418

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

• bei Steigerung des HZV (z. B. unter Belastung) bleibt normalerweise trotz erhöhtem transpulmonalem Blutstrom der pulmonale Widerstand infolge der Eröffnung von weiteren, bis dahin nicht durchbluteten Kapillaren konstant • akute Druckerhöhung in der Pulmonalarterie (z. B. unter Hypoxie, erni#edrigtem pH-Wert, Hypoventilation mit Hyperkapnie oder thrombembolischer Verschluss der Gefäßstrombahn) wird vom rechten Ventrikel nur schlecht toleriert • der Pulmonalarteriendruck nimmt beim stehenden Menschen von der Lungenspitze bis zur Basis zu (MPAP apikal ≈ 6 mmHg und basal ≈ 24 mmHg)

• 75% der Atemarbeit entfällt auf die Überwindung der elastischen Widerstände und 25% auf die Strömungswiderstände → AMV↑ → elastische Widerstände↑ • die Atemarbeit ist unter anderem von der Art der Ernährung abhängig: 1 g Kohlenhydrate [KH] (4 kcal/g) erzeugt 0,829 Liter CO2 1 g Fett (9,3 kcal/g) erzeugt 1,427 Liter CO2 → 1000 kcal in Form von 250 g Kohlenhydrate erzeugen über 8 h 207 Liter CO2; 1000 kcal in Form von 107 g Fett jedoch nur 153 Liter CO2! → dies ist bei der Spontanisierung des beatmeten Patienten von Bedeutung! ! Die Atemarbeit kann z.B. mit Hilfe des Monitorgerätes Bicore CP-100 am Krankenbett bestimmt werden

Atemarbeit Arbeit der Atemmuskulatur zur Überwindung folgender Widerstände: • elastische Widerstände von Lunge und Thorax • viskose Widerstände infolge der Luftströmung • Gewebewiderstände T . W = ∫ (pAW - pOes) × V × dt 0 (pAW - pOes) = transpulmonaler Druck → Registrierung des pOes mit einer speziellen Sonde am sitzenden Patienten, dessen Spitze im unteren Ösophagusdrittel plaziert sein muss! V: Volumenänderung, die der transpulmonale Druck erzeugt. Normalwert: 0,25 J pro Atemzug bzw. 2,5–4,0 J/min bzw. 0,5 J/l (kritische Grenze: 10–15 J/min)

36

Wirkungsgrad der Ventilation Wirkungsgrad (%) =

Atemarbeit × 100 Energieverbrauch

Normalwert: 5–10% (d.h. für die mechanische Arbeit der Atemmuskulatur wird 10- bis 20mal mehr Sauerstoff verbraucht als zur Produktion einer gleichen Menge von Wärmeenergie)

Lungenvolumina und Lungenkapazitäten (= Summe mehrerer spirometrisch abgrenzbarer Teilvolumina) (⊡ Abb. 36.3)

Lungenvolumina und Lungenkapazitäten Lungenvolumina / Lungenkapazitäten

durchschnittliche Normalwerte für Erwachsenen

Atemzug-( Tidal)-volumen (V T ) inspiratorisches Reservevolumen (IRV) exspiratorisches Reservevolumen (ERV) Residualvolumen (RV) Inspirationskapazität (IC) funktionelle Residualkapazität (FRC) Vitalkapazität ( VC) Totalkapazität ( TLC)

500 ml (≈ 7 ml/kg) 3,0–4,5 l (≈ 45–50% der TLC) 1,0–1,2 l (≈ 15–20% der TLC) 1,2–1,8 l (≈ 20–25% der TLC) ≈ 3,5 l ≈ 2,4–3,0 l ≈ 5,1–4,4 l (≈ 75% der TLC) (60–70 ml/kg oder 7 × [Körpergröße (m) -1] in l) ≈ 5,8–6,7 l

419

Physiologie

36

Volumen [l]

a

⊡ Abb. 36.3. a Lungenvolumina, b Altersabhängigkeit der Vitalkapazität

b

Lungenkapazitäten und Atemgrenzwert 1-Sekunden-Kapazität forciertes exspiratorisches Volumen, das in der 1. Sekunde nach maximaler Inspiration ausgeatmet werden kann

FEV1

altersabhängig absolute Volumina (mind. > 2,5 l)

FEV1/FVC

normal: 80% der VC bzw. FVC

AGW

normal: 100–170 l

relative 1-Sekunden-Kapazität

Atemgrenzwert Atemzeitvolumen nach maximaler forcierter willkürlicher Hyperventilation für die Dauer von 10 s mit einer Frequenz von 60–70 Atemzüge pro min

420

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

Closing volume und Closing capacity • als Verschlussvolumen (Closing volume = CV)





• •

wird das Lungenvolumen bezeichnet, bei dem ein Kollaps der kleinen Luftwege beginnt das CV ist abhängig von – Lebensalter (mit zunehmendem Lebensalter → CV ↑) – Körperlage (Wechsel vom Stehen zum Liegen: CV ↑) – Adipositas (FRC meist < CC, da bei Übergewicht ERV ↓) – Rauchen Normalwerte für CV: – gesunder Jugendlicher: ≈ 10% der Vitalkapazität – 65-jährige, gesunde Person: ≈ 40% der Vitalkapazität die Verschlusskapazität (closing capacity, CC) ist die Summe aus Closing volume (CV) und Residualvolumen (RV) aus der ⊡ Abbildung 36.4 ist zu entnehmen, dass das Closing volume und das Residualvolumen ^ CC) im Laufe des Lebens kontinu(Summe = ierlich an Größe zunehmen; während die totale Lungenkapazität (TLC) abnimmt!

36

⊡ Abb. 36.4. Closing volume (CV) und Closing capacity (CC)

• die CC liegt beim Lungengesunden oberhalb des Residualvolumens (RV) und ist in der ersten Lebenshälfte normalerweise kleiner als die funktionelle Residualkapazität (FRC) → Grenzschwelle: 45.–50. Lebensjahr • von Bedeutung ist das Verhältnis CC/FRC → bei immer größer werdenden Quotienten (> 1) besteht die Gefahr des Air trapping → Folge: intrapulmonale Shuntzunahme, Ventilations-/ Perfusions-Störungen, Resorptionsatelektasen Bestimmung des Closing volume (⊡ Abb. 36.5a,b)

1. Fremd-Gas-Bolus-Test (FGB) → der Patient atmet ein Inertgas (He, Ar, Xe) als Bolus ein 2. Single-breath-O2-Methode (SBM) → hier atmet der Patient 100% O2 ein  beide Methoden beruhen darauf, dass nach maximaler Ausatmung (= Residualvolumenniveau) der Patient bei der anschließenden Inspiration reinen O2 oder ein Inertgas einatmet, das sich aufgrund des größeren Ventilationsanteils basaler Lungenbezirke zuerst dort anreichert und im weiteren Verlauf in die apikalen Alveolen gelangt → Aufbau eines apikobasalen Konzen-

421

Physiologie

N2 [%]

30 20

III

10 a

N2 [%]

0

CV

II I 0

1

2

30 20

0

3

VC (I)

4

IV

• zu einer Abnahme der FRC um ca. 450 ml (≈ 20%), unabhängig von der Anwendung nichtdepolarisierender Muskelrelaxanzien • zu einer Zunahme des intrapulmonalen R-LShunts → Vermeidung durch PEEP-Beatmung; ggf. intermittierendes Blähen der Lunge • zu einer Abnahme der Compliance (normale Compliance: 100 ml/cmH2O) • zum Anstieg von VD/VT und AaDO2

III

10

b

IV

36

I 0

CV

II 1

2

Postoperative Veränderungen 3

VC (I)

4

⊡ Abb. 36.5a, b. Bestimmung des Closing-Volumens anhand der N2-Auswaschkurve a: gesunder junger Mann: Phase I = Totraum 190 ml, Phase II = Mischluftanteil 250 ml, Phase III = Alveolarplateau 3,0 l, Phase IV = Verschlußvolumen 0,6 l; VC = 4,0 l, CV/VC = 15% b: 50-jähr. Mann mit COPD Phase I = Totraum 300 ml, Phase II = Mischluftanteil 350 ml, Phase III = Alveolar-plateau 1,1 l, Phase IV = Verschlußvolumen 0,75 l; VC = 2,5 l, CV/VC = 30% Je steiler die Phase III verläuft, desto wahrscheinlicher ist eine obstruktive Ventilationsstörung

trationsgradienten mit höheren O2-Konzentrationen in den unteren Lungenanteilen. Bei der unmittelbar folgenden langsamen Ausatmung wird zuerst der anatomische Totraum (Phase I), dann ein Mischluftanteil (Phase II) und anschließend das Alveolarvolumen (Phase III) entleert. Die exhalierte Luft wird ständig aus den apikalen und basalen Lungenpartien zusammengemischt. Kollabieren die basalen Alveolen, wird die exhalierte Luft bei der SBM nicht mehr durch den erhöhten O2-Gehalt der basalen Alveolen verdünnt und die exhalierte Luft enthält einen größeren N2-Anteil

Veränderungen unter Anästhesie bzw. Analgosedierung Unter Beatmung kommt es auch beim Lungengesunden intraoperativ:

Postoperativ kommt es gerade bei Oberbauchein-

griffen, bei Patienten mit Adipositas oder höherem Lebensalter zwischen dem 2. und 5. postop.-Tag zu einem deutlichen Abfall der FRC und folgenden Lungenvolumina (→ Gefahr der respiratorischen Dekompensation und Reintubation bei Patienten mit präoperativ grenzwertiger Lungenfunktion!): Abnahme gegenüber präoperativem Befund (in % vom Ausgangswert) IRV ERV VC TLC FRC

≈ 60 ≈ 60 ≈ 50 ≈ 40 ≈ 30

 FRC ↓: bei Adipositas und Schwangerschaft, im Liegen < als im Stehen, infolge Alveolarkollaps, Atelektasenbildung, bei Pneumonie, durch Zunahme des Lungenwassers  FRC ↑: bei COPD und Lungenemphysem

Messung der Atemmechanik Pleuradruck • der intrapleurale Druck nimmt in Ruhelage von oben nach unten im Stehen zu (-10 cmH2O auf -2 cmH2O → Mittelwert von ≈ – 6 cmH2O) • im Durchschnitt liegt der intrapleurale Druck am Ende der Exspiration bei etwa 5 cmH2O subatmosphärisch und am Ende der Inspiration bei 8 cmH2O unterhalb des Atmosphärendrucks  unter Spontanatmung ist normalerweise der intrapleurale Druck während des kompletten Atemzyklus negativ! Unter kontrollierter Über-

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

druckbeatmung kann der intrapleurale Druck positiv werden

Elastance • reziproker Wert der Compliance • Gesamtelastance = Lungenelastance + Thoraxelastance

Compliance

1

• die Compliance ist ein Maß für die Dehnbarkeit (Lunge, Thorax) • die Bestimmung erfolgt mit Hilfe der Ruhedehnungskurve CLunge =

∆V ∆(ppul – ppleu)

CThorax =

∆V ∆ppleu

+

1 CTh

Resistance bzw. Atemwegswiderstand

C = Viskosität (ϕ)

8×L r4

r = Radius der Röhre, L = Länge der Röhre

intrapulmonaler Druck intrapleuraler Druck Lungenvolumenänderung Compliance der Lunge Compliance des Thorax Compliance von Thorax und Lunge

• wie nachfolgende Zeichnung ⊡ Abb. 36.6 verdeutlicht, ist die statische Compliance vom intrapulmonalen Volumen abhängig:



36 ↓

 der Großteil des Atemwegwiderstandes (≈ 80%) ist in den oberen Luftwegen und den ersten 6 Generationen des Tracheobronchialbaumes bzw. in den Atemwegen mit einem Durchmesser > 2 mm lokalisiert; bei Nasenatmung entfällt wiederum der größte Anteil auf den Nasen-/ Epipharynxbereich  der Atemwegwiderstand ist auch vom Lungenvolumen abhängig!

Residualvolumen ⊡ Abb. 36.6. Statisches Druck-Volumen-Diagramm

aufrecht

= = = = = =

1 CL

liegend-wach

∆ ppul ∆ ppleu ∆V CL CTh CTh+L

=

(⊡ Abb. 36.7) Bei laminarer Strömung wird der Widerstand vom Hagen-Poiseuille-Gesetz modifiziert:

Atemwegwiderstand (cmH2O/l/s)

CTh+L

∆V = ∆ppul

CTh+L

anästhesiert

422

Funktionelle Residualkapazität

Totale Lungenkapazität

⊡ Abb. 36.7. Atemwegwiderstand in Abhängigkeit vom Lungenvolumen

423

Physiologie

(MIF) dient zur Differenzierung zwischen Lungenemphysem (MIF normal) und Asthma bronchiale bzw. chronisch-obstruktiver Bronchitis (MIF vermindert)

Ventilationsstörungen (VS) Flow-Volumen-Kurven (⊡ Abb. 36.8 bis 36.11) Die Durchführung eines vollständigen Atemmanövers umfasst vollständige Exspiration, anschließende Inspiration und Beginn des Messmanövers nach maximaler Inspiration (auf dem Niveau der TLC).

36

Beispiele für Kurvenverläufe bei bestimmten Ventilationsstörungen:

Mit Hilfe der Flow-Volumen-Kurven lassen sich: • die verschiedenen Ventilationsstörungen unterscheiden • obstruktive Atemwegveränderungen durch Bestimmung des mittleren exspiratorischen Fluss frühzeitig erkennen (MEF50 = Fluss nach Ausatmung von 50% der FVC; Normalwert: 4,5–5,5 l/s)  sensibler Parameter für den Nachweis einer »small airway disease«, v. a. bei symptomfreien Rauchern bei noch normaler FEV1!  ist der Quotient PEF/MEF50 >2 besteht eine obstruktive Ventilationsstörung mit Verdacht auf exspiratorischen Bronchiolenkollaps

• ähnliche Ventilationsstörungen noch weiter differenzieren → der inspiratorische Spitzenfluss

⊡ Abb. 36.8. Normale Flow-Volumen-Kurve

Obstruktive und restriktive Ventilationsstörung Obstruktive VS Atemwegwiderstand (R)

↑ bis ↑↑ (R > 3,5 cmH2O/l/s)

Restriktive VS normal ↓ (CST. < 0,1 l/cmH2O)

statische Compliance (C) Vitalkapazität (→ unspezifischer Lungenparameter)



↓↓ (< 80% Soll)

1-Sekunden-Kapazität (FEV1)

↓↓



relative 1-Sekunden-Kapazität (FEV1/FVC)

↓↓ (< 70%)

meist ↑ (> 85%)

totale Lungenkapazität (TLC)

↑ Asthma ↑↑ Lungenemphysen

↓ bis ↓↓ leicht: < 80–65% der Norm mittel: 65-50% der Norm schwer: < 50% der Norm

Residualvolumen (RV)





maximaler exspiratorischer Flow (PEF) [normal: 8-10 l/s]

↓ bis ↓↓

normal

maximaler mittlerer exspiratorischer Flow (MMEF) [normal: 4,5-5,5 l/s]

↓ Früherfassung einer Obstruktion peripherer Atemwege (kooperationsunabhängiger Parameter !)

normal

424

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

normal –––

intrathorakale Atemwegobstruktion

⊡ Abb. 36.9. Flow-Volumen-Kurve bei Obstruktion

normal – – – extrathorakale Obstruktion der oberen AtemwegeTrachealstenose

⊡ Abb. 36.10. Flow-Volumen-Kurve bei Trachea-Kompression

normal – – – restriktive Ventilationsstörung

36

⊡ Abb. 36.11. Flow-VolumenKurve bei Restriktion

425

Physiologie

Berechnungen O2-Status Der O2-Status des Blutes ist gekennzeichnet durch den paO2, SaO2, Hb-Gehalt und CaO2.

Definitionen • Hypoxie: paO2↓ • Hypooxygenation: SaO2↓ • Hypoxämie: caO2↓ (= O2-Gehalt des Blutes ↓) – hypoxische Hypoxämie: paO2↓ und SaO2 ↓, normaler Hb-Wert → Störung der Lungenfunktion oder Ventilation – anämische Hypoxämie: tHb↓, normaler paO2 und normale SaO2 → Blutung→ Anämie – toxische Hypoxämie: frakt. SaO2 ↓ → COHb↑ oder MetHb↑ • Ischämie: HZV oder Perfusion ↓, normaler caO2  die verschiedenen Formen der Hypoxämien werden unterschiedlich toleriert: anämische besser als hypoxämische, und diese wiederum besser als toxische Hypoxämien • die diagnostische Aussagekraft nimmt in folgender Reihenfolge zu: paO2 (Sauerstoffpartialdruck) < psO2 (Sauerstoffsättigung) < caO2 (Sauerstoffgehalt)

36

Sauerstoffgehalt (cO2) Die O2-Konzentration des Blutes (cO2) ergibt sich aus der Summe des an Hämoglobin chemisch gebundenen O2 und dem in den wässrigen Blutbestandteilen physikalisch gelösten O2 • chemisch gebundener O2 (ml/dl) = SO2 (%) × cHb (g/dl) × 1,39 (ml/g) • physikalisch gelöster O2 (ml/dl) = pO2 (mmHg) × O2-Löslichkeit (0,0031) – nach dem Henry-Gesetz ist das im Plasma gelöste Gasvolumen direkt proportional dem Partialdruck des Gases → 100 ml Blutplasma enthalten bei einem pO2 von 100 mmHg 0,3 ml Sauerstoff in physikalischer Lösung caO2 = SaO2 (%) × cHb (g/dl) × 1,39 (ml/g Hb) +paO2 (mmHg) × 0,0031 (ml/mmHg/dl)

Normalwerte: caO2 = 20,4 ml/dl (männl.) und 18,6 ml/dl (weibl.) cvO2 = 15 ml/dl avDO2 = ca. 5 ml/dl

 die fraktionelle Sättigung (SO2) gibt den Anteil des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) am Gesamthämoglobin (einschl. Dyshämoglobin) an  der prozentuale Anteil des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) am Oxy- und Desoxyhämoglobin

wird als partielle oder funktionelle Sättigung (psO2) bezeichnet

O2-Bindungskapazität Die Hüfner-Zahl bezeichnet die Menge O2, die theoretisch maximal an 1 g Hb gebunden werden kann: 1,39 ml O2 pro 1 g Hb.

Arteriovenöse Sauerstoffgehaltsdifferenz (avDO2)

! der Wert wird in den Lehrbüchern nicht ein-

Normalwert: 5 ml/100 ml Blut

heitlich angegeben → bei neueren Bestimmungen mittels Blutgasanalyse wurden Werte von 1,34–1,36 ermittelt, da neben Desoxy-/ Oxyhämoglobin auch Met- und Carboxyhämoglobin existieren, die kaum Sauerstoff binden. Somit spiegelt die geringere Hüfner-Zahl das Verhalten des zirkulierenden Hämoglobins exakter wider

avDO2 = CaO2 – CvO2

 avDO2-Veränderung > 6% weist bei konstantem Hb, konstantem Shuntvolumen und konstantem VO2 auf ein vermindertes HZV hin!

O2-Ausschöpfung (%) O2-Ratio = (Ca-vDO2 / CaO2) × 100

Normalwert: 20–25%

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

426

O2-Partialdruck (pO2) • der arterielle O2-Partialdruck: paO2 in mmHg • der paO2 bestimmt über die so genannte O2-Bindungskurve die zugehörige Sättigung des Hämoglobins (SaO2 in %) • der paO2-Wert unterliegt einer Altersabhängigkeit und kann nach folgenden Formeln berechnet werden: 1. Formel von Murray: paO2 = 100,1 – (0,323 × Alter [Jahre])

2. Formel von Reichel und Ulmer: – für Männer paO2 = 109,4 – 0,26 × Alter - 0,098 × IB unterster Grenzwert: berechneter Wert minus 14,1 mmHg

 der paO2 des Neugeborenen beträgt unter Raumluft ≈ 40–60 mmHg

Alveolärer Sauerstoffpartialdruck (pAO2) Der alveoläre Sauerstoffpartialdruck (pAO2) wird von folgenden Faktoren beeinflusst: • Barometerdruck • inspiratorische O2-Konzentration → eine Erhöhung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentration um 10% führt bei Konstanz aller anderen Parameter zu einer Steigerung des pAO2 um ≈ 64 mmHg • Sauerstoffverbrauch • Herzzeitminutenvolumen → plötzlicher Abfall der Lungendurchblutung → primär geringere pulmonale Sauerstoffaufnahme → pAO2↑ • ggf. von Konzentrationseffekten (N2O!)

– für Frauen paO2 = 108,86 - 0,26 × Alter - 0,073 × IB unterster Grenzwert: berechneter Wert minus 15,1 mmHg

wobei IB dem Broca-Index entspricht: IB = Gewicht × 100 / Länge – 100

• zu erwartender paO2 bei Lungengesunden (AaDO2 = 10 mmHg) mittleren Alters unter verschiedenen FiO2 –Größen: FiO2

≈ paO2 in mmHg

0,21 0,4 0,6 0,8 1,0

100 235 378 520 663

pAO2 = (pB - pH O) × FiO2 2

paCO2 VCO2 . VO2

vereinfacht: pAO2 = piO2 - (1,25 × paCO2)

• bei Raumluft: pAO2 = (760–47 mmHg) × 0,21 - (40 mmHg/0,85) = ≈ 104 mmHg  pGas = pB × Gasanteil z. B. O2 (trocken): Barometerdruck von 760 mmHg × 0,21 = 159,6 mmHg • fraktionierter Gasanteil FAGas = Gaspartialdruck/ pB – pH2O × Vol.-%

36 Partialdrücke der Atemgase auf Meereshöhe (pB: 760 mmHg) Atemgas

Einatemluft (mmHg)

Alveolarluft (mmHg)

Ausatemluft (mmHg)

Sauerstoff (O2) CO2 Stickstoff (N2) H2O

159 (149 im Nasopharynx) 0,3 597 3,7

104 (≈ 13,3Vol.-%) 40 (≈ 5,5Vol.-%) 569 (≈ 75 Vol.-%) 47 (≈ 6,2Vol.-%)

120 27 566 47

427

Physiologie

Beurteilung des transpulmonalen O2-Austauschs

Quotient nach Benzer Von der FiO2 unabhängiger Index AaDO2

Oxygenierungsindex (Horovitz) paO2 (mmHg) Oxygenierungsindex = FiO2

wobei eine FiO2 von 100% O2 = 1,0 • Normwerte: > 450 mmHg • bei ALI: < 300 mmHg • bei ARDS: < 200 mmHg

Alveoloarterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2) AaDO2 (mmHg) = pAO2 - paO2

Bei der Beurteilung der AaDO2 muss die inspiratorische Sauerstoffkonzentration (FiO2) berücksichtigt werden! Normalwert: 10–20 mmHg bei Raumluft, 25–65 mmHg bei 100% O2  neuere Untersuchungen geben auch unter reinen Sauerstoffbedingungen einen korrigierten AaDO2-Normalwert von 10–13 mmHg an (Korrektur der Liegezeit der Blutgasanalyse, des Spritzentypus und der Punktionstechnik [Aspiration von Luftblasen])

paO2

Normalwert: 0,1–0,25 > 0,3 pathologisch

Intrapulmonaler Rechts-links-Shunt (QS/QT ) Normalwert: 3–5% des HZV (bedingt durch den Zufluss von nichtoxygeniertem Blut über die bronchialen Venen und Venae Thebesii des Herzens) 1. paO2 : > 150 mmHg, dann QS

AaDO2 = 145 - (paO2 + paCO2)

• Zunahme der AaDO2 infolge alveolokapillärer Diffusionsstörung, Anstieg des intrapulmonalen venoarteriellen R-L-Shunts bzw. Ventilations-/ Perfusionsstörungen, intrakardiale anatomische Shunts, langandauernde hohe Fi O2-Konzentrationen (Resorptionsatelektasen!)  im Rahmen einer alveolären Hypoventilation (respiratorisches Pumpversagen) ist der paO2 meist erniedrigt, der paCO2 erhöht und die AaDO2 jedoch normal

QT

=

AaDO2 × 0,0031 AaDO2 × 0,0031+ avDO2

wobei avDO2 = caO2 - cvO2 oder: QS

QT

=

(pAO2 - paO2) × 0,003 (caO2 - cvO2) + (pAO2 - paO2) × 0,003

2. paO2 : < 150 mmHg, dann QS

Vereinfachte Formel für die AaDO2 bei Lungengesunden unter Raumluftbedingungen:

36

QT

=

(ccO2 - caO2) (ccO2 - cvO2)

(Formel nach Berggren)

wobei cvO2 der O2-Gehalt der Pulmonalarterie (gemischtvenös) und ccO2 der O2-Gehalt der Pulmonalkapillare (Abnahme bei geblocktem Ballon)

Schätzung der pulmonalen Shuntfraktion 1. Nach Hessel: bei FiO2 = 1,0 und paO2 > 150 mmHg Shunt (%) =

AaDO2 (mm Hg) 20

428

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

⊡ Abb. 36.12. Iso-Shunt-Diagramm modifiziert nach Nunn

2. Nach Nunn: Bestimmung des Shuntanteils aus einem Nomogramm (⊡ Abb. 36.12)  ab 25–30% Shuntanteil bezüglich des HZV bewirkt eine FiO2-Erhöhung fast keine Zunahme des paO2 mehr!

Sauerstoffangebot (DO2) DO2 = CaO2 (ml/dl) × HZV (l/min)

Normalwert: 800–1000 ml/min oder 600 ± 50 ml/ min/m2KOF

36

.

Sauerstoffaufnahme/-verbrauch (VO2) Nach dem inversen Fickschen Prinzip: . VO2 = avDO2 × HZV (l/min)

Normalwert: ≈ 250 ml/min

A. pulmonalis und nicht mittels ZVK aus der oberen Hohlvene entnommen sein! Nach Kleiber:

. VO2 = 10 × KG (kg)¾ (ml/min)

 unter Annahme eines mittleren kalorischen Äquivalent von 4,85 kcal/l O2 lässt sich der Energiebedarf anhand des Sauerstoffverbrauchs bestimmen: z. B. HZV = 6,4 l/min, avDO2 = 8 ml/100 ml (= 80 ml/l) ⇒ O2-Verbrauch 512 ml/min = 30,72 l/h = 737 l/ Tag ⇒ Energieverbrauch: 737 × 4,85 = 3574 kcal/Tag .  umgekehrt kann durch direkte Messung der VO2 mit Hilfe des Deltatrac Metabolic Monitor das HZV bestimmt werden: . HZV =VO2/avDO2

und Mittels Pulmonalarterienkatheter (PAK) kann durch Bestimmung der arteriovenösen Sauerstoffdifferenz (avDO2) und des Herzzeitminutenvolumens der Sauerstoffverbrauch (VO2) berechnet werden. Das gemischt-venöses Blut muss dabei aus der

. VO2 = AMV × (FiO2 – FexO2)

FiO2 = inspiratorische Sauerstoffkonzentration FexO2 = exspiratorische Sauerstoffkonzentration AMV = Atemminutenvolumen

429

Physiologie

CO2-Produktion (VCO2) VCO2 = Vex × FexCO2

Normalwert: ≈ 200 ml/min VCO2 = Kohlendioxidproduktion FexCO2 = exspiratorische CO2-Konzentration (inspiratorische CO2-Konzentration wird als null angenommen!) = exspiratorisches Atemminutenvolumen Vex

Respiratorischer Quotient (RQ) VCO RQ = . 2 VO2

Normalwert: ≈ 0,8 (abhängig von Substratstoffwechsel)

O2-Bindungskurve Der Zusammenhang zwischen O2-Sättigung (SO2, %) als Maß für den chemisch (an Hämoglobin) gebundenen Sauerstoff und dem O2-Partialdruck (pO2, mmHg) wird als O2-Bindungskurve (sigmoidaler Verlauf) bezeichnet (⊡ Abb. 36.13). Im oberem Bereich hat eine Zunahme oder Abfall der pO2-Werte einen nur geringen Einfluss auf

36

die O2-Sättigung → paO2-Schwankungen werden hier schlecht und nur verzögert erfasst! Ursachen der Lageveränderung der O2-Bindungskurve ← Linksverschiebung erhöhte Affinität bzw. schlechtere O2-Abgabe, p50* erniedrigt

Rechtsverschiebung → verringerte Affinität bzw. leichtere O2-Abgabe, p50* erhöht

Alkalose (pH)

Azidose (pH ↓)

Hypokapnie (pCO2 ↓)

Hyperkapnie (pCO2)

Temperatur ↓

Temperatur ↑

2,3-DPG ↓ (z.B. bei Austausch bzw. Massivtransfusion → Neusynthese benötigt 12–24 h)

2,3-DPG ↑

fetales Hämoglobin (HbF) und abnorme Hämoglobine

volatile Anästhetika (2–3 mmHg) Anämie (um ca. 3,8 mmHg)

Sepsis und Schwangerschaft

Hbs

Hexokinasemangel

Pyruvatkinasemangel

COHb und MetHb ↑ Hypokaliämie

Hyperkaliämie, Hypernatriämie

* p50-Normalwert bei einer Temperatur von 37 °C, einem pH von 7,4 und einem BE von ± 0 beträgt 27 mmHg

⊡ Abb. 36.13. O2-Bindungskurve

430

Kapitel 36 · Physiologie der Atmung

Bohr-Effekt Verschiebung der O2-Bindungskurve durch Veränderungen der H+-Konzentration und des pCO2 → Begünstigung der O2-Aufnahme in der Lunge und O2-Abgabe ans Gewebe bzw. Azidose reduziert die Affinität des Hämoglobins für O2.

Apnoische Oxygenierung (AO) Unter apnoischer Oxygenierung versteht man die passive O2-Zufuhr und Aufnahme trotz Atemstillstand.

• Atemstillstand, z.B. im Rahmen einer längerdauernden Intubation führt zu einer Unterbrechung der O2-Versorgung des Patienten → O2-Verbrauch des Erwachsenen von 200–250 ml/min läuft unvermindert weiter • Frumin et al. zeigte bereits im Jahr 1959, dass ein Atemstillstand von bis zu 55 Minuten Dauer überlebt werden kann, wenn zuvor die intrapulmonalen Speicher (= FRC von ca. 3000 ml beim Erwachsenen) mit reinem Sauerstoff aufgefüllt (Präoxygenierung) und gleichzeitig der Stickstoff aus der Alveole ausgewaschen worden war (Denitrogenisierung) und ein weiteres Eindringen von exogenem Stickstoff in die Lunge verhindert wurde → simultaner paCO2-Anstieg (bis auf 250 mmHg!)

Sauerstoffvorrat

36

Unter physiologischen Bedingungen (21% Sauerstoff ) beträgt der gesamte O2-Vorrat bei einem ≈ 65 kg schweren Menschen ca. 1500 ml, aufgegliedert in • ≈ 300 ml physikalisch und an Myoglobin gebundener Sauerstoff • ≈ 800 ml an Hämoglobin gebundener Sauerstoff (bei 750 g Hb, 1,39 ml O2/g Hb, psO2 von 100% für arterielles Blut und 85% für venöses Blut) • ≈ 400 ml intrapulmonaler Sauerstoff (bei 3000 ml FRC × 0,135 FAO2)  Unter reiner Sauerstoffgabe erhöht sich der Gesamtsauerstoffvorrat auf ≈ 4200 ml

Verlauf der O2- und CO2-Partialdrücke unter Apnoe beim Erwachsenen Bei Apnoe kommt es zu 1. einem Abfall des Sauerstoffpartialdrucks: • ca. 45–55 mmHg /min. Bei wiedereinsetzender (Be)atmung erfolgt ein weiterer Abfall des paO2 in den ersten 35 s um 30 mmHg durch CO2- und N2 -Diffusion in die Alveole • bei Schwangeren paO2-Abfall von 150 mmHg pro Minute! 2. einem Anstieg des Kohlendioxidpartialdrucks: • in den ersten 35–60 Sekunden paCO2-Anstieg um ca. 15 mmHg; anschließend ≈ 4 mmHg/min, je nach Stoffwechselaktivität  bei Kindern kommt es infolge einer erhöhten CO2-Produktion zu schnelleren Veränderungen pro Zeiteinheit

Intrapulmonale O2-Speicher Wichtiger als die Präoxygenierung ist die Denitrogenisierung des Patienten und die Erhöhung der FRC, die durch Faktoren wie Adipositas oder Schwangerschaft reduziert sein kann oder altersentsprechend sehr gering ist. ! Cave: Bei Säuglingen und Kleinkindern FRC grundsätzlich ↓ und gewichtsbezogener O2-Verbrauch ↑ (≈ 7 ml/kg/min). Hieraus ergeben sich dann unterschiedliche Apnoe-Toleranzen → die intrapulmonalen Speicher sind unter Apnoe erschöpft, wenn die partielle O2-Sättigung von 98% auf 75% abgefallen ist! Ohne Präoxygenierung ist dies bei Kleinkindern nach 20 Sekunden, bei Schwangeren nach 35 Sekunden und bei Erwachsenen nach 60 Sekunden erreicht. Durch eine optimale Präoxygenierung bleibt die partielle Sauerstoffsättigung für die Dauer von 3,5 min beim Kleinkind, 6 min bei der schwangeren Patientin und 9 min beim Erwachsenen konstant.  eine Präoxygenierung ist empfohlen bei zu

erwartender schwieriger Intubation und im Rahmen der Anästhesie bei Schwangeren ist sie obligat!

36

431

Physiologie

Intrapulmonale O2-Speicher Funktionelle Residualkapazität (FRC) in ml

Erwachsene 3000

Schwangere 2400

Kleinkinder 200

FAO2 (in %)

paO2 (in mmHg)

SpO2 (in %)

Hyperoxie

0,886

670

98

2650

2100

175

Normoxie

0,131

100

98

400

320

26

Hypoxie

0,053

40

75

160

130

10

Effektiver O2-Pool (ml) unter Hyperoxie bis paO2 von 98 → 75% (= Hypoxie) abgefallen ist

2250

1780

149

Effektiver O2-Pool unter Normoxie (ml) bis paO2 von 98 → 75% (= Hypoxie) abgefallen ist

240

190

16

Ausgewählte Literatur Klinke R, Silbernagel S (1996) Lehrbuch der Physiologie,. 2. Aufl. Thieme, Stuttgart Larsen R. Ziegenfuß T (2004) Beatmung, 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Schmidt RF, Lang F, Thews G (2005) Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie, 29. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Silbernagl S, Despopoulos A (2003) Taschenatlas der Physiologie. 6. Aufl. Thieme, Stuttgart

O2-Pool (in ml) = FRC × FAO2

37 Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

Wasserhaushalt Verteilung der Körperflüssigkeiten • Neugeborene bestehen zu 70–80% des Körpergewichts (KG) aus Wasser • Erwachsene: s. Tabelle Totales Körperwasser



Alter in Jahren

Männer (Anteil in %)

Frauen (Anteil in %)

18–40 40–60 > 60

61 55 52

51 47 46

• Extrazellulärflüssigkeit (ECF) – interstitielle Flüssigkeit – Plasmavolumen (Intravasalflüssigkeit) • Intrazellulärflüssigkeit (ICF)

• die Serumosmolarität beträgt etwa 290–300 mosmol/l (–320)  Annäherungsformel: Osmolalität (mosmol/l) = (Serumnatrium in mval/l + 5) × 2 oder Bestimmung mit dem Osmometer anhand der Gefrierpunkterniedrigung. Des Weiteren unter Berücksichtigung der Serumharnstoff- und Glukosekonzentration:

≈ 20% des KG ≈ 15% ≈ 5% (incl. Zellen 7,5%) ≈ 30–40% des KG

Na+

Glukose Harnstoff (mg/dl) (mg/dl) (mmol/l) + + 18 6

Osmolalität Die Osmolalität ist die molare Konzentration aller osmotisch aktiven Teilchen pro kg Wasser. Extraund Intrazellulärraum werden haupsächlich durch das osmotische Gleichgewicht extrazellulärer Natrium- und intrazellulärer Kaliumionen konstant gehalten.  Osmolarität und Osmolalität können in stark verdünnten Lösungen, wie denen des menschlichen Körpers, gleichgesetzt werden

Osmolarität • die Osmolarität beschreibt das Verhältnis von Wasser zu den darin gelösten Teilchen. Sie ist ein Maß für die Anzahl der Teilchen in einem Lösungsmittel • 1 Mol = 6 × 1023 Teilchen, 1 osmol = 1 mol nichtdissoziierter Substanz in 1 Liter Lösungsmittel

Kolloidosmotischer Druck • der kolloidosmotische Druck (KOD) ist ein Sonderfall des osmotischen Drucks; er wird durch Makromoleküle an einer für diese undurchlässigen Membran, der Kapillarwand, hervorgerufen

434

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

• der KOD des Plasmas beträgt 25–28 mmHg (Albuminmolelüle tragen zum KOD ca. 80% bei) • ein KOD von 18–20 mmHg bzw. eine Gesamteiweiß-Konzentration von 5 g/dl oder ein Albumingehalt von 2,5 g/dl werden als Ödemschwelle angesehen!

Flüssigkeitsersatzmittel • kolloidale Lösungen → Plasmavolumen nimmt zu • kristalloide Lösungen → Extrazellulärflüssigkeit nimmt zu Blutvolumina

Tägliche Wasserabgabe und Flüssigkeitsbedarf • Perspiratio insensibilis: 900 ml/Tag (200–400 ml Haut, 400–600 ml Lunge) • Urinausscheidung: 600–1600 ml/Tag

Männer 7,5% des Körpergewichts ≈ 75 ml/kg Frauen 6,5% des Körpergewichts ≈ 65 ml/kg Neu8,5% des Körpergewichts ≈ 80–85 ml/kg geborene

Kristalloide Basis-Flüssigkeitsbedarf

Unterscheidung in:

pro kg

ml/kg/h

ml/kg/Tag

1–10 kg 11–20 kg > 20 kg

4 2 1

100 50 20

• • • •

Vollelektrolytlösungen: Na+ >120 mmol/l 2/3 -Elektrolytlösungen: Na+ 91–120 mmol/l Halbelektrolytlösungen: Na+ 61–90 mmol/l 1/3 -Elektrolytlösungen: Na+ 20 kg

10 × 4 10 × 2 0×1

10 × 100 10 × 50 0 × 20

60 ml/h

1500 ml/Tag

Beispiel 2

ml/70 kg/h

ml/70 kg/Tag

1–10 kg 11–20 kg > 20 kg

10 × 4 10 × 2 50 × 1

10 × 100 10 × 50 50 × 20

110 ml/h

2500 ml/Tag

20 kg

70 kg

• Na+ = 154 mmol/l, Cl– = 154 mmol/l (nicht physiologisch) • Osmolalität: 308 mmol/l Ind:

• Flüssigkeitsersatz bei Niereninsuffizienz, Hyperkaliämie • Trägersubstanz zur Medikamentenverdünnung • plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz Dosis

Basis-Flüssigkeitsbedarf und Ersatz von geringeren Volumenverlusten

37 Flüssigkeitsbedarf bei Operationen

KI:

Basisbedarf + 4 ml/kg/h:

• Hypervolämie • Hyperchlorämie, Hypernatriämie

+ 6 ml/kg/h: + 8 ml/kg/h:

z. B. Operationen an den Extremitäten, Leistenhernien-Op. Operationen mittleren Ausmaßes Offenes Peritoneum, z. B. bei Hemikolektomien

NW:

• Gefahr der hyperchlorämischen Azidose, v. a. bei eingeschränkter Nierenfunktion

435

Physiologie

37

• Na+ ≈ 147 mmol/l, Cl- ≈156 mmol/l, K+ ≈ 4 mmol/ l, Ca2+ ≈ 2–2,25 mmol/l

 Bei Blutverlust müssen Kristalloide im Verhältnis 4:1 infundiert werden: z. B. bei 500 ml Blutverlust → 2000 ml Kristalloide

Pha:

Pädiatrische Fertiglösungen

Ringer-Lösungen

• HWZ: 20–30 min, Abwanderung ins Interstitium • Volumeneffekt: 0,2–0,25 • theoret. Osmolalität: ≈ 309 mmol/l Ind:

• Flüssigkeitsersatz bei isotoner und hypotoner Dehydratation • Verlust extrazellulärer Flüssigkeit • plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz Dosis

Basis-Flüssigkeitsbedarf und Ersatz von geringeren Volumenverlusten

Na+ K+ Ca2+ Mg2+ ClAcetat Malat

Päd-I-Lösg. (für Säuglinge und KK bis zum 2. Lebensjahr)

Päd-II-Lösg. (für Kinder ab dem 3. Lebensjahr)

35 18 2 3 34 20 3

70 18 3 4 64 26,5 3

Kolloide (Plasmaersatzmittel, -expander)

KI:

• Hypervolämie • Hyperkaliämie, Hyperkalzämie Ringer-Laktat-Lösungen

• Na+ ≈ 130 mmol/l, Cl- ≈112 mmol/l, K+ ≈ 5–5,4 mmol/l, Ca2+ ≈ 1–2,25 mmol/l, Laktat ≈ 27–28 mmol/l • theoret. Osmolalität: ≈ 280 mmol/l

Unterscheidungsmöglichkeiten bzgl. • Volumeneffekt Plasmaersatzmittel: (Volumeneffekt = zugeführte Menge) Plasmaexpander: (Volumeneffekt > als zugeführte Menge) → onkotischer Effekt • künstliche und natürliche Kolloide • Substitutionsgrade bei Hydroxyäthylstärke • Molekülgröße und Konzentration der Lösung

Pha:

• HWZ 20–30 min, Abwanderung ins Interstitium • Volumenffekt: 0,2–0,25 • Osmolalität: 308 mmol/l

Künstliche Kolloide Historie

1915 Ind:

• Flüssigkeitsersatz bei isotoner und hypotoner Dehydratation • Verlust extrazellulärer Flüssigkeit • plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz Dosis

Basis-Flüssigkeitsbedarf und Ersatz von geringeren Volumenverlusten

KI:

• Hypervolämie • Hyperkaliämie, Hyperkalzämie • Hyperlaktatämie, Hirndruck

Erster klinischer Einsatz von nativer Gelatinelösung aus tierischen Kollagen durch Hogan 1944/45 Erster klinischer Einsatz von Dextranen aus Glukosepolymere pflanzlichem Ursprungs durch Grönwall u. Ingelmann 1951 Anwendung der Oxypolygelatine beim Menschen durch Campbell 1962 Erste Anwendung von harnstoffvernetzter Gelatine am Menschen durch SchmidtThome seit 1973 In den USA, Japan und Deutschland Hydroxyethylstärke-Lösungen im Handel

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

436

Dextrane

• Polysacharid aus Glukosemolekülen, die über 1–6-glykosidische Bindungen verknüpft sind • leicht hyperosmotisch • 6–10%-ige Lösungen Pha:

• MG: 40.000–70.000 • intravasale Verweildauer: MG 40.000: 2–4 h bzw. MG 70.000: 4–6 h • Aufspaltung und renale Ausscheidung, keine Speicherung • initialer Volumeneffekt: 100–130% der applizierten Menge, wobei die 10%ige Lösung einen größeren Volumeneffekt zeigt als die 6%ige Lösung Ind:

• • • •

Volumenersatz (beim Schock) Thromboseprophylaxe Hämodilution Mikrozirkulationsstörungen (Sludgeauflösung) → Dextran 40 Dosis

max. 1,5 g/kg/Tag

• • • • •

phylaxie auslösen können → allergische Reaktion daher bei erster Gabe möglich! Thrombozytenaggregationshemmung aufgrund einer Umhüllung (Coating) der Thrombozyten Verminderung der Aktivität der Faktoren II, V und VIII unspezifischer Dilutionseffekt starke Erhöhung der Viskosität des Urins → GFR ↓ bis zur Anurie erhöhte Eiweißbestimmung nach der Biuret-Methode

WW:

• Blutgruppenbestimmung nach Dextrangabe erschwert  Vorgabe eines Dextranhaptens (MG: 1000) seit 1982 (Promit) obligat! → neutralisiert präformierte Antikörper → Dextran-Gabe 1–2 min danach, spätestens 20 min nach Promitgabe! Hydroxyäthylstärke (⊡ Abb. 37.1) • von Amylopektin abgeleitetes Polysaccharid (Hauptkette 1,4-α-glykosidisch vernetzt), gewonnen aus Kartoffel- oder Getreidestärke • Substitutionsgrad: Anteil der Glukoseeinheiten, der mit Hydroxyethylgruppen besetzt ist: ca. 50– 70% (0,5–0,7)

KI:

• Gerinnungsstörungen, bes. Dextran 40 • dekompensierte Herzinsuffizienz • bekannte Allergie

1,4-α-glykosidische Bindung CH2CH2OH 4

NW:

37

• allergische Reaktionen (1:70.000–1:200.000) → von Bedeutung sind die präformierten, durch Strukturen von Bakterienkapseln oder Nahrungsbestandteilen induzierte IgG2-Antikörper, die über eine Vernetzung der infundierten Dextranmakromoleküle eine Immunkomplex-Ana-

O

6

O

5 3

O

21

3

2 1

O

CH2CH2OH → Hydroxyethylgruppe

C2 : C6 - Substitution ⊡ Abb. 37.1. Molekularer Aufbau der Hydroxyethylstärke

Übersicht Dextrane

Dextran 70 Dextran 40

Konzentration (%)

Molekulargewicht

Volumeneffekt

Intravasale Verweildauer (h)

Maximale Tagesdosis (hämostaseologisch empfohlen)

6 10

70 40

130% 175%

4–6 2–4

1,5 g/kg 1,5 g/kg

37

437

Physiologie

• Substitutionsmuster: Verhältnis der in C2- und C6-Position substituierten Glukoseeinheiten; das C2/C6-Verhältnis ist für die Metabolisierungsrate von Bedeutung → C6-Verbindungen werden durch die α-Amylase schneller gespalten als C2Verbindungen bzw. hoher C2/C6-Quotient bedeutet hohe Speicherrate oder geringe Speicherung bei niedrigem C2/C6-Quotienten • die intravasale Verweildauer und somit die klinische Wirkdauer ist abhängig von der Molekülgröße und zusätzlich noch vom Substitutionsgrad und dem Substitutionsmuster. Das Molekulargewicht ist für den kolloidosmotischen Druck und die Pharmakokinetik von Bedeutung! • die initiale Volumenwirkung der Kolloide ist im wesentlichen proportional der zugeführten Kolloidkonzentration (6%HES 200/0,5:100% und 10%HES 200/0,5 bis zu 145%) Pha:

• Künstliche Kolloide besitzen unterschiedliche Molekülgröße (≈polydisoperse Lösungen). Es werden die mittleren Molekülgrößen (MG) der Präperate angegeben. Die Präparate können in 3 verschiedene MG-Klassen eingeteilt werden: – 450.000–480.000 – 130.000–200.000 – 140.000– 70.000

• renale Ausscheidung bis MG 50.000–70.000 nach Spaltung durch die Serumamylase, größere Moleküle werden primär gespalten und renal ausgeschieden, hochmolekulare Substanzen werden im RES für Monate bis Jahre gespeichert! (NW: Juckreiz bei HNO-Patienten mit Tinnitus nach größeren HES-Mengen) • Osmolalität: 308 mosmol/l Ind:

• Volumenersatz • Hämodilution Dosis

max. 1,2–2,0 g/kg/Tag

KI:

• Nierenfunktionsstörungen • dekompensierte Herzinsuffizienz • bekannte Allergie NW:

• unspezifischer Dilutionseffekt • Thrombozytenfunktionsstörung nur nach höheren Mengen (> 1,5 l) • Verminderung des Faktor-VIII-Komplexes sowie verstärkte Fibrinolyse nach größeren, hochmolekularen HES-Mengen

Übersicht Hydroxyäthylstärke Konzentration (%)

Mittleres Molekulargewicht

Volumeneffekt (100%)

Intravasale Verweildauer (h)

Maximale Tagesdosis*

KOD (mmH2O)

C2:C6 Verhältnis

HES 450/0,7 Plasmasteril

6

450.000

145

6–8

20 ml/kg (= 1,2 g/kg)

380

4,6:1

HES 200/0,5 HES-Steril 6% Hemohes 6%

6

200.000

100

3–4

33 ml/kg (= 2,0 g/kg)

490

6:1

HES 200/0,5 HES-Steril 10% Hemohes 10%

10

200.000

145

3

20 ml/kg (= 2,0 g/kg)

952

6:1

HES 130/0,4 Voluven

6

130.000

100

3

33 ml/kg (= 2,0 g/kg)

490

9:1

HES 70/0,5

6

70.000

100

2–3

400

4:1

* Hämostaseologisch empfohlen

 In den USA ist nur HES 480/0,7 (6% Hespan) erhältlich!

438

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

• allergische Reaktionen (sehr selten, < 0,1%) und Juckreiz bei längerer Anwendung • Anstieg der α-Amylase im Serum um bis zum 5fachen (für maximal 7 Tage) • falsch erhöhte, indirekte Fibrinogenbestimmung • fragliche Beeinflussung der Funktion der Spenderniere nach Transplantation → höhere Dialyserate post transplantationem • Zunahme der Viskosität bei Präparaten mit einem MG > 200.000  Präparate mit MG nicht größer als 200.000 und Substitutionsgrad von 0,5 beeinflussen die Gerinnung nur wenig! Neuere Präparate • Pentafraction (HES 280/0,5) mit Entfernung der

niedermolekularen Anteile (MG < 100.000) durch aufwendige und kostenintensive Diafiltrationsverfahren, Effekt: Verminderung einer gesteigerten Kapillardurchlässigkeit (plugging the leaks) und Vermeidung einer Extravasation von Albumin • 6% HES 130/0,4 aus Wachsmaisstärke; Substitutionsmuster C2 : C6 = 9:1, um 20% reduzierter Substitutionsgrad. Volumenwirksamkeit bis 4–6 Stunden, intravasale Halbwertszeit bis 3 Stunden verminderte Gewebseinlagerung (minus 75% im Vergleich zu HES 200/05), erhöhte renale Ausscheidung, geringere Beeinflussung des Ristocetin und vW-Faktors bzw. der Gerinnung, geringerer Verbrauch an Erythrozytenkonzentraten im Vergleich zu 6% HES 200/05 Gelatine

37

• Polypeptid aus dem Kollagenabbau stammend • 3 Arten: – succinylierte Gelatine (Gelafundin) – Oxypolygelatine (Gelifundol) – harnstoffvernetzte Gelatine (Haemacel [hoher Ca2+-Anteil]) • 3–5,5%-ige Lösungen

Ind:

• Volumenersatz • Hämodilution Dosis

heutzutage keine Dosislimitierung

KI:

• Nierenfunktionsstörungen • dekompensierte Herzinsuffizienz • bekannte Allergie NW:

• allergische Reaktionen (selten) • hoher Ca2+-Anteil bei einigen Präparaten Cave: bei Digitalis! • steigert Diurese WW:

• kaum Beeinflussung der Gerinnung (PTT) • fragliche Beeinflussung der Immunkompetenz durch Erniedrigung des Fibronektinspiegels (= Opsonin, das die Phagozytose von Abwehrzellen moduliert)

Natürliche Kolloide Humanalbumin

• 580 Aminosäuren, als Präalbumin von der Leber synthetisiert • 25–40% intravasal, der Großteil im Interstitium, besonders in der Haut gespeichert • Funktion: intravasales Transportprotein, Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Druckes (23–25 mmHg) • tägliche Syntheseleistung: 120–200 mg/kg → 10– 15 g Albumin am Tag, Gesamtbestand: 300–375 g (4–5 g/kg) • Humanalbuminlösungen: isoonkotisch 5% oder hyperonkotisch 20–25%

Pha:

• MG: 30–35.000 • intravasale Verweildauer: 2–3 h • initialer Volumeneffekt: 70–80% der applizierten Menge

Pha:

• MG: 66.000 • HWZ: 19 Tage

439

Physiologie

37

rasche Normalisierung des intravasalen Volumens, Verbesserung der Mikro- und Makrozirkulation

Ind:

• Hypoproteinämie • ggf. Volumenersatz bei Früh- und Neugeborenen (NaCl - freies Humanalbumin)

Selbstherstellung KI:

• Nierenfunktionsstörungen • dekompensierte Herzinsuffizienz

250 ml NaCl 0,9% → 85 ml entfernen und durch 85 ml NaCl 20% ersetzen ⇒ ≈ 250 ml NaCl 7,39%. WM:

NW:

• allergische Reaktionen seltener  hyperonkotische Albuminlösungen (HA 20%) sollten erst dann eingesetzt werden, wenn bei intakter Endstrombahn das Dosislimit für künstliche Kolloide ausgeschöpft ist und der KOD nur so auf etwa 15–20 mmHg gehalten werden kann. Bei HA 5% mit einem KOD von 20 mmHg kann kein positiver Effekt auf den KOD des Plasmas erreicht werden

• rasche Erhöhung der Plasmaosmolarität → Einstrom von Flüssigkeit aus Gefäßendothel, Interstitium und Erythrozyten in den Intravasalraum • → Verbesserung der Mikrozirkulation durch Reduktion der Endothelödems mit nachlastsenkender Wirkung und gleichzeitiger Erhöhung des HZV durch erhöhte Vorlast (Volumeneffekt) • beim schweren Schädel-Hirn-Trauma → Reduktion des Hirndrucks • erhöhte Scherkräfte induzieren wiederum eine vermehrte NO-Freisetzung

Small Volume Resuscitation Ind:

• Mobilisierung interstitieller Flüssigkeit und Zunahme des intravasalen Volumens durch die Gabe kleiner Volumina hypertoner (hyperonkotischer) Lösungen • hypertone Elektrolytlösung – alleinige Gabe von 7,2–7,5%iger NaCl-Lösung bewirkt nur einen positiven hämodynamischen Effekt für ca. 30 min – die Wirkdauer kann durch die simultane Gabe einer hyperonkotischen Lösung verlängert werden • hyperton-hyperonkotische Lösung NaCl 7,5% und hyperonkotische 6% Dextran70- oder 6–10% HAES-200.000-Lösungen →

• • • •

hämorrhagischer Schock traumatisch bedingte Hypotension septische Patienten (Anstieg von AaDO2) Schädel-Hirn-Trauma-Patienten (ICP-Abfall) und ggf. gefäßchirurgische Patienten  Patienten mit Hypotension und schwerem Schädel-Hirn-Trauma zeigen nach small volume resuscitation ein verbessertes Outcome im Vergleich zur Ringer-Laktat-Infusionstherapie Dosis

3–4 ml/kg beim Erwachsenen (innerhalb von 2–3 min)

Hypertone-hyperonkotische Infusionslösungen Handelsname

Zusammensetzung

Land

Plasmadex-Hiper Hiperton Macrodex HAT Osmohes RescueFlow Hyperhes

7,5% NaCl/6% Dextran 70 7,5% NaCl/6% Dextran 70 7,5% NaCl/6% Dextran 70 7,2% NaCl/10% HES 200/0,5 7,5% NaCl/6% Dextran 70 7,5% NaCl/ 6% HES 200/0,60–0,66

Brasilien Mexiko Argentinien Österreich (1999) USA, Zentraleuropa (1999) Deutschland (2000)

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

440

NW:

Hypertone Hyperhydratation

• bei wiederholter Gabe gefährliche Hypernatriämie und Hyperosmolarität (nach 250 ml SerumNa+-Anstieg um ca. 9 mmol/l) • schnelle Infusion führt über erhöhte Prostacyclinspiegel und einen Anstieg des 6-Keto-PGF1α/ Thromboxan-A2-Verhältnisses zu einem Blutdruckabfall infolge einer Senkung des peripheren Widerstandes (keine myokardiale Depression)

Hyperosmolarität (> 320 mosmol/l), Hypernatriämie Therapie

• Glukose 5% + Diuretika • evtl. Dialyse

Störungen des Elektrolythaushalts Störungen des Wasserhaushaltes

Kalium

Hypertone Dehydratation

• Normalwert: 3,5–5,5 mval/l • 98% intrazellulär, 2% extrazellulär

Hyperosmolarität (> 320 mosmol/l), Hypernatriämie Therapie

Gabe von Glukose 5% über 48 h. benötigte Glukoselösung = [S-Na+ (mval/l) – 142 (mval/l)] × kgKG × 0,2 142 (mval/l)

Hypotone Dehydratation Hypoosmolarität (< 270 mosmol/l), Hyponatriämie Therapie

Das mval Na+-Defizit berechnet sich: 142 (mval/l) – Na+-Ist (mval/l) × kgKG × 0,1 ! Cave: Hyponatriämie mit normaler Plasmaosmolarität: ⇒ kein Natrium!

Hypotone Hyperhydratation

37

Hypoosmolarität (< 270 mosmol/l), Hyponatriämie Therapie

• Diuretika • Natrium, wenn Natrium < 130 mval/l (ab 130 mval/l kein Natrium mehr) • evtl. Dialyse

Serum-K+↑

Serum-K+↓

metabolische Azidose (→ Kaliummangel bei normalem Serum-K+)

metabolische Alkalose

Katabolie, Hypoxie, Oligurie, Anurie, Hämolyse etc.

Anabolie, Glukose-InsulinTherapie, Tokolyse, Katecholamintherapie, Bronchodilatorische Therapie, Stress, Op., Schleifendiuretika etc.

Na+-Mangel → H2O ↓ → Serum-K+↑

Na+-Überschuss → H2O ↑ → Serum-K+ ↓

 Stimulation von β-Rezeptoren führt zu einer Verschiebung des Kaliums von extra- nach intrazellulär!

Hypokaliämie (< 3,5 mval/l) • leichte Hypokaliämie: 2,5–3,5 mval/l • schwere Hypokaliämie: < 2,5 mval/l Ursachen • intrazellulärer Transport:

– extrazelluläre Alkalose (hypokaliämische Alkalose) oder intrazelluläre Azidose – Kaliumverschiebung durch Glukose-InsulinGaben – β-adrenerge Substanzen (Adrenalin, Bronchodilatoren) – Tokolyse mit β-Rezeptoragonisten – Anabolismus in der Rekonvaleszenzphase

441

Physiologie

• gastrointestinale Verluste: Diarrhö, präoperative anterograde Darmspülungen, Polyposis intestinalis, Morbus Menetriere, Darmfisteln bei M. Crohn, Drainagenverluste und Erbrechen → Kalium im 24-h-Urin meist normal (30–80 mmol/l) und begleitende Hypochlorämie, ein chloridfreier Urin und metabolische Alkalose • alimentäre Hypokaliämie bei Alkoholismus oder geriatrischen Patienten (→ Kalium im 24-h-Urin meist < 10–15 mmol/l) • renale Verluste: – Schleifendiuretika (→ Hypokaliämie und milde Hypochlorämie und chloridreicher Urin, Hypomagnesiämie), – Hyperaldosteronismus – Glukokortikoidwirkung – osmotische Diurese im Rahmen eines Diabetes mellitus, einer Mannitbehandlung, hochdosierter Penicillintherapie oder renal-tubulärerer Azidose – Gitelman-Syndrom (renale Tubulusstörung mit gestörter Fähigkeit zur Kaliumretention und Hypokalziurie) • Pseudohypokaliämie bei extremer Leukozytose (intrazelluläre K+-Aufnahme) • weitere seltene Ursachen: Conn-Syndrom (primärer Hyperaldosteronismus), familiäre Hypomagnesiämie Klinik akuter Hypokaliämien

• ggf. Muskelschwäche, Muskelkrämpfe, paralytischer Ileus, verlängerte Wirkdauer von ndMR, orthostatische Hypotension, Tetanie • kardiale Störungen: Kammerflimmern, Asystolie EKG:

• flache ST-Senkung, flache T-Welle, ggf. U-Welle • ⇒ erhöhte Empfindlichkeit für supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen (auch ventrikuläre Arrhythmien, Digitalistoxizität)

37

Kalium-Defizit in mval = (4,5 mval/l – Serum-K+) × ECF (l) × 2 = (4,5 mval/l – Serum-K+) × 0,4 × kgKG  möglichst nicht mehr als 2–3 mval/kg/Tag  nicht mehr als 20 mval K+/h (im Notfall 0,5 mval/ kg/h vor Narkoseeinleitung über ZVK)  max. 40 mval K+ in eine Infusion geben, wegen Gefahr versehentlich zu rascher Infusion  Abfall des Serum-Kalium um 1 mval/l bedeutet ein Gesamtdefizit von 200 mval!

Hyperkaliämie (> 5,5 mval/l) • lebensbedrohliche Hyperkaliämie: > 6,6 mval/l • tödliche Hyperkaliämie: > 10–12 mval/l Ursachen • exzessive Freisetzung aus intrazellulären Kali-

umspeichern: Myolyse, Hämolyse, Katabolie, Thrombozytose, Leukozytose • Kaliumausscheidungsstörung: – Nierenversagen – mineralokortikoide Wirkung • erhöhte Kaliumzufuhr: • transfusionsbedingter Kaliumanstieg bei alten EK (25–30 mval/l) • Überkorrektur einer Hypokaliämie • Medikamentenbedingt: – Gabe von depolarisierendem Muskelrelaxans – aldosteronhemmende Diuretika wie Spironolacton – kaliumsparende Diuretika – selten nach der Gabe von Heparin (Hemmung der Aldosteronsynthese → Kaliurese ↓), nichtsteroidalen Antiphlogistika, Pentamidin, Trimethoprim/Sulfamethoxazol (Bactrim) sowie Ciclosporin A (Sandimmun) • Pseudohyperkaliämie bei hämolytischer Blutabnahme

Therapie

• Kaliumsubstitution (per os z. B. als Kalinor-Brause oder als Infusion) • kaliumreiche Kost (Bananen, Trockenobst etc.) • bei Diuretikatherapie: Schleifendiuretika auf kaliumsparende Diuretika umsetzen!

Klinik akuter Hyperkaliämien

• neuromuskuläre Veränderungen wie Gliederschmerzen, allgemeine Muskelschwäche • atonische Paralyse • kardiale Störungen: Kammerflimmern, Asystolie

442

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

EKG:

• hohe, spitze T-Welle • QRS breit durch S-Verbreiterung, AV-Block • Verlust der P-Welle Therapie

• Diurese steigern (Diuretika, Osmotherapeutika) • 100 ml 20% Glukose + 10 I.E. Altinsulin (1 IE/2g) → Wirkung beginnt nach 30 min und hält für circa 4–6 h an • 20–30 ml Kalziumglukonat 10% → Soforteffekt mit der Dauer von 30 min • 20–50 ml 7,5% NaHCO3 (1 mmol/ml) → Wirkung beginnt nach 5–10 min und hält für ca. 2 h an • Kationenaustauscher (Aluminium- oder Kalziumserdolit) mehrmals täglich (nicht bei Ileus, Subileus oder Darmatonie) • Dialyse • ggf. bei kardialen Problemen Einsatz eines passageren Herzschrittmachers (transvenös oder transkutan [bei Anwendung Sedierung notwendig!])

Kalzium • Gesamt-Kalzium (Normalwert: 2,2–2,6 mmol/l) • ionisiertes Kalzium (Normalwert 1,1–1,4 mmol/l) • Gesamt-Kalzium besteht aus 3 Fraktionen: 1. ionisiertes Kalzium (≈ 50%), diffundierbar 2. nichtionisiertes, eiweißgebundenes Kalzium (≈ 45%), nichtdiffundierbar 3. an organ. Säuren gebundenes Kalzium (≈ 5%), diffundierbar  nur Ca2+-Ionen sind biologisch aktiv Azidose ⇒ Ionisation ↑, Alkalose ⇒ Ionisation ↓

37

Hypokalzämie (< 2,2 mmol/l) bzw. ionisierter Anteil < 0,9 mmol/l) Ursachen

• Massivtransfusion • Op. mit Herz-Lungen-Maschine • Hypoparathyreoidismus, Nierenerkrankungen, enterale Absorptionsstörungen (bei Pankreasinsuffizienz), Vitamin-D-Mangel, akute Pankreatitis, Magnesiummangel

 die Leber ist normalerweise in der Lage, das 100fache der normalen Serumcitratkonzentration während einer einzelnen Passage zu metabolisieren. Bei einer Citratüberschwemmung kommt es auch zu einer Hypokalzämie, da Citrat ionisiertes Kalzium bindet  Hypothermie, verminderte Leberdurchblutung und Hyperventilation erhöhen zusätzlich die Gefahr der Hypokalzämie  Gesamt-Kalzium-Werte (im Labor gemessen) können irreführend sein  deutliche Effekte auf die Gerinnung hat die ionisierte Hypokalzämie erst < 0,5 mmol/l  kardiale Phänomene können schon bei Werten < 0,75 mmol/l Ca2+ auftreten Therapie

• Ca2+-Substitution nicht routinemäßig, sondern nur bei erniedrigtem ionisiertem Kalziumspiegel • Ca2+-Substitution durch Ca-Glukonat oder CaCl2 – 10 ml Ca-Glukonat 10% (0,225 mmol/ml) – 10 ml Ca-Glukonat 20% (0,45 mmol/ml) – 10 ml CaCl2 (0,5 mmol/ml) ! Cave: Ca-Glukonat und CaCl2 haben verschiedene Molarität, bei CaCl2 wird mehr ionisiertes Ca2+ freigesetzt (nicht an den Lebermetabolismus gebunden)

Hyperkalzämie (> 2,6 mmol/l, bzw. ionisieter Anteil > 1,6 mmol/l) Ursachen

• primärer HPT, Vit. D-Intoxitation, erhöhter Knochenabbau • paraneoplastisches Syndrom, Sarkoidose, osteolytische Metastasen • Hyperthyreose • iatrogene Hyperkalzämie EKG:

• Verkürzung der Dauer des Aktionspotentials und der Refraktärzeit

! Cave: bei Serum-Kalziumwerten > 9 mmol/l wurden Todesfälle infolge Kammerflimmern beschrieben!

37

443

Physiologie

Hypernatriämie (> 145 mval/l) Osmolarität erhöht (> 320–330 mosmol/l), intrazelluläres Volumen vermindert Ursachen

Therapie

• Glukose 5% • hochdosierte Diuretikagabe (Furosemid) • isotone Natrium-Sulfat-Lösung (1 l alle 3–6 h mit 20–40 mval K+) • EDTA bei bedrohlichen Herzrhythmusstörungen • evtl. Hämodialyse

Natrium Hyponatriämie (< 135 mval/l) • Serum-Natrium: < 135 mval/l • inadäquat hohe Osmolarität des Urins im Vergleich zum Plasma Ursachen

• TUR-Syndrom • postoperativ (v. a. bei Kindern nach großen Wirbelsäulen-Operationen) • kontinuierliche oder intermittierende Erhöhung der ADH-Spiegel bei Patienten mit malignen Tumoren (paraneoplastische Erscheinung) oder Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH)  Ursache des SIADH: perioperativer Stress, Schmerzen oder Pharmaka sowie Erbrechen • bei Lungenentzündungen, bei ZNS-Erkrankungen

• • • • • • • •

Verlust an freiem Wasser > als Zufuhr exzessive Wasserdiurese nach Hyperalimentation nach Gabe von natriumhaltigen Medikamenten (Penicillin, Bikarbonatlösungen, Sedierung mit Gamma-Hydroxybuttersäure) Diabetes insipidus polyurisches Nierenversagen, (auch in früherer Zeit nach Methoxyflurananästhesien → ADHresistente Polyurie) ausgeprägte Perspiratio insensibilis nach Verbrennungen

Klinik

• neurologische Störungen wie Unruhe, Schwäche, Verwirrtheit, gelegentlich Athetosen und choreiforme Bewegungen • trockene Schleimhäute, ggf. Durstgefühl Therapie

Behandelt wird durch Zufuhr von freiem Wasser in Form von Glukose-5%-Lösungen → langsame und nicht vollständige Korrektur.

Säure-Basen-Haushalt Blutgasanalyse Normalwerte arteriell

venös

kapillär

pO2

70–100

35–40

> 80

O2sat

95–97

55–70

95–97

%

Therapie

pCO2

36–44

41–51

40

mmHg

• Absetzen von Opioiden (v. a. Morphinsulfat), Carbamazepin oder Pentamidin • Wasserrestriktion • ggf. Natriumgabe, wenn Natrium < 130 mval/l (ab 130 mval/l kein Natrium mehr) • Gabe von Furosemid bei Überwässerung • evtl. Dialyse

StandardHCO3–

22–26

22–26

22–26

mmol/l

HCO3–

22–26

22–26

22–26

mmol/l

Pufferbasen

44–48

44–48

44–48

mmol/l

BE

± 2,5

± 2,5

± 2,5

mmol/l

pH

7,35– 7,45

7,31– 7,41

7,35– 7,45

Klinik

Verwirrtheit, Unruhe, Desorientiertheit, Bewusstseinsstörungen, Ödeme

mmHg

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

444

Respiratorische Azidose pCO2 ↑

pH↓ Urs: Ther:

BE < –3

HCO3– normal od. ↑

Hypoventilation (Verlegung der Atemwege, zentr./periph. Atemdepression, ZNS-Schädigung) primär respiratorisch

Metabolisch kompensierte respiratorische Azidose pH normal

pCO2 ↑

BE > +3

HCO3– > 25 mmol/l

pCO2 ↓

BE > +3

HCO3– ↓

Respiratorische Alkalose pH ↑ Urs: Ther:

Hyperventilation (SHT, Angst, kontrollierte Beatmung) primär Ursache

Metabolisch kompensierte respiratorische Alkalose pH normal

pCO2 ↓

BE < –3

HCO3– < 21 mmol/l

pCO2 normal

BE < –3

HCO3–↓

Metabolische Azidose pH ↓ Urs: Ther:

Säurenanhäufung (z. B. bei Diabetes mellitus, renale Bikarbonatverluste, Laktatazidose [anaerober Metabolismus bei Hypoxie]) Puffersubstanzen

Durch Hyperventilation kompensierte metabolische Azidose pH normal

pCO2 ↓

BE < –3

HCO3– ↓

pCO2 normal

BE > +3

HCO3– ↑

Metabolische Alkalose pH ↑

37

Urs: Ther:

H+-Verlust (Magensaft, Diuretika, schwerer K+-Mangel, Cortisontherapie) erst bei schweren Alkalosen

Durch Hypoventilation kompensierte metabolische Alkalose pH normal

pCO2 ↑

BE > +3

HCO3– ↑

37

445

Physiologie

Azidoseausgleich

Alkaloseausgleich

Natriumbikarbonat (NaHCO3)

Salzsäure 7,25% (HCl)

• NaHCO3 8,4% (1 ml = 1 mmol)

• 1 ml = 2 mmol (mval) H+ + 2 mmol (mval) Cl• HCl erst ab BE von + 10–12 mmol/l

Dosis

NaHCO3 in ml = (-BE) × kgKG × 0,3

Salzsäure 7,25% (HCl) 2 molar: Dosis

 zunächst nur die Hälfte der errechneten Puffermenge infundieren, danach BGA und Neuorientierung • zuerst kausale Therapie der Grunderkrankung • chronische Azidosen langsam, akute Azidosen schnell ausgleichen • meistens ist auch bei normalem Serum-Kalium eine gleichzeitige Kalium-Substitution erforderlich (intrazellulärer Kalium-Einstrom bei Korrektur) • Blindpufferung nur mit Zurückhaltung: z. B. 1–2 mmol/kg nach längerer außerklinischer Reanimation (zunächst max. 100 mmol)

Benötigte Dosis: ml HCl 2 molar =

(BE) x kg x 0,3 2

• Infusionsgeschwindigkeit max. 0,2 mmol H+ pro kg/h

• Trägerlösung: Glukose 5% • nur über korrekt liegenden ZVK  Die Verdünnung richtet sich nach der dem Patienten zumutbaren Wasserbelastung (in der Regel 0,2 molare Lösung) Beispiel:

NW:

• Na+ ↑, CO2 -Anstieg mit konsekutiver Erhöhung der Atemarbeit

Tris-Puffer Ind:

• metabolische Azidosen bei gleichzeitiger Hypernatriämie und Hyperkapnie • wirkt intra- und extrazellulär • inotroper Effekt nach Gabe Dosis

bei 3- molarer Lösung: ml TRIS = (-BE) × 0,1 kg bei 0,3- molarer Lösung: ml TRIS = (-BE) × kg

 zunächst nur die Hälfte der errechneten Puffermenge infundieren, danach BGA und Neuorientierung NW:

• Atemdepression • arteriell vasodilatierend → Abfall des mittleren aortalen und koronaren Perfusiondrucks → nicht geeignet für Pufferung unter CPR

BE = 12, Patient 70 kg 12 × 70 × 0,3/2 = 126 ml HCl 2 molar 0,2 mmol/kg/h = 14 mmol/h • 0,2 molar: 2 Gaben von » 60 ml HCl 2 molar in 540 ml Glukose 5% mit 70 ml/h • 0,5 molar: » 120 ml HCl 2 molar in 380 ml Glukose 5% mit 28 ml/h • Perfusor: 1 molar: (2 Amp. HCl 2 molar à 10 ml + 20 ml NaCl 0,9% oder Glukose 5%) mit 0,1–0,2 ml/kg/h unter BGA-Kontrolle

Anionenlücke Die Überproduktion von Säuren führt zu einem Anstieg der Anionenlücke → metabolische Azidosen mit normaler Anionenlücke sprechen für einen Alkaliverlust! Anionenlücke: Na+ – (Cl– + HCO3–)  Normalwert: 8–16 mmol/l

Azidose mit erhöhter Anionenlücke

• Ketoazidosen (Diabetes mellitus, exzessiver Alkoholkonsum, Hunger)

446

Kapitel 37 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt

• Laktatazidose (O2-Mangel, Leberversagen, Biguanide) • Vergiftungen (Salizylate, Methanol, Äthylenglykol) Azidose mit normaler Anionenlücke

• tubuläre Nierenfunktionsstörung (tubuläre Azidose, Hypoaldosteronismus, Diuretika) • Bikarbonatverluste (Durchfall, Enterostomien, Medikamente wie Azetazolamid, Polyposis coli, M. Menetrier, Pankreasfisteln) • exzessive NaCl-Zufuhr (hyperchlorämische Azidose)

Ausgewählte Literatur Siegenthaler W (2001) Klinische Pathophysiologie, 8. Aufl. Thieme, Stuttgart Schmidt RF (2004) Physiologie des Menschen mit Pathophysiologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Tokio Silbernagl S, Lang F (2005) Taschenatlas der Pathophysiologie. Thieme, Stuttgart

37

38 Blutgerinnung

Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse) Die Hämostase umfasst die Blutstillung bei gleichzeitiger Erhaltung der rheologischen Eigenschaften des Blutes (Gleichgewicht der Systeme). Die Hämostase kann unterteilt werden in (⊡ Abb. 38.1): • vaskuläre Reaktion • Gerinnung (Koagulation) – primäre Hämostase – sekundäre Hämostase • Gerinnungshemmung (Antikoagulation) • Fibrinolyse und Fibrinolysehemmung

– Plättchenfaktor 3, 4 (PF3, PF4) und Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (PAI) – von Willebrand-Faktor, FV, FXIII, Fibrinogen (FI) – Serotonin, ADP, Ca2+ und Thromboxan A2, was die vaskuläre Reaktion unterstützt • Thrombozytenaggregation

Sekundäre Hämostase • aus Prothrombin (FII) wird zunächst Thrombin (FIIa) gebildet, was schließlich Fibrinogen zu Fibrin vernetzt • die Auslösung der sekundären Hämostase (Aktivierung von Thrombin) kann erfolgen durch das – endogene System (Intrinsicsystem) oder – exogene System (Extrinsicsystem)

Vaskuläre Reaktion Lokale Kontraktion der Blutgefäße durch Sympathikusstimulation und aus Thrombozyten freigesetztem Thromboxan A2

Gerinnung (Koagulation) Primäre Hämostase • Thrombozytenadhäsion • Thrombozytenaktivierung nach Aktivierung setzen die Thrombozyten folgende Substanzen frei:

Intravaskuläres (Intrinsicsystem) Durch Kontakt mit unphysiologischen Oberflächen und freigesetztem PF3 wird der Faktor XII

aktiviert und die Gerinnungskaskade in Gang gesetzt. Extravaskuläres (Extrinsicsystem) Durch Gewebsverletzung wird Gewebsthromboplastin (»tissue factor«) freigesetzt, das den Faktor

VII aktiviert und so die Gerinnungskaskade in Gang setzt.

448

Kapitel 38 · Blutgerinnung

38

⊡ Abb. 38.1. Blutgerinnung und Fibrinolyse

449

Physiologie

Gerinnungshemmung (Antikoagulation) Die Hemmung der Gerinnung erfolgt durch eine Vielzahl von Substanzen auf verschiedenen Ebenen, u. a. durch: Hemmung der primären Hämostase durch die Endothelzellenfunktion

Intakte Endothelzellen begrenzen die Hämostase durch Abgabe von • EDRF (»endothelium-derived relaxing factor«), chemisch dem NO entsprechend. EDRF führt nach Diffusion in die Gefäßmuskelzelle zur Vasodilatation • Prostacyclin (PGI2), gebildet aus Arachidonsäure, hemmt die Thrombozytenaggregation und erweitert die Blutgefäße • Thrombomodulin (auf der Oberfläche der Endothelzelle) aktiviert gemeinsam mit Thrombin das Protein C • t-PA (»tissue plasminogen aktivator«) aktiviert die Fibrinolyse Antithrombin (AT-III)

• AT-III inaktiviert freies Thrombin durch Bildung eines Thrombin-Antithrombin-Komplexes (TAT), außer Thrombin werden noch weitere aktivierte Proteasen wie Faktor IIa und Xa inhibiert, in geringerem Maße die Faktoren IXa, XIa und XIIa, Trypsin, Plasmin und Kallikrein • die inhibierende Wirkung wird durch Heparin um das Vielfache gesteigert (> 1000fach)  Heparin ist ein AT-III-abhängiger Thrombininhibitor Protein C und S

Protein C wird durch den Thrombin-Thrombomodulin-Komplex aktiviert. Aktiviertes Protein C inaktiviert zusammen mit Protein S die Faktoren Va und VIIIa. Dadurch verhindert es, dass weiteres Thrombin entsteht. Medikamente

Zum Einsatz kommen Thrombozytenaggregationshemmer, Heparin, Cumarine, Danaparoin, Lepirudin und Prostacyclin.

38

Fibrinolyse • die Fibrinolyse verhindert ein übermäßiges Anwachsen des Blutgerinnsels und verursacht seine Auflösung • Plasminogen wird unter der Einwirkung von Plasminogenaktivatoren zu Plasmin, dem zentralen proteolytischen Enzym der Fibrinolyse umgewandelt Plasminogenaktivatoren

• t-PA (Gewebsplasminogenaktivator) aus der Endothelzelle • physiologische Substanzen und Medikamente (Urokinase, Streptokinase, rt-PA) u.a.

Fibrinolysehemmung Die Fibrinolysehemmung erfolgt durch folgende Komponenten • α2-Antiplasmin • α2-Makroglobulin • Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (PAI-1) • Medikamente (z. B. Tranexamsäure, Aprotinin)  Serinproteasen sind Faktoren, die nur aktiviert, aber nicht verbraucht werden (Faktor II, IX, X, XI, XII), im Gegensatz dazu werden Substratfaktoren (Faktor I, V, VIII) verbraucht!  die Faktoren V und VIII sind in die Thrombozytenmembran integriert und daher bei Lagerung sehr instabil  Vitamin-K-abhängige Gerinnungsfaktoren sind Faktor II, VII, IX und X sowie Protein C, S und Z  Protein Z bewirkt, dass Thrombin in einer Ca2+-abhängigen Reaktion an Phospholipidoberflächen ankoppelt und nicht abdiffundiert. Ohne Protein Z findet die Ankopplung nicht statt. Es dient somit als Lokalisationsfaktor für Thrombin, um es am Ort der Gefäßverletzung zu halten. Protein-Z-Mangel begünstigt eine Blutungsneigung, allerdings ist auch eine Thromboseneigung oder Gerinnungsaktivierung denkbar, da Thrombin nicht am verletzten Endothel gehalten wird, sondern in die Peripherie abdiffundiert

450

Kapitel 38 · Blutgerinnung

Plasmatische Gerinnungsfaktoren Faktor

Synonym

Plasmakonzentration (mg/dl)

kritische Schwelle (mg/dl)

Halbwertszeit

Bemerkungen

I

Fibrinogen

200–450 (Schwangerschaft > 400)

50–75

4–5 Tage

Akut-Phase-Protein

II

Prothrombin

5–10

2–4

2–3 Tage

(III)

Gewebefaktor (»tissue factor«), Thromboplastin

IV

Kalziumionen (Ca2+)

V

Proaccelerin

1,5

0,2–0,4

12–15 h

(VI)

aktivierter Faktor V

VII

Prokonvertin

≈ 0,1

0,01

1,5–6 h

VIII

antihämophiles Globulin A

≈ 0,5–1

0,1–0,4

8–12 h

sehr instabil Akut-Phase-Protein Hämophilie A

IX

antihämophiles Globulin B, Christmas-Faktor

0,5–0,7

0,1–0,2

20–24 h

Hämophilie B

X

Stuart-Prower-Faktor

1

0,2–0,25

1–2 Tage

XI

Plasma-Thromboplastin-Antecedent, Rosenthal Faktor

≈ 0,6

0,1–0,2

2,5–3 Tage

XII

Hagemann-Faktor

1,5–4,7

0,15–0,4

2–3 Tage

XIII

fibrinstabilisierender Faktor, Fibrinase

1,0–4,0

0,1–0,4

4–6 Tage

kritische Schwelle (mg/dl)

Halbwertszeit

sehr instabil

instabil

Weitere Komponenten der Hämostase weitere Komponenten

38

PF3

Plättchenfaktor 3, partielles Thromboplastin

PF4

Plättchenfaktor 4, Antiheparin

AT III

Antithrombin, Heparinkofaktor

Plasmakonzentration (mg/dl)

Bemerkungen

inaktiviert endogenes Heparin 22–39

15

1,5–2 Tage

Plasminogen

11

1,5–2 Tage

α2-Antiplasmin

7

1,5–2 Tage

Protein C

6

1,5–6 h

Protein S

8

1–2 Tage

Protein Z

0,2–0,4

2–3 Tage

Thrombozyten

150–400.000/µl

20–50.000/µl

4–5 Tage

Vit. K abhängig, Lokalisationsfaktor für Thrombin

451

Physiologie

38

Normwerte und Bewertung einiger Gerinnungstests Test

Normwerte

Bewertung

PTT (partielle Thromboplastinzeit) Erfassung der endogenen Gerinnungsfaktoren (Fakt. VIII, IX, XI, XII, geringer empfindlich: (Fakt. I, II, V, X) Globaltest der plasmatischen Gerinnung

30–45 s (NG: 40–60 s) therapeut. Antikoag. Bereich: 1,5–3-fach ↑

verkürzt bei: • Hyperkoagulabilität verlängert bei: • Heparintherapie (> 0,2 IE/ml Plasma) • Verbrauchskoagulopathie (DIC) • Hypofibrinogenämie • Faktorenmangel: Faktor VIII (Hämophilie A) Faktor IX (Hämophilie B) • Fibrinogenspaltprodukte > 0,05 g/l Plasma

Quick (Prothrombinzeit) Erfassung der exogenen Gerinnungsfaktoren (Fakt. I, II, V, VII, X) Globaltest der plasmatischen Gerinnung

70–130% (NG: > 60%) therapeut. Antikoag. Bereich: ≈ 20–30%

erniedrigt bei: • Verminderung des Prothrombinkomplexes • Vit. K-Mangel • Leberzellschaden • Cumarintherapie • Verbrauchskoagulopathie (DIC) • hochdosierte Heparintherapie (> 1 IE/ml Plasma) • Fibrinogenspaltprodukte > 0,05 g/l Plasma

Thrombinzeit (PTZ) Erfassung von Störungen der Fibrinbildung (3. Phase der Gerinnung) (Heparin-, Fibrinolysetherapie)

17–24 s (NG: 10–15 s)

verlängert durch: • Heparintherapie • Hyperfibrinolyse (FSP) • schwerer Fibrinogenmangel (Hypo-, Afibrinogenämie) • zur Differenzierung Reptilasezeit und Fibrinogen bestimmen

Gerinnungstest

erfasster Faktor

Zugabe von

PTZ PTT Quick

I I II V X VIII IX XI XII I II V X VII

Thrombin Plättchenfaktor III Gewebefaktor III + Ca2+

Test

Normwerte

Bewertung

Fibrinogen (I) Erfassung des Substrats der plasmatischen Blutgerinnung

150–450 mg/dl (NG: > 160 mg/dl)

erniedrigt bei: • Leberparenchymschaden • angeboren • Hyperfibrinolyse • Verbrauchskoagulopathie (DIC)  Blutung infolge isolierter Hypofibrinogenämie erst < 50 mg/dl

Faktor XIII Aktivität des fibrinstabilisierenden Faktors

1–4 mg/dl (70–140%)

erniedrigt bei: • Verbrauchskoagulopathie (DIC) • Leberparenchymschaden • gestörte Wund- und Knochenheilung • Leukämie • Verbrennung und Polytrauma • entzündliche Darmerkrankungen



452

38

Kapitel 38 · Blutgerinnung

Test

Normwerte

Bewertung

»activated clotting time« (ACT) (ACT bei Hemochron) Heparintherapie

110 ± 15 s therapeut. Antikoag. Bereich: > 400–500 s 2–3 ml Nativblut

verlängert durch: • Heparintherapie  Aktivator zur ACT-Bestimmung ist Kaolin oder Kieselerde (Hemochron), bei Verwendung von Aprotinin (Trasylol) Hemochron zu ungenau

»ecarin clotting time« (ECT) Hirudintherapie

bis 35 s 2–3 ml Nativblut

verlängert durch: • Hirudintherapie

Antithrombin Erfassung des wichtigsten Inhibitors der plasmatischen Gerinnung

20 ± 6 mg/dl (75–125%)

erniedrigt bei: • Verbrauch (große Wundfläche, DIC) • Leberschaden • Dilution • Sepsis • Hämodialyse; Hämofiltration

Reptilasezeit (RZ)

18–22 s (NG: bis 24 s)

verlängert durch: • Hyperfibrinolyse (bzw. ↑ FSP) • Hypo-, Dysfibrinogenämie • heparinunabhängig

Fibrinmonomere Erfassung einer system. Gerinnungsaktivierung Abgrenzung einer DIC gegen Verdünnungskoagulopathie

< 15 mg/l

erhöht bei: • Verbrauchskoagulopathie (DIC)

Thrombin-AntithrombinIII-Komplex ( TAT) Erfassung einer system. Gerinnungsaktivierung Abgrenzung einer DIC gegen Verdünnungskoagulopathie

1–4 µg/l

erhöht bei: • Verbrauchskoagulopathie (DIC) mit reaktiver Hyperfibrinolyse • Thrombembolie

Fibrin(ogen)-Spaltprodukte (FSP) Nachweis einer Hyperfibrinolyse Abgrenzung einer DIC gegen Verdünnungskoagulopathie

< 300 µg/l

erhöht bei: • Hyperfibrinolyse • Verbrauchskoagulopathie (DIC) mit reaktiver Hyperfibrinolyse • fibrinolytischer Therapie • Thrombembolie • hämolytisch-urämisches Syndrom

D-Dimere Nachweis einer Hyperfibrinolyse, Nachweis von Fibrinspaltprodukten Abgrenzung einer DIC gegen Verdünnungskoagulopathie

4–78 µg/l

erhöht bei: • Verbrauchskoagulopathie (DIC) mit reaktiver Hyperfibrinolyse • Hyperfibrinolyse • fibrinolytischer Therapie • Thrombembolie • hämolytisch-urämisches Syndrom



453

Physiologie

38

Test

Normwerte

Bewertung

»clot observation time« (COT)

Gerinnung nach 8–12 min (bei 22°C); keine Gerinnselauflösung 3 ml Nativblut Glasröhrchen

verlängert/keine Auflösung: • Prothrombinkomplex-Mangel • niedrig dosiert Heparin normal – verlängert/Auflösung in 1 Stunde: • Hyperfibrinolyse/DIC Ungerinnbarkeit > 1 Stunde: • Heparineffekt • extreme Hyperfibrinolyse Verbrauchskoagulopathie (DIC) • Hämophilie normale Gerinnselbildung/ gestörte Retraktion: • Thrombopenie/Thrombopathie

Thrombelastogramm ( TEG) (⊡ Abb. 38.2 und 38.3) Globaltest über Thrombozytenzahl-, funktion, endogene Gerinnung und Fibrinolyse r-Zeit: Zeit vom Start bis zur ersten Bewegung k-Zeit: Bewegungsbeginn bis zur Amplitudenhöhe 20 mm ma: Maximale Amplitudenhöhe

r-Zeit: 7–15 min k-Zeit: 2,5–5 min (bis 2 cmAmplitude) ma: 45–60 mm Abgangswinkel: 60°

r-Zeit verlängert: • Faktorenmangel • Heparinämie • Fibrinogenspaltprodukte k-Zeit verlängert: • Faktorenmangel • Heparinämie • Fibrinogenspaltprodukte ma verringert: • Faktorenmangel (FVa, FXIII) • Fibrinogenmangel • Heparinämie • Fibrinogenspaltprodukte • Thrombopenie/-pathie r-Zeit + k-Zeit verkürzt, ma erhöht: • Hyperkoagulabilität

Blutungszeit Globaltest für das gesamte Gerinnungssystem • nach Duke: Stich am unteren Ohrläppchenrand + Absaugen des Blutes mit Tupfer • nach Ivy: Stauung des Oberarms, 2 mm langer und 2 mm tiefer Schnitt an der Innenseite des Unterarms 2 Modifikationen: – nach Mielke (standardisierte Schnittführung mittels speziellem Gerät) – nach Simplate (kürzerer Schnitt als bei Ivy) • subaquale Blutungszeit nach Marx Rumpel-Leede

1–5 min

verlängert: • globale Störung der Gesamtgerinnung • Thrombozytopenie/ Thrombozytopathie • hohe Heparinkonzentration

≈ 4 min

2–9 min 1,5–6 min

keine Petechien bei RRManschette 15 mmHg über dem RRsyst über 5 min

Petechien bei: • Angiopathie • Thrombozytopenie/-pathie

 eine normale Blutungszeit schließt eine Plättchenfunktionsstörung nicht sicher aus!

Kapitel 38 · Blutgerinnung

454

Hämorrhagische Diathesen r-Zeit

• Koagulopathien (Störungen der plasmatischen Blutgerinnung) • Angiopathien (Störungen der Gefäße, z. B. M. Osler, allergische oder rheumatische Purpura) • Thrombopathien (Störungen der Thrombozyten) – Thrombopenien (Bildungsstörungen, gesteigerter Abbau z. B. M. Werlhof) – Thrombopathien angeboren: z. B. von Willebrand-Jürgens-Syndrom erworben: z. B. Medikamente (ASS, andere NSAID etc.), Urämie, Leberzirrhose • Kombination: von Willebrand-Jürgens-Syndrom (leichter Faktor-VIII-Mangel und Thrombopathie und Angiopathie)

k-Zeit 20 mm

a° ma = max. Amplitudenhöhe

Amplitudenhöhe bei 60 min ⊡ Abb. 38.2. Thrombelastogramm ( TEG) r-Zeit: Zeit vom Start bis zur ersten Bewegung (normal: 7–15 min) k-Zeit: Bewegungsbeginn bis zur Amplitudenhöhe 20 mm (normal: 2,5–5 min) ma: maximale Amplitudenhöhe (normal: 45–60 mm) α: Abgangswinkel (normal: 60°)

a

b

b1

b2

c

Störungen der Blutgerinnung (Koagulopathien) • Defektkoagulopathien angeboren

– Hämophilie A (Faktor VIII-Mangel), Inzidenz 1:10.000–20.000

d

e

f

38 ⊡ Abb. 38.3. Thromboelastogramme a) Normal b) Hämophilie b1) Schwere Hämophilie b2) Leichte Hämophilie

c) Thrombozytopenie d) Fibrinolyse e) Hyperkoagulabilität f) Erhöhte Fibrinolyse g) Erhohte Gerinnung mit erhöhter Fibrinolyse

g

38

455

Physiologie

– Hämophilie B (Faktor-IX-Mangel), Inzidenz bei 1: 100.000 – Angiohämophilie von Willebrand-JürgensSyndrom, Inzidenz 1:10.000–20.000

Verdünnungskoagulopathie

Verdünnung aller plasmatischen Bestandteile des Blutes mit kristalloiden oder kolloidalen Volumenersatzmitteln oder EK.

erworben

– Verminderung des Prothrombinkomplexes (FII, VII, IX, X) durch Synthesestörung in der Leber, Vitamin K-Mangel • Immunkoagulopathien – Autoantikörper (Kollagenosen, Lebererkrankungen) – Isoantikörper (Rh-Inkompatibilität und andere) • Verlust-, Verdünnungskoagulopathie • Verbrauchskoagulopathie (DIC) • Hyperfibrinolyse

Verlust- und Verdünnungskoagulopathie Verlustkoagulopathie

Verlust der zellulären und plasmatischen Blutbestandteile durch Blutung.

Verbrauchskoagulopathie, disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC) • beide Begriffe werden synonym verwendet • eine DIC bedeutet den Zusammenbruch des hämostatischen Systems. Es besteht eine Imbalance zwischen Neusynthese und Verbrauch von Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren. Das Gerinnungssystem kann durch verschiedene Ursachen generalisiert aktiviert werden. Es kommt zu einer Hyperkoagulabilität. Eine Störung der Mikrozirkulation ist die Folge. Kompensatorisch versucht der Körper die Mikrothromben wieder aufzulösen und reagiert mit einer gesteigerten Fibrinolyse. Da aber weiterhin Gerinnungsfaktoren in höherem Maße verbraucht als neusynthetisiert werden, gelingt es schließlich nicht mehr, ein normales Gerinnungspotential aufrecht zu erhalten

Stadien der Verbrauchskoagulopathie (DIC)/Verlustkoagulopathie Stadium I (Hyperkoagulabilität)

Stadium II (kompensierte DIC)

Stadium III (Hyperfibrinolyse, subakute DIC)

Stadium IV (akute DIC)

Verlustokoagulpathie

Gerinnung Verbrauch Fibrinolyse

↑ ↔ ↔

↑ ↑ ↔

↓ ↑ ↑

↓↓ ↑↑ ↑↑

↑ ↑ ↔

Quick PTT PTZ Fibrinogen Thrombozyten AT III FSP Faktor XIII TAT D-Dimere

↔ ↓ ↔ ↑ ↔ ↔ ↔ ↑↑ ↔-↑ ↔-↑

↔ ↔ ↔-↑ ↔ ↔↓ ↓ ↔-↑ ↔ ↑ ↑

↓ ↑ ↑ ↓ ↓ ↓↓ ↑ ↓ ↑↑ ↑

↓↓ ↑↑ ↑↑ ↓↓ ↓↓ ↓↓ ↑↑ ↓↓ ↑↑ ↑↑

↓-↓↓ ↑-↑↑ ↔ ↓-↓↓ ↓-↓↓ ↓-↓↓ ↔ ↔-↓ ↔ ↔

↔ = normal, ↑ = erhöht bzw. verlängert, ↑↑ = stark erhöht bzw. verlängert, ↓ = erniedrigt bzw. verkürzt, ↓↓ = stark erniedrigt bzw. verkürzt

Kapitel 38 · Blutgerinnung

456

 eine chronische DIC ist meist kompensiert, kann aber sowohl zu Thrombosen als auch zu Blutungen führen Therapie der Verbrauchskoagulopathie (DIC)/ Verlustkoagulopathie

• • • • •

Therapie der Grunderkrankung Beseitigung der Hyperkoagulabilität Unterbrechung der Umsatzsteigerung Verhinderung der Mikrothrombosierung Beseitigung der Mikrothromben

Ursachen einer DIC akute DIC

chronische DIC

schweres Trauma

Lebererkrankungen

Schock

maligne Tumoren (Leukämie)

Sepsis

schwere Systemerkrankungen

Verbrennungen geburtshilfliche Komplikationen akute Pankreatitis Hämolyse (Massiv- oder Fehltransfusion) Intoxikationen Schlangenbiss

Therapie der Verbrauchskoagulopathie (DIC)/Verlustkoagulopathie

Heparin FFP Thrombozyten AT III PPSB Fibrinogen Aprotinin Plasminogen Fibrinolytika (rt-PA)

Stadium I (Hyperkoagulabilität)

Stadium II (kompensierte DIC)

Stadium III (Hyperfibrinolyse, subakute DIC)

Stadium IV (akute DIC)

+

+ + (+) (+)

(+)? + + + (+) -? +

-? + + + + (+) (+) ? ?

Verlustokoagulpathie

+ + (+) (+)

+ = indiziert, (+) = bedingt indiziert, –? = frgl. kontraindiziert

! Cave:

• die Strategie der Substitutionstherapie zielt

38

• • • •



v. a. auf das Erhalten eines hohen Niveaus an Inhibitoren der Blutgerinnung ab. Daher werden Faktorenkonzentrate (mit überwiegend prokoagulatorischen Substanzen) nur herangezogen, wenn ein ausreichender Hämostaseausgleich durch FFP nicht möglich ist kein Heparin bei blutenden Patienten Thrombozyten, wenn < 30.000/µl Antithrombin III (AT III), wenn < 70% PPSB enthält aktivierte Faktoren, daher erst wenn AT III normalisiert bzw. ausreichend substituiert ist (außerdem sollte auf einen ausreichenden Gehalt an Protein C und S geachtet werden) Fibrinogen führt zur weiteren Gerinnungsaktivierung

• eine antifibrinolytische Therapie ist bei der DIC grundsätzlich kontraindiziert Ausnahme: – Überwiegen der reaktiven Fibrinolyse und Blutung → Aprotinin (Trasylol) oder ε-Aminocapronsäure (Anvitoff ) s. unten

Gerinnungspräparate PPSB • Prothrombinkomplex S-TIM 4 200/600, PPSBKomplex • Beriplex P/N 250/500 • Präparate sind nur auf den Gehalt des Faktor IX standardisiert, die Faktoren II, VII (teils 1000fach) Pha:

NW:

• allergische Reaktion • thromboembolische Komplikationen wie Thrombophlebitis, akuter Myokardinfarkt, Thrombose, Embolie oder DIC • Hemmkörperreaktion (Hämophilie B)

• HWZ: 65 h ohne und 37 h mit Heparin Ind:

• venöse Thrombosen und Thrombembolien bei pathologischer AT-III-Erniedrigung, z. B. nach Operation

Kapitel 38 · Blutgerinnung

458

• • • •

nephrotisches Syndrom akutes Leberversagen angeborener AT-III-Mangel Gefahr der Mikrothrombosierung bei DIC Stadium III und IV (septische Erkrankungen, Polytrauma u. a.) • fehlende oder ungenügende Heparinwirkung bei AT-III-Mangel • ausgeprägtes SIRS (AT III soll > 70% sein)

Dosis

• initial 1–2 g • bei schweren Blutungen initial 4–8 g Faustregel: erforderliche Fibrinogendosis (mg) = erwünschter Anstieg (g/l) × Plasmavolumen (ml) (≈ 40 ml/kg) z. B. Anstieg um 1 g/l = 100 mg/dl, Patient 70 kg: 1 g/l × 70 kg × 40 ml/kg = 1 mg/ml × 2800 ml = 2800 mg

Dosis

Faustregel: 1 IE/kg ⇒ AT-III ↑ von 1–2% Verbrauchskoagulopathie (1 IE/kg ⇒ AT III ↑ von 1%) • wenn AT-III 80% evtl. alle 4–6 h wiederholen Sonstige AT-III-Mangelzustände: (1 IE/kg ⇒AT III ↑ von 2%) • initial ≈ 1000–1500 IE (evtl. alle 8–24 h die Hälfte der Initialdosis)

NW:

• allergische Reaktion  kritische Grenze des Plasmafibrinogens bei Werten < 50–100 (75) mg/dl  Fibrinogen führt zur Gerinnungsaktivierung  Fibrinogen > 500 mg/dl erhöht das Risiko thromboembolischer Komplikationen  in klinischen Studien wurde bisher aufgrund neuerer Herstellungsverfahren keine Übertragung einer Virusinfektion (Hepatitis, HIV) beobachtet

NW:

• allergische Reaktion  AT III < 70% bedeutet erhöhtes Thromboserisiko  die Wirkung von Heparin wird durch AT III verstärkt ⇒ Dosisanpassung (PTT)  in klinischen Studien wurde bisher aufgrund neuerer Herstellungsverfahren keine Übertragung einer Virusinfektion (Hepatitis, HIV) beobachtet

Fibrinogen (Faktor I)

38

Faktor-VII-Konzentrat • Novoseven 60/120/240 KIE • humaner rekombinierter Gerinnungsfaktor VII aus Babyhamster-Kidney- (BHK-)Zellen Ind:

• Blutungen oder Blutungsneigung bei angeborener Hämophilie und erworbener Hemmkörperhämophilie gegen Gerinnungsfaktor VIII und IX

Haemocomplettan HS

Dosis

Ind:

• initial 4,5 KIE/kg • ggf. 3–6 KIE/kg nach 2–3 h wiederholen,

• angeborener Fibrinogenmangel (Hypo-, Dys-, Afibrinogenämie) • erworbene Fibrinogenmangel bei – Synthesestörungen (schwerer Leberparenchymschaden) – Verbrauchs- Verdünnungskoagulopathie – ggf. Hyperfibrinolyse

danach Verlängerung der Behandlungsintervalle auf 4, 6, 8 h

NW:

• Fieber • Schmerzen, Erbrechen • allergische Hautreaktionen

459

Physiologie

38

KI:

Ind:

• bekannte Überempfindlichkeit gegen Mäuse-, Hamster- oder Rindereiweiß  strenge Indikationsstellung  Faktor VII aktiviert den Faktor X (gemeinsame Endstrecke des intrinsischen und extrinsischen Systems)

• Prophylaxe und Therapie von Blutungen bei Hämophilie B • sonstigen Erkrankungen mit Faktor-IX-Mangel Dosis

Faustregel: 1 IE/kg ⇒ Aktivitätsanstieg des Faktor IX um 0,8%

Faktor-VIII-Konzentrat NW:

• Immunate STIM plus/250/500/1000 Faktor-VIIIHochkonzentrat • Beriate HS 250/500/1000 • Haemate HS 250/500/1000 (Faktor-VIII und v. Willebrand-Faktor) Ind:

• angeborener und erworbener Blutgerinnungsfaktor-VIII-Mangel (Hämophilie A) • von Willebrand-Jürgens-Syndrom mit Blutgerinnungsfaktor-VIII-Mangel

• allergische Reaktion • Hemmkörperreaktion (Hämophilie B)  als Stabilisatoren sind Heparin (und Antithrombin) enthalten  bei frischer Thrombose bzw. frischem Herzinfarkt ist das Risiko der Therapie gegenüber der Nichtbehandlung abzuwägen  in klinischen Studien wurde bisher aufgrund neuerer Herstellungsverfahren keine Übertragung einer Virusinfektion (Hepatitis, HIV) beobachtet

Dosis

Bei Hemmkörperhämophilie A und B

Faustregel: 1 IE/kg ⇒ Aktivitätsanstieg des Faktor VIII um1–2%

• Feiba S-TIM 4/250/500/1000 1 Durchstechfl. enth.: humanes Plasmaprotein, 100–300 mg/200–600 mg/400–1200 mg (standardisiert auf 250/500/1000 FEIBA-Einheiten) (FEIBA= Factor Eight Inhibitor Bypassing Activity) Faktoren II, VIII, IX, X und Inhibitoren

NW:

• Hemmkörperreaktion (Hämophilie A)  enthält z. T. Aprotinin, Heparin, AT III, Humanalbumin  strenge Indikationsstellung (in der Regel bei schwerer und mittelschwerer Hämophilie oder zur Prophylaxe bei Eingriffen, die zu Blutungen führen können)  in klinischen Studien wurde bisher aufgrund neuerer Herstellungsverfahren keine Übertragung einer Virusinfektion (Hepatitis, HIV) beobachtet

Ind:

• Blutungen oder Blutungsneigung bei Hemmkörperhämophilie A und B • bei schweren Blutungen kann Feiba S-TIM 4 auch zur Behandlung von nichthämophilen Patienten mit erworbenen Inhibitoren gegen die Faktoren VIII, XI und XII eingesetzt werden Dosis

Faktor-IX-Konzentrat • Immunine STIM plus/200/600/1200 Faktor-IXHochkonzentrat • Berinin HS 300/600/1200

initial 50–100 Feiba-E/kg i.v., alle 12 h, ggf. 6 h max. Tagesdosis von 200 Feiba-E/kg soll nicht überschritten werden

Kapitel 38 · Blutgerinnung

460

KI:

• bei vermuteter oder nachgewiesener KHK, akuter Thrombose und/oder Embolie darf Feiba nur bei lebensbedrohlichen Blutungen verabreicht werden NW:

• bei extrem hohen Dosen Hinweise auf eine Verbrauchskoagulopathie (selten)

• 1 mg = 100 IE • 1937 in die Klinik eingeführt WM:

• AT-III-abhängiger Thrombininhibitor • körpereigene Substanz (Leber, basophile Granulozyten, Mastzellen), komplexes, lineares polyanionisches Polysaccharid aus ca. 30 Zuckereinheiten Polyschwefelsäureresten Pha:

Faktor-XIII-Konzentrat Fibrogammin HS 250/1250 Ind:

• Prophylaxe und Therapie von Blutungen bei Faktor-XIII-Mangel • Wund- und Knochenheilungsstörungen, die auf einen Faktor-XIII-Mangel zurückgeführt werden können (Faktor-XIII-Aktivität < 30%) Dosis

Faustregel: 1 IE/kg ⇒ Aktivitätsanstieg des Faktor XIII um 1–2%

NW:

• bisher keine bekannt  bei frischen Thrombosen ist wegen der fibrinstabilisierenden Wirkung Vorsicht geboten  in klinischen Studien wurde bisher a. g. neuerer Herstellungsverfahren keine Übertragung einer Virusinfektion (Hepatitis, HIV) beobachtet

Antithrombotika und Thrombozytenaggregationshemmer Normales (unfraktioniertes) Heparin (UFH)

38

• Heparin-Natrium Braun 1 ml = 5000/10.000 IE, Fertigspritzen 0,5 ml = 5000 IE, 0,3 ml = 7500 IE • Liquemin N 1 ml = 2500/5000/7500/10.000/ 20.000 IE Fertigspritzen 0,5 ml = 5000 IE, 0,375 ml = 7500 IE

• • • • •

MG: 6000–25.000 Überwachung mit Hilfe der PTT und/oder ACT Proteinbindung: ≈ 90% max. Spiegel nach s.c.-Gabe nach 1 h HWZ dosis- und körpertemperaturabhängig:

– bei normothermen männlichen Patienten und Gabe von 300 IE/kg HWZ: 100 min, bei 400 IE/kg HWZ: 2,5 h, bei 800 IE/kg HWZ: ≈ 5 h – durch niedrige Temperaturen wird die HWZ verlängert – durchschnittliche HWZ wird mit 1,5 h angegeben! • Metabolisierung über Leber (Heparinasen) und Ausscheidung der inaktiven Stoffwechselmetaboliten über Niere → HWZ ↑ bei Leber- und Niereninsuffizienz! (in höheren Dosen vermehrte renale Ausscheidung von unverändertem Heparin) • unfraktioniertes Heparin passiert die Plazentaschranke nicht Ind:

• Thromboembolie-Prophylaxe • Behandlung von venösen und arteriellen thromboembolischen Erkrankungen • Gerinnungshemmung bei Einsatz der EKK • Behandlung der Verbrauchskoagulopathie in hyperkoagulatorischer Phase Dosis

normales (unfraktioniertes) Heparin (UFH): Thromboseprophylaxe (bei niedrigem und mittlerem Thromboserisiko): Low-dose ≈ 200 IE/kg/24 h s.c. • 2 h präoperativ 1 × 5000 IE s.c. • danach 2–3 × 5000 IE s.c. bis 3 × 7500 IE s.c. ▼

461

Physiologie

38

Kontrolle des Gerinnungsstatus während der EKZ erfolgt mittels der aktivierten Gerinnungszeit (ACT) oder mittels ACT bei Hemochron (HC) Ziel: ACT > 500 s bzw. HC > 400 s

normales (unfraktioniertes) Heparin (UFH): Thromboseprophylaxe (bei niedrigem und mittlerem Thromboserisiko): Low-dose ≈ 200 IE/kg/24 h s.c. • 2 h präoperativ 1 × 5000 IE s.c. • danach 2–3 × 5000 IE s.c. bis 3 × 7500 IE s.c. Thromboseprophylaxe (bei erhöhtem Thromboserisiko): Vollheparinisierung (High-dose) ≈ 400 IE/kg/24 h s.c./i.v. • 2 h präoperativ 1 × 7500 IE s.c. • danach 3 × 7500–10.000 IE s.c. • oder besser 400 IE/kg/24 h i.v., z. B. Perfusor mit 15.000–30.000 IE/24 h i.v. nach PTT

 Überwachung der Heparintherapie mit Hilfe der PTT, PTZ und/oder ACT • therapeutischer Bereich PTT 1,5–2(–3)fach verlängert (PTZ 2–3fach) (PTT ≈ 60–90 s, bei ↑ Blutungsgefahr 40–60 s) • niedrige Heparindosen beeinflussen nur die Thrombinzeit = PTZ (PTT und Quick bleiben normal!), höhere Heparindosen die PTT, extrem hohe Spiegel auch den Quick-Wert

Antikoagulation bei Thrombose (High-dose):

KI:

• Initialbolus ≈ 5000–7500 IE i.v. (Kinder: 50 IE/kg) • anschließend 300–600 IE/kg/24 h i.v. (Kinder: 15,5–25 IE/kg/h), z. B. Perfusor mit 20.000– 40.000 IE/24 h i.v. (nach PTT) Hämodialyse: • Durchspülen und Benetzen der Filter mit 2500–5000 IE Heparin • initial 20–50 IE/kg in den zuführenden Schenkel • anschl. 10–30 IE/kg/h (bei ↑ Blutungsgefahr 5–15 IE/kg/h) nach PTT

• Heparinallergie, einschließlich HIT II • akute zerebrale Blutungen • SPA, PDA, Lumbalpunktion NW:

• allergische Reaktionen • Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT I oder HIT II) • Blutungen, selten Hautnekrosen an der Injektionsstelle • Alopezie, Transaminasenanstieg, Osteoporose bei Dauertherapie

Herz-Lungen-Maschine:

• 300 IE/kg als Bolus i.v. und ≈ 5000 IE (2500 IE/l ▼

Primingvolumen) in HLM

WM:

• Schilddrüsenfunktionstests können verfälscht werden (falsch hohe T3-, T4-Werte)

Niedermolekulares Heparin (NMH) Fertigspritzen Substanz

Konzentration

Handelsname

Zugelassene Indikation

Reviparin-Natrium Dalteparin-Natrium Certoparin-Natrium Dalteparin-Natrium Nadroparin-Calcium Tinzaparin

0,25 ml = 13,8 mg 0,2 ml = 15 mg 0,3 ml = 18 mg 0,2 ml = 30 mg 0,3 ml = 28,5 mg 1 ml = 241 mg 20.000 Anti Xa IE 0,2/0,4 ml = 20/40 mg

Clivarin 1.750 Fragmin P Mono-Embolex Fragmin P forte Fraxiparin 0,3 Innohep

P P P, T P P, T P, T

Clexane 20/40

P, T

Enoxaparin P Prophylaxe; T Therapie

Therapie bei arteriellen Erkrankungen

Instabile AP

instabile AP, Non-Q-Myokardinfarkt

Kapitel 38 · Blutgerinnung

462

 Arixtra 2,5 mg: neues Präparat mit dem Wirkstoff Fondaparinux (= selektiver Faktor-Xa-Inhibitor), s. unten

Thromboseprophylaxe 1. Tag ab 0,1 U/ml 4.–5. Tag 0,15–0,35 U/ml Therapeut. Antikoagulation 0,5–0,8 U/ml

WM:

Ratio: 3,0–4,0 Ratio: 4,0–6,0 Ratio: 6,5–8,5

• Hemmung des Faktor Xa Pha:

• MG: < 10.000 (je nach Präparat mittl. MG 3000– 5000, 4000–5000, 4000–6000 etc.) • max. Wirkspiegel nach s.c.-Gabe nach ≈ 3–4 h • HWZ: 4–7 h (nach s.c.-Gabe), nach 12 h sind noch 50% der max. Wirkspiegel mit ausreichender antithrombotischer Wirkung vorhanden • Überwachung mit Anti-Faktor-Xa-Aktivität (PTT und/oder ACT nicht möglich) • Elimination zu 50% renal, nicht dialysierbar • die Plazentagängigkeit von NMH ist noch nicht ausreichend untersucht (wahrscheinlich z. T. plazentagängig!)

Blutabnahme in Na-Citrat-Röhrchen 6 h nach der Morgendosis. KI:

• s. Heparin NW:

• s. Heparin  Kontrolle der Thrombozytenwerte: vor Heparingabe, 3–5 Tage nach Beginn der Therapie und danach wöchentlich bis zur 3. Woche sowie am Ende der Therapie, bei Abfall der Thrombozytenzahl < 100.000/ml oder < 50% des Ausgangswertes ist eine HIT in Betracht zu ziehen

Ind:

• s. Heparin Dosis

Niedermolekulares Heparin (NMH): Thromboseprophylaxe (bei niedrigem und mittlerem Thromboserisiko): • 2 h präoperativ 1mal s.c. • danach 1-mal tgl. s.c. z. B. Clivarin 1.750, Fragmin P, Mono-Embolex Thromboseprophylaxe (bei erhöhtem Thromboserisiko): • 2 h präoperativ 1mal s.c. • danach 1mal tgl. s.c. z. B. Fragmin P forte, Fraxiparin 0,3

Heparin-induzierte Thrombozytopenie (HIT) • Synonym: Heparin-assoziierte Thrombozytopenie, -pathie (HAT) • Einteilung nach Chong in Typ I und Typ II • Inzidenz: ca. 10% für Typ I und 0,5–5% für Typ II

HIT-Typ I (nichtimmunologisch) Beginn

Unmittelbar nach Heparingabe. Thrombozytenzahl

Abfall meist nicht < 100.000/µl.

38

• Ausnahme: Fondaparinux (Arixtra) 1-mal 2,5 mg s.c. 6 h postoperativer Beginn nach Hüft- und Kniegelenksersatz sowie operativer Versorgung einer Hüftfraktur (Gabe auch bei HIT II möglich: keine Kreuzreaktion!)  Überwachung der NMH-Therapie mit Hilfe der Anti-Faktor-Xa-Aktivität (nicht mittels PTT zu messen) • therapeutischer Bereich der Anti-Faktor-Xa-Aktivität:

Pathomechanismus

• Heparinbindung an Rezeptoren auf den Thrombozyten (Hemmung der Adenylatcyclase → cAMP ↓ → Thrombozytenaggregation) Komplikationen

Keine

463

Physiologie

Labordiagnostik

Keine Therapie

Eine spezielle Therapie ist nicht notwendig.

HIT-Typ II (immunologisch) 1969 Erstbeschreibung der HIT II durch Natelson

38

chenfaktor 4 (PF4) mit hoher Affinität zu Heparin (Heparin-PF4-Komplex) → antikoagulatorischer Effekt von Heparin ↓. Der Heparin-PF4-Komplex wird von neusynthetisierten Antikörpern der IgG-Klasse gebunden, welche sich an die Thrombozytenmembran binden → Thrombozytopenie • weder die Art des Heparins (unfraktioniertes oder fraktioniertes Heparin), noch die Menge oder der Applikationsweg (i.v. oder s.c.) spielen bei HIT II eine Rolle!

Beginn

Frühestens 6–14 Tage nach erster Heparingabe Thrombozytenzahl

< 100.000/µl oder schneller Abfall < 50% des Ausgangswertes Pathomechanismus

• Antikörper gegen Heparin-PF4-Komplex: aktivierte Thrombozyten setzen multiple Sekretionsprodukte aus α-Granula und Dense Bodies frei → u.a den heparinneutralisierenden Plätt-

! Cave: • Heparin als Bestandteil in arteriellen Spülsystemen und Gerinnungspräparaten (z. B. PPSB), daher kein PPSB mit Heparinzusatz verabreichen • bei Anwendung eines Pulmonaliskatheters müssen spezielle heparinfreie Katheter verwendet werden • HIT II ist auch bei Anwendung von niedermolekularem Heparin (NMH) beobachtet worden! → jedoch geringere Inzidenz unter NMH

Score für die klinische Diagnose einer HIT II (nach H. Magnani) Kriterium

Score

Thrombozytenabfall von 30–40% Thrombozytenabfall > 50% des Ausgangswertes Intervall zw. Therapiebeginn mit Heparin und Thrombozytenabfall >4 Tage bei Reexposition Thrombozytenabfall nach 5 Tagen thrombembolische Komplikationen bei Heparinexposition arterielle und venöse Thrombosen entzündlich-nekrotische Hautreaktionen White-clot-Syndrom zunehmende Heparinresistenz septische Komplikationen bei Diagnosestellung gleichzeitige Gabe von Medikamenten mit Thrombozytenabfall als Begleitreaktion (z. B. Phosphodiesterase-III-Hemmer etc..) zurückliegende Zytostatikatherapie andere Ursachen für einen Thrombozytensturz (mögliche Sepsis etc.) Blutungen (ohne Überdosierung eines Antithrombotikums)

+1 +2 +2 +3 +1 +2 +2 +1 +1 -1

Maximal +15 Punkte, minimal –4 Punkte

HIT sicher: wahrscheinlich: möglich: unwahrscheinlich:

Gesamtpunktzahl >7 4 bis 6 1 bis 3 0 bis –4

-1 -1 -1 -1

464

Kapitel 38 · Blutgerinnung

Komplikationen

• Thrombenbildung (weißer Thrombus) im venösen und arteriellen System • schwere Veränderungen der Mikro- und Makrozirkulation (»White-clot-Syndrom«) • Gerinnungsaktivierung (Verbrauchskoagulopathie) • Hautnekrosen und erythematöse Plaques an der Heparin-Injektionsstelle Labordiagnostik

• Kontrolle der Thrombozytenzahl im Citratblut (kein EDTA-Blut). Thrombozytenaggregationstest mit Heparin vs. Puffer mit Hilfe eines Aggregometer; Nachteil: geringe Spezifität (25–50% werden nicht erfasst) • der D-Dimer-Spiegel ist meist als Hinweis einer ablaufenden Gerinnung erhöht • funktionelle Tests: – Serotoninfreisetzungstest: Markierung der Thrombozyten mit radioaktivem Serotonin und Messung der Lyse nach Heparingabe (>20% ist für HIT II signifikant) – HIPA-Test (heparin-induzierter Plättchenaggregationstest): Inkubation von Thrombozyten und Heparin auf Mikrotiterplatten → Aggregation bei geringen Heparinkonzentrationen (0,1 U/ml) ist für HIT II beweisend! Dauer: 3–4 h – HIPAA-Test (Heparin-induzierter PlättchenAktivierungs-Assay) • Antikörpernachweis im ELISA-Test – Nachweis von HIT-Antikörpern mit Hilfe Heparin-PF4-beschichteter Platten  keiner der genannten Assays eignet sich zur Notfallanalytik Therapie

38

• Patienten mit HIT II in der Vorgeschichte dürfen nicht mit Heparin behandelt werden (weder therapeutisch noch prophylaktisch) • schon bei begründetem Verdacht auf HIT II muss Heparin sofort abgesetzt werden. Dies gilt für alle Applikationsformen des Heparins (unfraktioniertes und niedermolekulares), für Durchspülungen von Zugängen und Kathetern mit Heparin-haltigen Lösungen, für heparin-beschichtete Katheter und Heparin-haltige Blutersatzpräparate (Cave: Gerinnungsfaktoren)

• eine therapeutische oder prophylaktische Antikoagulation sollte, wenn die Indikation zur Antikoagulation nach wie vor besteht, entweder mit dem Heparinoid Danaproid-Natrium (Orgaran), mit dem rekombinanten Hirudin-Präparat Lepirudin (Refludan), oder Desirudin (Revasc) fortgeführt werden • Patienten mit HIT II und einer Thrombose müssen mit Orgaran oder Refludan in therapeutischer Dosierung behandelt werden. Mit der Behandlung muss sofort begonnen werden, auch wenn noch keine Ergebnisse der Bestätigungs-analytik vorliegen • Patienten mit HIT II ohne Thrombose bei hohem Thomboserisiko müssen ebenfalls nach Absetzen des Heparins mit Orgaran oder Refludan in therapeutischer Dosierung behandelt werden. • in der akuten Phase des HIT II ist eine alleinige orale Antikoagulation wegen einer möglichen Verschlechterung der Symptomatik kontraindiziert. Wie bei den Markumarnekrosen unter Protein-C-Mangel führt die Einleitung der oralen Antikoagulation zu einer vorübergehenden Steigerung des prokoagulatorischen Potenzials. Eine Markumarisierung kommt erst als Langzeittherapie nach Normalisierung der Thrombozyten in Frage • eine prophylaktische Thombozyten-Substitution wird nicht empfohlen. Sie provoziert neue thrombotische Ereignisse. Allenfalls bei schwerster Thrombozytopenie mit gleichzeitigen schweren hämorrhagischen Komplikationen kann die Gabe von Thrombozyten gerechtfertigt sein

Alternativen zu Heparin bei HIT II Danaparoid-Natrium (Orgaran) • Heparinoid • wirkt vorwiegend durch Hemmung des Faktors Xa und zu einem geringen Prozentteil auch des Faktors IIa • 10% Kreuzreaktion mit Heparin bei HIT II Pha:

• lange HWZ: 24 h • MG: 4000–10.000

465

Physiologie

38

Dosis: bei HIT-Patienten zur parenteralen Antikoagulation Klinik

Initialer i.v. Bolus Anti-Xa-Einheiten

Dosierung Anti-Xa-Einheiten

Anti-Xa-Aktvität U/ml

HIT mit isolierter Thrombozytopenie*



2-mal 750 IE/d s.c.

0,2–0,4

HIT und Thrombose*

1250 IE (< 55 kg)

0,5–0,8

HIT und Thrombose*

2500 IE (55–90 kg) 3750 IE (> 90 kg)

400 IE/h i.v. über 4 h, dann 150–400 IE/h i.v. Erhaltungsdosis 400 IE/h i.v. über 4 h, dann 300 IE/h i.v. über 4 h, dann 150–200 IE/h i.v. Erhaltungsdosis

Thrombose-Prophylaxe bei HIT in der Anamnese*



2–3 x 1250 IE/d s.c.

am Tag 5: 0,4

Hämodialyse jeden 2. Tag

2500 IE (< 55 kg) ab 3. Dialyse 2000 IE 3750 IE (> 55 kg) ab 3. Dialyse 3000 IE

während Dialyse: 0,5–0,8

Hämodialyse täglich

2500 IE (< 55 kg) ab 2. Dialyse 2000 IE 3700 IE (> 55 kg) ab 2. dialyse 2500 IE

während Dialyse: 0,5–0,8

Hämofiltration

2000 IE (55 kg)

600 IE/h i.v. über 4 h, dann 400 IE/h i.v. über 4 h, dann 200–600 IE/h i.v. Erhaltungsdosis

unter der Erhaltungsdosis 0,5–1,0

Operationen an der HerzLungen-Maschine (EKZ)

Bolus: 125 IE/kg nach Thorakotomie Priming-Flüssigkeit der HML: 3 IE/ml Primer-Flüssigkeit

7 IE/kg/h i.v. bei Start der EKZ

während OP: 1,5–2,0 nach OP: 1,0

im Fall von Clotting: 750–1250 IE i.v. als Bolus dann post OP (beginn frühestens nach 6 h): 150–200 IE/hi.v. oder 3 x 750 IE s.c. oder 2 x 1250 IE s.c.

*in Deutschland zugelassene Behandlungsindikationen Quelle: Orgaran Wissenschaftliche Information Thiemann Arztneimittel Gmbh, Februar 1999

• wirkt vorwiegend durch Hemmung des Faktors Xa und zu einem geringen Prozentsatz auch des Faktors IIa • nicht hämofiltrierbar, kein Antagonist verfügbar, Blutungsrisiko: 3% • Elimination zu 50% unverändert über die Niere (Cave: Niereninsuffizienz!)

• therapeutischer Bereich: der Anti-Faktor-XaAktivität: Thromboseprophylaxe 1. Tag ab 0,1 U/ml Ratio: 3,0–4,0 4.–5. Tag 0,15–0,35 U/ml Ratio: 4,0–6,0 Therapeut. Antikoagulation 0,4–0,8 U/ml Ratio: 6,5–8,5

Ind:

• Blutabnahme in Na-Citrat-Röhrchen 6 h nach der Morgendosis, bzw. bei therapeut. Antikoagulation 1- bis 3-mal tgl. (Empfehlungen der »Fourth ACCP Consensus Conference on Antithrombotic Therapy«)

• Antikoagulation, insbesondere bei HIT II  Überwachung der Therapie mit Hilfe der AntiFaktor-Xa-Aktivität, da PTT- und Thrombintests noch nicht evaluiert sind

466

Kapitel 38 · Blutgerinnung

Synthetisches Pentasaccharid

Dosis

Fondaparinux (Arixtra)

• 1 x tgl. 2,5 mg s.c. bei postoperativem Beginn. Anfangsdosis 6 h nach Beendigung des chir. Eingriffes, wenn die Hämostase eingesetzt hat

• 1 Amp. à 0,5 ml = 2,5 mg • vollsynthetisch hergestelltes Polysaccharid • keine Kreuzreaktion mit Heparin-induzierten Antikörpern WM:

• Antithrombin-vermittelte Hemmung des Faktors Xa ohne Inhibierung von Thrombin Pha: • HWZ: 18 h • vorwiegend renale Elimination Ind: • postoperative Thrombembolieprophylaxe, bes. bei größeren orthopädischen Eingriffen an den unteren Extremitäten, wie z. B. Knie- und Hüftendoprothesen

Kl: • aktive klinisch relevante Blutungen • akute bakt. Endokarditis • Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance 4,5: Perfusorgeschwindigkeit um ca. 10 ml/h reduzieren; r-Hirudinspiegel < 3,5: Perfusorgeschwindigkeit um ca. 10 ml/h erhöhen

vor Start der EKZ: > 2,5 während EKZ: 3,5–4,5 letzte 30 min an EKZ: 2,5–3,5, da nicht antagonisierbar

* in Deutschland zugelassene Behandlungsindikation + die Empfehlung basiert auf den prospektiven Studien bei Patienten nach Hüftgelenks-Endoprothesen-Operation für Desirudin. Eriksson et al.: New Engl J Med (1997) 337: 1329–35 # Stop 15–30 min vor Ende der HLM, dann 5 mg Hirudin in die HLM nach Diskonnektion geben, um für Retransfusion des Restblutes die Gerinnung zu hemmen.

467

Physiologie

• Ödeme  Behandlungsdauer max. 5–9 Tage •

Thrombininhibitoren



Lepirudin (Refludan) • Lepirudin ist ein aus Hefezellen hergestelltes rekombinantes Hirudinderivat (Hirudin ist ein von Blutegeln abstammender AT-III-unabhängiger direkter Thrombininhibitor ⇒ • Komplexbildung mit Thrombin, das entweder frei oder an Fibrin gebunden ist • 1 Amp. à 20/50 mg Lepirudin



Pha:

• HWZ: ≈ 1–1,3 h • komplette renale Ausscheidung ohne Metabolisierung in der Leber, wobei ein geringer Teil inaktiviert wird (Cave: bei Serumkreatinin >1,5 mg/dl bzw. Kreatininclearance 1,7 mg/dl), keine Dosisanpassung bei leichter und mittelgradiger Leberinsuffizienz • Melagatran – TVT-Prophylaxe: 3 mg s.c. präoperativ, dann 2-mal 3 mg s.c./Tag • Ximelagatrane – TVT-Prophylaxe: 2-mal 24 – 36 mg p.o./Tag – TVT/LE-Therapie: 2-mal 24–60 mg p.o./Tag – Vorhofflimmern: 2-mal 36 mg p.o./Tag

Cumarine ( Vitamin-K-Antagonisten) Phenprocoumon (Marcumar), Warfarin (Coumadin) • 1 Tbl. = 3 mg Phenprocoumon • 1 Tbl. = 5 mg Warfarin WM:

• Vitamin-K-Antagonismus (Reduktase) → Hemmung Vitamin-K-abhängiger Gerinnungsfaktoren (II, VII, IX und X) sowie Protein C, S und Z Pha:

• kompetitive Vitamin-K-Hemmung • hohe Plasmaeiweißbindung, vorwiegend an Albumin (99%) → Verdrängung bestimmter Medikamente aus der Plasmaeiweißbindung • HWZ: Warfarin (Coumadin): 1,5–2 Tage → Normalwerte (± 20%) 1–3 Tage nach Absetzen HWZ: Phenprocoumon (Marcumar): 6,5 Tage → normale Gerinnung 7–10 Tage nach Absetzen • Metabolismus: hepatisch und renal (15% unverändert) Ind:

• Langzeitbehandlung und Prophylaxe von Thrombose und Embolie, wenn ein erhöhtes Risiko für thromboembolische Komplikationen gegeben ist

469

Physiologie

Dosis

vor Therapiebeginn Ausgangs-Quick-Wert bestimmen Phenprocoumon (Marcumar): • 1. Tag 9–15 mg, 2.+3. Tag 6–9 mg p.o. • anschl. 1,5–6 mg nach Quick-Wert Warfarin (Coumadin):

• 1. Tag 15 mg, 2.+3. Tag 10 mg p.o. • anschl. 2,5–10 mg nach Quick-Wert  therapeut. Bereich ≈ 20–30%

KI:

• erhöhte Blutungsneigung, fixierte und behandlungsrefraktäre Hypertonie • Schwangerschaft NW:

• Blutungen (Hämaturie, Hämatome nach Bagatellverletzungen, GIB) • auch lebensbedrohliche Blutungen möglich • Hautnekrosen unter Cumaringabe und Protein Cund/oder Protein-S-Mangel! (aufgrund kurzfristiger Hyperkoagulopathie bei Therapiebeginn) • Teratogenität (fetales Warfarinsyndrom), fetale Blutungen, Totgeburten  die regelmäßige Kontrolle der Gerinnungsverhältnisse ist unerlässlich  keine i.m.-Injektion, keine SPA, PDA unter Therapie mit Cumarinen  Patienten müssen einen Behandlungsausweis bei sich tragen  vor Operationen 3–4 Tage präoperativ absetzen bzw. Umstellen auf i.v.-Antikoagulation (z. B. Heparin)  in Notfallsituationen: 10 mg Vitamin K i.v., FFP  Antidot: Vitamin K (Konakion)  plazentagängig  Stillzeit: strenge Indikationsstellung (Übergang in die Muttermilch)

Acetylsalicylsäure (Aspirin, Aspirin protect 100/-300, Miniasal) • Aspirin 1 Tbl. = 500 mg • Aspirin protect 100/-300, magensaftres. Tbl., 1 Tbl. = 100/300 mg

38

• Miniasal 1 Tbl. = 30 mg • Aspisol 1 Amp. = 500 mg WM:

• irreversible Hemmung der Thrombozytenfunktion über Inhibition der Cyclooxygenase → Thromboxan-A2-Synthese↓ → geringere Verstärkung der Thrombozytenwirkung über den TP-Rezeptor auf den Thrombozyten • Verlängerung der Blutungszeit um ca. 1,5–2 min • Cyclooxygenasehemmung → Prostaglandin E2 ↓, → Bradykinin, Histamin und Serotonin können Nozizeptoren schlechter erregen • Acetylsalicylsäure hemmt irreversibel die Cyclooxygenase in den Thrombozyten für die Lebensdauer der Thrombozyten, die in der Regel 7–10 Tage beträgt • entzündungshemmend und fiebersenkend Ind:

• Thrombozytenaggregationshemmung bei – instabiler Angina pectoris, akutem Myokardinfarkt, Reinfarktprophylaxe, nach arteriellen gefäßchirurgischen oder inter ventionellen Eingriffen – Prophylaxe von transitorischen ischämischen Attacken (TIA) und Hirninfarkten • Schmerztherapie – besonders entzündliche Schmerzzustände – Knochen- und Weichteilschmerzen – Migräne Dosis

Prophylaxe kardiovaskulärer Komplikationen: • 50–100 mg/Tag p.o. Prophylaxe ischämischer zerebrovaskuläre Komplikationen: • 100–300 mg/Tag p.o. Schmerztherapie, akuter Myokardinfarkt: • 500–1000 mg i.v./p.o.

KI:

• Überempfindlichkeit gegenüber ASS und anderen Salicylaten • hämorrhagische Diathese • Magen-Darm-Ulzera

470

Kapitel 38 · Blutgerinnung

NW:

• gastrointestinale NW (selten Magenblutungen und Magenulzerationen) • allerg. Reaktion (Bronchospasmus, Analgetikaasthma) • bei Kindern Reye-Syndrom • Nierenfunktionsstörungen (Einzelfälle)  Thrombozyten werden von den Megakaryozyten im Knochenmark gebildet und haben eine durchschnittliche Lebensdauer in vivo von 7–10 Tagen. Ein gesundes Knochenmark kann innerhalb von 3 Tagen 30–50% der Thrombozyten ersetzen. Nach Aktivierung setzen die Thrombozyten folgende Substanzen frei: – Plättchenfaktor 3 und 4 (PF3, PF4) und Plasminogenaktivator-Inhibitor (PAI) – von Willebrand-Faktor, FV, FXIII, Fibrinogen (FI) – Serotonin, ADP, Ca2+ und Thromboxan A2

Dosis

2 × 1 Tbl./Tag p.o.

KI:

• hämorrhag. Diathese, Blutungsneigung, Organläsionen mit Blutungsneigung • akute Magen-Darm-Geschwüre oder hämorrhagischer apoplektischer Insult in der akuten Phase NW:

• Diarrhö, Magen-Darm-Blutungen, Hautausschlag • gelegentlich Neutropenie, Agranulozytose, selten Thrombozytopenie  Gefahr der Neutropenie

Clopidogrel (Plavix, Iscover) • Thienopyridin-Derivat • 1 Filmtbl. = 75 mg WM:

Thienopyridine (ADP-Antagonisten) Ticlopidin ( Tiklyd) • 1 Filmtbl. = 250 mg WM:

• geringere ADP-Freisetzung aus den Thrombozyten • maximaler Effekt erst nach 2–3 Tagen, nach Absetzen des Präparates ist die Ausgangsthrombozytenaggregation erst nach 1 Woche wieder erreicht! • nur In-vivo-Wirkung Pha:

• HWZ: 7–8 h bei Einmalgabe, nach 3-wöchiger Dauertherapie: ca. 90 h

38

• Thrombozytenaggregationshemmung über Reduktion der ADP-abhängigen Aktivierung des Glykoproteins IIb/IIIa → Verminderung der Fibrinogenbindung • hohes antiaggregatorisches Potential bzw. Blutungsrisiko • maximale Hemmung der Thrombozytenaggregation erst nach 3–7 Tagen bei normaler Dosis, bei 300 mg bereits nach 6 h • nachweisbare Hemmung der Thrombozytenaggregation bereits 2 h nach einer oralen Einzeldosis von 75 mg Ind:

• Prävention von transitorischen ischämischen Attacken (TIA), Hirninfarkt, Myokardinfarkt bei artherosklerotischen Risikopatienten Dosis

Ind:

• Thrombozytenaggregationshemmung bei Unverträglichkeit gegenüber acetylsalicylsäurehaltigen Präparaten

1 × 75 mg/Tag

KI:

• akute Blutung oder hämorrhagische Diathese  7–9 Tage präoperativ absetzen

471

Physiologie

GP IIb/IIa-Antagonisten Abciximab (ReoPro)

38

 humane Antikörper treten bei 6,5% der Patienten nach 2–4 Wochen auf (üblicherweise mit niedrigem Titer)

• 1 Fl. à 5 ml = 10 mg WM:

• Fab2-Fragment eines monoklonalen Antikörpers gegen den thrombozytären GP IIb/IIIa-Rezeptor • max. Wirkung bereits 2 h nach Gabe, Normalisierung der Blutungszeit erst nach 12 h

Fibrinolytika Ind:

• akuter Herzinfarkt, Lungenembolie, arterielle Thrombosen und Embolien

Ind:

KI:

• zusätzlich zur Anwendung von Heparin und ASS zur Vermeidung von ischämischen kardialen Komplikationen bei Hochrisikopatienten, bei denen eine perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) durchgeführt wurde

• manifeste oder kurz zurückliegende Blutungen • erhöhtes Blutungsrisiko (hämorrhagische Diathese, orale Antikoagulanzien-Behandlung, frische chirurgische Operationen, Aneurysma) • Hypertonie, Endocarditis lenta, Mitralvitien mit Vorhofflimmern, (Zustand nach Herzmassage) • frische Magen-Darm-Ulzera, Ösophagusvarizen (3 Monate) • kurz zurückliegende Punktion größerer, nichtkomprimierbarer Gefäße • Polytrauma, Sepsis, fortgeschrittenes Malignom • Schlaganfall oder Schädigung des Zentralnervensystems • Zerebralsklerose • Bronchiektasen mit Neigung zu Hämoptysen • aktive Lungentuberkulose • schwerer Diabetes mellitus (diabetische Retinopathie Grad III und IV) • Leberzirrhose • akute Pankreatitis • Nephro-, Urolithiasis • hohes Alter (ab 75 Jahre) • hoher Antistreptokinasespiegel (Streptokinase)

Dosis

0,25 mg/kg als i.v.-Bolus 10 min vor Durchführung der PTCA, anschl. 10 µg/min über 12 h

KI:

• aktive innere Blutungen • zerebrovaskuläre Komplikationen in der Vorgeschichte innerhalb der letzten 2 Jahre • intrakranielle oder intraspinale Operation oder Trauma innerhalb der letzten 2 Monate • größere Operationen während der letzten 2 Monate • intrakranielle Tumoren, arteriovenöse Missbildung oder Aneurysma • bekannte Blutungsneigung • schwerer, nicht ausreichend einstellbarer Bluthochdruck • vorbestehende Thrombozytopenie • Vaskulitis • hypertensive oder diabetische Retinopathie • schwere Leber- oder Nierenfunktionseinschränkung • Überempfindlichkeit gegen murine monoklonale Antikörper NW:

• häufig Blutungen innerhalb der ersten 36 h • Hypotonie, Übelkeit, Erbrechen, Thrombozytopenie, Hämatom, Bradykardie, Fieber und vaskuläre Störungen.

NW:

• Blutungen • passagere Temperaturerhöhung, Kopf- und Rückenschmerzen • anaphylaktische Reaktionen • bei fibrinolytischer Therapie des akuten Myokardinfarkts: Reperfusionsarrhythmien, Anstieg der Kreatinkinase; selten: Phlebitiden, Embolien, Risiko bei Kurzzeitlyse tiefer Venenthrombosen erhöht

Kapitel 38 · Blutgerinnung

472

WM:

• erhöhte Blutungsgefahr durch Antikoagulanzien, Thrombozytenaggregationshemmer, nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID)

rt-PA (rekombinanter Tissue-typeplasminogen-Aktivator = Alteplase) • Plasminogen-Aktivator • Actilyse 10 mg/-20 mg/-50 mg • 1 Amp. = 10/20/50 mg WM:

Dosis

Kurzzeitlyse: akuter Myokardinfarkt: • 1,5 Mio IE in 60–90 min i.v. akute Lungenembolie (Kurzzeitlyse nach Goldhaber): • 1 Mio. IE in 10 min i.v. • anschließend 2 Mio. IE über 2 h Langzeitlyse (akute Lungenembolie): • Bolusinjektion von 4400 IE/kg i.v. über 20 min, anschließend 4400 IE/kg/h i.v. über 12–72 h

• aktiviert nur an Fibrin gebundenes Plasminogen und führt dadurch zu einer lokalen Fibrinolyse

Streptokinase Dosis

akuter Herzinfarkt (Neuhaus-Schema oder front-loaded t-PA): • Initialbolus (10) – 15 – (20) mg über 1–2 min • dann 50 mg bzw. 0,75 mg/kg in 30 min • danach 35 mg bzw. 0,5 mg/kg in 60 min akute Lungenembolie: • Initialbolus 10 mg in 1–2 min • anschließend 90–100 mg über 2 h bzw. • 50 mg über 1 h, anschließend 50 mg über die folgende Stunde Kurzzeitlyse (akute Lungenembolie): • 0,6 mg/kg über 2 min  bei Patienten < 65 kg max. 1,5 mg/kg

Urokinase

38

• Plasminogen-Aktivator • Urokinase 10.000-/50.000-/100.000-/250.000 HS medac/ Urokinase HS medac/Urokinase HS medac 1.000.000 IE • 1 Durchstechfl. = 10.000 IE/50.000 IE/100.000 IE/ 250.000 IE/500.000 IE/1 Mio. IE WM:

• aktiviert Plasminogen direkt zu Plasmin → Fibrinolyse

• Plasminogen-Aktivator • Streptokinase Braun 100.000 IE/250.000 IE/ 750.000 IE/1500.000 IE • 1 Fl. = 100.000 IE/250.000 IE/750.000 IE/1.500.000 IE hochgereinigte Streptokinase WM:

• bildet mit Plasminogen einen Komplex, durch den Plasminogen zu Plasmin aktiviert wird → Fibrinolyse Dosis

Kurzzeitlyse: akuter Myokardinfarkt: • 1,5 Mio. IE in 60 min i.v. Myokardinfarkt mit intraarteriellem Katheter: • initial 20.000 IE i.a., Erhaltungsdosis 2000– 4000 IE/min i.a. über 30–90 min akute Lungenembolie: • 1,5 Mio. IE in 30 min i.v. • anschl. evtl. 500.000 IE/h über 2–3 h periphere Gefäßverschlüsse: • initial 250.000 IE i.v. über 30 min, • anschließend 1,5 Mio. IE/h über max. 6 h (insges. 9 Mio. IE pro Zyklus) • ggf. Wiederholungen nach jeweils 18 h (1 Zyklus/Tag, max. 5 Tage) ▼

473

Physiologie

38

Anwendung Langzeitlyse: akute Lungenembolie, periphere Gefäßverschlüsse: • initial 250.000 IE i.v. über 30 min • anschließend 100.000 IE/h i.v. über 2–3 Tage  vor Therapiebeginn Allergieprophylaxe: • Prednisolon (Solu-Decortin) 100–250 mg i.v. • Dimetinden (Fenistil) 0,1 mg/kg ≈ 2 Amp. à 4 mg als Kurzinfusion und • Cimetidin (Tagamet) 5 mg/kg ≈ 2 Amp. à 200 mg

 Anwendung nur i.v. oder intraarteriell in verdünnten Lösungen, pH-Bereich: 6,8–7,5! Behandlungsdauer max. 5 Tage  ↑ Gefahr allergisch-anaphylaktischer Reaktionen  Kurzzeitlyse nicht bei tiefer Beckenvenenthrombose → ↑ Lungenemboliegefahr  Fortsetzung der Lysetherapie mit Heparin

Antifibrinolytika/ Enzyminhibitoren Tranexamsäure (Anvitoff ) • 1 Amp. à 5 ml = 250/500 mg • 1 Kps. = 250 mg • Tranexamsäure = ε-Aminocapronsäure WM:

Hämaturien aus den oberen Harnwegen, da die Gefahr einer Gerinnselretention in der Niere oder im Ureter mit nachfolgender Obstruktion der Harnwege besteht. NW:

• Übelkeit, Erbrechen  bei Langzeitbehandlung ist auf Störung des Farbsinns zu achten

Aprotinin ( Trasylol) • Serin-Proteasen-Inhibitor, der aus Rinderlungen isoliert wird und ein wasserlösliches, basisches Polypeptid (58 AS) ist • 1 Fl. = 500.000 KIE (KIE = Kallikrein-InaktivatorEinheiten) WM: • High-dose-Aprotinin (2 Mio. KIE):

– infolge Bildung von reversiblen Enzym-Inhibitor-Komplexen kommt es zur Hemmung von Trypsin, Plasmin und Gewebe- und PlasmaKallikrein sowie Verbesserung der Thrombozytenfunktion → nachweisbare Senkung des postoperativen Blutverlustes bei kardiochirurgischen Patienten – Kallikreininhibition → Thrombinsynthese ↓ → weniger t-PA-Synthese vom Endothel bzw. geringere thrombozytäre Freisetzung von PAI1 → geringerer Abbau des Faktors V → global verbesserte Hämostaseologie • Low-dose-Aprotinin (1 Mio. KIE): – nur Hemmung von Plasmin

• hemmt die Bildung von Plasminogen zu Plasmin Ind: Ind:

• Prophylaxe und Therapie von Blutungen infolge primär gesteigerter Fibrinolyse • Antidot bei medikamentös induzierter Fibrinolyse Dosis

• 1–3 × tgl. 250–500 mg i.m. oder langsam i.v. (Kinder 10 mg/kg)

• 3–4 × tgl.1–4 Kps. p.o.

• Einsparung von Blut und Blutprodukten intraoperativ, z. B. bei extrakorporaler Zirkulation (EKZ), Lebertransplantation etc. • Hämorrhagien aufgrund einer hyperfibrinolytischen Hämostasestörung z. B. postoperativ, posttraumatisch, Komplikationen bei der thrombolytischen Therapie

Kapitel 38 · Blutgerinnung

474

Dosis

wegen des Risikos allergischer oder pseudoallergischer Reaktionen sollte immer eine Dosis von 1 ml (10.000 KIE) mind. 10 min vor der restlichen Dosis gegeben werden bei extrakorporaler Zirkulation (EKZ): • initial 1–2 Mio. KIE • zusätzlich 1–2 Mio. KIE in die Herz-LungenMaschine • evtl. Dauerinfusion 500.000 KIE bis zum Operationsende Hyperfibrinolytische Hämorrhagie: • initial 500.000 KIE als langsame Infusion (max. 5 ml/min) • danach 200.000 KIE alle 4 h Hämostasestörungen in der Geburtshilfe: • initial 1 Mio. KIE • dann 200.000 KIE/h bis zum Stehen der Blutung Kinder: • 20.000 KIE/kg/Tag

! Cave: • die Zugabe von Trasylol zu heparinisiertem Blut verlängert die nach der Hemochron-Methode oder nach vergleichbaren Fremdoberflächen-Aktivierungsmethoden bestimmte Vollblutgerinnungszeit. Eine verlängerte ACT unter hochdosierter Trasylol-Behandlung liefert daher keine exakte Aussage über den vorhandenen Heparinspiegel • ACT-Bestimmung unter Verwendung von Kaolin als Aktivator an Stelle von Kieselalgenerde • aus einer vorläufigen, nichtkontrollierten Studie gibt es Hinweise auf ein gesteigertes Risiko des Nierenversagens und auf erhöhte Mortalität bei Aprotinin-behandelten Pat. mit kardiopulmonalem Bypass unter tiefer Hypothermie und Kreislaufstillstand. Daher sollte Aprotinin unter diesen Umständen nur mit besonderer Vorsicht angewandt werden. Hierbei muss eine adäquate Antikoagulation mit Heparin sichergestellt sein

KI:

• bes. Vorsicht bei Patienten, die bereits früher Aprotinin erhalten haben • Patienten mit allergischer Diathese NW:

38

• anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen (Häufigkeit < 0,5%) bei wiederholter Anwendung • unter hochdosierter Aprotinin-Therapie wurde bei Patienten mit Herzoperationen gelegentlich (> 1%) vorübergehender Serumkreatinin-Anstieg beobachtet • bei Patienten mit wiederholten koronaren BypassOperationen Tendenz zum häufigeren Auftreten perioperativer Myokardinfarkte (gegenüber Placebo), jedoch kein Unterschied hinsichtlich der Sterblichkeit • lokale thrombophlebitische Reaktionen WM:

• die Wirkung von Thrombolytika, z. B. Streptokinase, t-PA und Urokinase, wird durch Aprotinin dosisabhängig gehemmt

Andere gerinnungsbeeinflussende Medikamente Protamin (Protamin 1000 Roche, Protamin 5000 Roche) Heparinantagonist Ind:

• Inaktivierung von Heparin nach EKK • Blutungen nach Heparingaben Dosis

je nach Menge des zu antagonisierenden Heparin1 mg Protamin neutralisiert 100 IE Heparin • 1–1,3 ml Protamin 1000 inaktiviert 1000 IE Heparin • 1–1,3 ml Protamin 5000 inaktiviert 5000 IE Heparin  90 min nach Heparingabe nur 50% (3 h nach Heparingabe nur 25%) der errechneten Menge geben

475

Physiologie

38

NW:

Pha:

• selten allergische Reaktionen (Risiko ↑ bei Fischallergie und Patienten, die Insulinpräparate mit Protaminzusatz erhalten) • bei rascher Gabe häufig Blutdruckabfall durch Vasodilatation (vermutlich Histamin-vermittelt) • pulmonale Hypertonie in 0,2–4% (vermutlich Thromboxan-A2-vermittelt)  die Protamingabe sollte möglichst langsam und über eine peripheren Zugang gegeben werden, da dadurch die hämodynamischen Auswirkungen geringer sind  Protamin, allein verabreicht, kann als Antithromboplastin gerinnungshemmend wirken und u. U. zu Blutungen führen

• wird während der pulmonalen Passage im Gegensatz zu anderen Prostaglandinen nicht metabolisiert • dosisabhängige Wirkung, sowohl auf Thrombozytenaggregation als auch Vasodilatation (Thrombozytenaggregation ab 2 ng/kg/min, signifikant ab 4 ng/kg/min) • ca. 30 min nach Infusionsende verschwinden sowohl die kardiovaskulären Wirkungen als auch die Wirkung auf die Thrombozyten Ind:

• Alternative zu Heparin bei Hämodialyse • evtl. pulmonale Hypertonie, therapierefraktäre EPH-Gestose

Vitamin K (Konakion)

Dosis

1 Amp. à 1 ml = 10 mg, 1 Kaudrg. = 10 mg, 1 ml (20 Trpf.) = 20 mg

Hämodialyse: ≈ 3–5(-15) ng/kg/min vor und während der Dialyse

Ind:

NW:

• Blutungen od. Blutungsgefahr infolge Hypoprothrombinämie (Mangel an Vit. K abhängigen Gerinnungsfaktoren II, VII, IX und X) • Überdosierung von Cumarinderivaten oder andere K-Hypovitaminosen (z. B. bei Verschluss-Ikterus, Leber- und Darmaffektionen, langdauernde Verabreichung von Antibiotika, Sulfonamiden, Salicylsäurederivaten)

• Hypotonie, Tachykardie, Bradykardie

Dosis

• 1 Amp./Tag langsam i.v. oder als Kurzinf. • 10–20 Trpf. oral, Wirkungseintritt erst nach 12–24 h

NW:

• allerg. Reaktion • fragl. karzinogen bei parenteraler Gabe  i.v. sehr langsam

Epoprostenol = Prostacyclin (Flolan) • 1 Amp. à 500 µg • Prostacyclin (PGI2) • potenter Vasodilatator und Thrombozytenaggregationshemmer

Desmopressin = DDAVP (Minirin) • 1 Amp. à 1 ml = 4 µg • Nonapeptid WM:

• führt zu einer ↑ Thrombozytenausschwemmung aus dem Knochenmark • setzt von Willebrand-Faktor, Faktor VIII und t-PA aus körpereigenen Speichern frei und führt zu einem Anstieg auf ca. das 3fache des Ausgangswertes im Plasma z. B. von 5% auf 15% oder von 20% auf 60% → fördert die Thrombozytenadhäsion und verkürzt Blutungszeit Pha:

• HWZ: ≈ 3–3,5 h Ind:

• Antidiuretikum (zentraler Diabetes insipidus, traumatisch bedingte Polyurie und Polydipsie) • Antihämorrhagikum (Steigerung der FaktorVIII-Gerinnungsaktivität bei Hämophilie A und von Willebrand-Jürgens-Syndrom)

Kapitel 38 · Blutgerinnung

476

• durch ASS und nichtsteroidale Analgetika (Diclofenac oder Piroxicam) induzierte Thrombozytopathie → Wirkmechanismus unbekannt! • Patienten mit urämischer Thrombozytopathie oder Thrombozytenfunktionsstörung • Antagonisierungsversuch bei Überdosierung von Lepirudin oder Danaparoid-Natrium

kürzung der Blutungszeit nach der ersten Gabe → bettseitige Vollblutmessung mit dem Gerät DAPE der Firma Baxter

Spezielle ausgewählte Krankheitsbilder

Dosis

Antidiuretikum: • Erw. 0,5–1 µg; Kdr. 0,1–0,4 µg; Sgl. 0,03 µg (i.m., i.v., s.c.), 3mal tgl. Antihämorrhagikum: • 0,3–0,4 µg/kg als KI über 30 min i.v., s.c., Repetition in 6–12-h-Abstand Diagnostikum: • Erw. 4 µg; Kdr. 1–2 µg; Sgl. 0,4 µg (i.m., s.c.)  Max. Tagesdosis: 8 µg/24 h, max. Anwendungszeit: 7 Tage

• Gabe vor Plasmaspende (Erhöhung des Faktor VIII beim Spender) • Schnelltest zur Bestimmung der Nierenkonzentrationsfähigkeit NW:

• Flush, Kopfschmerzen, Übelkeit und abdominale Krämpfe, Hyponatriämie • selten Überempfindlichkeitsreaktionen WM:

• gleichzeitige Anwendung von Oxytocin → Erhöhung des antidiuretischen Effektes und Abschwächung der Uterusdurchblutung möglich • Clofibrat, Indometacin und Carbamazepin können die antidiuretische Wirkung von Desmopressin verstärken, während Glibenclamid diese vermindern kann

38

! Cave: • Auf Bilanzierung achten! • bei repetitiver Gabe kommt es zu einer Tachyphylaxie (Entleerung der Speicher)! • Desmopressin führt über einen Plasminogenaktivator-Anstieg (t-PA) zu einer gesteigerten Fibrinolyse → Kombination mit einem Antifibrinolytikum (z. B. Tranexamsäure (Anvitoff ) 5-(10) mg/kg über eine Stunde) bei Nichtver-

Von Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWJ) Historie Erstbeschreibung von Erik von Willebrand aus Helsinki.

Inzidenz 1% der Bevölkerung; damit ist die Krankheit die meist angeborene Gerinnungsstörung. ! Erhöhte Spiegel im Rahmen der entzündlichen Akutphase! Synthese des vWF in den Endothelzellen und den Megakaryozyten, Speicherung in den Thrombozyten (α-Granula) sowie den Weible-Palade-Körperchen der Endothelzellen

Typeneinteilung des vWJS • angeborenes oder • erworbenes vWJ-Syndrom (z. B. bei lymphoproliferativem Syndrom, monoklonalen proliferativen Erkrankungen, Herzklappenerkrankungen, Hypothyreose) oder • anhand von laborchemischen Untersuchungen in 3 Typen: – Typ I (80% Häufigkeit, benötigt Desmopressin) – Typ II (2A/2B/2M/2N) und – Typ III (ca. 1%; benötigt Faktorenkonzentrate, die Faktor VIII und vWF enthalten, z. B. das Präparat mit Handelsname Haemate)

Diagnostik • in nur 60% der Fälle verlängerte Blutungszeit und aPTT-Verlängerung • in 90% der Fälle Nachweis eines verminderten Ristocetin-Kofaktors (vWF: Rcof, Ausnahme

38

477

Physiologie

Test

Typ 1

VWF-Antigen

vermindert

Ristocetin-Kofaktor

vermindert

Kollagen-BindungsAktivität

vermindert

Multimere

Typ 2A

Typ 2B

Typ 2N

Typ 3

normal-vermindert

normal-vermindert

normal

fehlt

vermindert

vermindert

normal

fehlt

vermindert

vermindert

normal

fehlt

vermindert

große und/oder mittelgroße fehlen

großmolekulare fehlen

normal

fehlen

Faktor VIII

normalvermindert

normal-vermindert

normal-vermindert

vermindert

stark vermindert

RIPA

normalvermindert

normal-vermindert

gesteigerta

normal

vermindert

Thrombozytenzahl

normal

normal

normal-verminderta

normal

normal

VWF Von-Willebrand-Faktor-Antigen; RIPA Ristocetin-induzierte Plättchenaggregation Kontraindikation für DDAVP-Gabe!

a

Typ 2N) und verlängerte Plättchenhaftungszeit im Platelets Function Analyzer (PFA) → PFATest hat eine hohe Sensitivität (95%) beim vWJSyndrom • Cave: in 40% normale Blutungszeit im Screening-Test

• Hemmung der Sekretion von Pankreasenzymen, Gastrin, Pepsin Pha:

• HWZ: 1–3 min Ind:

Von-Willebrand-Faktor

• HWZ des vWF: erste HWZ beträgt 3 h, anschl. zweite HWZ 12–20 h • Konzentration ca. 10 mg/l bzw. 40–240% (hohe inter- und intraindividuelle Variabilität). • veränderte Spiegel bei: BG 0 ↓, Farbige ↑, Entzündung ↑, Frauen > Männer, Schwangerschaft ↓ Platelet-Type-von-Willebrand-Syndrom

• schwere akute gastroduodenale Ulkusblutung • schwere akute Blutung bei akuter erosiver bzw. hämorrhagischer Gastritis • adjuvante Therapie zur Hemmung der Sekretion von stark sezernierenden postoperativen Fisteln des Pankreas und des oberen Dünndarms • Prophylaxe von postoperativen pankreatischen Komplikationen nach Pankreaschirurgie

Erhöhte Bindungsfähigkeit des Von-WillebrandFaktors an die patienteneigenen Plättchen. Allerdings aufgrund eines Glykoproteinrezeptor-Ib-Defekts Störung der Thrombozytenaggregation.

Dosis

• initial 3,5 µg/kg langsam i.v. (über 1 min) • Erhaltungsdosis 3,5 µg Somatostatin/kg/h (≈ 250 µg/h) z. B. 1 Amp. à 3 mg in 36 ml NaCl 0,9% (1 ml ≈ 83 µg) initial 3 ml über 1 min (≈ 250 µg), danach 3 ml/h (≈ 250 µg/h)

Anhang: andere »Antihämorrhagika« Somatostatin (Somatostatin Ferring)

KI:

1 Amp. = 3 mg

• peri- und postnatale Periode

WM:

NW:

• humanes Polypeptid • Reduktion der Splanchnikusdurchblutung

• initial Blutzuckerabfall, nach 2–3 h Blutzuckeranstieg

478

Kapitel 38 · Blutgerinnung

• bei insulinpflichtigen Diabetikern und bei unverändert fortgesetzter Insulintherapie Hypoglykämie möglich • Brechreiz, Hitzegefühl (bei zu rascher i.v.-Injektion) WM:

• nicht mit Glukose- oder Fruktoselösungen mischen  Blutzuckerkontrolle 3–4 stdl.  Wiederholungsbehandlungen sind zu vermeiden, da ein Sensibilisierungsrisiko prinzipiell nicht ausgeschlossen werden kann  wegen der kurzen Halbwertszeit des Hormons sollte die Infusion auf keinen Fall länger als 1 min unterbrochen werden  Anwendungsdauer im Allgemeinen nicht länger als 5 Tage. Bei adjuvanter Therapie zur Sekretionshemmung von stark sezernierenden postoperativen Fisteln des Pankreas und oberen Dünndarms nicht länger als 14 Tage, in Einzelfällen bis zu 25 Tage

Ausgewählte Literatur

38

Barthels M, von Depka M (2003) Das Gerinnungskompendium. Thieme, Stuttgart New York 2003 Dempfle CE (2005) Perioperative Gerinnungsdiagnostik. Anaesthesist 54:167–177 Dempfle CE (2005) Bestimmung des D-Dimer-Antigens in der klinischen Routine. Dtsch Arztebl 102:A 428–432 Kern H, Ziemer S, Kox WJ (1999) Bleeding after intermittent or continuous r-hirudin during CVVH. Int Care Med 25:1311–1314 Kleinschmidt S et al. (2002) Die perioperative Therapie des Von-Willebrand-Syndroms. Anaesthesist 51:825–834 Pötzsch B, Madlener K (2002) Gerinnungskonsil. Thieme, Stuttgart New York Taylor FB, Jr, Toh CH, Hoots WK, Wada H, Levi M (2001) Towards definition, clinical and laboratory criteria, and a scoring system for disseminated intravascular coagulation. Thromb Haemost 86:1327–1330 Wada H, Wakita Y, Nakase T, Shimura M, Hiyoyama K, Nagaya S, Mori Y, Shiku H (1995) Outcome of disseminated intravascular coagulation in relation to the score when treatment was begun. Mie DIC Study Group. Thromb Haemost 74:848–852

V

Anhang Kapitel 39

Nachschlageteil

– 481

39 Nachschlageteil

Dosierung von parenteralen Antibiotika (nach F. Thalhammer, »Wiener-Liste«) Antibiotikum

Amikacin Amoxicillin/Clavulansäure Ampicillin Ampicillin/Sulbactam Aztreonam Cefamandol Cefazolin Cefepim Cefotaxim Cefotiam Cefoxitin Ceftazidim Ceftriaxon Cefuroxin Chloramphenicol Ciprofloxacin Clarithromycin Clindamycin Cotrimoxazol Coxycylin Ertapenem Flucloxacillin Fosfomycin Fusidinsäure Gentamicin Imipenem/Cilastatin Levofloxacin Linezolid Meropenem Metronidazol Mezlocillin Moxifloxacin Netilmicin Oxacillin Penicillin G Piperacillin Piperacillin/Tazobactam Quinupristin/Dalfopristin Rifampicin Teicoplanin Tobramycin Vancomycin

Handelsname

Biklin Augmentan z.B. Binotal Unacid Azactam Mandokef z.B. Elzogram Maxipime z.B. Claforan Spizef Mefoxitin Fortum Racephin Zinacef Paraxin, Biophenicol Ciprobay Klacid z. B. Sobelin z. B. Bactrim, Eusaprim z. B. Vibramycin Invanz z. B. Staphylex Infectofos Fucidine z. B. Refobacin Zienam Tavanic Zyvoxid Meronem z. B. Clont z. B. Baypen Avalox Certomycin Stapenor z. B. Penicillin G z. B. Pipril Tazobac Synercid z. B. Eremfat, Rifa Targocid z. B. Gernebcin z. B. Vancomycin CP Lilly

Nierenfunktion (basierend auf einem Körpergewicht von 70 kg) normal

eingeschränkt

intermittierende Hämodialyse

kontinuierliche Hämofiltration

1 x 15 mg/kg 3 x 2,2 - 4,4 g 3 x 2,0 - 5,0 g 3 - 4 x 3,0 g 2 - 4 x 2,0 g 3 x 1,0 - 2,0 g 3 x 0,5 - 2,0 g 2 - 3 x 1,0 - 2,0 g 2 - 3 x 1,0 - 4,0 g 3 x 1,0 - 2,0 g 3 - 4 x 1,0 - 2,0 g 3 x 1,0 - 3,0 g 1 - 2 x 1,0 - 2,0 g 3 x 1,5 - 3,0 g 3 x 0,5 - 1,0 g 2 - 3 x 0,4 g 2 x 0,5 g 3 x 0,6 - 1,2 g 3 x 0,16/0,8 g 1 x 0,2 - 0,3 g 1x1g 3 x 2,0 - 4,0 g 2 - 3 x 4.0 - 8,0 g 3 x 0,5 g 1 x 3 - 5 mg/kg 3 - 4 x 0,5 - 1,0 g 1 x 0,5 - 1,0 g 2 x 0,6 g 3 x 0,5 - 2,0 g 1 x 1,5 g 3 x 2,0 - 5,0 g 1 x 0,4 g 1 x 3 - 5 mg/kg 3 x 1,0 - 4,0 g 3 x 5 - 10 Mio E 3 - 4 x 2,0 - 4,0 g 3 x 4,5 - 9,0 g 3 x 7,5 mg/kg 1 x 10 mg/kg 1 x 12 - 15 mg/kg 1 x 3 - 5 mg/kg 2 x 1,0 - 2,0 g

1 x 7,5 mg/kg n. Sp 1 -2 x 0,6 g 2 -3 x 1,0 - 2,0 g 1 - 2 x 3,0 g 1 -2 x 1,0 g 2 - 3 x 1,0 g 2 x 1,0 - 1,5 g 1 x 1,0 - 2,0 g 2 x 1,0 - 2,0 g 2 x 1,0 - 1,5 g 1 - 2 x 1,0 - 2,0 g 1 x 0,5 - 1,5 g 1 x 2,0 g 3 x 0,75 - 1,5 g 3 x 0,5 - 1,0 g 2 - 3 x 0,3 2 x 0,25 g 3 x 0,3 - 0,6 g 3 x 0,08/0,4 g 1 x 0,2 - 0,3 g kontraindiziert 3 x 1,0 - 3,0 g 1 x 2,0 - 4,0 g 3 x 0,5 g 1 x 1,5 mg/kg, n.Sp. 2 - 3 x 0,5 g 1 x 0,125 - 0,25 g 2 x 0,6 g 1 - 2 x 0,5 g 1 x 1,0 g 2 x 2,0 - 4,0 g 1 x 0,4 g 1 x 2 mg/kg, n.Sp. 3 x 1,0 - 3,0 g 3 x 3,3 Mio E 2 - 3 x 4,0 g 2 - 3 x 4,5 g – 1 x 10 mg/kg 1 x 15 mg/kg, n.Sp. 1 x 1,5 mg/kg, n.Sp. 1 x 15 mg/kg, n.Sp.

5 - 7,5 mg/kg p. HD 1 x 2,2 - 4,4 g p. Hd 2 x 1,0 g 1 x 3,0 g p. HD 1 x 0,25 - 0,5 g – 1 x 1,0 - 1,5 g 1 x 1,0 - 2,0 g p. HD 2 x 0,5 - 1,0 g 1 x 0,5 - 1,0 g 1 - 2 x 0,5 - 1,0 g 1 x 1,0 g 1 x 4,0 g 1 x 0,75 g – 2 x 0,1 g – 3 x 0,6 - 0,9 g – 1 x 0,2 - 0,3 g kontraindiziert 3 x 1.0 g 1 x 4,0 g p.Hd 3 x 0,5 g 1 - 2 mg/kg p.HD 3 x 0,25 - 0,5 g 1 x 0,125 g 2 x 0,6 g 1 x 0,25 - 0,5 g 1 x 1,0 g – 1 x 0,4 g 1 - 2 mg/kg p.HD – – 2 x 4,0 g 2 x 4,5 g – 1 x 5 mg/kg 12 mg/kg p.HD 1 - 2 mg/kg p.HD 1,0 g p.HD

5 - 7,5 mg/kg 3 x 2,2 g 2 x 1,0 g – 3 x 1,0 g – – 2 x 2,0 g – – – 3 x 2,0 g 2 x 2,0 g 2 x 0,75 g – 3 x 0,2 g – 3 x 0,6 - 1,2 g – 1 x 0,2 - 0,3 g kontraindiziert 3 x 2.0 - 4,0 g 1 x 2,0 g ? – 1 - 2 mg/kg 3 x 1,0 g 1 x 1,0 g – 3 x 1,0 g 1 x 1,5 g – – 1 - 2 mg/kg – – 3 x 4,0 g 3 x 4,5 g – 1 x 5 mg/kg 1 x 12 mg/kg, n.Sp 1 - 2 mg/kg 1 x 1,0 g

482

Kapitel 39 · Nachschlageteil

Score-Systeme • Score-Systeme sind Punktwertsysteme zur Schweregradklassifikation, zur Verlaufbeurteilung, zur Bewertung des Therapie- und Personalaufwandes (z. B. TISS-28) und dienen zur statistischen Einschätzung der Letalitätswahrscheinlichkeit

• kein 100%iges Diagnostikum, sondern Ergänzung der klinischen Patientenbeurteilung durch den erfahrenen Arzt → Entscheidungshilfe • Validierung der Score-Systeme für größere Patientenkollektive → sie können daher z. B. für die Prognose eines einzelnen Patienten nicht herangezogen werden! • die meisten gegenwärtigen Score-Systeme weisen eine hohe Spezifität auf → Überleben der Patienten kann mit ca. 90%iger Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden! • die Sensitivität der Score-Systeme ist hingegen nur mittelmäßig → die Wahrscheinlichkeit zu versterben kann nur mit 50–70% Sicherheit richtig vorhergesagt werden! → keine Vorhersage der individuellen Mortalität, sondern nur für Patientenkollektive • Zusammensetzung der Scoresysteme aus (patho) physiologischen Parametern, biographischen Daten wie z. B. Alter, dem klinischen Aufnahmebefund sowie Begleiterkrankungen etc.

Ziele der Score-Systeme • quantitative Erfassung des primären Krankheitsschweregrades • Erfassung des Krankheitsverlaufes z. B. das Ansprechen auf therapeutische Interventionen und Therapiekonzepte • Prognosebeurteilung (eingeschränkt verwertbar!) • Leistungserfassung

39

Score-Formen Je nach Art der Zielsetzung unterscheidet man: • Outcome-Scores (z.B. SAPS-II-Score) • Verlauf-Scores • Aufwand-Scores (z.B. TISS-28-Score)

Beispiele für verschiedene Score-Systeme APACHE (Acute Physiology and Chronic Health Evaluation) • Outcome-Score • Zusammensetzung aus 3 Teilen – einem akuten physiologischen Score – einem altersbezogenen Score und – einem Score, der chronische Vorerkrankungen beurteilt – Entwicklung der Erstversion 1981 von Knaus et al. • APACHE-II-Score wurde 1985 aus ca. 6000 Intensivpatienten abgeleitet: – Punktwerte variieren zwischen 0 und maximal 8 Punkten – Beurteilung von 14 Parametern – maximale Gesamtpunktzahl: 70  der APACHE-II-Score ist nicht anwendbar auf Verbrennungspatienten sowie Patienten nach herz- oder thoraxchirurgischen Eingriffen. Nur zur Mortalitätsbeurteilung in den ersten 24 h nach Aufnahme auf die Intensivstation zugelassen! • APACHE III wurde 1991 aus ca. 17.000 Intensivpatienten abgeleitet: – Punktwerte variieren zwischen 0 und maximal 48 Punkten – Beurteilung von 18 Parametern – maximale Gesamtpunktzahl: 299 Nicht berücksichtigt sind beim APACHE-IIIScore: – Patienten < 16 Jahre – Verbrennungspatienten – Patienten mit akutem Thoraxtrauma – kardiochirurgische Patienten Zusammensetzung des APACHE-Scores aus 3 Teilen: Severity (=Vitalparameter), Age und Comorbitity  APACHE-III-Score fand in den letzten Jahren nur geringe Verbreitung!  zur Beurteilung des Mortalitätsrisikos für die ersten 7 Tage evaluiert!

APACHE-IIScore-Punkte

39

483

Anhang

Krankenhausmortalität (%) nichtoperativ

operativ

0-4

4

1

5-9

6

3

10-14

12

6

15-19

22

11

20-24

40

29

25-29

51

37

30-34

71

71

≥ 35

82

87

TISS-Leistung

nach Daten aus Knaus et al. Critical Care Med 1985

Punkteverteilung des APACHE-II- und -III-Score Parameter

Hilfe des modifizierten SAPS-II- und des auf 10 Kriterien reduzierten TISS-Score abgebildet! Punkte pro Tag

apparative Beatmung

5

Infusion multipler Katecholamine (> 1)

4

Flüssigkeitsersatz in hohen Mengen (>5 l/24 h)

4

peripherer arterieller Katheter

5

Linksvorhofkatheter/Pulmonaliskatheter

8

Hämofiltration/Dialyse

3

intrakranielle Druckmessung

4

Behandlung einer metabolischen Azidose/ Alkalose

4

spezielle Interventionen (Kardioversion, Tracheotomie)

5

Aktionen außerhalb der Station (Operationen/Diagnostik)

5

APACHE-II

APACHE-IIIPunkte

Alter

0–5

0 – 24

Chronische Vorerkrankung

2–5

4 – 23

Rektale Körpertemperatur

0–4

0 – 20

Lung Injury Score (LIS) von Murray (1988)

Herzfrequenz

0–4

0 – 17

• Ziel des Scores ist die Beurteilung der Lungenfunktion z. B. beim ARDS • 4 Kriterien:

Atemfrequenz

0–4

0 – 18

Arterieller Mitteldruck

0–4

0 – 23

Arterielle Oxygenierung

0–4

0 – 15

Arterieller pH-Wert

0–4

S-Natrium

0–4

S-Kalium

0–4

S-Kreatinin

0–8

Punkte 0–4 0 – 7 ohne akute Niereninsuffizienz 0 – 10 mit akuter Niereninsuffizienz

Harnzeitvolumen/24h

0 – 15

S-Harnstoff

0 – 12 0– 4

0– 3

Leukozyten

0– 4

0 – 19

Glasgow Coma Scale

0 – 12

HKT

S-Bilirubin

0 – 16

S-Glukose

0– 9

Säure-Basen-Haushalt

0 – 12

Neurologischer Status

0 – 48

Röntgenbefund der Lunge Beurteilung nach der Anzahl der Quadranten mit alveolärer Verschattung Hypoxämie/Oxygenierungsstörung beurteilt nach Horovitz-Index paO2/FIO2

Im DRG-Zeitalter wird ab 2005 die intensivmedizinische Komplexbehandlung (Kode 8–980.–) mit

≥ 300 mmHg

0

225–299 mmHg

1

175–224 mmHg

2

100–174 mmHg

3

< 100 mmHg

4

PEEP

Compliance

Modifizierter TISS-Score

0–4

≤ 5 cm H2O

0

6–8 cm H2O

1

9–11 cm H2O

2

12–14 cm H2O

3

≥ 15 cm H2O

4

≥ 80 ml/cm H2O 60–79 ml/cm H2O

0

40–59 ml/cm H2O

2

20–39 ml/cm H2O

3

≤ 19 ml/cm H2O

4

1

484

Kapitel 39 · Nachschlageteil

• Beurteilung nach der Summe der Gruppenwerte, dividiert durch die Anzahl der beurteilten Gruppen: Punkte 0

keine Lungenschädigung

0,1 – 2,5

leichte bis mäßige Lungenschädigung

> 2,5

schwere Lungenschädigung (wie z. B. ARDS)

Kardialer Risikoindex nach Goldman • nicht anwendbar für kardiochirurgische Patienten • Score zur präoperativen Einschätzung des Op.Risikos Kriterien

Risikopunkte

Vorgeschichte 5

Alter > 70 Jahre Myokardinfarkt in den vergangenen 6 Monaten

10

Körperliche Untersuchung 3. Herzton, Galopprhythmus oder Jugularvenenstauung

11 3

Hochgradige Aortenstenose EKG Anderer Rhythmus als Sinusrhythmus oder supraventrikuläre

7

Extrasystolen (ES) im letzten präoperativen EKG Mehr als 5 ventrikuläre ES/min, die zu irgendeiner Zeit vor der Operation

7

dokumentiert wurden Allgemeiner Status paO2 < 60 mmHg oder paCO2 > 50 mmHg oder K+ < 3,0 mval/l oder HCO3 < 20 mmol/l oder Serumharnstoff > 50 mg% oder Serumkreatinin > 3,0 mg% oder Erhöhte SGOT, Zeichen der chronischen Lebererkrankung Bettlägrigkeit des Patient aus nichtkardialer Ursache

3

Operation Intraperitonealer, intrathorakaler oder Aorteneingriff

3

Notfalloperation

4

mögliche maximale Punktesumme

53

Einteilung in Risikoklassen

39

Klasse

Punkte

Inzidenz von Tod durchHerzversagen (%)

Inzidenz lebensbedrohlicher Komplikationen (%)

I II III IV

0–5 6 – 12 13 – 25 > 26

0,2 2 2 56

0,7 5 11 22

39

485

Anhang

Weitere Intensiv-Scores

Severity of Sepsis Grading (SS): Beurteilung von

Score-Systeme zur Beurteilung des Überwachungs- und Behandlungsaufwandes TISS (Therapeutic Intervention Scoring System):

Sepsis-Patienten → Elebute-Score = spezieller (Sepsis)-Score weitere Scores • HIS (Hannover Intensive Score) • Injury Severity Score (ISS) • Aarauer Sepsis-Score

• Erfassung des therapeutischen bzw. pflegerischen Aufwandes • Nachteil: älteres Score-System von 1974, modifiziert zuletzt im Jahr 1983: aufwendige Lagerungsmaßnahmen wie z. B. die kinetische Therapie bei ARDS werden nicht entsprechend berücksichtigt! Score-Systeme zur Prognosebeurteilung Simplified Acute Physiology Score (SAPS I und II)

• Reduktion des 34 Variablen umfassenden APACHE-I-Score auf 13 Variablen Validierung auch auf europäischen Intensivstationen • Punkteverteilung 0–26, maximale Punktzahl: 182 → nicht berücksichtigt sind beim SAPS-II-Score: Patienten < 18 Jahre, Verbrennungspatienten, Patienten mit KHK, kardiochirurgische Patienten  nur zur Prognosebeurteilung innerhalb der ersten 24 h zugelassen → keine Beurteilung der Tag-um-Tag-Letalität! MPM II (Mortality Prediction Model) • Anzahl der beurteilten Aufnahmeparameter (MPM 0): 15 • Anzahl der Parameter nach 24 h (MPM 24): 13 Paramter, davon 5 Aufnahmeparameter → nicht berücksichtigt ist das selbe Patientengut wie beim SAPS II

Scores zur Beurteilung des Schweregrades von Multiorgandysfunktion (MODS) oder Multiorganversagen (MOF)

• MOF-Score nach Goris (Multiple Organ Failure Score) →  Kapitel Sepsis/MOV • OSF-Score (Organ System Failure Score) nach Knaus • MOD-Score (Multiple Organ Dysfunction-Score) nach Marschall, der anhand von 692 Patienten einer chirurgischen Intensivstation ermittelt worden ist → im Gegensatz zum APACHEScore ist eine tägliche Bestimmung des ScoreWertes zur Verlaufskontrolle möglich! Mortalitätsrate MOD- Score

Mortalität (%)

0

0

1–4

1

5–8

3

9–12

25

13–16

50

17–20

75

> 20

100

Punkte Parameter

0

1

2

3

4

paO2/FiO2

> 300

226–300

151–225

76–150

≤ 75

Serumkreatinin (µmol/l)

≤ 100

101–200

201–350

351–500

≥ 500

Serumbilirubin (µmol/l)

≤ 20

21–60

61–120

121–240

> 240

Puls-Druck-Produkt*

≤ 10

10,1–15

15,1–20

20,1–30

> 30

Thrombozyten (1000/µl)

> 120

81–120

51–80

21–50

≤ 20

Glascow Coma Scale

15

13–14

10–12

7–9

≤6

* Puls-Druck-Produkt = HF × (ZVD/MAP); HF Herzfrequenz, ZVD zentralvenöser Druck, MAP mittlerer arterieller Druck

486

Kapitel 39 · Nachschlageteil

Komaeinteilung nach der World Foundation of NeuroSurgery (WFNS 1976) Bewusstlosigkeit ohne weitere zentrale neurologische Störungen Koma II dazu Anisokorie und/oder Paresen Koma III dazu Strecksynergismen Koma IV Pupillen weit, reaktionslos, Extremitäten schlaff, Spontanatmung kann vorhanden sein Koma I

Glasgow Coma Scale (GCS) Punkte Augen öffnen spontan

4

auf Ansprache

3

auf Schmerzreiz

2

nicht

1

Beste motorische Antwort (Extremitäten der besseren Seite) befolgt Aufforderungen

6

gezielte Abwehr

5

Wegziehen

4

pathologische Beugung

3

Strecken

2

keine

1

Beste verbale Antwort (beim Intubierten schätzen) orientiert

5

verwirrt

4

Wortsalat

3

unverständliche Laute

2

keine

1

Summe (maximal 15 Punkte, minimal 3 Punkte)

Ausgewählte Literatur

39

Knaus WA, Draper EA, Wagner DP, Zimmerman JE (1985) Prognosis in acute organ system failure. Ann Surg 202:685– 693 Teasdale G, Jennett B (1974) Assessment of coma and impaired consciousness. A practical scale. Lancet 13:81–84

39

487

Anhang

Umrechnungstabellen für Laborwerte – Normalwerte (SI-Einheiten) Die Einheiten des internationalen Einheitensystems (SI-Einheiten) sind durch das »Gesetz über Einheiten im Messwesen in Deutschland« verbindlich geworden. SI = Système International d’Unités = Internationales Einheitensystem Im geschäftlichen und amtlichen Verkehr dürfen nur SI-Einheiten verwendet werden! Untersuchungen im Blut Parameter

Normwerte konventionelle Einheit

MCH MCHC MCV Leukozyten

E E E E

Differentialblutbild Granulozyten stabkernige neutr. G. segmentkernige neutr. G. eosinophile G. basophile G. Monozyten Lymphozyten Thrombozyten Retikulozyten BSG (BKS)

E



: 8,7–11,2 mmol/l : 7,5–9,9 mmol/l

0,62

0–5% 50–70% 0–5% 0–2% 2–6% 25–45% 150000–400000/µl 4–15‰ (20000–75000/ml) : 3–10 mm (1h) : 6–20 mm (1h) < 10 mg/l →

E E



E E

S S P/S S

Ferritin Transferrin Blutgase (arteriell) pH pO2 pCO2 BE Standard-Bikarbonat CO-Hb Met-Hb

S S B

S S S

S S

135–145 mmol/l 3,5–5,5 mmol/l 98–112 mmol/l 2,2–2,6 mmol/l 1,1–1,4 mmol/l 1,75–4 mg/dl 0,77–1,55 mmol/l : 80–150 µg/dl : 60–140 µg/dl 30–200 mg/l 200–400 mg/dl 7,35–7,45 70–100 mmHg 36–44 mmHg -2,5 bis +2,5 mmol/l 22–26 mmol/l 0,5–1,5%, (Raucher 5%) 0,2–1,5%

0,7–1,6 mmol/l →

Z P/S

Natrium Kalium Chlorid Kalzium (gesamt) Kalzium (ionisiertes) Magnesium Phosphat Eisen



Umrechnungsfaktor (x)



Hämoglobin

C-reaktives Protein (CRP)

: 41–50% : 46% : 4,5–5,9 Mio./ml : 4,0–5,2 Mio./ml : 14–18 g/dl : 12–16 g/dl 27–34 pg 30–36g/dl 85–98 fl 4000–11000/µl →

Erythrozyten

E



Hämatokrit

SI-Einheit

: 14–27 µmol/l :11–25 µmol/l

0,41 0,179

2,0–4,0 g/l

0,01

9,31–13,3 kPa 4,78–5,85 kPa

0,133 0,133

488

Kapitel 39 · Nachschlageteil

Parameter

39

Normwerte konventionelle Einheit

SI-Einheit 5,9–13,5 µmol/l

Umrechnungsfaktor (x)

P P

200–450 mg/dl 20–45 s

P P S

17–24 s 70–130% 75–125%

Gesamteiweiß Eiweißelektrophorese (Elektrophorese) Albumin α1-Globulin α2-Globulin β-Globulin γ-Globulin Immunglobulin A (IgA) Immunglobulin G (IgG) Immunglobulin M (IgM) freies Thyroxin (fT4) freies Trijodthyronin (fT3) Thyreoglobulin TSH basal TBG

S S

6–8,4 g/dl

60–84 g/l

10

3,5–5,5 g/dl (45–68,6%) 0,13–0,39 g/dl (1,4–3,4%) 0,54–0,93 g/dl (4,2–7,8%) 0,59–1,14 g/dl (7–10,4%) 0,58–1,52 g/dl (12,1–17,7%) 0,09–0,45 g/dl 0,8–1,8 g/dl 0,06–0,26 g/dl 0,5–2,3 ng/dl 3,0–6,0 pg/ml < 50 ng/ml 0,3–3,5 mU/l 12–30 µg/ml

35–55 g/l 1,3–3,9 g/l 5,4–9,3 g/l 5,9–11,4 g/l 5,8–15,2 g/l 0,9–4,5 g/l 8–18 g/l 0,6–2,6 g/l 7–30 pmol/l 4,6–9,2 pmol/l

10 10 10 10 10 10 10 10 14 1,53

Bilirubin (gesamt) direkt indirekt α-Amylase Lipase Alkalische Phosphatase (AP) LDH GOT

P/S P/S P/S P/S S P/S S S

3,4–18,8 µmol/l 0,9–5,1 µmol/l < 13,7 µmol/l

17,1

GPT

S

γ-GT

S

Creatinkinase (CK) CK-Isoenzym MB (CK-MB) Cholinesterase (CHE) Kreatinin Harnstoff Harnsäure Laktat

P/S P/S S S S S S

0,2–1,1 mg/dl 0,05–0,3 mg/dl < 0,8 mg/dl < 140 U/l 30–180 U/l 65–220 U/l 120–240 U/l : < 18 U/l : < 15 U/l : < 22 U/l : < 17 U/l : 6–28 U/l : 4–18 U/l < 80 U/l < 6% der CK 3000–8000 U/l 0,5–1,2 mg/dl 10–55 mg/dl 2,6–6,4 mg/dl 6–20 mg/dl

44–106 µmol/l 1,7–9,3 mmol/l 155–384 µmol/l 0,66–2,22 mmol/l

88,4 0,17 60 0,111

Cholesterin (gesamt) HDL LDL Triglyzeride Glukose nüchtern

P/S P/S P/S S B/S

120–240 mg/dl > 50 mg/dl < 150 mg/dl 75–200 mg/dl 70–100 mg/dl

3,1–6,2 mmol/l > 1,3 mmol/l < 3,87 mmol/l 0,83–2,3 mmol/l 3,9–5,6 mmol/l

0,026



→ →

S S S S S S S S

0,03



Fibrinogen Partielle Thromboplastinzeit (PTT) Thrombinzeit (TZ) Thromboplastinzeit (Quick) Antithrombin (AT III)

0,0112 0,0555

39

489

Anhang

Normwerte konventionelle Einheit E E

Osmolalität Ammoniak

S P/S

5-8% des Hb < 7% des Hb (< 8–9% bei Diabetikern) 280–300 mosm/kg : 19–80 µg/dl; : 25–94 µg/dl →

HbA1 HbA1C

SI-Einheit



Parameter

: 11–48 µmol/l : 15–55 µmol/l

Umrechnungsfaktor (x)

0,59

B = Vollblut, P = Plasma, S = Serum, Z = Zitratblut, E = EDTA-Blut

Untersuchungen im Urin Parameter

Normwerte konventionelle Einheit

Chlorid* Kalium* Kalzium* Natrium* Osmolalität α-Amylase

U U U U U U

SI-Einheit

Umrechnungsfaktor (x)

SI-Einheit

Umrechnungsfaktor (x)

160–178 mmol/24h 30–100 mmol/24h 4,0–5 mmol/l 120–220 mmol/24h 800–1400 mosm/kg < 1500 U/l

U = Urin, * = Werte stark nahrungsabhängig

Parameter

Normwerte konventionelle Einheit

Kreatinin-Clearance

S/U

90–130 ml/min (altersabhängig)

490

Kapitel 39 · Nachschlageteil

Umrechnungstabellen für sonstige Einheiten Einheiten für Druck und Festigkeit Pa*

bar*

cmH2O

at

atm

Torr (mmHg)

1

0,00001

1,01972 × 10-2

1,01972 × 10-5

0,98692 × 10-5

0,00750062

1 bar

100 000

1

1019,72

1,01972

0,98692

750,062

1 cmH2O

98,0665

980,665

1

0,001

0,967841 × 10-3

0,735559

1 at (=1 kp/cm2)

98 066,5

0,980665

1000

1

0,967841

735,559

1 atm

101 325

1,01325

1033,227

1,033227

1

759,9988

1 Torr (= 1 mmHg)

133,3224

0,001333224

1,35951

0,00135951

1,31579 × 10-3

1

1 Pa (=1 N/m2 = 10 dyn/cm2)

Einheiten der Energie, Arbeit und Wärmemengen

1 J (= 1 Nm = 1 Ws) 1 kWh 1 kcal

J*

kWh*

kcal

1 3 600 000 4186,8

2,77778 ×10-7 1 1,16264 × 10-3

2,38920 × 10-4 860,11 1

Einheiten der Leistung (= Energiestrom, Wärmestrom)

1W (= 1 Nm/s = 1 J/s) 1 kW 1 kcal/s 1 kcal/h 1 kpm/s 1 PS

W*

kW

kcal/s

kcal/h

kp m/s

PS

1 1000 4190 1,16 9,81 735,49875

0,001 1 4,19 0,00116 0,00981 0,73549875

2,39 × 10-4 0,239 1 0,0002778 0,00234 0,176

0,860 860 3600 1 8,43 632

0,102 102 427 0,119 1 75

0,00135962 1,35962 5,69 0,00158 0,0133 1

* gesetzliche Maßeinheiten

Flüssigkeitsmaße für Arzneimittel

39

1 Wasserglas 1 Tasse 1 Eßlöffel 1 Dessertlöffel 1 Teelöffel

170–220 cm3 150 cm3 15 cm3 10 cm3 5 cm3

A Stichwortverzeichnis

A AaDO2 421 AB0-System 65 Abciximab 324, 471 Abdominelles Kompartmentsyndrom (AKS) 405 Abführtee 292 Abstand, thyreomentaler 10 ACC 313 ACD-Stabilisator 66 ACE-Hemmer 254, 323, 372, 395, 396 Acerbon 323 Acetaldehyd-Dehydrogenase 309 Acetylcholin 282 Acetylcystein 138, 261 – ratiopharm 138 Acetylsalicylsäure 323, 469 Aciclovir 240 Acinetobacter 223 – baumannii 224 ACT 452, 460, 474 ACTH-Test 351 Actilyse 472 Actilysin 325 Activated Clotting Time (ACT) 452 Acute Lung Injury 331 Additivlösung 66 Adenin 67 Adenosin 175, 371, 372, 410, 411 Adenoviren 221 Adenylatzyklase 55, 143

ADH-Analoga 268 ADH-Sekretion 379, 381 ADP 447 – Antagonisten 470 Adrenalin 56, 174, 175, 178, 374, 399 Adrenorezeptor 55 Adult Pivotal ARDS-Trial 336 Advanced Life Support 172 AED 174 Afelimomab 349 Aggrastat 324 Air-Trapping 133 Airway Exchange Catheter 14, 17 Airway Pressure Release Ventilation 133 Ajmalin 411 AK, monoklonale 350 Akineton 317 Akrinor 60 Akromegalie 8 Aktivität (PEA), pulslose, elektrische 175 Aktivkohle 318 Akut-Lyse-Therapie 366 Albumindialyse 270 Albumintest 74 Aldactone 396 Aldosteron-Antagonist 395 Algorithmus, Reamination 176 Alkalose 440 – metabolische 444 – respiratorische 444 Alkaloseausgleich 445

Alkoholabusus 308 Alkoholentzugssyndrom 307 Alkoholismus 441 Allen-Test 26 Allergieprophylaxe 473 Alloimmunisierung 68, 78 Almitrin 142 ALS 172 Alteplase 325, 472 Aludrox 302 Aluminiumhydroxid 302 Aluminiumserdolit 442 Alupent 60 Alveolen 415, 416 Alvimopan 290 ALV (Adaptive Lung Ventilation) 147 AmBisome 204 Amblosin 196 Ambrohexal 138 Ambroxol 338 Ameisensäure 317 American Heart Association (AHA) 179 American Thoracic Society (ATS) 217 Amino-Penicilline 188 Aminoglykoside 188, 190, 199 Aminosäuren, essentielle 103 Amiodaron 175, 410 Amiodaron-Lunge 331 Ammoniak 266, 267 Amoxicillin 196, 214, 301 Amoxypen 196, 214, 301

492

Stichwortverzeichnis

Amphetamine 314 Ampho-moronal Salbe/Creme 205 Amphotericin B 203–205, 207, 225 Ampicillin 189, 196, 214, 238 Amrinon 61 Amrinone 374 Amylase 277 α-Amylase 438 Anabolismus 440 AnaConDaTM 92 Analgosedierung, Hyperventilation 386 Ancotil 205, 225 Aneurysma-Clipping 380 Aneurysma-Rezidivblutung 380 Anexate 267, 313, 315 Angina abdominalis 110 Angina pectoris (IAP), instabile 321 Angiographie, zerebrale 402 Angiopathie 454 Angioplastie 381 – transluminale koronare 324 Angiotensin II 371 Anidulafungin 204 Anionenlücke 445 Anti-Faktor-Xa-Aktivität 462, 465 Antiarrhythmika 175 Antibiotika 184 – bakteriostatische 186 – bakterizide 186 – Cycling 185 – Nierenersatzverfahren 187 – Niereninsuffizienz 187 – Therapie 184 Antibiotikaresistenz 185 Antidepressiva, trizyklische 315 Antifibrinolytika 473 Antikoagulation 410, 449, 464 Antikörper – digoxinspezifische 313 – granulozytenspezifische 70 – irreguläre 66 – reguläre 65 Antikörpersuchtest 73, 74 Antimykotika 203

Antioxidanzien 111, 338 Antiphospholipid-Syndrom 361 α2-Antiplasmin 449 Antithrombin 449, 452, 457 Antithrombotika 460 Antra 301, 304 Anvitoff 473 AO 430 Aortenstenose 40 APACHE (Acute Physiology and Chronic Health Evaluation) 481 Apnoetest 401 Aponal 310 Applikation, periphervenöse 101 Applikationsform, venöse 174 Aprotinin 449, 473 APRV (Airway Pressure Release Ventilation) 133 APSAC (anisolyierter Plasminogenstreptokinaseaktivatorkomplex) = Anistreplase (Eminase) 326 Äquivalent, mittleres kalorisches 428 Arachidonsäure 106 Arboviren 240 ARDS-induzierende Viren 221 ARDS (acute respiratory distress syndrome) 329 – parapneumonisches 330 Arginin 103, 111 Arixtra 462, 466 Arneimittelnebenwirkungen, unerwünschte 85 Arterenol 58, 366 Arterieller CO2-Partialdruck (paCO2) 29 Arterieller O2-Partialdruck (paO2) 29 Arzneimittelgesetz 84 AS – aromatische 104 – verzweigtkettige 104 ASA-Algorithmus 21 ASB 131, 154 Aspergillen 203, 212, 237 Aspirationspneumonie 217, 379 Aspirin 469 Aspisol 469

ASS 138 Assist-device-Implantation 398 Assisted Spontaneous Breathing 131 Astronautenkost 109 Aszitespunktion 242 AT-III 449, 452 AT-III-Mangel 361 AT-III-Substitution 349, 457 AT1-Blocker 395, 396 ATC (automatische Tubuskompensation) 148 Atelekttrauma 333 Atemarbeit 153, 418 Atemgrenzwert 419 Atemhilfsmuskel 416 Atemkontrolle 170 Atemmechanik 421 Atemmuskel 416 Atemmuster 153 Atempumpe 125 Atemspende 170 Atemstillstand 430 Atemwege, schwierige 7 Atemwegsmanagement 21 Atemwegswiderstand 126, 422 Atemzug-(Tidal)-volumen 418 Atemzyklus 129 Atenolol 323 Atmung – äußere 416 – innere 416 Atrial-natriuretischer Faktor 252 Atropin 174, 175, 178, 313 AT III 457 Augmentan 196 Ausrollkultur 231 Austauschtransfusion 75 Auswurffraktion, globale 46 Auto-PEEP 128 Autotransfusion 75 – maschinelle 81 AV-Ersatzrhythmus 409 AV-Knoten-Reentrytachykardie 409 Avalox 201 avDO2 425, 428 AVID-Studie 398

493

Stichwortverzeichnis

Azactam 199 Azalide 189 Azetat-Lösung 256 Azidose – hyperchlorämische 434 – metabolische 444 – respiratorische 444 Azidoseausgleich 445 Azithromycin 193, 202 Azlocillin 196 Aztreonam 199 Azylaminopenicilline 188

B baby lung 332 Baclofen 377 bactericidal/permeability increasing protein (BPI) 350 Bactisubtil 297 Bactrim 202 Bakterien – gramnegative 183 – grampositive 183 – tetrazyklin-resistente 194 Bakterienfilter 231 Bakterienflora 184 Bakteriologie 183 Ballongegenpulsation, intraaortale 398 Ballonpumpe, intraaortale 323 Barazan 200 Barbiturate 386, 388 Barotrauma 333, 335 Bartonella 212 Basic Life Support 170 Basis-Flüssigkeitsbedarf 434 Basismonitoring 23 Baycillin Mega 195 Baypen 196 Beatmung, druckkontrollierte 132 Beatmungsdruck 127 Beatmungsformen – augmentierende 130 – kontrollierte 131 Beatmungsmuster 129

Beatmung, seitendifferente 136 Beatmung, nichtinvasive 163 Becker-Dystrophie 165 Bedsidetest 73, 74 Bein- oder Beckenvenen 361 Belladonnablätter 138 Bentiromide-Test 277 Benumof 10 Benzodiazepin-Intoxikation 315 Benzyl-Penicilline 188 Bepanthen 291, 295 Beriate HS 459 Berlinerblau 313 Best-PEEP 333, 334 Betabactyl 196 Betablocker 323, 372, 395, 396 Bewusstseinskontrolle 170 Bewusstseinsstörungen 380 Bidocef 197 Bikarbonat-Lösung 256 BiLevel-CPAP 164 Binotal 196, 214, 238 Bioimpedanz 48 Bioni multifibre 120 Biotin 108 Bioverfügbarkeit 187 BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure) 132, 164 – genuiner 133 – IMV- 132 BIPAP, CMV- 132 BIPAP/ASB 154 Biperiden 313, 317 Bisacodyl 292 Bisolvon 138 Blankophor 236 Blasendruckmessung 406 Blasenkatheter 50 Blastomyces 204 Bleomycin 168 Blindpufferung 445 Block, diagnostischer 170 Bloc zok 323 Blutdruckmessung – invasive (blutige) 26 – nichtinvasive 25 Blutersatzmittel 82 Blutfiltertypen 75

A–B

Blutfiltration 75 Blutfluss, zerebraler 51, 385 Blutgasanalyse (BGA) 28, 443 Blutgerinnung 447 Blutgruppen 65, 73 Blutgruppenantigene 65 Blutgruppenbestimmung 436 Blutprodukte 65, 66, 85 Bluttransfusion 347 Blutungsneigung 469 Blutungszeit 453 – verlängerte 476 Blutverlust, maximal tolerabler 72 Blutvolumen 434 – intrathorakales 45 – zirkulierendes 47 Blutvolumenindex, intrathorakaler 46 Bohr-Effekt 430 Bohr-Gleichung 417 Bonoq 201 Bosentan 372 Boyle-Mariotte-Gesetz 167 Bradyarrhythmia absoluta 409 Bradycor 389 Bradykinin 371 Brain Natriuretic Peptide (BNP) 373, 395 – Sekretion 379 Bretylium 175 Broca-Index 426 Bromatom 146 Bromhexin 138 Bromuc 138 Bronchialbaum 20 Bronchiektasien 241 Bronchiolen 416 Bronchoalveoläre Lavage (BAL) 219 Bronchokonstriktion 362 Bronchoskopie 17 – flexible, fiberoptische 18 – Komplikationen 19 – Monitoring 18 – starre 17 Brucella 212 Brudzinski-Zeichen 238 Bruxismus 314

Stichwortverzeichnis

494

Buffy-coat 67 Bullard-Laryngoskop 11 Bumm-Laryngoskop 11 Bundesärztekammer (BÄK) 179 BURP-Manöver nach Knill 10 Bürste (PSB), geschützte 219 Bypass-Operation (ACVB), aortokoronare 324

C C1-Esterase-Inhibitor 338 Ca-Glukonat 79 CaCl2 79, 442 Cafedrin 60 Caisson-Erkrankung 167 CALL-Wert 78 cAMP 55 Candida 203, 212, 235 – Antigen-Nachweis 236 – Antigentiterbestimmung (Ag) 236 – Antikörper 236 – Hämagglutinationstest (HAT) 236 – Immunfluoreszenstest (IFT) 236 Candida glabrata 203 Candida krusei 203 Candida lusitaniae 203 Candida tropicalis 203 Candio-Hermal 205 CAPD (chronisch ambulante Peritonealdialyse) 259 Capillary Leak 353 Capnometric Recirculating Gas Tonometry (CRGT) 288 Captohexal 323 Captopril 323, 396 Carbaminohämoglobin 30 Carbapeneme 188, 192, 198 Carboanhydrase 30 Carbocistein 138 Carboxypenicillin 188, 196 Carbo medicinalis 311 Carina 415 Carlens-Tubus 4

Carnitin-Shuttle 105 β-Carotin 111 CARS (Compensatory Antiinflammatory Response Syndrome) 352 Caspofungin 204, 205, 225 Catapresan 309, 310 Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) 56 CAVH 255 CAVHD 258 CAVHF 257 CCPD (chronisch zyklische Peritoneladialyse) 259 CCT 384 CD-14-Rezeptor 350 CD-40-Liganden 322 CDT (kohlenhydratdefizientes Transferrin) 308 Cefaclor 197 Cefadroxil 197 Cefalexin 197 Cefallone 197 Cefamandol 197 Cefepim 197 Cefetamet 198 Cefixim 197 Cefmenoxim 197 Cefomandol 190 Cefotaxim 197, 207, 238 Cefotiam 197 Cefoxitin 197 Cefpodoxim 198 Cefporexin 197 Ceftazidim 190, 197, 238 Ceftibuten 198 Ceftriaxon 190, 197, 238 Cefuroxim 190, 197, 278 Cefuroxim-Axetil 197 Cellsaver 75, 81 Cephalosporine 188, 189 – orale 197, 198 – parenterale 196 Cephazolin 196 Cephoral 197 Ceprotin 348 Certomycin 199 Certoparin 461

Ceruletid 291, 295 CeVOX-Messgerät 29 Chinolone 188, 191, 200, 279 Chirurgie, minimal-invasive 290 Chlamydien 192, 225 Chloramphenicol 239 Chlordiazepoxid 309 Chlorhexidin-Lösung 225 Cholezystitis 97 Cholezystokinin 282 Cholezystokininsekretion 97 – Chylothorax 35 Ciaglia-Blue-Rhino-Dilatationstracheotomie 158 Ciclosporin A 254 Cilastatin 198 CILL-Wert 78 Cimetidin 303 Ciprobay 200 Ciprofloxacin 191, 207, 279 Circulus arteriosus cerebri 379 Cisaprid 291 Cisplatin 168 Citrat 67 Citratintoxikation 79 CK 322 CK-MB 322 Claforan 207, 238 Clamoxyl 196 Clarithromycin 202, 301 Clark-Zelle 30 Clavulansäure 190, 196, 199 Clinafloxacin 191 Clindamycin 193, 202, 214 ClinOleic 107 Clinutren 122 Clomethiazol 309 Clonazepam 391 Clonidin 91, 309, 310 Clont 201 Clopidogrel 323, 470 Closing capacity 420 Closing volume 420 Clostridium-difficile-Endotoxin 296 Clostridium tetani 377 Clot-Selektivität 325 Clot Observation Time (COT) 453

495

Stichwortverzeichnis

CMV 77, 221 CMV-Enzephalitis 240 CO-Intoxikation 167 CO2 – Laxans 292 – Produktion (VCO2) 429 – Detektor 3 – Elektrode 30 – Eliminationskapazität 136 – Eliminationskoeffizent 136 Cocaintropfen 15 Cockcroft-Gault-Formel 251 Coiling 380 Combactam 199 Commotio cerebri 383 Compliance 127, 421, 422 – optimale 333 COMT 56, 60 Conn-Syndrom 441 Constant Flow Ventilation (CFV) 137 Continuous-flow-system 130 Continuous Positive Airway Pressure 129 Contusio cerebri 383 Convert 410 Coombs-Test 73, 74 – direkter 74 – indirekter 74 Corase 326 Cordarex 175, 410 Coric 323 Cormack und Lehane-Einteilung 7 Corotrop 62 CORTICUS-Studie 351 COT 453 Cotrimoxazol 202 Cotton-wool-Herde 235, 368 Coumadin 468 Coxiella burnetii 212 CPAP – continuous-flow 129 – demand-flow 129 CPD-A-1-Stabilisator 67 CPP-Konzept 385 CPPV (continuous positive pressure ventilation) 131

CREST-Syndrom 371 Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung 77 Critical Illness Polyneuropathy (CIP) 344, 357, 416 Critical Antigenic Load of Leucocytes 78 CROP-Index 153 Cross-linking, intermolekulares 82 CRP 242 Crushniere 249 Cryptococcus neoformans 203, 204 CT-Pulmonalisangiographie 364 Cubison 118 Cullen-Zeichen 276 Cumarine 468 Cushing-Ulzera 300 CVVH 255 CVVHD 255 CVVHDF 255, 258 CVVHF 257 Cyclooxygenase 106, 469 Cyclooxygenasehemmer 351 Cyclophosphamid 254 Cynt 397 Cytochromoxidase 319 cytopathic hypoxia 345 Cytotec 304

D D-Dimere 363, 452 Daktar 205 Dalfopristin 193, 201 Dalteparin 461 Dämpfungskurven 28 Danaparoid-Natrium 259, 464 Dantamacrin 377 Dantrolen 377 Daptazile 142 Darmatonie 289 – postoperative 288 Darmdekontamination (SDD), selektive 207, 229, 279

B–D

Darmischämie 293 DDAVP 475 De-Recruitment 335 Deeskalationstherapie 345 Defektkoagulopathie 454 Defibrillation 173 Defibrillator, automatischer externer 174 Dehydratation 440 – hypertone 440 – hypotone 440 Dekompressionskrankheit (Caisson-Erkrankung) 167 Delirium tremens 308 Delix 323 Denitrogenisierung 430 Desferal 313 Desferoxamin 313 Desirudin 468 Desmopressin 402, 475 Detergent-Verfahren 70 Dexpanthenol 291, 295 Dextrane 436 Dextrose 67 Diabetes 116 – insipidus 443, 475 Diacylmorphin 315 Diagnostik 251 Dialyse, intensivierte 257 Dialyseflüssigkeitskomplikationen 255 Dialyseverfahren 255 Diaphragma 416 Diarrhö 295 Diathese, hämorrhagische 454 Diät (CDD), niedermolekulare chemisch definierte 109 Diät (NDD), hochmolekulare nährstoffdefinierte 109 Diazepam 391 Diben 116 DIC 455, 456 Dichlor-Stapenor 195 Dickdarmileus 294 Dicloxacillin 195 Dieulafoy-Läsion 299 Difficult Airway 21 Diffusion 255

496

Stichwortverzeichnis

Diffusionsstörung 125 Diflucan 205 Digitalis – Antikörper 319 – Intoxikation 319 Dilatationstracheotomie 157, 159 – nach Fova 158 – perkutane 156 Diltiazem 252, 410 Dilutionskoagulopathie 79 Dilutionsventilation, forcierte 136 DIND 381 Dipalmitoylphosphatidylcholine (DPPC) 145 Dissektionstracheotomie 156, 158 Distraneurin 309 Diurese, forcierte 312 4-DMAP (Dimethylaminophenol) 313 DMPS (Dimercaptopropansulfonat) 313 Dobutamin 59, 347, 374, 399 Dobutrex 59 Docosahexaensäure 293 Dofetilid 410 Dokumentationspflicht 84 Domperidon 291, 295 Dopacard 59, 293 Dopamin 57 Dopaminrezeptoren 57 Dopexamin 59, 293, 374 Dopplersonde, transösophageale 48 Dopplersonographie (TCD), transkranielle 52, 384, 402 Dopram 142 Dormicum 391 Down-Regulation 56 Doxepin 310 Doxorubicin 168 Doxycyclin 202 2,3-DPG 79, 429 Droperidol 309 Druck – intraabdomineller 50 – intrapleuraler 421 – kolloidosmotischer 433 – transpulmonaler 418

Druck-Volumen-Diagramm 422 Druckerhöhung, intraluminale 289 Druckkurve, arterielle 26 Drucksenkung, pulmonalarterielle 139 Drucktiefe 172 Duchenne-Dystrophie 165 Ductus thoracicus mit Chylothorax 35 Dulcolax 292 Dünndarmileus 294 Dünndarmnekrose 96 Duodenalsonde 290 Dysäquilibriumssyndrom 257 Dyshämoglobin 28, 425 Dysproteinämie 266

E E. coli (ETEC), enterotoxinbildende 296 Early Onset Pneumonia 217 EASY-CAP 3 EASY-Tube 4, 12 Ecarin-Clotting-Time (ECT) 452, 467 Ecarinzeit 467 ECA (Electrical Control Activity) 282 ECCO2-LFPPV 151 ECF 433 Echinocandine 204, 205 Echokardiographie 322, 367 – transösophageale 49 – transthorakale 395 ECLA 149, 151 ECMO 141 – Fast-entry-Kriterien 150 – Slow-entry-Kriterien 150 ECT 452, 467 EDRF 449 EDTA 443 Effekt (PAE), postantibiotischer 191 Efflux/Influx 185 Effortil 60 Eicosapentaensäure 293

Eigenblut 84 Eigenblutspende, präoperative 79 Eigenplasmapherese 80 Ein- und Zwei-Helfer-Methode 171 Eisensaccharat 80 Eisensubstitution 80 EK 67 – bestrahltes 68 – Buffy-coat-freies 67 – – in additiver Lösung 67 – Buffy-coat-haltiges 67 – gewaschenes 68 – kryokonserviertes 68 – leukozytendepletiertes (gefiltertes EK) 68 EKG-Modifikation nach Kaplan 24 EKG-Monitoring 23 Elastance 422 Elastinfasern 219 Elebute-Score 484 Elektrodenplatzierung 173 Elektrolythaushalt 440 Elektrolytlösung, hypertone 439 Elektrotherapie 172 Elementardiät 109 Elobact 197 Embolektomie 367 Embolie 468, 471 Empyem 241 Enalapril 396 Endokarditis 210, 241 – infektiöse 209 – Prophylaxe 213 Endothelin 371 – Antagonismus 397 endothelium-derived relaxing factor 449 Endotoxin-Absorber 349 Endotoxinämie 290 Endotoxinentfernung 350 Endoxan 254 Energiebedarf 98, 428 Energiestufen 173 Energieverbrauch 428 Enolase (NSE), neuronenspezifische 52

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Stichwortverzeichnis

Enoxacin 191, 200 Enoxaparin 461 Enoximon 62, 374 Enterobacteriaceae 212 Enterobakterien, Tobramycinresistente 207 Enterokokken 209, 211 – Vancomycin-resistente 234 Enteroviren 240 Entkoppelung (EMD), elektromechanische 175 Enzephalitis 240 Enzyminhibitoren 473 Epanutin 392 EPHESUS-Studie 396 EPIC-Studie 227, 234 Epinephrin 56 Epleron 396 Epoprostenol 143, 374, 475 Epstein-Barr-Virus 77, 240 Eptifibatid 324 ERA (Electrical Response Activity) 282 Erbrechen, induziertes 311 ERCP 279 Ergosterol 203 Erkrankungen, neuromuskuläre 164 Ernährung – enterale 109 – krankheitsadaptierte 96 – partielle parenterale 96 Ernährungs-Score nach Hackl 95 Ernährungstherapie 95 – totale parenterale 96 Erreger, multiresistente 229 – intraleukozytärer 78 Ertapenem 192, 198 Erythrocin 291 Erythromycin 193, 202, 295, 291 Erythropoetin 80 Erythrozytenkonzentrat 67 ESBIT-Studie 350 ESBL: Extended Spectrum β-Laktamase 186 Esmolol 317, 410 Etacrynsäure 252 Etappenlavage 242

Ethambutol 225 Ethanol 313, 317 Etilefrin 60 European Resuscitation Council (ERC) 179 Eusaprim 202 Eventerationssyndrom 144 Evernimycin-Antibiotikum Ziracin 234 Exanta 468 Exhalations-[14C-]-Aminopyrin-Test 265 Extracorporal Lung Assist 149 Extrakorporale CO2-Entfernung 151 Extrazellulärflüssigkeit 433 Extrinsicsystem 447 Extubation – akzidentelle 152 – elektronische 148

F F-Wellen 358 Fadenpilzinfektion 234 Faktor, fibrinstabilisierender 451 Faktor-IX-Konzentrat 459 Faktor-V-Leiden 361 Faktor-VII-Konzentrat 458 Faktor-VIII-Konzentrat 459 Faktor-XIII-Konzentrat 460 Faktor (PAF), plättchenaktivierender 276, 343 Faktor XII 451 Faktor XIII 451 Famotidin 303 Farbverdünnungstechnik 42 Fast-entry-Kriterien 150, 151 Fasziitis, nekrotisierende 343 Fat Overload Syndrome 108, 155 Faustschlag, präkardialer 176 FDV 136 Feiba S-TIM 459 Feinnadelkatheterjejunostomie (FKJ) 109 Fenoldopam 252

D–F

Fentanyl 90 Fette 105 Fettembolie 368 Fettsäuren – essentielle 106 – kurzkettige 108 FFP 69 Fibrin 447 Fibrin(ogen)-Spaltprodukte (FSP) 452 Fibrinmonomere 452 Fibrinogen 447, 451, 458 – Bestimmung 438 – Mangel 458 Fibrinolyse 447, 449, 455 – Hemmung 449 Fibrinolytika 471 Fibrogammin 460 Fibronectingaben 350 Ficksches Prinzip 42, 51, 385, 428 Ficksches Gesetz 416 Fieberreaktion 76 Fine-Score 220 Fischöl 105 Flächenfilter 75 Flagyl 201 Flecainid 410 Fleroxacin 191, 200 Flolan 143, 258, 475 Flow-Volumen-Kurve 423 Flow-Zeit-Kurve 128 Flow, maximaler exspiratorischer 423 Flucloxacillin 189, 195 Fluconazol 203, 205, 225 Flucytosin 205, 225 Fluimucil 138, 313 Flumazenil 267, 313, 315 Flunitrazepam 309 Fluorocarbon-Emulsion 82, 84 Fluorochinolone 188, 200 Flüssigkeit, interstitielle 433 Flüssigkeitsbeatmung 145 – partielle 142, 146 Flüssigkeitsbedarf 434 Flüssigkeitsersatzmittel 434 Flüssigkeitsrestriktion 395

Stichwortverzeichnis

498

Fokus, dentogener 241 Folsäure 108 Fondaparinux 462, 466 Formaldehyd 317 Formel – nach Gross 80 – von Murray 426 – von Reichel und Ulmer 426 Fortifresh 121 Fortimel 121 Fortum 197, 238 Fosfomycin 200 Fraktionelle Sättigung (SO2) 28 Fraktionierte Na-Elimination 251 Franceschetti-Zwahlen 8 Frank-Starling-Mechanismus 393 FRC 418, 421 Frebini 120 Freiburger Liste 187, 253 Fremd-Gas-Bolus-Test (FGB) 420 Fremdblut 84 Fresenius original fibre 114 Fresh-frozen-Plasma 69 Fresubin Diabetes N 116 Fresubin Hepa 117 Frischblut 66 Frost Bitten Phrenicus 416 FS – einfach ungesättigte 105 – mehrfach ungesättigte 105 FSP 363, 452 Fucidine 202 Funktionsindex, kardialer 45, 46 Furosemid 252, 402 Fusarium 204 Fusidinsäure 202 futile cycles 102

G G-Proteine 55 GABA-Rezeptoren 308 Galaktose-Eliminationstest 265 Ganciclovir 240 Ganzgesichtsmaske 164 Garenoxacin 191

Gasanteil, fraktionierter 426 Gasaustausch, alveolokapillärer 416 Gasaustauschstörungen 125 Gasbrand 167 Gasembolien 167 Gasströmung, inspiratorische 131 Gastrax 303 Gastrin 282 Gastritis, hämorrhagische 300 Gastrografin 292 Gastroskopie 285 Gastrozepin 301 Gatifloxacin 191 Gefäßspasmen, SAB 380 Gefäßverschlüsse, periphere 472 Gefäßwiderstand – pulmonaler 43 – systemischer 43 Gelafundin 438 Gelatine 438 Gelifundol 438 Gelomyrtol 138 Gemifloxcin 191 Gemischtvenöse Sättigung (SvO2) 29 Gentamycin 199 Gerinnung 447 Gerinnungsfaktor, plasmatischer 450 Gerinnungshemmung 447, 449 Gerinnungspräparate 456 Gerinnungstest 451 Gernebcin 199 Gesetz, Ficksches 416 Gesichtsmaske, nichtinvasive Beatmung 164 Gewebsplasminogenaktivator 325, 366, 449 Gewebssauerstoffpartialdruck (ptiO2), Intraparenchymatöser 52 Gewebsthromboplastin 447 Giftelimination – primäre 311 – sekundäre 312

GIP (gastric inhibitory peptide) 282, 283 GISA (Glykopeptid Intermediär Sensible Staphylococcus Aureus) 233 GISSI-Studie 324 Gitelman-Syndrom 441 Glaselektrode 30 Glasgow-Score 274 Glasgow Coma Scale 51, 356, 380, 384, 485 Gleichung von Harris und Benedikt 98 Globocef 198 Glomerulonephritiden 253 GlucaGen 313, 315 Glucagon 268, 313, 315 Glucerna 116 Glukokortikoide 337, 350 Glukokortikoidtherapie 239 Glukose 67, 101 Glukosestoffwechselstörung 102 Glukosetoleranz-Test 277 Glukosurie 102, 251 Glutamin 103, 104, 279, 293 Glutaminsäure 104 Gluthathion-Peroxidase 347 Gluthathionersatz 338 Gluthationkonjugation 63 Glycerol 292 Glycin 111, 316 Glykopeptidantibiotika 191 Glykopeptide 189, 199 Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten 324 Glycylcycline 189, 194 Goal directed therapy 346 GOT 322 GP IIa-Antagonisten 471 GP IIb-Antagonisten 471 GP IIb-Rezeptor 471 GP IIIa-Rezeptor 471 Graft- vs. Host-Reaktion 77 Gramaxin 196 Gramfärbung 183, 235 Greenfield-Schirm 367 Grey-Turner-Zeichen 276 Groningen-Regime 207

499

Stichwortverzeichnis

Grüncef 197 Grundumsatz 100 Gyramid 200 Gyrasehemmer 188, 191, 200

H H2-Blocker 15 HACEK 212 Haemacel 438 Haemate HS 459 Haemocomplettan HS 458 Hagen-Poiseuille-Gesetz 422 Halbwertszeit, kontextsensitive 88 halo-sign 237 Haloperidol 309 Hämaturie 473 Hamburger-Shift 30 Hämodialyse 255, 256, 312, 317, 461, 467 – kontinuierliche arteriovenöse 258 Hämodilution 436 – isovolämische 80 Hämodynamik 41 Hämofiltration 256, 467 – hochvolumige 257 – intensivierte 257 – kontinuierliche arteriovenöse 257 – kontinuierliche venovenöse 257 Hämoglobin 425, 429, 430 – Diaspirin-vernetztes 83 Hämoglobinlösungen 82 Hämoglobinmodifikation 82 Hämoperfusion 312 Hämophilie 454 – A 459 – B 455, 459 Hämorrhagien, petechiale 368 Hämostase 447, 448 – primäre 447 – sekundäre 447 Hantaviren 221 – Infektion 249 Harnstoffzyklus 266

Harnuntersuchung 251 Harnweginfektionen 228 – katheterassoziierte 229 HARZER-Zeichen 394 Haupt-, Lappen- und Segmentbronchien 415 Hautnekrose 469 Hb-Konzentration, minimale 72 Hb-Wert, kritischer 72 HbA1 488 HbA1C 488 HBDH 322 Heat Moisture Exchange Filter (HME) 229 Hebel-Laryngoskop nach McCoy 10 Helicobacter-pylori 300 HELLP-Syndron 266 HemAssist 83 Hemmkonzentration, minimale 187 Hemmkörperhämophilie 458, 459 Hemochron 452 – Methode 474 Hemohes 6% 437 Hempure 83 Henderson-Hasselbalch-Gleichung 287 Henry-Gesetz 425 Henry-Gleichung 167 Heparin 449, 458 – niedermolekulares 461 – unfraktioniertes 460 – PF4-Komplex 463 – Therapie 461 – Wirkung 458 Heparinoid 464 Hepatitis B 77 Hepatitis C 77 Herdsanierung 345 Heroin 314 Herpes-simplex-Viren 221, 240 Herz-Druck-Massage 170, 171 Herz-Kreislauf-Stillstand 169 Herz-Lungen-Maschine 461 Herzerkrankung, ischämische 169 Herzfehler 371 Herzglykoside 395, 397

F–H

Herzindex (CI) 43 Herzinfarkt 471, 472 Herzinsuffizienz 61, 393 Herzrhythmusstörungen 409, 441 Herzschrittmacher 442 Herztod 393 Herztransplantation 139 – orthotope 398 Herzzeitminutenvolumen 428 Herzzeitvolumen (HZV) 42, 43 HES-Steril 6% 437 Hexachlorophen 233 Hexokinasemangel 429 HFJO 136 HFJV 135 HFO 136 HFOV 135 HFP 135 HFPPV 135 High-flux-Dialysemembran 467 High-flux-Hämodialysebehandlung 316 High-flux-Membran 256 Hilusamputation 364 HIPA-Test 464 HIPAA-Test 464 Hirnabszess 241 Hirnarterienaneurysma 379 Hirndruck 381, 386 – Monitoring 267 Hirnperfusionsszintigraphie 402 Hirntod 401 Hirntodprotokoll 403 Hirudin 254, 467 – Therapie 452, 467 Histidin 103 HIT 462 – Antikörper 464 – Typ I 461, 462 – Typ II 461, 463 HIV 77 – Infektion 240 – Risiko 78 Hochfrequenz-Jet-Beatmung (HFJV) 135 Hochfrequenz-Jet-Oszillation 136 Hochfrequenz-Oszillationsventilation 136

500

Stichwortverzeichnis

Hochfrequenz-Überdruckbeatmung (HFPPV) 135 Hochfrequenzbeatmung (HFV) 134 Hochfrequenzosszillation (HFO) 337 Hochfrequenzpulsation 135 Höhenlungenödem 139 Homovanillinmandelsäure (HVA) 57 Horovitz 427 – Quotient 329 HPT, primärer 442 hsp90-Antigen 236 HSV-Enzephalitis 240 HTLV-II-Virus 77 HTPL 139 Hüfner-Zahl 425 Humanalbumin 438 Humatin 199 Hungerstoffwechsel 97 Hunt und Hess 380 Hydrocortison 224, 351, 402 Hydroxyäthylstärke 436, 437 γ-Hydroxybuttersäure 91, 309 Hyperaldosteronismus 441 Hyperamylasämie 275 Hyperbare Oxygenierung (HBO) 167 Hyperfibrinolyse 452, 455 Hyperglykämie 101 Hyperhydratation – hypertone 440 – hypotone 440 Hyperkapnie, permissive 334 Hyperkoagulabilität 455 Hypernatriämie 440, 443 Hyperosmolarität 440 Hyperphosphatämie 257 Hypertension des Neugeborenen (PPHN), persistierende pulmonale 371 Hyperthermie 178, 314 Hypertonie, pulmonale 139, 371, 475 Hyperventilation 388 Hypoglykämie 103 Hypokaliämie 440

Hypokalzämie 79, 155, 442 Hypomagnesiämie 155, 379 Hyponatriämie 443 Hypooxygenation 425 Hypoparathyreoidismus 442 Hypophosphatämie 102, 103, 155, 242 Hypoprolaktinämie 58 Hypoproteinämie 266 Hypothermie 78, 178 – milde 178, 388, 389 Hypoventilation 125 – alveoläre 427 Hypoxämie 425 Hypoxie 425 – zytopathische 344

I IAC 172 Ibutilide 410 ICAM-1 343 ICF 433 ICG-(Indocyaningrün-)Test 265 ICG-Clearance 47 ICG-Plasmaverschwinderate 47 ICG-Retentionsrate 47 ICP 380 – Messung 51, 384 IGA-Nephropathie 267 IL-6 242, 345 Ileus – funktioneller 294 – mechanischer 283, 294 – paralytischer 276, 283, 294 Ilomedin 143, 258 Iloprost 143, 372, 374 Imipenem 192, 198, 278 IMMULITE-System 345 Immunate STIM plus 459 Immunglobulingabe 349 Immunkoagulopathie 455 Immunkomplex-Anaphylaxie 436 Immunnutrition 293, 357 Immunsuppression 68

Imodium 297 IMPACT 114 Impedanzkardiographie 48 Imrie-Score 274 Infarkt, rechtsventrikulärer 373 Infektionen – katheterassoziierte 163, 231 – nosokomiale 227 Infektionsschutzgesetz (IfSG) 228 Infektionsübertragung 77 Infektparameter 242 Inflection Points 127 Infrarotlicht 31 Innohep 366 Inodilatoren 61 INOmax 142 Inoprotektoren 63 Inotropie 60 INOvent 142 Inspirationskapazität 418 Inspiratory Pressure Support (IPS) 164 Insulin-Perfusor 402 Insulintherapie, intensivierte 347 Integrilin 324 Integrine (CD11/CD18), leukozytäre 343 Interleukine [IL] 343 Intermittent Positive Pressure Ventilation (IPPV) 131 International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) 179 Interventional Lung Assist (ILA) 336 Intestamin 115 Intoxikationen 311 Intraparenchymatöse ptiO2 385 Intrazellulärflüssigkeit 433 Intrinsic-PEEP 128, 133, 336 Intrinsicsystem 447 Introducer 38 Intubation, endotracheale 172 – blind-nasale 12, 15 – endotracheale 172 – fiberoptische 11 – Komplikationen 5 – retrograde 13, 14 – schwierige 7, 430

501

Stichwortverzeichnis

Intubation, schwierige 8 Intubationsfiberskop nach Bonfils 11 Intubationskriterien 3 Intubationsversuch, retromolarer 11 Intubationszeichen 3 Invanz 192, 198 Inverse-ratio-Ventilation (IRV) 335 IPD (intermittierende Peritonealdialyse) 259 Ipecacuanha-Sirup 311 iPEEP 154 IPPV 131 IRV (Inverse(d) Ratio Ventilation 133 Ischämie 425 Iscover 323, 470 Iso-Antikörper 65 Iso-Shunt-Diagramm 428 Isoniazid 225 Isoprenalin 374 Isosorbiddinitrat 397 Isosorbitdi- oder -trinitrate 399 Isosource 112 – MCT 119 Isosthenurie 250 Isoxazolyl-Penicilline 188 Itraconazol 202–205, 225

J J-Punkt 23 Jevity 112 Jevity HiCal 118 Juckreiz 438

K Kalium 440 – Defizit 441 Kaliumverschiebung 440 Kalorimetrie, indirekte 99 Kälteagglutinine 66

Kalzium 176, 442 – ionisiertes 442 – nichtionisiertes 442 Kalzium-Sensitizer 63 Kalziumantagonisten 252, 372, 395 – Intoxikation 318 Kalziumgluconat 313, 442 Kalziumserdolit 442 Kammerflattern 409 Kammerflimmern 173, 176, 178, 409 Kammertachykardie 176, 178 Kaolin 452, 474 Kapnographie 31, 32 Kapnometrie 31, 363 Kardiomyopathie (DCM), dilative 312 Kardiomyoplastie, dynamische 398 Kardioversion, elektrische 410 Kardioverter-Defibrillator- (ICD-) Implantation 398 Katecholamine 55, 374 – künstliche 59 Katecholamintherapie, differenzierte 347 Kationenaustauscher 442 Keimax 198 Kernig-Zeichen 238 Ketamin 90 Ketec 194 Ketoconazol 205, 337, 351 Ketolide 189, 194 Kety-Schmid-Formel 45 Kimmelstiel-Wilson-GN 250 KISS-Studie 228 Klacid 202, 301 Klappenprothese 212 Klebsiellen 223 Klippel-Feil 8 Knochenmarktransplantation 69 Knollenblätterpilzvergiftung 266, 318 Koagulation 447 Koagulationsnekrose 318 Koagulopathie 454 – disseminierte intravasale 455 Kochsalzlösung, isotone 434

H–K

KOD 433 Kohlenhydratmast 97 Kohlenmonoxid-Intoxikation 319 Kohle , medizinische (Carbo medicinalis) 311 Kokain 312 Kokosöl 105 Kolitis, pseudomembranöse 296 Kolliquationsnekrose 318 Kolloide – künstliche 435 – natürliche 438 Kolonisation 231 Kolonisationsindex nach Pittet 236 Koloskopie 285 Kombitubus 172 – nach Frass 12 Kompression, intermittierende abdominelle 172 Konakion 469, 475 Koniotomie 14, 161 Konkordanz 409 Kontamination 231 Kontrastmittel 250 Konvektion 256 Kopfschmerzen 379 Kornealreflex 401 Koronar-Stent 323 Koronarangiographie 322 Koronarintervention (PCI), perkutane 322, 326 Koronarrevaskularisation 397 Koronaviren 221 Korotkoff-Geräusche 25 Körperflüssigkeit 433 Körpertemperatur 50 Körperwasser 433 Kortikosteroide 388 Krampfanfälle 379 – zerebrale 391 Kreatinin-Clearance 251, 488 Kreislaufkontrolle 170 Kreislaufstillstand 169, 474 Kreuzprobe 73 Krikothyreotomie, perkutane dilatative 14 Kristalloide 434

Stichwortverzeichnis

502

Kriterien von Rivers 346 Kryptokokkenmeningitis 203 Kuhn 4 Kußmaul-Atmung 317 Kybersept-Studie 349

L L-Arginin 372 L-AS-Decarboxylase 56 L-Citrullin 140 L-MMLA 351 β-Laktam-Inhibitoren 190 β-Lactamasehemmer 199 β-Laktamaseantibiotika plus β-Laktamaseinhibitoren 196 β-Laktamasen 185, 232 Lactitol 267 Lactulose 267 Lageveränderung der O2-Bindungskurve 429 Laktat-Lösung 256 Laktatazidose 286 Laktatstoffwechsel 285 Laktulose 292, 318 Lambert-Eaton-Syndrom 358 Lanetoplase 326 Lansosterol 203 Laryngoskop – nach Bullard 11 – nach Bumm 11 Larynx 415 Larynxmaske 11, 172 Larynxtubus LT, Größeneinteilung 6 Larynxtubus LTS, Größeneinteilung 6 Lasix 252 late onset pneumonia 217 Laugenintoxikation 318 Lavasept 233 LBP 242 LCT 105 Leberdysfunktion 269 Leberersatzverfahren 269 Leberfunktionen 263

Leberfunktionsstörungen 103 Leberschädigung 265 Lebertransplantation 473 Leberversagen 267, 269 Lecicarbon 292 Legalon SIL 313 Legionellen 192, 223, 225 – Pneumonie 224 Lemofloxacin 191 Lepirudin 258, 366, 464, 467 Leukotriene 106 Leukozyten 68 – Scan 285 – Transfusion 78 – Zylinder 251 Levofloxacin 191, 200 Levosimendan 63, 399 Lexipafant 280 LIDO-Studie 64 Lidocain 174, 175, 319, 410 LiMON-Messwerte 47 LiMON-System 46, 344 Lincomycine 193, 202 Lincosamine 188 Linezolid 193, 201, 233, 234 Linksherzinsuffizienz 394 Linolensäure 105 α-Linolensäure 106, 293 Linolsäure 105, 106, 293 Lipase 277 Lipide 107 – strukturierte 105 Lipidem 107 Lipooxygenasehemmer 351 Liquemin 460 Liquemin N 460 Liquidthorax 147 Liquidventilation 145 – totale 146 liquid PEEP 146 Liquisorb kal 122 Liquorbefund 239 Liquordrainage 386 Lisinopril 323, 396 LIS (lung injury score) 331 Lithium 317 Logistic Organ Dysfunction System (LOD) 354

Lokalanästhetika 56 Loperamid 297 Lopirin 323 Lopresor 323 Loracarbef 197 Lorafem 197 Lorazepam 90 Lösungen – additive 67 – hyoscyaminhaltige 138 – hyperton-hyperonkotische 439 – kolloidale 434 – kristalloide 434 low-entry-Kriterien 150 Low-flux-Membran 256 Low-output-Syndrom 42 lower inflection point 127 Lues 77 Luftembolie 167, 367 Luminal 391 Lund-Konzept 385 Lungenabszess 241 Lungenembolie 361, 471, 472 Lungenersatzverfahren 149 Lungenfibrose 371 Lungeninsuffizienz, transfusionsinduzierte akute 77 Lungenkapazität 418, 419 – totale 423 Lungenödem, neurogenes 379 Lungenperfusion 416, 417 Lungenszintigraphie 364 Lungentuberkulose 225 Lungenvolumen 418 Lungenwasser, extravaskuläres 332 – extravaskuläres 45 Lungenwasserindex, extravaskulärer 46 Lung Assist Device (LAD) 151 Lung Injury Score (LIS) 482 LVEDP (linksventrikulärer enddiastolischer Druck) 40, 41 Lymphgewebe (GALT), darmassoziiertes 104 Lysetherapie 324 – Lungenembolie 367

503

Stichwortverzeichnis

M M. Werlhof 454 Maalox 70 302 Magaldrat 302 Magen-Darm-Spülung 312 Magenspülung 311 Magill 4 Magnesium 175, 381 Magnesiumhydroxid 302 Magnesiumsulfat 377 Mainzer-Adapter 11 Majortest 73 Makroglossie 8 Makrolide 189, 192, 202 Malaria 77 Maldigestion 276 Mallampati-Stadium 9 Mallinckrodt 4 Malnutrition 95 Mandokef 197 Mangan 266 Mannan-Antigen 236 Mannheimer Peritonitis-Index (MPI) 242 Mannitol 252, 386, 388 MAO 57 Marcumar 468 MARS-System (Molecular Absorbent Recirculating System) 269 MARS (Mixed Antagonistic Response Syndrome) 353 Masern 221 Maskenbeatmung, schwierige bzw. inadäquate 7 Massivtransfusion 78, 442 Maßnahme, fremdblutsparende 79 Master-and-slave-Prinzip 136 Mastoiditis 241 Maxipime 197 Mc-Ginn-White-Syndrom 363 MCP 295 MCT 105 MDMA-Ecstasy 314 Mechanotransduktion 333 Mediatorelimination 352

Mediatorenaktivierung 331 Medikamentenapplikation 174 MEF50 423 Mefoxitin 197 MEGX-Test: Mono-Ethyl-GlycinXylidid 265 Mehrwellenlängenoxymeter 28 Melagatran 468 Melatonin 92 Membranoxygenierung – extrakorporale 149 – intravenöse 151 Meningismus 238, 379 Meningitis, bakterielle 237 Meningokokkensepsis 343 Meronem 192, 198 Meropenem 192, 198 Mestinon 291 Meteorismus 276 Methämoglobinämie 82, 139 Methämoglobinbildung 141 Methanol 317 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) 185 Methylenblau 141, 313 Methylenblaufärbung 235 Methylprednisolon 318 Methylnaltrexone 290 Methylprednisolon 221, 254, 338 Metoclopramid 15, 291, 295 Metoprolol 410 Metronidazol 201, 296 Mezlocillin 189, 196 Micafungin 204, 205 Miconazol 205 Midazolam 90, 309, 391 MIF 423 Mikro-/Makrognathie 8 Mikroaggregate 75, 79 Mikrofilter 66, 75 Mikrozirkulation 439 Mikrozirkulationsstörung 436 Milrinon 62, 374 Miniasal 469 Minimal-change-GN 253 Minirin 475 Minitracheostoma 156, 160 Minortest 73

K–M

MIRACLE-Studie 398 Mirtazapin 92 Misoprostol 304 Mitralinsuffizienz 40 Mitralstenose 40 MMC (Migrating Motility Complex) 283 MMV (Mandatory Minute Ventilation) 130 Mobin-Uddin-Schirm 367 MOD-Score (Multiple Organ Dysfunction-Score) 354, 484 MOD-Score nach Marschall 355 Modulen lipid 118 MOF-Score nach Goris 354 MONARCS-Studie 349 Monoaminooxidase (MAO) 314 Monobactame 188, 199 Morphin 315, 322 Motilin 282 Motilität, gastrointestinale 281 Motilium 291, 295 Moxifloxacin 201, 279 MPM II (Mortality Prediction Model) 484 MRSA 194 MRSA-Pneumonie 218, 233 MSSA 233 MTBV 72 Mucobroxol 138 Mucopront 138 Mucosolvan 138, 338 Mucret 138 Mukolytika 138 Mukoviszidose 371 Multifaktor-Risiko-Index 9 – nach Arne 9 Multiorganversagen (MOV) 110, 353 Multiple Organ Dysfunction Syndrome (MODS) 353 Mund-zu-Mund-Beatmung 170 Mund-zu-Nase-Beatmung 170 Mupirocin 233 Murray-Scoresystem 331 Muskelerkrankungen 125 Muskelschwäche 441 MUSTIC-Studie 397

Stichwortverzeichnis

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Mykoplasmen 192, 225 Myocardial Depressant Factor (MDF) 344 Myoglobin 322, 430 Myokardinfarkt 472 – transmuraler 321 Myokardischämien 41 Myopathie 357 Myositis 343 Myzelenbildung 235

N N-Acetylcystein 279, 313, 315, 338 N-Argininmethylester 141 N-Methyl-Transferase 56 N. phrenicus 416 N2-Auswaschkurve 421 Nadroparin 461 NaHCO3 442, 445 Nährstoffzusammensetzung 100 Naloxon 290, 313, 351 NAME 351 Narcanti 313, 351 Nativklappenendokarditis 212 Natrium 443 Natrium-Sulfat 443 Natriumbikarbonat 176, 253, 445 Natriumcitrat 15 Natriumnitroprussid 381 Natriumsubstitution 315 Neostigmin 291, 295 Nephritis, interstitielle 249 Nephropathie – RKM-induzierte 260 – röntgenkontrastmittel-(RKM-) induzierte 259 Nephrotoxizität 184, 203 Nephro Abbott 117 Nesiritid 397 Netilmicin 199 Neuhaus-Schema 472 Neuroleptika 317 Neuromonitoring 51 NHFT 76, 78 Niazin 108

Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI) 321 NIDEP-Studie 227 Nierenamyloidose 253 Nierenarterienstenose, bilaterale 323 Nierenersatzverfahren 187, 254 Nierenfunktionsstörungen 103 Niereninsuffizienz 187 Nierenversagen 58 – akutes 249 Nimodipin 381, 389 Nitrat 141, 323 Nitrit 141 Nitroglycerin 374 Nitroimidazole 189, 201 Nitroprussid-Natrium 374 Nizatidin 303 Nizax Lilly 303 Nizoral 205 NMDA-Rezeptoren 307, 308 NMH 461 NO 449 – Applikation 139 – Domo 139 – Synthese 111 – Syntheseinhibitoren (L-MMLA oder NAME) 351 – Synthetase 140 NO2 141 Non-albicans-Stämme 235 Non-responder 140 Noradrenalin 58, 347, 366, 374, 402 Noratak 397 Norfloxacin 191, 200 Normalwert 486 Norwalkvirus 296 Notfall-Krikothyreotomie (Koniotomie) 16 Notfallrohr 14 Notfalluntersuchung 170 Nottracheotomie 14 NovaLung 151 – System 336 Novocain 278 Novoseven 458 NOx 141 Nukleotide 111

Nulllinien-EEG 402 Nutricomp – Diabetes 116 – Intensiv 115 – Peptid 119 Nutrison 113 – Concentrated 113 – Energy 113 – L.EN 114 – MCT 116 NYHA-Stadien 394 Nystatin 205

O O2 – Angebot 346 – Ausschöpfung 425 – Bindungskapazität 425 – Bindungskurve 429 – Konzentration, inspiratorische 30 – Partialdruck (pO2) 426, 429 – Speicher, intrapulmonaler 430, 431 – Status 425 – Sättigung 429 – Speicher, intrapulmonaler 430, 431 – Verbrauch 153 – – intrakranieller 51 – Verbrauchsmessung 100 Obstruktion 424 Octenidin 233 Octenisept 233 Octreotid 279 OELM-Manöver 10 Ofloxacin 191, 200, 279 Okklusionsdruck 153 Okklusionshydrozephalus 380 Okklusionsileus 294 Öle, ätherische 138 OliClinomel 107 Oligo-Anurie 254 Oligopeptiddiät 109 Olivenöl 105 Olren N 138

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Stichwortverzeichnis

Omega-3-Fettsäuren 106 Omegaven 107 Omeprazol 301, 304 Omniflora 297 Open-artery-Konzept 322 Open-lung-Konzept 334 Opioidentzugssyndrom 310 Opisthotonus 377 OPSI-Syndrom 343 OPTIMIST-Studie 349 Oracef 197 Oralpenicilline 188 Orciprenalin 60 Orelox 198 Orgaran 259, 464 Ornipressin 268 Ornithin 103 Ornithin-Ketoglutarsäure 103 Ornithinaspartat 267 Osmodiuretika 252 Osmofundin 252, 386 Osmolalität 433 – des Stuhls 297 Osmolarität 101, 433 Osmolite 112 Ösophagitis, hämorrhagische 300 Osteomyelitis 168, 243 Osteoradionekrose 168 Otitis media 238, 241 Ototoxizität 184 Oxacillin 195, 232 Oxalatablagerungen 102 Oxazepam 309 Oxazolidinone 189, 193 Oxepa 114 Oxygenator 151 Oxygenierungsindex 427 Oxygenierung, apnoische 430 Oxytocin 476

P p-Welle 33 P0.1 153 P50 83 Päd-I-Lösung 435

Päd-II-Lösung 435 PAF-Antagonisten 280 PAGGS-M-Additivlösung 67 PAI 447 PAI-1 449 Pankreas 477 Pankreasabszess 278 Pankreaschirurgie 477 Pankreatitis 273 – akute 273 – biliäre 277 – chronische 273 – nekrotisierende 277 Pankreolauryl-Test 277 Panoral 197 Panthotensäure 108 Papaverin 381 Paracetamol 315 – Intoxikation 266 Paracetan 309 Paraproteinämie 260 Parenterale Ernährung (PE) 96 Paromomycin 199, 267 Partialdrücke 426 Parvovirus 19 77 Paspertin 291, 295 PATH-CHF-Studie 397 PCR 236 PCV (Pressure Controlled Ventilation) 132 PCWP-Wellen 40, 41 PDA 291 Pectox 138 Pediadric-ALS 174 PediaSure Plus 120 PEEP (Positive Endexpiratory Pressure) 133, 333 – optimaler 134 Peflacin 200 Pefloxacin 191, 200 PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) 290 – Schema 345 Penicillin 189, 239 – biosynthetisches 195 – semisynthetisches 195 Penicillin 5/10 195 Penicillin G 189, 195, 377

M–P

Penicillinallergie 214 Penicillinunverträglichkeit 211 Pentafraction 438 Pentose-Phosphat-Weg 102 Pentoxifyllin 144, 351 Pepdul 303 Peptamen junior 120 Peptisorb 119 Perative 114 PercuSurgeSystem 327 Perenterol 297 Perfan 62 Perfluorhexan 147 Perfluorocarbon (PFC) 142, 146 Perfusion – hepatische 263 – zerebrale 380 Perfusionsdruck 417 – pulmonaler 417 – zerebraler 59 Periduralanästhesie 278 Peritonealdialyse 259 – chronisch ambulante 259 – chronisch zyklische 259 – intermittierende 259 Peritonitis 242 – postoperative 242 – posttraumatische 242 – primäre 242 – sekundäre 242 – tertiäre 242 Permeabilitätsindex, pulmonalvaskulärer 45 Permeabilitätsveränderungen 185 Perspiratio insensibilis 434 PF3 447 PF4 447 Pfaundler-Hurler 8 PGI2 449 pH-Wert 30 pHi-Messung 286 Phäochromozytom 81 Phase-III-Studie 205 PHC 335 Phenhydan 392 Phenobarbital 391 Phenole 266

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Stichwortverzeichnis

Phenoxy-Penicilline (Oralpenicilline) 188 Phenprocoumon 468 Phenylalanin 266 Phenytoin 319, 392 Phlebothrombose 361, 362 Phosphat 67 Phosphatidylcholin 145 Phosphodiesterase-III-Hemmer 61, 155, 293, 374 Phospholipase C 56 Phospholipide 145 Photosensibilisierung 192 PiCCO-Messwerte 46 PiCCO-System 44, 344 PICCO-Therapieentscheidungen 46 Pierre-Robin 8 Pilzendokarditiden 210 Pilzinfektion 223, 234 Pilzpneumonie 225 Piperacillin 189, 196 Pipril 196 Pirenzepin 301 PIRO-Konzept 341 Piroximon 62 Plaminogenaktivator-Inhibitor (PAI) 348 Plasmacholinesterase 266 Plasmaderivate 85 Plasmaersatzmittel 435 Plasmaexpander 435 Plasmapharese 69 Plasmasteril 437 Plasmavolumen 433 Plasmin 449 Plasminogen 449 Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 447, 449 Plasminogenaktivator 449 Platelet-Type-von-WillebrandSyndrom 477 Platelia-ELISA 237 Plättchenfaktor 3, 4 447 Plavix 323, 470 Plazentaperfusion 60 Pleuradruck 421 Pleuritis 221

Pneumocystis-carinii-Pneumonie 224 Pneumokokken, penicillinresistente 186, 194 Pneumonia Severity Scores (PSI) 220 Pneumonie 217, 227 – ambulant erworbene 221, 222 – atypische 192, 224 – bakterielle 221 – Diagnostik 18 – Kriterien 218 – nekrotisierende 219 – nosokomiale 218, 222, 223 – Prophylaxe 225 – schwere 222 – Typen 220 – ventilator-assoziierte 217, 218, 223 – virale 221, 223 Pneumothorax 147 pO2 426 Podomexef 198 Polyene 203 Polyhexamethylen-BiguanidHydrochlorid PHMB 233 Polymerisation 82 Polymyxin B 207 Polyneuropathie 357 Polyradikulitis Guillian-Barré 358 Polyurie 250 Ponticelli-Schema 254 Poolplasma 70 Poolthrombozyten 71 Poor man’s V5 23 Posaconazol 203 Positive Endexpiratory Pressure 133 Postaggressionsstoffwechsel 97, 98 Posttransfusionspurpura 76 Potenziale, akustischevozierte 402 PPHN 139 PPSB 456 PPSB-Komplex 456

PP (pancreatic polypeptide) 282 Präoxygenierung 430 Pressure Controlled Ventilation 132 Pressure Support Ventilation 131 Pre Nutrison 113 Procaingabe 278 Procalcitonin 219, 242, 344 Procalcitoninwert 342 Prognathie 8 Promit 436 Promote 118 Propafenon 410 Propicillin 195 Propofol 90 Propofol-Infusions-Syndrom (PRIS) 91 Proportional Pressure Support (PPS) 147 Propulsin 291 ProSeal-Larynxmaske (PLMA) 5 Prostacyclin 449, 475 Prostaglandin 106 – ∆13-Reduktase 144 – E1 374 Prostanoid-Applikation 372 Prostazyklin 143, 258, 371, 372 Prostazyklinfreisetzung (PGI2) 349 Prostigmin 291, 295 ProSure 121 Protamin 474 Protein – Endotoxin-neutralisierendes 350 – granulozyten-inhibierendes 255 – lipopolysaccharid-bindendes 345, 350 – penicillinbindendes 232 Proteinkatabolismus 104 Protein C 348, 449 – aktiviertes 348 – Mangel 361 – Spiegel 343 Protein S 384, 449 Protein Z 449 – Mangel 449

507

Stichwortverzeichnis

Proteus 223 Prothrombin 447 Prothrombinkomplex 456 Prothrombinzeit 451 Prourokinase 326 PROWESS-Studie 341, 348 Pruritus 269 Pseudo-β-Selektivität 59 Pseudohyperkaliämie 441 Pseudohypokaliämie 441 Pseudomonaspneumonie 224 Pseudomonas 196, 223 – aeruginosa 212 – – multiresistente 186 – Pneumonie 224 Pseudothrombopenie 71 PSV 131 PTT (partielle Thromboplastinzeit) 451, 460, 467 PTZ 451 Public Access Defibrillation 174 Puffersubstanz 176 PULMOCARE 118 Pulmoclase 138 Pulmonalarteriendruck 418 Pulmonalisangiographie 364 Pulmonaliskatheter (PAK) 37, 428 – Aussagen 41 – Druckkurven 39 – Legen des PAK 38 – Risiken und Komplikationen 39 – Zugangswege 38 Pulmonalkapillardruck 41 Pulmonox 139 Pulmotin 138 Pulskontrolle 173 Pulskonturanalyse 43 Pulsoxymetrie 24, 25 Pumpversagen, kardiales 393 Pupillenerweiterung 169 Puppenkopfphänomen 401 Pyrazinamid 225 Pyridostigmin 291 Pyruvatkinasemangel 429 P dextroatriale 373 P pulmonale 363

Q QS/QT 427 Qualitätssicherung 85 Quarantäneplasma 70 Quick 451 Quinodis 200 Quotient – nach Benzer 427 – respiratorischer 99, 101, 429

R R-L-Shunt 421 r-PA 326 Rabarin 221 RALES-Studie 396 Ramipril 323, 396 Ramsay-Score 89 RAMSES-Studie 342, 351 Ranitidin 303 Ranson-Scores 274 Rapilysin 326 Ravuconazol 203 Reaktion – allergische 76, 82, 436, 438 – anaphylaktische 56, 474 – anaphylaktoide 474 Reanimation 56 – kardiopulmonale 169 Rechts-links-Shunt, intrapulmonaler 427 Rechtsherzbelastung, akute 362, 373 Rechtsherzdysfunktion 372 Rechtsherzinsuffizienz 372, 394 Rechtsherzversagen, akutes 139, 143 Rechtsschenkelblock 373 Reconvan 115 Recruitmentmanöver 332 Red-man-Syndrom 211 Reduktionsventrikuloplastie 398 Red Cap Syndrome 44

P–R

Reflex, okulozephaler 402 Reflexbradykardie 59 Refludan 258, 366, 464, 467 Refobacin 199 Reintubation 154 Rektoskopie 285 Relaparotomien 406 relative 1-Sekunden-Kapazität 419, 423 Remergil 92 Remifentanil 90 Renin-Angiotensin-AldosteronSystem 393 ReoPro 324, 471 Reptilasezeit 452 Rescue-PTCA 327 Reservevolumen 418 – exspiratorisches 418 – inspiratorisches 418 Residualkapazität, funktionelle 418 Residualvolumen 418, 420 Resistance 126, 422 Resistenzentwicklung 185 Resistenzgen 232 Resorptionsatelektase 427 Responder 140 Restriktion 424 Resynchronisationstherapie, kardiale 397 Reteplase 326 Revasc 468 Reviparin 461 Reye-Syndrom 470 α1-Rezeptoren 56 α2-Rezeptoren 56 β-Rezeptoren 55 β-Rezeptorenblocker 315 Rh-Faktor 73 Rhabdomyolyse 314 Rhesusantigen D 65 Rhesusfaktor 65 Rickettsien 225 Rifampicin 201, 225, 239 Rinderhämoglobin 83 Ringer-Laktat-Lösung 435 Ringer-Lösung 435 Riopan 302

Stichwortverzeichnis

508

Risikoindex, kardialer 483 Ristocetin-Kofaktors 476 Risus sardonicus 377 Riva-Rocci 25 Rivotril 391 Rizinusöl 292 Robertshaw-Tubus 4 Rocephin 238 Rohypnol 309 Rotavirus 296 Roxatidin 303 Roxit 303 Roxithromycin 202 RQ 429 rt-PA (rekombinanter Tissuetype-plasminogen-Aktivator = Alteplase) 449, 472 Ruhedehnungskurve 422 Ruheumsatz 99 Rulid 202 Rumack-Matthews-Normogramm 316 Rumpel-Leede 453 RUSSLAN-Studie 64 RVEF 43 RZ 452

S S-Mangel 361 SAG-M-Additivlösung 67 Salicylate 316 SALVE-Studie 324 Salvimulsin 112 – 800 MCT 115 – DIABETES 116 Salvipeptid Nephro 117 Salzsäure 445 Samsoon und Young 9 Sanalind 233 Sarkoidose 371 SARS-Viren 221 Sättigung (pSO2), partielle oder funktionelle 24 Sättigung (SvjO2), jugularvenöse 385

Sauerstoff – Angebot 428 – Aufnahme 428 – Differenz, arteriovenöse 428 – Gehalt 425 – Gehaltsdifferenz, arteriovenöse 425 – intrapulmonaler 430 Sauerstoffpartialdruck, alveolärer 426 Sauerstoffpartialdruckdifferenz, alveoloarterielle 427 Sauerstoffsättigung 24 Sauerstoffverbrauch 428 Sauerstoffvorrat 430 Säure-Basen-Haushalt 443 Säureintoxikation 318 Scedosporium spp. 204 Schädel-Hirn-Trauma 383, 439 Schlagarbeitsindex (LVSWI), linksventrikulärer 43 Schlagarbeitsindex (RVSWI), rechtsventrikulärer 43 Schlagvolumen (SV) 43 Schleifendiuretika 252, 395, 441 Schmerztherapie 469 Schnappatmung 169 Schock, septischer 77, 343 Schrittmacher, externer 178 Schweregradklassifikation 481 Score-System 481 Securopen 196 Sedierungs- und AgitationsScala (SAS) 89 Sedierungsgrad 88 Sehstörung 317 Seitenlage, stabile 170 Sekretin-PankreozyminStimulationstest 277 Sekretolytika 138 Selbstbeatmung (ISB), intermittierende 165 Selektine 343 Selen 111, 279, 293, 338, 347 Sempera 205 Sennafrüchte (X-Prep) 292 Sensor, polarographischer 30

Sepsis 56, 228, 341 – schwere 342 – Studien 352 Sepsis-Score nach Elebute und Stoner 345 Sepsistherapie, adjuvante 349 Septikämien, ZVK-assoziierte 229 Septumdeviation 364 Sequentielles Sedierungsund Analgesie-Management (SESAM) 87 Serin-Proteasen-Inhibitor 473 Serinprotease 449 Serotoninfreisetzungstest 464 Serumantikörper 65 Shaldon-Katheter 255 Sheridan-I-Tubus Bronchusblocker 4 Shunt, intrapulmonaler 143 Shuntanlage – transjuguläre, intrahepatische, portosystemische 269 – ventrikuloperitoneale 238 Shuntfraktion, pulmonale 427 SI-Einheiten 486 SIADH 381, 443 SIC-Studie 347 Siebkoeffizienten 259 Sigmoidoskopie 285 Sildenafil 372 Silibilin 266 Silibinin 313, 318 Silikosen 371 Simdax 63, 399 Simplified Acute Physiology Score (SAPS I und II) 484 SIMV (Synchronized Intermittend Mandatory Ventilation) 130, 154 Single-breath-O2-Methode 420 Sinusbradykardie 61 Sinusitis 241 Sinusknoten-Reentrytachykardie 409 SIRS 341 Sitafloxacin 191 Sklerodermie 371

509

Stichwortverzeichnis

SLEDD (Slow Extented Dialy Dialysis) 255 Slow-entry-Kriterien 151 Small Airway Disease 423 Small Volume Resuscitation 439 SMOFlipid 105, 107 Sobelin 202, 214 SOFA, Klinik 356 SOFA-Score 354, 355 SOFA (Sepsis-related Organ Failure Assessment) 355 Sog, maximaler inspiratorischer 153 Sokolow-Index 373 Soledum 138 Solvent-Verfahren 70 Somatostatin 282, 477 Somatostatin Ferring 477 Sondalis 114 Sonde, duodenal-jejunale 109 Sondennahrungen 112 Sostril 303 Sotalex 315 Sotalol 315 Sparfloxacin 191, 200 Sphincter-Oddi 274, 278 Spiral-CT 364 Spironolacton 396 Spitzenfluss 131 – inspiratorischer 423 Spitzenspiegelantibiotika 187 Spizef 197 Spontanatemversuch 154 Spontanfiltration 257 Sporanox-Saft 205 Sprosspilzinfektion 234 Spurenelemente 108, 293 Stabilisator 66 Stadien 380 Stammzelltransplantation 69 Standardfilter 75 Stapenor 195 Staphylococcus aureus 209, 232 Staphylokokken 211, 223 – Penicilline 188, 195 Steatorrhö 277 Steatosis hepatis 102 STEMI 321

Stenotrophomonas maltophilia 223, 224 Stent-Implantation 327, 397 Stewart-Hamilton-Gleichung 42 Stickstoffgasblasen 167 Stickstoffmonoxid 343, 371, 374 Stickstoffmonoxidbeatmung (NO) 138 Störungen, neuromuskuläre 125 Strahlenzystitis 168 Strangulationsileus 294 Streptogramine 189, 193, 201 Streptokinase 325, 366, 449, 472 Streptokokken 209 Streptomycin 225 Stress- und Hungerstoffwechsel 97 Stressulkus 299 Structolipid 107 Stufenschema, Innsbrucker 125 Stunning, myokardiales 177 Subarachnoidalblutung 379 Substanzen, nephrotoxische 250, 261 Substitutionsgrad 436, 437 Substitutionsmuster 437 substrate cycling 105 Substratfaktor 449 Sucralfat 278, 303 Sufentanil 90 Sulbactam 190, 196, 199 Sulfonamide 202 Sultampicillin 196 Suplena 117 Supportan 115 Suprarenin 56 Suprax 197 Surfactant 144 – Apoproteine (SP) A, B, C und D 145 – Applikation 145 – Präparate 145 Surfactantproduktion 147 Surogat 119 Survimed OPD 119 Survimed Renal 117 Syndrom, hepatorenales 267 – der inadäquaten ADH-Sekretion 443

R–T

– malignes, neuroleptisches 309 – nephrotisches 253 Synercid 193, 201, 234

T t-PA (Tissue Plasminogen Aktivator) 325, 449 T-Stück-Versuch 154 Tachyarrhythmia absoluta (TAA) 409 Tachykardie, junktionale ektope 409 – pulslose ventrikuläre 173 – supraventrikuläre 409 – pulslose, ventrikuläre 173 – ventrikuläre 409, 410 Tachyphylaxie 91, 476 TAFI (Thrombin aktivierbarer Fibrinolyse-Inhibitor) 348 Tagamet 303 Takus 291, 295 Tamponadeneffekt 146 Targocid 200 Tarivid 200 TAT 452, 457 Taurin 103 Tavanic 200 Tavor 391 Tazobactam 190, 196, 199 Tazobac 196 Tedisamil 397 TEG 453, 454 Tegaserod 290, 291 Teicoplanin 191, 200, 212 Telithromycin 194 Temocillin 196 Temopen 196 Tenckhoff-Katheter 255 Tenecteplase 326 Tenormin 323 Terlipressin 266, 268 Test nach Patil 10 Tetagam N 377 Tetanolysin 377 Tetanospasmin 377

510

Stichwortverzeichnis

Tetanus 377 Tetanusimmunglobulin 377 Tetracycline 188, 192, 202 TFPI (tissue factor pathway inhibitor) 348 Theodrenalin 60 Theophyllin 253, 316 Theophyllinpräparate 155 Therapie – kinetische 137 – parametergerichtete 346 – Sepsis 346 Thermodilutionsmethode 43 Thermodilutionstechniken 42 Thiamin 310 Thiamin-(B1)-Stoffwechsel 309 Thienamycine 188, 198 Thienopyridine 470 Thrombelastogramm 453, 454 Thrombembolie 361, 457 – Prophylaxe 460 Thrombenbildung 464 Thrombin 371, 447 – Antithrombin-III-Komplex 452 – Antithrombin-Komplex 449, 457 Thrombininhibitor 467 Thrombinzeit 451 Thrombomodulin 348, 449 Thrombopathie 454 Thromboplastinzeit, partielle 451 Thrombose 457, 468 – arterielle 471 Thromboseprophylaxe 436, 460, 462 Thromboxan-B2-Synthese 337 Thromboxansyntheseinhibitor 351 Thromboxan A2 447 Thrombozyten 68, 447 Thrombozytenadhäsion 447 Thrombozytenaggregation 447, 475 Thrombozytenaggregationshemmung 143, 323, 469, 460, 470 Thrombozytenkonzentrat 70 – Einzelspender 70

– Leukozyten-depletiertes TK 71 – Poolthrombozyten 71 Thrombozytopenie 344, 463 – heparininduzierte 461, 462 Thrombozytopherese 71 Ticarcillin 196 Ticlopidin 470 Tidalvolumen 418 Tiefenfilter 75 Tifacogin 349 Tigecyclin 194 Tiklopidin 323 Tiklyd 323, 470 TIMI-Beurteilung 321 Tinzaparin 366, 461 Tirilazad 389 Tirofiban 324 TISS-Score 482 Tissue-Faktor 348, 349, 447 tissue plasminogen aktivator 449 TISS (Therapeutic Intervention Scoring System) 484 TK 70 – Leukozyten-depletiertes 71 TLC 418 TNF-Polymorphismus 343 TNF-Rezeptor 276 Tobramycin 199 Todd-Parese 391 Toloniumchlorid 313 Tonometrie 286 Torsade-de-pointes-Tachykardie 309 Torsade de pointes 323, 409 Torulopsis glabrata 235 Totalkapazität 418 Totraum, funktioneller 417 Totraumventilation 417 Toxic-Shock-Syndrome (TSS) 343 Trachea 415 – Kompression 424 Trachealdruck 148 Trachealgasinsufflation 149 Tracheobronchitis, eitrige 227 Tracheostoma 156 Tracheotomie 15, 155 – Methoden 156 – perkutane 156

– translaryngeale 156, 160 Trachlight 15 TRALI-Syndrom 70, 77, 330 Trandolapril 396 Tranexamsäure 449, 473 Transbronchin 138 Transferrin, kohlenhydratdefizientes 308 Transfusion 65, 72 – intrauterine 69 Transfusionsgesetz 84 Transfusionskommission 85 Transfusionsreaktion 66 – febrile 78 – hämolytische 76 Transfusionstrigger 347 Transfusionsverantwortliche 85 Transilluminationstechnik 12 Transkutane pCO2-Messung (ptcCO2) 30 Translokation 110, 290 – bakterielle 347 Transplantatversagen 269 Transpulmin 138 Trasylol 473 Traumalösungen 104 Treacher-Collins 8 Trendelenburg-Op. 367 Trental 144, 351 Tri-Natrium-Citrat 258 Triazol-Derivate 205 Triazole 203 Trichosporon 204 Triggerschwelle 130 Triglyzeride, strukturierte 106 Trimethoprim-Sulfamethoxazol 239 Triple-H-Therapie 381 Tris-Puffer 445 Trismus 314, 377 Troponin 321 Troponin I -Erhöhung 363 Troponin T 322 Tryptophan 266 Tuberkulostatika 189 Tubusgröße – Erwachsene 4 – Kinder 5

511

Stichwortverzeichnis

Tumor-Nekrose-Faktor [α-TNF] 343 TUR-Syndrom 443 Turixin Nasensalbe 233 TxA2 371 Tyrosin 103, 266 Tyrosinhydroxylase 56

U Überlastung der Atempumpe 164 UFH 460 Ulcogant 278, 303 Ulcus duodeni 299 Ulcus ventriculi 299 Ulkusblutung 299, 300, 477 Ulkusprophylaxe 301 Ultraschallflussmessung 42 Ultraschallvernebler 143 Umintubation – postoperative 17 Umrechnungstabellen 486 Unacid 196 Universalspenderblut 75 Up-Regulation 56 upper inflection point 128 Urbason 254 Urease-Schnelltest 301 Ureido-Penicilline (Azylaminopenicilline) 188 Urin 488 Urinausscheidung 434 Urodilatin 252 Urokinase 326, 366, 449, 472 US-ECMO-Studie 149

V V-Welle 373 V. anonyma 34 V. basilica 35 V. cephalica 35 V. jugularis externa 35 V. jugularis interna 34 V. subclavia 35

Vagusmanöver 411 Valium 391 VALI (Ventilation Associated Lung Injury) 332 Valproinat 392 Valsalva-Manöver 368, 411 Vancomycin 191, 199, 212, 214, 233, 296 Vanco Lilly 214 Varizellen 221 Varizellen-Zoster-Virus 240 Vasodilatation 475 Vasodilatatoren 293, 374 Vasopressin 175, 266, 268 Vasospasmus, zerebraler 380, 381 VC 418 VCAM-1 343 Vectarion 142 Venendruckkurve, zentrale 36 Ventilation 416 – alveoläre 416 – forcierte 312 – transtracheale 14 Ventilation-Perfusions-Szintigraphie 364 Ventilation-Perfusions-Verhältnis 417 Ventilationsstörung 423 – obstruktive 423 – restriktive 423 Ventrikeldruck – linker 41 – rechter 41 Verapamil 410 Verbrauchskoagulopathie 452, 455, 456, 457, 464 Verdünnungskoagulopathie 455 Verlustkoagulopathie 455, 456 Verschlusskapazität 420 Verweildauer, intravasale 437 VF 173 Vfend 205, 225 Viagra 372 Vibramycin N 202 Vibravenös 202 VILI (Ventilation Induced Lung Injury) 332 Virazole 221

T–W

Viridans-Streptokokken 210 Virusinaktivierung 70 Virusinfektion 458, 460 VISA 233 Vitalkapazität 418 Vitamin-D-Mangel 442 Vitamin-K 449 Vitamin-K-Antagonist 468 Vitamin-K-Mangel 457 Vitamine 108 Vitamin C 111, 279 Vitamin E 111, 279 Vitamin K 469, 475 Vollblut 66 Vollelektrolytlösung 434 Volumen, globales enddiastolisches 46 Volumenersatz 436 Volumenindex, globaler enddiastolischer 46 Volumentherapie 347 Volutrauma 126, 333 Voluven 437 Von-Willebrand-Faktor 477 Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWJ) 476 Vorhofflattern 409 Vorhofflimmern 409 Voriconazol 203, 205, 225 VRE 194 VT 173 VZV-Enzephalitis 240

W Wachintubation 15 Wandbewegungsstörungen (RWBS), regionale 49 Warfarin 468 Wasserabgabe 434 Wasserhaushalt 433 Weaning 152 – Methoden 153 – Versagen 154 Wechsellagerung, dorsoventrale 137

Stichwortverzeichnis

512

Wedgedruck 40 Weir-Formel 99 Wells-Score 365 Wernicke-Korsakow-Syndrom 310 West-Zonen 41 Westermark-Zeichen 364 White-clot-Syndrom 464 White-Tubus 4 Widerstand – elastischer 418 – peripherer 59 – pulmonaler 418 Wiener Liste 187, 253, 480 Wilson-Index 10 Wincoram 61 Woodbridge 4 WPW-Syndrom 411 Wundheilung 110

X Ximelagatrane (Exanta) 468 Xylit 102, 107

Y Yang-Index 153 Yersinien 77

Z Zagam 200 Zahnschmelzhypoplasie 192 Zantic 303 Zaprinast-Vernebelung 141 Zeitkonstante 127, 336 Zelle, galvanische 30 Zelmac 290, 291 Zentraler Venenkatheter (ZVK) 33 Zentralvenöse Sättigung (SvO2) 29 Zeugen-Jehovas 72 Zienam 192, 198, 278

Zinacef 197, 278 Zink 111 Zinkmangel 266 Zinnat 197 Zirkulation, extrakorporale 473 Zithromax 202 Zitratantikoagulation 258 Zitratintoxikation 78 ZVD – Anstieg 363 – Erhöhung 368 – Messung 36 – Wellen 36 Zystein 103 Zytokine 343 Zytomegalieviren 240 – Infektion 249 Zyvoxid 193, 201, 234