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German Pages 356 Year 2015
Katrin Oltmann Remake | Premake
Für Shaun
Katrin Oltmann (Dr. phil.), Film- und Kulturwissenschaftlerin, promovierte an der Universität zu Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Gender und Queer Theory, Diskursgeschichte, Genretheorie sowie Psychoanalyse.
Katrin Oltmann Remake | Premake. Hollywoods romantische Komödien und ihre Gender-Diskurse, 1930-1960
Gedruckt mit Hilfe der FAZIT-Stiftung, Frankfurt am Main, der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein sowie der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, Hamburg.
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2008 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung & Innenlayout: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: »White Christmas«, USA 1954, © Paramount Pictures Lektorat & Satz: Katrin Oltmann Korrektorat: Christine Jüchter, Paderborn Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-700-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
INHALT Dank RemakeŇPremake. Einleitung Can’t Stop the Remakes Remakebegriff Doing History: Rückkopplung, Nachträglichkeit, Preposterous Reading Hypertextualität: RemakePremake Doing Culture: Text/Kontext, kulturelle Negotiationen Doing Gender: Performativität, Film, Remake Unfinished Business Filmkorpus
Remaking in Hollywood, 1896-2006 Remakes und Dupes im frühen Film Remaking 930/40 Remaking nach 948 Remaking und die Hollywood Renaissance Widescreen Goes Small Screen: Remakes und Videotechnik Remaking 990ff.
Remakes in der Forschung Remakelexika Typologien, Taxonomien Kultur- und filmwissenschaftliche Arbeiten
Doing Gender: Performativität, Film, Remake Der Performative Turn in den Gender Studies Performativität und Film Repeat Performances: Remakes und Gender
I’ve Always Had a Queer Opinion of You. Unfinished Business und Nachträglichkeit in THE FRONT PAGE (1931) und HIS GIRL FRIDAY (1940) HIS GIRL FRIDAY und THE FRONT PAGE Fairytales: Konzepte von Homosexualität, 1920-1940
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Hollywood, die Sissy und der Production Code Sissies, Anarchisten und Men’s Rooms in THE FRONT PAGE Die Fairy Bensinger Der Anarchist Earl Williams (Schwieger-)Mütter, Verlobte, Prostituierte Liebe und Business You Make Me Feel Like I’m the Bride. Heirat und Henker I I’m a Newspaperman. Queering und Crossing in HIS GIRL FRIDAY Der Production Code und die Entstehung der Screwball Comedy What Kind of Language Is That! Code-Bending in HIS GIRL FRIDAY The Same Old Act, Isn’t It? Gender-Performances in »HIS MAN FRIDAY« Hysterischer Text Heirat und Henker II
Can this Marriage Be Saved? Remaking Remarriage in THE AWFUL TRUTH (1937) und LET’S DO IT AGAIN (1953) Screwball Comedies und die Institution Ehe, 1920ff. Neue Ehemodelle und die Comedy of Remarriage Die Wirtschaftskrise als Krise der Männlichkeit Eheberatung I: How to Win and Hold a Husband Happily Ever After? Marriage Is a Beautiful Thing. THE AWFUL TRUTH über Ehe und Scheidung Desperate Housewives: Die 50er Jahre und der Mythos des Domestic Bliss Marriages at War Eheberatung II: How to Stay Married Though Unhappy Togetherness und The Paradox of the American Male Rückschaufehler: Hollywoodremakes der 50er Jahre und die Screwball Comedy LET’S DO IT (AGAIN). Love Companionship Goes Domestic Bliss What Is »Normal« Married Love? Sexualität in der Ehe How Much Do We Know about Men? Männlichkeitskrisen II I Want a Man That I Know Will Be Home. Die Happy Housewife und der Playboy Deckgeschichten Was There Ever a Feathersville? Die Ehe als Theater/das Theater der Ehe Wifeliness as a Masquerade PremakeŇRemake: Love Companionship versus Domestic Bliss
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Boy, Girl, Boy, Girl. Kategorienkrisen, Genre Trouble und Passing in HOLIDAY INN (1942) und WHITE CHRISTMAS (1954) HOLIDAY INN WHITE CHRISTMAS Familienähnlichkeiten: Genre und Remake I’ll Capture Her Heart Singing/Dancing. Holiday Inn und das Dual Focus Narrative des Musicals Boy Meets Boy: Vom Rivalen zum Male-Buddy-Team There Were Never Such Devoted Sisters. Female Buddies Fairies, Fathers, Families Operation Waverly Drag-Sisters: Camp, Kinship, Kategorienkrisen Camp Sisters in Distress Kategorienkrisen Mulvey, Musical, Male Hysteria. Exkurs The Best Things Happen When You’re Dancing. Hollywoods Song-and Dance-Men Male Hysteria A Guy in the Eighth Row Can Kiss Marilyn Monroe. Hollywoods Technologies of Gender, 950ff. This Is the Army. Die Armee als Männlichkeitsspektakel Schlussbetrachtung
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Filmverzeichnis
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Literaturverzeichnis
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Abbildungsnachweis
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DANK Die vorliegende Studie wurde im Sommersemester 2006 von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Ich möchte an dieser Stelle denjenigen herzlich danken, die ihre Entstehung ermöglicht und begleitet haben, allen voran meiner Betreuerin Claudia Liebrand – für ihren Enthusiasmus, ihre ständige Diskussionsbereitschaft und ihre engagierte Unterstützung, mit der sie mir die gesamte Zeit über zur Seite stand. Ich wünsche jedem Doktoranden, jeder Doktorandin eine solche Betreuung. Danken möchte ich außerdem meinem Referenten Hanjo Berressem für die Aufnahme in sein Forschungskolloquium, für seine treffsicheren Anregungen und gutgelaunte Hilfsbereitschaft. Mein Dank gilt der Studienstiftung des deutschen Volkes für die finanzielle, aber auch ideelle Förderung meiner Arbeit durch ein Promotionsstipendium; ein besonderes Dankeschön an dieser Stelle an meinen Vertrauensdozenten Werner Kaumanns. Unterstützung bei der Drucklegung erfuhr ich von Seiten der Johanna und Fritz Buch GedächtnisStiftung, der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften und der FAZIT-Stiftung sowie durch den engagierten Einsatz meiner Lektorin bei transcript, Christine Jüchter. Ganz herzlich möchte ich mich bei meinen Kollegen und Freunden am und um den Lehrstuhl von Claudia Liebrand bedanken: Christine Badke, Gereon Blaseio, Stefan Börnchen, Jörg Pagga, Tina-Karen Pusse, Sandra Rausch, Ines Steiner und Christina Wald – die intensiven Diskussionen mit ihnen, ihre Denkanstöße und inspirierte Kritik finden sich auf den Seiten dieser Arbeit überall wieder. Eine große Hilfe waren mir im Ausnahmezustand kurz vor der Abgabe meine Korrekturleser Christine Badke, Gereon Blaseio, Katrin Guderjahn, Julia Roth und vor allem Jörg Pagga, der das gesamte Manuskript mit seiner ihm eigenen Ruhe und Präzision in Rekordzeit lektoriert hat. Mein besonderer Dank richtet sich an meine Familie, Ute und Peter Oltmann, Anne Oltmann, Ilse Born sowie Joanne und Daniel McManus, und an meine Freunde. Der große Rückhalt und die Unterstützung, die ich von ihrer Seite erfahren habe, haben auf nicht weniger wichtige Art zur Entstehung dieses Buches beigetragen. Schließlich möchte ich Shaun McManus für seine Unterstützung danken und für die Geduld, mit der er 9
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mich durch dieses Promotionsprojekt begleitet hat. Seine Bereitschaft, sich mit mir unzählige Filme anzuschauen, sein Zuhören und seine unkonventionellen Sichtweisen haben meinem Denken über die Hollywoodfilme der 30er bis 60er Jahre oft auf die Sprünge geholfen. Sein Anteil an diesem Buch lässt sich in Fußnoten nicht fassen. Katrin Oltmann, Herbst 2007
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R E M A K E ŇP R E M A K E . E I N L E I T U N G I have some unfinished business with him. — Jean Harrington in THE LADY EVE (94)
[O]n a social as well as psychological level, the penalty for repression is repetition. — Kalí Tal: Worlds of Hurt
»The straight remakes […]«, schreibt James Monaco 979 in »American Film Now«, »are invariably lesser films than their ancient models, although they occasionally come up with interesting twists.«2 Während die Filmwissenschaften das Phänomen des Remaking bis in die späten 90er Jahre weitgehend ignoriert haben, kategorisiert die populäre Filmkritik filmische Neuauflagen auch 25 Jahre später noch als kommerziell motivierte, schwache Kopien klassischer »Originale«. Dieser defizittheoretischen Sicht stelle ich im Folgenden eine Perspektivierung des filmischen Verfahrens entgegen, die die Differenzen zwischen Remake und »Originalfilm« produktiv macht. Anstatt der Frage nachzugehen, welche Filmversion die jeweils bessere sei, begreife ich Remakes mit den Prämissen der Cultural Studies als rereading/rewriting eines kulturellen Textes, als neue Version, die in komplexe Verhandlungen mit dem Vorgängerfilm tritt. Ein Remake passt eine Story unter Rückkopplung an den Vorgängerfilm veränderten historischen und kulturellen Gegebenheiten und Kontexten an (indem es etwa die vom früheren Film vorgegebenen GenderKonfigurationen und Gender-Konstellationen transponiert und verschiebt). Diese Um-Adressierung kann auf lokaler Ebene vollzogen werden, wenn etwa eine französische Komödie in Hollywood neu verfilmt wird, oder auf temporaler Ebene, wenn zwischen den beiden Filmversio 2
Kalí Tal: Worlds of Hurt. Reading the Literatures of Trauma, Cambridge: Cambridge University Press 996, S. 7. James Monaco: American Film Now. The People, the Power, the Money, the Movies, New York: New American Library 979, S. 280, meine Hervorhebung. Im Folgenden gilt: Wenn nicht anders angegeben, wurden die Hervorhebungen in Zitaten von den jeweiligen Verfassern vorgenommen.
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nen eine große Zeitspanne liegt (natürlich schließen sich diese Ebenen nicht wechselseitig aus). Als filmischer Transferprozess hat ein Remake also mit kultureller Aneignung und Vermittlung zu tun und kann im weiteren Sinne als Übersetzung verstanden werden.3 Die Beziehung zwischen den Filmversionen ist durch das Paradox geprägt, dass ein Remake sein »Original« gleichzeitig bestätigt und es in Frage stellt: In einem Akt konstitutiver Nachträglichkeit verleiht erst das Remake dem früheren Film den Originalstatus, während es zugleich die Autorität und supponierte Bedeutung dieses »Originals« durch die vollzogene Umschrift destabilisiert. Durch das Zusammenspiel von hnlichkeit und Differenz zwischen den Filmversionen lassen sich die filmischen Inszenierungsweisen und Darstellungsstrategien konkretisieren und nachzeichnen, auch die Konstruktionsmechanismen des ersten Films gewinnen auf der Folie des zweiten präzisere Konturen. Den früheren Film bezeichne ich nicht als Original, sondern als Premake – ein Begriff, der die Beziehung der beiden Filme enthierarchisiert und den Blick auf die gegenseitige Verschaltung der Filmversionen, auf das Antwort- und Weiterverarbeitungsschema richtet. Das Leitkonzept, mit dem ich die Beziehung zwischen Premake und Remake beschreibe, ist das des unfinished business. Ich gehe davon aus, dass die Produktion von Remakes nicht nur in ökonomischem Sinne auf unfinished business zurückzuführen ist, sondern dass diese Filme irritierende und ungelöste Anteile der früheren Versionen, zum Beispiel die Inszenierung von gender trouble, aufgreifen und verhandeln. Das Irritationspotenzial des Premakes ist dem späteren Film eingeschrieben, auch wenn dieser versucht, es konservativ zu wenden oder zu entschärfen. Das unfinished business des Premakes kommt solchen Umschriften buchstäblich in die Quere. In meinen Lektüren4 untersuche ich die Filme im Hinblick auf ihre Gender-Repräsentationen. Ich interessiere mich für die Inszenierung von 3
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Als Übersetzungsmethode fremdsprachiger Filme kann in den USA, anstelle der in vielen europäischen Ländern gängigen Synchronisation, das Remake gelten. Im Fernsehbereich werden ausländische Filme allerdings auch hier in synchronisierten Fassungen gezeigt. Vgl. hierzu Gereon Blaseio: Filmische Transkriptionen. Synchronisation in gender-spezifizierter Perspektive, Dissertation, Universität zu Köln [Manuskript]. Der Begriff der Filmlektüre geht auf den erweiterten Textbegriff der Cultural Studies zurück, der alle uns umgebenden Repräsentationen als kulturelle Objektivationen auffasst: als Texte, die gelesen werden können. Dieses erweiterte, zeichentheoretisch begründete Textverständnis umfasst also auch Photographien, Werbeplakate, Musikvideos, Kleidermoden, Filme etc. Eine Lektüre ist nicht daraufhin angelegt, »den ›Sinnhorizont‹ eines filmischen ›Werkes‹ hermeneutisch auszuleuchten« (Claudia Liebrand:
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EINLEITUNG
Männlichkeit und Weiblichkeit, für die Verhandlung von Sexualität, Liebe, Ehe et cetera – historisch variable Kategorien und Konzepte, deren differierende filmische Gestaltungsweisen sich vor dem Hintergrund der jeweils zweiten Filmversion analysieren lassen: Durch den zeitlich und kulturell veränderten Kontext eröffnen Remakes neue Blickwinkel auf ihre Vorgängerfilme; der zweite Film fungiert dabei als Kontrastfolie, auf der sich das (kulturell oder historisch) Spezifische der früheren Produktion präzise konturieren lässt (und vice versa). Das Filmkorpus der Arbeit bilden Romantic Comedies, die zwischen 930 und den späten 50er Jahren in Hollywood gedreht wurden,5 innerhalb eines Zeitraums also, in dem das Geschlechterverhältnis und -verständnis durch die Weltwirtschaftskrise und den Zweiten Weltkrieg gehörig in Unruhe versetzt wurde. Die Filme meines Korpus verstehe ich als »historical objects embedded in a network of cultural discourses«,6 betrachte diese Mainstreamfilme jedoch nicht als passive Reflektoren kultureller Zustände und Strömungen, sondern als culture in action, als »durchlässige Einheit[en], die mit anderen Diskursen im ›Dialog‹ steh[en]«.7 Im Sinne des New Historicism gehe ich von komplexen Austauschprozessen und zirkulären Wechselbeziehungen zwischen histori-
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Gender-Topographien. Kulturwissenschaftliche Lektüren von Hollywoodfilmen der Jahrhundertwende, Köln: DuMont 2003, S. ). Vielmehr bietet sie eine von vielen möglichen, zeit- und kontextgebundenen Lesarten, die sich ihrer sinnstiftenden Funktion bewusst ist, d.h., Texte sind konstitutiv polysem, die Lektüre erst produziert die von ihr behauptete Bedeutung. Zum Textbegriff der Cultural Studies vgl. Clemens Knobloch: »Zum Status und zur Geschichte des Textbegriffs«, in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 77 (990), S. 66-68; John Storey: What Is Cultural Studies? A Reader, London: Arnold 3998; Mieke Bal: »Art, Language, Thought and Culture. Cultural Analysis Today«, in: Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften Wien (Hg.): The Contemporary Study of Culture, Wien: Turia & Kant 999, S. 69-92; John Fiske: Understanding Popular Culture, London: Routledge 8200. Insofern sie sich nicht aus dem Zusammenhang ergeben, sind Herkunftsland und Erscheinungsjahr eines Films bei seiner ersten Nennung im Haupttext in Klammern angegeben (bei weiteren Nennungen nur dann, wenn diese Information für die Argumentation wichtig ist). In den Filmlektürekapiteln, in denen es fast auschließlich um Hollywoodfilme geht, nenne ich das Land nur, wenn es sich nicht um eine US-amerikanische Produktion handelt. Die detaillierten Filmdaten für alle erwähnten Filme versammelt das Filmverzeichnis im Appendix der Arbeit. Steven Cohan: Masked Men. Masculinity and the Movies in the Fifties, Bloomington/Indianapolis: Indiana University Press 997, S. xviii. Claudia Liebrand/Franziska Schössler: »Einleitung«, in: dies. (Hg.): Textverkehr. Kafka und die Tradition, Würzburg: Königshausen & Neumann 2004, S. 9.
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schen Kontexten und Texten aus, das heißt zum Beispiel: Filme verarbeiten zeitgenössische Gender-Diskurse und diese Diskurse speisen sich wiederum aus kulturellen Artefakten, auch aus Filmen. In meinen Filmlektüren versuche ich, die Remakes und Premakes durch Rückgriff auf zeitgenössische Pressetexte, Produktionsnotizen, Werbematerial, Anekdoten, andere Filme, Ratgeberliteratur, Zensurvorschriften und hnliches in diesen historischen Kontexten zu verorten. Die folgenden einleitenden Seiten kommen auf die hier angesprochenen Punkte im Detail zurück. Sie liefern den konzeptionellen und theoretischen Rahmen für die Remakeanalysen in den Filmlektürekapiteln und diskutieren den kombinierten Ansatz aus neohistoristischer Vorgehensweise und performativitätstheoretisch informierten Gender und Queer Studies. Nach einem Blick auf die Argumentationsmuster defizittheoretisch argumentierender Pressetexte diskutiere ich das Verhältnis von Remakes zu anderen filmischen Verfahren wie Genrefilmen, Sequels, Literaturverfilmungen und formuliere den der Arbeit zu Grunde liegenden Remakebegriff. Theoretisiert wird das Remake anschließend anhand verschiedener Intertextualitätsmodelle sowie der Konzepte »Rückkopplung«, »Nachträglichkeit« und »unfinished business«. Die Begründung der Filmauswahl sowie die Vorannahmen und Schwerpunkte der Filmlektüren bilden den Abschluss der Einleitung. Auf die historischen Praktiken des Remaking und die Konzepte der Performance und Performativität gehe ich an dieser Stelle nur kurz ein; sie werden im Hauptteil der Arbeit in eigenen Kapiteln ausführlich behandelt.
Can’t Stop the Remakes Ein Remake vergreift sich – so der Tenor der Filmkritik – in respekt- und rücksichtsloser Weise am »Originalfilm«, nutzt ihn parasitär für seine kommerziellen Interessen aus, um ihn dann – durch die technologischen und budgetären Attraktionen der Neuverfilmung überboten – dem kulturellen Vergessen zu überlassen.8 Rege diskutiert wird das Phänomen vor allem in der populären Presse, in der journalistischen Filmkritik, in Filmmagazinen und Internetforen. Remakes gelten in diesen Texten – 8
»[T]he producers of the remake wish not only to accommodate the original story to a new discourse and a new audience but to annihilate the model they are honoring – to eliminate any need or desire to see the film they seek to replace. […] Body Heat is not offered as merely a new version of a familiar story; it is the definitive version that renders its model [Double Indemnity] obsolete, like a new Buick just arrived in the showroom« (Thomas M. Leitch: »Twice-Told Tales. The Rhetoric of the Remake«, in: Literature/Film Quarterly 8/3 [990], S. 38-49, hier S. 45 u. 47).
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EINLEITUNG
Rezensionen, Überblicksdarstellungen, Kolumnen – fast durchgängig als ästhetisch defizitäre Neuauflagen ihrer »Originale«,9 eine Haltung, die sich schon in ihren Titeln niederschlägt: »Dummy Show«, »Breach of Faith« oder »Can’t Stop the Remakes« warnen sie.0 Gemessen werden Remakes in diesen Texten meist daran, wie »originalgetreu« sie den Vorgängerfilm nachbilden; fällt diese Nachbildung allerdings zu perfekt aus, folgt der Vorwurf auf dem Fuße, der neue Film sei lediglich eine uninspirierte Kopie. Die Argumentation dieser Texte ist zum großen Teil 9
Wie stereotyp diese Kritik hervorgebracht wird und wie wenig sie mit den Filmen selbst zu tun hat, zeigt das Beispiel von GASLIGHT, einem USRemake von 944, das in den USA vor dem britischen »Originalfilm« von 940 zur Aufführung kam. Als dieser 953 in einer re-edierten Fassung als ANGEL STREET gezeigt wurde, fiel er für die Mehrzahl der Rezensenten weit hinter den – nun zum »Original« avancierten – US-Film zurück. Vgl. George Turner: »Gaslight Twice Told«, in: American Cinematographer 77/ (Januar 996), S. 82. 0 »This new interpretation does few things better than the original, and many things worse, offering another argument for why Hollywood should stop strip-mining its past and start investing a little money in new, intelligent screenplays«, urteilt zum Beispiel James Berardinelli in seiner Rezension zur THOMAS CROWN AFFAIR (James Berardinelli: »The Thomas Crown Affair [999]«, unter: www.reelviews.net/movies/t/thomas_crown99.html [letzte Abfrage: 2. Mai 2007]). Eine Auswahl solcher defizittheoretisch argumentierender Texte: Stephen M. Silverman: »Hollywood Cloning. Sequels, Prequels, Remakes, and Spin-Offs«, in: American Film 3/9 (978), S. 24-30; Stephen Harvey: »Can’t Stop the Remakes«, in: Film Comment 6/5 (980), S. 50-53; Carlos Clarens: »Ten Great Originals. Accept No Substitutes. Most Remakes Can’t Touch the Real Thing«, in: American Film 9/3 (983), S. 82-86; Veronica Geng: »Breach of Faith«, in: Film Comment 20/2 (984), S. 57-58; Barry Norman: »Born-Again Classics«, in: Radio T (7.-23. November 990), S. 43; Geoff Andrew: »Dummy Show«, in: Time Out 075 (27. März 99), S. 64; Barry Norman: »Why Remakes and Sequels to Classic Films Can Be a Disastrous Mistake …«, in: Radio T (2.-27. März 992), S. 36; Godfrey Cheshire: »›Psycho‹analysis. Van Sant’s Remake Slavish but Sluggish«, in: Variety 373/4 (7.-3. Dezember 998), S. 53 u. 57; Chris Oosterom: »Het origineel was beter«, in: Skrien 235 (Juli/August 999), S. 9-2; Oliver Hüttmann: »VANILLA SKY. Remix im Remake«, in: Spiegel Online (25. Januar 2002), unter: www.spiegel.de/kultur/kino/ 0,58,78878,00.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). Präzise formuliert hat Carolyn Durham das Double Bind, das dieser Kritikerdisposition zu Grunde liegt, mit Bezug auf US-amerikanische Remakes französischer Filme: »[…] Hollywood remakes of original French films have been written into any – or all – of the following scripts: either they embody American culture and its dominance and so threaten to erase any trace of foreign influence that they might encounter along their imperialist path, or they represent foolish and futile attempts to reproduce a foreign model whose cultural and aesthetic specificity – and especially, superiority
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von klischeehaften Originalitätsdiskursen beherrscht, die oftmals zu nachgerade aberwitzigen Schlüssen führen. So kritisiert Michael Wilmington das 999er Remake der THOMAS CROWN AFFAIR (USA 968) in der »Chicago Tribune«: […] McTiernan can’t handle stylish claptrap with half the panache and expertise of Norman Jewison […] – though having that sentiment would have surprised me in 968, when I saw the original movie. Back then […] I was disappointed by »Thomas Crown.« I found it stylish but empty, and I blamed Jewison, who seemed to be a prototypical new-style Hollywood hack, all flash and no fire. Today, by comparison, Jewison looks like an expert genre-mixer and consummate stylist and McTiernan looks like a camera acrobat in search of a script.2
Was Wilmington 968 an Jewisons THOMAS CROWN AFFAIR als oberflächliche Effekthascherei ablehnte, macht den Film für ihn heute zum Klassiker. Obwohl er die Historizität seiner eigenen Aussage präzise konturiert, reflektiert der Rezensent die eigene Beobachterposition im Anschluss nicht. Stattdessen wird McTiernans THOMAS CROWN AFFAIR an der Produktionsästhetik der 60er und 70er Jahre gemessen und mit exakt den gleichen Vorwürfen belegt wie sein Vorgänger: Wurde die erste Version 968 als »all flash and no fire« abgetan, so kritisiert Wilmington die neue Fassung als »remade with lots of pizzazz but little wit or soul«. Gerügt wird in Texten wie diesem vor allem das kommerzielle Interesse, das mit Remaking verknüpft ist. Wenn Auteur-Filme oder Filmklassiker als Vorlage dienen,3 taucht implizit oder explizit auch der – make it, by definition, inimitable. In the most optimistic of scenarios, these films reproduce a carbon copy or literal translation of a French original, in which case the remake not only has no discernible cultural identity of its own but is presumably gratuitous as well. What all of these positions have in common is a curious but consistent tendency to privilege one culture over the other and, as a result, to focus on the same to the exclusion of the different« (Carolyn A. Durham: Double Takes. Culture and Gender in French Films and Their American Remakes, Hanover/London: University Press of New England 998, S. ). 2 Michael Wilmington: »›Thomas Crown‹. A Pricey Dicey Romantic Thriller«, in: Chicago Tribune, unter: www.geocities.com/mfteran/thomas. htm (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 3 Auteur-Filme und Filmklassiker werden übrigens weit seltener neu aufgelegt, als gemeinhin von den Kritikern angenommen wird, verfälscht auch durch die große Aufmerksamkeit, die Remakes solcher »Klassiker« dann in den Medien erhalten: So zog Gus Van Sants Remake (USA 998) von Hitchcocks PSYCHO (USA 960) geradezu eine Flut von Artikeln nach sich (vgl. zur Diskussion um Van Sants PSYCHO auch Constantine Verevis:
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Vorwurf der Kunstfälschung auf. »Remakes sind so etwas wie angekündigte und rechtlich einwandfrei lizensierte Plagiate. […] Am schamlosesten und schludrigsten wird bei Remakes von ausländischen Filmen verfahren […]«, moniert etwa der »Spiegel« im Januar 2002.4 Dass mit »ausländischen Filmen« in diesen Texten fast ausschließlich »europäische Filme« gemeint sind und die Produzenten von Remakes allzu schnell in Hollywood ausfindig gemacht werden, kritisieren auch Jennifer Forrest und Leonard Koos in »Dead Ringers«, einer der wenigen Veröffentlichungen zum Thema, die die Untersuchung nicht auf einen Qualitätsvergleich zwischen Premake und Remake reduzieren: »We are led to believe that European films adapt, readapt, cite, pay homage to, parody, but do not remake, the former activities being linked to artistic and literary traditions of high culture, the latter being representative of American films and their ties to commerce and commercial interests.«5 Vor allem, wenn es um Hollywoodremakes französischer Filme geht, verdammt das Feuilleton Remaking als Ausdruck eines (kultur-)imperialistischen Amerikas. Hollywood werde nicht nur dem ästhetischkünstlerischen und moralischen Gehalt der französischen »Originale« nicht gerecht, sondern demonstriere auch seine Einfallslosigkeit und sein rein kommerzielles Interesse – das konstatieren auch US-amerikanische Kritiker.6 Die französischen Filme werden in Filmkritiken häufig auch Film Remakes, Edinburgh: Edinburgh University Press 2006, S. 58 u. 7f.). Die überwiegende Zahl filmischer Neuauflagen greift hingegen auf populäre Genrefilme, v.a. aus dem Science-Fiction-, Horror- und Komödienfach, zurück. Vgl. hierzu auch Jennifer Forrest/Leonard R. Koos: »Reviewing Remakes. An Introduction«, in: dies. (Hg.): Dead Ringers. The Remake in Theory and Practice, Albany: State University of New York Press 2002, S. -36, hier S. 27; Wolfgang Arend: Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern. Mediensoziologische Bausteine zu einer Theorie des Remakes am Beispiel von Hexenfilmen, Mainz: Bender 2002, S. . Welche Filme wiederum als klassisch anzusehen sind, welche demzufolge neu aufgelegt werden dürfen und welche nicht, darüber ist sich die Filmkritik – wie nicht anders zu erwarten – keineswegs einig. Zum Status der THOMAS CROWN AFFAIR von 968 vgl. etwa Constantine Santas: »The Remake of Psycho (Gus Van Sant, 998). Creativity or Cinematic Blasphemy?«, in: Senses of Cinema, unter: www.sensesofcinema.com/contents/ 00/0/psycho.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007); Wilmington: Thomas Crown. 4 Hüttmann: Vanilla Sky. 5 Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 29. 6 Vgl. z.B. Stanley Kauffmann: »National Romances«, in: New Republic 75/3 (25. September 976), S. 32-33; Vincent Canby: »Bachelor Fathers«, in: New York Times (25. April 986), C8; ders.: »How France’s ›Cradle‹ Was Rocked«, in: New York Times (. Mai 986), B+; ders: »Movies Lost in Translation«, in: New York Times (2. Februar 989),
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dann höher bewertet, wenn sie den Rezensenten unbekannt sind. So beschreibt der »New-York-Times«-Filmkritiker Vincent Canby das Schauspiel der beiden männlichen Hauptdarsteller in THREE FUGITIVES (989) (dem US-Remake der französischen Komödie LES FUGITIFS [986]) als »dim facsimile of a French performance that looks familiar, even though we haven’t seen it yet«.7 Als Besorgnis erregend gelten die Praktiken des Remaking dabei nicht erst seit den 80er und 90er Jahren: Bereits 938 warnt der Herausgeber des Handelsmagazins »La Cinématographie française«, PaulAuguste Harlé, anlässlich der Produktion von ALGIERS (USA 938), eines Remakes des erst 937 erschienenen französischen Films PÉPÉ LE MOKO: »La vente du sujet d’un film français peut briser sa carrière à l’étranger […]. [L]e remake est un danger.«8 »[I]t would seem«, kommentiert Lucy Mazdon, »that this is one critical debate which has failed to develop over the last fifty years. Remakes are routinely condemned as a commercial practice. […] The ›original‹ is by definition given a status which renders it unassailable.«9 Selten wird von Seiten der Kritiker darauf hingewiesen, dass es sich bei den Premakes nicht um Produktionen des französischen »Art Cinema« handelt, sondern überwiegend um Filme populärer, kommerzieller Genres.20 Thematisiert wird allerdings, dass der
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B+; Stanley Kauffmann: »Making Over, Making New«, in: New Republic 208/6 (9. April 993), S. 28; Sharon Waxman: »A Matter of Deja View. French Cry Faux Over U.S. Film Remakes«, in: Washington Post (5. Juli 993), C+; Roger Cohen: »Aux Armes! France Rallies to Battle Sly and T. Rex«, in: New York Times (2. Januar 994), B+; Janet Maslin: »A Bahamian Vacation for Gérard Depardieu«, in: New York Times (2. September 994), B7; Josh Young: »The Best French Films You’ll Never See«, in: New York Times (30. Oktober 994), H7+. Canby: Movies Lost in Translation. Dieses Phänomen wird ausführlich diskutiert in Durham: Double Takes, S. 0f. u. 79-83. Paul-Auguste Harlé: »Attention aux remakes«, in: La Cinématographie française 038 (23. September 938), S. . Über 50 Jahre später, 992, bedient sich Luc Besson einer ganz ähnlichen Argumentation (Luc Besson: L’histoire de Nikita, Paris: Editions Bordas et Fils 992). Lucy Mazdon: »Rewriting and Remakes. Questions of Originality and Authenticity«, in: Geoffrey T. Harris (Hg.): On Translating French Literature and Film, Amsterdam: Rodopi 996, S. 47-63, hier S. 48. Generell nehmen französische Filme in dieser Debatte immer schon den Status des unkommerziellen Kunstfilms ein. Dazu schreiben Jennifer Forrest und Leonard Koos: »Because European films cannot compete or are financially and politically blocked from competing with the huge American film distribution machine, they assume a non-commercial aura« (Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 2). Pamela Falkenberg hat hingegen gezeigt, dass auch das »Art Cinema« ein kommerzielles Kino ist. Genauer: Es führt ein Nischendasein im Raum des kommerziellen Kinos,
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französischen Filmindustrie durch diese Produktionen Jahr für Jahr beträchtlicher Schaden zugefügt werde.2 Das US-amerikanische Remaking französischer Filme bedeute, dass sich diese in den USA nicht mehr vermarkten ließen.22 Kaum Erwähnung findet dabei, dass es sich bei diesen Filmen seit den späten 80er Jahren zunehmend um französischamerikanische Co-Produktionen handelt und dass auf diese Weise, durch die Umsatzbeteiligung (wie im Übrigen auch durch den Rechteverkauf), Geld in die französische Filmwirtschaft zurückgeleitet wird.23 Vor solch einer einseitigen Betrachtung des filmischen Verfahrens warnen deshalb auch Forrest und Koos: Haranguing Hollywood along purely ideological lines of industrial-commercial imperialism only serves to hide the pervasiveness of remaking as a general mit dem es symbiotisch existiert: »After all, under capitalism, art is precisely that commodity whose exchange value depends upon its denial of its status as a commodity […]« (Pamela Falkenberg: »›Hollywood‹ and the ›Art Cinema‹ as a Bipolar Modeling System. À bout de souffle and Breathless«, in: Wide Angle 7/3 [985], S. 44-53, hier S. 44). 2 Für eine ausführliche Diskussion der Problematik (einschließlich ihrer Höhepunkte während der Eröffnung von »Euro-Disney« bei Paris im Jahr 992 sowie der GATT-Verhandlungen in Uruguay 993) vgl. Durham: Double Takes, S. -24 und v.a. Lucy Mazdon: Encore Hollywood. Remaking French Cinema, London: British Film Institute 2000, S. -29. 22 Dem US-Publikum wird von dieser Seite allerdings gleichzeitig eine notorische Abneigung gegen Synchronisation und Untertitelung nachgesagt. Der Erfolg der französischen Filme wäre also ohnehin fraglich gewesen. Vgl. z.B. Franz Everschor: »Europäische Erfolge auf amerikanisch«, in: Film-Dienst XLVI/6 (6. März 993), S. 40-4. 23 »Gallic directors are wringing their hands – sometimes all the way to the bank – over Hollywood’s latest colonization and its effects on the French film industry«, spottet die »Daily Variety« (Michael Williams/Christian Mork: »Remake Stakes Are Up. Hollywood Hastens Pursuit of French Pic Properties«, in: Daily Variety [9. April 993], 5+). So co-produzierte Le Studio Canal Plus z.B. SOMMERSBY (USA/F 993), das Remake von LE RETOUR DE MARTIN GUERRE (F 982); Jean-François Lepetit co-produzierte THREE MEN AND A BABY (USA 987), Remake des Films TROIS HOMMES ET UN COUFFIN (F 985); Cité Films co-finanzierten MY FATHER THE HERO (USA/F 994), Remake des Films MON PÈRE, CE HÉROS (F 99) etc. Vgl. Ginette Vincendeau: »Hijacked/War of Attrition«, in: Sight and Sound 3/7 (993), S. 22-25; Mazdon: Encore Hollywood, S. 25f. Wie problematisch das Konzept einer monolithischen US-amerikanischen Filmindustrie in Zeiten einer globalisierten Medienkultur ohnehin ist, zeigt sich am Beispiel von THE BIRDCAGE (USA 996), Mike Nichols Remake der französischen Komödie LA CAGE AUX FOLLES (F/I 978): Produziert wurde THE BIRDCAGE von MGM/UA, zu diesem Zeitpunkt Eigentum der französischen (staatlich getragenen) Bank Crédit Lyonnais. Vgl. Mazdon: Encore Hollywood, S. 26.
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cinematic practice regardless of country of origin. […] While the politics of the remake do contribute immeasurably to an understanding of the practice, a political dimension alone hinders a systematic evaluation, for example, of the prominent historical and aesthetic role of the remake from the cinema’s beginnings to Classical Hollywood cinema […] to the 950s remakes of 930s Classic films, to the recent rash of remakes […].24
Remakebegriff Die überwiegend tendenziöse Kommentierung in der populären Presse hat dazu geführt, dass Remakes als typische Produkte der USamerikanischen Filmindustrie im Zeitalter großer Medienverbundunternehmen gelten. Doch Remakes werden seit Beginn des Films in allen Filmnationen produziert, sowohl von eigenen als auch von den Filmen anderer Länder (verwiesen sei an dieser Stelle v.a. auf die hohe Remakeproduktion Bollywoods und des Hongkong-Kinos).25 Auch innerhalb Hollywoods bilden Praktiken des Remaking im Laufe der Filmgeschichte keine Konstante, sondern unterliegen ausgeprägten Schwankungen, die häufig auf eine Reihe verschiedener Faktoren zurückzuführen sind. Im frühen Hollywoodfilm (bis etwa 906) sind Remakes auf Grund mangelnder Copyright-Gesetze besonders zahlreich und spielen eine wichtige Rolle in der Formierung und Etablierung der ersten Filmgenres.26 Auch in den 30er und 40er Jahren ist das Konzept eines »Originalfilms« noch deutlich weniger auratisch aufgeladen als heute. Filme, deren Rechte die Studios innehaben, werden zu dieser Zeit oft schon nach wenigen Jahren neu aufgelegt (20th Century Fox z.B. verfilmte Stephen Powys Theaterstück Three Blind Mice zwischen 938 und 946 drei Mal).27 In dieser 24 Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 28. 25 »[E]very national cinema […] remakes both its own films and those of other countries; every national cinema is both a business and a producer of art. The remake is integral to an understanding of the relation between the two positions« (Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 29). Vgl. auch Patricia Aufderheide: »Made in Hong Kong. Translation and Transmutation«, in: Andrew Horton/Stuart Y. McDougal (Hg.): Play It Again, Sam. Retakes on Remakes, Berkeley/Los Angeles/London: University of California Press 998, S. 9-99; Tejaswini Ganti: »›And Yet My Heart Is Still Indian‹. The Bombay Film Industry and the (H)Indianization of Hollywood«, in: Faye D. Ginsburg/Lila Abu-Lughod/Brian Larkin (Hg.): Media Worlds. Anthropology on New Terrain, Berkeley/Los Angeles/London: University of California Press 2002, S. 28-300. 26 Vgl. Jennifer Forrest: »The ›Personal‹ Touch. The Original, the Remake, and the Dupe in Early Cinema«, in: dies./Koos: Dead Ringers, S. 89-26, hier S. 9. 27 THREE BLIND MICE (USA 938)MOON OVER MIAMI (USA 94)THREE
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Zeitspanne kommt es auch zu jener Verdrängung der »Originale«, die Remakes generell vorgeworfen wird:28 So bemühte sich die Produktionsfirma des Remakes GASLIGHT (USA 944), sämtliche Kopien des britischen Vorgängers von 940 aufzukaufen; die erste Filmversion galt daraufhin lange Zeit als verschollen.29 War es dem Kinopublikum vor der Verbreitung der Fernseh- und Videotechnik nicht möglich, Premakes erneut zu sichten, sobald sie aus den Kinos verschwunden waren, ist eine solch hochfrequente Remakeproduktion heute nicht mehr praktikabel. Der medientechnische Umbruch in den 80er Jahren führte zu einer erheblichen Verlängerung filmischer »Verfallsdaten« und damit zu einer grundlegenden Veränderung des Remaking. Bei intrakulturellen Remakes, also Hollywoodremakes von Hollywoodfilmen, liegen zwischen den Filmversionen nun nicht selten bis zu 40 Jahre. Seit den 90er Jahren wird der Remakestatus eines Films häufig offen als Marketingstrategie eingesetzt: Medienverbundunternehmen – oft im Besitz großer Filmarchive – verbinden mit der Produktion eines Remakes zum Beispiel eine DVD-Edition des »Originals« oder nehmen dies in das Programm ihrer Kabelsender auf. Ebenso wenig, wie sich über Remakepraktiken während der letzten 00 Jahre verallgemeinernde Aussagen treffen lassen, ist Remake gleich Remake:30 Während sich manche Neuauflagen überaus genau an die Vorgaben ihrer Vorgänger halten (z.B. Gus Van Sants PSYCHO, USA 998, Remake des berühmten Hitchcock Thrillers von 960), sind bei anderen die Differenzen zum Premake deutlicher als die hnlichkeiten (z.B. HOW TO MARRY A MILLIONAIRE, USA 953THREE BLIND MICE, USA 938).3 Es gibt Remakes von »Stummfilmen«32 oder von ausländi-
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LITTLE GIRLS IN BLUE (USA 946). Ein weiteres, loses Remake erschien 953 mit HOW TO MARRY A MILLIONAIRE. Dieses Vorgehen ist nicht annähernd so verbreitet wie in der Filmkritik gemeinhin angenommen und beschränkt sich weitgehend auf die 30er und 40er Jahre. Vgl. Mazdon: Encore Hollywood, S. 4f. Vgl. Turner: Gaslight Twice Told. hnlich wurde verfahren bei THE LONG NIGHT (USA 947), Remake von LE JOUR SE LÈVE (F 939), und ALGIERS (USA 938), Remake von PÉPÉ LE MOKO (F 937). In seiner »Preliminary Taxonomy« zählt Robert Eberwein immerhin 5 verschiedene Remakearten, die wiederum mehr als 20 Untergruppen aufweisen (Robert Eberwein: »Remakes and Cultural Studies«, in: Horton/McDougal: Play It Again, Sam, S. 5-33, hier S. 28-30). Remake-Premake-Paare (sowie Sequels und Prequels) kennzeichne ich – in Abgrenzung zu anderen Filmlisten – durch einen geraden Strich, also z.B. HIS GIRL FRIDAY (USA 940THE FRONT PAGE, USA 93). Dabei wird das Remake in der Regel zuerst genannt, das Premake steht dahinter in der Klammer. Ausnahme: Bei Remakeketten sowie bei Sequels und Prequels ist die Liste chronologisch angeordnet.
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schen Filmen, die für das US-Publikum auf diese Weise »synchronisiert« werden. Die Filme anderer Länder neu zu verfilmen, ist, wie erwähnt, nicht nur in Hollywood ein beliebtes Vorgehen, auch etwa Hongkongs und Indiens Filmindustrie übersetzen Filme so in ihre eigenen kulturellen Kontexte.33 Einige Regisseure, darunter Alfred Hitchcock, Leo McCarey, Frank Capra und Howard Hawks, drehen Remakes ihrer eigenen Filme.34 Andere greifen mehr als einmal auf die Filme desselben Regisseurs zurück, wie Douglas Sirk, der drei Melodramen John M. Stahls neu verfilmte.35 Manche Filme werden nicht nur einmal, sondern viele Male wiederaufgelegt, zum Beispiel THE FRONT PAGE oder IT HAPPENED ONE NIGHT: Beide wurden bislang (mindestens) fünfmal verfilmt.36 Häufig ist es hier nicht der erste Film, der heute als Klassiker gilt. Neben diesen Remakeketten gibt es Zyklen von Remakes, am bekanntesten sind vermutlich die zahlreichen US-Verfilmungen französischer Komödien in den 80er Jahren.37 Scheint Hollywoods Rückgriff auf den französischen Kinomarkt primär auf finanzielle Interessen zurückzugehen, sind solchen Remakezyklen andere gegenüberzustellen, die offenkundig kulturelles unfinished business verhandeln, wie die Noir-Remakes, die seit Mitte der 70er Jahre in Stil und Thematik an die Films Noirs der Nachkriegszeit anknüpfen, etwa FAREWELL, MY LOVELY (USA 975MURDER, MY SWEET, USA 944), THE BIG SLEEP (USA 978USA 946), BODY HEAT (USA 98DOUBLE INDEMNITY, USA 944), THE POSTMAN AL-
32 DIE HERRIN VON ATLANTIS (D 932L’ATLANDIDE, F 92) oder MAKE ME A STAR (USA 932MERTON OF THE MOVIES, USA 924). 33 Etwa HEI MAO/BLACK CAT (HK 99), ein Remake von Luc Bessons NIKITA (F/I 990), oder DIL HAI KI MANTA NAHIN (IND 99), ein Remake des Screwball-Klassikers IT HAPPENED ONE NIGHT (USA 934). 34 Howard Hawks: A SONG IS BORN (USA 948BALL OF FIRE, USA 942), Alfred Hitchcock: THE MAN WHO KNEW TOO MUCH (USA 956UK 934), Leo McCarey: AN AFFAIR TO REMEMBER (USA 957LOVE AFFAIR, USA 939), Frank Capra: POCKETFUL OF MIRACLES (USA 96LADY FOR A DAY, USA 933), Roger Vadim: AND GOD CREATED WOMAN (USA 987ET DIEU CRÉA LA FEMME, F 957). 35 IMITATION OF LIFE (Sirk, USA 959Stahl, USA 934), MAGNIFICENT OBSESSION (Sirk, USA 954Stahl, USA 935) und INTERLUDE (Sirk, USA 957WHEN TOMORROW COMES, Stahl, USA 939). 36 THE FRONT PAGE (USA 93HIS GIRL FRIDAY, USA 940THE FRONT PAGE, USA 974SWITCHING CHANNELS, USA 988; außerdem diverse TV-Remakes), IT HAPPENED ONE NIGHT (USA 934EVE KNEW HER APPLES, USA 945THE RUNAROUND, USA 946YOU CAN’T RUN AWAY FROM IT, USA 956THE SURE THING, USA 985). 37 Zum Beispiel THREE MEN AND A BABY (USA 987TROIS HOMMES ET UN COUFFIN, F 985) und THREE FUGITIVES (USA 989LES FUGITIFS, F 986).
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(USA 98USA 946), AGAINST ALL ODDS (USA 984OUT OF THE PAST, USA 947), D.O.A. (USA 988USA 950), A KISS BEFORE DYING (USA 99USA 956), NIGHT AND THE CITY (USA 992USA 950).38 Es gibt Remakes, die das Genre wechseln; so sind in den 50er Jahren vor allem Musicalremakes von Screwball Comedies beliebt.39 Reger Austausch herrscht zudem zwischen Kino und Fernsehen:40 In Anlehnung an die Fernsehserien4 THE FLINTSTONES (USA 960-966), THE BRADY BUNCH (USA 969-974), MISSION: IMPOSSIBLE (USA 966-973; 988-990), CHARLIE’S ANGELS (USA 976-98) und THE X-FILES (USA 993-2002) wurden zum Beispiel Kinofilme produziert.42 In gegenläufiger Richtung wurden MY SISTER EILEEN (USA 942USA 955), PLEASE DON’T EAT THE DAISIES (USA 960), THE ODD COUPLE (USA 968), M*A*S*H (USA 970) und NIKITA (F/I 990, resp. dessen US-Remake POINT OF NO RETURN, auch bekannt als THE ASSASSIN, USA 993) zu Fernsehserien.43 38 Diese Remakes, darauf hat Elisabeth Bronfen hingewiesen, thematisieren wie schon ihre Vorgänger in komplexer Weise gesellschaftlich brisante Themen: die Emanzipation der Frau, die Entindividualisierung der Arbeitswelt und eine supponierte Krise der Männlichkeit (Elisabeth Bronfen: »›You’ve got a great big dollar sign where most women have a heart‹. Refigurationen der Femme fatale im Film Noir der 80er- und 90er-Jahre«, in: Claudia Liebrand/Ines Steiner [Hg.]: Hollywood hybrid. Genre und Gender im zeitgenössischen Mainstream-Film, Marburg: Schüren 2004, S. 9-35, hier S. 94f.). Constantine Verevis führt die Noir-Remakes hingegen auf ein zunehmendes filmwissenschaftliches Interesse am Film Noir und die Etablierung eines Noir-Kanons zurück (Constantine Verevis: »Through the Past Darkly. Noir Remakes of the 980s«, in: Alain Silver/James Ursini [Hg.]: Film Noir Reader 4, New York: Limelight 2004, S. 307-322; dies.: Film Remakes, S. 06). 39 Zum Beispiel YOU CAN’T RUN AWAY FROM IT (IT HAPPENED ONE NIGHT), LET’S DO IT AGAIN (USA 953THE AWFUL TRUTH, USA 937), MASQUERADE IN MEXICO (USA 945MIDNIGHT, USA 939), THREE FOR THE SHOW (USA 955TOO MANY HUSBANDS, USA 940), A SONG IS BORN (BALL OF FIRE). 40 Eine ausführliche Diskussion dieses intermedialen Transferverfahrens findet sich bei Verevis: Film Remakes, S. 38-57. 4 Fernsehserien sind durch Kursivierung markiert. 42 THE FLINTSTONES (USA 994), THE BRADY BUNCH MOVIE (USA 995), MISSION IMPOSSIBLE VERSUS THE MOB (USA 968) und MISSION: IMPOSSIBLE (USA 996MISSION: IMPOSSIBLE II, USA/D 2000, SequelMISSION: IMPOSSIBLE III, USA/D 2006, Sequel), CHARLIE’S ANGELS (USA/D 2000CHARLIE’S ANGELS: FULL THROTTLE, USA 2003, Sequel), THE X FILES (CND/USA 998). 43 MY SISTER EILEEN (USA 960-96), PLEASE DON’T EAT THE DAISIES (USA 965-976), THE ODD COUPLE (USA 970-975), M*A*S*H (USA 972983), NIKITA (USA 997-200).
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Am Beispiel dieser TV-Remakes zeichnet sich schon die Schwierigkeit ab, Praktiken des Remaking gegenüber anderen filmischen Verfahren abzugrenzen, die auf dem Prinzip der »Wiederholung mit Differenz« basieren, etwa gegenüber Genrefilmen, Literaturverfilmungen,44 Sequels und Prequels,45 Filmserien und -zyklen,46 Spin-offs,47 Kompilationsfil44 Zur Literaturverfilmung liegt differenzierte Forschung vor, z.B. Irmela Schneider: Der verwandelte Text. Wege zu einer Theorie der Literaturverfilmung, Tübingen: Niemeyer 98; Franz-Josef Albersmeier/Volker Roloff (Hg): Literaturverfilmungen, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 989; Lothar Mikos: »Medienwechsel – Themenwechsel. Zur Eigenständigkeit von Literaturverfilmungen«, in: medien praktisch 5/3 (99), S. 9-3; James John Griffith: Adaptations as Imitations. Films from Novels, Newark/London: Associated University Press 997; Steven Jay Schneider: »Thrice-Told Tales. The Haunting, from Novel to Film … to Film«, in: Journal of Popular Film and Television 30/3 (Herbst 2002), S. 67-76. 45 Sequels sind Fortsetzungsfilme, die die Handlung eines Films wieder aufnehmen; besonders beliebt sind Sequels im Horror- und Science-FictionGenre. Prequels funktionieren in die entgegengesetzte Richtung, sie nehmen den narrativen Faden vor dem zeitlichen Rahmen des »Originals« auf, erzählen die Vorgeschichte eines Films. Die STAR-WARS-Reihe weist sowohl Sequels als auch Prequels auf: EPISODE IV: A NEW HOPE (USA 977EPISODE V: THE EMPIRE STRIKES BACK, USA 980, SequelEPISODE VI: RETURN OF THE JEDI, USA 983, SequelEPISODE I: THE PHANTOM MENACE, USA 999, PrequelEPISODE II: ATTACK OF THE CLONES, USA 2002, Prequel/SequelEPISODE III: REVENGE OF THE SITH, USA 2005, Prequel/Sequel). 46 Serien, z.B. die JAMES-BOND-Filme, basieren wie Sequels auf dem Thema oder den Figuren eines früheren Films, weisen aber zumeist keine narrative Kontinuität jenseits dieser Faktoren auf. Von Serien (engl.: series) und Sequels zu unterscheiden sind Serials, heute noch im Fernsehbereich gängige Multi-Episodenformate (etwa die FOX-Produktion 24, USA seit 200, mit Kiefer Sutherland), die v.a. in den 0er bis 30er Jahren in wöchentlicher Fortsetzung das Vorprogramm der Hauptfilme bestritten, z.B. THE ACE OF SCOTLAND YARD (USA 929) und FLASH GORDON (USA 936). Im Gegensatz zu Sequels und Series bewegen sich solche Serials um eine Erzähleinheit und enden jeweils mit einem so genannten Cliffhanger. Die Grenzen zwischen Sequels, Serials und Serien sind – gerade im Fernsehbereich – häufig fließend, und diese Erläuterungen sind daher generalisierend. Filmzyklen sind Filme eines Genres, die in einem engen Zeitraum im Anschluss an einen erfolgreichen Vorgängerfilm vermehrt produziert werden, so z.B. die Welle von Teenpics um AMERICAN PIE (USA 999), der zudem zwei Sequels (AMERICAN PIE 2, USA 200AMERICAN WEDDING, USA 2003) nach sich zog: 0 THINGS I HATE ABOUT YOU (USA 999), SHE’S ALL THAT (USA 999), BOYS AND GIRLS (USA 2000), LOSER (USA 2000), ROAD TRIP (USA 2000). 47 Spin-offs bezeichnen, zum einen, Transformationen zwischen Medien, also etwa die oben angeführten TV-Serien, die auf Kinofilmen basieren; Kinofilme, die auf Computerspiele (z.B. LARA CROFT: TOMB RAIDER, GB/D/
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men,48 den Sprachversionen des frühen Tonfilms,49 Director’s Cuts, StarPersona-Vehikeln,50 filmischen Hommages und Parodien, Zitat-, Allusionsverfahren und dergleichen. Sind Brian DePalmas »Hitchcockesken« Filme als Remakes zu bezeichnen, oder sind die hnlichkeiten lediglich stilistischer Provenienz, die Übernahme der Story rudimentär, der Verehrung eines Idols geschuldet?5 Ist BODY HEAT ein Remake von DOUBLE
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USA/J 200LARA CROFT TOMB RAIDER: THE CRADLE OF LIFE, USA/D/ GB/J/NL 2003, Sequel) oder Comics zurückgehen (z.B. X-MEN, USA 2000; SPIDER-MAN, USA 2002; HULK, USA 2003); Soundtracks zu Kinofilmen etc. Innerhalb eines Mediums werden, zum anderen, jene Produktionen als Spin-offs bezeichnet, die z.B. an eine Filmfigur (häufig eine Nebenrolle) anknüpfen und sie zum Mittelpunkt eines neuen Films machen. Im Gespräch war im Anschluss an den James-Bond-Film DIE ANOTHER DAY (USA 2002) z.B. ein Agententhriller mit dem »Bond-Girl« Halle Berry in der Hauptrolle. Spin-offs sind jedoch vor allem im Fernsehbereich und hier wiederum in der Serienproduktion gängig, etwa FRASIER (USA 993-2004), eine US-amerikanische Sitcom, deren Hauptfigur und -darsteller, der Psychologe Dr. Frasier Crane (Kelsey Grammer), auf die gleichnamige Figur aus der erfolgreichen Serie CHEERS (USA 982-993) zurückgeht, oder JOEY (USA 2004-2006), eine Show, die auf der Figur des Joey Tribiani (Matt LeBlanc) aus der erfolgreichen Sitcom FRIENDS (USA 994-2004) basiert. Gemeint sind Filme, die aus unterschiedlichem Filmmaterial zusammengeschnitten sind, wie etwa DEAD MEN DON’T WEAR PLAID (USA 982). Um Filme international vermarkten zu können, wurden in den ersten Jahren des Tonfilms, bevor Synchronisation und Untertitelung sich in den meisten europäischen Ländern durchsetzten, verschiedene Sprachversionen eines Films hergestellt. Dabei wurde ein Film in denselben Kulissen, meistens mit demselben Regisseur, aber unterschiedlichen, national jeweils bekannteren Darstellern in den Hauptrollen ein weiteres Mal gedreht, z.B. Hitchcocks MURDER! (GB 930) und die ebenfalls von ihm inszenierte deutsche Sprachfassung MARY (D/GB 93), außerdem die deutsche und französische Sprachfassung von DIE DREI VON DER TANKSTELLE (D 930LE CHEMIN DU PARADIS, D 930) sowie die deutsche und die französische Filmfassung der DREIGROSCHENOPER (D 93). Auch Hollywoodschauspieler wie Stan Laurel und Oliver Hardy drehten ihre Filme – mit Hilfe phonetisch vorgeschriebener Dialoge – zusätzlich auf Deutsch. Die Synchronisation etablierte sich erst nach einer gewissen Übergangszeit – in Deutschland ab Mitte der 30er Jahre – in Konkurrenz zur Untertitelung, dem Vorführen von »Originalfassungen« und regulären Remakes. Als Star-Persona-Vehikel werden Filme bezeichnet, die um die etablierte Persona und die Talente eines oder mehrerer Stars herum inszeniert sind, z.B. die Filme Judy Garlands oder John Waynes. Zu den filmwissenschaftlichen Konzepten star persona/image und screen persona vgl. Richard Dyer: Stars, London: British Film Institute 979; Christine Gledhill (Hg.): Stardom. The Industry of Desire, London/New York: Routledge 99. Zum Beispiel DePalmas SISTERS (USA 973) im Vergleich zu Hitchcocks REAR WINDOW (USA 954) und PSYCHO (USA 960) oder DePalmas OB-
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INDEMNITY, oder ist es nicht vielmehr dem Subgenre52 des Neo-Noir zuzurechnen und weist daher thematische und formale hnlichkeiten mit Billy Wilders klassischem Film Noir von 944 auf? Lassen sich Verfilmungen von Comics oder von Computerspielen als Remakes konzipieren?53 Handelt es sich bei Sirks IMITATION OF LIFE (USA 959) um ein Remake von Stahls Film (USA 934) oder um eine erneute Verfilmung des Romans von Fannie Hurst? Sind Sequels nicht häufig wenig couvrierte Remakes?54 In welcher Beziehung stehen Remakepraktiken zu einem »weiten« Konzept filmischer Intertextualität? Während sich die Liste der Fragen verlängern ließe, sind Entscheidungen hier oft nicht zu fällen: RED DRAGON (USA 2002), zum Beispiel, ist sowohl ein Prequel von SILENCE OF THE LAMBS (USA 99) und dessen Sequel HANNIBAL (USA 200) als auch ein Remake von MANHUNTER (USA 986) – und zudem noch als Literaturverfilmung des Romans »Red Dragon« von Thomas Harris zu verbuchen.55 Angesichts dieser durchlässigen Grenzen habe ich meinen Filmlektüren einen engen Remakebegriff zu Grunde gelegt: Als Remakes bezeichne ich diejenigen Produktionen, die die Story eines früheren Kinofilms (im Weiteren als Premake bezeichnet) für das Kino wiederverfilmen. In diesem Sinne gilt auch ein Film, der auf eine literarische oder nichtkinematische Vorlage zurückzuführen ist, als Remake, wenn von dieser Vorlage bereits eine Kinofassung existiert. So betrachte ich zum Beispiel WILLIAM SHAKESPEARE’S ROMEO + JULIET (USA 996) von Baz Luhrmann als Remake von WEST SIDE STORY (USA 96). Ich gehe davon aus, dass sich in der Produktion und Rezeption solcher Filme die früheren Verfilmungen nicht ausblenden lassen, dass das Remake die Vorgaben des Premakes mitverhandelt.56 SESSION (USA 976) im Vergleich zu Hitchcocks VERTIGO (USA 958). 52 Zur filmwissenschaftlichen Debatte um den Genrestatus des Film Noir vgl. Gereon Blaseio: »Genre und Gender. Zur Interdependenz zweier Leitkonzepte der Filmwissenschaft«, in: Liebrand/Steiner: Hollywood hybrid, S. 29-44, hier S. 33. 53 Vgl. hierzu auch Luca Somigli: »The Superhero with a Thousand Faces. Visual Narratives on Film and Paper«, in: Horton/McDougal: Play It Again, Sam, S. 279-294. 54 Vgl. z.B. THE RAGE. CARRIE 2 (USA 999CARRIE, USA 976) oder DESPERADO (USA 995EL MARIACHI, MEX 992). 55 2007 kam ein weiteres Prequel, HANNIBAL RISING in die Kinos, das RED DRAGON nachträglich zudem zu einem Sequel macht. 56 Vgl. hierzu auch meinen Aufsatz »(Genre-)Spaziergänge mit Romeo. Gender und Genre im Hollywood-Remake (WEST SIDE STORY, WILLIAM SHAKESPEARE’S ROMEO + JULIET, ROMEO MUST DIE)«, in: Liebrand/Steiner: Hollywood hybrid, S. 36-70.
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Doing History: Rückkopplung, Nachträglichkeit, Preposterous Reading Die Kritik an Neuverfilmungen basiert fast ausschließlich auf traditionellen Auffassungen von Autorschaft, Authentizität, Originalität und Identität.57 Diese Konzepte sind dichotomisch organisiert, das heißt, sie werden durch die Abgrenzung gegenüber der Figur des »Anderen« konstituiert: Authentizität versus Plagiat, Original versus Kopie, Produktion versus Reproduktion, Kunst versus Kommerz, high culture versus low culture, Vergangenheit versus Zukunft – all diese und weitere Gegensatzpaare werden in den Diskursen zum Remake aufgerufen und gebildet.58 Solche binären Oppositionen erfahren in den Kritiken zu Remakes diskursiv eine »Naturalisierung«: Sie werden als dem Gegenstand inhärente, antithetische Gegensätze präsentiert.59 Verdeckt wird hierdurch die gegenseitige Abhängigkeit der Kategorien voneinander: die Tatsache, dass beide Seiten ihre Bedeutung erst durch die Etablierung eben dieses Kontrastes erhalten.60 Zum »Original« wird ein Film erst durch die Abgrenzung zum und durch die Devaluierung des »derivativen« Anderen, des Remakes. Nicht nur die Identität des Remakes wird also durch die Existenz des Vorgängerfilms abgestützt, vielmehr konstituieren sich beide gegenseitig: In Analogie zum Tonfilm, der den frühen Film erst zum »Stummfilm«6 werden ließ, macht erst sein Remake einen Film zum »Original«, verleiht ihm nachträglich einen Originalstatus. 57 Vgl. etwa Janet Maslins Bemerkung in Bezug auf Fortsetzungsfilme: »Not even the best sequel is a true substitute for the excitement of something genuinely new« (Janet Maslin: »Gimmicks Alone Can’t Make a Sequel Fly«, in: New York Times [26. Juni 983], B u. B7). 58 Vgl. hierzu auch Mazdon: Rewriting and Remakes. 59 Diese Dichotomien sind nicht gleichwertig, sondern immer hierarchisch organisiert, die eine Seite ist vorgängig und dominant, die andere nachgängig und derivativ: »the negative of the positive«, so Shoshana Felman (»Women and Madness. The Critical Phallacy«, in: Diacritics 5 [Winter 975], S. 2-0, hier S. 3). Vgl. auch Cornelia Klinger: »Beredtes Schweigen und verschwiegenes Sprechen. Genus im Diskurs der Philosophie«, in: Hadumod Bußmann/Renate Hof (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften, Stuttgart: Kröner 995, S. 34-59, hier S. 40f. 60 Dazu schreibt Laura Grindstaff: »[T]he other is always a part of the self, and the very experience of self depends on the existence of other« (Laura Grindstaff: »Pretty Woman with a Gun. La Femme Nikita and the Textual Politics of ›The Remake‹«, in: Forrest/Koos: Dead Ringers, S. 273-308, hier S. 284). 6 Offenkundig war der frühe Film – begleitet durch einen im Vorführraum anwesenden Erzähler, Pianisten oder durch ein Orchester – nicht wirklich stumm. Als »stumm« empfunden wurde dieser Film erst durch die Einfüh-
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Das Remake macht aber den früheren Film nicht nur zum »Original«, es zeigt zugleich auch, dass dieses »Original« einem rereading unterzogen werden kann. Remakes verweisen also auf die Instabilität von Narrativen, indem sie eine vermeintlich abgeschlossene Erzählung erneut aufnehmen. Diese Relektüre entzieht dem Vorgängerfilm den Anspruch auf Abgeschlossenheit, macht seine narrative Konstruktion sichtbar und stellt ihn erneut zur Diskussion. Remakes fungieren so als metanarrative Kommentare zur Konstruiertheit filmischer Texte: Konzepte von Originalität, von Autorschaft und Bedeutung werden im Prozess des rereading durch eine Pluralität von Bedeutungen und von Autorschaft ersetzt.62 Die Beziehung zwischen »Original« und Remake ist also durch das Paradox gekennzeichnet, dass ein Remake den Originalstatus des ersten Films gleichzeitig verleiht und unterläuft.63 Die zirkuläre Austauschbewegung zwischen Remake und »Original« lässt sich als Rückkopplung (feedback) beschreiben, als »Beeinflussung eines Geschehens durch die Rückwirkung der Folgen auf seinen weiteren Verlauf«.64 Versteht man das »Original« als »Geschehen«, so ist das Remake die »Folge[]«, deren »Rückwirkung« den »weiteren Verlauf« des »Originals« beeinflusst. Der Begriff der Rückkopplung ist eng mit Sigmund Freuds Begriff der konstitutiven Nachträglichkeit verwandt: der Konstruktion und Definition eines zeitlich früheren Ereignisses durch ein zeitlich späteres. Freud entwickelte dieses Modell im Rahmen seiner Hysterie- und Traumaforschung, vor allem in der Analyse des »Wolfsmanns« und bereits 895 im »Entwurf einer Psychologie«.65 In beiden rung des Tons. 62 Vgl. Michael A. Arnzen: »The Same and the New. Cape Fear and the Hollywood Remake as Metanarrative Discourse«, in: Narrative 4/2 (Mai 996), S. 75-94, hier S. 78 u. 87-89. 63 Vgl. hierzu auch ebd., S. 90f.; Mazdon: Rewriting and Remakes, S. 54 u. 60f. 64 »Rückkopplung«, Der Brockhaus in einem Band, Mannheim: Brockhaus 3 990. Eine Rückkopplung bei elektronischen Verstärkerschaltungen bezeichnet »die Rückführung eines Teiles der Ausgangsenergie einer Schaltung, eines Regelkreises oder dgl. an den Anfangspunkt zur Verstärkung von Schwingungen, Unterdrückung von Schwingungen, Einregelung einer Größe u.a.« (ebd.). Ein Remake verursacht eine »Verstärkung der Schwingungen«, weil auf seiner Folie verschiedene narrative, stilistische, technologische Eigenheiten des »Originals« deutlicher sichtbar werden; es stellt das Kontrastmittel dar, das das Premake an Sichtbarkeit gewinnen lässt. Die »Unterdrückung von Schwingungen«, die »Einregelung einer Größe« durch ein Remake erfolgt dann, wenn der neue Film z.B. GenderTransgressionen des »Originals« zu regulieren, zu glätten sucht. 65 Vgl. Sigmund Freud: »Aus der Geschichte einer infantilen Neurose [Der ›Wolfsmann‹]« [98 (94)], in: ders.: Studienausgabe, Bd. VIII: Zwei
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Fällen zeigt Freud, wie ein Erlebnis erst Jahre später, ausgelöst durch ein zweites, möglicherweise unbedeutendes Ereignis, retroaktiv seine (hier: traumatische) Wirkung entfaltet: Es liegt hier der Fall vor, daß eine Erinnerung einen Affekt erweckt, den sie als Erlebnis nicht erweckt hatte, weil unterdes die Veränderung der Pubertät ein anderes Verständnis des Erinnerten ermöglicht hat. Dieser Fall ist nun typisch für die Verdrängung bei der Hysterie. Überall findet sich, daß eine Erinnerung verdrängt wird, die nur nachträglich zum Trauma geworden ist.66
Das Konzept der konstitutiven Nachträglichkeit macht das Remake zum buchstäblichen Hysteron-Proteron: Das Remake als das zeitlich Spätere ist zugleich das Frühere, weil es den ersten Film als »Original« erst nach dem Remaking gibt: »Verspätung wird hier konstitutiv und verliert den Charakter eines akzidentiellen Zusatzes; vielmehr schreibt sie sich in die Funktionsweise von Sinnerzeugung von vornherein ein«, so Urs Stäheli.67 Die Konzepte der Rückkopplung und der konstitutiven Nachträglichkeit sind für die Remakelektüre so fruchtbar, weil sie die lineare Relation von qualitativ hochwertigem Original zu qualitativ minderwertigem Remake (von der die Remakekritiken gemeinhin ausgehen) durch ein zirkuläres oder dialogisches Modell ersetzen.68 Im Prozess des Remaking kommt auch das »Original« zu Wort: Instead of classifying and closing meaning as if to solve an enigma, [the] study of […] Nachträglichkeit attempts to trace the process of meaning-production over time (in both directions: present/past, past/present) as an open, dynamic process, rather than to map the results of that process. Instead of establishing a Kinderneurosen, S. 26-232, hier v.a. S. 62-65; ders.: »Entwurf einer Psychologie« [950 (895)], in: ders.: Gesammelte Werke, hg. v. Angela Richards, Nachtragsband, Frankfurt a.M.: Fischer 999, S. 375-486. 66 Freud: Entwurf einer Psychologie, S. 447f. 67 Urs Stäheli: »Die Nachträglichkeit der Semantik. Zum Verhältnis von Sozialstruktur und Semantik«, in: Soziale Systeme. Zeitschrift für soziologische Theorie 2/4 (998), S. 35-339, hier S. 330. 68 »Eine der Bedeutungen für das Konzept der Zeitlichkeit, das in Freuds Nachträglichkeit impliziert ist, liegt darin, daß Zeit sich nicht (mehr) als Verhältnis zweier Gegenwarten, einer vergangenen und einer gegenwärtigen, denken läßt – in anscheinend genauer Entsprechung zur Zeit der différance bei Derrida« (Birgit R. Erdle: »Traumatisierte Schrift. Nachträglichkeit bei Freud und Derrida«, in: Gerhard Neumann [Hg.]: Poststrukturalismus. Herausforderung an die Literaturwissenschaft, Stuttgart: Metzler 997, S. 78-93, hier S. 82).
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one-to-one relationship between sign or motif and meaning, [it] emphasize[s] the active participation of visual images in cultural dialogue, the dicussion of ideas.69
Im Rahmen ihrer Rembrandt- und Caravaggio-Lektüren hat Mieke Bal – in Anlehnung an Freuds Nachträglichkeitsmodell – den Begriff der preposterous history geprägt: Sie spricht von einer »etwas unbequemen Logik, die das Verhältnis zwischen dem visuellen Text und seinem Prä-Text umkehrt«.70 Anhand dieses Begriffs lassen sich auch die Wechselwirkungen zwischen den Filmversionen, zwischen Vorzeitigkeit und Nachzeitigkeit, präzise konturieren. In Bezug auf die Arbeiten des New Yorker Künstlers Ken Aptekar, der Gemälde des Barock in seinen Bildern verarbeitet und zitiert, beschreibt Bal jenes Antwort- und Weiterverarbeitungsschema, das auch zwischen Remake und Premake zu beobachten ist: We cannot read his work without a sense of the history into which the artist is inscribing himself. At the same time, the baroque works gain a new dimension through the juxtaposition, as much as through the overwriting and reworking in each of Aptekar’s works. […] Such re-visions of baroque art neither collapse past and present, as ill-conceived presentism, nor objectify the past and bring it within our grasp, as in a problematic positivist historicism. They do, however, demonstrate a possible way of dealing with »the past today.« This reversal, which puts what came chronologically first (»pre-«) as an aftereffect behind (»post-«) its later recycling, is what I would like to call a preposterous history. In other words, it is a way of »doing history« that carries productive uncertainties and illuminating highlights […].7
Bal nimmt hier also die Etymologie von preposterous (dt. absurd, grotesk), also die Verbindung von lateinisch prae (vorher) und posterus 69 Mieke Bal: Quoting Caravaggio. Contemporary Art, Preposterous History, Chicago/London: University of Chicago Press 999, S. 9. 70 Dies.: »›Der Rembrandt der Frauen‹«, in: Matthias Bickenbach/Axel Fliethmann (Hg.): Korrespondenzen. Visuelle Kulturen. Zwischen Früher Neuzeit und Gegenwart, Köln: DuMont 2002, S. 27-54, hier S. 37. 7 Bal: Quoting Caravaggio, S. 6f.; vgl. zum Begriff der preposterous history auch Patricia Parker: »Preposterous Events«, in: Shakespeare Quarterly 43/2 (992), S. 86-23. Bal erläutert die preposterous history als »Befragung der Gegenwart und der Bedeutung der Vergangenheit in ihr und für sie«, als einen »Blick, in dem eine Bekräftigung der Gegenwart uns hilft, die Vergangenheit zu verstehen, und zwar weder nur in ihrer Begrifflichkeit noch lediglich in der unsrigen, sondern als eine Interaktion zwischen beiden« (Bal: Der Rembrandt der Frauen, S. 28 u. 33).
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(nachher, folgend), ernst. Sie benennt so eine kulturwissenschaftliche Vorgehensweise, die sowohl die Nachwirkungen des früheren Textes auf seine späteren Bearbeitungen (z.B. ein Remake) in die Betrachtung einbezieht als auch die entgegengesetzte Richtung verfolgt: die Re-Lektüre, das rewriting, das dieser frühere Text durch spätere Texte erfährt (die Veränderung also, die ein »Original« durch sein Remake erfährt). Diese Lektürehaltung werde ich im Folgenden als preposterous reading bezeichnen. Bal spannt in ihrer Betrachtung einen weitaus größeren zeitlichen Bogen als die vorliegende Untersuchung: Ihr geht es um die Unmöglichkeit, Kunst des 6./7. Jahrhunderts aus der Perspektive des 2. Jahrhunderts zu betrachten, ohne solch eine preposterous position einzunehmen – das gelte auch für die »solideste[] und sich ihrer selbst bewussteste[] historische[] Darstellung«, so Bal.72 Zudem sind die »visuellen Texte«, mit denen sie sich befasst, die Gemälde Rembrandts und Caravaggios, dezidiert der kanonisierten Hochkultur zuzurechnen. Doch die ihrem Konzept eigene Sichtbarmachung verschiedener Leseperspektiven und Betrachterstandpunkte sowie die Vorstellung von Bewegungen des Austauschs zwischen den verschiedenen Texten in beide Richtungen lassen sich auch auf einen zeitlich sehr viel enger gesteckten Rahmen übertragen und für Texte der visuellen Populärkultur adaptieren.73
Hypertextualität: RemakeŇPremake Nicht nur das Remake wird also in Bezug zu einem Vorgängerfilm produziert und (meistens auch) rezipiert, auch ein »Originalfilm« wird durch die Produktion eines Remakes, durch dessen »Arbeit« am Original,74 einer erneuten Lesart unterzogen. Als Alternative zum auratisch aufgeladenen Originalbegriff schlage ich deshalb die Unterscheidung zwischen Remake und Premake vor. Die Bezeichnung »Premake«, anstelle von »Original«, reflektiert erstens den Konstruktstatus, die mediale Verfasstheit und Veränderlichkeit des ersten Films (Premake): Statt dem Remake einen »Ursprung« oder eine »Ur-Form« gegenüberzustellen, rückt der Begriff den filmischen Produktionsprozess in den Vordergrund. Der erste Film unterscheidet sich vom zweiten in dieser Hinsicht also nur, insofern er ihm zeitlich vorausgeht (Premake). Dabei ist – anders als durch den 72 Ebd., S. 34. 73 Bal zufolge ist auch ein »Rembrandt« kein autonomes unveränderliches Kunstwerk, »sondern Kunst, die stets am Werke ist«, unüberschaubar eingebunden in das »Netz kultureller Signifikation, welche auch die Nachwirkung, die Arbeit des Werkes einschließen würde« (ebd., S. 45 u. 43). 74 Vgl. die vorherige Anm.
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Originalbegriff impliziert – gerade nicht ausgeschlossen, dass auch dieser Film bereits auf einem (oder mehreren) Premake(s) basiert. Damit ist die Hierarchie, die das Original-Kopie-Modell impliziert, aufgehoben.75 Zweitens trägt der Begriff Premake, dem das Remake buchstäblich eingeschrieben ist, den Nachträglichkeitseffekten zwischen den beiden Filmversionen Rechnung. Durch das Modell der konstitutiven Nachträglichkeit, demzufolge das Remake als das zeitlich Spätere gleichzeitig das Frühere ist, weil es dem »Original« vorrausgeht, wird die lineare Zeitdimension als zirkulär und dialogisch rekonzeptualisiert. Der Terminus verweist, drittens, auf das Konzept des »Prätextes«, mit dem das Remake in spezifische Wechselbeziehungen eintritt. Den Begriff des Prätextes verstehe ich nicht allein als Text, der dem späteren Text als Vorlage dient, sondern – wieder im Anschluss an Mieke Bal – auch in seiner englischen Bedeutung als pretext, als »Vorwand«, die im früheren Text verhandelten Topoi und Thematiken einer Relektüre zu unterziehen.76 Die Relation RemakePremake beinhaltet also nicht nur den Verweis auf die Instabilität des »Originals«, sondern auch auf die Interdependenz, die Verschaltung der beiden Filmversionen. Das Originalitätskonzept wird somit durch das der Intertextualität abgelöst: Fassen lässt sich das Verhältnis von Premake und Remake allerdings weniger mit einem weiten Intertextualitätsbegriff, wie ihn Julia Kristeva im Anschluss an Bachtin entwickelt hat oder wie ihn Roland Barthes’ Text als »Gewebe von Zitaten« nahelegt.77 Ein Remake bezieht sich – so meine 75 Vgl. hierzu Renate Lachmann: Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 990, S. 30. Auch Laura Grindstaff schlägt ein enthierarchisierendes Originalverständnis vor: »[T]he source film can be seen as an individual expression of a myth to be retold, rather than as coterminous with the myth itself« (Grindstaff: Pretty Woman with a Gun, S. 302). 76 Vgl. Bal: Der Rembrandt der Frauen, S. 54. Bal bezieht sich hier vermutlich auf Lacan, der den Begriff »pré-texte«, als »Anlass« oder »Vorwand«, mit Nachträglichkeitskonzepten verbindet: »Das Zeichen des Zeichens, das besagt die Antwort, die der Frage zum Vorwand (pré-texte) dient, ist darin zu sehen, daß ein beliebiges Zeichen ebensogut die Funktion eines jeden anderen übernehmen kann […]« (Jacques Lacan: »Vorwort zur deutschen Ausgabe meiner ausgewählten Schriften – [notwendig bezogen und gestützt auf den Übersetzer]«, in: ders.: Schriften II, hg. v. Norbert Haas, Weinheim/Berlin: Quadriga 399, S. 7-4, hier S. 7). 77 Vgl. z.B. Roland Barthes: »Der Tod des Autors« [frz. 968], in: Uwe Wirth (Hg.): Performanz. Zwischen Sprachphilosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 2002, S. 04-0, hier S. 08; Julia Kristeva: »Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman« [frz. 967], in: Jens Ihwe (Hg.): Literaturwissenschaft und Linguistik, Bd. 3, Frankfurt a.M.: Athenäum 972, S. 345-375.
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Arbeitsdefinition – auf (mindestens) einen präzise zu identifizierenden filmischen Premaketext: »Generally speaking, in the case of remakes these intertextual structures are stabilized, or limited, through the naming and (usually) sanctioned (i.e., copyrighted) use of a particular literary or cinematic source which serves as a retrospectively designated point of origin and semantic fixity.«78 Anschließen lässt sich im Falle des Remakes – in diese Richtung wies schon der oben erwähnte Begriff des »Prätextes« – deshalb an einen eng gefassten Inter- oder Transtextualitätsbegriff, vor allem an das Genette’sche Modell der Hypertextualität. In »Palimpseste«, seiner breit angelegten Studie zur Transtextualität, erläutert Gérard Genette: [Unter Hypertextualität] verstehe ich jede Beziehung zwischen einem Text B (den ich als Hypertext bezeichnen werde) und einem Text A (den ich, wie zu erwarten, als Hypotext bezeichne), wobei Text B Text A auf eine Weise überlagert, die nicht die des Kommentars ist. […] Wir gehen vom allgemeinen Begriff eines Textes zweiten Grades […], d.h. eines Textes aus, der von einem anderen früheren Text abgeleitet ist. Diese Ableitung kann deskriptiver und intellektueller Art sein, wenn ein Metatext (etwa diese oder jene Seite der Poetik des Aristoteles) von einem anderen Text (Oedipus Rex) »spricht«. Sie kann aber auch ganz anders geartet sein, wenn B zwar nicht von A spricht, aber in dieser Form ohne A gar nicht existieren könnte, aus dem er mit Hilfe einer Operation entstanden ist, die ich […] als Transformation bezeichnen möchte, und auf den er sich auf eine mehr oder weniger offensichtliche Weise bezieht, ohne ihn unbedingt zu erwähnen oder zu zitieren.79 Jacqueline Nacache zum Beispiel vertritt einen solchen intertextuellen Remakebegriff. Die Beziehung zwischen Remake und Original bestehe weder aus ihren hnlichkeiten noch aus ihren Unterschieden, sondern aus einer intensiven Zirkulation von Bildern, Ideen, Worten in einem System des Austauschs (vgl. Jacqueline Nacache: »Comment penser les remakes américains?«, in: Alain Masson [Hg.]: Le remake 2ème partie [Dossier], Positif 460 [Juni 999], S. 76-80, hier S. 80). Vgl. auch David Wills: »The French Remark. Breathless and Cinematic Citationality«, in: Horton/ McDougal: Play It Again, Sam, S. 47-6, v.a. S. 48. 78 Constantine Verevis: »Re-Viewing Remakes«, in: Film Criticism 2/3 (997), S. -9, hier S. 0; vgl. auch dies.: Film Remakes, S. 8-2. hnlich ist das auch bei Andrew Horton und Stuart McDougal nachzulesen: »In terms of intertextuality, then, remakes – films that to one degree or another announce to us that they embrace one or more previous movies – are clearly something of a special case, or at least a more intense one« (Andrew Horton/Stuart Y. McDougal: »Introduction«, in: dies.: Play It Again, Sam, S. -, hier S. 3). 79 Gérard Genette: Palimpseste. Die Literatur auf zweiter Stufe [frz. 982], Frankfurt a.M.: Suhrkamp 993, S. 4f.
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Natürlich sind Filme ohnehin immer auf andere Filme/Texte bezogen. Jean-Luc Godards À BOUT DE SOUFFLE (F 959), beispielsweise, rekurriert unter anderem auf den Film Noir und auf die star/screen persona Humphrey Bogarts. Auch sein Remake BREATHLESS (USA 983) setzt sich aus einem Netz von Texten zusammen, unter denen der Hypotext À BOUT DE SOUFFLE, mit dem das Remake in intensive und komplexe Wechsel- und Austauschbeziehungen tritt, jedoch einen Sonderstatus einnimmt.
Doing Culture: Text/Kontext, kulturelle Negotiationen Während ich in Bezug auf das Remake-Premake-Verhältnis also einen engen, »Genette’schen« Intertextualitätsbegriff zu Grunde lege, verschalte ich diesen in den Filmlektüren mit einem weiter gefassten: mit Stephen Greenblatts Konzept der Zirkulation sozialer Energien. Greenblatt, der wohl prominenteste Vertreter des amerikanischen New Historicism, beschreibt mit diesem Konzept in Anschluss an Foucaults Begriff der Diskursgeschichte die kulturellen Interaktionen zwischen Texten und Kontexten respektive zwischen Literatur und außerliterarischen Diskursen und Praktiken. Das Spannungsfeld zwischen den verschiedenen kulturellen Bereichen erfasst Greenblatt, dessen Ansatz über eine bloße historische Kontextualisierung literarischer Texte hinausgeht, mit den Begriffen der Verhandlung (»negotiation«) und des Tauschs (»exchange«).80 Untersucht Greenblatt in seinen Studien vor allem das Interdependenzgeflecht zwischen hochkanonisierten Texten der Renaissance, überwiegend denen Shakespeares, und zeitgenössischen, zum Beispiel religiösen oder medizinischen Diskursen, so erweist sich der neohistoristische Ansatz für Phänomene der Populärkultur ebenfalls als fruchtbar. Auch zwischen Hollywoodfilmen und außerfilmischen Diskursen spannt sich ein komplexes Netz aus Negotiationen, aus zirkulären Wechselbeziehungen und Prozessen des Austauschs. In Filmen verbinden sich, wie auf der elisabethanischen Theaterbühne, historisch spezifische kulturelle Praktiken, performance traditions und Star-Systeme, Genrekonventionen und 80 Greenblatt bezeichnet seine Methode auch als »poetics of culture«: »I have termed this general enterprise – study of the collective making of distinct cultural practices and inquiry into the relations among these practices – a poetics of culture. For me the inquiry is bound up with a specific interest in Renaissance modes of aesthetic empowerment: I want to know how cultural objects, expressions, and practises – here, principally, plays by Shakespeare and the stage on which they first appeared – acquired compelling force« (Stephen Greenblatt: Shakespearean Negotiations. The Circulation of Social Energy in Renaissance England, Oxford: Clarendon 988, S. 5, vgl. auch S. 6f.).
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zeitgenössische Technologien, Zensurvorgaben, Produktionsbedingungen, gesellschaftliche und akademische Debatten, soziale Ideologien, kursierende Ideen und Wissensbestände – darunter und darin eingeschrieben auch zeitgenössische Gender-Diskurse und Gender-Konzepte. Als Teil des zeitgenössischen Diskursensembles schreiben Filme diese gesellschaftlichen Gender-Diskurse weiter, konstituieren, bedingen und regulieren sie. So verhandeln etwa die Screwball Comedies der 30er Jahre nicht nur zeitgenössische Debatten um Liebe und Ehe, sondern diese Debatten speisen sich wiederum aus kulturellen Artefakten: Die Filme wirken selbst wieder in die Gender-Diskurse zurück, und zwar sowohl in synchroner als auch in diachroner Hinsicht. Zwei Dekaden später knüpfen nämlich die Remakes dieser Komödien in Zeiten instabiler und krisenhafter Geschlechterbeziehungen an diese filmischen und außerfilmischen Diskurse an und führen sie fort. Auszugehen ist dabei nicht von einer ganzheitlichen Übernahmebewegung; die Aneignung kultureller Diskursformationen ist vielmehr »partial, fragmentary, conflictual; elements [are] crossed, torn apart, recombined, set against each other; particular social practises [are] magnified by the [screen], others diminished, exalted, evacuated«.8 Meine Filmlektüren zielen darauf ab, Teile dieses Diskursensembles durch den Rückgriff auf zeitgenössische Pressetexte, Ratgeberliteratur, Anekdoten, Produktionsnotizen, Rezensionen et cetera zu rekonstruieren und die Wechselbeziehungen zwischen filmischen und außerfilmischen Gender-Diskursen auszuleuchten. Dabei geht es nicht um den Nachweis, dass ein Regisseur, ein Schauspieler oder eine Drehbuchschreiberin sich in der zeitgenössischen Eheratgeberliteratur der 20er und 30er Jahre auskannte, oder darum, zum Beispiel die direkte Einflussnahme des Kinsey-Reports auf die Romantic Comedies der 50er Jahre zu belegen. So betont auch Greenblatt in Bezug auf Shakespeares Texte und in ihnen verhandelte (medizinische) Diskurse: [T]he state of Shakespeare’s knowledge of medical science is not the important issue here. The relation I wish to establish between medical and theatrical practice is not one of cause and effect or source and literary realization. We are dealing rather with a shared code, a set of interlocking tropes and similitudes that function not only as the objects but as the condition of representation.82
Ich betrachte Filme also nicht als Spiegel ihrer Umwelt,83 gehe nicht von einer unveränderlich gegebenen historischen Realität aus, die die filmi8 Ebd., S. 9. 82 Ebd., S. 86. 83 Darauf weist auch Frank Krutnik hin: »Films never spring magically from
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schen Texte »formt«, sondern von einer gegenseitigen dynamischen Beeinflussung zwischen Text und Kontext,84 von einem synchron und – das ist für die Premake-Remake-Lektüre von Wichtigkeit – diachron verlaufenden System der Zirkulation:85 In meinen Filmanalysen verfolge ich sowohl die Austauschbeziehungen zwischen filmischen und zeitgenössischen außerfilmischen Diskursen als auch jene zwischen Premake und Remake. Wenn Filme, wie alle Texte,86 als Bestandteile multidimensionaler diskursiver Felder verstanden werden, zieht dies eine Problematisierung der Autorfigur (des Filmregisseurs) als bedeutungskontrollierende Instanz sowie der Intentionskategorie nach sich. Dass die »Absichten« eines Autors letztlich eine Black Box darstellen, über deren Inhalt nur Vermutungen angestellt werden können, ist in der literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschung der letzten Jahrzehnte ausführlich diskutiert worden.87 Natürlich, so schreibt Claudia Liebrand, könnten derlei
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their cultural context, but they represent instead much more complex activities of negotiation, addressing cultural transformations in a highly compromised and displaced manner. In the case of romantic comedy, it is particularly important to stress how specific films or cycles mediate a body of conventionalized ›generic rules,‹ some of which have a lineage dating back at least to Plautus and Meander, and a shifting environment of sexualcultural codifications« (Frank Krutnik: »The Faint Aroma of Performing Seals. The ›Nervous‹ Romance and the Comedy of the Sexes«, in: The Velvet Light Trap 26 [Herbst 990], S. 57-72, hier S. 57f.). hnlich argumentiert Geoff King: »Films do not just reflect or express the zeitgeist, the spirit of the times. They may do so, to varying extents, but not directly. Hollywood films, especially, remain the products not just of their culture and society but of a specific industrial regime« (Geoff King: New Hollywood Cinema. An Introduction, New York: Columbia University Press 2002, S. 24, vgl. auch S. 7f.). Zum Problem, dass es sich auch beim Kontext um einen Text handelt, der gelesen und »interpretiert« wird, vgl. Mieke Bal: Reading »Rembrandt«. Beyond the Word-Image-Opposition, Cambridge: Cambridge University Press 99, S. 6. Statt von einer historischen Realität auszugehen, folge ich mit den Prämissen des New Historicism einem textualisierten Wirklichkeitsbegriff, nehme die »historicity of texts« und die »textuality of history« ernst (Louis A. Montrose: »Professing the Renaissance. The Poetics and Politics of Culture«, in: H. Aram Veeser [Hg.]: The New Historicism, New York/London: Routledge 989, S. 5-36, hier S. 23). Kultur wird so zu einem Archiv gespeicherter Texte, und die Einbettung der Filme in ihren kulturellen und sozialen Kontext erlaubt die wechselseitige Kommentierung und Dechiffrierung beider Texte. Zum Textbegriff vgl. Anm. 4 in diesem Kapitel. In seinem grundlegenden poststrukturalistischen Text »La mort de l’auteur« argumentiert Roland Barthes bereits 968 gegen das Konzept
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Mutmaßungen angestellt und ußerungen des Autors über sein Werk herangezogen werden: Möglicherweise war dem Autor beim Schreiben seine »Intention« aber nicht recht bewusst, möglicherweise sind seine ußerungen »ex post« durch das »kontaminiert«, was die Psychologie »Rückschaufehler« nennt, möglicherweise sind die Autor-Selbstausdeutungen nicht weniger interpretationsoffen als das Œuvre, auf das sie bezogen sind. Sicher jedenfalls lässt sich eine komplexe kulturelle Objektivation nicht auf das zurückrechnen, was der Autor uns gegebenenfalls »damit sagen wollte« (wenn er es denn wollte). Das heißt nun nicht, dass die »Intentionskategorie« ganz aus den Literatur- oder auch Filmwissenschaften verschwunden ist: Im Blick sollte aber sein, dass die »Intention« dem Text […] nicht vorrausgeht, sondern sich als sein performativer Effekt beschreiben lässt.88
eines individuellen, »allmächtigen« Autors, der in seinen Texten singuläre Botschaften an seine Leser richtet. Nach Barthes ist diese Autorperson ein Produkt der sich seit dem Mittelalter bildenden modernen, individualistischen und kapitalistischen Gesellschaft. »Der AUTOR ernährt vermeintlich sein Buch, das heißt, er existiert vorher, denkt, leidet, lebt für sein Buch. Er geht seinem Werk zeitlich voraus wie ein Vater seinem Kind. Der moderne Schreiber [›scripteur‹] wird hingegen im selben Moment wie sein Text geboren. Er hat überhaupt keine Existenz, die seinem Schreiben voranginge oder es überstiege, er ist in keiner Hinsicht das Subjekt, dessen Prädikat sein Buch wäre. Es gibt nur die Zeit der ußerung, und jeder Text ist immer hier und jetzt geschrieben. Und zwar deshalb, weil (oder: daraus folgt daß) Schreiben nicht mehr länger eine Tätigkeit des Registrierens, des Konstatierens, des Repräsentierens, des ›Malens‹ (wie die Klassiker sagten) bezeichnen kann, sondern vielmehr das, was die Linguisten in Anschluß an die Oxford-Philosophie ein Performativ nennen, eine seltene Verbalform, die auf die erste Person und das Präsens beschränkt ist und in der die ußerung keinen anderen Inhalt […] hat als eben den Akt, durch den sie sich hervorbringt – etwa das Ich erkläre von Königen oder das Ich singe von sehr alten Dichtern« (Barthes: Der Tod des Autors, S. 07). Barthes konzipiert Texte als multidimensionale Zitatgewebe, deren unendlich viele Bedeutungen erst im Akt des Lesens generiert werden (ebd., S. 08). Michel Foucault entwickelt zur selben Zeit ein ideologiekritisches Konzept des Autors als einer in historischer Veränderung begriffenen, sozial determinierten Diskursfunktion resp. als mehrere Diskursfunktionen (Michel Foucault: »Was ist ein Autor?« [frz. 969], in: ders.: Schriften zur Literatur, Frankfurt a.M.: Fischer 988, S. 7-3). 88 Liebrand: Gender-Topographien, S. 20; vgl. auch Bal: Der Rembrandt der Frauen, S. 34. Für eine Wiedereinführung und produktive Rekonzeptionalisierung des Autorbegriffs plädieren hingegen die Beiträger in Fotis Jannidis u.a. (Hg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs, Tübingen: Niemeyer 999.
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Ein Film ist nun gar nicht erst auf einen singulären Autor zurückzuführen, ist er doch ein Produkt vieler für viele: An seiner Herstellung sind in den verschiedensten Bereichen (Regie, Produktion, Schauspiel, Kamera, Schnitt, Set-, Art- und Production Design, Kostüm, Maske, Special Effects, Musik, Choreographie etc.) zahlreiche Personen beteiligt.89 Der Filmtext ist in seiner etymologischen Herkunft – lat. texere bzw. textus: weben, flechten, Gewebe, Geflecht, Zusammenhang – hier also durchaus wörtlich zu nehmen. Die Kategorie der (Autor-)Intention wird deshalb in die Analysen nur insofern einbezogen, als Selbstkommentare von Regisseuren einen von vielen Paratexten (mit Genette: Epitexten) eines Films bilden. Wenn im Folgenden also von Howard Hawks’ HIS GIRL FRIDAY die Rede ist, ist Hawks’ Name als Sigle für diesen Produktionszusammenhang gesetzt.90
Doing Gender: Performativität, Film, Remake Stehen im Fokus der Filmlektüren zeitgenössische Gender-Debatten, die ich in ihren Wechselwirkungen zwischen Filmen und außerfilmischen Diskursen sowie zwischen Remake und Premake untersuchen werde, so betrachte ich Männlichkeit und Weiblichkeit als historisch variable Kategorien, die in diesen Diskursen nicht nur verhandelt, sondern auch erzeugt werden, zum Beispiel durch die Gender-Performances der Schauspieler. Geschlecht verstehe ich also – im Anschluss an und in kritischer Auseinandersetzung mit Judith Butler und der Butler-Rezeption – nicht biologisch, sondern performativ, als kulturelle Konstruktion. Butler hat in ihren Büchern »Gender Trouble« (990) und »Bodies That Matter« (993)9 den performative turn der Kulturwissenschaften für die Gender und Queer Studies weiterentwickelt und fruchtbar gemacht: Geschlechtsidentität werde produziert durch sich ständig wiederholende, nie abgeschlossene performative Akte, die das herstellten, was sie zu benennen vorgäben. Auch Körper seien immer nur über kulturelle Symbolisierungen zugänglich: »That the gendered body is performative suggests that is 89 Auch Marketing und Distribution wirken auf das Produkt Film ein. Claude Berris JEAN DE FLORETTE (F 986) etwa wurde in Frankreich in der Tradition des populären Kinos perzipiert und war ein großer kommerzieller Erfolg. In den USA und in Großbritannien wurde der Film hingegen in einer untertitelten Fassung in kleinen Arthouse-Kinos gezeigt und damit als Kunstfilm rezipiert. Vgl. Mazdon: Rewriting and Remakes, S. 53. 90 Vgl. hierzu Bal: Reading »Rembrandt«, S. 8. 9 Judith Butler: Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity, New York/London: Routledge 999 [990], S. 73; dies.: Bodies That Matter. On the Discursive Limits of »Sex«, New York/London: Routledge 993.
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has no ontological status apart from the various acts which constitute its reality«, schreibt Butler.92 Das biologische Geschlecht (Sex) wird damit zum Effekt des kulturellen Geschlechts (Gender). Wenn im Folgenden von Geschlecht, von Weiblichkeit und Männlichkeit die Rede ist, liegt dieses performative Gender-Verständnis zu Grunde: Referiert wird mit »Männlichkeit« und »Weiblichkeit« nicht auf ontische Größen, sondern auf die komplexen kulturellen Produktionsprozesse dieser Kategorien. Auch Filme kennen keine »natürlichen« Körper, sondern ausschließlich Repräsentationen der Geschlechter (der Ethnien, der Nationalitäten etc.). Meine Ausgangsthese dabei ist, dass das Medium Film die kulturelle (und mediale) Produktion von Gender nicht nur dokumentiert, sondern auch selbstreflexiv auf sie verweist. In der Filmanalyse lässt sich die prozessuale und performative Herstellung kultureller Matrices, insbesondere der Prozess des Gendering rekonstruieren und diskursivieren.93 Inszeniert und visualisiert Film – als transitorisches Medium, als moving image – den Prozess des doing gender, stellt er zur Schau, wie die Protagonisten auf der Leinwand durch ihre Performances zu männlich oder weiblich markierten Körpern werden,94 so ist für Remakes zudem die Iteration konstitutiv: Jene Wiederholung, die Butler zufolge die Herstellung von Gender bedingt (der Prozess des Gendering ist also ein Remaking), ist dem Remake per definitionem eingeschrieben – deshalb sind Remakes für gender-orientierte Filmlektüren so fruchtbar. Indem es die Wiederholung performativer (Gender-)Akte auf Celluloid »bannt«, stellt das Remake eine Kontrastfolie zur Verfügung, auf der die GenderPerformances des Premakes als (wiederholbare) Inszenierungen kenntlich werden. Remaking funktioniert so nach den gleichen Mechanismen wie Cross-Dressing: Macht die Drag-Queen qua Nachstellung und Übertreibung deutlich, dass auch der »Original«-Körper schon auf theatralischen Inszenierungen und performativen Akten basiert, verweisen Remakes (ebenfalls häufig durch einen Überbietungsgestus geprägt) auf den Konstruktionscharakter des »Original«-Films. Dabei schärfen sie nicht nur den Blick für die Herstellungs- und Funktionsweisen von Film, son92 Butler: Gender Trouble, S. 73. 93 Dabei ist die spezifische Verfasstheit des Mediums Film im Auge zu behalten. Das doing gender der Protagonisten und Protagonistinnen wird dabei nicht nur über »Schauspiel« hergestellt, sondern auch über die Figurenkonstellationen, die Verteilung der Dialoge, die Handlung, das Setting und SetDesign, das Casting, über Kostüme und Make-up und über die gendermarkierte Organisation des menschlichen und des kameratechnischen (traditionell als »phallisch« konnotierten) Blicks. Zu letzterem vgl. »Mulvey, Musical, Male Hysteria. Exkurs«, in diesem Band. 94 Gender-Crossing-Filme wie THE CRYING GAME (GB 992) und M. BUTTERFLY (USA 993) inszenieren die Irritation dieser Herstellung.
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dern auch von Geschlecht. Remake zu »Original« verhält sich also wie Gender zu »Sex« (biologischem Geschlecht). Zwar rekurrieren Gender-Repräsentationen und Gender-Performances im Hollywoodfilm auf klischeehafte und normierte Bilder und Narrative, doch diese sind durch die »instability and indeterminacy so fundamentally inscribed into the narrative and representational process; […] the incommensurability between intention and reception«,95 immer auch von Widersprüchen und Inkonsistenzen gekennzeichnet. Ich gehe also nicht davon aus, dass Hollywoodfilme per se ideologisch überdeterminiert sind96 – ein Standpunkt, der die Reihe von Spielräumen überginge, die auch Mainstreamfilme als polyvalente kulturelle Texte entgegen den privilegierten Deutungsvorgaben97 eröffnen. In meinen Lektüren interessie95 Elisabeth Bronfen: Over Her Dead Body. Death, Femininity, and the Aesthetic, Manchester: Manchester University Press 992, S. 60. 96 Auch Joanne Meyerowitz argumentiert: »[M]ass culture is neither wholly monolithic nor unrelentingly repressive. […] [It] is rife with contradictions, ambivalence, and competing voices. We no longer assume that any text has a single fixed meaning for all readers, and we sometimes find within the mass media subversive, as well as repressive, potential« (Joanne J. Meyerowitz [Hg.]: Not June Cleaver. Women and Gender in Postwar America, 945-960, Philadelphia: Temple University Press 994, S. 23). Vgl. hierzu auch Judith Butler: »[…] I oppose the notion that the media is monolithic. It’s neither monolithic nor does it act only and always to domesticate. Sometimes it ends up producing images that it has no control over. This kind of unpredictable effect can emerge right out of the center of a conservative media without an awareness that it is happening. There are ways of exploiting the dominant media. The politics of aesthetic representation has an extremely important place« (Peter Osborne/Lynne Segal: »Gender as Performance. An Interview with Judith Butler« [993], in: Radical Philosophy 67 [Sommer 994], S. 32-39, hier S. 38; eine gekürzte Version ist im Internet einzusehen unter: www.theory.org.uk/but-int.htm [letzte Abfrage: 2. Mai 2007]). 97 Die Vorstellung einer »Deutungsvorgabe« geht auf Stuart Hall zurück. Hall zufolge ist die »dominante« gesellschaftliche Ideologie kulturellen Texten als preferred reading eingeschrieben. Diese Lektürevorgabe werde allerdings nicht zwangsläufig von den Rezipienten übernommen; neben dem preferred reading bestehe die Möglichkeit des negotiated reading, bei dem nur Teile des dominanten Diskurses übernommen würden, und des oppositional reading, bei dem eine Gegenlektüre vorgenommen werde (Stuart Hall: »Encoding/Decoding«, in: Centre for Contemporary Cultural Studies [Hg.]: Culture, Media, Language, London: Hutchinson 980, S. 28-38). Vgl. auch John Fiske: »British Cultural Studies and Television«, in: Robert C. Allen (Hg.): Channels of Discourse, Reassembled, London: Routledge 992, S. 284-326. Die Vorstellung eines preferred reading ist u.a. als zu strukturalistisch kritisiert worden; für die Analyse von Hollywoodfilmen erweist sie sich jedoch nach wie vor als produktive Denkfigur. Ich bezeichne im Folgenden
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re ich mich besonders für diese Inkongruenzen im doing gender der Filme, für Gender-Positionen, die sich als queer bezeichnen lassen, die den heteronormativen Repräsentationscode durchkreuzen und stören. Dabei verstehe ich queer nicht als Synonym für »homosexuell«, »lesbisch« oder »bisexuell«, sondern als Begriff, der solche Kategorisierungen gerade transgrediert.98 Queerness als analytische Kategorie fasse ich im Anschluss an Eve Kosofsky Sedgwick als »the open mesh of possibilities, gaps, overlaps, dissonances and resonances, lapses and excesses of meaning when the constituent elements of anyone’s gender, of anyone’s sexuality aren’t made (or can’t be made) to signify monolithically«.99 jene Lesart als preferred reading, die ein Film durch seine narrative Rahmung, durch Vorspann und Ende, durch Kameraperspektiven und Beleuchtung, durch Dialoge und Dialogverteilung nahezulegen scheint, für die die Mehrzahl der textuellen Lektürehinweise zu sprechen scheint. Solch ein preferred reading ist allerdings weder unveränderlich noch ist es irgendwie zu »beweisen« – und ihm sind auf Grund der Polysemie von Texten immer auch alternative Lektüren entgegenzustellen. 98 Alexander Doty schlägt u.a. folgende Verwendungsweisen für queer vor: »To describe any nonnormative expression of gender, including those connected with straightness. […] To describe non-straight things that are not clearly marked as gay, lesbian, bisexual, transsexual, or transgendered, but that seem to suggest or allude to one or more of these categories, often in a vague, confusing, or incoherent manner« (Alexander Doty: Flaming Classics. Queering the Film Canon, New York/London: Routledge 2000, S. 7). Vgl. auch ders.: Making Things Perfectly Queer. Interpreting Mass Culture, Minneapolis/London: University of Minnesota Press 993, S. xiv-xix u. Kap. : »There’s Something Queer Here«, S. 2-6. 99 Eve Kosofsky Sedgwick: »Queer and Now«, in: dies.: Tendencies, Durham: Duke University Press 993, S. -22, hier S. 8. Beeinflusst sind meine Filmlektüren also von den amerikanischen Queer Studies. Vgl. hierzu auch Ellis Hanson: »Introduction. Out Takes«, in: ders. (Hg.): Out Takes. Essays on Queer Theory and Film, Durham: Duke University Press 999, S. -9, hier S. 4: »Queer theory submits the very social codes and rhetorics of sexuality to a close reading and rigorous analysis that reveal their incoherence, instability, and artificiality, such that sexual pleasure or desire, popularly conceived as a force of nature that transcends any cultural framework, becomes instead a performative effect of language, politics, and the endless perversity and paradox of symbolic (which is also to say historical and cultural) meaning. The very word queer […] is a rejection of the compulsory heterosexual code of masculine men desiring feminine women, and it declares that the vast range of stigmatized sexualities and gender identifications, far from being marginal, are central to the construction of modern subjectivity; but it is also, as Michael Warner has pointed out, a resistance to normalization as conceived more generally as a sort of divide-and-conquer mentality by which cultural difference – racial, ethnic, sexual, socioeconomic – is pathologized and atomized as disparate forms of deviance.«
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Auch eine Vorgehensweise, die bemüht ist, kulturelle Klischees und Stereotype in Texten auf ihre Durchkreuzungen und Verwerfungen hin zu untersuchen, reproduziert diese Klischees durch ihre Benennung zu einem gewissen Grade, stellt den kritisierten Topos zunächst einmal her, zum Beispiel, indem von »Weiblichkeit« und »Männlichkeit« die Rede ist, obwohl es um die Dekonstruktion dieser Kategorien geht.00 Ein Beobachterstandpunkt außerhalb eines Gegenstandbereiches, außerhalb des kulturellen Diskurses lässt sich zwar nicht einnehmen, in meinen Lektüren versuche ich aber, die Konstruktionsmechanismen und Wirkungsweisen dieses kulturellen Zuschreibungssystems0 offenzulegen. Mir geht es darum, jene textuellen Strategien nachzuzeichnen und zu vergegenwärtigen, mit denen eine Filmfigur als »weiblich« oder »männlich« etabliert wird. Ziel der Lektüren ist also, (filmische) Identität als Effekt von Performances und Identifizierungsstrategien zu entdecken und gleichzeitig die Gewalt auszustellen, mit der die gesellschaftliche Zuschreibungsmaschinerie Personen auf ein Gender festlegt.
Unfinished Business Geht Butler von der Unabschließbarkeit performativer Gender-Akte aus,02 so lässt sich auch in Bezug auf Remakes – in mehrfacher Hinsicht – von unfinished business sprechen.03 Erstens in einem ganz wört00 Vgl. auch Bronfen: Over Her Dead Body, S. 433f.; Butler: Bodies That Matter, S. 23f. Zu reflektieren ist außerdem der eigene Beobachterstandpunkt, so Mieke Bal: »[A]ny analysis and interpretation of visual or verbal works of art […] are necessarily and by virtue of the semiotic status of art informed by the views, standards, ideologies, and background – in other words by the subjectivity – of the person doing the analysis« (Bal: Reading »Rembrandt«, S. 5). 0 Die bewusste Verwendung und Aneignung der zuvor pejorativ konnotierten Bezeichnung queer durch die homosexuelle Szene stellt einen Versuch dar, diskriminierende Terminologie politisch und sozial zu resignifizieren. Vgl. hierzu Butler: Bodies That Matter, S. 226-23; dies.: Undoing Gender, New York/London: Routledge 2004, S. 223f. Queer erhielt diese abwertende Semantik erst in den 50er Jahren; zum Gebrauch von queer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vgl. George Chauncey: Gay New York. Gender, Urban Culture, and the Making of the Gay Male World, 890-940, New York: Basic Books 994, S. 9f. u. 0. Zu den unterschiedlichen Konnotationen von queer, gay und homosexual vgl. auch Steven Cohan: Incongruous Entertainment. Camp, Cultural Value, and the MGM Musical, Durham/London: Duke University Press 2005, S. 4f. 02 Vgl. z.B. Butler: Gender Trouble, S. 78f. u. 85; dies.: Bodies That Matter, S. 2; dies.: Undoing Gender, S. u. 42. 03 Hierzu bemerkt Leo Braudy: »[T]he remake resides at the intersection of
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lichen, ökonomischen Sinn: Neuverfilmungen bedeuten unfinished business für die Filmindustrie, wenn auf Drehbücher zurückgegriffen werden kann, die sich bereits im Besitz der Studios befinden. Zweitens in kulturund filmwissenschaftlicher Hinsicht: Remakes stellen ein großes Forschungsdefizit dar: »The remake is one of the most undertheorized yet longstanding of cinematic conventions, only lately emerging as an object of scholarly interest and debate […]«, konstatiert Laura Grindstaff zu Recht.04 Drittens greifen Remakes kulturelles unfinished business auf, das schon durch das Premake verhandelt wurde, und prozessieren es. Remakes lassen sich so als filmische Strategien konzipieren, anhand derer zum Beispiel gesellschaftlicher gender trouble adressiert wird. Viertens – und für meine Überlegungen am entscheidensten – bilden in einem Remake Reminiszenzen an den Vorgängerfilm unfinished business, das die Produktion und die Rezeption des zweiten Films nachhaltig beeinflusst. Beschreibe ich die Beziehung zwischen Remake und Premake als Rückkopplung und versuche ich dieser komplexen Austauschbewegung mit der Lektürehaltung eines preposterous reading gerecht zu werden, das sowohl die Auswirkungen des früheren Textes auf den späteren als auch die Rückwirkung des Remakes auf sein Premake in die Betrachtung einbezieht, so bezeichne ich jene Effekte, die zwischen Remake und Premake durch dieses Interdependenzgeflecht freigesetzt werden, als unfinished business. Illustrieren lassen sich diese Überlegungen anhand des passend betitelten Films UNFINISHED BUSINESS (USA 94) mit Irene Dunne und Robert Montgomery, der solche Residuen nicht in Bezug auf ein Premake, sondern auf der diegetischen Ebene prozessiert. Der Film erzählt die Geschichte von Nancy Andrews (Dunne), einer talentierten jungen Sängerin, die im Zug nach New York auf den charmanten Steve Duncan trifft und sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Als ihr nach kurzer Zeit the genetic and the generic codes. […] [I]t is a meditation on the continuing historical relevance (economic, cultural, psychological) of a particular narrative. A remake is thus always concerned with what its makers and (they hope) the audience consider to be unfinished cultural business, unrefinable and perhaps finally unassimilable material that remains part of the cultural dialogue – not until it is finally given definite form, but until it is no longer compelling or interesting« (Leo Braudy: »Afterword. Rethinking Remakes«, in: Horton/McDougal: Play It Again, Sam, S. 327334, hier S. 33). 04 Grindstaff: Pretty Woman with a Gun, S. 274; vgl. auch Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 26: »The remake is an underexplored subject warranting a more systematic treatment in terms of individual national, cultural, and cross-cultural traditions, as well as their relation to an international commercial cinema dominated by Hollywood productions.«
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bewusst wird, dass weder ihre Affäre mit Steve noch ihre Karriere als Sängerin eine Zukunft hat, heiratet sie den Bruder des Angebeteten, Tommy Duncan (Montgomery). Im Folgenden stören die immer wiederkehrenden Erinnerungen an die frühere Affäre und die anhaltende Faszination, die der ehemalige Geliebte weiter auf Nancy ausübt, fortwährend die Beziehung des neuen Paares und führen bald zur Trennung. Während Tommy der Armee beitritt, verdient Nancy sich als Mitglied eines Opernchors ihren Unterhalt. Erst als Tommy erfährt, dass seine Frau ein Kind von ihm erwartet, kehrt er schließlich zu ihr zurück. Der Film ist jedoch nicht nur diegetisch von Reminiszenzen geprägt; auch das Casting von Irene Dunne und die Regie Gregor La Cavas wirken sich nachhaltig auf den filmischen Text aus: Sowohl Dunne als auch La Cava werden 94 nämlich vor allem mit Hollywoods Screwball Comedy assoziiert,05 die sich seit Mitte der 30er Jahre im Genre der Romantic Comedy etabliert hat: einer schnellen, slapsticklastigen Mischung aus Sophisticated (Romantic) Comedy und Farce, mit extrovertierten, verrückt-komischen Protagonisten.06 Duane Byrge und Robert Miller beschreiben diese Filme wie folgt: [A] screwball comedy was at heart a love story. Its central romance was frequently instigated by an aggressive, even eccentric woman whose efforts to prod her more stodgy and conventional beau along the rocky road to the altar primed the comic mechanisms for a great deal of humor-by-embarrassment. Improbable events, mistaken identities, and ominously misleading circumstan05 Dunne zählte seit Mitte der 30er Jahre zu den weiblichen Stars des populären Zyklus, mit Filmen wie THEODORA GOES WILD (936), THE AWFUL TRUTH (937) und MY FAVORITE WIFE (940); La Cava hatte mit MY MAN GODFREY (936) und FIFTH AVENUE GIRL (939) zwei definitorische Screwballfilme vorgelegt. 06 Vgl. zur Screwball Comedy auch »Der Production Code und die Entstehung der Screwball Comedy«, in diesem Band. Der Begriff screwball bezeichnet ursprünglich eine bestimmte Wurftechnik beim Baseball, bei der der pitcher den Ball so abfälscht, dass der batter die Fluglinie nicht voraussehen kann. In den 30er Jahren bedeutet screwball (oder screwy) dann so viel wie exzentrisch oder verrückt. 936 findet der Begriff wiederholt Verwendung, um Carole Lombards Performance in MY MAN GODFREY zu beschreiben. Vgl. Duane Byrge/Robert Milton Miller: The Screwball Comedy Films. A Historiography and Filmography, 934-942 [99], Jefferson/London: McFarland 200, Nachdruck, S. 8. Vgl. auch Ed Sikov: Screwball. Hollywood’s Madcap Romantic Comedies, New York: Crown 989, S. 9: »[B]y the early 930s ›screwball‹ successfully brought together a number of connotations in a single slang and streetwise term: lunacy, speed, unpredictability, unconventionality, giddiness, drunkenness, flight, and adversarial sport.«
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tial evidence quickly compounded upon each other, albeit by seemingly logical progression, until a frantic conclusion in which even the impending marriage gives only faint promise of providing some whit of order as antidote to the previous narrative chaos.07
Diese Genrevorgaben – in Kombination mit Dunnes etablierter screen persona – durchkreuzen und hybridisieren die melodramatisch angelegte Story des Films nachhaltig: UNFINISHED BUSINESS, das ist auch in Kritiken immer wieder bemängelt worden,08 ist ein eigenwilliger ScrewballMelo-Zwitter, der die Geschichte um die insistierende Wiederkehr des Verdrängten, die die Diegese des Films erzählt, auf der generischen Ebene noch einmal inszeniert. Auch in vielen Remakes stören »Erinnerungen an die frühere Affäre« – den jeweiligen filmischen Vorgänger nämlich – den Verlauf der Filme, nehmen Einfluss auf die Inszenierung der neuen Versionen. Das unfinished business, das vielen Remakes palimpsestartig eingeschrieben ist, geht in vergleichbarer Weise sowohl auf narrative Elemente des Premakes zurück als auch auf dessen Genrevorgaben, die star/screen persona der Schauspieler oder den zeitgenössischen Produktionshintergrund: Zum Irritationspotenzial werden diese Reminiszenzen, wenn sich zum Beispiel die Gender-Repräsentation durch verschärfte Zensurvorgaben oder gesellschaftliche Strömungen als nicht mehr zeitgemäß erweist. Dieses unfinished business ist auch dann wirksam, wenn das Remake versucht, die irritierenden und ungelösten Anteile konservativ zu wenden – auch für das Remake gilt also die Wiederkehr des Verdrängten. Durch seinen Remakestatus sind dem zweiten Film die divergierenden Standpunkte des Premakes eingeschrieben und er trägt diese mit. Indem 07 Weiter heißt es: »Difficulties in reconciling romantic leads’ eccentricities were commonly complicated by other seemingly insurmountable obstacles to their union. Rules, customs, family obligations, romantic rivals – all needed to be circumvented, disregarded, or superseded, often with a cheery vengeance. Even lovers who were portrayed as highly intelligent could have lapses of silliness and mischief when temporarily confounded by the dull nature of their social station’s conventions. Some screwball comedies were also comedies of remarriage, allowing the damaged union of the opening reel to be strengthened or replaced via the invigoration of a screwball interlude in the center of the story. Screwball couples whose relationship was not threatened throughout the narrative might instead be on a mission of some sort, perhaps to solve a mystery, and their odd-even paring actually strengthened them in conquering the improbable and complicating obstacles they eagerly encountered in racing to the riotous, or at least crazily baffling, last reel« (Byrge/Miller: The Screwball Comedy Films, S. 2f.). 08 Vgl. z.B. ebd., S. 6f.
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es die sich widersprechenden Stimmen beider Filmversionen bündelt, relativiert und destabilisiert ein Remake seine eigene (möglicherweise konservative/ideologische) Umschrift und kann damit, in Anlehnung an Bachtin, als polyphoner, als dialogischer Text bezeichnet werden.09
Filmkorpus Mein Filmkorpus umfasst Hollywoodfilme des Comedygenres, die zwischen den frühen 30er und den späten 50er Jahren0 in die Kinos kamen. Genauer in den Blick genommen werden die folgenden drei PremakeRemake-Paare: THE FRONT PAGE (93, United ArtistsHIS GIRL FRIDAY, 940, Columbia), THE AWFUL TRUTH (937, ColumbiaLET’S DO IT AGAIN, 953, Columbia), HOLIDAY INN (942, ParamountWHITE CHRISTMAS, 954, Paramount). Die Filme, gedreht von zwei der kleineren und einem großen Studio (Paramount), sind durchweg als Mainstream-Genrefilme zu bezeichnen. Alle konzipiere ich im weiteren Sinne als Romantic Comedies, als einem Genre zugehörig, das »per definitionem« mit dem Geschlechterverhältnis, mit doing femininity und doing masculinity, mit creating the couple befasst ist. Romantic Comedies verhandeln nicht nur zeitgenössische Partnerschaftsmodelle und romantische Liebeskonzepte, sondern sie versetzen Gender-Konventionen auf allen Ebenen der filmischen Gestaltung auch performativ in Bewegung, bieten immer auch alternative Gestaltungs- und Lektüremöglichkeiten jener Performance-Strategien, die eine Figur in Hollywood zu einem gegebenen Zeitpunkt »zur Frau« oder »zum Mann« werden lassen. Neben den Screwball Comedies HIS GIRL FRIDAY und THE AWFUL TRUTH nehme ich mit LET’S DO IT AGAIN, HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS drei (Romantic) Musical Comedies in den Blick; und auch im Fall der Newspaper Comedy THE FRONT PAGE wird zu zeigen sein, dass es sich eigentlich um eine Romantic Comedy handelt.
09 Vgl. Kristeva: Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman; Michail M. Bachtin: Probleme der Poetik Dostojewskis [russ. 929], München: Hanser 97; ders.: Die sthetik des Wortes, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 979. 0 Hierbei handelt es sich um ungefähre Zeitangaben. Wenn ich im Folgenden z.B. von den »950er Jahren«, den »50ern« oder den Fifties spreche, ist nicht im strengen Sinne die Zehnjahresspanne von 950 bis 959 gemeint, sondern die Phase zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und den frühen 60er Jahren. Ein Film wie das Remake MOVE OVER, DARLING aus dem Jahr 963, der stilistisch, thematisch und produktionstechnisch dem Zyklus der Screwballremakes der 50er Jahre zuzurechnen ist, gilt also als Fifties-Film.
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Filmgenres begreife ich mit Steve Neale als »always in play rather than simply being re-played«. Genrekonventionen werden durch die Erwartungshaltung und Rezeption der Zuschauer und Kritiker, durch »cinema’s intertextual relay« (Filmmarketing, Poster und Stills, Trailer, Genrenamen und -begriffe)2 und nicht zuletzt durch jeden individuellen Genrefilm ständig modifiziert und transformiert. Claudia Liebrand und Ines Steiner haben diesen prozesshaften Charakter von Genre präzisiert. Ihnen zufolge haben wir es bei Genres eben nicht mit »Urtypen« zu tun, die uns »rein« entgegentreten: Vielmehr ist einerseits die konstitutive Historizität von Genres und andererseits ihre konstitutive Hybridität zu konstatieren. Genres wandeln sich in und mit der Zeit, figurieren nicht als transhistorische Größen.3
Genres gibt es, so die weitere Argumentation, nicht »an sich«, sondern nur in je einzelnen Filmen, die sie herstellen, indem sie sich auf Genrekonventionen beziehen, sie aber gleichzeitig umschreiben und modifizieren: Das Genre (von dem wir doch eigentlich annehmen, dass es dem Film vorgängig ist), ist also immer ein Effekt jener Filme, in denen es sich ausdrückt/konkretisiert/dokumentiert. Wir haben es also mit der Schwierigkeit zu tun, dass das Genre nicht Film ist, aber uns nur im Film begegnet: Das Genre geht dem Film (logisch) voraus und ist doch (faktisch) sein Effekt.4
Genres lassen sich dieser Konzeptualisierung zufolge als Lesevorgaben begreifen, die an Filme gestellt werden und die dabei auf eine populäre genre memory zurückgreifen, als simplifizierende Lektüren komplexer und hybrider Strukturen.5 Steve Neale: Genre and Hollywood, London/New York: Routledge 2000, S. 29. Zusammengefasst hat Susan Hayward diese Argumentation: »[G]enre does not refer just to film type but to spectator expectation and hypothesis (speculation as to how the film will end). It also refers to the role of specific institutional discourses that feed into and form generic structures. In other words, genre must be seen as part of a tripartite process of production, marketing (including distribution and exhibition) and consumption« (Susan Hayward: Cinema Studies. The Key Concepts, New York/London: Routledge 22000, S. 66). 2 Neale: Genre and Hollywood, S. 39. 3 Claudia Liebrand/Ines Steiner: »Einleitung«, in: dies.: Hollywood hybrid, S. 7-5, hier S. 7f. Zur produktiven Verbindung von Genre Studies und Gender Studies vgl. auch Irmela Schneider: »Genre, Gender, Medien. Eine historische Skizze und ein beobachtungstheoretischer Vorschlag«, in: Liebrand/Steiner: Hollywood hybrid, S. 6-28. 4 Liebrand/Steiner: Einleitung, S. 8. 5 Eine ähnliche Überlegung stelle ich auch für Remakes an: Auch der
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Die Zeitspanne zwischen der Weltwirtschaftskrise und der ersten Nachkriegsdekade habe ich für meine gender-orientierten Analysen vor allem deshalb ausgewählt, weil sich in diesen Jahren gesellschaftliche Konzepte von Sexualität und Gender, von Ehe, Liebe und Familie entscheidend wandeln und weil diese Zeit wegen der Destabilisierung patriarchal geordneter Geschlechterbeziehungen und Familienstrukturen von ausgeprägtem gender trouble gekennzeichnet ist. Im Gegensatz etwa zu den 60er und frühen 70er Jahren, in denen die Konstitution der zweiten Frauenbewegung zweifellos ebenfalls Bewegung in die Geschlechterverhältnisse brachte, weisen die 30er bis 50er Jahre eine hohe Remakeproduktionsrate auf, vor allem auch innerhalb des Genres der Romantic Comedy,6 und bietet den für die Lektüren ausgewählten Filmpaaren daher ein großes Vergleichskorpus. Der Zeitrahmen 930-960 ist für die Untersuchung von Remakes aber auch deshalb spannend, weil er von wichtigen filmindustriellen Entwicklungen geprägt ist, die an dieser Stelle zugespitzt auf zwei Stichdaten reduziert werden können: die Verschärfung des Production Codes im Jahr 934 und der so genannte Paramount case von 948.7 Die verschärfte Durchsetzung des Production Codes, Hollywoods Instrument der Selbstkontrolle, das 930 von der Filmindustrie selbst eingeführt wurde, um die Zensur durch andere Organe (Kirche, Regierung) zu vermeiden, hat wegen des Verbots »unmoralischer« (v.a. sexueller) Inhalte bis in die 50er Jahre einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf die Gender-Performances in Hollywoods Filmen und führt – so eine in den Filmwissenschaften vertretene These – zur Entstehung der Screwball Comedies, die Sexualität in Slapstick und Schnellfeuerdialoge überführen. Eine dieser Screwball Comedies, HIS GIRL FRIDAY, und sein Premake, THE FRONT PAGE, stehen im Mittelpunkt der ersten Filmlektüre. Die Paramount-Entscheidung auf der anderen Seite, mit der der Supreme Court das Studiosystem Hollywoods wegen Monopolbildung für illegal erklärt, ist die erste einer Reihe von Herausforderungen, darunter auch die Verfolgung durch McCarthy, die schwindenden Zuschauerzahlen und die Konkurrenz durch das Fernsehen, denen Hollywood sich in den 50er Jahren nach der relativen Stabilität der klassischen Studio-ra zu stellen hat und die eine sowohl konservative als auch innovative Ent»Originalfilm« geht dem Remake (logisch) voraus und ist doch (faktisch) sein Effekt. Erst das Remake verleiht einem Film den Originalstatus, ein »Original« gibt es nur durch sein Remake. 6 Vgl. hierzu »Remaking nach 948«, in diesem Band. 7 Zum Production Code vgl. auch »Hollywood, die Sissy und der Production Code«, S. 28f.; zum Paramount case vgl. »Remaking nach 948«, in diesem Band.
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wicklung zu erfordern scheinen. Anfang der 50er Jahre befindet sich die Filmindustrie also in einer Situation, die (ähnlich wie die Produktion eines Remakes) sowohl Wiederholung – Anknüpfung an Vorhergegangenes – als auch Variation – die Ersetzung von überholten Verfahren und Inhalten – verlangt. Robert B. Ray führt aus: That the postwar era was the first period since the coming of sound to recognize this possibility for change makes it a most interesting time in Hollywood’s history. […] Indeed, the movies of the late forties and fifties can best be understood as a series of tentative, awkward compromises between the self-perpetuating nature of the Classic Hollywood movie on the one hand, and the pressures for change caused by a new set of facts on the other. For of the three principal components that had produced the Classic Hollywood movie – the industry, the audience, and the situation of America – none escaped severe alterations.8
Der Versuch, die erfolgreichen Produktionsweisen des Studiosystems beizubehalten, drückt sich in den frühen 50er Jahren unter anderem in einer erhöhten Remakeproduktion aus. Von Interesse sind für die vorliegende Untersuchung vor allem die Remakes jener Screwball Comedies aus den 30er und frühen 40er Jahren, mit denen Hollywood nach 945 gesellschaftlichen gender trouble zu verhandeln scheint und um die es in der zweiten Filmlektüre am Beispiel von THE AWFUL TRUTH und LET’S DO IT AGAIN gehen wird. Der Versuch, der Konkurrenz zum neuen Medium des Fernsehens durch Innovation zu begegnen, führt hingegen zum Einsatz neuer spektakulärer Technologien, die im dritten Filmkapitel, einer Betrachtung der Musical Comedies HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS, eine Rolle spielen werden. Zu beobachten ist, dass die zweiten Filmversionen den Premakes gegenüber keineswegs durchgängige Modernisierungstendenzen bezüglich ihrer Gender-Repräsentation aufweisen – im Sinne einer teleologischen Entwicklung von traditionell-konservativen, eindimensionalen Geschlechterrollen zu Gunsten einer größeren Bewegungsfreiheit oder Hybridität der Geschlechter. Während die Remakes durch ihre Stars, durch Set-Design und Ausstattung, durch Kostüme und Musik ein Update vornehmen, den Premaketext veränderten Moden, Vorstellungen oder Zensurvorschriften anpassen, lässt sich mit Blick auf den Geschlechtertext häufig ein Hang zur Vereindeutigung polyvalent angelegter GenderKonstellationen, zur Eingemeindung transgressiver Gender-Performances beobachten. 8 Robert B. Ray: A Certain Tendency of the Hollywood Cinema, 930980, Princeton: Princeton University Press 985, S. 3.
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Generalisierend lässt sich festhalten, dass Remakes, die nach der Verschärfung des Production Codes gedreht wurden, explizit sexuelle Sujets in verbale Komik und Slapstick überführen. Die in den 50er Jahren gedrehten Remakes dieser Filme hingegen scheinen – nach der Destabilisierung rigider Gender-Rollen während des Zweiten Weltkriegs – nicht nur an die Geschlechterverhältnisse der Vorkriegszeit anzuknüpfen, sondern diese auch noch einer konservativen Relektüre unterziehen zu wollen. Im Vergleich zu ihren Vorgängern, die trotz Production Code viel Raum für Gender-Bending und Cross-Dressing bieten und die den »Krieg der Geschlechter« nicht immer nur verbal austragen, wirken die Remakes zahm und konventionell. Doch auch diese Filme, die durch ihre Sedierungsbewegung den Gemeinplatz der »konservativen Fifties« zu bestätigen scheinen, rufen durch ihren Remakestatus die Filme der 30er Jahre wieder auf, schreiben sie fort und treten mit ihnen in intensive Verhandlungs- und Rückkopplungsbeziehungen. Den gender trouble ihrer Premakes prozessieren die Filme der 50er Jahre, ohne diese Virulenzen, von denen sie durchzogen sind, vollständig kontrollieren zu können. Die Premake-Remake-Beziehung konzipiere ich in jeder der drei Lektüren unter den Aspekten der Rückkopplung und des unfinished business. Ich nehme in allen drei Fällen preposterous readings vor, die sowohl mit der als auch gegen die Chronologie lesen, und ich interessiere mich vor allem für die synchrone (zwischen den jeweiligen Filmen und außerfilmischen Diskursen) und diachrone (zwischen Premake und Remake) Zirkulation und Negotiation gesellschaftlicher Gender-Diskurse. Die einzelnen Lektüren, die zeitlich nach dem Erstaufführungsdatum der Premakes angeordnet sind, verfolgen dann exemplarisch jeweils spezifische Fragestellungen. Im ersten Analysekapitel »I’ve Always Had a Queer Opinion of You. Unfinished Business und Nachträglichkeit in THE FRONT PAGE (93) und HIS GIRL FRIDAY (940)« geht es um die Auswirkungen des Production Codes auf die Darstellung von nicht-heterosexueller Liebe. Das 93 vor der verschärften Durchsetzung des Production Codes gedrehte Premake THE FRONT PAGE, das oft noch als pre-code film eingeschätzt wird,9 erzählt die Geschichte einer engen Freundschaft/Liebe zwischen einem Zeitungsverleger und seinem Starreporter, einer Beziehung, die durch die bevorstehende Heirat des Reporters gefährdet ist. Knapp eine Dekade später ist diese queer love story offenbar unrepräsentierbar, weil sich in dieser Zeit die gesellschaftliche Wahrnehmung und Konzeptionalisierung von Homosexualität entscheidend gewandelt hat und das Sujet 9 Vgl. etwa Todd McCarthy: Howard Hawks. The Grey Fox of Hollywood, New York: Grove 997, S. 28.
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nun durch die Zensurvorgaben mit einem Verbot belegt ist. Das Remake HIS GIRL FRIDAY wird zu einer Zeit produziert, in der der Production Code etabliert ist und die Antennen der Zensurbehörde für so genannte sex perversion in Hollywoods Filmen ausgefahren sind: Der zweite Film überführt die Männerliebe 940 in eine heterosexuelle Paarbildungsgeschichte, besetzt die Rolle des Reporters mit einer Frau. Doch das Homosexualitätssujet ist HIS GIRL FRIDAY als unfinished business eingeschrieben, das die Gender-Performances nachhaltig hybridisiert. Trotz der Umbesetzung der zweiten Hauptrolle – das wird zu zeigen sein – inszeniert auch das Remake eine queer love story. Die Screwball Comedies der 30er Jahre und ihre zahlreichen Nachkriegs-Remakes nehme ich im zweiten Lektürekapitel »Can this Marriage Be Saved? Remaking Remarriage in THE AWFUL TRUTH (937) und LET’S DO IT AGAIN (953)« in Bezug auf sich wandelnde gesellschaftliche Diskurse zur Institution Ehe in den Blick. Vor dem Hintergrund steigender Scheidungszahlen und der Destabilisierung der patriarchal informierten Gender-Ordnung durch die Roaring Twenties und die Weltwirtschaftskrise verhandeln Screwball Comedies gesellschaftlichen gender trouble – darüber herrscht in der Forschung weitgehend Konsens. Eine Vielzahl dieser Filme wird zwischen dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg und den späten 50er Jahren erneut verfilmt. Diese Zeitspanne ist – wie die 30er Jahre – durch Ereignisse geprägt, die Konfliktpotenzial ins Geschlechterverhältnis bringen, zum Beispiel die Berufstätigkeit vieler Frauen während des Zweiten Weltkrieges und ihre anschließende Verdrängung vom Arbeitsmarkt, die problematische Reintegration der zurückkehrenden Soldaten und die eskalierenden Scheidungszahlen nach Kriegsende. Viele Filme der 40er und 50er Jahre adressieren diese gesellschaftlichen gender anxieties; am bekanntesten ist sicherlich der Film Noir mit seiner sexuell transgressiven, bedrohlichen Femme fatale, doch auch die Genres der Romantic und Musical Comedy nehmen sich der Thematik an – vor allem in ihren Screwballremakes. Meine These, die ich exemplarisch am Filmpaar THE AWFUL TRUTH und LET’S DO IT AGAIN verfolge, ist, dass die Remakes in dieser Krisenzeit auf die Filme der 30er Jahre zurückgreifen, weil diese mit ähnlichem gender trouble befasst sind. Sie lesen ihre Vorgänger als Filme, die die Institution der Ehe bestätigen und traditionelle Gender-Rollen propagieren, übersehen dabei aber, dass die Premakes weniger mit der Befriedung des battle of the sexes befasst sind, als damit, diesen mit Verve zu inszenieren. Auch in diesem Fall lässt sich von einem Irritationspotenzial sprechen, das das Remake durchzieht und dessen konservative Tendenzen durchkreuzt.
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Das dritte und abschließende Filmkapitel »Boy, Girl, Boy, Girl. Kategorienkrisen, Genre Trouble und Passing in HOLIDAY INN (942) und WHITE CHRISTMAS (954)« operiert mit einem weiter gefassten Remakebegriff als die vorhergehenden: Hier untersuche ich die beiden Musical Comedies HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS hinsichtlich der Verschaltung von Remake- und Genrevorgaben. Vorannahme der Lektüre ist zum einen eine enge Verwandtschaft zwischen Remakes und Genrefilmen. Beide filmischen Verfahren weisen die Fähigkeit auf, »die Vergangenheit aufzurufen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Gegenwart zu antworten«,20 und beide sind durch den Balanceakt von Wiederholung und Variation in Bezug auf ihre filmischen Vorgänger geprägt. Ausgegangen wird zum anderen von einer wechselseitigen Konstitution von Genre und Gender: Genres geben bestimmte filmische GenderKonstellationen vor, und diese wiederum sind Teil der Konventionen und Muster, die das Genre eines Films bedingen. Im Vergleich zu HIS GIRL FRIDAY und LET’S DO IT AGAIN ist WHITE CHRISTMAS ein loses Remake, dessen hnlichkeiten zum Vorgängerfilm mindestens ebenso auf die Genrekonventionen des Musicals zurückzuführen sind wie auf ein direktes Remaking. Weil das Premake die Gender-Konstellation des Musicals nicht erfüllt, indem es die beiden Hauptrollen statt des obligatorischen heterosexuellen Tanzpaars mit zwei männlichen Stars besetzt, die um die gleiche Frau rivalisieren, kommt es im Remake zu einem Konflikt zwischen Genre- und Remakevorgaben, zwischen dem unfinished business des Premakes und der genre memory des Musicals: WHITE CHRISTMAS oszilliert zwischen Musical und Buddy Movie, deren divergierenden Genrekonventionen die Gender-Performances in Turbulenzen versetzen. Im homophoben Klima der 50er Jahre evoziert das MaleBuddy-Team jedoch homosexual panic, die das Remake dadurch zu entschärfen sucht, dass es dem männlichen ein weibliches Buddy-Team an die Seite stellt, um diese beiden gleichgeschlechtlichen Paare dann in gemischtgeschlechtliche zu überführen. Die Inszenierung verschiedener miteinander konkurrierender Texte verursacht gender/genre trouble: Das Parallelnarrativ gleichgeschlechtlicher Freundschaften durchkreuzt und stört in der Folge immer wieder die (doppelte) Boy-meets-Girl-Story des Musicals. Die Themen, die im Mittelpunkt der jeweiligen Premake-Remakeanalysen stehen – Hollywoods Zensurvorgaben, zeitgenössische GenderDiskurse sowie das Remake-Genre-Verhältnis – spielen auch in den Betrachtungen der jeweils anderen Filmpaare eine Rolle (und sie ließen sich
20 Bronfen: Refigurationen der Femme fatale, S. 94f.
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EINLEITUNG
auch an anderen Filmpaaren der Zeitspanne untersuchen), bilden dort aber nicht den Fokus der Analyse. Den Remake-Premake-Lektüren sind drei Kapitel vorangestellt, die das Phänomen des Remaking in Hollywood unter historischen, forschungsgeschichtlichen und gender-theoretischen Aspekten in den Blick nehmen. Auf den heterogenen filmgeschichtlichen und filmökonomischen Hintergrund des Verfahrens gehe ich in Kapitel 2: »Remaking in Hollywood, 896-2006« im Detail ein, um meine Filmlektüren präzise innerhalb dieses Gesamtzusammenhangs zu verorten. Gefolgt wird dieses Kapitel von einer breit angelegten Forschungsrevue (»Remakes in der Forschung«), die den bereits angeführten populärwissenschaftlichen Texten eine ausführliche Diskussion der in den letzten Jahren erschienenen film- und kulturwissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Remake an die Seite stellt.2 Das vierte Kapitel »Doing Gender: Performativität, Film, Remake«, geht ausführlich auf Butlers Theorie der Gender-Akte und die Konzepte der Performativität und Performance ein, die den Gender-Fokus der Filmlektüren theoretisch unterfüttern, und macht diese für die Film- und im Besonderen für die Remakeanalyse fruchtbar.
2 Weitere Forschungsliteratur, z.B. zur Gender-Genre-Forschung und zu spezifischen Themen, findet sich in den einzelnen Filmkapiteln und in Kapitel 4: »Doing Gender: Performativität, Film, Remake«.
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Remakes werden oft fälschlich als spezifische Produkte des New Hollywood angesehen, als Symptom einer globalisierten Filmwirtschaft, die sich in Ermangelung kreativer Ideen und inspirierter Drehbücher immer mehr darauf verlegt habe, höchsten Gewinn bei niedrigstem Risiko zu erwirtschaften, weshalb auf »geprüfte«, massentaugliche Ware zurückgegriffen werde.2 Hollywood sei seit Mitte der 70er Jahre gekennzeichnet
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Gemeint ist hier das Hollywood der großen so genannten Blockbusterfilme seit den späten 70er Jahren. Als New Hollywood wurden, in Abgrenzung zum Classical Hollywood Cinema, zunächst die vergleichsweise experimentellen Low-Budget-Filme der späten 60er Jahre wie BONNIE AND CLYDE (967) und EASY RIDER (969) bezeichnet. Heute wird dieser Begriff überwiegend für die Blockbusterfilme seit 975 verwendet: »The notion of New Hollywood […] underwent a strange mutation, ending up designating either something diametrically opposed to the American art film, or something inclusive of but much larger than it. In this view […] the thematic, narrative and stylistic innovations of the late 960s and 970s were but one phase of a gradual and ongoing reorientation and restabilization of the film industry, finally achieved after 975. This new stability was secured not by the flirtation of American cinema with the art cinemas of Europe, but by what has sometimes been termed […] neoclassicism: a return to genre filmmaking, but now marked by greater self-consciousness, as well as supercharged by new special effects, saturation booking, engorged production budgets and, occasionally, even larger advertising budgets« (Murray Smith: »Theses on the Philosophy of Hollywood History«, in: ders./Steve Neale [Hg.]: Contemporary Hollywood Cinema, New York/London: Routledge 998, S. 3-20, hier S. ). Um Unklarheiten zu vermeiden, bezeichne ich die experimentellen Filme der 60er und 70er im Folgenden als Hollywood Renaissance, das Blockbusterkino seit 975 als New Hollywood. Vgl. hierzu auch King: New Hollywood, S. -84. Dabei haben sich Remakes im Laufe der Filmgeschichte keineswegs immer als Box-Office-Gold erwiesen, neben großen kommerziellen Erfolgen gibt es auch veritable finanzielle Katastrophen: Während THREE MEN AND A BABY weltweit $250 Millionen einspielte, brachte es HAPPY NEW YEAR (USA 987LA BONNE ANNÉE, F 973) auf lediglich $00.000, Nora Ephrons MIXED NUTS (USA 996LE PÈRE NOËL EST UNE ORDURE, F 982) schaffte es gar nicht erst in die Kinosäle, sondern wurde direkt auf Video veröffentlicht. Trotzdem ist Lucy Mazdons Einschätzung zuzustimmen, Remakes würden von Produzenten als weniger risikoreich empfun-
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von Allusion und Pastiche,3 von Serien, Sequels und Remakes – Formaten und Praktiken, die in der Presse als »unoriginell« kritisiert werden. Wiederholung statt Variation, Altbewährtes statt Innovation charakterisiere dieses Hollywood der Blockbuster-ra. »The idea of spinning new films out of successful ones has always been with us […]«, schreibt Janet Maslin 983 in der »New York Times«. »But derivation has never before enjoyed anything like its current pre-eminence. Hollywood may never have been more dangerously and unimaginatively beholden to its own past than it is right now.«4 Zwar ist seit Mitte der 70er Jahre – im Vergleich zu den späten 50er und den 60er Jahren, in denen die US-Filmproduktion insgesamt stark zurückgeht, weil Hollywoods Produktionsweisen sich grundlegend wandeln – ein Anstieg in der Remakeproduktion zu verzeichnen. Mit Blick auf die 30er bis frühen 50er Jahre liegt der Anteil von Remakes, Serien und Genrefilmen aber nicht entscheidend höher.5 Die Vermutung liegt also nahe, dass der direkte Vergleich bei den Kommentatoren den Eindruck eines Recycling-Trends hinterlässt. Dass Hollywood hingegen auch zuvor schon auf bewährtes Material zurückgegriffen hat (und das diese Vorgehensweise auch hier schon auf Kritik stieß), verdeutlicht zum
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den, weil die Originalfilme im Gegensatz zu Drehbüchern oder Romanen zuvor gesichtet werden könnten (Mazdon: Encore Hollywood, S. 4 u. 5). Steve Neale hat darauf hingewiesen, dass sich die Argumentation, die Filme der 70er bis 90er Jahre seien durch Hybridisierung, »postmoderne« Zitatverfahren, Allusion und Pastiche gekennzeichnet, weniger auf eine gesteigerte Intertextualität und Intermedialität der Produktionen zurückführen lässt, als auf die Tatsache, dass die Intertexte und Referenzquellen der Filme von 930 bis 950 den meisten Kritikern heute unbekannt sind und daher unsichtbar bleiben (Neale: Genre and Hollywood, S. 248f.). Maslin: Gimmicks, B; vgl. auch Jim Hoberman: »Ten Years That Shook the World«, in: American Film (Juni 985), S. 34-59; Silverman: Hollywood Cloning. Vgl. hingegen Lawrence Cohn: »Hollywood More Original than Supposed. Lucrative Re-do Wave Still Minor«, in: Variety (7. Dezember 983), S. 5. Eine Ausnahme bildet die Produktion von Fortsetzungsfilmen, deren Zahl in den 70er Jahren tatsächlich eine Höchstmarke erreicht. Eine kleine Gruppe von kommerziell äußerst erfolgreichen Sequels, unter ihnen BENEATH THE PLANET OF THE APES (970), der drei weitere Fortsetzungen nach sich zieht, AIRPORT 975 (974), THE GODFATHER, PART II (974), JAWS 2 (978), OMEN II: DAMIEN (978) und ROCKY II (979), scheint zudem den Blick für »wiederverwertetes« Material sensibilisiert zu haben. Vgl. Thomas Simonet: »Conglomerates and Content. Remakes, Sequels, and Series in the New Hollywood«, in: Bruce A. Austin (Hg.): Current Research in Film. Audiences, Economics, and Law, Bd. 3, Norwood: Ablex 987, S. 54-62, hier v.a. S. 6.
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Beispiel folgender Kommentar im »Atlantic Monthly« aus dem Jahr 947: Hollywood finishes at least one feature-length picture every day of the year, and six of the seven turned out each week are just plain chopsticks, the same tune everybody knows, repeated in a repeated series of repetitions. […] [T]he so-called »original stories« fed into the studio thrashing machines almost inevitably deal with wornout types in wornout situations, old shoes polished to a bright, deceptive shine in the accepted trickery of all secondhand merchants.6
Classical Hollywood erscheint offensichtlich erst in der Retrospektive so viel »origineller« als das Kino seit den 70er Jahren. Remakes stellen hingegen nicht erst in den beiden letzten Dekaden des 20. Jahrhunderts, sondern seit Beginn der Filmgeschichte ein Standardverfahren der Filmproduktion dar. Allerdings haben sich die Praktiken und auch der Status des Remaking in mehr als 00 Jahren Filmgeschichte stark gewandelt. Die Produktion von Remakes wird durch eine komplexe Verknüpfung verschiedener Faktoren beeinflusst: der technologischen Entwicklung des Mediums, dem ökonomischen und strukturellen Wandel der Filmindustrie, aber auch gesellschaftlicher Veränderungen.
Remakes und Dupes im frühen Film Im ganz frühen Film (896-906) sind Remakes dem Status nach von den so genannten Dupes (duplicated positive prints) kaum zu unterscheiden. So werden auch dann Remakes produziert, wenn die Negative erfolgreicher Filme abgenutzt sind. Bis 906 sind Filme in den USA näm6
Budd Schulberg: »Movies in America. After Fifty Years«, in: The Atlantic Monthly (November 947), unter: www.theatlantic.com/issues/47nov/schul berg.htm (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). Anstelle von Remakes sind Schulberg Filmzyklen ein Dorn im Auge: »Ever since The Great Train Robbery, the ›cycle‹ has been a favorite crutch of the rabbit-hearted and the bookkeeper-brained […]. We have had Western outlaw cycles, rural romance cycles, femme fatale cycles, ancient spectacle cycles, Civil War cycles, flapper cycles, gangster cycles, wicked-heroine cycles, and most recently, a slew of alleged psychiatric stories through which amnesia spread like a common cold. […] [T]oday the average Hollywood film comes off the assembly line like a well-made can: canned love, canned adventure, canned psychiatry, canned history, canned spiritual values, hermetically sealed, untouched by human hand or human heart.« Auch der Filmproduzent Samuel Goldwyn, so berichtet Schulberg, beklagte 947, Hollywood seien die Ideen ausgegangen, es gäbe nicht annähernd genügend gute Skripte und gute Drehbuchschreiber, um den jährlichen Output von 400 bis 500 Filmen zu beliefern (ebd.).
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lich nicht durch Copyrights geschützt. Während der Entwicklung und dem Urheberschutz technischer Ausrüstung große Aufmerksamkeit entgegengebracht wird, herrscht die Meinung vor, die produzierten Filme selbst seien öffentliches Gut. Auch die Grenzen zwischen Literaturverfilmung und Remaking sind im neuen Medium, das sich vor allem von Literatur und Theater inspirieren lässt, fließend. Weil filmische Negative im Gegensatz zur Einmaligkeit von Theateraufführungen reproduzierbar sind, gelten Filme nicht als »Originale«. Erst im Nachhinein wird das neue Medium Film mit den Originalitätsdiskursen versehen, die die heutigen Pressekritiken prägen. »It is essential, therefore«, betont Jennifer Forrest, »to distinguish between pre- and post-906 definitions of the remake, locating their point of intersection at the moment when film emerged from the veil of the public domain to enter into the legal realm of the Copyright Statute.«7 Auch in den 20er Jahren ist Wiederholung noch kein Stigma. Cecil B. DeMilles Filme zum Beispiel wurden mit früheren Erfolgen beworben und spielten auch in den Titeln auf ihre Vorgänger an: OLD WIVES FOR NEW (USA 98), DON’T CHANGE YOUR HUSBAND (USA 99), WHY CHANGE YOUR WIFE? (USA 920).8 Lucy Mazdon siedelt den Zeitpunkt, an dem der Originalitätsdiskurs in den USA einsetzt, sogar erst in den 50er Jahren an (ganz im Gegensatz zu Frankreich, hier sei Film von Beginn an als Kunstform gehandelt worden): [C]inema was not read into the First Amendment until 952 and until this time it was not perceived in the United States as having the same status as other art forms. As a result the incorporation of scenes from Les Croix de bois (93) into The Road to Glory (936) was unlikely to be seen as problematic; indeed 65 feet of footage from the French film was also incorporated into The World Moves On (Fox, 934). The film did not yet have an original status that could be threatened, a fact borne out by the multi-lingual versions of the early 930s and the numerous remakes of silent films.9 7 8
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Forrest: The ›Personal‹ Touch, S. 90. Vgl. Charles Musser: »Divorce, DeMille and the Comedy of Remarriage«, in: Henry Jenkins/Kristine Brunovska Karnick (Hg.): Classical Hollywood Comedy, New York/London: Routledge 995, S. 282-33 u. 392-398, hier S. 293 u. 3. Mazdon: Encore Hollywood, S. 20; vgl. auch Edward De Grazia/Roger K. Newman: Banned Films. Movies, Censors and the First Amendment, New York: Bowker 982, S. 5. Mazdons Einschätzung entspricht Schulbergs Kommentar aus dem Jahr 947: »Whereas in France the approach of the pioneer Méliès was closer to that of artists in more established media, in America the movie was a gutter child growing up without guidance or traditions in an atmosphere of oppor-
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Die zahlreichen Remakes aus den Jahren 896-906 spielen eine entscheidende Rolle in der Formierung und Etablierung der ersten Filmgenres, narrativer Strukturen, kinematischer Visualisierungsverfahren und Techniken. Das frühe Kino als »cinema of attractions«, wie Tom Gunning es beschrieben hat,0 orientiert sich an populären, spektakulären Unterhaltungsformaten wie Vaudeville, Wild West Shows, Revues und Vergnügungsparks, doch bereits innerhalb einer Dekade bilden sich kinospezifische narrative Strukturen, formale und stilistische Konventionen heraus, die dem Publikum vertraut sind und die den Erwartungshorizont prägen.
Remaking 1930/40 Technologische Entwicklungen haben in Hollywood immer wieder Anlass für das Remaking von Filmen gegeben. So zieht zum Beispiel die Einführung des Tons2 in den späten 20er Jahren viele Remakes nach sich, etwa CHARLEY’S AUNT (USA 930USA 925), THE AWFUL TRUTH (USA 929USA 925), HIT THE DECK (USA 930SHORE LEAVE, USA 925) oder RAIN (USA 932SADIE THOMPSON, USA 928).3
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tunistic commercialization of the cheap thrill. […] [D]espite their spectacular development in technique and the occasional film of real beauty, it may be that they have yet to outgrow their penny arcade origin and point of view« (Schulberg: Movies in America). Tom Gunning: »The Cinema of Attractions. Early Film, Its Spectator and the Avant-Garde«, in: Thomas Elsaesser (Hg.): Early Cinema. Space, Frame, Narrative, London: British Film Institute 990, S. 56-62. Vgl. Forrest: The ›Personal‹ Touch, hier S. 9; vgl. auch Robert Sklar: Film. An International History of the Medium, Englewood Cliffs: Prentice Hall/Harry N. Abrams 993, S. 33-42. Eine ähnliche – wenn auch zahlenmäßig geringere und weniger geballte – Wirkung hat die stetige Weiterentwicklung der Special-Effects-Technik, die vor allem in den Genres Horror, Science Fiction und Fantasy immer neue Updates zu bewirken scheint, so etwa CAT PEOPLE (USA 982USA 942); THE THING (USA 982THE THING FROM ANOTHER WORLD, USA 95); THE FLY (USA 986USA 958); THE BLOB (USA 988USA 958); BODY SNATCHERS (USA 994INVASION OF THE BODY SNATCHERS, USA 978USA 956); KING KONG (NZ/USA 2005USA 976USA 933). Vgl. hierzu auch George Turner: »The All New Invaders from Mars«, in: American Cinematographer 67/8 (August 986), S. 44-64; Ron Magid: »The Blob – A Gelantinous Villain Comes Back«, in: American Cinematographer 69/2 (Dezember 988), S. 82-89; ders.: »Jaw-Dropping Effects Add Heft to The Nutty Professor«, in: American Cinematographer 77/2 (Dezember 996), S. 84. Die berühmte Screwball Comedy THE AWFUL TRUTH mit Cary Grant und
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In den 30er und 40er Jahren, in denen wöchentlich etwa 80-90 Millionen US-Amerikaner die Kinos besuchen4 und jährlich um die 350-400 Filme produziert werden (im Gegensatz zu nur 30 in den 70er und rund 200 in den 90er Jahren), herrscht ein großer Bedarf an Drehbüchern, der durch die seit der Depression und bis in die frühen 50er Jahre gängigen double feature oder double bill, also die Kopplung eines A- und eines BMovies in einer Vorstellung, noch verschärft wird.5 Da die Studios zwecks Risikominimierung an bereits erprobtem Material interessiert sind, der Rechteerwerb populärer Theaterstücke oder Bestsellerromane aber oftmals ein kostspieliges Unterfangen darstellt, werden viele erfolgreiche Drehbücher, die sich bereits im Besitz eines Studios befinden, alle paar Jahre mit populären Stars erneut verfilmt. Warner Bros. etwa legt THE MALTESE FALCON innerhalb von zehn Jahren dreimal wieder auf.6 Die Fassung mit Humphrey Bogart als Sam Spade von 94, die heute als Klassiker des Film Noir gehandelt wird, ist bereits die dritte Auflage des Films. Auch die kleineren Studios der so genannten Poverty Row und einige unabhängige Firmen gleichen in den 30er Jahren durch die Depression bedingte Verluste mit Remaking aus.7 Die jeweils älteren Ver-
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Irene Dunne von 937, die als »Original« der Musicalversion LET’S DO IT AGAIN (USA 953) gilt, ist also das zweite Remake der Story. Auch SHORE LEAVE wurde noch zweimal verfilmt: Zunächst mit Ginger Rogers und Fred Astaire als FOLLOW THE FLEET (USA 936), 954 dann als HIT THE DECK. »For twenty years, from the coming of sound in 929 to the postwar period (949), roughly 80 to 90 million Americans went to the movies every week. In other words, virtually every American between the ages of six and sixty went to the movies at least once a week« (John Belton: American Cinema/American Culture, New York u.a.: McGraw-Hill 994, S. 3). Vgl. auch Robert Sklar: Movie-Made America. A Cultural History of American Movies, New York: Random House 975, S. 269. Robert Ray zufolge fließen der Filmindustrie zwischen 930 und 945 83 Cent eines jeden US-Dollars zu, der für Freizeit und Erholung ausgegeben wird (Ray: A Certain Tendency, S. 25f. u. 29). Vgl. King: New Hollywood Cinema S. 5. Den Produktionshöhepunkt der Tonfilmära stellt das Jahr 937 mit 538 Filmen dar; vgl. Ray: A Certain Tendency, S. 264. 95 werden noch 432 Kinofilme produziert, 954 ist die Zahl bereits auf 303 gesunken; vgl. Robert Vianello: »The Rise of the Telefilm and the Networks’ Hegemony over the Motion Picture Industry«, in: Quarterly Review of Film Studies 9/3 (Sommer 984), S. 204-28, hier S. 23. THE MALTESE FALCON (93SATAN MET A LADY, 936THE MALTESE FALCON, 94). Noch in den 50er Jahren produziert Paramount zwei Remakes von ACCENT ON YOUTH (935): MR. MUSIC (950) und BUT NOT FOR ME (959). Brian Taves: »The B Film. Hollywood’s Other Half«, in: Tino Balio (Hg.):
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sionen dieser Remakeketten lagern bis zur Verbreitung des Fernsehens (erst Mitte der 50er Jahre beginnen die großen Studios mit dem Verleih oder Verkauf ihrer Filmarchive an das Fernsehen)8 und vor allem der Videotechnik in den Archiven der Studios.9 Vor diesem Produktionshintergrund wird das Remake HIS GIRL FRIDAY gedreht, um das es in der ersten Filmlektüre »I’ve Always Had a Queer Opinion of You. Unfinished Business und Nachträglichkeit in THE FRONT PAGE (93) und HIS GIRL FRIDAY (940)« gehen wird.
Remaking nach 1948 In den frühen 50er Jahren, genauer: zwischen 949 und 955 kommt es noch einmal zu einem Anstieg der Remakeproduktion.20 Die großen Studios, die Majors (Paramount, Warner Bros., MGM, 20th Century Fox, RKO), erhielten ihre Machtstellung in der amerikanischen Filmindustrie durch die gleichzeitige Kontrolle von Produktion, Distribution und Aufführung der Filme. Dieses System der vertikalen Integration erklärt der Supreme Court 948 in seiner Entscheidung zum Paramount case wegen Monopolbildung für illegal. Deshalb sind die großen Studios in den frühen 50er Jahren gezwungen, ihre Kinos zu verkaufen, und sowohl die Majors als auch die drei Minors (United Artists, Universal Pictures, Columbia) müssen restriktive Praktiken bei der Filmaufführung und das block-booking2 aufgeben. Durch diese Entwicklung verlieren die Studios jene für das Classical Hollywood Cinema gemeinhin veranschlagte wirtschaftliche und produktionstechnische Stabilität, zum einen, weil die in den Kinoketten erwirtschafteten Gewinne nicht mehr für die Produktion neuer Filme zur Verfügung stehen, zum anderen, weil der garantierte Absatzmarkt für die Filmproduktionen eliminiert wird. Die Studios ziehen sich mehr und mehr aus der aktiven Produktion zurück und cofinanzieren one-film deals, unabhängige Projekte, deren Distribution sie außerdem übernehmen. Diese Filme stehen nun in direkter Konkurrenz zu den Produktionen einer stetig wachsenden Zahl von independent companies sowie – in geringerem Maße – zu ausländischen Filmen. Die Su-
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Grand Design. Hollywood as a Modern Business Enterprise 930-939, (History of the American Cinema, Bd. 5), Berkeley/Los Angeles: University of California Press 995, S. 33-350, hier S. 334. Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 227. Vgl. Verevis: Re-Viewing Remakes, S. 3 u. 9. Vgl. Arend: Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern, S. 2 u. 39. Das System des block-booking sah den Verleih von Filmen in Gruppen vor. Um sich die Vorführrechte eines bestimmten Films zu sichern, waren die Kinobetreiber gezwungen, die ganze Filmgruppe zu mieten.
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preme-Court-Entscheidung kommt außerdem zu einer Zeit, in der Hollywood unter den Druck des McCarthyismus und der Aktivitäten des House Un-American Activities Committee (HUAC) gerät und in der einige europäische Länder, vor allem Großbritannien, die Einfuhr von Filmen mit Zöllen und Restriktionen belegen.22 Um die Verluste in dieser Zeit des Umbruchs möglichst gering zu halten, setzt Hollywood in der Produktion, wie schon zuvor, auf »geprüfte« Ware, vor allem auf solche, deren Rechte sich bereits im Besitz der Studios befinden. Neben populären Bestsellerromanen, Broadwaystücken, Märchen und biblischen Legenden,23 die zum großen Teil bereits verfilmt worden waren (manchmal mehrfach), sind das auch Hollywoodfilme der 30er und frühen 40er Jahre. Insbesondere Romantic Comedies – darunter die bereits erwähnten Screwball Comedies – werden neu verfilmt, oft jetzt als Musicalversionen, zum Beispiel A SONG IS BORN (948BALL OF FIRE, 942), IN THE GOOD OLD SUMMERTIME (949 THE SHOP AROUND THE CORNER, 940), LET’S DO IT AGAIN (953THE AWFUL TRUTH, 937), MY SISTER EILEEN (955942), THREE FOR THE SHOW (955TOO MANY HUSBANDS, 940), THE BIRDS AND THE BEES (956THE LADY EVE, 94), BUNDLE OF JOY (956BACHELOR MOTHER, 939), HIGH SOCIETY (956THE PHILADELPHIA STORY, 940), YOU CAN’T RUN AWAY FROM IT (956IT HAPPENED ONE NIGHT, 934).24 Während aber das Ende der vertikalen Integration, McCarthys Hexenjagd und die ausländischen Import-Zölle eine eher konservative Entwicklung des Nachkriegs-Hollywoodfilms zu befürworten scheint, verlangt ein ganz anderes Problem nach Innovation und Veränderung: Die größte Herausforderung der Nachkriegszeit stellt für Hollywood der 22 Vgl. King: New Hollywood, S. 27; Ray: A Certain Tendency, S. 3. 23 Vgl. Gerald Mast/Bruce F. Kawin: A Short History of the Movies, New York u.a.: Longman 82003, S. 296-298. 24 Außerdem u.a.: EMERGENCY WEDDING (950YOU BELONG TO ME, 94), SHE’S WORKING HER WAY THROUGH COLLEGE (952THE MALE ANIMAL, 942), THE FARMER TAKES A WIFE (953935), SMALL TOWN GIRL (953936), LIVING IT UP (954NOTHING SACRED, 937), DADDY LONG LEGS (95593), YOU’RE NEVER TOO YOUNG (955THE MAJOR AND THE MINOR, 942), DESIGNING WOMEN (957WOMAN OF THE YEAR, 942), MY MAN GODFREY (957936), SILK STOCKINGS (957 NINOTCHKA, 939), THE GIRL MOST LIKELY (957THREE GUYS NAMED MIKE, 95 [loses Remake]TOM, DICK AND HARRY, 94), ROCK-A-BYE BABY (958THE MIRACLE OF MORGAN’S CREEK, 944), BUT NOT FOR ME (959MR. MUSIC, 950ACCENT ON YOUTH, 935), POCKETFUL OF MIRACLES (96LADY FOR A DAY, 933), MOVE OVER, DARLING (963SOMETHING GOT TO GIVE, 962 [unvollendet]MY FAVORITE WIFE, 940), WALK, DON’T RUN (966THE MORE THE MERRIER, 943).
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drastische Rückgang der Zuschauerzahlen dar.25 Innerhalb eines Jahres, zwischen 949 und 950, gehen die Ticketverkäufe um ein Drittel zurück, von 90 auf 60 Millionen Besucher pro Woche. Einen Einbruch in dieser Größenordnung hatte es in der Geschichte des Mediums noch nicht gegeben (überboten wird er erst zwischen 965 und 967, als die Besucherzahl von 44 auf 7,8 Millionen fällt). Als Hauptursache für die sinkenden Zuschauerzahlen wird gewöhnlich die wachsende Entwicklung und Verbreitung des Fernsehens herangezogen. Der Publikumsschwund beginnt jedoch bereits einige Jahre zuvor. Zwar erhöht sich die Zahl der Fernsehgeräte von 940.000 im Jahr 949 auf 3,8 Millionen im folgenden Jahr, dieser Anstieg ist aber im Vergleich zu den Folgejahren gering: 952 sind 0,3 Millionen, 953 20,4 Millionen und 956 34,9 Millionen US-amerikanische Haushalte, deutlich mehr als 50 Prozent des potenziellen Marktes, im Besitz eines Fernsehers.26 Das Fortbleiben der Zuschauer hat zunächst vor allem soziokulturelle und ökonomische Gründe.27 Für viele US-Bürger bedeutet das Wirtschaftswachstum der Nachkriegsjahre ein höheres Einkommen bei geringeren Arbeitszeiten. Zeitaufwendigere und kostspieligere Hobbies treten in Konkurrenz zum Kino. Hinzu kommen gravierende demographische Veränderungen: Zahlreiche Baby-Boomer-Familien ziehen in den 50er Jahren an den Stadtrand und in die neuen Vorstädte,28 die großen Kinopaläste befinden sich zu dieser Zeit jedoch noch in den Stadtzentren (nicht wie heute in den Shoppingmalls der Vororte).29 Die Freizeitaktivitäten verlagern sich mehr auf den häuslichen Bereich: Garten- oder Do-ItYourself-Arbeiten und Barbecues. Hollywood sagt dem neuen Medium trotzdem zunächst den Kampf an, indem es seine erprobten Stories, bevorzugt in den »Spektakelgenres« Biblical/Epic Film und Musical, mit (zum Teil neuen) Attraktionen ausstattet, die das Fernsehen mit seinen kleinen Schwarz-Weiß-Bildschirmen 25 Dieses Problem stellt sich allerdings für die Studios, die ihre B-Linie relativ rasch auf die Produktion von Fernsehmaterial umstellen, weitaus weniger dramatisch dar als für die Kinobetreiber. Vgl. Richard Maltby: »›Nobody Knows Everything‹. Post-Classical Historiographies and Consolidated Entertainment«, in: Neale/Smith: Contemporary Hollywood Cinema, S. 2-44, hier S. 30. 26 Vgl. Belton: American Cinema, S. 258; Ray: A Certain Tendency, S. 32 u. 38; Vianello: The Rise of the Telefilm, S. 22. 27 Für eine ausführliche Diskussion vgl. Belton: American Cinema, S. 25726. 28 Allein ,5 Millionen New Yorker siedeln in den 50er Jahren in die Suburbs um; vgl. ebd., S. 260. 29 Vgl. hierzu King: New Hollywood, S. 24f. Eine erste Reaktion auf diese Entwicklung ist die Entstehung der Autokinos.
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nicht bieten kann:30 mit verschiedenen Breitwandverfahren,3 Stereoton, 3D32 und dem intensiven Einsatz von Farbe.33 »The early 950s saw the 30 Zu Recht haben Richard Maltby und andere Filmhistoriker darauf hingewiesen, dass Hollywoods Feindseligkeit dem neuen Medium gegenüber zu einem weitgehend unbelegten Schibboleth der Filmwissenschaft verkommen ist (vgl. Maltby: Nobody Knows Everything, S. 28). Die Studios, die seit den frühen 50er Jahren nur mehr in Produktion und Distribution involviert sind, realisieren hingegen schnell, dass mit Hilfe des neuen Mediums viele der durch die Supreme-Court-Entscheidung verursachten Verluste wettzumachen sind: TV-Programme und -Filme – 955 produziert Hollywood bereits zehnmal mehr Film für das Fernsehen als für die Kinosäle – erfüllen in wirtschaftlicher Hinsicht für die Studios bald die gleichen stabilisierenden Funktionen wie die B-Movies und die Shorts der 30er und 40er Jahre, ganz zu schweigen vom gewinnträchtigen Verkauf der Filmarchive. Vgl. Vianello: The Rise of the Telefilm, S. 23-25; vgl. auch Christopher Anderson: Hollywood TV. The Studio System in the Fifties, Austin: University of Texas Press 994; William Boddy: Fifties Television. The Industry and Its Critics, Urbana/Chicago: University of Illinois Press 990. 3 Einige Widescreen-Formate sind Cinerama (952), CinemaScope (953), VistaVision (954), Superscope (954), Todd-AO (955), Technirama (957), Ultra Panavision (957), Super Panavision 70 (959). Vgl. auch John Belton: Widescreen Cinema, Cambridge, MA/London: Harvard University Press 992; www.widescreenmuseum.com (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 32 Die in den frühen 50er Jahren eingeführte 3D-Technologie wurde vor allem im Horror- und Abenteuerfilm verwendet. Bereits 954 zogen sich die größeren Studios allerdings aus der Produktion zurück. 33 Die meisten dieser Technologien sind, auch wenn sie als neuartig und revolutionär beworben werden, nicht brandneu, sondern befinden sich bereits seit Jahrzehnten in der Entwicklung, setzen sich aus ökonomischen Gründen jedoch erst in den 50er Jahren durch. Sie stellen also bis Anfang der 50er Jahre nicht den »Kinoalltag« dar. Bereits der ganz frühe Film experimentierte mit Farbbädern und Handcolorationen, doch der Übergang zum Farbfilm vollzog sich auf Grund hoher Kosten und der eher zurückhaltenden Publikumsresonanz sehr viel langsamer als z.B. die Etablierung des Filmtons. In den 20er und 30er Jahren entwickelte Technicolor ein Farbverfahren, das bereits 922 in THE TOLL OF THE SEA und später in THE BLACK PIRATE (USA 926) – zunächst als Zwei-Farben-Prozess – Verwendung fand und das 932/33 durch den DreiFarben-Prozess abgelöst wurde. Nach Disneys Zeichentrickfilm FLOWERS AND TREES (USA 932) und dem Kurzfilm LA CUCARACHA (USA 934) war BECKY SHARP (USA 935) der erste Spielfilm, der die neue Technologie zum Einsatz brachte. Im Gegensatz zum Ton, der innerhalb weniger Jahre zum Standard wurde, blieb Schwarz-Weiß hingegen bis in die 50er Jahre die Norm, als das Monopol von Technicolor durch das Auslaufen der Patente und die Entwicklung von Eastmancolor beendet wurde. Eingesetzt wurde die kostenintensive Technicolor bis dahin vor allem in der Musical Comedy, dem Epic, Adventure und Fantasy Film. Für einen ausführlicheren Überblick vgl. Fred E. Basten: Glorious Technicolor. The Movies’
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most pervasive technological innovations in Hollywood since the late 920s«, so David Bordwell. »A series of processes changed the size of the screen, the shape of the image, the dimensions of the films, and the recording and reproducing of sound.«34 Teil dieser »Spektakularisierung« des Kinos sind die aufwendig und mit Staraufgebot produzierten Remakes der 50er Jahre, zum Beispiel THE TEN COMMANDMENTS (USA 956USA 923) und BEN-HUR (USA 959USA 926) oder das 3DStereo-Technicolor-Musical MISS SADIE THOMPSON (USA 953) mit Rita Hayworth. Auch WHITE CHRISTMAS, ein Musicalremake, das mit den Starqualitäten Bing Crosbys sowie Paramounts neuem Großwandverfahren VistaVision ausgestattet wird und das im Mittelpunkt des Lektürekapitels »Boy, Girl, Boy, Girl. Kategorienkrisen, Genre Trouble und Passing in HOLIDAY INN (942) und WHITE CHRISTMAS (954)« steht, ist in diesem Produktionszusammenhang zu verorten. An Filmen wie MISS SADIE THOMPSON, die mehrfach wiederaufgelegt werden, lassen sich die Veränderungen in der Filmindustrie nachvollziehen:35 Bereits erwähnt wurde RAIN (932), das Tonfilmremake der ersten Filmfassung SADIE THOMPSON von 928. In den 50er Jahren kommt nicht nur Technicolor, sondern 3D-Technologie, ein Genrewechsel und ein zeitgenössischer Star dazu.36 Eine ähnliche Kette von Remakes beginnt 932 mit WHAT PRICE HOLLYWOOD?, nur fünf Jahre später von dem Produzenten David O. Selznick, der das neue Drei-FarbenVerfahren mit seiner High-Budget-Independent-Firma Selznick InternaMagic Rainbow, London: Barnes 980; Richard W. Haines: Technicolor Movies. The History of Dye Transfer Printing, Jefferson/London: McFarland 2003; David Bordwell/Janet Staiger/Kristin Thompson: The Classical Hollywood Cinema. Film Style and Mode of Production to 960, New York: Columbia University Press 985, S. 353-357; Mast/Kawin: A Short History, S. 292-295. 34 Bordwell/Staiger/Thompson: The Classical Hollywood Cinema, S. 358. Damit legt Hollywood den Grundstock der Big-Budget-WidescreenBlockbuster-ra der 70er und 80er Jahre. Vgl. Belton: American Cinema, S. 257. Zur Entwicklung der verschiedenen Technologien vgl. Steve Neale: Cinema and Technology. Image, Sound, Colour, London/Basingstoke: Macmillan/British Film Institute 985; Lou Enticknap: Moving Image Technology. From Zoetrope to Digital, New York/London: Wallflower Press 2005. 35 »Film remakes can provide the film critic or historian with a potentially rich opportunity to examine the aesthetic, economic, political, social, and cultural development of the medium«, urteilt auch Leonard R. Koos (»Hiring Practices. Simenon/Duvivier/Leconte«, in: ders./Forrest: Dead Ringers, S. 203-223, hier S. 205). 36 Auch die beiden früheren Filme besetzten die Rolle der Sadie Thompson mit veritablen Stars: Gloria Swanson (928) und Joan Crawford (932).
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tional Pictures unterstützt, als (loses) Technicolor-Remake A STAR IS BORN verfilmt. Der Film wird 954 in das gleichnamige CinemaScopeMusical und Comeback-Vehikel für Judy Garland verwandelt. Dem Musicalgenre treu bleibt auch das folgende Remake mit Barbara Streisand, A STAR IS BORN (USA 976). Trotz neuer Technologien und eines gelockerten Production Codes gehen Veränderungen in Hollywood langsam vor sich.37 Robert Ray zufolge sind die sinkenden Zuschauerzahlen auch darauf zurückzuführen, dass die bewährten Formeln, auf die Hollywood nach wie vor zurückgreift, nicht mehr auf das veränderte, heterogenere Nachkriegspublikum abgestimmt sind. Even without the damage caused by witch hunts, antitrust rulings, eroding foreign markets, and television, Hollywood would have had problems maintaining its enormous popularity. For as a result of the tacit agreement with its audience to ignore reality during wartime for the sake of national morale, the industry had allowed a gap to open between the movies’ concerns and those of many Americans. The Classic Hollywood movie had been based on a pre-World War II America that now seemed remote.38
Zwar kann nicht davon gesprochen werden, dass die Filme der 30er und 40er Jahre ein undifferenziertes, homogenes Massenpublikum adressiert 37 Für eine relative Stabilität und Kontinuität der Produktionsbedingungen und -praktiken bis 960 argumentieren auch Bordwell/Staiger/Thompson: The Classical Hollywood Cinema; Douglas Gomery: »The American Film Industry of the 970s. Stasis in the ›New Hollywood‹«, in: Wide Angle 5/4 (983), S. 52-59; James Bernardoni: The New Hollywood. What the Movies Did with the New Freedoms of the Seventies, Jefferson: McFarland 99, S. ; Lawrence Alloway: Violent America. The Movies, 946-64, New York: MOMA 97, S. . Die These, Hollywood sei seit Ende der 40er Jahre ein dezidiert anderes, ein »post-klassisches« Kino, vertreten u.a. André Bazin: »The Evolution of the Western«, in: ders.: What Is Cinema?, Bd. 2, Berkeley: University of California Press 97, S. 49-57; Manny Farber: »The Gimp« [952], in: ders.: Negative Space. Manny Farber on the Movies, New York: Da Capo 998, S. 7-83, hier S. 7. 38 Ray: A Certain Tendency, S. 33. Vgl. dazu auch Schulbergs Kommentar im »Atlantic Monthly« im November 947: »From Louisville, Boyd Martin, the Courier-Journal’s drama editor, has been waging a campaign against escapist fairy tales and threadbare formulas, in favor of ›genuinely dramatic problems of these critically momentous times.‹ The public, Mr. Martin seems to think, are tired of warmed-over pipe dreams and ready for stronger stuff. But for most Hollywood executives, the safest stories still seem to be those which do the people’s dreaming for them« (Schulberg: Movies in America).
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hätten. Die Produktionen der Studio-ra reagierten allein durch das Genresystem auf verschiedene Publika, es gab Differenzierungen anhand von Gender, Alter, städtischer oder ländlicher Bevölkerung und hnlichem.39 Doch trotz solcher Ausdifferenzierungen war all diesen Filmen gemein, dass sie dem Production Code entsprechen mussten, um überhaupt in Kinos aufgeführt zu werden. Der Code legte genaue Vorschriften bezüglich der Repräsentation von Sexualität, Gewalt, Kriminalität, Politik, Religion et cetera fest. Jeder Film sollte für alle Altersgruppen geeignet sein, und auch die Genrefilme der Studio-ra hatten den Vorlieben eines breiten Publikums zu entsprechen. Sie waren deswegen von Genre-Mixing und Code-Bending geprägt – darauf hat unter anderem Steve Neale hingewiesen.40 Das Nachkriegspublikum nun zerfällt mehr und mehr in kleinere Gruppen, von »rebellious teens« und »college-age men and women« über »housewives« zu »conservative, older viewers« und »family audiences«.4 Jennifer Forrest zufolge stellen die Remakes der späten 40er und frühen 50er Jahre angesichts dieser Fragmentierung und der insgesamt rapide sinkenden Zuschauerzahlen den Versuch dar, »both to woo people away from their television sets and to recreate the ›homogenous‹ audience of the prewar, or a way to buy some time until filmmakers figured out what the postwar, ›fragmented‹ audience wanted«.42 Hollywood ist sich des veränderten Nachkriegspublikums ihrer Meinung nach also sehr wohl bewusst. Nach dem Zweiten Weltkrieg, so argumentiert Forrest zu Recht, legt Hollywood vor allem solche Filme der 30er und frühen 40er Jahre erneut auf, die soziale Veränderungen und die Bedrohung traditioneller Rollen zum Thema haben, sowohl in melodramatischen als auch in ko39 Vgl. Richard Maltby: »Sticks, Hicks, and Flaps. Classical Hollywood’s Generic Conception of Its Audience«, in: ders./Melvyn Stokes (Hg.): Identifying Hollywood’s Audiences, London: British Film Institute 999, S. 234; King: New Hollywood, S. 29. 40 Vgl. Neale: Genre and Hollywood, S. 233-242; ders.: »Questions of Genre« [990], in: Barry Keith Grant (Hg.): Film Genre Reader II, Austin: University of Texas Press 995, S. 59-83, hier S. 7. David Bordwell schreibt dazu: »The classical film has at least two lines of action, both casually linking the same group of characters. Almost invariably, one of these lines of action involves heterosexual romantic love. […] Sometimes, as in the love-triangle story, the second line of action also involves romance. More commonly, the second line of action involves another sort of activity – business, spying, sports, politics, crime, show business […]« (Bordwell/Staiger/Thompson: The Classical Hollywood Cinema, S. 6). 4 Belton: American Cinema, S. 07. 42 Jennifer Forrest: »Sadie Thompson Redux. Postwar Reintegration of the Wartime Wayward Woman«, in: Forrest/Koos: Dead Ringers, S. 69-202, hier S. 70.
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mischen Genres. Verhandelt werden in diesen Remakes – die das Lektürekapitel »Can this Marriage Be Saved? Remaking Remarriage in THE AWFUL TRUTH (937) und LET’S DO IT AGAIN (953)« in den Blick nehmen wird – demnach Themen, die für die amerikanische Nachkriegsbevölkerung von hoher Relevanz sind: allen voran die durch den Krieg in Unruhe geratenen Beziehungen der Geschlechter. Mit den Remakes rekurriere die Filmindustrie auf die Formeln des Classical Hollywood Cinema, um in sozial unbeständigen und transitorischen Zeiten das Klima einer allgemeinen moralischen und historischen Kontinuität herzustellen.43 Ab Mitte der 50er Jahre geht das Remaking von Filmen zurück, weil die Studios beginnen, Filme, die vor 948 gedreht wurden, an die Fernsehsender zu verkaufen. Alte Filme, die bislang in den Archiven der Studios gelagert hatten, können erstmals im Fernsehen erneut gesichtet werden: »In 956 alone some 3,000 feature films went into syndication; by 958, all of the majors had unloaded hundreds of pre-948 films. In 960, the studios and talent guilds agreed on residual payments for post948 films, leading to another wave of movie syndication and to Hollywood movies being scheduled in regular prime-time.«44 Nach Angabe der »New York Times« verbringen die US-Zuschauer im Jahre 958 viermal so viel Zeit damit, alte Filme im Fernsehen anzuschauen wie neue Filme im Kino zu sehen.45 Zu dieser Zeit gibt es also für die Studios wenig Anlass, in großem Rahmen in Kinoremakes zu investieren.
Remaking und die Hollywood Renaissance In den 60er und 70er Jahren werden zwar wieder mehr Remakes für das Kino gedreht, die Produktionsrate bleibt aber aus verschiedenen Gründen unter der der 30er bis frühen 50er Jahre. Zunächst einmal haben die verschiedenen Probleme und Veränderungen, denen sich die Filmindustrie durch die Verbreitung des Fernsehens und die Konsequenzen der Supreme-Court-Entscheidung von 948 zu stellen hat, generell eine reduzierte Filmproduktion zur Folge (z.B. durch das Ende der double bill).
43 Vgl. ebd., S. 85. 44 Thomas Schatz: »The New Hollywood«, in: Jim Collins/Ava Preacher Collins/Hilary Radner (Hg.): Film Theory Goes to the Movies, New York: Routledge 993, S. 8-36, hier S. 2; vgl. auch William Lafferty: »Feature Films on Prime-Time Television«, in: Tino Balio (Hg.): Hollywood in the Age of Television, Boston: Unwin Hyman 990, S. 235-256. 45 New York Times (27. Januar 958), zitiert nach: Vianello: The Rise of the Telefilm, S. 25.
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Die High-Budget-Filme, mit denen Hollywood auf die rapide sinkenden Zuschauerzahlen und die Konkurrenz durch das Fernsehen reagiert, haben Event-Status und richten sich an ein breites Publikum. Gleichzeitig beginnt Hollywood aber allmählich, spezifischere Zuschauergruppen zu adressieren, vor allem das wachsende jugendliche Publikum.46 Im Gegensatz zu den teuren Blockbuster-Produktionen, auch hier allerdings in Abgrenzung zum Fernsehen, gestaltet sich das Attraktionsmoment dieser Low-Budget-Filme, die häufig in den zur selben Zeit entstehenden Autokinos aufgeführt werden, in der Repräsentation von Thematiken, die im Fernsehen nicht gezeigt werden dürfen (Sexualität, Gewalt, Kriminalität etc.). Möglich ist dies vor dem Hintergrund einer seit den 50er Jahren zunehmenden Entkräftung des Production Codes:47 Weil durch das Ende der vertikalen Integration viele Kinoketten nicht mehr Mitglieder der Motion Pictures Producers and Distributors of America (MPPDA) sind, wird es nahezu unmöglich, die Einhaltung der Zensurvorschriften zu gewährleisten. Seit 948 hatten sich sowohl ausländische Filme48 als auch eine wachsende Zahl unabhängiger Produktionen stärker auf dem US-amerikanischen Markt etablieren können – Filme, die nicht selten die Vorgaben des Codes unterliefen. 952 – das wurde eingangs erwähnt – war das Medium Film zudem in das First Amendment der USVerfassung integriert worden. Das bedeutete nicht nur die verfassungsrechtliche Garantie der Ausdrucksfreiheit, sondern erstmals auch die Anerkennung von Film als Kunst. 956 und 966 wird der Production Code durch die Production Code Administration (PCA) grundlegend revidiert, 968 schließlich durch das Rating System ersetzt, nun unter Aufsicht der Motion Picture Association of America (MPAA, die Nachfolgeorganisation der MPPDA). Das Rating System institutionalisiert die Ausrichtung von Filmproduktionen auf spezifische Zuschauergruppen und führt zu einer weiteren Diversifizierung sowohl des Publikums als auch der Filme.49 Hinzu kommt zum einen das sich in den 60er und frühen 70er Jah46 In den späten 60er Jahren besteht das US-Kinopublikum bereits zu 50 Prozent aus 6- bis 24-Jährigen, Mitte der 70er Jahre zur Hälfte aus 2- bis 20Jährigen. Vgl. Mazdon: Encore Hollywood, S. 7; Belton: American Cinema, S. 296; Maltby: Nobody Knows Everything, S. 24. 47 Zur Entwicklung des Production Codes nach 948 vgl. King: New Hollywood, S. 29-3. Die Schwächung der Zensurvorschriften hatte einige Remakes zur Folge: William Wyler etwa legte seinen Film THESE THREE (USA 936) 96 als THE CHILDREN’S HOUR noch einmal auf, nachdem das Verbot der Darstellung von Homosexualität gelockert worden war. 48 Lucy Mazdon zufolge gibt es in den frühen 60er Jahren bereits mehr als 500 Arthouse-Kinos, die fast auschließlich ausländische Filme im Programm haben (Mazdon: Encore Hollywood, S. 6). 49 Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 3.
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ren – durch die politischen Morde, durch Vietnam und Watergate, die Studenten- und die Bürgerrechtsbewegung – tief greifend wandelnde gesellschaftliche Klima,50 zum anderen ein Generationenwechsel in der Regisseursriege: Viele der jüngeren Filmemacher sind Absolventen der in den 60er Jahren gegründeten Film-Studiengänge, viele von ihnen beinflusst vom europäischen Film, vor allem der französischen Nouvelle Vague.5 Diese gesellschaftlichen und filmindustriellen Faktoren führen in den späten 60er und frühen 70er Jahren zur Entstehung eines als »New Hollywood« oder »Hollywood Renaissance« bezeichneten US-Kinos52 –mit 50 »Making connections between Hollywood movies and the times in which they appear is not as straightforward a business as it might often appear. Sometimes, however, the case seems more clear-cut; the times are such that they seem to impose themselves forcefully on our consciousness, unmistakably invading the terrain of popular entertainment such as Hollywood cinema. The late 960s and early 970s appears to be such a time« (ebd., S. 4; vgl. auch S. 4-24). 5 Vgl. Forrest/Koos: Reviewing Remakes, S. 7 u. 23. 52 Ermöglicht werden diese Produktionen auch durch die ernste ökonomische Krise der US-Filmindustrie in den Jahren 969 bis 97: »The period of instability coincides with the ›Hollywood Renaissance,‹ repeating a phenomenon observable from the movies of the early 930s: that periods of economic instability in Hollywood appear also to be periods of relative instabilities in the movies’ codes of representation. Understood as opportunities for experimentation and formal innovation, such periods prove particularly receptive to critical attention« (Maltby: Nobody Knows Everything, S. 32). Der Erfolg großer Musicalproduktionen wie THE SOUND OF MUSIC (965), der bei einem Produktionsetat von $8 Millionen allein in den USA und Kanada $72 Millionen einspielt, sowie wachsender Konkurrenzdruck, unter anderem durch die Entstehung neuer Produktionsfirmen (darunter die beiden TV-Networks ABC und CBS, die in die Produktion von Kinofilmen, später auch von Made-for-TV-Movies einsteigen), führt in den späten 60er Jahren zu einer Eskalation der Budgets. Zu viele zu teure Filme werden produziert, deren Kosten vom Kinomarkt nicht mehr gedeckt werden können; vgl. ebd., S. 3f. Eine Reihe spektakulärer Musical-Flops (DOCth TOR DOLITTLE, 967; STAR!, 968; HELLO, DOLLY!, 969) bringt 20 Century Fox an den Rand des Bankrotts. Die teuren Widescreen-Musicals und -Epic-Films waren zudem unter anderem durch den Verkauf von Blockbusterfilmen an die Fernsehanstalten sowie die Produktion von Fernsehfilmen und -programmen finanziert worden. 968 versiegt diese neue Profitquelle plötzlich, wenn auch nur temporär, weil die Fernsehanstalten für die kommenden Jahre genügend Material eingekauft haben und zudem in eigene Produktionen investieren wollen. Im Zuge der folgenden drastischen Einsparungen und Umstrukturierungen sind kleine zeitgenössische LowBudget-Produktionen vorteilhafter und weniger riskant, als aufwendig produzierte teure Spektakel: BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID (969) und M*A*S*H (970) retten zum Beispiel Fox vor dem Aus. Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 35; Schatz: The New Hollywood, S. 4.
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Filmen wie BONNIE AND CLYDE (967), THE GRADUATE (967), EASY RIDER (969), TAXI DRIVER (976) und anderen –, das auf thematischer, formaler und narrativer Ebene als vergleichsweise experimentell und innovativ gilt: [I]ncorporating elements drawn from European art cinema, these films depicted uncertain, counter-cultural and marginal protagonists, whose goals were often relatively ill-defined and ultimately unattained, in contrast to the heroic and typically successful figures around which classical films revolved.53
Die Hollywood Renaissance ist allerdings einerseits von kurzer Dauer,54 andererseits wird ihre Dominanz auf dem Kinomarkt in der Retrospektive tendenziell überbewertet, vermutlich durch den kommerziellen Erfolg einzelner Filme.55 Die journalistische Presse – davon war eingangs die Rede – beklagt schon bald die »Sequelitis«,56 also die zunehmende Produktion von Sequels, Series, Remakes und Rereleases/Reissues (Filme, die ein zweites Mal, häufig in leicht veränderter Form in die Kinos gebracht werden),57 die seit Mitte der 70er Jahre in Hollywood um sich greife; ein Eindruck, der aus dem direkten Vergleich mit der vorhergehenden Dekade erwächst.58 53 Smith: Theses on the Philosophy of Hollywood History, S. 0. 54 »[A] significant mid-970s industry trend was the elimination of tax loopholes and write-offs which had provided incentives for investors, especially those financing independent films. This cut down the number of innovative and offbeat films […]« (Schatz: The New Hollywood, S. 2). 55 Robert B. Ray zufolge sind die kommerziell erfolgreichsten Filme auch zwischen 967 und 977 konservative Genrefilme (Ray: A Certain Tendency, S. 26-263). 56 Hoberman: Ten Years That Shook the World, S. 38. 57 Reissues und Rereleases gab es auch in den 30er bis 50er Jahren. Sie wurden allerdings – anders als in den 70er Jahren – nicht aufwendig beworben. 58 Vgl. Simonet: Conglomerates and Content, S. 6. Ein Grund, warum viele dieser Sequels so große Aufmerksamkeit auf sich ziehen, liegt auch in den veränderten Produktions- und Marketingstrategien, die sich nach dem Erfolg von JAWS (USA 975) und STARS WARS (USA 977) zunehmend durchsetzen und für das Kino der 80er und 90er Jahre zum Standard werden. Beworben werden diese High-Budget-Produktionen, deren hohe Etats neben Stars und Special Effects vor allem auch für die Werbung und Distribution kalkuliert sind, in nationalen Kampagnen, vor allem im Fernsehen, und sie werden in einer großen Zahl von Kinos gleichzeitig eröffnet, wegen des jungen Publikums gezielt in den Sommermonaten. Diese Strategie des so genannten saturation booking und blanket oder wide releasing war von Exploitation/Low-Budget-Firmen wie AIP in den 60er Jahren angewendet worden. Vgl. Maltby: Nobody Knows Everything, S. 34; King: New Hollywood Cinema, S. 55f. Einher geht diese Entwicklung mit der
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Widescreen Goes Small Screen: Remakes und Videotechnik In den 80er Jahren verändern sich die Praktiken des Remaking durch die rasante Verbreitung von Videorecordern und Kabelfernsehen grundlegend. 986 besitzt bereits die Hälfte der US-amerikanischen Haushalte einen Videorecorder, 990 hat sich diese Zahl auf zwei Drittel erhöht, 55 Millionen Haushalte verfügen zudem über einen Kabelanschluss. Der Verkauf von Videokassetten steigt von 980 bis 990 von 3 auf 220 Millionen.59 Abgesehen von Fernsehaufführungen hatte es bis Mitte der 70er Jahre nur wenige Möglichkeiten gegeben, Filme, die nicht mehr in den Kinos gezeigt wurden, erneut zu sichten.60 Die neuen Medien nun ermöglichen einen (theoretisch) fast unbeschränkten Zugriff auf Hollywoods Premakes und führen zu veränderten Sehgewohnheiten seitens des Filmpublikums: Filme werden mehrfach, nicht mehr bloß einmal angesehen. Bis Ende der 80er Jahre vollzieht sich innerhalb kürzester Zeit ein grundlegender Wandel in der Rezeptionsweise von Filmen:
Umbildung der Hollywoodstudios in große transnationale Medienverbundunternehmen seit den 80er Jahren. Schon Mitte der 60er Jahre hatte es eine erste Welle von Konzernübernahmen und -zusammenschlüssen gegeben. Vgl. hierzu Tino Balio: »›A Major Presence in all of the World’s Important Markets‹. The Globalization of Hollywood in the 990s«, in: Neale/Smith: Contemporary Hollywood Cinema, S. 58-73, hier S. 6. 59 Im Jahr 2000 sind die Einnahmen durch den Verleih und den Verkauf von Videokassetten in den USA fast dreimal so hoch wie an den USKinokassen. Weltweit spielt ein Film nun lediglich ein Viertel seiner Einkünfte an den Kinokassen ein, drei Viertel der Einkünfte gehen auf Fernsehausstrahlungen (inklusive Kabelfernsehen und Pay-per-View) und den Verkauf und Verleih von Videokassetten zurück. Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 225 u. 229f.; Richard Maltby: Hollywood Cinema, Oxford u.a.: Blackwell 22003, S. 92-97; Schatz: The New Hollywood, S. 25. 60 Gerald Mast und Bruce Kawin erläutern: »Films were released, played for a few weeks or months, then faded into memory. With luck, an old film might show up in 35mm at a revival house or in 6mm on a college campus. If for some reason one needed to see a particular film and couldn’t wait for it to happen to show up in a theatre, on late-night TV, or in a film series, one would have to rent it in 6mm (if the film was in nontheatrical distribution and could be found in catalogs), buy it (illegal, if the film was still protected by copyright), find it in a collection, watch it at the Library of Congress, or pay a studio to get a copy out of its archive for a very expensive private screening. Then, in August 976, the first prerecorded videocassettes were offered for sale« (Mast/Kawin: A Short History, S. 586).
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Between 987 and 990 – in less time than it took the average undergraduate to accumulate enough hours to graduate with a film studies major – watching feature films rented from the local video store at home supplanted going to a movie theatre as the most common mode of engagement with »the movies« for a large proportion of the population of North America.6
Nach anfänglicher Feindseligkeit dem neuen Medium gegenüber, entdeckt Hollywood schnell, dass der Videomarkt – wie schon das Fernsehen, seit Mitte der 70er Jahre insbesondere das Satelliten- und Kabelfernsehen – das Risiko eines Misserfolges drastisch senkt: Eventuelle Verluste an den Kinokassen lassen sich durch den Verkauf von Filmen an das Kabelfernsehen und durch Videokassetten häufig ausgleichen.62 Vor allem die kleineren Studios wie Orion Pictures und Cannon Films sowie independent companies wie Atlantic Release und New Line wissen diese Vorteile zu nutzen. Bald geht es um mehr als den Ausgleich finanzieller Verluste: Zwischen 986 und 988 wächst die Zahl der jährlich von der US-Filmindustrie produzierten Filme von 350 auf fast 600.63 Wie schon in den 30er und 40er Jahren bewirkt ein höherer Bedarf an Filmskripten den Rückgriff auf pre-sold-properties, darunter zunehmend »Originalfilme«. Thomas Schatz unterteilt die Hollywoodproduktion der 90er Jahre generalisierend in drei Gruppen: den »kalkulierten«, geplanten Blockbuster, das Mainstream-Star-Vehikel sowie den Low-Budget und/oder Independentfilm.64 Die Mehrzahl der Remakeproduktionen fällt unter die zweite Gruppe.65 Die großen Studios, die eine kleine Zahl hochbudgetierter Filme herstellen,66 greifen zwar verstärkt auf pre-sold properties zu6 Robert Allen: »Home Alone Together. Hollywood and the ›Family Film‹«, in: Maltby/Stokes: Identifying Hollywood’s Audiences, S. 09-33, hier S. 2. 62 Seit der Entwicklung und Verbreitung der DVD-Technik hat die Wichtigkeit dieses Marktes noch zugenommen. So waren die Kinoeinspielergebnisse von PEARL HARBOR (USA 200), der damit warb, der teuerste Film aller Zeiten zu sein, zunächst enttäuschend, die DVD hingegen zählt mittlerweile zu den meistverkauften DVDs auf dem nordamerikanischen Markt (vgl. hierzu auch Liebrand: Gender-Topographien, S. 9, Anm. ). 63 Balio: A Major Presence, S. 58f. Filme, die von vornherein geringe Einnahmen an den Kinokassen erwarten lassen, können nach kurzer Laufzeit oder sogar direkt auf Video veröffentlicht werden, um Marketingkosten für einen breiten Kinostart einzusparen. 64 Vgl. Schatz: The New Hollywood, S. 35. Als Blockbuster gelten seit 998 Filme, die an den Kinokassen mehr als $200 Millionen einspielen (zuvor $00 Millionen). 65 Vgl. auch Mazdon: Encore Hollywood, S. 24. 66 Die durchschnittlichen Kosten zur Fertigstellung solcher Filme (die so genannte negative cost), steigen von $9,4 Millionen im Jahr 980 auf $26,8
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rück, dabei handelt es sich aber meist um Bestsellerromane (»Lord of the Rings«),67 Comics (»Batman«, »Spiderman«, »X-Men«, »Hulk«), Fernsehserien (THE FLINTSTONES, MISSION: IMPOSSIBLE, CHARLIE’S ANGELS) oder Computerspiele (Tomb Raider). Selten sind die Vorlagen hingegen Kinofilme (abgesehen von Mehrfach-Verfilmungen derselben Vorlage, wie etwa im Fall der BATMAN-Filme, die zahlreiche Remakes und Sequels aufweisen).68 Die Remakes der 80er und 90er Jahre sind vor allem Star-Vehikel mittleren Budgets. Im Unterschied zur Studio-ra, in der generell nur wenige Jahre zwischen der ersten Verfilmung und der Produktion eines ersten Remakes vergehen, liegt zwischen den Versionen jetzt deutlich mehr Zeit, häufig bis zu 40 oder 50 Jahre. Es wird also auf Filme zurückgegriffen, die selten im Fernsehen gezeigt werden, die auf Video schwer erhältlich sind oder deren in die Jahre gekommene Technik oder Umsetzung des Themas ein Update zu rechtfertigen scheinen, zum Beispiel (alle USA): SCARFACE (983932), ALWAYS (989A GUY NAMED JOE, 943), STELLA (990STELLA DALLAS, 937), CAPE FEAR (9996), FATHER OF THE BRIDE (99950), MIRACLE ON 34TH STREET (994947), SABRINA (995954), THE PREACHER’S WIFE (996THE BISHOP’S WIFE, 947), YOU’VE GOT MAIL (998THE SHOP AROUND THE CORNER, 940), CHEAPER BY THE DOZEN (2003950).
Millionen (990) und auf $56 Millionen im Jahr 2000. Im gleichen Zeitraum versechsfachen sich die durchschnittlichen Kosten für Werbung und Filmkopien, von $4,3 Millionen (980) auf $27,5 Millionen (2000). Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 58; Maltby: Hollywood Cinema, S. 99; Schatz: The New Hollywood, S. 26. 67 Zum Beispiel die »Lord-of-the-Rings«-Verfilmungen: THE FELLOWSHIP OF THE RING (NZ/USA 200THE TWO TOWERS, NZ/USA/D 2002THE RETURN OF THE KING, NZ/USA/D 2003). 68 Vgl. z.B. THE BATMAN (USA 943BATMAN AND ROBIN, USA 949, Sequel)BATMAN (USA 966)BATMAN (USA/GB 989BATMAN RETURNS, USA/GB 992, SequelBATMAN FOREVER, USA 995, Sequel BATMAN & ROBIN, USA 997, Sequel)BATMAN BEGINS (USA 2005). Auf pre-sold-properties setzen die High-Budget-Filme vor allem, um das finanzielle Risiko gering zu halten. Heute spielen die meisten Filme – wie erwähnt – den Großteil ihrer Profite nicht mehr an den Kinokassen ein, sondern auf den so genannten ancillary markets: Kabel- und Satellitenfernsehen, Verleih und Verkauf von Videokassetten und DVDs, Soundtrackalben, Musikvideos, Videospiele, T-Shirts und anderes Merchandise. Durch die großen Medienverbundunternehmen, die durch die Zusammenschlüsse von Film-, Musik-, Computerindustrie, Verlags- und Pressewesen etc. seit den 80er Jahren entstanden sind, lassen sich diese Synergien voll ausschöpfen. Vgl. Maltby: Nobody Knows Everything, S. 24; vgl. auch Balio: A Major Presence S. 58-73.
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Neben Hollywoodfilmen, die mehrere Dekaden zurückliegen, werden die filmischen Vorlagen oft aus dem nicht-englischsprachigen Ausland importiert; Filme also, die lediglich in untertitelter oder synchronisierter Fassung auf dem US-amerikanischen Markt erscheinen. In der Presse haben die zahlreichen Remakes erfolgreicher französischer Komödien die größte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sowohl im europäischen als auch im US-amerikanischen Feuilleton wurden und werden diese Produktionen als Ausdruck eines (kultur-)imperialistischen Amerikas verdammt; unter ihnen THE MAN WHO LOVED WOMEN (USA 983 L’HOMME QUI AMAIT LES FEMMES, F 977), THE WOMAN IN RED (USA 984UN ÉLÉPHANT ÇA TROMPE ÉNORMÉMENT, F 976), THE MAN WITH ONE RED SHOE (USA 985LE GRAND BLOND AVEC UNE CHAUSSURE NOIRE, F 972), THREE MEN AND A BABY (USA 987TROIS HOMMES ET UN COUFFIN, F 985), COUSINS (USA 989COUSIN, COUSINE, F 975), THREE FUGITIVES (USA 989LES FUGITIFS, F 986), QUICK CHANGE (USA 990HOLD-UP, F 985), PURE LUCK (USA 99LA CHÈVRE, F 98), MY FATHER THE HERO (USA/F 994MON PÈRE, CE HÉROS, F 99), TRUE LIES (USA 994LA TOTALE, F 99), NINE MONTHS (USA 995NEUF MOIS, F 994), THE ASSOCIATE (USA 996L’ASSOCIÉ, F/I/D 979), THE BIRDCAGE (USA 996LA CAGE AUX FOLLES, F/I 978), FATHER’S DAY (USA 997LES COMPÈRES, F 983).69 Zwar hat Hollywood schon immer auf französische Filme zurückgegriffen, doch die erhöhte Frequenz und die – so jedenfalls schien es den Kritikern – immer kürzer werdenden Abstände zwischen Premake und Remake lenkten die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Phänomen. Nachdem Remakes in den 70er Jahren zahlenmäßig hinter die Produktion von Sequels und Reissues zurückgetreten waren, stehen sie seither im Kreuzfeuer der journalistischen Kritik. Zu beobachten sind solche Remakezyklen auch innerhalb Hollywoods: So werden Mitte bis Ende der 90er Jahre zahlreiche Filme aus den 60er und 70er Jahren mit höheren Budgets und zeitgenössischen 69 Zur Zeit ist solch ein Remakezyklus im Horror-, Thriller- und Komödiengenre in Bezug auf das ostasiatische Kino zu beobachten, z.B. THE RING (USA 2002RINGU, J 998), THE GRUDGE (J/USA/D 2004JU-ON: THE GRUDGE, J 2003), DARK WATER (USA 2005HONOGURAI MIZU NO SOKO KARA, J 2002), THE DEPARTED (USA 2006MOU GAAN DOU/INFERNAL AFFAIRS, HK 2002), THE EYE (USA 2007, angekündigtGIN GWAI/THE EYE, HK/GB/SGP 2002), SHALL WE DANCE (USA 2004SHALL WE DANSU?, J 996), MY SASSY GIRL (USA 2007, angekündigtYEOPGIJEOGIN GEUNYEO, ROK 200). Vgl. hierzu Gang Gary Xu: »Remaking East Asia, Outsourcing Hollywood«, in: Senses of Cinema 34 (Januar/März 2005), unter: www.sensesofcinema.com/contents/05/34/remaking_east_asia.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007).
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Stars neu aufgelegt, etwa THE GETAWAY mit Alec Baldwin und Kim Basinger (994972), THE ASTRONAUT’S WIFE mit Johnny Depp und Charlize Theron (999ROSEMARY’S BABY, 968), PAYBACK mit Mel Gibson (999POINT BLANK, 967), THE THOMAS CROWN AFFAIR mit Rene Russo und Pierce Brosnan (999968), GONE IN 60 SECONDS mit Angelina Jolie und Nicholas Cage (2000974), SHAFT mit Samuel L. Jackson (200097), THE STEPFORD WIVES mit Nicole Kidman (2004 975).
Remaking 1990ff. Wohl als Folge der veränderten Sehgewohnheiten durch Video- und DVD-Technologie ist innerhalb Hollywoods seit den 90er Jahren ein bewussterer, ein offensiverer Umgang mit dem Remakestatus eines Films zu beobachten, der nun verstärkt für das Marketing eingesetzt wird, so etwa bei CAPE FEAR, CHEAPER BY THE DOZEN und SHAFT. Die erste Filmversion wird häufig nach Erscheinen des Remakes als tie-in erneut vermarktet, es kommt zu Fernsehaufführungen, Video- und DVD-Editionen.70 Diese Strategie setzt vor allem die Synergieeffekte der großen Medienverbundunternehmen frei, die nicht nur Filmarchive, sondern auch Fernsehsender besitzen.7 (So erhöhten die Filmarchive der Studios deren Attraktivität für potenzielle Investoren seit den 80er Jahren noch einmal beträchtlich.)72 AOL Time Warner etwa produzierte YOU’VE GOT MAIL, ein Remake von THE SHOP AROUND THE CORNER. Seit der Übernahme von Turner im Jahre 995 besitzt Time Warner die Rechte dieser MGMProduktion wie auch die des ersten Remakes IN THE GOOD OLD SUMMERTIME mit Judy Garland. In der Folge von YOU’VE GOT MAIL kam es nicht nur zu wiederholten Fernsehaufführungen dieser beiden früheren Versionen beim »hauseigenen« Fernsehsender Turner Classic Movies (TCM), sondern auch zu einer DVD-Edition. Dieses – wenn auch finanziellen Beweggründen geschuldete – Verfahren führt häufig zu einer RePopularisierung des Premakes; die Wiederholung bedeutet hier also sowohl ein Repetieren als auch ein Zurückholen des älteren Films. Remakes fungieren seit den 90er Jahren so zunehmend als Container, die 70 Vgl. hierzu auch Verevis: Film Remakes, S. 7, 32-38. 7 Zum Ausmaß dieser Vernetzung schreibt Richard Maltby: »Contemporary Hollywood is a fully integrated part of a much larger and more diversified entertainment software industry, the second largest net export industry in the US economy, dominating its global market to an extent comparable only with the position of Hollywood at the height of the late silent era« (Maltby: Nobody Knows Everything, S. 23). 72 Vgl. King: New Hollywood Cinema, S. 228.
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ihre filmischen Vorgänger nicht wegschließen, sondern sie bewahren und erhalten.73 Generalisierend lässt sich festhalten, dass in Zeiten hoher Filmproduktion, wenn also ein Mangel an Drehbüchern herrscht, sowie in Umbruchphasen, wenn es gilt, das finanzielle Risiko der Produktionskosten zu minimieren, überproportional viele Remakes gedreht werden. Der offensichtliche Einfluss filmindustrieller Entwicklungen und ökonomischer Beweggründe auf die Praktiken des Remaking hat häufig dazu geführt, dass gesellschaftliche und historische Kontexte unberücksichtigt bleiben. Remakes adressieren aber auch historische und kulturelle Veränderungen, das zeigt zum Beispiel die hohe Remakedichte der 50er Jahre, einer Dekade in der insgesamt weitaus weniger Filme produziert werden als in den 30ern und 40ern. Neben ökonomischen Faktoren haben diese Remakes – so die bereits eingeführte These – auch die Funktion, die durch den Zweiten Weltkrieg gerade in Bezug auf die Geschlechterrollen grundlegend veränderte Gesellschaftsordnung der USA wieder den Verhältnissen der Vorkriegszeit anzunähern.74
73 Vgl. hierzu auch meinen Aufsatz »Vom SHOP AROUND THE CORNER zum Global Village und zurück. Glocalization im Hollywood-Remake YOU’VE GOT MAIL«, in: Gereon Blaseio/Marcus Krause/Hedwig Pompe (Hg): Popularisierung und Popularität, Köln: DuMont 2005, S. 257-28. 74 Vgl. auch Forrest: Sadie Thompson Redux.
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Während Remakes in der populären Presse mindestens seit den 70er Jahren rege diskutiert werden, stellt das Verfahren in filmwissenschaftlicher Perspektive bis in die 90er Jahre ein weitgehend unerschlossenes Forschungsgebiet dar. »To date no serious, sustained comment on the process has been produced«, schreibt Lucy Mazdon noch 996 zu Recht. Seither ist eine kleine Zahl von Sammelbänden und Monographien erschienen, die das Phänomen des Remaking vor allem unter kulturwissenschaftlichen Fragestellungen (Intertextualität, kulturelle Umschriften, Autorschaft) in den Blick nehmen. Fast ins Unüberschaubare angewachsen ist außerdem die Zahl von Zeitschriftenaufsätzen, die einzelne Filmpaare untersuchen. Daneben steht eine Reihe von Studien, die sich um eine Systematisierung und Konzeptionalisierung des Remakes bemühen. Bereits seit Mitte der 60er Jahre wurden zudem verschiedene Nachschlagewerke und Remakelexika veröffentlicht, die gemein haben, dass sie theoretische Überlegungen auf knappem Raum abhandeln, die aber für die Remakerecherche von Nutzen sind. Das folgende Kapitel bietet auf Grund dieser recht heterogenen und bislang unzureichend sondierten Forschungslage eine ausführliche Revue der Veröffentlichungen aus dem angloamerikanischen und deutschsprachigen Raum.2 2
Mazdon: Rewriting and Remakes, S. 47. Die französischsprachige Forschungslage ist, dank verschiedener Monographien zum Hollywoodremaking französischer Filme, bereits gut aufgearbeitet. Vgl. hierzu Mazdon: Encore Hollywood; Durham: Double Takes. 989 widmet das französische Filmmagazin »CinémAction« dem Phänomen des Remaking die Ausgabe »Le remake et l’adaptation«. Genau eine Dekade später beschäftigt sich die Zeitschrift »Positif« in ihren Mai- und JuniAusgaben erneut mit dem Thema. Während die Beiträge der Juni-Ausgabe das Remake als ästhetisch und kulturell fruchtbares Forschungsobjekt in den Blick nehmen, reproduziert die Mai-Ausgabe den defizittheoretischen Ton von 989. Daniel Protopopoff/Michel Serceau (Hg.): Le remake et l’adaptation (Themenheft), CinémAction 53 (Oktober 989); Alain Masson (Hg.): Le remake à Hollywood (Dossier), Positif 459 (Mai 999), S. 74-03; ders. (Hg.): Le remake 2ème partie (Dossier), Positif 460 (Juni 999), S. 7402. Auch die französische Filmzeitschrift »Cinématographe« widmete dem Phänomen 98 ein Dossier: Remakes, Cinématographe 70 (September 98), S. -29. Der französische Filmkritiker André Bazin verfasste bereits in
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Remakelexika Bereits 964 erscheint James L. Limbachers »Original Film Sources and Titles with Subsequent Remakes«, das in den folgenden drei Jahrzehnten viermal erweitert und neu aufgelegt wird, zuletzt 99 als »Haven’t I Seen You Somewhere Before? Remakes, Sequels, and Series in Motion Pictures, Videos, and Television, 896-990«.3 Wie im Titel angekündigt, schließt Limbacher nicht nur Sequels und Serien in sein immerhin fast 00 Jahre Filmgeschichte umfassendes Sammelwerk ein, er erfasst auch Video- und Fernsehproduktionen.4 Dabei ist die Auswahl weder auf bestimmte Produktionsländer noch auf Spielfilme beschränkt, es werden also weltweit zum Beispiel auch Kurz- und Zeichentrickfilme aufgelistet. Der Remakebegriff ist zudem weit gefasst: »For instance, ROSE OF WASHINGTON SQUARE, FUNNY GIRL, and FUNNY LADY are all films based on various aspects of the career of entertainer Fanny Brice. The objective of this volume is simply to bring all films and television programs on Fanny Brice together under one heading.«5 Geordnet nach dem englischen Titel der Erstverfilmung werden neben dessen (z.B. literarischer) Quelle lediglich Produktionsjahr und -land (bei US-amerikanischen Filmen die Produktionsfirma) genannt, es erfolgt keine Angabe zu Regisseur, Darstellern oder Genre. Das Ergebnis ist eine unübersehbare Menge von Daten (in dieser letzten Ausgabe fast 5000 Einträge, davon 362 Filme, von denen mindestens ein Kinoremake produziert wurde), die sich nur dann befragen lässt, wenn nach konkreten Filmtiteln gesucht wird. Allerdings vermag die Sammlung einen Eindruck davon zu geben, welche Motive und Sujets besonders häufig verfilmt worden sind. Wie Limbacher unterscheidet auch Michael B. Druxmans »›Make It Again, Sam‹. A Survey of Movie Remakes« von 975 nicht zwischen Literaturverfilmungen und Remakes.6 Im Gegenteil: Druxman bezieht ex-
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den frühen 50er Jahren zwei Aufsätze zum Thema Remake: André Bazin: »A propos des réprises«, in: Cahiers du cinéma /5 (September 95), S. 52-56; ders.: »Remade in USA«, in: Cahiers du cinéma 2/ (April 952), S. 54-59. James L. Limbacher: Original Film Sources and Titles with Subsequent Remakes, Dearborn: Dearborn Public Library 964; ders.: Haven’t I Seen You Somewhere Before? Remakes, Sequels and Series in Motion Pictures and Television, 896-990, Ann Arbor: Pierian Press 99. Zum Austausch von Fernsehen und Kino vgl. auch David Marc: »Sibling Rivalry«, in: Sight and Sound (Juli 994), S. 6-9. Limbacher: Haven’t I Seen You Somewhere Before?, S. vii. Michael B. Druxman: ›Make It Again, Sam‹. A Survey of Movie Remakes, South Brunswick/New York: Barnes 975; vgl. auch ders.: One Good Film Deserves Another, South Brunswick/New York/London: Barnes/Yoseloff 977.
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plizit nur solche Kinofilme in seine Liste ein, die auf einer gemeinsamen literarischen Quelle (»story, novel, play, poem, screenplay«) basieren.7 Der Rahmen ist allerdings deutlich kleiner gesteckt. Die ausdrücklich nicht auf Vollständigkeit angelegte Liste umfasst etwa 500, auch ausländische, Filme (darunter Premakes des ganz frühen Films), von denen bis in die frühen 70er Jahre mindestens ein US-amerikanisches Remake produziert wurde. Nicht einbezogen sind Sprachversionen früher Tonfilme sowie Fernsehproduktionen. Die Angaben sind gegenüber Limbacher um Regisseur und Hauptdarsteller erweitert. Auf 33 ausgewählte Premakes und ihre Remakes geht Druxman zuvor anhand folgender Fragestellungen etwas genauer ein: »() Why was the picture remade? (2) How was the remake different from the original as far as important story changes were concerned? (3) What was the critical reaction to the remake?«8 Das 989 erschienene »Cinema Sequels and Remakes, 903-987«9 von Robert Nowlan und Gwendolyn Wright Nowlan führt mehr als 000 »primary films« und ihre Sequels und Remakes aus den Genres Drama, Action-Adventure, Romance, Comedy und Thriller auf.0 Anders als bei Limbacher und Druxman liefern die Einträge nicht nur ausführlichere Produktionsdaten, sondern auch kurze Inhaltsangaben und Kommentare zu den verschiedenen Versionen. In einem Index sind Schauspieler, literarische Texte, auf denen die Filme basieren, und Songs, die in den behandelten Filmen vorkommen, verzeichnet. Allerdings werden theoretische Vor- oder Auswahlüberlegungen auch hier auf knapp zwei Seiten abgehandelt. Ein Film gilt den Verfassern dann als Remake oder Sequel, wenn er in mindestens zwei anderen Sekundärwerken so bezeichnet wird. Ein weiteres bebildertes Lexikon US-amerikanischer Kino- und Fernsehremakes bietet Doris Milbergs »Repeat Performances. A Guide to Hollywood Movie Remakes«. Die Einträge zu Premake und dem »wichtigsten« Remake (»the most important redo«)2 enthalten Studio, Regisseur, Hauptdarsteller, Kurzinhalt und einen Kurzkommentar – von weiteren Remakes wird lediglich der Titel genannt. Nicht-amerikanische Filme sind selten angegeben, so wird CASBAH (USA 948) als Remake 7 8 9
Druxman: Make It Again, Sam, S. 9. Ebd. Robert Nowlan/Gwendolyn Wright Nowlan: Cinema Sequels and Remakes, 903-987, Jefferson/London: McFarland 989. 0 »All films, silent or sound, from the genres drama, action-adventure, romance, comedy or thriller, which have at least one English-speaking sound remake or sequel, will be treated as primary films, and together with their remakes and sequels will be featured« (ebd., S. xii). Doris Milberg: Repeat Performances. A Guide to Hollywood Movie Remakes, Shelter Island: Broadway Press 990. 2 Ebd., S. x.
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von ALGIERS (USA 938) geführt, Julien Duviviers PÉPÉ LE MOKO (F 937) nur im Kurzkommentar als Vorgänger beider Filme erwähnt. Die Filme sind nach Genres geordnet, was auch zu angreifbaren Entscheidungen führt, durch den Index lassen sich die Einträge jedoch lokalisieren. Durch diese Einteilung ist Milbergs Buch zudem das einzige Nachschlagewerk, in dem ohne vorherige Kenntnis der Filmtitel Remakes gezielt nach Genre recherchiert werden können. Mit »Science Fiction, Fantasy and Horror Film Sequels, Series and Remakes«3 legen Kim R. Holston und Tom Winchester 997 ein Nachschlagewerk für einige der Genres vor, die »Cinema Sequels and Remakes« unberücksichtigt lässt und die eine hohe Remakeproduktion aufweisen. Das Buch weist insgesamt etwa 400 Einträge zu englischsprachigen Spielfilmen auf, die zwischen 93 und 995 für das Kino (seltener: für den Videomarkt) produziert wurden. Diese sind allerdings nicht deutlich bezüglich ihres Genres respektive ihres Status als Sequel, Serienfilm oder Remake gekennzeichnet. Zu jedem Eintrag werden nicht nur ausführliche Produktionsdaten und eine Plot-Synopsis, sondern auch zeitgenössische Kurzrezensionen und ein (in der Ausführlichkeit variierender) Kommentar vorgelegt. Die Einträge sind in einem Index verschlagwortet; das Lexikon enthält zudem eine Bibliographie weiterführender Titel. Ein weiteres Buch, das sich auf ein Filmgenre oder eine Gruppe von Filmen konzentriert, ist Ronald Schwartz’ »Noir, Now and Then. Film Originals and Remakes, 944-999«.4 Schwartz stellt – ähnlich wie Druxman – 35 Noir-Premakes und ihre Kino- und Fernsehremakes vor. Neben den Produktionsdaten versammeln die wenige Seiten umfassenden Einträge eine Mischung aus Inhaltszusammenschau, Kommentar, Wertung und Produktionshintergrund.5 Neben einer kurzen Bibliographie und einem Index sind zudem zwei Appendizes enthalten: Der eine umfasst Film-Noir-Remakes von Pre-Noir-Filmen, der andere Neo-NoirRemakes von Neo-Noirs. Sowohl der Film-Noir- als auch der Remakebegriff des Textes ist äußerst weit gefasst. Zwar geht es Schwartz ausdrücklich nicht um eine Redefinition des Film Noir oder Neo-Noir, son-
3 Kim R. Holston/Tom Winchester: Science Fiction, Fantasy and Horror Film Sequels, Series and Remakes, Jefferson/London: McFarland 997. 4 Ronald Schwartz: Noir, Now and Then. Film Originals and Remakes, 944-999, Westport: Greenwood Press 200. 5 »I will judge the critical worth of these transpositions of art, from one style to another, and provide some entertaining perceptions and readings […] to gauge an awareness of the change in American social mores through these two unique styles of peculiarly American cinema« (ebd., S. xiii).
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dern um die Untersuchung der ausgewählten Filme, doch ist eben diese Auswahl häufig schwer nachzuvollziehen.6 Das bislang einzige Nachschlagewerk aus dem deutschsprachigen Raum ist Manfred Hobschs »Mach’s noch einmal. Das große Buch der Remakes«, 2002 erschienen.7 hnlich wie Limbachers »Haven’t I Seen You Somewhere Before?« (jedoch ohne Serien und Sequels) beansprucht dieses Lexikon Vollständigkeit: 300 Filme aller Genres und Epochen seien verzeichnet, einschließlich »verkappte[r] Remakes«,8 Tonfilmremakes, Parodien, TV-Remakes von Kinofilmen und Kinoremakes von TV-Serien. Geordnet nach dem deutschen Titel der jüngsten Produktion, listet der Eintrag in umgekehrt chronologischer Reihenfolge alle weiteren Verfilmungen und schließt folglich mit dem Premake. Angegeben sind neben Premaketitel in der Originalsprache Produktionsland und -jahr, Regisseur und Darsteller; wie bei Holston und Winchester folgt eine Plot-Synopsis, (hier nicht nachgewiesene) Presse-Rezensionen und ein Kommentar, meist auf das neueste Remake beschränkt. Im Anhang finden sich ein Index mit deutschen und originalsprachlichen Titeln sowie eine kurze weiterführende Bibliographie. Die meisten dieser Remakelexika und -nachschlagewerke sind ganz offensichtlich für ein breites Publikum konzipiert, nicht für den filmwissenschaftlichen Gebrauch. So werden die Archive, Filmotheken und die Literatur, anhand derer die Filmlisten erstellt worden sind, in den meisten Fällen nicht konsequent angegeben. Dies erklärt auch die oftmals kursorische Begriffsdefinition, die den Einträgen zu Grunde liegt, obwohl nahezu alle Texte die Schwierigkeit einer konsistenten Zuordnung thematisieren. Die unverbindlichen Selektionsprinzipien führen zu fehler- und lückenhaften Einträgen. Die Leistung dieser Nachschlagewerke liegt daher – neben ihrem (mittelbaren) Wert als Datensammlung – vor allem darin, dass sie in ihrer Gesamtheit das Remaking als genre-, zeit- und länderübergreifendes Phänomen präsentieren.
6 Allein die Unterteilung in »pre-noir film«, »film noir« und »neo-noir« ist in Verbindung mit dem Remakeschwerpunkt (»new noir remakes« etc.) einigermaßen verwirrend. Wenn zudem Filme wie THE THOMAS CROWN AFFAIR (USA 968999) sowie PLEIN SOLEIL (F 960) und dessen Remake THE TALENTED MR. RIPLEY (USA 999) als Neo-Noirs eingestuft werden, müsste letztlich jeder Thriller oder Gangsterfilm zum Film Noir erklärt werden. 7 Manfred Hobsch: Mach’s noch einmal. Das große Buch der Remakes, Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf 2002. 8 Ebd., S. 2.
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Typologien, Taxonomien Ausgelöst vermutlich durch die zahlreichen Hollywoodremakes französischer Filme in dieser Dekade erscheinen seit Ende der 80er Jahre vermehrt film- oder kulturwissenschaftliche Artikel, die sich um eine Begriffsdefinition und eine Typologie des Remakes bemühen.9 Thomas M. 9 Bereits 986 konzipiert Otto Johannes Adler das filmische Verfahren als »Geschichts-Bild-Schreibung«: Otto Johannes Adler: »Auf Wieder/Sehen/ Geschichte(n). Das filmische Remake«, in: Georg Schmid (Hg.): Die Zeichen der Historie. Beiträge zu einer semiologischen Geschichtswissenschaft, Graz/Wien/Köln: Böhlau 986, S. 333-345, hier S. 342. Überblickscharakter hat auch Thomas Christens »To Make or to Remake?«, in: Zoom 8 (989), S. 2-8. In seinen Ausführungen konzipiert Christen Remakes weitgehend als den Premakes gegenüber defizitär. Einige unterhaltsame, allerdings wenig systematische Überlegungen finden sich bei Norbert Grob: »Immer das gleiche, nur immer anders. Zur Typologie des Remake«, in: Jürgen Felix u.a. (Hg.): Die Wiederholung, Marburg: Schüren 200, S. 335-346. Zudem wurden in den 80er Jahren zwei Dissertationen zum Thema verfasst: Jeremy G. Butler: Toward a Theory of Style. The Remake, Ann Arbor 982 [Manuskript] und Jochen Manderbach: Das Remake. Studien zu seiner Theorie und Praxis, Siegen: Universität Siegen 988. Butler beschäftigt sich in seiner Studie mit verschiedenen Stilkonzepten, die er anhand des Premake-Remake-Vergleichs darstellt. Manderbachs Arbeit bemüht sich um eine kritische Diskussion des Remakes und entwickelt in Anlehnung an verschiedene Filmlexika eine Definition, die den Begriff des Remakes als »Neuverfilmung eines schon einmal verfilmten Stoffes« von dem der Literaturverfilmung abgrenzt: »Als Remake bezeichnet man nur solche Filme, die einen Vorläufer mehr oder weniger detailgetreu nachvollziehen – meist aktualisiert, bisweilen in andere Genres übertragen, gelegentlich auch in ganz andere Schauplätze und Zeiten versetzt« (ebd., S. 3). Manderbachs überwiegend defizittheoretisch orientierte Ausführungen geraten allerdings eher kursorisch und tendieren zu verallgemeinernden Aussagen. Im Anschluss werden sechs Remakes auf drei Seiten abgehandelt; die Auswahl ist nicht näher begründet, darunter SCARFACE (USA 983USA 932) und BREATHLESS (USA 983À BOUT DE SOUFFLE, F 959). 2002 legt Wolfgang Arend mit »Auf der Jagd nach Hexen und Zuschauern. Mediensoziologische Bausteine zu einer Theorie des Remakes am Beispiel von Hexenfilmen« eine soziologisch orientierte Dissertation vor, die sich als Beitrag zu einer theoretischen Konzeptionalisierung des Remakes versteht. Neben der detaillierten Beispielanalyse eines Filmpaares diskutiert der Text die Entwicklung des Remakes im Verlauf der Filmgeschichte sowie verschiedene Klassifizierungs- und Definitionsansätze und liefert einen Forschungsüberblick. Arend bemüht sich um eine quantitative Erfassung des Remakes: Anhand von Filmlexika erstellt er verschiedene Tabellen, die einen Überblick über die Remakeproduktion bezüglich Herstellungsland, Produktionszeitraum und Genre vermitteln sollen und die in der Tat mit dem (nicht nur) in der populären Presse vorherrschenden Klischee aufräu-
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Leitch legt in seinem 990 erstveröffentlichten Aufsatz »Twice-Told Tales. The Rhetoric of the Remake«, eine trianguläre Beziehung zwischen Remake, Premake und dem Material (»the property«), auf dem beide basieren, zu Grunde. Remakes gäben dem Publikum ein paradoxales Versprechen: »[T]he film will be just like the original, only better.«20 Im Verhältnis zwischen Remake und Premake werde diese Vorgabe verhandelt. Leitch unterteilt Remakes in vier Kategorien: Die »readaptation« ignoriere den früheren Film und beziehe sich explizit auf die (literarische) Vorlage. Das »update« konkurriere ebenfalls direkt mit dem Material, das es zeitgemäß aktualisiere. Die »homage« stelle sich in direkten Bezug zu ihrem Vorgängerfilm, dem es Tribut zolle. Auch das »true remake« verweise auf den Originalfilm, um ihn dann zu überbieten. Zu Recht kritisiert Constantine Verevis 997 in »Re-Viewing Remakes« Leitchs Ansatz. Ganz offensichtlich gelingt es Leitch nicht, Literaturadaption und Remaking präzise voneinander zu trennen. Das trianguläre Modell – so Verevis – sagt zudem nichts über Filme aus, deren Premake selbst das »Originalmaterial« (wenn auch in Form eines Drehbuchs) darstellen, und es trifft nicht auf Filme zu, die weder explizit auf ihren literarischen noch auf ihren filmischen Vorgängertext verweisen. Zudem, das macht der Aufsatz deutlich, hat der Medienwechsel zum Fernsehen und vor allem die Entwicklung der Videotechnik sowohl das Remaking selbst als auch das Verhältnis von Premake und Remake entscheidend verändert. Während die Premakes in den 30er und 40er Jahren in den Archiven der Studios verschlossen waren, besteht seither die Möglichkeit, Filme wiederholt, gegen die Chronologie und im direkten Vergleich miteinander zu rezipieren – eine Veränderung, die die Aufmerksamkeit von Filmemachern und Publikum auf intertextuelle Referenzen gelenkt und ihr filmhistorisches Wissen geschult haben. Remakes konzipiert Verevis als Sonderform einer für das New Hollywood charakteristischen Intertextualität und Zitathaftigkeit.2 men, Remakes seien vorrangig US-amerikanische Produktionen der 70er und 80er Jahre. Statistiken wie diese sind jedoch problematisch, weil die Auswahlkriterien einer solchen Zählung (welcher Film also als Remake gilt und welcher nicht) vom jeweiligen Nachschlagewerk festgelegt werden und dadurch nur einen sehr unzuverlässigen Schätzwert erlauben. Zudem berücksichtigt Arends Statistik z.B. die Filmproduktionen Indiens und Hongkongs nicht. 20 Leitch: Twice-Told Tales, S. 42. Damit seien Remakes einfach ein besonders deutliches Beispiel für die Wirkungsweise eines jeden Genrefilms (ebd., S. 48). Eine überarbeitete Fassung des Aufsatzes erschien 2002 als »Twice-Told Tales. Disavowal and the Rhetoric of the Remake«, in: Forrest/Koos: Dead Ringers, S. 37-62. 2 Vgl. Verevis: Re-Viewing Remakes, S. 0; vgl. auch dies.: »Remaking
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Michael Schaudig legt 996 mit »Recycling für den Publikumsgeschmack? Das Remake: Bemerkungen zu einem filmhistorischen Phänomen« fast zur gleichen Zeit einen deutschsprachigen Beitrag vor, der sich als Impulsgeber für eine differenzierte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem filmischen Verfahren versteht.22 Die Theoretisierung und Klassifizierung des Remakes stelle ein deutliches Forschungsdefizit der Filmwissenschaften dar, so Schaudig. Nachschlagewerke wie Limbachers »Haven’t I Seen You Somewhere Before?« oder Nowlan und Nowlans »Cinema Sequels and Remakes« wiesen gerade deshalb gravierende Fehlzuordnungen und inhaltliche Lücken auf – Schaudig weist das am Beispiel verschiedener Gender-Crossing-Filme nach –, weil diese Sammelwerke ihren Gegenstand anhand unverbindlicher Selektionsprinzipien nur ungenügend theoretisierten, etwa indem sie motivund stoffgeschichtliche Adaptionen nicht präzise von urheberrechtlich als Remakes ausgezeichneten Filmen trennten.23 Um das Phänomen Remake einzugrenzen (und von Sequels, Parodien, Literaturverfilmungen etc. abzugrenzen), stellt Schaudig selbst eine Klassifikation verschiedener Remakearten auf: Er unterteilt sie anhand zentraler Handlungs- und Figurenmuster in imitative, innovative und originäre Adaptionen und diskutiert weitere Transformationsmodi (formale Organisation, Raum, Zeit, Dialoge), anhand derer die Neugestaltung filmischer Vorlagen analysiert werden könne. Prägend für diese Beiträge, auszunehmen ist hier zu Teilen Verevis’ »Re-Viewing Remakes«, ist der Versuch, das kinematische Phänomen »Remake« theoretisch in ein Prokrustesbett einzuspannen. Das Remaking von Filmen erweist sich jedoch, darum ging es im vorhergehenden Kapitel, im Laufe der Filmgeschichte als äußerst wandelbares Verfahren. Wenn also etwa urheberrechtliche Deszendenz als Auswahlkriterium stark gemacht wird, wie bei Schaudig, ist die große Zahl von Remakes, die in den frühen Jahren des Films gerade wegen mangelnder CopyrightGesetze entstanden, nicht eingeschlossen – ebensowenig all jene Remakes, die sich weder auf ihre literarischen noch ihre filmischen Vorlagen berufen. Wenn Leitch die Behauptung aufstellt, Remakes träten in direkte ökonomische Konkurrenz zum Premake, so ist auch dies sowohl historisch als auch interkulturell zu relativieren: Erst durch die allgemeine Verfügbarkeit von Speichermedien wie VHS (und in jüngerer Zeit Film«, in: Film Studies 4 (Sommer 2004), S. 87-03. 22 Michael Schaudig: »Recycling für den Publikumsgeschmack? Das Remake: Bemerkungen zu einem filmhistorischen Phänomen«, in: ders. (Hg.): Positionen deutscher Filmgeschichte. 00 Jahre Kinematographie: Strukturen, Diskurse, Kontexte, München: diskurs film 996, S. 277-308. 23 Vgl. ebd., S. 287f. u. 290f.
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DVD) sind Premake und Remake gleichzeitig rezipierbar. Und während die Aussage für Hollywoods Umgang mit europäischen Filmen Geltung beanspruchen mag, vergehen auf dem US-amerikanischen Markt seit den 60er Jahren meist mehrere Dekaden, bevor ein Hollywoodfilm neu aufgelegt wird. Mit solchen historischen Veränderungen in den Praktiken des Remaking beschäftigt sich Thomas Simonets 987 erschienene Studie »Conglomerates and Content. Remakes, Sequels, and Series in the New Hollywood«. Simonet widerlegt den sich hartnäckig haltenden Mythos, Remakes, Sequels und Serien seien ein typisches Produkt des Hollywoodkinos der 70er bis 90er Jahre, jenes Zeitraums also, in dem die Hollywoodstudios von großen Konzernen übernommen wurden.24 Anhand von Filmrezensionen, die in den Jahren 940 bis 979 in der »Variety«, der »New York Times« und anderen Presseorganen erschienen, ordnet Simonet 3490 US-amerikanische (»feature-length, fictional«) Filmproduktionen den Kategorien »remake«, »series film«, »sequel« oder »new film« zu und konstatiert: »[T]here were approximately six times as many recycled-script films in the 940s as in the 970s.«25 In den 40er Jahren bestritten »recycled-script films« in etwa ein Viertel der US-amerikanischen Spielfilm-Produktion, in den 70er Jahren hingegen lediglich ein Zehntel.26 Kritisieren lässt sich an dieser Untersuchung zwar, dass die Filme nicht gesichtet, sondern anhand von zeitgenössischen Pressekommentaren eingeordnet wurden (welche Filme überhaupt als Remake bezeichnet werden, hängt demnach sowohl vom historisch variablen Remakebegriff als auch vom Standpunkt des jeweiligen Rezensenten ab). Die Studie »Conglomerates and Content« nimmt aber deshalb Sonderstatus in der Debatte ein, weil sie als eine der ganz wenigen Arbeiten Remakes über einen längeren Zeitraum untersucht und mit der so stereotypen wie populären Behauptung aufräumt, Remakes und Serien seien ein typisches Produkt des New Hollywood seit Mitte der 70er Jahre.
24 »An apparent majority of journalistic observers has concluded that, beginning in the 970s, an increasing number of films has been based on recycled scripts; that conglomerate ownership has spurred the trend; that the recycling is done mostly for commercial reasons; and that it leads to aesthetically inferior films« (Simonet: Conglomerates and Content, S. 54). 25 Ebd., S. 57-59. 26 Vgl. ebd. Zu den 30er Jahren vgl. zudem Neale: Genre and Hollywood, S. 233-248.
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Kultur- und filmwissenschaftliche Arbeiten Erst seit Ende der 90er Jahre sind im Rahmen der Cultural Studies Arbeiten erschienen, die Remakes nicht defizittheoretisch, sondern differenztheoretisch in den Blick nehmen und als »postmodernes« Phänomen des rewriting auffassen. Der von Andrew Horton und Stuart Y. McDougal 998 herausgegebene Sammelband »Play It Again, Sam. Retakes on Remakes« versammelt unter kulturwissenschaftlicher Perspektive rund zwanzig Aufsätze, die das Remake im weitesten Sinne als postmodernes Adaptionsverfahren verhandeln. Das Interesse liegt dezidiert nicht in einer genauen Definition und Eingrenzung des Gegenstandes, diskutiert werden Remakes anhand zeitgenössischer Iterations-, Intertextualitätsund Intermedialitätsdebatten.27 Neben Arbeiten zum Remaking innerhalb Hollywoods und zu crosskulturellen Neuverfilmungen geht es daher in den Texten auch um Zitations- und Allusionsverfahren, um Parodien und Hommages, um Spin-offs, Sequels und Serien sowie um medienübergreifende Adaptionen: vom Comic zum Film, vom Film zur Fernsehserie oder Hörfunkfassung. Die Aufsätze reichen quer durch alle Genres, Dekaden und (Film-)Kulturen: Hollywoods Mainstreamkino steht neben (und wird verglichen mit) feministischem Experimentalfilm, europäischer »Kunstfilm« neben B-Movies aus Hollywood, Remakeserien des Horror- und Science-Fiction-Genres werden genauso einer Untersuchung unterzogen wie die Autoremakes eines Alfred Hitchcock. Der Band trägt sicherlich wenig zur theoretischen Erfassung und Kartographierung des filmischen Verfahrens bei, viele der – auch in ihrem Remakeverständnis – sehr heterogenen Einzellektüren sind jedoch informativ und spannend.
27 Einen ähnlich intertextuellen, konzeptionell allerdings wenig durchdachten Ansatz verfolgt die Zeitschrift »Maske und Kothurn« in ihrem Themenheft zum Remake: Rainer M. Köppl (Hg.): Pulp Fiction und andere Remakes, Maske und Kothurn. Internationale Beiträge zur Theaterwissenschaft 43/4 (997). Neben Beiträgen zu verschiedenen Remakes verknüpft der Band das filmische Verfahren mit theaterwissenschaftlichen Fragestellungen. Enthalten sind zudem ein Aufsatz zu motivischen Konstanten in der JamesBond-Serie sowie mehrere Texte zu Quentin Tarantinos PULP FICTION (USA 994). Die einzelnen Beiträge sind durch den übergreifenden Artikel »Vorbilder und Nachbildungen. Remake als filmwissenschaftlicher Begriff« nur unzureichend aufeinander abgestimmt, filmhistorische Entwicklungen im Remaking werden nicht berücksichtigt. Vgl. auch Cinema Quadrat (Hg.): 8. Mannheimer Filmsymposium »Hommage – Zitat – Remake«. Selbstreferenzen im Film (.-3. Oktober 993 – Dokumentation), Mannheim: Eigenverlag 993.
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Ein zweiter Sammelband, »Dead Ringers. The Remake in Theory and Practice«, herausgegeben von Jennifer Forrest und Leonard R. Koos im Jahr 2002, bewegt sich, was seinen Gegenstand betrifft, in einem weitaus engeren definitorischen Rahmen: Das Interesse der hier versammelten (zum Teil bereits veröffentlichten und für diesen Band überarbeiteten) Texte gilt fast ausschließlich den Kinoremakes rein filmischer »Originale«. Der Schwerpunkt liegt auf US-amerikanischen Remakes französischer Filme, doch finden sich auch Artikel zur Theorie des Remakes, zu ökonomischen und ästhetischen Überlegungen und zum intrakulturellen Remaking US-amerikanischer oder französischer Filme. Die ausgezeichnete Einleitung leistet nicht nur einen Überblick über die filmgeschichtliche Entwicklung des Verfahrens, sondern analysiert auch die (historischen und ideologischen) Hintergründe des defizittheoretischen Diskurses in der populären Presse. Insgesamt liefert »Dead Ringers« einen breit gefächerten Querschnitt zum Thema Remaking in Hollywood vom frühen bis zum zeitgenössischen Film und vermittelt einen Eindruck über die Veränderungen, die das Verfahren im Laufe der Filmgeschichte durchlaufen hat. Hervorzuheben sind außerdem die beiden Beiträge der Herausgeberin Jennifer Forrest, »The ›Personal‹ Touch. The Original, the Remake, and the Dupe in Early Cinema« und »Sadie Thompson Redux. Postwar Reintegration of the Wartime Wayward Woman«, sowie der Beitrag von Laura Grindstaff, »Pretty Woman with a Gun. La Femme Nikita and the Textual Politics of ›The Remake‹«.28 Grindstaff liefert in ihrem Artikel nicht nur eine kluge Lektüre der Gender-Konfigurationen in NIKITA und seinen diversen Remakes, sondern diskutiert im Vorfeld das Phänomen des Remaking, seine negative Rezeption und das schwierige Verhältnis der Filmnationen Frankreich und USA, vor dem Hintergrund von Originalitätsdebatten und Übersetzungstheorie. Der erste, sorgfältig recherchierte Text von Forrest befasst sich mit den weitgehend unerforschten Praktiken des Remaking im frühen Film. Der zweite, »Sadie Thompson Redux«, wirft anhand von vier »Remake-Ketten« im Genre des Melodramas einen ebenso präzisen wie erhellenden Blick auf das Remaking der 30er bis 50er Jahre. Obwohl diese Zeitspanne in Hollywood eine der höchsten Remakedichten überhaupt aufweist, hat sich bislang keine Monographie näher mit den Praktiken des Remaking zwischen Depression und Nachkriegszeit auseinandergesetzt. Es gibt nur vereinzelte und wenig systematisierte Aufsätze oder 28 Forrest: The ›Personal‹ Touch; dies.: Sadie Thompson Redux; Grindstaff: Pretty Woman with a Gun, eine erste Version dieses Textes erschien als: »A Pygmalion Tale Retold. Remaking La Femme Nikita«, in: Camera Obscura 6/2 (200), S. 33-75.
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kürzere Anmerkungen zu Remakes dieser ra, etwa zu Douglas Sirks Remakes von John M. Stahls Melodramen: MAGNIFICENT OBSESSION; WHEN TOMORROW COMES (das Remake heißt INTERLUDE); IMITATION OF LIFE oder zu Leo McCareys LOVE AFFAIR (USA 939) und seinem Autoremake AN AFFAIR TO REMEMBER (USA 957).29 Seit den 90er Jahren hat zudem in film- und kulturwissenschaftlichen Zeitschriften die Zahl der Aufsätze stark zugenommen, die sich mit einzelnen Premake-Remake-Paaren auseinandersetzen. Eine große Zahl dieser Texte untersucht Remakes des Horror- und Science-Fiction-Genres (wie auch einige Beiträge in Hortons und McDougals Sammelband); zu den verschiedenen FRANKENSTEIN-Remakes ist 2002 sogar eine Monographie erschienen.30 Meist geht es in diesen Arbeiten darum, wie die sich wandelnden ideologischen und sozialen Kontexte (Atomtechnologie, Kalter Krieg, Feminismus, AIDS) in den verschiedenen Versionen verhandelt werden, aber auch die Gender-Repräsentation der Filme wird untersucht.3 29 Tim Pulleine: »Stahl into Sirk«, in: Monthly Film Bulletin 48/574 (98), S. 236; Jean-Loup Bourget: »God Is Dead, or Through a Glass Darkly«, in: Bright Lights Film Journal 6 (Winter 977/978), Nachdruck in: Bright Lights Film Journal 48 (Mai 2005), unter: www.brightlightsfilm.com/48/ sirkgodis.htm (letzte Abfrage: 2. Mai 2007) [zu MAGNIFICENT OBSESSION]; Jean-Louis Leutrat/Suzanne Liandrat-Guigues: »Cheek to Cheek. Sur le deux versions de ›Elle est Lui‹«, in: Positif 448 (Juni 998), S. 9-93 [zu LOVE AFFAIR/AN AFFAIR TO REMEMBER]. Kurz diskutiert werden die zahlreichen Romantic-Comedy-Remakes der 50er Jahre in Frank Krutniks Aufsatz »The Faint Aroma of Performing Seals. The ›Nervous‹ Romance and the Comedy of the Sexes«. Krutnik zeigt in seiner eher genrezentrierten Analyse, wie gerade die Romantic Comedy im Laufe der Filmgeschichte zwischen kodifizierten Genrekonventionen und sich wandelnden sexuell-kulturellen Normen balancieren muss. Es gibt für diesen Zeitraum allerdings einige Aufsätze zu amerikanischen Remakes französischer Filme; zu Jean Renoirs LA CHIENNE (F 93) und Fritz Langs Remake SCARLET STREET (USA 945) vgl. Tricia Welsch: »Sound Strategies. Lang’s Rearticulation of Renoir«, in: Cinema Journal 39/3 (Frühjahr 2000), S. 5-65; zu LE VOILE BLEUE (F 942), LE CORBEAU (F 943) und ihren Remakes THE BLUE VEIL (USA 95) resp. THE THIRTEENTH LETTER (USA 95) vgl. Alan Williams: »The Raven and the Nanny. The Remake as Crosscultural Encounter«, in: Forrest/Koos: Dead Ringers, S. 5-68. 30 Caroline Joan Picart: The Cinematic Rebirths of Frankenstein, Westport: Praeger 2002. 3 Hervorzuheben sind hier: Arnzen: The Same and the New (vgl. »RemakePremake. Einleitung«, Anm. 62 in diesem Band); Karen Hollinger: »The Monster as Woman. Two Generations of Cat People«, in: Film Criticism 3/2 (989), S. 36-46; Barry Keith Grant: »Taking Back the Night of
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Auch in den folgenden Arbeiten, an die sich produktiv anschließen lässt, stehen die Gender-Konfigurationen verschiedener Filmpaare im Fokus: Jennifer Forrest untersucht Remaking in ihrem bereits erwähnten Aufsatz »Sadie Thompson Redux« als Strategie, gesellschaftlichen gender trouble zu entschärfen: Die Remakes der 50er Jahre, die zu einer Zeit entstehen, in der gefestigte Gender-Rollen durch die Berufstätigkeit vieler Frauen während des Zweiten Weltkriegs in Unruhe geraten sind, seien der Versuch, an die moralischen und gesellschaftlichen Zustände der Vorkriegszeit anzuknüpfen. Die Reformulierung patriarchaler Strukturen in Alfred Hitchcocks Autoremake THE MAN WHO KNEW TOO MUCH analysieren Robin Woods »The Men Who Knew Too Much (and the Women Who Knew Much Better)« und Ina Rae Harks »Revalidating Patriarchy. Why Hitchcock Remade The Man Who Knew Too Much«.32 Neben Laura Grindstaffs »Pretty Woman with a Gun« untersuchen die folgenden Texte Hollywoodremakes französischer Filme unter GenderAspekten: Tania Modleskis »Three Men and Baby M«, Anne-Marie Picards »Travestissement et paternité. La masculinité ›remade in the USA‹« und Carolyn A. Durhams »Taking the Baby Out of the Basket and/or Robbing the Cradle. ›Re-making‹ Gender and Culture in FrancoAmerican Film«.33
the Living Dead. George Romero, Feminism & the Horror Film«, in: Wide Angle 4/ (992), S. 64-76; Adam Knee: »The Metamorphosis of the Fly«, in: Wide Angle 4/ (992), S. 20-34; Michael Katovich/Patrick T. Kinkade: »The Stories Told in Science Fiction and Social Science. Reading The Thing and Other Remakes From Two Eras«, in: Sociological Quarterly 34/4 (993), S. 69-637; Marty Roth: »Twice Two. The Fly and Invasion of the Body Snatchers«, in: Discourse. Journal for Theoretical Studies in Media & Culture 22/ (2000), S. 03-6; Steven Jay Schneider: »A Tale of Two Psychos (Prelude to a Future Reassessment)«, in: Senses of Cinema, unter: www.senseofcinema.com/contents/00/0/psychos.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 32 Ina Rae Hark: »Revalidating Patriarchy. Why Hitchcock Remade The Man Who Knew Too Much«, in: Walter Raubicheck/Walter Srebnick (Hg.): Hitchcock’s Rereleased Films, Detroit: Wayne State University Press 99, S. 209-220; Robin Wood: »The Men Who Knew Too Much (and the Women Who Knew Much Better)«, in: Raubicheck/Srebnick: Hitchcock’s Rereleased Films, S. 94-208. 33 Tania Modleski: »Three Men and Baby M«, in: Camera Obscura 7 (Mai 988), S. 69-8; Anne-Marie Picard: »Travestissement et paternité. La masculinité ›remade in the USA‹«, in: Cinémas /-2 (990), S. 4-3; Carolyn A. Durham »Taking the Baby Out of the Basket and/or Robbing the Cradle. ›Re-making‹ Gender and Culture in Franco-American Film«, in: French Review 65 (April 992), S. 774-784. Alle drei Texte beschäftigen sich mit THREE MEN AND A BABY und TROIS HOMMES ET UN COUFFIN.
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Durham legt mit »Double Takes. Culture and Gender in French Films and Their American Remakes« 998 auch die bislang einzige Monographie vor, die Remakes unter Gender-Gesichtspunkten untersucht.34 Das Gewicht dieser Studie, mit einem kombinierten Ansatz aus Gender Studies, Film Studies und Cultural Studies, liegt auf den kulturellen Transformationen, die filmische Texte zwischen den französischen »Originalen« und ihren US-amerikanischen Remakes durchlaufen. Die überwiegende Zahl der Veröffentlichungen zu diesen Filmen, so Durham, seien im Zeitalter von Euro Disney und GATT von ethnozentrischem Chauvinismus und kulturellen Vorurteilen geprägt. Durham geht es im Gegenzug darum, die filmischen Produkte der kontroversen und spannungsgeladenen Beziehung der Filmkulturen Frankreichs und der USA für den crosskulturellen Vergleich fruchtbar zu machen. Im Fokus ihres Interesses steht die Frage, welche Aussagen über nationale Identität und kulturelle Eigenheiten sich in Verbindung mit der GenderRepräsentation der verschiedenen Filmversionen treffen lassen. Im Mittelpunkt der Analysen stehen Filme der 70er und 80er Jahre, etwa THREE MEN AND A BABYTROIS HOMMES ET UN COUFFIN; THE BIRDCAGELA CAGE AUX FOLLES; COUSINSCOUSIN, COUSINE. Lediglich die historische Wandelbarkeit des Remakes gerät Durham etwas aus dem Blick, konzipiert wird es vereinfachend im Rahmen postmoderner Parodie- und Intertextualitätskonzepte als typisches Produkt des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Auch jenseits der Gender Studies haben Hollywoodremakes französischer Filme in der Filmwissenschaft bislang die bei Weitem größte Zahl von Arbeiten hervorgebracht – diese Tendenz zeigte sich ja schon innerhalb der journalistischen Filmkritik. Neben zahlreichen Aufsätzen, einige davon in den beiden Sammelbänden von Horton/McDougal und Forrest/Koos enthalten, konzentrieren sich auch die wenigen film- und kulturwissenschaftlichen Monographien, die sich seit Ende der 90er Jahre finden lassen, auf das Verhältnis der beiden Filmnationen respektive ihrer Produkte.35 Neben »Double Takes« ist hier Lucy Mazdons Mono34 Durham: Double Takes. Das Buch enthält auch eine erweiterte Fassung von »Taking the Baby Out of the Basket«. 35 Eine Auswahl: Janice Morgan: »From Clochards to Cappuccinos. Renoir’s Boudu Is ›Down and Out‹ in Beverly Hills«, in: Cinema Journal 29/2 (Winter 990), S. 23-35; Michael J. Raby: »›I Lost It at the Movies‹. Teaching Culture through Cinematic Doublets«, in: French Review 68/5 (April 995), S. 837-845; Wills: The French Remark; Welsch: Sound Strategies; Brigitte E. Humbert: »Re-making History and Cultural Identity. From The Return of Martin Guerre to Sommersby«, in: Film Criticism 26/ (Herbst 200), S. 2-24; Elena Del Rio: »The Remaking of La Jetée’s TimeTravel Narrative. Twelve Monkeys and the Rhetoric of Absolute Visibil-
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graphie »Encore Hollywood. Remaking French Cinema« (2000) hervorzuheben, die das US-amerikanische Remaking französischer Filme, wie Durham, auf der Folie transatlantischer Beziehungen in den Blick nimmt.36 Mazdon analysiert minutiös die sozialen und politischen Hintergründe für die Ablehnung US-amerikanischer Remakes in der französischen Presse der 80er und 90er Jahre. Die Polemik vieler Rezensionen und Stellungnahmen sei angesichts zunehmender Globalisierung Ausdruck einer wachsenden Besorgnis um die eigene kulturelle Identität. Die Filme würden lediglich als Produkte des US-amerikanischen Kulturimperialismus gelesen, nicht als kulturelle Artefakte. In Anbetracht eines Mediums, das so entscheidend durch Wiederholung, Intertextualität und Hybridität geprägt sei wie Film, und in Anbetracht zweier Filmkulturen, die sich so intensiv gegenseitig beeinflusst hätten und weiterhin beinflussten wie Frankreich und die USA, sei es hingegen wenig sinnvoll, so Mazdon, nach Ursprüngen und Originalen zu suchen.37 Die filmische Transposition vom Original zum Remake ermögliche den kulturellen und historischen Vergleich, der Blick auf die crosskulturellen Transformationen könne Aufschluss über die spezifische kulturelle Verortung und die soziohistorischen Kontexte der einzelnen Produktionen liefern. Als eine der ganz wenigen Arbeiten zeichnet »Encore Hollywood« ein historisch differenziertes Bild des filmischen Verfahrens von den 30er bis in die 90er Jahre und zeigt so zum Beispiel, dass die öffentliche Meinung zu Remakes keineswegs immer negativ war. Entsprechend haben auch Mazdons Filmanalysen, die eine große Zahl von Produktionen anführen, eher Überblickscharakter; sie sind an den kulturellen Unterschieden, dem Ausdruck einer nationalen Identität und Geschichte interessiert, die sich zwischen »Original« und Remake manifestieren. Die einzige Monographie, die auf einen breiten und systematischen Überblick über die Praktiken des Remaking abzielt, ist Constantine Verevis’ 2006 erschienenes Buch »Film Remakes«, das verschiedene Aspekte ihres Artikels »Re-Viewing Remakes« von 997 aufgreift und weiterführt. Der Klappentext verspricht »the first book to provide a compreity«, in: Science-Fiction Studies 28/3 (85) (November 200), S. 383-398; Williams: The Raven and the Nanny; David I. Grossvogel: Didn’t You Use to Be Depardieu? Film as Cultural Marker in France and Hollywood, New York u.a.: Lang 2002. 36 Vgl. auch Lucy Mazdon: »Remaking Paternity. Mon Père ce héros (Lauzier, 99) and My Father the Hero (Miner, 994)«, in: Phil Powrie (Hg.): French Cinema in the 990s. Continuity and Difference, Oxford: Oxford University Press 999, S. 223-233. 37 Wie sehr der Diskurs um Originalität von stereotypen binären Oppositionen geprägt ist, zeigt Lucy Mazdon in ihrem Aufsatz »Rewriting and Remakes. Questions of Originality and Authenticity«.
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hensive and systematic account of the phenomenon of cinematic remaking«.38 Dieser Ankündigung zum Trotz liegt auch der Fokus dieser Monographie auf Hollywoodremakes seit den 70er Jahren, darauf weist Verevis selbst im Vorwort hin: »This book takes an interest primarily in the industrial and institutional conditions of remaking in contemporary Hollywood cinema, and it acknowledges that more and different work needs to be undertaken through comparative studies that reach across other historical moments, national cultures and cross-cultural transactions.«39 Die Stärke des Buches liegt daher weniger auf einer historischen oder transnationalen Zusammenschau als darin, zeitgenössisches Hollywoodremaking unter verschiedenen Gesichtspunkten, in filmindustrieller, textueller und kritischer Hinsicht, in den Blick zu nehmen. Im ersten Teil, »Remaking as Industrial Category«, geht es zum einen um kommerzielle Aspekte des Remaking, vor allem in Hinblick auf den Austausch zwischen Fernsehen und Kino, zum anderen, am Beispiel von Hitchcocks Filmen und ihren verschiedenen Remakes, um Autorschaft. Der zweite Teil, »Remaking as Textual Category« diskutiert Filmremakes in Bezug auf intertextuelle und übersetzungstheoretische Fragestellungen. »Remaking as Critical Category«, schließlich, verfolgt anhand von Internetforen, Fansites, offiziellen Filmwebseiten, Rezensionen, Regisseursaussagen und hnlichem den sich verändernden, offeneren Umgang mit dem Remakestatus in Zeiten von Video und DVD. Das Buch liefert neben einer Diskussion verschiedener Remakedefinitionen eine Fülle von Hintergrundinformationen zu diversen Remakes und zahlreiche Filmlisten. Während sich an generellere Überlegungen zum Phänomen des Remaking, die »Film Remakes« anstellt, daher anschließen lässt, ist die Monographie durch den zeitlichen Fokus auf das New Hollywood für die vorliegende Arbeit nur bedingt von Interesse.
38 Vgl. auch Verevis: Film Remakes, S. vii. 39 Ebd., S. viif.
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DOING GENDER: PERFORMATIVITÄT, FILM, REMAKE Die wohl berühmteste Cross-Dressing-Komödie Hollywoods, Billy Wilders SOME LIKE IT HOT (959), endet mit einem Ausspruch, der fast ebenso berühmt geworden ist wie der Film: Osgood Fielding III (John E. Brown), der Daphne/Jerry (Jack Lemmon) einen Heiratsantrag gemacht hat, zeigt sich von ihren Einwänden, sie sei keine echte Blondine, sie werde nie Kinder haben können, weitgehend unbeeindruckt. Als Daphne/Jerry ihm schließlich gesteht, sie sei in Wirklichkeit ein Mann, ist Osgood ungerührt: »Nobody’s perfect«, ist seine Replik. Dieser kurze Dialog aus einem Hollywoodfilm des Jahres 959, einige Zeit also vor der Etablierung der Women’s Studies an amerikanischen Universitäten, nimmt eine Einsicht vorweg, die in den Gender Studies mehr als 30 Jahre später einen Paradigmenwechsel herbeigeführt hat: Geschlecht ist nicht etwas, das man hat, sondern etwas, das man tut. Männlichkeit und Weiblichkeit werden nunmehr als kulturelle Ideale verstanden, denen Körper niemals völlig entsprechen können, sondern denen sie sich durch ständig wiederholte, performative Akte anzunähern suchen: No body is perfect, demnach.
Der Performative Turn in den Gender Studies Während die Women’s Studies und die feministische Theorie der 70er Jahre, auch im Zuge ihres politischen Engagements, überwiegend einen essenziellen, naturgegebenen Unterschied zwischen Weiblichkeit und Männlichkeit propagierten, sind die Gender Studies seit den 90er Jahren von einem anti-essenzialistischen und ent-ontologisierenden Impetus geprägt. Dabei wird nicht die historische und soziale Wirkmächtigkeit kultureller Konzepte wie »Weiblichkeit« und »Männlichkeit« verneint, so führt Claudia Liebrand aus, jedoch hat »[w]as Fragen der Essenz angeht, […] eine größere Skepsis Raum gegriffen. Nicht mehr das Männliche
»›[T]he original‹ is revealed to be a copy, and an inevitably failed one, an ideal that no one can embody«, schreibt Judith Butler (Gender Trouble, S. 76).
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resp. das Weibliche steht im Zentrum des Interesses, sondern die [Konstruktion der] Grenzscheide zwischen beidem, die Geschlechterdifferenz.«2 Zeitgenössische Gender Studies untersuchen, wie diese Differenz in kulturellen Texten – also in Romanen, Gedichten, Filmen, Gemälden, Photographien, in der Werbung, in Videoclips und dergleichen – konstruiert und verhandelt wird, wie sie womöglich auch dekonstruiert wird. Diese Verlagerung des Interesses auf den Prozess der Konstruktion im Gegensatz zur Analyse eines substanziell Gegebenen geht einher mit dem so genannten performative turn, der Wendung der Kultur- und Geschlechterwissenschaften zu den Konzepten der Performativität und Performance Anfang der 90er Jahre.3 Bereits in den 50er Jahren richteten nicht nur die Künste, sondern auch Ethnologie, Literaturtheorie und Sprachphilosophie ihr Augenmerk auf diese Theoreme.4 Besonders die 2
3
4
Claudia Liebrand: »Prolegomena zu cross-dressing und Maskerade. Zu Konzepten Joan Rivieres, Judith Butlers und Marjorie Garbers – mit einem Seitenblick auf David Cronenbergs Film M. BUTTERFLY«, in: Freiburger FrauenStudien 5 (999), Bd. Cross-dressing und Maskerade, S. 7-3, hier S. 8. Eine Auswahl: Sue-Ellen Case (Hg.): Performing Feminisms. Feminist Critical Theory and Theatre, Baltimore/London: Johns Hopkins University Press 990; Sue-Ellen Case/Janelle Reinelt (Hg.): The Performance of Power, Iowa City: University of Iowa Press 99; Janelle Reinelt/Joseph Roach (Hg.): Critical Theory and Performance, Ann Arbor: The University of Michigan Press 992; Laurence Senwlick (Hg.): Gender in Performance. The Presentation of Difference in the Performing Arts, Hanover/London: University Press of New England 992; Linda Hart/Peggy Phelan (Hg.): Acting Out. Feminist Performances, Ann Arbor: University of Michigan Press 993; Mark Simpson: Male Impersonators. Men Performing Masculinity, New York/London: Routledge 994; Philip Brett/Sue-Ellen Case/ Susan Leigh Foster (Hg.): Cruising the Performative. Interventions into the Representation of Ethnicity, Nationality, and Sexuality, Bloomington: Indiana University Press 995; Andrew Parker/Eve Kosofsky Sedgwick (Hg.): Performativity and Performance, New York/London: Routledge 995; Elin Diamond (Hg.): Performance and Cultural Politics, New York/ London: Routledge 996; Erika Fischer-Lichte/Doris Kolesch (Hg.): Kulturen des Performativen (Paragrana 7/), Berlin: Akademie-Verlag 998; Jill Lane/Peggy Phelan (Hg.): The Ends of Performance, New York: New York University Press 998; Erika Fischer-Lichte/Christoph Wulf (Hg.): Theorien des Performativen (Paragrana 0/), Berlin: Akademie-Verlag 200; Wirth: Performanz. Auch diese Entdeckung des Performativen war genau genommen bereits eine Wiederentdeckung: Bereits um 900 wurde der Begriff der Theatralität geprägt, der sich in weiten Teilen mit dem Konzept der Performativität deckt. Vgl. hierzu Erika Fischer-Lichte: »Grenzgänge und Tauschhandel. Auf dem Wege zu einer performativen Kultur« [998], in: Wirth: Performanz, S. 277-300, hier S. 290-299.
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linguistische Sprechakttheorie John L. Austins und die folgende Debatte zwischen John R. Searle und Jacques Derrida bewirkt dann den Einzug des Performanzbegriffs in die Gender Studies, der den Fokus auf den kulturellen (und im Film den medialen) Akt der Herstellung von Geschlecht ermöglicht.5 Die einflussreichste Vertreterin der Gender und Queer Studies, die die Konzepte der Performativität und der Performance6 für die Gender-Theorie fruchtbar gemacht hat, ist Judith Butler. In ihren Büchern »Gender Trouble« (990)7 und »Bodies That Matter« (993), in denen sie sich kritisch mit der Psychoanalyse Freuds und Lacans, mit Konzepten von Joan Riviere, Luce Irigaray und Monique Wittig und mit den diskurstheoretischen und sexualhistorischen Überlegungen Foucaults auseinandersetzt, fasst Butler nicht nur Gender, also das soziale Geschlecht, als performativ auf, als kulturelle Fabrikation, die sich durch Worte, Gesten, Akte immerfort selbst herstellt, sie räumt außerdem, und dieser Kunstgriff ist in seiner Wirkmächtigkeit für die Gender Studies bis heute kaum zu überschätzen, mit einer der grundlegenden Prämissen der Geschlechterforschung auf: der Trennung von Sex als biologischem und Gender als kulturellem Geschlecht.8 5
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John L. Austin: How to Do Things with Words. The William James Lectures Delivered at Harvard University in 955, 2., überarb. Auflage, hg. v. Marina Sbisa/J.O. Urmson, Cambridge, MA: Harvard University Press 975; Jacques Derrida: »Signatur, Ereignis, Kontext« [frz. 972], in: ders.: Randgänge der Philosophie, Wien: Passagen 988, S. 29-34; ders.: Limited Inc. [franz./engl. 977], Wien: Passagen 200; John R. Searle: Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language, Cambridge: Cambridge University Press 969; ders.: »Reiterating the Differences. A Reply to Derrida«, in: Glyph (977), S. 98-208; ders.: »The World Turned Upside Down«, in: The New York Review (27. Oktober 983), S. 74-79; ders.: »How Performatives Work«, in: Linguistics and Philosophy 2 (989), S. 535-558. Im Folgenden benutze ich überwiegend das englische »Performance«, nicht den deutschen Begriff der Performanz, der Eckhard Schumacher zufolge in der deutschsprachigen Diskussion häufig verwendet wird, um beide Seiten, Performativität und Performance, abzudecken (Eckhard Schumacher: »Performativität und Performance«, in: Wirth: Performanz, S. 383-402, hier S. 384, Anm. 8). Wenn im Weiteren von Performanz die Rede ist, ist ebenfalls dieser umfassende Wortsinn gemeint. Ich zitiere »Gender Trouble« im Folgenden nach der neuen Auflage von 999, New York/London: Routledge. Butler hat diese Überlegungen bereits 988 in einem Aufsatz formuliert und auch später immer weiter ausgearbeitet. Vgl. Judith Butler: »Performative Acts and Gender Constitution. An Essay in Phenomenology and Feminist Theory«, in: Theatre Journal 4 (988), S. 59-53, Nachdruck in: Katie Conboy/Nadia Medina/Sarah Stanbury (Hg.): Writing on the Body. Female Embodiment and Feminist Theory, New York: Columbia University Press
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In »Gender Trouble« zeigt Butler, dass die Bestimmung von Gender auf der unkritischen, nicht historisierten Vorannahme einer biologischanatomisch gegebenen Zweigeschlechtlichkeit beruht. Gender-Rollen begründen sich gesellschaftlich durch den Rückbezug auf das biologische Geschlecht, auf die Natur biologischer Männer- und Frauenkörper. Dieses biologische Geschlecht, die Tatsache, dass überhaupt erst von einem Zweigeschlechtermodell ausgegangen wird, wird hingegen nicht in Frage gestellt. Butler argumentiert nun, dass Sex genauso kulturell konstruiert sei wie Gender. Präziser ausgedrückt: Nicht das Gender einer Person ist die Folge eines natürlichen Geschlechts (bzw. der diesem Geschlecht zugeschriebenen Eigenschaften), sondern Sex (oder die Vorstellung einer natürlich angelegten Zweigeschlechtlichkeit) ist ein Effekt von Gender, eine nachträgliche Wirkung kultureller Geschlechterzuschreibungen. »[T]his construct called ›sex‹ is as culturally constructed as gender; indeed, perhaps it was always already gender, with the consequence that the distinction between sex and gender turns out to be no distinction at all.«9 Nicht nur die Kategorie Gender hat keinen ontischen Status jenseits ihrer kulturellen Produktion, auch der Körper, auch die Kategorie des biologischen Geschlechts ist uns nur über kulturelle und mediale Symbolisierungen: über Sprache, Bilder, Filme, theoretische Konzepte und Modelle (z.B. denen der Medizin oder der Psychoanalyse) zugänglich. Die Wahrnehmung von Körpern ist also immer schon diskursiv überformt, ist immer schon eine kulturelle Lesart, die entlang des Zweikörpermodells organisiert ist, das heißt, wir nehmen die vielen verschiedenen Körper als entweder weiblich oder männlich wahr.0 »Es gibt also keine Wahrneh997, S. 40-47; dies.: Excitable Speech. A Politics of the Performative, New York/London: Routledge 997; dies.: Undoing Gender. 9 Butler: Gender Trouble, S. . Butler entwickelt ihre Theorie in den frühen 90er Jahren im Kontext einer ausdifferenzierten Debatte innerhalb der amerikanischen Gender und Feminist Studies, an der z.B. auch Donna Haraway intensiv beteiligt ist: »[G]ender cannot mean simply the cultural appropriation of biological sexual difference; indeed, sexual difference is in itself the more fundamental cultural construction« (Donna Haraway: Primate Visions. Gender, Race, and Nature in the World of Modern Science, New York/London: Routledge 989, S. 350). Vgl. auch dies.: Simians, Cyborgs, and Women. The Reinvention of Nature, New York/London: Routledge 99. Zu Unterschieden in den Ansätzen Butlers und Haraways vgl. Carmen Hammer/Immanuel Stieß: »Einleitung«, in: Donna Haraway: Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen, Frankfurt a.M./ New York: Campus 995, S. 9-3, hier S. -6. 0 Vgl. Butler: Performative Acts and Gender Constitution, S. 406: »Considering that ›the‹ body is invariably transformed into his body or her body, the body is only known through its gendered appearance.« Dass das keineswegs immer schon so war, zeigt ein Blick auf Geschichte und Geogra-
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mung«, so Claudia Liebrand, »die die ideologischen Klischees korrigiert, sondern die ideologischen Klischees organisieren und strukturieren die Wahrnehmung.« Butler regt also dazu an, Körpermodelle und -erfahrungen als historisch codierte und konstruierte zu begreifen. Die in »Gender Trouble« vertretene Position differenziert sie in »Bodies That Matter« weiter aus: Nach wie vor versteht Butler sowohl Gender als auch Sex/den Körper als Konstruktionen der heterosexuellen Matrix (nun: heterosexuellen Hegemonie). Gesellschaftliche Geschlechternormen nehmen ihr zufolge weniger Einschreibungen in vorhandene Körper vor, als dass sie diese Körper erst hervorbringen. Als Reaktion auf die häufig geäußerte Kritik, sie verleugne die Materialität des Körpers,2 wendet Butler sich dieser Thematik erneut zu und untersucht jetzt stärker als in »Gender Trouble« die konkreten Konstruktionsmechanismen der Kategorie »Sex«. Es gehe ihr nicht um eine Verneinung des Körpers, sondern vielmehr darum, die Begriffe der Materialität und der Konstruktion einer Relektüre zu unterziehen: »[S]urely bodies live and die; eat and sleep; feel pain, pleasure; endure illness and violence and these ›facts,‹ one might skeptically proclaim, cannot be dismissed as mere construction.«3 Butlers Unbehagen bezüglich dieser Art von Argumentation, das sich sowohl in den Anführungszeichen um »facts« als auch in der Einschränkung »one might skeptically proclaim« andeutet, geht darauf zurück, dass das Festhalten an und das konstante Verweisen auf körperliche Unterschiede, auf materielphie: In Europa galt beispielsweise bis zum 8. Jahrhundert ein EinKörper-Modell, die spezifische Form von Zweigeschlechtlichkeit, wie wir sie heute in der »westlichen« Welt kennen, ist ein Produkt des medizinischen Diskurses des frühen 9. Jahrhunderts. Vgl. hierzu Greenblatt: Shakespearean Negotiations, S. 76-86; Karin Hausen: »Die Polarisierung der ›Geschlechtscharaktere‹. Eine Spiegelung der Dissoziation von Erwerbsund Familienleben«, in: Werner Conze (Hg.): Sozialgeschichte der Familie in der Neuzeit Europas, Stuttgart: Klett 976, S. 363-393. Auch kennt »[d]ie Ethnologie […] Völker, die die existierenden Körper in drei Geschlechter einteilen« (Liebrand: Prolegomena, S. 2). Zur Relativierung von genetischer »Evidenz« vgl. auch Butler: Gender Trouble, S. 36-4. Liebrand: Prolegomena, S. 28. Butlers Anliegen ist dabei nicht weniger politisch als das des Feminismus der 70er Jahre. Die naturalisierende, ontologisierende Festsetzung von Männlichkeit und Weiblichkeit verweigere Körpern und Identitäten, die nicht in das Zweikörper- resp. Zweibegehrenmodell passten (zum Beispiel Homosexuellen, Transsexuellen, Transvestiten) die Daseinsberechtigung (z.B. Butler: Gender Trouble, S. 23f.). 2 Exemplarisch sei hier Barbara Dudens Kritik angeführt: Barbara Duden: »Die Frau ohne Unterleib. Judith Butlers Entkörperlichung«, in: Feministische Studien /2 (993), S. 24-33. 3 Butler: Bodies That Matter, S. xi.
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le »Selbstevidenzen« immer auch bedeutet, den Status des geschlechtlichen Körpers weiter fort- und festzuschreiben (und das heißt für Butler: ihn herzustellen).4 Dementgegen plädiert sie für ein Neuverständnis des Konstruktionsbegriffs: Dass der (geschlechtliche) Körper eine kulturelle Konstruktion, ein konstitutiver Zwang sei, heiße nicht, dass er künstlich oder entbehrlich sei. Das Konzept der konstitutiven Konstruktion bedeute vielmehr, dass der Körper nur durch sie denkbar, sichtbar, erfahrbar sei:5 The body posited as prior to the sign, is always posited or signified as prior. This signification produces as an effect of its own procedure the very body that it nevertheless and simultaneously claims to discover as that which precedes its own action. If the body signified as prior to signification is an effect of signification, then the mimetic or representational status of language, which claims that sign follows bodies as their necessary mirrors, is not mimetic at all. On the contrary, it is productive, constitutive, one might even argue performative, inasmuch as this signifying act delimits and contours the body that it then claims to find prior to any and all signification.6
Materie ist demnach nicht als Ort oder Oberfläche aufzufassen, sondern als »process of materialization that stabilizes over time to produce the effect of boundary, fixity, and surface we call matter«.7 4 Vgl. ebd., S. 0, meine Hervorhebung: »[T]here is no reference to a pure body which is not at the same time a further formation of that body.« 5 Vgl. Butler: Bodies That Matter, S. xi. »[I]f certain constructions appear constitutive, that is, have this character of being that ›without which‹ we could not think at all, we might suggest that bodies only appear, only endure, only live within the productive constraints of certain highly gendered regulatory schemas.« 6 Butler: Bodies That Matter, S. 30. Dass der Körper nur über kulturelle Signifikationsprozesse zugänglich ist, bedeute nicht, so führt Butler weiter aus, dass seine Materialität als rein linguistischer Effekt zu verstehen sei. Solch eine Schlussfolgerung ignoriere nicht nur die Materialität des Signifikanten selbst, sondern auch, dass Materialität »von Anfang an« mit Signifikation verschaltet sei: Materialität und Signifikation sind Butler zufolge nicht getrennt voneinander denkbar. Materialität ist Repräsentation also nicht entgegengesetzt, so erläutert auch Marie-Luise Angerer, sondern Signifikationsprozesse erzeugen Materialisierungseffekte. Repräsentation ist nicht Abbild einer vorgängigen Realität, einem dahinterliegenden Sinn, sondern der Sinn ist Effekt der Repräsentation (Marie-Luise Angerer: Feministische Positionen in Kunst- und Medientheorien«, in: Sigrid Schade/Georg Christoph Tholen [Hg.]: Konfigurationen. Zwischen Kunst und Medien, München: Fink 999, S. 455-466, hier S. 456). 7 Butler: Bodies That Matter, S. 9. Auf die Schwierigkeit, Materialität mit Butlers »deconstructive constructionism« zu denken, die sich auch in den
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Butler betritt hier – und das behauptet sie auch zu keinem Zeitpunkt – kein absolutes Neuland, sondern denkt lediglich konsequent und mit konstruktivistischem und dezidiert politischem Impetus Überlegungen verschiedener französischer Theoretiker, vor allem Monique Wittigs und Michel Foucaults, zu Ende. Foucault schreibt in »Der Wille zum Wissen«: [D]er Begriff »Sex« [hat es] möglich gemacht, anatomische Elemente, biologische Funktionen, Verhaltensweisen, Empfindungen und Lüste in einer künstlichen Einheit zusammenzufassen und diese fiktive Einheit als ursächliches Prinzip, als allgegenwärtigen Sinn und allerorts zu entschlüsselndes Geheimnis funktionieren zu lassen: der Sex als einziger Signifikant und als universales Signifikat.8 »logical and rhetorical convolutions« ausdrücke, »that a discourse based on the logic of the always already will have to perform in order to ›accommodate‹ materiality«, hat Hanjo Berressem zu Recht hingewiesen. Um Körperlichkeit und Materialität im Rahmen dekonstruktiver Theorien zu denken, entwickelt Berressem im Anschluss an Gilles Deleuze und Félix Guattari einen Ansatz, der die Blickrichtung wechselt: »If Butler’s trajectory ›implies‹ materialities (as something that cannot be reached retroactively from within discourse but which, as excluded, functions as an inaugurating negativity) but is more concerned with cultural matrices/formations, [this] other trajectory attempts to link cultural matrices/formations to unhuman materialities that function as positivities to which the cultural realm is coupled an vice versa« (Hanjo Berressem: »Matter That Bodies. Gender in the Age of a Complex Materialism«, in: Mediating Gender. gender forum 2 [2002], unter: www.genderforum.uni-koeln.de/mediating/btm/play.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 8 Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit I [976], Frankfurt a.M.: Suhrkamp 997, S. 48f. Übrigens bekundete bereits Freud einiges Unbehagen bezüglich der Naturalisierung der Geschlechterdifferenz (wenn seine Überlegungen auch deutlich im Geschlechterdiskurs des frühen 20. Jahrhunderts angesiedelt sind): »Es ist unerläßlich, sich klarzumachen, daß die Begriffe ›männlich‹ und ›weiblich‹, deren Inhalt der gewöhnlichen Meinung so unzweideutig erscheint, in der Wissenschaft zu den verworrensten gehören und nach mindestens drei Richtungen zu zerlegen sind. Man gebraucht nämlich männlich und weiblich bald im Sinne von Aktivität und Passivität, bald im biologischen und dann auch im soziologischen Sinne. […] [D]ie Beobachtung der wirklich existierenden männlichen und weiblichen Individuen […] ergibt für den Menschen, daß weder im psychologischen noch im biologischen Sinne eine reine Männlichkeit oder Weiblichkeit gefunden wird. Jede Einzelperson weist vielmehr eine Vermengung ihres biologischen Geschlechtscharakters mit biologischen Zügen des anderen Geschlechts und eine Vereinigung von Aktivität und Passivität auf, sowohl insofern diese psychischen Charakterzüge von den biologischen abhängen als auch insoweit sie unabhängig von ihnen sind« (Sigmund Freud: »Drei Abhandlun-
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Geschlechtlich aufgeladen wird der Körper für Foucault erst durch den historisch verankerten Sexualitätsdiskurs, der ihn mit der Idee eines natürlichen, essenzialistischen Geschlechts versieht.9 Auch Foucault vollzieht also schon die Umkehrung von Wirkung und Effekt: Sex ist nichts ursprünglich Gegebenes, sondern ein Effekt jener Diskurse und Machtmechanismen, die bei Butler dann durch Gender signifiziert werden: »This production of sex as the prediscursive ought to be understood as the effect of the apparatus of cultural construction designated by gender.«20 Monique Wittig, deren Texte Butler in »Gender Trouble« ausführlich diskutiert, versteht die Kategorie Sex schon in den frühen 80er Jahren als politische und kulturelle Zwangskonstruktion: naturalisiert, aber nicht naturgegeben.2 Auch sie suspendiert also die Unterscheidung zwischen Gender und Sex: Sex is taken as an »immediate given,« »a sensible given,« »physical features,« belonging to a natural order. But what we believe to be a physical and direct perception is only a sophisticated and mythic construction, an »imaginary formation,« which reinterprets physical features (in themselves as neutral as others but marked by a social system), through the network of relationships in which they are perceived.22
Butler nun erweitert diese ent-ontologisierenden Theorien des diskursiv verankerten Subjekts um die performative Dimension: Geschlecht wird (in enger Verbindung mit anderen gesellschaftlichen und kulturellen Kategorien wie Race und Class) durch performative Akte, durch Kleidung, Gestik, Mimik und hnliches immer aufs Neue produziert.23 Diese Akte
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gen zur Sexualtheorie« [905], in: ders.: Studienausgabe, Bd. V: Sexualleben, S. 37-45, hier S. 23f. [Zusatz in einer Fußnote von 95]). Vgl. Butler: Gender Trouble, S. 7. Butler schreibt dazu weiter: »Sexuality is an historically specific organization of power, discourse, bodies, and affectivity. As such, sexuality is understood by Foucault to produce ›sex‹ as an artificial concept which effectively extends and disguises the power relations responsible for its genesis« (ebd.). Ebd., S. . Vgl. ebd., S. 4-63, hier S. 43. Monique Wittig: »One Is Not Born a Woman«, in: Feminist Issue /2 (Winter 98), S. 47-54, hier S. 48, zitiert nach: Butler: Gender Trouble, S. 45. Die Sprechakttheorie versteht einen performativen Sprechakt als eine ußerung, die das vollzieht, was sie benennt. Wie sehr »etwas zu sagen« bedeuten kann, »etwas zu tun«, und wie richtig Butler mit ihrer Annahme liegt, Gender werde performativ hergestellt, zeigt folgender Beispieltext aus den Richtlinien des Pentagon bezüglich des Ausschlusses homosexuel-
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sind performativ zu nennen, so argumentiert Butler weiter, weil die essenziellen Gender-Identitäten, die sie auszudrücken vorgeben, Fabrikationen sind, die durch eben diese körperlichen Zeichen und diskursiven Mittel erst hergestellt werden:24 »In this sense, gender is always a doing, though not a doing by a subject who might be said to preexist the deed«, schreibt Butler in einer Aneignung von Nietzsches These (aus der Genealogie der Moral), dass es kein Sein hinter dem Tun, keinen Täter hinter der Tat gibt: »There is no gender identity behind the expressions of gender; that identity is performatively constituted by the very ›expressions‹ that are said to be its results.«25 Mit der Sprechakttheorie Austins setzt sich Butler konkret zwar erst in »Excitable Speech« (997) auseinander, ihr Verständnis von Performativität – von Akten, die die Realität, auf die sie zu verweisen vorgeben, selbst herstellen – ist aber bereits in »Gender Trouble« deutlich an Austin und, vor allem dann in »Bodies That Matter«, an Derridas AustinLektüre angelehnt, was unter anderem auch durch ihren Begriff der »gender acts« in Analogie zu Austins »speech acts« suggeriert wird.26 ler Männer und Frauen aus dem Militärdienst: »Sexual orientation will not be a bar to service unless manifested by homosexual conduct. The military will discharge members who engage in homosexual conduct, defined as a homosexual act, a statement that the member is homosexual or bisexual, or marriage or attempted marriage to someone of the same gender« (»Text of Pentagon’s New Policy Guidelines on Homosexuals in the Military«, in: New York Times [20. Juli 993], A6, zitiert nach: Andrew Parker/Eve Kosofsky Sedgwick: »Introduction. Performativity and Performance«, in: dies.: Performativity and Performance, S. -8, hier S. 5). 24 »That the gendered body is performative suggests that it has no ontological status apart from the various acts which constitute its reality« (Butler: Gender Trouble, S. 73). 25 Ebd., S. 33. Eine vergleichbare Argumentation verfolgt die Psychoanalytikerin Joan Riviere bereits 929 in ihrem Aufsatz »Womanliness as a Masquerade«, den Butler in »Gender Trouble« diskutiert. Riviere fasst die verschiedenen Gender-Akte, die Weiblichkeit (oder Männlichkeit) hervorbringen, unter den Aspekt der Maskerade: Weiblichkeit sei immer schon eine Repräsentation, die auf Rollenspielen, Verkleidungen, Inszenierungen etc. basiere (Joan Riviere: »Womanliness as a Masquerade«, in: Victor Burgin/ James Donald/Cora Kaplan [Hg.]: Formation of Fantasy, London: Methuen 986, S. 35-44, hier S. 37; zuerst erschienen in: International Journal of Psychoanalysis X [929], S. 303-33). Zwar geht Riviere in ihrem Text nicht explizit auf die Herstellung von Männlichkeit ein, ihre Theorie lässt sich aber auf beide Gender applizieren. Vgl. auch »Wifeliness as a Masquerade«, in diesem Band. 26 An anderer Stelle geht Butler schon 993 expliziter auf diese Begriffsherkunft ein: »The term ›performativity‹ in my usage is taken from J. L. Austin’s How to Do Things with Words and read through Derridas ›Signature, Event, Context‹ in Limited Inc. as well as Paul de Man’s notion
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Butlers Konzept der Performativität ist jedoch nicht allein der Sprechakttheorie geschuldet: Zumindest in »Gender Trouble« und »Bodies That Matter« steht es in enger Verbindung zu Begriffen der Theatralität und der Performance. Die Unterschiede und die Anknüpfungspunkte zwischen Performance und Performativität sowie ihre divergierende Auslegung in so unterschiedlichen Disziplinen wie Theater- und Sprachwissenschaften sind intensiv diskutiert worden.27 Butler unterscheidet zwischen Gender-Performativität als nicht-intentionaler, zwanghafter Wiederholung regulierender gesellschaftlicher Normen und Gender-Performances als absichtsvollen und theatralisch-bühnenhaften, hyperbolischen Imitationen dieser Normen (als Beispiel führt sie Drag-Performances an).28 Das Konzept der Performativität sei nicht auf das der Performance zu reduzieren: »[P]erformativity must be understood not as a singular ›act,‹ but, rather, as the reiterative and citational practice by which discourse produces the effect that it names.«29 of ›metalepsis‹ articulated throughout his essays on Nietzsche in Allegories of Reading. A performative act is one which brings into being or enacts that which it names, and so marks the constitutive or productive power of discourse« (Judith Butler: »For a Careful Reading« [993], in: Seyla Benhabib u.a. [Hg.]: Feminist Contentions. A Philosophical Exchange, New York/London: Routledge 995, S. 27-43, hier S. 34). 27 Butler weist bereits 988 darauf hin, dass das Wort »performativ« die Doppelbedeutung von dramatisch und nicht-referenziell trage (Butler: Performative Acts, S. 404). Vgl. außerdem Parker/Sedgwick: Performativity and Performance, S. -8; Schumacher: Performativität und Performance. Einen guten Überblick über die Diskussion bietet auch Marvin Carlson: Performance. A Critical Introduction, New York/London: Routledge 996. Parker und Sedgwick bezeichnen das Verhältnis als »oblique intersection between performativity and the loose cluster of theatrical practices, relations, and traditions known as performance« (Parker/Sedgwick: Performativity and Performance, S. ). Christina Wald schlägt vor, Performativität und Performance als Type-Token-Relation anzusehen: »Following this trajectory, the mechanisms of performativity would […] apply to the ›bounded acts‹ of theatrical performance, and performativity principally could only materialise as performance« (Christina Wald: Hysteria, Trauma and Melancholia. Performative Maladies in Contemporary Anglophone Drama, New York/London: Palgrave 2007, S. 6f.). 28 Im Vorwort zur 999er Neuauflage von »Gender Trouble« schreibt Butler hierzu: »My theory sometimes waffles between understanding performativity as linguistic and casting it as theatrical. I have come to think that the two are invariably related, chiasmically so, and that a reconsideration of the speech act as an instance of power invariably draws attention to both its theatrical and linguistic dimensions« (Butler: Gender Trouble, S. xxv). Um diese doppelte Dimension von Performativität geht es in Butlers »Excitable Speech«. 29 Butler: Bodies That Matter, S. 2, vgl. auch S. 234.
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Die Verbindung zwischen Drag-Performance und Gender-Performativität besteht für Butler nun vor allem darin, dass die zitathafte, hyperbolische Aufführung der Transvestiten und Cross-Dresser auf der Bühne auf die Performativität – also die Inszenierung und Herstellung – der Gender-Akte jenseits der Bühne verweisen: »In imitating gender, drag implicitly reveals the imitative structure of gender itself – as well as its contingency.«30 Der Transvestit, die Transvestitin denaturalisiert auf der Bühne die diskursiv hergestellte Einheit von Sex und Gender und stellt deren Herstellungsmechanismen zur Schau. Die theatralische Imitation des »Originals« macht dabei deutlich, dass auch das Original schon immer eine Kopie war: Die Grenzen zwischen »echt« und »gespielt« sind somit suspendiert. Das Verhältnis zwischen Drag-Queen und »echter« Frau ist nicht das von Kopie zu Original, sondern das von Kopie zu Kopie: »[G]ender parody reveals that the original identity after which gender fashions itself is an imitation without an origin. To be more precise, it is a production which, in effect – that is, in its effect – postures as an imitation.«3 Dabei ist es präzise das Moment der zitierenden Imitation, das die Möglichkeit der Resignifizierung, der Subversion hegemonialer GenderNormen in sich birgt. Butler knüpft hier an Derridas Austin-Kritik an und macht sie für ihre Theorie der performativen Gender-Akte fruchtbar. In »Signatur, Ereignis, Kontext« nimmt Derrida Austins berühmte Ausschlussgeste, in der dieser den »unernsten« Gebrauch performativer Sprechakte, also etwa in einem Gedicht oder auf der Theaterbühne, aus seinen Betrachtungen ausschließt,32 zum Anlass einer Relektüre des Per30 Butler: Gender Trouble, S. 75. 3 Ebd., S. 75f., meine Hervorhebung. 32 »[A] performative utterance will, for example, be in a peculiar way hollow or void if said by an actor on the stage, or if introduced in a poem, or spoken in a soliloquy. […]. Language in such circumstances is in special ways – intelligibly – used not seriously, but in ways parasitic upon its normal use […]. All this we are excluding from consideration« (Austin: How to Do Things with Words, S. 22). Dass Austin seine große Ausschlussgeste also selbst unterläuft, hat Shoshana Felman gezeigt, die How to Do Things with Words auf seine performative Dimension hin untersucht. Austins Text, das weist Felman nach, indem sie Austin auf der Folie des notorischen Heiratsversprechers Don Juan liest, performiert fortwährend jene unernsten, parasitischen und (daher) misslingenden Performativa, die er vorher selbst aus seinen Überlegungen ausgeschlossen hatte: Wiederholt verspricht er seinen Lesern eine (konstative) Theorie performativer Sprechakte, nur um diese Versprechen dann immer wieder (performativ) zu brechen – ganz so, wie Don Juan immer wieder seine Heiratsversprechen bricht (Soshana Felman: The Scandal of the Speaking Body. Don Juan with J. L. Austin, or Seduction in Two Lan-
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formativen. Gerade die von Austin ausgeschlossenen zitathaften Verwendungen verwiesen auf die Conditio sine qua non jedes performativen Sprechaktes: ihre Zitathaftigkeit und ihre Iterabilität:33 »Könnte eine performative ußerung gelingen,« fragt Derrida, »wenn ihre Formulierung nicht eine ›codierte‹ oder iterierbare ußerung wiederholte, mit anderen Worten, wenn die Formel, die ich ausspreche, um eine Sitzung zu eröffnen, ein Schiff oder eine Ehe vom Stapel laufen zu lassen, nicht als einem iterierbaren Muster konform, wenn sie also nicht in gewisser Weise als ›Zitat‹ identifizierbar wäre.«34 Zwar ist diese Zitathaftigkeit, so Derrida weiter, nicht »von derselben Art« wie auf der Theaterbühne, doch verweist das Zitat auf der Bühne, das, was Austin als parasitären Sprachgebrauch bezeichnet, auf eine allgemeine Zitathaftigkeit sprachlicher ußerungen – ähnlich Butlers DragPerformances, die den Imitationscharakter von Gender kenntlich machen. Auch bei Derrida ist also die Verschaltung von Performativität und Performance, die Butler vornimmt, bereits angelegt.35 Jonathan Culler hat das präzise auf den Punkt gebracht: For the »standard case« of promising to occur, it must be recognizable as the repetition of a conventional procedure, and the actor’s performance on the stage is an excellent model of such repetition. The possibility of »serious« performatives depends upon the possibility of performances, because performatives depend upon the iterability that is most explicitly manifested in performances.36
Und wie der Cross-Dresser in Butlers Ausführungen die Grenzen zwischen »echt« und »gespielt« verwischt, so lässt sich auch für Derrida »[d]as ›Unernste‹, die oratio obliqua, […] nicht mehr von der ›gewöhnlichen‹ Sprache ausschließen«.37 Ihre »allgemeine[] Zitathaftigkeit«, ihre
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guages [frz. 980], Stanford, CA: Stanford University Press 2003, S. 45f., 79, 94-96 u. passim). Wenn Derrida in seiner Austin-Lektüre also nachweist, dass die allgemeine Zitathaftigkeit und Iterierbarkeit, und gerade auch die Möglichkeit des Misslingens, die notwendigen Bedingungen (performativer) Sprechakte sind, so ist diese Einsicht bereits in Austins eigener Verwendung des Heiratsbeispiels enthalten. Vgl. Schumacher: Performativität und Performance, S. 386f. Derrida: Signatur, Ereignis, Kontext, S. 30. Vgl. hierzu auch Schumacher: Performativität und Performance, S. 387. Jonathan Culler: On Deconstruction. Theory and Criticism after Structuralism, Ithaca: Cornell University Press 982, S. 9f. Derrida: Signatur, Ereignis, Kontext, S. 30. Austins Unterscheidung zwischen ernstem und unernstem Sprechen lässt sich also mit Derrida insofern reformulieren, als dass »ernste« performative Sprechakte als Sonderfälle innerhalb des Performativen anzusehen sind (vgl. Culler: On Deconstructi-
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»allgemeine[] Iterierbarkeit«38 ist also für (performative) Sprechakte notwendige Bedingung, und sie schließt die Möglichkeit des Misslingens, etwa der unernsten Verwendung, ein. Mehr noch: Gerade die Möglichkeit des Misslingens, so Derrida, konstituiert die Struktur des gelingenden Sprechaktes.39 In »Bodies That Matter« adaptiert Butler nun dieses Konzept der Iteration und des konstitutiven Misslingens40 für ihr Konzept der GenderPerformativität. Die diskursive Produktion von Gender-Identitäten beinhalte immer dieses Moment der Rezitation und der Repetition: Performativität sei kein singulärer Akt, sondern die erzwungene Wiederholung von Normen, die ihren derivativen Status durch die Suggestion von Gegenwärtigkeit verschleiere.4 Dieses Element der ständigen Wiederholung unterstreicht den Zwangscharakter der Herstellung von Gender, die Butler nun nicht mehr primär als theatralisch sieht. Präziser ausgedrückt: Das Verständnis von Theatralität ist hier nicht in erster Linie als Selbstdarstellung, oder Selbstherstellung, sondern im (Produktions-)Rahmen einer erzwungenen Zitathaftigkeit zu denken. Gerade wegen dieser Zitathaftigkeit lassen sich die Konzepte der Performativität und der Performance aber nicht getrennt voneinander theoretisieren.42 Handlungsmöglichkeit (agency) im Sinne einer Destabilisierung von Gender-Kategorien – Butlers optimistisches Modell der transgressiven Aneignung und subversiven Relektüre reglementierender Gender-Normen durch variierende Wiederholung, das sie in »Gender Trouble« propagiert und das häufig als zu voluntaristisch kritisiert wurde – ist in »Bodies That Matter« mit mehr Skepsis besetzt.43 Dennoch beharrt sie auf der Möglichkeit diskursiver on, S. 20). Derrida: Signatur, Ereignis, Kontext, S. 309. Vgl. ebd., S. 307. Vgl. hierzu Butler: Bodies That Matter S. 2, 0, 2-6, 2-24 u. 23. Vgl. ebd., S. 2f. »It is in terms of a norm that compels a certain ›citation‹ in order for a viable subject to be produced that the notion of gender performativity calls to be rethought. And precisely in relation to such a compulsory citationality that the theatricality of gender is also to be explained. Theatricality need not be conflated with self-display or self-creation« (Butler: Bodies That Matter, S. 232). 43 Butlers Ausführungen zum drag als potenziell subversiver Praktik sind oft als Paradigma für Performativität und als Aufruf zur Vervielfältigung von Drag-Performances (miss-)verstanden worden. Kritisiert wurde gerade von feministischer Seite zudem, Transvestiten und Cross-Dresser würden die heterosexuelle Matrix keineswegs subversiv unterlaufen, sondern die klischeehaften kulturellen Gender-Normen unkritisch (und häufig, so der Vorwurf, mit misogynem Impetus) imitieren und somit re-idealisieren. Vgl. etwa Herta Nagl-Docekal: »Geschlechterparodie als Widerstandsform? Ju38 39 40 4 42
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Resignifizierung. Dass der diskursive Materialisierungsprozess von Körpern auf ständige Wiederholung angewiesen ist, verweise auf seine Unabgeschlossenheit und Instabilität: The practice by which gendering occurs, the embodying of norms, is a compulsory practice, a forcible production, but not for that reason fully determining. To the extent that gender is an assignment, it is an assignment which is never quite carried out according to expectation, whose addressee never quite inhabits the ideal s/he is compelled to approximate.44
Es sei präzise das konstitutive Misslingen des Performativen, das Gleiten zwischen diskursivem Befehl (»discursive command«) und dessen Ausführung, das die Möglichkeit einer dekonstruktiven Reinterpretation beinhalte.45 Kulturelle Praktiken wie drag, ob auf der Bühne oder auf der Leinwand, verwiesen durch ihre parodistische Übererfüllung der GenderNorm auf diesen interpretativen Spielraum innerhalb des Geschlechterdiskurses.
dith Butlers Kritik an der feministischen Politik beruht auf einem Trugschluß«, in: Frankfurter Rundschau (29. Juni 993), S. 2; Andrea Maihofer: Geschlecht als Existenzweise. Macht, Moral und Geschlechterdifferenz, Frankfurt a.M.: Helmer 995. In »Bodies That Matter« differenziert Butler daher ihre Ausführungen: »I want to underscore that there is no necessary relation between drag and subversion, and that drag may well be used in the service of both the denaturalization and reidealization of hyperbolic heterosexual gender norms. At best, it seems, drag is a site of a certain ambivalence, one which reflects the more general situation of being implicated in the regimes of power by which one is constituted and, hence, of being implicated in the very regimes of power that one opposes. To claim that all gender is like drag, or is drag, is to suggest that ›imitation‹ is at the heart of the heterosexual project and its gender binarisms, that drag is not a secondary imitation that presupposes a prior and original gender, but that hegemonic heterosexuality is itself a constant and repeated effort to imitate its own idealizations. […] In this sense, then, drag is subversive to the extent that it reflects on the imitative structures by which hegemonic gender is itself produced and disputes heterosexuality’s claim on naturalness and originality« (Butler: Bodies That Matter, S. 25). Vgl. hierzu auch: Osborne/Segal: An Interview with Judith Butler, S. 32f. Während sich Butler in »Bodies That Matter« vom Konzept der subversiven Repetition durch Performance und GenderParodie also etwas entfernt, stellt diese zentrale Kategorie aus »Gender Trouble« für kulturwissenschaftliche Arbeiten weiterhin ein produktives Analysetool dar. 44 Butler: Bodies That Matter, S. 23; vgl. hierzu auch S. 2, 0 u. 22-24. 45 Vgl. ebd., S. 22.
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Performativität und Film Filme verhandeln die verschiedenen Ebenen der Performance und Performativität, die Butler in ihrer Theorie diskutiert. Mehr noch: Filme führen vor, wie genau Butlers Konzeption des »gender-as-drag«,46 bei aller Kritik und Modifikation, die das Theorem mittlerweile erfahren hat, die Funktionsmechanismen von Gender als Performance und Performativität beschreibt. Transvestismusfilme im Besonderen spielen mit der Nichtübereinstimmung von anatomischem Geschlecht und Gender der Protagonisten. Wie Butler hervorhebt, haben wir es eigentlich mit drei kontingenten Dimensionen zu tun: mit dem anatomischem Geschlecht, dem Gender und der Gender-Performance der Schauspieler: »If the anatomy of the performer is already distinct from the gender of the performer, and both of those are distinct from the gender of the performance, then the performance suggests a dissonance not only between sex and performance, but sex and gender, and gender and performance.«47 In SOME LIKE IT HOT etwa stellen Tony Curtis und Jack Lemmon zwei Jazzmusiker, Joe und Jerry, dar, die sich auf der Flucht vor der Mafia als Frauen, Josephine und Daphne, verkleiden und sich einer DamenSwingband anschließen. Bei dieser einfachen Maskerade bleibt es nicht. Weil er Sugar Kane (Marylin Monroe) verführen will, verkleidet Joe/Josephine (Curtis) sich als Millionenerbe und Jachtbesitzer Junior. Um seine Tarnung aufrechtzuerhalten, wechselt er im Folgenden innerhalb kürzester Zeit immer wieder zwischen seinen Rollen als Joe, Josephine und Junior hin und her: In einer viel kommentierten Szene liegt Curtis in Juniors voller Kapitänsmontur (verdeckt durch Berge von Badeschaum) und Josephines Make-up und Perücke in der Badewanne, während Sugar ihr/ihm von ihrer Begegnung mit einem jungen Millionär (Junior) erzählt. Anwesend ist auch Jerry/Daphne (Lemmon), der weiß, dass Josephine »eigentlich« Joe ist: Das Kinopublikum sieht in dieser Szene also Tony Curtis als Joe als Josephine als Junior als Josephine.48 46 Ebd., S. 230. 47 Butler: Gender Trouble, S. 75. 48 Hinzu kommt, dass Curtis die Junior-Rolle mit dem distinkten Akzent Cary Grants spricht, darauf wurde in der zeitgenössischen Presse immer wieder hingewiesen, während Marilyn Monroe »die Monroe« gibt. Schon Tony Curtis’ star persona als »glamour boy-girl« (oft wird er in der Presse, aber auch in Filmen, als »pretty« und »beautiful« bezeichnet) basierte auf einer Reihe unterschiedlicher und sich widersprechender Gender-Maskeraden. Vgl. hierzu Cohan: Masked Men, S. 29 u. 307-30. Eine vergleichbare Überlagerung und Vermischung von Geschlecht, Gender und Gender-Performance evozieren Shakespeares Drag-Queens and Cross-Dresser, etwa Viola in Twelfth Night, die sich, im elisabethanischen
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Die verschiedenen Begehrenskonstellationen, in die die beiden CrossDresser mit Männern und Frauen geraten, unterlaufen binäre Oppositionierungen von weiblicher versus männlicher Identität, von homosexuellem versus heterosexuellem Begehren: Jerry, der sich anfangs widerwillig mit dem »echten« Millionär Osgood trifft, damit Joe Sugar auf dessen Jacht verführen kann, verwandelt sich innerhalb kürzester Zeit in die glückstrahlende Millionärsverlobte Daphne (»We’re planning a June wedding!«). Auf Joes ungläubige Frage: »And why would a guy want to marry a guy?«, antwortet sie ganz ihrer Rolle entsprechend und mit großer Selbstverständlichkeit: »Security!« Im Gegensatz zu Sugar Kane, der »echten Frau«, die mit Junior, einem falschen Millionär, verbandelt ist, heiratet Daphne, die »falsche Frau«, also wirklich einen.49 Die Beziehung zwischen Osgood und Daphne/Jerry ist nun weder eindeutig homosexuell noch heterosexuell markiert. Während Osgood am Anfang nicht zu wissen scheint, dass Daphne ein Mann »ist«, erfährt er dies zu einem Zeitpunkt, als Joe bereits gänzlich zu Daphne geworden ist. Angesichts dieser vielfachen und komplexen Durchkreuzung verschiedener Körper-, Gender-, und Begehrens-Ebenen, die SOME LIKE IT HOT inszeniert, ist nicht zu entscheiden, wo Performance aufhört und Performativität beginnt – ganz zu schweigen von einer dahinter liegenden »Natur«.50 Das gilt nicht nur für die beiden diegetischen CrossDresser: Nicht umsonst ist wiederholt darauf hingewiesen worden, dass Marylin Monroe die eigentliche Transvestitin des Films sei.5 Theater von einem männlichen Schauspieler dargestellt, wiederum als Page Cesario verkleidet. Vgl. Greenblatt: Shakespearean Negotiations, Kap.: »Fiction and Friction«, S. 66-93. 49 Jerry/Daphne hat sich bereits so mit Sugars Traum, einen Millionär zu heiraten, identifiziert, dass er/sie am liebsten sterben möchte, als Joe ihn auf eine eindeutige Gender-Identität festlegen will: »I’m a boy, I wish I were dead.« Hierzu gibt es eine Spiegelszene zu Beginn des Films: »I’m a girl, I wish I were dead«, klagt Jerry hier. In suizidale »Depressionen« stürzen also starre gesellschaftliche Gender-Vorgaben, nicht das Überqueeren dieser Grenzen. 50 Unterstützt wird dieser Eindruck des Gender-Blending und BoundaryBlurring durch den Einsatz von Reißschwenks, mit Hilfe derer die Szene, in der sich Osgood und Daphne beim Tangotanzen ineinander »verlieben«, mit der Verführungsszene zwischen Junior und Sugar auf Osgoods Jacht parallel inszeniert wird. Deutlich wird hier, dass die eigentliche Maskerade zwischen dem heterosexuellen Paar gespielt wird: Joe/Junior gibt vor, impotent zu sein, um Sugar zu verführen. Daphne hingegen übernimmt beim Tanzen – Weiblichkeitsmaskerade hin oder her – die Führung. 5 Vgl. Molly Haskell: From Reverence to Rape. The Treatment of Women in the Movies, 2., überarb. Auflage, Chicago/London: University of Chicago Press 987, S. 257; Ed Sikov: Laughing Hysterically. American Screen
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Filme porträtieren und problematisieren also den Prozess des Gendering, und auch für Filme, die Transvestismus und Gender-Crossing nicht so explizit verhandeln wie SOME LIKE IT HOT, ist Butlers Gender-Theorie deshalb in hohem Maße fruchtbar zu machen. In solchen Filmen mögen die verschiedenen performativen Ebenen zwar weniger offensichtlich auseinander laufen, die Willkürlichkeit einer Zuordnung von anatomischem Geschlecht, Gender und Gender Performance – und diese drei Darstellungsebenen sind in jeden Film eingeschrieben – wird jedoch auch hier deutlich vor Augen geführt. Auch wenn kein explizites GenderCrossing inszeniert wird, unterlaufen und durchkreuzen die GenderPerformances der Schauspieler immer wieder ihre Gender-Identitäten. Filme kennen nur die Performance von Gender, ein »Dahinter« gibt es nicht; darauf hat auch Elizabeth Cowie hingewiesen: »Representation is not a system of signs referring to reality and there can therefore be no recourse to an original essence against which the achievements or shortcomings of images produced by cinema, television, literature etc., can be measured.«52 Es gibt nicht nur keinen echten Männerkörper unter den Frauenkleidern in SOME LIKE IT HOT, es gibt in keinem Film »natürliche« Körper, sondern nur solche, die durch performative Akte, durch Kleidung, Make-up, Gestik (und ferner durch Beleuchtung, Kamerawinkel, Schnitt) produziert werden. Auf einen Körper »an sich«, jenseits der filmischen Performance, lässt sich nicht zugreifen.53 Film stellt damit nur auf besonders deutliche Weise jenes doing gender aus, anhand dessen sich Butler zufolge Geschlecht ohnehin konstituiert:54 »Film makes it especially difficult not to think of masculinity as a masquerade. Because, as both a medium and an institution, Hollywood cinema depends so Comedy of the 950s, New York: Columbia University Press 994, S. 42. 52 Elizabeth Cowie: »Woman as Sign« [978], in: dies./Parveen Adams (Hg.): The Woman in Question: m/f, Cambridge, MA: MIT Press 990, S. 7-33, hier S. 23. 53 Vgl. hierzu Liebrand: Gender-Topographien, S. 5-7. 54 Ist Sex/Gender immer nur über Symbolisierungen zugänglich, nur medial erfahrbar, so stellen sich performative Akte als jeweilige Aktualisierung eines Mediums dar. Vgl. hierzu die Überlegungen Sybille Krämers, die Medien als »historische Grammatik des Performativen« begreift: »Das Medium ist zwar nicht die Botschaft, doch die Botschaft ist die Spur des Mediums. Medien sind an der Entstehung von Sinn und Bedeutung also auf eine Weise beteiligt, die von den Sprechenden weder intendiert, noch von ihnen völlig kontrollierbar ist […]« (Sybille Krämer: »Sprache – Stimme – Schrift. Sieben Gedanken über Performativität als Medialität«, in: Wirth: Performanz, S. 323-346, hier S. 332 u. 345). Krämer, deren komplexer und weit gefasster Medienbegriff z.B. auch Stimme und Sprechen als Medien konzipiert, plädiert daher dafür, Performativität als Medialität zu konzeptionalisieren.
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greatly on making the sexually differentiated bodies of stars visible to an audience, it invariably brings the performativity of gender to the forefront of representation.«55 Konzipiert Butler Sex/Gender nicht als »spatial«, sondern als »temporal process«,56 als »gendered corporealizations of time«,57 so führt Film als prozesshaftes, nicht-räumliches (aber die Illusion von Räumlichkeit erzeugendes) Medium »am laufenden Meter« den Werdegang »dreidimensionaler« Männer- oder Frauenkörper vor (eine Differenz, die eben auch unterlaufen wird): »Das Medium Film dokumentiert […] nicht nur die alltagspraktische Herstellung von ›Weiblichkeit‹ und ›Männlichkeit‹, modelliert und präfiguriert unser Gender-Verhalten«, so Claudia Liebrand, »sondern verweist auch selbstreflexiv auf den inszenatorischen beziehungsweise performativen Aspekt von Gender.«58 Osgoods Ausspruch, »Nobody’s perfect«, trägt somit der Einsicht Rechnung, dass die (filmische) Konstruktion von Geschlechtsidentitäten kein »eindeutiges, in sich abgeschlossenes Produkt« darstellt, sondern einen »heterogene[n], krisenhafte[n] Repräsentationsprozeß«.59
Repeat Performances: Remakes und Gender The act that one does, the act that one performs, is, in a sense, an act that has been going on before one arrived on the scene. — Judith Butler: Performative Acts, S. 409
Wenn die Bühnen-Performance der Drag-Queen für Butler die Funktionsweisen von Gender ausstellt, so findet diese Engführung von Performativität und Performance in die Metaphorik ihrer Sprache Einlass, die auch das doing gender jenseits der Bühne als theatralische Aufführung oder als Filmproduktion konzipiert. Die Rede ist nicht allein von »actors« und »audience«, von »narrative« und »protagonists«,60 gesprochen wird auch von »fiction«, »fabrication«, »productions« und vom
55 Cohan: Masked Men, S. xvi. 56 Butler: Bodies That Matter, S. 0. 57 »If the ground of gender identity is the stylized repetition of acts through time and not a seemingly seamless identity, then the spatial metaphor of ›ground‹ will be displaced and revealed as a stylized configuration, indeed, a gendered corporealization of time« (Butler: Gender Trouble, S. 79, meine Hervorhebung). 58 Liebrand: Gender-Topographien, S. 6. 59 Siegfried Kaltenecker: Spiegelformen. Männlichkeit und Differenz im Kino, Basel: Stroemfeld 996, S. . 60 Butler: Gender Trouble, S. 79 u. 87.
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»public character« der Performance.6 Nun ist jede Performance durch Wiederholung und Verdopplung geprägt, darauf hat unter anderem Marvin Carlson hingewiesen: [A]ll performance involves a consciousness of doubleness, through which the actual execution of an action is placed in mental comparison with a potential, an ideal, or a remembered original model of that action. Normally this comparison is made by an observer of the action – the theatre public, the school’s teacher, the scientist – but the double consciousness, not the external observation, is what is most central.62
Auch Butlers Gender-Performances, die über Wiederholung, Imitation und Nachträglichkeitseffekte funktionieren, weisen diese »double consciousness« auf, machen die Produktion zu einer repeat performance, also einem Remake:63 »[T]he action of gender requires a performance that is repeated«, konstatiert Butler. Gender-Inszenierungen seien »reenactment[s]« [that] »repeat in order to remake«, »the performance is thus a kind of talking back«.64 Zeichnet sich die Produktion von Geschlecht und von Film in der Regel durch die Verschleierung ihrer Herstellungsmechanismen aus,65 so lässt sich der performative Prozess des filmischen 6 Butler: Bodies That Matter, S. 95 u. 23; dies.: Gender Trouble, S. 74-79 u. 87. 62 Carlson: Performance, S. 5, meine Hervorhebung. 63 Wie dem Premake der Originalstatus durch das Remake nachträglich verliehen wird, so entsteht erst durch die Gender-Performance der Effekt des biologischen Geschlechts. Und so wie die Gender-Performance die heterosexuelle Norm zitiert, so zitiert das Remake sein »Original« als Norm. Für beide gilt, dass die Wiederholung immer ein Anderswerden des Wiederholten einschließt. Vgl. Derrida: Signatur, Ereignis, Kontext. 64 Butler: Gender Trouble, S. 78; dies.: Bodies That Matter, S. 37 u. 32. 65 Darin sieht Siegfried Kaltenecker eine der Schnittstellen zwischen Film Studies und Gender Studies: »Es gehört zu den filmtheoretischen Grunderkenntnissen, daß die Faszinationskraft des Films unmittelbar mit der Verschleierung seiner komplexen Genese zusammenhängt. Die filmspezifische Sichtbarkeit, so der Tenor dieser Grunderkenntnisse, ist der konstitutiven Unsichtbarmachung ihrer Produktions- und Funktionsweisen unauflöslich verbunden […]. Daß das Kino als ein Ort zu begreifen ist, der zugleich zum Sehen und zum Übersehen verführt, zeigt bereits eine markante Schnittstelle zwischen Film- und Männlichkeitskritik an. Hier wie da geht es um die Auseinandersetzung mit Strukturen, deren offensichtliche Macht einer spezifischen Unsichtbarkeit entspringt. Es geht, mit anderen Worten, um die kritische Sichtbarmachung jener komplexen Projektions- und Identifikationsmechanismen, deren Nichtwahrnehmung für das Funktionieren der patriarchalen Gesellschaft und ihrer Kinokultur entscheidend ist« (Kaltenecker: Spiegelformen, S. 8f.). Vgl. dazu Butler: Gender Trouble,
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doing gender in der Analyse eines Remakes, dass auf der Folie seines Premakes gelesen wird (und vice versa), rekonstruieren und diskursivieren. Butler zufolge orientiert sich die Gender-Performance an einem kulturell normierten Geschlechter-Ideal. Dieses Ideal bleibt zwangsläufig abstrakt, begegnet uns nur in seinen verschiedenen Ausgestaltungen, »Verkörperungen«, die sich dem Ideal immer nur annähern können und die diese Konstruktion von Geschlecht durch die Kontinuität des doing gender unsichtbar machen. Im Falle des Remakes ist das (Gender-)Original nicht in dem gleichen Maße flüchtig, weil man auf das Premake (und auf seine Gender-Akte) zurückgreifen kann, weil sich die Imitation des Geschlechtervorbilds zwischen Remake und Premake konkretisieren und nachzeichnen lässt. Der Prozess des Gendering liegt durch die doppelte Ausführung gewissermaßen in sedimentierter Form vor. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Gender-Akte des Premakes in unveränderlicher Erstarrung vorliegen. Sie werden vielmehr – und dem trägt die Lektürehaltung des preposterous reading Rechnung – durch ihr Remaking einer Relektüre unterzogen, die sie immer auch verändert. In der folgenden Filmlektüre wird es um die Effekte von Rückschaufehlern gehen, die ein solches rereading beinhalten kann.
S. 78: »Gender is, thus, a construction that regularly conceals its genesis; the tacit collective agreement to perform, produce, and sustain discrete and polar genders as cultural fictions is obscured by the credibility of those productions […].«
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I’ V E A L W A Y S H A D A Q U E E R O P I N I O N O F Y O U . UNFINISHED BUSINESS UND NACHTRÄGLICHKEIT I N T H E F R O N T P A G E (1931) UN D H I S G I R L F R I D AY (1940) In Lewis Milestones Film THE FRONT PAGE lässt ein Zeitungsverleger nichts unversucht, um seinen Starreporter, der seinen Job aufgeben und mit seiner Verlobten nach New York ziehen will, in Chicago zu halten. Knapp zehn Jahre später inszeniert Howard Hawks diese Geschichte als HIS GIRL FRIDAY erneut, diesmal mit einer Frau in der Rolle des Reporters. In der Filmwissenschaft ist diese Umbesetzung als genialer Schachzug gewertet worden, der auch das Premake THE FRONT PAGE als (verdeckte) Liebesgeschichte – allerdings zwischen zwei Männern – »entlarve«. In meiner Lektüre argumentiere ich, dass es sich bei diesem Befund um einen Rückschaufehler handelt, weil sich zwischen 93 und 940 die Wahrnehmung und Konzeptionalisierung von Homosexualität entscheidend wandelt. Die 20er und 30er Jahre sind durch sehr viel weniger homosexual panic gekennzeichnet als die darauf folgenden Dekaden, und THE FRONT PAGE ist demgemäß ein Text, der mit der Möglichkeit einer homosexuellen Liebe eher kokettiert, als dass er sie zu verstecken versucht. HIS GIRL FRIDAY hingegen wird in einer Zeit produziert, die mit einer gesteigerten gesellschaftlichen Sensibilisierung für Homosexualität einhergeht. Erst die Relektüre macht die Liebesgeschichte des ersten Films vor dem Hintergrund der sich wandelnden zeitgenössischen Diskurse retrojektiv zum Skandalon – und es ist diese nachträgliche Lektüre, die die Umbesetzung der Hildy-Rolle herbeiführt. Für Hawks (und Hollywood) ist die queer love story des Premakes unrepräsentierbar, weil der in den frühen 30er Jahren einsetzende »decline of the fairy and the rise of the closet« und spätestens die Verschärfung des Production Codes im Jahre THE FRONT PAGE, USA 93; Regie: Lewis Milestone; Produktion: Howard Hughes; Drehbuch: Bartlett Cormack, Ben Hecht, Charles Lederer, nach dem Bühnenstück The Front Page von Ben Hecht und Charles MacArthur;
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934 die Story mit einem Verbot belegt. Doch der Prätext ist dem Remake als unfinished business eingeschrieben, das die Gender-Performances nachhaltig hybridisiert. Trotz der Besetzung der zweiten Hauptrolle mit einer Frau inszeniert auch das Remake eine queer love story, das unfinished business des Premakes macht HIS GIRL FRIDAY zum »hysterischen Text«, der die Männerliebe des Premakes konstant prozessiert.
HIS GIRL FRIDAY und THE FRONT PAGE Howard Hawks’ HIS GIRL FRIDAY aus dem Jahr 940, mit Cary Grant und Rosalind Russell in den Hauptrollen, gilt als Klassiker der Screwball Comedy. Gleichzeitig ist HIS GIRL FRIDAY das Remake der Newspaper Comedy2 THE FRONT PAGE von 93 nach dem gleichnamigen Theaterstück von Ben Hecht und Charles MacArthur.3 THE FRONT PAGE, ein Darsteller: Pat O’Brien (Hildy Johnson), Adolphe Menjou (Walter Burns), Edward Everett Horton (Roy Bensinger), Mary Brian (Peggy Grant), George E. Stone (Earl Williams), Mae Clark (Molly Malloy), Effie Ellsler (Mrs. Grant), Clarence Wilson (Sheriff Peter B. Hartman), Slim Summerville (Silas F. Pinkus), Maurice Black (Diamond Louie); Kamera: Glen MacWilliams, Hal Mohr, Tony Gaudio; Schnitt: W. Duncan Mansfield; Art-Design: Richard Day; Studio: United Artists. HIS GIRL FRIDAY, USA 940; Regie und Produktion: Howard Hawks; Drehbuch: Charles Lederer, nach dem Bühnenstück The Front Page von Ben Hecht und Charles MacArthur; Darsteller: Cary Grant (Walter Burns), Rosalind Russell (Hildy Johnson), Ralph Bellamy (Bruce Baldwin), John Qualen (Earl Williams), Helen Mack (Molly Malloy), Alma Kruger (Mrs. Baldwin), Gene Lockhart (Sheriff Peter B. Hartwell), Ernest Truex (Roy Bensinger), Billy Gilbert (Joe Pettibone), Abner Biberman (Diamond Louie); Kamera: Joseph Walker; Schnitt: Gene Havlick; Art-Design: Lionel Banks; Kostüme: Robert Kalloch; Studio: Columbia Pictures. Chauncey: Gay New York, S. 23. 2 THE FRONT PAGE gehört zu einer Reihe von Filmen, Comedies und Dramen, die in den frühen 30er Jahren das Zeitungsgewerbe und die Korruption in Amerikas Großstädten mit viel Zynismus und schwarzem Humor in den Blick nahmen, z.B. FIVE STAR FINAL (93), SCANDAL SHEET (93), PLATINUM BLONDE (93), SCANDAL FOR SALE (932). Vgl. auch Andrew Bergman: We’re in the Money. Depression America and Its Films [97], Chicago: Elephant 992, S. 8-23; Pauline Kael: »Raising Kane« [97], in: Orson Welles/Herman J. Mankiewicz: Citizen Kane. The Complete Screenplay, London: Methuen 2002, S. -45, hier S. 33f. u. 82f. 3 HIS GIRL FRIDAY bildet einen der seltenen Fälle, in denen Kritiker das Remake seinem »Original« vorziehen. Vgl. etwa James Harvey: Romantic Comedy in Hollywood, from Lubitsch to Sturges [987], New York: Da Capo 998, S. 87, 439 u. 442; Gerald Mast: Howard Hawks, Storyteller, Oxford/New York: Oxford University Press 982, S. 209-2 u. 237f.; Maria DiBattista: Fast-Talking Dames, New Haven: Yale University Press
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Film der für drei Oscars nominiert wurde,4 erzählt die Geschichte einer intensiven Männerfreundschaft: Der Zeitungsverleger Walter Burns (Adolphe Menjou) lässt nichts unversucht, um seinen Starreporter Hildy Johnson (Pat O’Brien), der seinen Job aufgeben, seine Verlobte Peggy Grant (Mary Brian) heiraten und mit ihr nach New York ziehen will, in Chicago zu halten. Er überredet Hildy, eine letzte prestigeträchtige Story, die politisch motivierte Exekution des Anarchisten und Polizistenmörders Earl Williams, zu übernehmen, die die korrupte Stadtverwaltung stürzen könnte. Nach einer chaotischen Verkettung von Ereignissen, darunter die Flucht Williams’, die Entführung von Hildys zukünftiger Schwiegermutter, die zeitweilige Verhaftung Hildys und Walters und die Überführung des korrupten Bürgermeisters, lässt Walter seinen Lieblingsreporter schließlich gehen, nicht ohne ihm vorher in einer ausführlichen Abschiedsszene seine goldene Taschenuhr als Hochzeitsgeschenk zu überreichen. Während Hildy und Peggy den Zug nach New York besteigen, telefoniert Walter bereits mit der Polizei: Hildy Johnson sei beim nächsten Halt des Zuges zu verhaften: »The son of a bitch stole my watch!« Im Screwballremake HIS GIRL FRIDAY ist Walter Burns (Cary Grant) Hildys Boss und Ex-Ehemann: Howard Hawks’ Version besetzt die Rolle des Hildy Johnson mit einer Frau (Rosalind Russell).5 Hildy ist im Remake auf dem Weg nach Albany, um dort ihren Verlobten, den Versicherungsvertreter Bruce Baldwin (Ralph Bellamy) zu heiraten. Die Handlung setzt ein, als Hildy Walter in seinem Büro aufsucht, um ihm mitzuteilen, dass sie erneut heiraten und sowohl ihn als auch seine Zeitung endgültig verlassen werde. Wie im Premake übt die gesetzlose, ikonoklastische Zeitungswelt um Walter Burns (im Gegensatz zur geregelten Welt ihres Verlobten) eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf sie aus; anders als im Premake können Hildy und Walter am Ende des Remakes zusammenbleiben: Sie beschließen, erneut zu heiraten. Doch auch in HIS GIRL FRIDAY bleibt das Ende ambivalent, statt zum Traualtar
4 5
200, S. 273; Nowlan/Nowlan: Cinema Sequels and Remakes, S. 27. Weitere Beispiele, in denen ein Remake, nicht das Premake in Kritikerkreisen als beste Version einer Story gilt, sind THE AWFUL TRUTH (937) und THE MALTESE FALCON (94), beide die jeweils dritte Verfilmung. Nominiert wurde THE FRONT PAGE als bester Film, für die beste Regie und für den besten Hauptdarsteller (Adolphe Menjou). Mit Blick auf den Screwball-Zyklus ist dies nicht der einzige GenderSwitch, den der Film vornimmt: »[…] Cary Grant does a turn from the more emotionally controlled, or even subordinate male roles of his previous screwball appearances and becomes the unpredictable, out-of-control, engine of plot change previously embodied by eccentric females in many films of the cycle« (Byrge/Miller: The Screwball Comedy Films, S. 97f.).
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macht sich das Paar auf den Weg nach Albany, um über einen Arbeiterstreik zu berichten.
F a i r y t a l e s : K o n z e p t e v o n H o m o s e x u a l i tä t , 1920-1940 Auf einer Feier liest Howard Hawks mit einigen Gästen Dialoge aus dem Drehbuch von THE FRONT PAGE. Während er den Part des Zeitungsverlegers Walter Burns übernimmt, wird die Rolle des Hildy Johnson von einer der anwesenden Frauen gelesen. Der Regisseur berichtet später, es sei ihm wie Schuppen von den Augen gefallen, dass es sich bei der Beziehung zwischen den beiden Männern eigentlich um eine Liebesgeschichte handele.6 Hawks hat diese Anekdote in Interviews gern angeführt, wenn er nach der Umbesetzung der Hildy-Rolle gefragt wurde.7 Auch in der Filmwissenschaft und der Filmwelt ist Hawks’ »Entdeckung« als genialer Schachzug gewertet worden, der auch das Premake THE FRONT PAGE als (verdeckte) Liebesgeschichte – allerdings zwischen zwei Männern – entlarve: »In transforming Hildy into a woman, Hawks was making obvious what the play presented as latent: a love affair between two men«, schreibt zum Beispiel Maria DiBattista.8 Doch Hawks’ »stroke of genius« (Ernst Lubitsch),9 der darin bestand, die »verdeckte« homosexuelle Liebesgeschichte in THE FRONT PAGE zu erkennen und in HIS GIRL FRIDAY in eine heterosexuelle zu überführen, ist weniger eine Ent-Deckung als eine (nachträgliche) Lektüre, die 93 so nicht möglich und vor allem auch nicht nötig war. 6 7 8
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Vgl. hierzu McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 278. Zum Beispiel in einem Interview mit Peter Bogdanovich: »Interview«, in: Movie 5 (Dezember 962), S. 8-8, hier S. 3. DiBattista: Fast-Talking Dames, S. 272. Über diesen kurzen Blick auf die erste Version gehen die Anmerkungen allerdings selten hinaus (eine Ausnahme bildet Mast: Howard Hawks, S. 208-242), vgl. Sikov: Screwball, S. 68; McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 278-280; Gretchen Bisplinghoff: »Hildy Johnson – A Question of Gender«, in: Film Reader 5 (982), S. 227-23, hier S. 229. Hawks selbst sagte über einen anderen seiner Filme, A GIRL IN EVERY PORT (928), er sei »really a love story between two men« (Hawks zitiert nach: Mast: Howard Hawks, S. 380, Anm. 7). Lubitsch zitiert nach: Harvey: Romantic Comedy, S. 433. Auch Molly Haskell schreibt: »Hawks stroke of intuitive genius was in sensing that the Hecht-MacArthur play was a love story […]« (Haskell: From Reverence to Rape, S. 34).
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Wenn Hawks die Liebesgeschichte zwischen zwei Männern, die THE FRONT PAGE inszeniert, als versteckten Subtext interpretiert – er bezeichnet die Beziehung zwischen Hildy und Walter als »nebulös«0 –, so ist dies eine Folge der Reorganisation der hegemoniellen sexuellen Ordnung, die in den 30er Jahren einsetzt. In der Dekade zwischen den beiden Filmversionen verändern sich gesellschaftliche Konzeptionen von Sexualität, Begehren und Gender nämlich grundlegend: Ist Homosexualität für Michel Foucault eine Erfindung des 9. Jahrhunderts, so ist dieser zeitliche Fokus, was die Arbeiterschicht der US-amerikanischen Großstädte betrifft, auf die 30er bis 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zu verschieben, das hat George Chauncey in seiner Studie »Gay New York. Gender, Urban Culture, and the Making of the Gay Male World, 890-940« gezeigt. Ausschlaggebend dafür, ob eine Person als homosexuell angesehen wird, sei bis dahin weniger der Zusammenhang von Geschlecht und sexueller Objektwahl als der von Geschlecht und Gender-Identität: Particularly in working-class culture, homosexual behavior per se became the primary basis for the labeling and self-identification of men as »queer« only around the middle of the twentieth century; before then, most men were so labeled only if they displayed a much broader inversion of their ascribed gender status by assuming the sexual and other cultural roles ascribed to women.2 0 Hawks zufolge machte Charles Lederers Arbeit am Drehbuch »all the scenes much better and the characters more definite. Now we knew what we were talking about – two people who had been married and in love and divorced. After that it wasn’t really a great effort to do the story. We were a little snagged up before that because the relationship was nebulous« (zitiert nach: McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 279). »Man darf nicht vergessen, daß die psychologische, psychiatrische und medizinische Kategorie der Homosexualität sich an dem Tage konstituiert hat, wo man sie – hier kann der berühmte Artikel Westphals von 870 über die ›conträre Sexualempfindung‹ die Geburtsstunde bezeichnen – weniger nach einem Typ von sexuellen Beziehungen als nach einer bestimmten Qualität sexuellen Empfindens, einer bestimmten Weise der innerlichen Verkehrung des Männlichen und des Weiblichen charakterisiert hat. Als eine der Gestalten der Sexualität ist die Homosexualität aufgetaucht, als sie von der Praktik der Sodomie zu einer Art innerer Androgynie, einem Hermaphroditismus der Seele herabgedrückt worden ist. Der Sodomit war ein Gestrauchelter, der Homosexuelle ist eine Spezies« (Foucault: Der Wille zum Wissen, S. 47). 2 Chauncey: Gay New York, S. 3. Chauncey zufolge resultiert Foucaults Befund, Homosexualität sei eine »Erfindung« des 9. Jahrhunderts, aus dessen Konzentration auf die bürgerliche Gesellschaft und die wissenschaftlichen Diskurse der Elite. In der städtischen Arbeiterklasse hingegen, so Chauncey weiter, ersetzt der homosexual die fairy erst einige Generationen später (ebd., S. 27 u. 48). Zur generellen Problematik von historischen
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Als homosexuell gelten deshalb vor allem so genannte fairies oder pansies (heute ist queen oder sissy geläufiger), Männer, die sich weiblich semantisierter Verhaltensweisen, Sprache und Accessoires bedienen, manchmal auch Frauenkleider tragen.3 Weil fairies ihrer GenderPerformanz nach eigentlich Frauen sind, stellen sie die »Männlichkeit« respektive die heterosexuelle Orientierung ihrer sexuellen Partner nicht in Frage.4 Männer, die sexuelle Kontakte mit fairies unterhalten, selbst aber eine männliche Gender-Performance verfolgen, gelten also nicht zwangsläufig als homosexuell. Viele der im frühen 20. Jahrhundert gebräuchlichen Bezeichnungen wie fairy, pansy, queer, trade, wolf sind daher keine Synonyme für homosexuell oder heterosexuell, sondern tragen spezifische Konnotationen, verweisen auf die Vielfalt und Heterogenität heute unter dem Begriff »homosexuell« gebündelter Positionen.5 Die Ersetzung dieser Namenspalette durch die Bezeichnung gay, die sich seit den 40er Jahren in der homosexuellen Kultur vollzieht, reflektiert die grundlegende Rekonzeptionalisierung homosexuellen Verhaltens als persönliche Identität und die Etablierung der binären Opposition Homoversus Heterosexualität:
Fixierungen, wie Foucault und Chauncey sie vornehmen, vgl. Eve Kosofsky Sedgwick: Epistemology of the Closet, Berkeley/Los Angeles: University of California Press 990, S. 45-48. 3 Die Figur der fairy macht durch ihre Performance deutlich, wie sehr sich Gender durch geschlechtlich codifizierte Zeichen (Kleidung, Frisur, Makeup, Haltung, Gang, Stimme, Gestik, Namen) herstellt. So beschreibt ein Sittenpolizist der Stadt New York fairies in einem Bericht von 899: »These men […] act effeminately; most of them are painted and powdered; they are called Princess this and Lady So and So and the Duchess of Marlboro, and get up and sing as women, and dance; ape the female character; call each other sister […]« (zitiert nach: Chauncey: Gay New York, S. 33). Ein anderer Beobachter »identifiziert« homosexuelle Männer folgendermaßen: »The most striking feature [of homosexuals] would be the fact that although they represent [!] and are dressed as one sex, they act and impersonate the opposite sex […] by gesture, voice inflection, manner or mode of speech, or walk, and in general [they] impersonate all of the other characteristics of a female that they can possibly assume« (zitiert nach: ebd., S. 55). Sind diese »Beschreibungen« durch ein hohes Maß an Stereotypisierung und Übertreibung geprägt, so bezeugen sie doch die Sichtbarkeit der fairy im öffentlichen Leben der größeren Städte. 4 »The fairies reaffirmed the conventions of gender even as they violated them: they behaved as no man should, but as any man might wish a woman would« (Chauncey: Gay New York, S. 57). 5 Obwohl diese Begriffe, wie auch queen, sissy und später gay, häufig pejorativ verwendet wurden und werden, verzichte ich daher nicht auf ihren Gebrauch. Vgl. hierzu auch Chauncey: Gay New York, S. 4 u. 0.
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Examining the boundaries between queers and normal men in the early twentieth century illuminates with unusual clarity – and startling effect – the degree to which the social definition of a »normal man« has changed in the last century. For the erotic behavior allowed »normal men« three generations ago simply would not be allowed »heterosexual« men today. Heterosexuality, no less than homosexuality, is a historically specific social category and identity.6
Hawks entdeckt demnach nicht einen versteckten Text, sondern er korrigiert jene Fehl- oder anachronistischen Lektüren, die THE FRONT PAGE auf Grund der veränderten Konzeptualisierung von Homosexualität und Liebe zwischen Männern nicht als Liebesgeschichte, als Romantic Comedy gelesen haben, jene Lektüren, die die Männerliebe im Laufe der 30er Jahre nachträglich als skandalös interpretiert und beim Sehen eliminiert haben. Versteckt und mit einem Tabu versehen wurde der queer text also erst durch diese nachträglichen Lektüren. Hawks’ Anekdote um die Entstehung von HIS GIRL FRIDAY nimmt in den folgenden Überlegungen eine Schlüsselposition ein, steht pars pro toto für eine breitere gesellschaftliche Verschiebung in der Wahrnehmung von Homosexualität und für die Auswirkungen dieser Entwicklung auf Hollywoods Filme.
Hollywood, die Sissy und der Production Code In den späten 20er und frühen 30er Jahren wird die fairy oder pansy zu einer populären Figur im New Yorker Nachtleben, später auch in anderen großen Städten und in Hollywood: [I]n the Prohibition years of 920-933, [gay men] acquired an unprecedented prominence throughout the city, taking a central place in its culture. As a »pansy craze« swept through New York, they became the subject of newspaper headlines, Broadway dramas, films, and novels. The drag balls they organized attracted thousands of spectators, and the nightclubs where they performed became the most popular in the city.7
6 Chauncey: Gay New York, S. 26. Vgl. auch ebd., Kap. 3: »Trade, Wolves, and the Boundaries of Normal Manhood«, S. 64-97; Jonathan N. Katz: The Invention of Heterosexuality, New York: Dutton 995; ders.: Love Stories. Sex between Men before Homosexuality, Chicago/London: University of Chicago Press 200. 7 Chauncey: Gay New York, S. 30. Zu den »homosexual capitals« New York, Boston, Washington, Chicago, St. Louis, San Francisco, Milwaukee, New Orleans und Philadelphia vgl. Jonathan N. Katz: Gay/Lesbian Almanac, New York: Harper & Row 983, S. 330. Vgl. auch den Bericht der Chicago Vice Commission vom 5. April 9, ebd., S. 334-336.
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Im September 932 verfügt Hollywood bereits über vier pansy clubs, Nachtclubs, in denen Drag-Künstler auftreten.8 Shows professioneller female impersonators werden als Attraktionen in Filme integriert, wie etwa der Auftritt der Rocky Twins in BLONDIE OF THE FOLLIES (932). Die Figur der fairy, in filmischen Kontexten meistens als sissy bezeichnet, ist im Hollywoodfilm wohl nie so häufig vertreten wie in den 30er Jahren, etwa in FEMALE (933), BED OF ROSES (933), FLYING DOWN TO RIO (933), MY MAN GODFREY (936), EASY LIVING (937), FIFTH AVENUE GIRL (939), MIDNIGHT (939);9 Schauspieler wie Franklin Pangborn, Ernest Truex, Eric Blore und Edward Everett Horton sind bekannt für ihre Sissy-Rollen.20 Sissies oder fairies stellen in den ersten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts in den USA zwar nicht die einzige, aber 8 Vgl. Chauncey: Gay New York, S. 320f. 9 Hollywood inszeniert die sissy in verschiedenen Variationen, die sich mit anderen kulturellen Ikonographien und Typisierungen durchkreuzen. Vgl. Richard Dyer: »Seen to Be Believed. Some Problems in the Representation of Gay People as Typical« [983], in: ders.: The Matter of Images. Essays on Representations, New York/London: Routledge 993, S. 9-5, hier S. 29, 3 u. 50; vgl. auch Gary Morris: »Film Sissies« [2002], in: glbtq. An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, and Queer Culture, unter: www.glbtq.com/arts/film_sissies.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007); Ray Davis: »The Sissy Gaze in American Cinema«, in: Bright Lights Film Journal 23 (998), unter: www.brightlightsfilm.com/23/sissy. html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 20 Die Figur der sissy im Film ist problematisch, weil sie häufig als Entlastungsfigur und Projektionsfläche für Homophobie eingesetzt wird. Oft wird die Figur der Lächerlichkeit preisgegeben, dient dem comic relief oder ist Zielscheibe sexistischen Humors. »[I]n their use within the dominant culture [queen and dyke types] are more characteristically portrayed as people who in failing, because of not being heterosexual, to be real women or men, at the same time fail to be truly masculine or feminine in other ways – dykes are unwomanly but fall short of being truly masculine; queens are unmanly and unwomanly. Both are thus often seen as tragic, pathetic, wretched, despicable, comic or ridiculous figures« (Dyer: Seen to Be Believed, S. 37). »Wahre« Männlichkeit und Weiblichkeit wird zum großen Teil über Heterosexualität definiert (vgl. ebd., S. 36). Gleichzeitig destabilisiert die sissy durch ihre »assertion of in-betweenism or […] a refusal of rigid sex role-playing« (ebd., S. 37) aber die heteronormative Verknüpfung von Gender, Sex und sexuellem Begehren und stellt damit innerhalb der Diegese eine Position bereit, von der aus sich ein queerer Blick auf den Film werfen lässt. »[T]ypes keep the fact of a character’s gayness clearly present before us throughout the text. This has the disadvantage that it tends to reduce everything about that character to his/her sexuality. It has the advantage that it never allows the text to closet her or him, and it thus allows gay sub-cultural perspectives to be always present in the scene. For gay […] audiences in particular, this allows a place in the text from which to view the proceedings« (ebd., S. 23f.).
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die dominante, weil sichtbarste Form von »Homosexualität« (genauer: Nicht-Heterosexualität oder – in der Terminologie des zeitgenössischen Diskurses – »sexual inversion«) im kulturellen Repräsentationsrepertoire, auch in Hollywoods Visualisierungsverfahren dar.2 Homosexualität wird hier also durch die Chiffre fairy repräsentiert, die sich wiederum aus bestimmten Gesten, Mimiken, Attitüden und einer Cross-GenderPerformance zusammensetzt und die noch heute zum Standardrepertoire Hollywoods in der Darstellung »Homosexueller« gehört:22 We recognize these men as gay, not just because those are the kinds of clothes and haircuts gay men have, but because that sort of appearance is related to certain assumptions about gay men, especially their relation to gender. That sort of appearance has qualities […] that are associated with femininity in our culture. We know these men are gay because we see aspects of them as in some sense feminine. This implies a conflation of sexuality and gender roles that is characteristic of gay types.23 2 Vgl. Chauncey: Gay New York, S. 47. Zur Präsenz der fairy im New Yorker Stadtbild vgl. ebd., S. 79. Die Chiffre fairy verdeckt in den 0er und 20er Jahren also andere existente nicht-heterosexuelle Identitäten, z.B. queerness (vgl. ebd., S. 0). Zur Figur der sissy im Hollywoodkino vgl. auch Vito Russo: The Celluloid Closet, überarb. Ausgabe, New York: Harper & Row 987. 22 Die fairy oder sissy versammelt auf sich eine Vielzahl der visuellen und verbalen Codes, die in Hollywood über die 50er Jahre hinaus für Homosexualität einstehen (vgl. hierzu auch Steven Cohan: »Queering the Deal. On the Road with Hope and Crosby«, in: Ellis Hanson [Hg.]: Out Takes. Essays on Queer Theory and Film, Durham: Duke University Press 999, S. 23-45, hier S. 34f. u. 4). »There are signs of gayness, a repertoire of gestures, expressions, stances, clothing, and even environments […] that bespeak gayness, but these are cultural forms designed to show what the person’s person alone does not show: that he or she is gay« (Dyer: Seen to Be Believed, S. 9, vgl. auch S. 22-24). Dyer zufolge erlaubt solch ein Stereotyp dem Publikum, die Figur im Schnellverfahren (in diesem Fall als homosexuell) zu klassifizieren. Auf diesem Wege muss der Film nicht mehr durch Dialoge oder Narration etablieren, was eigentlich »unsichtbar« ist: die sexuelle Orientierung einer Filmfigur. 23 Dyer: Seen to Be Believed, S. 23. David Greenberg hat darauf hingewiesen, dass die Verknüpfung von Effeminiertheit und männlicher Homosexualität in den USA im Gegensatz zu Europa erst Mitte des 9. Jahrhunderts erfolgt (David Greenberg: The Construction of Homosexuality, Chicago: University of Chicago Press 988, S. 383-386). Zuvor zeigte sich etwa Edward Hyde, Lord Cornberry, Kolonial-Governeur von New York und New Jersey in den Jahren 703 bis 708, regelmäßig in Frauenkleidern in der Öffentlichkeit, ohne dass ihm deswegen homosexuelle Neigungen unterstellt wurden (vgl. Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 25-27). Nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg erscheinen zunehmend Berichte und Ar-
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Der weniger rigiden Kategorisierung nicht-heterosexuellen Verhaltens und dem vergleichsweise offeneren, wenn auch diskriminierenden, gesellschaftlichen Umgang mit queerness, Cross-Dressing und hnlichem im späten 9. und frühen 20. Jahrhundert,24 der in der Pansy-Mode der 20er Jahre gipfelt, folgt seit den frühen 30er Jahren ein konservativer Backlash. Die in den folgenden Jahren erlassenen Gesetze und die mit ihnen einhergehende polizeiliche und gerichtliche Verfolgung von Homosexuellen sind Teil einer breiteren gesellschaftlichen Gegenreaktion auf die durch die Prohibition ausgelöste Krise sozialer Hierarchien und moralischer Autoritäten in den Roaring Twenties.25 Als die dem Börsencrash im Oktober 929 folgende Weltwirtschaftskrise weitere Unruhe in die GenderOrdnung bringt, erscheint queerness zunehmend als subversiv: As many men lost their jobs, their status as breadwinners, and their sense of mastery over their own futures, the central tenets undergirding their gender status were threatened. […] The reaction against the challenges posed to manhood by Depression conditions was widely evident in the culture, from the celebration of powerful male physiques in the public art of the New Deal to the attacks on married women for »stealing« men’s jobs and the laws passed by several states requiring women to be dismissed from teaching jobs when they married. […] The new laws forbidding gay people to gather openly with heterosexuals in licensed restaurants and bars and banning even the representation of homosexuals bespoke a fear that gender arrangements were so fragile, even a glimpse of an alternative might endanger them.26 tikel in medizinischen Fachzeitschriften, die eine Verbindung zwischen effeminiertem Verhalten und Homosexualität ziehen. In den größeren Städten wie New York, Chicago, Philadelphia, Los Angeles oder St. Louis, die bereits im späten 9. und frühen 20. Jahrhundert über eine homosexuelle Subkultur verfügen, mag sich durch die relativ sichtbare Figur der fairy diese Gleichsetzung im öffentlichen Bewusstsein verfestigt haben. Noch im Zweiten Weltkrieg fahndet die US-Armee nach Homosexuellen u.a. anhand des Fairy-Rasters. Vgl. Allan Bérubé: Coming Out Under Fire. The History of Gay Men and Women in World War Two, New York: Free Press 990, S. 9f. u. 56. 24 Greenberg zufolge geht diese Periode der Toleranz weit ins 9. Jahrhundert zurück, so gibt es in der städtischen Bevölkerung der USA auch in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts »no signs of panic over homosexuality« (Greenberg: Homosexuality, S. 356). 25 Die Zahl der wegen öffentlicher homosexueller »Belästigung« verhafteten Männer steigt allein in Manhattan von etwa 700 pro Jahr in den 30ern auf mehr als 3000 in den späten 40ern. Vgl. Chauncey: Gay New York, S. 360; vgl. auch die zeitgenössischen Dokumente in Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 530f. u. 569. 26 Chauncey: Gay New York, S. 353f. u. 33. Zum durch die Depression aus-
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Erst im Zuge dieser Backlash-Bewegung, die bis in die späten 50er Jahre anhält, werden Homosexualität und Heterosexualität im Bewusstsein vieler US-Amerikaner zu jenen binären, sich wechselseitig ausschließenden Gegensätzen, die in der westlichen Welt bis heute das Verständnis von Sexualität organisieren.27 In Hollywood ist die zunehmende Tabuierung und schließlich das explizite Verbot der Darstellung von Homosexualität durch den 930 etablierten, 934 verschärften Production Code zu beobachten.28 Der Motion Picture Production Code (nach dem Präsidenten der MPPDA Will H. Hays auch Hays Code genannt) wird von der Filmindustrie selbst eingeführt, um der drohenden Zensur durch Kirche und Politik zuvorzukommen.29 Vor allem »unmoralische« (sexuelle und kriminelle) Inhalte von Filmen gilt es zu regulieren. Als vulgär oder obszön indizierte Themen, Gesten oder Wörter (z.B. »hell«, »damn« und »sex«) sind nun ebenso verboten wie Nacktheit und »unanständige« Bewegungen bei Tänzen. Unter den Abschnitt »Sex« des Production Codes fällt auch das Verbot der Repräsentation und Thematisierung so genannter Perversionen, gemeint ist damit unter anderem Homosexualität: »Sex perversion or any
gelösten gender trouble vgl. »Die Wirtschaftskrise als Krise der Männlichkeit«, in diesem Band. 27 Vgl. Chauncey: Gay New York, S. 3 u. 358. 28 »After a generation in which films had depicted homosexuals and homosexually tinged situations, such images were prohibited altogether« (ebd., S. 353). Noch 934 tritt in WONDER BAR ein Mann an ein tanzendes Paar mit der Bitte heran, übernehmen zu dürfen. Während die beiden Männer im Folgenden miteinander tanzen, verlässt die Frau irritiert die Tanzfläche. Vgl. auch WINGS (927), Marlene Dietrich in MOROCCO (930), die Laurel-und-Hardy-Komödie THEIR FIRST MISTAKE (932), Sandra Shaw in BLOOD MONEY (933) oder Greta Garbo in QUEEN CHRISTINA (933). 29 Dies ist nicht der erste Versuch: Seit ihrer Gründung im Jahre 922 hatte die MPPDA (Motion Pictures Producers and Distributors of America, auch: Hays Office) es sich zum Ziel gemacht, Zensur durch den Gesetzgeber zu verhindern; 927 veröffentlichten sie die »Don’ts and Be Carefuls«, eine Liste mit elf Themen, die es zu meiden galt, sowie sechsundzwanzig weiteren, die nur mit großer Sorgfalt und Diskretion zu inszenieren waren. Ohne Möglichkeit, die Vorgaben rechtlich durchzusetzen, war die Liste jedoch nur von geringer Wirkung. Die »Don’ts and Be Carefuls« und der Production Code finden sich in Cobbett Steinberg: Reel Facts. The Movie Book of Records, New York: Vintage 982, S. 459-475, vgl. auch S. 456458. Ausführliche Darstellungen bieten De Grazia/Newman: Banned Films; Francis G. Couvares (Hg.): Movie Censorship and American Culture, Washington: Smithsonian 996; Leonard J. Leff/Jerold L. Simmons: Dame in the Kimono. Hollywood, Censorship, and the Production Code, überarb. Ausgabe, Lexington: University Press of Kentucky 200.
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inference to it is forbidden«, heißt es unter Punkt vier.30 Dass die neuen Regeln in den frühen 30er Jahren allerdings noch relativ großzügig gehandhabt werden, zeigt ein Film wie Lubitschs DESIGN FOR LIVING (933), in dem die Protagonisten, neben einer Reihe anderer CodeÜbertretungen (der Film erzählt die Geschichte einer ménage à trois), wiederholt und mit Emphase die Wörter »sex«, »nuts« und »rotten« benutzen. Verschärft wird die Einhaltung der Vorgaben im Jahr 934, nachdem die Catholic Legion of Decency im Vorjahr, gerade als Hollywood die Auswirkungen der Depression zu spüren beginnt, mit einem landesweiten Boykott gedroht hatte. Mit der Gründung der PCA (Production Code Administration), geleitet von Joseph Breen, hat die MPPDA nun erstmals die Macht, die Vorschriften durchzusetzen.
S i s si e s, A n ar c hi s te n u n d M e n ’ s R o o m s i n THE FRONT PAGE Zieht man den historischen Kontext, die veränderte Konzeptionalisierung von Homosexualität in Betracht, wird also deutlich, dass Homosexuelle 93 noch gar nicht in the closet3 waren, jedenfalls nicht in einer den 30 Dass mit »sex perversion« vor allem Homosexualität gemeint ist, bestätigt nicht nur der zeitgenössische (medizinische) Diskurs (vgl. hierzu Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 42-58, 58 u. passim). Es zeigt sich auch in der leichten Reformulierung als »sex aberration«, deren Repräsentation ab Oktober 96 erlaubt ist, solange das Sujet mit Sorgfalt, Diskretion und Zurückhaltung angegangen wird (vgl. Steinberg: Reel Facts, S. 475). Damit wird das Verbot der Darstellung von Homosexualität als eine der letzten thematischen Restriktionen des Codes aufgehoben. 3 Coming out of the closet als Bezeichnung für das öffentliche Bekennen zur eigenen Homosexualität findet sich erst in den 60er Jahren; vgl. Chauncey: Gay New York, S. 6. In Gershon Legmans »The Language of Homosexuality«, eine Sammlung homosexuellen Slangs aus dem Jahre 94, ist lediglich »come out: To become progressively more and more exclusively homosexual with experience«, verzeichnet (Gershon Legman: »The Language of Homosexuality. An American Glossary«, in: George W. Henry: Sex Variants. A Study of Homosexual Patterns, Bd. 2, New York/London: Hoeber 94, S. 49-79, gekürzter Nachdruck in: Katz: Gay Lesbian Almanac, S. 57-584, hier S. 575, auch im Folgenden hiernach zitiert). Die frühesten Beispiele, die das »Oxford English Dictionary« anführt, stammen aus den 60er und 70er Jahren (»closet«, Def. 3.d., Oxford English Dictionary. Second Edition, Oxford: Clarendon 989). Allerdings ist das skeleton in the closet als »[a] secret source of shame or pain to a family or person«, auf das coming out of the closet möglicherweise zurückzuführen ist, mindestens seit Mitte des 9. Jahrhunderts bekannt (»skeleton«, Def. .b., Oxford English Dictionary).
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40er und 50er Jahren vergleichbaren Weise. Auch der Production Code greift bezüglich der Thematisierung von Homosexualität erst nach 934, wie die Popularität der sissy in den Filmen der frühen 30er Jahre belegt.32 Und so ist auch THE FRONT PAGE von sehr viel weniger homosexual panic33 gekennzeichnet, als Hawks’ anachronistische Lesart dem Film nachträglich diagnostiziert, die Liebesgeschichte zwischen Walter und Hildy weniger latent angelegt, als die Sekundärliteratur – Sikov etwa spricht von »suppressed passion«34 – es bisweilen vermuten lässt. Dass es 32 »The visibility of the fairy reached its high point in the so-called pansy craze of vaudeville, nightclub, and live theater during the early thirties; later in that decade, public censorship of this obviously queer sissy figure on stage and then in film (with the renewal of Production Code Administration restrictions on subject matter) resulted in a shift in register from a denotative encoding of queerness (the well-known fairy character) to a more complex, because more covert, one of connotation (sexual innuendo and camp), that, in the postwar era, was crucial in reshaping gay culture in all modes of its representation« (Cohan: Queering the Deal, S. 34). In einer weniger outrierten Version fungiert die sissy auch in den 40er und 50er Jahren (und zum Teil noch heute) als filmische Sigle für queerness, zum einen, weil sie komödiantische Konventionen geprägt hatte, die für Dekaden einflussreich blieben, zum anderen, weil Homosexualität weiterhin über Effeminiertheit definiert wird (vgl. ebd., S. 34f.). Die Figur wird aber zum Beispiel im Film Noir, etwa in THE MALTESE FALCON (94) und LAURA (944), zunehmend bedrohlich inszeniert. Vgl. Richard Dyer: »Homosexuality and Film Noir« [977], in: ders.: The Matter of Images, S. 52-72; Gary Morris: »Film Noir« [2002], in: glbtq. An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, and Queer Culture, unter: www.glbtq.com/arts/film_noir.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007); Lee Edelman: »Imagining the Homosexual. Laura and the Other Face of Gender, in: ders.: Homographesis. Essays in Gay Literary and Cultural Theory, New York/London: Routledge 994, S. 92-24. 33 Der Psychiater Edward J. Kempf, der Soldaten und Matrosen des Ersten Weltkrieges untersuchte, bezeichnete die Angst davor, homosexuell zu sein, als »homosexual panic«, später auch »Kempf’s syndrome« genannt (Edward Kempf: »The Psychology of the Acute Homosexual Panic«, in: ders.: Psychopathology, St. Louis: Mosby 920, S. 477-55). Kempf reflektiert in seinen Ausführungen nicht, dass diese ngste durch die medizinische Kategorisierung von Homosexualität als Perversion, die er und seine Kollegen vornahmen, bedingt wurden, vielmehr stellt er seine Patienten als geistig verwirrt dar (vgl. Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 39-394). Ich gebrauche den Begriff im Folgenden, um die ostentative Inszenierung von Heterosexualität in Filmen zu bezeichnen, die oft dann zu beobachten ist, wenn »Homosexualitätsverdacht« besteht, d.h., wenn Figuren oder Situationen als queer gelesen werden können. Vgl. Richard Dyer: »Don’t Look Now. The Male Pin-up«, in: Screen 23/3-4 (September/Oktober 982), S. 6-73. 34 Sikov: Screwball, S. 68.
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sich bei Hildy und Walter um ein Paar handelt, wird – im Gegenteil – immer wieder offen ausgesprochen, während kaum ein Versuch unternommen wird, die Liebe Hildys zu seiner Verlobten Peggy überzeugend zu inszenieren. Das heißt nicht, dass THE FRONT PAGE nicht mit dem zeitgenössischen Thema Homosexualität befasst wäre – er verhandelt es nur nicht über die Beziehung des männlichen Protagonistenpaares. Der Film interessiert sich weniger für sexuelle Orientierung oder Partnerwahl als für die Übereinstimmung von Geschlecht und Gender-Performance. Homosexualität knüpft der Film, wie die zeitgenössischen gesellschaftlichen Diskurse jenseits der Leinwand, an transgressive Gender-Performances, wie sie etwa die fairy »verkörpert«: an die Inkongruenz von Geschlecht (dem eine Person zugeordnet wird) und Gender (das diese Person performiert). Ob Hildy und Walter ein Liebespaar sind, ist in dieser Hinsicht nicht von Belang, weil keiner der beiden sich als fairy geriert. Was verlacht und bestraft wird, ist nicht die Liebesbeziehung zwischen Männern, sondern weiblich semantisiertes Verhalten bei Männern.
Die Fairy Bensinger Im Theaterstück The Front Page ist die Figur der fairy in den Gesprächen und Neckereien zwischen den Reportern allgegenwärtig; etwa beim ersten Auftritt Hildy Johnsons: ([…] MR. JOHNSON carries a new suitcase, two paper parcels and – a cane! A rowdy outburst follows this entrance.) MURPHY.
(loudly) Ooh! Lookit the cane! What are you doing? Turning fairy?
MC CUE.
Yum, yum! Kiss me!35
»I hear all the reporters in New York are lizzies«, kommentiert Murphy Hildys Plan, nach New York zu ziehen, und Endicott erkundigt sich: »Which one of them sissy journals are you going to work for?« Auf Hildys Antwort, er werde nicht mehr im Zeitungswesen, sondern für eine Werbeagentur arbeiten, neckt Endicott: »Going to wear an eye shade?«36 35 Ben Hecht/Charles MacArthur: »The Front Page« [928], in: John Gassner (Hg.): Twenty-Five Best Plays of the Modern American Stage. Early Series, New York: Crown 0969, S. 443-493, hier S. 453, vgl. auch S. 454, 46, 490 u. 492. 36 Ebd., S. 454f. Die Regieanweisungen geben an verschiedenen Stellen Fairy-Performances vor, z.B. S. 455: »HILDY (mimicking an androgyne)« und S. 46f.: »ENDICOTT (a Uranian for the moment, he produces cane from trouser leg)«. Die Reporter sprechen sich mit Frauennamen an, Bensinger
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Nicht sein enges Verhältnis zu Walter, sondern Hildys Auftreten, das Accessoire des Spazierstocks und sein Plan, die homosozial37 organisierte Reporterwelt zu verlassen, machen Hildy für seine Kollegen also zur fairy. Begriffe wie fairy, sissy oder lizzie fehlen wegen des 930 erlassenen Production Codes zwar in der Filmversion von The Front Page, doch die Dialoge wurden oftmals lediglich entschärft, konsequent werden die neuen Bestimmungen 93 noch nicht forciert: »They tell me all the reporters in New York use lipstick«, sagt Murphy im Film, anstelle von: »I hear all the reporters in New York are lizzies.«38 Beide Sätze markieren die Journalisten in New York als effeminiert/homosexuell. Walter flucht zu einer bekannten homosexuellen Ikone, dem Heiligen Sebastian (»for H. Sebastians!« heißt es im Film, »H. Sebastian God!« im Theaterstück).39 nennen sie »sweetheart« (S. 462 u. 475). Zu den Ausdrücken »androgyne« und »Uranian« vgl. Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 573. 37 In ihrem Buch »Between Men« führt Eve Kosofsky Sedgwick den Begriff der »male homosocial desire« ein, um patriarchal geprägte Beziehungen zwischen Männern zu beschreiben. Während Homosozialität, male bonding, sich in der westlichen Welt gerade in Abgrenzung zu Homosexualität und häufig durch ausgeprägte Homophobie konstituiere, so Sedgwick, seien solche »bonds between men« nicht allein durch Macht-, sondern auch durch Begehrensstrukturen geprägt, die lediglich über den Körper der Frau ausgehandelt würden – deshalb spricht sie von »homosocial desire«. Männliches heterosexuelles Begehren sei die »desire to consolidate partnership with authoritative males in and through the bodies of females«. Homosozialität und Homosexualität schließen sich Sedgwick zufolge demnach nicht gegenseitig aus, sondern sind, im Gegenteil, als Kontinuum zu begreifen (Eve Kosofsky Sedgwick: Between Men. English Literature and Male Homosocial Desire, New York: Columbia University Press 985, S. 38 und passim). Auch in THE FRONT PAGE wird Homosozialität über die Abgrenzung zu Homosexualität hergestellt, jedoch nicht gegenüber dem, was wir heute als homosexuell bezeichnen würden (homosexuelle Akte oder homosexuelle Identität), sondern gegenüber dem, was 930 als solches gilt: der effeminierte Mann, die Frau im Männerkörper. 38 Lizzie war eine Bezeichnung für lesbische Frauen oder fairies. Vgl. Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 579; »Lizzie«, Def. , Oxford English Dictionary; »Lizzie«, Def. 2, New Dictionary of American Slang, hg. v. Robert L. Chapman, New York u.a.: Harper & Row 986. 39 Auch damit spielt der Film queere Semantiken ein: Der römische Märtyrer Sebastian ist spätestens seit dem frühen 20. Jahrhundert eine homosexuelle Ikone, vgl. Dyer: Seen to Be Believed, S. 44; Richard A. Kaye: »Losing His Religion. Saint Sebastian as Contemporary Gay Martyr«, in: Peter Horne/Reina Lewis (Hg.): Outlooks. Lesbian and Gay Sexualities and Visual Culture, New York/London: Routledge 996, S. 86-05. In HIS GIRL FRIDAY gibt es nur eine solche Anspielung: »I might take you for a bridesmaid, Roy«, scherzt Hildy Bensinger gegenüber. Vgl. auch
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Das Premake referiert jedoch vor allem mit der Figur des Roy Bensinger auf die Pansy-Mode. Was im Theaterstück noch auf der sprachlichen Ebene verhandelt wird, wird nach dem Medienwechsel durch die Figur der fairy signifiziert. Bensinger ist im Theaterstück als Karikatur eines Intellektuellen und Hypochonders angelegt;40 der Film von 93 besetzt die Rolle mit Edward Everett Horton, der Bensinger als outrierte fairy inszeniert.4 Zwar trägt Bensinger keine Frauenkleider,42 doch sein gepflegtes Erscheinungsbild, ein eleganter Mantel, Schal, Handschuhe und Hut, bildet einen deutlichen Kontrast zum Anblick seiner Kollegen. Er drückt sich gewählt aus, sein Tonfall ist affektiert, leicht blasiert. Anders als die übrigen Reporter (mit Ausnahme von Pat O’Briens Hildy) ist Horton erkennbar um die Augen herum geschminkt, die Augenbrauen sind sorgfältig geformt und nachgezogen, das Gesicht hell, die Lippen dunkel gehalten.43 Dicke Bücher lesend sitzt er immer etwas abseits von den anderen Reportern, er schreibt Gedichte, schwärmt für das Französische (»I parley a little French, you know.«) und für Walter Burns (»Well, au revoir, mon capitaine!«), und er wirft Hildy Johnson ab und an schmachtende Blicke zu. Das »unkultivierte« Geschehen um ihn herum verfolgt Bensinger mit leicht hochgezogenen Brauen, flatternden Wimpern und gespitzten Lippen, immer auf der Hut vor krankheitserregenden Keimen. Sein Schreibtisch, ein Rollpult, in dem sich später der Mörder verstecken wird, ist für seine Kollegen daher tabu, sein Telefon besprüht er mit Desinfektionsmittel, sobald es ein anderer benutzt hat.
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Tom Powers: »His Girl Friday. Screwball Liberation«, in: Jump Cut 7 (April 978), S. 25-28, hier S. 28. Vgl. auch die Regieanweisung im Bühnenstück: »BENSINGER enters. He is a studious and slightly neurotic fellow who stands out like a sore thumb owing to his tidy appearance« (Hecht/MacArthur: The Front Page, S. 447). Horton brachte seine Sissy-Persona in zahlreichen seiner Filme zum Einsatz, etwa in DESIGN FOR LIVING (933), THE GAY DIVORCEE (934), TOP HAT (935) und SHALL WE DANCE (937). »Although fairies were known as ›female impersonators,‹ transvestism was not central to their self-representation. Relatively few men wore women’s clothes, and, given the laws against transvestism […], even most men who wished to don a woman’s full wardrobe dared do so only in relatively secure settings […]. But dressing entirely as a woman was hardly necessary to indicate that one was a fairy. In the right context, appropriating even a single feminine – or at least unconventional – style or article of clothing might signify a man’s identity as a fairy. Thus a much larger number of men adopted more subtle, but still telling, clothing clues […]« (Chauncey: Gay New York, S. 5f.). Gezupfte Augenbrauen, gepuderte Gesichter etc. galten als typische Merkmale einer fairy, vgl. ebd., S. 54.
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Abb. -2. »I parley a little French, you know« – Die fairy Bensinger (Edward Everett Horton)
Bensinger, der durch seine Fairy-Performance ganz dem dominanten zeitgenössischen Klischee des so genannten sexual invert, des effeminierten Mannes, entspricht, wird in THE FRONT PAGE als lächerliche, harmlose Figur inszeniert, unter deren Ausschluss sich die homosozialen Bünde im Pressebüro formen lassen. Sie bildet das konstitutive Außen, steht an der Grenze von Männlichkeit und Weiblichkeit.
Der Anarchist Earl Williams Neben Bensinger führt THE FRONT PAGE eine weitere, weniger harmlos inszenierte Figur in die Handlung ein, die von gender trouble gezeichnet ist: den Anarchisten und Polizistenmörder Earl Williams.44 Williams, ein schmächtiger kleiner Mann, der immer müde ist, klagt mit leiernder, weinerlicher Stimme über das Schlechte in der Welt. Er hat eine ganze Nacht mit der Prostituierten Molly Malloy verbracht, so erzählt diese, ohne sie anzurühren. Gleichzeitig wissen die Zuschauer und Zuschauerinnen, dass Williams bereits einen Mann getötet und einen weiteren ernsthaft verletzt hat. Es ist diese Diskrepanz zwischen seinem wenig einschüchternden ußeren und den überraschend gewaltvollen Aktionen, die Williams unberechenbar wirken lässt und ihn als gefährlichen (kriminellen und/oder »krankhaften«) Homosexuellen etabliert. Während der Sheriff ihn als radikalen politischen Agitator mit krimineller Energie darstellt, hält der gutachtende Arzt Williams für geistig verwirrt. »Dementia praecox!«,45 lautet seine Diagnose, nachdem der Anarchist auf ihn ge44 Vito Russo zufolge gehört der Anarchist wie die fairy und der Intellektuelle zum zeitgenössischen filmischen Code für Homosexualität (Russo: Celluloid Closet, S. 36). 45 Dementia praecox ist eine inzwischen veraltete Bezeichnung für verschiedene psychotische Erkrankungen, die durch eine verzerrte Wahrnehmung der Wirklichkeit, der Beeinträchtigung des Denk- und Sprachvermögens
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schossen hat. Damit verhandelt der Film an der Figur des zum Tode verurteilten Mörders konkurrierende Erklärungsmodelle für Homosexualität, die seit dem späten 9. Jahrhundert in medizinischen Fachzeitschriften und Studien diskutiert werden.46 Homosexualität (meistens als »sexual inversion« oder »sexual perversion« bezeichnet) wird von Medizinern und Sexualwissenschaftlern dabei zunehmend als körperliche oder geistige Devianz pathologisiert, etwa als eine Form erblich bedingter Degeneration.47 Ausgegangen wird zum Beispiel von Frauen in Männerkörpern (und vice versa), manchmal ist auch die Rede von einem dritten Geschlecht. Viele der Texte wenden sich mit dem Hinweis auf ein angeborenes Leiden gegen die vorherrschende Vorstellung von Homosexualität als kriminellem Akt, als zu ahndendem Verstoß gegen die gesellschaftliche Moral. Jonathan Katz fasst zusammen: sowie den Rückzug von sozialen Kontakten gekennzeichnet sind und die heute unter dem Begriff der Schizophrenie zusammengefasst werden. 46 Das Bild von Homosexualität, das die überwiegend dem Bürgertum angehörigen Mediziner entwerfen, ihre Kriterien für »normales« und »abnormales« sexuelles Verhalten, sind in den Moralvorstellungen ihrer Schicht verwurzelt und unterscheiden sich, wie bereits ausgeführt, von dem in der Arbeiterklasse verbreiteten Verständnis, ein Mann sei erst dann homosexuell, wenn er ausgeprägtes »weibliches« Gender-Verhalten aufweise (vgl. Greenberg: The Construction of Homosexuality, S. 403). Der Film ruft diese medizinischen Diskurse hier auf und karikiert sie – unter anderem durch die Figur des Psychiaters Dr. Max J. Egelhoffer, der den Tathergang mit einer geladenen Waffe rekonstruieren lässt, durch Bensinger, der dicke medizinische Ratgeber liest, und durch den Gerichtsdiener Woodenshoes, der meint, um Williams’ Versteck zu finden, müsse der »psychologische Aspekt« des Falles einbezogen werden. 47 »[C]onditions once considered criminal are really pathological«, schreibt etwa Dr. George Shrady 884 in einer medizinischen Wochenzeitschrift (Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 97f.). Zahlreiche weitere zeitgenössische medizinische Dokumente finden sich ebd., S. 208, 240-243, 248, 256f., 287f., 32f., 327, 357f., 38f., 438, 455f., 458f., 569. Viele dieser Artikel waren nur einem Fachpublikum bekannt, doch Richard von Krafft-Ebings »Psychopathia sexualis«, das lange als Standardwerk der Sexualpathologie galt, erschien seit seiner Veröffentlichung im Jahr 886 in zahlreichen, ständig erweiterten Neuauflagen und erreichte ein breites Publikum (Richard von Krafft-Ebing: Psychopathia sexualis. Eine klinisch-forensische Studie, Stuttgart: Enke 886). Zur Konstruktion und Pathologisierung von Homosexualität durch diese Texte vgl. außerdem Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 42-58; Greenberg: The Construction of Homosexuality, Kap.: »The Medicalization of Homosexuality«, S. 397-433, v.a. 4-48; außerdem: John D’Emilio: Sexual Politics, Sexual Communities. The Making of a Homosexual Minority in the United States 940-970, Chicago: University of Chicago Press 2998 [983], S. 5; Chauncey: Gay New York, S. 5-6 u. 23; Foucault: Der Wille zum Wissen, S. 4-53.
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The differentiation of a medically defined and treated »perversion« from a legally defined and punished »vice« was one manifestation of a late Victorian intra-class conflict between two groups of American professionals – doctors and legal authorities […]. In this conflict, medical and legal professionals were renegotiating their respective positions in relation to the state.48
93 sind diese medizinisch-juristischen Diskurse Teil des populären Wissens: Um die Figur Earl Williams’ wird eben jenes Kompetenzgerangel zwischen Medizin und Gesetz inszeniert. Zwar geht es in diesem Fall nicht offen um Homosexualität, sondern darum, ob er für den von ihm begangenen Mord juristisch zur Verantwortung gezogen werden kann oder ob er für nicht strafmündig erachtet wird, doch das Homosexualitätsthema wird an dieser Platzhalterfigur, die dem zeitgenössischen und filmischen Klischee des »unmännlichen Mannes« entspricht, mitverhandelt. THE FRONT PAGE hält die Frage, ob Williams »geistesgestört« oder kriminell ist, in der Schwebe. Seine Flucht aus dem Gefängnis während der Befragung durch den Psychiater Dr. Egelhoffer hat Williams nicht seiner Tatkraft und Schläue, sondern der Dummheit des Sheriffs und des Psychiaters zu verdanken. Aus Williams Verhalten wird nicht deutlich, ob er seine Chance zur Flucht überhaupt erkennt und deshalb von der Waffe Gebrauch macht oder ob er einfach die Anweisungen des Arztes sehr genau nimmt, denen zufolge er den Tathergang rekonstruieren soll (»And what did you do next?«). Nachdem er durch das Fenster in das Pressezimmer eingedrungen ist, lässt er sich von Hildy willenlos die Waffe wegnehmen und gibt weinerlich wirre politische Reden von sich (»All those people being crushed by the system – and the boys that were killed in the war – and in the slums – all those slaves to a crust of bread – I can hear ›em cryin‹«), die sich in eine hysterische Todessehnsucht steigern (»Go on – take me back and hang me – I done my best –«), bevor er Hildy, völlig erschöpft, ohnmächtig in die Arme fällt. Dieser versteckt Williams zunächst in einer kleinen Seitenkammer des Pressebüros (später in Bensingers Rollpult). Eine Blechdose, die an einem Band über der Tür aufgehängt ist, bezeichnet diese Kammer als can, als Toilette also. Der Aufenthalt im men’s room markiert Williams nicht nur als queer (das Klischee des Herren-WCs als notorischer »Schwulentreff« besteht schon zu dieser Zeit),49 er weist ihn auch als schuldig aus, als Sündenbock: to 48 Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 54. 49 Vgl. etwa Laud Humphreys: Tearoom Trade. Impersonal Sex in Public Places, Chicago: Aldine 970; Chauncey: Gay New York, S. 96-20; Katz: Gay/Lesbian Almanac, S. 403.
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carry the can bedeutet »die Schuld tragen«, »schuldig sein«; the can steht im Amerikanischen umgangssprachlich auch für das Gefängnis (Williams gerät also vom Regen in die Traufe).50 Auch hier wird Homosexualität also mit Kriminalität verknüpft. Welchem Vergehen haben sich Williams und Bensinger nun aber konkret schuldig gemacht? Warum wird beiden im Verlauf der Handlung übel mitgespielt, während Hildys und Walters Beziehung keine Sanktionen nach sich zieht? Wie Chauncey gezeigt hat, werden in den 30er Jahren in der Arbeiterklasse eben nicht sexuelle Akte zwischen Männern als eigentliches »Übel« angesehen, sondern Effeminiertheit, Schwäche, Kränklichkeit, also Verhaltensmuster, die traditionell als »weiblich« kategorisiert werden.5 Anarchist und fairy sind in THE FRONT PAGE nun durch genau diese Eigenschaften geprägt. Beide stellen »unmännliche« Männer dar, die in der Kameraderie des Pressebüros Außenseiterpositionen besetzen. Auf diese diegetischen Platzhalter werden jene negativ konnotierten Eigenschaften, die in den medizinischen und gesellschaftlichen Diskursen mit Homosexualität verknüpft sind, verschoben; die Inszenierung der Beziehung zwischen Walter und Hildy ist hingegen frei davon. Was abgewehrt und abgewertet werden muss, ist offensichtlich weniger Liebe zwischen Männern als der Einbruch des Weiblichen in die funktionierenden Männerbünde der Zeitungswelt. Ein-, aus- und weggesperrt wird nicht homosexuelles, sondern »unmännliches« Verhalten. Mit verbaler und physischer Gewalt verfolgt wird nicht die Liebe zwischen Hildy und Walter, sondern – personifiziert durch Peggy, Peggys Mutter, Molly Malloy und der Putzfrau Jenny – Weiblichkeit und damit auch die Figur des effeminierten Mannes, der fairy Bensinger und des Anarchisten Earl Williams. Statt durch homosexual panic ist THE FRONT PAGE also durch Misogynie geprägt.
(Schwieger-)Mütter, Verlobte, Prostituierte Frauen, als Extension der sissy, werden in THE FRONT PAGE (und auch in HIS GIRL FRIDAY) belogen, versetzt, verlacht, beleidigt, bedroht, entführt, zum Schweigen gebracht und mehrmals fast getötet. Male bonding erfolgt über women bashing. Molly Malloy wird von den Reportern im Pressezimmer so stark unter Druck gesetzt, dass sie voller Verzweiflung 50 Vgl. »can«, sb., Def. .e. (»A lavatory, water closet. U.S. slang«), Def. .f. (»to carry (or take) the can (back) […]: to bear the responsibility, take the blame«), Def. 3.b. (»A prison. slang [orig. U.S.]«), Oxford English Dictionary. 5 Vgl. hierzu Elaine Showalter: The Female Malady. Women, Madness, and English Culture, 830-980, London: Virago 985.
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aus dem Fenster springt; Peggys Mutter wird von Walters Handlanger Diamond Louie mit Gewalt verschleppt und kommt daraufhin bei einem Autounfall fast ums Leben. Walters Enttäuschung über Hildys Entschluss, ihn zu verlassen, entlädt sich in regelrechten Hasstiraden gegen Weiblichkeit. »You and Butch McGirth!«, fährt er Hildy wütend an. »Woman lovers!« Frauen seien Mörderinnen, wütet Walter (konterkariert werden diese Aussagen durch einen Schnitt auf Peggys puppenhaftes, unschuldiges Gesicht). Hildys Verlobte nennt er erst in der letzten Szene beim Namen, während des gesamten Films bezeichnet er Peggy mit Todesverachtung als »that girl«, »some girl« oder »your girl«. Fast so verachtenswert wie Frauen sind »unmännliche« Männer, die im Premake wie Remake dadurch gekennzeichnet sind, dass sie sich von weiblichen Figuren dominieren lassen (wie etwa der Sheriff und Pinkus/Pettibone durch ihre Ehefrauen) oder dass sie gar an einer Mutterfixierung leiden. And all is well Outside his cell But in his heart he hears The hangman calling And the gallows falling And his white-haired mother’s tears
dichtet die sissy Bensinger in seinem Artikel über Earl Williams. Der wiederum scheint zur Prostituierten Molly ein Mutter-Sohn-Verhältnis aufgebaut zu haben, anstelle einer Hure sieht er in ihr eine Madonna und ist folglich sexuell nicht an ihr interessiert.52 Solche »emaskulierten« Männer, der Sheriff, den die Reporter respektlos Pinky nennen, der Bote Pinkus/Pettibone, der keine Entscheidungen treffen kann, ohne zuvor seine Frau um Erlaubnis zu fragen, Earl Williams, der eine ganze Nacht mit einer Prostituierten verbringt, ohne sie anzurühren, und die fairy Bensinger bilden in THE FRONT PAGE das definitorische Außen, anhand dessen sich »normale« Männlichkeit konstituiert. »Richtige« Männer sind in Bezug auf ihre eigenen Mütter wenig sentimental:53 »You’d hang 52 Auch in HIS GIRL FRIDAY sind Männer wie Hildys Verlobter Bruce (»He’s kind, and he’s sweet, and he’s considerate. He wants a home and children«, beschreibt sie ihn) für Walter eigentlich Frauen: »Sounds more like a guy I ought to marry. What’s his name?« 53 Das gilt auch für HIS GIRL FRIDAY: »I thought your mother kicked the bucket?«, nimmt Walter Hildy gegenüber kein Blatt vor den Mund. Mütter sind für die beiden bloße Technikalien: »I swear on my mother’s grave«, versichert er, um Hildy zu überzeugen. »Wait a minute, your mother is ali-
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your mother to win an election«, wirft Hildy dem Bürgermeister vor. »Now that’s a terrible thing to say, Johnson, to anyone«, gibt der vermeintlich schockiert zurück, aber genau das ist die Wahrheit, die der Film inszeniert: »Listen Hildy, if it was my own mother, I’d carry on, you know I would!«, beschwört Walter so auch Hildy, als dieser den Artikel hinter die Suche nach Peggys Mutter zurückstellen will. Die Welt der Zeitungsmacher in THE FRONT PAGE funktioniert über den Ausschluss von Weiblichkeit. »I don’t even let my own wife come in here«, sagt einer der Reporter. Dringen Frauen in diese Welt ein, drohen die homosozialen Netzwerke zu kollabieren, deshalb kommt Hildys Entschluss zu heiraten einem Verrat gleich. »Don’t let a woman come between us«, brüllt Walter seinen Handlanger Butch McGirth (der hier für Hildy einsteht) an. Frauen, das macht THE FRONT PAGE sehr deutlich, stören und zerstören Beziehungen zwischen Männern. In einer Szene zu Beginn des Films befinden sich Hildy und Walter in einer Bar. »So, you’re leaving me for marriage«, beginnt Walter und versucht im Folgenden, Hildy von seinen Heiratsplänen abzubringen, indem er das Schreckgespenst einer langweiligen Vorstadtexistenz an die Wand malt. Hildy hingegen hat beschlossen, straight zu werden und Walter den Rücken zu kehren: »I’m gonna cut out drinking and swearing and [mit einem Blick auf Walter] everything connected with that crazy newspaper business«, verspricht er seiner Verlobten. Um Walters eindringlichen Worten zu entkommen, betritt Hildy die Herrentoilette der Bar und verlässt diese durch das Rückfenster. Dass es sich hierbei vor allem um einen Abschied von Walter handelt, macht die Kameraführung deutlich, die den – homosexuell konnotierten – men’s room von außen durch das Fenster filmt; im Hintergrund gibt die sich langsam öffnende Toilettentür den Blick auf den Schankraum und auf Walter Burns frei, der verlassen am Thresen sitzt. Der Film gibt keine Antwort auf die Frage, warum Hildy den Entschluss gefasst hat, Walter zu verlassen. Möglicherweise reagiert der Film hier bereits auf die in den frühen 30er Jahren einsetzende konservative Gegenströmung, die Hildys und Walters Beziehung als homosexuell kategorisieren und mit Sanktionen belegen wird. Das scheint jedenfalls Hildys Verlobte Peggy nahezulegen: »That’s why you’re going to marry me: Walter Burns«, wirft sie ihm vor. Und später: »It’s all that Walter Burns, you simply can’t resist him!«
ve«, fällt dieser rechtzeitig ein. »Ok, my grandmother’s, don’t be technical«, gibt Walter gereizt, ob solcher Nebensächlichkeiten, zurück.
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Liebe und Business Das Premake erweist sich als sehr viel offenerer Text, als seine Interpretatoren, die das, was sie sehen, mit großem rhetorischem Aufwand zudecken, ihm zugestehen: »Why does Walter want to keep Hildy with the paper in The Front Page? Why does he engage in so many shifty strategies to keep Hildy from getting away?«, fragt Gerald Mast zu Recht und fährt fort: »The play’s answer is simply that Hildy is that valuable to the paper (never very convincingly established) and that Walter is that unscrupulous and selfish (never really very convincingly established either).«54 Statt diese Inkongruenz innerhalb der Diegese als Hinweis auf eine homosexuelle Liebe zu lesen, zieht sich Mast hier also auf seine extradiegetische Betrachterposition zurück und unterstellt dem Premake dramaturgische Schwächen. Dem Einwand, weder Hildys jounalistische Brillanz noch Walters skrupelloser Geschäftssinn seien in THE FRONT PAGE überzeugend inszeniert, ist durchaus zuzustimmen: Wir sehen Hildy in THE FRONT PAGE äußerst selten bei der Arbeit, die er angeblich so unersetzlich gut macht. Er kann gleichzeitig mit zwei Telefonen telefonieren – das weist ihn als gute Telefonistin aus. Er erlangt durch Bestechung wichtige Informationen – das stellt ihn in die Nähe von Politikern oder Mafiosi. In der einzigen Szene, die ihn beim Schreiben zeigt, ist Walter mit dem Ergebnis äußerst unzufrieden. Zwischen beiden entbrennt ein Streit: WALTER: That stinks! Aren’t you gonna mention The Post? Don’t we take any credit? HILDY:
I got that in the second paragraph –
WALTER: Who’s gonna read the second paragraph? Fifteen years I’ve been telling you how to write a newspaper story – Have I got to do everything? Get the story? Write the story? (sucht angestrengt nach einem neuen Aufmacher) WALTER: Wait – wait, wait! I got an inspiration! (reißt das Blatt mit Hildys Text aus dem Einzug der Schreibmaschine und zerknüllt es) Now here’s your lead. Take this down, just as I say it! HILDY:
(springt auf und holt aus, als wolle er Walter schlagen) Some day you’re gonna do that and I’m gonna belt you right in the jaw! (setzt sich und beginnt zu schreiben)
Offensichtlich ist Walter nicht zum ersten Mal mit Hildys journalistischen Fähigkeiten unzufrieden. Für HIS GIRL FRIDAY hingegen haben 54 Mast: Howard Hawks, S. 20. Vgl. auch Robin Wood: Howard Hawks, London: British Film Institute 98 [968], S. 72.
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Hawks’ Drehbuchschreiber Ben Hecht, Charles Lederer und Morry Ryskind Szenen geschrieben, die Hildy für das Publikum als geschickte Journalistin einführen: In der Restaurantszene zu Anfang des Films ist es Hildy, die innerhalb von Sekunden einen Aufmacher für die EarlWilliams-Story parat hat, der dem Verurteilten das Leben retten könnte. Als sie Earl wenig später in seiner Zelle interviewt, legt sie ihm äußerst geschickt genau die Aussagen in den Mund, die sie für diese Story braucht. Und als die anderen Reporter ihre schriftliche Version dieses Interviews später lesen, zollen sie ihr großen Respekt: Als Walter Hildy auch in HIS GIRL FRIDAY vorwirft, ihre Story sei nicht zu gebrauchen, ist Hildy diegetisch bereits als »great newspaperman« etabliert und Walters Kritik deshalb wenig überzeugend. Filmkritiker und Filmemacher – davon war bereits die Rede – haben immer wieder auf Hawks’ Geniestreich hingewiesen, der Geschichte, die in THE FRONT PAGE (und schon in Hechts und MacArthurs Theaterstück) allein auf dem geschäftlichen Verhältnis zweier Männer beruhe, in HIS GIRL FRIDAY eine weitere Komponente, die einer Liebesgeschichte, hinzuzufügen, so etwa Mast: »The shift of Hildy Johnson’s gender is not merely an interesting new twist on an old tale; it is a strategic twist that remakes the tale altogether. The Walter-Hildy relationship in His Girl Friday becomes […] a synthesis of love and work, a union of harmonious complements.«55 Dem ist insofern zuzustimmen, als The FRONT PAGE nur eine Hälfte dieses harmonischen Ganzen inszeniert. Vielleicht ist das, was Hawks der Story in seinem Remake hinzufügt, aber gerade nicht die Liebesgeschichte. Die – so lässt sich argumentieren – wird übernommen und in eine heterosexuelle Paarbildungsgeschichte überführt. Was HIS GIRL FRIDAY »runder« und ganzheitlicher erscheinen lässt als sein Premake, ist meiner Meinung nach, dass es dem Zeitungsgeschäft – das in dieser Geschichte angeblich so übermächtig ist, dass es selbst die Liebesbeziehungen dominiert – entsprechend viel Platz einräumt. Beruflich gesehen hat Cary Grants Walter – im Gegensatz zu Adolphe Menjous Walter – allen Grund, Hildy am Weggehen zu hindern: Ihm würde in der Tat ein unersetzlicher Reporter verloren gehen.
You Make Me Feel Like I’m the Bride. Heirat und Henker I Plant Hildy zu Beginn von THE FRONT PAGE, Walter zu verlassen, um mit Peggy nach New York zu gehen, so ist er sich am Ende des Films seiner Heiratsabsichten nicht mehr so sicher. Zwar macht er zunächst 55 Mast: Howard Hawks, S. 20.
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Peggy erneut einen Heiratsantrag, dem folgt aber die Liebeserklärung und der Treueschwur zwischen ihm und Walter: WALTER: I love you, you crazy mug. You’re getting a great guy, Peggy. HILDY:
Yeah, well, never mind the valentine. Goodbye, you turkey.
WALTER: You’re a great newspaperman, Hildy, and I’m sorry to see you go. […] HILDY:
Well, if I ever come back to the business, which I won’t, there’s only one guy I’d work for. You know that, don’t you?
WALTER: I’d kill you if you ever worked for anybody else. […] HILDY:
Gee, Walter, I don’t know what to say. I’m gonna miss you.56
Diese Abschiedsszene zwischen Walter und Hildy ist als Hochzeitszeremonie inszeniert. Sie präfiguriert eine Konstellation, die einige Jahre später in der Screwball Comedy häufig Verwendung finden wird: den switch at the altar. Hier entscheidet sich die Protagonistin buchstäblich in letzter Minute um und wählt den »richtigen« Mann.57 Wie in einer Heiratszeremonie schwören sich Walter und Hildy Treue (»[T]here’s only one guy I’d work for«), bis dass der Tod sie scheide (»I’d kill you if you ever worked for anybody else«). Peggy wird zur bloßen Randfigur, sie fungiert hier bestenfalls als Trauzeugin. Weil diese Szene gleichzeitig als Abschied inszeniert wird, sind die Schwüre im Konjunktiv gehalten, verweisen auf eine ferne, noch utopische Zukunft. Wenige Sekunden später versichert uns das Ende des Films aber, dass die beiden Männer schon in Kürze wieder vereint sein werden: Walter hindert Hildy durch den vorgetäuschten Uhrendiebstahl erneut (und diesmal, so ist zu vermuten, endgültig) an der Reise nach New York. Nach dem Austausch des »Ehegelübdes« vergessen Hildy und Walter Peggys Anwesenheit; sie lachen über gemeinsam Erlebtes, schwelgen in Erinnerungen. Wieder ist es Peggy, die die Situation richtig einschätzt: »You don’t wanna go to New York, down deep«, sagt sie zu ihrem Verlobten. Der erwidert stockend: »Well, I was just talking – I’d feel worse if I stayed – [mit einem langen Blick zu Walter] I guess.« Statt Ringe auszutauschen, schenkt Walter Hildy zum Abschied seine goldene Taschenuhr, behält allerdings die Uhrenkette. Lässt sich argu56 »Im going to miss you like hell«, macht Hildy seine Gefühle im Theaterstück THE FRONT PAGE noch deutlicher – eine Steigerung, die wohl dem Production Code zum Opfer fiel (Hecht/MacArthur: The Front Page, S. 492). 57 Vgl. hierzu »Screwball Comedies und die Institution Ehe, 920ff.«, in diesem Band.
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mentieren, dass diese Szene den Prozess der Abnabelung symbolisiert, so besitzen beide Liebenden nun auch – topischen Liebesritualen entsprechend – die Hälfte einer Einheit. (Und mit Hilfe der Zusammengehörigkeit von Uhr und Kette wird Walter Hildy kurze Zeit später zu sich zurückholen.) »Aaw, gee, Walter, you make me feel like I’m the bride«, sagt Hildy gerührt.58 Der Geste der Verbundenheit folgt der Hochzeitskuss, der über die Kopulafigur der zwischen beiden Männern positionierten Peggy ausgetauscht wird. Auf Walters Frage, ob er die Braut (mit der Hildy sich ja gerade identifiziert hat) küssen dürfe, ermuntert Hildy Peggy: »Go ahead, Mrs. Johnson.« Walter darf also (Mrs.) Hildy Johnson küssen.59
Abb. 3: »You may now kiss the bride« – Die Frau als Kopula 58 Im Bühnenstück von Ben Hecht und Charles MacArthur heißt die Stelle stattdessen: »Aw, Jesus, no, Walter! You make me feel like a fairy or something« (Hecht/MacArthur: The Front Page, S. 492). Die den erstarkenden Zensurvorschriften geschuldete Ersetzung von fairy durch bride verdeckt die queer love story weniger, als dass sie sie »nobilitiert«: Hildy wird im Film von der fairy, der häufig pejorativ gebrauchten Bezeichnung eines effeminierten Mannes, der in der Beziehung zu einem anderen Mann die weibliche Gender-Rolle übernimmt, zur Braut; er wird also Teil einer gesellschaftlich legitimierten Lebensgemeinschaft. 59 In dieser Szene lässt sich also mit Sedgwick davon sprechen, dass die enge Beziehung zwischen den beiden Männern über das Bindeglied Frau hergestellt wird (Sedgwick: Between Men, S. 38). Im übrigen Film sind Frauen dazu nicht nötig.
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»I’ve always had a queer opinion of you, Mr. Burns«, sagt Peggy zum Abschied. »In fact, I still think you are a little peculiar, but you’re alright underneath – I mean, I think you’re a peach.« »And so are you«, erwidert Walter Burns. »You look just like a little flower.« Der Logik der Abschiedsnarration zufolge will Peggy hier mit Walter Frieden schließen, bevor sie mit Hildy in Richtung New York aufbricht. Liest man die Szene hingegen als Eheschließung, findet hier ein verbaler Schlagabtausch statt. Peggy bezeichnet Walter dem Wortgebrauch der 30er Jahre entsprechend als homosexuell.60 Er versichert ihr im Gegenzug, sie sähe aus wie eine fairy. (Neben pansy, lily, daisy, buttercup bezeichnete auch der Oberbegriff flower effeminierte Männer.)6 Während für Peggy die Bezeichnung queer eine Beleidigung darstellt, lehnt Walter nicht Homosexualität an sich, sondern »unmännliches« Verhalten ab, für ihn ist nicht queer, sondern flower das Schimpfwort. THE FRONT PAGE privilegiert also die Geschichte einer Männerliebe, die Beziehung zwischen Hildy und Peggy scheint nur als pre-text eingeführt zu werden, »a story which co-exists with, contradicts and disguises another, more central text«.62 Als erstrebenswert wird die Ehe mit Peggy zu keiner Zeit dargestellt, vielmehr praktiziert THE FRONT PAGE eine krude Gleichsetzung von Ehe/Domestizität und Tod:63 Bezeichnet Walter Peggy als flower, so ruft die Homophonie zu flour jenen Mehlsack wieder auf, mit dem zu Beginn des Films Williams’ Hinrichtung durch den Strang geprobt wurde. Die Aufschrift auf dem Sack lautete: »Sunshine Flour – insures domestic happiness.« Das Ende des Films stellt die Institution Ehe also in den Kontext dieser ersten Einstellungen. Auch an anderer Stelle wird diese Verbindung gezogen: Als Hildy den anderen Reportern berichtet, dass er heiraten und in einer Werbeagentur arbeiten werde, erfolgt ein harter Schnitt auf den am Galgen baumelnden Mehlsack. Die Hochzeit wird zum Gang auf das Schafott. Der Probelauf der 60 Zum Gebrauch von queer vgl. Chauncey: Gay New York, S. 0; »queer«, Def. .b., Oxford English Dictionary; »queer«, Def. 3, New Dictionary of American Slang. 6 Vgl. Chauncey: Gay New York, S. 40; »flower«, Def. . u. 2., New Dictionary of American Slang; »flower«, Def. 4., Slang and Euphemism. A Dictionary of Oaths, Curses, Insults, Sexual Slang and Metaphor, Racial Slurs, Drug Talk, Homosexual Lingo, and Related Matters, hg. v. Richard A. Spears, Middle Village: Jonathan David 98. 62 Lucie Arthbutnot/Gail Seneca: »Pre-Text and Text in Gentlemen Prefer Blondes« [982], in: Steven Cohan (Hg.): Hollywood Musicals. The Film Reader, New York/London: Routledge 2004, S. 77-85, hier S. 78. 63 Vgl. hierzu auch Marty Roth: »Slap-Happiness. The Erotic Contract of ›His Girl Friday‹«, in: Screen 30/-2 (Winter 989), S. 60-75, hier S. 66f.
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Hängung, bei der die Bretter unter dem Mehlsack wegklappen und dieser ungebremst durch die entstandene Öffnung fällt, unterläuft das Ideologem romantischer heterosexueller Liebe: Der domestic happiness bricht buchstäblich der Boden weg. Das Schreckgespenst in THE FRONT PAGE ist demnach nicht Homosexualität, sondern die bürgerliche Institution Ehe. Was die Beziehung zwischen Walter und Hildy angeht, die 93 nicht unter die Kategorie »sexual perversion« fällt, scheint der Film keinerlei homosexual panic aufzuweisen. Bedrohlich erscheint vielmehr Hildys Zukunft, sollte er die Ehe mit Peggy eingehen. Denn die Heirat und der Umzug nach New York (wo alle Reporter lizzies sind) signifizieren ironischerweise nicht Hildys Eintritt in die heterosexuelle Ordnung, sondern seinen Grenzübertritt zum weiblichen Gender: sie bedeuten seine Effeminierung. Wiederholt zieht der Film visuell und verbal eine Verbindung zwischen Bensinger und Hildy und stellt damit in Aussicht, welches Schicksal Hildy blüht: Zu Beginn des Films etwa sitzen die Reporter kartenspielend im Pressezimmer, nur Hildy und Bensinger sind abwesend. Walter Burns ruft wiederholt an, um Hildy zu sprechen, und auch die anderen Reporter warten auf sein Erscheinen. Als Endicott gerade einmal wieder mit Walter spricht und ihm versichert, Hildy sei noch nicht eingetroffen, folgt – als sei dies eine Ankündigung – ein Schnitt auf eine Person mit einem Aktenkoffer, die die Treppe heraufkommt; allerdings, so stellt sich heraus, handelt es sich nicht wie erwartet um Hildy, sondern um Roy Bensinger. Der erste Auftritt Bensingers wird also in THE FRONT PAGE so inszeniert, als sei er Hildy.64 Die Figur der sissy und der Anarchist, der als Jack-in-the-box immerzu aus seinem Versteck – zunächst dem men’s 64 Später wirft Hildy Johnson einen Putzeimer aus dem Fenster. Sheriff Hartman stellt ihn wütend zur Rede: »Look here, Johnson, what do you mean by throwing things out of the window?« In diesem Moment entdeckt Bensinger einen Putzlappen auf seinem Schreibtisch und wirft ihn angeekelt ebenfalls aus dem Fenster. Hartman blickt irritiert in seine Richtung und wiederholt dann: »Johnson, what do you mean by throwing things out of the window?« Auch als Peggy vor dem Gerichtsgebäude auf Hildy wartet, steigt an seiner Stelle (versehentlich) Bensinger zu ihr ins Taxi. Sie starrt ihm schockiert ins Gesicht, als fielen ihr plötzlich die Schuppen von den Augen. Walter schließlich verspricht Bensinger eine hoch dotierte Stelle bei der »Morning Post«, um ihn unter diesem Vorwand fortschicken zu können. Gleich nachdem Bensinger das Büro verlassen hat, um seinen ersten Auftrag auszuführen, befiehlt Walter seinem Redakteur Duffy, ihn im Anschluss sofort wieder zu entlassen: »That’ll teach him not to quit his job [bei seinem bisherigen Arbeitgeber, der »Tribune«] without giving notice«, sagt er mit Genugtuung und wirft dabei Hildy einen langen Blick zu. Auch Hildy hatte ja versucht, seinen Job bei der Morning Post fristlos zu kündigen.
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room, dann dem Rollpult – springen will, wie auch die verschiedenen Frauenfiguren, Peggy und ihre Mutter, die Prostituierte Molly und die Putzfrau Jenny, die alle ständig versuchen, Zutritt zum Pressezimmer zu erlangen, fungieren im Text als Zeichen dieser drohenden Effeminierung. Der Film installiert also Schlüsselfiguren, die für »verachtete« Homosexualität einstehen und diese repräsentieren. Diese filmischen Sündenböcke werden abgestraft: Sie verlieren ihre Arbeit, werden eingesperrt und/oder zum Tode verurteilt; ähnlich wie die weiblichen Figuren im Film werden sie verspottet, belogen und fortgeschickt. Indem THE FRONT PAGE 93 mit Homosexualität assoziiertes effeminiertes Verhalten an Nebenfiguren verhandelt, kann der Film nun eine Liebesgeschichte zwischen Männern jenseits dieser zeitgenössischen Klischees inzenieren.
I ’ m a N e w sp a p e r m a n . Q u ee r i n g u n d C r o s si n g in HIS GIRL FRIDAY Wenn Hawks’ HIS GIRL FRIDAY – wie in der Sekundärliteratur postuliert – seinem Premake THE FRONT PAGE ein latentes Geheimnis entbirgt, den Film als Liebesgeschichte zwischen zwei Männern entlarvt, so ist diese Beobachtung eigentlich ein Rückschaufehler: Zum Geheimnis, das verschwiegen werden muss, wird die Geschichte erst durch die Reorganisation der hegemonialen sexuellen Ordnung, die in den 30er Jahren einsetzt. Der queer text des Premakes ist deshalb sehr viel weniger versteckt und verdeckt, als Hawks’ Entdeckermythos suggeriert, und er wird nicht erst durch die heterosexuelle Liebesgeschichte als solcher dechiffriert. So wenig wie Hawks’ Aufspüren der queer love story eine Neu-Entdeckung (wohl aber eine Wiederentdeckung) ist, so wenig lässt sich auch die Umbesetzung der Hildy-Rolle auf die autonome Entscheidung eines genialischen Auteurs zurückführen. So hat Pauline Kael darauf hingewiesen, dass Hawks’ Entscheidung wohl ebenso sehr von den Konventionen der zeitgenössischen Newspaper Comedy beeinflusst war, die seit dem Sensationserfolg von IT HAPPENED ONE NIGHT im Jahre 934 und der darauf folgenden Popularität der unabhängigen, scharfzüngigen Screwball-Heldin gern mit »rival girl and boy reporters« besetzt wurde.65 Der Erfolg von IT HAPPENED ONE NIGHT fällt nun 934 genau mit der Verschärfung des Production Codes zusammen. Denkbar ist also 65 Wie etwa in WEDDING PRESENT von 936 mit Cary Grant und Joan Bennett, den Kael als inoffizielle Vorlage für HIS GIRL FRIDAY betrachtet (vgl. Kael: Raising Kane, S. 82f.).
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auch, dass der Genrewandel, den Kael auf den ökonomischen Imperativ zurückführt und der die Newspaper Comedy durch eine veränderte Vorgabe der Gender-Konstellation zur Romantic Comedy verschiebt (mit heterosexuell anstelle von homosozial ausgerichteten Protagonistenpaaren), auf die verschärften Zensurmaßnahmen zurückzuführen ist, die wiederum Ausdruck des konservativen Backlashes der 30er Jahre sind. Das heißt: Die Umbesetzung, die das Remake vornimmt, ist eine Folge der wenig kaschierten homosozialen/homosexuellen »Grundierung« des Premakes (wie vieler früher Comedies), die nach 934 nun unrepräsentierbar geworden ist, belegt der Production Code doch nicht nur heterosexuellen Sex mit Verbot, sondern – und das ist in Bezug auf HIS GIRL FRIDAY durch seinen Remakestatus besonders wichtig – auch die Repräsentation und Thematisierung von Homosexualität.
Der Production Code und die Entstehung der Screwball Comedy Hollywoods Forcierung des Production Codes im Jahre 934 stellte das Genre der Romantic Comedy vor ein Dilemma: »Here we have all these beautiful people with nothing to do. Let us invent some substitutes for sex«, beschreibt Andrew Sarris die Situation der »sex comedy without sex«.66 Auch Ed Sikov konstatiert: »Beginning in 934, directors and screenwriters who wanted to make romantic comedies were forced to remove every overt suggestion of physical love from a genre that depended on suggestions […] of physical love.«67 Sarris und Sikov zufolge führen die veränderten Produktionsbedingungen zur Entstehung der Screwball Comedy, jener temporeichen Mischung aus Slapstick, Sophisticated (Romantic) Comedy und Farce, von der bereits mit Bezug auf Gregory La Cavas UNFINISHED BUSINESS (94) die Rede war.68 Das Liebespaar der Screwball Comedy handelt den battle of the sexes nicht immer in rein verbalen Schlagabtäuschen aus:69 66 Andrew Sarris: »The Sex Comedy Without Sex«, in: American Film 3/5 (978), S. 8-5, hier S. 3. Bezüglich »Scenes of passion« verordnet der Code: »a. These should not be introduced except where they are definitely essential to the plot. b. Excessive and lustful kissing, lustful embraces, suggestive postures and gestures are not to be shown. c. In general, passion should be treated in such manner as not to stimulate the baser emotions« (zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 46f.). 67 Sikov: Screwball, S. 22; vgl. auch Sarris: Sex Comedy, S. 3. 68 Vgl. »Unfinished Business«, in diesem Band. 69 Neale und Krutnik halten den Einfluss des Hays Codes für tendenziell überschätzt (Frank Krutnik/Steve Neale: Popular Film and Television Comedy, London/New York: Routledge 990, S. 62). Neben dem Produc-
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Since they could no longer base romantic comedies on suggestions of sexual combat, crafty writers and directors discovered that if they removed the sex, they could still have the combat. In this light it’s not surprising that 934 is not only the year in which the Production Code went into full swing, but also the year often credited as witnessing the birth of the classic, wrangling screwball comedies, Frank Capra’s It Happened One Night und Howard Hawks’s Twentieth Century.70
Die verdrängten sexuellen Spannungen zwischen den oft exzentrischen und unkonventionellen Protagonisten werden also in rasante, bissigwitzige Wortgefechte und körperliche Slapstick-Einlagen überführt, die in diesen Filmen darum zu Signifikanten für Sex werden.7 Sich in jemanden zu verlieben, im Englischen to fall in love, to fall for someone, wird in diesen Filmen, in denen die Protagonisten immerzu stolpern und hinfallen, gänzlich entmetaphorisiert.72 Meine These in Bezug auf die Screwball Comedy, und im Besonderen auf HIS GIRL FRIDAY, ist im Folgenden, dass zur Sexualität, die es 934ff. aus den Filmen fernzuhalten und zu ersetzen gilt und die die Screwball Comedy in Slapstick und Sprache überführt, auch queer sex zählt. Wenn Sikov schreibt, Regisseure und Drehbuchschreiber, die Romantic Comedies drehen wollten, seien gezwungen gewesen, »to remove
tion Code wird die Entstehung der Screwball-Filme, die häufig in der Welt der Reichen spielen, auf die Depression zurückgeführt: Durch ihr elegantes Setting, durch Protagonisten, die oft keinerlei Arbeit nachzugehen scheinen, adressierten die Filme die eskapistischen Bedürfnisse des Publikums und entkräfteten gleichzeitig Konflikte zwischen den Schichten, indem sie die Mitglieder der wohlhabenden Schichten als zwar schrullige und oftmals kindische, aber liebenswerte Persönlichkeiten darstellten. Vgl. etwa Bergman: We’re in the Money, S. 38 u. 32-48; Byrge/Miller: The Screwball Comedy Films, S. -4. Gegen eine Überbewertung der Überwindung von Klassenunterschieden argumentieren Sarris: The Sex Comedy, S. 0f.; Sikov: Screwball, S. 6f. Mit ihren oft unkonventionellen und willensstarken weiblichen Hauptfiguren, ihren antagonistischen Liebespaaren, die ihre Kompatibilität erst durch Auseinandersetzung überprüfen, die Hindernisse gemeinsam überwinden müssen, verhandeln Screwball Comedies zudem durch die Wirtschaftskrise in Unruhe gebrachte Gender-Rollen und eine sich wandelnde Auffassung von Liebe und Ehe. Vgl. hierzu auch »Screwball Comedies und die Institution Ehe, 920ff.«, in diesem Band. 70 Sikov: Screwball, S. 22. 7 Sarris zufolge werden die romantic leads im Screwball erstmals auch zu den comic leads (Sarris: Sex Comedy, S. 9; vgl. auch Sikov: Screwball, S. 9f.). 72 Diesen Hinweis verdanke ich Natália Wiedmann.
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every overt suggestion of physical love«73, dann lässt sich der Gedanke weiterführen: Regisseure und Drehbuchschreiber, die homosoziale Newspaper-Filme wie THE FRONT PAGE (die sich ebenfalls als Romantic Comedies konzipieren lassen) drehen wollten, waren gezwungen, eine der männlichen Hauptrollen mit einer Frau zu besetzen, »to remove every overt suggestion of [homosexual] love«. Mein Begriff der Screwball Comedy geht dabei auf die Beobachtung zurück, dass es sich bei dem, was in der Forschung als »Screwball« bezeichnet wird,74 weniger um ein präzise zu isolierendes Genre oder Sub-
73 Sikov: Screwball, S. 22; vgl. auch Sarris: Sex Comedy, S. 3. 74 Kritiker haben immer wieder versucht, typische Plotmuster, Settings und Figurenkonstellationen dieser Art von Comedy auszumachen, ein einheitliches Filmkorpus zu erstellen etc. – ein Vorhaben, das sich als äußerst schwierig dargestellt hat. Zur filmwissenschaftlichen Diskussion um die Screwball Comedy vgl. Jim Leach: »The Screwball Comedy«, in: Barry Keith Grant (Hg.): Film Genre. Theory and Criticism, Metuchen/London: Scarecrow 977, S. 75-89; Brian Henderson: »Romantic Comedy Today. Semi-Tough or Impossible?« [979], in: Gregg Rickman (Hg.): The Film Comedy Reader, New York: Limelight Editions 200, S. 30-326; Thomas Schatz: Hollywood Genres. Formulas, Filmmaking, and the Studio System, New York: Random House 98, S. 50-85; William K. Everson: »Screwball Comedy. A Reappraisal«, in: Films in Review 34 (Dezember 982), S. 578-584; Wes Gehring: Screwball Comedy. A Genre of Madcap Romance, New York: Greenwood 986; ders.: »Screwball Comedy. An Overview«, in: Journal of Popular Film and Television 3/4 (Winter 986), S. 24-33; Duane Byrge: »Screwball Comedy«, in: East-West Film Journal 2/ (987), S. 7-25; Bruce Babington/Peter William Evans: Affairs to Remember. The Hollywood Comedy of the Sexes, Manchester: Manchester University Press 989, S. -44; David R. Shumway: »Screwball Comedies. Constructing Romance, Mystifying Marriage« [99], in: Grant: Film Genre Reader II, S. 38-40; Diane Carson: »To Be Seen but Not Heard: The Awful Truth«, in: dies./Linda Dittmar/Janice R. Welsh (Hg.): Multiple Voices in Feminist Film Criticism, Minneapolis/London: University of Minnesota Press 994, S. 23-225; William K. Everson: Hollywood Bedlam. Classic Screwball Comedies, New York: Citadel 994; Tina Olsin Lent: »Romantic Love and Friendship. The Redefinition of Gender Relations in Screwball Comedy«, in: Jenkins/Karnick: Classical Hollywood Comedy, S. 34-33 u. 398-404; Elizabeth Abele: »The Screwball Heroine Saves the Day«, in: Schuylkill. A Creative and Critical Review from Temple University 3/ (Frühjahr 2000), S. 49-62; Manuela Ruiz Pardos: »Addicted to Fun. Courtship, Play and Romance in the Screwball Comedy«, in: Revista Alicantina de Estudios Ingleses 2 (2000), S. 53-60; Kathrina Glitre: »The Same, But Different. The Awful Truth about Marriage, Remarriage and Screwball Comedy«, in: CineAction 54 (Januar 200), S. 3; Wes Gehring: Romantic vs. Screwball Comedy. Charting the Differences, Lanham/Oxford 2002.
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genre als um einen »filmic mode«75 handelt – eine bestimmte Erzählweise, einen spezifischen Performancestil –, der in den 30er Jahren viele Subgenres der Romantic Comedy prägt, zu denen jetzt auch die Newspaper Comedy mit ihren »rival girl and boy reporters« gehört.76 Die oftmals hysterischen Effekte des »Screwball-Modus« führe ich mit Sarris und Sikov auf die Verschärfung des Production Codes und die Verdrängung von Sexualität zurück. Alle Filme, die in diesem Sinne »Screwball-Elemente« aufweisen, bezeichne ich im Folgenden als Screwball Comedies.
What Kind of Language Is That! Code-Bending in HIS GIRL FRIDAY Auch HIS GIRL FRIDAY reagiert auf das Verbot körperlicher Erotik durch den Hays Code mit Slapstick-Einlagen und einem deutlich erhöhten Tempo. Die Nähe zum Crime- oder Newspaper-Film bietet Raum für Verfolgungsjagden, Handgemenge, Raufereien; der sexuelle Reiz der Romantic Comedy wird durch den thrill of the chase, die Jagd auf die nächste große Story, und den Kick des Illegalen ersetzt.77 Neben delinquentem Verhalten ist es auch hier der Bereich der Sprache und des Sprechens, in den sexuelle Energien überführt werden: Aus den verbotenen sex acts werden speech acts, mit denen die Protagonisten sich gegenseitig (häufig mit sexuellen Anzüglichkeiten, die der PCA entgingen) »befeuern« und in Rage bringen. Nachdem Hildy den Gefängniswärter verfolgt, gestellt und mit dem Geld, das ihre Hochzeit (sprich: Hoch75 Als »filmic mode« hat Linda Williams in anderem Zusammenhang den »stylistic und emotional excess« des Melodramas beschrieben (Linda Williams: »Film Bodies. Gender, Genre, and Excess«, in: Grant: Film Genre Reader II, S. 40-58, hier S. 4.) 76 Vgl. z.B. die Newspaper Comedies HIS GIRL FRIDAY, WEDDING PRESENT, NOTHING SACRED (937) und im weiteren Sinne LIBELED LADY (936); die Sophisticated Comedies THE THIN MAN (934), THE AWFUL TRUTH (937), HOLIDAY (938); Frank Capras Folk Comedies MR. DEEDS GOES TO TOWN (936) und YOU CAN’T TAKE IT WITH YOU (938); die Murder Mysteries THE THIN MAN (934), THE EX-MRS. BRADFORD (936) und die Comedies of Remarriage THE EX-MRS. BRADFORD, THE AWFUL TRUTH, MY FAVORITE WIFE (940) und HIS GIRL FRIDAY. Wie die Mehrfachnennungen zeigen, geraten die Grenzen zwischen diesen Subgenres dabei ins Schwimmen. Das Screwball-Label, das diesen Filmen von der Filmkritik bereits Mitte der 30er Jahre verliehen wird, ist allerdings in seiner Wirkmächtigkeit nicht zu vernachlässigen: Was Marketing und Kanonbildung anbetrifft, hat es nicht erst heute eindeutig Genrefunktion. 77 Vgl. auch Roth: Slap-Happiness, S. 66: »Sexuality in this film has been packed into adventure and delinquency […].«
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zeitsnacht) ermöglichen sollte, bestochen hat, um die Umstände von Williams’ Flucht zu erfahren, berichtet sie Walter davon am Telefon: »Hildy phones in the first Williams’ story in a love-choked voice – her most erotic performance in the film«, schreibt Marty Roth zu Recht.78 In dieser Szene verbinden sich nicht nur die beiden »Sublimationsfelder«, Delinquenz und (temporeiches) Sprechen (denn die Informationen, die Hildy an Walter durchgibt, hat sie ja mit unlauteren Methoden in Erfahrung gebracht), das Telefon versinnbildlicht auch die Überführung von (erotischer) Körperlichkeit in (entkörperlichte) Stimmlichkeit, die die Screwball Comedy vornimmt. Und so wird sowohl die Beziehung zwischen Hildy und Bruce als auch zwischen Hildy und Walter zu großen Teilen über das Telefon geregelt: Bruce ruft immer wieder aus dem Gefängnis an, Walter und Hildy verhandeln die Konditionen ihrer Liebe/Story durchs Telefon, selbst wenn sie im selben Raum sind. So fragt Walter am Ende des Films nicht Hildy, ob sie ihn heiraten wolle, sondern er unterrichtet seinen Redakteur Duffy – in Hildys Anwesenheit – am Telefon, Hildy werde den Earl-Williams-Artikel schreiben und ihn erneut heiraten. Doch dem Filmteam um Howard Hawks gelingt es gerade auf der sprachlichen Ebene auch, die Gebote des Codes zu umgehen und die verbotenen Thematiken trotzdem einzuspielen. Wurde dem Homosexualitätsverbot durch eine weibliche Hildy Folge geleistet, so scheint beinahe jede andere Bestimmung nicht befolgt worden zu sein. »Pointed profanity and every other profane or vulgar expression, however used, is forbidden«, heißt es zum Beispiel im Production Code, und verboten ist nicht nur Profanes, sondern »[o]bscenity in word, gesture, reference, song, joke or by suggestion (even when likely to be understood only by part of the audience)«.79 HIS GIRL FRIDAY nun unterläuft die Vorgaben der PCA durch Polysemien und das Spiel mit Phonemen. »Earl shot the professor right in the classified ads … no, ›ads‹!«, berichtet Hildy einem ungläubigen Walter am Telefon begeistert von Earl Williams’ spektakulärer Flucht. Worauf sich Walters Nachfrage bezog – »No, ›ads‹!«, korrigiert Hildy ihn – wird das Publikum vermutlich erraten haben. »Been seeing me in your dreams?«, neckt Walter Hildy, als sie ihn zu Beginn des Films in seinem Büro aufsucht. »Oh, no, Mama doesn’t dream about you anymore, Walter. You wouldn’t know the old girl now«, gibt Hildy zurück. Walter wiederholt daraufhin den Satz, mit dem er auch um ihre Hand angehalten hat: »I’d know you anytime, anyplace, anywhere.« Er mag damit andeuten wollen, dass er Hildy immer und überall wieder78 Ebd. 79 Zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 462.
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erkennen, sprich: sie niemals vergessen werde. To know (someone) ist aber auch der biblische Ausdruck für Geschlechtsverkehr (der z.B. auch im Begriff carnal knowledge enthalten ist): »And Adam knew Eve his wife; and she conceived, and bore Cain«, heißt es in Genesis, IV, . »And he knew her not till she had brought forth her first-born son«, erfahren wir über Maria und Joseph im Matthäus-Evangelium80. Und so versucht Walter hier wohl auch – von den Zensoren unbemerkt –, die leidenschaftliche körperliche Beziehung des Paares ins Spiel zu bringen, um Hildy zurückzugewinnen.8 Dass sich diese Leidenschaft nicht immer im Rahmen der Ehe abspielte, macht der Film ebenso deutlich. »The sanctity of the institution of marriage and the home shall be upheld. Pictures shall not infer that low forms of sex relationship are the accepted or common thing«, gibt der Code vor,82 doch in Hawks’ Film geht es nichtsdestotrotz immerzu um vorehelichen und unehelichen Sex: So umschifft das Remake zum Beispiel die genretypische (Ehe-)Schließungsfigur der Romantic Comedy: Statt zum Traualtar machen sich Hildy und Walter auf den Weg nach Albany, um über einen Arbeiterstreik zu berichten. Dass es auf einer ähnlichen Exkursion schon in der Vergangenheit zu vorehelichen sexuellen Kontakten kam, erinnern Hildy und Walter, kurz bevor sie nach Albany aufbrechen und nachdem beide beinahe im Gefängnis gelandet wären: HILDY:
That’s the worst jam we’ve been in in a long time. Remember the time we stole old Lady Haggerty’s stomach off the coroner’s physician? We proved she’d been poisoned, then, didn’t we, Walter? We had to hide out for a week, do you remember that? The Shoreland Hotel. That – that’s where – I mean, how we –
80 Matthew, I, 25, King-James-Bibel. 8 Hawks’ Film macht sich einen Spaß daraus, den Code auf diese Weise zu übertreten: »Walter, the mayor’s first wife, what was her name?«, fragt Hildy, während sie ihre Story in die Schreibmaschine hämmert. »You mean the one with the wart on her?«, fragt Walter zurück und antwortet: »Fanny.« »Fanny« ist nun nicht nur ein weiblicher Vorname, sondern im US-amerikanischen Englisch auch ein umgangsprachlicher Ausdruck für das Gesäß und daher als »profanity« verboten. Ein anderes Mal verlegt HIS GIRL FRIDAY zensierte Sprache lediglich ins akustische Off, ans andere Ende der Telefonleitung: So streitet Walter in einer Szene am Telefon mit Butch O’Connors Freundin: »Hey – what kind of language is that!«, ruft er plötzlich empört. Das Publikum weiß zwar nicht, welcher Kraftausdrücke sich die Frau auf der anderen Seite im Einzelnen bedient, es weiß aber, dass diese drastisch sein müssen, um Walter so zu beeindrucken. 82 Weiter heißt es: »Adultery and illicit sex […] must not be explicitly treated or justified, or represented attractively« (zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 46).
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WALTER: We could have gone to jail for that, too, you know that.83 HILDY:
I guess so.
Diese Aussicht scheint allerdings keinen der beiden im Mindesten zu beunruhigen oder gar von der Reise nach Albany abzuhalten, obwohl Walter diese Stadt betreffend einige pikante Erinnerungen zu berichten weiß. Bei einem gemeinsamen Mittagessen mit Hildys Verlobtem Bruce berichtet dieser vom geplanten Umzug des Paares nach Albany. Auch er sei mit Hildy einmal dort gewesen, entgegnet Walter und beginnt zu lachen: »Listen, will you ever forget the night you brought the governor back to the hotel?«, fragt er Hildy scheinbar unschuldig und wendet sich dann an Bruce: »You see, I was in, taking a bath, when I came walking out without – mmmph… [Hildy verpasst ihm unter dem Tisch einen Tritt und er unterbricht sich] – uh, she didn’t know I was in town.« Walter spielt hier nicht nur auf eine mögliche sexuelle Beziehung zwischen Hildy und dem Governeur an (ob sie diesen lediglich für einen Interviewtermin mit auf ihr Hotelzimmer nahm, lässt er dahingestellt). Er lässt außerdem offen, ob Hildy und er zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet waren – eine für Bruce nicht unwichtige Information, schließlich befand Walter sich unbekleidet in ihrem Zimmer.84 Ist Sex durch den Code nicht repräsentierbar, so findet er hier jenseits der Leinwand, in der Erinnerung der Protagonisten (und den Köpfen der Zuschauer) statt, Bereichen, die durch den Code nicht zu kontrollieren sind. Auf diese Strategie greift der Film wiederholt zurück. Walter etwa versucht Hildy mit dem Argument zum Bleiben zu bewegen, Sweeney, der einzige Reporter, der die Story über Earl Williams außer ihr schreiben könne, sei gerade Vater von Zwillingen geworden. Dies muss eine Lüge sein, wenn HIS GIRL FRIDAY »the sanctity of the institution of marriage« aufrecht erhalten und den Vorschriften des Codes entsprechen will, denn Sweeney hat erst vor wenigen Monaten geheiratet: »The twins were Walter’s, all his«, wird Hildy klar, als sie sich daran erinnert. Walter »muss« also zugeben, dass er gelogen hat, um die Möglichkeit vor83 Dass Walter hier nicht auf die Entwendung von Lady Haggertys Magen als kriminellen Tatbestand anspielt, machen Ton und Mimik sehr deutlich. 84 Hildys und Bruces Heiratspläne betreffend, fragt er kurze Zeit später betont beiläufig: »You mean, you’re taking the sleeper [den Nachtzug] today, and then getting married tomorrow?« »Oh, well, it’s not like that«, versichert Bruce. »Well, what is it like?«, fragt Walter interessiert. Als Hildy ihm versichert, »Mother« werde mit von der Partie sein, reagiert er entrüstet: »Mother? Why, your mother kicked the bucket!« »No, my mother, my mother«, versichert Bruce ihm hastig. Der Verdacht illegitimer sexueller Beziehungen wird hier dem Production Code gemäß zwar ausgeräumt, er wird zuvor aber ausführlich thematisiert.
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ehelichen Geschlechtsverkehrs auszuschließen und den Production Code nicht zu verletzen. Die Komik dieser Situation liegt vor allem darin, dass die Inszenierung sexueller Naivität, die Walter und Hildy hier vorführen, so ganz offensichtlich dem Code geschuldet ist und in scharfem Kontrast zu ihrem sonst so abgeklärten und unsentimentalen Auftreten steht. Hildy kann Walter mit Hilfe einer Argumentation der Unwahrheit überführen, deren Naivität höchstens Bruce zuzutrauen wäre, denn natürlich ist es keineswegs auszuschließen, dass Sweeney wenige Monate nach seiner Hochzeit bereits Vater wird. Um des (extradiegetisch wirksamen) Production Codes willen muss Walter sich diegetisch der Lüge überführen lassen. Und auch wenn er bislang nicht gelogen hätte (das hat er allerdings: um Sweeney aus dem Weg zu räumen, schickt er ihn zwei Wochen in Urlaub), müsste er es spätestens jetzt, um nicht »low forms of sex relationship« zu thematisieren, die in einem Hollywoodfilm 940 nicht thematisiert werden dürfen.85 ». No picture shall be produced which will lower the moral standards of those who see it. Hence the sympathy of the audience shall never be thrown to the side of crime, wrong-doing, evil or sin«, verordnet der Production Code. Und: »3. Law, natural or human, shall not be ridiculed, nor shall sympathy be created for its violation.«86 Walter und Hildy machen sich in HIS GIRL FRIDAY nun verschiedener krimineller Handlungen schuldig, arbeiten konsequent gegen die Vertreter des Gesetzes, geben sie der Lächerlichkeit preis und haben doch die Sympathien der Zuschauer und Zuschauerinnen auf ihrer Seite. »He is wonderful in a loathsome sort of way«, sagt Hildy über Walter, doch treffender ist die Umkehrung dieses Satzes, mit der Marty Roth die Figur beschreibt: »[Walter] is loathsome in a wonderful sort of way. No one should want 85 Geplant waren offensichtlich noch weitere solcher Doppelbödigkeiten. Gerald Mast zufolge sah das Drehbuch für HIS GIRL FRIDAY als (später verworfenes) Ende des Films eine Blitzhochzeit vor, bei der Hildy mit vorgehaltener Waffe zum Ja-Wort gezwungen wird – eine buchstäbliche »shotgun wedding« (Mast: Howard Hawks, S. 24; eine solche Szene gab es bereits in WEDDING PRESENT). Shotgun-Weddings nun sind umgangssprachlich diejenigen Hochzeiten, bei denen die Braut bereits schwanger ist und, um den gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden, möglichst rasch geheiratet werden muss. Mit dieser Szene implizierte das Drehbuch also, Hildy erwarte ein uneheliches Kind. 86 Zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 460f. Zwar wird im Folgenden ausgeführt, gemeint sei hier nicht die Darstellung einzelner korrupter Gesetzeshüter oder Gerichte, es gehe um das Rechtssystem an sich, welches nicht unvorteilhaft dargestellt oder verlacht werden dürfe (ebd., S. 468). In einem Film stehen aber einzelne Gesetzesvertreter oder Gerichtshöfe für »das Gesetz« ein; das Spezifische und das Allgemeine lässt sich nicht trennen.
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to be in his company, much less connected to him for any period of time.«87 Hildy besticht den Gefängniswärter zweimal, zunächst, um ein Interview mit Earl Williams führen zu können und später, um exklusive Informationen zur Flucht Williams’ zu erhalten. Wie im Premake begehen die Protagonisten Einbrüche, machen sich der Verleumdung, Erpressung und Entführung schuldig; sie behindern die Justiz und verstecken einen verurteilten Mörder. Die Gesetzesübertretungen scheinen im Remake sogar noch zuzunehmen: Walter lässt Bruce (durch seinen Handlanger Diamond Louie) nicht nur die Brieftasche stehlen, er schiebt ihm Falschgeld unter und fördert (wenn auch nur vorgetäuschte) Prostitution. Zeitweise zieht er in Betracht, den Zug nach Albany in die Luft zu sprengen, um Hildy an der Abreise zu hindern. Dass Walter und Hildy das Gesetz nur brächen, um Williams zu retten, lässt sich argumentativ nicht halten: Keiner der beiden ist ernsthaft an Williams interessiert. Vielmehr geht es darum, die exklusive Story vor allen anderen zu drucken, es geht um persönliche Eitelkeiten (in beiden Filmen willigt Hildy erst ein, die Story zu schreiben, als Walter ihm/ihr Ruhm und Ehre verspricht) – und es geht um das unfinished business, das zwischen Walter und Hildy schwelt. So zerreißt Hildy in HIS GIRL FRIDAY wutentbrannt den bereits geschriebenen Artikel, der Williams das Leben retten sollte, als sie erfährt, dass Walter Bruce ins Gefängnis gebracht hat.88 Um Menschenleben geht es beiden nicht; weder wenn Stahlmienen einstürzen noch wenn in China die Erde bebt89 oder in Europa Krieg herrscht: »Never mind the European war, we got something a whole lot bigger than that«, ruft Walter seinem rewrite man Duffy durchs Telefon zu.90 87 Roth: Slap-Happiness, S. 6. James Harvey bemerkt zur Figur Walters: »[W]here earlier screwball comedies tend to tone down [the] hero’s more disreputable side, to suit him for romance – to sweeten and soften him, like It Happened One Night, or to make him reform in some way, like Libeled Lady – Hawks and Grant do just the opposite. […] And [Walter’s] apparent inhumanity isn’t […] a cover for a deeper, more genuine humanity underneath. This Grant hero is just as outrageous as he seems, and remains so to the end« (Harvey: Romantic Comedy, S. 443). 88 THE FRONT PAGE ist, die Tatsache betreffend, dass es nicht um Williams’ Rettung, sondern um die »Story« geht, ehrlicher. Williams’ Leben steht im Premake nie im Mittelpunkt. Gerettet wird er im Premake durch einen deus ex machina: den Boten, der die Begnadigung bringt. 89 WALTER: »No, no, never mind that Chinese earthquake, for heaven’s sake, look I don’t care if there’s a million dead.« 90 Walters Gesetz- und Gewissenlosigkeit wirkt auf das Publikum – neben dem Casting des populären Stars Cary Grant – deshalb anziehend, weil HIS GIRL FRIDAY, als Screwball Comedy, sexuelle in kriminelle Energie überführt.
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Während HIS GIRL FRIDAY den Production Code, was den Sprachgebrauch, die Achtung der Ehe und des Gesetzes betrifft, also geschickt zu umschiffen weiß, scheint der Film sich durch seine Umbesetzung der Hildy-Rolle an das Homosexualitätsverbot zu halten. Doch die Männerliebe des Premakes ist dem Remake eingeschrieben, stellt unfinished business dar, das in den Gender-Performances der Schauspieler nachhaltig weiterwirkt und prozessiert wird. HIS GIRL FRIDAY reinszeniert die queer love story des Premakes, weil Hildy auch in Hawks’ Film nur der Denomination nach eine Frau ist. Der queer text des Premakes meldet sich also trotz Production Code zurück und Hawks’ genialer Schachzug besteht nicht in der Entdeckung eines homosexuellen Subtextes, sondern in der Inszenierung einer Männerliebe direkt vor den wachsamen Augen der Zensoren.
The Same Old Act, Isn’t It? Gender-Performances in »HIS MAN FRIDAY« Zu Beginn von HIS GIRL FRIDAY begründet Hildy Johnson ihren Entschluss, das homosozial organisierte Zeitungswesen zu verlassen und Bruce zu heiraten, damit, dass sie eine Frau werden wolle: »I wanna go some place where I can be a woman«, sagt Hildy zu Walter und den Reportern gegenüber verkündet sie: »I’m gonna be a woman, not a newsgetting machine. I’m gonna have babies and take care of ’em.« Heiraten will Hildy Bruce, weil er sie wie eine Frau behandele: »He treats me like a woman«, sagt sie und meint damit Bruces gender-konstituierenden Höflichkeitsgesten, die Hildy den Status einer Frau zuweisen: Er hält ihr Türen auf, nimmt den Hut in ihrer Gegenwart ab, hilft ihr in den Mantel und so fort. Lesen lässt sich der Satz daher auch als Konjunktiv: »He treats me as if I were a woman.« Denn das Programm des Frau-Werdens, das der Film in seinen ersten Szenen formuliert, ist durchaus ernst zu nehmen: Hildy ist auch im Remake eigentlich ein Mann. Über weite Strecken des Films weist Hildy ein Verhalten auf, das im klassischen Hollywoodkino männlich konnotiert ist: Sie ist nervenstark, mutig und unsentimental, sie verfolgt und überwältigt den Gefängniswärter Cooley, sie entwaffnet den Flüchtigen Williams und sie stellt ihre Familienpläne letztlich hinter ihre Karriere zurück. Walter, der sie – so Hildy – als »errand boy« behandelt habe, adressiert seine Starreporterin und Exfrau ausschließlich als Mann (»I still claim I was tight the night I proposed to you. If you had been a gentleman you would have forgotten all about it, but not you –«; »You’re a newspaperman!«; »Hildy, this is war, you can’t desert me now«). Er behält seinen Hut auf dem Kopf, hilft ihr nicht in den Mantel, zündet ihr nicht die Zigarette an und er ändert
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sein Verhalten bis zum Schluss des Films nicht, als die beiden statt in die Flitterwochen nach Albany aufbrechen, um über einen Arbeiterstreik zu berichten: »Say, why don’t you carry that in your hand?«, sind Walters letzten Worte, als er seiner Braut, die mit Mantel, Hut, Handtasche und Koffer beladen ist, voran aus dem Zimmer marschiert, statt sie über die Schwelle zu tragen. Auch für die anderen Reporter ist Hildy »one of the boys«, das macht ihr erster Auftritt im Pressezimmer des Gerichtsgebäudes deutlich, das sie selbstbewusst und unter großem Hallo betritt. Während alle Anwesenden offensichtlich erfreut sind, sie zu sehen, ihr die Hand schütteln und Neuigkeiten mit ihr austauschen, behandelt keiner der Kollegen Hildy »like a woman«, zieht etwa den Hut oder erhebt sich vom Kartenspiel. Indem der Film in seinen ersten Szenen das Programm des »FrauWerdens« formuliert – und damit diegetisch jenen sex change nachvollzieht, den der Production Code vorschreibt –, kann er im Folgenden unbehelligt eine Männerliebe inszenieren. Denn Hildys Prioritäten haben sich schnell wieder verschoben: Ist sie (er) zu Beginn des Remakes ein Mann, genauer: ein Cross-Dresser, der das Projekt Weiblichkeit verfolgt, so zieht sie das Artikelschreiben (als männliche Art der Reproduktion)9 schon nach kurzer Zeit wieder dem Leben als Mutter und Ehefrau vor. Als Bruce ihr Lieblosigkeit vorwirft, antwortet sie knapp und Walters Worte wiederholend: »I’m no suburban bridge player, I’m a newspaperman!« Das Remake inszeniert also – wie das Premake – eine queer love story – und könnte deswegen eigentlich HIS MAN FRIDAY92 heißen. Damit schlägt HIS GIRL FRIDAY dem Production Code ein Schnippchen: Die Umbesetzungsmaskerade, die das Verbotene sowohl abschirmt als auch bewahrt, ermöglicht Hawks’ Film die im klassischen Hollywoodkino ab 934 unmögliche Romanze zwischen Männern. The gender change operates as a surface manipulation, which, using the image of a female, reinforces characteristics of the basic male bonding of the original. In fact, by giving the male role female form, Hawks can explicitly present the 9 Die Zeitungswelt ist in beiden Filmen eine Phantasiewelt männlicher Reproduktionsallmacht: Auf Frauen kann verzichtet werden, weil Männer die Reproduktion übernommen haben. Die Artikel, die die Journalisten umschreiben, neu schreiben, die Geschichten und Wahrheiten, die sie in zahlreichen Versionen immer von Neuem erschaffen, sind ihre Kopfgeburten. »The twins were Walter’s, all his«, kommentiert Hildy so auch treffend Walters Lügengeschichte, Sweeney sei gerade Vater von Zwillingen geworden und könne die Earl-Williams-Story deshalb nicht übernehmen. 92 Ein Man Friday, auf den der Titel des Remakes anspielt, bezeichnet im Englischen in Anlehnung an die Figur des Friday in »Robinson Crusoe« einen Gehilfen oder Helfershelfer.
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»love story between two men« that he describes as the real subject of another of his films [A GIRL IN EVERY PORT (928)]. The Hildy Johnson character may have the form of a woman, and a beautiful one, but she functions as a man, with male attributes, standards, and rhythms.93
Auch Roth argumentiert: The gender equation at the heart of the film […] is that Hildy Johnson is a man. She is functionally male, performing a man’s job in competition with other men and doing it much better than they can. She is also a man in the history of the text, slotted into a character space which almost always designated as male – into a specific lineage occupied before and after her by a line of Hildebrand Johnsons: Lee Tracy [in the first production of the play], Pat O’Brien and Jack Lemmon.94
Doch diese Beobachtungen greifen zu kurz respektive sie lassen sich einem performative turn unterziehen: Sowohl die Premakevorgabe, die die Hildy-Rolle männlich besetzt, als auch die durch den Production Code erzwungene Umbesetzung hinterlassen im Remake Spuren, beeinflussen Rosalind Russells Performance, die dadurch konstant zwischen männlich und weiblich oszilliert:95 Ursprünglich für einen männlichen Darsteller konzipiert, wird die Rolle des Hildy in HIS GIRL FRIDAY mit einer Schauspielerin besetzt, deren Gender-Performance überwiegend die eines Mannes ist, der wiederum zur Frau werden will, um dann doch für das männliche Gender zu optieren und so fort.96 Weil in Filmen auf einen echten Körper nicht zurückgegriffen werden kann, weil filmische (wie – 93 Bisplinghoff: Hildy Johnson, S. 229. 94 Roth: Slap-Happiness, S. 64. 95 Auch das Casting Russells, einer hochgewachsenen Schauspielerin mit Talent zum Slapstick, burschikosem Gebaren und einer ähnlichen Stimmlage wie ihr Co-Star Cary Grant, sowie Hildys/Russells schlicht geschnittenes Nadelstreifenkostüm mit passendem Zylinderhut, tragen zu dieser GenderAmbivalenz bei. Zu Russells und Grants Stimmhöhe vgl. Mast: Howard Hawks, S. 27. Zu Russells Kostüm in HIS GIRL FRIDAY vgl. Bisplinghoff: Hildy Johnson, S. 230; Jane Gaines/Charlotte Herzog: »Hildy Johnson and the ›Man-Tailored Suit‹. The Comedy of Inequality«, in: Film Reader 5 (982), S. 232-246. 96 Die Besetzung der Hildy-Johnson-Rolle mit einer weiblichen Schauspielerin führt wegen der Premake-Reminiszenzen also zu gender trouble. Dies mag der Grund dafür gewesen sein, dass Jean Arthur, Claudette Colbert, Ginger Rogers, Carole Lombard und Irene Dunne die Hildy-Rolle der Reihe nach ablehnten, obwohl die männliche Hauptrolle bereits mit Cary Grant und der Regisseursposten mit Howard Hawks besetzt war. Vgl. McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 282.
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so würde Butler einwenden – jegliche) Körper durch performative Akte, durch Kleidung, Make-up, Gestik et cetera produziert werden,97 ist für HIS GIRL FRIDAY nicht zu entscheiden, ob Hildy ein Mann in Frauenkleidern ist oder eine Frau, die sich als Mann geriert (und damit – die Inkongruenz von Geschlecht und Gender betreffend – das weibliche Gegenstück zur Figur der fairy darstellt). Die Figur bleibt im Remake genderambivalent, und das komplexe Spiel von Cross-Dressing und GenderCrossing, Gender-Blending und -Queering, das der Film inszeniert, verweist vor allem auf diese Performativität von Gender. Auch auf der diegetischen Ebene sind Männlichkeit und Weiblichkeit in HIS GIRL FRIDAY keine unbeweglichen monolithischen Größen, sondern Positionen, die durch performative Akte eingenommen werden und die beständig verhandelt und neu hergestellt werden müssen. Demonstrativ pudert sich Hildy in Walters Büro die Nase und zieht ihren Lippenstift nach. Zu maskulin geschnittener Anzugjacke und Hut trägt sie Rock und Schuhe mit hohen Absätzen. Mal ist Hildy mitfühlend, etwa im Umgang mit Earl und Molly, mal zielstrebig und karriereorientiert, etwa wenn sie Bruce die kalte Schulter zeigt. »One way of putting Hildy’s dilemma is that she must decide whether she is a man or a woman«, findet Marty Roth,98 doch von einem Dilemma kann eigentlich nicht die Rede sein: Gender-Performances gehören vielmehr zu jenen theatralischen Inszenierungen und Täuschungsmanövern, anhand derer Hildy und Walter ihre Beziehung verhandeln, und sie sind nur dann erfolgreich, wenn mit genügend Verve geschauspielert wird.99 Hildys und Walters Partnerschaft beruht auf der gemeinsamen Einsicht, dass es weder im »newspaper game«, wie Hildy es nennt, noch in der Liebe so etwas wie Wirklichkeit oder Wahrheit gibt. Neben Falschgeld und falschen Checks wird in HIS GIRL FRIDAY mit falschen Versprechungen gehandelt; das Spiel, das Hildy und Walter mit großer Begeisterung inszenieren, ist, andere von ihrer Echtheit zu überzeugen. 97 Vgl. »Performativität und Film«, in diesem Band. 98 Roth: Slap-Happiness, S. 64; vgl. auch Bisplinghoff: Hildy Johnson, S. 229. 99 Screwball-Filme belohnen die Fähigkeit zur Performance, zur Schauspielerei: In THE RICHEST GIRL IN THE WORLD (934), LIBELED LADY (936), MY MAN GODFREY (936), THE PRINCESS COMES ACROSS (936), NOTHING SACRED, FIFTH AVENUE GIRL (939), MIDNIGHT (939), THE LADY EVE, THE MAJOR AND THE MINOR (942), und in geringerem Maße auch in THE AWFUL TRUTH, MY FAVORITE WIFE und LOVE CRAZY (94) geben die Protagonisten vor, jemand zu sein, der sie nicht sind. Anders als im Melodrama oder im Film Noir werden sie für diese Übertretungen aber nicht bestraft: Am Ende stehen diejenigen als Gewinner da, die gelogen, intrigiert und Maskerade gespielt haben. Vgl. Sikov: Screwball, S. 75f.
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Beide, Hildy wie Walter, lügen, manipulieren, inszenieren, intrigieren: »They’re both consummate stylists – and conscious self-parodists«, notiert auch James Harvey. »And their way of quarreling […] is to perform to each other, their best and most challenging audience.«00 Walters Faszinationskraft liegt für Hildy gerade darin, dass er sie in dieser Fähigkeit zur Performance und Maskerade noch übertrifft.0
Abb. 4: Dressed for success: Hildy Johnson (links)
Sowohl Hildy als auch Walter sind sich (im Gegensatz zu Bruce, der diese Performances nicht zu lesen versteht)02 nahezu von Beginn an darüber 00 Harvey: Romantic Comedy, S. 436. 0 »Above all, Walter is a con-artist, a fabricator of ploys – a manipulator of events and people through pose and speech. He possesses an easy ability to shift shape verbally – to modulate through a variety of vocal roles and poses. This unhinged exhibitionism that may be said to belong to narcissism is the essence and the practice of the actor. What is instinctive in the monster/darling/brat is social and professional in the actor. Cary Grant is a great actor, and Walter Burns is a great actor, and what Grant signifies through Burns is the actor and acting« (Roth: Slap-Happiness, S. 7). Sowohl Walter als auch Hildy sind nicht nur talentierte Schauspieler, sondern übernehmen in ihrer Inszenierung auch die Regie: Er lenkt durch seine Intrigen und Manipulationen den Lauf des Geschehens, sie greift immer wieder in das Szenenbild ein, löscht das Licht oder zieht Rollos vor die Fenster. 02 Als Walter, den liebenden Ex-Ehemann gebend, Hildy – im Falle seines
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im Klaren, dass Hildy Bruce nicht heiraten und die Zeitung/Walter nicht verlassen wird.03 (Warum würde sie sonst ihre Kündigung persönlich einreichen und dabei wie nebenbei erwähnen, dass sie wieder heiraten werde?) Es geht vielmehr darum, wer das Schauspiel länger durchhalten kann. Als Hildy Walter in der Restaurantszene der Lüge überführt (»The twins were Walter’s – all his«), erkennt dieser an, dass er die »Runde« verloren hat und eröffnet sofort die nächste: »Here, we’ll start all over again.« Von feministischer Seite ist häufig kritisiert worden, dass Hildy, die während des ganzen Films als selbstbewusste, aktive, scharfzüngige Reporterin aufgetreten ist, an seinem Ende in Tränen ausbricht, weil sie glaubt, Walter wolle sie wirklich mit Bruce nach Albany gehen lassen.04 In dieser letzten Szene ändert Walter – nachdem er während des gesamten Films versucht hat, Hildy zum Bleiben zu bewegen – seine Taktik. Er gibt vor, Hildys Glück nicht länger im Wege stehen zu wollen. Hildy erkennt dies zunächst schnell als Strategie: »I get it, Walter. The same old act, isn’t it? Trying to push me out of here, thinking I’ll be stupid enough to want to stay.« Walter verstärkt daraufhin seine Bemühungen: WALTER: Now, I know I deserve that Hildy […], but this is one time you’re wrong. Look honey, when you walk out that door, part of me will go right with you. But a whole new world’s gonna open up for you. I made fun of Bruce and Albany and all that kind of thing, you know why? HILDY:
Why?
WALTER: I was jealous. I was sore because he could offer you the kind of life I can’t give you. That’s what you want, honey.
Walter küsst Hildy zum Abschied und schiebt sie dann in Richtung Tür. Einen Moment lang nimmt Hildy Walter ernst, glaubt Walters und ihr Spiel um Gender-Performanzen unterbrochen. Im selben Augenblick erhält sie einen Anruf von Bruce, der wieder einmal verhaftet worden ist. An Hildys Weinen zeigt sich DiBattista zufolge hier ihre Weiblichkeit: Todes – seine Lebensversicherung hinterlässt, vermag Bruce dies nicht als Inszenierung zu lesen; gerührt schnäuzt er sich die Nase. 03 Vgl. Stanley Cavell: Pursuits of Happiness. The Hollywood Comedy of Remarriage, Cambridge, MA/London: Harvard University Press 9200 [98], S. 65: »Each of the two of them knows the other knows what each of them want; and each wants the other to know. By the end of the […] restaurant sequence they both know what the outcome must be. What neither of them knows is how to arrive at it.« 04 Vgl. z.B. Roth: Slap-Happiness, S. 6f.; Powers: Screwball Liberation, S. 26f.; Wood: Howard Hawks, S. 72.
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It is at this crisis point that Hildy shows herself to be all too recognizably a more than halfway normal woman who, when all else fails, cries. Cries to get Walter back, cries to forestall the comic catastrophe of Walter’s sudden ennoblement.05
Nun weint Hildy aber gerade nicht, um Walter zur Umkehr zu bewegen: Sie fängt erst in dem Moment zu weinen an, in dem sie erfährt, dass Walter Bruce erneut ins Gefängnis gebracht hat und demnach nie ernstlich vorhatte, sie mit Bruce nach Albany gehen zu lassen. In Tränen bricht Hildy am Ende des Films nicht aus, weil sie an Walters Aufrichtigkeit zweifelt, sondern weil sie – im Gegenteil – für einen Moment glaubt, er sei aufrichtig gewesen, habe eine seiner Aussagen »ernst« gemeint und damit ihr gemeinsames »Spiel« unterbrochen (»I thought you were on the level, for once«, schluchzt sie).06 Hildy weint also auch aus Erleichterung, als ihr klar wird, dass es sich bei Walters Abschiedsperformance um »the same old act« gehandelt hat; und vielleicht weint sie auch aus Wut darüber, dass Walters Performance erfolgreicher war als ihre. So ließe sich diese »Weiblichkeits-Performance« auch als Versuch deuten, Walters Akt noch einmal zu überbieten, um ihn zur Aufgabe seiner Maskerade, seines scheinbaren Desinteresses zu bewegen.07 Hildys Tränen sind also kein Zeichen oder gar Ausdruck einer »wahren« Weiblichkeit, sondern lediglich eine weitere, weiblich semantisierte Gender-Technik, die sie hier sehr zielstrebig anwendet,08 und zwar genau in jenem Moment, in dem sie sich entschieden hat, auf Bruce und Albany zu verzichten, in dem sie nach Logik der Narration also gerade gänzlich zum newspaperman »geworden« ist. In ähnlicher Weise legt sie zuvor eine Reporter-Performance an den Tag, die die ihrer männlichen Kollegen bei Weitem in den Schatten stellt, nachdem sie gerade verkündet hat, Hausfrau und Mutter werden zu wollen. Ist die Hildy-JohnsonRolle in HIS GIRL FRIDAY durch die Gender-Konstellation des Premakes immer schon gender-hybrid angelegt, so muss Hildy nun gerade nicht – wie Roth vorschlägt – zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit wählen. Sie entscheidet sich lediglich gegen eine spezifische Weiblichkeitsperformance (derjenigen der Ehefrau eines Versicherungsvertreters in einer 05 DiBattista: Fast-Talking Dames, S. 295. 06 Vgl. Harvey: Romantic Comedy, S. 444. 07 Der plötzliche Einsatz traurig-romantischer Musik an dieser Stelle, das erste und einzige Mal während der Filmhandlung, unterstreicht die Inszeniertheit des Weinens. 08 Ganz ähnlich machen auch Katharine Hepburn (als Amanda) und Spencer Tracy (als Adam) in ADAM’S RIB (USA 949) von diesem genderspezifizierten Verhalten Gebrauch, um sich gegenseitig auszutricksen.
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US-amerikanischen Kleinstadt). Wie ihre »Männlichkeit« ist Hildys »Weiblichkeit« Maskerade, basiert auf theatralen Inszenierungen. Die Figur versetzt Geschlecht performativ in Bewegung; und es ist diese Gender-Ambiguität, die HIS GIRL FRIDAY zum queer text werden lässt.09 Hildys wiederholtes Überqueeren der Gender-Grenzen macht die Durchlässigkeit eben dieser Grenzen kenntlich, erzeugt einen queer space »[which occurs] within suggestively ambiguous narrative contexts, confusing and challenging the articulation of the film’s straight ideological points regarding sexuality, gender, love, and marriage«.0
Hysterischer Text [T]he »hysterical text« is one in which the repressed sexual content of a film, banished from the film’s narrative, returns to manifest itself in various ways in the mise-en-scène and through textual incoherences.
Die filmwissenschaftliche Melodramatheorie hat argumentiert – und diese Argumentation lässt sich auch für andere Genres oder »filmic modes« fruchtbar machen –, dass narrative Inkongruenzen und Konflikte, die der Filmplot nicht lösen kann, die die Narration eines Films verschweigt, einen Exzess bilden, der an anderer Stelle, zum Beispiel in der Mise en Scène oder der Musik des Films, wiederkehrt – ein Mechanismus, der analog zu Freuds Konversionshysterie funktioniert: Das Verdrängte kehrt als körperliches Symptom (hier als Symptom am filmischen Körper) zurück.2 »The melodramatic text functions, then, like the body of a patient suffering from hysteria: it exhibits as symptoms, what has been repressed from conscious discourse«,3 erklärt Sue Thornham. 09 Zitiert sei hier noch einmal Sedgwicks Definition von queerness als »the open mesh of possibilities, gaps, overlaps, dissonances and resonances, lapses and excesses of meaning when the constituent elements of anyone’s gender, of anyone’s sexuality aren’t made (or can’t be made) to signify monolithically« (Sedgwick: Queer and Now, S. 8). 0 Doty: Making Things Perfectly Queer, S. 29. Tania Modleski: Feminism without Women. Culture and Criticism in a »Postfeminist« Age, New York/London: Routledge 99, S. 37. 2 Vgl. Geoffrey Nowell-Smith: »Minnelli and Melodrama« [977], in: Christine Gledhill (Hg.): Home Is Where the Heart Is. Studies in Melodrama and the Woman’s Film, London: British Film Institute 987, S. 7074. Zur Diskussion um Hysterie und Exzess im Melodrama vgl. neben dem von Gledhill herausgegebenen Sammelband auch Christian Cargnelli/Michael Palm (Hg.): Und immer wieder geht die Sonne auf. Texte zum Melodramatischen im Film, Wien: PVS 994. 3 Sue Thornham: Passionate Detachments. An Introduction to Feminist Film Theory, London: Arnold 997, S. 48.
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Auch wenn es Hawks’ Film durch die gender-ambivalente Inszenierung der Hildy-Figur letztlich gelingt, das Homosexualitätssujet wieder einzuspielen, bewirkt der dem Production Code geschuldete Versuch, die verbotene queer story mit einer kulturell legitimierten Liebesgeschichte zu überschreiben, eine vergleichbare Hysterisierung des Films – sowohl die Performance der Schauspieler als auch die Mise en scène, die Tonschiene und das Filmtempo betreffend:4 das exzessive schrille Klingeln der Telefone,5 die heulenden Gefängnis- und Polizeisirenen, die ratternden Gewehrsalven und Suchscheinwerfer, das ständige Klopfen an der Tür des Pressezimmers, die Aufnahmen in extremer Obersicht, die den expressionistischen deutschen Stummfilm evozieren,6 vor allem aber die oft ohrenbetäubenden, einander überlappenden Schnellfeuerdialoge und das schwindelerregende Tempo deuten auf das unfinished business hin, das HIS GIRL FRIDAY durch seinen Remakestatus verhandelt. Zwar weist auch THE FRONT PAGE einige dieser Elemente auf; Filmtempo und Lautstärke nehmen im Premake jedoch allmählich und in Einklang mit der Narration zu. Schon die Ausgangssituation ist unterschiedlich: Während Hildy und Peggy im Premake ursprünglich erst am nächsten Tag nach New York fahren wollen und die Reise erst später vorverlegen, schieben Hildy und Bruce ihre Abreise im Remake immer weiter hinaus. Bis zu Williams’ Flucht herrscht in THE FRONT PAGE eine fast lähmend wirkende Untätigkeit. Es ist 8 Uhr abends und die im Presse4 Eine Reihe von Screwball Comedies, die ja alle damit befasst sind, sexuelle Thematiken zu verdrängen, lassen sich in diesem – erweiterten – Sinne als hysterisch bezeichnen, z.B. TWENTIETH CENTURY (934) und BRINGING UP BABY (938), beide von Howard Hawks inszeniert. 5 Das Telefon nimmt in HIS GIRL FRIDAY fast den Status eines Hauptdarstellers ein. Der Film beginnt und endet mit klingelnden Telefonen. Während des gesamten Films wird nahezu ununterbrochen telefoniert, manchmal gleichzeitig an mehreren Apparaten. Das ständige Klingeln der vielen Telefone im Pressezimmer unterbricht, strukturiert und hysterisiert die Handlung: Anrufe bringen Wendepunkte herbei, lösen Panik aus, kommen in letzter Minute. Wenn Hildy und Walter nebeneinander Anweisungen in ihre Telefone brüllen, verstehen sie (und das Publikum) zeitweise ihr eigenes Wort nicht mehr und als Earl Williams von der Polizei erneut gefangen genommen wird, geben sechs Reporter gleichzeitig Berichte an ihre Zeitungen durch. Selbst als Walter bereits in Handschellen ist, versucht er noch zu telefonieren. Das exzessive Klingeln der Telefone scheint das unfinished business anzukünden, das der Production Code zum Schweigen zu bringen versucht. 6 Vgl. die erste Einstellung der Interviewszene mit Hildy und Williams sowie folgende Einstellungen aus dem Fenster des Pressezimmers: Mollies Blick auf den Galgen, die Sicht der Reporter nach Williams Flucht und nach Mollies selbstmörderischem Sprung. Vgl. im Gegensatz hierzu die erste Fenstersicht auf den Galgen zu Beginn des Films.
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Abb. 5-6: Telefone und Gefängniszellen
zimmer versammelten Journalisten warten auf Neuigkeiten und Informationen zur Exekution des Polizistenmörders, die am folgenden Morgen stattfinden soll. Sie spielen Karten, streiten sich gelangweilt mit dem Sheriff herum, telefonieren phlegmatisch wenig vielversprechenden Nachrichten hinterher und verspotten abwechselnd die fairy Bensinger, den Gerichtsdiener Woodenshoes, die Prostituierte Molly Malloy und die Putzfrau Jenny. Erst nach der Flucht Earl Williams’ nimmt der Film an Geschwindigkeit und Lautstärke (durch das Heulen der Sirenen, durch Stimmengewirr, Gewehrsalven) zu. Im Folgenden fluktuiert das Tempo dem Geschehen entsprechend. HIS GIRL FRIDAY hingegen legt von Beginn an ein hohes Tempo vor, das sich im Laufe des Films eskalationsartig steigert. Schon in den ersten Szenen, in Walters Büro und im Restaurant, lassen Walter und Hildy einander nie aussprechen. Hildys Verlobter Bruce, der dieses Tempo nicht gewöhnt ist, kommt kaum zu Wort, wird ständig von den beiden anderen unterbrochen. Im seinem weiteren Verlauf (mit Ausnahme von Hildys Interview mit Earl Williams) gewinnt der Film beständig an Tempo, meistens scheinen alle gleichzeitig zu reden.7 One archivist actually timed the hurricane delivery of the actors at 240 words per minute, so fast that the dialogue is just discernible, the actors speaking 7 Pauline Kael hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Sprecher einander schon im Theaterstück ins Wort fallen (Kael: Raising Kane, S. 83f.) und dass Hawks keineswegs – wie in der Forschungsliteratur oft behauptet – den überlappenden Dialog erfunden habe. Doch Hawks gelingt es, diese Technik von der Bühne auf die Leinwand zu bringen. Galt bereits THE FRONT PAGE als eine der rasantesten Comedies, so übertrifft Hawks’ Film seinen Vorgänger bei Weitem an Tempo und Dringlichkeit, das macht der Vergleich paralleler Szenen deutlich. Schon Hawks zeigte Journalisten am Set von HIS GIRL FRIDAY Szenen aus beiden Filmen, nachdem diese auf die Geschwindigkeit des Premakes hingewiesen hatten (vgl. McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 284).
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about 30 words per minute above average delivery. Hawks also had his cast move at twice normal speed so the whole thing was frantic from scene to scene, thus conveying the urgency of the news world he was depicting.8
Diese halsbrecherische Geschwindigkeit griff einer zeitgenössischen Filmkritik der »New York Times« zufolge so stark auf das Kinopublikum über, dass der Film wegen der großen Unruhe im Zuschauerraum kaum zu verstehen war: »The lines are all cute if you can hear them, but you can’t hear many because everyone is making too much noise – the audience or the players themselves. Hysteria is one of the communicable diseases and His Girl Friday is a more pernicious carrier than Typhoid Mary.«9
Heirat und Henker II Symptomatisch für die Dringlichkeit, die HIS GIRL FRIDAY sehr viel stärker noch als sein Premake vermittelt, ist das Taxi, das Hildy und Bruce zum Bahnhof bringen soll und das fast während des gesamten Films mit laufendem Gebührenzähler vor dem Gerichtsgebäude wartet.20 Die Figuren in HIS GIRL FRIDAY stehen wie in THE FRONT PAGE unter dem Druck, verschiedene Deadlines einerseits einhalten, andererseits hinauszögern zu müssen. Das Ticken der Uhr ist dabei allgegenwärtig: Der Redaktionsschluss der Zeitung naht; der Termin der Hinrichtung ist für sieben Uhr am nächsten Morgen angesetzt (im Falle Earl Williams’ handelt es sich um eine gänzlich entmetaphorisierte Deadline); Hildys Zug nach New York/Albany geht in wenigen Minuten. Hinrichtung wie Hochzeit rücken unerbittlich näher, um immer wieder verschoben und buchstäblich in letzter Minute abgewendet zu werden: Hildys Abreise durch Williams’ Flucht, Williams’ Exekution durch das Begnadigungsschreiben. Wie in THE FRONT PAGE gilt es in HIS GIRL FRIDAY, dem Henker und der Institution Ehe zu entgehen. »Goodbye, dear, and good luck«, verabschiedet Walter Hildy in HIS GIRL FRIDAY in die Ehe mit Bruce. Ganz ähnlich hatte sich Hildy nach ihrem Interview vom todgeweihten Earl Williams verabschiedet: »Goodbye, Earl, and good luck.« Das vor8 Jay R. Nash/Stanley R. Ross (Hg.): »His Girl Friday«, in: The Motion Picture Guide, Chicago: Cinebooks 987, zitiert nach: www.tvguide. com/movies/girl-friday/00986 (letzte Abfrage: 2. Mai 2007); vgl. auch McCarthy: Grey Fox of Hollywood, S. 283f. 9 Frank S. Nugent: »His Girl Friday«, in: New York Times (2. Januar 940). 20 Ein dramaturgischer Kniff zur Steigerung der Dringlichkeit, den Frank Capra für ARSENIC AND OLD LACE (94) übernehmen wird.
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wärtstreibende Tempo geht mit einer klaustrophobischen Stimmung einher: Ein Motiv des Eingesperrtseins durchzieht den gesamten Film. Williams’ Gefängniszelle, das Rollpult und die kantige Enge des Pressezimmers verweisen auch in HIS GIRL FRIDAY auf das »Ehegefängnis«, das Hildy am Ende mit Bruce droht und das das Remake durch Bruces wiederholte Inhaftierung ironisch ins Bild setzt.2 Während THE FRONT PAGE nun aber die Liebesgeschichte zweier Männer erzählt, die Inszenierung der Ehe als Gefängnis also im Rahmen dieser Narration Sinn ergibt, ist in der Comedy of Remarriage22 HIS GIRL FRIDAY, die mit der Wiedervereinigung des Protagonistenpaares endet, der narrativen Logik zufolge lediglich die Hochzeit mit dem falschen Mann (mit Bruce), nicht aber die Eheschließung an sich zu verhindern. Wenn im Remake trotzdem die Institution Ehe als Damoklesschwert über dem Geschehen zu schweben scheint, so ist das auf den Remakestatus des Films zurückzuführen: Trotz Umbesetzung der Hauptrolle und Umschrift der Liebesgeschichte in eine gesellschaftlich legitimierte heterosexuelle Paarbildung ist dem Remake die queer love story des Premakes eingeschrieben; sie bildet ein unfinished business, das das Remake prozessiert und das seine Gender-Performances nachhaltig hybridisiert.
2 »You keep that door closed and don’t let anybody in or out«, lautet der Befehl des Sheriffs, der Earl Williams im Pressezimmer vermutet. Unterstützt wird diese Atmosphäre durch das Setting des Films, das auf wenige enge Räume beschränkt ist: Walters Büro, das Restaurant, Earls Zelle, das Pressebüro. Filmt die Kamera aus dem Fenster des Pressebüros, so vermittelt die extreme Obersicht, dass ein Entkommen unmöglich ist. Draußen wartet der Galgen. Auch THE FRONT PAGE weist dieses klaustrophobische Ambiente auf. Hier reagieren die Protagonisten darauf, indem sie immerzu Gegenstände – eine Schnapsflasche, ein Telefon, einen Eimer, einen Putzlappen – aus dem Fenster werfen oder indem sie selbst aus den Fenstern springen: Hildy verlässt das Speakeasy auf diese Weise (und im Remake scheint Hildy sich auf ihren Vorgänger zu beziehen: »I jumped out that window a long time ago«, versichert sie Walter, als dieser ihre Beziehung wieder aufnehmen will). In beiden Filmen entkommt Earl Williams aus dem Büro des Sheriffs durch das Fenster, Molly springt aus dem Fenster, um den Reportern zu entgehen, auch das Rollpult, in dem Williams sich versteckt hält, soll zeitweise aus dem Fenster gehoben werden etc. 22 Der Begriff Comedy of Remarriage stammt von Stanley Cavell, der damit eine Reihe von Romantic Comedies bezeichnet, die die Trennung und (erneute) Heirat des Paares zum Thema haben (THE AWFUL TRUTH; THE PHILADELPHIA STORY, 940; THE LADY EVE). Vgl. Cavell: Pursuits of Happiness; vgl. auch »Remaking Remarriage«, Anm. 23 in diesem Band.
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CAN THIS MARRIAGE BE SAVED? REMAKING REMARRIAGE IN THE AWFUL TRUTH (1937) U N D L ET ’ S D O I T A G A I N (1953) Das Remake HIS GIRL FRIDAY, von dem in der vorhergehenden Lektüre die Rede war, ist eine jener Screwball Comedies der 30er Jahre und frühen 40er Jahre, die den battle of the sexes nicht immer rein verbal austragen. Diese Filme verhandeln im Greenblatt’schen Sinne gesellschaftliche Konzepte von Ehe und Partnerschaft, die durch den Scheidungsboom nach dem Ersten Weltkrieg, die Roaring Twenties und die Weltwirtschaftskrise in Unruhe versetzt worden sind. In den 50er Jahren, genauer: während der politisch instabilen Übergangszeit nach dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg und den frühen 60er Jahren, werden eine Vielzahl dieser Screwball Comedies erneut verfilmt. Diese Zeitspanne ist – wie die 30er Jahre – durch Ereignisse geprägt, die viel Konfliktpotenzial ins Geschlechterverhältnis bringen: die Berufstätigkeit vieler Frauen während des Zweiten Weltkrieges und ihre anschließende Verdrängung vom Arbeitsmarkt, die problematische Reintegration der zurückkehrenden Soldaten, die eskalierenden Scheidungszahlen nach Kriegsende verursachen viel THE AWFUL TRUTH, USA 937; Regie und Produktion: Leo McCarey; Drehbuch: Vina Delmar, nach dem Bühnenstück von Arthur Richman; Cast: Irene Dunne (Lucy Warriner), Cary Grant (Jerry Warriner), Ralph Bellamy (Dan Leeson), Armand Duvalle (Alex D’Arcy), Cecil Cunningham (Aunt Petsy), Molly Lamont (Barbara Vance), Esther Dale (Mrs. Leeson), Joyce Compton (Dixie Belle); Kamera: Joseph Walker; Schnitt: Al Clark; SetDesign: Babs Johnstone; Art-Design: Stephen Goosson, Lionel Banks; Kostüme: Robert Kalloch; Studio: Columbia Pictures. LET’S DO IT AGAIN, USA 953; Regie: Alexander Hall; Produktion: Oscar Saul; Drehbuch: Mary Loos, Richard Sale, nach dem Bühnenstück von Arthur Richman; Cast: Jane Wyman (Constance Stuart), Ray Milland (Gary Stuart), Aldo Ray (Frank McGraw), Leon Ames (Chet Stuart), Valerie Bettis (Lilly Adair), Tom Helmore (Courtney Craig), Karin Booth (Deborah Randolph); Musik-Regie: Morris Stoloff; Musik: Lester Lee, Ned Washington, George Duning; Choreographie: Lee Scott, Valerie Bettis; Kamera: Charles Lawton; Schnitt: Charles Nelson; Set-Design: William Kiernan; Art-Design: Walter Holscher; Kostüme: Jean Louis; Studio: Columbia Pictures. »Can this Marriage Be Saved?« ist der Titel einer populären Eheberatungsserie, die das »Ladies’ Home Journal« in den 50er Jahren einführt.
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gender anxiety, stellen Gender-Rollen in Frage, verlangen eine Redefinition der Ehe und Familie, bewirken eine in der Presse intensiv diskutierte Männlichkeitskrise et cetera. Meine These, die ich exemplarisch anhand der Screwball Comedy THE AWFUL TRUTH und ihrem Remake LET’S DO IT AGAIN verfolgen werde, ist, dass die Remakes in dieser Krisenzeit auf die Filme der 30er Jahre zurückgreifen, weil diese mit ähnlichem gender trouble befasst sind. Dabei unterliegen sie einem Rückschaufehler: Sie lesen die Filme als Eheratgeber, die die Institution der Ehe bestätigen und traditionelle Gender-Rollen propagieren. Die Screwball Comedies jedoch unterlaufen ihr Eheratgeber-Narrativ: Dieses Irritationspotenzial der Screwball Comedies, die Ironie und Respektlosigkeit, mit denen diese Filme Hollywoods romantisches Liebesideal durchstreichen, wirken in ihren Remakes weiter. Der gender trouble, den die Screwball Comedies gerade nicht lösen, sondern den sie, im Gegenteil, mit Verve inszenieren, taucht in den 50er-Jahre-Filmen als unfinished business wieder auf und durchkreuzt eventuelle konservative Umschriften dieser Filme.
S c r e w b a l l C o m e d i e s u n d d i e In s t i t u t i o n E he , 1 9 2 0 f f. I do. And may heaven have mercy on my soul. — Lawrence Bradford in THE EX-MRS. BRADFORD (936)
»He married in haste and repeated in pleasure«, heißt die Tagline von BLUEBEARD’S EIGHTH WIFE (938), die sich für eine Reihe von Screwball Comedies verwenden ließe. Hochzeit, Scheinheirat, Scheidung, erneute Heirat – die Institution Ehe und ihre Aberrationen haben in diesen Filmen Hochkonjunktur. Verschiedene Studien haben darauf hingewiesen, dass die Screwball Comedies der 30er Jahre, wie auch andere populäre Medien, die sich wandelnden gesellschaftlichen Auffassungen von Gender, Liebe und Ehe verhandeln und auf die hohe Zahl von Scheidungen während der Swinging Twenties reagieren.2 Das Ende des Ersten Weltkrieges zieht in den USA (wie auch in Europa) einen dramatischen Anstieg der Scheidungsrate nach sich; die Zahl der Scheidungen erhöht sich um 40 Prozent.3 Während ein Anstieg nach Kriegen üblich ist – we2
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Vgl. v.a. Glitre: The Same, But Different; außerdem: Musser: Divorce; Lent: Romantic Love; Heather Gilmour: »Different, Except in a Different Way. Marriage, Divorce, and Gender in the Hollywood Comedy of Remarriage«, in: Journal of Film and Video 50/2 (Sommer 998), S. 26-39. Vgl. Roderick Phillips: Putting Asunder. A History of Divorce in Western Society, Cambridge: Cambridge University Press 988, S. 57; vgl. auch Paul H. Jacobson/Pauline F. Jacobson: American Marriage and Divorce,
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gen Ehebruchs, Entfremdung, einer höheren Zahl an (oft übereilten) Eheschließungen während der Kriegsjahre und so fort4 –, wirkt der Erste Weltkrieg als Katalysator einer seit dem späten 9. Jahrhundert ohnehin mit Sorge beobachteten Entwicklung.5 Die Errungenschaften der ersten Frauenbewegung (u.a. die Einführung des nationalen Frauenwahlrechts im Jahr 920), die steigende Zahl von Frauen in Lohnberufen und an den Universitäten und die damit verbundene ökonomische Unabhängigkeit hatte die tradierte patriarchale Gender-Ordnung in Frage gestellt und Unruhe ins Geschlechterverhältnis gebracht. Die new woman und der flapper gelten als ökonomisch und sexuell emanzipiert und brechen durch ihre Kleidung und Frisur, ihr Konsumverhalten und ihr aktives, selbstbewusstes Auftreten mit dem viktorianischen Bild einer passiven und mütterlichen Weiblichkeit, dem cult of true womanhood:6 The appearance of a strata of women who pursued careers and often lived with each other raised the specter of women choosing a homosexual alternative to marriage. This fear was reinforced by the increased visibility of homosexuals, whose subcultures and lifestyles were frequently reported on in newspapers, scientific journals and popular literature.7
Die seit Ende des 9. Jahrhunderts kontinuierlich steigende Scheidungsrate wird häufig auf die »Emanzipation der Frau« zurückgeführt.8 Doch
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New York: Rineheart 959, S. 90, Tabelle 42. Phillips, demzufolge Ehescheidung bis 94 ein gesellschaftliches Randphänomen darstellt, spricht von einer »watershed in the history of divorce« (Phillips: Putting Asunder, S. 56 u. 62). Davon wird z.B. nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg berichtet, und auch nach dem Zweiten Weltkrieg steigt die Zahl der Scheidungen explosionsartig an. Für eine ausführliche Diskussion der Hintergründe s. Phillips: Putting Asunder, S. 58-523. Etwa Walter F. Willcox: The Divorce Problem. A Study in Statistics, New York: Columbia University Press 89, Nachdruck: New York: AMS 979, S. 2: »The tide is rising steadily all over the world, but nowhere is it so high, nowhere does it rise so fast, as in these United States.« »The ›new woman‹ and the flapper were both claiming masculine privileges, and that included the right to express sexual feelings, to stay single or to marry but not have a family« (Steven Seidman: Romantic Longings. Love in America, 830-980, New York/London: Routledge 99, S. 7). Vgl. auch Carroll Smith-Rosenberg: »The New Woman as Androgyne. Social Disorder and Gender Crisis, 880-936«, in: dies.: Disorderly Conduct. Visions of Gender in Victorian America, New York: Knopf 985, S. 245-296. Seidman: Romantic Longings, S. 69, vgl. auch ebd., S. 6. Vgl. z.B. A Mere Male: »The Progress of Woman Suffrage«, in: Vanity Fair 9/4 (Dezember 922); R. LeClerc Phillips: »The Problem of the Edu-
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der sich wandelnde Status von Frauen ist nur ein Teil, wenn auch vielleicht der »sichtbarste«, einer Reihe sozialer Veränderungen, die Einfluss auf Heirat und Ehe nehmen: This change was part of a conjuncture of social events that included the rise of mass consumerism, urbanization, bureaucratization, the loosening of kin ties, the widespread acceptance and use of contraceptives, the visibility of homosexual subcultures and an increase in nonmarital sex. These developments were seen as threatening the social stability and moral credibility of marriage.9
Der Scheidungstrend nach Ende des Ersten Weltkrieges unterfüttert diesen Eindruck empirisch. Auch im Laufe der 20er Jahre kehrt die Scheidungsrate nicht wieder zum Vorkriegsstand zurück, sondern ist während der gesamten Dekade signifikant höher als in den 0er Jahren, Tendenz: steigend. In den späten 20er Jahren endet mehr als eine von sechs Ehen vor Gericht. Zudem sinkt die Geburtenrate auf ein nie gekanntes Niveau, und die Zahl der Eheschließungen fällt in den ersten Jahren der Depression (929-932) auf ein Rekordtief. Phillips zufolge sorgt der Scheidungsboom der Nachkriegsjahre für eine Enttabuierung des Themas, die sich sowohl in der liberaleren Gesetzgebung dieser Zeit niederschlägt als auch durch sie bestärkt wird.0 Scheidung avanciert im Bewusstsein verheirateter Paare erstmalig zu einer konkreten Möglichkeit, unbefriedigende Verbindungen legal zu beenden: »From […] judicial decisions and new divorce laws [married couples] learned that they needed to tolerate a diminishing range of behavior and that the legal and judicial system endorsed expectations of marriage that included love, affection, and consideration.« Die Screwball Comedies nehmen Bezug auf diese zeitgenössischen gesellschaftlichen Diskurse zur Ehe:2 In MY FAVORITE WIFE (940) etcated Woman«, in: Harper’s Monthly Magazine 54 (Dezember 926/Mai 927); Ethel Puffell Howes: »The Co-Ordination of Women’s Interests as a Concrete Problem for the Family«, in: American Sociological Society, Papers and Proceedings 23 (Dezember 928), S. 327; Annie Louise Macleod: »The Education of Women. A Sociological Problem«, in: American Sociological Society, Papers and Proceedings 23 (Dezember 928), S. 329; Ramsay Traquair: »The Regiment of Women«, in: Atlantic Monthly 43 (Januar/Juni 929). 9 Seidman: Romantic Longings, S. 7. Für eine ausführliche Darstellung dieser Entwicklung vgl. Phillips: Putting Asunder, S. 56-555. 0 Ebd., S. 523, vgl. auch S. 62. Hinzu kommen verschiedene staatliche Unterstützungsprogramme für Alleinerziehende, Arbeitslose etc. Ebd., S. 633. 2 Ed Sikov hat zu Recht auf die Heterogenität des Zyklus hingewiesen:
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wa zieht Bianca Bates (Gail Patrick) vor den Scheidungsrichter, weil sie in der Ehe mit Nick Arden (Cary Grant) keine sexuelle Erfüllung findet (er weigert sich, die Ehe zu vollziehen). Der Richter zeigt sich verständnisvoll und wenig erstaunt, hatte er das Ende dieser Ehe doch schon bei deren Schließung vorausgesehen: »Kissless bride? I knew it.«
Neue Ehemodelle und die Comedy of Remarriage Scheidung wird zum Massenphänomen3 und befördert die Institution Ehe auf den Prüfstand: Die »Krise der Ehe« wird in Hunderten von psychologischen, soziologischen und juristischen Studien, in Ratgebern und Handbüchern, in der populären Presse, in Belletristik und Werbung thematisiert und diskutiert.4 »This vast discursive production suggests that »Screwball Comedy, like any film genre, expresses a whole range of meanings – the news of the day, cultural obsessions, psychological dynamics, and aesthetic conventions. […] Screwball Comedies range from the liberal (Easy Living, 937) to the reactionary (Public Deb No. 1, 940); from the sexually liberating (My Favorite Wife, 940) to the sexually repressive (Turnabout, 940); from the overtly class-conscious (It Happened One Night, 934) to the relatively class-disregarding (Twentieth Century, 934)« (Sikov: Screwball, S. 7). So unterschiedlich die verschiedenen Filme auch ausgerichtet sein mögen, ist ihnen jedoch eines gemein: Sie verhandeln – neben vielen anderen Dingen – zeitgenössischen gender trouble und gender anxieties. 3 Vgl. Phillips: Putting Asunder, S. 64. 4 Eine Auswahl: Anna Garlin Spencer: »Marriage, Old and New«, in: The World Tomorrow 6/4 (April 923), S. 03f.; Freda Kirchwey (Hg.): Our Changing Morality. A Symposium, New York: Boni 924; Earle E. Eubank: »When Marriage Fails«, in: The World Tomorrow 0/6 (Juni 927), S. 274-276; Hornell Hart/Ella Hart: »Unsuccessful Marriages – Why?«, in: The World Tomorrow 0/6 (Juni 927), S. 258-260; Stephen Ewing: »The Mockery of the American Divorce«, in: Harper’s Monthly Magazine 57 (Juni/November 928); James P. Lichtenberger: Divorce. A Social Interpretation, New York/London: Whittlesey House 93; George K. Pratt, MD: »Some Problems of Modern Marriage as Viewed by the Psychiatrist«, in: American Sociological Society, Papers and Proceedings 25/2 (Mai 93), S. 209; Nancy Cotton: »So I’m Getting a Divorce«, in: Forum and Century 94/ (Juli 935); Theodore Newcomb: »Recent Changes in Attitudes Toward Sex and Marriage«, in: American Sociological Review 2 (937), S. 659-667; Anonym: »Can Divorce Be Successful?«, in: Harper’s Monthly Magazine 76 (Dezember 937/Mai 938). Auch populäre Frauenzeitschriften mit Millionenauflagen wie »McCall’s«, »Ladies’ Home Journal« und »Woman’s Home Companion« enthielten regelmäßig Beiträge zu den Themen Partnerschaft, Ehe, Dating etc. Vgl. hierzu auch Lent: Romantic Love, S. 323f.; Jennifer Scanlon: Inarticulate Longings. »The Ladies’ Home Journal«, Gender, and the Promises of Consumer Culture, New York/London: Routledge 995.
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for many contemporaries the models of intimate life inherited from the Victorian era were viewed as inappropriate or in decline. There was a growing public perception in the early decades of the twentieth century that marital conventions were in a state of change and crisis«, so Steven Seidman in seiner Studie »Romantic Longings«.5 Liberale Reformer beobachten eine Redefinition der Ehe, die allmähliche Ablösung des viktorianischen Modells, das ökonomisch und patriarchal geprägt war und auf der strikten Trennung einer privaten, »weiblichen« und einer öffentlichen, »männlichen« Sphäre beruhte, durch einen neuen Entwurf heterosexueller Paarbeziehungen, die auf romantischer Liebe, Freundschaft, gemeinsamen Interessen und gegenseitiger Attraktivität basieren.6 Viele Frauen und Männer erwarten von ihrer Beziehung nun geistige wie auch emotionale und sexuelle Erfüllung. In viktorianischen Ehen war nicht nur Sexualität, Sex7 weniger romantisch und erotisch besetzt: »[H]usbands and wives neither expected nor hoped that their spouses would provide them with the ultimate fulfillment in life, or that the home would be a self-contained private domain geared toward the personal happiness of individual family members.«8 Ein viel 5 Seidman: Romantic Longings, S. 66; vgl. auch ebd., S. 65-9. Einen Überblick über die im Folgenden kurz angerissene Entwicklung gibt auch Mary P. Ryan: Womanhood in America, New York: Franklin Watts 979, S. 58-69. 6 Dies ist ein vereinfachtes, klischeehaftes Bild viktorianischer Sexualität, das seit den 80er Jahren von Historikern revidiert wurde. Nichtsdestotrotz war und ist dieser Eindruck diskursiv wirksam und dient im frühen 20. Jahrhundert als Folie, gegen die sich neue Partnerschaftsmodelle abgrenzen. Vgl. hierzu Seidman: Romantic Longings, S. 6f., 65, 76-78, 82f. u. passim. Auch in der viktorianischen Kultur bestand das Ideal einer auf Liebe und Kameradschaft basierenden Ehe. Die getrennten weiblichen und männlichen Sphären und Gender-Rollen, die Größe der Familien und die rechtliche und wirtschaftliche Unterordnung der Frau unter das männliche Familienoberhaupt bewirkten aber eine Kluft zwischen diesem Ideal und den »realen« Beziehungen, die sich im frühen 20. Jahrhundert zu schließen beginnt. Möglich ist diese Entwicklung durch den Eintritt von Frauen in die »öffentlich-soziale Sphäre« der Universitäten, der Arbeits- und Freizeitwelt, durch kleinere Familien und das veränderte Auftreten der new woman. Vgl. Seidman: Romantic Longings, S. 8. 7 Ich benutze den im Deutschen umgangsprachlich besetzten Begriff »Sex« hier und im Weiteren in seiner englischen Bedeutung: als Bezeichnung des Geschlechtsaktes, aber auch in seiner weiteren Semantik, die er in Ausdrücken wie sex sells oder sex appeal einnimmt. Die Übersetzung als »Geschlecht« ist hingegen nicht gemeint. 8 Elaine Tyler May: Great Expectations. Marriage and Divorce in PostVictorian America, Chicago/London: University of Chicago Press 980,
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beachteter Kommentator der Ehe ist der Richter Ben Lindsey, der angesichts der Scheidungsprozesse, die in seinem Gerichtssaal verhandelt werden, ein Konzept der »Companionate Marriage« entwickelt, das neben der traditionellen Ehe Bestand haben soll (und ihm zufolge unter Paaren der wohlhabenden Mittelklasse bereits praktiziert wurde): »Companionate Marriage is legal marriage, with legalized Birth Control, and with the right to divorce by mutual consent for childless couples, usually without payment of alimony«, erläutert Lindsey.9 Auch der Soziologe Ernest R. Groves rät zur »love-companionship« – das Konzept avanciert zum Schlagwort der Zeit. An den Titeln seiner zahlreichen Publikationen zur amerikanischen Familie und Ehe lässt sich die Dringlichkeit der zeitgenössischen Problematiken ablesen: »Wholesome Marriage« (927), »The Marriage Crisis« (928), »Sex in Marriage« (93), »Preparation for Marriage« (936), »Sex Fulfillment in Marriage« (942), »Conserving Marriage and the Family. A Realistic Discussion of the Divorce Problem« (944) und so fort.20 »I didn’t know marriage was so popular«, wundert sich Charly Mason (Cary Grant) in WEDDING PRESENT (936) über die lange Warteschlange Heiratswilliger im Marriage Licence Bureau. Doch Heiraten ist auch in Zeiten wachsender Scheidungsraten nicht gänzlich unpopulär, zwischen 920 und 930 steigt die Zahl der Eheschließungen sogar leicht an,2 und auch der durch die Depression bedingte Tiefstand ist nur von kurzer Dauer. Vielmehr verliert die Ehe etwas von ihrer Ehrwürdigkeit und Unantastbarkeit. »Not sure«, trägt Charly frech in die Rubrik »Is applicant a divorced person« der eidesstattlichen Erklärung ein, die im Marriage Licence Bureau vorzulegen ist. Die erneute Heirat einer geschiedenen Person, die remarriage, wird gesellschaftsfähig; 920 ist die Zahl der bereits einmal Geschiedenen unter den Hochzeitspaaren doppelt
S. 47. Vgl. ebd. für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Hintergründen dieser Entwicklung (u.a. ein Anstieg an Freizeit und Konsumkraft, die Entstehung eines Jugend- und Schönheitskults und des »Datings«). 9 Judge Ben B. Lindsey/Wainwright Evans: The Companionate Marriage, New York/London: Brentano’s 928, S. v. 20 Ernest R. Groves: Marriage, New York: Holt 933, S. 6; ders.: Wholesome Marriage, Boston/New York: Houghton Mifflin 927; ders.: The Marriage Crisis, New York: Longmans & Green 928; ders.: Sex in Marriage, New York: Macaulay 93; ders.: Preparation for Marriage, New York: Greenberg 936; ders.: Sex Fulfillment in Marriage, New York: Emerson 942; ders.: Conserving Marriage and the Family. A Realistic Discussion of the Divorce Problem, New York: Macmillan 944. 2 Jacobson/Jacobson: American Marriage, S. 2, Tabelle 2; vgl. auch May: Great Expectations, S. 6f.
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so hoch wie vor dem Krieg.22 Spätestens mit der Abdankung des englischen Königs Edward VIII, der 936 unter großem öffentlichen Interesse auf den Thron verzichtet, um die bereits zweimal geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson zu heiraten, ist das Thema in aller Munde. Hollywood reagiert auf diesen veränderten Status der Institution Ehe: Im Genre der Romantic Comedy haben Filme Konjunktur, in denen das Paar zu Beginn des Films getrennt ist oder sich innerhalb der ersten Minuten trennt, um im Laufe der Handlung wieder zueinander zu finden (z.B. WEDDING PRESENT, THE EX-MRS. BRADFORD, 936; THE AWFUL TRUTH, 937; HIS GIRL FRIDAY, 940; MY FAVORITE WIFE, 940; MR. AND MRS. SMITH, 94; LOVE CRAZY, 94; THE PALM BEACH STORY, 942): »The genre […] shifts emphasis away from the normal question of comedy, whether a young pair will get married, onto the question whether the pair will get and stay divorced […]«, erklärt Stanley Cavell, der den Begriff »Comedies of Remarriage« geprägt hat.23
22 Phillips: Putting Asunder, S. 524; Jacobson/Jacobson: American Marriage and Divorce, S. 68, Tabelle A5. 23 Vgl. Cavell: Pursuits of Happiness, S. f., 8f. u. Zitat S. 85. Cavells Studie schließt Filme ein, in denen die Protagonisten zunächst mit anderen Partnern verheiratet sind, wie auch Filme, in denen von einer Heirat nur im metaphorischen Sinne gesprochen werden kann. Während Cavell nur eine begrenzte Anzahl ausgewählter Klassiker wie THE PHILADELPHIA STORY (940), THE AWFUL TRUTH, THE LADY EVE (94) und HIS GIRL FRIDAY aus den 30er und frühen 40er Jahren in sein Korpus einschließt, verwende ich den Begriff im Folgenden für all jene Screwball/Romantic Comedies, in denen die Geschichte einer Wiedervereinigung des Paares oder einer zweiten Heirat erzählt wird. Erwähnt sei, dass die Schnittmenge zwischen den Screwball Comedies und den Comedies of Remarriage zwar beträchtlich ist, dass jedoch nicht alle Comedies of Remarriage dem Screwball-Zyklus entstammen: Charles Musser hat darauf hingewiesen, dass die Comedy of Remarriage bereits in den späten 0er und v.a. in den 20er Jahren entstand. So setzten sich etwa Cecil B. DeMilles Filme DON’T CHANGE YOUR HUSBAND (99) und WHY CHANGE YOUR WIFE? (920) mit der steigenden Scheidungsrate und dem neuen, romantischen Liebesmodell auseinander. Einige Screwball Comedies of Remarriage der 30er Jahre wurden in den 20er Jahren bereits verfilmt, THE AWFUL TRUTH etwa 925 und 929. Zudem herrschte reger Austausch zwischen Hollywood und dem Broadway, Arthur Richmans Theaterstück The Awful Truth hatte dort im September 922 Premiere, Somerset Maughams Too Many Husbands im Oktober 99. Zum Genre der Comedy of Remarriage werden diese Filme, so Musser, ähnlich wie der Film Noir erst in der Rückschau (Musser: Divorce, S. 305-306 u. 309).
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Die Wirtschaftskrise als Krise der Männlichkeit Während die Depression zunächst die rasante Entwicklung der Scheidungszahlen (aber eben auch der Eheschließungen) quasi künstlich verlangsamt,24 sät sie gleichzeitig neues Konfliktpotenzial in den Geschlechterbeziehungen, indem sie die traditionelle Rollenverteilung in Familien destabilisiert. Viele Familienväter sind auf Grund sinkender Löhne und Arbeitslosigkeit nicht mehr in der Lage, ihre Angehörigen zu versorgen, darum arbeiten oft zum ersten Mal beide Elternteile.25 Weil Männlichkeit im frühen 20. Jahrhundert vor allem über beruflichen Erfolg und die Funktion des Versorgers definiert wird26 – ein Erbe des viktorianischen Gender-Modells –, unterminieren diese demographischen Veränderungen nicht nur die Autorität des Mannes als Familienoberhaupt, sondern stellen seinen Gender-Status an sich in Frage – das jedenfalls prognostizieren eine Reihe von Studien, die die Entwicklung mit Sorge verfolgen.27 24 Mit dem Einbruch der Wirtschaftskrise 929 stagniert der Scheidungstrend für einige Jahre. Diese Entwicklung ist jedoch eher auf die instabile ökonomische Situation zurückzuführen als auf eine Rehabilitierung der Institution Ehe, gehen zwischen 930-933 doch auch die Eheschließungen zurück (vgl. Jacobson/Jacobson: American Marriage, S. 2, Tabelle 2). Viele Ehepaare, die faktisch getrennt leben, können sich die Kosten einer Scheidung nicht leisten resp. sind auf Unterstützungszahlungen der Regierung angewiesen, die bevorzugt an Familien ausgezahlt werden. Mit der Inauguration Roosevelts, dem Inkrafttreten des New Deals und der wachsenden Zuversicht der Bevölkerung in eine Besserung der wirtschaftlichen Lage ist ab 934 ein rapider Anstieg der Scheidungsrate zu verzeichnen, der mit der Erholung der Wirtschaft in den späten 30er Jahren noch einmal zunimmt. Vgl. Phillips: Putting Asunder, S. 553-555; Jacobson/Jacobson: American Marriage, S. 90, Tabelle 42 und 95f. 25 Trotz des Mangels an Arbeitsplätzen, einer restriktiven Gesetzgebung (allein 26 Staaten erlassen Gesetze, die die Einstellung verheirateter Frauen verbieten) und dem öffentlichen Druck auf verheiratete Frauen, denen vorgeworfen wird, Männern die ohnehin knappen Arbeitsplätze zu stehlen, steigt die Zahl der berufstätigen Frauen deshalb auch während der Depression weiter an. Vgl. Susan Ware: Holding Their Own. American Women in the 930s, Boston: Twayne 982, S. 2-24 u. 28f.; Ryan: Womanhood in America, S. 88. 26 Vgl. Elaine Tyler May: Homeward Bound. American Families in the Cold War Era, überarb. Ausgabe, New York: Basic Books 999, S. 44. 27 »Economic competence is one of the chief grounds of prestige in our society«, schreibt Mirra Komarovsky 940 in ihrer Studie »The Unemployed Man and His Family«. »In so far as the family shares these social valuations, the economic failure of the man might tend to lower their esteem for him and hence his authority. Furthermore, with the family no longer dependent upon him, he cannot exercise economic coercion by granting or withholding economic benefits. […] In the traditional patriarchal view of
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Die Vermutung, dass die Wirtschaftskrise durch diese Destabilisierung des patriarchalen Systems eine »Krise der Männlichkeit« angestoßen hat, beherrscht den Gender-Diskurs, den auch die Screwball Comedies mitverhandeln.28 Anders als etwa die »powerful male physiques in the public art of the New Deal«29 oder die Gangsterfilme der frühen 30er Jahre entwerfen diese Filme einen alternativen Männlichkeitstyp, den »hero suitable for the Depression«, wie Elizabeth Kendall Clark Gables Rolle in IT HAPPENED ONE NIGHT (934) charakterisiert: »Peter Warnes […] has no pretenses to social power. He’s broke; he’s out of a job; he can’t even run fast enough to catch the guy who stole Ellie’s suitcase. He’s a surprisingly frank embodiment of the ineffectuality of the American male in the face of the Depression.«30 Clark Gable, der als Peter Warnes mit Schürze am Herd steht und für Ellie Andrews (Claudette Colbert) kocht, ist nur einer von vielen männlichen Cross-Dressern in diesen Komödien, darunter David Huxley in BRINGING UP BABY (938), Nick Arden in MY FAVORITE WIFE (beide Male Cary Grant) und Stephen Ireland (William Powell) in LOVE CRAZY. Cross-Dressing ist in der Screwball Comedy häufig Zeichen einer krisengeschüttelten Männlichkeit – respektive einer Öffnung rigider Gender-Rollen.
the family, the husband is expected to support and protect his wife, and she, in turn, to take care of his household, to honor and obey him. […] In so far as the husband’s claim to authority is based upon his supporting his wife, unemployment may tend to undermine it« (Mirra Komarovsky: The Unemployed Man and His Family, New York: Ontagon 97 [940], S. ). Vgl. auch Roger Angell: The Family Encounters the Depression, New York: Scribner’s 936; Ruth Shonle Cavan/Katherine Howland Ranck: The Family and the Depression, Chicago: University of Chicago Press 938; Winona L. Morgan: The Family Meets the Depression, Minneapolis: University of Minnesota Press 939; Edward Wight Bakke: Citizens without Work, New Haven: Yale University Press 940. 28 Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg werden die Veränderungen vor allem auf die Emanzipationsbestrebungen der Frau zurückgeführt. Vgl. etwa Geoffrey Kerr: »Tired Men and Business Women«, in: Vanity Fair 35/ (September 930); Dorothy Sabin Butler: »Men Against Women«, in: Forum and Century 94/2 (August 935); Elsa Gidlow: »Will Women Enslave Men?«, in: Forum and Century 97/2 (Februar 937); Burt Struthers: »Our Feminized United States. The New World Is a Woman’s World – The Men Think«, in: Forum and Century 97/5 (Mai 937); Harry Hirschman: »Equal Rights for Men. Shall Women Have Their Cake and Eat It Too?«, in: Forum and Century 98/6 (Dezember 937). 29 Chauncey: Gay New York, S. 354. 30 Elizabeth Kendall: The Runaway Bride. Hollywood Romantic Comedy of the 930s, New York: Cooper Square 2002 [990], S. 45.
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Eheberatung I: How to Win and Hold a Husband Die Screwball Comedies verhandeln diese miteinander verschränkten Diskurse: die Krise der Ehe und der etablierten Rollenverteilung der Geschlechter, die vor allem durch den Scheidungsboom nach dem Ersten Weltkrieg und die Machtverschiebungen in der traditionellen Familie durch die Wirtschaftskrise ins öffentliche Bewusstsein gebracht worden sind und die oft auf weibliches Emanzipationsbestreben zurückgeführt werden. Gleichzeitig prüfen und propagieren diese Filme das neue Modell einer egalitären, auf gegenseitiger Zuneigung, gemeinsamen Interessen und sexueller Kompatibilität basierenden Partnerschaft. Der Fokus der Filme auf (Rollen-)Spiel, Aktivität, Spaß und Abenteuer entspricht der fun morality3 dieses neuen Partnerschaftsideals. Vor allem die Paare der Comedies of Remarriage durchlaufen während des Films gewissermaßen einen Lernprozess von einem veralteten viktorianisch-patriarchalen Ehemodell zur neuen love companionship, welche sie erst lernen und (er-)proben müssen. Wie Seidman gezeigt hat, verstehen die liberalen Reformer Sexualität als Grundpfeiler der Ehe und ermuntern Paare in ihren Ratgebern, sich gegenseitige sexuelle Anziehung und Befriedigung zu erhalten:32 »[Sex] became the site where love and marriage succeeded or failed. Great expectations were attached to sex. In particular, the giving and receiving of erotic pleasure became a standard by which to judge love and marriage.«33 In Hollywood erfolgt durch die Implementierung 3 »A fundamental aspect of the youth culture of the 920s was its pursuit of fun through activities like dating, dancing, sports and other forms of mass entertainment. The ›fun morality‹ advocated fun as a new obligation, and defined too little fun as something to be feared: one could not have enough fun, and it even became part of work« (Lent: Romantic Love, S. 322). Das Konzept der fun morality geht auf die Soziologin Martha Wolfenstein zurück: Martha Wolfenstein: »The Emergence of Fun Morality«, in: Eric Larrabee/Rolf Meyerson (Hg.): Mass Leisure, Glencoe: Free Press 958, S. 93-94. 32 Vgl. Seidman: Romantic Longings, S. 84f. 33 Ebd., S. 85, meine Hervorhebung; vgl. auch S. 94 u. 7. Seidman spricht von einem »sea-change with regard to the place and meaning of sex in marriage« (ebd., S. 78f.). Vor allem sexuelle Inkompatibilität der Ehepartner – so die liberalen Reformer – sei für die Krise der Ehe verantwortlich. Ehepaare werden in Eheratgebern angehalten, sexuelle Fähigkeiten und Techniken zu erlernen; »guter Sex«, gegenseitige sexuelle Befriedigung wird zur neuen Norm erhoben. Vgl. etwa William Robinson: Woman. Her Sex and Love Life, New York: Eugenics 7929 [97]; Robert L. Dickinson: »The Physical Aspects of Marriage«, in: The World Tomorrow 6/4 (April 923), S. 6f.; Margaret Sanger: Happiness in Marriage, New York: Brentano’s 926; Ernest R. Groves: »Note on Sex Incompatibility and
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des Production Codes zur selben Zeit eine gegenläufige Bewegung: die Desexualisierung des Dargestellten.34 (Erst in den 50er Jahren ziehen die Filme in dieser Hinsicht nach.) Die häufigen Slapstick-Einlagen und der verbale Schlagabtausch, der für die Screwball Comedies topisch ist, lassen sich als Reaktion auf diese Desexualisierung der Filme vor dem Hintergrund eines sexualisierten und erotisierten gesellschaftlichen Diskurses über die Ehe verstehen. »Bodily contact« und »sexual play«, wie in den Ehehandbüchern verordnet,35 werden zu physical comedy und word play verschoben. Am Ende dieser Filme steht dann meist die erneute Heirat, die als Companionate Marriage jetzt unter einem besseren Stern steht. Im Screwball-Zyklus findet das gegensätzliche Paar nicht – wie sonst in der Romantic Comedy – auf Grund der unwiderstehlichen Zugkraft der true love zueinander, allein weil es vom Schicksal füreinander bestimmt ist. Vielmehr werden die Probleme durch Wortgefechte und das Entdecken von Gemeinsamkeiten entsprechend des neuen Partnerschaftsmodells ausgekämpft und anscheinend gelöst.36 Screwball Comedies – so könnte man behaupten –, vor allem solche, die sich als Comedies of Remarriage bezeichnen lassen, fungieren als filmische Entsprechungen der populären Beziehungs- und Eheratgeber, etwa »Live with a Man and Love It!« oder »How to Win and Hold a
Marriage Failure«, in: Social Forces 0 (93/932), S. 404; Robert L. Dickinson/Lura Beam: A Thousand Marriages. A Medical Study of Sex Adjustment, Baltimore: Williams & Wilkins 932; Isabel E. Hutton: The Sex Technique in Marriage, New York: Emerson 932; Rachelle S. Yarros: Modern Women and Sex. A Feminist Physician Speaks, New York: Vanguard 933. Ich zitiere zeitgenössische Ratgeber- und Forschungsliteratur zu Ehe und Partnerschaft hier und im Folgenden nicht als »Sozialreportagen«, die vorherrschende Praktiken und Meinungen widerspiegeln. Ratgeberliteratur schreibt gesellschaftliche Werte und Normen oft eher vor, als dass sie sie beschreibt. Vielmehr ist die große Zahl und die Popularität von Ehe- und Sexratgebern Ausdruck einer zeitgenössischen Besorgnis um die Institution Ehe und das Verhältnis der Geschlechter. Vgl. hierzu auch Seidman: Romantic Longings, S. 5f. u. S. 74: »These advice texts are not only indicative of changing codes of intimacy; they were a key social force in making change. Liberal reformers saw themselves as simply describing the evolution of intimate codes. In fact, they were contributing to their very formation.« Für eine detaillierte Diskussion der Ehehandbücher vgl. ebd., S. 7490. 34 Vgl. Pardos: Addicted to Fun, S. 58. Vgl. hierzu auch »Der Production Code und die Entstehung der Screwball Comedy«, in diesem Band. 35 Seidman: Romantic Longings, S. 85. 36 Vgl. hierzu auch Richard Dyer: »Straight Acting« [990], in: ders.: Matter of Images, S. 33-36, hier S. 34f.
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Husband«,37 die ihrem Publikum zeigen, wie man als Paar (selbst erzeugte) Hindernisse gemeinsam meistert, Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg räumt und am Ende (wieder) in den Hafen der Ehe einläuft.38 »What’ll people say? Roger Dodacker, who writes books on success, couldn’t make a success of his own engagement«, klagt Dodacker gegenüber seiner Schwester in WEDDING PRESENT, nachdem seine Verlobte ihm in letzter Minute den Laufpass gegeben hat. »If you’ll put as much technique into your courtship as you put into your books, you will be successful«, tröstet sie. Das Führen einer erfolgreichen Partnerschaft – so suggerieren diese Filme – ist etwas, das sich lernen lässt; und dieses »Einüben« wird in den Filmen oftmals ganz wörtlich genommen:39 In THE RICHEST GIRL IN THE WORLD (934), LIBELED LADY (936), THE AWFUL TRUTH, MY FAVORITE WIFE und THE PALM BEACH STORY bringen Rollenspiele und die Übernahme falscher Identitäten die Protagonisten einander näher. Oft muss das Liebespaar der äußeren Umstände wegen vorgeben, verheiratet zu sein, eine Art Generalprobe des Ehelebens (z.B. in IT HAPPENED ONE NIGHT und MIDNIGHT, 939); oder das Ehepaar, das die Scheidung eingereicht hat, ist gezwungen, Zeit miteinander zu verbringen, und erhält so eine zweite Chance (MY FAVORITE WIFE, HIS GIRL FRIDAY, MR. AND MRS. SMITH). Häufig wird die Scheidung von der Frau eingereicht, damit sie die Ehe mit einem anderen Mann eingehen kann. Für den (Ex-)Ehemann dieser Comedies gilt es, seine Frau daran zu hindern, indem er ihr beweist, dass er der bessere Partner für sie ist (dies ist etwa der Fall in I LOVE YOU AGAIN, 940; THAT UNCERTAIN FEELING, 94; AFFECTIONATELY YOURS, 94; THE FEMININE TOUCH, 94); eine Konstellation, in der fast immer der (Ex-)Ehemann gewinnt, auch wenn die Entscheidung häufig erst in letzter Minute, am Altar oder auf dem Standesamt zu seinen Gunsten ausfällt. Doch die Screwball Comedies operieren mit einem doppelten Boden, schreiben eine Parallelgeschichte, die dieses Eheratgeber-Narrativ unterläuft und konterkariert. Die »wahren« Companionate Marriages sind in Filmen wie IT HAPPENED ONE NIGHT, THE AWFUL TRUTH, BRINGING UP BABY und THE EX-MRS. BRADFORD »wilde« Ehen, die vor der Heirat 37 Ratgeberliteratur dieser Art ist in den 30er Jahren populär, vgl. Anne B. Fisher: Live with a Man and Love It! The Gentle Art of Staying Happily Married, New York: Dodd, Mead & Co. 937; dies.: Brides Are Like New Shoes, New York: Dodd, Mead & Co. 938; Dorothy Dix: How to Win and Hold a Husband, New York: Doubleday Doran & Company 939. 38 Vgl. hierzu etwa Cavell: Pursuits of Happiness, S. 9 u. 23; Gilmour: Different, S. 29. 39 Vgl. Lent: Romantic Love, S. 323; Gilmour: Different, S. 32-34; Pardos: Addicted to Fun.
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oder nach der Scheidung stattfinden. Geschlossen werden sie nicht durch die Hochzeitszeremonie, sondern durch das gemeinsame Bestehen von Abenteuern, durch gemeinsamen Spaß, durch Maskerade- und Rollenspiele, kurz: durch die Performance der love companionship.40 WEDDING PRESENT etwa beginnt mit einer geplatzten Hochzeit: Die eidesstattliche Erklärung, die Charly in WEDDING PRESENT im »Marriage Licence Bureau« auszufüllen hat, lautet: »Said applicants state that they are not idiots or insane.« Charly macht daraus: »Said applicants state that they are not idiots or and insane.« »This is no place for clowning«, rügt der Beamte. Auch Charlys Braut Rusty (Joan Bennett), wie er Zeitungsreporter, ist angesichts solcher Respektlosigkeit empört und beschließt, Charly nicht zu heiraten. Sie verlobt sich mit dem Ratgeberautor Roger Dodacker. Der Film scheint zu suggerieren, dass Charly erwachsen werden und den Ernst des Lebens erkennen muss, um Rusty wiederzubekommen. Diese Erwartungshaltung wird jedoch nur aufgebaut, um sie zu unterlaufen und zu karikieren. So gewinnt Charly Rustys Zuneigung nicht dadurch zurück, dass er ein strenger und pflichtbewusster Zeitungsherausgeber wird, sondern durch sein »Hochzeitsgeschenk«: Als Hommage an ihren Reporterinstinkt bestellt er – indem er wiederholt Feueralarm auslöst – eine Hundertschaft der Feuerwehr und Polizei sowie zahlreiche Krankenwagen vor ihr Haus. Rusty erkennt, dass sie nur zusammen mit dem chaotischen, immer zu Streichen aufgelegten Charly und nicht mit dem ernsten und manierlichen Roger Dodacker glücklich werden kann. Charly und Rusty, sie noch im Brautkleid, entkommen der Polizei am Ende des Films – unverheiratet und lachend – auf dem Dach eines Krankenwagens. Die letzte Einstellung des Films zeigt die Aufschrift auf der Rückseite des Wagens: »Hillview Mental Hospital«. Die Filme arbeiten mit der Diskrepanz zwischen the telling of the story vs. the story told.4 Die erzählte Geschichte in diesen Filmen ist häufig die eines Paares, das sich trennt, weil es einem ausgedienten Verständnis von Ehe verhaftet ist. Sobald Mann und Frau gelernt haben, nach dem neuen partnerschaftlichen Modell miteinander umzugehen, steht ihrer Wiedervereinigung nichts mehr im Wege. Das Erzählen hingegen macht sehr deutlich, wieviel Spaß es macht, in Trennung zu leben und wie gut es der Liebe bekommt. Während die Langeweile und Routine des Ehelebens42 die Protagonisten offenbar zu Seitensprüngen bewe40 Vgl. auch Lent: Romantic Love, S. 325. 4 Vgl. hierzu Dana Polan: »The Felicity of Ideology. Speech Acts and the ›Happy Ending‹ in American Films of the 940s«, in: Iris 3 (985), S. 3645, hier S. 37. 42 Zur Ehe als Ritual und Routine vgl. z.B. LOVE CRAZY: Susan und Stephen Ireland vollziehen an jedem Hochzeitstag das gleiche Ritual: Sie wiederho-
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gen, ist die Beziehung des Paares während der Trennungsphasen von sexueller Spannung gekennzeichnet, die sich wegen des Production Codes oft in körperlichen Slapstickeinlagen und Stakkatodialogen entlädt. Spannend ist die illegitime Beziehung, das (mentale) Betrügen der neuen Partner mit den alten – und zwar dann, wenn die Scheidung bereits vollzogen ist oder zumindest in Aussicht steht. Diskreditiert wird in diesen Filmen nicht die Kompatibilität des Paares, sondern die Institution der Ehe, die das Glück der Liebenden durch die ihr eigenen Routinen und Konventionen sabotiert. »Screwball comedies play with a funny contradiction«, fasst Ed Sikov zusammen: They tantalize us with sumptuous romantic ideals even while they horrify us with the farce lurking underneath. Old Hollywood’s reputation for ceaselessly hyping marital bliss is thoroughly undeserved as far as the screwball era is concerned. In screwballs, unmarried people are put through a sort of courtship by ordeal. The ability to have sex – legal, off-screen, code-sanctioned sex – is the implicit but ultimate goal. But what makes the genre strange, what gives it lasting punch, is that the ordeal continues for married people as well. One could even say that in screwball people’s lives deteriorate terribly under the strain of conjugal love.43
Happily Ever After? I’ve been to the movies. I saw a very long picture about a dog, the moral of which was that a dog is a man’s best friend, and a companion feature which questioned the necessity of marriage for eight reels and then concluded it was essential in the ninth. — Sir Alfred in UNFAITHFULLY YOURS (USA 948)
Screwball Comedies verfolgen über eineinhalb Stunden lang die Kämpfe, die das unkonventionelle Paar (nicht nur verbal) untereinander austrägt – oft, um dann innerhalb von Minuten eine 80-Grad-Wendung zu vollziehen, die die beiden Antagonisten wieder vereint (und vor den Standesbeamten bringt). Viele Kritiker lesen diese happy endings als Bestätigung der patriarchalen Institution Ehe und bezeichnen Screwball Comedies deswegen als implizit konservativ: »[T]hey mystify marriage by portraylen und reinszenieren den Tag ihrer Hochzeit bis ins kleinste Detail. Wie sehr dieses Ritual in ihrer Beziehung gender-konstituierend wirkt, wie sehr Gender auf die Wiederholung angewiesen ist, zeigt sich daran, dass Stephen zum Cross-Dresser wird, sich in seine Tante verwandelt, sobald das Ritual nicht stattfindet. 43 Sikov: Screwball, S. 32.
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ing it as the goal – not the end – of romance. The major cultural work of these films is […] the affirmation of marriage in the face of the threat of a growing divorce rate and liberalized divorce laws«,44 urteilt etwa David Shumway. Shumway argumentiert, dass die Vereinigung und vor allem die Hochzeit des Paares am Ende alle desillusionierenden Einsichten bezüglich der Institution Ehe eliminiere, die der Film in seinem Verlauf möglicherweise evoziert habe: All comic endings are resolutions, but the screwball comedies […] typically end with a complete reversal for which no plausible explanation is offered. […] The ending leaves the couple isolated in their own bliss; the troubles of the temporary partners they jettison, never troubles them or us. […] [T]here is no possibility of post coitum triste, but rather the explicit denial of the temporality of satisfaction. It is in this illusory eternity that marriage is rendered mystical, in spite of whichever of its realities the film has indulged in earlier.45
Es ist zutreffend, dass vor allem die Comedies of Remarriage der 30er Jahre intensiv mit der Institution Ehe befasst sind, doch anstelle der Eheschließung popularisieren, propagieren und mystifizieren sie vielmehr die Ehescheidung, die in diesen Filmen allgegenwärtig und leicht zu erhalten ist. Wenn, wie Roderick Phillips vermutet, die wachsende Zahl geschiedener Männer und Frauen in der Bevölkerung seit den 920er Jahren zu einer Familiarisierung des Phänomens beigetragen und so auf längere Sicht weitere Scheidungen nach sich gezogen hat, wirkt auch die fortwährende filmische Thematisierung dahingehend, Scheidung gesellschaftsfähig zu machen: »If this familiarity and personal contact undermined, rather than reinforced the notion that divorced men and women were depraved creatures devoid of morals and social decency, then the result would have been to raise tolerance of divorce.«46 Zwar stehen die Stars der Screwball Comedy nicht in persönlichem Kontakt mit ihrem Publikum; ihre filmischen Hochzeits- und Scheidungseskapaden erreichen jedoch in den 30er Jahren jede Woche Millionen Zuschauer. Hinzu kommt die Überblendung von screen persona und star persona, also von den im Film verkörperten Rollen und dem von häufigem Partnerwechsel geprägten Privatleben der Stars: Auch wenn Filmstars bekanntlich in der 44 Shumway: Screwball Comedies, S. 38. Vgl. auch Krutnik/Neale: Popular Film and Television Comedy, S. 54: »The ›screwball‹ comedy serves in general as a vehicle for resetting the positions of sexual-economic order«; Bergman: We’re in the Money, S. 37f.; Gehring: Screwball Comedy, S. 54f. 45 Shumway: Screwball Comedies, S. 392f. 46 Phillips: Putting Asunder, S. 67.
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Führung ihrer privaten Beziehungen mehr Freiheit zugestanden wird als Privatpersonen, so wird dieses Privatleben doch mit großem öffentlichen Interesse verfolgt, diskutiert und möglicherweise zum Vorbild genommen.47 Kathrina Glitre hat darauf hingewiesen, dass viele Kritiker wie Shumway den Fehlschluss begehen, die heterosexuelle Union am Ende der Filme mit Heirat/Ehe gleichzusetzen. In BRINGING UP BABY und HOLIDAY (938) wird Heirat am Schluss beispielsweise nicht erwähnt, in IT HAPPENED ONE NIGHT bleibt offen, ob Ellie und Peter geheiratet haben, gezeigt wird es nicht, und die Frau des Autocamp-Managers meldet berechtigte Zweifel an: Die beiden seien einfach zu glücklich miteinander.48 In HIS GIRL FRIDAY planen Hildy und Walter zwar, erneut zu heiraten, dann machen sie sich aber Hals über Kopf auf den Weg nach Albany, um über einen Arbeiterstreik zu berichten – von Hochzeit ist erst einmal nicht mehr die Rede (von Flitterwochen allerdings sehr wohl). Zudem ist die Wiedervereinigung des Paares am Ende des Films eine heikle Angelegenheit, wie Jim Leach hervorgehoben hat: »The anarchy that is unleashed by the screwball characters is usually dispelled by the union or reunion of the couple, but the balance is precarious at best and does little to counter the effect of the irrational forces aroused in the body of the film.«49 Die Frage, was der Ausgang eines Films für dessen Lektüre bedeutet, ist von der feministischen Filmwissenschaft vor allem im Hinblick auf den Film Noir diskutiert worden, der mit der Bestrafung, oft auch mit dem Tod der machtvollen Femme fatale endet. Auch hier scheint das Ende des Films die in seinem Verlauf teilweise suspendierten Regeln und Konventionen des Classical Hollywood Cinema bezüglich der Darstellung von Frauen zu reaffirmieren. Gleichzeitig wird den Zuschauern aber 47 Erwähnt seien hier etwa die Scheidungen von Carole Lombard und William Powell, Margaret Sullavan und Henry Fonda sowie vor allem die Hochzeit von Mary Pickford und Douglas Fairbanks. Letztere ließen sich 920 von ihren jeweiligen Ehepartnern scheiden, um einander zu heiraten, was zunächst einen Skandal auslöste, dann aber schnell akzeptiert wurde und dem Erfolg beider Stars keinen Abbruch tat. Die Ehe von Pickford und Fairbanks, die im Übrigen erneut in Scheidung und remarriage endete, wurde während ihrer Dauer als »most successful and famous marriage the world has ever known« gefeiert (Adela Rogers St. Johns: »The Married Life of Doug and Mary«, in: Photoplay [Februar 927], S. 34 u. 34-36). May beobachtet eine wechselseitige Beeinflussung der Vorstellungen und Darstellungen der Institution Ehe in Hollywoodkino und Hollywood-Stadt (resp. in Los Angeles) (May: Great Expectations, S. 60, 75 u. 77). 48 Vgl. Glitre: The Same, But Different, S. 4 u. 6. 49 Leach: The Screwball Comedy, S. 8.
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fast zwei Stunden lang eine aktive, selbstbewusste, sexuell unabhängige Frau präsentiert: »It is not their inevitable demise we remember but rather their strong, dangerous and above all, exciting sexuality«, schreibt Janey Place zu Recht über die Protagonistinnen des Film Noir.50 Ohnehin ist es problematisch, einen Film allein von seinem Ende her zu lesen, so Tag Gallagher: [I]t is never sufficiently acknowledged to what degree the much-maligned Hollywood »happy ending« during the whole Depression era, but markedly during the 939-94 years, is tacked onto narrative structures whose abysmally despairing logic the happy endings arbitrarily contradict. […] [B]y giving audiences tacked-on happy endings, producers provided formal satisfaction plus a telling interaction between form and message […]. In short, Stagecoach’s vision is not optimistic merely because it has a sort of happy end tacked on.5
Auch Screwball Comedies zeigen – in Analogie zu den Funktionsweisen des Film Noir – fast über ihre gesamte Dauer, wie viel Spaß es macht, nicht verheiratet zu sein, getrennt, geschieden, verfeindet zu sein. Das gilt auch für solche Filme, die mit Hochzeitszeremonien beginnen und enden und die damit den Eindruck einer konservativen »Rahmung« vermitteln mögen. Der fun dieser Filme – auch für die Zuschauer – liegt präzise zwischen den Ehen. Nicht dass (und ob) das Paar heiratet, ist also bemerkenswert, sondern was vor und zwischen den Hochzeiten (und nach den Scheidungen) passiert.52 Zumal das plötzliche Umschwenken 50 Janey Place: »Women in Film Noir«, in: E. Ann Kaplan (Hg.): Women in Film Noir, London: British Film Institute 980, überarb. Ausgabe, S. 3567, hier: S. 37. 5 Tag Gallagher: »Shoot-Out at the Genre Corral. Problems in the ›Evolution‹ of the Western«, in: Grant: Film Genre Reader II, S. 246-260, hier S. 254f. Im Gegensatz zum Film Noir, zum Melodrama- oder Westerngenre sind Romantic Comedies happy endings qua Genrekonvention eingeschrieben. Bezüglich des subversiven Potenzials von Comedy gibt es zwei gegenläufige Meinungen. Im Anschluss an Bachtin wird häufig davon ausgegangen, dass Comedies herrschende Autoritäten und Normen durch die Topoi der verkehrten Welt und des Rollenwechsels unterlaufen. Von anderer Seite ist hingegen argumentiert worden, dass diese Derivationen von der Norm, die Transgressionen teil der Genrekonventionen seien und damit lizensierter und integraler Bestandteil von Komödien. Die Normen, die transgrediert würden, würden eben zuallererst einmal als Normen anerkannt. Es lässt sich wohl keines von beiden, weder die Affirmation/Reetablierung noch die Subversion geltender Normen und Institutionen, ausschließen. Vgl. hierzu Neale: Genre and Hollywood, S. 7. 52 Oft lassen die Filme zudem prekäre Fragen unbeantwortet: So wird in THE
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der beiden Liebespartner, anders als in der Romantic Comedy gängig, eben nicht durch »romantische Liebe« als dea ex machina zu erklären ist. Denn dieses Konzept der romantischen Liebe, das einen Erklärungskontext für solch ein Umschwenken jenseits der narrativen Logik bereitstellen würde, haben die Screwball Comedies ja während ihres Verlaufs gerade dekonstruiert, destabilisiert und verlacht. Die hastigen und überstürzten Hochzeiten sind ganz offensichtlich dem Sex-Drive geschuldet, sind begründet im gesellschaftlichen Verbot außerehelichen Geschlechtsverkehrs.53 Die Eheschließung wird in diesen Filmen so zur Chiffre für Sex. Statt die Ehrwürdigkeit der Institution in Zeiten der Krise hochzuhalten, zeigt die Unüberlegtheit, mit der die Liebespaare in den Screwball Comedies zum Standesamt, zum Scheidungsrichter und dann wieder zum Standesamt laufen, die Spontanität, mit der sich vor allem die »runaway bride«54 in allerletzter Minute noch um- und für einen anderen Mann entscheidet, die Institution Ehe als das, was sie zu diesem Zeitpunkt für viele Amerikaner und Europäer darstellt: eine höchst unbeständige und temporäre Angelegenheit. Die hastigen und wenig feierlichen Zeremonien,55 häufig in Abwesenheit der Familienangehörigen,56 kennzeichnen diese Szenen als Zugeständnis an den Hays Code, als Konvention, die erfüllt, aber nicht romantisiert wird. So befindet auch Kathrina Glitre: It would be literally impossible for a 930s’ Hollywood film, made under the moral guardianship of the Production Code and the Legion of Decency, to explicitly reject marriage as the framework for a heterosexual relationship; but this does not necessarily mean that the film endorses that framework. The awful truth for screwball comedy is that there is no alternative to matrimony.57
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AWFUL TRUTH zwischen Jerry und Lucy bis zum Ende des Films nicht zweifelsfrei geklärt, ob der jeweils andere nun fremdgegangen ist oder nicht. Vgl. auch Krutnik/Neale: Popular Film and Television Comedy, S. 58. Sex ist selbst in den Handbüchern der liberalen Reformer nur in der Ehe denkbar. Vgl. Seidman: Romantic Longings, S. 89. Vgl. hierzu Kendall: Runaway Bride. IT HAPPENED ONE NIGHT inszeniert zwar eine groß angelegte, feierliche Hochzeit, die Braut rennt jedoch kurz vor der Eheschließung auf und davon, um Peter Warns (Clark Gable) zu heiraten. Diese zweite Eheschließung wird dann im Film nicht mehr gezeigt. Allerdings steht in diesen Filmen, die ja das Modell der Companionate Marriage verhandeln, das Liebespaar im Mittelpunkt, die Heirat wird dementsprechend als Privatsache des Paares präsentiert. Glitre: The Same, But Different, S. 5; vgl. auch Krutnik/Neale: Popular Film and Television Comedy, S. 56. Die »schreckliche Wahrheit« für Filmzensoren und Moralisten ist, dass es den Filmen trotzdem gelingt, Liebe ohne Trauschein als erstrebenswert darzustellen.
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Einen ironischen Kommentar zu dieser erzwungenen Konventionserfüllung liefert die Comedy of Remarriage THE EX-MRS. BRADFORD.58 Hier heiraten die geschiedenen Eheleute Lawrence (William Powell) und Paula Bradford (Jean Arthur) am Ende des Films, buchstäblich in letzter Minute, erneut, und zwar mit Hilfe eines Standesbeamten, der von einer Filmleinwand in ihrem Wohnzimmer zu ihnen spricht.59 Diese medienreflexive Eheschließung, die weder die Auflage der angemessenen Umstände noch die der Anwesenheit aller an der Zeremonie beteiligten Personen erfüllt (jene Auflagen drücken sich z.B. in der Formel »We are gathered here today« aus), ist der Sprechakttheorie John L. Austins zufolge ein Paradebeispiel des misslingenden, nicht-bindenden Sprechaktes.60 Die Blitzhochzeit, die diese Screwball Comedy beschließt, ist also noch nicht einmal gültig. 58 Vgl. hierzu auch Preston Sturges’ späte Screwball Comedy THE PALM BEACH STORY, die den Happy-Ending-Topos des Genres ad absurdum führt: Der Film beginnt mit Gerry und Tom Jeffers’ Hochzeit. Nach der Zeremonie zieht sich die Kamera vom Geschehen zurück, es erscheint der Schriftzug: »And they lived happily ever after.« Gefolgt von: »Or did they?« Die Handlung setzt erst einige Jahre später wieder ein, als die Ehe bereits vor ihrem Ende steht (die Ehe wird also wie so oft in der Screwball Comedy ausgespart): Gerry will sich von Tom, einem glück- und erfolglosen Erfinder, scheiden lassen, um einen Millionär zu heiraten. Der Film endet mit einer Triple-Hochzeit: Neben Tom und Gerry (die im Übrigen noch gar nicht geschieden sind), heiratet Gerrys Millionär John D. Hackensacker III ihre Zwillingsschwester, seine Schwester Princess heiratet wiederum Toms Zwillingsbruder. Wie zu erwarten zieht sich die Kamera vom Geschehen zurück und es erscheinen die gleichen Schriftzüge wie zuvor: »And they lived happily ever after.« »Or did they?« Die Nichterfüllung der Genrevorgabe »Happy End« erfolgt hier durch ihre Übererfüllung. Vgl. Krutnik/Neale: Popular Film and Television Comedy, S. 56. 59 Vgl. auch FATHER GOOSE (964) mit Cary Grant und Leslie Caron: Hier wird über Funk geheiratet. 60 »[T]he particular persons and circumstances in a given case must be appropriate for the invocation of the particular procedure invoked« (Austin: How to Do Things with Words, S. 5-8). Vgl. hierzu auch meinen Aufsatz »Let’s Do It (Again). J.L. Austin und Hollywoods Comedy of Remarriage«, in: Svenja Flaßpöhler/Tobias Rausch/Christina Wald (Hg.): Kippfiguren der Wiederholung: Interdisziplinäre Untersuchungen zur Figur der Wiederholung in Literatur, Kunst und Wissenschaften, Berlin u.a.: Lang 2007 sowie Dana Polan: »The Light Side of Genius. Hitchcock’s Mr. and Mrs. Smith in the Screwball Tradition«, in: Andrew Horton (Hg.): Comedy/Cinema/Theory, Berkeley/Los Angeles: University of California Press 99, S. 3-52, hier S. 48. Ungültige oder misslingende Hochzeitszeremonien – darauf hat neben Shoshana Felman vor allem Eve Kosofsky Sedgwick hingewiesen – nehmen in der Sprechakttheorie Austins eine zentrale Stellung ein. Die bei einer Hochzeit von den Brautleuten gesprochene Formel »I do« ist in
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Geht man mit Judith Butler davon aus, dass Männlichkeit und Weiblichkeit durch die Wiederholung performativer Akte, durch Kleidung, Gestik, Mimik, Sprache (z.B. durch den bei der Hochzeit obligatorischen Sprechakt: »I do«) konstituiert werden,6 so ist die Eheschließung ein performativer Akt, der in höchstem Maße gender-konstituierend wirkt, schließlich heißt es: »Hiermit erkläre ich Euch zu Mann und Frau.« Die Szene setzt diese auf Performativität und Performance, Ritual und Wiederholung basierende Herstellung von Geschlecht selbstreflexiv um. Auseinanderdividiert und kenntlich gemacht sind hier all jene Elemente, mit Hilfe derer Gender in der Screwball Comedy hergestellt wird: Ehe/Partnerschaftsdiskurse (hier versinnbildlicht in der Hochzeitszeremonie), das Medium Film und seine Fiktion der Gegenwärtigkeit (der auf Film aufgezeichnete Standesbeamte, der von der Leinwand zum Ehepaar spricht) und das in der Screwball Comedy zentrale Konzept des role-play und der Performance. Die Leinwand im Wohnzimmer der Bradfords bewirkt einen Bruch der filmischen Fiktion, bringt die Kinoleinwand ins Spiel, auf der dieses Wohnzimmer zu sehen ist. Die Eheschließung ist damit als Performance, die Brautleute sind als Schauspieler gekennzeichnet. Die Hochzeitsperformance in THE EX-MRS. BRADFORD verweist auf die Theatralität und Performativität jeder Hochzeitszeremonie, das doing gender im Film verweist also auf das doing gender jenseits der Leinwand. Die auf Film gespeicherte Hochzeitszeremonie ist durch die hauseigene Projektionsvorrichtung immer wieder abspielbar, wiederholbar, die Bradfords können sich also nach Belieben scheiden lassen und neu heiraten. Das happy ending in der Comedy of Remarriage ist eben kein Ende, sondern höchstens ein Waffenstillstand im nie endenden Kampf der Geschlechter. Selbst wenn das Paar am Schluss wieder verheiratet ist, weiß das Publikum, dass die Ehe nicht von langer Dauer sein wird; die nächste Scheidung steht schon in Aussicht. Streiten ist in diesen Filmen
»How to Do Things with Words« Austins primäres Beispiel eines performativen Sprechaktes, also eines Sprechaktes, der das, was er auszudrücken scheint, erst vollzieht. Im Gegensatz zu konstativen Aussagen sind performative ußerungen nicht wahr oder falsch, sondern gelungen oder misslungen, »happy« oder »unhappy«, wie Austin es nennt (Austin: How to Do Things with Words, S. 4). Ist das Eheversprechen Austins erstes und häufigstes Beispiel, so verbringt er die meiste Zeit damit, zu zeigen, was beim Heiraten schief gehen kann. Vgl. Felman: The Scandal of the Speaking Body; Eve Kosofsky Sedgwick: »Queer Performativity: Henry James’s The Art of the Novel«, in: GLQ . (993), S. -6; Parker/Sedgwick: Performativity and Performance, S. -8. 6 Vgl. »Der Performative Turn in den Gender Studies«, in diesem Band.
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viel zu schön, um lange dem trauten Miteinander Platz zu machen.62 Pessimistisch sind die Screwball Comedies nicht Liebe und Zweisamkeit gegenüber, sondern der Institution Ehe.63 Shumways Kritik, die Filme verleugneten explizit die »temporality of satisfaction«, lässt sich entgegenhalten, dass ja schon das Konzept der remarriage darauf verweist, dass das Glück nicht von Dauer sein wird, dass sich von einem happily ever after keinesfalls sprechen lässt. So konstatiert auch Dana Polan: The green place to which the quarrelers voyage to transform anger into admiration may seem to promise a rendering eternal of the couple’s love, but it is always easy to be reminded that nothing is eternal. The very insistence on remarriage that Stanley Cavell finds so central to the screwball comedy can serve as a mark for the arbitrariness of any marriage: there can always be a fall from perfection that requires the whole process to start all over again […]. And the ending in love is always exceeded by other endings or other narratives that go beyond the seeming eternity of the film’s end titles. Most immediately, the end of the film usually coincides with the beginning of the remarriage, inviting one to imagine later moments, later transformations […].64
Ist ein Ende dadurch definiert, so Shoshana Felman, dass es sich nicht wiederholen lässt,65 so verzichtet die Comedy of Remarriage MY FAVORITE WIFE konsequenterweise darauf, sich selbst ein Ende zu setzen. Hier heißt es am Schluss also nicht »THE END«, sondern »Good Night«. Es wird alles wieder so passieren, verkündet dieser Abspann. Statt »Till death do us part« wird hier die Aussicht auf den ewig wiederkehrenden Wechsel von Tag und Nacht eröffnet – oder, in der Comedy of Remarriage, die Aussicht auf den ewig wiederkehrenden Wechsel von Heirat und Scheidung.
62 »In the world of screwball comedy, there is one primary axiom: Hatred is no reason to give up on a relationship. Just because two people seem to despise each other doesn’t mean they’re not in love. […] If a man and a woman seem to like each other in the first reel, they are inevitably doomed. If, on the other hand, they respond to each other with a quick and overpowering sense of disgust, chances are that they will eventually find themselves caught up in the ceaseless bliss of an ongoing war without which they would never live happily ever after« (Sikov: Screwball, S. 5f.). 63 Vgl. Cavell: Pursuits of Happiness, S. 86. 64 Polan: The Light Side of Genius, S. 37. 65 »The end is generally that which by definition cannot repeat itself«, schreibt Felman in ihrer Lektüre von John L. Austins »How to Do Things with Words« (Felman: The Scandal of the Speaking Body, S. 35).
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Marriage Is a Beautiful Thing. THE AWFUL TRUTH über Ehe und Scheidung Auch die Screwball Comedy THE AWFUL TRUTH beginnt mit dem »Ende« einer Ehe. Jerry Warriner (Cary Grant) kehrt morgens von einer zweiwöchigen Floridareise nach Hause zurück. Er bringt einige Freunde für ein zweites Frühstück mit und so ist die Peinlichkeit groß, als er feststellen muss, dass seine Frau Lucy (Irene Dunne) ihn nicht sehnsüchtig erwartet, sondern offensichtlich die ganze Nacht nicht nach Hause gekommen ist. Sie erscheint kurze Zeit später in Abendkleidung – und in Begleitung ihres Gesangslehrers, des Franzosen Armand Duvalle. Sind Lucys Erklärungen für ihr nächtliches Ausbleiben fadenscheinig, so stellt sich bald heraus, dass auch Jerry seine Reise nur vorgetäuscht, New York offensichtlich gar nicht verlassen hat. Das Ehepaar Warriner unterstellt sich gegenseitig Ehebruch und beschließt, die Scheidung einzureichen. Der Film verfolgt den Gang zum Gericht, den Sorgerechtsstreit um den gemeinsamen Foxterrier Mr. Smith, die Verlobung beider mit neuen Partnern – Lucy macht die Bekanntschaft des Ölmillionärs Dan Leeson, Jerry lernt die reiche Erbin Barbara Vance kennen – und die jeweiligen Bemühungen der beiden Protagonisten, die neue Beziehung des anderen zu untergraben. Kurz vor Schluss des Films, fünfzehn Minuten bevor ihre Scheidung rechtskräftig wird, sind Lucy und Jerry wieder vereint. Am Ende ist das Ehepaar Warriner also wieder da, wo es am Anfang war – jedenfalls beinahe: Direkt vor der (körperlichen) Wiedervereinigung blendet die Kamera ab und auf den Abspann über. Ehe und Scheidung werden in THE AWFUL TRUTH, typisch für eine Comedy of Remarriage, als Kreislauf inszeniert, der sich beständig wiederholt. Diese Wiederholungsfigur wirkt sich auf die gesamte narrative Struktur des Films aus. »Marriage is a beautiful thing« wiederholt der Anwalt der Warriners in einem Telefongespräch mit Lucy immer wieder, als spräche er mit einem Kind, um sie von der Scheidung abzubringen. Die Aussage gewinnt durch die Tatsache zunehmend an Komik, dass seine Ehefrau ihn aus dem Hintergrund, ebenfalls wiederholt, auffordert, das Gespräch abzubrechen und zum Essen zu kommen, woraufhin er ihr jedesmal, zunehmend aggressiv, über den Mund fährt. ANWALT: (ins Telefon) Hello? Hello, Lucy. What’s that? Divorce? You and Jerry? Now, now, Lucy, don’t do anything in haste that you might regret later. Marriage is a beautiful thing, and you should give it every – EHEFRAU: (unterbricht ihn) Why can’t they call you back after we’ve finished eating?
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ANWALT: (zu seiner Frau) Please be quiet, will you? (beschwichtigend ins Telefon) You seem agitated, Lucy. Try and calm yourself. I’d hate to see you take any hasty action in a matter like this. Marriage is a beautiful thing and – EHEFRAU: (mit Nachdruck) Why don’t you finish your meal? Why can’t they call you back later? ANWALT: (streng) Will you shut your mouth? (ruhig, ins Telefon) As I was saying, Lucy, marriage is a beautiful thing. And when you’ve been married as long as I have, you’ll appreciate it, too. EHEFRAU: (gereizt) Your food is getting ice cold. You’re always complaining about your food. How do you expect me – ANWALT: (unterbricht sie wütend) Will you shut your big mouth! I’ll eat when I get good and ready and if you don’t like it you know what you can do! So – shut up! (freundlich, ins Telefon) Lucy, darling, marriage is a beautiful thing …
Der performative Widerspruch, den diese Szene inszeniert, ist symptomatisch für das Funktionieren der Screwball Comedy: Der Film – um ein bekanntes de Man’sches Begriffspaar zu verwenden – praktiziert nicht das, was er predigt.66 Die Inszenierung der Szene als Ehehölle unterläuft ihre vorgebliche Aussage, die Ehe sei ein Paradies. Kathrina Glitre hat darauf hingewiesen, dass das Erscheinungsbild des Paares und die altmodische Einrichtung ihrer Wohnung eine vergangene ra – und damit das veraltete patriarchale Ehe-Modell – aufrufen: »The Victorian myth of domestic bliss is casually ripped to shreds, even as the voice of authority – the lawyer/patriarch – attempts to reassert its value. Patriarchal authority is undermined further by the fact that Lucy clearly does not take his advice: the next shot is of the chancery court […].«67 Sowohl Lucy als auch Jerry besinnen sich bald eines anderen, können das aber wegen verschiedener Missverständnisse und ihrer neuen Partner nicht ohne Weiteres eingestehen. Als Jerry sich schließlich mit einer anderen Frau verlobt, greift Lucy auf Performance- und Maskeradestrategien zurück, um ihn an der Heirat zu hindern. Um ihn vor seiner reichen Verlobten Barbara Vance und ihrer Familie zu blamieren, gibt sie sich als Jerrys Schwester Lola aus und imitiert die naiv-anzügliche Bühnenperformance der Sängerin Dixie Belle (einer Bekannten Jerrys), »My Dreams Are Gone with the Wind«, die diese zuvor in einem Nachtclub zum Besten gegeben hatte. Jedesmal wenn Dixie Belle die Refrainzeile »My dreams are gone with the wind« sang, wurde ihr Kleid von einer 66 Vgl. Paul de Man: »Semiologie und Rhetorik«, in: ders.: Allegorien des Lesens, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 988, S. 30-5, hier S. 45. 67 Glitre: The Same, But Different, S. 3.
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Windmaschine hochgewirbelt – ähnlich wie später Marylin Monroes Kleid in THE SEVEN YEAR ITCH (955).
Abb. 7-8: Windeffekte I: Dixie Bells »My dreams are gone with the wind.«
Lucy imitiert diese Performance im Haus der Vances – wobei sie allerdings ohne Windmaschine auskommen muss: »The number has some wind effects in it«, teilt sie den konsternierten Vances mit, »but you will just have to use your own imagination about them.« Zugleich gibt sie damit eine Lektüreanweisung für die letzte Filmsequenz in Connecticut: Lucy und Jerry befinden sich im Landhaus von Lucys Tante; ihre Scheidung wird um Mitternacht rechtskräftig. Die beiden liegen in angrenzenden Schlafzimmern, über der Verbindungstür hängt eine Art Kuckucksuhr, die mit Jagdschnitzereien verziert ist und die alle fünfzehn Minuten schlägt. Eine Melodie erklingt, zwei Türchen öffnen sich und ein Mann und eine Frau in Trachtenkleidung treten heraus, drehen sich tanzend um sich selbst und kehren brav jeder hinter seine Tür zurück. So wie sich die Türen der Uhr immer wieder öffnen, so öffnet sich auch die Tür zwischen Jerrys und Lucys Schlafzimmern immer wieder; Grund ist ein starker Windzug, der Jerrys Nachthemd flattern lässt wie Dixie Belles Kleid. Ganz offensichtlich ist auch hier – diesmal allerdings extradiegetisch – eine Windmaschine am Werk. In Verbindung mit solchen wind effects, dazu hat Lucy zuvor aufgefordert, ist die eigene Imagination anzustrengen: Windeffekte sind in THE AWFUL TRUTH »Code« für Sex respektive für ausgesparten Sex. Was die Tür zwischen Jerry und Lucy aufdrückt, ist also nicht wirklich der Wind, sondern das sexuelle Verlangen, das sie füreinander empfinden – dem vor dem Hintergrund der Zensurvorschriften jedoch nicht »nachgegeben« werden darf:68 »You will
68 Zitiert sei hier noch einmal die Vorgabe des Production Codes bezüglich »Scenes of passion«: »Excessive and lustful kissing, lustful embraces, suggestive postures and gestures are not to be shown.« Unter »Locations«
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just have to use your own imagination.« Der Einlass in Lucys Schlafzimmer, das Überschreiten der Türschwelle, zu dem Jerry immer wieder ansetzt, figurieren in diesem Sinne metaphorisch als Penetration.69 Etwas deutlicher wird die awful truth dann aber doch noch ausgesprochen: Jene Uhr, die alle Viertelstunde schlägt, jene beiden Figuren, die buchstäblich wie am Schnürchen aus ihren Türen treten, um mechanisch das immergleiche Ritual, den ewigen Tanz der Geschlechter aufzuführen, verweisen auf die Kreisstruktur des Films und des Ehelebens. Schon die erste Einstellung des Films nach dem Vorspann zeigt eine Uhr – der Film beginnt und endet also mit Symbolen für Kreislauf und Routine. Dass Wiederholung aber auch die Möglichkeit der transgressiven Variation beinhaltet, ein Punkt, der in Butlers Gender-Theorie von zentraler Bedeutung ist, macht die letzte Szene augenzwinkernd deutlich. Als Jerry endlich Einlass in Lucys Zimmer gewährt wird und er die Türschwelle überschreiten darf, schwenkt die Kamera abrupt nach oben ab und nimmt die Uhr an der Wand in den Blick, die eben Viertel vor zwölf schlägt.70 Diesmal kehrt die männliche Figur im Anschluss an den Tanz
heißt es: »The treatment of bedrooms must be governed by good taste and delicacy« (zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 46 u. 463). 69 Spätestens seit Giovanni Boccaccios »Decamerone« (348-353) symbolisieren Häuser oder Zimmer im kulturellen Repertoire den weiblichen Körper (was sich u.a. in der Bezeichnung »Frauenzimmer« ausdrückt); der Eintritt in ein Haus, das Überschreiten der Türschwelle wird häufig mit sexuellem Vollzug gleichgesetzt (was sich u.a. auch in dem Brauch ausdrückt, die Braut nach der Hochzeit über die Schwelle zu tragen). Für die Geschlechtersymbolik im Traum befindet Freud: »Manche Symbole haben mehr Beziehung auf den Mutterleib als auf das Genitale des Weibes, so: Schränke, Öfen und vor allem das Zimmer. Die Zimmersymbolik stößt hier an die Haussymbolik, Türe und Tor werden wiederum zu Symbolen der Genitalöffnung. […] Auch das Offen- oder Verschlossensein des Zimmers fügt sich dieser Symbolik, und der Schlüssel, der öffnet, ist ein sicheres männliches Symbol« (Sigmund Freud: »Die Symbolik im Traum« [96], in: ders.: Studienausgabe, Bd. I: Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Und Neue Folge, S. 59-77, hier S. 65 u. 67). 70 Da das Ziffernblatt nicht deutlich zu erkennen ist, schlägt die Uhr möglicherweise auch Mitternacht. In jedem Fall spielt der Film mit genau dieser Möglichkeit: »The […] tantalizing aspects of acknowledged sexual attraction between an about to be divorced couple [are] played to the hilt, as the mechanical-figurine clock’s hands march[] towards midnight in the hilarious final reel. Reunion before the stroke of twelve [is] legal; afterwards, until an official remarriage [is] signed and sealed, the letter of the law [stands] in the way of revived connubial bliss, yet it was at this crucial time-cusp that the husband crosse[s] the threshold to his eager wife’s boudoir and the narrative abruptly end[s]« (Byrge/Miller: The Screwball Comedy Films, S. 99).
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nicht hinter ihre eigene Tür zurück, sondern folgt der weiblichen hinter ihre. Das Pärchen in der Uhr – die Metapher der Schwellenüberschreitung als sexueller Vollzug geht hier also in die Metonymie über – verweist auf das Paar unter der Uhr. Wenn für Lacan (im Anschluss an Freud) die Verschiebungsleistung der Metonymie als »Mittel des Unbewußten […] am besten geeignet ist, die Zensur zu umgehen«,7 so umgeht auch THE AWFUL TRUTH durch diesen Trick eine – sehr reale – Zensurinstanz: Was der Film wegen des Production Codes nicht zeigen kann, wird durch metonymische Wiederholung mit Variation unzweideutig bekräftigt.
Abb. 9-2: Windeffekte II und Schwellenüberschreitungen
D e sp e r a te H o u s e w i v e s: D i e 5 0 e r J ah r e u n d d e r M y t h o s d e s D o m e s t i c B l i ss Als Wiederholungen mit Variation lassen sich auch die Remakes der Screwball Comedies beschreiben, die ab Mitte der 40er Jahre bis in die frühen 60er in großer Zahl gedreht wurden.72 Der Anstieg der Remake7 Jacques Lacan: »Das Drängen des Buchstabens im Unbewussten oder die Vernunft seit Freud«, in: Schriften II, hg. v. Norbert Haas, Berlin/Weinheim: Quadriga 399, S. 5-55, hier S. 36. 72 Unter anderem: BRIDE BY MISTAKE (944THE RICHEST GIRL IN THE WORLD, 934), MASQUERADE IN MEXICO (945MIDNIGHT, 939), EASY
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produktion zu dieser Zeit ist auf verschiedene gesellschaftliche und filmindustrielle Veränderungen zurückzuführen, die Hollywood vor erhebliche Probleme stellen: Durch die Abschaffung der vertikalen Integration,73 die der Supreme Court 948 wegen Monopolbildung für illegal erklärt, geht viel von der für das Classical Hollywood Cinema gemeinhin veranschlagten wirtschaftlichen und produktionstechnischen Stabilität verloren. Zur selben Zeit belegen einige europäische Länder die Einfuhr von Filmen mit Zöllen und Restriktionen, und Hollywood muss, unter anderem auf Grund der Konkurrenz durch das Fernsehen, einen drastischen Rückgang der Zuschauerzahlen verzeichnen.74 Um die Verluste in dieser Zeit des Umbruchs möglichst gering zu halten, greift Hollywood in der Produktion auf »geprüfte« Filmtexte zurück, vor allem auf solche, deren Rechte sich bereits im Besitz der Studios befinden. Doch die rein ökonomische Erklärung für die hohe Anzahl von Remakes greift zu kurz, darauf hat auch Jennifer Forrest hingewiesen: »When considering the remake of the Classic Hollywood period, it is natural to consider overwhelmingly the pressure of economic factors, but such films from the era equally invite an examination of their historical and moral functions.«75 Die politisch instabile Übergangszeit seit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg ist nämlich von einer ähnlichen Krisenstimmung geprägt wie die 20er und frühen 30er Jahre: Beide Zeitspannen sind durch tief greifende gesellschaftliche Veränderungen,
TO WED (946LIBELED LADY, 936), A SONG IS BORN (948BALL OF FIRE, 942), LIVING IT UP (954NOTHING SACRED, 937), MY SISTER EILEEN (955942), THREE FOR THE SHOW (955TOO MANY HUSBANDS, 940), YOU’RE NEVER TOO YOUNG (955THE MAJOR AND THE MINOR, 942), THE BIRDS AND THE BEES (956THE LADY EVE, 94), BUNDLE OF JOY (956BACHELOR MOTHER, 939), HIGH SOCIETY (956THE PHILADELPHIA STORY, 940), YOU CAN’T RUN AWAY FROM IT (956IT HAPPENED ONE NIGHT, 934), THE GIRL MOST LIKELY (957TOM, DICK AND HARRY, 94), MY MAN GODFREY (957936), MOVE OVER, DARLING (963MY FAVORITE WIFE, 940).
73 Als vertikale Integration wird die Kontrolle von Produktion, Distribution und Aufführung der Filme durch die großen Studios (Paramount, Warner Bros., MGM, 20th Century Fox, RKO) bezeichnet. 74 Eine ausführliche Diskussion dieser Entwicklungen findet sich unter »Remaking nach 948«, in diesem Band. 75 Forrest: Sadie Thompson Redux, S. 7. Im Folgenden geht es nicht darum, Hollywoodfilme als Spiegel ihrer Umwelt zu begreifen. »Like any Hollywood decade, what took place on the big screen between 950 and 959 – in every film, in every genre – reflects and exceptionally rich field of historical and aesthetic meaning that cannot be quickly traced back to self-evident generalizations about real-life America« (Sikov: Laughing Hysterically, S. 6).
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durch nationale oder internationale Krisen gekennzeichnet, die traditionelle Rollenverteilungen in Frage stellen und Unruhe ins Geschlechterverhältnis bringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, so argumentiert Forrest richtig, legt Hollywood nun vor allem solche Filme der 30er und frühen 40er Jahre wieder auf, die das Verhältnis der Geschlechter und das Verständnis von Männlichkeit und Weiblichkeit verhandeln: Hollywoods Screwball Comedies.76 Zurückgegriffen wird also auf Filme, die jene Themen adressieren – die gesellschaftliche Stellung der Frau, die Institution der Ehe, die Situation der Familie –, die für die amerikanische Nachkriegsbevölkerung von hoher Relevanz sind.77
Marriages at War »The [S]econd World War was the most disturbing event in the history of domestic experience in the United States. It was a psychic and social earthquake that in varying degrees affected every home«, schreiben die Familienforscher Ernest und Gladys Groves 947.78 Die Unruhe in den Beziehungen der Geschlechter und innerhalb der Familien, die nach 945 zu beobachten ist, geht auf grundlegende Verschiebungen der GenderRollen während des Zweiten Weltkrieges zurück. Viele US-Soldaten, die als Helden aus Europa zurückkehren, müssen feststellen, dass ihre Frau76 Auch andere Genres verarbeiteten den gender trouble der (Nach-)Kriegszeit, z.B. das Family Melodrama oder der Social Problem Film mit den angry young men Marlon Brando und James Dean. Entwirft der Film Noir die Femme fatale als gleichzeitig bedrohlich und verlockend, so verrät die zeitgenössische Gothic Romance (SUSPICION, 94; GASLIGHT, 944) mindestens ebenso viel Ambivalenz gegenüber Männlichkeit: In diesen Filmen ist nicht zu entscheiden, ob der männliche Protagonist mörderisch oder harmlos ist. Vgl. hierzu auch Henry Jenkins: »›The Laughingstock of the City‹. Performance Anxiety, Male Dread and Unfaithfully Yours«, in: ders./Karnick: Classical Hollywood Comedy, S. 238-26 u. 387-390, hier S. 253. 77 Vgl. Forrest: Sadie Thompson Redux, S. 85. Greift Hollywood in den 50er Jahren mit seinen Remakes auf die Screwball Comedy zurück, so gibt es in der Forschung Ansätze, auch den Film Noir (vor allem dessen Konzeption von Weiblichkeit) als Weiterentwicklung der späten, »dunklen« Screwball-Produktionen (z.B. HIS GIRL FRIDAY, 940; THE LADY EVE, 94) zu konzeptionalisieren. Vgl. Jenkins: The Laughingstock of the City, S. 252-254 u. 258; Kendall: Runaway Bride, S. 263; Krutnik/Neale: Popular Film and Television Comedy, S. 68; Krutnik: Faint Aroma, S. 7, Anm. 4; Sikov: Screwball, S. 7f. u. 77. Zur »dunklen« Screwball Comedy der 40er Jahre vgl. Haskell: From Reverence to Rape, S. 9; Cavell: Pursuits of Happiness, S. 5 u. 82f. 78 Ernest R. Groves/Gladys Hoagland Groves: »The Contemporary American Family«, Chicago/Philadelphia/New York: Lippincott 947, S. 95.
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en während ihrer Abwesenheit ihre (beruflichen) Aufgaben übernommen und sich in den Männerdomänen durchaus bewährt haben. [N]o fewer than 8 million women entered the work force during World War II. The overall participation of women in the labor force jumped from 25 to 36 percent of the adult female population. In heavy industry the numbers of women workers increased from 340,000 to more than 2 million. Females could now be found in such novel places as on the docks, in the steel mills, behind the steering wheels in cabs and buses.79
Anders als zur Zeit der Wirtschaftskrise, in den späten 20er und frühen 30er Jahren, als Frauen vor allem in traditionellen »Frauenberufen«, als Sekretärinnen, Näherinnen, Telefonistinnen, Krankenschwestern, im Servicebereich und als Lehrerinnen arbeiteten, sind Frauen nun auch in Männerdomänen zu finden. Zudem nimmt die Zahl verheirateter Frauen auf dem Arbeitsmarkt während der Kriegsjahre drastisch zu.80 Soldaten, die in ihre Familien und an ihre Arbeitsstätten zurückkehren wollen, treffen auf Frauen, die wenig gewillt sind, ihre ökonomische Unabhängigkeit und ihre neu gewonnenen Freiheiten ohne Weiteres wieder gegen ihre Vorkriegsrollen einzutauschen. Diese Destabilisierung der Gender-Beziehungen und der patriarchal-organisierten Familie durch die Kriegsjahre wird im Nachkriegsamerika mit einer massiven Gegenbewegung beantwortet, im Zuge derer Frauen von ihren Arbeitsplätzen verdrängt werden8 und eine Ideologie der Familie und Domestizität propagiert wird: Das traute Heim und die daran geknüpften »family values«, die eine männliche Autorität stützen sollten, entpuppte sich […] sehr schnell als neue Kriegszone, in der die Demarkationslinie bezeichnenderweise nun nicht mehr zwischen zwei Kulturen verlief, sondern zwischen amerikanischen Männern und jenen emanzipierten Amerikanerinnen, deren Selbstermächtigung, wie Vivian Sobchack es nennt, eine »domestic anxiety« auslöste.82 79 Ryan: Womanhood, S. 89. 80 Vgl. May: Homeward Bound, S. 77. Diese Entwicklung wird in der populären und wissenschaftlichen Presse ausführlich diskutiert, vgl. etwa: »Can Women in War Industry Be Good Mothers?«, in: Ladies’ Home Journal (Oktober 942); »Working Wives Make the Best Wives«, in: Ladies’ Home Journal (Januar 944); »You Can’t Have a Career and Be a Good Wife«, in: Ladies’ Home Journal (Januar 944); John D. Durand: »Married Women in the Labor Force«, in: American Journal of Sociology 52/3 (November 946), S. 27-223. 8 Vgl. hierzu Stephanie Coontz: The Way We Never Were. American Families and the Nostalgia Trap, New York: Basic Books 992, S. 3. 82 Bronfen: Refigurationen der Femme fatale, S. 93.
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Ausdruck findet der gender trouble in der hohen Zahl von Ehescheidungen. Wie nach dem Ersten Weltkrieg steigt die Rate nach 945 schlagartig an. Es können ähnliche Gründe herangezogen werden wie für die Jahre 98/9:83 die gelockerte sexuelle Moral während der Kriegsjahre hatte häufig zu Ehebruch geführt, viele Heiraten waren zu Beginn und während des Krieges überstürzt vollzogen worden und auch die Gewöhnung an das Familienleben nach den Kriegserfahrungen bringt viel Konfliktpotenzial mit sich. In den ersten Nachkriegsjahren (945-948) werden in den USA so viele Ehen geschieden wie nie zuvor, eine Rate, die in den nächsten 20 Jahren nicht wieder erreicht wird.84 Zwar sinkt die Zahl der Scheidungen nach 948 rasch ab und pendelt sich auf einem Niveau ein, das nicht weit über dem der späten 30er Jahre liegt und das – ungewöhnlicherweise – für die nächsten zehn Jahre stabil bleibt.85 Diese Zahlen können jedoch die domestic anxiety, die der Scheidungsboom ausgelöst hat, nicht mehr besänftigen; noch 956 spricht etwa Robert Coughlan in »Life« von einer »disturbing divorce rate«.86 Wie in den 20er und 30er Jahren werden in den 40er und frühen 50er Jahren Hunderte von Studien, Eheratgebern, Zeitschriftenartikeln und -kolumnen verfasst, die die problematische Reintegration der Soldaten in ihre Familien,87 die Lockerung sexueller Mo83 Für eine ausführliche Diskussion der Hintergründe und Entwicklungen vgl. Phillips: Putting Asunder, S. 555-56. 84 Vgl. ebd., S. 555, s. auch S. 553, Tabelle 3.2 und zum Vergleich des Scheidungsbooms nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg S. 585, Tabelle 4.. Zwischen 942 und 948 werden mehr als 3 Millionen Ehen geschieden, in den sieben Jahren zuvor waren es lediglich ,75 Millionen (ebd., S. 558; vgl. auch Jacobson/Jacobson: American Marriage, S. 90, Tabelle 42). 85 Vgl. Phillips: Putting Asunder, S. 559f., vgl. auch S. 560, Tabelle 3.3. Die Entwicklung unterscheidet sich also deutlich von der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in der die Scheidungsrate den Trend der Vorkriegsjahre übertrifft (vgl. ebd., S. 67). Phillips zufolge ist die Stagnation der Zahlen u.a. auf diese konservative gesellschaftliche Gegenströmung zurückzuführen, auf eine gesellschaftliche Aufwertung der Ehe und Familie in den 50er Jahren. Hinzu kommt, dass Männer und Frauen, die während der Depression und des Zweiten Weltkrieges aufgewachsen waren, vergleichsweise geringe materielle Erwartungen an die Ehe stellen, die sie in Zeiten einer starken Wirtschaft und niedriger Arbeitslosigkeit häufig erfüllt sehen (ebd., S. 560 u. 67f.). 86 Robert Coughlan: »Changing Roles in Modern Marriage«, in: Life (24. Dezember 956), S. 08-8, hier S. 09. 87 Willard Waller: The Veteran Comes Back, New York: Dryden 944; Benjamin Bowker: Out of Uniform, New York: Norton 945; »Will GI Joe Be Changed?«, in: Ladies’ Home Journal (Januar 945); »When Your Soldier Comes Home«, in: Ladies’ Home Journal (Oktober 945); Edward McDonagh: »The Discharged Seviceman and His Family«, in: American
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ralvorstellungen88 und vor allem die Krise der Ehe89 mit sprechenden Titeln verhandeln: »Marriages at War«, »Will GI Joe Be Changed?«, »Are Morals Out of Date?«. John Costello bemerkt dazu: Even before World War II had ended its social costs were being measured not just in the lives lost […], but by the continued upswing in the barometer of illegitimacy, venereal disease, and divorce rates. This was taken as an indication that there had been a wartime breakdown in public and private sexual conduct, and something approaching a moral panic overtook church and lay organizations on both sides of the Atlantic. They began calling for firm and fast action to restore the old moral values of »The Married Way« and sexual continence.90
Journal of Sociology 5 (März 946), S. 45-454. 88 Richard Malkin: Marriage, Morals and War, New York: Arden 943; Victor Robinson (Hg.): Morals in Wartime, New York: Publishers Foundation 943; »Are Morals Out of Date?«, in: Ladies’ Home Journal 6 (Oktober 944); John O. Reinemann: »Extra-Marital Relations with Fellow Employee in War Industry as a Factor in Disruption of Family Life«, in: American Sociological Review 0/3 (Juni 945), S. 399-404. 89 »Marriages at War«, in: Ladies’ Home Journal (März 942); Constantine Panunzio: »War and Marriage«, in: Social Forces 2 (942/943), S. 442446; Guilema Fell Alsop/Mary F. McBride: Arms and the Girl. A Guide to Personal Adjustment at War Work and War Marriage, New York: Vanguard 943; Florence Hollis: »Effects of the War on Marriage Relationships«, in: Smith College Studies in Social Work 4/ (September 943), S. 57-69; Leland Foster Wood/John W. Mullen (Hg.): What the American Family Faces, Chicago: Hugh 943; Phoebe D. Bendit/Laurence J. Bendit: Living Together Again, London: Gramol 946; Judge Clayton W. Rose: »The Divorce Problem«, in: Marriage and Family Living 9/4 (Herbst 947), S. 84 u. 88; Dr. James F. Bender: »What Sends People to Reno?«, in: Ladies’ Home Journal (April 948); Norman S. Hayner: »A Sociologist Views Marriage Problems«, in: Sociology and Social Research 33 (948/ 949), S. 20-24. In populären Frauenzeitschriften widmen sich Experten diesem Thema. Das »Ladies’ Home Journal« initiiert die Serie »Can this Marriage Be Saved?« mit dem Eheberater Paul Popenoe sowie »Making Marriage Work« mit dem Psychologen Clifford R. Adams. Adams berät auch in der »Marriage Clinic« des »Woman’s Home Companion«. 90 John Costello: Virtue Under Fire. How World War II Changed Our Social and Sexual Attitudes, Boston: Little 985, S. 258, s. auch S. 257-274. Vgl. etwa den Artikel des katholischen Geistlichen und Fernsehpredigers Fulton J. Sheen: »How to Stay Married Though Unhappy«, in: Good Housekeeping (Februar 953); vgl. hierzu auch Nancy A. Walker: Shaping Our Mothers’ World. American Women’s Magazines, Jackson: University Press of Mississippi 2000, S. 65; dies. (Hg.): Women’s Magazines 940-960. Gender Roles and the Popular Press, Boston: Bedford/St. Martin’s 998, S. 97f.
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Eheberatung II: How to Stay Married Though Unhappy Die domestic anxiety, die Sorge um die Desintegration der Familie, wird mit einer Ideologie des domestic bliss beantwortet, the great cultural emphasis on romantic love – the churches, schools, movies, television, novels, magazines […], comic books, and other elements of American society constantly glorified romantic love, glamorized marriage and the happy home, and held up marriage and parenthood as the norm for every happy, well-adjusted American to strive for.9
Dieser Diskurs ist durchaus wirkmächtig. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine Konzentration auf das familiäre Leben zu beobachten.92 Die Heiratsrate steigt in nie gekannte Höhen und das durchschnittliche Heiratsalter sinkt.93 Die jungen Familien kaufen Häuser und ziehen in die Vororte. Empfunden wird diese Entwicklung als Rückkehr zu und Rückbesinnung auf traditionelle familiäre Werte, begründet durch die »nostalgia that men and women feel for an older way of life which they carry in their minds as an ideal«. Diesem Eheideal gelte es, sich wieder anzunähern, so Robert Coughlan 956 in einem Artikel in »Life«: [A] true partnership in which each partner feels equally important for his or her own contribution; in which men are men, women are women and are quietly, pleasantly, securely confident of which they are – and are absolutely delighted to find themselves married to someone of the opposite sex.94 9 J. Ronald Oakley: God’s Country. America in the Fifties, New York: Dembner 986, S. 8. Vgl. etwa Dorothy Thompson: »Occupation – Housewife«, in: Ladies’ Home Journal (März 949); »Are You a Creative Wife?«, in: Ladies’ Home Journal (August 95); Jennifer Colton: »Why I Quit Working«, in: Good Housekeeping (September 95); Mrs. Dale Carnegie: How to Help Your Husband Get Ahead in His Social and Business Life, New York: Greystone 953; »How to Be Marriageable«, in: Ladies’ Home Journal (Frühjahr 954, Vierteiler); »Editor’s Open Letter to a Bride«, in: McCall’s (März 957); »The Honor of Being a Woman«, in: Ladies’ Home Journal (September 959). 92 Vgl. Coontz: The Way We Never Were, S. 24 u. ebd., S. 25: »At the end of the 940s, all trends characterizing the rest of the twentieth century suddenly reversed themselves: For the first time in more than one hundred years, the age of marriage and motherhood fell, fertility increased, divorce rates declined, and women’s degree of educational parity with men dropped sharply.« 93 Vgl. Jacobson/Jacobson: American Marriage, S. 2, Tabelle 2; Oakley: God’s Country, S. 7. 94 Coughlan: Changing Roles, S. 8. Ronald Oakley hat darauf hingewiesen,
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Die »traditionelle« Familie, die die 50er Jahre fälschlicherweise in der Vergangenheit verorten, ist jedoch, das haben auch Stephanie Coontz und Elaine Tyler May gezeigt, ein relativ neues Phänomen und gewissermaßen eine Erfindung der Dekade: The legendary white middle-class family of the 950s […] was not, as common wisdom tells us, the last gasp of »traditional« family life with deep roots in the past. Rather, it was the first wholehearted effort to create a home that would fulfill virtually all its members’ personal needs through an energized and expressive personal life.95
Schon in den 50ern liegt dieses Ideal in weiter Ferne, die bloße Anzahl an Ratgeberartikeln zur Ehe und Familie in den Frauenmagazinen »The Ladies’ Home Journal«, »McCall’s« oder »Good Housekeeping« macht das deutlich.96 Realitäten, die dem angestrebten Ideal zuwider laufen, werden jedoch schon in den 50er Jahren gern mit kollektiver Amnesie belegt. Während der dominante Gender-Diskurs das Bild der happy housewives propagiert, führen zahlreiche Frauen in Wirklichkeit ein »Doppelleben« als berufstätige Mütter. Zwar werden viele Frauen zunächst aus ihren Jobs entlassen, als die GIs aus dem Krieg heim- und an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Das »Zurück-an-den-Herd« ist aber nicht von langer Dauer: Bereits 952 arbeiten zwei Millionen Frauen mehr in Lohnberufen als während der Kriegsjahre; 955 ist die Proportion von Frauen auf dem Arbeitsmarkt höher als jemals während des Krieges.97 Das noch heute verbreitete Bild, Frauen seien nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem zu hausfraulichen und mütterlichen Tätigkeiten zurückgekehrt, während die Familienväter für den Unterhalt der Familie arbeiten gingen, belegt die Wirkungsmacht dieser zeitgenössischen GenderDiskurse. Zu beobachten ist also die paradoxe Situation, dass in dem Moment, in dem mehr und mehr Frauen berufstätig werden, die Gesellschaft sie zunehmend über ihre Rolle als Hausfrau und Mutter definiert: dass der Erfolg von Fernsehserien, die (tendenziell) idealisiertes patriarchales Familienleben porträtieren, wie THE ADVENTURES OF OZZIE AND HARRIET (952-966), FATHER KNOWS BEST (954-960) und LEAVE IT TO BEAVER (957-963), nostalgischen Sehnsüchten nach einer besseren Zeit entspringt, statt den Realitäten zeitgenössischer Familien zu entsprechen, in denen Mütter häufig berufstätig sind und der familiäre Zusammenhalt von den Problemen und Ansprüchen des täglichen Lebens unterminiert wird (Oakley: God’s Country, S. 8f.). 95 May: Homeward Bound, S. xxii; vgl. auch Coontz: The Way We Never Were, S. 25-29. 96 Vgl. Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 6f. 97 Ryan: Womanhood, S. 90.
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»[W]omen were encouraged by the culture to dissociate their identities from their jobs; encouraged, that is, to adopt the culture’s schizoid dislocation by defining themselves entirely through their roles as wives, mothers, and homemakers regardless of what else they did.«98 In der Debatte um die Natur und die gesellschaftliche Position und Rolle »der Frau« sind Helene Deutschs »The Psychology of Women« (944), Marynia Farnham und Ferdinand Lundbergs »Modern Woman. The Lost Sex« (947), Marie Bonapartes »Female Sexuality« (953), Ashley Montagus »The Natural Superiority of Women« (953) und Marie Robinsons »The Power of Sexual Surrender« (959) einflussreiche (psychoanalytische und populärwissenschaftliche) Texte.99 Weiblichkeit wird hier als biologische Bestimmung definiert; Frauen, die sich gegen ihre »naturgegebene« Rolle als Mutter und Hausfrau wehren, etwa einer beruflichen Karriere nachgehen, bezahlten dies – so die Argumentation – mit dem Verlust ihrer mentalen Gesundheit. Diese radikal essenzialistisch argumentierenden Texte, die die weibliche »Natur« als passiv, rezeptiv, mütterlich (und tendenziell neurotisch) charakterisieren, scheinen eine Neuauflage des viktorianischen cult of motherhood und der getrennten weiblichen und männlichen Sphären zu propagieren.00 Der Druck, den die starren Rollenvorgaben auf Frauen ausüben, und die innerfamiliären Probleme, zu denen sie führen, bezeichnet Betty 98
Brandon French: On the Verge of Revolt. Women in American Films of the Fifties, New York: Ungar 978, S. xvii; vgl. auch Ryan: Womanhood, S. 98f. Nancy Walker zufolge ist in den großen Frauenmagazinen wie »Ladies’ Home Journal« und »McCall’s« 946 eine plötzliche Konzentration auf den häuslichen Bereich und eine Abkehr von Berichten über Frauen in öffentlichen Positionen, die während des Krieges gefeiert worden waren, zu beobachten (Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 24 u. 00). 99 Helene Deutsch: The Psychology of Women. A Psychoanalytic Interpretation, 2 Bde., New York: Grune & Stratton 944/45; Marynia F. Farnham/Ferdinand Lundberg: Modern Woman. The Lost Sex, New York: Harper 947; Marie Bonaparte: Female Sexuality, New York: International Universities Press 953; Ashley Montagu: The Natural Superiority of Women, New York: Macmillan 953; Marie N. Robinson: The Power of Sexual Surrender, Garden City: Doubleday 959. 00 Vgl. Ryan: Womanhood, S. 64-68; vgl. Walker: Shaping Our Mother’s World, S. 53-56. Das Bild von Weiblichkeit, das diese Texte zeichnen, hält auch in die populäre Presse Einzug, vgl. etwa Coughlan: Changing Roles, S. 09 u. 4. Eine viel beachtete Gegenstimme dieses dominanten Diskurses bildet Simone de Beauvoirs »Le deuxième sexe«, das 953 in (mittlerweile stark kritisierter) englischer Übersetzung erscheint und in dem de Beauvoir mit einer kulturellen Prägung, ja Herstellung der Geschlechter argumentiert (Simone de Beauvoir: The Second Sex [949], New York: Knopf 953).
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Friedan 963 in ihrem einflussreichen Buch »The Feminine Mystique« als »problem that has no name«.0 Anstelle von happy housewives beschreibt Friedan eine Generation von Frauen, die sich zu großen Teilen in psychiatrische Behandlung begibt und die Hauptkonsumentengruppe der neuen Beruhigungsmittel darstellt.02 Auch Ed Sikov bemerkt in Laughing Hysterically: The consumption of tranquilizers […] went from nothing in the early fifties to 462,000 pounds of pills in 958 to ,59,000 pounds worth $4.75 million in 959. […] While these stark figures may not be enough evidence to commit the entire decade to the psycho ward of history, they do suggest that there was something more than slightly forced about the era’s complacency.03
Während Friedan argumentiert, dass das »namenlose Problem« zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und den frühen 60er Jahren totgeschwiegen wurde, zeichnet sich an den zahlreichen soziologischen und psychologischen Studien und journalistischen Publikationen der Zeit, die die Rolle der Frau thematisieren, sehr wohl ein Bewusstsein dafür ab, dass in den amerikanischen Haushalten und Ehen einiges im Argen liegt.04 Zeitgenössische Kommentatoren belegen das »Problem« viel0 Betty Friedan: The Feminine Mystique [963], New York/London: Norton 983, S. 5-32. Zur Kritik an Friedans Darstellung von Weiblichkeit in den 50er Jahren, die sich lediglich auf die weiße Mittelklasse beziehe und ethnische und schichtenspezifische Unterschiede außer Acht lasse, vgl. Meyerowitz: Not June Cleaver. 02 Vgl. Friedan: Feminine Mystique, S. 30f., 235 u. 293; vgl. auch Ryan: Womanhood, S. 68; Coontz: The Way We Never Were, S. 36. 03 Sikov: Laughing Hysterically, S. 8. 04 Vgl. z.B. Mildred Welch Cranston: »The Modern Woman’s Place in the Home«, in: Atlantic 78 (Juli 946); Emily Hartshorne Mudd: »Women’s Conflicting Values«, in: Marriage and Family Living 8/3 (Sommer 946), S. 69f.; Rhona Ryan Wilber: »It’s Up to the Women. Home and the War Wife«, in: Atlantic 79 (Juni 947); Louis A. Ryan: »The Characteristics and the Social Role of Woman«, in: American Catholic Sociological Review 9/4 (Dezember 948), S. 230-253; Robert S. Ort: »A Study of RoleConflict as Related to Happiness in Marriage«, in: Journal of Abnormal and Social Psychology 45 (950), S. 69-699; Lu Yi-Chuang: »Marital Roles and Marital Adjustment«, in: Sociology and Social Research 36 (95/952), S. 364-368; Alver Hilding Jacobson: »Conflict of Attitudes Toward the Roles of Husband and Wife in Marriage«, in: American Sociological Review 7/2 (April 952), S. 46-50; Dorothy Thompson: »What Is Wrong with American Women?«, in: Ladies’ Home Journal (August 953); Faye Higier von Mering: »Professional and NonProfessional Women as Mothers«, in: Journal of Social Psychology 42/ (August 955), S. 2-34; Coughlan: Changing Roles; Don Cortes:
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leicht nicht mit einer einheitlichen Bezeichnung, es wird aber diskutiert und als Problem erkannt, so etwa 956 von Robert Coughlan: »[The woman] has become a kind of household goddess, but she is no longer a wife. Out of sheer boredom she is likely to become one of those women who move around in packs from one luncheon or cocktail party to another. She may try to cover her anxious emptiness with one of the new tranquilizing drugs.«05
Togetherness und The Paradox of the American Male Auch amerikanische Männer leiden in den 50er Jahren unter paradoxalen Rollenvorgaben. Nach dem Krieg arbeiten mehr und mehr Männer in den Büros großer Korporationen, in Arbeitsbereichen, die kommunikative und soziale Kompetenzen verlangen und bislang weiblich konnotiert waren. Während die traditionelle amerikanische Definition von Männlichkeit Individualismus hoch gewichtete, verlangt die Arbeit in der Anonymität riesiger Korporationen sowie die paranoide antikommunistische Hetze zunehmend angepasstes und konformes Verhalten, ein Konflikt den Nunnally Johnsons THE MAN IN THE GRAY FLANNEL SUIT (956) thematisiert.06 Auch das neue Ideal der Kernfamilie bedeutete eine Redefinition (und damit eine weitere Destabilisierung) des tradierten kulturellen Verständnisses von Männlichkeit. Nicht nur Frauen werden über häusliche Tätigkeiten definiert, auch Männer sind angehalten, ihre Identität und ihr Selbstbild aus der Rolle des Vaters und Ehemannes zu beziehen.07 Das neue Schlagwort in den Debatten um Ehe und Familie heißt in diesen Tagen togetherness, ein von der Frauenzeitschrift »McCall’s« »What’s Wrong with the American Woman?«, in: Atlantic 200 (August 957); Alice K. Leopold: »The Family Woman’s Expanding Role«, in: Marriage and Family Living 20/3 (August 958), S. 278-282; Robert S. Weiss: »Social Roles of American Women. Their Contribution to a Sense of Usefulness and Importance«, in: Marriage and Family Living 20/4 (November 958), S. 358-366. 05 Coughlan: Changing Roles, S. 4; vgl. auch Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 205f. Friedan selbst zitiert wiederholt Mediziner, die das »Problem« mit Namen versehen, es als »housewife’s syndrom« oder »housewife’s blight« bezeichnen (Friedan: The Feminine Mystique, S. 20f.). 06 Vgl. zur neu entstehenden Mittelklasse und der Definition von Männlichkeit über »white-collar labor« Cohan: Masked Men, S. xii; May: Homeward Bound, S. 76. Vgl. hierzu auch David Riesman: The Lonely Crowd. A Study of the Changing American Character, New Haven: Yale University Press 950; William H. Whyte: The Organization Man, London: Cape 957 [New York 956]. 07 Vgl. Coontz: The Way We Never Were, S. 27.
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kreierter Begriff, der für das romantisierte und idealisierte Familien- und Eheleben einstand: »›[T]ogetherness‹ meant that young couples now spent more time together than married people had in the past and that family roles were becoming less differentiated as couples shared the duties and burdens of maintaining a household and rearing children.«08 Nicht nur die Definition von Weiblichkeit über die Rolle der Hausfrau und Mutter weist angesichts der Tatsache, dass mehr und mehr verheiratete Mütter berufstätig sind, paradoxe Züge auf, auch die neue domestizierte Version von Männlichkeit ist von Widersprüchen gekennzeichnet: Männer sollen passiv und aggressiv zugleich sein, emotional und gelassen.09 Die vielpropagierte »Rückkehr« zu traditionellen Geschlechterrollen nach Ende des Krieges, die auch heute noch unser Bild des 50er-Jahre-Amerikas prägt, sieht vor, dass Familienväter ihre Familien als Alleinverdiener unterhalten und sich in der Berufswelt behaupten. Gleichzeitig sollen sie sich im Haushalt und an der Kindererziehung beteiligen und somit Arbeiten verrichten, die bisher weiblich konnotiert waren. »Today’s husband is required to perform housework that a man of a generation ago would have laughed at«, klagt Moskin.0 Diese gleichzeitige Öffnung und Verfestigung traditioneller Gender-Vorgaben stellt amerikanische Männer vor einen double bind, den Louis Lyndon 956 im »Woman’s Home Companion« als »paradox of the American male« beschreibt. Auch Lawrence K. Frank warnt 955 in »Look«: »Boys and men growing up today are much more confused about what they should and should not do to fulfill their masculine roles. Being uncertain, men face many conflicts, trying to be both tough and tender, successful but not ruthless, strong but not dominating, virile but not ›wolves.‹«2 Dem neuen Familienideal der togetherness zum Trotz verbringen viele Ehepaare, die in die neu entstehenden Vororte gezogen sind, durch die langen Anfahrtswege zur Arbeit de facto weniger Zeit miteinander als zuvor.3 Zeitgenössische Kommentatoren beginnen mit einigem Erstau08 Oakley: God’s Country, S. 9; vgl. auch Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 5; Eugenia Kaledin: Mothers and More. American Women in the 950s, Boston: Twayne 984, S. 2. Das Konzept der togetherness wurde auch auf den professionellen Bereich ausgeweitet, vgl. Whyte: The Organization Man, S. 46-59. 09 Vgl. Cohan: Masked Men, S. 60. 0 Robert J. Moskin: »Why Do WOMEN Dominate Him? The American Male«, in: Look (04. Februar 958), S. 77-80, hier S. 79. Louis Lyndon: »Uncertain Hero. The Paradox of the American Male«, in: Woman’s Home Companion (November 956), S. 4-43 u. 07. 2 Lawrence K. Frank: »How Much Do We Know about Men?«, in: Look (7. Mai 955), S. 52-56, hier S. 57. 3 Vgl. Ryan: Womanhood, S. 75. Die Erfindung des TV-Dinners, der
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nen die Unzufriedenheit vieler Frauen zu registrieren.4 Die Titel einer Reihe von Artikeln, die in den 50er Jahren in großen Frauenzeitschriften wie »McCall’s« und »Good Housekeeping«, mit Abonnentenzahlen zwischen zwei und acht Millionen,5 erscheinen, stehen in scharfem Kontrast zum Mythos der glücklichen Vorstadtfamilie (den dieselben Magazine gewöhnlich propagieren), etwa »Are You Afraid You’re Going Crazy?«, »Is Boredom Bad for You?« oder »The Mother Who Ran Away«.6 Der Psychologe Clifford R. Adams interviewt für seinen Artikel »What Makes Wives Dissatisfied?« 947 »one hundred truly dissatisfied wives«: »The wives were distressed because there was little sharing, little comradeship, little of the spirit of partnership they had assumed would come with marriage«, erklärt Adams.7 Ein Viertel bis ein Drittel aller Ehen, die in den 50er Jahren geschlossen werden, enden in Scheidung (die allerdings häufig erst in den 60er Jahren vollzogen wird), zwei Millionen verheiratete Amerikaner und Amerikanerinnen leben in Trennung.8
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Shoppingmalls und des Fastfood ist ein weiteres Zeichen dafür, dass der Alltag amerikanischer Familien nicht der Togetherness-Ideologie entsprach. Vgl. Coontz: The Way We Never Were, S. 36. »Under a ›mask of placidity‹ and an outward feminine appearance, one physician wrote in 953, there was often ›an inwardly tense and emotionally unstable individual seething with hidden aggressiveness and resentment« (ebd., Zitat aus Dr. William G. Niederland: »Masculine Women Are Cheating Love!«, in: Coronet [Mai 953], S. 4-44). Vgl. Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 53. Katharine M. Byrne: »Happy Little Wives and Mothers«, in: America (28. Januar 956); »The Mother Who Ran Away«, in: McCall’s (April 956); »Is Boredom Bad for You?«, in: McCall’s (April 957); Dr. Walter C. Alvarez: »Are You Afraid You’re Going Crazy?«, in: Good Housekeeping (August 957); »Why Young Mothers Are Always Tired«, in: Redbook (September 959); »Why Young Mothers Feel Trapped«, in: Redbook (September 960). Diese Artikel, die die Probleme und Paradoxien der weiblichen Rollenvorgabe thematisieren, erscheinen also in denselben Magazinen (häufig im selben Heft), die in Texten wie »Why I Quit Working« an ihre Leserinnen appellieren, sich in ihre traditionellen Rollen als Hausfrau und Mutter einzufinden. Der Gender-Diskurs dieser Zeitschriften ist also sehr viel komplexer und weniger einstimmig als von Betty Friedan und anderen seit den 60er Jahren kritisiert wird. Vgl. hierzu auch Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 8-9, 20-20. Clifford R. Adams: »Marriage Clinic. What Makes Wives Dissatisfied?«, in: Woman’s Home Companion (April 947), Nachdruck in: Walker: Women’s Magazines, S. 6-2, hier S. 6f. Vgl. Coontz: The Way We Never Were, S. 35-37.
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In populären und wissenschaftlichen Publikationen werden tief greifende Veränderungen im Geschlechterverhältnis diskutiert. Die Unzufriedenheit vieler Frauen und Männer wird häufig auf die Weigerung zurückgeführt, sich in ihre gesellschaftlichen und familiären Rollen einzufügen: »It is the failure of men and women to accept their emotional responsibilities to each other and within the familiy – as men and women, male and female«, ist 956 in einem Artikel in »Life« zu lesen. Der Autor beklagt eine Abkehr der Geschlechter von ihren »naturgegebenen« Eigenschaften: passiv, rezeptiv und mütterlich sei die Natur der Frau, aggressiv, dominant und kämpferisch die des Mannes. Weiter heißt es: »[I]ncreasingly, the sexes in this country are losing their identities. The emerging American woman tends to be assertive and exploitive. The emerging man tends to be passive and irresponsible. […] They are suffering from what the psychiatrists call sexual ambiguity.«9 Das romantisierte und idealisierte Bild von harmonischem Familienleben und dem zufriedenen Miteinander der Geschlechter, das Zeitschriftenartikel – die Hausfrauen und Mütter darin bestärken, in ihrer Rolle aufzugehen – als Ideal proklamieren, ist also nur eine Seite des Diskurses um Weiblichkeit, Männlichkeit und Familie. Der zeitgenössische Domestic-Bliss-Diskurs, wie ich jene das home und family life romantisierenden Texte im Folgenden zusammenfassend bezeichnen werde, wird als angestrengter Deck- und Gegendiskurs lesbar, der bemüht ist, den schwelenden gender und family trouble, der in den 60er Jahren schließlich ausbricht, zu kontrollieren. »It was as if the whole period of the fifties was a front, the topsoil that protected the seed of rebellion that was germinating below«, schreibt Molly Haskell.20 Der viel propagierte domestic bliss lässt sich vor diesem Hintergrund weniger als Beschreibung amerikanischer Familien zur Mitte des 20. Jahrhunderts lesen, denn als Versuch von konservativer Seite, einer als alarmierend empfundenen Entwicklung Einhalt zu gebieten. »The rush to marry and buy homes, the reinscription of traditional gender roles, and the overinsistence on the pleasures of family life were less signs of self-satisfaction than defenses against uncertainty.«2 Das heute vorherrschende Bild der 50er Jahre als einer De9 Coughlan: Changing Roles, S. 09, vgl. auch S. 6. Der Untertitel des Artikels lautet: »Studying causes of our disturbing divorce rate, psychiatrists note wives who are not feminine enough and husbands not truly male«. Vgl. auch Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 80. 20 Haskell: From Reverence to Rape, S. 235. Vgl. hierzu auch French: On the Verge, S. xxi; Coontz: The Way We Never Were, S. 3-37; Ryan: Womanhood, S. 75. 2 Gaile McGregor: »Domestic Blitz. A Revisionist History of the Fifties«, in: American Studies 34/ (993), S. 5-33, hier S. 8; vgl. auch Coontz:
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kade harmonischer Familien- und Gender-Beziehungen, als einer »simpler, happier time when cars had fins, gas was almost free, women were in the home and men on the range«,22 ist also einer Revision zu unterziehen. So kommentiert auch Nancy Walker: »The nostalgia that [fifties commentators] expressed for an era of clear, fixed gender roles emerged from a sense that such certainty had disappeared; it is therefore ironic that people of later decades recalled the period during which these articles appeared as one of just such domestic stability.«23
Rückschaufehler: Hollywoodremakes der 50er Jahre und die Screwball Comedy Einen ganz ähnlichen Rückschaufehler begeht Hollywood in den 50er Jahren, wenn es in dieser Krisenstimmung auf Filme der 30er als einer ra traditioneller Gender-Beziehungen zurückgreift, denn, das betont auch Elaine Tyler May, die 30er Jahre weisen in dieser Hinsicht eher eine hnlichkeit mit den wilden 60ern auf.24 Mit seinen Screwballremakes glaubt Hollywood an Filme anzuknüpfen, die in der Vergangenheit mit ähnlich geartetem gender trouble befasst sind und die diesen zu lösen verstehen, eine Einschätzung, die sich auch in der Sekundärliteratur häufig findet: The screwball films celebrate heterosexual relationships founded upon vitality, charisma, and an almost childlike sense of playfulness. However, these idealized visions of romance are very firmly located within a certain era which, since the end of World War II, has been cast persistently (at least within the genre of romantic comedy) as some kind of golden age of simpler options, a heterosexual arcadia.25
Interpretiert werden die filmischen Vorgänger vor allem als »Eheratgeber«, als Filme, die an das Zusammengehörigkeitsgefühl appellieren, an Loyalität, an den Willen, zu verzeihen und Probleme gemeinsam zu meistern. Und die 50er-Jahre-Remakes scheinen bemüht, diese »Botschaft« der Screwball Comedies noch deutlicher auszubuchstabieren: Im Hollywood der frühen 50er Jahre lockt die sexuelle Verführung zwar von
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The Way We Never Were, S. 33; May: Homeward Bound, S. xviii; Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 99 u. 20. Peter Biskind: Seeing Is Believing. How Hollywood Taught Us to Stop Worrying and Love the Fifties, New York: Pantheon Books 983, S. 4. Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 20. Vgl. May: Homeward Bound, S. xv. Krutnik: Faint Aroma, S. 57.
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überall, happiness lässt sich jedoch nur im pastellfarbenen und kurvigen Dekor des eigenen Heims, mit dem eigenen Ehemann, der eigenen Ehefrau finden. Die Remakes lesen ihre Vorgängerfilme, häufig Comedies of Remarriage, als Reaffirmationen der Institution Ehe und begehen damit den gleichen Fehler wie die Mehrzahl der Screwball-Kritiker: Sie übersehen, dass die Premakes ihr Eheratgeber-Narrativ unterlaufen, vielmehr die Ehescheidung propagieren, und dass die Eheschließung in diesen Filmen häufig sexuellen Vollzug signifiziert: Schon hier geht es also hauptsächlich um Sex und Verführung. Während sich die Screwball Comedies – so meine Argumentation – über heterosexuelle Zweisamkeit wenig Illusionen machen, scheinen die Romantic Comedies der 50er Jahre, zum Beispiel HIGH SOCIETY, MY MAN GODFREY, MOVE OVER, DARLING und LET’S DO IT AGAIN, die verbalen und körperlichen Ausschreitungen ihrer Vorgänger, den subversiven Impetus der Screwball Comedies mit einem Cocktail aus ready-made frosting und Valium zu überzuckern und ruhig zu stellen. Die hieb- und stichfesten Schnellfeuerdialoge scheinen auf Zeitlupentempo heruntergedreht, ihre beißende Schärfe und oftmals frenetische Lautstärke weicht zivilisierten, gemäßigten Streitgesprächen, die körperlichen Auseinandersetzungen und Slapstickeinlagen werden – feiert das Musical in den 50ern doch ein Comeback – durch Musiknummern ersetzt. Doch diese Filme weisen – entgegen verbreiteter Meinungen zum Fifties-Kino – Verwerfungen auf, treten in intensive Verhandlungs- und Rückkopplungsbeziehungen mit ihren Vorgängerfilmen. Die Remakes tragen ihre Premakes immer auch mit, rufen sie wieder auf und sind von ihren Virulenzen durchzogen, die auch dann wirksam sind, wenn die Remakes bemüht scheinen, die Transgressionen ihrer Vorgänger zu regulieren. Das Irritationspotenzial der Screwball Comedies, die Ironie und Respektlosigkeit, mit denen diese Filme Hollywoods romantisches Liebesideal durchstreichen, wirken in ihren Remakes weiter. Der gender trouble der Screwball Comedies taucht in den 50er-Jahre-Filmen als unfinished business wieder auf und durchkreuzt konservative Lektürevorgaben dieser Filme. Die Romantic Comedy LET’S DO IT AGAIN, das Remake von THE AWFUL TRUTH, um das es im Folgenden gehen wird, thematisiert in einer Zeit, die der Familie und der Ehe huldigt, Ehebruch und Scheidung und verhandelt sexuelle Frustration innerhalb der Ehe.
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L E T ’ S D O I T ( A G A I N ) . L o v e C o m p a n i o n s hi p G o e s D o m e s ti c B l i s s LET’S DO IT AGAIN hält sich insgesamt eng an den Plot seines Vorgängers, verschiebt das Genre aber zur Musical Comedy. Der Komponist Gary Stuart (Ray Milland)26 kommt morgens von einer ausgedehnten mehrtägigen Tour durch die New Yorker Nachtclubs nach Hause, statt, wie er seiner Frau Constance (Jane Wyman) erzählt hatte, von einem beruflich bedingten Aufenthalt in Chicago.27 Wie sein Vorgänger Jerry muss er feststellen, dass Connie nicht zu Hause ist. Kurz darauf erscheint sie in Begleitung von Courtney Craig, ebenfalls Musicalkomponist. Wie im Premake lautet die Erklärung, man habe wegen einer Autopanne in einem Motel übernachten müssen. Wie im Premake reicht das Ehepaar die Scheidung ein (allerdings fehlt die Szene vor Gericht). Statt um einen Hund streiten sie sich um ein Klavier. Sie verloben sich mit anderen Partnern (Connie mit dem Millionär Frank McGraw, Gary mit dem HighSociety-Girl Deborah Randolph) und versuchen abwechselnd, den anderen zurückzuerobern, um sich dann wieder die kalte Schulter zu zeigen. Connie Stuart gewinnt ihren Mann – wie zuvor Lucy Warriner – letztlich durch die Imitation einer anderen Frau zurück, auch hier durch eine Song-and-Dance-Performance – allerdings mit deutlich anderer Implikation und Wirkung als 937. Der Titel von Alexander Halls Film referiert auf Cole Porters Hit »Let’s Do It« aus dem Jahr 928. Dessen erste Strophe lautet: Birds do it, bees do it Even educated fleas do it Let’s do it Let’s fall in love
Porters »Let’s Do It« bezieht seine Komik aus der zeitlichen Differenz, aus der kleinen Schrecksekunde, die vergeht, bevor sich die obszöne, aber gebräuchliche Bedeutung von »do it« (»do it« steht für »have sex«)28 zum harmloseren, aber ungebräuchlichen Sich-Verlieben (»do it« steht in 26 Die Umbenennung in Gary verweist durch Assonanz und Alliteration auf Cary Grant, den Darsteller Jerrys im Premake. 27 Jane Wyman und Ray Milland waren schon im Oscar-gekrönten THE LOST WEEKEND (945) ein Paar, in diesem Film hilft Wymans Figur Millands alkoholkrankem Dichter, seine Sucht zu überwinden. 28 »It was a vague euphemism for sex (hence the deliberate irony of Cole Porter’s 928 song hit, ›Let’s Do It‹) and implied a wide range of suggestions: sex appeal, sexual drive, the sex act itself, or a more general attitude toward that sexual activity« (Mast/Kawin: A Short History, S. 44).
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diesem Fall für »fall in love«) verschiebt. Der Song scheint zunächst von dem einen zu handeln, spricht dann aber von etwas anderem. Auch die Screwball Comedy, auch THE AWFUL TRUTH, nimmt diese Verschiebung von Sex zu Liebe (resp. Ehe) bereits vor, und auch hier geht es um den syntaktisch kleinen, zensurtechnisch aber wichtigen Unterschied zwischen »I do« und »do it«. Weil sie Sex wegen des Production Codes nicht zum Thema machen können, das wurde bereits erwähnt, steht in Screwball Comedies der performative Akt des Heiratens (»I do«) für den sexuellen Akt, die sexuelle Performance ein (»do it«).29 Unterminiert THE AWFUL TRUTH die Zensurvorschriften des Hays Codes und verlacht die Institution Ehe, indem es etwa in der letzten Szene des Films weniger um die Aussöhnung des Ehepaares geht, als darum, sich gegenseitig zu verführen, so macht das Remake deutlich, dass in jedem »I do« dieser Filme schon ein »let’s do it« steckt: In LET’S DO IT AGAIN geht es um nichts anderes als um Sex und Verführung. Diese Beobachtung lässt sich auch für andere Romantic Comedies der 50er Jahre treffen, man denke an die Sex Comedies mit Doris Day und Rock Hudson. So befinden auch Steve Neale und Frank Krutnik: »When the romantic comedy makes an explicit comeback in the 950s – with a number of key ›screwball‹ comedies remodeled to fit both the ideological climate and the new parameters of Hollywood film style – one finds that romance and courtship become increasingly displaced by an emphasis upon sex and seduction.«30 Sex und Sexualität wird in den 50ern zum allgegenwärtigen Thema, »perhaps the most important thing in life in fifties America«.3 Zu beobachten ist eine Erotisierung des kulturellen Lebens; Erotik und Sex Appeal erlangen in Film, Fernsehen, vor allem in der Werbung zunehmend
29 Anders als die meisten Screwball Comedies enthält THE AWFUL TRUTH keine Hochzeitszeremonie (allerdings eine Scheidungsverhandlung), diese wird aber durch verschiedene Heiratsanträge immer wieder aufgerufen. So hält Dan mit Hilfe eines selbst verfassten naiv-kitschigen Gedichtes um Lucys Hand an (To you, my little prairie flowerI’m thinking of you every hourThough now you’re just a friend to meI wonder what the end will beOh, you would make my life divineIf you would change your name to mine). Wenig später zitiert Lucy einen – nur wenig anspruchsvolleren – Vers Jerrys, mit dem dieser um ihre Hand angehalten hatte und der wiederum auf die performative Formel des Eheversprechens referiert: Lend an ear, I implore youThis comes from my heartI’ll always adore youTill death do us part. 30 Krutnik/Neale: Popular Film and Televison Comedy, S. 69. 3 Richard Dyer: Heavenly Bodies. Film Stars and Society, Basingstoke/London: Macmillan/British Film Institute 987, S. 24.
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an Gewicht.32 Dyer zufolge ist vor allem 953, das Jahr in dem LET’S DO IT AGAIN im Juli in die Kinos kommt, »a year of extraordinarily compelling significance in the history of sexuality«.33 953 erscheint der Kinsey-Report zur weiblichen Sexualität in den Buchläden und der erste »Playboy« ist an den Magazinständen zu kaufen. Marilyn Monroe zählt zu den Top-Stars. Dyer schreibt: Perhaps the most telling manifestations of this more explicit concern, and anxiety, about sexuality are in the characteristic comedies, romances and musicals of the period, which no longer define the problems of hero and heroine in terms of love and understanding, but starkly in terms of virginity – will she, won’t she? should I, shouldn’t I?34
Auch in LET’S DO IT AGAIN, dem Remake einer Comedy of Remarriage, geht es zwar nicht um Jungfräulichkeit, aber doch um die Verführung einer Frau, die diese Avancen abwehrt respektive die nicht Sex, sondern die Heirat will. In seinen Dialogen übertritt der Film immer wieder die Grenzen des Production Codes. Verordnet dieser unter Punkt VI. Obscenity: »Obscenity in word, gesture, reference, song, joke or by suggestion (even when likely to be only understood by part of the audience) is forbidden«,35 so ist 32 »After the immediate postwar reaction, the trend to permissiveness was firmly established with the commercialization of eroticism in film, television, and advertising, which had followed the lead of wartime pinups and girlie magazines. Sex appeal was to become an important element in marketing during the consumer boom of the 950s« (Costello: Virtue Under Fire, S. 273). Vgl. auch May: Homeward Bound, S. 02 u. 05. Das Problem, das viele Romantic Comedies verhandeln, ist, dass Sex im Amerika der 50er Jahre allgegenwärtig, jedoch – wohl auch als BacklashReaktion auf die Aufweichung der sexuellen Moral während des Zweiten Weltkrieges – nur innerhalb der Institution Ehe denkbar ist. 33 Dyer: Heavenly Bodies, S. 27. Im Nachhinein ist es schwierig, die Wirkmächtigkeit dieser Entwicklungen nachzuvollziehen – v.a. weil der Rückblick durch die Dekade der »wilden« 60er Jahre führt. So erklärt auch Joel Foreman: »Transformation in our attitudes toward sexuality, gender, race, and class (to mention but a few) have so removed us […] from the sensibility of the fifties that what was perceived then as shocking and troubling seems either difficult to grasp or quite tame and inoffensive now« (Joel Foreman [Hg.]: The Other Fifties. Interrogating Midcentury American Icons, Urbana/Chicago: University of Illinois Press 997, S. 2). Ich gehe im Folgenden deswegen ausführlich auf diese zeitgenössischen Diskurse um Gender und Sexualität ein, die LET’S DO IT AGAIN verhandelt. 34 Dyer: Heavenly Bodies, S. 26f. Vgl. auch Krutnik/Neale: Popular Film and Televison Comedy, S. 70. 35 Zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 462, meine Hervorhebung.
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die Sprache im Remake in einem Maße sexuell aufgeladen, das jedem Kinogast verständlich gewesen sein dürfte. Über die Nacht mit Connie im Motel The Shady Nook berichtet Courtney: »It wasn’t bad, except the shutters – they banged all night. – Oh, and the bed squeaked.« »All night?«, fragt der eifersüchtige Ehemann mit drohender Miene. »Only when I turned«, antwortet Courtney. »The whole affair is completely innocent«, verteidigt sich Connie (ihre Wortwahl ist dabei verräterisch), bemerkt aber kurz darauf: »Courtney can be a very naughty boy.« Möglich sind diese Freizügigkeiten durch die Lockerung des Production Codes:36 943 bringt Howard Hughes THE OUTLAW mit Jane Russell ohne Zustimmung der PCA (Production Code Administration) in die Kinos.37 Zwar wird der Film nach kurzer Zeit zurückgezogen, er erscheint aber 946 erneut, als die PCA den Code, wie dann noch einmal 95, revidiert, um auf die veränderten amerikanischen Moralvorstellungen zu reagieren. 952 stellt der Supreme Court, oberstes Gericht der USA, Film unter den Schutz des First Amendment; Film wird jetzt als Kunst, nicht wie zuvor als rein kommerzielles Produkt eingestuft. 953, im selben Jahr, in dem LET’S DO IT AGAIN in die Kinos kommt, erscheint Otto Premingers THE MOON IS BLUE, obwohl die PCA dem Film, der vorehelichen Geschlechtsverkehr thematisiert und »verbotene« Ausdrücke wie »virgin« und »pregnant« benutzt, das Siegel verweigert hat. Ed Sikov zufolge bezeichnet das Jahr 953 the beginning of the end of sexual repression in Hollywood cinema. […] Hollywood was most definitely pushing sexual revolution further than it had been allowed to be pushed since the heyday of the Production Code Administration, which cranked itself up in 934, a key year for the witty, speedy, and elegantly effervescent thirties.38
Der gelockerte Zugriff des Production Codes ist in LET’S DO IT AGAIN deutlich zu spüren. So steht Tanzen und Musik in LET’S DO IT AGAIN – wenig couvriert – für Sex ein. »You know, honey, how the Aztecs did it, how the Egyptians did it«, erklärt die »anthropologische« Tänzerin Lilly Adair Connies Verlobtem Frank McGraw im Nachtclub Chez Paul, was sie gleich auf der Bühne aufführen werde. Mit verführerischer Stimme fährt sie fort: »For instance, do you know how they do it in Haiti? In the 36 Vgl. hierzu auch »Remaking und die Hollywood Renaissance«, in diesem Band. 37 »What are the two great reasons for Jane Russell’s rise to stardom?«, fragt die Filmwerbung für THE OUTLAW frech. Vgl. z.B. www.filmsite. org/milestones940s_2.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 38 Sikov: Laughing Hysterically, S. 28f.
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South Seas? And Madagaskar! Honey!« »Dancing, she means«, fügt Gary feixend hinzu. »Isn’t she a charming girl?«, fragt er, nachdem Lilly sich zur Bühne begeben hat. »She sure is«, stimmt Frank zu, »only – I don’t understand her lingo.« »You will, when she dances«, antwortet Connie spitz. Unter Punkt VII des Production Codes bezüglich »Dances« heißt es: ». Dances suggesting or representing sexual actions or indecent passions are forbidden. 2. Dances which emphasize indecent movements are to be regarded as obscene.« Die Vorschriften zu Kostümen gehen ebenfalls auf das Thema ein: »4. Dancing costumes intended to permit undue exposure or indecent movements in the dance are forbidden.«39 In THE AWFUL TRUTH sind in der korrespondierenden Szene, in der Jerrys Freundin Dixie Belle im Nachtclub »My Dreams Are Gone with the Wind« singt, weder die Bewegungen Dixie Belles noch ihr Kostüm als riskant zu bezeichnen, »undue exposure or indecent movements in the dance« bewirkt lediglich die Windmaschine unter Dixies Füßen, die bei jedem Refrain ihr Kleid hochwirbeln lässt. In LET’S DO IT AGAIN hingegen verstößt Lillys Performance des »Zambezi Puberty Ritual« gegen alle oben zitierten Regeln, auch was anspielungsreiche Sprache betrifft: »I wanna make love the jungle way« und »I hear the call of the wild«, singt Lilly, in schwarzem Bikini und durchsichtigem schwarzen Nylonkostüm, die im Folgenden von vier »afrikanischen Buschmännern« umtanzt und durch die Luft gewirbelt wird. Die schwarze Katze, die schon in der letzten Szene von THE AWFUL TRUTH für weibliche Sexualität einstand, ist im Remake zur gefährlichen Raubkatze geworden:40 »My heart’s a tiger – tigers must be fed«, singt Lilly mit kreisenden Hüften, bevor sie sich mit einer gekonnten Bewegung ihres Rocks entledigt. Ihr Kostüm während des nun folgenden Tanzes besteht aus einem größtenteils durchsichtigen Bodysuit mit schwarzem Fellbesatz und einem Halbrock, der nach vorne hin offen ist. Diese hypertrophierte Inszenierung von Weiblichkeit als animalische, alles verschlingende Sexualität, die sich Connie später zu eigen macht, um Gary zurückzugewinnen, travestiert und parodiert (paranoide) Weiblichkeitstopiken, die zum Beispiel auch der Film Noir verhandelt.
What Is »Normal« Married Love? Sexualität in der Ehe Während Tanz im Remake für sexuellen Vollzug einsteht, dient Musik und Gesang der Verführung und dem Vorspiel. Im Premake reden sich 39 Zitiert nach: Steinberg: Reel Facts, S. 463. 40 The Black Cat heißt im Remake zudem einer der Nachtclubs, in denen Gary sich herumtreibt.
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die Protagonisten durch ihre Cleverness und Schlagfertigkeit in des anderen Herz (und Bett), im Remake übernehmen Songs diese Rolle: »Call of the Wild« oder »These Are the Things I Remember«4 und »Anyone But You«42 – das getrennte Paar in LET’S DO IT AGAIN versucht immerzu, sich mit Musik zu verführen und zurückzugewinnen. Schon kurz nachdem Gary aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist, stattet er Connie unter dem Vorwand Besuche ab, er könne nur auf seinem eigenen Klavier komponieren (das Instrument lässt sich wegen vorgenommener Umbauten nicht mehr aus dem Appartment bewegen). »I sort of missed the old place«, bemerkt Gary bei einem dieser Besuche und wirft dabei einen begehrenden Blick auf Connies verlängerten Rücken: »How about rights of visitation?« »No, thanks«, gibt diese kühl zurück, doch der Film inszeniert sie deutlich als sexuell unbefriedigte und vernachlässigte Ehefrau. Die Auffassung, dass ein erfülltes eheliches Sexualleben wichtiger Bestandteil einer »gesunden Ehe« sei, die auch in den Screwball Comedies schon verhandelt wird, hatte seit den 20er Jahren im gesellschaftlichen Diskurs kontinuierlich an Gewicht gewonnen: Sexual fulfillment had become a condition of true love. […] Individuals expected sex to be sensually and expressively pleasurable. This heightened the moral and psychological significance of the erotic aspect of sex. It created a new focus upon erotic technique and skill. Erotic fulfillment appeared as a new standard of successful love and marriage.43
In LET’S DO IT AGAIN geht es um ein Ehepaar, das genau diese sexuelle Befriedigung innerhalb der Ehe nicht findet. Gary vergnügt sich mit anderen Frauen; Connie, die den Worten ihrer Haushälterin Nellie zufolge 4 I see the park where after dark we did our dreaming / I see the bench and through a tree the moon is dreaming / I remember all our plans and our scheming / These are the things I remember / The way we’d sigh, the way we kissed, the way I’d hold you / The way you’d laugh at all the corny jokes I told you / And the funny way you’d pout when I’d scold you / These are the things I remember […]. 42 Anyone but you / Who kissed my lips would leave me cold / How unexciting their kiss would be / Anyone but you / That these two arms of mine might hold / Would just be wasting their time with me / While they were luring me on ever so sweetly / I’d indiscreetly tell them I’m yours completely / What am I to do / My heart has met its Waterloo / I know I never could love anyone but you […]. 43 Seidman: Romantic Longings, S. 7. Vgl. auch May: Homeward Bound, S. 8: »Sex was expected to strengthen the marriage, enhance the home, and contribute to each partner’s sense of happiness and well being. Healthy families were built upon the bedrock of good sex.«
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Aspirin schluckt, als wäre es Popcorn (eine entschärfte Version der sedierten fifties housewife), geht jeden Abend mit einer Wärmflasche ins Bett. Befriedigende eheliche Sexualität, ein perfektes Sexualleben wird nun nicht nur zum Zeichen und Beweis einer erfolgreichen Ehe: »Love and the very success of marriage had to be repeatedly proven through the sensual pleasures given and received in sex.«44 Sexuelle Performance wird offensichtlich Teil der Gender-Performance, die nur dann aufrecht erhalten werden kann, wenn sie konstant wiederholt wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird dieser Diskurs zunehmend verwissenschaftlicht und pathologisiert. Frauenzeitschriften, zum Beispiel, greifen in ihren Ratgeberrubriken zu Ehe und Sexualität mehr und mehr auf Psychiater und andere Mediziner zurück.45 Die Soziologen und Familienforscher Ernest R. Groves und Gladys Hoagland Groves verordnen 947 in ihrem Buch »The Contemporary American Family«: »Sex should be accepted as an asset of great value, and any problem connected with it should be dealt with quickly, frankly, and in the light of scientific knowledge. […] A satisfactory sex life should be achieved by both the man and the woman.«46 Männliche sexuelle Potenz wird mit der Fähigkeit verknüpft, Frauen sexuell zu befriedigen. »The psychological demands of [the male’s] sexual powers are greater than they have ever been before«, beobachtet der Soziologe und Eheberater Paul Landis mit Sorge: »Under the old scheme of values, he initiated the sex act and performed it to his satisfaction. There was no occasion for him to question his adequacy. Now, aware that he is supposed to satisfy his wife, and bring her to climax, he worries if he fails to achieve this.«47 In »Why Do WOMEN Dominate Him?« macht Robert Moskin 958 die neue sexuelle »Aggressivität« amerikanischer Frauen und ihre Forderung nach sexueller Befriedigung für den Rückgang männlicher Potenz verantwortlich.48 Die »sexuellen Probleme« des Mannes werden auf eine 44 Seidman: Romantic Longings, S. 94, meine Hervorhebung; vgl. auch May: Homeward Bound, S. 04. 45 Vgl. Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 52. 46 Groves/Groves: Contemporary American Family, S. 749, meine Hervorhebung. 47 Paul H. Landis: »What Is ›Normal‹ Married Love?«, in: Coronet (Oktober 957), Nachdruck in: Walker: Women’s Magazines, S. 36-4, hier S. 39. Landis kritisiert in seinem Artikel, dass die Flut an Veröffentlichungen zur ehelichen Sexualität falsche Standards setze und großen Leistungsdruck unter den Ehepartnern erzeuge (ebd., S. 37 u. passim). 48 Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 78. Die Reihe erschien 958 in den Februar- und Märzausgaben von Look zunächst unter dem Obertitel »The American Male« und wurde im selben Jahr unter dem
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tief greifende Krise der Männlichkeit zurückgeführt, die in den 50er Jahren mit großer Sorge diskutiert wird: »[S]cientists worry that in the years since the end of World War II, [the American male] has changed radically and dangerously; that he is no longer the masculine, strong-minded man who pioneered the continent and built America’s greatness«, warnt Moskin, dessen Artikel Teil einer Reihe der Zeitschrift »Look« zum »Decline of the American Male« ist.49 Bereits 942 hatte Philip Wylie mit seinem Buch »Generation of Vipers« das Schreckgespenst des momism in die Diskussion gebracht.50 Wylie zufolge waren dominante und überbesorgte Mütter Schuld an der Verweichlichung ihrer Söhne, die sich zum Beispiel in der hohen Zahl kriegsdienstuntauglicher junger Amerikaner,5 in der Unfähigkeit vieler GIs, die shoot-to-kill policy auszuführen, und, »schlimmstenfalls«, in homosexuellen Neigungen ausdrücke.
How Much Do We Know about Men? Männlichkeitskrisen II Die gesellschaftliche Diskussion um male gender trouble, die auch in vielen Hollywoodfilmen der Zeit (mehr oder weniger direkt) verhandelt wird, erhält mit der Rückkehr der Kriegsveteranen aus dem Zweiten Weltkrieg neuen Auftrieb und überdauert die gesamte folgende Dekadramatischeren Titel in Buchform herausgebracht: The Decline of the American Male, hg. v. Look, New York: Random House 958. Anstatt aktives weibliches Vorgehen entsprechend der zeitgenössischen Ideologie, die weibliche Sexualität als passiv und rezeptiv imaginierte, zu unterdrücken, verhandelt LET’S DO IT AGAIN diese Eigenschaft durch die Tänzerin Lilly Adair, und Connie muss sie erlernen, um Gary zurückzugewinnen. Zwar lässt sich einwenden, dass Lilly eine Parodie der sexuell aggressiven Frau darstellt, doch Lilly inszeniert und übertreibt in ihrer Performance ebensolche klischeehaften Weiblichkeitsstereotype selbstreflexiv und augenzwinkernd. Sie wird zudem für ihr Verhalten nicht bestraft, sondern bekommt am Ende des Films den Millionär Frank McGraw. Zur Repression weiblicher sexueller Aggression in den 50er Jahren und zur Ausnahmeposition, die das Komödiengenre hier einnimmt, vgl. Sikov: Laughing Hysterically, S. 38. 49 Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 77. 50 Philip Wylie: Generations of Vipers, New York: Rinehart 942; Amram Scheinfeld: »Are American Moms a Menace?«, in: Ladies’ Home Journal (November 945); Coughlan: Changing Roles, S. 4. Welche Bedrohung dominante Mütter für die Entwicklung ihrer Söhne darstellen und was schlimmstenfalls aus den sensiblen Muttersöhnchen der 50er werden kann, »zeigt« spätestens Hitchcocks PSYCHO (960). Vgl. hierzu auch Biskind: Seeing Is Believing, S. 338-34. 5 Mehr als zwei Millionen Amerikaner waren ausgemustert worden. Vgl. Kaledin: Mothers and More, S. 78.
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de.52 Der Eindruck einer Männlichkeitskrise geht dabei auf verschiedene Faktoren zurück: Die Wiedereingliederung der Soldaten in den Arbeitsmarkt und die Familien stellt sich wegen der durch den Krieg veränderten Geschlechterbeziehungen als problematisch dar. Definiert sich Männlichkeit in Abgrenzung zu Weiblichkeit, so zieht die Redefinition der weiblichen Rolle eine Destabilisierung der männlichen nach sich. Hinzu kommt die Sorge um die mentale Stabilität der Veteranen, um eine etwaige Verrohung durch die Kriegserlebnisse.53 Der Kinsey-Report zum Sexualleben amerikanischer Männer, der 948 erscheint und innerhalb von Wochen zum Bestseller wird, stellt viele traditionelle Annahmen bezüglich männlicher Sexualität in Frage. Kinseys Umfragen zufolge haben 85 Prozent aller US-amerikanischen Männer Geschlechtsverkehr vor der Ehe, fast 70 Prozent haben zumindest einmal sexuellen Kontakt mit einer Prostituierten, abhängig von gesellschaftlicher Schicht haben zwischen 27 und 37 Prozent außereheliche Affären, und 37 Prozent machen homosexuelle Erfahrungen; Befunde, die die Gerüchte über außereheliche und homosexuelle Kontakte vieler GIs während des Krieges zu bestätigen scheinen.54 52 Vgl. W. Norwood Brigance: »The Backwash of War. Effects on Men in Armed Forces and on American Civilians«, in: Vital Speeches of the Day 2/4 (. Dezember 945), S. 05-07; David L. Cohn: »Do American Men Like Women?«, in: Atlantic 78 (August 946); George H. Weltner: »Millions of Guilty Men«, in: Harper’s Magazine 94/60 (Januar 947); Albert Deutsch: »The Sex Habits of American Men«, in: Harper’s Magazine 95/7 (Dezember 947); Rockwell D. Hunt: »Shredded Men and Desiccated Society«, in: Sociology and Social Research 37 (952/953), S. 98-04; Lewis Paul Todd: »Editor’s Page: Mice or Men«, in: Social Education 7/4 (April 953), S. 49; Frank: How Much Do We Know about Men?; »The New American Domesticated Male. A Boon to the Household and a Boom for Industry«, in: Life 36 (04. Januar 955), S. 42-45; »Personal and Otherwise. The Loving Care of Determined Women, And What It’s Doing to Us«, in: Harper’s Magazine 2/263 (August 955); Lyndon: Uncertain Hero. The Paradox of the American Male; Helen Mayer Hacker: »The New Burdens of Masculinity«, in: Marriage and Family Living 9/3 (August 957), S. 227-233. 53 Vgl. Cohan: Masked Men, S. 46; May: Homeward Bound, S. 76. 54 Alfred Kinsey u.a.: Sexual Behavior in the Human Male, Philadelphia/ London: Saunders 948, S. 549-552, 585, 597 u. 623. Vgl. auch D’Emilio: Sexual Politics, S. 33-37. Dass Kinsey mit seinen Daten zur männlichen Homosexualität vermutlich zu hoch lag, haben spätere Studien herausgestellt (vgl. John Bancroft: »Alfred Kinsey’s Work 50 Years Later«, in: Alfred Kinsey u.a.: Sexual Behavior in the Human Female [953], Bloomington/Indianapolis: Indiana Unversity Press 998, S. a-r, hier S. c). Im vorliegenden Argumentationszusammenhang interessiert mich jedoch weniger die Korrektheit der Zahlen als die Wirkung des
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Der Kinsey-Report zur weiblichen Sexualität, der im selben Jahr veröffentlicht wird wie LET’S DO IT AGAIN,55 hat eine ähnlich beunruhigende Wirkung, scheint er doch zu belegen, dass die Zyklen weiblicher und männlicher Sexualität asymmetrisch verlaufen. Kinsey schließt aus seinen Befragungen, dass Männer die Höhe ihrer sexuellen Kapazität vor ihrem zwanzigsten Lebensjahr erreichen. Frauen hätten hingegen zwischen Ende Zwanzig und Anfang Dreißig ihre sexuell aktivste Phase, die daraufhin über Dekaden relativ stabil bleibe.56 Kinseys Bericht wird in den Medien, von Kirchenvertretern, Soziologen, Psychologen, Politikern und Journalisten intensiv diskutiert. Zitiert sei noch einmal Moskin: Experts […] believe that women, now free to enjoy sex, have, as Dr. Sapirstein puts it, »a far greater sexual potential than men.« Robert Elliott Fich, in The Decline and Fall of Sex, comments, »It is already remarkable that our younger generation shows signs of being fagged out and of having lost … the ›hunting instinct‹.«57
Frauen haben nicht nur eine stärkere Libido, sie leben auch länger und haben weniger Krankheiten – das jedenfalls besagen auch andere zeitgenössische Studien, auf die sich auch Moskin in seinem Artikel bezieht: »There are .53.000 more women than men in the United States. Eight Kinsey-Reports auf das zeitgenössische Verständnis von männlicher und weiblicher Sexualität. 55 LET’S DO IT AGAIN hatte im Juli 953 Premiere, der Kinsey-Report zur weiblichen Sexualität kam zwei Monate später in die Buchläden. Mir geht es also nicht um eine direkte Einflussnahme des Kinsey-Reports auf den Film, sondern um gesellschaftliche Stimmungen, akademische wie soziale Diskurse, die Hollywoodfilme aufgreifen und verhandeln, konstituieren und regulieren, unterlaufen und durchkreuzen. Das Remake verhandelt einen Diskurs um weibliche Sexualität, der seit Jahrzehnten in unterschiedlicher Intensität geführt wird (man denke etwa an die bedrohliche Femme fatale des Film Noir) und zu dem Kinsey gewissermaßen die statistischen Daten liefert. 56 Vgl. Kinsey: Sexual Behavior in the Human Female, S. 353f.; ders.: Sexual Behavior in the Human Male, S. 28-235. 57 Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 78. Kommentatoren verglichen die explosive Wirkung des Kinsey-Reports zur weiblichen Sexualität mit der einer Bombe. Vgl. hierzu Cohan: Masked Men, S. 58f. Für zeitgenössische Pressestimmen zu Kinseys »Sexual Behavior in the Human Female« s. »Kinsey in the News«, unter: www.pbs.org/wgbh/ amex/kinsey/sfeature/sf_response_female.html (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). Als wie subversiv Kinseys Veröffentlichungen empfunden wurden, zeigt sich z.B. daran, dass ein Komitee des US-Kongresses eine Untersuchung anstrengte, die Kinseys mögliche Verbindung zur Kommunistischen Partei überprüfen sollte.
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years ago, there were only 60.000 more. The average life span for American women is now 73 years: for men, 67.«58 Männer suchen Arztpraxen wegen hohen Blutdrucks, Magengeschwüren, Alkoholismus, Depressionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und immer häufiger wegen Impotenz auf.59 Diese wird (wie Homosexualität) zum männlichen Gegenstück weiblicher »Frigidität«, einem ebenfalls gefürchteten Schreckgespenst.60 Denn auch Frauen stehen unter sexuellem Leistungsdruck: Der weibliche Orgasmus avanciert zum neuen Standard für Weiblichkeit, sein Ausbleiben gilt als abnormal.6 Landis warnt: »Wives read, or they are told, that the ›complete‹ sexual performance includes orgasm. If they do not experience this, […] they begin to feel that they are a failure as a wife, that they are frigid or inadequate.«62 Einer konservativen Schätzung der 50er Jahre zufolge sind mehr als 40 Prozent aller Amerikanerinnen »frigide«; Frauen, die Schwierigkeiten haben, sexuelle »Erfüllung« zu finden, werden angehalten, rzte oder Psychologen aufzusuchen.63 Betty Friedan hat in The Feminine Mystique darauf hingewiesen, dass Sexualität in den 50er Jahren häufig als Ursache und Lösung aller Probleme und Unzufriedenheiten angesehen wurde, die das Leben einer happy housewife mit sich brachte; eine Beobachtung, die Brandon French zufolge auch für das Hollywoodkino zutrifft: »In films made from 953 to 956, the most politically reactionary and socially conformist phase of the fifties, women’s unhappiness is treated not as a measure of enforced inequality or relegation to an oppressed role, but of loneliness and sexual starvation.«64
58 Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 79; vgl. auch Frank: How Much Do We Know, S. 52f.; Kaledin: Mothers and More, S. 73. 59 Vgl. Cohan: Masked Men, S. 56; Sikov: Laughing Hysterically, S. 8. 60 Vgl. Coughlan: Changing Roles, S. 2; Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 80. 6 Vgl. Ryan: Womanhood, S. 62. 62 Landis: What Is ›Normal‹ Married Love?, S. 38. Landis fährt fort: »Often, too, they begin to feel cheated and resentful. They begin to doubt their husband’s ability as a lover.« 63 Vgl. Ryan: Womanhood, S. 62. 64 French: On the Verge, S. xxii; vgl. Friedan: The Feminine Mystique, S. 260. Frenchs Einteilung der 50er Jahre in drei distinkte Phasen mag bisweilen zu stark generalisieren, für LET’S DO IT AGAIN trifft die Beobachtung jedoch genau zu.
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I Want a Man That I Know Will Be Home. Die Happy Housewife und der Playboy Auch in LET’S DO IT AGAIN scheint es um Connies sexuelle, nicht um ihre berufliche oder persönliche Erfüllung zu gehen. Connie, ein gefeierter Musicalstar, hat ihre Karriere bei ihrer Heirat aufgegeben – wie einige Jahre später Doris Days Joe McKenna in Hitchcocks THE MAN WHO KNEW TOO MUCH (956). Kurz nach ihrer Trennung von Gary trägt sie Courtney zuliebe vor Investoren einige Stücke aus dessen neuestem Musical vor (Courtneys Star Lucy Warriner – ein direkter Verweis auf das Premake – ist nicht in der Stadt). Wer nun erwartet, Connie erhalte hier eine Chance, um ins Showgeschäft zurückzukehren, hat weit gefehlt. Die Szene dient dazu, Frank McGraw, einen reichen Minenbesitzer aus Alaska, als neuen Mann für Connie und als Rivalen für Gary einzuführen (die Rolle des Ölmillionärs Dan Leeson in THE AWFUL TRUTH). Frank, der Connie schon seit Jahren aus der Ferne verehrt, hält nach kurzer Zeit um ihre Hand an. »I retired from the stage to make a home and I want a man that I know will be home«, erklärt Connie ihre Wahl. Connie hat die Fifties-Ideologie der Ehefrau als happy homemaker perfekt verinnerlicht, vertauscht ihre Bühnenrollen mit ihrer »naturgegebenen« Rolle als Ehefrau, »to be the leading lady of [her husband’s] life«,65 »a full-time career in itself«, wie Mrs. Dale Carnegie ihren Leserinnen in »How to Help Your Husband Get Ahead« versichert.66 LET’S DO IT AGAIN ist in dieser Hinsicht deutlich ein Produkt seiner Zeit, deren Gender-Diskurse der Film kommentiert und verhandelt.67 In THE AWFUL TRUTH hingegen stellt sich der Konflikt zwischen Karriere und Haushalt nicht, keiner der beiden Eheleute scheint irgendeiner Arbeit nachzugehen, und Lucy Warriner zeigt keinerlei Interesse an der Rolle der housewive. Anders als im Premake steht im Remake das happy home im Mittelpunkt, das durch die Trennung Connies und Garys zerstört wird. Anders als Lucy zieht Connie nach der Trennung nicht in ein neues Ap-
65 Helen Welshimer: »›My Husband Says –‹. School for Brides«, in: Good Housekeeping (Februar 940), Nachdruck in: Walker: Women’s Magazines, S. 00-02, hier S. 02. 66 Mrs. Dale Carnegie: »How to Help Your Husband Get Ahead«, in: Coronet (Januar 954), Nachdruck in: Walker: Women’s Magazines, S. 2636, hier S. 27. 67 Für die perfekte Fifties-Familie fehlen Connie und Gary allerdings Kinder (vgl. Walker: Women’s Magazines, S. 99), was vermutlich der Vorlage geschuldet ist: In der Screwball Comedy sind die Protagonisten – ihrem Verhalten nach – selbst die Kinder. Im Remake ersetzt Gary das Kind, ihm gegenüber nimmt Connie eine Mutterrolle ein.
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partment, und auch Gary kehrt unter dem Vorwand, er könne nur auf seinem eigenen Klavier komponieren, immerzu in die ehemals gemeinsame Wohnung zurück. Dass Connies neuer Verlobter, Frank McGraw, ein homewrecker ist, wird auf nicht eben subtile Weise inszeniert: Frank demoliert (versehentlich) die Wohnungseinrichtung. Während Lucy über Jerrys Unfälle und Stürze lacht und ihr auch sonst vor allem der Spaß, das gemeinsame Lachen fehlt (»We had some great laughs together«, erinnert sie sich), wirken Connies Gefühle für Gary eher mütterlich. Courtney gegenüber gibt sie zu: »I’m still in love with him. I guess I always will be. I know that he’s crazy and unreliable and childish, but I can’t help it: I love him.« Ganz die mütterliche fifties housewive versorgt Connie Gary auch nach ihrer Trennung mit Kaffee und Kopfschmerztabletten.68 Connies Traurigkeit und ihre Probleme mit Gary sind – so impliziert der Film – sexueller Natur. Unglücklich ist Connie demnach nicht, weil sie ihren Beruf für die Ehe aufgegeben hat, sondern weil ihrem domestic bliss der sexual bliss fehlt, von dem der Erfolg einer Ehe nun abhängig gemacht wird. Suggeriert wird – erinnert sei an die filmische Verbindung von Musik und Sexualität –, Connie habe nicht nur ihre Karriere als Sängerin auf Eis gelegt, um die Rolle der perfekten Ehefrau zu spielen, auch im Schlafzimmer der Stuarts seien die Temperaturen seither frostig.69 Gary scheint Sex nun gänzlich aus dem Eheleben auszulagern.70 Der 68 Dem Regisseur Douglas Sirk scheint Jane Wyman als leidende, mütterliche Hausfrau gefallen zu haben: Er castete sie später für seine Melodramen MAGNIFICENT OBSESSION (954) und ALL THAT HEAVEN ALLOWS (955), in denen Wyman »ältere« (d.h. über dreißigjährige) Witwen mit jüngeren Liebhabern (beide Male Rock Hudson) spielt. 69 Dass Connie an »Frigidität« leidet, scheint ein Gespräch zwischen Gary und seinem Bruder Chet anzudeuten: Er verstehe nicht, warum Gary sich in Nachtclubs herumtreibe, wirft Chet ihm vor, Connie sei doch die perfekteste Ehefrau, die man sich wünschen könne. »Too perfect«, antwortet Gary. »If she weren’t so perfect I might not have to take so many chances.« »Too perfect« lässt sich als Verweis darauf lesen, dass Connie sich jederzeit unter Kontrolle hat und wenig von körperlicher Hingabe hält. Andererseits kann »perfect« auch bedeuten, dass Gary sexuell mit Connie nicht mitzuhalten vermag. 70 In Frauenzeitschriften können Ehefrauen wie Connie sich für ihre Situation Rat holen: Dorothy Thompson warnt amerikanische Frauen 953 im »Ladies’ Home Journal« davor, von ihren Ehemännern Treue zu verlangen (Thompson: What Is Wrong with American Women?). Im McCall’s nimmt sich ein Psychiater des »Problems« der Frigidität an (»The Doctor Talks About Frigidity«, in: McCall’s [April 957]). Tipps für Frauen, deren Ehemänner sich nachts in Bars herumtreiben, geben: Samuel Grafton: »Man Talk. The Intelligent Woman’s Monthly Guide to a Reasonably Happy Marriage«, in: Good Housekeeping (März 954); Felicia Quist:
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Konflikt zwischen beiden besteht offensichtlich darin, dass ihre Ansichten über Sexualität und Ehe entgegengesetzte Pole des diskursiven Spektrums der 50er Jahre besetzen: Connie orientiert ihr Verständnis einer funktionierenden Ehe am dominanten Familiendiskurs der 50er Jahre; von ihrem Mann erwartet sie Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein – das Schlagwort der Zeit heißt »maturity«:7 »In the 950s […] there was a firm expectation […] that required men to grow up, marry and support their wives. To do anything else was less than grown-up, and the man who willfully deviated was judged as somehow ›less than a man.‹«72 Um domestic bliss zu erzielen, muss harte Beziehungsarbeit geleistet werden: »It takes more than a marriage licence to make a wife – or a husband. It takes work«, wiederholt Connie eine der zeitgenössischen Ehe-Erfolgsformeln. Garys Ziel hingegen ist sexual bliss: Er ist dem Hedonismus der neuen »Playboy«-Ideologie verhaftet, dem konsumorientierten und erotisierten good life, das Hugh Hefner 953 in der ersten Ausgabe des »Playboy« als Alternative zum domestizierten, von seiner Frau dominierten family man entwirft: »We enjoy mixing up cocktails and an hors d’hœuvre or two, putting a little mood music on the phonograph and inviting in a female acquaintance for a quiet discussion on Picasso, Nietzsche, jazz, sex.«73 Die »images of cozy concupiscence and extra-marital consumerism«, die der »Playboy« vor seinen Lesern ausbreitet, stehen in bewusstem Gegensatz zum gesellschaftlichen Ideal des ernsthaften, verantwortungsbewussten, reifen Ehemannes, dem ja auch Gary nicht entspricht, charakterisiert Connie ihn doch als »unreliable and childish«: »Even the magazine’s name defied the convention of hard-won maturity – Playboy«, bemerkt Ehrenreich.74 Der Lebensentwurf des »sexual and material consumerism«,75 den das »Playboy«-Magazin für Männer propagiert, knüpft an das Konzept der fun morality an, die schon die love »Back Talk«, in: Good Housekeeping (März 954). 7 »[M]aturity […] required unstinting effort: developmental ›tasks‹ had to be performed, marriages had to be ›worked on,‹ individual whims had to be subordinated to the emotional and financial needs of the family. […] No one pretended that the adult sex roles – wife/mother and male breadwinner – were ›fun.‹ They were presented in popular culture as achievements, proofs of the informed acquiescence praised as ›maturity‹ […]« (Barbara Ehrenreich: The Hearts of Men. American Dreams and the Flight from Commitment, Garden City: Doubleday/Anchor 983, S. 45). 72 Ebd., S. f. 73 Zitiert nach: ebd., S. 44. Den alternativen Männlichkeitsentwurf des »Playboy« diskutiert Ehrenreich in ihrem Kapitel »Playboy Joins the Battle of the Sexes«, S. 42-5. 74 Ehrenreich: The Hearts of Men, S. 46. 75 Ebd., S. 45.
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companionships der 30er Jahre prägte. Zeigte bereits die Screwball Comedy, dass der fun vor allem zwischen den Ehen liegt, verortet die »Playboy«-Version ihn gänzlich außerhalb der Ehe und beansprucht ihn – anders als jene Filme – allein für die männliche Spezies.76 Gary lebt offensichtlich nach dem Motto seines Vorgängers Jerry in THE AWFUL TRUTH: »What wives don’t know won’t hurt them.« Anders als im Premake macht das Remake sehr deutlich, dass es nicht das erste Mal ist, dass Gary vorgibt, in Chicago zu sein (»He always does it«, sagt sein Bruder Chet). Connie hingegen ist, anders als Lucy, als perfect wife angelegt: »That’s not like her at all«, stellt Gary verwundert fest, als er Connie nicht zu Hause vorfindet. Im Gegensatz zu Connies Nacht mit Courtney, die der Film als Inszenierung (um Gary eifersüchtig zu machen) markiert, couvriert Gary seine »musical binges«, seine außerehelichen Affären, nicht eben sorgfältig. Die halbe Stadt weiß von seinen Indiskretionen. Mr. Stuarts Frau habe auch schon angerufen, berichtet ein New Yorker Türsteher Garys Bruder, der sich bei ihm erkundigt: »I alibied as usual. Said that he was in Chicago.« Auch Connie weiß, dass Gary sie belogen hat, bevor sie mit Courtney ausgeht: Ein Bote des Savoy hatte Garys Mantel vorbeigebracht, den dieser in der Nacht zuvor dort vergessen hatte. Während Connie sich im Folgenden fortwährend verteidigen muss (»Nothing happened at all. I was just trying to teach you a lesson«, versucht sie zu erklären), werden Garys Reisen nach »Chicago« und »Boston«, die ihn regelmäßig in weiblicher Begleitung in zwielichtige Nachtclubs New Yorks führen, nach der Trennung nie mehr thematisiert. Der Film scheint hier stillschweigend vorauszusetzen, dass die Ehe für Frauen ein natürliches Habitat darstellt, Männer hingegen in ihrer Freiheit beschneidet. Neale und Krutnik zufolge ist diese Konstellation in vielen Romantic Comedies der 50er Jahre zu finden: »Marriage [in these films] represents an end to the male fantasy of unbridled sexual liberty, to the ›playboy fantasy‹ common in these films which posits an idealized state of phallic omnipotence.«77 76 Vgl. ebd. 77 Krutnik/Neale: Popular Film and Televison Comedy, S. 70. Das Gefühl des Eingesperrtseins drückt sich im Remake in der Unmöglichkeit aus, Garys Klavier aus der Wohnung zu transportieren, weil die beiden Fenster, durch die das Instrument seinerzeit hereingebracht worden war, durch eine Glasbausteinwand ersetzt wurden, die sich nicht öffnen lässt (und durch die man noch nicht einmal hinausschauen kann). Auch Louis Lyndon spricht 956 in einem Artikel im Woman’s Home Companion vom »captive male«, der in den Vorstädten zu finden sei (Lyndon: Uncertain Hero, S. 4). PILLOW TALK (959) liefert die Karikatur dieses Diskurses; Brad (Rock Hudson) erklärt hier einem Freund die Schrecken der »Ehe-
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Deckgeschichten Doch der Film erlaubt, was Garys außerehelichen Eskapaden betrifft, auch eine Gegenlektüre. So häufig wird sein Fremdgehen erwähnt (aber nicht gezeigt), so wenig gleichberechtigt werden männliche und weibliche sexuelle Transgressionen behandelt, dass die Playboy-Inszenierung als filmisches Gegennarrativ zur zeitgenössischen Beunruhigung über unkontrollierbare weibliche Sexualität und die Krise der Männlichkeit lesbar wird: Entworfen wird demnach die screen fiction eines fremdgehenden Ehemannes, um die Vermutung abzuwehren, dass jenseits der Leinwand häufiger das Gegenteil der Fall ist, dass die Frau, die sexuelle Befriedigung außerhalb der Ehe sucht, sehr viel wahrscheinlicher ist.78 So erklärt auch Krutnik: These sex comedies were produced in and for an era of sexual selfconsciousness still reeling from the post-Kinsey Report sexology. The mechanistic detailing of sexual response and sexual frequency can be seen to have induced a marked paranoia concerning the norms of sexual behavior and sexual identity […].79
Zieht man in Betracht, dass Connie und Gary mittleren Alters sind,80 in einem Alter also, in dem die männliche Libido Kinsey zufolge schon seit geraumer Zeit abnimmt, lässt sich zudem – die filmische Diegese betreffend – argumentieren, dass Garys Affären vermutlich weniger durch unterkühltes Verhalten auf Seiten Connies ausgelöst werden, als durch eine Midlife-Crisis: Nicht dass seine sexuellen Triebe mit Monogamie falle«: »Before a man gets married, he’s like a tree in the forest. He stands there, independent, an entity unto himself. And then he’s chopped down. His branches are cut off, he’s stripped of his bark, and he’s thrown into the river with the rest of the logs. Then this tree is taken to the mill – and when it comes out, it’s no longer a tree. It’s the vanity table, the breakfast nook, the baby crib, and the newspaper that lines the family garbage can.« Zur Playboy-Ideologie in PILLOW TALK vgl. Cohan: Masked Men, Kap. 7 »The Bachelor in the Bedroom«, S. 264-303. 78 Vgl. z.B. Landis: What Is ›Normal‹ Married Love?, S. 39; Betty Friedan: »The Sex-Seekers«, in: dies.: The Feminine Mystique, S. 25828. Der Film inszeniert nach dieser Lesart also das Gegenteil dessen, was er zunächst zu verhandeln scheint, resp. er bietet eine Lektüre, die der Playboy-Narration zuwiderläuft. 79 Krutnik: Faint Aroma, S. 6. 80 Das gilt jedenfalls für die 50er Jahre, in denen das durchschnittliche Heiratsalter bei Anfang Zwanzig lag. Gary und Connie sind beide über die Dreißig hinaus (Jane Wyman war während der Dreharbeiten Mitte Dreißig, Ray Milland Ende Vierzig).
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unvereinbar sind, ist das eigentliche Problem, sondern dass er das Nachlassen dieser Triebe zu verspüren meint. Garys Fremdgehen, seine weiblichen Eroberungen, wären demnach der Versuch, sich seiner Männlichkeit wieder zu versichern: »[M]any men are preoccupied with sex relations because they are troubled about their sexual capacity and try to prove their masculinity through many sexual conquests«, erklärt Lawrence Frank seinen Lesern 955 im »Look«-Magazin.8 Diese Gegenlektüre lässt sich weiterdenken: Die Tatsache, dass Gary und Connie keine Kinder haben und dass auch bis zum Ende des Films, anders als in vielen Romantic Comedies der Zeit, zum Beispiel in PILLOW TALK (959), LOVER COME BACK (96) und THAT TOUCH OF MINK (962), keine in Aussicht stehen, erlaubt Spekulationen über etwaige Potenzprobleme Garys. Seine ostentative Selbstdarstellung als Playboy kann so als Deck-Inszenierung gedeutet werden, nach der auch Connie wissentlich (und gegen Ende des Films erfolgreich) ihre Rolle als betrogene Ehefrau spielt. Warum vergisst Gary seinen Mantel so achtlos im Savoy? Warum unterhält er seine Affären nicht wirklich in einer anderen Stadt, in der ihn niemand kennt? Möglicherweise sagt Gary (unfreiwillig) die Wahrheit, wenn er – den ertappten Ehebrecher spielend – seine Unschuld beteuert. Das nachdrückliche »Nein« bedeutet ausnahmsweise wirklich einmal »Nein«, die metaphorische Ersetzung von Sex durch Musik ist hier ausgesetzt: Auf seinen nächtlichen Ausflügen durch New Yorks Musikbars passiert in der Tat nichts. Gary und Connie spielen nach dieser Lesart also Theater, um Garys male anxieties zu therapieren, inszenieren das Klischee des straying husband, obwohl beide wissen, dass es sich eigentlich andersherum verhält, dass Connie Affären mit anderen Männern unterhält. Die filmische Inszenierung Garys als Playboy weist also zahlreiche Inkongruenzen und Brüche auf. David N. Rodowicks Überlegungen zum Hollywoodmelodrama der 50er Jahre lassen sich auch für die Musical Comedy LET’S DO IT AGAIN geltend machen: »[W]hat ideology cannot admit appears as contradiction within the work of the text, and what the text cannot resolve it must displace and attempt to work out at another level or within another problematic.«82 Ein filmischer Ort, an den das Problem unkontrollierbarer weiblicher Sexualität in LET’S DO IT AGAIN verschoben wird, ist die Tanzperformance, von der mit Bezug auf Production-Code-Übertretungen schon die Rede war. Werden die Differen8 Frank: How Much Do We Know, S. 58. 82 David N. Rodowick: »Madness, Authority, and Ideology in the Domestic Melodrama of the 950s« [982], in: Gledhill: Home Is Where the Heart Is, S. 268-280, hier S. 270. Vgl. hierzu auch »Hysterischer Text«, in diesem Band.
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zen und Gegensätze des streithaften Paares in der Classical Musical Comedy auf der Tanzfläche verhandelt und schließlich beseitigt, zielt der Paartanz also letztlich auf Vereinigung und Versöhnung ab,83 so wird Tanz auch in LET’S DO IT AGAIN zum filmischen Zeichen für gender trouble, Sexualität, Begehren und sexuellen Vollzug. Abigail Feder hat für Filme der 50er Jahre gezeigt, dass (sexuelle) Spannungen und Probleme in der Diegese häufig über Tanzperformances ausgedrückt werden: »[D]ancing with the wrong partner, inability to dance, women dancing alone and disrupted dances were all mise-en-scène devices signifiying what the narrative could not directly express.«84 Während Lilly Adair sich beim »Zambezi Puberty Ritual« statt mit einem gleich mit vier Tanzpartnern vergnügt, tanzt Connie während ihrer »Call-of-the-Wild«Performance ohne Partner – Feder zufolge ein filmisches Zeichen für unkontrollierbare, explosive weibliche Sexualität.85 Zwar finden diese Tänze vor Publikum statt, die Frauen werden also zu fetischisierten Blickobjekten und tanzen nicht allein zu ihrer eigenen Befriedigung. Gleichzeitig geht es in den Tänzen jedoch um weibliches Begehren und aggressive weibliche Sexualität (»My heart’s a tiger – tigers must be fed«). Nur einen einzigen Paartanz weist die Musical Comedy auf – Frank McGraw und Connie tanzen nach Lillys Auftritt im Chez Paul zusammen – und auch hier geht es um sexuelle Kompatibilität und sexuellen Vollzug. Anders als sein Vorgänger Dan Leeson in THE AWFUL TRUTH erweist sich Frank als guter Tänzer, der mit Connie auf der Tanzfläche (und die Implikation ist: nicht nur hier) bestens harmoniert. Gary versucht eifersüchtig, den Tanz zu unterbrechen, indem er statt des langsamen Stückes »the hottest Cuban mambo« spielen lässt. Sehr zu seinem Missbehagen (»Do you have a good vintage year for arsenic?«, fragt er den Kellner resigniert) beherrschen Frank und Connie jedoch auch diesen schnellen, lustvollen Tanz. Neben den Tanzperformances verschiebt LET’S DO IT AGAIN seinen male trouble in die filmischen Paratexte, Filmposter oder lobby cards,86 mit denen der Film beworben wurde: Das Photo auf einer lobby card 83 Rick Altman: The American Film Musical, Bloomington: Indiana University Press 989, S. 63. 84 Abigail Feder: »›Can You and I Really Dance Together?‹ Dance as Signifier for Sexual Intercourse in 950s Hollywood«, in: Proceedings of the Conference on Film and American Culture, April -4, 993, Williamsburg: Roy R. Charles Center, College of William and Mary 994, S. 522, hier S. 5. 85 Vgl. ebd., S. 20. 86 Als lobby cards werden jene Photokarten bezeichnet, die in den Glaskästen der Kinofoyers ausgestellt und mit denen die Filme beworben werden.
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[Abb. 3] etwa zeigt Gary in Connies hellgelbem Bademantel (eine Reminiszenz an Cary Grant im federbesetzten Negligé in BRINGING UP BABY), den er verschämt über der Brust zuhält. Zwischen ihm und Frank McGraw (im dunklen Anzug) steht Connie, ebenfalls im Bademantel, die sich Frank mit betretener Miene zuwendet. Der wiederum fixiert Gary väterlich mit einem halb drohenden, halb amüsierten Gesichtsausdruck. Die lobby card vermittelt den Eindruck, dass Gary, nicht Frank, der illegitime (und hier deutlich emaskulierte) Liebhaber Connies ist.87 Den linken Rand der lobby card ziert Connie in einem engen, schwarzen, hoch geschlitzten und tief ausgeschnittenen Kleid, die in aufreizender tänzerischer Pose deutlich als Vamp inszeniert ist. Zu ihren Füßen sind die Köpfe Garys und Franks platziert. Während Frank selbstbewusst und zuversichtlich in die Kamera lächelt, blickt Gary, kleiner und leicht unter Frank angesiedelt, zweifelnd zur Seite. Sein Kopf wird noch dazu von Connies linkem Bein halb verdeckt: Connie hat Gary buchstäblich »unter dem Pantoffel«.88 Die lobby card gibt also folgende Lektüreanweisung für LET’S DO IT AGAIN: In dieser Romantic Comedy geht es um male anxieties vor gefährlicher weiblicher Sexualität (Connie als Vamp, der Männer mit Füßen tritt) und übermächtigen, strafenden Vätern. Der Film macht wiederholt deutlich, dass Gary Connies sexuellen Ansprüchen offensichtlich nicht genügt. So geht es immerzu um den Unterschied zwischen echten Männern und Jungen: Das »Zambezi Puberty Ritual« zum Beispiel beschreibt Lilly als »the kind of dance where they separate the men from the boys«. Als Gary in einer Szene versehentlich Courtneys Hut aufsetzt, ist im dieser zu groß und rutscht ihm fast bis über die Augen. Gary wirkt wie ein Kind, das die Sachen seines Vaters trägt. »He can’t fill his shoes« ist die Redensart, die der Film hier – auf der vertikalen Ebene nach oben verschoben – inszeniert. (Die Dingsymbolik des mit Freud’scher Psychoanalyse liebäugelnden Fifties-Hollywoods ist oftmals nicht eben subtil).89 Während Courtney selbst wenig 87 In der Szene des Films, die mit diesem Still korrespondiert, sind Connie und Frank bereits verlobt. Gary, der nach wie vor das Klavier in Connies Appartment benutzt, hat die ganze Nacht komponiert, während Connie im Nebenzimmer schlief. »Vorgefallen« ist zwischen den beiden NochVerheirateten nichts, auch wenn Frank, der Gary nach seiner morgendlichen Dusche im Bademantel antrifft, das vermutet. 88 Die lobby card inszeniert außerdem die Redewendung »to walk all over someone«. 89 Zu den männlichen Sexualsymbolen im Traum schreibt Freud: »Warum Hut und Mantel [diese] Verwendung gefunden haben, ist gewiß nicht leicht zu erraten, aber deren Symbolbedeutung ist ganz unzweifelhaft […]« (Freud: Die Symbolik im Traum, S. 65).
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Abb. 3: Male trouble: Die lobby card von LET’S DO IT AGAIN
maskulin, fast als sissy angelegt ist, ist mit Blick auf Connies neuen Verlobten Frank McGraw von einem »Decline of the American Male« nichts zu bemerken. Anders als seine Vorgängerfigur Dan Leeson/Bruce Baldwin in THE AWFUL TRUTH, der Jerry Warriner/Cary Grant in keiner Hinsicht das Wasser reichen kann, verkörpert Frank McGraw »rohe«, »ursprüngliche« Maskulinität. Im Gegensatz zu Gary, der durch New Yorks Clubs zieht und sich nach einer durchwachten Nacht am Klavier von Connie mit Kopfschmerzmitteln und Kaffee versorgen lässt, ist Frank ein kerngesunder, athletischer Naturbursche90 aus Alaska, dem das dekadente städtische Nachtleben fremd ist. Er ist so kräftig, dass er mit bloßen Händen Klaviere stemmt und versehentlich das Treppengeländer der Stuarts aus der Verankerung reißt. Gary wirft diese Demonstration von Männlichkeit so aus dem Gleichgewicht, dass er rücklings vom Stuhl fällt, die einzige Slapstick-Einlage, die das Remake von seinem Vorgänger übernimmt. Auch Franks »hunting instinct«9 ist deutlich ausgeprägt: 90 Frank McGraw ist, wie einige Jahre später Tom MacKenzie (Sonny Tufts) in THE SEVEN YEAR ITCH, die Sorte Mann, bei der verheiratete Frauen schwach werden – das glauben jedenfalls die eifersüchtigen Ehemänner. Dargestellt wird Frank von Aldo Ray, der schon in PAT AND MIKE (952) einen Athleten (wenn auch einen relativ erfolglosen) gespielt hatte. 9 Der Verlust des »hunting instinct« ist in zeitgenössischen Texten zur Kri-
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Nachdem er sich in Connie verliebt hat, verfolgt er die zunächst Widerwillige mit solcher Beharrlichkeit, dass sie seinen Avancen schließlich nachgibt. Anders als Dan Leeson, der im Premake enttäuscht zu seiner Mutter zurückkehrt (»One thing I learned from you, Lucy«, sagt Dan zum Abschied: »A mother is a man’s best friend«), ist Frank am Ende mit Lilly Adair liiert, die keinen Zweifel daran lässt, dass sie keinen Jungen, sondern einen Mann will: »The men have been separated from the boys«, versichert sie Gary am Telefon, bevor sie sich wieder ihrer neuesten Eroberung zuwendet.
Was There Ever a Feathersville? Dass Connie weniger frigide als sexuell unbefriedigt ist, dass sich die Eheprobleme der Stuarts weniger auf Connies »Gefühlskälte« zurückführen lassen als auf Garys Midlife-Crisis, wird durch diesen filmischen Paralleldiskurs also angedeutet, im Folgenden allerdings nicht in die diegetische Lösungsstrategie des Films einbezogen. In Einklang mit den Eheratgebern der Zeit ist für die Lösung dieser Probleme im Hollywood der 50er Jahre die Frau zuständig: »Be sure to do more than your share«, wird diese in der Presse aufgefordert. »Strive to save your marriage, not to save your face.«92 Als Connie gelernt hat, auf Garys sexuelle Phantasien zu reagieren, betrachtet die filmische Diegese die Ehe offenbar als gerettet. Der doppelte Standard, den LET’S DO IT AGAIN durch seine Playboy-versus-Housewife-Narration bezüglich weiblicher und männlicher sexueller Bedürfnisse und der Legitimation außerehelicher Abenteuer vorrangig inszeniert, wird besonders deutlich, wenn der Film auf der Folie des Premakes gelesen wird, wenn also sichtbar wird, was das Premake verändert oder auslässt. THE AWFUL TRUTH repräsentiert die Ehe als Freiheitsbeschneidung beider Partner und lässt sowohl in Jerrys als auch in Lucys Fall offen, ob der Ehebruch begangen wurde oder nicht. Der Film legt es jedoch in beiden Fällen nahe. Was Jerry anbetrifft, so hat er in jedem Fall bezüglich seines Aufenthaltsortes gelogen: Er war nicht in Florida, vermutlich hat er die Stadt überhaupt nicht verlassen. In der ersten Szene des Films bräunt er sich im Gotham Athletic Club unter dem Solarium, um bei seiner Rückkehr Floridabräune vorweisen zu können. Doch Jerrys Maskerade schlägt fehl. »You didn’t happen to mention
se des amerikanischen Mannes neben »fatigue«, »passivity«, »anxiety« und »impotency« ein Zeichen schwindender Männlichkeit (vgl. Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 78f.). 92 Vgl. etwa Adams: What Makes Wives Dissatisfied?, S. 2. Vgl. auch Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 62, 65, 69f. u. 209.
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in any of your letters what a terrible rainy spell they were having in Florida – the papers were full of it«, bemerkt Lucy wie beiläufig und beobachtet den sonnengebräunten Jerry dabei aufmerksam. Dass Jerry nicht in Florida war, findet sie zudem dadurch bestätigt, dass die Orangen, die er ihr angeblich von seiner Reise mitgebracht hat, durch ihren Stempel als kalifornische ausgewiesen sind. Jerrys Schuld ist zumindest dahingehend bewiesen, dass er seiner Frau nicht die Wahrheit gesagt hat. Was Lucys »Affäre« angeht, wird das Publikum zunächst sehr viel mehr im Dunkeln gelassen. Anders als Jerry wird sie vor ihrer Ankunft im Haus der Warriners in Begleitung ihres Gesangslehrers Armand Duvalle nicht gezeigt. Sie sei nachts nicht nach Hause gekommen, so erklärt sie einem misstrauischen Jerry, weil Armand und sie auf der Rückfahrt von einer Feier wegen einer Autopanne in einem Motel hätten übernachten müssen. Armand versucht ihr zu Hilfe zu kommen: »I am a great teacher, not a great lover«, erklärt er würdevoll.93 »That’s right, Armand, no one could ever accuse you of being a great lover«, wirft Lucy ein und fügt dann hastig hinzu: »That is, I mean to say, well – well, who is to say whether you are or not? It’s all so silly.« Sind die Zuschauer am Anfang des Films noch geneigt, Lucy Glauben zu schenken, wirft das Ende des Films neues Licht auf die Geschichte. In dieser Sequenz fährt Jerry die (angeblich) betrunkene Lucy im Anschluss an ihre Performance bei den Vances zum Haus ihrer Tante Patsy in Connecticut. Lucy ist zu diesem Zeitpunkt also schon fest entschlossen, Jerry zurückzugewinnen. Auf dem Weg nach Connecticut wiederholt sich nun eben jene Geschichte, die sich (angeblich) mit Armand ereignet hat – darauf hat auch Cavell hingewiesen.94 Nur dass Lucy am Verlauf des Geschehens nicht eben unbeteiligt ist: Das Auto ist nicht mehr fahrtüchtig, weil Lucy es absichtlich in einen Graben hat rollen lassen. Wie zuvor Lucy und Armand müssen nun Lucy und Jerry unter einem Dach übernachten, diesmal nicht in einem Motel, sondern im Haus der Tante, die im Übrigen – sehr zu Lucys (wenig glaubhaft inszeniertem) Erstaunen – nicht anwesend ist. Lucy mag zwar in der Gesangslehrer-Affäre mit Bezug auf die Autopanne und die Übernachtung im Motel die Wahrheit gesagt haben. Die Tatsache, dass sie die Autopanne in dieser Spiegelsequenz absichtlich herbeiführt, legt allerdings den Schluss 93 Damit widerspricht Armand allerdings nicht nur seinem Ruf als Franzose und Musiker, topischen Liebhaberfiguren in Literatur und Film, sondern auch dem seines Namensvetters Armand Duval, der in Alexandre Dumas’ La Dame aux Camélias (848) in der Tat einen »great lover« darstellt. Der Name »Armand« bildet zudem eine Assonanz zum französischen l’amant (der Liebende, der Geliebte, auch: Nebenbuhler, Galan). 94 Vgl. Cavell: Pursuits of Happiness, S. 253.
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nahe, dass sie die verfängliche Situation mit Armand ebenso voluntaristisch herbeigeführt hat, wie sie es jetzt mit Jerry tut. Und dass das Erklärungsmodell »Autopanne und Motelübernachtung« sich nicht wechselseitig mit Ehebruch ausschließt, zeigt sich im Folgenden daran, dass es zwischen Jerry und Lucy dann genau zu der Situation kommt, zu der es angeblich mit Armand nicht gekommen ist.95 Lucy reinszeniert also für und mit Jerry ihre Nacht mit Armand. Für die Tatsache, dass er der gehörnte Ehemann ist, spricht nicht nur ihr offensichtlich großes Vergnügen an dieser Inszenierung, sondern auch die Kuckucksuhr, die cuckoo clock über der Zimmertür, die den cuckolded husband aufruft. Auch die schwarze Katze, die sich zunächst auf Lucys Bett, dann auf der Türschwelle räkelt und dabei die Verbindungstür zwischen den Schlafzimmern versperrt, deutet auf einen Ehebruch Lucys: Steht sie doch im kulturellen Repertoire für promiske weibliche Sexualität, weshalb Lucy das Tier, das der Versöhnung mit Jerry buchstäblich im Wege ist, wiederholt ärgerlich verscheucht.96 Im Remake LET’S DO IT AGAIN wird diese Episode bezeichnenderweise ganz anders gelöst. Connie erklärt ihr nächtliches Ausbleiben wie Lucy: Wegen einer Autopanne habe man in einem Örtchen namens Feathersville im Motel The Shady Nook übernachten müssen.97 Der misstrauische Ehemann Gary findet nach kurzer Zeit heraus, dass es weder das Motel The Shady Nook noch den Ort Feathersville gibt. Zunächst 95 Plausibel erscheint vielmehr, dass Armand ebenso auf ihrer Türschwelle herumgelungert hat, wie Jerry es in den letzten Szenen des Films tut, dass Lucy ihn ebenso verführt hat, wie sie Jerry nun verführt. Diese Lesart wird auch dadurch bestätigt, dass Lucy Armand darum bittet, ihre Darstellung der Nacht Jerry gegenüber zu bestätigen: »I wonder if you could convince him that everything was just as I said it was that night at the inn – you know, the night.« 96 »The cat […] (and especially the black cat) has long been seen as an image standing in for female promiscuousness and prostitution. The black cat on the bed in Manet’s Olympia is only one example of this, as is the cat that is stereotypically the witch’s pet of choice« (Tamara Tracz: »Dishonored«, in: senses of cinema, unter: www.sensesofcinema.com/ contents/cteq/05/35/dishonored.html; letzte Abfrage: 2. Mai 2007). Bereits die ägyptische Göttin der weiblichen Sexualität und Fruchtbarkeit, Bastet, wurde als Katze dargestellt; Prostituierte werden seit dem frühen 5. Jahrhundert als Katzen bezeichnet; in Literatur und Kunst fungieren sie häufig als Metaphern für zerstörerische, untreue und gefährliche Frauen. Vgl. hierzu Katharine M. Rogers: The Cat and the Human Imagination. Feline Images from Bast to Garfield, Ann Arbor: University of Michigan Press 998, S. 65-85, v.a. S. 73-79. 97 Auch das Remake arbeitet also mit den Assoziationen und Implikationen von Wörtern: shady bedeutet »dunkel«, »zweifelhaft«, nook bezeichnet eine Ecke oder einen Winkel.
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sieht es also so aus, als sei Connies Alibi widerlegt. Das Remake scheint hier auszubuchstabieren, was das Premake in der Schwebe hält: Connie hat offensichtlich gelogen, der Affäre mit ihrem Gesangslehrer Courtney scheint sie überführt. Diese Einsicht wird aber nur eingeführt, um sie gleich darauf wieder zu verunsichern. Gary dreht die awful truth über seine Noch-Ehefrau Connie nämlich einfach um: Wenn es kein Feathersville und kein Shady Nook gibt, gab es auch keinen One-Night-Stand (und Garys Ehre müsste demnach keine Federn lassen); ist der erste Teil der Geschichte erfunden, so auch die Implikation, die mit ihr einhergeht. Dass er nun noch immer nicht weiß, wo Connie in besagter Nacht war, interessiert fürs Weitere nicht – ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass es Gary vor allem um die Aufrechterhaltung seiner Männlichkeits- und Playboy-Performance geht, ist seine männliche Ehre doch zunächst wiederhergestellt: »Was there ever a Feathersville?«, fragt er Connie erst in der letzten Szene, als sie sich bereits in den Armen liegen. »Feathersville is where you find it«, antwortet Connie geheimnisvoll. Sie wiederholt damit Garys eigene Worte. Auf Connies Beteuerung: »You know it yourself, there isn’t any Feathersville«, hatte er zuvor genau so geantwortet: »Feathersville is where you find it.« Connies verbale Aneignung ist Zeichen dafür, dass sie im Laufe des Films gelernt hat, Garys Motto gemäß zu agieren (»What wives/husbands don’t know, won’t hurt them«), einem Motto, das die populäre Ratgeberkolumnistin Dorothy Dix bereits in den 20er Jahren ausgegeben hatte: »Let well enough alone« is a fine matrimonial slogan and as long as husband and wife are good actors it is the part of wisdom for their mates not to pry too deeply into the motives that inspire their conduct. […] What we don’t know doesn’t hurt us in domestic life, and the wise do not try to find out too much.98
Die Ehe als Theater/das Theater der Ehe »[C]ertain emotional truths can only be expressed by false facades […] [and] the best, most enduring romances thrive on measured distortion«, charakterisiert Sikov die Screwball Comedy.99 Auch THE AWFUL TRUTH ist geradezu obsessiv mit Schauspiel, Performance und Maskerade befasst: Lucy und Jerry nehmen die Rede davon, jemandem eine Szene zu 98 Dorothy Dix, zitiert nach: Robert S. Lynd/Helen Merrell Lynd: Middletown. A Study in Contemporary American Culture, London: Constable 929, S. 20, meine Hervorhebung. Die Journalistin Dorothy Dix verfasste täglich Ratgeberkolumnen zu Ehe, Partnerschaft, Kindererziehung, Haushaltsführung etc., die in verschiedenen regionalen Zeitungen erschienen. 99 Sikov: Screwball, S. 76.
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machen (to make a scene), äußerst wörtlich – und sie beziehen auch ihre Mitmenschen in die Aufführung »Ehe« mit ein: »Take another bow. That wasn’t a bad performance considering no rehearsals or anything«, sagt Jerry zu Armand, nachdem dieser ausführlich seine Unschuld beteuert hat.200 »And you’ll forgive me for my car’s imperfect performance?«, hatte Armand zuvor gescherzt. Für sein eifersüchtiges Verhalten entschuldigt sich Jerry später Lucy gegenüber mit den Worten »I don’t know why I acted that way.« Wie in HIS GIRL FRIDAY verlangt die Spielanordnung auch hier, (Lügen-)Geschichten zu erzählen und Performances aufzuführen. Es geht nicht darum, die Wahrheit zu sagen – die Wahrheit ist immer unglaubwürdiger als die gekonnt inszenierte Performance –, sondern darum, überzeugend zu sein. Die Person, an die die Performance sich richtet, hat wiederum die Aufgabe, diese zu durchschauen.20 Als Jerry von seiner vorgetäuschten Floridareise zurückkommt und feststellen muss, dass Lucy die ganze letzte Nacht nicht nach Hause gekommen ist (und sie zudem noch mit Armand Duvalle verbracht hat), scheint er sich mehr über die Unglaubwürdigkeit der Geschichte, die die beiden ihm auftischen, zu ärgern, als über den (möglichen) Ehebruch seiner Frau. JERRY:
Don’t try to change the subject. You think a great offence is a great defense. Don’t try to justify your behavior by insinuating things about me!
LUCY:
But I haven’t any behavior to justify! I’ve just been unlucky, that’s all. You’ve come home and caught me in a truth and it seems there’s nothing less logical than the truth.
JERRY:
Mmhh, a philosopher, huh?
LUCY:
You don’t believe me?
JERRY:
Oh, how can I believe you? »The car broke down.« People stopped believing that one before cars stopped breaking down.
LUCY:
Well, his car’s very old.
JERRY:
Well, so is his story.
200 LET’S DO IT AGAIN wiederholt das: »Your wife’s greatest performance«, bemerkt Deborah Randolph Gary gegenüber vieldeutig, nachdem Connie (als Garys Schwester) auf der Party der Randolphs das »Zambezi Puberty Ritual« aufgeführt hat. 20 Dass Dan Leeson für Lucy nicht der Richtige ist, zeigt sich unter anderem daran, dass er nicht bemerkt, wie unecht und aufgesetzt Dixie Belles Südstaaten-Akzent ist. Auch Bruce Baldwin in HIS GIRL FRIDAY (ebenfalls dargestellt von Ralph Bellamy) ist deswegen nicht der Richtige für Hildy, weil er Walters und Hildys Inszenierungen und Maskeraden nicht lesen, geschweige denn selbst welche inszenieren kann.
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Jerry hingegen hat seine Aufführung groß angelegt: Er hat nicht nur daran gedacht, Lucy von seiner »Reise« ein Geschenk mitzubringen, er hat ihr auch täglich Briefe aus »Florida« geschrieben und sich Floridabräune zugelegt – eine aufwendige Inszenierung, die nur wegen kleiner Unachtsamkeiten Jerrys durchschaubar wird. Wie zentral der Aspekt der Inszenierung in Lucys und Jerrys Beziehung ist, zeigt sich auch daran, dass Jerry sich seiner Gefühle für Lucy während eines ihrer Konzerte erinnert, während einer Performance also. Ganz buchstäblich verfällt er ihrem Charme (he falls for her), verliert samt Stuhl das Gleichgewicht und kracht mit großem Getöse zu Boden. In ihrer Dixie-Belle-Performance bei den Vances ist Lucy später dann so überzeugend – sie macht die Familie glauben, sie sei Jerrys Schwester Lola Warriner (they fall for it) –, dass sie Jerry endgültig für sich gewinnt. Und nicht nur Lucys SchwesternInszenierung ist eine gekonnte Performance, auch Jerry schauspielert vor den Vances, inszeniert sich als belesener und höflicher Schwiegersohn. Zu diesem Zeitpunkt verschiebt sich das Ziel ihrer Auftritte: Beide versuchen nicht mehr, sich gegenseitig hereinzulegen, sondern arbeiten gemeinsam daran – Jerry zunächst unfreiwillig, dann mit zunehmendem Enthusiasmus –, die Vances glauben zu machen, sie seien ein Geschwisterpaar. Der Schluss, den das Insistieren auf Schauspiel- und Maskeradestrategien nahelegt, ist, dass auch Jerrys und Lucys remarriage nur another performance sein wird.202 Der Film buchstabiert damit die Topik des »Ehetheaters« aus: »Like the most conventional definition of a play, marriage is constituted as a spectacle that denies its audience the ability either to look away from it or equally to intervene in it«, schreiben Andrew Parker und Eve Sedgwick: »[L]e mariage, c’est les autres: like a play, marriage exists in and for the eyes of others.«203 Die ganze erste Szene im Haus der Warriners, in der sie sich in Anwesenheit ihrer Freunde zunächst aufs Herzlichste begrüßen, um direkt im Anschluss ein Eifersuchtsdrama zu inszenieren, wirkt wie eine gut einstudierte Aufführung. Als die Freunde aufbrechen wollen, fordern beide Eheleute sie zum Bleiben auf: »Well, you don’t all have to go, do you?«, fragt Jerry, und Lucy 202 Auch die Romanze zwischen Barbara Vance und Jerry, die der Film in einer raschen Montage verfilmter Zeitungsmeldungen präsentiert, ist eine deutliche Inszenierung: Die Bilder, die das Paar auf der Pferderennbahn, beim Rennbootfahren, im Footballstadion und beim Tanzen zeigen, stellen eine »Verliebt-Verlobt-Verheiratet-Performance« nach, wie sie im Buche steht (resp. wie wir sie aus Hollywood kennen). 203 Parker/Sedgwick: Performativity and Performance, S. . Sedgwick und Parker sprechen von der »topic of marriage itself as theater […], continually reorienting around itself the surrounding relations of visibility and spectatorship […]« (ebd.).
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pflichtet bei: »It’s silly to go so soon.« Wie jedes Schauspiel ist auch das der Warriners auf ein Publikum angewiesen.
Wifeliness as a Masquerade Auch in LET’S DO IT AGAIN ist die Institution der Ehe ein Theater – präziser: eine Musicalbühne: Wie schon in THE AWFUL TRUTH geht es im Remake darum, eine überzeugende Performance vorzulegen – Connie gewinnt erst mit der Zeit darin Übung. Ihre erste Inszenierung, der vorgetäuschte One-Night-Stand mit Courtney, der darauf zielt, Garys Eifersucht zu wecken, hat nicht die gewünschte Wirkung: Der erzielte Effekt ist zu stark und führt zum Scheidungsrichter. Als Gary sich mit Deborah Randolph verlobt, versucht Connie es mit einer klassischen Verführungsszene. Sie bittet Gary unter einem Vorwand in ihre Wohnung, dämpft das Licht, entzündet ein Feuer im Kamin, legt romantische Musik auf (Garys neueste Komposition) und serviert Champagner. Auch die Haushälterin Nellie ist Teil der Inszenierung: »And when he gets here, I’ll take the day off«, deutet sie Connies Vorhaben richtig. Angesichts der großen Dinge, die zu erwarten sind, wählt Connie die Magnum-Flasche Champagner sowie die großen Gläser; bedient wird auch hier das Repertoire psychoanalytischer Geschlechtersymbolik. In seiner Vorlesung zur Traumsymbolik erläutert Freud: Ohne weiteres verständlich ist auch der Ersatz des männlichen Gliedes durch Gegenstände, aus denen Wasser fließt: Wasserhähne, Gießkannen, Springbrunnen […]. Das weibliche Genitale wird symbolisch dargestellt durch alle jene Objekte, die seine Eigenschaft teilen, einen Hohlraum einzuschließen, der etwas in sich aufnehmen kann. Also durch Schachte, Gruben, Höhlen, durch Gefäße und Flaschen […].204
Die Szene lässt sich auf unterschiedliche Weisen lesen: Als phallisch geformtes Gefäß, das zum Überschäumen neigt (»aus [dem] Wasser fließt«), ist die Champagnerflasche ein hybrides Symbol, das präzise jenes Gender-Blending nachstellt, das Connie hier vornimmt, indem sie ihr Verführungsszenario genau anhand der »Playboy«-Vorgabe arrangiert: »We enjoy mixing up cocktails and an hors d’hœuvre or two, putting a little mood music on the phonograph and inviting in a female acquaintance for a quiet discussion on Picasso, Nietzsche, jazz, sex.«205 Connie 204 Freud: Die Symbolik im Traum, S. 64f. 205 So Hugh Hefner, der Herausgeber des »Playboy«, in der ersten Ausgabe; zitiert nach: Ehrenreich: The Hearts of Men, S. 44.
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nimmt hier selbst die Rolle des Playboys ein, positioniert Gary in der Rolle des female acquaintance und führt ihm durch diese genderverkehrte Inszenierung einer klischeehaften Männerphantasie die Lächerlichkeit seiner eigenen Playboy-Performance vor Augen. Andererseits kommentiert und repräsentiert die Szene Lacans Komödie der Geschlechter, stellt die Positionen des Phallus-Habens und des Phallus-Seins nach. Lacan zufolge sind Männer innerhalb der symbolischen Ordnung diejenigen, die über den Phallus verfügen, die den Phallus »haben«, während Frauen – weil sie keinerlei Anteil an ihm haben – der Phallus »sind«, das heißt, diesen repräsentieren.206 Nicht nur Connie, die Gary verführerisch auf die Couch gebettet erwartet, ist in dieser Szene mit einem langen weißen Kleid wie eine Braut gekleidet, auch die Sektflasche ist in jungfräuliches Weiß gehüllt und verweist so metonymisch auf Connie. (Nicht nur der Champagner ist demnach »ready, willing, and able«, wie Nellie es ausdrückt.)207 Die geschmückte Flasche, ein symbolischer Phallus im Brautkleid, steht also für Connie ein, die dieser Logik nach ebenfalls ein Phallus im Brautkleid ist, über den Gary der Geschlechterordnung gemäß verfügt. Die Flasche ist also dem Freud’schen Geschlechterdiskurs nach ein Zwittersymbol, das auf Connies Usurpation des Phallus, ihre Positionierung als phallische Frau oder als Transvestit im Brautkleid, verweist. Mit Lacan weitergedacht, stellt die Flasche präzise die Position der Frau in der symbolischen Ordnung nach: der »Frau als Phallus«. Butler erläutert die Bedeutung dieser Positionierung:
206 Claudia Liebrand erklärt: »Jede symbolische Ordnung, jede kulturelle Ordnung ist – nach der Lacanschen Konzeption – eine phallische Ordnung, organisiert nach dem Gesetz des Vaters. Die vom Vater etablierte symbolische Ordnung, deren Repräsentant, deren ›Symbol‹ und Emblem der Phallus ist, ist gekennzeichnet durch eine Gleichsetzung von Phallus, Kultur und Sprache. Der Phallus übernimmt eine Zeichenfunktion (ist also immer in Anführungszeichen gesetzt zu denken), er sei – so Lacan – nicht substanzial, essenzialistisch als Penis misszuverstehen, sondern sei aufzufassen als die kulturelle Konstitution von Bedeutung erst ermöglichende Differenzmarkierung.« (Liebrand: Gender-Topographien, S. 35; vgl. Jacques Lacan: »Die Bedeutung des Phallus«, in: ders.: Schriften II, hg. v. Norbert Haas/Hans Joachim Metzger, Weinheim/Basel: Quadriga 3 99, S. 9-32). Wenn davon gesprochen wird, dass Frauen der Phallus sind, während Männer ihn haben, bedeutet das also, dass Männer innerhalb der symbolischen Ordnung über die Zeichen verfügen, sie verwenden, während Frauen als diese Zeichen fungieren, diese Zeichen sind. 207 Das Öffnen der Flasche verschiebt diese Metonymie zur Metapher für den sexuellen Vollzug.
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To »be« the Phallus is to be the »signifier« of the desire of the Other and to appear as this signifier. In other words, it is to be the object, the Other of a (heterosexualized) masculine desire, but also to represent or reflect that desire. […] For women to »be« the Phallus means, then, to reflect the power of the Phallus, to signify that power, to »embody« the Phallus, to supply the site to which it penetrates, and to signify the Phallus through »being« its Other, its absence, its lack, the dialectical confirmation of its identity.208
Durch ihre Playboy-Inszenierung usurpiert Connie nun den Phallus: Sie nimmt gleichzeitig die Positionen des Phallus-Habens, des aktiven begehrenden Subjekts, und des Phallus-Seins, des begehrten passiven Objektes, ein und entstellt Lacans Komödie der Geschlechter damit zur Kenntlichkeit. Gary missfällt Connies Aneignung männlicher Privilegien ungemein; überstürzt verlässt er das Appartment. Dieser Verführungsversuch, den Connie – nach dem »Ehebruchsdrama« mit Courtney – als zweite Inszenierung anlegt, schlägt also ebenfalls fehl. Erst als Connie auf einer Party, vor der High Society New Yorks, Lillys »Zambezi Puberty Ritual« imitiert, erst als sie sich für diesen Tanz, »where they separate the men from the [play-]boys«, in eine vulgär-erotische Nachtclubsängerin verwandelt und mit kreisenden Hüften, rauchiger Stimme und tief ausgeschnittenem, hautengem Kleid von »primitive urges« und »savage kisses« singt, ist Garys Interesse geweckt. »I only did it because I love you, Gary«, versucht Connie den Effekt ihrer Vorstellung von »Let’s do it« zu »I do« zu verschieben. Doch Gary geht darauf nicht ein: »Well, I guess that makes me a pretty lucky fellow, tonight«, frohlockt er. »Watching you do that dance was quite an experience for me – like Columbus discovering America.« Connie spinnt den kulturellen Topos der Frau als terra incognita, als unbekannter, dunkler Kontinent209 weiter: »Columbus took time to explore – you didn’t«, antwortet sie – ein Hinweis darauf, dass Gary sich während ihrer Ehe nicht intensiv genug der beiderseitigen sexuellen Befriedigung gewidmet hat, auf deren Wichtigkeit die zeitgenössischen Eheratgeber mit Nachdruck verweisen. GARY:
Then, I guess, it’s high time I started.
CONNIE:
Well, what time is it?
GARY:
(betont gelassen) Twenty-five of twelve.
208 Butler: Gender Trouble, S. 56. 209 Vgl. hierzu z.B. Christa Rohde-Dachser: Expedition in den dunklen Kontinent. Weiblichkeit im Diskurs der Psychoanalyse, Berlin: Springer 99.
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CONNIE:
The decree is final at midnight.
GARY:
Mmh-mmh.
CONNIE:
Don’t you think it’s getting a little late?
GARY:
Oh don’t be silly. We’ve got all the time in the world. Make yourself comfortable, darling. We’ll champagne a while, then maybe a bite of supper, and later on – who knows, the night is young.
Anders als in THE AWFUL TRUTH, wo eine Annäherung zwischen Lucy und Jerry erfolgt, weil sie gemeinsam über Lucys mutige und humorvolle Dixie-Belle-Performance vor der konsternierten Familie Vance lachen, ist der Ton der Szene hier – symptomatisch für Romantic Comedies der 50er Jahre – vom play und fun der Screwball Comedy zu sex und seduction verschoben.20 Gary geht es offensichtlich nicht darum, die Scheidung abzuwenden. Ihn scheint vielmehr die Aussicht auf unehelichen Sex zu faszinieren. Zu Connie kann er zurückkehren, weil sie seinen Barbekanntschaften in sexueller Verführungskunst nun in nichts mehr nachsteht. Von dieser Aussicht ist er nach ihrer Tanzperformance begeistert, Connie hingegen ist durch die Einsicht, dass Gary sie nicht als Ehe-, sondern als Tigerfrau, als Inkarnation einer Männerphantasie begehrt, beschämt und verärgert. Heimlich verlässt sie sein Hotelzimmer. In THE AWFUL TRUTH lernen beide Partner, so Kathrina Glitre, »to appreciate each other through their shared misadventures«, indem sie gemeinsam über ihre Missgeschicke und Maskeraden lachen: »It is this sense of having fun together […] which becomes all-important, and it is no coincidence that the laughter of the recital is reversed and reinforced by Lucy’s second ›performance‹ as Jerry’s socially-unacceptable ›sister‹, Lola, at the Vances’ stuffy party.«2 Anders als Lucy, die sich während ihres Dixie-Belle-Auftritts selbst ausgezeichnet amüsiert, kann Connie über ihre Performance als erotischer Vamp nicht lachen. Für sie heiligt lediglich der Zweck die Mittel: Es geht darum, ihre Ehe zu retten. Als Gary ihr in ihr Appartment gefolgt ist, ist sie bereits wieder als »Braut« in unschuldiges Weiß gekleidet. Gary begreift, dass er, um an sein Ziel zu kommen, die Ehe in Kauf nehmen muss. Im Folgenden wiederholt das Paar das Ehegelübde (in leicht variierter Form):
20 Diese Bewegung vollzieht sich auch im zeitgenössischen DatingVerhalten: »In the early decades of [the twentieth] century, dating, unlike courting, was valued as a site of self-expression and play. Dating legitimated sexual expression so long as it did not include coitus. By the 950s […] this restriction began to erode« (Seidman: Romantic Longings, S. 8). 2 Glitre: The Same, But Different, S. 8 u. 0.
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REMAKING REMARRIAGE
GARY:
You know, we’re still married if we want to be.
CONNIE:
Well, do you want to be?
GARY:
I love you Connie.
Connie ihrerseits hat verstanden: Will sie im Ehetheater mit Gary nicht zur Nebendarstellerin werden, muss sie neben ihrer Rolle als Haus- und Ehefrau andere Weiblichkeitsphantasmen verkörpern. Diese Beziehungsarbeit ist sie bereit zu leisten: »It takes more than a marriage licence to make a wife – or a husband. It takes work«, weiß sie schon zu Beginn des Films. Dass die Strategien der Maskerade und Inszenierung den Löwenanteil dieser Beziehungsarbeit ausmachen, erfährt sie in seinem Verlauf. Connie bedient sich dabei in LET’S DO IT AGAIN mit wachsendem Erfolg einer Strategie, die die Psychoanalytikerin Joan Riviere bereits 929 in einem Aufsatz im »International Journal of Psychoanalysis« als Weiblichkeitsmaskerade beschrieben hat. In ihrer Fallgeschichte beschreibt Riviere eine beruflich wie privat äußerst erfolgreiche Frau, die vor allem nach öffentlichen Auftritten, in denen sie gewöhnlich professionell und kompetent agiert, den Zwang verspürt, »weiblich« zu agieren, mit Männern zu flirten, zu kokettieren. Riviere deutet dieses Verhalten als unbewussten Versuch, den Vergeltungswunsch der Männer, den die Patientin durch ihre »Usurpation des Phallus« auf sich gezogen zu haben glaubt, abzuwehren. Riviere positioniert diese Strategie dabei nun nicht als vorgetäuschte Weiblichkeit gegenüber der – wie auch immer gearteten – echten, natürlichen Weiblichkeit anderer Frauen. Weiblichkeit sei immer schon eine Repräsentation, die auf Rollenspielen, Verkleidungen et cetera basiere. »The reader may now ask how I define womanliness or where I draw the line between genuine womanliness and the ›masquerade.‹ My suggestion is not, however, that there is any such difference; whether radical or superficial, they are the same thing.«22 Im Theater der Ehe, das verdeutlicht Connies Performance, lässt sich nun nicht nur von womanliness, sondern von wifeliness as a masquerade sprechen. Auch Connies Rolle als Ehefrau und homemaker ist schon eine solche Maskerade, die sie aufnimmt, als sie ihren Beruf aufgibt. Dass wifeliness as a masquerade (zumindest) zur Mitte des 20. Jahrhunderts an der Tagesordnung ist, belegen Eheratgeberartikel in den großen Frauenmagazinen, die ihre Leserinnen ermutigen, ihre Rollen mit Emphase und Hingabe zu spielen: »If you are to keep monotony out of your marriage, let your husband look at you with a fresh eye now and then. What he 22 Riviere: Womanliness as a Masquerade, S. 37. Für eine ausführliche Diskussion des Artikels vgl. Liebrand: Prolegomena, S. 9f.
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REMAKEPREMAKE
really wants in his heart is for you to continue to be the leading lady of his life. And it is up to you to play your role beautifully«,23 rät etwa »Good Housekeeping« in seiner Reihe »School for Brides«. Durch ihre Performance zeigt Connie Gary, dass sie sowohl die Rolle der whore in the bedroom als auch der lady in the drawing-room spielen kann24 und dass es nun keinen Grund mehr für ihn gibt, seine Phantasien außer Haus auszuleben. Als Connie dieser Spagat zwischen erotischem Vamp und mütterlich-fürsorglicher Ehefrau gelingt und sie für ihn nicht mehr nur »the most perfect wife« darstellt, scheint der Film die Ehe als gerettet anzusehen. Geholfen ist durch Connies erotischen Auftritt allerdings allein Gary, dessen Beziehungsprobleme sich – so suggeriert der Film – auf diese Weise lösen lassen. Was jeder Ehemann brauche, fasst der »Readers Digest« einige Jahre später zusammen, sei guter Sex, ohne sich dabei um die Befriedigung der Ehefrau sorgen zu müssen.25
PremakeŇRemake: Love Companionship versus Domestic Bliss Dieser Argumentation zu folgen, hieße aber, dem Film eine Komplexität abzusprechen, die ihm allein durch seine Remakestruktur schon eingeschrieben ist. Zunächst einmal wirkt das Remake als Kontrastmittel, das das Premake an Sichtbarkeit gewinnen lässt: Erst auf der Folie von LET’S DO IT AGAIN, der die Eheprobleme des Paares, ganz gemäß der zeitgenössischen Erotisierung des kulturellen Lebens, dezidiert im Schlafzimmer verortet, wird in voller Schärfe sichtbar, dass schon in der Screwball Comedy das Eheleben als Metapher für sexuelle Kompatibilität fungiert, dass es auch hier schon vorrangig um Sex geht. Wie eingangs als Konzept der Rückkopplung beschrieben, wirkt ein Remake also auf sein Premake zurück, unterzieht es einem rereading. Die Einsicht, dass die in LET’S DO IT AGAIN vorgeführte Verschiebung von true love zu Sex diese auch in THE AWFUL TRUTH konturiert, entbehrt nicht einer gewissen Ironie, greifen doch die Romantic Comedies der 50er Jahre auf die Screwball Comedies als »Eheratgeberfilme« zurück, deren KonfliktlösungsKnow-How sie auf den zeitgenössischen gender trouble zu applizieren suchen.
23 Welshimer: My Husband Says, S. 02, meine Hervorhebung. 24 Nach diesen Vorgaben suchte Hitchcock angeblich seine weiblichen Hauptdarstellerinnen aus, so seine Aussage in seinem Interview mit Truffaut. Vgl. François Truffaut: Hitchcock, New York: Simon 984, S. 224. 25 Vgl. Hannah Lees: »What Every Husband Needs«, in: Readers Digest (October 957), S. 39.
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REMAKING REMARRIAGE
LET’S DO IT AGAIN verweist aber nicht nur auf die Durchkreuzung des romantischen Liebesdiskurses, den THE AWFUL TRUTH vornimmt; er trägt als Remake sein Premake immer auch mit, ruft es wieder auf. Wenn etwa die Rolle des Jerry in Anlehnung an den Premake-Darsteller Cary Grant in Gary umbenannt wird oder wenn die Sängerin, die Connie beim Vorsingen vertritt, den Namen Lucy Warriners trägt, so eröffnen diese direkten Verweise auf THE AWFUL TRUTH im Remake zusätzliche Bedeutungsebenen, geben Lektürehinweise: Connie etwa übernimmt Lucy Warriners Rolle, weil diese, so Courtney, »out of town« sei. Dass Lucy »nicht in der Stadt« ist, bedeutet, dass sie einer außerehelichen Affäre nachgeht; das wissen wir sowohl aus dem Premake als auch aus dem Remake: in beiden Filmen stehen (vorgetäuschte) Reisen dafür ein. THE AWFUL TRUTH nun lässt wenig Zweifel daran, dass Lucy eine Affäre mit ihrem französischen Gesangslehrer Armand Duvalle unterhält. Dass das Remake die Heldin des Premakes auf diese konkrete Weise einspielt und aufruft, lässt sich als Hinweis darauf lesen, dass auch Connies Ausflug mit Courtney weniger harmlos verlaufen ist, als das preferred reading26 des Remakes nahezulegen scheint. Immerhin hat sie im Film das letzte Wort (»Feathersville is where you find it«) – zumal eins, das offen lässt, ob sie ihrem Ehemann untreu war oder nicht. Die Lesart, die LET’S DO IT AGAIN zu privilegieren scheint und die die Probleme des Ehepaares im Schlafzimmer verortet, erweist sich also als weniger wasserdicht, wenn die Figur Connies auf der Folie ihrer selbstbewussten und sexuell unabhängigen Vorgängerin Lucy gelesen wird. Der narrativen Logik des Films zufolge, gemäß der am Ende alle Probleme gelöst sind und dem happy ever after nichts mehr im Wege steht, überwindet Connie ihre Frigidität (und damit ihre Eheprobleme) durch ihre erotische Tanzperformance. Damit bedient sich der Film einer im Hollywoodfilm der 50er Jahre populären Strategie, tiefer liegende Gründe weiblicher (und männlicher) Unzufriedenheit als Probleme sexueller Provenienz zu präsentieren und anscheinend zu lösen.27 Doch das Remake verhandelt auch einen konkurrierenden Diskurs, der parallel und zugleich quer zu dieser Lektüre läuft. Connies »Call-of-the-Wild«Performance wirkt forciert, es scheint, als glaube sie ihrer Darbietung selbst nicht – von sexueller Befreiung kann also gar nicht die Rede sein. Zwar führt LET’S DO IT AGAIN Connies Frustration nicht auf der diegetischen Ebene darauf zurück, dass sie ihre erfolgreiche Karriere als Sänge26 Vgl. hierzu Hall: Encoding/Decoding; vgl. auch »RemakePremake. Einleitung«, Anm. 97 in diesem Band. 27 [S]ex and love were often misused to obscure or resolve deeper sources of female (and male) dissatisfaction« (French: On the Verge, S. xxii).
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rin für die Rolle der Hausfrau aufgegeben hat. »The problem that has no name – which is simply the fact that American women are kept from growing to their full human capacities«,28 wird also auch in LET’S DO IT AGAIN nicht benannt. Die filmischen Bilder jedoch verhandeln diese Option: Connie wirkt nie wieder so glamourös, so selbstbewusst und glücklich wie in jener Szene, in der sie ihrer Arbeit nachgeht, in der sie den Musicalproduzenten Songs aus Courtneys neuer Show vorstellt. Während der Film Connie diegetisch als vorbildliche stay-at-home-wife einführt, inszeniert er aufwendig Connies/Jane Wymans Talente als Tänzerin und Sängerin und suggeriert so, dass diese Talente in einem reinen Hausfrauendasein verschwendet sind. Weniger als »loneliness and sexual starvation« bedrückt Connie demnach ihre »enforced inequality [and] relegation to an oppressed role«,29 die sie der Diegese nach so bereitwillig annimmt (»I retired from the stage to make a home and I want a man that I know will be home«). Ist »heterosexual marriage [during the fifties] the only culturally approved status for the adult female«,220 so leidet die Sängerin, das legt diese Gegenlektüre nahe, an der feminine mystique, an der Rollenvorgabe der idealen Haus- und Ehefrau, die mit diesem Status einhergeht. 28 Friedan: The Feminine Mystique, S. 364. Vgl. hierzu auch Molly Haskells Bemerkungen zu Hitchcocks THE MAN WHO KNEW TOO MUCH: »In that film, Hitchcock made it clear that, in forcing [Doris Day’s character] to give up her career, Jimmy Stewart’s doctor is responsible for her frustration, her dependence on pills, and her neurosis. […] [H]er excesses as a mother – her oversolicitousness and emotionalism – lead us to suspect that she may be playing a false role, covering up for a lack of maternal feelings and a reluctance to be a mother at all« (Haskell: From Reverence to Rape, S. 264f.). 29 French: On the Verge, S. xxii. French hat bereits 978 (in der Sprache des zeitgenössischen Wissenschaftsdiskurses) auf die verschiedenen Lektüremöglichkeiten hingewiesen, die 50er-Jahre-Filme jedem konservativen Backlash zum Trotz aufweisen: »On the surface, fifties films promoted women’s domesticity and inequality and sought easy, optimistic conclusions to any problems their fictions treated. But a significant number of movies simultaneously reflected, unconsciously or otherwise, the malaise of domesticity and the untenably narrow boundaries of the female role. By providing a double text, which contradicted itself without acknowledging any contradiction […] they documented the practical, sexual, and emotional transition women were undergoing beneath the threshold of the contemporary audience’s conscious awareness« (ebd.). 220 Walker: Shaping Our Mothers’ World, S. 62. Mit dieser Situation scheint auch die Darstellerin von Connie, Jane Wyman, so ihre Schwierigkeiten gehabt zu haben, die insgesamt viermal heiratete und sich jedesmal scheiden ließ. Zur Zeit der Dreharbeiten war sie zum dritten Mal verheiratet, im Dezember 954 wurde auch diese Ehe geschieden.
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Weil dem Remake LET’S DO IT AGAIN die Screwball Comedy THE AWFUL TRUTH also eingeschrieben ist, kippt die konservative Lesart, derzufolge die Ehe der Stuarts durch Connies »sexuelle Erweckung« gerettet ist, in eine Dekonstruktion der zeitgenössischen Domestic-BlissIdeologie und der Institution Ehe, die die Screwball Comedies an Zynismus noch übertrifft. Obwohl das Remake die subversiven Aspekte des Premakes – das Fremdgehen beider Partner, beider Desinteresse an der Ehe, die diebische Freude, mit der vor allem Lucy am Ende des Films die Möglichkeit illegitimer sexueller Beziehungen mit dem eigenen ExEhemann in Betracht zieht – zunächst zu entschärfen scheint, indem es solch ein Verhalten nur dem Ehemann zugesteht, ruft es eben diese Virulenzen durch seinen Remakestatus wieder auf und durchkreuzt dadurch den eigenen konservativen Impetus. Vor dem Hintergrund des Premakes erweist sich die Lösung der Eheprobleme im Remake als äußerst prekär. Die »schreckliche Wahrheit« des Remakes ist, dass die Bedürfnisse der Eheleute diametral entgegengesetzt sind und die Kommunikation zwischen ihnen völlig fehlschlägt. Statt um Liebe, gemeinsame Interessen, fun, kurz: statt um love companionship, geht es in LET’S DO IT AGAIN nur noch um Sex. Repräsentiert das Premake zumindest noch die Zeit zwischen den Ehen in einem optimistischen Licht – in Frage gestellt wird weniger die Kompatibilität des Paares als die Institution der Ehe –, so hat Connie im Remake nur die Wahl zwischen verschiedenen, gleichermaßen stereotypisierten Frauenimagines (Mutter, Ehefrau, Hure, Vamp). Während allein sie lernen muss, Garys sexuelle Phantasien zu erfüllen, beinhaltet THE AWFUL TRUTH, wie die meisten Screwball Comedies, »a certain amount of mutual re-education«.22 Sowohl Jerry als auch Lucy lernen, nach dem neuen Partnerschaftsmodell der love companionship miteinander umzugehen; beide bedienen sich dabei verschiedener Performance- und Maskeradetaktiken.222 Im Remake ist es an Connie, sich dieses »marital know-how«223 anzueignen. Judith Smith kritisiert die Inszenierung des love trouble in PILLOW TALK, jener Sex Comedy von 959, die ähnliche Gender-Probleme verhandelt wie LET’S DO IT AGAIN, mit einer Argumentation, die sich auch auf Connies und Garys Situation übertragen ließe: »Jan and Brad have no economic constraints, no families – there is nothing standing in the way 22 Glitre: The Same, But Different, S. 9. 222 »Through the device of role-play the members of the romantic couple[] are presented as equals who can work out the terms of their relationship […]« (Pardos: Addicted to Fun, S. 57). 223 Joan Didion: »Marriage à la Mode«, in: National Review (3. August 960), S. 90-9, Nachdruck in: Walker: Women’s Magazines, S. 25826, hier S. 259.
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of their romance except misunderstanding, mistaken identities, and their opposing stances on the link between domesticity and sexuality, all of which can be neatly resolved by the end of the film.«224 Smiths Kritik greift präzise jene Debatten auf, die in der Romantic Comedy (nicht erst) in den 50er Jahren Konjunktur haben, um sie jedoch im nächsten Atemzug als gegenstandslos zu verwerfen. Doch »the opposing stances on the link between domesticity and sexuality«, die auch das Ehepaar in LET’S DO IT AGAIN beschäftigen, gehören in den 50er Jahren gerade nicht zu den Problemen »which can be neatly resolved by the end of the film«. Das zeigt unter anderem die Lektüreoption, die das Remake parallel zum dominanten Narrativ mitlaufen lässt und die auf der Folie des Premakes an Gestalt gewinnt. Wie schon die Screwball Comedies gesellschaftliche, durch Roaring Twenties und Depression verursachte gender anxieties verhandeln, adressieren auch die Romantic Comedies der 50er grundlegende Beunruhigungen bezüglich der Geschlechter und der Institution Ehe. Am Ende dieser Filme sind die Probleme – happy ending hin oder her – keineswegs gelöst, sondern allemal für den Moment stillgestellt. Die Praktiken des Remaking versetzen den gender trouble, der diesen Filmen eingeschrieben ist, wieder in Bewegung, speisen ihn in die jeweils aktuellen Diskurse ein und unterziehen die Premakes einer Relektüre.
224 Judith E. Smith: »The Marrying Kind. Working-Class Courtship and Marriage in 950s Hollywood«, in: Carson/Dittmar/Welsh: Multiple Voices in Feminist Film Criticism, S. 226-242, hier S. 228.
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BOY, GIRL, BOY, GIRL. KATEGORIENKRISEN, GENRE TROUBLE UND PASSING IN HOLIDAY INN (1942) U N D W H I T E C H R I S T M A S (1954)
Nach Pre-Code-Comedy und Screwball Comedy im ersten, Screwball Comedy und Romantic Comedy im zweiten Lektürekapitel nimmt das folgende das Genre der Musical Comedy in den Blick: HOLIDAY INN, ein Premake in der Tradition der Astaire-Rogers-Musicals bei RKO, in dem die – für das Genre obligatorische – Paarbildung nicht mehr so recht klappen will, und WHITE CHRISTMAS, ein Remake, das sich neben seinem Vorgängerfilm durch seinen Plot auch auf die Backstage-Musicals der frühen 30er Jahre und die Buddy Movies der 40er bezieht. In dieser dritten Filmlektüre verlasse ich den engen Remakerahmen: WHITE CHRISTMAS ist nicht im gleichen Sinne ein Remake wie HIS GIRL FRIDAY und LET’S DO IT AGAIN, die auf demselben Theaterstück basieren wie ihre Premakes. Zwischen den Musical Comedies HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS ist vielmehr eine Verschaltung von Premake-Vorgaben und HOLIDAY INN, USA 942; Regie und Produktion: Mark Sandrich; Drehbuch: Claude Binyon, Elmer Rice, nach einer Idee von Irving Berlin; Darsteller: Bing Crosby (Jim Hardy), Fred Astaire (Ted Hanover), Marjorie Reynolds (Linda Mason), Virginia Dale (Lila Dixon), Walter Abel (Danny Reed), Louise Beavers (Mamie); Musik und Texte: Irving Berlin; Tanz-Regie: Danny Dare; Musik-Regie: Robert Emmett Dolan; Kamera: David Abel; Schnitt: Ellsworth Hoagland; Art-Design: Roland Anderson, Hans Dreier; Kostüme: Edith Head; Studio: Paramount. WHITE CHRISTMAS, USA 954; Regie: Michael Curtiz; Produktion: Robert Emmett Dolan; Drehbuch: Norman Krasna, Norman Panama, Melvin Frank; Darsteller: Bing Crosby (Bob Wallace), Danny Kaye (Phil Davis), Rosemary Clooney (Betty Haynes), Vera-Ellen (Judy Haynes), Dean Jagger (General Waverly), Mary Wickes (Emma); Musik und Texte: Irving Berlin; Tanz-Regie: Robert Alton; Musik-Regie: Joseph J. Lilley; Kamera: Loyal Griggs; Schnitt: Frank Bracht; Art-Design: Roland Anderson, Hal Pereira; Set-Design: Sam Comer, Grace Gregory; Kostüme: Edith Head; Studio: Paramount. Mit Ginger Rogers drehte Astaire zwischen 933 und 939 acht Musicals, darunter Klassiker wie TOP HAT (935), SWING TIME (936) und FOLLOW THE FLEET (936). 949 folgte mit THE BARKLEYS OF BROADWAY ein letztes gemeinsames Musical.
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Gender-Genre-Vorgaben zu beobachten; dieses Verhältnis von Remakes und Genre steht im Mittelpunkt der Lektüre. Schon das Premake erfüllt die GenderVorgaben des Musicals (»boy meets girl, boy dances with girl, boy gets girl«) nicht, indem es die beiden Hauptrollen mit zwei männlichen Stars besetzt, die um dieselbe Frau wettstreiten. WHITE CHRISTMAS übernimmt das männliche Protagonistenpaar, suspendiert jedoch den Rivalitätstopos des Premakes. Dabei orientiert sich der Film am Genre des Buddy Movies, das in den 40er Jahren Erfolge gefeiert hatte. Im homophoben Klima der 50er Jahre evoziert jedoch nicht nur das Male-Buddy-Team homosexual panic. Auch das Musicalgenre ist, was die Darstellung von Männlichkeit angeht, ein problematisches Terrain, ist prädestiniert für Artikulationen von male hysteria und für Manifestationen von camp. Diesen queer text versucht das Remake dadurch zu entschärfen, dass es ihn – in Einklang mit der Mentalität der 50er Jahre – mit der Geschichte einer Familienbildung überschreibt: Dem männlichen wird ein weibliches BuddyTeam an die Seite gestellt, um diese beiden gleichgeschlechtlichen Paare dann als gemischtgeschlechtliche (resp. als Vater und Mutter, Schwester und Bruder) zu rearrangieren. Die Inszenierung verschiedener miteinander konkurrierender Texte verursacht jedoch gender/genre trouble: Das Parallelnarrativ gleichgeschlechtlicher Freundschaften durchkreuzt und stört im Folgenden immer wieder die (doppelte) Boy-meets-Girl-Narration des Musicals.
HOLIDAY INN Amerikas meistgeliebtes und meistverkauftes Weihnachtslied, Irving Berlins »White Christmas«, entstammt ursprünglich nicht – wie heute häufig angenommen – dem gleichnamigen Musical mit Bing Crosby und Danny Kaye, dem finanziell erfolgreichsten Film des Jahres 954,2 sondern dessen Premake aus dem Jahr 942, der Musical Comedy HOLIDAY INN mit Bing Crosby und Fred Astaire. HOLIDAY INN ist ein vergleichsweise untypisches Astaire-Musical: Zum ersten Mal seit ROBERTA (935) erhält Astaire nicht top-billing, das heißt, er ist nicht der Hauptstar des Films, und, noch entscheidender, er bekommt am Ende des Films nicht the girl.3 Überhaupt geht es in HOLIDAY INN, anders als in den Filmen mit Ginger Rogers, weniger darum, dass Astaire durch sein Tanzen das Herz seines weiblichen Co-Stars gewinnt. Im Mittelpunkt steht diesmal nicht die Liebesgeschichte zwischen Astaire und Tanzpartnerin, son2 3
Vgl. Jody Rosen: White Christmas. The Story of an American Song, New York: Scribner 2002, S. 72. Vgl. John Mueller: Astaire Dancing. The Musical Films, New York: Wings Books 99, S. 0; Alan Vanneman: »Too Much Bing, Not Enough Fred«, in: Bright Lights Film Journal 4 (August 2003), unter: www.brightlights film.com/4/holiday.htm (letzte Abfrage: 2. Mai 2007).
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dern die Rivalität zwischen zwei Männern.4 Die Dreiecks-Geschichte, die der Film erzählt, ist die zweier Entertainer, des Sängers Jim Hardy (Crosby) und des Tänzers Ted Hanover (Astaire), die um die gleiche Frau werben. Zunächst handelt es sich beim Objekt der Begierde um Lila Dixon (Virginia Dale), mit der Ted und Jim als Song-and-Dance-Act auftreten. Der Film beginnt mit einem Auftritt des Trios, »I’ll Capture Her Heart Singing/Dancing«, der sogleich den Rivalitätstopos zwischen Ted und Jim einführt. Es handelt sich um den letzten gemeinsamen Auftritt: Jim und Lila planen zu heiraten und sich aus dem Showgeschäft auf eine Farm nach Connecticut zurückzuziehen – das jedenfalls denkt Jim. Nach der Vorstellung allerdings eröffnet Lila ihm, sie habe sich entschlossen, an seiner Stelle Ted zu heiraten und auch dessen Tanzpartnerin zu werden. Jim begibt sich allein nach Connecticut, erleidet ob der Strapazen des Farmlebens einen Nervenzusammenbruch und hat während des Aufenthalts in einem Sanatorium die Idee, Landleben und Showbusiness zu verbinden: Er gedenkt, das Farmhaus in ein Landhotel zu verwandeln, das nur an Feiertagen geöffnet hat: das Holiday Inn. »That gives me 350 days to kick around in«, berichtet er Ted, dem er zeitweise verziehen zu haben scheint, begeistert. Jim beginnt mit den Umbauten und der Vorbereitung der ersten Shows. Unterstützung erhält er von der jungen Tänzerin Linda Mason (Marjorie Reynolds), die ein Star werden will und im Holiday Inn anheuert. Während ihrer ersten großen Show, zu Silvester, erscheint ein sturzbetrunkener Ted Hanover: Lila hat ihn am Vorabend ihrer Hochzeit verlassen, um einen texanischen Millionär zu heiraten. Ted tanzt im Folgenden mit Linda, sehr zur Begeisterung der Besucher, die sein unkoordiniertes Taumeln und Wanken für eine perfekt einstudierte Aufführung halten.5 Am nächsten Morgen kann Ted sich an nichts 4
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Nach Ende der langjährigen Zusammenarbeit mit Ginger Rogers im Jahr 939 ist dieser veränderte Fokus schon in SECOND CHORUS (940) mit Burgess Meredith und Paulette Goddard, und später in BLUE SKIES (946), wieder mit Bing Crosby, Astaire erneut in der supporting role, zu beobachten. Auch in anderen Astaire-Musicals gibt es männliche Rivalen, der Rivalitätsplot ist jedoch meistens dem Boy-meets-Girl-Plot untergeordnet, etwa in SHALL WE DANCE (937) mit Rogers oder YOU’LL NEVER GET RICH (94) mit Rita Hayworth. In Astaires Filmen der 50er Jahre, z.B. THE BAND WAGON (953) und SILK STOCKINGS (957) mit Cyd Charisse, DADDY LONG LEGS (955) mit Leslie Caron, FUNNY FACE (957) mit Audrey Hepburn, steht das Romance-through-Dance-Muster wieder im Vordergrund – trotz des beachtlichen Altersunterschieds zwischen Astaire und seinen Partnerinnen. Astaire spielt in dieser Szene also einen Betrunkenen, von dem das diegetische Publikum wiederum denkt, er täusche die Betrunkenheit nur vor. Eine
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erinnern, doch sein Manager Danny Reed (Walter Abel) überzeugt ihn, dass die unbekannte junge Frau seine neue Partnerin werden müsse.6 Jim, der sich in Linda verliebt hat, will dies um jeden Preis verhindern. Da Danny Linda nur von hinten gesehen hat und Ted sie nur wiedererkennen würde – so sagt er –, wenn er mit ihr tanzte, vergeht einige Zeit, bis sie ihr Aschenputtel gefunden haben. Für eine Weile versuchen Ted (durch sein Tanzen) und Jim (mit seinem Gesang) nun, Lindas Herz für sich zu gewinnen. Als Linda, die Jim bislang die Treue gehalten hat, erfährt, dass dieser einen Auftritt vor Filmproduzenten aus Hollywood sabotiert hat, um sie im Holiday Inn zu halten, entscheidet sie sich enttäuscht für Ted und Karriere. Sie geht mit ihm nach Hollywood, wo die Geschichte des Holiday Inn, als Film im Film, gedreht werden soll. Am Vorabend ihrer Hochzeit mit Ted erscheint Jim auf dem Filmset. Indem er Ted und dessen Manager in Teds Umkleideraum sperrt (und ihn somit vom Tanzen abhält), gelingt es ihm, Linda in letzter Minute – singend – von sich zu überzeugen.
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ähnliche Dopplung performativer Ebenen weist Astaires spätere »Firecrackers«-Nummer auf, ein bis ins kleinste Detail sorgfältig choreographierter und unzählige Male geprobter Steptanz mit Feuerwerkskörpern, den Ted der Diegese zufolge improvisiert, weil seine Tanzpartnerin nicht rechtzeitig erschienen ist, von dem die Gäste des Holiday Inn allerdings glauben, er sei einstudiert. Das diegetische Publikum hat natürlich in beiden Fällen Recht. HOLIDAY INN reflektiert hier die Funktionsmechanismen des Musicalgenres, dessen Stars immerzu »spontan« anfangen, zu singen oder zu tanzen. Die Spielvereinbarung zwischen Kinopublikum und dem Musicalgenre läuft darauf hinaus, dass die Zuschauer dem Film seine Spontanität und Authentizität »glauben«. Auch jenseits der Leinwand befand sich Astaire nach dem Ende der Zusammenarbeit mit Ginger Rogers auf der Suche nach einer neuen Partnerin. Und auch für Marjorie Reynolds stellte ihr Casting an der Seite von Astaire und Crosby eine ähnliche Karrierechance dar wie für die Figur der Linda Mason, die sie spielt. Solche Wechselwirkungen zwischen Star und Rolle kommen im Musical häufig vor. So findet, sobald ein Star eine Nummer beginnt, gemeinhin ein Wechsel von der verkörperten Figur zur star persona des Performers statt, der sich u.a. häufig in der direkten Adressierung des Publikums ausdrückt (vgl. Steven Cohan: »Introduction. Musicals of the Studio Era«, in: ders.: Hollywood Musicals, S. -5, hier S. 2f.). Die gleiche Beobachtung lässt sich auch für WHITE CHRISTMAS anstellen: So war Rosemary Clooney, die im Film eine singende Haynes Sister darstellt, selbst Mitglied eines sister acts. Bing Crosby, der sowohl in WHITE CHRISTMAS als auch in BLUE SKIES (946) vor US-Soldaten »White Christmas« singt, tat dies viele Male auf USO-Tours in Europa.
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WHITE CHRISTMAS WHITE CHRISTMAS ist, anders als HIS GIRL FRIDAY und LET’S DO IT AGAIN, die auf den gleichen Theaterstücken basieren wie ihre Premakes, ein loses Remake, das auf den ersten Blick vor allem durch den Hauptdarsteller Bing Crosby, die Musik Irving Berlins und die Wiederholung rudimentärer Plot-Elemente an das Premake anschließt. Das Remake, das etwas mehr als eine Dekade nach HOLIDAY INN in die Kinos kommt, erzählt die Geschichte von Bob Wallace (Bing Crosby) und Phil Davis (Danny Kaye), die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst als Song-undDance-Duo, dann als Musicalproduzenten Erfolge feiern. Als sie einem weiblichen Gesangsteam, den »Haynes Sisters« Betty (Rosemary Clooney) und Judy (Vera-Ellen), helfen, vor der Polizei zu fliehen, überreden die Schwestern sie, mit ihnen nach Pine Tree, Vermont zu reisen, wo sie im Columbia Inn für die Weihnachtsfeiertage als Sängerinnen gebucht sind. Wie der Zufall es will, handelt es sich beim Besitzer dieses »Holiday Inns« um Major General Thomas F. Waverly, unter dem Bob und Phil im Zweiten Weltkrieg gedient haben. Weil in Vermont statt Schnee und Eiseskälte im Dezember sommerliche Temperaturen herrschen, bleiben die Gäste aus; General Waverly steht vor dem Konkurs. Bob und Phil verlegen ihre neue Revue »Playing Around« kurzerhand von New York nach Vermont, um dem Freund aus der Misere zu helfen. Fortan wird im Columbia Inn eifrig geprobt, Heiligabend wird die Show eröffnet. Die meisten Zuschauer dieser Premiere sind allerdings keine zahlenden Gäste. Stärker als die Geldsorgen belastet Waverly nach seiner Entlassung aus der Armee nämlich das Gefühl der Nutzlosigkeit, der Eindruck, buchstäblich ausgedient zu haben. Phil und Bob therapieren diese Selbstwert- und Männlichkeitskrise, indem sie die ehemalige Division des Generals nach Vermont bestellen. Als dieser am Weihnachtsabend den Vorführungsraum betritt, begrüßt ihn ein Großteil seiner ehemaligen Männer. Parallel zu diesem Backstage-Musical-Plot7 versuchen Phil und Judy, Betty und Bob miteinander zu verkuppeln. Der Plan scheint zunächst aufzugehen: Die beiden verlieben sich ineinander. Auf Grund eines Missverständnisses scheint das happy ever after des Paares kurzzeitig bedroht, Betty verlässt überstürzt das Inn und reist nach New York.
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Backstage-Musicals verfolgen die Beziehungen unter den Tänzern und Sängern hinter der Bühne während der Vorbereitungen für eine große Musicalshow, die am Ende des Films spektakulär inszeniert wird. Solche Backstage-Musicals waren v.a. in den frühen 30er Jahren populär, etwa Busby Berkeleys Warner-Bros.-Produktionen 42ND STREET (933), GOLD DIGGERS OF 933 (933), FOOTLIGHT PARADE (933), DAMES (934).
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Rechtzeitig zur Premiere ist jedoch alles aufgeklärt und der Versöhnung steht nichts mehr im Wege. Zu beobachten ist in WHITE CHRISTMAS ein für Remakes typischer Überbietungsgestus: Ist HOLIDAY INN ein Schwarz-Weiß-Musical, das in seiner visuellen Eleganz und Dezenz an die Astaire-Rogers-Produktionen bei RKO anknüpft,8 so kontert WHITE CHRISTMAS mit farbenprächtigem Technicolor, Paramounts neuem Breit- respektive Großwandverfahren VistaVision,9 schillernd-bunten Kostümen, überbordenden Bühnenkulissen und aufwendigen production numbers. Während das Premake vor allem durch Paartänze zwischen Astaire und Linda/Lila geprägt ist, weist das Remake nur einen einzigen Paartanz auf;0 getanzt wird (neben den Auftritten der männlichen und weiblichen Song-and-Dance-Teams) vor allem in theatralischen, exaltierten Ensemble-Nummern. Werden die Shows im Holiday Inn überwiegend von Linda und Jim, später auch von Ted, in einfachen Sets bestritten (lediglich die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag sind im größeren Rahmen aufgezogen), so besteht die Wallace-Davis-Produktion »Playing Around« aus zahlreichen Tänzern, einem großen Orchester, verschiedenen Bühnen und – zur Premiere der Show – buchstäblich einer Armee von Sängern.
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In HOLIDAY INN führte Mark Sandrich Regie, der fünf der (zu diesem Zeitpunkt) acht Astaire-Rogers-Musicals gedreht hatte; hinter der Kamera stand, wie bei einer Vielzahl dieser Filme, David Abel. 9 Die VistaVision-Technologie, eine spezielle Kamera- und Aufnahmetechnik, war Paramounts Antwort auf CinemaScope, das neue Breitwandverfahren des Konkurrenten 20th Century Fox: »The VistaVision camera used 35mm film but exposed it horizontically […] producing an image that occupied the space of two traditional 35mm frames (that is, eight perforations in width). This two-frame exposure generated a wide-area negative without the use of wide film. When this large image was rotated 90 degrees and reduced to standard 35mm, it produced an image that possessed tremendous sharpness and depth of field. […] Paramount saw VistaVision less as a wide-screen than a big-screen process. The VistaVision image could be blown up to fill an enormous 62-by-35-foot screen without […] loss in clarity or sharpness […]« (John Belton: »Glorious Technicolor, Breathtaking CinemaScope, and Stereophonic Sound«, in: Balio: Hollywood in the Age of Television, S. 85-2, hier S. 99). Vgl. auch »Remaking nach 948«, in diesem Band. 0 Kaye und Vera-Ellen in »The Best Things Happen When You’re Dancing«. Vera-Ellen tanzt während der production numbers mit verschiedenen männlichen Tänzern, die aber in der filmischen Narration keine Rolle spielen.
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Abb. 4: Überbietungsgestus: Die Production-Number »Mandy«
F a m i l i e n ä hn l i c h k e i t e n : G e n r e u n d R e m a k e WHITE CHRISTMAS scheint sich über diese Überbietungsbewegung in erster Linie von HOLIDAY INN abzusetzen, doch die Filme weisen eine Reihe von Parallelen auf. So sind Betty und Judy Haynes – wie Linda Mason in HOLIDAY INN – aufstrebende Sängerinnen und Tänzerinnen, die sich zunächst erhoffen, mit Hilfe des berühmten Produzentenduos Wallace & Davis Karriere zu machen. Im Premake verliebt sich Linda in Jim, verlässt das Holiday Inn aber nach einer Auseinandersetzung, um nach Hollywood zu gehen. Im Remake verliebt Betty sich in Bob, kehrt dem Columbia Inn nach einem Streit den Rücken und versucht sich als Solokünstlerin in New York. Beide Filme enden mit ihrer Rückkehr und einer großen abschließenden Weihnachts-/Neujahrsshow. In Premake wie Remake geht es darum, eine Aufführung auf die Beine zu stellen, und es werden Proben für diese Shows gezeigt. In beiden Filmen gibt es eine Minstrel-Nummer; statt eines Films-im-Film wird in WHITE CHRISTMAS die Produktion einer Fernsehsendung, der »Ed Harrison Show« (eine Anspielung auf die populäre »Ed Sullivan Show«) gezeigt. Viele dieser Subplots – das hoffnungsvolle junge Talent, das sehnsüchtig auf eine Chance wartet, die Backstage-Story, in der vom Erfolg der Show alles abhängt, das Missverständnis zwischen den beiden Liebenden, das das happy ending kurzzeitig in Frage stellt, und der Blick hinter die Ku Wallace & Davis werden im Film wiederholt mit dem erfolgreichsten Musical-Produzententeam der frühen 50er Jahre, Rogers & Hammerstein, verglichen.
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lissen – sind jedoch auch in anderen Musicals zu finden. Die narrativen Elemente, die WHITE CHRISTMAS und HOLIDAY INN teilen, sind also auch durch das Genre beider Filme bedingt. Das Verhältnis der Filme ist somit an der Schnittfläche von Genre und Remake angesiedelt. Genrefilme und Remakes weisen insofern eine Familienähnlichkeit auf, als beide komplexe kulturelle Verhandlungs- und Rückkopplungsprozesse mit ihren Vorgängerfilmen eingehen, deren Vorgaben sie transportieren und einer Umschrift unterziehen.2 Beide Phänomene dokumentieren und verarbeiten historisch-kulturelle Veränderungen, etwa gesellschaftliche Konzepte von Gender, und lassen sich damit als filmische Strategien lesen, kulturelles unfinished business zu prozessieren. Mit Gérard Genette können sie als Hypertexte beschrieben werden, also als Texte zweiten Grades, die von einem Ausgangstext, dem Hypotext, abgeleitet sind, die diesen umformen und überlagern, dabei aber nicht die Funktion eines offiziellen Kommentars einnehmen.3 Es gibt Hypertexte, und dazu zählen auch viele Genrefilme und Remakes, die sich auf ihre Hypotexte »auf eine mehr oder weniger offensichtliche Weise« beziehen, ohne sie »unbedingt zu erwähnen oder zu zitieren«, die ohne diese Vorgängertexte, aus denen sie entstanden sind, aber gar nicht in ihrer jetzigen Form existieren könnten.4 Lassen sich einzelne Remakes und einzelne Genrefilme als Hypertexte bezeichnen, ist der »Remakestatus«, also die Tatsache, dass es sich bei einem Film um ein Remake handelt, wie das Genre zur Architextualität eines Films zu rechnen, »der Gesamtheit jener allgemeinen und übergreifenden Kategorien – Diskurstypen, ußerungsmodi, literarische Gattungen usw. –, denen jeder einzelne Text angehört«.5 Wie die Zugehörigkeit zu einem Genre hat der Status als Remake seit langem Einfluss auf Zuschauererwartung, Rezeption und Vermarktung.6 Wenn Genette bemerkt, dass »Architextualität als Zugehörigkeit zu einer Gattung […] historisch fast immer durch Nachahmung […], also als Hypertextualität zustande« kommt,7 dann zeichnet das genau die Entwicklung nach, die sich zwischen den historisch eng verwandten Phänomenen beobachten lässt: Spielten die zahlreichen Remakes in den frühen Jahren des Films 2 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Oltmann: (Genre-)Spaziergänge mit Romeo, S. 36-42. 3 Vgl. »Hypertextualität: RemakePremake«, in diesem Band. 4 Genette: Palimpseste, S. 4f. 5 Ebd., S. 9. 6 Zahlreiche Beispiele aus Pressetexten, Rezensionen, Internetforen, DVDBonus-Material usw. finden sich hierfür bei Verevis: Film Remakes, S. 29-45. 7 Genette: Palimpseste, ebd., S. 8.
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doch eine entscheidende Rolle in der Etablierung der ersten Filmgenres, indem sie die Bildung narrativer und stilistischer Konventionen unterstützten und die Erwartungen prägten, die an die in ihrer Entwicklung begriffenen Genres gestellt wurden.8 Auch Christian Metz hat auf die Verbindung von Remakes und Genrefilmen hingewiesen. Die filmischen Vorgänger, also die Premakes dieser Filme beschreibt er als unsichtbare, physisch abwesende, aber auf ihre Weise doch sehr anwesende Filme. Es handelt sich hier um eine […] Art von Spielen mit der Erinnerung […]. Die kanonische Form wäre hier das wirkliche Remake, das seiner Vorlage treu bleibt und lediglich die Aufmachung verändert. […] Aber der »darunterliegende« Film kann bei partiellen Remakes wie Sternbergs Shangaï Gesture (94), das eine Erinnerung und Verlagerung von Shangaï Express (932) bietet, freier tätig werden. […] Im Prinzip schließt jeder Genrefilm […] in sich alle vorherigen Filme desselben Genres ein und konstituiert somit eine nicht festgelegte Reihe von »Filmen im Film«, die zwar nicht als solche erscheinen, deren Spuren indes überall spürbar sind.9
An die Stelle der vielen Premakes, auf die ein Genrefilm sich bezieht, tritt im Falle des Remakes also gewöhnlich ein einzelnes Premake, und die Negotiationen zwischen diesem Premake und seinem Remake führen die Funktionsweisen von Genres in konzentrierter Form vor. Remakes lassen sich in dieser Hinsicht als paradigmatische Genrefilme konzeptualisieren, als Genre-Konzentrate. Thomas Leitch resümiert: Remakes simply provide an unusually clear example of the operation of every genre, showing in particular the way films in every genre inevitably compete with earlier films by valorizing some aspects of their presentation […] as timeless and imputing others […] to earlier films marked by a dated discourse.20
Für die Entscheidung, wann sich von einem Genrefilm und wann von einem Remake sprechen lässt, scheint die Ebene der Narration eine Rolle zu spielen. Filme verorten sich in einem Genre zum einen über den Einsatz bekannter Stars, Regisseure und Studios, zum anderen, indem sie an Genrekonventionen: an Themen, Motive, Topiken, an die Ikonographie, die Kameraführung und Beleuchtung, an die Figurenkonstellationen und 8 Forrest: The ›Personal‹ Touch, S. 9. 9 Christian Metz: »Film(e) im Film«, in: ders.: Die unpersönliche Enunziation oder der Ort des Films, Münster: Nodus 997 [99], S. 77-95, hier S. 94. 20 Leitch: Twice-Told-Tales, S. 48.
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das Setting anknüpfen. Narrativ orientiert sich ein Genrefilm durch seine Vielzahl von Vorgängerfilmen gewöhnlich an verschiedenen genretypischen Stories und Plotmustern. Bezieht er sich in dieser Hinsicht hingegen auf einen spezifischen Film, dann lässt sich von einem Remake sprechen. Die Grenze ist hier also fließend.2 Während Genrefilme sich demnach beizeiten als Remakes kategorisieren lassen, sind bei Weitem nicht alle Remakes dem Genre ihres Vorgängers verpflichtet. Remakes übernehmen vor allem die Story ihrer Premakes, verfahren mit den Genrevorgaben aber häufig relativ frei. In Bezug auf HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS lässt sich eine Entscheidung nun nicht mehr treffen, weil die Aspekte, die WHITE CHRISTMAS als Genrefilm ausweisen, ihm gleichzeitig Remakecharakter verleihen und vice versa: Auf der einen Seite lassen sich die narrativen Parallelen zwischen den Filmen, anhand derer WHITE CHRISTMAS als Remake von HOLIDAY INN zu klassifizieren wäre, auch als Genrekonventionen des Musicals lesen, weil dieses Genre generell stark mit der Übernahme von Plotmustern operiert, das Musicalgenre also immer schon Remakecharakter aufweist. So erklärt Steven Cohan: »Recycling plot situations functioned as generic shorthand, allowing for narrative conflict and characterization but with enough economy to leave room for the requisite singing and dancing. […] Narrative on its own did not typically make a musical seem ›new‹, nor was it expected to do so.«22 Auf der anderen Seite referieren die genrespezifischen Elemente von WHITE CHRISTMAS überdeutlich auf einen spezifischen Vorgängerfilm, auf HOLIDAY INN, was dem Film den Status eines Remakes verleiht: So bedient sich das Musical von 954 nicht allein aus dem Pool von Genrestars, sondern es wählt den Star des Vorgängerfilms, Bing Crosby.23 Zurückgegriffen wird nicht allein auf denselben Komponisten, Irving Berlin, sondern auf dessen Hit-Song, »White Christmas«, der durch das Premake HOLIDAY INN berühmt und in der Folge zum meistverkauften Song aller Zeiten wurde.24 WHITE CHRISTMAS wird nicht in einem ähnli-
2 Genettes Unterscheidung zwischen Hypertexten, die nachahmen (hier wird der Stil beibehalten, das Thema aber verändert), und solchen, die transformieren (hier wird das gleiche Thema in einem anderen Stil verhandelt), lässt sich für Remakes und Genrefilme also nicht trennscharf übernehmen. Vgl. Genette: Palimpseste, S. 5-7 u. passim. 22 Cohan: Musicals of the Studio Era, S. . 23 Ursprünglich sollte auch Fred Astaire wieder dabei sein; der schlug das Angebot jedoch aus. Vgl. Jody Rosen: White Christmas, S. 72. 24 »White Christmas« verlor diesen Status erst durch Elton Johns »Candle in the Wind ’97«. Der Erfolg von »White Christmas« wurde v.a. durch die heimwehkranken US-Soldaten in Europa eingeleitet, die das Armed Forces
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chen Setting gedreht, sondern im selben Paramount-Set, das für die Produktion von HOLIDAY INN erbaut und für das Remake nur leicht modifiziert wurde. Im Fall von WHITE CHRISTMAS lässt sich deshalb von einer Hybridisierung von Genre und Remake sprechen: Im Musicalgenre verortet WHITE CHRISTMAS sich (zwar nicht allein, aber deutlich) über seine Narration, Remakecharakter weisen vor allem seine genrespezifischen Elemente auf. WHITE CHRISTMAS ist ein Genrefilm, der – weil er sich auf einen spezifischen Vorgängerfilm des Genres bezieht – Remakecharakter aufweist: Der Genrefilm wird zum GenRemake.25 Sowohl Remakes als auch Genrefilme rekurrieren auf die GenderKonstellationen ihrer filmischen Vorgänger. Bei Genrefilmen sind diese Konstellationen Teil der Konventionen und Plotmuster, die das Genre eines Films bedingen. So ist etwa für das Westerngenre gezeigt worden, dass die Weite der Prärie, in die der Cowboy reitet, den Körper der Frau, die in diesem Genre sonst eine Nebenrolle einnimmt, substituiert. Der Film Noir inszeniert hingegen ein Ödipus-Sphinx-Muster: Hier sieht sich der männliche Protagonist einer gefährlichen und mysteriösen Frau, der Femme fatale, gegenüber, deren »Rätsel« er im Laufe des Films lösen muss. Das Hollywoodmusical schließlich funktioniert überwiegend nach der Formel »boy meets girl, boy dances with girl, boy gets girl«.26 Die Gender-Konstellationen des Plots haben also Auswirkungen auf die Ausprägung des jeweiligen Filmgenres; und das jeweilige Genre, dem ein Film sich anzunähern sucht, beeinflusst und verändert die Gender-Vorgaben einer Story.27 Sowohl Genrefilme als auch Remakes (die ich als Genre-Konzentrate begreife) übernehmen diese Gender-Vorgaben nun nicht eins zu eins, sondern verändern, durchkreuzen oder forcieren sie. HOLIDAY INN etwa verschiebt die generische Personenkonstellation des Musicals von einer Paar- zu einer Dreiecksbeziehung, statt auf boy/girl treffen wir auf boy/girl/boy. Weil WHITE CHRISTMAS als GenRemake von den Gender-Vorgaben des Musicalgenres im Allgemeinen und von den Gender-Konstellationen seines Premakes im Besonderen geprägt ist, hybridisiert diese Verschiebung sowohl seine Genre- als auch seine Gender-Konfigurationen: Wie HOLIDAY INN weist WHITE CHRISTMAS zwei männliche Hauptdarsteller auf, dabei orientiert sich der Film am Genre des Buddy Movies, das in den 40er Jahren Erfolge gefeiert hatte. Gleichzeitig suspendiert das Remake jedoch den Rivalitätstopos des Radio mit Anfragen nach Berlins Song überfluteten (vgl. Mueller: Astaire Dancing, S. 20). 25 Ich werde WHITE CHRISTMAS der Einfachheit halber auch weiterhin überwiegend als Remake bezeichnen. 26 Rick Altman: Film/Genre, London: British Film Institute 999, S. 47. 27 Vgl. hierzu Liebrand/Steiner: Einleitung, S. 7-9.
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Premakes und versucht das romantic couple des Musicals wieder einzuführen, indem es dem männlichen ein weibliches Buddy-Team an die Seite stellt und diese beiden gleichgeschlechtlichen Paare als gemischtgeschlechtliche rearrangiert (aus boy/boy und girl/girl wird zweimal girl/boy). Diese Verschaltung und Überkreuzung von Premakevorgaben und Genrevorgaben, vom unfinished business des Premakes und der genre memory des Musicals führt zu gender/genre trouble. Der Film oszilliert im Folgenden zwischen Buddy Movie und Musical.
I’ll Capture Her Heart Singing/Dancing. HOLIDAY INN und das Dual Focus Narrative des Musicals In seiner einflussreichen Studie »The American Film Musical« konstatiert Rick Altman eine dem Genre zu Grunde liegende Dichotomie von Weiblichkeit und Männlichkeit, einen »dual focus«, der alle Bereiche des Musicalfilms (Setting, Kameraeinstellungen, Musik, Tanz usw.) binär organisiere. Diese »male-female-duality« fungiere häufig als Platzhalter einer zweiten, thematischen Opposition, zum Beispiel entertainment versus business in SILK STOCKINGS (957) oder high art versus low art in SHALL WE DANCE (937). Die anscheinend nicht zu vereinbarenden Gegensätze würden durch ihre filmische Verknüpfung mit der Gender-Differenz durch die Heirat der beiden Antagonisten am Ende des Films aufgelöst.28 HOLIDAY INN nun weist den von Rick Altman beschriebenen dual focus nicht auf – zumindest nicht in der Beziehung zwischen männlichem und weiblichem Star. Als genretypisches gegensätzliches Paar inszeniert der Film 28 »[N]early every American film musical sets up a series of male/female oppositions, eventually resolving them to harmonious unity through the device of marriage. On careful inspection, however, we can distinguish in any musical a secondary but essential opposition alongside the primary sexual division: each sex is identified with a particular attitude, value, desire, location, age, or other characteristic attribute. These secondary attributes always begin diametrically opposed and mutually exclusive.« […] »These problematic dichotomies are eventually resolved only when the resolution of the sexual duality (marriage) is used as a non-rational mediatory model for the attendant thematic oppositions, bringing together categories and individuals that seemed irreconcilably opposed« (Rick Altman: »The American Musical as Dual-Focus Narrative« in: ders.: The American Film Musical, Bloomington: Indiana University Press 987, S. 6-27, Nachdruck in: Cohan: Hollywood Musicals, S. 4-5, hier S. 48 u. S. 50). Altmans Ansatz ist u.a. von Steve Neale als verallgemeinernd und zu wenig präzise kritisiert worden. Neale zufolge ist der Plot des Musicals weder stets um eine Liebesgeschichte zentriert, noch werden die während des Films eingeführten Gegensätze am Ende zwangsläufig suspendiert (Neale: Genre and Hollywood, S. 2).
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vielmehr die beiden männlichen Protagonisten Ted Hanover und Jim Hardy: Der Tänzer Ted, der seinem besten Freund und Bühnenpartner die Verlobte stiehlt, um mit ihr als Tanzpartnerin Karriere zu machen, steht für die Welt der Großstadt, für Öffentlichkeit, Showbusiness, Modernität, für Unehrlichkeit und Trickserei. Jim, der seine Gesangskarriere aufgeben und dem Showbiz den Rücken kehren will, wird hingegen mit Landleben, Privatheit/Domestizität, einer nostalgisch besetzten Vergangenheit, Ehrlichkeit und Anständigkeit assoziiert. Selbst diese Oppositionen werden aber, direkt nachdem sie eingeführt wurden, bereits wieder durchkreuzt und destabilisiert (und nicht, wie Altman vorschlägt, am Ende des Films versöhnt). Indem Jim die Farm in ein Landhotel mit Unterhaltungsprogramm verwandelt, holt er das Showbusiness in den häuslichen Bereich, verbindet Öffentlichkeit mit Privatsphäre (der Saal, in dem an Feiertagen Gäste bewirtet und Shows aufgeführt werden, dient Jim alltags als Wohnzimmer). Erreicht Linda das Holiday Inn bei ihrem ersten Besuch am Weihnachtsabend zunächst mit einem Pferdeschlitten, hält der technologische Fortschritt schon bald in Form eines Lieferwagens Einzug ins ländliche Leben, und die Gäste erreichen das Holiday Inn bereits am Silvesterabend mit unbelebten Pferdestärken. Zur Ostermesse fahren Linda und Jim dann wieder traditionell im Pferdewagen. Bevor er nach Connecticut aufbricht, wünscht Jim Ted und Lila zum Abschied: »Dance yourselves into beautiful nervous breakdowns.« Wenig später ist er es jedoch, der sich – vom Farmleben erschöpft – mit einem Nervenzusammenbruch in ein Sanatorium einweisen lässt. Nicht das Showbusiness ist also nervenaufreibend, sondern das Leben auf dem Land. Auch in der Folge wird die Dichotomie von Land (Connecticut) und Stadt (New York), eine Opposition, die Hollywoods Romantic Comedy häufig durch Außenräume (Landstraßen, Gärten, Felder) versus Innenräume (Nachtclubs, Theater, Restaurants) inszeniert, ins Schwimmen gebracht: Für die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag lässt Jim eine riesige Bühne im Freien errichten; er verlegt den Innenraum also nach außen. Der Film scheint Ted und Jim außerdem über ihre unterschiedlichen Talente, Tanzen respektive Singen, als Kontrahenten zu etablieren, das jedenfalls suggeriert die erste Nummer »I’ll Capture Her Heart Singing/ Dancing«, in der beide auf die je eigene Art versuchen, Lila Dixon für sich zu gewinnen (am Ende der Nummer tanzen dann Ted und Jim zusammen – Lila hat beide stehen lassen). Beide Talente stellen jedoch keine echten Gegensätze dar. Schon der Begriff des Song-and-Dance-Teams legt ja nahe, dass Tanzen und Singen sich vielmehr komplementieren: Ted/Astaire und Jim/Crosby sind weniger Gegner als ein perfektes (Showbiz-)Paar. »Every day is a holiday when they sing and dance together«, verspricht auch die Tagline des Films. Die Opposition Tanzen/Singen wird zudem
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dadurch unterlaufen, dass Astaire während des Films sehr wohl singt, und zwar bereits in dieser ersten Nummer, die ihrer Anlage nach auch deshalb hinkt, weil Jim und Ted ihr Vorhaben, ihre Angebetete singend beziehungsweise tanzend zu erobern, eben singend proklamieren. Und schon Astaires Casting trägt zur Destabilisierung der Gegensätze bei: Neben seiner Berühmtheit als Tänzer war Astaire ein – vor allem von Komponisten wie Irving Berlin und Jerome Kern – hoch geschätzter Sänger.29 Während Astaire die Tanznummern in seinen Filmen meistens dadurch einleitet, dass er zunächst zur Musik singt und dann zu tanzen beginnt, bildet seine nächste Nummer in HOLIDAY INN, »You’re Easy to Dance With«, eine entscheidende Veränderung dieser Routine: Zum ersten Mal singt und tanzt Astaire gleichzeitig und während des gesamten Stückes30 – eine Beobachtung, die gerade vor dem Hintergrund der oppositionellen Charakterisierung Jims als Sänger und Teds als Tänzer ihr Gewicht erlangt.
Abb. 5-20: »I'll capture her heart singing/dancing«
29 Zu den hymnischen Lobpreisungen Astaires von Seiten verschiedener Komponisten und Musiker vgl. Mueller: Astaire Dancing, S. 2; vgl. außerdem John M. Clum: Something for the Boys. Musical Theater and Gay Culture, New York: St. Martin’s 999, S. 95f. Der Musiker und Schauspieler Oscar Levant etwa hielt Astaire für einen besseren Sänger als Crosby: »Fred Astaire is the best singer of songs the movie world has ever known. His phrasing has individual sophistication that is utterly charming. Presumably the runner-up would be Bing Crosby, a wonderful fellow, but he doesn’t have the unstressed elegance of Fred Astaire« (Oscar Levant zitiert nach: Mueller: Astaire Dancing, S. 2). 30 Vgl. Mueller: Astaire Dancing, S. 34 u. 203. Astaire singt zunächst den gesamten Text einmal, um dann im weiteren Verlauf einzelne Phrasen zu wiederholen.
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Die Eigenschaft Jims, die der Film mit der größten Konsequenz unterläuft, ist seine anfangs eingeführte Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Schon bei seiner ersten Begegnung mit Linda gibt Jim sich fälschlich als Besitzer eines großen Nachtclubs aus, für den selbst Ted Hanover und Lila Dixon nicht gut genug seien. Das Holiday Inn ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal eröffnet. »All right, so you’re a fake and I’m a phoney«, erkennt Linda, die sich selbst als Berühmtheit ausgegeben hatte, ganz richtig, als sich der Schwindel aufklärt.3 Denn damit sind Jims Täuschungsmanöver noch nicht am Ende: Ted und dessen Manager Danny Reed gegenüber beteuert er, er kenne die geheimnisvolle junge Frau, mit der Ted am Silvesterabend im Holiday Inn getanzt habe, nicht. Im Folgenden versucht er, Lindas Identität vor den beiden geheim zu halten, zum Beispiel indem er sie bei der nächsten Show im Holiday Inn, an Lincolns Geburtstag, mit schwarz geschminktem Gesicht, in blackface, auftreten lässt.32 3 Auch Linda ist in dieser Szene also unehrlich: Sie macht Jim glauben, sie sei persönlich mit Ted Hanover bekannt. Und Lila verspricht sowohl Jim als auch Ted, sie zu heiraten, um am Vorabend der Hochzeit dann jedesmal mit einem anderen Mann durchzubrennen. Alle vier Protagonisten nehmen es mit der Aufrichtigkeit offensichtlich nicht so genau. 32 Blackface bezeichnet eine rassistische Performancetradition, die sich bis in die 50er Jahre v.a. auf US-amerikanischen Bühnen, aber auch in Hollywood und später im Fernsehen großer Popularität erfreute. In diesem Genre verkörperten gewöhnlich weiße Schauspieler mit schwarz geschminkten Gesichtern und übertrieben groß und breit geschminkten Lippen rassistische Stereotype, etwa Jim Crow, Uncle Tom oder die old Southern mammy. Anwendung fand blackface vor allem in Minstrel-Shows, in denen zwei oder drei weiße Darsteller das Leben und die Kultur freier und unfreier African-Americans in Sketchen, Musik, Tanz und Variety Acts karikierten und/oder sentimentalisierten. Vgl. hierzu Michael Rogin: Blackface, White Noise. Jewish Immigrants in the Hollywood Melting Pot, Berkeley: University of California Press 996. Anders als in einer typischen Minstrel-Show ist in der Show zu Lincolns Geburtstag die gesamte Belegschaft des Holiday Inn, nicht nur Sänger, Tänzer und Orchester, sondern auch Kellnerinnen, Kellner und Garderobieren in blackface. Jim ist als afroamerikanischer Abraham Lincoln verkleidet und wird damit zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. In Fernsehaufführungen von HOLIDAY INN ist die »Abraham«-Nummer heute meistens herausgeschnitten. WHITE CHRISTMAS greift 954, in einem Klima wachsenden Bewusstseins für den der Praktik inhärenten Rassismus, auf eine obskure »politisch korrekte« Version zurück (verzichten wollte man auf eine Minstrel-Nummer offenbar nicht): Hier wird »Mandy«, eine populäre Blackface-Nummer aus Irving Berlins berühmter soldier show »This Is the Army«, ohne blackface aufgeführt. Songtext, Bühnenbild, Figuren und die Herkunft der Nummer verorten die Performance jedoch deutlich in der Minstrel-Tradition; das
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Als zwei Agenten aus Hollywood Interesse an Linda und Ted zeigen, intrigiert Jim, um Lindas Auftritt zu verhindern. Am Filmset gelingt es ihm später durch einen Trick, Ted und Danny in Teds Umkleidezimmer einzuschließen. Lindas Herz erobert er, indem er geschickt in die Filmarbeiten eingreift und Erinnerungen an ihre erste Begegnung weckt. Jim erweist sich, was Listigkeit und Inszenierungstalent betrifft, Ted also als ebenbürtig – zudem handelt er aus selbstsüchtigen Beweggründen: Er glaubt, Linda, die sich wünscht, ein Star zu werden, werde ihn und dem Holiday Inn den Rücken kehren, sobald sich ihr eine Karrierechance biete. Ted verhält sich im Gegensatz dazu ausgesprochen fair: Lindas Zuneigung versucht er auf der Tanzfläche zu gewinnen. Er stellt ihr frei, das Angebot aus Hollywood auszuschlagen und im Holiday Inn zu bleiben, und er macht auch den Agenten gegenüber deutlich, dass die Entscheidung über eine Filmversion bei Jim liege. Das Premake HOLIDAY INN führt die Genrekonvention des dual focus also zunächst genderverkehrt – zwischen zwei Männern – ein (die damit als Paar des Films markiert werden), um sie im Folgenden dann vollends zu unterlaufen.
Boy Meets Boy: Vom Rivalen zum Male-Buddy-Team Auch die von Altman postulierte Genreformel des Musicals »boy meets girl, boy dances with girl, boy gets girl«33 wird von HOLIDAY INN nicht erfüllt. Fungiert Paartanz in den Astaire-Rogers-Filmen als Metapher für »sexual differentiation, seduction, and consummation«,34 so mag diese Art der Paarbildung in HOLIDAY INN nicht mehr recht gelingen. Als Ted zum ersten Mal mit Linda tanzt, ist er so betrunken, dass er sich mehr an ihr festhält, als dass er sie durch sein Tanzen erobert. Die Band spielt ironischerweise eine Version von »You’re Easy to Dance With«. Statt Linda am Ende der Nummer in die Arme zu schließen, sinkt Ted ohnmächtig zu Boden. Gender-Positionen, die das Musical durch Paartänze verhandelt, werden hier buchstäblich aus dem Gleichgewicht gebracht. Nach einer in dieser Hinsicht erfolgreicheren Nummer (»Be Careful It’s My Heart«), folgen weitere »Fehlschläge«: In »I Can’t Tell a Lie« zu Washingtons Geburtstag wechselt die Musik ständig abrupt zwischen Fehlen der schwarzen Farbe – diegetisch dadurch motiviert, dass es sich lediglich um eine Probe handelt – verweist daher umso deutlicher auf das, was abwesend ist. 33 Altman: Film/Genre, S. 47. 34 Steven Cohan: »›Feminizing‹ the Song-and-Dance Man. Fred Astaire and the Spectacle of Masculinity in the Hollywood Musical«, in: ders./Ina Rae Hark (Hg.): Screening the Male. Exploring Masculinities in Hollywood Cinema, London/New York: Routledge 993, S. 46-69, hier S. 5.
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schnellem Jazz und einem langsamen Menuett, so dass beide Partner immerzu aus dem Takt kommen und keine Annäherung möglich ist. Während der Show zum Unabhängigkeitstag kommt es nicht einmal zu einem Boy-Girl-Dance, weil Linda das Holiday Inn nicht rechtzeitig erreicht. Später tanzen Linda und Ted nur noch in einer Montagesequenz zusammen, die die Filmarbeiten zum Film-im-Film repräsentiert.35 Am Ende bekommt nicht der Tänzer, sondern der Sänger das girl, doch im Mittelpunkt steht ohnehin nicht die Bildung eines (heterosexuellen) Paares, des Boy-Girl-Danceteams à la Astaire/Rogers, sondern das Rivalitätsverhältnis zwischen Ted und Jim.36 So deuten sowohl die Leichtigkeit, mit der Jim und Ted ihre Affekte von Lila Dixon auf Linda Mason (in Teds Fall dann wieder auf Lila) verschieben, als auch die Namensgebung der beiden Frauen, die – indem sie die Mason-Dixon-Linie aufruft – deren Austauschbarkeit suggeriert,37 darauf hin, dass es weniger um die jeweilige Angebetete geht, als darum, den anderen im Wettstreit 35 Die Sequenz liefert einen Zusammenschnitt der Dreharbeiten: Zu sehen ist zunächst die Linse einer Kamera, in der sich Ted und Linda spiegeln. Das Paar tanzt zu einem Medley des Filmscores. Im Folgenden sind die Szenen zu sehen, die diese Kamera aufnimmt. Die Tänzer sind von Seifenblasen umgeben, die langsam durch das Bild schweben und zerplatzen – Teds und Lindas Glück wird offensichtlich nicht von Dauer sein. Tricktechnische kaleidoskopartige Multiplizierungen des tanzenden Paares sowie so genannte crotch shots, bei denen die Kamera zwischen den Beinen der Tänzer durchfährt, weisen den hier gedrehten Film als berkeleyeskes Spektakel aus. Unterlegt sind die Szenen wiederum mit Bildern, die das Filmteam bei der Arbeit zeigen. 36 Dass es vorrangig um diese beiden Männer geht, zeigt sich auch im Casting der weiblichen Hauptrollen, die nicht mit Stars besetzt wurden. Sowohl Marjorie Reynolds als auch Virginia Dale waren dem Publikum 942 höchstens aus B-Movies bekannt. Auch in WHITE CHRISTMAS zählten die Hauptdarstellerinnen nicht zu Hollywoods Berühmtheiten; Rosemary Clooney war allerdings ein Star im Medium des Radios und hatte vor WHITE CHRISTMAS bereits einige kleinere Filme gedreht. Vera-Ellen war schon in Musicals mit Gene Kelly (ON THE TOWN, 949) und Fred Astaire (THREE LITTLE WORDS, 950; BELLE OF NEW YORK, 952) zu sehen gewesen. 37 Der Astronom Charles Mason und der Landvermesser Jeremiah Dixon wurden Mitte des 8. Jahrhunderts mit der Vermessung der Grenze zwischen Pennsylvania/Delaware und Maryland beauftragt, um einen kolonialen Grenzstreit zu schlichten. Seit dem Missouri Compromise zur Regelung der Sklaverei im Jahr 820 steht die so genannte Mason-Dixon-Linie im populärsprachlichen Gebrauch für die Grenze zwischen free states und slave states. Linda und Lila sind durch ihre Familiennamen also nicht nur als austauschbar, sondern auch als Hälften eines Ganzen und damit – wie das Song-and-Dance-Duo Ted und Jim – selbst als perfektes Paar gekennzeichnet.
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zu schlagen. Was Eve Kosofsky Sedgwick in »Between Men« beschrieben hat, gilt auch für HOLIDAY INN: »In any erotic rivalry, the bond that links the two rivals is as intense and potent as the bond that links either of the rivals to the beloved.«38 Ist schon in HOLIDAY INN das Herz einer Frau nicht mehr durch Tanzen zu gewinnen, setzt WHITE CHRISTMAS entweder auf gleichgeschlechtliche Song-and-Dance-Teams oder auf Ensembletänze. Das Remake WHITE CHRISTMAS übernimmt die für ein Musical untypische Figurenkonstellation (boy/boy) von HOLIDAY INN und forciert sie: Die Beziehung der beiden männlichen Hauptfiguren steht im Remake noch deutlicher im Zentrum des Geschehens. Den Rivalitätstopos nimmt WHITE CHRISTMAS in seiner Diegese jedoch vollständig zurück. Aus den beiden Rivalen des Premakes, die versuchen, sich gegenseitig die Verlobte auszuspannen, werden zwei Freunde, von denen der eine immerzu versucht, den anderen »unter die Haube« zu bringen. Phil Davis und Bob Wallace sind seit ihrer Militärzeit im Zweiten Weltkrieg unzertrennlich. Zwar musste Bob zunächst zu dieser beruflichen wie privaten Partnerschaft »überredet« werden: Phil, der Bob bei einem Bombenangriff das Leben gerettet hat, weiß diesen Vorteil zu nutzen, um den Solo-Künstler zu einer Zusammenarbeit als Song-and-Dance-Team zu bewegen. Doch auch nachdem diese Rechnung beglichen ist, bleibt das Duo zusammen. Ihr kometenhafter Aufstieg im Showbusiness wird durch eine Montage verschiedener Auftritte resümiert, die ein musikalisch und tänzerisch perfekt harmonierendes Team präsentiert. Phil und Bob sind auch hinter der Bühne aufeinander eingespielt: Nach Proben zu ihrer neuen Revue »Playing Around« ziehen sie sich in ihrer Garderobe gemeinsam um. Phil hat gerade versucht, Bob gegen dessen Willen mit einer der Tänzerinnen zu verbandeln. Während das Duo verbal eine (gutmütige) Auseinandersetzung beginnt, werfen sie sich in einem präzise choreographierten, blitzschnellen Ablauf gegenseitig ihre abgelegten Kleidungsstücke und Requisiten zu. PHIL:
(wirft Bob seinen Spazierstock zu) Wallace, I think it’s time you and I had a little talk.
BOB:
(fängt ihn, wirft Phil seinen Hut zu) That’s a good idea, Buster, and if you don’t mind I’ll lead off.
PHIL:
(fängt Hut, verstaut beide Hüte in seinem Koffer) Wait a minute –
BOB:
(beide ziehen gleichzeitig ihre Jackets aus und hängen sie auf Bügel) You wait a minute. You know something, for about three
38 Sedgwick: Between Men, S. 2.
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months now you’ve been clumsily trying to entangle me with some female. PHIL:
All I’m trying to do –
BOB:
Fat ones, tall ones, thin ones – doesn’t make any difference. As long as they’re wearing skirts, a little mascara and still breathing, you run ’em at me.
PHIL:
Believe me it’s for your own good.
BOB:
For my own good?
PHIL:
Yeah, let’s face it Bob, you’re a lonely, miserable man.
BOB:
What?!
PHIL:
(Bob löst seine Fliege, wirft sie ihm zu, Phil fängt sie, legt sie in seinen Koffer) And you’re unhappy, too. And when you’re unhappy, I’m unhappy.
Das Spiel geht eine Weile so weiter. Erst als Phil ernsthaft vorschlägt, Bob solle heiraten und eine Familie gründen (damit er, Phil, einmal Zeit für sich selbst hätte), ist dieser Rapport gebrochen: Bob lässt eine Schuhbürste, die Phil ihm zuwirft, fallen. In einer Reminiszenz an Crosbys Jim Hardy in HOLIDAY INN, der von einem Heim und einer Familie träumt und davon, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen,39 erklärt Bob Wallace seinen Bindungsunwillen damit, dass er einfach noch nicht die richtige Frau gefunden habe: BOB:
The kinda girls you and I meet in this business – they’re young and they’re ambitious, they’re full of their own careers. They’re not interested in getting married, settling down, raising a family. […] Some day the right girl’s gonna come along. And if she’ll have me, we’ll get married, we’ll settle down, we’ll start having those nine kids for you.
Doch die Bilder dieser Szene, das perfekt aufeinander abgestimmte Teamworking der beiden Entertainer, erzählen eine andere Geschichte, machen überdeutlich, dass Bob deshalb keine Frau an seiner Seite braucht, weil er in Phil schon den perfekten Partner gefunden hat. Phils »when you’re unhappy, I’m unhappy« wirkt in dieser Hinsicht wie das Eheversprechen »in good times and in bad«.40 39 942 verkörpert Jim mit seiner Romantisierung des home den idealtypischen family man der 50er Jahre avant la lettre. 40 Auch was den restlichen Film betrifft, wird die Unzertrennlichkeit der beiden Männer inszeniert: Crosby und Kaye sind in jeder Szene gemeinsam zu sehen, erst als die Schwestern Betty und Judy Haynes auf der Bildfläche erscheinen, sieht man sie bisweilen auch getrennt.
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Mit dieser Inszenierung des männlichen Protagonistenpaares stellt WHITE CHRISTMAS sich in die Tradition der Male-Buddy-Filme der 40er Jahre, vor allem der erfolgreichen ROAD-TO-Serie4 mit Bing Crosby und Bob Hope, aber auch Gene-Kelly-Musicals wie ANCHORS AWEIGH (945), ON THE TOWN (949) und später IT’S ALWAYS FAIR WEATHER (955). Steven Cohan hat darauf hingewiesen, dass diese Filme im Kontext des Zweiten Weltkriegs zu lesen sind, der eine zeitweilige Aufweichung rigider Gender-Normen und die Legitimierung enger Männerfreundschaften bewirkte: The buddy relation had unusually strong significance during the 940s because of the intensity with which men formed close friendships in the all-male military environment of World War II. The Army, in fact, formally organized men into pairs as its primary means of instilling loyalty on a personal level. Giving official sanction to the male couple, the military’s buddy system structured masculinity in terms of same-sex bonding, problematizing what we now take for granted as the heterosexual/homosexual binarism that differentiates between »normal« and »deviant« masculinities according to sexual orientation.42
Abb. 2: Phil und Bob: perfekt eingespieltes Song-and-Dance-Team 4 ROAD
TO SINGAPORE (940), ROAD TO ZANZIBAR (94), ROAD TO MOROCCO (942), ROAD TO UTOPIA (945), ROAD TO RIO (947), ROAD TO BALI (952), ROAD TO HONG KONG (962). Wie viele der ROAD-TO-Filme beginnt WHITE CHRISTMAS mit einem Auftritt des Song-and-Dance-Teams,
der kurz darauf unterbrochen wird. Ein ähnliches Male-Buddy-Team bilden in den 50er Jahren Dean Martin und Jerry Lewis, vgl. etwa AT WAR WITH THE ARMY (950), SAILOR BEWARE (95), JUMPING JACKS (952), LIVING IT UP (954), YOU’RE NEVER TOO YOUNG (955). 42 Cohan: Queering the Deal, S. 23f.
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Während Militärärzte und Musterungsstationen die Pathologisierung und Repression von Homosexualität vorantrieben, die die 50er Jahre entscheidend prägen sollten,43 und während die Armee von homophoben Aggressionen und Nachstellungen keinesfalls frei war, ermöglichte das Leben als Soldat doch eine Reihe von Gender-Transgressionen: So war es G.I.s zum Beispiel erlaubt, in Armee-Shows (in Ermangelung weiblicher Darsteller) Frauenrollen darzustellen, in drag aufzutreten.44 Zudem hatte sich in der working class, anders als in der middle class, in den 40er Jahren noch keine strikte Opposition von »heterosexueller Norm« und »homosexueller Devianz« etabliert. Die durch den Kriegsdienst bedingte zeitweilige Vermischung der gesellschaftlichen Schichten und das überwiegend rein männliche Umfeld des Militärs führte deshalb zur Lockerung dieser Dichotomisierung.45 »The team of Hope and Crosby needs to be read in terms of the gender slippages occurring during the forties, when, as institutionalized by the Army buddy relation, the homosociality underlying American masculinity could all too easily ›queer the deal‹ […].«46 Wie Cohan gezeigt hat, beziehen die Filme ihre Komik zum gro43 Vgl. Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 2-7. 44 Vgl. hierzu ebd., S. 2 u. 67-97. Auch als mehr Frauen ins Militär eintraten, wurde diese Praktik nicht verändert. Vielmehr wurde weiblichen Soldaten verboten, an soldier shows teilzunehmen (ebd., S. 80-82). 45 »[T]he war […] caused, because of its massive disruption of U.S. society and the integration of all classes (but not races) in the military, the momentary collapse of the boundaries between middle-class and working-class masculinities. […] [T]he institutions of wartime […] repositioned masculinity in a same-sex environment that challenged the middle-class presumption of heterosexual normality as defined in opposition to homosexual deviance« (vgl. Cohan: Queering the Deal, S. 42f.). Vgl. »Fairytales: Konzepte von Homosexualität, 920-940«, in diesem Band. Zur Bedeutung des Zweiten Weltkrieges für die Entwicklung einer homosexuellen Subkultur vgl. D’Emilio: Sexual Politics, S. 23-39. D’Emilio konzediert: »World War II […] marked a critical turning point in the social expression of homosexuality. It created a substantially new ›erotic situation‹ that led to a sudden coalescence of an urban gay subculture in the 940s. […] Wartime society freed millions of the young from the settings where heterosexuality was normally encouraged. For men and women who were already gay, the war provided the opportunity to meet persons like themselves, while others were able to act on erotic desires they might otherwise have denied« (John D’Emilio: »The Homosexual Menace. The Politics of Sexuality in Cold War America«, in: ders.: Making Trouble. Essays on Gay History, Politics, and the University, New York/London: Routledge 992, S. 57-73, hier S. 65f.). 46 Cohan: Queering the Deal, S. 24. Das Zitat stammt von Bob Hope in ROAD TO MOROCCO: Warum er ihr seinen Freund (Crosby) verschwiegen habe, fragt Hopes Verlobte (Lamour) ihn. »Well, I didn’t want to dicker too much. It might have queered the deal«, antwortet Hope.
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ßen Teil aus homosexuellen Anspielungen, der Invertierung traditioneller Männlichkeitsbilder und der romantischen Energie des Male-BuddyPaares, die das heterosexuelle Narrativ der Filme unterlaufen. Während in den ROAD-TO-Filmen, in denen Hope und Crosby gemeinsam Abenteuer in fernen Ländern bestehen, das (homosoziale) Rivalitätsnarrativ aber noch entscheidend ist (Crosby versucht meistens, Hope die Geliebte, gespielt von Dorothy Lamour, zu stehlen), steht in WHITE CHRISTMAS weniger der zweite Mann der heterosexuellen Paarbildung im Wege. Vielmehr stört eine Frau (genauer: stören zwei Schwestern) das funktionierende Male-Buddy-Team.
There Were Never Such Devoted Sisters. Female Buddies WHITE CHRISTMAS, der also ein Genre-Blending von Musical und Buddy Movie prozessiert, stellt dem Male-Buddy-Team nun ein Sister-Team an die Seite, im Remake geht es statt um ein zweigeschlechtliches Paar (wie im Musical üblich) so zunächst um zwei gleichgeschlechtliche Paare. Während in HOLIDAY INN auch Frauen in einem Rivalitätsverhältnis zum eigenen Geschlecht stehen (Linda und Lila konkurrieren darum, Teds Tanzpartnerin zu sein), ist von einem solchen Konkurrenzkampf in WHITE CHRISTMAS nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die Verbindung zwischen Phil und Bob auf der einen, Judy und Betty auf der anderen Seite, ist von gegenseitiger Fürsorge, Loyalität, Zuneigung und von einer Nähe geprägt, die die heterosexuellen Paare nie erreichen und die der Film auch visuell, durch symmetrische Bildpositionierung und Kostüme im Komplementär- oder Partnerlook inszeniert. So bleiben den Zuschauern – obwohl die gleichgeschlechtlichen Paare am Ende des Films in heterosexuelle überführt worden sind – das Buddy-Team Bob und Phil und das Schwestern-Team Judy und Betty als eigentliche Paare des Films in Erinnerung. Ist Crosbys und Kayes Buddy-Team den ROAD-TO-Filmen nachempfunden, so hat auch Clooneys und Vera-Ellens sister act filmische Vorbilder. Die enge, freundschaftliche Beziehung zwischen den Schwestern erinnert an ein Musical, das im Juli 953 in die Kinos kam, kurz bevor mit der Produktion von WHITE CHRISTMAS begonnen wurde, und das in der Forschung als Female-Buddy-Film gefeiert wird: Howard Hawks’ GENTLEMEN PREFER BLONDES mit Marilyn Monroe und Jane Russell.47 47 Vgl. hierzu Arthbutnot/Seneca: Pre-Text and Text, S. 77-85; Doty: Flaming Classics, Kap. 5: »Everyone’s Here for Love. Bisexuality and Gentlemen Prefer Blondes«, S. 3-53.
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Die Story des Films ist eine Variation des häufig verfilmten GoldDigger-Plots über Showgirls auf der Suche nach reichen Ehemännern (Monroe singt in diesem Film ihr berühmtes »Diamonds Are a Girl’s Best Friend«); und auch in WHITE CHRISTMAS sucht Judy Phils und Bobs Bekanntschaft zunächst aus Karrieregründen: »Oh, honey, you look beautiful tonight. He’ll be crazy about you«, ermutigt sie ihre Schwester, bevor sie vor den beiden berühmten Entertainern auftreten. »Which one?«, fragt Betty amüsiert zurück. »Oh, what does it matter? They’re both famous«, ist die Antwort. Doch wie Lucie Arthbutnot und Gail Seneca gezeigt haben, ist die zentrale Beziehung in GENTLEMEN PREFER BLONDES nicht die zwischen Lorelei (Monroe) respektive Dorothy (Russell) und ihren jeweiligen Ehemännern in spe, sondern die Freundschaft der beiden Frauen: On the narrative level, no one can miss the centrality of the women’s connection to each other as Monroe spends her time on the transatlantic voyage looking for a suitable male escort for Russell, or when Russell perjures herself in court to protect Monroe. Their lives are inextricably and lovingly intertwined. They work together, sing and dance together, travel together, get married together.48
Auch Judy und Betty arbeiten, singen, tanzen und reisen gemeinsam (geheiratet wird in WHITE CHRISTMAS nicht). Sie verteidigen sich gegenseitig vor Angriffen Dritter, sie helfen sich bei der Garderobe, und sie tragen, wie Monroe und Russell, bei ihrem ersten Auftritt das gleiche Kleid. Ihre Beziehungen zu Männern machen Judy und Betty wie ihre Vorgängerinnen vom Einverständnis der Schwester/Freundin abhängig.49 Wie Lorelei in GENTLEMEN PREFER BLONDES versucht Judy ihre Schwester/Freundin mit einer guten Partie, in diesem Fall mit Bob Wallace, zu versorgen. Weil Betty, so weiß Judy, nie heiraten würde, bevor ihre Schwester nicht ebenfalls verlobt sei, täuscht Judy eine Verlobung mit Phil vor, um – wie sie glaubt –Bettys Glück nicht im Wege zu stehen. Neben HOLIDAY INN, der die Gender-Konfiguration des Musicals durch den Rivalitätstopos in Richtung Buddy Movie verschiebt, und der ROAD-TO-Serie, Filmen über ein Male-Buddy-Team, ist ein weiterer Prätext von WHITE CHRISTMAS also ein Film über eine enge Freundschaft zwischen zwei Frauen, der ein Parallelnarrativ gleichgeschlechtlicher 48 Arthbutnot/Seneca: Pre-Text and Text, S. 8. Diese Beobachtung lässt sich im Übrigen auch auf Phil und Bob beziehen. 49 Damit unterlaufen die Filme die Privilegierung heterosexueller Beziehungen, die Hollywood generell nachgesagt wird (vgl. Doty: Everyone’s Here for Love, S. 36, 38).
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Freundschaften einführt, das die Boy-meets-Girl-Narration des Musicals immer wieder durchkreuzt.50
F a i r i e s, F a th er s , F am i l i e s Phil und Bob lernen die Haynes Sisters durch einen Freund bei der Armee kennen. Benny Haynes bittet das berühmte Entertainer-Duo, sich den Auftritt seiner beiden Schwestern im Novello’s anzusehen und ihnen mit professionellem Rat zur Seite zu stehen. (Erst später stellt sich heraus, dass eigentlich Judy diesen Brief geschrieben hat.) Nach dem Auftritt freunden sich die beiden Song-and-Dance-Teams an. Phil, der glaubt, in Betty die richtige Frau für Bob gefunden zu haben, achtet darauf, dass die beiden nebeneinander sitzen: »Won’t you sit there, and you sit right here, that’s cosier isn’t it? Boy, girl, boy, girl.« Phils Versuch, gemischtgeschlechtliche Paare herzustellen, ist jedoch nur mäßig erfolgreich: Bob und Betty beginnen zu streiten, sobald er mit Judy auf der Tanzfläche verschwunden ist. Und auch der nun folgende Paartanz, Judy und Phils »The Best Things Happen When You’re Dancing«, der als einzige Nummer des Films einem »klassischen« Creating-the-Couple-Dance nahe kommt, verfehlt dieses Ziel. Die den Tanz beschließende Umarmung führt nicht zum Kuss, sondern wird abrupt und unromantisch durch Bettys Erscheinen beendet. Auch die zweite in heterosexueller Perspektive Romantik versprechende Szene des Films wird durch Dritte jäh unterbrochen: Betty und Bobs tête à tête am offenen Kamin endet mit dem Eintreten des Generals, der nach etwas Essbarem sucht. Ohnehin gelingt 50 WHITE CHRISTMAS wiederholt Textzeilen von GENTLEMEN PREFER BLONDES mitunter fast wörtlich: »Two out of three?«, singt Dorothy in »Ain’t There Anyone Here for Love?« Und Betty fragt: »What is this? Best two out of three?«, als sie Judy und Phil in einer Umarmung erstarrt vorfindet. »I don’t mind, if you don’t mind«, versichert Dorothy Lorelei auf deren Frage, ob ihr Verlobter Gus in ihren Umkleideraum kommen dürfe. »I don’t mind, if you don’t«, sagt Judy zu Phil, als dieser bemerkt, wenn Betty und Bob sich weiter so gut verstünden, seien er und Judy bald miteinander verwandt. Entkommen Judy, Betty, Phil und Bob der Polizei, indem sie aus dem Fenster des Umkleideraums klettern, überlegen auch Dorothy und Lorelei, diesen Fluchtweg einzuschlagen, als die Polizei Lorelei wegen einer angeblich gestohlenen diamantenen Tiara verhaften will. Auch die Musical-Nummern machen Anleihen am Film von 953: »Sisters« orientiert sich mit seinem Federschmuck und den glitzernden Kostümen im Partnerlook an »Two Little Girls from Little Rock«. In »Love, You Didn’t Do Right by Me« wird Clooney/Betty vor einem pinkfarbenen Hintergrund von schwarzbefrackten Männern umtanzt, ähnlich wie zuvor Monroe/Lorelei in »Diamonds Are a Girl’s Best Friend«.
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es Betty und Bob, jegliche Romantik, die in dieser Szene aufkommt, in der sie gemeinsam »Count Your Blessings« singen, durch Späße und Frotzeleien über »sandwiches«, »liverwurst« und »smorgasbord« umgehend zu verscheuchen.5 Ohnehin zeigen Betty und Bob selbst wenig Eigeninitiative, müssen zu »ihrem Glück« – durch allerlei Intrigen und Taschenspielertricks auf Seiten Judys und Phils – geradezu gezwungen werden. Zwar flirten sie bei ihrer ersten Begegnung ein wenig miteinander, doch macht keiner der beiden Anstalten, weitere Schritte zu unternehmen: Bob will die Schwestern zunächst unter keinen Umständen nach Vermont begleiten, und Betty wartet keineswegs sehnsüchtig auf die Gelegenheit, mit Bob allein zu sein – all diese Umstände arrangieren Phil und Judy für sie. Sowohl Bob als auch Betty scheinen sich in ihrer gegenwärtigen Situation, als Teil eines Song-and-Dance-Teams, sehr wohl zu fühlen. Versucht Phil den workaholic Bob zu verheiraten, vorgeblich um selbst mehr Freizeit zu haben, so scheint er das Thema Hochzeit für sich selbst nie ins Auge zu fassen. Zwar flirtet er mit den Tänzerinnen ihrer Show, starrt demonstrativ schönen Frauen hinterher, und bei seiner ersten Begegnung mit Judy scheint es zwischen ihnen zu funken. Im Folgenden beschränken sich die beiden jedoch darauf, eine Vermittlerfunktion zwischen Betty und Bob einzunehmen, und als Judy vorschlägt, sich zum Schein zu verloben, damit Betty sich guten Gewissens auf Bob einlassen könne, reagiert Phil – obwohl es sich nur um eine vorgetäuschte Verlobung handeln würde – geradezu panisch: JUDY:
She’ll never get involved with anyone until I’m married or engaged or something.
PHIL:
Well, I guess that’s the end of that.
JUDY:
Unless I get myself engaged or something, real fast.
5 Betty vertraut Bob in dieser Szene an, sie hege altmodische Vorstellungen über die Liebe, »you know the bit: the lady fair and the knight on the white horse«, ein Bild, auf das sich beide im Folgenden wiederholt beziehen. Zu Weihnachten schenkt sie ihm, der zwischenzeitlich von seinem Pferd, sprich: in ihrem Ansehen gefallen war, eine Reiterstatue, um deutlich zu machen, dass er wieder ihr edler Ritter sei. Indem Betty Bob aber mit einer Statue gleichsetzt, ihn auf einen Sockel stellt, weist sie ihm eine statische Position zu, die in scharfem Kontrast zu jener Spontanität und Energie steht, die seine Beziehung zu Phil prägt. Während das Verhältnis zwischen Betty und Bob reichlich Konfliktpotenzial aufweist, von Komplikationen und Missverständnissen gezeichnet ist, sind die gleichgeschlechtlichen Paare durch Teamwork und gegenseitiges Versorgen und Kümmern gekennzeichnet.
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PHIL:
That’s ridiculous. Even if it made any sense at all: you’re up here in the wilderness, there’s nobody around here.
JUDY:
Oh, I don’t know –
PHIL:
Oh, be realistic. Who could you find up here to get yourself engaged to?
JUDY:
Well, I – I suppose it ought to be someone that I know –
PHIL:
That always helps.
JUDY:
Of course it’s gotta be a man.
PHIL:
That’s an absolute must.
JUDY:
Oh, no no no, I mean a mature man, you know, one with talent and experience –
PHIL:
(nickt) Oh, talent, experience –
JUDY:
One that’s witty, gay, charming, attractive –
PHIL:
Witty, gay, charming – oh, sure, where are you gonna find such a Superman?
JUDY:
(streichelt seinen Arm) Well, don’t be so modest.
PHIL:
Honey, fellas like that don’t (versteht plötzlich, rückt nervös auf der Bank von ihr weg) – me?!
JUDY:
(rückt ihm nach, legt eine Hand auf sein Bein) Well, you’re not exactly Superman, but you’re awfully available –
PHIL:
(rückt hektisch weiter von ihr weg) Yeah, now, don’t get any ideas Judy. I’m not the marrying kind.
JUDY:
(sie folgt ihm, bis sie ihn in eine Ecke gedrängt hat) Oh, it’s just an engagement!
PHIL:
Yeah, well, I’m not the engaging kind, either.
JUDY:
Well, what kind are you?
Die Inszenierung und die nicht eben subtilen Anspielungen dieser Szene legen eine Antwort auf Judys Frage zumindest nahe. Phils passives Verhalten (gegenüber einer aktiven, dominanten Judy), seine GenderAmbivalenz – offensichtlich hält er sich selbst nicht für einen Mann im heiratsfähigen Alter –, seine dünne, zittrige Stimme, die ängstlich zusammengepressten Beine entsprechen Hollywoods Sissy-Stereotyp.52 Judy bleibt trotz dieser Anzeichen beharrlich: 52 Zur Figur der sissy vgl. auch »Fairytales: Konzepte von Homosexualität, 920-940«, S. 8-22 und »Hollywood, die Sissy und der Production Code«, in diesem Band. Kayes sissy ist – vor allem in Verbindung mit Bing Crosby – ein Erbe der ROAD-TO-Comedies, setzt sich in Beziehung zu Bob Hopes screen persona, die durch das Fairy-Stereotyp (Gender-Inversion, Cross-Dressing) in Kon-
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Abb. 22-27: »Well, what kind are you?« (von links nach rechts) JUDY:
How terrible could it be for a few days? You do like me, don’t you?
PHIL:
(zögerlich, mit zitternder Stimme) Uh – s-sure I do.
JUDY:
I mean, I’m not exactly repulsive.
PHIL:
Of course (die Stimme versagt ihm, er räuspert sich) – of course not.
JUDY:
And you do find me gay, amusing, good company, fun to be with?53
PHIL:
(rutscht tiefer in die Kissen) Uhh, sure. But I feel the same way about my cocker spaniel.
trast zu Crosbys straightness gekennzeichnet ist (vgl. Cohan: Queering the Deal, S. 35-38). Danny Kaye, der selbst für seine pansy routines bekannt war, wurde als Crosbys Co-Star in WHITE CHRISTMAS sicherlich mit Blick auf das berühmte Filmpaar gecastet (vgl. Clum: Something for the Boys, S. 73, 104). Dialogzeilen wie Bobs/Crosbys »You look at me with those great big cow eyes […] and I melt and go along«, greifen den queer humor der ROAD-TO-Serie auf, der die Beziehung zwischen Ted und Jim in HOLIDAY INN noch nicht kennzeichnet. 53 Gay im Sinne von homosexuell war in städtischen homosexuellen Szenen mindestens seit den frühen 40er Jahren geläufig (vgl. Chauncey: Gay New York, S. 14-19; Katz: Gay/Lesbian Almanach, S. 577; »gay«, Def. A. adj. 2.c., Oxford English Dictionary; »gay«, Def. 1., 2., 3., New Dictionary of American Slang). In einem Hollywoodfilm wurde es auf diese Weise vermutlich zum ersten Mal 1938 in Howard Hawks’ Screwball Comedy BRINGING UP BABY verwendet: Hier antwortet der mit einem federbesetzten Negligé bekleidete Cary Grant (als David Huxley) auf die Frage, was denn in ihn gefahren sei, mit einem kleinen Luftsprung: »I just went gay all of a sudden!« Das dreimalige Wiederholen des Wortes in Verbindung mit Kayes Sissy-Performance mag auch Zuschauer, die zunächst allein die herkömmliche Semantik des Wortes (happy, colorful, energetic) assoziierten, darauf verwiesen haben, dass hier eine weitere Bedeutungsebene mitschwingt. Für ein homosexuelles Publikum verleiht der Gebrauch von »gay« der Szene Potenzial für ein camp reading, macht Judy als Transvestit und Phil als fairy lesbar.
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Bob und Betty zuliebe willigt Phil schließlich ein (»It would only last two or three weeks at the worst? – uhhh, at the most, I mean«). Sie besiegeln die Abmachung mit Handschlag. »Don’t you think we should kiss or something?«, fragt Judy. »Not until absolutely necessary«, ist seine Antwort. Phil ist offensichtlich nicht ernsthaft am anderen Geschlecht interessiert. Sobald eine Frau sein Flirten erwidert oder ihm gar selbst Avancen macht, reagiert er mit Rückzug. Phils Selbstinszenierung als womanizer sowie sein Bemühen, Bob zu verheiraten, erscheinen so als Strategien, die sein passing als straight aufrecht erhalten. Erfolgreiches passing mit Hilfe dessen sich eine (z.B. nicht-weiße, nicht-heterosexuelle) Person innerhalb normativer Strukturen verortet und auf diese Weise gesellschaftliche (rassistisch, sexistisch bedingte) Sanktionen vermeidet,54 gewinnt in den 50er Jahren durch einen gesellschaftlichen konservativen Backlash zunehmend an Bedeutung. Elaine Tyler May führt aus: Harsh repression and widespread institutionalized homophobia followed quickly in the wake of wartime, when gay and lesbian communities had flourished. As anti-communist crusades launched investigations to root out »perverts« in the government, homosexuality itself became a mark of potential subversive activity, grounds for dismissal from jobs, and justification for official and unofficial persecution. To escape the status as pariah, many gay men and lesbians locked themselves in the stifling closet of conformity, hiding their sexual identities and passing as heterosexuals.55
Während die zeitgenössische Presse unter den Stichworten »The Decline of the American Male« oder »The Paradox of the American Male« das »Schreckgespenst« emaskulierter, von ihren Frauen dominierter Männer 54 Als gelungene Darstellung und Herstellung einer Identitätskategorie (männlich, weiblich, weiß, heterosexuell o.ä.), als Möglichkeit, performativ eine »fremde« Identität anzunehmen, weist der Akt des passing auch der zu verdeckenden »echten« Identität den Status einer Konstruktion zu. PassingStrategien sind in den Cultural Studies vor allem in Bezug auf Race (»to pass for white«) und Gender diskutiert worden. Vgl. etwa Elaine K. Ginsberg (Hg.): Passing and the Fictions of Identity, Durham: Duke University Press 996; Cynthia J. Fuchs: »Split Screens. Framing and Passing in Pillow Talk«, in: Foreman: The Other Fifties, S. 224-25; Elisabeth Bronfen: Heimweh. Illusionsspiele in Hollywood, Berlin: Volk und Welt Verlag 999, S. 285-326; Gayle Wald: Crossing the Line. Racial Passing in the 20th Century US Literature and Culture, Durham: Duke University Press 2000. 55 May: Homeward Bound, S. xxiiif. Zum homophoben Backlash der 50er Jahre vgl. auch D’Emilio: The Homosexual Menace, v.a. S. 64-68.
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diskutiert,56 bewirkt diese Entwicklung in Hollywood, so Steven Cohan, »a shift in register from a denotative encoding of queerness (the wellknown fairy character) to a more complex, because more covert, one of connotation (sexual innuendo and camp), that, in the postwar era, was crucial in reshaping gay culture in all modes of its representation«.57 Danny Kayes Phil vollzieht genau diesen Wechsel zwischen FairyKlischee und Closet-Performance – allerdings tut er dies im Laufe des Films mehrfach und in beide Richtungen. Phils passing wird notwendig – so meine These –, weil WHITE CHRISTMAS sein Premake durch die Resemantisierung, die der Buddy Movie in den 40er Jahren durch den militärischen Kontext des Zweiten Weltkrieges erfahren hat, als queer text liest. Im homophoben Klima der 50er Jahre bewirkt diese Relektüre male trouble und genre trouble. Der Genre-Shift des Vorgängerfilms stürzt die Protagonisten in WHITE CHRISTMAS also durchaus in Gender-Turbulenzen. Das Remake entschärft die homosexual panic, die der Buddy-Plot 954 auslöst, indem er sie mit der Geschichte einer Familienbildung überschreibt und überdeckt. Phil ist dieser screen story zufolge weniger auf Partnersuche, als darum bemüht, sich funktionierende Familienstrukturen zu schaffen.
Operation Waverly Der Film beginnt mit einem reinen Männerverbund, der US-Army, irgendwo in einer zerbombten Stadt in Europa – und er beginnt mit dem Verlust des »guten Vaters«: General Waverly, der für seine Soldaten eine Vaterfigur darstellt,58 wird vom Dienst abkommandiert und durch einen ehrgeizigen, autoritären Nachfolger ersetzt.59 Die Abkommandierung Waverlys bringt die Welt der Soldaten ganz literal zum Einstürzen. So56 Vgl. z.B. Coughlin: Changing Roles in Modern Marriage, S. 2 u. passim; Frank: How Much Do We Know about Men?, S. 57; Moskin: Why Do WOMEN Dominate Him?, S. 80. Vgl. hierzu »How Much Do We Know about Men? Männlichkeitskrisen II«, in diesem Band. 57 Cohan: Queering the Deal, S. 34. 58 Bob spricht von ihm als »the old man« (ein geläufiger Ausdruck für »Dad«), General Waverly nennt ihn »son«. »We ate and then he ate. We slept and then he slept«, erinnert sich Bob später an Waverlys väterliche Fürsorge für seine Division. 59 »He is being replaced by a new commanding general, fresh out of the Pentagon«, heißt es. Kontrastiert werden hier die Figuren des liebenden und des strafenden Patriarchen. Die oberste Militärführung ist auf Seiten des schlechten Patriarchats angesiedelt. Sie nehmen den Soldaten nicht nur den guten Vater, sie kümmern sich auch nach dem Krieg nicht um die Veteranen, die ihre Demobilisierung als Emaskulierung erleben.
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bald der General seine Männer verlassen hat, wird das Camp durch einen Bombenangriff verwüstet. Kann Waverly (dessen Name schon darauf verweist, dass er wohl abkommandiert worden ist, weil er kein besonders erfolgreicher General war: to waver bedeutet so viel wie »schwanken«, »zögern«) seine Vaterrolle schon in Kriegszeiten nicht erfüllen, so führt das Kriegsende, Waverlys Entlassung aus dem Militärdienst, endgültig zum Zusammenbruch der patriarchalen Ordnung. Waverly ist in seiner Rolle als Hotelier deutlich emaskuliert: Abkommandiert wird er nun zu so unmännlichen Aufgaben wie kitchen police (oder »kp«, wie er es verschämt abkürzt); er wird dabei gezeigt, wie er die Gäste bedient und mit anderen »Rentnern« Hufeisenwerfen spielt. Wiederholt bittet er Phil und Bob, ihn nicht länger als General zu titulieren; seine neuen Aufgaben seien mit denen eines Generals nicht zu vereinbaren. Weil der Schnee ausbleibt, ist selbst Waverlys Rolle als Ernährer seiner kleinen ErsatzFamilie (seiner Haushälterin und Empfangsdame Emma und seiner Enkelin Susan) gefährdet. »Operation Waverly«, wie Bob und Phil ihren Plan nennen, das Columbia Inn durch ihre Show vor dem Bankrott und Waverlys Selbstachtung durch den Aufmarsch seiner ehemaligen G.I.s zu retten, bezeichnet somit ein Remaskulinisierungsprojekt: Ziel ist die Rekonstitution der patriarchalen Ordnung durch die Wiedereinsetzung des Vaters.60 Liest man WHITE CHRISTMAS unter dieser Vorgabe, so wirft das ein neues Licht auf Phils Verhalten Judy gegenüber. Seine Nervosität, sein Stottern, seine Naivität, die ihn lange nicht merken lässt, worauf Judy hinauswill, die brechende, mal piepsige, mal tiefe Stimme, der Vergleich seines Gefühls für Judy mit dem für seinen Hund – Kayes Performance in dieser Szene ist auch die eines (sexuell unerfahrenen, pubertierenden) Kindes. Als er Judy wenig später – auf »Befehl« des Generals – zum ersten Mal küsst, scheint das sein erster Kuss überhaupt zu sein: »Now, that didn’t hurt too much, did it?«, fragt Judy. »You know, in some ways you are far superior to my cocker spaniel«, stellt Phil mit unverhohlener Erleichterung fest. Hat Phil in seinem »großen Bruder« Bob bereits einen Ersatzvater gefunden, so fehlen der Familie nun noch Mutter und Geschwister. Die Haynes Sisters kommen ihm also gerade recht. Betty nämlich nimmt im Verhältnis zu ihrer Schwester Judy die Mutterrolle ein, die bei60 Schon in HOLIDAY INN geht es um Väter als Familienoberhäupte: »My father was like you«, erwidert Linda, nachdem Jim ihr seinen Traum von einem zurückgezogenen, privaten Familienleben erklärt hat. Sie fährt fort: »Just a man with a family. Never amounted to much. Didn’t care. But as long as he was alive we always had plenty to eat and clothes to keep us warm.« »Were you happy?«, fragt Jim, und als sie dies bejaht, folgert er: »Then your father was a very successful man. Hope I can do as well.«
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den nennen sich gegenseitig »Mother Hen« und »Little Chick«. Betty »Mother Hen« Haynes fühlt sich für ihre jüngere Schwester verantwortlich: »Little Chick needs plenty of looking after. Till somebody else comes along who can do it better, Mother Hen is gonna stick pretty close to the coop.« Als Phil und Judy ihre (vorgetäuschte) Verlobung verkünden, überträgt Betty Phil mit großem Ernst diese Aufgabe: »You take care of her.« Wie sehr Phil Bettys und Bobs Verbindung als Familienerweiterung begreift, wie sehr er bemüht ist, familiäre Bande zu stiften, verraten seine Kommentare, sobald die beiden sich näher kommen: »Hey, if this keeps up, we’ll probably be in-laws before the dance is over«, sagt Phil zu Judy, obwohl er ja im eigentlichen Sinne nicht mit Bob verwandt ist. Und als Bob und Betty sich am Ende des Films glücklich vereint in den Armen liegen, gratuliert Phil: »Welcome to the family.« »Relatives, already, eh?«, lacht Bob. Phil verlobt sich also zum einen mit Judy, um Betty und Bob zusammenzuführen, zum anderen, um mit Bob offiziell verwandt zu sein. Das Verhältnis zwischen Phil und Judy ist im Übrigen überwiegend geschwisterlich, nicht romantisch geprägt. Im Novello’s fordert er Judy nicht zum Tanz auf, um sie – wie Fred Astaire in seinen Tänzen mit Ginger Rogers – zu verführen, sondern um Bob und Betty miteinander allein zu lassen. Dass es in WHITE CHRISTMAS um die Bildung von Familien geht, unterstreicht auch sein Ende: Der Film, der mit dem Verlust des Vaters beginnt, endet mit dem Bild einer Großfamilie vor dem weihnachtlichen Tannenbaum. Die Geschichte einer Familienbildung, die WHITE CHRISTMAS erzählt, fungiert also als screen, der den Text einer engen, möglicherweise homosexuellen (resp. im Amerika der 50er Jahre unter Homosexualitätsverdacht stehenden)6 Männerfreundschaft zu überschreiben versucht. Gleichzeitig zeigt der Film aber, dass die gleichgeschlechtlichen Teams besser funktionieren als die – im Zuge der filmischen Passing-Strategien – selbst geschaffenen Patchworkfamilien: Die heterosexuellen Beziehungen sind von Missverständnissen und Enttäuschungen geprägt. Nicht nur General Waverly, der mit seiner Haushälterin Emma und seiner Enkelin Susan im Columbia Inn lebt, würde dieser Familienidylle lieber wieder entfliehen: Er bewirbt sich bei der Armee um einen Posten – möglichst weit entfernt (»something overseas«, verrät er Bob). 6 Im homophoben und familienfixierten Klima der 50er Jahre wurde der Junggesellenstatus erklärungsbedürftig. Unverheirateten Männern, so Barbara Ehrenreich, wurde bestenfalls fehlende Reife, schlimmstenfalls Homosexualität unterstellt (Ehrenreich: The Hearts of Men, v.a. Kap. 2: »Breadwinners and Losers. Sanctions Against Male Deviance«, S. 4-28; vgl. auch May: Homeward Bound, S. xxiii; D’Emilio: The Homosexual Menace).
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D r a g - S i s te r s: Ca m p , K i n sh i p , K a te g o r i e n k r i se n Als die Haynes Sisters kurz vor ihrem zweiten Auftritt im Novello’s vor der Polizei fliehen müssen, die wegen falscher Anschuldigungen nach ihnen sucht, springen Phil und Bob für sie ein – als »Haynes Sisters«. Verkleidet mit riesigen Fächern aus türkis eingefärbten Federn, glitzerndem Haarschmuck, türkisfarbenen Armreifen und Tüchern sowie hochgekrempelten Hosenbeinen, die ihre Strumpfhalter sehen lassen, »singt« und tanzt das Duo zu einer Schallplatten-Aufnahme der Schwestern. Es handelt sich um denselben Song, den diese zuvor bei ihrem Auftritt gesungen hatten:
Abb. 28: Sisters in drag I Sisters, Sisters There were never such devoted sisters Never had to have a chaperone, no, Sir I’m here to keep my eye on her Caring Sharing Ev’ry little thing that we are wearing When a certain gentleman arrived from Rome She wore the dress, and I stayed home All kinds of weather We stick together The same in the rain or sun Two diff’rent faces But in tight places We think and we act as one 274
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Those who’ve seen us Know that not a thing could come between us Many men have tried to split us up, but no one can Lord help the mister Who comes between me and my sister And Lord help the sister Who comes between me and my man Sisters Sisters Sister, don’t come between me and my man
Abb. 29: Sisters in drag II
Die doppelte »Sisters«-Nummer illustriert eine der Grundprämissen des Musicalgenres: »The open acknowledgment […] that masculinity and femininity are equally performative, and that this performativity has spectacle as its intent […].«62 Sie eröffnet außerdem eine Reihe von Lektüren, die die Herstellungsmechanismen und Inszenierungspraktiken von Film und Gender sichtbar machen: Macht doch – davon war mit Bezug auf Butlers Gender-Theorie bereits die Rede63 – die theatralische und hyperbolische Imitation des Transvestiten auf der Bühne deutlich, dass es sich auch beim Original jenseits der Bühne, also bei alltäglicher Weiblichkeit und Männlichkeit, um eine performative Inszenierung handelt: »The parodic repetition of ›the original‹ […] reveals the original to be nothing other than a parody of the idea of the natural and the original.«64 62 Cohan: Masked Men, S. xvi. 63 Vgl. »Der Performative Turn in den Gender Studies«, in diesem Band. 64 Butler: Gender Trouble, S. 41.
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Drag-Queen verhält sich somit zu »echter« Frau nicht wie Kopie zu Original, sondern wie Kopie zu Kopie. Auch Phils und Bobs DragPerformance markiert den Auftritt der Haynes Sisters nicht als »echter«, als »natürlicher«; vielmehr verweist die zweite Performance (als Butler’sche Kopie der Kopie) auf den Drag-Charakter der ersten. Selbstreflexiv vorgeführt werden hier die (filmischen) Produktionsmechanismen von Geschlecht. Richten sich die beiden Männer durch feminine Accessoires, Make-up, Gesten und Mimik als Haynes-Schwestern her, so sind auch Judy und Betty durch diese sehr buchstäblichen technologies of gender, »the techniques and discursive strategies by which gender is constructed«,65 als sister act inszeniert. Nach dem Auftritt der Schwestern fragt Judy Bob, wie sie ihre (Gender-)Performance verbessern könnten: »Mr. Wallace, would you have any suggestions for the act? […] Should we both be blondes? Maybe Betty’s hair should go a shade darker?« Und – um neben der Figurenebene auch die der Darsteller hinzuzuziehen: Bing Crosby, Danny Kaye, Rosemary Clooney und VeraEllen sind für ihre Rollen als Bob, Phil, Betty und Judy auch jenseits der diegetischen Bühnen in vergleichbarer Weise hergerichtet.66 Zu guter Letzt ist die Tatsache, dass Phil und Bob ihre Lippen synchron zur über die Lautsprecher eingespielten Schallplattenaufnahme bewegen, ein augenzwinkernder Hinweis auf die Film-, genauer, auf die Musicalproduktion: Auch Betty/Clooney und Judy/Vera-Ellen singen in dieser Szene natürlich nicht live; auch hier wird der zuvor aufgenommene Gesang über Playback eingespielt. (Vera-Ellens Singstimme wurde zudem von Trudy Stevens synchronisiert.) Führt »I’ll Capture Her Heart Singing/Dancing« in HOLIDAY INN den Rivalitätstopos ein, der den Film im Folgenden strukturieren wird, so richtet die »Sisters«-Nummer in WHITE CHRISTMAS den Fokus auf die Familiengeschichte, die das Remake erzählt. Gleichzeitig rückt »Sisters« die Familienbildungsgeschichte aber auch in ein neues Licht, provoziert ein camp reading des Films.
65 Teresa de Lauretis: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film, and Fiction, Bloomington: Indiana University Press 1987, S. 38. 66 Dass der Begriff der »Herrichtung« durchaus wörtlich zu nehmen ist, verdeutlicht ein Rückgriff auf Hollywood-Trivia: So wurden Bing Crosbys abstehende Ohren in seinen frühen Filmen mit doppelseitigem Klebeband gebändigt, er trägt zudem ein Toupé. Vera-Ellens Anorexie wurde durch Kostüme kaschiert, die stets ihren Hals bedeckt hielten.
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Camp Camp can be defined as the ensemble of strategies used to enact a queer recognition of the incongruities arising from the cultural regulation of gender and sexuality. — Steven Cohan: Incongruous Entertainment, S.
Camp ist ein in den Kulturwissenschaften, vor allem in den Queer Studies, kontrovers diskutiertes Phänomen, das seit Susan Sontags wirkmächtigem Essay »Notes on ›Camp‹« aus dem Jahr 964 zahlreiche konkurrierende Annäherungs- und Definitionsversuche hervorgebracht hat.67 Im Spektrum der Positionen lassen sich drei grobe Richtungen ausmachen: Camp wird erstens konzipiert als das (nicht-intentionale) Potenzial eines Textes (eines Gemäldes, eines Films, eines Möbelstücks), ein camp reading zu evozieren. Geprägt seien solche Texte durch »a seriousness that fails«.68 Dagegen befindet Jack Babuscio: »Camp is never a thing or person per se, but, rather a relationship between activities, individuals, situations, and gayness.«69 So kann camp, zweitens, eine an den Text herangetragene reading strategy bezeichnen (»camp resides largely in the eye of the beholder«70), der es darum zu tun ist, kulturelle Deutungsmonopole durch das Verfolgen textueller Inkongruenzen und Inkonsistenzen aufzubrechen. Drittens wird camp als (überwiegend von Homosexuellen eingesetzter) kultureller (Performance-)Stil (»camping«) und als Produktionsstrategie verstanden (»What if whoever made this was gay too?«,7 fragt in diesem Fall der Rezipient eines Textes). Auch innerhalb der verschiedenen Studien wird auf die Vielschichtigkeit und Wandelbarkeit des Phänomens camp hingewiesen. So versteht Sontag camp nicht nur als »quality discoverable in objects and the behavior of persons«, zum Beispiel in Busby Berkeleys production numbers oder in Tiffany-Lampen, sondern auch als kulturelle Rezeptionsstrategie: »a Camp vision, a Camp way of looking at things«.72 67 Vgl. zur Debatte um camp Cohan: Incongruous Entertainment, S. 5-9; Don Kulick: »Gay and Lesbian Language«, in: Annual Review of Anthropology 29 (2000), S. 243-285, hier S. 254-256. 68 Vgl. Susan Sontag: »Notes on ›Camp‹« [964], in: dies.: Against Interpretation and Other Essays, New York: Farrar/Strauss & Giroux 966, S. 275292, Zitat S. 283. 69 Jack Babuscio: »Camp and the Gay Sensibility«, in: Richard Dyer (Hg.): Gays and Film, überarb. Ausgabe, New York: Zoetrope 984, S. 40-57, hier S. 40f. 70 Ebd., S. 4. 7 Sedgwick: Epistemology of the Closet, S. 56. 72 Sontag: Notes on ›Camp‹, S. 277.
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Für die Lektüre von WHITE CHRISTMAS ist camp zum einen als reading strategy von Interesse. »[A] camp reading«, so Steven Cohan, »focuses on the incongruities, dissonances, and excesses of a text with the goal of interrupting its cultural pre-texts, beginning with the codes of heterosexuality.«73 Zum anderen geht es um camp als »approach used in constructing texts or performances«.74 Camp als Performance-Stil stellt – oft mit politischem Impetus – durch den Gebrauch von Ironie, Theatralität und Humor, durch Übertreibung, Trivialisierung, Exzess und Inversion die Künstlichkeit gesellschaftlicher Konventionen und GenderRollen aus und verqueert sie.75 Bobs und Phils Drag-Performance ironisiert und übertreibt nicht nur die »Sisters«-Nummer der Haynes Sisters, sie denaturalisiert und resignifiziert auch Familienkategorien und stellt die im Film gestifteten Ersatzfamilien in den Kontext jener sozial und diskursiv begründeten Familien- und Verwandschaftsstrukturen der homosexuellen Kultur, die etwa George Chauncey für das New York des frühen 20. Jahrhunderts beschrieben hat:76 »[G]ay men […] used camp culture to undermine the ›natural‹ categories of the family and to reconstitute themselves as members of fictive kinship systems. […] Most commonly, gay men called each other ›sisters,‹ thereby signaling their identification with and allegiance to other men like themselves.«77 73 Steven Cohan: »Camp Interventions. Introduction«, in: ders.: Hollywood Musicals, S. 03-06, hier S. 03. 74 Doty: Flaming Classics, S. 82. 75 »[C]amp takes up the styles, the technologies, and the narratives of dominant culture, and denaturalizes them through irony and excess« (Doty: Flaming Classics, S. 88; vgl. auch ebd., S. 82f.). Auch Richard Dyer beschreibt camp als »a characteristically gay way of handling the values, images and products of the dominant culture through irony, exaggeration, trivialisation, theatricalisation and an ambivalent making fun of and out of the serious and respectable« (Dyer: Heavenly Bodies, S. 78). Vgl. außerdem: Chauncey: Gay New York, S. 290; Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 86f.; Cohan: Camp Interventions, S. 03; Esther Newton: Mother Camp. Female Impersonators in America, Englewood Cliffs: Prentice-Hall 972. 76 Vgl. auch Judith Butlers Anmerkungen zur Drag-Szene in Harlem, New York: »These men ›mother‹ one another, ›house‹ one another, ›rear‹ one another, and the resignification of the family through these terms is not a vain or useless imitation, but the social and discursive building of a community, a community that binds, cares, and teaches, that shelters and enables« (Butler: Bodies that Matter, S. 37. Ausgeführt und problematisiert hat Butler dies in: Antigone’s Claim. Kinship Between Life and Death, New York: Columbia University Press 2000, S. 5, 22-25 u. 69-75; und in: »Is Kinship Always Already Heterosexual?«, in: dies.: Undoing Gender, S. 02-30. 77 Chauncey: Gay New York, S. 290f. Dass die »Sisters«-Performance auf diesen Camp-Kontext anspielt, legt auch der Umstand nahe, dass nicht auf
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Der Versuch des Remakes, das Male-Buddy-Narrativ des Premakes, das durch die Buddy Movies der 40er Jahre mit homosexuellen Konnotationen aufgeladen wurde, im homophoben und familienfreundlichen Klima der 50er Jahre mit einer Familienbildungsgeschichte zu überschreiben, schlägt also fehl, weil der queer text über die Verwandtschaftsstrukturen der homosexuellen Szene wieder eingespielt wird.
Sisters in Distress Es bedarf nicht vieler Phantasie, um die »Sisters«-Nummer nicht nur als filmischen Kommentar zum Schwesternteam Judy und Betty, sondern auch zu Bob und Phil zu verstehen. Auch deren Beziehung ist durch gegenseitiges Kümmern und Aufeinander-Acht-Geben geprägt (»caring«), rettet Phil Bob doch beim Bombenangriff das Leben. Offensichtlich teilen auch sie ihre Kleidung, schließlich packt Phil verschiedene Kleidungsstücke Bobs in seinen eigenen Koffer (»sharing every little thing that we are wearing«), – und mehr als das: Geteilt wird auch die Garderobe und der Schlafwagen im Zug. »We’ve got a drawing room«, insistiert Bob unnachgiebig, als der Schaffner ihnen mitteilt, der Zug sei komplett ausgebucht und Phil statt der Tickets lediglich eine Haarschleife aus seiner Tasche zieht.78 Dass die beiden bei jedem Wetter zusammenhalten (»all kinds of weather, we stick together, the same in the rain or sun«), zeigt bereits die Montage ihrer gemeinsamen Auftritte zu Beginn des Films, in der sie zunächst von einer Hitzewelle (Irving Berlins »Heat Wave«) singen und später im (sub-)tropischen Florida »Blue Skies« zum Besten geben. »Lord help the mister who comes between me and my sister, and Lord die »männliche« Version des Songs zurückgegriffen wurde, die Berlin ebenfalls verfasst hatte. Der Text lautet wie folgt: Brothers / Brothers / There were never such devoted brothers / When there comes a glamor girl who’s nice and trim / He watches me and I watch him / Caring / Sharing / Ev’ry little thing that we are wearing / When a certain signorina came from Rome / He wore the blue serge, I stayed home / All kinds of weather, we stick together / The same in the rain or sun / Two diff’rent faces / But in tight places / We think and we act as one / Those who’ve seen us / Know that not a thing could come between us / Many girls have tried to split us up, but no one shall / Lord help another who comes between me and my brother / And Lord help the brother who comes between me and my gal. 78 Zugfahren weist seit Beginn des Films ohnehin eine sexuelle Semantik auf: Der durch einen Tunnel fahrende Zug fungiert (wie auch an den Strand schlagende Wellen) als Chiffre für Geschlechtsverkehr. Vgl. hierzu Lynne Kirby: Parallel Tracks. The Railroad and the Silent Cinema, Exeter: University of Exeter Press 997.
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help the sister who comes between me and my man« schließlich formuliert das Dilemma der Filmhandlung, in der es darum geht, zwei gleichgeschlechtliche Paare in zwei gemischtgeschlechtliche zu überführen. Die letzte Zeile, die Aufforderung »Sister, don’t come between me and my man«, die nur in der Drag-Version enthalten ist, kommt in dieser Hinsicht zu spät, die Schwestern haben die Balance zwischen Phil und Bob bereits in Unruhe gebracht. Helfen Bob und Phil durch ihren Auftritt zwei Schwestern, die in Schwierigkeiten stecken, so werden sie kurz darauf selbst zu sisters in distress – der Ausdruck bezeichnet eine Sammlung homosexueller Slangs aus dem Jahre 94 zufolge »homosexual m[e]n in trouble, usually with the police«.79 Direkt nach ihrem Drag-Auftritt müssen auch Bob und Phil fluchtartig den Club verlassen, denn das Gesetz folgt der Übertretung der heterosexuellen Ordnung auf dem Fuße.80 Die an den Auftritt anschließende Dekostümierungsszene in der Garderobe der beiden Frauen steht in scharfem Kontrast zur ersten (oben diskutierten) Umkleideszene: Inszenierte diese Phil und Bob als perfekt eingespieltes Team, das Umkleiden als präzise getimten Ablauf und Austausch männlich konnotierter Insignien (Hut, Stock, Querbinder), herrscht nun allgemeines Chaos, als beide Männer sich in Windeseile der femininen Accessoires entledigen, die sie für die »Sisters«-Nummer angelegt hatten: Die beiden stehen sich gegenseitig im Weg, während um sie herum Kleiderständer um- und Hutschachteln von den Schränken fallen und die Gesetzeshüter an die Tür hämmern. »Boy, girl, boy, girl«, äfft Bob Phil ärgerlich nach – eine Bemerkung, die nicht nur Phils Ehestiftungsversuche für ihre derzeitige Lage verantwortlich macht, sondern auch auf die Gender-Verwirrung abhebt, die die Drag-Performance ausgelöst hat. Was textuelle Kongruenz und Konsistenz betrifft, auf die ein camp reading seinen Fokus richtet, so ist die »Sisters«-Nummer narrativ nur dürftig motiviert: Der Vermieter der Schwestern behauptet, sie hätten ein Loch in den Teppich gebrannt, und verlangt von ihnen nun Entschädigung. »Why don’t we just pay him the 200 dollars?«, fragt Bob deshalb auch mehrmals, und der Drag-Auftritt der beiden erfolgreichen Entertainer ist nur dadurch zu erklären, dass Phil ganz versessen darauf ist, zusammen mit Bob als Drag-Queens aufzutreten. Beschwerte sich Bob gerade noch darüber, dass Phil ihn wahllos mit jeder Frau verkuppeln wolle, »as long as they’re wearing skirts, a little mascara and still breathing«, 79 Katz: Gay/Lesbian Almanach, S. 582. 80 Da Phil und Bob sich keines Vergehens außer ihrer female impersonation schuldig gemacht haben, ist der Zorn des Gesetzes der Filmlogik zufolge auf diese Übertretung der Gender-Grenzen zurückzuführen.
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so ist es kurze Zeit später Phil, der mit getuschten Wimpern (zwar ohne Rock, dafür mit Fächer und Haarschleife) neben ihm die »Sisters«Nummer tanzt.8 Extradiegetisch steht Crosbys und Kayes Drag-Performance durch den filmischen Armee-Plot im Kontext jener soldier shows, die GIs während der beiden Weltkriege mit Billigung und Unterstützung der Militärführung inszenierten und die häufig Cross-Dressing und female impersonation beinhalteten: Military officials used soldier shows and drag routines for their own purposes – to boost soldier morale by allowing soldiers without women to entertain each other and affirm their heterosexuality. Once they had established their masculinity by becoming soldiers, men in these shows could enjoy the benefits of the same wartime relaxation of rigid gender roles that had allowed women to enter both industry and the military.82
Allan Bérubé zufolge wurden die Andrew Sisters,83 das populärste Gesangstrio der 40er Jahre, so häufig verkörpert, dass sie (neben Mae West und Carmen Miranda) geradezu eine militärische Drag-Konvention darstellten. Wie Phil und Bob benutzten Soldaten dabei Schallplattenaufnah-
8 Anders als der in dieser Szene unbehaglich wirkende Crosby inszeniert Kaye die »Sisters«-Nummer mit viel Begeisterung und Verve; anders als Bob legt Phil die Sissy-Rolle nach dem Auftritt nicht gleich wieder ab: »I must have left them in my girdle«, scherzt er später im Zug, als er die Fahrscheine nicht finden kann. (Girdle – ein in den 90er Jahren erfundener Nachfolger des Korsetts – bezeichnet jene, in den 50er Jahren populäre elastische Damenunterwäsche, die den Körper von der Taille bis zu den Oberschenkeln formt. Vgl. www.girdlezone.org [letzte Abfrage: 2. Mai 2007].) Schon die Tänzerin aus Bobs und Phils Show »Playing Around«, die Phil für Bob vorgesehen hatte, ist möglicherweise eine Drag-Queen, trägt sie doch eine grüne Nelke im Haar, Symbol von Oscar Wilde inspirierter homosexueller stheten (vgl. hierzu Clum: Something for the Boys, S. 77; Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 87). 82 Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 68. Die Army Special Services, verantwortlich für die Gestaltung von Freizeit, Unterhaltung, Ausbildung und die Aufrechterhaltung des Kampfgeistes, hatten die Oberleitung dieser Shows inne. Die berühmteste soldier show im Zweiten Weltkrieg war Irving Berlins »This Is the Army«, 943 mit Ronald Reagan, George Murphy und Joan Leslie unter dem gleichen Titel verfilmt und für drei Oscars nominiert. Vgl. hierzu auch ebd., S. 69-7 u. 77-80. 83 Solche sister acts waren seit den 30er Jahren populär, neben den Andrew Sisters erlangten etwa die Boswell Sisters, die Dinning Sisters und die King Sisters Berühmtheit. Auch Rosemary Clooney begann ihre Karriere zusammen mit ihrer Schwester Betty als The Clooney Sisters.
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men des Trios, zu denen sie die Lippen synchron bewegten;84 einer der beliebtesten Songs der Schwestern (die sowohl mit Bing Crosby als auch mit Danny Kaye Stücke aufgenommen hatten) hieß »Three Little Sisters«. Die Drag-Nummer in WHITE CHRISTMAS verortet sich also in diesem Rahmen militärisch geregelter Gender-Transgression: »We’re doing it for a pal in the Army«, versichern sich Bob und Phil immer wieder. Die Armee war während des Zweiten Weltkriegs bemüht, Drag-Shows als geschmackvoll, patriotisch und maskulin darzustellen, unter anderem, indem sie sie in die Tradition der Drag-Shows aus dem Ersten Weltkrieg stellten, als female impersonation als Kunstform galt und noch nicht wie in den 30er und 40er Jahren mit Homosexualität verknüpft und diffamiert wurde.85 Wie Bérubé in seiner Studie »Coming Out Under Fire. The History of Gay Men and Women in World War Two« gezeigt hat, bildeten die soldier shows deshalb für viele homosexuelle GIs eine Ausdrucks- und Kommunikationsmöglichkeit in einer zunehmend homophoben Gesellschaft und in einem zunehmend durch anti-homosexuelle Maßnahmen geprägten Militär. Die militärische Propaganda, die Soldaten als maskulin und kampfbereit darstellte, ermöglichte den meisten dieser homosexuellen GIs das passing als straight, auch wenn sie auf der Bühne als Cross-Dresser auftraten: »[D]rag performances […] inadvertently opened up a social space in which gay men expanded their own secret culture. The joke was on the unaware members of the audience – a subplot about homosexuality was being created right before their eyes and they didn’t even know it.«86 Phil und Bobs Drag-Performance ruft also nicht nur die militärische, heterosexuell abgestützte Female-Impersonator-Tradition auf, sondern auch deren homosexuelle Konnotationen.87 Diese Army-Drag-Tradition 84 Vgl. Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 90 u. 34, Anm. 63. 85 Vgl. ebd., S. 74f. u. 77. 86 Ebd., S. 72, meine Hervorhebung. »[T]he military stage […] offered gay men a temporary platform on which they could express themselves in public […]. They could have fun and display their camp sensibilities while genuinely contributing to the morale of their outfits with the official approval of the highest-ranking military officials, including President Roosevelt. Reveling in dresses, makeup, and wigs, they called up the magic of drag and double entendre to subvert the moral order that otherwise rendered them silent and invisible. Their language was coded, their faces disguised, and their friendships covert, but they nevertheless chipped away at the barriers separating them from each other and their heterosexual buddies« (ebd., S. 97). 87 Auch der Text der Nummer »Gee, I Wish I Was Back in the Army«, spielt wiederholt homosexuelle Kontexte und Semantiken des militärischen Lebens ein. »The Army was the place to find romance«, singen Judy und Betty und beziehen sich dabei auf die große Auswahl an Männern, die weiblichen Armeeangehörigen (WACs = Women’s Army Corps) zur Verfügung stand:
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überlagert und infiltriert auch die »Sisters«-Nummer der beiden »echten« Schwestern, führen sie doch eine Performance auf, die mit Männern in Frauenkleidern assoziiert wird: Schon Betty und Judy fungieren in dieser Szene also als Drag-Queens.
Kategorienkrisen In ihrer Studie »Vested Interests« argumentiert Marjorie Garber, dass das plötzliche Erscheinen eines Transvestiten auf trouble im Text hindeutet: Diese die Grenze zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit überschreitende Figur stehe für eine Kategorienkrise anderswo im Text, für die Unmöglichkeit, gesteckte Grenzen aufrecht zu erhalten:88 [T]he apparently spontaneous or unexpected or supplementary presence of a transvestite figure in a text (whether fiction or history, verbal or visual, imagistic or ›real‹) that does not seem, thematically, to be primarily concerned with gender difference or blurred gender indicates a category crisis elsewhere, an irresolvable conflict or epistemological crux that destabilizes comfortable binarity, and displaces the resulting discomfort onto a figure that already inhabits, indeed incarnates, the margin.89 »Soldiers and WACs, the WACs who dressed in slacks, dancing cheek to cheek and pants to pants.« Das gender-segregierte Umfeld der Armee (die Begegnungen zwischen männlichen und weiblichen Angehörigen der Streitkräfte wurde gemeinhin streng kontrolliert) ermöglichte hingegen vor allem gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivität und bot so auch homosexuellen Soldaten die Gelegenheit »to find romance«. So tanzten, zumindest in den soldier shows, deren Teilnahme WACs verboten war, überwiegend Männer mit Männern »cheek to cheek and pants to pants«. Singen Phil und Bob »The shows we got, civilians couldn’t see«, lässt sich das nicht nur auf die USO-Auftritte [United Service Organizations] von Stars wie Betty Grable, Marlene Dietrich, Bob Hope (und Bing Crosby) beziehen, die die in Europa stationierten US-Truppen besuchten, sondern auch auf die Drag-Shows, die Zivilisten ebenfalls selten zu Gesicht bekamen. »The best of doctors watched you carefully«, schließlich, beschreibt neben der Gewährleistung medizinischer Versorgung auch jene Militärärzte, die unter den Soldaten nach »Anzeichen« von Homosexualität Ausschau hielten (gefahndet wurde anhand des Sissy-Stereotyps: nach Passivität, Feigheit, Effeminiertheit. Auf Grund dieser Zuschreibungen stand Homosexualität in dem Ruf, die Moral zu unterminieren; vgl. Bérubé: Coming Out Under Fire, S. 9f.). 88 »Cross-dressing is said, first, to signify not either/or but both/and, the ›both‹ pointing to the two identities in play, the ›and‹ to the playfulness itself. Because it challenges the either/or, cross-dressing marks what Marjorie Garber calls a ›category crisis‹« (Rogin: Blackface, S. 3f.). 89 Marjorie Garber: Vested Interests. Cross-Dressing and Cultural Anxiety, New York/London: Routledge 992, S. 7.
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Auch WHITE CHRISTMAS ist durch seine konfligierenden Premake- und Genrevorgaben, durch die parallele Inszenierung miteinander konkurrierender Texte von solch einer Kategorienkrise geprägt, »a failure of definitional distinction, a borderline that becomes permeable, that permits of border crossings from one (apparently distinct) category to another […]«.90 Als Sing-und-Tanz-Nummer schließt die »Sisters«-Nummer an das Genre des Musicals an. Weil statt des Boy-Girl-Teams des Musicals im Remake zwei als Showgirls verkleidete Männer zusammen tanzen, transportiert die Nummer gleichzeitig Momente des Buddy Movies, übernimmt die homosozialen Male-Bonding-Elemente9 von HOLIDAY INN, einschließlich ihrer queeren Semantiken. Bobs und Phils CrossDressing ist so als filmisches Zeichen zu lesen, das auf den genre trouble des Remakes referiert: auf die Unentscheidbarkeit zwischen heterosexueller Paarbildungsgeschichte des Musicals (die hier als Familienfindung inszeniert ist) und dem gleichgeschlechtlichen Buddy-Narrativ des Premakes. Die Drag-Szene lässt sich nun gerade deshalb als Schlüsselstelle lesen, weil sie durch das Motiv der Familie, das Titel und Text der »Sisters«-Nummer aufrufen, beide Narrationen und beide Genres miteinander verbindet: Überblendet wird die »family romance of heterosexual-couple formation«92 mit dem, »natürliche« Familienstrukturen resignifizierenden, fiktiven kinship system der homosexuellen Kultur. Der Film erzählt demnach sowohl eine heterosexuelle Familienstiftungsgeschichte als auch die Geschichte zweier gleichgeschlechtlicher Paare.
M u l v e y, M u si c al , M al e H y s te r i a . E x k u r s Die Drag-Performance in WHITE CHRISTMAS, in der sich zwei als Frauen kostümierte Männer vor den Gästen des Novello’s und vor dem Kinopublikum zur Schau stellen, kommentiert und konterkariert das gender90 Garber: Vested Interests, S. 6. 9 Vgl. hierzu Sedgwick: Between Men, S. 38 und passim. Vgl. »Unfinished Business und Nachträglichkeit«, Anm. 37 in diesem Band. 92 Elisabeth Bronfen: The Knotted Subject. Hysteria and Its Discontents, Princeton: Princeton University Press 998, S. 356. Der Begriff des Familienromans ist Freud entlehnt. Freud bezeichnete damit ursprünglich Phantasien, in denen das Kind das Verhältnis zu seinen Eltern modifiziert, etwa indem es imaginiert, es stamme eigentlich von höherstehenden Eltern ab, sei ein Findelkind o.ä. Vgl. Sigmund Freud: »Der Familienroman des Neurotikers« [909 (908)], in: ders.: Studienausgabe, Bd. IV: Psychologische Schriften, S. 22-226. Auch in WHITE CHRISTMAS sind die Familienbande selbst geschaffen und fiktiv, suchen sich die Figuren ihre Eltern selbst aus.
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spezifizierte Arrangement von Blickstrukturen. Die voyeuristische Blickkonfiguration im Kino ist vor allem von der feministischen und psychoanalytischen Filmwissenschaft, im Anschluss an Laura Mulveys einflussreiche Studie »Visual Pleasure and Narrative Cinema«, diskutiert worden.93 Mulvey argumentiert in ihrem Aufsatz, der 975 in »Screen« erstveröffentlicht wurde und seither einer der meistbesprochenen und meistabgedruckten filmtheoretischen Texte überhaupt ist, dass der Zuschauerblick im klassischen Hollywoodkino männlich sei, der das ungleiche Mächteverhältnis der patriarchalen Gesellschaft reinszeniere: In a world ordered by sexual imbalance, pleasure in looking has been split between active/male and passive/female. The determining male gaze projects its phantasy onto the female figure, which is styled accordingly. In their traditional exhibitionist role women are simultaneously looked at and displayed, with their appearance coded for strong visual and erotic impact so that they can be said to connote to-be-looked-at-ness.94
Mulvey zufolge ist »der Blick« im traditionellen Hollywoodkino dreifach unterteilt. Der Kamerablick sei ein inhärent voyeuristischer, phallischer Blick, weil er die fokussierte Person unweigerlich in die Objektposition rücke, sie »feminiere«. Die diegetische Blickkomposition zwischen den Protagonisten wiederhole diese Konstellation, indem die männlichen Charaktere über den Blick verfügten, während den weiblichen Figuren die passive Rolle des Angeblicktwerdens zugewiesen werde. Der Blick der Zuschauer schließlich sei durch diese Vorgaben der Kamera und der Diegese festgelegt, könne dieses Blickverhalten nur nachvollziehen. Dadurch sei der Filmzuschauer prinzipiell als männlich konzeptualisiert, das heißt, Kino befriedige männliche Schaulust: Der Zuschauer identifiziere sich mit dem männlichen Protagonisten, während er die weibliche Figur als erotisches Objekt wahrnehme. Für weibliche Kinogänger bedeute das – so Mulvey –, dass sie entweder gezwungen seien, diesen männlichen Blick zu übernehmen oder sich (masochistisch) mit dem weiblichen Star als Objekt zu identifizieren. An Mulveys Aufsatz, der eine mittlerweile unüberschaubare Flut von Veröffentlichungen nach sich gezogen hat und zieht,95 ist zu Recht kriti93 Laura Mulvey: »Visual Pleasure and Narrative Cinema«, in: dies.: Visual and Other Pleasures, Basingstoke/London: Macmillan 989, S. 4-26; zuerst veröffentlicht in: Screen 6/3 (975), S. 6-8. Vgl. auch John Berger: Ways of Seeing, London: British Broadcasting Corporation/Penguin 972. 94 Mulvey: Visual Pleasure, S. 9. 95 Die folgenden Titel stellen lediglich eine Auswahl dar; vielfach sind die
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siert worden, dass er weiblicher Subjektivität und Zuschauerschaft sowie einem weiblichen Blick keinen Platz einräumt, die Möglichkeit eines counter-reading ausschließt.96 Problematisiert wurde zudem die Zuschreibung von männlich/aktiv und weiblich/passiv wie überhaupt die Setzung von »Mann« und »Frau« als stabile Kategorien. So kritisieren auch Steven Cohan und Ina Rae Hark: »[F]ilm theory has for the most part confidently equated the masculinity of the male subject with activity, voyeurism, sadism, fetishism, and story, and the femininity of the female subject with passivity, exhibitionism, masochism, narcissism, and spectacle.«97 David N. Rodowick hat bereits 982 darauf hingewiesen, dass das männliche Subjekt nicht nur als machtvolle Identifikationsfigur des Zuschauers funktioniert, sondern – das hatte Mulvey eben ausgeschlossen – auch als erotisches Objekt in Szene gesetzt wird, das heißt, to-belooked-at-ness verkörpert.98 Die Positionen des Schauens und des Angeschautwerdens, die in diesem Zuschreibungssystem traditionell als »männlich« und »weiblich« gedacht werden, orientieren sich offensichtlich weniger am Gender einer Person als an ihrem Status innerhalb der Überlegungen von den Verfassern und Verfasserinnen selbst weiter- und ausgeführt worden: Mary Ann Doane: »Film and the Masquerade. Theorising the Female Spectator«, in: Screen 23/3-4 (982), S. 74-87; David N. Rodowick: »The Difficulty of Difference« [982], in: E. Ann Kaplan (Hg.): Feminism and Film, New York: Oxford University Press 2000, S. 8-202; E. Ann Kaplan: »Is the Gaze Male?« [983], in: dies.: Feminism and Film, S. 9-38; Steve Neale: »Masculinity as Spectacle. Reflections on Men and Mainstream Cinema« [983], in: Cohan/Hark: Screening the Male, S. 920; Teresa de Lauretis: »Oedipus Interruptus«, in: Wide Angle 7/-2 (985), S. 34-40; Gaylyn Studlar: »Masochism and the Perverse Pleasure of Cinema« [985], in: Kaplan: Feminism and Film, S. 203-225; Jackie Stacey: »Desperately Seeking Difference« [987], in: The Sexual Subject. A Screen Reader in Sexuality, hg. v. Screen, New York/London: Routledge 992, S. 244-257; Gertrud Koch: Was ich erbeute, sind Bilder. Zum Diskurs der Geschlechter im Film, Basel/Frankfurt a.M.: Stroemfeld/Roter Stern 989; Linda Williams (Hg.): Viewing Positions. Ways of Seeing Film, Brunswick/New York: Rutgers University Press 995. 96 Mulvey hat in einem späteren Aufsatz auf einige dieser Kritikpunkte reagiert: Laura Mulvey: »Afterthoughts on ›Visual Pleasure and Narrative Cinema‹. Inspired by Duel in the Sun«, in: Framework 5/7 (98), S. 25. 97 Steven Cohan/Ina Rae Hark: »Introduction«, in: dies.: Screening the Male, S. -8, hier S. 2. Mulveys Aufsatz ignoriert auch, dass die kulturelle Differenzmarkierung Gender mit Konstrukten wie Race und Class verschaltet ist. Vgl. hierzu Caroline Evans/Lorraine Gamman: »The Gaze Revisited, or Reviewing Queer Viewing«, in: Paul Burston/Colin Richardson (Hg.): A Queer Romance. Lesbians, Gay Men and Popular Culture, London/New York: Routledge 995, S. 3-56. 98 Vgl. Rodowick: The Difficulty of Difference.
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Filmhandlung und ihrer Inszenierung durch die Kamera – sie sind damit diegetische Positionen, die von beiden Geschlechtern besetzt werden können. Trotzdem ist das Objekt, das die Kamera mit lingering close-ups in den Blick nimmt, im klassischen Hollywoodkino tendenziell »weiblich« konnotiert. So konzediert Claudia Öhlschläger bezüglich der gender-codierten Blickordnung des Striptease: Die Position »Sehendes Subjekt« und »Gesehenes Objekt« sind zwar umkehrbar, jedoch ändert dies nichts an der »vergeschlechtlichten« Struktur der Dialektik von Sehen und Gesehen-Werden. Der voyeuristische Blick ist, weil er der Verleugnung und Verschleierung einer Bedrohung dient, immer schon ein phallischer Blick, ein Blick, der jenen Mangel symbolisiert, den nur die Frau repräsentieren kann, da ihr in der symbolischen Ordnung die Funktion zukommt, Spiegel und Objekt des männlichen Begehrens zu sein. Der Voyeur besetzt damit die männliche Position des Phallus-Habens, die nur dann stabilisiert werden kann, wenn der Phallus als schon immer verlorenes Objekt am Anderen gleichermaßen gefunden und verleugnet werden kann. Unter dieser theoretischen Vorgabe schließt sich eine geschlechtliche Umkehrung der Positionen »männlicher« Voyeur und »weibliches« Objekt aus.99
Der männliche Filmstar, der von der Kamera erotisch oder spektakulär in Szene gesetzt wird, rückt also – jedenfalls wenn man diesen Prämissen der Film Studies folgt – in eine weiblich semantisierte Position ein und befindet sich damit in einer prekären Situation.00 Häufig ist – das hat Steve Neale gezeigt – die Erotisierung des männlichen Körpers im Mainstreamkino in Konfliktszenarien, Kampf- oder Actionsequenzen, ShootOuts und hnliches verlagert, die die Zurschaustellung des Körpers durch seine Aktivität kompensieren.0 Yvonne Tasker hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die binäre Oppositionierung von weiblichem Blickobjekt und männlichem Schauenden – eine Logik, die darauf hinausläuft, dass das erotisierte männliche Blickobjekt unweigerlich feminiert wird – den ihr eingeschriebenen Gender-Binarismus immer wieder bestätigt. Die der Gleichung zu Grunde liegende Prämisse heterosexueller Gender-Kategorien, die auf einem heterosexuellen Verständnis von Begehren und Differenz basiere, werde dabei nicht in Frage gestellt, so Tasker, die Analyse kultureller Blickord99
Claudia Öhlschläger: Die unsägliche Lust des Schauens. Die Konstruktion der Geschlechter im voyeuristischen Text, Freiburg: Rombach 996, S. 36f. 00 Vgl. Cohan: ›Feminizing‹ the Song-and-Dance Man, S. 47f. und passim; vgl. auch Neale: Masculinity as Spectacle, S. 8. 0 Vgl. Neale: Masculinity as Spectacle, S. 7f.
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nungen operiere folglich innerhalb des restriktiven Gender-Systems, auf dessen Dekonstruktion sie gerade abziele.02 Weil dem Repräsentationssystem Hollywoods kulturell geformte Konzepte von Weiblichkeit und Männlichkeit zu Grunde liegen, verleugnet eine Filmlektüre, die jenseits dieser Kategorien verfährt, jedoch ihre Wirkmächtigkeit. Das heißt, auch wenn Mulveys Modell im Einzelfall widerlegbar ist (es gibt zahllose Beispiele männlicher Blickobjekte), so ist die von ihr postulierte geschlechtliche Codierung der Blickordnung doch in der Hinsicht wirksam, dass männliche Protagonisten auf ihre erotische Zurschaustellung häufig mit Symptomen reagieren, die die Filmwissenschaft inzwischen als male hysteria beschreibt – davon wird noch die Rede sein. Ich spreche daher im Folgenden weniger von einer Feminierung oder Effeminierung männlicher Darsteller, als davon, dass das Einrücken in eine kulturell weiblich codierte Position gender trouble auslöst (unter anderem, weil diese Positionierung der bisherigen Gender-Performance der Figur zuwiderläuft, den Prozess des Gendering stört).
The Best Things Happen When You’re Dancing. Hollywoods Song-and-Dance-Men Hollywoods Musicalgenre nimmt in dieser Hinsicht einen Sonderstatus ein, da es mit seinen musical numbers die Theatralität und die Faszinationskraft der Stars, in ungewöhnlich ostentativer Weise auch die der männlichen Stars, in den Vordergrund stellt. Steven Cohan bemerkt dazu: »This Hollywood genre actually differs from others because it features men in showstopping numbers as well as women. In making such a blatant spectacle of men, the musical thus challenges the very gendered division of labor [of female performer and male spectator] which it keeps reproducing in its generic plots.«03 Ist die tendenziell konservative Narration des Musicals häufig damit befasst, das ideale heterosexuelle Paar zu kreieren, sind die männlichen Stars des Genres auf der Ebene der musical numbers mit Mulvey gesprochen oft die besseren »Frauen« – exhibitionistischer und spektakulärer als diese –, man denke etwa an Astaires »Say It with Firecrackers« in HOLI02 Vgl. Yvonne Tasker: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action Cinema, Routledge: New York/London 993, S. 4-8. 03 Cohan: ›Feminizing‹ the Song-and-Dance Man, S. 46f. Auch für Steve Neale ist das Musical »the only genre in which the male body has been unashamedly put on display in mainstream cinema in any consistent way« (Neale: Masculinity as Spectacle, S. 8). Der Ausnahmestatus männlicher Performer im Musical ging über die Diegese hinaus: Fred Astaires Beine waren hoch versichert – wie die des Pin-up-Girls Betty Grable.
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einer buchstäblich explosiven Solo-Nummer, in der Astaire seinem Stepptanz mit Feuerwerkskörpern »Akzente« verleiht (vgl. Abb. 3435). Auch WHITE CHRISTMAS macht früh deutlich, dass Männer die wirkungsvolleren Spektakel sind: Die wahren Stars der »Sisters«-Nummer sind – auch für das diegetische Publikum – Bob/Crosby und Phil/Kaye. Judys und Bettys Auftritt wird von den Gästen des Nachtclubs mit höflichem Applaus bedacht. Überboten und ausgeblendet wird er jedoch kurze Zeit später durch Phils und Bobs »Sisters«-Drag. Die besten Dinge passieren offensichtlich dann, wenn Phil und Bob zusammen tanzen (»Things that you would not do at home, come naturally on the floor«, hatte Phil kurz zuvor in »The Best Things Happen When You’re Dancing« noch gesungen). Das findet auch das Publikum im Novello’s, das die beiden Cross-Dresser frenetisch feiert – sehr zur Begeisterung Phils, der die Bühne gar nicht mehr verlassen will: »Hey, we’re a smash, let’s take a bow«, versucht er Bob zur Rückkehr ins Rampenlicht zu bewegen. Die beiden »Sisters«-Nummern verkehren und durchkreuzen geschlechtlich codierte Strukturen des Schauens und Angeschaut-Werdens. Inszenierte sich vor allem Phil beim Betreten des Novello’s als aktiv Schauender (im Gegensatz zur Frau als Objekt des Blicks); sind nun Bob/Crosby und Phil/Kaye – wie zuvor Judy/Vera-Ellen und Betty/ Clooney – durch ihre Kostümierung, deren leuchtende Farben sich kontrastreich vom grau-braunen Hintergrund und den in gedeckten Farben gekleideten Zuschauern absetzen, durch ihr Make-up und die Kameraführung selbst als spektakuläre Blickobjekte in Szene gesetzt. Judy und Betty nun konterkarieren ihren Status als erotische Objekte. Sie blicken während ihres Auftritts (wie auch in ihren weiteren musical numbers) direkt und selbstbewusst in die Kamera.104 Durch mehrere shot/countershots wird ein aktiver Blickwechsel zwischen ihnen und Bob und Phil, die das Geschehen von ihrem Tisch aus verfolgen, inszeniert (der Film setzt den Kamerablick zwischenzeitlich mit dem Bobs und Phils gleich). Die beiden Frauen lassen sich also nicht nur anschauen, sie geben den Blick auch aktiv zurück, betrachten die Männer ihrerseits mit unverhohlener Schaulust. Crosby und Kaye vermeiden auf der Bühne hingegen den Blick in die Kamera, schauen entweder einander oder einen unbestimmten Punkt in der Menge an, kaspern verlegen (Crosby) und enthusiastisch (Kaye) herum und werden dadurch deutlicher als Blickobjekte positioniert als ihre beiden Vorgängerinnen. 104 Diese offene Adressierung des extradiegetischen Publikums ist für das Classical Hollywood Cinema (nicht aber für das Musical) untypisch, normalerweise werden die Protagonisten leicht seitlich gefilmt. Vgl. Jane Feuer: The Hollywood Musical, London: Macmillan 1982, S. 35-42.
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Auch die diegetische Position des Zuschauers ist während der beiden »Sisters«-Performances keineswegs dem männlichen Gender vorbehalten. Der Kamerablick auf weibliche Stars wird diegetisch häufig mit der Sichtlinie eines männlichen Protagonisten verschaltet, das heißt, die erotische Zurschaustellung der Frau wird durch Bilder strukturiert, die einen Mann als Beobachter der Szene etablieren. Während Judys und Bettys Auftritt sind neben Bob und Phil vor allem Frauen zu sehen, die die beiden Sängerinnen betrachten.05 Selbst der direkte Blickkontakt, den Judy und Betty mit Phil und Bob aufzunehmen scheinen, könnte sich auch an zwei Frauen richten, die links und rechts hinter den Männern sitzen. Auch bei Bobs und Phils Auftritt sind vor allem weibliche Gäste sichtbar, die die Performance von ihren Tischen am Rand der Tanzfläche aus verfolgen. Beobachtet werden die beiden Drag-Queens jedoch auch vom rein männlichen Orchester, das, weil der Song über Playback eingespielt wird, kurzzeitig von seinen Aufgaben entbunden ist und sich ganz der Schaulust widmen kann. Der Film inszeniert hier also einen queer look, der auf der visuellen Ebene den queer text des Buddy-Narrativs unterstreicht.
Abb. 30-33: Schaulust und queer look
05 Obwohl das Publikum im Novello’s überwiegend aus gemischtgeschlechtlichen Paaren besteht, suggeriert diese Szene, es seien fast nur Frauen anwesend.
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Male Hysteria Die Nummern des Musicals stellen also einen filmischen Raum bereit, der »männliche Spektakel« ermöglicht, und das Musical ist gerade aus diesem Grund immer auch ein Genre gewesen, in dem male trouble ausgetragen wurde. Dies gilt im Besonderen für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, in der das Genre eine Renaissance erlebt. Wird die ungefähr zeitgleiche Entstehung des Film Noir, der mit der Femme fatale eine bedrohliche, rätselhafte Frauenfigur aufweist, in der Forschung mit der gesellschaftlichen Beunruhigung über die sexuell und ökonomisch emanzipierte Frau in Zusammenhang gebracht,06 so verhandeln auch die hommes spectaculaires des Musicals den ungewissen Status amerikanischer Nachkriegs-Männlichkeit – wenn der visuelle Exzess dieses Genres im Vergleich zur »visual spareness« des Film Noir auch eine denkbar gegensätzliche Visualisierungsstrategie darstellt.07 Die spektakulären Männlichkeits-Inszenierungen des Musicals stehen tendenziell in einem Spannungsverhältnis zum Männlichkeitsverständnis des filmischen Plots. Die Rückkopplungseffekte zwischen beiden Ebenen führen daher häufig zu Manifestationen von male hysteria. Unter diesem Begriff fasst die Filmwissenschaft eine Reihe von Verhaltensweisen zusammen, mit der männliche Darsteller auf ihre to-belooked-at-ness reagieren: Film theorists have applied the adjective »hysterical« to movie heroes from Buster Keaton, Jerry Lewis, and Pee Wee Herman to Jeremy Irons and Clint 06 »[I]n film noir th[e] construction and subsequent destruction of the sexually assertive woman must be viewed within the economic and political climate of the 940s and 950s. […] The 940s film noir was, then an expression of male concern at women’s growing economic and sexual independence and a fear of the men’s own place in society once they returned from the war. The 950s film noir functioned to reassert the value of family life not just so that men could get their jobs back but so that national identity, so much under siege in postwar United States, could be reasserted« (Hayward: Key Concepts, S. 32). 07 Vgl. Cohan: ›Feminizing‹ the Song-and-Dance Man, S. 65f. Steven Cohan zufolge geht die Renaissance, die das Musical nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt, auf die alternativen Männlichkeitsentwürfe des Genres zurück: »With the exception of Gene Kelly, none of the big musical stars – not Bing Crosby, Frank Sinatra, Dan Dailey, Donald O’Connor, Danny Kaye, or Fred Astaire – were likely candidates either for pin-ups or action heroes. So when musicals nevertheless made a spectacle out of them, these male stars offered an alternative representation of masculinity which openly conflicted with the reductive binarism of active male/pas-sive female that the generic romantic plots frequently promoted« (ebd., S. 62).
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Eastwood. Sometimes, they argue, these actors are comedians using a particularly expressive body language; sometimes they represent male bodies that are stoic, repressed, and subjected to punishment.08
Das Konzept umfasst sowohl körperliche Schwächen, Sprachlosigkeit, Stimmverlust, die Unfähigkeit, rational oder effektiv zu handeln (diese Form ist häufig in der Komödie zu finden), als auch hypervirile Performanzen,09 mit der die männlichen Protagonisten zum Beispiel im Actionfilm der 80er und 90er Jahre ihrer möglichen Emaskulierung (durch die Positionierung als Blickobjekt) begegnen.0 Barbara Creed zufolge hat das Genre eines Films Einfluss auf die Darstellung männlicher Hysterie: In the woman’s film […] and the suspense thriller, male hysteria is represented in terms of a mental problem, such as a loss of memory. […] The representation of male hysteria as arising from a disturbance of gender occurs most frequently in comedy; hysteria is displayed not only in scenes of cross-dressing, but also in the breakneck speed of these films.
Mit Blick auf das Musical lässt sich diese Liste um die häufig hyperbolischen Performances männlicher Genrestars erweitern. Der Überbietungsgestus, den zum Beispiel viele Musicals Gene Kellys oder Fred Astaires aufweisen, die Tendenz, die musical numbers immer spektakulärer, im-
08 Elaine Showalter: Hystories. Hysterical Epidemics and Modern Media, London: Picador 997, S. 0. 09 Wenn sich in seinem Fall auch von Hypervirilität nicht sprechen lässt, so reagiert Gene Kelly auf seine etwaige »Effeminierung« doch, indem er Athletik-Elemente in seine Tänze integriert, die die Muskulösität und Kraft seines Körpers betonen (vgl. Cohan: ›Feminizing‹ the Song-andDance Man, S. 68, Anm. 2; vgl. auch ders.: Incongruous Entertainment, Kap. 3: »Dancing with Balls. Sissies, Sailors, and the Camp Masculinity of Gene Kelly«, S. 49-99). 0 Vgl. Tasker: Spectacular Bodies, v.a. Kap. 6: »The Body in Crisis or the Body Triumphant?«, S. 09-3; Adam Knee: »The Dialectic of Female Power and Male Hysteria in Play Misty for Me«, in: Cohan/Hark: Screening the Male, S. 87-02, hier S. 97f.; Paul Smith: »Action Movie Hysteria, or Eastwood Bound«, in: differences /3 (989), S. 88-07, hier S. 03. Vgl. außerdem Tania Modleski: »Male Hysteria and the ›Order of Things‹. Murder!«, in: dies.: The Women Who Knew Too Much. Hitchcock and Feminist Theory, London: Methuen 988, S. 3-42; Marj Kibby: »Cyborgasm. Machines and Male Hysteria in the Cinema of the Eighties«, in: Journal of Interdisciplinary Gender Studies /2 (September 996), S. 39-46. Barbara Creed: »Phallic Panic: Male Hysteria and Dead Ringers«, in: Screen 3/2 (99), S. 25-46, hier S. 33.
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mer aufwendiger zu gestalten, lässt sich als Versuch lesen, der Inszenierung als passives (d.h., die Narration nicht vorantreibendes) Blickobjekt durch die Aktivität der Performance entgegenzuwirken.2
Abb. 34-35: »Say It with Firecrackers« – Männlichkeit als Spektakel
A Guy in the Eighth Row Can Kiss Marilyn Monroe. Hollywoods Technologies of Gender, 1950ff. Produced in an era of widescreen technologies and genres that exploited but also problematized the male body’s status on screen, and reflective of a culture that read everyday life through its visibility, […] fifties films made the spectacularity of actors the central dimension of their stardom […]. — Steven Cohan: Masked Men, S. xvi
In den 50er Jahren wird die prekäre Situation, in der sich männliche Protagonisten im Musical befinden, durch die neuen Widescreen-Technologien und die intensive Farbgebung vieler Filme, die die Stars noch
2 In HOLIDAY INN ist Astaires »Say It with Firecrackers« solch eine hyperaktive Tanznummer, in WHITE CHRISTMAS tanzt Danny Kaye in »Choreography«, »in a style deriving from Modern Dance, angular, oppositional shapes redolent in musical convention of neurosis and pretentiousness« (Richard Dyer: »Entertainment and Utopia« [977], in: Cohan: Hollywood Musicals, S. 9-30, hier S. 27). Auch zwischen den numbers bewegt sich Phil als männlicher Hysteriker durch den Film, inszeniert männliche Schaulust auf der einen, Nervosität, irrationales Verhalten, Stimmverlust auf der anderen Seite. Die Beinverletzung schließlich, die Phil dem General gegenüber vortäuscht, ist zwar diegetisch als notwendiges Ablenkungsmanöver motiviert. Indem sein Hinken aber einer somatischen Ursache entbehrt, bedient Phil auch verbreitete Auffassungen über Hysterie als Krankheit, die auf Simulation, Imagination und Imitation beruht (vgl. Jean Laplanche/Jean-Bertrand Pontalis: Das Vokabular der Psychoanalyse, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 973, S. 8; Bronfen: Knotted Subject, S. xi u. 02-8).
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deutlicher als sinnlich-erotische Spektakel markieren, potenziert. Durch den Einsatz dieser Technologien, die das Bild auf der Leinwand größer, breiter und (im Fall von VistaVision, die in WHITE CHRISTMAS zum Einsatz kommt)3 schärfer machen, wird der Körper der Stars noch stärker als Objekt der Schaulust in den Mittelpunkt gerückt. Lisa Cohen hat gezeigt, wie 20th Century Fox das Marketing für ihr neues, »horizontales« Widescreen-Format CinemaScope mit der star persona und dem Körper des »girl with the horizontal walk« Marilyn Monroe verknüpfte.4 Dabei wird die Technologie gleichzeitig für ihre spektakulären und ihre realistischen Effekte hervorgehoben, eine widersprüchliche Rhetorik, die die Einführung vieler technologischer Innovationen in Hollywood, zum Beispiel des Drei-Farben-Verfahrens von Technicolor, begleitet hat.5 Der US-Trailer zu HOW TO MARRY A MILth LIONAIRE (953), 20 Century Fox’ zweitem CinemaScope-Film, etwa kündigt die Technologie in großen Lettern und superlativischer Rhetorik vor allem als neuartige Attraktion an: »SOON THIS THEATRE WILL REVEAL THE WONDERS OF CINEMASCOPE. THE MODERN MIRACLE YOU SEE WITHOUT SPECIAL GLASSES! IT OPENS AN ENTIRE NEW WORLD OF ENTERTAINMENT … NEVER BEFORE POSSIBLE!« Die »Hollywood CitizenNews« beschreiben das Verfahren im Februar 953 hingegen als »big new photographic and sound system so realistic […] a guy in the eighth row can kiss Marilyn Monroe«.6 Auch Paramount preist VistaVisions »superlative screen quality in brilliance, gradation and sharpness«,
3 VistaVision, von Paramount weniger als Widescreen denn als »bigscreen process« bezeichnet (vgl. Belton: Glorious Technicolor, S. 99), war wie CinemaScope Teil einer Reihe von Neuerungen, verschiedener Breitwandverfahren, stereophonen Tons, 3D-Technologie und dem intensiven Einsatz von Farbe, die Hollywood in den frühen 50er Jahren als Antwort auf den dramatischen Rückgang der Zuschauerzahlen zum Einsatz brachte. Zu den Gründen für diesen Publikumschwund vgl. »Remaking nach 948«, in diesem Band. 4 Lisa Cohen: »The Horizontal Walk. Marilyn Monroe, CinemaScope, and Sexuality«, in: The Yale Journal of Criticism / (Frühjahr 998), S. 259-288, hier S. 260f. u. 273-28. 5 Vgl. ebd., S. 275f.; vgl. auch Neale: Cinema and Technology, S. 26, 50 u. 45-5; Belton: Widescreen Cinema, S. 20f. David Bordwell zufolge überwogen zunächst jedoch die spektakulären Effekte: »Rather than enhancing realism, the monumental screen size and shape tended toward stylization and the enhancement of spectacle« (Bordwell/Staiger/ Thompson: Classical Hollywood, S. 36). 6 Hollywood Citizen-News (02. Februar 953), hier zitiert nach: Cohen: The Horizontal Walk, S. 275; meine Hervorhebung.
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spricht von »Motion Picture High-Fidelity«, »thrilling greatness and spectacular realism«.7 Nicht nur Marilyn Monroe ist durch CinemaScope »zum Anfassen« nah, »the incarnation of ›star-ness‹: hyperbolically visible, female, and sexual«,8 auch Bing Crosby und Danny Kaye werden durch VistaVision noch exponierter »zur Schau gestellt«, als sie es durch ihren Status als Filmstar und Musical-Darsteller ohnehin schon sind. Die farbintensiven production numbers verstärken diesen Eindruck. Farbe wurde im Film zunächst überwiegend mit den weiblichen Stars verknüpft, die Technicolor Corporation etwa bewarb ihr Produkt in den frühen 40ern mit Testfilmmaterial von Maureen O’Hara, die sie zur »Queen of Technicolor« gekürt hatten; Arlene Dahl wurde bezeichnet als »the girl for whom Technicolor was invented«.9 Die Farbpalette der Filme wurde darauf ausgerichtet, die Attraktivität der Filmdiven zu unterstreichen, so Edward Buscombe: The feminine star […] whose appearance is of paramount importance, must be given undisputed priority as to the color of make-up, hair and costume which will best complement her complexion and figure. If her complexion limits the colors she can wear successfully, this in turn restricts the background colors which will complement her complexion and her costumes to best advantage.20
In WHITE CHRISTMAS, vor allem in der Drag-Version von »Sisters« werden die männlichen Stars zu »Queens of Technicolor«, was male trouble zur Folge hat. Die neuen Big- und Widescreen-Technologien der 50er Jahre werden – gänzlich entmetaphorisiert – zu Hollywoods technologies of gender. Unterstützt durch die sie begleitende Rhetorik mit ihrem Fokus auf visuellen Reizen (Farbe, Größe, Bildschärfe, Eindruck von Nähe), potenzieren sie die voyeuristische Ursituation des Kinos und die Inszenierung der Stars – auch der männlichen – als überlebensgroße erotische Blickobjekte. Nicht nur die queere Semantik des Buddy Movies löst 954 in WHITE CHRISTMAS also gender/genre trouble aus. Auch das Musicalgenre ist, was die Darstellung von Männlichkeit angeht, ein problematisches Ter-
7 Paramount-Broschüre zur Einführung von VistaVision, einsehbar unter: www.widescreenmuseum.com/widescreen/vvbook2.htm (letzte Abfrage: 2. Mai 2007). 8 Cohen: The Horizontal Walk, S. 260. 9 Basten: Glorious Technicolor, S. 3 u. 22. Vgl. hierzu auch Neale: Cinema and Technology, S. 5-55. 20 Edward Buscombe: »Sound and Color«, in: Jump Cut 7 (978), S. 2325, hier S. 25.
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rain, ist prädestiniert für Artikulationen von male trouble und für Manifestationen von camp.
T hi s I s t h e A r m y . D i e A r m e e al s M än n l i c hk ei t ssp ek t ak el 954, fast zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, bringt Paramount mit WHITE CHRISTMAS eine Musical Comedy in die Kinos, deren Story vorrangig durch in der Armee geschlossene Männerfreundschaften und die Probleme der Demobilisierung motiviert ist. Die Handlung des Films, der sich schon seit den späten 40er Jahren in der Planung befand,2 ist einige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg angesiedelt. Während HOLIDAY INN, der im Winter 94/942 gedreht und am 4. August 942, also nach Pearl Harbor und nach dem Kriegseintritt der USA, in New York uraufgeführt wurde (und der auch zu dieser Zeit spielt, das verraten eingeblendete Kalenderblätter), den Krieg in Europa mit einer Ausnahme22 gänzlich ausspart, wird er im Remake zum zentralen Thema. Werden 942 in HOLIDAY INN (wie im Song »White Christmas«)23 2 Vgl. Bosley Crowther: »›White Christmas‹ Bows at the Music Hall«, in: New York Times (5. Oktober 954). 22 Allein der von Crosby während der Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag gesungene »Song of Freedom« ist mit einer Montage unterschnitten, die den American war effort, Fallschirmspringer, marschierende Soldaten und Flugzeugträger der US-amerikanischen Streitkräfte, zeigt. Die dokumentarisch gefilmten Szenen in Newsreel-Optik bilden einen starken Kontrast zum eleganten visuellen Design des Films und sind möglicherweise als Reaktion auf den Kriegseintritt der USA erst in der Nachbearbeitung hinzugefügt worden. 23 Jody Rosen hat darauf hingewiesen, dass der Song »White Christmas« in der amerikanischen Tradition der home songs steht, nostalgischen Heimweh-Balladen, die häufig von einem ehemaligen Sklaven handeln (von weißen Performern in blackface gesungen), der sich auf die Plantage zurücksehnt: »All the conventions of the genre are here: the dream of a rustic idyll that is temporally and geographically remote, images of pastoral serenity, the association of happy times and childhood wonder« (Rosen: White Christmas, S. 2-9, Zitat S. 3). Vgl. auch Rogin: Blackface, S. 77). »Weißt« HOLIDAY INN die Plantagen-Nostalgie, indem er das Objekt der nostalgischen Sehnsucht in den Norden, in ein schneebedecktes Connecticut verlegt, so gelingt es dem Film offensichtlich nicht, seine Geister gänzlich zu bannen: Linda und Lilas Nachnamen, Mason und Dixon, rufen die Grenze zwischen free states und slave states auf; Jims Haushälterin Mamie erfüllt das Minstrel-Klischee der old Southern mammy; und auch mit der Blackface-Nummer zu Lincolns Geburtstag verweist der Film auf diese Wurzeln.
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nostalgisch Heim und Familienidylle herbeigesehnt, eine Stimmung, die in den 50er Jahren, also zur Zeit, in der das Remake gedreht wird, auf breiter gesellschaftlicher Ebene wirkmächtig werden wird, geht die Sehnsucht im Remake in die entgegengesetzte Richtung: gekennzeichnet ist WHITE CHRISTMAS durch eine nostalgische Verklärung des Soldatenlebens.24 Der zivile Alltag in WHITE CHRISTMAS ist für General Waverly von Geldsorgen und dem Gefühl der Nutzlosigkeit geprägt, die Liebesgeschichte zwischen Bob und Betty ist voller Missverständnisse und Konfliktpotenzial. In der Armee hingegen herrscht kameradschaftliches Miteinander und Loyalität, das Wiedertreffen der Division im Columbia Inn ist von Herzlichkeit und gutmütigem gegenseitigem Spott geprägt, die anschließende soldier show energiegeladen und enthusiastisch. Die den Film prägende allgegenwärtige Kriegsnostalgie erschien offensichtlich schon zeitgenössischen Beobachtern fehl am Platze: »Three numbers are given over to the admiration of generals and army life, which seems not alone an extravagance but a reckless audacity«, kritisiert der Rezensent der »New York Times«. »Someone’s nostalgia for the war years and the U.S.O. [United Service Organizations] tours has taken the show awry.«25 Meine These ist nun, dass WHITE CHRISTMAS auf seine im Klima der 50er Jahre prekären Premake- und Genrevorgaben – die homosexuellen Konnotationen des Buddy-Plots und den schwierigen Status von Männlichkeit im Musical – mit einer Form von male hysteria reagiert, die ich als Army hysteria bezeichnen werde. Hysterisch ist in diesem Fall nicht die Performance der einzelnen männlichen Protagonisten (mit Ausnahme Phils), jedenfalls nicht im Sinne der von Tasker, Smith und Knee postulierten »Symptome«, sondern die forcierte Inszenierung des Army life, die der Film vornimmt: die nostalgische Verklärung des Soldatenlebens als reiner Männerwelt, in der Kameradschaft, Ehrencodex und Loyalität groß geschrieben werden, die Uniformen-Verliebtheit des Films, das häufige Salutieren und Marschieren, der Gebrauch militärischen Jargons. (Wenn man so will, manifestieren sich die hysterischen Symptome am männlichen Gemeinschaftskörper der Armee.) 24 Nur in den ersten Szenen von WHITE CHRISTMAS, als Bob/Crosby für seine Division am Weihnachtsabend »White Christmas« singt, zeigt der Film jene heimwehkranken Soldaten, die dem Song während des Zweiten Weltkrieges zu seiner enormen Popularität verhalfen. 25 Crowther: White Christmas. WHITE CHRISTMAS kommt mit seiner Army nostalgia 954 einfach zu spät; in den 40er Jahren wäre sie vermutlich niemandem unangenehm aufgefallen. Musicals der 40er Jahre, die das Armeeleben und das Male-Buddy-Team ähnlich sentimentalisieren, sind z.B. ANCHORS AWEIGH und ON THE TOWN. Ein ähnlich »verspäteter« Film wie WHITE CHRISTMAS ist 955 IT’S ALWAYS FAIR WEATHER.
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Dem male trouble, den das queer buddy team auslöst, und der »feminierten« Männlichkeit des Musicals stellt WHITE CHRISTMAS die »virile« Männlichkeit des Militärs entgegen. Inszeniert der Film die Demobilisierung Waverlys und seiner Männer als Emaskulierung, so beantwortet er diese mit einem Remaskulinisierungsprojekt, das in einem Aufmarsch geballter Männlichkeit im Columbia Inn mündet, mit dem die Männer der 5st Division Waverly ihre Loyalität bekunden. Doch der dual focus zwischen Militär und Showbusiness, den der Film vermeintlich etabliert, wird (ähnlich wie die Gegensätze in HOLIDAY INN) von Beginn an destabilisiert. Denn WHITE CHRISTMAS inszeniert das Militär, in einer Showbiz-Version, als Performance. »Life as theater«,26 die zentrale Metapher für camp, wird in WHITE CHRISTMAS zu »Army life as theater«. Der Film endet nicht nur mit einer großen Armee-Show, schon die Eingangssequenz des Films, die in einem Armeelager am Weihnachtsabend 944 spielt, zeigt die Mitglieder der 5st Division nicht kämpfend, sondern als Darsteller und Zuschauer einer soldier show. Die erste Einstellung des Films, die eine romantisch verschneite Winterlandschaft zeigt, entpuppt sich, sobald die Kamera zurückfährt, als Kulisse eben dieser Bühnenshow. Der gemalte Himmel ist in denselben Blau- und Grautönen gestrichen wie der »echte« Himmel über dem Armeelager, das in den Ruinen einer zerstörten Stadt aufgebaut ist: Auch hier handelt es sich also um Kulissen einer soldier show. General Waverly scheint als einziger seiner Truppe nichts vom Showbusiness zu verstehen. Phil tröstet ihn: »It’ll come to you, sir. Sure, we wouldn’t be any good as generals.« »You weren’t any good as privates«, antwortet Waverly trocken. Im Übrigen zeichnet sich keiner der Männer als erfolgreicher Soldat aus. Der General selbst bezeichnet seine Division als »sloppy outfit«, das das Marschieren erst noch lernen müsse. Als das Armee-Camp von Bombern angegriffen wird, laufen alle G.I.s desorientiert durcheinander, während die Papiermaché-Kulissen um sie herum zusammenbrechen – offensichtlich war niemand als Wachposten eingeteilt, und der Angriff kommt so völlig unerwartet. Auf der Bühne des Columbia Inn machen die Soldaten in den letzten Szenen des Films hingegen eine gute Figur, marschieren und salutieren sehr publikumswirksam. Vor einer Kulisse aus zerbombten Ruinen, die an das Setting der ersten Szenen erinnert, bekunden die Männer singend und marschierend ihre Loyalität gegenüber General Waverly (und ihre Untauglichkeit als Soldaten):
26 Sontag: Notes on ›Camp‹, S. 290.
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We’ll follow the old man wherever he wants to go Long as he wants to go Opposite to the foe We’ll stay with the old man wherever he wants to stay As long as he stays away from the battle’s fray Because we love him We love him Especially when he keeps us on the ball And we’ll tell the kiddies we answered duty’s call With the grandest son-of-a-soldier of them all
Der Film unterstreicht in dieser Szene noch einmal sein Familienbildungsprogramm: die Auflösung verschworener Männerbünde zu Gunsten von heterosexuellen Paaren und Familien. Nach der Vorführung, einer letzten großen Zelebration reiner Männergesellschaften, »inspiziert« der General seine Truppe, bemängelt – ganz wie in der Eingangsszene – mit gespielter Entrüstung fehlende Krawatten, schlechte Haltung, mangelnde Disziplin, dann begeben sich die Soldaten zurück in den Zuschauerraum, kehren zu ihren Frauen und Kindern an die Tische zurück. Das Verlassen der Bühne wird in dieser Szene also mit der Rückkehr ins civilian life gleichgesetzt, Army life wird hingegen dezidiert auf der Bühne verortet. Damit macht der Film die Armee als große theatralische Männlichkeitsinszenierung kenntlich, als doing masculinity.27
Abb. 36-37: This is the Army: Armee-Lager (links) und Armee-Show (rechts)
WHITE CHRISTMAS inszeniert also nicht abwechselnd Männlichkeit (im Armee-Narrativ) und Spektakel (in den musical numbers), sondern 27 Nach dieser Logik funktioniert auch Berlins soldier show »This Is the Army«. Trotz des Versprechens, das der Titel zu geben scheint, zeigt die Show eben nicht das Leben in der Armee, sondern »the greatest Army of actors«, wie es in der Hollywoodverfilmung von 944 heißt: Marschieren wird zum Stepptanz, die Armee zum großen Spektakel.
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Männlichkeit als Spektakel (die Armee als Show). »Echte«, militärische Männlichkeit, die der Film der queer masculinity des Musicals und des Buddy Movies vermeintlich gegenüberstellt, wird selbst als Inszenierung, als theatralische Performance kenntlich gemacht und damit wieder in die spektakuläre Showbiz-Männlichkeit des Musicals zurückgeführt. Indem WHITE CHRISTMAS die Soldaten auf die Bühne stellt, während ihre Frauen diese Attraktion vom Zuschauerraum aus ansehen, etabliert der Film erneut eine Blickkonstellation, die sich von traditionellen Gender-Zuschreibungen »emanzipiert«. Die Szene ist aber vor allem auch eine, in der Männer liebevoll andere Männer betrachten: Waverly schaut mit Tränen der Rührung auf seine Division, die ihm singend ihre Liebeserklärung unterbreitet. Er selbst wird dabei von seinem Adjutanten, der ihm nicht von der Seite weicht, mit warmen Blicken bedacht. Trotzdem kehren die Soldaten nach der Vorstellung zu ihren Frauen und zum Leben als Zivilisten zurück. Die narrativen Inkongruenzen und Konflikte, die der Filmplot nicht lösen kann und die die Narration des Films verschweigt, bilden in WHITE CHRISTMAS einen Exzess, ein unfinished oder unresolved business, das an anderer Stelle wiederkehrt – davon war auch schon in Bezug auf HIS GIRL FRIDAY und LET’S DO IT AGAIN die Rede.28 Wie schon in LET’S DO IT AGAIN stellen auch in WHITE CHRISTMAS die production numbers einen Raum der Ausschreitung und Ausschweifung bereit, in dem solche narrativen Inkonsistenzen artikuliert werden können. (Erinnert sei neben der großen Army-Hysteria-Nummer noch einmal an die »Sisters«Nummer.) Auf den filmischen Widerspruch – die Transition von male bonding (resp. female bonding) zu heterosexuellen Partnerschaften,29 die das Ende des Films in Einklang mit der Paarbildungsvorgabe des Musicalgenres vollzieht, obwohl das Soldatenleben dem Familienidyll doch so offensichtlich vorzuziehen ist – reagiert WHITE CHRISTMAS, indem er sein Programm noch einmal mit Force formuliert, durch die outrierte Inszenierung einer glücklichen weihnachtlichen Großfamilie: »A dozen years 28 Vgl. »Hysterischer Text« u. »Deckgeschichten«, in diesem Band. 29 Diese Bewegung ist in vielen Filmen der späten 40er und 50er Jahre zu beobachten. Vgl. hierzu auch Cohan: Masked Men, Kap. 3: »Tough Guys Make the Best Psychopaths«, S. 79-2. Die folgende Nummer, »Gee, I Wish I Was Back in the Army«, ein humorvoll-ironisches Loblied auf das Leben in der Armee, ist also durchaus ernst zu nehmen, bringt es doch die Army nostalgia, von der WHITE CHRISTMAS geprägt ist, präzise auf den Punkt. Am Ende der Nummer verwandeln sich Judy, Betty, Phil und Bob von singenden und tanzenden G.I.s in dicke, unbewegliche Zivilisten-Puppen.
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after its understated debut in Holiday Inn, ›White Christmas‹ is given the Vegas treatment«, spottet Jody Rosen.30 Die den Film beschließende »White-Christmas«-Nummer wirkt wie eine Travestie der leisen, sparsam instrumentierten Version, die Bing Crosby 942 in HOLIDAY INN, mit Marjorie Reynolds am offenen Kamin, eingeführt hatte: Im Remake singen die vier Hauptdarsteller den Song, in leuchtend rot-weiße Weihnachtskostüme gekleidet, auf einer großen Bühne mit drei riesigen, bunt geschmückten Weihnachtsbäumen. Begleitet werden sie von fast zwei Dutzend tanzenden und singenden Kindern, von Chor und Orchester und schließlich von dem gesamten Publikum, während hinter ihnen langsam die Bühnenrückwand hochgezogen wird, die die Sicht auf eine verschneite Winterlandschaft freigibt. Mit Blick auf die (vergleichsweise) unprätentiöse, schwarz-weiße Musical Comedy HOLIDAY INN präsentiert WHITE CHRISTMAS seinen Titelsong hier gewissermaßen in drag: Diese letzte Szene ist symptomatisch für die Funktionsweise des ganzen Films. Nicht nur rückt die spektakuläre Übererfüllung des Familiennarrativs die Künstlichkeit und Konstruiertheit gesellschaftlicher Gender-Rollen in den Blick. Die Übertreibung, Trivialisierung und Theatralisierung, »a seriousness that fails«,3 die sie kennzeichnet, spielt durch ihren Camp-Charakter auch eben jenen queer text wieder ein, den sie durch die Familienbildungsgeschichte zu überschreiben versucht. Zur Kenntlichkeit entstellt wird die Familiengeschichte hier als Strategie des passing, mit der WHITE CHRISTMAS das Male-Bonding-Narrativ seines Premakes im Boy-gets-Girl-Narrativ des Musicalgenres verortet.
Schlussbetrachtung Durch den Überbietungsgestus, mit dem WHITE CHRISTMAS seinem Premake begegnet, macht der Film noch einmal deutlich, dass Remaking nach ähnlichen Mechanismen funktioniert wie Cross-Dressing: Die Wiederholung und (häufig) übertreibende Imitation des »Originals« stellt nicht nur zur Schau, dass auch dieses schon auf Inszenierung und Performance basiert, sondern ermöglicht auch die Analyse seiner Repräsentationsweisen. »[R]eiterations are never simply replicas of the same«, unterstreicht Judith Butler in Bezug auf performative Gender-Akte.32 Es
30 Rosen: White Christmas, S. 72. 3 Sontag: Notes on ›Camp‹, S. 283. 32 Butler: Bodies That Matter, S. 226.
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sei präzise die Figur der Wiederholung, die die Destabilisierung reglementierender Gender-Normen ermögliche: [I]t is […] by virtue of this reiteration that gaps and fissures are opened up as the constitutive instabilities in such constructions, as that which escapes or exceeds the norm, as that which cannot be wholly defined or fixed by the repetitive labor of that norm. This instability is the deconstituting possibility in the very process of repetition […], the possibility to put the consolidation of the norms of »sex« into a potentially productive crisis.33
Auch für das Remake-Premake-Verhältnis gilt, dies war Ausgangspunkt der vorliegenden Lektüren, dass die variierende Wiederholung des Remakes die Visualisierungs- und Darstellungsverfahren des Premakes – wie ein Zerrspiegel – zur Kenntlichkeit entstellt (und vice versa). Gerade für eine gender-orientierte Filmanalyse erwies sich die Untersuchung von Remakes als fruchtbar, weil sich auf der Folie des jeweils anderen Films die – ebenfalls auf Wiederholung und Imitation basierenden – filmischen Gender-Repräsentationen diskursivieren und rekonstruieren ließen. Untersucht habe ich die Austauschbeziehungen zwischen Remake und Premake anhand der Leitmetapher des unfinished business, mit der sich – so hat die Lektüre von HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS verdeutlicht – auch die Funktionsweisen von Genrefilmen beschreiben lassen. Remakes verarbeiten die Vorgaben ihrer Premakes und prozessieren dabei auch irritierendes, widerständiges »Material« ihrer Vorgänger, ohne diese Virulenzen, von denen sie durchzogen sind, vollständig kontrollieren zu können. Die Liebesgeschichte zwischen Männern, die THE FRONT PAGE vor der Verschärfung des Production Codes noch inszenieren konnte, insistiert so auch in HIS GIRL FRIDAY, obwohl dieser Film eine der Hauptrollen mit einer weiblichen Schauspielerin besetzt. Auch der Film von 940 inszeniert auf Grund dieser Wechselbeziehungen zwischen Premake und Remake letztlich wieder eine queer love story respektive: Die Kategorien Gender, Geschlecht und Begehren werden performativ in Bewegung versetzt und verunmöglichen damit gerade eindeutige kategoriale Zuordnungen. Deutlich wird an diesem RemakePremake-Paar zudem, dass das unfinished business des Premakes, das HIS GIRL FRIDAY verhandelt, genau genommen erst in der Retrospektive entsteht: Die Rückkopplungseffekte zwischen Remake und Premake machen die enge Männerbeziehung, von der THE FRONT PAGE handelt, nachträglich zum zu verdeckenden Skandalon. Nicht nur ein Remake ist also durch seinen Vorgänger geprägt, auch das Premake erfährt durch 33 Ebd., S. 0.
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sein Remaking eine Relektüre. Dieser komplexen Austauschbewegung zwischen den Filmversionen habe ich versucht, mit der Lekürehaltung eines preposterous reading gerecht zu werden, das sowohl den Auswirkungen des früheren Textes auf den späteren als auch der Rückwirkung des Remakes auf sein Premake Rechnung trägt. Auch Remakes, die ihre Vorgänger (resp. deren Gender-Repräsentationen) konservativ zu wenden scheinen, rufen diese durch ihren Remakestatus immer auch auf und treten mit ihren Premakes in Dialog. Remakes sind damit Texte, denen konkurrierende Deutungsvorgaben und Gegenstimmen eingeschrieben sind. Das gilt auch für LET’S DO IT AGAIN, das Remake der Screwball Comedy THE AWFUL TRUTH, das in Bezug auf die Vorgaben des Premakes eine Strategie des Aufdeckens und gleichzeitigen Zudeckens verfolgt. Ausbuchstabiert und – im Zuge der Erotisierung des öffentlichen Lebens, die sich in den 50er Jahren vollzieht – »modernisiert« wird das Sexualitätssujet, das THE AWFUL TRUTH wegen des Production Codes vor allem über Liebes- und Ehediskurse verhandelt und auf die Ebenen des Dialogs und des Slapsticks verschoben hatte. Das Remake hingegen lässt kaum einen Zweifel daran, dass es primär um die sexuelle Kompatibilität des Paares geht. Die Probleme, die die Eheleute im Verlauf des Films zu bewältigen haben, sind nach der privilegierten Deutungsvorgabe des Remakes allein sexueller Natur. Zugedeckt werden durch diese Privilegierung des Sexualitätsthemas allerdings jene filmischen Hinweise, die darauf deuten, dass die Probleme des Protagonistenpaares in LET’S DO IT AGAIN weniger auf unbefriedigte eheliche Sexualität als auf die unerfüllbaren gesellschaftlichen Gender-Normen der 50er Jahre zurückzuführen sind. Dieser »verdeckte« Text gewinnt an Prominenz, wenn die Blickrichtung umgedreht, wenn das Remake auf der Folie seines Premakes gelesen wird: Die Reminiszenzen des Premakes schreiben den gender trouble, den das Remake zu entkräften versucht, wieder in den Text ein, stören simplifizierende Lösungsstrategien und konservative Umschriften. THE AWFUL TRUTH und LET’S DO IT AGAIN verhandeln – wie auch die anderen Filmpaare – gesellschaftliche Gender-Debatten. In meinen Filmanalysen ging es mir darum, die diachronen Austauschbeziehungen zwischen Premake und Remake mit den synchronen kulturellen Negotiationen zwischen filmischen und zeitgenössischen außer-filmischen Diskursen zu verschalten. Behandelte das Kapitel zu THE AWFUL TRUTH und LET’S DO IT AGAIN vor allem Ehe- und Partnerschaftsmodelle, so lag der Fokus in den Lektüren zu THE FRONT PAGE und HIS GIRL FRIDAY sowie zu HOLIDAY INN und WHITE CHRISTMAS auf sich wandelnden gesellschaftlichen Konzepten von Männlichkeit, gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Homosexualität. Während Filme – als Teil zeitgenössischer
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Diskursensembles – gesellschaftliche Diskurse und Debatten aufnehmen und weiterschreiben, knüpfen Remakes zudem an die Negotiationen ihrer filmischen Vorgänger an und speisen diese wieder in die Debatten ein. Remaking stellt demnach auch eine kulturelle Strategie der Konfliktadressierung dar: Neben ökonomischen Motivationen werden Filme vor allem auch dann neu aufgelegt, wenn die in ihnen verhandelten Thematiken erneut an gesellschaftlicher Relevanz gewinnen. Umfasste das Filmkorpus der vorliegenden Untersuchung Hollywoodfilme des Comedygenres aus den 30er bis späten 50er Jahren, so bietet sich eine Reihe weiterer Remakezyklen für kulturwissenschaftliche Forschungsprojekte an – sowohl innerhalb Hollywoods als auch in anderen Filmkulturen oder in transkultureller Perspektive. Spannende Befunde für eine gender-orientierte Lektüre versprechen zum Beispiel Remakes, die in den 80er Jahren gedreht wurden: Die Filme dieser Dekade werden oft als Ausdruck eines antifeministischen Backlashes im Anschluss an die »liberaleren« 60er und 70er Jahre gewertet – eine Einschätzung, die sich im Premake-Remake-Vergleich überprüfen ließe.34 Auch die zahlreichen Produktionen der 90er Jahre, die Filme der Hollywood Renaissance neu auflegen, sind in dieser Hinsicht von Interesse. Während US-Verfilmungen französischer Premakes als gut erforscht gelten können, ist der Austausch zwischen Hollywood und anderen, vor allem »nicht-westlichen« Kinokulturen, etwa der Filmindustrie Indiens oder Hongkongs, bis auf wenige Ausnahmen ein bislang weitgehend unbestelltes Feld. Gerade die Postcolonial Studies weisen hier ein analytisches Instrumentarium auf, mit dem sich die Differenzen zwischen den Filmversionen stark machen und in produktive Lektüren überführen lassen. Perspektivierungen, die Remakes ausschließlich als Produkte einer kommerziellen Filmindustrie, als defizitäre Neuauflagen klassischer »Originale« zur Kenntnis nehmen, werden dem Phänomen des Remaking hingegen nicht gerecht – das habe ich mit meiner Arbeit zeigen wollen. Die Beziehung zwischen den Filmen ist durch komplexe, sich vielfach durchkreuzende Austauschbewegungen geprägt, die es in ihren Bezügen zu gesellschaftlichen Diskursen zu untersuchen gilt. Dafür plädiert auch Laura Grindstaff: »Ultimately, such conceptions of the remake emphasize the fertility of the original text, rather than the fidelity of the remake, and posit both as participating in a larger cultural enterprise whose value is outside their specific relationship together.«35 Remakes sind für neo34 Vgl. z.B. Susan Faludi: Backlash. The Undeclared War against Women, New York u.a.: Doubleday 99, S. 2-39. 35 Grindstaff: Pretty Woman with a Gun, S. 302.
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historistische und gender-zentrierte Forschungen von besonderem Interesse. In der Remakeanalyse lässt sich – mit Stephen Greenblatt gesprochen – die Zirkulation sozialer Energien sowohl in synchroner als auch in diachroner Hinsicht rekontextualisieren und rekonstruieren.
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BATMAN FOREVER (USA 995, R: Joel Schumacher) BATMAN RETURNS (USA/GB 992, R: Tim Burton) BATMAN, THE (USA 943, R: Lambert Hillyer) BECKY SHARP (USA 935, R: Rouben Mamoulian) BED OF ROSES (USA 933, R: Gregory La Cava) BELLE OF NEW YORK (USA 952, R: Charles Walters) BENEATH THE PLANET OF THE APES (USA 970, R: Ted Post) BEN-HUR (USA 926, R: Fred Niblo) BEN-HUR (USA 959, R: William Wyler) BIG SLEEP, THE (USA 946, R: Howard Hawks) BIG SLEEP, THE (USA 978, R: Michael Winner) BIRDCAGE, THE (USA 996, R: Mike Nichols) BIRDS AND THE BEES, THE (USA 956, R: Norman Taurog) BISHOP’S WIFE, THE (USA 947, R: Henry Koster) BLACK PIRATE, THE (USA 926, R: Albert Parker) BLOB, THE (USA 958, R: Irvin S. Yeaworth, Jr.) BLOB, THE (USA 988, R: Chuck Russell) BLONDIE OF THE FOLLIES (USA 932, R: Edmund Goulding) BLOOD MONEY (USA 933, R: Rowland Brown) BLUE SKIES (USA 946, R: Stuart Heisler) BLUE VEIL, THE (USA 95, R: Curtis Bernhardt) BLUEBEARD’S EIGHTH WIFE (USA 938, R: Ernst Lubitsch) BODY HEAT (USA 98, R: Lawrence Kasdan) BODY SNATCHERS (USA 994, R: Abel Ferrara) BONNE ANNEE, LA (F 973, R: Claude Lelouch) BONNIE AND CLYDE (USA 967, R: Arthur Penn) BOYS AND GIRLS (USA 2000, R: Robert Iscove) BRADY BUNCH MOVIE, THE (USA 995, R: Betty Thomas) BRADY BUNCH, THE (USA 969-974) BREATHLESS (USA 983, R: Jim McBride) BRIDE BY MISTAKE (USA 944, R: Richard Wallace) BRINGING UP BABY (USA 938, R: Howard Hawks) BUNDLE OF JOY (USA 956, R: Norman Taurog) BUT NOT FOR ME (USA 959, R: Walter Lang) BUTCH CASSIDY AND THE SUNDANCE KID (USA 969, R: George Roy Hill) CAGE AUX FOLLES, LA (F/I 978, F: Edouard Molinaro) CAPE FEAR (USA 96, R: J. Lee Thompson) CAPE FEAR (USA 99, R: Martin Scorsese) CARRIE (USA 976, R: Brian de Palma) CASBAH (USA 948, R: John Berry) CAT PEOPLE (USA 942, R: Jacques Tourneur) CAT PEOPLE (USA 982, R: Paul Schrader)
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CHARLEY’S AUNT (USA 925, R: Sidney Scott) CHARLEY’S AUNT (USA 930, R: Al Christie) CHARLIE’S ANGELS (USA 976-98) CHARLIE’S ANGELS (USA/D 2000, R: McG) CHARLIE’S ANGELS: FULL THROTTLE (USA 2003, R: McG) CHEAPER BY THE DOZEN (USA 950, R: Walter Lang) CHEAPER BY THE DOZEN (USA 2003, R: Shawn Levy) CHEERS (USA 982-993) CHEMIN DU PARADIS, LE (D 930, R: Wilhelm Thiele/Max de Vaucorbeil) CHEVRE, LA (F 98, R: Francis Veber) CHIENNE, LA (F 93, R: Jean Renoir) CHILDREN’S HOUR, THE (USA 96, R: William Wyler) COMPERES, LES (F 983, R: Francis Veber) CORBEAU, LE (F 943, R: Henri-George Clouzot) COUSIN, COUSINE (F 975, R: Jean-Charles Tacchella) COUSINS (USA 989, R: Joel Schumacher) CROIX DE BOIS, LES (F 93, R: Raymond Bernard) CRYING GAME, THE (GB 992, R: Neil Jordan) CUCARACHA, LA (USA 934, R: Lloyd Corrigan) D.O.A. (USA 950, R: Rudolph Maté) D.O.A. (USA 988, R: Annabel Jankel/Rocky Morton) DADDY LONG LEGS (USA 93, R: Alfred Santell) DADDY LONG LEGS (USA 955, R: Jean Negulesco) DAMES (USA 934, R: Ray Enright/Busby Berkeley) DARK WATER (USA 2005, R: Walter Salles) DEAD MEN DON’T WEAR PLAID (USA 982, R: Carl Reiner) DEPARTED, THE (USA 2006, R: Martin Scorsese) DESIGN FOR LIVING (USA 933, R: Ernst Lubitsch) DESIGNING WOMEN (USA 957, R: Vincente Minnelli) DESPERADO (USA 995, R: Robert Rodriguez) DIE ANOTHER DAY (USA 2002, R: Lee Tamahori) DIL HAI KI MANTA NAHIN (IND 99, R: Mahesh Bhatt) DOCTOR DOLITTLE (USA 967, R: Richard Fleischer) DON’T CHANGE YOUR HUSBAND (USA 99, R: Cecil B. De Mille) DOUBLE INDEMNITY (USA 944, R: Billy Wilder) DREI VON DER TANKSTELLE, DIE (D 930, R: Wilhelm Thiele) DREIGROSCHENOPER, DIE (D 93, R: Georg Wilhelm Pabst) EASY LIVING (USA 937, R: Mitchell Leisen) EASY RIDER (USA 969, R: Dennis Hopper) EASY TO WED (USA 946, R: Edward Buzzell) ÉLEPHANT ÇA TROMPE ENORMEMENT, UN (F 976, R: Yves Robert) EMERGENCY WEDDING (USA 950, R: Edward Buzzell)
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ET DIEU CREA LA FEMME (F 957, R: Roger Vadim) EVE KNEW HER APPLES (USA 945, R: Will Jason) EX-MRS. BRADFORD, THE (USA 936, R: Stephen Roberts) EYE, THE (USA 2007, R: David Moreau/Xavier Palud, angekündigt) FAREWELL, MY LOVELY (USA 975, R: Dick Richards) FARMER TAKES A WIFE, THE (USA 935, R: Victor Fleming) FARMER TAKES A WIFE, THE (USA 953, R: Harry Levin) FATHER GOOSE (USA 964, R: Ralph Nelson) FATHER KNOWS BEST (USA 954-960) FATHER OF THE BRIDE (USA 950, R: Vincente Minnelli) FATHER OF THE BRIDE (USA 99, R: Charles Shyer) FATHER’S DAY (USA 997, R: Ivan Reitman) FEMALE (USA 933, R: Michael Curtiz) FEMININE TOUCH, THE (USA 94, R: W.S. Van Dyke) FIFTH AVENUE GIRL (USA 939, R: Gregory La Cava) FIVE STAR FINAL (USA 93, R: Mervyn Le Roy) FLASH GORDON (USA 936, R: Frederick Stephani) FLINTSTONES, THE (USA 960-966) FLINTSTONES, THE (USA 994, R: Brian Levant) FLOWERS AND TREES (USA 932, R: Burt Gillett) FLY, THE (USA 958, R: Kurt Neumann) FLY, THE (USA 986, R: David Cronenberg) FLYING DOWN TO RIO (USA 933, R: Thornton Freeland) FOLLOW THE FLEET (USA 936, R: Mark Sandrich) FOOTLIGHT PARADE (USA 933, R: Lloyd Bacon/Busby Berkeley) 42ND STREET (USA 933, R: Lloyd Bacon/Busby Berkeley) FRASIER (USA 993-2004) FRIENDS (USA 994-2004) FRONT PAGE, THE (USA 93, R: Lewis Milestone) FRONT PAGE, THE (USA 974, R: Billy Wilder) FUGITIFS, LES (F 986, R: Francis Veber) FUNNY FACE (USA 957, R: Stanley Donen) FUNNY GIRL (USA 968, R: William Wyler) FUNNY LADY (USA 975, R: Herbert Ross) GASLIGHT (GB 940, R: Thorold Dickinson) GASLIGHT (USA 944, R: George Cukor) GAY DIVORCEE, THE (USA 934, R: Mark Sandrich) GENTLEMEN PREFER BLONDES (USA 953, R: Howard Hawks) GETAWAY, THE (USA 972, R: Sam Peckinpah) GETAWAY, THE (USA 994, R: Roger Donaldson) GIN GWAI/THE EYE (HK/GB/SGP 2002, R: Oxide Pang Chun/Danny Pang) GIRL IN EVERY PORT, A (USA 928, R: Howard Hawks)
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FILMVERZEICHNIS
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REMAKEPREMAKE
KING KONG (USA 933 R: Merian C. Cooper/Ernest B. Schoedsack) KING KONG (USA 976, R: John Guillermin) KING KONG (NZ/USA 2005, R: Peter Jackson) KISS BEFORE DYING, A (USA 956, R: Gerd Oswald) KISS BEFORE DYING, A (USA 99, R: James Dearden) LADY EVE, THE (USA 94, R: Preston Sturges) LADY FOR A DAY (USA 933, R: Frank Capra) LARA CROFT TOMB RAIDER: THE CRADLE OF LIFE (USA/D/GB/J/NL 2003, R: Jan de Bont) LARA CROFT: TOMB RAIDER (GB/D/USA/J 200, R: Simon West) LAURA (USA 944, R: Otto Preminger) LEAVE IT TO BEAVER (USA 957-963) LET’S DO IT AGAIN (USA 953, R: Alexander Hall) LIBELED LADY (USA 936, R: Jack Conway) LIVING IT UP (USA 954, R: Norman Taurog) LONG NIGHT, THE (USA 947, R: Anatole Litvak) LORD OF THE RINGS, THE: THE FELLOWSHIP OF THE RING (NZ/USA 200, R: Peter Jackson) LORD OF THE RINGS, THE: THE RETURN OF THE KING (NZ/USA/D 2003, R: Peter Jackson) LORD OF THE RINGS, THE: THE TWO TOWERS (NZ/USA/D 2002, R: Peter Jackson) LOSER (USA 2000, R: Amy Heckerling) LOST WEEKEND, THE (USA 945, R: Billy Wilder) LOVE AFFAIR (USA 939, R: Leo McCarey) LOVE CRAZY (USA 94, R: Jack Conway) LOVER COME BACK (USA 96, R: Delbert Mann) M*A*S*H (USA 970, R: Robert Altman) M*A*S*H (USA 972-983) M. BUTTERFLY (USA 993, R: David Cronenberg) MAGNIFICENT OBSESSION (USA 935, R: John M. Stahl) MAGNIFICENT OBSESSION (USA 954, R: Douglas Sirk) MAJOR AND THE MINOR, THE (USA 942, R: Billy Wilder) MAKE ME A STAR (USA 932, R: William Beaudine) MALE ANIMAL, THE (USA 942, R: Elliott Nugent) MALTESE FALCON, THE (USA 93, R: Roy Del Ruth) MALTESE FALCON, THE (USA 94, R: John Huston) MAN IN THE GRAY FLANNEL SUIT, THE (USA 956, R: Nunnally Johnson) MAN WHO KNEW TOO MUCH, THE (UK 934, R: Alfred Hitchcock) MAN WHO KNEW TOO MUCH, THE (USA 956, R: Alfred Hitchcock) MAN WHO LOVED WOMEN, THE (USA 983, R: Blake Edwards) MAN WITH ONE RED SHOE, THE (USA 985, R: Stan Dragoti)
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FILMVERZEICHNIS
MANHUNTER (USA 986, R: Michael Mann) MARIACHI, EL (MEX 992, R: Roberto Rodriguez) MARY (D/GB 93, R: Alfred Hitchcock) MASQUERADE IN MEXICO (USA 945, R: Mitchell Leisen) MERTON OF THE MOVIES (USA 924, R: James Cruze) MIDNIGHT (USA 939, R: Mitchell Leisen) MIRACLE OF MORGAN’S CREEK, THE (USA 944, R: Preston Sturges) MIRACLE ON 34TH STREET (USA 947, R: George Seaton) MIRACLE ON 34TH STREET (USA 994, R: Les Mayfield) MISS SADIE THOMPSON (USA 953, R: Curtis Bernhardt) MISSION: IMPOSSIBLE (USA 966-973) MISSION: IMPOSSIBLE (USA 988-990) MISSION: IMPOSSIBLE (USA 996, R: Brian De Plama) MISSION IMPOSSIBLE VERSUS THE MOB (USA 968, R: Paul Stanley) MISSION: IMPOSSIBLE II (USA/D 2000, R: John Woo) MISSION: IMPOSSIBLE III (USA/D 2006, R: J.J. Abrams) MIXED NUTS (USA 996, R: Nora Ephron) MON PÈRE, CE HÉROS (F 99, R: Gérard Lauzier) MOON IS BLUE, THE (USA 953, R: Otto Preminger) MOON OVER MIAMI (USA 94, R: Walter Lang) MORE THE MERRIER, THE (USA 943, R: George Stevens) MOROCCO (USA 930, R: Josef von Sternberg) MOU GAAN DOU/INFERNAL AFFAIRS (HK 2002, R: Wai Keung Lau/Siu Fai Mak) MOVE OVER, DARLING (USA 963, R: Michael Gordon) MR. AND MRS. SMITH (USA 94, R: Alfred Hitchcock) MR. DEEDS GOES TO TOWN (USA 936, R: Frank Capra) MR. MUSIC (USA 950, R: Richard Haydn) MURDER! (GB 930, R: Alfred Hitchcock) MURDER, MY SWEET (USA 944, R: Edward Dmytryk) MY FATHER THE HERO (USA/F 994, R: Steve Miner) MY FAVORITE WIFE (940, R: Garson Kanin) MY MAN GODFREY (USA 936, R: Gregory La Cava) MY MAN GODFREY (USA 957, R: Henry Koster) MY SASSY GIRL (USA 2007, R: Yann Samuell, angekündigt) MY SISTER EILEEN (USA 942, R: Alexander Hall) MY SISTER EILEEN (USA 955, R: Richard Quine) MY SISTER EILEEN (USA 960-96) NEUF MOIS (F 994, R: Patrick Braoudé) NIGHT AND THE CITY (USA 950, R: Jules Dassin) NIGHT AND THE CITY (USA 992, R: Irwin Winkler) NIKITA (F/I 990, R: Luc Besson)
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REMAKEPREMAKE
NIKITA (USA 997-200) NINE MONTHS (USA 995, R: Chris Columbus) NINOTCHKA (USA 939, R: Ernst Lubitsch) NOTHING SACRED (USA 937, R: William A. Wellman) OBSESSION (USA 976, R: Brian DePalma) ODD COUPLE, THE (USA 968, R: Gene Saks) ODD COUPLE, THE (USA 970-975) OLD WIVES FOR NEW (USA 98, R: Cecil B. De Mille) OMEN II: DAMIEN (USA 978, R: Don Taylor) ON THE TOWN (USA 949, R: Stanley Donen/Gene Kelly) OUT OF THE PAST (USA 947, R: Jacques Tourneur) OUTLAW, THE (USA 943, R: Howard Hughes/Howard Hawks) PALM BEACH STORY, THE (USA 942, R: Preston Sturges) PAT AND MIKE (USA 952, R: George Cukor) PAYBACK (USA 999, R: Brian Helgeland) PEARL HARBOR (USA 200, R: Michael Bay) PEPE LE MOKO (F 937, R: Julien Duvivier) PERE NOËL EST UNE ORDURE, LE (F 982, R: Jean-Marie Poiré) PHILADELPHIA STORY, THE (USA 940, R: George Cukor) PILLOW TALK (USA 959, R: Michael Gordon) PLATINUM BLONDE (USA 93, R: Frank Capra) PLEASE DON’T EAT THE DAISIES (USA 960, R: Charles Walters) PLEASE DON’T EAT THE DAISIES (USA 965-976) PLEIN SOLEIL (F 960, R: René Clement) POCKETFUL OF MIRACLES (USA 96, R: Frank Capra) POINT BLANK (USA 967, R: John Boorman) POINT OF NO RETURN/THE ASSASSIN (USA 993, R: John Badham) POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE, THE (USA 946, R: Tay Garnett) POSTMAN ALWAYS RINGS TWICE, THE (USA 98, R: Rob Rafelson) PREACHER’S WIFE, THE (USA 996, R: Penny Marshall) PRINCESS COMES ACROSS, THE (USA 936, R: William K. Howard) PSYCHO (USA 960, R: Alfred Hitchcock) PSYCHO (USA 998, R: Gus Van Sant) PUBLIC DEB NO. (USA 940, R: Gregory Ratoff) PULP FICTION (USA 994, R: Quentin Tarantino) PURE LUCK (USA 99, R: Nadia Tass) QUEEN CHRISTINA (USA 933, R: Rouben Mamoulian) QUICK CHANGE (USA 990, R: Bill Murray) RAGE, THE. CARRIE 2 (USA 999, R: Katt Shea) RAIN (USA 932, R: Lewis Milestone) REAR WINDOW (USA 954, R: Alfred Hitchcock) RED DRAGON (USA 2002, R: Brett Ratner)
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FILMVERZEICHNIS
RETOUR DE MARTIN GUERRE, LE (F 982, R: Daniel Vigne) RICHEST GIRL IN THE WORLD, THE (USA 934, R: William Seiter) RING, THE (USA 2002, R: Gore Verbinski) RINGU (J 998, R: Hideo Nakata) ROAD TO BALI (USA 952, R: Hal Walker) ROAD TO GLORY, THE (USA 936, R: Howard Hawks) ROAD TO HONG KONG (USA 962, R: Norman Panama) ROAD TO MOROCCO (USA 942, R: David Butler) ROAD TO RIO (USA 947, R: Norman Z. McLeod) ROAD TO SINGAPORE (USA 940, R: Victor Schertzinger) ROAD TO UTOPIA (USA 945, R: Hal Walker) ROAD TO ZANZIBAR (USA 94, R: Victor Schertzinger) ROAD TRIP (USA 2000, R: Todd Phillips) ROBERTA (USA 935, R: William A. Seiter) ROCK-A-BYE BABY (USA 958, R: Frank Tashlin) ROCKY II (USA 979, R: Sylvester Stallone) ROMEO MUST DIE (USA 2000, R: Andrzej Bartkowiak) ROSE OF WASHINGTON SQUARE (USA 939, R: Gregory Ratoff) ROSEMARY’S BABY (USA 968, R: Roman Polanski) RUNAROUND, THE (USA 946, R: Charles Lamont) SABRINA (USA 954, R: Billy Wilder) SABRINA (USA 995, R: Sydney Pollack) SADIE THOMPSON (USA 928, R: Raoul Walsh) SAILOR BEWARE (USA 95, R: Hal Walker) SATAN MET A LADY (USA 936, R: William Dieterle) SCANDAL FOR SALE (USA 932, R: Russell Mack) SCANDAL SHEET (USA 93, R: John Cromwell) SCARFACE (USA 932, R: Howard Hawks) SCARFACE (USA 983, R: Brian DePalma) SCARLET STREET (USA 945, R: Fritz Lang) SECOND CHORUS (USA 940, R: Henry C. Potter) SEVEN YEAR ITCH, THE (USA 955, R: Billy Wilder) SHAFT (USA 97, R: Gordon Parks sr.) SHAFT (USA 2000, R: John Singleton) SHALL WE DANCE (USA 937, R: Mark Sandrich) SHALL WE DANCE (USA 2004, R: Peter Chelsom) SHALL WE DANSU? (J 996, R: Masayuki Suo) SHANGAÏ EXPRESS (USA 932, R: Josef von Sternberg) SHANGAÏ GESTURE (USA 94, R: Josef von Sternberg) SHE’S ALL THAT (USA 999, R: Robert Iscove) SHE’S WORKING HER WAY THROUGH COLLEGE (USA 952, R: H. Bruce Humberstone)
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REMAKEPREMAKE
SHOP AROUND THE CORNER, THE (USA 940, R: Ernst Lubitsch) SHORE LEAVE (USA 925, R: John S. Robertson) SILENCE OF THE LAMBS (USA 99, R: Jonathan Demme) SILK STOCKINGS (USA 957, R: Rouben Mamoulian) SISTERS (USA 973, R: Brian DePalma) SMALL TOWN GIRL (USA 936, R: William A. Wellman/Robert Z. Leonard) SMALL TOWN GIRL (USA 953, R: Leslie Kardos) SOME LIKE IT HOT (USA 959, R: Billy Wilder) SOMETHING GOT TO GIVE (USA 962, R: George Cukor, unvollendet) SOMMERSBY (USA/F 993, R: Jon Amiel) SONG IS BORN, A (USA 948, R: Howard Hawks) SOUND OF MUSIC, THE (USA 965, R: Robert Wise) SPIDER-MAN (USA 2002, R: Sam Raimi) STAR IS BORN, A (USA 937, R: William A. Wellman) STAR IS BORN, A (USA 954, R: George Cukor) STAR IS BORN, A (USA 976, R: Frank Pierson) STAR WARS: EPISODE I – THE PHANTOM MENACE (USA 999, R: George Lucas) STAR WARS: EPISODE II – ATTACK OF THE CLONES (USA 2002, R: George Lucas) STAR WARS: EPISODE III – REVENGE OF THE SITH (USA 2005, R: George Lucas) STAR WARS: EPISODE IV – A NEW HOPE (USA 977, R: George Lucas) STAR WARS: EPISODE V – THE EMPIRE STRIKES BACK (USA 980, R: Irvin Kershner) STAR WARS: EPISODE VI – RETURN OF THE JEDI (USA 983, R: Richard Marquand) STAR! (USA 968, R: Robert Wise) STELLA DALLAS (USA 937, R: King Vidor) STELLA (USA 990, R: John Erman) STEPFORD WIVES, THE (USA 975, R: Bryan Forbes) STEPFORD WIVES, THE (USA 2004, R: Frank Oz) SURE THING, THE (USA 985, R: Rob Reiner) SUSPICION (USA 94, R: Alfred Hitchcock) SWING TIME (USA 936, R: George Stevens) SWITCHING CHANNELS (USA 988, R: Ted Kotcheff) TALENTED MR. RIPLEY, THE (USA 999, R: Anthony Minghella) TAXI DRIVER (USA 976, R: Martin Scorsese) TEN COMMANDMENTS, THE (USA 923, R: Cecil B. De Mille) TEN COMMANDMENTS, THE (USA 956, R: Cecil B. De Mille) 0 THINGS I HATE ABOUT YOU (USA 999, R: Gil Junger) THAT TOUCH OF MINK (USA 962, R: Delbert Mann) THAT UNCERTAIN FEELING (USA 94, R: Ernst Lubitsch)
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FILMVERZEICHNIS
THEIR FIRST MISTAKE (USA 932, R: George Marshall) THEODORA GOES WILD (USA 936, R: Richard Boleslawski) THESE THREE (USA 936, R: William Wyler) THIN MAN, THE (USA 934, R: W. S. Van Dyke) THING FROM ANOTHER WORLD, THE (USA 95, R: Christian Nyby) THING, THE (USA 982, R: John Carpenter) THIRTEENTH LETTER, THE (USA 95, R: Otto Preminger) THIS IS THE ARMY (USA 943, R: Michael Curtiz) THOMAS CROWN AFFAIR, THE (USA 968, R: Norman Jewison) THOMAS CROWN AFFAIR, THE (USA 999, R: John McTiernan) THREE BLIND MICE (USA 938, R: William Seiter) THREE FOR THE SHOW (USA 955, R: H.C. Potter) THREE FUGITIVES (USA 989, R: Francis Veber) THREE GUYS NAMED MIKE (USA 95, R: Charles Walters) THREE LITTLE GIRLS IN BLUE (USA 946, R: H. Bruce Humberstone) THREE LITTLE WORDS (USA 950, R: Richard Thorpe) THREE MEN AND A BABY (USA 987, R: Leonard Nimoy) TOLL OF THE SEA, THE (USA 922, R: Chester M. Franklin) TOM, DICK AND HARRY (USA 94, R: Garson Kanin) TOO MANY HUSBANDS (USA 940, R: Wesley Ruggles) TOP HAT (USA 935, R: Mark Sandrich) TOTALE, LA (F 99, R: Claude Zidi) TROIS HOMMES ET UN COUFFIN (F 985, R: Coline Serreau) TRUE LIES (USA 994, R: James Cameron) TURNABOUT (USA 940, R: Hal Roach) TWENTIETH CENTURY (USA 934, R: Howard Hawks) 24 (USA, seit 200) UNFAITHFULLY YOURS (USA 948, R: Preston Sturges) UNFINISHED BUSINESS (USA 94, R: Gregory La Cava) VANILLA SKY (USA 200, R: Cameron Crowe) VERTIGO (USA 958, R: Alfred Hitchcock) VOILE BLEUE, LE (F 942, R: Jean Stelli) WALK, DON’T RUN (USA 966, R: Charles Walters) WEDDING PRESENT (USA 936, R: Richard Wallace) WEST SIDE STORY (USA 96, R: Robert Wise/Jerome Robbins) WHAT PRICE HOLLYWOOD? (USA 932, R: George Cukor) WHEN TOMORROW COMES (USA 939, R: John M. Stahl) WHITE CHRISTMAS (USA 954, R: Michael Curtiz) WHY CHANGE YOUR WIFE? (USA, R: Cecil B. De Mille 920) WILLIAM SHAKESPEARE’S ROMEO + JULIET (USA 996, R: Baz Luhrmann) WINGS (USA 927, R: William A. Wellman) WOMAN IN RED, THE (USA 984, R: Gene Wilder)
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REMAKEPREMAKE
WOMAN OF THE YEAR (USA 942, R: George Stevens) WONDER BAR (USA 934, R: Lloyd Bacon) WORLD MOVES ON, THE (USA 934, R: John Ford) X FILES, THE (CND/USA 998, R: Rob Bowman) X FILES, THE (USA 993-2002) X-MEN (USA 2000, R: Bryan Singer) YEOPGIJEOGIN GEUNYEO (ROK 200, R: Jae-young Kwak) YOU BELONG TO ME (USA 94, R: Wesley Ruggles) YOU CAN’T RUN AWAY FROM IT (USA 956, R: Dick Powell) YOU CAN’T TAKE IT WITH YOU (USA 938, R: Frank Capra) YOU’LL NEVER GET RICH (USA 94, R: Sidney Lanfield) YOU’RE NEVER TOO YOUNG (USA 955, R: Norman Taurog) YOU’VE GOT MAIL (USA 998, R: Nora Ephron)
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352
ABBILDUNGSNACHWEIS Abb. -3:
THE FRONT PAGE, US-DVD, Region , Madacy Records, 08. Mai 200
Abb. 4-6:
HIS GIRL FRIDAY, US-DVD, Region , Sony Pictures, 2. November 2000
Abb. 7-2:
THE AWFUL TRUTH, US-DVD, Region , Sony Pictures, . März 2003
Abb. 3:
LET'S DO IT AGAIN, Lobby Card, Columbia Pictures, 953, private Sammlung
Abb. 4, 2-33, 36-37:
WHITE CHRISTMAS, US-DVD, Region , Paramount Pictures, 2. November 2000
Abb. 5-20, 34-35:
HOLIDAY INN, Special Edition, US-DVD, Region , Universal Studios, 0. Oktober 2006
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Film Catherine Shelton Unheimliche Inskriptionen Eine Studie zu Körperbildern im postklassischen Horrorfilm
Daniel Devoucoux Mode im Film Zur Kulturanthropologie zweier Medien
Mai 2008, ca. 350 Seiten, kart., ca. 32,80 €, ISBN: 978-3-89942-833-9
2007, 350 Seiten, kart., zahlr. Abb., 34,80 €, ISBN: 978-3-89942-813-1
Roland Reiter The Beatles on Film Analysis of Movies, Documentaries, Spoofs and Cartoons
Daniel Winkler Transit Marseille Filmgeschichte einer Mittelmeermetropole
März 2008, ca. 210 Seiten, kart., ca. 23,80 €, ISBN: 978-3-89942-885-8
Joanna Barck Hin zum Film – Zurück zu den Bildern Tableaux Vivants: »Lebende Bilder« in Filmen von Antamoro, Korda, Visconti und Pasolini März 2008, ca. 320 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-817-9
Thomas Weber Medialität als Grenzerfahrung Futurische Medien im Kino der 80er und 90er Jahre Februar 2008, 374 Seiten, kart., 33,80 €, ISBN: 978-3-89942-823-0
Katrin Oltmann Remake | Premake Hollywoods romantische Komödien und ihre Gender-Diskurse, 1930-1960
2007, 328 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-699-1
Nadja Sennewald Alien Gender Die Inszenierung von Geschlecht in Science-Fiction-Serien 2007, 314 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-805-6
Hedwig Wagner Die Prostituierte im Film Zum Verhältnis von Gender und Medium 2007, 324 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-563-5
Sandra Strigl Traumreisende Eine narratologische Studie der Filme von Ingmar Bergman, André Téchiné und Julio Medem 2007, 236 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN: 978-3-89942-659-5
Februar 2008, 356 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-700-4
Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de
Film Doris Agotai Architekturen in Zelluloid Der filmische Blick auf den Raum 2007, 184 Seiten, kart., zahlr. Abb., 24,80 €, ISBN: 978-3-89942-623-6
Klaus Kohlmann Der computeranimierte Spielfilm Forschungen zur Inszenierung und Klassifizierung des 3-D-Computer-Trickfilms 2007, 300 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN: 978-3-89942-635-9
Arno Meteling Monster Zu Körperlichkeit und Medialität im modernen Horrorfilm 2006, 372 Seiten, kart., zahlr. Abb., 31,80 €, ISBN: 978-3-89942-552-9
Leseproben und weitere Informationen finden Sie unter: www.transcript-verlag.de