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German Pages 374 [404] Year 1994
Zeidler • Reichswehr und Rote Armee 1920—1933
Beiträge zur Militärgeschichte Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Band 36
R. Oldenbourg Verlag München 1994
Reichswehr und Rote Armee 1920-1933 Wege und Stationen einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit
Von Manfred Zeidler
2. Auflage
R. Oldenbourg Verlag München 1994
Unveränderte Studienausgabe
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zeidler, Manfred: Reichswehr und Rote Armee 1920-1933: Wege und Stationen einer ungewöhnlichen Zusammenarbeit / von Manfred Zeidler. - 2 . Aufl., unveränd. Studienausg. -München: Oldenbourg, 1994 (Beiträge zur Militärgeschichte; Bd. 36) Zugl.: Frankfurt (Main), Univ., Diss., 1990 ISBN 3-486-56093-X NE:GT
© 1994 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Maria-Elisabeth Marschalt, Militärgeschichtliches Forschungsamt, Freiburg i. Br. Druck und Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-56093-X
Inhalt
Vorwort des Herausgebers
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Vorwort
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Vorbemerkung des Autors
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Einleitung — Forschungsstand und Quellenlage
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre 1. Das Deutsche Reich und Sowjetrußland zwischen Versailles und Rapallo 2. Die Reichswehr im Schatten des Versailler Vertrages 3. Die Rote Armee zwischen Demobilisierung und Militärreform II. Die Anbahnungsphase 1920—1922 1. Die ersten Fäden im Halbdunkel von Geheimdiplomatie und Konspiration 2. Die Verbindung zu Junkers 3. Seeckt contra Brockdorff-Rantzau — Der Stand am Jahresende 1922 ... EI. Das Jahr 1923 als Katalysator der militärischen Beziehungen 1. Die Ruhrbesetzung und Deutschlands militärpolitische Lage 2. Die Reisemissionen des Frühjahrs und Sommers und Brockdorff-Rantzaus militärpolitische Initiative 3. Die Gründung von Gefu und BersoF 4. Seeckt-Diktatur statt Deutscher Oktober — Die Lage am Jahresende ... IV. Die Phase der Konzessionen 1924—1926 1. Das Junkerswerk in Fili 2. Die deutsch-russische Bersol'-AG von Ivaicenkovo 3. Der Weg von der Gefu zur Wiko V. Der Beginn der Zusammenarbeit beider Luftwaffen 1924/25 1. 2. 3. 4.
Die Einrichtung der Zentrale Moskau (Z.Mo.) Deutsche Berater bei der Roten Luftflotte — Die Gruppe Fiebig Die Geburtsstunde von Lipeck Flugzeug und Gas — Die Perspektiven der aerochemischen Waffe ....
29 29 33 38 47 47 54 59 67 67 70 78 82 89 89 97 101 107 107 109 119 123
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Inhalt
VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26 VH. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
129 135
1. Neue Initiativen der Militärs — Die Mission Unilichts vom März 1926 2. Die aerochemischen Versuche von Podosinki bei Moskau 3. Die Hemmnisse der Politik — Belastungen und Enthüllungen des Jahres 1926 4. Die Militärbeziehungen auf Eis — Das schwierige Jahr 1927
143 147
Vin. Die veränderten Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre
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1. Deutschland und die Sowjetunion in den Jahren nach Locarno 2. Die Reichswehr zwischen Sicherheit und Aufrüstung 3. Die Rote Armee auf dem Weg zur Doktrin der militärischen Stärke ...
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932 1. Die Stationen auf russischem Boden a. Lipeck — Von der Kampffliegerschule zum Waffenerprobungszentrum Aufbau, Organisation und Ausstattung Der Ausbildungsbetrieb Die Waffenerprobung b. Kama — Die Panzerschule von Kazan* Aufbau und Organisation Der Übungs- und Testbetrieb Die Bilanz der Arbeit c. Tomka — Das Gastestgelände bei Vol'sk Aufbau und Organisation Die Versuchstätigkeit — Ziele und Ergebnisse d. Die organisatorische und finanzielle Regie der Stationen — Die Zentralen in Moskau und Berlin 2. Die gegenseitigen Truppen- und Manöverbesuche seit 1925 3. Die Kooperation der beiden Generalstäbe — Nachrichtenaustausch, Inspektionsreisen, Offiziersausbildung 4. Die riistungswirtschaftlichen Kontakte seit 1928 — Moskaus Fühler zwischen Heereswaffenamt und Schwerindustrie 5. Die Marinebeziehungen 1926—1931 X. Einblicke und Wechselwirkungen 1. 2. 3. 4.
Das Klima innerhalb der Zusammenarbeit Das Bild beider Armeen voneinander Felder der gegenseitigen Beeinflussung Die Trägerschichten der militärischen Kooperation
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171 171 171 171 175 182 188 188 192 195 198 198 201 204 208 217 228 236 247 247 251 262 269
Inhalt
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XI. Das Wissen im In- und Ausland
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XU. Das Jahr 1933 und das Ende der militärischen Zusammenarbeit
283
1. Der Verfall der politischen Grundlagen 2. Die Auflösung der Stationen 3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936
283 287 291
Zusammenfassung und Schluß
301
Abkürzungen
309
Quellen und Literatur
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Anlagen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Zeittafel Struktur des Reichswehrministeriums (Heer) Struktur der Marineleitung im Reichswehrministerium Struktur des zentralen Militärapparats der Roten Armee im Mai 1929 .... Ubersicht über die Lage der deutschen Rüstungsbetriebe und Übungsstationen im europäischen Rußland Führung der militärischen Aktivitäten in Rußland durch den Tarnapparat von Gefu und Wiko in den Jahren 1926/27 Führungs- und Unterstellungsverhältnisse der Übungsstationen auf russischem Boden um das Jahr 1930 Ausstattung und Gliederung der Fliegerschule Lipeck in den Jahren 1927/28 Gehaltsliste für das Lipecker Stammpersonal vom Sommer 1928 Zusammensetzung des Kommandos »Amberg« im Herbst 1926 Gehaltsliste des deutschen Tomka-Personals vom April 1929 Stammpersonal und Kursanten der Panzerschule von Kazan' (Kama) in den Jahren 1929 bis 1933 Personenliste der in den Jahren des Offiziersaustauschs zwischen 1925 und 1933 in Deutschland gewesenen Sowjetoffiziere (einschließlich technischer Kommissionen)
329 341 342 343 344 345 346 347 348 350 351 352
355
Register
361
Bildnachweis
375
Abbildungen
nach 224 und 272
Korrigendazur2. Auflage
Seite 29, Zeile 21, lies: Grigorij statt Georgij. Seite 51,98,108, Anm. 23,44,3: in allen drei Fällen lies: PA-AA statt PA-MA. Seite 55, 76, Zeile 35, 1: Die fälschliche Behauptung Brockdorff-Rantzaus, bei Arkadij Pavlovic Rozengol'c (1889-1938) habe es sich um einen leiblichen Schwager Leo Trockijs gehandelt, beruhte offensichtlich auf einer Verwechslung der beiden Namen Rozengol'c und Rozenfel'd. Letzterer (= L. B. Kamenev, 1883-1936) war mit der jüngsten Schwester Trockijs, Ol'ga Davidovna Bronstejn, verheiratet und somit Trockijs leiblicher Schwager. Seite 55, 94,110, Zeile 35,26, 10: in allen drei Fällen lies: Lino statt Linno. Seite61, Anm. 74, lies: 1893 [1894] statt 1893 [1984], Seite97, Anm. 40, lies: 1925 statt 1924. Seite 121, Zeile 7, lies: 1925 statt 1926. Seite 130, Zeile21, lies: Aleksej statt Aleksandr (Rykov) Seite 158, Anm. 13, lies: 1929 statt 1928. Seite 158, Anm. 15, lies: S. 103f. statt S. 380 (L. D'jakov/T. S. Busueva). Seite 161, Zeile 32, lies: sechs statt sech. Seite 176, Zeile 17, lies: die statt der. Seite 179, Anm. 44, lies: 1929 statt 1930. Seite212, Zeile 30, lies: Anatolij statt Aleksej (Fedotov). Seite 216, Zeile 5, lies: unweit von Ziebingen (Cybinka) am östlichen Oderufer gegenüber von Fürstenberg (Eisenhüttenstadt) statt unweit von Bad Saarow. Seite 216, Zeile 12,13, lies: zwei statt vier (Wochen) und 2. statt 12. (Oktober). Seite 226, Zeile 28, lies: Ljamberg statt Lemberg. Seite 236, Zeile 8, lies: Sergej statt Pavel (Petrenko-Lunev). Seite 250, Anm. 14: Ergänze als Belegstelle zum Adam-Zitat: Adam, wie Anm. 10. Seite 374, Ergänzung im Personenregister: Zinov'ev, Grigorij E. (1883-1936), Sowjet. Partei- und Kominternfunktionär 29. Seite 375, Bildnachweis für Abb. 4: Der Name Hans Hackmack ist zu streichen.
Vorwort des Herausgebers
Die Zusammenarbeit zwischen der Reichswehr und der Roten Armee in den zwanziger und beginnenden dreißiger Jahren gilt in der Sowjetunion als »eines der bestgehüteten Geheimnisse zeitgenössischer Geschichte«. Diese Feststellung der Kommunistin Ruth Fischer aus dem Jahre 1948 traf nahezu uneingeschränkt bis vor wenigen Jahren zu. Kein Wunder auch, daß westliche Forscher dieses Feld beherrschten und die sogenannte Rapallolegende ins Kraut schoß. Historiker der Bundesrepublik sahen sich in der undankbaren Bringschuld, gegen diese Legende anzuschreiben. Und ihre Kollegen in der ehemaligen DDR waren bestrebt, den Sowjetstaat vom vermeintlichen Makel einer Verbindung zum deutschen Militarismus reinzuwaschen. Erst der Zerfall des sowjetrussischen Reiches, verbunden mit der allmählichen Öffnung von Archiven, führte zu einer schrittweisen Revision der Geschichte in Rußland, so daß auch die vielumrätselte geheime militärische Zusammenarbeit zwischen Moskau und Berlin nach dem Ersten Weltkrieg ihren Tabu-Charakter verlor. Und es kann schon als Sensation betrachtet werden, daß 1992 eine russsische Quellenedition zu diesem Thema veröffentlicht wurde. Manfred Zeidler hat in seiner an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt angefertigten Dissertation die neue Situation in der ehemaligen Sowjetunion genützt, die neuesten Veröffentlichungen aus den nun erstmals zugänglichen Archivbeständen so weit wie möglich ausgeweitet und eine höchst informative, viele bisherige Vorstellungen korrigierende Analyse der deutsch-sowjetischen Militärbeziehungen in der gesamten Zeit der Weimarer Republik vorgelegt. Beide Partner befanden sich am Ende des Ersten Weltkrieges in einer vergleichbaren Ausgangssituation. Beide zählten zu den Verlierern des Krieges. Revolution und Bürgerkrieg veränderten Regierungsform und generell die politisch-soziale, aber auch wirtschaftliche Grundordnung. Beide schließlich wurden als »Parias« des internationalen Systems abgestempelt und ausgegrenzt. Der Verfasser kann die daraus resultierende vergleichbare Interessenlage beider Staaten ableiten. Die Streitkräfte des von Kriegen und inneren Krisen gezeichneten Sowjetrußlands benötigten dringend eine neue Militärdoktrin sowie technologische Innovation. Die Armee des preußisch-deutschen Kaiserreiches galt als Vorbild für die notwendigen Militärreformen. Und Lenin regte sogar eine intensive Clausewitz-Rezeption an. Die Armee der Weimarer Republik sah sich auf ein 100000-Mann-Heer mit 12jähriger Dienstzeit reduziert. Jegliche Angriffswaffen waren ihr verboten, und eine Interalliierte Militär-Kontrollkommission schuf ein schier lückenloses Uberwachungssystem. Es erschien daher den militärischen Führungskräften der beiden unterschiedlichen Staaten als naheliegend, möglichst bald Kontakte für eine produktive Zusammenarbeit zu knüpfen. Dies geschah unter größter Geheimhaltung bereits zwei Jahre vor dem politischen Abkommen von Rapallo, das militärpolitisch nur bescheidene Ergebnisse aufzuweisen hatte.
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Vorwort des Herausgebers
Wesentlich ergiebiger gestalteten sich die Beziehungen in der Locarno-Ära und dann besonders in der Zeit zwischen 1928 bis 1932. Die aufgehobene interalliierte Kontrolle begünstigte gemeinsame Rüstungsprojekte, Offizieraustauschprogramme, Inspektorenreisen und schließlich Manöverbesuche. Diese sich intensivierende Zusammenarbeit, die keineswegs konfliktfrei, aber für beide Seiten von Vorteil war, endete im Jahre 1933 mit der Regierungsübernahme Hitlers. Eine deutsch-sowjetische Kooperation war unvereinbar mit der nationalsozialistischen Politik, die Lebensraumeroberung im Osten forderte und schließlich einen erbarmungslosen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion führte. Manfred Zeidlers Arbeit, die 1991 mit dem Moritz-von-Bethmann-Preis ausgezeichnet wurde, ist ein wichtiger Beitrag, deutsch-sowjetrussische Vergangenheit aufzuarbeiten, und sollte dazu auffordern, eine friedliche Nachbarschaft unserer beider Völker aufzubauen und zu erhalten.
Dr. Günter Roth Brigadegeneral und Amtschef des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes
Vorwort
Am Ende des Ersten Weltkrieges herrschte zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrußland ein Zustand, der gelegentlich als »tabula rasa« (H. G. Linke) bezeichnet worden ist: Auf deutscher Seite verhielt sich der Rat der Volksbeauftragten der »russischen Frage« gegenüber abwartend, und in der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) herrschte die Erwartung vor, daß in Deutschland eine sozialistische Revolution unmittelbar bevorstehe, die grundstürzende Weltrevolution also nur noch eine Frage der Zeit sei. Zwei Jahre später, im Winter 1920/21, befand sich der junge Sowjetstaat am Ende eines verheerenden Bürgerkrieges in einer solchen Existenzkrise, daß den Verantwortlichen nichts anderes übrig blieb, als um die Mitarbeit der »kapitalistischen« Welt am Wiederaufbau Rußlands zu werben und dem Sowjetstaat eine Periode der Ruhe zu verschaffen. Bei dem Bemühen Moskaus um eine Belebung der wirtschaftlichen Außenbeziehungen und damit auch um eine Erweiterung des diplomatischen Spielraumes kam dem Deutschen Reich ein besonderer Stellenwert zu. Beide Staaten haben die Degradierung durch das Versailler System jedoch nicht nur zur Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und politischem, sondern auch auf militärischem Gebiet genutzt. Seit der »Manchester Guardian« am 3. und 6. Dezember 1926 über geheime Beziehungen zwischen der Reichswehr, den Junkers-Flugzeugwerken und der Sowjetregierung berichtete und der sozialdemokratische Abgeordnete Philipp Scheidemann wenige Tage später, am 16. Dezember 1926, in einer aufsehenerregenden Rede vor dem Reichstag das undurchsichtige Zusammenspiel von deutschen und russischen Militärs in Fragen der Rüstungspolitik anprangerte, gehörte die geheime Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee zu den skandalumwitterten, von der politischen Publizistik immer wieder einmal gebrandmarkten, von der Geschichtswissenschaft indessen nie wirklich geklärten Affären der deutschen und sowjetrussischen Zeitgeschichte. Die politische Brisanz dieser militärischen Kooperation läßt sich schon daraus ersehen, daß der damalige deutsche Außenminister Gustav Stresemann, dem am 10. Dezember 1926 der Friedensnobelpreis zugesprochen wurde, gerade in Genf mit dem Völkerbundsrat über einen Abzug der interalliierten Militärkontrolleure aus Deutschland verhandelte, als die geheime militärische Allianz zwischen Berlin und Moskau zum Gegenstand der öffentlichen Diskussion wurde. Die Darlegungen im »Manchester Guardian« verfolgten daher auch den Zweck, Beweise für deutsche Verstöße gegen die Entwaffnungsbestimmungen des Versailler Vertrages vorzulegen. Hingegen wollte Philipp Scheidemann zeigen, daß das bolschewistische Rußland ganz ungeniert mit der seiner Meinung nach verkappt monarchistischen Reichswehrführung konspirierte, um mit diesem Nachweis der zweigleisigen Politik des sowjetkommunistischen Staates — der ihm zugleich die Bestätigung für ein Bündnis der rechts- und linksradikalen Feinde der Weimarer Demokratie war — den von der KPD erzeugten propagandistisch-politischen Druck von seiner Partei zu nehmen.
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Vorwort
Die genannten Beispiele zeigen, daß das Thema »Reichswehr und Rote Armee« auf eine sehr komplexe Weise verschiedene Probleme der Weimarer Republik miteinander verbindet: Eher vordergründig sind die rüstungswirtschaftlichen und waffentechnischen Aspekte, weit bedeutsamer die bündnispolitischen und militärstrategischen Auswirkungen auf das damalige europäische Staatensystem, beachtenswert schließlich auch parteitaktische, verfassungspolitische und sozialgeschichtliche Gesichtspunkte. Es mag mit dieser Komplexität des Themas zusammenhängen, daß die Frage der deutsch-sowjetrussischen Militärbeziehungen in den 20er und 30er Jahren von der historischen Forschung zwar in einschlägigen Detailstudien zur Außenpolitik der Weimarer Republik immer wieder einmal gestreift worden ist, eine zusammenfassende und erschöpfende Darstellung aber — gewiß auch bedingt durch die bis vor kurzem außerordentlich disparate Quellenlage — bisher fehlte. Der Verfasser dieser überarbeiteten Frankfurter Dissertation sorgt nunmehr insofern für gründliche Abhilfe, als er die konkreten Formen, die Inhalte und Motive sowie das gesamte Ausmaß dieser bemerkenswerten militärischen Kooperation umfassend rekonstruiert. Dabei hat er die sozialgeschichtlichen Implikationen des Themas, aber auch die damit zusammenhängenden Fragen des diplomatischen Kalküls und der internationalen Interessen nicht aus den Augen verloren. So wird z. B. in überzeugender Weise nachgewiesen, daß die sowjetische Führung zu Jahresbeginn 1925 ihre militärischen Beziehungen zur Reichswehr zu einer Gegenstrategie gegen die zunehmende Westorientierung der Weimarer Außenpolitik nutzte. Der durchgehend hohe Informationswert der Untersuchung ist dort besonders groß, wo die konkrete Ereignisgeschichte der militärischen Kooperation abgehandelt wird und vom Aufbau sowie von der Organisation und der Funktionstüchtigkeit der deutschen Ausbildungsstützpunkte auf russischem Boden die Rede ist. Der Ausbildungsbetrieb der als »Jungmärker« getarnten deutschen Flugschüler, die Waffenerprobung unter Gefechtsbedingungen und die Schulung qualifizierten technischen Personals machten die deutschen Stationen tatsächlich zu Laboratorien moderner Kriegstechnik. Es kann nunmehr unter Beweis gestellt werden, daß es sich namentlich bei dem Luftwaffenstützpunkt von Lipeck und bei der Panzerschule von Kazan' nicht nur um »Kinderspielzeuge« ohne große militärische Bedeutung gehandelt hat, sondern vielmehr um die unerläßliche Grundlage für die rasche Aufrüstung von Panzertruppen und Luftwaffe in Deutschland nach 1933 einerseits, wie für den hohen technischen Standard der Roten Armee in der Ära Tuchacevskij andererseits. Dem Autor kommt das Verdienst zu, für ein lange Zeit geheimnisumwittertes und politisch umstrittenes Kapitel der deutsch-russischen Beziehungen endlich eine wissenschaftlich fundierte und damit grundlegende Darstellung vorgelegt zu haben. Die mit Liebe zum Detail geschriebene Untersuchung erweist sich vor allem in dreierlei Hinsicht als bemerkenswert: Zum ersten erfaßt sie Vorgeschichte, Verlauf, Inhalt, Umfang und Bedeutung der deutsch-sowjetrussischen Militärbeziehungen in der Phase der Weimarer Republik in vollständiger und damit vorerst abschließender Weise, wobei die politischen Rahmenbedingungen stets die gebührende Beachtung finden. Zum zweiten eröffnet die Darstellung aufschlußreiche Einblicke in die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der
Vorwort
13
Roten Armee wie der Reichswehr, insbesondere auf den Gebieten der Militärtechnik, der militärischen Ausbildung sowie der Militärtheorie. Zum dritten schließlich zeichnet sich die Arbeit dadurch aus, daß erstmalig in beträchtlichem Umfange sowjetrussische Quellen und Literatur ausgewertet werden konnten. Insgesamt gesehen, handelt es sich um einen so gewichtigen Beitrag zur Klärung eines speziellen Problems der deutschen wie der sowjetrussischen Militär- und Diplomatiegeschichte, daß die immer wieder geforderte Gesamtdarstellung der militärischen Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Reich und Sowjetrußland nunmehr als in optimaler Weise realisiert gelten kann. Der hohe wissenschaftliche Wert der Arbeit ist von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a.M. mit der Verleihung des Moritzvon-Bethmann-Preises 1991 an den Verfasser gewürdigt worden.
Bonn, im September 1992
Alexander Fischer
Die vorliegende Untersuchung wurde von den philosophischen Fachbereichen der Frankfurter Johann-Wolfgang-Goethe-Universität mit dem Moritz-von-Bethmann-Preis für das Jahr 1991 ausgezeichnet.
Dem Andenken meines Vaters, dem Andenken Kirsti Poijulas
Vorbemerkungen des Autors
Zuweilen wird die Geschichtsschreibung selber von geschichtlichen Umbrüchen eingeholt. So erging es auch der vorliegenden Studie. Als zu Anfang der 80er Jahre die erste Quellensichtung begann, war noch nicht im entferntesten absehbar, daß in überschaubarer Zeit sowjetrussische Archive ihr Dokumentenmaterial diplomatischer und militärischer Provenienz für die Öffentlichkeit freigeben könnten. Der Autor selbst hatte zuletzt noch im Herbst 1987 auf seine Benutzungsanfrage von der Abteilung für Auslandsbeziehungen der staatlichen sowjetischen Archiwerwaltung die definitive Auskunft erhalten, daß im Moskauer >Zentralen Staatsarchiv der Sowjetarmee< Dokumente zu dem betreffenden Thema nicht vorhanden seien. Inzwischen hat neben anderen Veröffentlichungen der Jahre 1990/91 nicht zuletzt die umfangreiche Quellenpublikation der beiden Moskauer Historiker Jurij D'jakov und Tat'jana Busueva vom Frühjahr 1992 die Unwahrheit der damaligen Behauptung erwiesen. Um so mehr hat sich der Autor in mehreren Überarbeitungsstufen des Druckmanuskripts darum bemüht, bis zum letztmöglichen Zeitpunkt alles ihm erreichbare sowjetische Quellenmaterial in seiner Darstellung zu verarbeiten. Die vorliegende Arbeit ist die in einzelnen Abschnitten überarbeitete Druckfassung einer Frankfurter Dissertation aus dem Jahre 1990. Daß das Manuskript in seinen wesentlichen Teilen vor dem >Epochenjahr< 1989 und den geschichtlichen Umwälzungen in Osteuropa geschrieben wurde, wird der Leser trotz aller aktualisierender Überarbeitungen an der einen oder anderen Stelle bemerken. Der Autor ist einer ganzen Reihe von Personen und Institutionen zu Dank verpflichtet. Genannt seien das Bundesarchiv Koblenz, das Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg, hier besonders Dr. Karl-Volker Neugebauer sowie Frau Katharina Toth von der dortigen Bildabteilung, ferner das Politische Archiv des Auswärtigen Amts in Bonn und seine Leiterin, Frau Dr. Keipert, das ehemalige Zentrale Staatsarchiv der DDR in Potsdam und das frühere Militärarchiv der DDR ebendort. Weiter seien erwähnt das Institut für Zeitgeschichte in München und das Historische Archiv der Friedrich Krupp-AG in Essen, dessen Leiterin, Frau Dr. Köhne-Lindenlaub, ich für ihre besondere Hilfsbereitschaft zu danken habe, sowie Herr Prof. Ermacenkov vom Moskauer Institut für Militärgeschichte, der mir zwei, erst jüngst erschienene russische Veröffentlichungen zugänglich machte. Des weiteren gilt mein Dank dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg, das die Arbeit in seine Schriftenreihe aufgenommen hat, insbesondere Herrn Dr. Wolfgang Michalka und Frau Christa Grampe, die das Manuskript bis zur Drucklegung betreut haben, sowie Frau Christa Gudzent vom früheren Militärgeschichtlichen Institut der DDR in Potsdam, die die umfangreiche Lektoratsarbeit geleistet hat. Im besonderen zu Dank verpflichtet bin ich meinem Betreuer und akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Alexander Fischer, der vor nunmehr einem guten Jahrzehnt durch eine Frankfurter Seminarveranstaltung den Anstoß zu dieser Arbeit gegeben und seitdem ihren Fortgang mit steter Aufmerksamkeit und hilfreichem Engagement gefördert
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Vorbemerkungen des Autors
hat. Dank schulde ich ebenso Herrn Dr. Dieter Rebentisch, der das Zweitgutachten übernommen hat, sowie Frau Renate Horst vom Seminar für Osteuropäische Geschichte der Universität Bonn, die freundlicherweise die Anfertigung des Personenregisters besorgte. Zu guter Letzt gilt meine Dankbarkeit meinem Vater, der einen unmittelbaren Anteil an der Entstehung der Arbeit hatte, indem er mir, dem Angehörigen der >Antiqua-GenerationEntziffern< zahlreicher archivalischer Frakturhandschriften entscheidend geholfen hat. Leider hat er das Erscheinen des Buches nicht mehr erleben können. Seinem Andenken sowie dem meiner verstorbenen Lebensgefährtin, an die und an unsere gemeinsamen Jahre die Arbeit mich stets erinnern wird, ist dieses Buch gewidmet.
Frankfurt am Main, im November 1992
Manfred Zeidler
Einleitung — Forschungsstand und Quellenlage
»No authentic and comprehensive history of German-Soviet military collaboiation during the Reichswehr period exists today, nor will it presumably ever be written«, schrieb im Sommer 1949 während seiner Landsberger Haftzeit der frühere Fliegergeneral Helm Speidel in einer für die US Historical Division bestimmten Studie unter dem Titel: >The Reichswehr and Soviet RussiaThe Red Army< verarbeitet hatte8. Dazu kamen in den ersten Nachkriegsjahren die publizistischen Beiträge des ehemaligen Abwehroffiziers Friedrich Wilhelm Heinz unter dem Pseudonym Horst Falkenhagen, das Buch H. R. Berndorffs über den General v. Schleicher sowie die Erinnerungen Herbert v. Dirksens und Wipert v. Blüchers9. Die ersten Arbeiten auf gesicherter dokumentarischer Grundlage mußten nach 1945 aus dem angelsächsischen Bereich kommen. Im Novemberheft des >Monat< veröffentlichte Julius Epstein 1948 erstmals Originaldokumente aus dem Seeckt-Nachlaß. Kurz darauf, im Frühjahr 1949, präsentierte George W. F. Hallgarten im Journal of Modern History< eine erste Auswertung des Nachlasses unter dem Titel: »General Hans v. Seeckt and RussiaMezdunarodnaja zizn'< in ihrer Juninummer 1990 erstmals eine Quellenpublikation mit bislang unbekannten Dokumenten aus dem Archiv des Außenministeriums, und Anfang 1992 erschien sogar eine größere selbständige Edition von Dokumenten militärischer Provenienz37. Eine Anfrage auf Benutzung des Moskauer Zentralen Staatsarchivs der Sowjetarmee (Central'nyj Gosudarstvennyj Archiv Sovetskoj Armii), wo das gesamte militärische Uberlieferungsgut bis einschließlich 1940 verwahrt ist, wurde zuletzt im Sommer 1987 mit der Antwort beschieden, daß Dokumente zu dieser Thematik dort »nicht zu ermitteln« wären (ne obnaruzeno). Aus diesem Grund könnten auch keine Fragen dazu beantwortet werden38. Immerhin war die Redaktion des >Voenno-istoriceskij zurnal< freundlicherweise bereit, dem Verfasser in einigen Fällen Auskunft zu geben. In diesem Zusammenhang erscheint es bemerkenswert, daß Günter Rosenfeld schon 1984 die bis dahin weitgehende Tabuisierung des militärischen Teils der deutsch-sowjetischen Beziehungen in der DDR durchbrochen hat und auf der Basis des westlichen Forschungsstands vergleichsweise ausführlich darauf eingegangen ist39; zumal eine fast zeitgleiche Publikation des Ostberliner Militärverlags lediglich von einer »zeitlich wie sachlich streng begrenzten Zusammenarbeit« beider Armeen sprach, die mit der militärischen Erstarkung des Sowjetstaats zunehmend an Bedeutung verloren habe und 1933 völlig eingestellt worden sei40. Leider besitzen, wie sich der Verfasser nach vielen vergeblichen Versuchen erst im Frühjahr 1990 überzeugen konnte, weder das Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, noch das Bundesarchiv, Militärisches Zwischenarchiv in Potsdam, nennenswertes Originalmaterial zu diesem Komplex. Um so wichtiger sind die Bestände des Freiburger Bundesarchiv-Militärarchivs und des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts in Bonn. Wenngleich von der Masse der militärischen Überlieferung vor 1945 nur ein kleiner Teil den Krieg überdauert hat, haben 37
38 39
40
Sovetsko-germanskoe voennoe sotrudnicestvo v 1920—1933 godach, in: MZ, (1990) 6, S. 107—124; A. A. Achtamzjan, Voennoe sotrudnicestvo SSSR i Germanii 1920—1933 gg., in: NNI, (1990) 5, S. 3—24. Vgl. auch B. M. Orlov, V poiskach sojuznikov: Komandovanie Krasnoj Armii i problemy vnesnej politiki SSSR v 30-ch godach, in: VI, (1990) 4, S. 40—53. Die jüngste militärische Quellenedition ist: Ju.L. D'jakov/ T.S. Busueva, Fasistskij mec kovalsja v SSSR. Krasnaja Armija i Rejchsver. Tajnoe sotrudnicestvo 1922—1933. Neizvestnye dokumenty, Moskau 1992. Bescheide vom 14. u. 26.10.1987 an den Verfasser. G. Rosenfeld, Sowjetrußland und Deutschland, Köln 1984, Bd 1 (1917-1922), S. 299-303, Bd2 (1922-1933), S. 2 6 7 - 2 7 8 . P. Bachmann/K. Zeisler, Der deutsche Militarismus. Illustrierte Geschichte, Bd 2 (Ost-)Berlin 1983, S. 157. K. Nuß, Militär und Wiederaufrüstung in der Weimarer Republik, (Ost-)Berlin 1977, S. 189f., hielt die Tatsache für belegt, »daß sich die Aktivitäten auf den verschiedensten Gebieten der militärischen Wiederaufrüstung nahezu ausschließlich auf deutschem Boden vollzogen«. Die aus durchsichtigen politischen Gründen im Westen hochgespielten deutsch-sowjetischen Beziehungen im militärischen Bereich hätten »allein von der Sache her nur untergeordnete Bedeutung« besessen. Der jüngste Beitrag von E. Doehler, Die Entlarvung der geheimen Rüstung in der Weimarer Republik als Teil des Antikriegskampfes der KPD, in: MG, 29 (1990) 1, S. 41—47, behandelt das Thema ganz in den herkömmlichen Bahnen, speziell S. 42.
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Einleitung — Forschungsstand und Quellenlage
sich doch einige wenige Akten aus den Registraturen des Reichswehrministeriums vor 1935 erhalten. Wichtig für das vorliegende Thema ist vor allem die Bestandsgruppe der Waffeninspektionen (R 12), darunter die seit 1929 für die geheime Luftrüstung zuständige Inspektion 1 (Waffenschulen), wo sich Schlüsselakten zur Aufbaugeschichte der Luftwaffe vor 1933 erhalten haben. Ahnliches gilt für verschiedene Aktenbände der seit 1923 in allen Kampfgasfragen federführenden Artillerieinspektion (In 4). Gleichfalls von Bedeutung ist die Bestandsgruppe RH 8 des früheren Heereswaffenamts mit einigen erhalten gebliebenen Unterlagen der für die Erprobung von Fluggerät zuständigen Waffenprüfabteilung 8 (Wa.Prw. 8). Dieses Material wird ergänzt durch bruchstückhafte Aktenbestände der Heeresleitung (RH 1) und des Truppenamts (RH 2) sowie wenige Uberlieferungen der Reichsmarine. Im Unterschied zu den militärischen Akten sind die diplomatischen aus den Registraturen des alten Auswärtigen Amts trotz mancher Kriegseinwirkung zum Großteil erhalten geblieben. Hier sind besonders die Bestände des Minister- und des Staatssekretärbüros von Bedeutung, ergänzt um die noch weitaus detailreicheren Handakten der Ostabteilungsdirektoren, die Papiere Brockdorff-Rantzaus und Stresemanns sowie einige Bände der Rußland betreffenden Geheimakten des Zeitraums 1920—1936. Auch die vorhandenen Bestände der Botschaft Moskau und die im Koblenzer Bundesarchiv verwahrten Akten der Reichskanzlei (Bestandsgruppe R 431) bergen einiges an Material. Aus der Gruppe des nichtstaatlichen Schriftguts kommen verschiedene Dokumente aus dem Nürnberger Krupp-Prozeß von 1949 in Frage. Während das Kruppsche Firmenarchiv noch manches an Ergänzungen dazu birgt, ist nach Auskunft von Rheinmetall das Archiv des Unternehmens mit den Geschäftsunterlagen der Zeit vor 1933 im Krieg vernichtet worden41. Zum amtlichen und halbamtlichen Material kommen ca. ein Dutzend politischer und militärischer Nachlässe sowie persönliche Aufzeichnungen und Befragungen aus dem umfangreichen Zeugenschrifttum des Münchener Instituts für Zeitgeschichte. Die Zufälligkeit der Uberlieferung gerade bei den militärischen Quellen hat es mit sich gebracht, daß — wie etwa auf dem Luftrüstungssektor — vorwiegend Sachakten technischer Dienststellen erhalten geblieben sind. So gibt es z. B. unter den unzähligen technischen Ausrüstungs- und Ersatzteilen, die in den Jahren 1929 oder 1932 zum Flugzentrum Lipeck transportiert wurden, kaum ein Stück, das heute nicht aktenmäßig belegbar wäre. Allgemeinere oder militärpolitisch relevante Informationen müssen dabei, soweit überhaupt möglich, herausgelesen und faktische Zusammenhänge, gelegentlich mit Hilfe von Plausibilitätsschlüssen, indirekt rekonstruiert werden. Die Lückenhaftigkeit und Heterogenität des Quellenmaterials stellt die Darstellung vor eine Reihe methodischer Probleme. Nicht nur, daß aus so unterschiedlichen Textgattungen wie privaten und amtlichen Schriftwechseln, Aktennotizen, Gesprächsprotokollen, Tagebüchern, Zeugenvernehmungen und juristischen Schriftsätzen eindeutige Zusammenhänge und Geschehnisabläufe gewonnen werden müssen. Zu sehr kontrastieren die 41
Schriftliche Auskunft vom 6 . 6 . 1 9 8 8 .
Einleitung — Forschungsstand und Quellenlage
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Zeitdokumente in ihrer für heutige Augen oftmals naiv anmutenden Unmittelbarkeit mit der auffällig kritischen Distanz später niedergeschriebener Erinnerungsberichte. Allzu stark unterscheidet sich die Sichtweise des handelnden von der des rückschauenden Betrachters. Der Historiker wird hier stellenweise um eine Gewichtung des Quellenstoffs nach den Maßstäben der Authentizität nicht herumkommen, um im Sinne Droysens »die Evidenz des Materials herzustellen« 42 . Die vorliegende Arbeit will auf der heute (1992) gegebenen Quellen- und Literaturbasis ein Gesamtbild der militärischen Zusammenarbeit in der Form einer untersuchenden Darstellung präsentieren. Ihr Ziel ist es dabei, diese Zusammenarbeit vorrangig von der jeweiligen Ausgangslage, den Bedürfnissen und Entwicklungsbedingungen der beiden Armeen her zu verstehen. Es geht darum, deutlich zu machen, in welchem Maße vom rein Militärischen her Grundlagen gegeben waren, die unabhängig von revisions- oder gleichgewichtspolitischen Kalkülen eine solche Kooperation über mehr als ein Jahrzehnt lang zu tragen vermochten. Von daher ergibt sich auch, daß das Hauptaugenmerk auf die realen Leistungen und Ergebnisse dieser Zusammenarbeit gelegt wurde. Eine Reihe von zentralen Fragestellungen leitet die Darstellung. Gab es im Rahmen dieser Zusammenarbeit ein Maß an Offenlegung der gegenseitigen Wehrstrukturen, daß die Sicherheit beider Partner notwendigerweise aneinander gebunden wurde? Hatten beide Länder ein sicherheitspolitisches Interesse an der verstärkten Aufrüstung des anderen mit der erklärten Absicht, diese aktiv zu fördern? Oder diente die militärische Kooperation, wie Günter Rosenfeld 1984 behauptete, der Sowjetunion vorrangig nur »als ein Zeichen dafür, inwieweit das imperialistische Deutschland noch weiterhin auf Rapallokurs steuerte«43? Mit anderen Worten: War das Politische oder das Militärische dabei ausschlaggebend? Zwei andere wichtige Fragen betreffen das Wechselverhältnis der Militärbeziehungen mit der deutschen Locarnopolitik und die widersprüchliche Deutschlandpolitik Moskaus im Jahre 1923 zwischen Ruhrkampf und >Deutschem Oktobern Die in der Forschung bis heute offengebliebene Frage, von welcher Seite letztlich die Initiative zur Anbahnung der militärischen Beziehungen ausgegangen ist, läßt sich durch die amtlichen Dokumente nicht zweifelsfrei klären. Klarheit könnte in diesem Punkt deutscherseits nur der persönliche Nachlaß des letzten kaiserlichen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Admiral Paul v. Hintze, liefern, dessen Benutzung dem Verfasser trotz mehrfacher Bitten leider verwehrt wurde.
42 43
J . G . D r o y s e n , Historik, München-Berlin 1943, S.277. Wie Anm. 39, B d 2 , S. 277 £. Für Nuß hingegen, wie Anm. 40, S. 190, betrieben die sowjetischen Verantwortlichen die militärischen Beziehungen zu Deutschland aus dem Grunde, »Erfahrungen in der Entwicklung des modernen Militärwesens für die Stärkung der Verteidigungskraft des Sozialismus auszunutzen«.
I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
1. Das Deutsche Reich und Sowjetrußland zwischen Versailles und Rapallo »Die Spaltung im Lager des Imperialismus und die Fesselung des einen Feindes Sowjetrußlands durch die Hände des anderen [ist] der Hauptfaktor der ganzen Geschichte der äußeren Politik Sowjetrußlands«, schrieb Karl Radek, der Deutschlandexperte der Komintern, in den Tagen zwischen den Konferenzen von Genua und Haag im Sommer 19221. Wie Lionel Kochan schon 1953 bemerkte, markierte erst der polnisch-sowjetische Krieg von 1920 den Beginn einer regulären Außenpolitik des Sowjetstaates2. Das Verständnis von Außenpolitik war bis zu diesem Zeitpunkt noch durchaus revolutionär. Trockij sah Ende 1917 seine Aufgabe als Volkskommissar des Äußeren nicht im diplomatischen Tagesgeschäft, sondern nach seinen eigenen Worten darin, »einige revolutionäre Proklamationen an die Völker [zu] erlassen und dann die Bude [zu] schließen« 3 . Auch sein Nachfolger, Georgij Vasil'evic Cicerin, bestätigte noch im Rückblick auf 1919: »In jenem Jahr sandten wir den Regierungen weniger Noten, hingegen den arbeitenden Massen mehr Aufrufe«4. Das militärische Debakel vor Warschau im August 1920 bedeutete einen tiefgreifenden Einschnitt. »Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, daß diese Niederlage ein Wendepunkt in der Geschichte der ersten Phase der proletarischen Revolution war«, schrieb Radek im Herbst 1922 im Rückblick auf die Ereignisse5. Schon im Jahr 1919 finden sich die frühesten Ansätze eines Koexistenzdenkens in der sowjetischen Außenpolitik, als Radek in seinem Berliner politischen Salon< begann, sich Gedanken über die Zukunft des deutsch-russischen Verhältnisses zu machen. Zu einer Zeit, da Georgij Zinov'ev und Cicerin noch mit revolutionären Aufrufen Politik zu machen versuchten, schrieb Radek Ende d.J. in Maximilian Hardens Zeitschrift >Die Zukunftc »Solange die Weltrevolution nicht alle kapitalistischen Staaten ergreift (und das kann nicht auf einmal geschehen), sind die sozialistischen Staaten darauf angewiesen, aus politischen wie aus wirtschaftlichen Gründen einen Modus vivendi für ihre Beziehungen zu suchen6.« Nach seiner Rückkehr Anfang 1920 propagierte Radek sein politisch-ökonomisches Koexistenzdenken auch zu Hause und schrieb in einer Broschüre über den sozialistischen 1 2
3 4 5
4
K. Radek, Nach Genua und Haag, Hamburg 1922, S. 4. L. Kochan, Russia and the Weimar Republic, London 1953; dt.: Rußland und die Weimarer Republik, Düsseldorf 1955, S.33ff. L. Trotzki, Mein Leben, Berlin 1990, S. 306. Zitiert nach Kochan, wie Anm. 2, S. 29. K. Radek, Die Offensive des Kapitals, in: Protokolle des Vierten Kongresses der Kommunistischen Internationale Petrograd-Moskau 5. November—5. Dezember 1922, Hamburg 1923, S. 301. Zitiert nach D. Möller, Radek in Deutschland, Köln 1976, Dok. 15 (S. 169).
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
Wirtschaftsaufbau vom Frühjahr 1920, die Sowjetrepublik werde »sich die größte Mühe geben, alles, was ihr die sterbende kapitalistische Welt auf dem Gebiet der Technik geben kann, zu erhalten7«. Lenin hingegen betrachtete zur selben Zeit den Kapp-Putsch noch als die deutsche Kornilovscina und wähnte Deutschland am Vorabend des >OktoberNeuen ökonomischen Politik< (NfiP) im Frühjahr 1921 und das zuvor bereits begonnene Werben um ausländische Wirtschaftskonzessionen bildeten die politischen Wendemarken in diesem Umdenkungsprozeß. Auch in Deutschland gewann zur gleichen Zeit das Koexistenzdenken im Hinblick auf den Sowjetstaat an Boden. Deutsche Industriekreise drängten bereits seit 1919 auf die Wiedergewinnung des russischen Marktes. Vier Wochen nach dem Ende des Wirtschaftsembargos der Entente gegen Moskau richtete Walther Rathenau am 17. Februar 1920 im Namen führender deutscher Industrieller ein Memorandum an Reichspräsident Ebert. Darin war unter Hinweis auf die durch den Versailler Vertrag in Europa geschaffene politische und wirtschaftliche Lage von einer »natürliche[n] Interessengemeinschaft« beider Länder die Rede, die eine Politik des weiteren Abwartens und der handelspolitischen Zurückhaltung gegenüber Rußland und seinem neuen Regime verbiete10. Alexander Parvus-Helphand war es, der im März 1920 in seiner Zeitschrift >Die Glocke< die Grundlinien eines Koexistenzverständnisses gegenüber Sowjetrußland formulierte, wie es in den Jahren darauf vornehmlich für das bürgerliche Lager charakteristisch werden sollte. Da der Bolschewismus, so seine Argumentation, von außen nicht mehr bekämpft werden könne, müsse seine Umgestaltung bzw. Milderung von innen heraus versucht werden, d.h. durch Wirtschaftshilfe, Handelsverkehr und technische Zusammenarbeit. Nicht Boykott, sondern Kooperation laute das Schlüsselwort für die Zukunft der gegenseitigen Beziehungen11. Auf der europäischen Außenministerkonferenz in Genf hat Gustav Stresemann 1927 die Ziele seiner Politik gegenüber Moskau mit nahezu denselben Worten zum Ausdruck gebracht12. 7 8
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11 12
K. Radek, Programm des sozialistischen Wirtschaftsaufbaus, Leipzig 1920, S. 21. Rede bei der Eröffnung des IX. Parteitages am 29.3.1920, in: W. I. Lenin, Werke, Bd 30, (Ost-) Berlin 4 1972, S. 433 f. Unsere außen- und innenpolitische Lage und die Aufgaben der Partei, ebd., B d 3 1 , (Ost-) Berlin 7 1978, S. 407. Abgedruckt in: Deutsch-sowjetische Beziehungen von den Verhandlungen in Brest-Litowsk bis zum Abschluß des Rapallo-Vertrages, Bd2, (Ost-) Berlin 1971, Dok. 81, Zitat S. 188. W. Scharlau/Z. Zeman, Freibeuter der Revolution, Köln 1964, S. 325. G. Stresemann, Vermächtnis, B d 3 , Berlin 1933, S. 151.
1. Das Deutsche Reich und Sowjetrußland zwischen Versailles und Rapallo
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Die Bedeutung der NfiP als einer neuen Epoche innerhalb der Entwicklung Sowjetrußlands wurde auch in der deutschen Reichsregierung bald erkannt. So war es für Außenminister Simons schon Ende April 1921 nicht zu verkennen, »daß die Sowjetregierung in der letzten Zeit eine Art von Evolution durchgemacht« habe, die sie zunehmend in einen Gegensatz zur eigenen kommunistischen Partei geraten lassen müsse. Gerade die kürzlich erst abgelaufene kommunistische Märzaktion in Thüringen fordere, so Simons weiter, »einen Unterschied [zu] machen zwischen Regierung und Partei13«. Der letzte Gedanke, Partei und Komintern als die Träger der kommunistischen Ideologie von der Sowjetregierung als der Repräsentantin des traditionellen russischen Machtstaates zu trennen, bildet einen Schlüssel zum Rußlandverständnis weiter Kreise des bürgerlichen Deutschland in ihrem Bestreben, das Phänomen Sowjetrußland in den alten Mustern einer nationalstaatlichen Psychologie zu deuten. Ein Zweites kam hinzu: der im Zuge des polnisch-sowjetischen Krieges in Deutschland mächtig angeheizte Revisionsgedanke gegenüber Polen. Wie selbst Lenin feststellte, lagen die Sympathien des deutschen konservativen Lagers in jenen dramatischen Sommerwochen des Jahres 1920 eindeutig bei der Roten Armee14. Ernst Troeltsch konstatierte damals »eine Terminologie der Slawophilen« bei zahlreichen Repräsentanten des ostelbischen Adels15, während eine sozialdemokratische Zeitschrift bereits im März 1920 »eine nahezu geschlossene Einheitsfront der Ostorientierung... von den Militärs [...] über das deutsche Bürgertum [...] bis zu den Kommunisten« ausgemacht hatte, wobei sich jede der genannten Gruppen aus höchst eigenen Interessen dafür stark mache16. In der Tat geriet wie kaum eine andere Gruppe das deutsche Militär in den Bann der dynamischen Ereignisse des Sommers 1920, die bei manch einem seiner Vertreter tiefgreifende Umdenkungsprozesse auslösten. Ein prominentes Beispiel dafür war Hans v. Seeckt, seit April 1920 als Chef der Heeresleitung der prägende Gestalter des neuen Reichsheeres. Noch im Frühjahr 1919 als Chef des Grenzschutzes Nord in Ostpreußen war ihm der Bolschewismus als ein »schweres Weltunglück«, »Todfeind allen öffentlichen Lebens« erschienen, der außerhalb jeder Bündnisfähigkeit stand. An den ostpreußischen Oberpräsidenten August Winnig schrieb Seeckt damals im Rückblick auf das Jahr 1918: »Unter den vielen Unbegreiflichkeiten unserer Kriegspolitik ist mir die unbegreiflichste das Verhandeln mit der Sowjetregierung, ihre Anerkennung als Staatsmacht gewesen17.« Noch im Januar 1920 als Chef des Truppenamts im Reichswehrministerium hegte er die Hoffnung, daß eine entschieden antibolschewistische Politik des Reiches sich zugunsten der Reichswehr bezahlt machen könnte: »Wir sind bereit, den Wall gegen den Bolschewismus zu bilden, im eigenen Interesse, das in diesem Fall das der Entente ist. Hierfür sollte sie uns die nötigen Waffen lassen18.« 13 14 15 16 17 18
UF, Bd6, Berlin o.J., S. 575. Lenin, Werke, Bd 31, S. 265 u. 318. E. Troeltsch, Spektator-Briefe, Tübingen 1924, S. 118. Zitiert nach G. Wagner, Deutschland und der polnisch-sowjetische Krieg 1920, Wiesbaden 1979, S. 42 f. Zitiert nach C. Guske, Das politische Denken des Generals v. Seeckt, Lübeck—Hamburg 1971, S. 154. Rabenau, Seeckt, S. 252.
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
Doch schon kurz darauf brach bei Seeckt das alte, an der machrpolitischen Staatenwelt der Bismarck-Ära orientierte Denken durch. In seiner Niederschrift Deutschland und Rußland< vom 4. Februar d.J. hieß es wörtlich: »Nur im festen Anschluß an ein GroßRußland hat Deutschland die Aussicht auf Wiedergewinnung seiner Weltmachtstellung.« Auch wenn die Ententemächte mit allen Mitteln dagegen arbeiteten, werde letzten Endes aus den beiderseitigen Interessen heraus die deutsch-russische Einigung »eines Tages mit Naturgewalt vollzogen werden«19. Die mehr als ernüchternden Erfahrungen mit den alliierten Unterhändlern auf der Konferenz von Spa Anfang Juli, verbunden mit dem furiosen Vormarsch der Roten Armee auf Warschau, führten bei ihm endgültig zur außenpolitischen Umorientierung in Richtung Osten. Ausgehend von einem bereits am 24. März von Major Friedrich v. Boetticher formulierten Memorandum20, faßte Seeckt seine neugewonnenen Ansichten in einer an den Reichspräsidenten und das Reichskabinett gerichteten Denkschrift vom 26. Juli unter dem Titel »Deutschlands nächste politische Aufgaben< zusammen. »Auf unser Volk wirken die Ideen der russischen Revolution mit mächtiger Anziehungskraft«, heißt es dort. Da ein Kampf gegen Rußland das deutsche Volk innerlich zerreißen und Deutschland jeder äußeren Machtentfaltung berauben würde, müsse eine weitblickende Politik in jedem Falle die Anlehnung an Rußland suchen. Seeckt dachte dabei auch durchaus innenpolitisch. Nach seiner Vorstellung sollte diese Anlehnung jene »einigende Parole« liefern, deren das deutsche Volk in seiner politischen und sozialen Zerrissenheit gerade jetzt besonders bedürfe. Sie vereinige die gesamte Nation unter einem Hut: die Arbeiterschaft wegen der Ideologie, das Bürgertum aus seinen östlichen Wirtschaftsinteressen und die alten aristokratischen Eliten des Kaiserreichs wegen der wiederaufgenommenen Bismarckschen Tradition und der Chance auf Grenzrevision im Osten. Eine außenpolitische Alternative gäbe es für Deutschland nicht: »Auf der Seite der Entente kann es keine Zukunft finden; da bleibt es nach menschlichem Ermessen immer ein Volk, das man ausnutzt, um es arbeiten zu lassen für andere.« Rußland hingegen habe die Zukunft für sich und sei schon wegen seiner »gewaltigen Länder- und Völkermasse unbesiegbar«. Seeckt schlußfolgerte: »Deutschland und Rußland sind also aufeinander angewiesen, wie sie es vor dem Kriege waren. Und wenn Deutschland sich auf Rußlands Seite stellt, so ist es selbst unbesieglich, denn andere Mächte werden dann immer Rücksicht auf Deutschland nehmen müssen, weil sie Rußland nicht unbeachtet lassen können. Stellt Deutschland sich gegen Rußland, so verliert es die einzige Zukunftshoffnung, die ihm nach zwei Kriegen bleibt21.« Daß ihn vom Sowjetstaat, anders als vom monarchischen Rußland, eine Weltanschauung trennte, blieb Seeckt zwar bewußt, spielte jedoch in seinen an der machtpolitischen Ideenwelt des 19. Jahrhunderts orientierten Vorstellungen nur eine untergeordnete Rolle22. 19 20 21 22
H. Meier-Welcker, Seeckt, Frankfurt a.M. 1967, S.294f. Ebd., S. 293 f. Zitiert nach Geßler, Reichswehrpolitik, S. 185—188. Vgl. H. v. Seeckt, Deutschland zwischen West und Ost, Hamburg 1933.
2. Die Reichswehr im Schatten des Versailler Vertrages
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Hinzu kam das formale Staatsverständnis Seeckts und vieler anderer Offiziere, das als Folge der politischen Umwälzung von 1918 den Loyalitätsbegriff von der nur mit Widerwillen akzeptierten Republik löste und ihn an einen seiner gesellschaftlichen Ordnung entkleideten, gleichsam >ewigen< nationalen Machtstaat band. »Der Staat als Idee ist etwas Bleibendes. Die Form des Staates unterliegt organischer Entwicklung«, schrieb Seeckt 1923 in seiner Denkschrift über >Preußen und das Reichewige< Rußland zu sehen, das als Rechengröße im europäischen Mächtekonzert seinen unveränderten Stellenwert besaß. Wie schon Seeckt im Februar 1920, bescheinigte auch Radek im November d.J. der Entente, sie sähe unweigerlich »eine russisch-deutsche Interessengemeinschaft heranreifen«, und fügte ergänzend hinzu: »Wie auch die Entwicklung vor sich gehen würde: in revolutionären oder konterrevolutionären Bahnen24.« Die Entscheidung darüber sollte erst das Jahr 1923 bringen. Einstweilen begannen die Verantwortlichen auf beiden Seiten, den Weg der Annäherung im Sinne Radeks auf konterrevolutionären Bahnen zu beschreiten. Trockij und Cicerin sprachen im November 1921 unisono davon, daß »eine Politik auf weite Sicht, für zehn oder zwanzig Jahre, in Deutschlands und Rußlands Interesse liege«25. Der Volkskommissar für Militär- und Marineangelegenheiten (im weiteren: Kriegskommissar) Trockij unterstrich zur selben Zeit gegenüber dem deutschen Gesandten in Moskau, Kurt Wiedenfeld, die Notwendigkeit eines deutsch-russischen Zusammengehens, »ganz egal, welche Richtung hier oder bei uns am Ruder wäre«26. Jene »groteske >Paarung< zwischen Lenin und Hindenburg«, von der einst Rosa Luxemburg im 11. Spartakusbrief vom September 1918 geschrieben hatte27, begann auf längere Sicht Gestalt anzunehmen. Neben der Industrie standen die Militärs dabei an vorderster Front.
2. Die Reichswehr im Schatten des Versailler Vertrages Das Militär war die vom Versailler Vertrag am härtesten betroffene Institution in Deutschland. Teil V des Vertrages28 enthielt in insgesamt 55 Einzelartikeln die dem Reich auferlegten militärischen Beschränkungen. Die allgemeine Wehrpflicht war nach Artikel 173 abgeschafft, die Streitkräfte mußten als Berufsarmee auf Freiwilligenbasis aufgebaut werden. Artikel 160 bestimmte die Größe und Struktur des Heeres mit maximal 100000 Mann 23 24 25 26 27 28
Zitiert nach Guske, Das politische Denken, S. 268. K. Radek, Die auswärtige Politik Sowjet-Rußlands, Hamburg 1921, S. 73. Zitiert nach P. Scheffer, Augenzeuge im Staate Lenins, München 1972, S. 68. K. Wiedenfeld, Zwischen Wirtschaft und Staat, Berlin 1960, S. 132. R. Luxemburg, Spartakusbriefe, (Ost-) Berlin 1958, S. 458. Die Friedensbedingungen der Alliierten und Assoziierten Regierungen, Berlin 1919, S. 86—105.
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
(davon 4000 Offiziere), gegliedert in 7 Infanterie- und 3 Kavalleriedivisionen, die nach Artikel 162 unter höchstens zwei Korpsstäben, den sogenannten Gruppenkommandos, zusammengefaßt sein durften. Derselbe Artikel 162 verbot den Großen Generalstab, an dessen Stelle das Truppenamt im gleichfalls neugebildeten Reichswehrministerium trat. Die Artikel 174/175 legten die zwölfjährige Dienstzeit für Unteroffiziere und Mannschaften bzw. 25 Jahre für Offiziere fest. Andere Artikel schrieben die Bewaffnung vor. Danach war Deutschland die Produktion und der Besitz von Giftgasen, ebenso deren Import oder Export verboten. Die gleichen Bestimmungen (Artikel 171) galten für »Panzerwagen, Tanks und alle ähnlichen Konstruktionen, die für kriegerische Zwecke verwendbar sind«. Artikel 198 untersagte den Besitz einer Luftwaffe, wieder andere Bestimmungen setzten Höchstgrenzen bei Kriegsschiffen, Festungen und bei der Artilleriebewaffnung. Damit war Deutschland gerade die Beschäftigung mit jenen modernen Kriegsmitteln untersagt, die besonders in der Endphase des Ersten Weltkriegs den Militärs auf beiden Seiten neue Dimensionen der Kriegführung eröffnet hatten. Parallel dazu war dem Reich jeder Rüstungsimport wie -export verboten (Artikel 170) und die Entsendung von Militärmissionen ins Ausland verwehrt (Artikel 179). Selbst die personelle Besetzung von Truppenstäben und die Struktur der Offiziersausbildung waren vorgeschrieben. U m die Einhaltung der Beschränkungen laufend zu überwachen, wurden aus Militärangehörigen der alliierten Mächte spezielle Kontrollorgane, die Interalliierten Militär-Kontroll-Kommissionen (IMKK), gebildet. Diesen war das Recht zugestanden, sich jederzeit frei im Lande zu bewegen und von den deutschen Regierungsstellen alle für ihre Arbeit notwendigen Angaben einzufordern (Artikel 203—210). Seeckts Versuch, auf der Konferenz von Spa Anfang Juli 1920 durch Zugeständnisse an die Alliierten wenigstens ein 200 000-Mann-Heer zu erreichen, blieb ohne Erfolg. Noch am Tag seiner Rückkehr aus Spa legte der Chef der Heeresleitung in einer denkwürdigen Ansprache vom 10. Juli vor den Offizieren des Reichswehrministeriums die aussichtslose Lage seiner Delegation angesichts der alliierten Unnachgiebigkeit dar29. Mit Beginn des Jahres 1921 war das 100 000-Mann-Heer gebildet, kurz darauf erhielt es mit dem Wehrgesetz vom 23. März d.J. seinen endgültigen rechtlichen Rahmen. Was war bis dahin, seit den Tagen des Kriegsendes vom November 1918, geschehen? Wie das politische System beim Ubergang von der Monarchie zur Republik hatte auch das deutsche Militär eine Phase des Ausnahmezustands durchlaufen, die die Rückkehr zur militärischen Normalität unter der neuen republikanischen Ordnung mit schweren Hypotheken belastete. Die gänzliche Unbrauchbarkeit der alten Armee und das Scheitern republikanischer Wehrexperimente an der Jahreswende 1918/19 hatten der entstehenden Republik nur einen Ausweg gelassen, ihren militärischen Schutz sicherzustellen: die Mobilisierung von Freiwilligen aus dem großen Reservoir der sich auflösenden Weltkriegsarmee oder mit anderen Worten, den Weg in die Freikorps. 29
Meier-Welcker, Seeckt, S. 2 8 7 - 2 9 1 .
2. Die Reichswehr im Schatten des Versailler Vertrages
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In ihrer Verbindung von Landsknechtsmentalität und Abenteurertum, archaischer Gefolgschaftstreue und jugendbewegtem Romantizismus repräsentierten die Freikorps weniger eine neue Form regulären Soldatseins als eine besondere Variante des Freischärlertums. Ihrem ganzen Charakter nach waren sie eine bewußte Verneinung des traditionell Militärischen, und ihr auf das Führercharisma gegründetes Gehorsamsverständnis eine Kampfansage gegen den Disziplinbegriff jeder regulären Armee. Trotzdem mußte großteils aus ihrem personellen Reservoir die Bildung der Reichswehr »gegen den Geist des Landsknechtstums« durchgeführt werden30. Rücksichtsloser Kampf gegen die Relikte des Freikorpsgeistes überall, wo diese sich zeigten, hieß dementsprechend die Devise der Heeresleitung in den ersten Jahren der Republik 31 . Dieser Kampf war langwierig und schmerzhaft, zumal er anfangs noch mit der Reduzierung auf die vorgeschriebenen 100000 Mann verbunden war, was ein gefährliches Potential an Unzufriedenheit erzeugte. Die Vorgänge vom Baltikum-Abenteuer 1919 über den KappPutsch und die Ruhrkämpfe von 1920, die oberschlesischen Grenzkämpfe vom Herbst des folgenden Jahres bis zum Krisenjahr 1923 mit seinen verschiedenen Insubordinationserscheinungen waren die Stationen auf dem schwierigen Weg zur regulären Armee. Strikte Entpolitisierung, die kompromißlose Durchsetzung >eiserner Disziplin< innerhalb der Truppe und eines bedingungslosen Gehorsams< gegenüber dem neuen ministeriellen Oberkommando waren die wichtigsten Instrumente der Heeresleitung zur Erreichung dieses Ziels. »Der wilde, rebellische Geist, der im Revolutionsjahr und in den Freikorps entstanden war, lag im Sterben, aber er starb nicht leicht32.« Erst mit der Stabilisierung der Republik ab 1924 war auch die Reichswehr in ihren inneren Verhältnissen so weit gefestigt, daß sie aufhörte, ein potentieller Putschherd gegen die Republik zu sein. Neben den politischen standen die militärischen Probleme der Armee. Ihre zahlenmäßige wie technische Unterlegenheit zwangen zu Kompensationsmitteln. Den Nachteil der zahlenmäßigen Kleinheit auszugleichen diente das Führerheerkonzept, das das Reichsheer als Organisationskern und militärischen Führungskader eines großen Volksheeres oder, wie Reichswehrminister Geßler es 1926 vor dem Reichskabinett ausdrückte, als »das Lehrbataillon eines modernen Heeres« betrachtete33. Die technische Unterlegenheit bedingte eine noch stärkere Konzentration auf den menschlichen Faktor und die Betonung des moralischen Elements im Kriege. An die Stelle der Technik trat die Mobilisierung des >elan vital< durch die starke Hervorhebung des lebenden Kämpfers und seiner physischen und mentalen Qualitäten, wie Initiative, Willensstärke und Improvisationsgabe. Sie bedingte gleichermaßen die äußerste Schonung des wenigen und kostbaren Geräts, die Forderung nach hoher Beweglichkeit, schneller Lageanpassung und auf taktischem Gebiet nach stärkerer Betonung von Bewegung statt Feuer. Die Konsequenz daraus war eine in hohem Maße auf Selbständigkeit und Dezentralisierung ausgerichtete Gefechtsführung, die den Kampfgruppengedanken von 1918 weiterDers., Die geistigen Kräfte in der deutschen Wehrmacht seit Beginn des 20. Jahrhunderts, in: W W R , 7 (1957) 8, S. 500. " Vgl. Rabenau, Seeckt, S . 4 5 8 f . 32 H.J. Gordon, Die Reichswehr und die Weimarer Republik. 1 9 1 9 - 1 9 2 6 , Frankfurt a.M. 1959, S. 226. 33 Wohlfeil/Dollinger, Die deutsche Reichswehr, S. 160. 30
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
führte und die Rolle des militärischen Führers selbst auf unterster taktischer Ebene stark hervorhob34. All diese Dinge bildeten jedoch nur den einen der beiden bestimmenden Grundzüge des federführend von Seeckt geschaffenen und im September 1921 unter dem Titel Führung und Gefecht der verbundenen Waffen< (F. u. G.) in Kraft getretenen Feldreglements des Reichsheeres35. Der andere ergab sich aus der auf längere Sicht drohenden Gefahr, daß die unbesehene Hinnahme der technischen und zahlenmäßigen Unterlegenheit zu einer automatischen Selbstbeschränkung bei der Rezeption moderner militärtheoretischer Entwicklungen und damit zu einer Verengung und Provinzialisierung des militärischen Denkens führte. Seeckt sah die Gefahr, daß ein Offizierskorps, das in der erzwungenen Enge des 100000-Mann-Heeres nur noch in Regiments- oder höchstenfalls in Divisionslagen übte, schnell auf die militärische Gedankenwelt einer Polizeitruppe reduziert werden würde36. Sein Gegenrezept bestand darin, das Reichsheer mit einer Art >Fiktionalismus< dagegen zu wappnen, d. h. mit einer in den Ausbildungs- und Führungsgrundsätzen verankerten Prämisse des >Als-obFührerreisen< der Generalität mit der Simulation möglichst großer operativer Lagen und eine seit 1921 dezentralisiert in den sieben Wehrkreisen laufende geheime Ausbildung von Offizieren für den Generalstabsnachwuchs waren Abhilfen, die jenseits des beschränkten Strukturrahmens dem Reichsheer im quasi embryonalen Zustand bewahren sollten, was eine moderne Zukunftsarmee brauchte. In diesem Sinne war die Reichswehr kein Ziel, sondern ein Weg (Helm Speidel)38; ein Weg, der mit der Zeit seine unverkennbaren Erfolge zeitigte. Das 100000Mann-Heer wurde eben nicht >kleinDrill< (mustra) ganz aus dem Sprachgebrauch verschwinden und der Gehorsam »mittels maximaler Entwicklung der persönlichen Initiative und Selbständigkeit eines jeden Rotarmisten erzielt werden«53, so galten vier Jahre später, im Jahre 1925, ganz andere Grundsätze. Die Armeeführung war dazu übergegangen, den ideologischen Ballast der Anfangsjahre, jetzt pauschal als >Demokratismus< verurteilt, über Bord zu werfen. »Dieser >Demokratismus< ist die schwerste Entstellung aller und jeglicher Grundlagen der Disziplin unserer Roten Armee. Befehl ist Befehl. Das Uberreden und Ermahnen, die Befehle auszuführen, stellen selbst schwerste Verletzungen der Disziplin dar«, erklärte Frunze im November 1924 vor den führenden Politarbeitern der Armee54. Drill galt jetzt nicht mehr als Schimpfwort, vielmehr war nun die Ablehnung des Begriffs »in bedeutendem Maße ein Vorurteil«. Frunze dazu im Januar 1925 vor den Hörern der Kriegsakademie: »Die innere bewußte Disziplin muß unbedingt auch in der äußeren Ordnung zutage treten. Wir müssen diese Ordnung erreichen, und hierfür sind bestimmte Elemente des Drills und des administrativen Drucks unausweichlich55.« Die Devise lautete jetzt: 52 53 54 55
Zitiert nach M.W. Frunse, Über sozialistische Landesverteidigung, (Ost-) Berlin 1977, S. 110f., 123. Ebd., S. 65. Ebd., S. 218. Ebd., S. 285.
3. Die Rote Armee zwischen Demobilisierung und Militärreform
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rücksichtsloser Kampf »gegen alle Erscheinungen von Nachlässigkeit, Lotterwirtschaft und Disziplinlosigkeit«56, und das Schlüsselwort dafür hieß >eiserne Disziplinihre< Einheit zu binden. Eine weitere dringende Aufgabe bestand in der Beendigung des aus dem Bürgerkrieg überkommenen Führungsdualismus zwischen Kommandeur und Kommissar. Ferner brauchte die Armee Dienst- und Feldreglements, in denen die Leitlinien des militärischen Denkens und die Grundsätze von Ausbildung und Führung niedergelegt sein mußten. Voraussetzung dafür war eine eingehende militärwissenschaftliche Analyse sowohl des Bürgerkriegs als auch des Weltkriegs von 1914—1918. Insbesondere ein Problem beschäftigte die sowjetische Militärführung zu jener Zeit: die Erkenntnis, daß, wie Frunze 1922 feststellte, innerhalb der eigenen Reihen »zur Zeit im taktischen und strategischen Denken keine Einheitlichkeit besteht«60. Es waren die Jahre der heftigen Diskussion um die Notwendigkeit einer einheitlichen Militärdoktrin des Sowjetstaats zwischen der Fraktion Trockijs und der Gruppe um Michail Frunze. Vorkriegsansichten Aleksandr Neznamovs aufgreifend61, sah letztere ihr erklärtes Ziel in einer >Armee aus einem GußArmija i Revoljucija< schrieb: »Der Grundzug der deutschen Militärdoktrin [...] ist der außerordentlich klar ausgeprägte Offensivgeist. Die Idee der Aktivität, das Suchen nach der Lösung militärischer Aufgaben durch eine energische, kühne und beharrlich durchgeführte Offensive, durchdringt alle deutschen Reglements und Vorschriften für die höheren militärischen Führer.« Frunze weiter: »Die Erziehung und Ausbildung aller Truppen verlief im Geiste der Offensivtaktik und hatte im Endresultat eine ihrer Struktur und Ausbildung nach derartig vollkommene militärische Kraft herausgebildet, die [...] auf den gigantischen Schlachtfeldern des imperialistischen Krieges in vollem Umfang ihre hervorragenden mili56 57 58 59 60 61
62
Ebd., S. 367. Ebd., S. 284. Ebd., S. 287. Ebd., S. 216. Ebd., S. 99. Vgl. die Diskussion im >Russkij invalid« in den Jahren 1911/12; P.A. Zilin, Russkaja voennaja mysl', Moskau 1982, S. 145 f.; ders., Diskussii o edinoj voennoj doktrine, in: VIZ, 3 (1961) 5, S. 61—74. Frunse, Uber sozialistische Landesverteidigung, S. 109.
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
tärischen Eigenschaften bewies. Welchem Umstand oder wem«, so fragte Frunze, »verdankt Deutschland, daß es über solche qualitativ vortrefflichen Streitkräfte verfügte?« und gab selbst die Antwort auf seine rhetorische Frage, dadurch, »daß es seine Armee auf der Grundlage einer einheitlichen Militärdoktrin< erzogen hat, die entsprechend den Schlußfolgerungen der Kriegskunst geschaffen worden ist«63. Trotz aller Auffassungsunterschiede innerhalb der Armee gab es in den Fragen der Taktik doch eine deutliche Präferenz zugunsten von Offensive und Bewegungskrieg 64 , wie sie Frunze in den militärischen Traditionen Deutschlands so beispielhaft verkörpert sah. Gerade im deutschen militärischen Denken mit seiner starken Betonung von Angriffselan und Moral des lebenden Kämpfers erkannte man im Gegensatz etwa zur technikgläubigen französischen Defensivdoktrin Elemente wieder, die weitgehend den taktischen Erfahrungen des eigenen Bürgerkriegs entsprachen 65 . Frunzes Auffassung von der Überlegenheit des Angriffs, weil »sich allein darin schon der stärkere Wille offenbart« 66 , entsprach ganz den im deutschen Heer von 1914 gültigen Anschauungen. D.A. Petrovskij, der Chef des Ausbildungswesens der Roten Armee, zitierte in diesem Zusammenhang 1923 die Bestimmungen der Seecktschen F.u. G. über die notwendigen Qualitäten eines Truppenkommandeurs und bemerkte, daß dort Eigenschaften gefordert waren, »durch die sich gewöhnlich eine Klasse, die von der Geschichte zum Untergang verurteilt ist, nicht gerade auszeichnet«. Hingegen, so Petrovskij weiter, sei »die revolutionäre Klasse eine Verkörperung des Siegeswillens, während das Hauptmerkmal der Entartung der herrschenden Klasse die Lähmung ihres Willens ist« 67 . So trafen die für das Seecktsche Führerheer geschriebenen Reglements mit ihrer starken Hervorkehrung willensmäßiger Faktoren in der Roten Armee auf eine verblüffende Geistesverwandtschaft. Die F.u. G. war bereits 1922 in Moskau in einer Ubersetzung Aleksandr Snesarevs erschienen. Andere militärische Werke deutscher Autoren folgten. Adolf Hüttmanns >Die Kampfweise der Infanterie< erschien 1925 und im Jahr darauf eine Übersetzung von Friedrich v. Cochenhausens >Handbuch der Truppenführunggemischt-territoriale< Heer konnte nur einen Bruchteil des jährlich anfallenden Kontingents von fast einer Million Wehrpflichtigen in seinen Reihen ausbilden. Um so wichtiger wurde die wehrerzieherische Arbeit paramilitärischer Organisationen wie der 1923 gegründeten OSO und der Aviachim, die 1927 zur Osoaviachim vereinigt wurden. Auch der zentrale Militärapparat erhielt eine neue friedensmäßige Struktur. Die Position des Oberbefehlshabers (glavkom) wurde beseitigt. Neben den in seinen Kompetenzen stark beschnittenen Stab der RKKA (Generalstab) traten die Inspektorate und die Hauptverwaltung innerhalb des Volkskommissariats für Heeres- und Marineangelegenheiten 70 . Das Doppelkommando Kommandeur-Kommissar in den Truppenverbänden wurde zugunsten des Prinzips der Einzelleitung (edinonacalie) abgeschafft. Dort, wo der Kommandeur die Funktion des Kommissars nicht mitübernehmen konnte, trat ihm ein »Stellvertreter für politische Angelegenheiten (sampolit) zur Seite71. Gleichzeitig wurden die ersten Reglements geschaffen. 1925 erschien, von einer Kommission jüngerer Militärs unter dem Vorsitz Michail Tuchacevskijs verfaßt, die erste vorläufige Felddienstordnung der Roten Armee (Vremennyj polevoj ustav 1925 = PU-25), ein unhandliches Kompendium von 441 Seiten mit insgesamt 1531 Einzelbestimmungen. Auch die Teilstreitkräfte — einschließlich der Luftflotte — und Waffengattungen erhielten im selben Jahre ihre ersten vorläufigen Einsatzvorschriften 72 . Für die wissenschaftliche Erforschung aller modernen Kriegserfahrungen wurde im Februar 1925 eine eigene kriegsgeschichtliche Abteilung (upravlenie = Verwaltung) beim Generalstab geschaffen 73 . Ein Problem jedoch konnte selbst die einschneidendste Militärreform nicht lösen: das der technischen Unterentwicklung des Landes und damit auch der Armee. »Unsere technische Zurückgebliebenheit wird von Tag zu Tag immer bedrohlicher«, mahnte Frunze bereits im Herbst 1921; es gelte von jetzt an, die Streitkräfte »um jeden Preis in technischer Hinsicht zu fördern« 74 . Schnelle Abhilfe war hier kaum möglich. Noch 1925 mußte Frunze eingestehen, daß es auf diesem Gebiet schlechter bestellt war als auf jedem anderen Feld der militärischen Aufbauarbeit 75 . Besonders bei den modernen technischen Waffen wie den Luftstreitkräften bestand bis 1925 eine fast totale Abhängigkeit vom Ausland. Bei einer nahezu verschwindenden Eigenproduktion waren in den drei Jahren zuvor über 700 Flugzeuge importiert worden. Erst im Volkswirtschaftsjahr 1925/26 erreichte die heimische Produktion mit 264 Maschinen einen nennenswerten Anteil 76 . Panzerstreitkräfte existierten außer einer geringen Anzahl von ausländischen Beutefahrzeugen aus dem Bürgerkrieg praktisch nur in der Form von Eisenbahnpanzerzügen. Den70 71 72
73 74 75 76
Vgl. I. B. Berchin, Voennaja reforma v SSSR 1924—1925 gg., Moskau 1958, S. 1 4 6 - 1 7 4 . Frunse, Uber sozialistische Landesverteidigung, S. 354—362. M. Grecov, Iz istorii polevych ustavov Krasnoj Armii, in: V I 1 , 5 (1964) 1, S. 9 9 - 1 0 2 ; Berchin, Voennaja reforma, S. 342—365. Letopis' stroitel'stva, in: VIZ, 13 (1971) 2, S. 121. Frunse, Uber sozialistische Landesverteidigung, S. 71. Ebd., S. 345. Ebd., S. 350; A . Boyd, Soviet A i r Force, S. 19.
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
noch beschäftigte sich die Verwaltung des Chefs der Panzerstreitkräfte seit 1921 im Fachorgan >Bronevoe Delo< mit den theoretischen Einsatzmöglichkeiten der neuen Waffe77. Die Annahme, daß ein Krieg aus der Position technischer Unterlegenheit geführt werden müsse, gehörte bis Ende der 20er Jahre zu den selbstverständlichen Orientierungsmustern des militärischen Denkens78. Den daraus erwachsenden Problemen versuchte man mit Kompensationsmitteln zu begegnen. Zum einen durch die starke Betonung des >elan vitalMassenRealisten< und >Fiktionalisten< hob an, die wegen ihrer vielfach noch ungeklärten Zukunftsperspektiven besonders die Militärfliegerei erfaßte. Die vorläufige Vorschrift für den Gefechtseinsatz der Luftstreitkräfte von 1925 beruhte noch ganz auf der von Andrej Sergeev, dem Chef der Luftwaffe während des Bürgerkriegs, entwickelten Hilfswaffenkonzeption85. Von den beschränkten Möglichkeiten des eigenen Landes ausgehend, hatte Sergeev ein der ökonomischen Basis der NfiP-Jahre gemäßes Konzept der Luftstreitkräfte entwickelt. Sein Ziel hieß: Aufbau einer kleinen und vielseitigen Luftflotte ohne teure und technisch aufwendige Bomberwaffe, deren Hauptaufgabe sich auf taktische Frontaufklärung und Bodenunterstützung beschränken sollte. Dagegen formierte sich bereits 1925 eine heftige Kritik aus den eigenen Reihen, die, formuliert von Vasilij Chripin in einem Beitrag für den >Vestnik vozdusnogo flotaRealismus< Sergeevs nur eine Zementierung der eigenen Schwäche erblickte86. Nicht das technische und ökonomische >Hier und JetztBoden der Tatsachen< zu stellen und ihr militärisches Denken an den begrenzten Möglichkeiten des Augenblicks auszurichten. Eine ähnliche Diskussion lief zur gleichen Zeit innerhalb der Marine unter der kontroversen Fragestellung: Küstenschutz- oder Hochseeflotte87? Ein wichtiges Strukturmerkmal der Roten Armee in den 20er Jahren war die Führerheerkonzeption, die das stehende Heer mit seiner Gesamtstärke von 562000 Mann als das organisatorische Gerippe und den militärischen Führerbestand eines im Kriegsfalle mobilisierbaren, millionenstarken Volksheeres vorsah88. Daß dabei »aus jedem Rotarmisten gleich ein Zugführer wird«, glaubte auch Frunze nicht, aber, so seine Zielbeschreibung, »wir müssen das unbedingt anstreben«89. Für das Offizierskorps galt, stets höhere als die gegenwärtigen Führungsaufgaben im Auge zu behalten, denn, so Frunze 1922, »es ist zweifelhaft, ob im Falle kriegerischer Verwicklungen auch nur einer der Divisionskommandeure an der Spitze seiner eigenen Division verbleibt; wahrscheinlich muß er sofort größere Truppenverbände übernehmen«90. 84 85
86
87 88 89 90
Ebd. Zu Sergeevs Auffassungen vgl. O. Groehler, Geschichte des Luftkriegs 1910—1980, Berlin 1981, S. 130. V. V. Chripin, Voprosy strategii i taktiki Krasnogo Vozdusnogo flota, in: Voprosy strategii i operativnogo iskusstva v sovetskich voennych trudach 1917—1940 gg., Moskau 1965, S. 648—651. Vgl. N.G.Kusnezow, Am Vorabend, (Ost-) Berlin 1973, S. 37—51. Vgl. Frunse, Uber sozialistische Landesverteidigung, S. 169, 187 f. Ebd., S. 98, 171. Ebd., S. 134. Dazu auch die Äußerung Trockijs gegenüber Brockdorff-Rantzau, Telegramm Brockdorffs vom 17.2.1923, PA-AA, Büro RAM, 9, Rußl., Bd5, Bl. 79.
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I. Die Voraussetzungen am Beginn der zwanziger Jahre
Die Bilanz der wichtigsten Probleme der Armee erweist eines: Die Ähnlichkeiten mit der Situation der Reichswehr in Deutschland sind unübersehbar. Bei der gebotenen Beachtung aller Unterschiede in den Fragen der politischen Ideologie und des Traditionsverständnisses bestand doch das gleichgelagerte Hauptproblem beider Armeen während der ersten Hälfte der 20er Jahre in der Bewältigung jener Erblast, die das Freischärlertum der Anfangszeit hier wie dort hinterlassen hatte. In Berlin wie in Moskau kämpften zwei Militärführungen zur selben Zeit mit fast denselben Problemen. Homogenisierung in Struktur und Denken hieß die Devise, und den Schlüssel dazu sahen beide Seiten in der Disziplinfrage. Wenn sowohl Seeckt wie auch Frunze und schon dessen Vorgänger Trockij bis in die Mitte der 20er Jahre ständig das Credo der eisernen Disziplin< im Munde führten, war das gewiß kein Zufall, sondern das Resultat ähnlicher Entwicklungen. Nach einem Wort Leonid Krasins aus dem Jahre 1924 waren in ökonomischer Hinsicht Deutschland und Rußland »wie für einander geschaffen«91. Der Versailler Vertrag hatte dafür gesorgt, daß dieser Satz auch für den militärischen Bereich Gültigkeit gewann. Deutschland hatte, wonach der Sowjetstaat so dringend suchte: militärisches Wissen, moderne Kriegserfahrungen und eine hochentwickelte Rüstungstechnik, die notgedrungen brachlag. Waren damit schon vom rein Militärischen her genügend Grundlagen für eine Zusammenarbeit gegeben, so bedurfte es doch noch des politischen Anstoßes dafür, eines entscheidenden Impulses, wie ihn die Ereignisse des Sommers 1920 brachten.
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Ansprache zur Eröffnung der deutsch-sowjetischen Wirtschaftsgespräche am 1 5 . 1 1 . 1 9 2 4 in Moskau, in: L.B. Krasin, Voprosy vnesnej torgovli, Moskau 2 1970, S. 292.
II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
1. Die ersten Fäden im Halbdunkel von Geheimdiplomatie und Konspiration Nachdem Karl Radek im Januar 1920 mit Hilfe des Auswärtigen Amtes nach Sowjetrußland zurückgekehrt war, übernahm an seiner Stelle Viktor Kopp, der sich schon seit dem Spätsommer 1919 als Bevollmächtigter der Sowjetregierung in Berlin aufhielt, die Rolle des Anbahners diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten 1 . Bereits in seinen ersten Gesprächen im Auswärtigen Amt hatte Kopp deutlich gemacht, daß er über seinen offiziellen Auftrag in der Kriegsgefangenenfürsorge hinaus seine Hauptaufgabe im Sinne der von Radek entwickelten Vorstellungen in der Anknüpfung von Kontakten zur deutschen Industrie sah mit dem Ziel, die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder in Gang zu bringen 2 . Das erste greifbare Resultat war der Lokomotivabschluß mit Krupp vom 29. November 1920, den Kopp in Berlin und Krasin in monatelangen Verhandlungen via Stockholm und Kopenhagen zustande gebracht hatten 3 . Eine wichtige Voraussetzung für den breiten Einstieg der deutschen Industrie ins Rußlandgeschäft waren genaue Informationen über Bedürfnisse und Leistungsfähigkeit des russischen Marktes. Dazu sollte im Sinne des Industriellenmemorandums vom 17. Februar 1920 im März d.J. eine zehnköpfige deutsche Studienkommission nach Moskau reisen, um die Chancen für ein Engagement der deutschen Industrie an Ort und Stelle zu begutachten 4 . Schon zu diesem Zeitpunkt, Anfang März 1920, hatte Hans v. Seeckt, damals als Generalmajor noch Chef des Truppenamts, sein besonderes Interesse an den Verbindungen zu erkennen gegeben, die die Industrie nach Rußland zu knüpfen sich anschickte. Am 5. März informierte Regierungsbaumeister Victor Prohl Seeckt brieflich von den Vorbereitungen der Studienkommission 5 . Der Kapp-Putsch vom 13. März vereitelte jedoch deren Abreise; der heraufziehende polnisch-sowjetische Krieg zerschlug schließlich das Projekt fürs erste. Die rapide Zuspitzung des polnisch-sowjetischen Verhältnisses war auch der Anlaß für Viktor Kopp, am 15. April d.J. Legationsrat Ago v. Maltzan im Auswärtigen Amt aufzusuchen. 1
2
3 4 5
H.G.Linke, Deutsch-sowjetische Beziehungen bis Rapallo, Köln 2 1972, S. 84f.; Viktor Leontevic Kopp (1880—1930), Kriegsgefangener in Deutschland während des Ersten Weltkriegs, zuletzt sowjetischer Botschafter in Japan und Schweden. Vgl. Kopps Werbeveranstaltung für deutsche Industrielle vom 3 . 3 . 1 9 2 0 in Berlin, PA-AA, Deutschi. 131 secr., B d 2 0 . Vgl. H. Pogge v. Strandmann, Großindustrie und Rapallopolitik, in: HZ, 222 (1976) 2, S. 2 8 4 - 2 8 9 . Linke, Deutsch-sowjetische Beziehungen, S. 95 f. BA-MA, N 247/89, Fasz. 54. A. L. Smith, German General Staff, S. 127, gibt den Brief in krasser Verfälschung wieder, indem er ihn in Zusammenhang mit einer militärischen Kontaktaufnahme zu rücken versucht. Eine Version, die Linke, Deutsch-sowjetische Beziehungen, S. 156, ungeprüft übernimmt.
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II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
Bei diesem Gespräch, das sich im wesentlichen um die Haltung des Reiches im Falle eines bewaffneten Zusammenstoßes zwischen Moskau und Warschau drehte, berührte Kopp zum ersten Mal die Frage einer gegen Polen gerichteten Zusammenarbeit beider Armeen. Wörtlich stellte der Vertreter der Sowjetregierung an seinen deutschen Gesprächspartner die Frage, »ob die Möglichkeit bestände, eine Kombination zwischen der hiesigen und der Roten Armee zwecks gemeinsamer Bekämpfung Polens zu konstruieren«. Von einem solchen Ansinnen einigermaßen überrascht, ging Maltzan darauf nicht ein und zog sich unter Fiinweis auf die ideologischen Gegensätze zwischen den beiden Regierungen aus der Affäre6. Kaum zwei Wochen darauf, am 25. April, begann der polnische Angriff auf Weißrußland und die Ukraine, dem am 6. Mai die Besetzung Kievs folgte. Mit der sowjetischen Gegenoffensive Mitte Mai und der Rückeroberung der ukrainischen Metropole im Monat darauf erreichte der Krieg seinen Höhepunkt. Etwa zur selben Zeit erhielt Hans v. Seeckt am 5. Juni 1920 von Reichspräsident Ebert die formelle Ernennung zum Chef der Heeresleitung. In den Wochen danach muß es, ohne daß Quellenbelege dafür vorlägen, zu einem ersten Kontakt zwischen Viktor Kopp und dem Reichswehrministerium, entweder mit Seeckt persönlich oder mit Hauptmann Oskar Ritter v. Niedermayer als seinem Kontaktmann, gekommen sein7. Letzterer war, während des Krieges durch seine legendäre AfghanistanExpedition bekannt geworden und als Militärgeograph und Orientalist ausgewiesen, bald nach Kriegsende in den Gesichtskreis Seeckts geraten8. Ende Juli 1920 erreichte der Krieg die Grenzen Ostpreußens. Reichsaußenminister Simons sagte am 22. Juli seinem sowjetischen Amtskollegen Cicerin zu, dem auf die Provinz zumarschierenden rechten Flügel der Armeegruppe Tuchacevskij einen deutschen Verbindungsoffizier entgegenzusenden9. Am 7. August wurde Major Wilhelm Schubert, bis 1918 letzter Militärbevollmächtigter des kaiserlichen Deutschland in Petrograd und Moskau, vom Auswärtigen Amt beauftragt, »von Ostpreußen aus die Verbindung mit der russischen Armee aufzunehmen und 6 7
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9
Aufz. Maltzans vom 16.4.1920, A DAP, A , Bd III, Dok. 112. Dies ist aus Seeckts Moskauer Sondierungsauftrag für Enver Pascha vom August d.J. zu schließen, dem ein erster Kontakt in Berlin vorausgegangen sein muß. Vgl. dazu die Ermittlungen BrockdorffRantzaus vom Spätsommer 1922, Aufz. v. 6.9.1922, PA-AA, Nachlaß Brockdorff, 35: »Die Militärs haben schon im Jahre 1920 direkte Verhandlungen mit Trotzki geführt. Ende 1920 wurde N[iedermayer] zu Trotzki geschickt, ferner fanden 1920 Besprechungen zwischen Seeckt, Nfiedermayer] und Kopp statt.« Gleichfalls: Wilhelm Schubert, Der Zweite Weltkrieg hat 1918 begonnen, MS, München 1957, BA-MA, B II, S. 45 f., wo es heißt: »Der Kreml hat sich zur Anknüpfung des früher kurz erwähnten Viktor Kopp bedient [...]. Er war an den früheren bayrischen Hauptmann Oskar Ritter von Niedermayer herangekommen [...].« Vgl. auch die Feststellung Vysinskijs im 3. Moskauer Schauprozeß über einen Kontakt zwischen Kopp und Seeckt im Sommer 1920, Prozeßbericht, S. 294 f. Oskar Ritter v. Niedermayer (1885—1948), ab 1931 Professor für Wehrgeographie in Berlin, Gen.Maj. der Osttruppen im Zweiten Weltkrieg, nach dem 20. Juli im Widerstand. Gestorben am 25.9.1948 im Gefängnis von Vladimir östlich von Moskau. Vgl. R. Vogel, Die Persien- und Afghanistanexpedition Oskar Ritter v. Niedermayers 1915/16, Osnabrück 1976. Linke, Deutsch-sowjetische Beziehungen, S. 108 f.
1. Die ersten Fäden im Halbdunkel von Geheimdiplomatie und Konspiration
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aufrechtzuerhalten« 10 . Ohne eigene Verhandlungsvollmachten sollte Schubert Kontakte zu sowjetischen Kommandeuren suchen und dem Auswärtigen Amt über deren Instruktionen und Absichten Bericht erstatten. Am 12. August verhandelte Schubert zusammen mit Hauptmann Thomas in Prostken (Prostki) mit den Versorgungschefs der sowjetischen 4. und 15. Armee, die ihm eine umfangreiche Bedarfsliste an Nachschubgütern, von Lokomotiven über Automobile bis zu Medikamenten und Lebensmitteln, präsentierten11. Auch an anderen Stellen begaben sich sowjetische Kommandeure und Kommissare auf ostpreußisches Gebiet, um mit Vertretern deutscher Behörden in Kontakt zu treten12. Am insgesamt günstigen Eindruck, den Schubert von jenen Verbänden der Roten Armee gewann, mit denen er in nähere Berührung gekommen war, änderte auch der polnische Gegenangriff vom 16. August nichts, der das >Wunder an der Weichsel< herbeiführte, indem er die nördliche Umfassung Warschaus seitens Tuchacevskijs Heeresgruppe durchstieß und die 4. und 15. Armee in ihrer Masse zum Ubertritt auf ostpreußisches Gebiet zwang. Gemäß den Verpflichtungen Deutschlands aus seiner Neutralität mußten sie dort von den Reichswehrverbänden des ostpreußischen Wehrkreises umgehend entwaffnet und interniert werden. Nach Schuberts Urteil lag die Ursache für den Ausgang der Warschauer Schlacht am wenigsten in der Qualität der sowjetischen Truppen, eher schon am überdehnten und allzu leichtsinnigen Vormarschtempo der Nordarmee, verschuldet sowohl von den Politikern in Moskau wie von dem jungen, ehrgeizigen Oberbefehlshaber Tuchacevskij. Die Quintessenz seiner ostpreußischen Erfahrungen mit der Roten Armee faßte Schubert am 29. August in einem Abschlußbericht an den Chef der Heeresleitung zusammen. Darin unterstrich er seine Zweifel an der Überwindbarkeit des bolschewistischen Regimes durch äußere Waffengewalt und favorisierte stattdessen den Gedanken, »Rußland im Inneren wieder aufzubauen und wirtschaftliche Güter und Werte schaffen zu helfen«13. Der direkte Kontakt mit sowjetischen Truppen in Ostpreußen bot Seeckt die Möglichkeit, ein seit langem schon verfolgtes Ziel zu verwirklichen: seinen alten Freund und früheren Kriegskameraden Enver Pascha, der als ehemaliger türkischer Kriegsminister seit Kriegsende im Berliner Exil lebte, gefahrlos nach Moskau zu bringen. Enver, der im Vorjahr zu den Besuchern von Radeks politischem Salon< gehört hatte14, wollte seit längerem schon seine ehrgeizigen panturanischen Pläne, die gegen den britischen Einfluß im Mittleren Osten zielten, im Bunde mit Moskau verfolgen, das ihn für den Sep10
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Maltzan für Schubert, A D AP, A, BdHI, Dok. 238. Dr. Wilhelm Schubert (1879-1972), 1934 für die Luftwaffe reaktiviert, 1942 als Gen. d.Fl. und Chef des Wirtschaftsstabes Ost verabschiedet. Schubert, Der Zweite Weltkrieg, S. 36—39; vgl. auch Wagner, Deutschland und der polnisch-sowjetische Krieg, S. 123-129.Georg Thomas (1890-1946), Gen. d. Inf. 1940, Chef des Wehrwirtschaftsund Rüstungsamtes im OKW. Berichte Staatskommissar Gayls vom 4., 15. u. 27.8.1920, PA-AA, Polit. Abtl. Länder IV, Po. 2, Polit. Beziehungen Rußl. zu Dtschl., Bd 1; ebenso: A D AP, A, Bd III, Dok. 250 u. 260. Eindrücke bei der russischen roten Westarmee, ebd. (PA-AA), Bd2, Bl. 31—41. Vgl. O.E. Schüddekopf, Karl Radek in Berlin, in: AfS, Bd2, 1962, S. 97f.
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tember d.J. zum >Kongreß der Völker des Ostens< nach Baku eingeladen hatte15. Einer von Seeckts engsten Mitarbeitern, der damalige Rittmeister Ernst Köstring, übernahm es, Enver Anfang August nach Ostpreußen zu bringen, um ihn dort den Sowjets direkt zu übergeben; ein aufgrund der Anwesenheit britischer Truppen in Ostpreußen nicht ungefährlicher Auftrag. Unweit des masurischen Grenzstädtchens Johannisburg (Pisz) brachte Köstring seinen Begleiter im Schutze der Nacht über die Grenze zu den von der Abwehrstelle Ost des ostpreußischen Wehrkreiskommandos bereits unterrichteten sowjetischen Truppen16. Ein politischer Kommissar beim Stab der 4. Armee berichtete Ende August dem Landespolizeikommando in Lyck (Elk) vom Empfang Envers auf russischer Seite, wo er von mehreren Begleitern via Smolensk unverzüglich nach Moskau gebracht worden sei17. In einem Brief aus der sowjetischen Hauptstadt vom 26. August berichtete Enver Seeckt von einem Gespräch mit Trockijs Stellvertreter fifraim Skljanskij und bestätigte, daß es in Moskau eine einflußreiche Gruppierung um Kriegskommissar Trockij gäbe, die für ein Zusammengehen mit Deutschland einträte und bereit sei, die deutsche Ostgrenze von 1914 zu akzeptieren18. Einige Wochen später, Mitte Oktober d.J., tauchte Enver, inzwischen mit reichlichen Geldmitteln ausgestattet, wieder in Berlin auf. Die Sowjets hatten ihm die Möglichkeit gegeben, als Mitglied der von Kominternchef Zinov'ev geführten Delegation zum Hallenser Parteitag der USPD offiziell wieder nach Deutschland einzureisen. Den Herbst über wohnte Enver in der Villa des ihm bekannten Archäologen und Professors der Kunstgeschichte Friedrich Sarre in Neubabelsberg bei Potsdam. Dort traf er nicht nur Journalisten und Vertreter des Auswärtigen Amts, sondern trat auch mit Offizieren aus der Umgebung Seeckts in Kontakt. Darin eingeschaltet war auch Moskaus offizieller Emissär, Viktor Kopp, der Außenkommissar Cicerin am 2. Dezember von seinen Gesprächen mit Seeckt berichtete, wobei der General vom Aufbau der sowjetischen Kriegsindustrie durch deutsche Fachleute gesprochen habe, um diese »als Waffenquelle für das abgerüstete Deutschland im Falle eines Zusammenstoßes mit der Entente« zu nutzen19. Mitte Januar 1921 verließ Enver Pascha wieder die Reichshauptstadt, um sich via Wien und Budapest erneut nach Moskau zu begeben. Zwei Privatbriefe vom Februar und April an die Adresse Seeckts gehörten zu seinen letzten Lebenszeichen an das Ausland20. 15 16
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Carr, The Bolshevik Revolution, Bd III, S. 266—269. General Ernst Köstring, S. 41 ff.Ernst Köstring (1876—1953), in Rußland geboren und aufgewachsen, 1940 Gen. d. Kav., 1944 bis Kriegsende Gen. der Freiwilligenverbände im OKH. Meldung des Landespolizeikommissariats Lyck vom 27.8.1920, wie A n m . 12, Bd2, Bl. 153 ff. BA-MA, N 247, N r . 2 0 2 f . Efraim Markovic Skljanskij ( 1 8 9 2 - 1 9 2 5 ) , 1 9 1 8 - 1 9 2 4 stellvertretender Kriegskommissar, zuletzt in der Wirtschaftsverwaltung tätig. Aufz. Stockhammerns vom 2 3 . 1 0 . 1 9 2 0 , ADAP, A , Bd IV, Dok. 20; auch Blücher, Deutschlands Weg nach Rapallo, S. 133. S. Gorlov, Voennoe sotrudnicestvo SSSR i Germanii v 20-e gody, in: VIZ, 33 (1991) 9, S. 5. Staatskommissar für öffentliche Ordnung vom 2 0 . 1 . 1 9 2 1 , PA-AA, Büro R A M , 9, Rußland, Bd 2, Bl. 105. Die Briefe Envers vom 26.2. u. 19.4.1921, wie Anm. 18.Enver Pascha (*1881) mobilisierte im Herbst 1921 eine panturanische Unabhängigkeitsbewegung im Gebiet von Buchara und fiel am 4.8.1922 im Kampf mit der Roten Armee; vgl. L. Fischer, The Soviets in World Affairs, Bd 1, Princeton/N.J. 1951, S. 382 ff.
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Etwa zur gleichen Zeit, als Enver Anfang 1921 zum zweiten Mal Berlin verließ, schuf Seeckt aus Offizieren seiner nächsten Umgebung die >Sondergruppe R[ußland]< und übertrug ihr die Zuständigkeit für alle künftigen Kontakte nach Moskau21. Dem Chef des Truppenamts, Generalmajor Wilhelm Heye, direkt unterstellt, bestand die Gruppe zum Teil aus Offizieren, die schon während Seeckts türkischer Stabschefzeit unter ihm gedient hatten, wie die beiden Hauptleute Herbert Fischer und Fritz Tschunke. Hinzu kamen Major Schubert, Hauptmann v. Niedermayer und als Leiter der Gruppe der Chef der Heeresabteilung des Truppenamts, Oberst Otto Hasse22. Viktor Kopp kümmerte sich derweil im Bunde mit Krasin um weitere Kontakte zur deutschen Industrie. In diesem Zusammenhang waren bereits im Dezember 1920 in der Reichshauptstadt die ersten Pressegerüchte aufgetaucht, Moskaus Vertreter bemühe sich auch um deutsche Waffentransporte für Sowjetrußland23. Nach Hause zurückgekehrt, setzte Kopp am 18. Februar 1921 für die Sowjetregierung zusammen mit Ignac Jakubovic und Andrej Sabanin seine Unterschrift unter ein Wirtschaftsprotokoll, das die Grundlage des deutsch-sowjetischen Handelsvertrages vom 6. Mai d.J. bilden sollte24. Bei dieser Gelegenheit berichtete Viktor Kopp seinem alten Weggefährten Trockij von der Existenz der Seecktschen Sondergruppe im Reichswehrministerium, die inzwischen die ersten Überlegungen für die Verlagerung von Teilen der deutschen Rüstungsindustrie nach Rußland angestellt und auch bereits Gesprächskontakte zu Unternehmen der Schwerindustrie aufgenommen hatte. Mit der internen Besprechung vom 30. März (siehe 1.2.) traten die Dinge im Laufe des Frühjahrs in ein konkreteres Stadium. Eine Woche darauf, am 7. April, berichtete Kopp in einem Brief Trockij von den ersten Arbeitsergebnissen der Sondergruppe, die das Ziel verfolge, »mit uns bei der Wiederherstellung unserer Kriegsindustrie zusammenzuarbeiten, und zwar auf den folgenden drei Gebieten: dem Bau einer Luftwaffe, einer U-BootFlotte und bei der Waffenherstellung«. Kopp weiter: »Zu diesem Zweck ist die Gruppe unter strengster Geheimhaltung an die Firmen Blohm & Voss, Albatroswerke und Krupp herangetreten, die bereit sind, uns sowohl ihr technisches Wissen wie auch die nötige Ausrüstung zur Verfügung zu stellen.« In diesem Zusammenhang werde noch im April ein Mitglied der Sondergruppe, Oskar v. Niedermayer, unter dem Decknamen Neumann (»Neumann, der Ihnen bekannt ist«) in Moskau erscheinen, um sich vom gegenwärtigen Zustand der russischen Schwerindustrie ein eigenes Bild zu machen25. Entgegen Kopps Ankündigung verzögerte sich jedoch die Reise Niedermayers bis in den Sommer hinein. In den Wochen bis dahin bereiste er zusammen mit Viktor Kopp Betriebe 21 22
23 24 25
Brief Tschunkes an Rabenau vom 1 3 . 2 . 1 9 3 9 , in: Epstein, Seeckt-Plan, S. 4 8 f f . Herbert Fischer (1882—1939), im Ersten Weltkrieg Militärberater in der Türkei, 1938 Abschied als Gen. d. Inf. Otto Hasse (1871—1942), 1932 als Gen. d. Inf. und Chef des Gruppenkommandos 1 ausgeschieden.Fritz Tschunke (*1883), als Major aus dem Reichsheer ausgeschieden, in den 30er Jahren geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Rußland-Ausschusses der deutschen Wirtschaft. Artikel in der Deutschen Tageszeitung vom 7 . 1 1 . 1 9 2 0 , in: PA-MA, wie Anm. 12, Bd4, Bl. 19. Linke, Deutsch-sowjetische Beziehungen, S. 126 f. The Trotsky Papers 1 9 1 7 - 1 9 2 2 , hrsg. von J.M. Meijer, Bd2, The Hague 1971, Nr. 687.
52
II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
der deutschen Schwerindustrie und entwickelte ihnen hochgesteckte Zukunftspläne eines wirtschaftlichen Engagements in Rußland. Am 16. Juni wandte sich Krupp-Direktor Otto Wiedfeldt persönlich an Seeckt und ließ im Hinblick auf Niedermayers und Kopps ehrgeizige Vorstellungen deutlich seine Skepsis erkennen. Es handele sich dabei »um Projekte von sehr großem Ausmaß und erheblicher finanzieller Tragweite«, die sich zudem auf derartig verschiedene Industriebranchen erstreckten, daß seine Firma »allein hierfür überhaupt nicht in Frage kommen könne«. Eine Unterredung Wiedfeldts mit Seeckt wenige Tage darauf blieb offenbar ohne ein konkretes Ergebnis26. Kurz zuvor war wegen der inzwischen dringlich gewordenen Finanzierungsfrage die Angelegenheit auf die Kabinettsebene gelangt, als Seeckt Anfang Juni Reichskanzler Wirth, der gleichzeitig auch als Finanzminister seiner eigenen Regierung amtierte, Reichswehrminister Geßler und Ago v. Maltzan vom Auswärtigen Amt in seine russischen Pläne einweihte. Von Wirth zur Stellungnahme aufgefordert, erklärte Maltzan das Einverständnis seiner Behörde damit, »daß der gedachte Wiederaufbau durchaus im Interesse der deutsch-russischen Politik« läge. Zum Verfahren machte er anschließend Vorschläge, die auf Jahre hinaus die Ursache für den Konflikt zwischen den Militärs und Politikern in Berlin um die Durchführung der >Rußlandpolitik< des Reichswehrministeriums bilden sollten. Denn: »Mit den einzelnen technischen Durchführungen des Planes«, so Maltzan, »dürfe weder das Auswärtige Amt, noch unser Vertreter in Moskau befaßt werden«. Grundbedingung sei aber: »Der jeweilige Außenminister und ich, solange ich Referent für Rußland bin, müssen jedoch über die allgemeine Weiterentwicklung des Wiederaufbaus auf dem laufenden erhalten werden, damit diese mit eventuellen Nuancierungen unseres Verhältnisses zu Rußland in Ubereinstimmung bleiben27.« Gemäß dieser Ubereinkunft auf Kabinettsebene erhielt der deutsche Geschäftsträger in Moskau Wiedenfeld von Maltzan im Sommer des Jahres lediglich eine knappe Mitteilung, wonach Kontakte der Militärs dorthin bestünden, daß »aber weder unser Geschäftsträger noch andere Persönlichkeiten im Auswärtigen Amt mit Einzelheiten befaßt werden sollten«28. Niedermayers mehrmals verschobene Inspektionsreise folgte im Juli und August. Zusammen mit Viktor Kopp, dem stellvertretenden Außenkommissar Lev Karachan und Gustav Hilger, dem Beauftragten für die Kriegsgefangenenfürsorge an der deutschen Gesandtschaft, besichtigte er die Petrograder Werften und verschiedene Rüstungsbetriebe. Der Eindruck war mehr als ernüchternd. Der Zustand der Gebäude und Anlagen erwies sich als zu desolat, als daß eine Instandsetzung mit deutschen Geldmitteln ernstlich gelohnt hätte29. 26
27 28 29
BA-MA, N 247/175, Bl. 77; vgl. auch den Brief Wiedfeldts vom selben Tag an Dr. Hellmut Toepffer, H A K , W A III/233. Aufz. Maltzans vom 18.3.1924, PA-AA, Büro Sts., Osec, Milit. Angeleg. mit Rußl., Bd 1, Bl. 74—79. Ebd., Bl. 75. Hilger, W i r und der Kreml, S. 189 f.; vgl. auch die Aufz. vom 1 1 . 8 . 1 9 2 1 über ein Gespräch Kopps mit Rosen, PA-AA, wie Anm. 12, Bd5, Bl. 153 f.
1. Die ersten Fäden im Halbdunkel von Geheimdiplomatie und Konspiration
53
Ende September d.J. begannen in der Berliner Privatwohnung des Majors v. Schleicher geheime Gespräche Krasins und Kopps mit Seeckts Sondergruppe, für die Oberst Hasse, assistiert von Niedermayer, Tschunke und Schubert, die Verhandlungen führte. Man besprach Pläne einer rüstungswirtschaftlichen Zusammenarbeit in Form von gemeinsamen Aktiengesellschaften oder Konzessionen. Als Hasse Anfang Oktober dem in Bad Kissingen zur Kur weilenden Seeckt über die Berliner Geheimverhandlungen Bericht erstattete, wollte dieser nach Hasses Eindruck anfänglich »nicht so recht heran«30. Die Sowjets zeigten sich jedoch im Laufe der folgenden Wochen zu keinem Ubereinkommen bereit, ohne zuvor den Chef der Heeresleitung selbst gesprochen zu haben. Nach längerem Zögern war Seeckt schließlich einverstanden, sich selbst in die Gespräche einzuschalten, und traf am 8. Dezember in Schleichers Wohnung mit Nikolaj Krestinskij zusammen, der ihn vor allem auf Einzelheiten der Finanzierung ansprach, wozu Seeckt jedoch keine konkreten Angaben machen konnte31. Zuvor schon war der Kreis der in die Rußlandkontakte eingeweihten Offiziere innerhalb des Reichswehrministeriums erweitert und mit Generalmajor Ludwig Wurtzbacher die Führung des Heereswaffenamts mit ins Vertrauen gezogen worden32. In Moskau verfolgte man derweil an höchster Stelle die Entwicklung mit steigendem Interesse. Lenin selbst bezeichnete in einer kurzen Mitteilung an Trockij vom 10. Oktober die Idee einer Kombination von militärischen und wirtschaftlichen Konzessionen für richtig und forderte die eingehende Prüfung aller Möglichkeiten dafür33. Gegen Jahresende war die von Krestinskij gegenüber Seeckt angemahnte Finanzierungsfrage nicht länger aufschiebbar, zumal Kanzler Wirth Ende Oktober das Finanzressort an seinen Parteifreund Andreas Hermes abgegeben hatte. Erst wenn der Finanzrahmen geklärt war, konnte die Sondergruppe Größenordnungen festlegen und der Industrie oder den Sowjets konkrete Angebote machen. Die Lösung des Problems erfolgte an der Jahreswende 1921/22, als der damalige Direktor des Norddeutschen Lloyd, Wilhelm Cuno, an Oberst Hasse die Summe von 150 Mill. Papiermark (ca. 3 Mill. Goldmark) in Reichsschatzwechseln auszahlte34. So vielversprechend einige der seit dem Frühjahr aufgenommenen Verbindungen zur Industrie auch erscheinen mochten, blieben doch schnelle Ergebnisse aus. Die deutsche Schwerindustrie war viel zu vorsichtig, um sich übereilt auf unkalkulierbare Rußlandengagements einzulassen. Bis zum Jahresende 1921 erwies sich von den durch die Sondergruppe geknüpften Fäden nur einer als wirklich aussichtsreich. Die Junkers-Werke in Dessau, als Flugzeughersteller durch die Versailler Beschränkungen besonders hart getroffen, waren bereit, mit dem Reichswehrministerium zusammenzuarbeiten.
30 31
M 33
34
Aufz. Liebers aus dem Hasse-Tgb., BA-MA, N 62/39, S. 99. Ebd., S. 100. Ebd., S. 99. Handschriftliche Notiz Lenins auf einem Memorandum aus der Feder Bernhard Wauricks, in: The Trotsky Papers, Nr. 724. Aufz. Liebers, wie Anm. 30, S. 111.
54 2. Die Verbindung zu Junkers Die Idee, Deutschland solle zur Umgehung der Versailler Restriktionen auf russischem Boden eine Fabrik für die Konstruktion und den Bau von Flugzeugen errichten, hatte erstmals Krasin Anfang März 1921 gegenüber Ministerialdirektor Behrendt vom Auswärtigen Amt ins Spiel gebracht35. »Die Hoffnung, bedeutende Vorteile in der Junkers'schen Metallbauweise für Kriegs- und Verkehrsflugzeuge zu finden, die nach den ersten Aussprachen mit den Russen für sie absolut entscheidend waren«, lieferte für das Reichswehrministerium erklärtermaßen den Hauptgrund, sich gerade an das Dessauer Unternehmen zu wenden36. Der erste Kontakt zu Junkers war im Frühsommer 1921 von Niedermayer hergestellt worden, der an einen ihm bekannten Ingenieur der Firma, den Flugpionier Erich Offermann, herangetreten war. Nachdem das Unternehmen seine grundsätzliche Bereitschaft zur Arbeit in Rußland signalisiert hatte, erweiterte sich die Gesprächsrunde in den Monaten darauf um Oberst Hasse und Generalmajor Wurtzbacher, während von Seiten der Firma Professor Junkers selbst und sein Generaldirektor, Gotthard Sachsenberg, hinzutraten. Auch Viktor Kopp nahm gelegentlich an den Verhandlungen teil37. Im November fiel eine erste Vorentscheidung, als es bei einem gemeinsamen Essen in Dessau, so jedenfalls die spätere Deutung von Junkers, zu einer förmlichen Vertragszeremonie kam. Die Versicherung der Militärs, daß Staatsgelder im Hintergrund bereitstünden, tat ein übriges, die Dessauer Geschäftsleute für die in Aussicht genommenen Pläne zu erwärmen 38 . Einer sowjetischen Einladung folgend, reiste noch im Dezember d.J. eine gemischte Kommission aus vier Personen nach Moskau: Niedermayer und Schubert für die Sondergruppe, Sachsenberg und Junkers-Direktor Spalek für die Flugzeugfirma. Unter dem zunehmenden Drängen Trockijs auf definitive Angaben über die Höhe des finanziellen Engagements sowohl von Seiten der Militärs wie des Unternehmens einschließlich einer genauen Preiskalkulation für die geplante Flugzeugproduktion legte die deutsche Verhandlungsseite am 6. Februar 1922 ein schriftliches Angebot vor. Danach erklärten sich die Junkers-Vertreter bereit, für ein Produktionsziel von monatlich 100 Maschinen Gesamtinvestitionen von einer Milliarde Papiermark (nach damaligem Kurs 21 Mill. Goldmark), gut die Hälfte davon in Barmitteln, als Betriebskapital bereitzustellen. Der Zeitplan für die Produktionsaufnahme sollte von den Produktionsstätten abhängig gemacht werden, die die Sowjetregierung zur Verfügung stellen würde39. Im Hinblick 35
Aufz. Behrendts vom 2 . 3 . 1 9 2 1 , A D AP, A, BdIV, Dok. 179.
36
Aufz. Senftiebens vom 13.8.1926 zur Junkers-Denkschrift vom 25.6. d.J., A DAP, B, Bd II, 2, Dok. 86.
37
1. Schriftsatz von Prof. Junkers in der Streitsache gegen das Deutsche Reich vom 12.1.1926, BAMA, R H 2 / 2 2 8 9 , S. 8 - 1 3 ; Schreiben Sachsenbergs an Krestinskij vom 9.6.1922, BA-MA, R H 8 / 3 6 8 0 , Bl. 47 f. Gotthard Sachsenberg (1891—1961), Pour-le-merite-Flieger des Ersten Weltkriegs, 1928—1932 MdR für die Wirtschaftliche Vereinigung.
38
1. Schriftsatz Junkers, ebd., S. 13 f.
39
Ebd., S. 18 f.; vgl. dazu den 2. Schriftsatz des RWM (HWA) zur Klärung seiner Beziehungen zu Prof. Junkers vom 15.2.1926, BA-MA, R H 2 / 2 2 3 5 , S.9f., ebenso die Vereinbarung vom 6 . 2 . 1 9 2 2 und den Geheimannex dazu ( = Anl. 7, 8), BA-MA, R H 2 / 1 1 3 0 .
2. Die Verbindung zu Junkers
55
darauf war von beiden Seiten bereits ein Industrieobjekt ins Auge gefaßt worden: die ehemaligen Russo-Baltischen Flugzeugwerke im Moskauer Vorort Fili, eine Fabrikanlage, die die Verwaltung für Panzerwesen als Reparaturbetrieb benutzte. U m den Wünschen der Sowjets gemäß die Produktion so schnell wie möglich anlaufen zu lassen, schlug die deutsche Seite ein auf ein Viertel reduziertes Teilprogramm (250 Mill. Papiermark) vor, das, vorausgesetzt sämtliche Anlagen des Objekts könnten in »gebrauchsfertigem Zustand« übernommen werden, den Baubeginn für Flugzeuge und Motoren noch im Laufe des Sommers 1922 ermöglichen sollte. Dafür garantierte die Sondergruppe sowohl Trockij wie Junkers gegenüber die Bereitstellung eines Betriebskapitals von 150 Mill. Papiermark durch den Reichsfiskus 40 . Am 15. März 1922 kam es in Berlin zum schriftlichen Vertrag zwischen der Sondergruppe und der Dessauer Firma. In Anwesenheit von Oberst Hasse und Professor Junkers unterzeichneten Niedermayer und Sachsenberg das Schriftstück mit ihren Decknamen Neumann und Sigisfeld. § 1 verpflichtete die Firma, nach einem entsprechenden Vertragsabschluß mit der Sowjetregierung »die Fabrikation von Kisten [sprich Flugzeugen] in R[ußland] in einem dem zur Verfügung stehenden Kapital entsprechenden Umfang aufzunehmen«. Ebenso werde Junkers für diesen Zweck seine gesamten technischen Erfahrungen bereitstellen und »die besonderen Wünsche der Sondergruppe bei der Ausgestaltung der Fabrikation, bei Verbesserung und Vervollständigung der Forschungen und der Lieferung von Flugzeugen berücksichtigen«. Die §§ 3 und 4 regelten die finanziellen Zusagen der Sondergruppe an die Firma. Diese erhielt »unter Verzicht auf jeden Anspruch auf Rückerstattung« insgesamt 140 Mill. Papiermark (1,4 Mill. Goldmark), davon 40 Mill. für Einrichtungskosten und 100 Mill. als Betriebskapital, für die russische Unternehmung 41 . Im April begannen die Verhandlungen zwischen Junkers und der Sowjetregierung, für die der Chef der Inspektion für die Zivilluftfahrt, Ivan Peterskij, die Gesprächsführung übernahm 42 . A m 19. d. M. erzielten beide Seiten Einigkeit darüber, einen Konzessionsvertrag anzustreben43. Zwischen Ende März und Mitte August überwies die Sondergruppe in insgesamt vier Raten die vertraglich zugesicherten 140 Mill. Papiermark an das Dessauer Unternehmen, das seinerseits den Militärs Anfang Juli die erste Kostenkalkulation für das Konzessionsobjekt Fili vorlegte. Eine Monatsproduktion von 100 Flugzeugen und 260 Motoren vorausgesetzt, errechnete man einen Investitionsbedarf von gut 4,7 Mill. Goldrubeln (ca. 10 Mill. Goldmark) 44 . Gleichfalls Anfang Juli kamen zwei sowjetische Abgesandte, Trockijs Schwager Arkadij Rozengol'c, damals führender Mitarbeiter des Finanzkommissariats, und Georgij Linno, Chef des Wissenschaftlich-technischen Komitees (Naucno-techniceskij komitet = NTK) 40 41 42
43 44
Vereinbarung vom 6.2.1922, ebd. BA-MA, R H 8/3683, Bl. 62f. Denkschrift über die Entwicklung der Beziehungen zwischen Junkers und dem Reich bezüglich der Zusammenarbeit in Rußland, ADAP, B, B d l l , 2, Anhang 1. 2. Schriftsatz des RWM, wie Anm. 39, S. 9b. Vorläufige Aufstellung der Ausgaben des Ausbaues und Einrichtung der ehemaligen Russo-Baltwerke in Fili (undatiert), BA-MA, R H 8/3680, Bl. 1 8 - 2 1 .
56
II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
der Luftstreitkräfte, nach Berlin und führten in der sowjetischen Handelsvertretung Gespräche mit Repräsentanten von Junkers. Es ging um Details des Konzessionsvertrages. Dem nunmehr von beiden Seiten anvisierten Teilprogramm gemäß, war der in Aussicht genommene Produktionsumfang von 1200 auf 300 Maschinen jährlich reduziert worden; eine weitere Verminderung lehnte Rozengol'c kategorisch ab. Beide Seiten konstatierten »erhebliche Differenzen zwischen den Entwürfen beider Parteien«, wobei die Meinungsverschiedenheiten von Steuer- und Abgabefragen über die Selbstkostenberechnung bis zu den Straf- und Liquidationsbestimmungen reichten. Sachsenberg machte deutlich, daß er beim sowjetischen Vertragsentwurf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens als nicht gesichert betrachte; vor allem könne seine Firma eine Produktionsverpflichtung nur bei gleichzeitiger Absatzgarantie eingehen. In diesem Punkt sei das sowjetische Angebot von 20% der Produktion zuzüglich 60 Maschinen im ersten Jahr völlig unzureichend. Rozengol'c seinerseits präzisierte die Vorstellungen seiner Regierung, die darauf Wert lege, »im eigenen Lande eine abgeschlossene Fabrikation zu bekommen«, und zwar »Aluminiumerzeugung, Dural, Flugzeug- und Motorenbau« zusammengenommen. Letzterer sei dabei bei weitem das Wichtigste und müsse aus militärischen wie aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Flugzeugbau an ein und demselben Ort konzentriert werden. Auch in diesem Punkt gingen die Vorstellungen von Junkers in eine andere Richtung. Fili sollte lediglich für den Motorenbau genutzt, der Flugzeugbau hingegen in den Petrograder Russo-Balt-Werken stattfinden45. Da es den Sowjets besonders auf die Wiederherstellung des Betriebes in Fili ankam, waren sie bereit, das Petrograder Werk äußerstenfalls als Montage-, keinesfalls jedoch als Fertigungsbetrieb zur Verfügung zu stellen. Versuche der Militärs, die Firma in diesem Punkt zum Nachgeben zu bewegen, wies Professor Junkers in einem Schreiben an Oberst Hasse energisch zurück. Auch ein Gespräch zwischen Rozengol'c und Seeckt brachte in die Sache keine Bewegung46. Die Sommerpause unterbrach die Verhandlungen für einige Wochen, ihre Fortsetzung sollte vereinbarungsgemäß in Moskau erfolgen. Am 11. August 1922 begab sich Hauptmann Fischer unter dem Decknamen Frank an Stelle des von dort zurückgekehrten Tschunke (Deckname Teichmann) als Vertreter der Sondergruppe in die sowjetische Hauptstadt, um in der kommenden Verhandlungsrunde die Interessen des Reichswehrministeriums wahrzunehmen47. Dort befand sich zur selben Zeit als einziger Junkers45
46 47
Protokolle der 1. u. 2. Besprechung betr. Konzessionsvertrag mit der RSFSR vom 3.7.1922, wie A n m . 44, Bl. 30—37. Arkadij Pavlovic Rozengol'c (1889—1938), damals Mitglied im Kollegium des Finanzkommissariats, Opfer des 3. Schauprozesses 1938. Schreiben vom 7.7.1922, BA-MA, R H 8/3683; Aufz. Liebers, BA-MA, N 62/39, S. 121. Lieber, ebd. Die Abreise Herbert Fischers nach Moskau vom 1 1 . 8 . 1 9 2 2 ist in der bisherigen Literatur häufig mit der Begründung der beiden Unternehmungen von Lipeck und Kazan' in Verbindung gebracht worden. Es handelt sich dabei jedoch um eine Fehldeutung der Lieber-Stelle BA-MA, N 62/39, S. 121, die auf Hallgarten, Seeckt and Russia, S. 32, zurückgeht und von anderen angelsächsischen Autoren (Freund, Unholy Alliance, S. 125; Erickson, Soviet High Command, S. 155;
2. Die Verbindung zu Junkers
57
Vertreter Fischers früherer Offizierskollege Wilhelm Schubert, der inzwischen seinen Abschied genommen hatte und im Dienste des Dessauer Unternehmens stand48. Rozengol'c drängte gleich in der ersten Unterredung mit beiden am 21. August auf einen möglichst schnellen Vertragsabschluß und wiederholte seine Auffassung in einem Schreiben an Professor Junkers vom 30. d.M. Die Sowjetregierung, so Moskaus Verhandlungsführer, wolle endlich Sicherheit gewinnen, ob sie mit der Organisation des Metallflugzeugbaus im eigenen Lande rechnen könne. Gelänge dies nicht, müsse sie ihre Bestellungen bei anderen Firmen tätigen. Auch die Berliner Militärs drängten auf den Vertrag. Die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens waren ihnen dabei gleichgültig49. Neue Hindernisse taten sich auf, als Ende September Gotthard Sachsenberg als bevollmächtigter Junkersvertreter in der Sowjethauptstadt erschien und den Abschluß eines Konzessionsvertrages von vorherigen sowjetischen Flugzeugbestellungen abhängig machte. Seine Begründung: Nur die Kopplung des Konzessions- mit einem Liefervertrag beschaffe seiner Firma bei den Banken den Kreditspielraum, dessen sie in Moskau zum Aufbau eines Produktionsbetriebes mit seinem enormen Kapitalaufwand bedürfe50. Eine zweite Komplikation ergab sich hinsichtlich des Konzessionsobjekts. Die Besichtigung der AMO-Werke (heute Lichacev-Werke), eines voll produktionsfähigen Automobilbetriebs im Süden Moskaus, durch Junkersvertreter Anfang Oktober ließ bei diesen den Wunsch aufkommen, dort statt in Fili die Motorenproduktion zu installieren, da AMO vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt das eindeutig bessere Objekt dafür sei51. Der Vorschlag lief wieder auf die Trennung von Zellen- und Motorenbau hinaus, was weder im Interesse der Sowjets noch des Reichswehrministeriums lag52. Moskau konterte mit der Gegenforderung nach einem Aluminiumvertrag und verlangte, die Firma müsse die Bereitstellung eines ausreichenden Depotbestandes der benötigten Werkstoffe Aluminium und Dural garantieren53. An diesem Paket von Forderungen und Gegenforderungen waren die Verhandlungen Mitte Oktober völlig festgefahren. In dieser schwierigen Situation bewährten sich die guten Beziehungen der deutschen Militärs zu Karl Radek, bei dem Hauptmann Fischer am 13. Oktober »im Interesse des großen Ziels unserer gemeinsamen Arbeit« einen politischen Vorstoß unternahm54. Am 19. d.M. berichtete Radek Fischer über den Stand des innersowjetischen EntscheidungsCarsten, Reichswehr und Politik, S. 149) übernommen wurde. Von Lipeck und Kazan' konnte im Sommer 1922 noch keine Rede sein. Krasins Mitteilung an seine Frau, wonach es in Smolensk von deutschen Fliegern wimmele (Carr, Berlin—Moskau, S. 81 f.), bezieht sich auf die Tätigkeit deutscher Zivilpiloten im Rahmen der deutsch-sowjetischen Fluggesellschaft Deruluft. 48 Brief Fischers an Neumann (d.i. v. Niedermayer) vom 22.8.1922, BA-MA, RH 2/2305, Bl. 191 ff.; Schubert, Der Zweite Weltkrieg, S. VII, Anm. 49. « BA-MA, R H 2/2305, Bl. 166; O. Groehler/H. Erfurth, Hugo Junkers, Berlin 1989, S. 32. 5° Tschunke an Frank (d.i. Fischer) vom 18.9.1922, wie Anm. 49 (BA-MA), Bl. 109f. 51 Briefe von Junkers an Rozengol'c vom 10. u. 1 3 . 1 0 . 1 9 2 2 , ebd., Bl. 62—67, 52 ff.; ebenso das Schreiben Fischers an Niedermayer vom 1 5 . 1 0 . 1 9 2 2 , ebd., Bl. 47ff. 52 Tschunke (Teichmann) und Niedermayer an Fischer vom 19.10.1922, ebd., Bl. 37 ff. 53 Fischer an Niedermayer vom 2 . 1 1 . 1 9 2 2 , ebd., Bl. 14f. 54 Fischer an Niedermayer und Radek vom 15. bzw. 14.10.1922, ebd., Bl. 47—51.
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II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
prozesses und versprach ihm eine genaue Unterrichtung über die entscheidende Sitzung des Hauptkonzessionskomitees, verbunden mit der Zusage, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, seine Argumente bei Trockij persönlich vorzubringen 55 . Von diesem Moment an gab sich Fischer gegenüber seinen Berliner Vorgesetzten im Hinblick auf das Zustandekommen des Konzessionsvertrages optimistisch: »Sie sehen, wie wertvoll meine Bekanntschaft mit Radek in unserer Sache ist56.« Ende des Monats steuerten die Verhandlungen auf einen Kompromiß zu, wobei die Sondergruppe ihren Druck auf das Unternehmen noch verstärkte. Junkers nahm von dem allzu verlockenden Gedanken Abschied, mit der Übernahme oder Nutzung von A M O »in einen laufenden Betrieb« einzusteigen. Dafür >schluckten< die Sowjets die Kopplung von Konzessions- und Liefervertrag und deuteten ein weiteres Entgegenkommen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsvoraussetzungen in Fili an. Am 31. Oktober war bis auf den Bevorratungsvertrag für den Werkstoff Dural in allen Streitfragen Einigkeit erzielt 57 . Die endgültige Entscheidung fiel in der Sitzung des Hauptkonzessionskomitees vom 4. November. Dennoch vergingen über der Fertigstellung des gesamten Vertragspakets noch weitere drei Wochen, bis es Ende November endlich zur Unterzeichnung kam 58 . Das Ergebnis bestand in drei Einzelverträgen, deren wichtigster der Konzessionsvertrag Nr. 1 zwischen Junkers und der Regierung der RSFSR vom 26. November 1922 war 59 . Danach übernahm Junkers für die Vertragsdauer von 30 (!) Jahren pachtweise die früheren Russo-Balt-Werke in Fili mit allen Anlagen und Einrichtungen, dazu zwei Grundstücke von je 100 Desjatinen (ca. 110 ha) zur Einrichtung einer Arbeitersiedlung und eines Flugplatzes; des weiteren die Russo-Balt-Flugzeugwerke von Petrograd »zur Erzeugung ausschließlich von Wasserflugzeugen« und ein großes Verwaltungsgebäude in Moskau »für die Unterbringung von mindestens 150 Beamten«. Als Konzessionär verpflichtete sich die Firma zur produktionsfertigen Einrichtung des gesamten Betriebs in Fili, so daß »im Laufe eines Jahres nach Bestätigung des vorliegenden Vertrags« das Werk für ein Produktionsvolumen von jährlich 300 Flugzeugen einschließlich der notwendigen Anzahl Motoren bereitstünde. Die Serienfertigung der Zellen sollte spätestens am 1. Oktober 1923, die der Motoren »nicht später als 24 Monate nach der Bestätigung des Vertrages« beginnen. In § 16 übernahm Junkers die Verpflichtung, am Produktionsort einen Vorrat an Aluminium und Duraluminium bereitzustellen, und zwar »in einem Umfang, welcher die laufende Erledigung des [...] festgelegten Produktionsprogramms sichert«. Die Sowjetregierung ihrerseits gab Junkers die Zusage, jährliche Bestellungen auf 150 Flugzeugeinheiten und mindestens die gleiche Anzahl von Motoren zu erteilen. Die beiden anderen Verträge betrafen die Einrichtung einer Luftlinie von Schweden nach Persien über sowjetisches Gebiet hinweg sowie eine Luftvermessungskonzession für die 55 56 57 58 59
Ebd., Bl. 40 ff. Ebd., Bl. 42. Wie A n m . 53, Bl. 14. Ebd.; vgl. auch das Schreiben Fischers an Niedermayer vom 1 9 . 1 1 . 1 9 2 2 , ebd., Bl. l f . Im Folgenden: Konzessionsvertrag Nr. 1, BA-MA, R H 8/3682, Bl. 6 1 - 9 4 .
3. Seeckt contra Brockdorff-Rantzau — Der Stand am Jahresende 1922
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Dessauer Firma. Mit der Ratifikation durch den Rat der Volkskommissare am 28. Februar 1923 traten die Verträge am selben Tag in Kraft60. Der mit der Produktionskonzession verbundene Liefervertrag war am 4. Dezember 1922 unterzeichnet worden und sah die Bestellung von 100 Flugzeugen durch die sowjetischen Luftstreitkräfte vor. Vier verschiedene Typen mit vertraglich fixierten Leistungsdaten sollte Junkers zu Stückpreisen zwischen 20000 und 24000 Rubel bis zum April 1924 an diese ausliefern 61 . Major a.D. Wilhelm Schubert übernahm am 1. Februar 1923 für das Unternehmen die Leitung des Werkes in Fili und bezog als Direktions- und Verwaltungsgebäude ein großes Wohnhaus an der Petrograder Chaussee (Nr. 32) im Nordwesten Moskaus. Ein Jahr währende harte und zähe Verhandlungen waren am Ende zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht worden. Ausgerechnet ein mittelständisches Unternehmen wie Junkers hatte den entscheidenden Schritt gewagt und war ein wirtschaftliches Engagement in Sowjetrußland eingegangen. Nicht zuletzt darin lag auch das größte Risiko der ganzen Unternehmung für die Zukunft begründet: in der knappen Kapitaldecke.
3. Seeckt contra Brockdorff-Rantzau — Der Stand am Jahresende 1922 Am 17. Januar 1922 war Oskar v. Niedermayer von der ersten Verhandlungsrunde in Sachen Junkers aus Moskau nach Berlin zurückgekehrt, begleitet von Karl Radek und Nikolaj Krestinskij. Radek, der sofort den Chef der Heeresleitung zu sprechen wünschte, mußte zunächst mit Hauptmann Fischer vorliebnehmen 62 . In zwei Unterredungen mit Wirth und Rathenau beschwor er am 18. Januar die besondere »Schicksalsgemeinschaft« beider Länder und berührte in einem anschließenden Gespräch mit deutschen Großindustriellen, darunter neben Rathenau auch Stinnes und Krupp-Direktor Wiedfeldt, u. a. die rüstungswirtschaftlichen Interessen seiner Seite (»Auch für die Rote Armee brauchen wir Industrien. Hier sind besondere Kredite nötig«) 63 . Am 10. Februar kam es endlich zu der von Radek gewünschten Begegnung mit Seeckt. Oberst Hasse notierte darüber in seinem Tagebuch: »Seeckt schildert ihn als sehr klugen und gewandten Juden, der die russische Kriegsindustrie mit deutscher Hilfe aufbauen will. Auch will er Besprechungen der Generalstäbe über mögliche militärische Lagen sowie die Hergabe deutscher Vorschriften und militärischer Literatur zur Förderung des sehr tiefstehenden russischen Offizierskorps 64 .«
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Schriftsatz des R W M (HWA) vom 1 3 . 1 . 1 9 2 6 : Das Junkers-Unternehmen in Fili (Rußland), BA-MA, RH 2/1130, S. l f . Ebd., S. 9f. Aufz. Liebers, BA-MA, N 62/39, S. 111. Undatierte Aufz., BA, R 43 1/132, Bl. 67—70, sowie die Aufzeichnungen Hauschilds und Maltzans vom 2 7 . 1 . 1 9 2 2 , A D AP, A, BdV, Dok. 256 f., Zitat S. 553. Lieber, wie Anm. 62, S. l l l f .
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II. Die Anbahnungsphase 1920—1922
Als Anfang April die sowjetische Genuadelegation in Berlin Zwischenstation machte, sprach Außenkommissar Cicerin Reichskanzler Wirth auf die Tätigkeit von Reichswehroffizieren in Rußland an und trug bei dieser Gelegenheit heftige Beschwerden über Oskar v. Niedermayer (Neumann) vor. Dieser habe während seines Besuchs im vergangenen Winter im Namen des deutschen Reichskanzlers umfangreiche Kohlelieferungen (die sprichwörtlichen >Neumannschen KohlenIzvestija< in einem Artikel unter der Uberschrift: »Sovetskaja krasnaja armija i Germanija< (Die sowjetische Rote Armee und Deutschland) vom 15. März alle Hoffnungen auf die Rote Armee als naiv zurückwies, soweit sie von der Rechtspresse Deutschlands genährt würden26. Trotz des offenkundigen Fehlschlags war man im Reichswehrministerium entschlossen, den einmal geknüpften Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen und auf den Wunsch Moskaus nach einer gemeinsam betriebenen längerfristigen militärischen Aufbauarbeit einzugehen. Ein Brief Hasses vom 25. März an seinen Moskauer Gesprächspartner Rozengol'c, in dem er erneut das auf Seeckt zurückgehende Schlagwort vom deutschen Befreiungskrieg gegen die Versailler Mächte erwähnte, ebnete den Weg für eine zweite Reisedelegation des Reichswehrministeriums in die sowjetische Hauptstadt27. Dem veränder22
23 24 25 26 27
Mentzel, wie Anm. 16, S. 12ff. Pavel Pavlovic Lebedev (1872-1933), 1919-1924 Stabschef der RKKA. Boris Michailovic Saposnikov (1882—1945), 1928—1931 und 1937—1942 (mit Unterbrechungen) Chef des Generalstabs, 1940 Marschall der Sowjetunion. Mentzel, wie Anm. 16, S. 15. Ebd., S. 1 9 - 2 1 . Aufz. Brockdorffs vom 6.3.1923, ADAP, A, Bd VII, Dok. 125. H. Grieser, Die Sowjetpresse über Deutschland in Europa 1922—1932, Stuttgart 1970, S. 54. Aufz. Brockdorffs über ein Gespräch mit Skljanskij vom 29.4.1923 und Schreiben an Cuno vom 23.5., wie Anm. 16, Bd2. Vgl. auch Müller, Das Tor zur Weltmacht, S. 120.
2. Die Reisemissionen des Frühjahrs und Sommers
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ten Verhandlungsschwerpunkt entsprechend, führte jetzt Oberstleutnant Mentzel als Stabschef des Heereswaffenamts die wiederum sechsköpfige Reisegruppe an, zu der neben Tschunke und v. Plotho diesmal mit Paul Schmerse von der Gutehoffnungshütte, Ernst Arthur Thiele vom Verband technisch-wissenschaftlicher Vereine sowie Hugo Stoltzenberg auch drei Industrievertreter gehörten28. Gleich nach der Ankunft in Moskau begab sich Mentzel am 26. April zusammen mit Tschunke zu Brockdorff-Rantzau, um die Marschroute für die anstehenden Verhandlungen im Kriegskommissariat zu besprechen. Nach den Erfahrungen mit der Mission Hasses war der Botschafter diesmal entschlossen, sich aktiv in die Gespräche der Militärs einzuschalten, insbesondere deren Anbahnung durch eine persönliche Kontaktaufnahme mit Skljanskij selbst in die Hand zu nehmen29. Wieder, wie schon im Februar, ließ sich Trockij entschuldigen, diesmal mit dem Argument, die Verhandlungen sollten besser »von Militärs zu Militärs« geführt werden30. Die Gespräche begannen am 27. April im Kriegskommissariat. Anstelle Bogdanovs vertraten jetzt Ivan Smirnov und Michail Michailov-Ivanov den Obersten Volkswirtschaftsrat, während ansonsten dieselben Personen wie im Februar für die sowjetische Seite verhandelten31. Skljanskij eröffnete die Unterredungen mit seiner alten Forderung, die deutsche Delegation müsse ihr Interesse an einem rüstungswirtschaftlichen Engagement in Rußland zuerst durch eine konkrete Geldsumme unter Beweis stellen, bevor für die Rekonstruktion mit deutscher Hilfe geeignete Betriebe gemeinsam besichtigt werden könnten32. Mentzels Gegenargument, die Höhe der Summe hinge eben vom Zustand der in Aussicht genommenen Industrieobjekte ab, verfing nicht. So blieb dem deutschen Verhandlungsleiter keine andere Wahl, als der Forderung Skljanskijs nachzukommen und in der Nacht zum 28. April ein schriftliches Angebot an die sowjetische Seite zu formulieren. »Es ist beabsichtigt, mit Rußland sofort einen Abschluß auf Lieferung einer sehr bedeutenden Menge gleichwertiger Industrieerzeugnisse zu machen«, begann Mentzel sein Schreiben und fuhr fort: »Hierfür ist jedoch Voraussetzung, daß wir uns durch Augenschein davon überzeugen, daß die in Frage kommenden russischen Industrien diesen Auftrag in annehmbaren Fristen, gutem Material und gleichwertiger Ausführung nach unseren Wünschen abwickeln können.« Eine Anlage zum Schreiben enthielt Art und Umfang der beabsichtigten deutschen Aufträge, darunter 1—1,5 Mill. Gewehre, 50000—60000 Maschinengewehre, 300 Feldgeschütze und 500000—900000 Schuß Artilleriemunition 33 . 28
29 30 31
32 33
Mentzel, wie Anm. 16, S. 28 ff. Zu Paul Schmerses Rolle als rüstungswirtschaftlicher Verbindungsmann von Paul Reusch vgl. E.W.Hansen, Reichswehr und Industrie, Boppard am Rhein 1978, S. 7 0 - 7 5 . Aufz. Brockdorffs vom 29.4., wie A n m . 27. Ebd. Mentzel, wie Anm. 16, S. 36 ff. Ivan Nikitic Smirnov (1880—1936), enger Freund Trockijs, Opfer des 1. Schauprozesses von 1936. Michail Seliverstovii Michailov-Ivanov (1894—1931), zuletzt Direktor des Stalingrader Traktorenwerks. Mentzel, ebd. Schreiben Mentzels an Skljanskij vom 27.4.1923, PA-AA, Botschaft Moskau, »Kupferberg-Gold«, Bd 3.
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III. Das Jahr 1923 als Katalysator der militärischen Beziehungen
Bei der Ubergabe seines Angebots an Skljanskij nannte Mentzel auch eine Summe, die das Reichswehrministerium als Entgelt für die angeführten Bestellungen in die russischen Rüstungsbetriebe zu investieren bereit war: 35 Mill. Goldmark 34 . Mentzels Angebot brach das Eis. A m 30. April lag eine Reiseroute zu den wichtigsten der in Frage kommenden Industrieobjekte im europäischen Teil Rußlands vor 35 . Die Feierlichkeiten zum 1. Mai unterbrachen die Verhandlungen; die deutschen Besucher begaben sich zum Roten Platz, um dort als Ehrengäste die Maiparade zu erleben. Mentzel notierte in seinen Aufzeichnungen: »Wir standen unmittelbar hinter der Rednertribüne auf der erhöhten Anlage mit den Gräbern der Revolution.« Es folgte das bis heute unveränderte militärische Zeremoniell: »Er [Trockij] schritt vom rechten Flügel die Front ab, von den Truppen mit Hurra begrüßt, das sich von Truppe zu Truppe fortpflanzte [...]. Die Fahnen traten vor die Front, und Trockij bestieg die Rednertribüne. Er sprach mit weithin hallender Stimme [...]. Dann folgte ein Hoch auf die Weltrevolution, in das wir natürlich einstimmten.« D e m schloß sich ein fast zweiwöchiges Besichtigungsprogramm durch eine Reihe von Industriebetrieben im europäischen Rußland an. Von Rozengol'c und Smirnov begleitet, reisten die deutschen Offiziere im eigenen Salonwagen von Ort zu Ort, übernachtet wurde zumeist auf den Bahnhöfen der nächstgelegenen Städte. Auf das erste Reiseziel Petrograd (Putilov-Werke, Zünderfabrik und Baltische Werft) folgten das Pulverwerk in Schlüsselburg (Petrokrepost') und am 7./8. Mai das Zentrum der russischen Handfeuerwaffenindustrie Tula mit Gewehrfabrik und Pulverwerk. Von dort aus ging es weiter über Orel nach Brjansk, wo die große Waffenschmiede >Krasnyj Profinterngesicherten< 75 Mill. Goldmark aus dem Reichswehrministerium, aufs Spiel gesetzt. Cunos Sturz über die wirtschaftliche und soziale Krisensituation im Reich befreite Moskau am 12. August aus seinem monatelangen Tolerierungsdilemma. Am folgenden Tag brachte die >Pravda< einen Leitartikel unter der Schlagzeile: »Deutschland am Vorabend der Revolution« 75 . Doch hielt man sich noch immer zurück, galt es doch, die ersten Schritte des neuen Kabinetts Stresemann abzuwarten. Erst Ende August, als die Gefu in der sowjetischen Hauptstadt gerade ihr ständiges Quartier bezog, beschloß eine Mehrheit im Moskauer Politbüro, in Deutschland die Signale auf Revolution zu stellen76. Als um die zweite Septemberwoche Stresemanns geheime Fühlungnahmen mit Frankreich zwecks Einstellung des Widerstandes an der Ruhr bekannt wurden, fielen im Kreml die letzten Rücksichten. Während Hugo Stoltzenberg und die Vertreter der Gefu in der letzten Septemberwoche mit ihren sowjetischen Partnern den Bersol'-Vertrag aushandelten, verabschiedete das Politbüro den KPD-Vorsitzenden Heinrich Brandler mit einem klaren Revolutionsauftrag Richtung Deutschland 77 . Als Radek am 27. September, dem Tag nach dem Abbruch des Ruhrkampfes durch die Regierung Stresemann, BrockdorffRantzau die geharnischte Antwort der Sowjetregierung auf das Cuno-Angebot vom Juli überbrachte (siehe III. 2.), waren die Würfel endgültig gefallen. Von der hinhaltenden Tolerierung Cunos war man zur revolutionären Offensive gegen Stresemann übergegangen. Monatelang von revolutionären Aktionen zurückgehalten, wurden die deutschen Kommunisten jetzt energisch vorwärts gedrängt. Trockij rechnete der KPD am 19. Oktober die einmalig günstige Kräftekonstellation vor: Ganze 100000 Mann Reichswehr, 135000 Mann Polizei und >faschistische< Wehrverbände zwischen 200000 und 400000 Mann stünden momentan dem Millionenheer des bewaffneten deutschen Proletariats gegenüber78. Zinov'ev empfahl in seinem berühmten Telegramm vom 1. Oktober seinen deutschen Genossen sogar, die Reichswehrverbände schlichtweg zu ignorieren 79 . 74 75 76
77 78 79
Aufz. Brockdorffs vom 1.8.1923, PA-AA, Botschaft Moskau, Mission Heller-Morsbach. Eichwede, Revolution und internationale Politik, S. 59. Unter der vielfältigen Literatur über die Moskauer Augustvorgänge des Jahres 1923 ist die detaillierteste Untersuchung immer noch die von W.T. Angress, Stillborn Revolution, dt.: Die Kampfzeit der KPD. 1921—1923, Düsseldorf 1973, S. 427ff. Vgl. auch D. Möller, Stalin und der »deutsche Oktober« 1923, in: J b G O , 13 (1965) 2, S. 212—225. Fischer, Stalin und der deutsche Kommunismus, S. 384, 393. Eichwede, Revolution und internationale Politik, S. 71. Wiedergegeben bei Angress, Stillborn Revolution, S. 440 f.
4. Seeckt-Diktatur statt Deutscher Oktober — Die Lage am Jahresende
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Die Art, wie es zum kläglich gescheiterten Revolutionsversuch vom Herbst 1923, jenem in Moskau mit so vielen Hoffnungen begleiteten >Deutschen Oktober< kam, ist bis heute noch mit mancherlei Fragezeichen behaftet. Inwieweit haben dabei die militärischen Beziehungen zwischen beiden Ländern eine Rolle gespielt? Hatte Hasses Ankündigung eines nationalen Befreiungskrieges vom Februar in Moskau den Eindruck erweckt, weite Teile des Reichsheeres würden sich bei einer kriegerischen Zuspitzung des Ruhrkampfs im nationalrevolutionären Lager wiederfinden? In welchem Ausmaß waren solche nationalrevolutionären Illusionen gegenüber dem bürgerlichen Deutschland und als taktische Folge dessen der Schlageterkurs dadurch mit verursacht? Und vor allem: Hatte die detaillierte Offenlegung des deutschen Wehrpotentials durch den Truppenamtschef die Sowjetführung dazu verleitet, der KPD einen vermeintlich leichten Waffengang im Kampf um die Macht zu prophezeien? Statt des Deutschen Oktober übernahm am 9. November 1923 der Chef der Heeresleitung, Hans v. Seeckt, zusammen mit seinen Wehrkreiskommandeuren die vollziehende Gewalt im Reich. Deutschland erhielt eine militärische Nebenregierung. Dennoch hatte Moskau noch Glück im Unglück. Das deutsch-sowjetische Verhältnis und mit ihm auch die Militärbeziehungen kamen über die Turbulenzen des Herbsts 1923 glimpflich hinweg. Entweder überbot man sich in Moskau in den Monaten darauf mit öffentlichen Treueschwüren zur Rapallopolitik, wie ¿icerin, oder man umgab sich mit machtpolitischem Zynismus, wie Radek, den Brockdorff-Rantzau im Dezember 1923 mit dem Satz zitierte: »Ich bin überzeugt, daß die Sowjetregierung gut mit einer deutschen reaktionären Regierung arbeiten kann. Das ist auch der Wunsch des Generals v. Seeckt, der erklärt habe, man müsse den Kommunisten in Deutschland die Gurgel abdrücken, mit der Sowjetregierung aber zusammengehen80.« Seeckt enttäuschte die sowjetischen Hoffnungen nicht. Als er sich während der ersten Wochen seiner verfassungsmäßigen Diktatur Ende November 1923 mit Kanzlerschaftsplänen trug, vermerkte sein Entwurf für eine Regierungserklärung als eine der außenpolitischen Leitlinien den »Ausbau der wirtschaftlichen und politischen (militärischen) Beziehungen zu Rußland«. Weiter hieß es darin: »Dabei muß und kann die durchaus verschiedene Form der Regierung in beiden Staaten kein Hindernis bilden, da das Reich ebensowenig daran denkt, sich in die russischen Verhältnisse einzumischen, wie es jede äußere Einwirkung auf seine innere Gestaltung [...] abzuweisen und zu verhindern entschlossen ist81.« Somit brachte das Jahr 1923 einen wichtigen Klärungsprozeß. Moskau verabschiedete seine Illusionen über die rasche Revolutionierbarkeit Deutschlands und die vermeintliche Schwäche seines bürgerlichen Lagers, das, wie selbst Zinov'ev im Nachhinein bekennen mußte, eben »nicht von Rasputins geführt war«82. 80
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Aufz. Brockdorffs vom 14.12.1923, PA-AA, Geheimakten, Rußl. Handakten, Reichswehr u. Rußl., Bd 56. »Ein Regierungsprogramm« des Genends v. Seeckt, in: ARK, Stresemann I u. II, Bd 2, Anhang, Nr. 2 u. 3 (Entwurf einer Regierungserklärung). Zitiert nach Kochan, Rußland und die Weimarer Republik, S. 79.
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III. Das Jahr 1923 als Katalysator der militärischen Beziehungen
Die Art, wie Seeckt in den kritischen Herbsttagen 1923 mit den beschränkten Mitteln des 100000-Mann-Heeres die doppelte Herausforderung von links und rechts gemeistert hatte, nötigte Karl Radek noch Jahre später Worte des höchsten Respekts ab. So als er 1930 im Rückblick auf die damaligen Ereignisse die Geschicklichkeit, mit der Seeckt zwischen der Gefahr des sächsischen Aufstands und dem »Aufstand der Faschisten« laviert habe, einen »Beweis für die außerordentlich große strategische Manövrierfähigkeit Seeckts und der deutschen Bourgeoisie« nannte83. Die konterrevolutionäre Variante der deutsch-sowjetischen Verständigung im Sinne Radeks hatte sich durchgesetzt. Realpolitik und machtpolitisches Gleichgewichtsdenken triumphierten über Revolutionsabenteuer und vage Hoffnungen. Karl Radek formulierte es im Rückblick vom Moskauer Standpunkt aus so: »Wir sind Anhänger einer realen Politik und müssen eine deutsche Regierung begrüßen, die stark ist und auf eigenen Füßen steht. Eine Arbeiterregierung, die in Deutschland künstlich durch Sowjethände geschaffen wäre, wäre schwach gewesen. Der Sowjetbund trachtet nicht nach solchen Kunststücken, die die russische Revolution nur stören würden. Deutschlands Stärkung liegt im Interesse des Sowjetbundes, weil es ein Gegengewicht gegen den angelsächsischen Imperialismus bildet84.« Jener einflußreiche Teil der deutschen Bourgeoisie, der für eine konstruktive Rußlandpolitik zu haben war, bedeutete für Moskau ein politisches Grundkapital, das es für die nächste Zukunft zu sichern galt. Sowjetbotschafter Krestinskij hatte schon frühzeitig davor gewarnt, mit dem Sturz Cunos alle Brücken zum bürgerlichen Deutschland abzubrechen. »Stresemann wie auch die hinter ihm stehenden Kreise sind nicht gegen uns. Die mit ihm während des Regierungswechsels an die Macht gelangte Schwerindustrie ist nicht einheitlich in ihren Beziehungen zu uns«, schrieb er noch Anfang Oktober, als die Aufstandsvorbereitungen der Komintern bereits ihrem Höhepunkt zutrieben, an Außenkommissar Cicerin. Krestinskij weiter: »Thyssen entwickelt Beziehungen mit uns. Außerdem wird die Schwerindustrie im engen Kontakt mit der konservativen Militärgruppe von Seeckt regieren. Das ist die Gruppe, die, wie sich aus allen Mitteilungen ergibt, bedingungslos für die Aufrechterhaltung der Beziehungen mit Rußland eintritt 85 .« Die Lageeinschätzung des Berliner Sowjetbotschafters gründete sich nicht allein auf Mitteilungen^ Noch im September hatte Seeckt trotz der bereits angespannten inneren Lage des Reiches einem hohen sowjetischen Militär den Besuch der Reichswehrmanöver gestattet86. Im November d.J. wurde nach fast zweijähriger Abstinenz Oskar v. Niedermayer unter dem Decknamen Siebert (dem Mädchennamen seiner Frau) wieder in Moskau aktiv. Nicht nur die Sowjets, auch Brockdorff-Rantzau akzeptierte nach einer Unterredung mit Seeckt am 8. Februar 1924 seine Wiederverwendung87. Die Sowjets ihrerseits 83
84 85 86 87
Izvestija vom 1.8.1930, Übersetzung in: BA-MA, RH 8/914; vgl. Eichwede, Revolution und internationale Politik, S. 94. Materialien über den Ceka-Prozeß 1925, BA-MA, N 42/32, Bl. 56. Deutsch-sowjetische Beziehungen 1922—1925, (Ost-) Berlin 1978, Bdl,l, Dok. 125, S. 273f. Notizen Liebers, BA-MA, N 62/40, S. 32 f. Meier-Welcker, Seeckt, S. 451.
4. Seeckt-Diktatur statt Deutscher Oktober — Die Lage am Jahresende
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installierten mit Jakov Mojseevic Fisman, obwohl nach außenhin noch nicht in Erscheinung tretend, ihren ersten Militärattache an der Berliner Botschaft 88 . Die militärischen Beziehungen bewahrten den Impuls, den der dramatische Jahresbeginn 1923 ihnen beschert hatte, über das Jahresende hinaus. Die folgenden Jahre mußten zeigen, was innerhalb des verbliebenen Finanzrahmens und in den vereinbarten organisatorischen Formen zum gemeinsamen Nutzen zu leisten war, ob die Gefu, die Bersol' und die Junkerssche Konzession in Fili die von beiden Seiten in sie gesetzten Erwartungen würden erfüllen können.
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Jakov Mojseevic Fiäman (1887—1961), 1918 noch linker Sozialrevolutionär und Verurteilter im Bljumkin-Prozeß, war spätestens seit Frühjahr 1924 inoffizieller Militärattache der Sowjetbotschaft. Zu Filmans Karriere unter den BoliSeviki vgl. Vospominanija A. D. Naglovskogo, in: N2,90 (1968), S. 169. Für 1923 wird auf diesem Posten im Zusammenhang mit Waffengeschäften ein gewisser Petrov (vgl. Carsten, Reichswehr und Politik, S. 156f.) erwähnt, den die Sowjetregierung jedoch schon Ende 1923 aus dem Verkehr zog (Schreiben Cicerins an Brockdorff vom 29.1.1924, PA-AA, Büro Sts., Osec, Milit. Angel, mit Rußl., Bd 1).
IV. Die Phase der Konzessionen 1924—1926
1. Das Junkerswerk in Fili Nach den Bestimmungen des Konzessionsvertrags vom November 1922 sollte Junkers spätestens nach neun Monaten mit der Serienproduktion von Flugzeugen in Fili beginnen. Betriebsdirektor Schubert verzeichnete für den 29. Januar 1923 den Beginn der »produktiven Arbeit« und legte Anfang September den ersten Halbjahresbericht vor. Als bislang günstige Faktoren für das Unternehmen hatten sich der große Eifer und die individuelle Geschicklichkeit der russischen Arbeitskräfte erwiesen, ebenso das stark differenzierte Lohnsystem unter der NEP (»Der Lohnaufbau in Rußland ist gesünder als z. B. der deutsche«). Auch die Einschätzung des russischen Marktes und die Absatzaussichten erschienen als günstig. Als ungünstig hingegen waren in Erscheinung getreten: der Zustand der Gebäude und Anlagen in Fili, die wegen der extremen Uberbevölkerung Moskaus stets kritische Wohnungsfrage und die Transportprobleme zwischen Dessau und der sowjetischen Hauptstadt. Hinzu kamen die Auswirkungen der galoppierenden Inflation in beiden Ländern mit ihren rasanten Lohn- und Materialpreissteigerungen und die durch die Außenhandelspolitik des Sowjetstaates noch verstärkte Warenknappheit. Zu alldem kam das Drängen der Russen auf »Kapital und schnelleres Tempo«, was die Geschäftsführung zusätzlich unter Druck setzte. Schubert beklagte, die Firma werde mit den Folgen ihres unternehmerischen Engagements in Rußland mehr und mehr alleingelassen, und schloß: »Wir müssen daher im vaterländischen Interesse davor warnen, Junkers alle Konsequenzen seiner doch nicht freiwillig mit den Russen geschlossenen Verträge allein ziehen zu lassen, während ihm doch das politische und finanzielle Risiko abredegemäß eigentlich voll abgenommen werden sollte.« Seine Mahnung verband er mit einer finanziellen Nachforderung an das Reichswehrministerium, die neben einem einmaligen Baufonds von 500000 Dollar jährliche Subventionen in der gleichen Höhe umfaßte 1 . Moskaus Eindruck von dem bis dato in Fili Geleisteten, den Rozengol'c am 30. August zu Papier brachte, war wesentlich ungünstiger und zählte die folgenden Mängel und Versäumnisse auf: 1. Fili biete bisher lediglich Montage, aber keine Fabrikation. 2. Bei der Motorenfertigung zeigten sich grobe Fehlkalkulationen mit realen Kostenabweichungen von 90% gegenüber den Vertragsbestimmungen. 3. Verstoß gegen § 16 des Konzessionsvertrags, da keinerlei Anstrengungen zur Duralbevorratung erkennbar seien. 1
Schubert an Junkers vom 31.8.1923, BA-MA, RH 2/2290, Bl. 76-79.
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IV. Die Phase der Konzessionen 1924—1926
4. Von den 100 Anfang 1924 auszuliefernden Flugzeugen befänden sich zur Zeit gerade sechs in Montage. Nach sowjetischer Einschätzung war bereits zu diesem Zeitpunkt mit einer vertragsgemäßen Erfüllung des Lieferauftrags vom Dezember 1922 nicht mehr zu rechnen. Als erste Konsequenz drohte RozengoPc damit, die bereits zugesagte Anschlußbestellung von weiteren 150 Flugzeugen im Etatjahr 1923/24 so lange zurückzuhalten, bis der erste Auftrag vollständig erfüllt sei. Die Prüfung von Produkt, Preis und vertragsgemäßer Ausführung werde anschließend das weitere Verhalten der Sowjetregierung bestimmen. Einstweilen tätige man die notwendigen Flugzeugeinkäufe im westeuropäischen Ausland. Da das Dessauer Unternehmen mit unzureichenden Kapitalmitteln nach Rußland gekommen sei, schlug Rozengol'c vor, Fili aus einer Konzessions- in eine gemischte Aktiengesellschaft umzuwandeln und Junkers mit einem Lizenzvertrag abzufinden2. Im Oktober d. J. verschaffte sicH das Reichswehrministerium durch zwei Fliegerfachleute, Oberst a.D. Hermann von der Lieth-Thomsen und Major Helmut Wilberg, ein eigenes Bild vom Zustand des Betriebs. Ihr Bericht bestätigte im Wesentlichen die Einschätzung von Rozengol'c. Das Werk war kein Produktionsbetrieb, sondern bestenfalls eine Montagewerkstatt. Ein Vertrauensverhältnis zwischen den Sowjets und Junkers existiere im Moment nicht, ließe sich aber noch schaffen, wenn Rozengol'c den ernsten Willen der Firma zur Vertragserfüllung erkennen könnte. Dazu sei ein gewisser Druck des Reichswehrministeriums auf Junkers notwendig3. Inzwischen waren der Dessauer Firma die Flugzeugbestellungen der deutschen Militärs bei Fokker bekannt geworden, was als grober Vertrauensbruch empfunden wurde, der das Ansehen des Unternehmens bei den Sowjets erheblich mindern mußte. Noch im Oktober begannen in Berlin Verhandlungen über die in Fili aufgetretenen Probleme. Die Firma argumentierte mit einer Bringschuld des Reiches, die sich aus ihrem vorrangig im nationalen Interesse unternommenen wirtschaftlichen Engagement auf russischem Boden ergäbe. Die bisherigen 1,2 Mill. Goldmark, d.h. die 140 Mill. Papiermark aus dem Märzvertrag von 1922, seien für die Instandsetzung Filis bei weitem nicht ausreichend und müßten aufgestockt werden4. Das Reichswehrministerium entschloß sich zu einem Entgegenkommen und offerierte der Firma am 5. November einen Auftrag über 100 Kampfflugzeuge. Eine Vorauszahlung von 500000 Dollar sollte die Lieferung beschleunigen5. Am 9. November 1923 kam es zwischen Junkers und der Gefu zu einem Vertrag über den weiteren Vorauszahlungsmodus für den offerierten Bestellauftrag. Trotz des insgesamt günstigen Eindrucks, den eine Flugzeugdemonstration vor Offizieren im Dezember in Dessau gemacht hatte, zögerten die Militärs jedoch auch zu Jahresanfang 1924 noch mit seiner endgültigen Bestätigung. Die Gründe lagen zum einen Teil in den hohen Rosenholtz über Junkers-Unternehmen in Rußland, Moskau 30.8.1923, BA-MA, RH 8/3682, Bl. 95 ff. Beantwortung des Fragebogens Hauptmann Vogt (Oktober 1923), BA-MA, RH 8/3620, Bl. 2 f.; Das Junkers-Unternehmen in Fili (Rußland)..., 1. Schriftsatz des RWM (HWA) vom 13.1.1926, BA-MA, RH 2/1130, Bl. 12 f. 4 Ebd. (Schriftsatz RWM), Bl. 1 2 - 1 4 ; Aufz. Senftiebens vom 13.8.1926, AD AP, B, Bd 11,2, Dok. 86. 5 Ebd., Bl. 14. 2 3
1. Das Junkerswerk in Fili
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Stückpreisen und der schwierigen Selbstkostenprüfung, zum anderen im Bestreben der Militärs, Junkers auf dem Gebiet der Motorenfertigung zu einer Zusammenarbeit mit BMW zu bewegen, wogegen sich die Dessauer Firma entschieden zur Wehr setzte. Mit der gerade erst gegründeten Junkers Motorenbau GmbH wollte das Unternehmen selbst in diesen lukrativen Markt einsteigen. Eine Besprechung im Waffenamt endete am 16. Februar 1924 in dieser Frage ergebnislos6. Junkers kämpfte in den folgenden Wochen weiter um den in Aussicht gestellten Auftrag des Reichswehrministeriums über die 100 Maschinen, um damit die Zurückhaltung der Russen hinsichtlich ihrer Anschlußaufträge zu durchbrechen. Als die Militärs in Berlin im Frühjahr 1924 ihre Bestellofferte auf 50 Flugzeuge reduzierten, fürchtete Junkers sofort wieder um sein Ansehen bei den Sowjets und versuchte, das Reichswehrministerium für einen Kuhhandel zu gewinnen. Moskau sollte ein fest vereinbarter 100-Maschinenauftrag aus Berlin vorgespiegelt werden, um die Sowjets endlich zum Ordern zu bewegen. In der Bendlerstraße wies man dieses Ansinnen entrüstet von sich und ging, verärgert über die verweigerte Kooperation mit BMW, zur Dessauer Firma weiter auf Distanz. Die weitere Bestellpolitik, insbesondere auf dem Motorensektor, sollte nunmehr von einer erneuten Inspektion des Betriebes in Fili, im besonderen vom Ausbaustand der dortigen Motorenfabrikation, abhängig gemacht werden7. Am 4. März 1924 fuhren Oberst a.D. Thomsen, Hauptmann Vogt und ein Vertreter von BMW zu diesem Zweck nach Moskau, wo die zunehmende Distanz zwischen Reichswehrministerium und Junkers nicht verborgen geblieben war. Die Besprechungen mit Rozengol'c brachten wenig Neues. Sowjetische Anschlußaufträge würden so lange zurückgehalten, bis die Firma den Konzessionsvertrag vom 26. November 1922 korrekt erfüllt habe und das Moskauer Werk als Produktionsbetrieb für Flugzeuge und Motoren komplett eingerichtet sei8. Der Ausbaustand von Fili zeigte zwar unverkennbare Fortschritte gegenüber dem letzten Herbst, dennoch war der für Moskau so wichtige § 16 des Konzessionsvertrags eindeutig nicht erfüllt. Eine Bevorratung mit Dural war nirgends zu erkennen9. Unter dem Druck steigender Kosten bei ausbleibenden Aufträgen entschloß sich Junkers am 25. März zur Flucht nach vorn und offenbarte dem Reichswehrministerium gegenüber das ganze Ausmaß der finanziellen Probleme in Fili. 20 Mill. Goldmark seien nötig, um den Betrieb bis zum Ende des Jahres produktionsbereit zu machen. Entweder hätten die Militärs für insgesamt 150 Maschinen die volle Vorauszahlung zu erbringen, oder die Firma müßte die nötige Summe auf dem Kreditweg erhalten. 6
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Ebd., Bl. 15—19; vgl. auch die Junkers-Streitschrift: Entwicklung der Beziehungen zwischen Junkers und dem Reich bezüglich der Zusammenarbeit in Rußland, ADAP, B, Bd 11,2, Anhang I, S. 502. Schriftsatz RWM, wie Anm. 3, Bl. 19 f.; Brief Sachsenbergs und Veiels an Wurtzbacher vom 29.2.1924 und Schreiben Sachsenbergs an Oberst Thomsen vom 2.3.1924, in: Leipziger Volkszeitung vom 10.10.1928. Schriftsatz RWM, wie Anm. 3, Bl. 19 f.; ebenso Wurtzbacher an Junkers vom 26.5.1924, BA-MA, RH 2/2290, Bl. 4 2 - 4 6 . Schreiben Wurtzbachers, ebd., Bl. 44f.
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IV. Die Phase der Konzessionen 1924—1926
Ende April stand das Werk vor einem akuten Finanzbedarf von 600000$. Innerhalb weniger Tage mußten 150000 $ aufgebracht werden, um wenigstens die fälligen Gehälter zahlen zu können10. Der Alarmruf führte am 26. April zu einer Krisensitzung im Heereswaffenamt über Sofortmaßnahmen zur finanziellen Rettung von Fili. Vor den Generälen Hasse und Wurtzbacher präsentierte Professor Junkers seine Forderung über 20 Mill. Goldmark, die entweder durch weitere Vorschüsse auf Bestellungen, Kredite oder eine Kombination von beidem aufzubringen sei. Die Militärs rechneten der Firma ihre bisherigen Vorleistungen vor: Zwei Zahlungen von je 500000 $ im November 1923 und Februar 1924 ergaben eine Summe von rund 4 Mill. Goldmark an Vorauszahlungen für einen lediglich in Aussicht gestellten Liefervertrag. Insgesamt 8 Mill. Goldmark, die bereits gezahlten 4 Mill. eingeschlossen, seien das Äußerste, was zur Verfügung gestellt werden könne. Die noch fehlenden 12 Mill. Goldmark müsse sich das Unternehmen auf dem Kapitalmarkt beschaffen11. Inzwischen tat sich ein neuer Konfliktpunkt auf. Das Reichswehrministerium wollte sein 8-Millionen-Darlehen nur gegen Sicherheiten, d. h. einen Besitztitel an den Betriebsanlagen in Fili, geben. Junkers forderte die Summe hingegen >a fonds perdu< als Ausgleich für sein unternehmerisches Opfer im nationalen Interesse, willigte aber schließlich doch in das Abkommen vom 5. Mai 1924 ein. Er akzeptierte die 8 Mill. Goldmark, von denen die Hälfte noch ausstand, als Beihilfe, die, so Seeckt wörtlich, »Sie instandsetzen soll, den Ihnen fehlenden Betrag von 12 Goldmillionen im Kreditwege aufzunehmen und mit dieser Gesamtsumme das Werk in Fili auszubauen«12. Mitte Mai reisten Major Fischer und Hauptmann Vogt nach Moskau, um Rozengol'c über das Stützungsabkommen vom 5. Mai zu informieren. Der Chef der Roten Luftflotte hatte inzwischen neue Klagen über die Flugzeugfirma vorzubringen. Von den 100 im Dezember 1922 bestellten Flugzeugen waren trotz zweimaliger Verschiebung des Auslieferungstermins bis Mitte Mai erst 17 übergeben worden. Hinsichtlich der 30 Maschinen vom Typ J 22, an denen die Sowjets besonders interessiert waren, hatte Junkers sein Angebot sogar zurückziehen müssen. Statt dessen war der Auftrag auf 80 J-21-Jäger und 20 J-20-Wasserflugzeuge abgeändert worden. Auch waren weder bei der Motorenfabrikation noch bei der Duralbevorratung Fortschritte zu erkennen. Rozengol'c konstatierte die Nichterfüllung des Konzessions- wie des Liefervertrages von 1922 und stellte klar, daß unter diesen Umständen mit weiteren sowjetischen Aufträgen nicht zu rechnen sei. Wünsche nach einer Abänderung des Konzessionsvertrags im Sinne von mehr Wirtschaftlichkeit für das Unternehmen, wie von Junkers seit Anfang d.J. zunehmend ins Spiel gebracht, lehnte Rozengol'c ab, solange nicht wenigstens die laufenden Verpflichtungen der Firma korrekt erfüllt worden seien. Dagegen wiederholte er seinen alten Vorschlag, Fili in eine gemischte Gesellschaft umzuwandeln13, wogegen sich am 12. Mai BrockdorffSchriftsatz RWM, wie Anm. 3, Bl. 21—23. » Ebd., Bl. 15 f., 23 f. 12 Ebd., Bl. 24 f.; Brief Seeckts an Junkers vom 18.8.1924, BA-MA, RH 8/3683, Bl. 104. 13 Schriftsatz RWM, wie Anm. 3, Bl. 9 f., 25 f.; Wurtzbacher an Junkers vom 26.5.1924, wie Anm. 8. 10
1. Das Junkerswerk in Fili
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Rantzau mit dem Argument wandte, dadurch »würde einmal den Russen ausschlaggebender Einfluß auf die Geschäftsführung des Werkes [ge]geben, ferner [...] dem größten Teil der deutschen Arbeiter das Weiterarbeiten in der Fabrik unmöglich« gemacht 14 . Uber die finanztechnische Abwicklung der Abmachung vom 5. Mai kam es im Laufe der folgenden Wochen vollends zum Eklat. Die Gefu hatte am 2. Juni 1924 die restlichen 4 Mill. Goldmark der Beihilfe überwiesen. Junkers verlangte die Auszahlung eines Teils davon in Auslandsdevisen und versuchte, im Bemühen um weitere Geldquellen eine strittige Forderung von 2,1 Mill. Goldmark aus seinem Vertrag mit der Gefu vom November 1923 an die Deutsche Orientbank zu verpfänden15. Als die Gefu sich dagegen sperrte, wandte er sich in einem Brief vom 22. Juli d. J. direkt an den Chef der Heeresleitung und brachte heftige Beschwerden gegen sie und die Sondergruppe Rußland vor. Seeckts Antwort vom 18. August ließ an Härte und Entschiedenheit nichts zu wünschen übrig. Energisch wies er die Angriffe gegen die Gesellschaft zurück (»Ich billige das Verhalten der Gefu in allen Teilen«) und verbat sich mit Nachdruck alle weiteren finanziellen Nachforderungen seitens der Firma, deren unternehmerische Fehlleistungen ihr niemand abnehmen könne. Seeckt an Hugo Junkers: »Es wäre ein verhängnisvoller Irrtum von Ihnen, wenn Sie sich der Hoffnung hingeben würden, daß die S. G. [Sondergruppe] in der Lage wäre oder beabsichtigte, in einen unwirtschaftlichen Vertrag immer weiter ungeheure Summen hineinzustecken 16 .« Mit diesem Briefwechsel zerbrach im Spätsommer 1924 das Vertrauensverhältnis zwischen der Firma und dem Reichswehrministerium endgültig. Die Hoffnung auf einen Flugzeugauftrag aus Berlin konnte man in Dessau nunmehr gänzlich abschreiben. Am 22. Oktober antwortete Junkers mit dem Vorschlag, in der Sache ein unabhängiges Schiedsgericht anzurufen, was Seeckt am 26. November unter Berufung auf wichtige außenpolitische und Geheimhaltungsgründe zurückwies 17 . Im Dezember 1924 zerbrach auch das Vertrauensverhältnis zwischen Junkers und der Sowjetregierung. Die nach fast einjähriger Verspätung ausgelieferten Flugzeuge — nur 73 statt der bestellten 100 — waren nicht nur in den wichtigsten Einzelteilen fast alle in Dessau gefertigt worden, sondern wiesen zudem noch eine Vielzahl technischer Abweichungen von den Vertragsbestimmungen auf. Weder Geschwindigkeit, noch Gipfelhöhe, Gewicht, Zuladungskapazität oder andere Leistungsdaten entsprachen den im Liefervertrag von 1922 garantierten Werten 18 . Angesichts dieser Erfahrungen verlor man auch in Moskau jedes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit mit der Flugzeugfirma. Junkers reagierte mit einem Ultimatum an die Russen, ihre Anschlußaufträge bis spätestens zum 10. Dezember d.J. zu tätigen, andernfalls er die Arbeit in Fili einstellen werde 19 . Nachdem zum gesetzten Termin keine Reaktion erfolgt war, wandte sich ProAufz. Henckes vom 15.5.1924, PA-AA, Botschaft Moskau, »Kupferberg Gold«, Bd2. Seeckt an Junkers vom 18.8.1924, s.o. Anm. 12, Bl. 95—109. " Ebd., Bl. 107. 17 Schriftsatz RWM, wie Anm. 3, Bl. 28. 18 Ebd., Bl. 10 f. 19 Junkers-Streitschrift, wie Anm. 6, S. 508. 14
15
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IV. Die Phase der Konzessionen 1924—1926
fessor Junkers am 22. Januar 1925 in Briefen an verschiedene sowjetische Stellen und kündigte den Abbau des Betriebes an 20 . Im März 1925 war die Zahl der Beschäftigten in Fili von ursprünglich 1500 auf ca. 30 Mann reduziert 21 . Jetzt erst versuchten die Sowjets einzulenken. Das Hauptkonzessionskomitee reagierte durch seinen Vorsitzenden Georgij Pjatakov, der am 11. Februar Junkers in einem versöhnlich gehaltenen Schreiben zu besänftigen versuchte. Eine Nachbesserung der ausgelieferten Maschinen sei möglich, wobei die englische und französische Spitzentechnik den Maßstab der sowjetischen Qualitätsansprüche bildeten. Wenn alle vereinbarten Leistungsdaten stimmten, sei sogar ein vergrößerter Anschlußauftrag der Sowjetregierung möglich. Moskau, so Pjatakov weiter, versuche alles, um das Werk in Fili zu retten, und habe eigens eine Kommission eingesetzt, die nach Kräften um die Lösung der aufgetretenen Schwierigkeiten bemüht sei22. Während sich das Reichswehrministerium im Frühjahr 1925 durch ein unabhängiges Gutachten ein eigenes Bild vom Ausbaustand Filis machte, setzte Junkers seinen verzweifelten Kampf um russische Aufträge fort. Im Mai begannen Bestellverhandlungen über 48 Großflugzeuge der Typen G 23 und G 24. Zum Herbst war ein Teilauftrag über 15 Maschinen des neuesten Typs K 30, der militärischen Version der G 24, erteilt. Weitere Bestellungen machte Moskau von der Wiederaufnahme der Arbeit in Fili abhängig23. Doch blieb auch in der zweiten Jahreshälfte 1925 der Dessauer Firma das Pech treu. Die Verhandlungen über die 48 Großflugzeuge scheiterten im September endgültig, wodurch fest eingeplante Anzahlungen von 10—12 Mill. Goldmark verlorengingen 24 . Bei den 15 K-30-Maschinen fühlten sich die Russen durch einen um fast 100% überhöhten Stückpreis (210000 statt 110000 Rubel) übervorteilt und vermuteten betrügerische Machenschaften der Firma, insbesondere nach dem Bekanntwerden des Korruptionsfalles Scholl. Dieser hatte auf Anstiften von Gotthard Sachsenberg die beiden sowjetischen Luftfahrtbeamten Linno und Peterskij mit insgesamt 13000 Rubeln bestochen, um den russischen Aufträgen >nachzuhelfenFischertelegrammeEdmund Hugo Stinnes 4für Hoffmeister« vom 1 3 . 5 . 1 9 2 5 , wie Anm. 39, Bl. 53.
46
Meldung des H W A vom 2 9 . 5 . 1 9 2 5 , in: Völker, Dokumente, Nr. 10.
47
Telegramme Schuberts vom 13.6., 11.7. und 10.8.1925, wie Anm. 39, Bl. 9 1 , 9 7 u. 109. Werner Junck (1895—1976), 1944 als Gen. Lt. der Luftwaffe entlassen.Karl-August v. Schoenebeck (1898—1989), ehemals Mitglied des Richthofen-Geschwaders, 1944 Gen.Maj. Hugo Sperrle (1885—1953), erster Kommandeur der Legion Condor 1936, 1940 Generalfeldmarschall.
48
Brief Stahrs an Sperrle vom 10.10.1925, BA-MA, R H 2 / 2 2 9 3 , Bl. 85.
4. Flugzeug und Gas — Die Perspektiven der aerochemischen Waffe
123
deutscherseits Überraschung auslöste, konnten auf der F. D. XIII erste fliegerische Erfahrungen sammeln 49 . Mit dem Eingang der ersten 520000 hlf aus dem Verkaufserlös der 50 älteren Fokkermodelle auf die Konten der Gefu erhielten die Militärs im November zusätzliche Mittel für den Ausbau der Schule, so daß bis zum Jahresende 1925 fast 210 000 Rubel für Gehälter, Bauten und Gerät in Lipeck investiert werden konnten 50 . Noch weit höhere Aufwendungen waren nötig, bis das dortige Flugfeld seinen vorgesehenen Zweck zu erfüllen vermochte. Erst das folgende Frühjahr 1926 sollte die Aufnahme eines regulären Ausbildungs- und Übungsbetriebs für deutsche Flugschüler auf russischem Boden bringen. Auch auf anderen Rüstungsgebieten brachte das Jahr 1925 neue Entwicklungen.
4. Flugzeug und Gas — Die Perspektiven der aerochemischen Waffe Die Jahre 1924/25 führten neben der Militärluftfahrt auch auf dem kriegschemischen Gebiet zu einschneidenden Veränderungen in beiden Ländern und stellten die Arbeit auf neue organisatorische Grundlagen. In der Sowjetunion wurde im Zuge der Militärreform jener Jahre neben der Struktur des zentralen Militärapparats auch die Organisation und Führung der technischen Truppen neu geordnet. Im Juli 1925 folgte die Vereinigung der beiden bestehenden Zivilschutzorganisationen Dobrolet (für das Flugwesen) und Dobrochim (Gasschutz) zur Aviachim und damit die stärkere Konzentration des gesamten Zivilschutzsektors. Sämtliche Giftgasfragen wurden aus der zivilen Zuständigkeit des Wissenschaftlich-technischen Komitees beim Obersten Volkswirtschaftsrat herausgelöst und der durch Befehl des Revolutionären Militärrats vom 11. August 1925 gebildeten Militärchemischen Verwaltung (Vochimu) unterstellt. Diese unterstand der Verwaltung des Chefs für Nachschub (upravlenie Nacal'nika snabzenii RKKA) unter Iosif Unslicht, der seit Februar 1925 auch als stellvertretender Kriegskommissar amtierte. Die Führung der neugeschaffenen Militärchemischen Verwaltung übernahm ein Protégé Unslichts, der bisherige Militärattache an der Berliner Sowjetbotschaft, Jakov Fisman 51 . Die Kombination von Flugzeug und Gas und die sich daraus eröffnenden Perspektiven moderner Kriegführung beflügelten Mitte der 20er Jahre die Phantasie fast aller Generalstäbe Europas. Die Enthusiasten der aerochemischen Waffe, zu denen Fisman erklärtermaßen gehörte, sahen durch sie insbesondere das Ende der klassischen Artillerie gekommen. Mit seiner wachsenden Tragfähigkeit und Geschwindigkeit verdränge das Flugzeug als die »Uberkanone der Zukunft« in Wirtschaftlichkeit wie Wirksamkeit das traditionelle Kanonenrohr. Das Gas mit seiner geräuschlosen Dauerwirkung verdränge seinerseits die herkömmliche Brisanzgranate mit ihrer explosiven Kurzzeitwirkung. 49 50 51
Dazu Flugbericht vom 27.6.1926, BA-MA, RH 2/2297, Bl. 274. »Brieg an Dessau< vom 2 6 . 1 1 . 1 9 2 5 , BA-MA, RH 2/2294, Bl. 9 8 - 1 0 0 . V. Danilov, Stroitel'stvo central'nogo voennogo apparata v 1924—1928 gg., in: VIZ, 14 (1972) 6, S. 82.
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V. Der Beginn der Zusammenarbeit beider Luftwaffen 1924/25
So wie das Flugzeug das Geschütz als Trägermittel ablöse, werde das Gas an die Stelle des Pulvers treten. Eine Kombination von beiden müsse daher die Revolutionierung der gesamten Land- und Seekriegführung zur Folge haben. »[...] die Sprengstoffe«, schrieb Fisman 1924, »werden im Zukunftskriege nur noch untergeordnete Bedeutung haben; sie dienen lediglich zum Zerreißen der Hülle der Gas-Fliegerbombe und zum Zerstäuben der Chemikalien, ferner zum Beseitigen mechanischer Hindernisse, um dem Gase den Weg frei zu machen«52. Die sowjetische Militärpublizistik der 20er Jahre ließ keinen Zweifel daran, daß man die chemische Waffe als ein wirksames und für das eigene Land besonders vorteilhaftes Kriegsmittel betrachtete. Ein Aufsatz A.T. Kozevnikovs im Organ der militärwissenschaftlichen Gesellschaft >Vojna i technika< beschrieb ausführlich die besonderen geographischklimatischen Vorzüge, die die Sowjetunion als dünnbesiedeltes Land von großer Fläche und ebener Tektonik im Gaskrieg dem dichtbesiedelten Westeuropa voraushabe53. Die unbestrittene Bedeutung der Gaswaffe verlangte nach einer genauen Bestimmung ihrer taktischen Rolle wie ihres Stellenwerts innerhalb der Truppe. Fisman selbst hatte 1925 in einem grundlegenden Beitrag für die >Vojna i technika< das Problem behandelt, den richtigen Platz der chemischen Truppen im Gesamtgefüge der Armee zu bestimmen. Die Kernfrage, ob die chemischen Streitkräfte lediglich eine unterstützende Hilfswaffe seien oder zur entscheidungbringenden Hauptwaffe des Zukunftskrieges aufsteigen würden, blieb unentschieden. Differierende Auffassungen standen nebeneinander, eine gültige kriegschemische Doktrin der Sowjetunion war noch nicht gefunden54. Um so interessierter verfolgte man in Moskau die Diskussion im Ausland. Daß Jakov Fisman dabei vorrangig nach Berlin blickte, lag auf der Hand. Dort war Mitte der 20er Jahre das aerochemische Referat innerhalb der TA (L) angesiedelt, wo man, nicht zuletzt durch die aufmerksame Beobachtung des spanischen Marokkofeldzuges von 1925, die Bedeutung der aerochemischen Waffe erkannt hatte. Die Notwendigkeit eines wirkungsvollen Zivilschutzes gegen Gasangriffe aus der Luft führte bereits Anfang 1925 zu den ersten organisatorischen Maßnahmen auf diesem Gebiet. So wurde im Februar d.J. in einer >Chefbesprechung< zwischen Reichskanzler Luther, Außenminister Stresemann, dem Reichsinnenminister Schiele und General v. Seeckt die Gründung des >Instituts für Gasanalyse< an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg unter der Leitung von Professor Fritz Wirth beschlossen. Diese Einrichtung sollte unter der Federführung des Reichsinnenministers Fragen des Gasschutzes für die Zivilbevölkerung untersuchen, wobei es »mit dem Reichswehrministerium in den diesem Ressort dienenden Punkten die Fühlung aufrechtzuerhalten« hatte55. Das Interesse der Militärs galt jedoch nicht allein dem Gasschutz, sondern auch dem Gas als Waffe. Seit November 1923 existierte im Reichswehrministerium die >Kommis52 53 54 55
Zitiert nach R. Hanslian, Das chemische Kampfmittel im Zukunftskriege, in: W , 7 (1926), S. 142. Vojna i technika, (1926) 258, Übersetzung in: BA-MA, R H 12—4/46. Ebd., (1925) 236/237, Übersetzung ebd., Bl. 28. Notiz vom 2 0 . 1 1 . 1 9 2 6 über die Chefbesprechung vom 5.2.1925, BA, R 43 1/726, Bl. 88f. Zum Gaseinsatz im spanischen Marokkokrieg und der Beobachterrolle des Reichsheeres, vgl. R. Kunz/R.-D. Müller, Giftgas gegen Abd el Krim, Freiburg 1990.
4. Flugzeug und Gas — Die Perspektiven der aerochemischen Waffe
125
sion für chemische Fragen«, deren Hauptaufgabe in der organisatorischen und technischen Vorbereitung der Kampfstoffproduktion bestand. Anfang 1924 wurden dort im Zusammenhang mit den Volkskriegsplänen nach der französischen Ruhrinvasion die ersten theoretischen Studien über den Einsatz von Kampfgasen vom Flugzeug aus erarbeitet. Geklärt werden mußte zunächst das grundsätzliche Problem der chemisch-biologischen Wirkungsart des Kampfstoffes, d. h. die Frage Kampfgas oder Reizgas? Der Juni d.J. brachte die entscheidende Weichenstellung. Innerhalb der Heeresleitung war man zur Auffassung gelangt, daß eine nur vorübergehende Einwirkung auf den Gegner und sein Hinterland militärisch wertlos wäre. Infolgedessen wurde die Wiederaufnahme der Reizgasentwicklung von 1914 verworfen und der Weg der >harten< Farbkreuzkampfstoffe des Weltkriegs weiterverfolgt. Ende Juli 1924 kam es zum nächsten Schritt in Gestalt eines >Arbeitsplans für GaskampffragenZählosts< großflächige, nahezu undurchdringliche Gassperren im Gelände über Monate hinweg haltbar zu machen. Lost wurde damit zum aussichtsreichsten Kampfstoff für die defensive Gaskriegführung, eine überaus verlockende Perspektive für die Hebung der Verteidigungsfähigkeit des kleinen 100000-Mann-Heeres57. Mit dem Jahre 1925 rückte das Interesse an praktischen Geländeversuchen in den Vordergrund, die Vorbereitungen für die industrielle Kampfstoffproduktion traten vorerst dahinter zurück. Die Zusammenarbeit mit einem Flugzeugbau- und einem Giftgasunternehmen Qunkers und Stoltzenberg) ermöglichte es den deutschen Militärs, auf dem aerochemischen Gebiet die Theorie zu verlassen und zur praktischen Versuchsarbeit überzugehen. Nach längeren Vorverhandlungen schloß das Reichswehrministerium am 23. Januar 1925 unter Federführung der TA (L) mit den beiden Firmen einen Vertrag über »gemeinsame praktische Versuche für die Anwendung von Chemikalien aus dem Flugzeug für Schädlingsbekämpfung und Reklameschrift«. Stoltzenberg stellte insgesamt 881 Versuchsstoffe sowie das gastechnische Know-how zur Verfügung, Junkers bot Flugstunden in Höhe von 90000 RM und die Ablaßtechnologie vom Flugzeug. Das Reichswehrministerium übernahm die Auswahl und Herrichtung eines geeigneten Versuchsgeländes. Die Kosten für das Versuchsprogramm teilten sich die Militärs und die beiden Firmen je zur Hälfte, bei einer Verlegung der Arbeit »ins 56
57
Stab HL (gez. Ritter v. Haack) vom 6.6.1924 und Arbeitsplan für Gaskampffragen vom 31.7.1924, BA-MA, RH 2/2207, Bl. 6, 21 ff. Vgl. O. Groehler, Der lautlose Tod, (Ost-)Berlin 4 1987, S. 82f.
126
V. Der Beginn der Zusammenarbeit beider Luftwaffen 1924/25
Ausland« (!) sollten sie ganz von den Militärs getragen werden. Zum Test standen zwei grundsätzliche Verfahren des aerochemischen Einsatzes: das sogenannte Spritzverfahren, d. h. das Abblasen des flüssigen, festen (als Aerosol) oder gasförmigen Kampfstoffes aus der Luft, und der Gasbombenwurf 58 . Im März 1925 schaltete sich Jakov Fisman, damals noch in der Rolle des >inoffiziellen< Militärattaches an der Berliner Sowjetbotschaft, in die laufenden deutschen Vorarbeiten ein und verlangte gegenüber Major Fischer und dem Chef des Verwaltungsreferats der TA (L), Rittmeister Baeumker, in fast ultimativer Form eine sowjetische Beteiligung an den geplanten Vorversuchen. Seine Aufdringlichkeit erreichte schließlich ein solches Maß, daß sich Fischer angesichts des »sehr aggressiven Verhaltens des Hferrn] Fi[schmann]« in aller Form gegen Einmischungsversuche in die inneren Angelegenheiten des Reichswehrministeriums verwahrte. Dieser ließ sich jedoch nicht abschütteln und bestand auf einem Gespräch mit Truppenamtschef Hasse, der ihm die Notwendigkeit interner Vorarbeiten der deutschen Seite auseinandersetzte, jedoch insoweit Entgegenkommen zeigte, als schon jetzt beide Seiten die technischen Voraussetzungen für gemeinsame Versuche klären sollten, »damit nach Abschluß der Vorversuche in Deutschland der Beginn der gemeinsamen Arbeit in Rußland unverzüglich vor sich gehen kann«, eine Zusage, nach der sich der erneut sehr ungeduldige Fisman am Ende »einigermaßen beruhigt« zeigte59. Im Juni des Jahres begannen die ersten aerochemischen Geländetests im Rahmen des Januarabkommens mit Junkers und Stoltzenberg nahe dem ostpreußischen Rossitten (Rybacij), die im September an gleicher Stelle in vergrößertem Umfang fortgesetzt wurden. Gegen Jahresende waren alle in Deutschland durchführbaren Außenexperimente abgeschlossen und die Militärs in Berlin bereit, »die Inlandsversuche abzubrechen und zu entscheidenden Versuchen ins Ausland überzugehen«60, ein Ziel, für das bereits im Laufe des Herbsts mögliche Übungsplätze in der Sowjetunion, so z.B. Luga im Leningrader Militärbezirk, ausgewählt und erkundet wurden 61 . Nach Ablauf des ersten Jahres kündigte das Reichswehrministerium im Januar 1926 seinen Kooperationsvertrag mit Junkers und Stoltzenberg vom Vorjahr. Nicht zuletzt Geheimhaltungsgründe und die schlechten Erfahrungen mit beiden Firmen in Rußland (siehe IV.) ließen die Militärs die ungehinderte Operationsfreiheit und Unabhängigkeit von unternehmerischen Partnern anstreben. Parallel dazu erfolgte die organisatorische Neuordnung des aerochemischen Referats, das aus den Händen der TA (L) in die Zuständigkeit des Heereswaffenamts und eine dort innerhalb der Abteilung Waffenprüfwesen 6 F eingerichtete Stelle (II c) überging. Aus Tarnungsgründen kam es Ende Februar 1926 zur >Privatisierung< dieses Arbeitsbereichs in Form einer G m b H , der Gesellschaft für landwirtschaftliche Artikel (Gela), deren Aufgabengebiet im internen Dienstverkehr des Reichswehrministeriums unter der unverdächtigen Bezeichnung >Schädlingsbekämpfung< firmierte. Nach außen hin war es die Gela, die den Kontakt zu Wissenschaftlern auf 58 59 60
61
BA-MA, R H 2/2207, Bl. 3 1 - 3 7 . Besprechungen vom 18. u. 20.3.1925, ebd., Bl. 38—40. Vorschlag zur Bildung einer G m b H zur Weiterverfolgung der Gaskampffragen des Luftkrieges, ebd., Bl. 55—61. Undatierte Aktennotiz »Besprechung mit Salzmann< (gez. Hackmack), BA-MA, R H 2/2213, Bl. 202.
4. Flugzeug und Gas — Die Perspektiven der aerochemischen Waffe
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dem Kampfgasgebiet hielt und die nötigen Fachkräfte unter Vertrag nahm. Unter dem Deckmantel einer anderen Tarnfirma, Schulz & Co (Berlin, Augsburger Straße Nr. 68), wurden die organisatorischen und logistischen Fragen des Fluggeräts und der Fliegerkampfmittel zusammengefaßt62. Damit waren spätestens im Frühjahr 1926 von den technischen wie organisatorischen Voraussetzungen her alle Weichen gestellt, um zur Versuchstätigkeit im >Ausland< überzugehen. Doch während die militärischen Fachleute ganz in ihren Planungs- und Vorbereitungsarbeiten aufgingen, war seit Jahresfrist das politische Verhältnis zwischen Berlin und Moskau ähnlich dem Jahre 1923 auf eine erneute Belastungsprobe zugesteuert. Im Unterschied zu damals entsprang sie diesmal nicht primär innen-, sondern außenpolitischen Konstellationen und fand ihren Ausdruck in einem Begriff: Locarno.
62
Besprechungsprotokoll vom 21.1.1926, wie Anm. 58, Bl. 62f.; vgl. Groehler, Der lautlose Tod, S. 87, und Hansen, Reichswehr und Industrie, S. 117, ebenso BA-MA, RH 2/3625, Bl. 4, 86.
VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
Der Herbst 1923 hatte der Rapallopolitik die bislang härteste Belastungsprobe beschert (siehe III. 4.). »Die Russen hatten unglaubliches Glück; [...] Rapallo ging aus dem von Rußland unterstützten revolutionären Zwischenspiel unbeschädigt hervor« 1 . Obwohl man Stresemanns Außenpolitik von Anfang an mit Mißtrauen verfolgte, schien doch zum Jahresanfang 1924 das deutsch-sowjetische Verhältnis in den Augen Moskaus wieder ungetrübt. Stresemanns Bekenntnis zum Rapallokurs vor dem Auswärtigen Ausschuß des Reichstags am 18. Februar als Antwort auf die Initiative des britischen Premierministers Ramsay Macdonald vom 12. d.M. wurde von Cicerin vier Tage später in der >Izvestija< mehr als beifällig kommentiert. Zu Macdonalds Vorschlag, Deutschland und die Sowjetunion sollten beide Aufnahme in den Völkerbund finden, schrieb der sowjetische Außenkommissar, es sei »völlig klar, daß Deutschland und die Sowjetrepublik nur dann der Völkergemeinschaft beitreten können, wenn diese eine völlig andere Form als der jetzige Völkerbund besitzt«. Ein isolierter Beitritt Deutschlands wäre das Ende des Rapallosystems. Stresemann habe den Sinn Rapallos für die deutsche Außenpolitik und ihren erweiterten Spielraum gegenüber Dritten verstanden und sich zu eigen gemacht. (Üicerin weiter: »In der internationalen Politik schließen diejenigen, die stärker sind, vorteilhaftere Abkommen ab. Und Deutschland wird mit Frankreich ein Abkommen zu vorteilhafteren Bedingungen abschließen, wenn Deutschland stärker wird, und es wird nur dann stärker, wenn das System des Kanzlers Wirth beibehalten wird 2 .« Doch schon bald darauf erhielt Moskaus Mißtrauen gegenüber Stresemann neue Nahrung. Da war zunächst der diplomatische Konflikt um die polizeiliche Durchsuchung der sowjetischen Handelsvertretung in Berlin am 3. Mai 1924, ir der die Sowjetregierung eine gravierende Verletzung der diplomatischen Immunität and einen Bruch des Handelsabkommens vom Mai 1921 erblickte. Zu den sowjetischen Diplomaten, die, wie es in der Protestnote Botschafter Krestinskijs an das Auswärtige Amt hi^ß, Opfer von Polizeiübergriffen geworden waren, gehörte auch der inoffizielle Militärattache Jakov Fisman, der »in rohester Weise unter Anwendung physischer Gewalt mißhandelt« wurde3. Der Vorfall, der nach wochenlangen Irritationen in einem gemeinsamen Protokoll vom 29. Juli d.J. beigelegt wurde, bot der Sowjetpresse Anlaß zu vielfältigen Spekulationen über einen Kurswechsel der deutschen Politik, die durch antisowjetische Vorleistungen ein Wohlwollen der Entente in der Reparations- und Räumungsfrage zu erkaufen trachte. 1 2 3
Kochan, Rußland und die Weimarer Republik, S. 86. Deutsch-sowjetische Beziehungen 1922—1925, B d l , l , Dok. 149, Zitate S. 302, 300. Note Krestinskijs vom 4.5.1924, ebd., Dok. 171, Zitat S. 334.
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VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
Hinzu kam im August die Teilnahme Deutschlands an der Londoner Reparationskonferenz und die Annahme des Dawes-Plans im deutschen Reichstag am 28. d.M. Wegen des Kapitalhungers seiner Bourgeoisie habe Deutschland, so in einem Kommentar Radeks aus jenen Tagen, »als unabhängige Macht, die ihre Wirtschaftspolitik nach eigenen Interessen betreibt, aufgehört zu existieren« 4 . Der wirtschaftlichen Entspannung mit dem Westen in Gestalt des Dawes-Plans sollte nach der Konzeption Stresemanns die politische folgen; Ende September 1924 erging eine Note der Reichsregierung an die zehn Ratsmitglieder des Völkerbunds über die Bedingungen eines deutschen Beitritts. Die sich immer deutlicher abzeichnende Westorientierung der deutschen Außenpolitik, die Ablösung Maltzans als Staatssekretär im Auswärtigen Amt durch den >anglophilen< Schubert und der Wahlsieg der Konservativen in England steigerten gegen Jahresende noch die sowjetischen Befürchtungen. Das Dezemberangebot Cicerins an Brockdorff-Rantzau für einen Neutralitätspakt verfolgte das Ziel, die Reichsregierung gegen den erklärten Verzicht Moskaus auf eine aktive Außenpolitik gegenüber der Entente von einem Völkerbundsbeitritt abzuhalten 5 . Mit Jahresbeginn 1925 mobilisierte Moskau auch die Militärbeziehungen für seine Gegenstrategie wider den Locarnoprozeß. Am 14. Januar folgten Seeckt und Hasse erstmals einer Einladung in die Berliner Sowjetbotschaft zu politischen Gesprächen mit Krestinskij und dem Chef der Handelsvertretung Stomonjakov 6 . Im Monat darauf, am 24. Februar, zwei Wochen nach dem Garantiepakt-Memorandum der Reichsregierung an Paris, wurde der sowjetische Regierungschef Aleksandr Rykov höchstpersönlich gegenüber Brockdorff initiativ. Auf Cicerins Dezemberangebot abhebend, sprach der Sowjetpremier von französischen Lockangeboten an die eigene Adresse und zum Nachteil Berlins. Seine Regierung sei jedoch nicht bereit, darauf einzugehen, sondern »vielmehr entschlossen, mit Deutschland in ein näheres Verhältnis zu treten«. Anschließend deutete Rykov einen Bündnisvertrag an, den er der Reichsregierung vorschlagen wolle. Die notwendigen Verhandlungen müßten selbstverständlich unter strengster Geheimhaltung geführt werden, doch lege er »größten Wert darauf, daß der General von Seeckt über diese Verhandlungen auf dem Laufenden gehalten werde«. Rykov weiter: »Man sehe hier in dem General eine der sichersten Stützen des aufrichtig herzlichen Einvernehmens zwischen Deutschland und Rußland 7 .« Kurz darauf, am 9. März, war es wieder Cicerin, der beim deutschen Botschafter nachbohrte. Militärische Vereinbarungen, wie von Rykov angedeutet, lägen auch seiner Auffassung nach »tatsächlich nicht außerhalb des Bereichs des Erreichbaren. Man dürfe nicht vergessen, daß Rußland Deutschland für seinen militärischen Wiederaufbau nötig habe 4 5
6
7
Grieser, Sowjetpresse, S. 93. Vgl. Z. Gasiorowski, The Russian overture to Germany of December 1924, in: JMH, 30 (1958) 2, S. 9 9 - 1 1 7 . Brief Seeckts an seine Frau vom 15.1.1925, BA-MA, N 247/63. Boris Spiridonovic Stomonjakov (1882—1941), ein gebürtiger Bulgare, war Seeckt bereits aus dem Kriege als Dolmetscher im Stabe Mackensens bekannt. Vgl. V. V. Sokolov, Na postu zamestitelja narkoma inostrannych del SSSR, in: NNI, (1988) 5, S. 114. Aufz. Brockdorffs vom 2 4 . 2 . 1 9 2 5 , in: Walsdorff, Westorientierung und Ostpolitik, Anhang, Dok. 7.
VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
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und daß Deutschland Rußland sozusagen als Arsenal brauche«. Cicerin führte ein neues Argument ins Feld: Moskaus Politik werde sich in Zukunft verstärkt Asien zuwenden und dabei überall mit britischen Interessen zusammenstoßen. Insbesondere deshalb wolle er »ein enges, auch militärisches Zusammengehen mit Deutschland nicht von der Hand weisen, sondern befürworten« 8 . Was zwei Jahre zuvor 1923 an der Weigerung Moskaus gescheitert war, scheiterte jetzt an der Ablehnung Berlins, das nicht bereit war, den eingeschlagenen Weg nach Locarno in Frage stellen zu lassen. Dessenungeachtet setzten die Sowjets in ihrer Gegenstrategie weiter auf den militärischen Sektor. Während einer Unterredung mit Truppenamtschef Hasse am 19. M ä r z drückte Staatssekretär v. Schubert die Befürchtung aus, die Russen würden sich beunruhigt und verärgert über die »Westpaktverhandlungen« allgemein von Deutschland abwenden. Hasse widersprach dem nicht nur, sondern bestätigte für das militärische Feld geradezu den gegenteiligen Eindruck. Die Russen hätten »in letzter Zeit ein viel größeres Entgegenkommen gezeigt wie bisher. Offenbar fürchteten sie«, so fuhr der General fort, »daß wir uns mit den Westmächten vereinigen würden, suchten daher dies zu durchkreuzen, und näherten sich deshalb uns um so mehr 9 .« In der Tat brachten Frühjahr und Sommer des Jahres 1925 eine ganze Reihe von Zeichen eines auffälligen sowjetischen Entgegenkommens auf dem Gebiet der militärischen Beziehungen. Da war zunächst Pjatakovs Brief an Hugo Junkers vom 11. Februar mit seinen Konzessionen in der Filifrage (siehe IV. 1.). Im März folgte das hartnäckige Drängen Fismans auf den Beginn gemeinsamer Kampfgasversuche noch im laufenden Jahr (siehe V. 4.). Der April brachte den überraschend schnellen und problemlosen Abschluß des Lipeckvertrags, Mai und Juni den reibungslosen Transport der 50 Fokkermaschinen dorthin (siehe V. 3.). Im Juli vereinbarten die beiden Armeeführungen noch für den laufenden Sommer den Beginn regelmäßiger Manöverbesuche, und im September drängte Moskau auf die Legalisierung seines neuen Militärattaches Petrenko-Lunev an der Berliner Sowjetbotschaft 10 . N i m m t man das Frühjahr 1926 mit hinzu, das Vereinbarungen über gemeinsame Gasversuche, die Errichtung einer deutschen Panzerschule sowie ständige Generalstabs- und Marinekontakte brachte, wird offenkundig, wie sehr die Zusammenarbeit der beiden Armeen gerade in jenen 18 Monaten zwischen dem Frühjahr 1925 und dem Herbst 1926, während deren die Locarnopolitik ihren Höhepunkt und Abschluß erreichte, eine Intensivierung erfuhr. Die unverkennbar kompensatorische Funktion der Militärbeziehungen in jenem Zeitraum des Westschwenks der deutschen Außenpolitik hat Stresemann selbst in seiner nächtlichen Unterredung mit Cicerin am Vorabend seiner Abreise nach Locarno angedeutet. Auf dessen Hinweis, Deutschland sei die einzige Macht, die an den diesjährigen russischen Manövern teilgenommen habe, bestätigte der Reichsaußenminister die Exklusivi8 9
10
Ebd., Dok. 8. Notiz Schuberts vom 19.3.1925, PA-AA, Büro Sts., O Ru, Rückwirkungen der Garantiepaktverhandlungen ..., Bd 1, Bl. 275f. Aufz. vom 2 6 . 9 . 1 9 2 5 , ebd., Bd 4, Bl. 38.Sergej Vasilevic Petrenko-Lunev, ab 1934 Militärattache in Rom, Kombrig (1935).
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VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
tat des militärischen Verhältnisses beider Länder. Sein sowjetischer Kollege »ersehe daraus am besten, wie töricht all das sei, was man über [die] Westorientierung Deutschlands sage«11. Selbst Brockdorff-Rantzau sah im August 1925 in den militärischen Beziehungen »gegenwärtig das sicherste, wenn nicht einzigste Bindemittel eines Zusammengehens mit Rußland« 12 , eine Einschätzung, die nach Meinung des Grafen auch von der sowjetischen Führung völlig geteilt werde. »Die Zusammenarbeit am militärischen Wiederaufbau bedeutet nach der Auffassung sämtlicher maßgebenden Regierungsstellen in Moskau das wichtigste Bindeglied zwischen Deutschland und der Sowjetunion«, schrieb er im Januar 1926 als Quintessenz seiner Gesprächseindriicke aus der sowjetischen Hauptstadt in einem für Reichspräsident und Reichskanzler bestimmten Memorandum. Stresemanns forcierter Westkurs ließ den Botschafter um das Verhältnis zu Moskau in seiner Gesamtheit fürchten. Seine Empfehlung an die politische Spitze des Reiches votierte entsprechend ostentativ für die Sache der Militärs: »Die Bewilligung neuer Gelder von Reichs wegen für die Weiterführung der bisherigen militärtechnischen Zusammenarbeit bleibt unter diesen Umständen aus politischen Rücksichten erwünscht.« Herbert v. Dirksen aus der Ostabteilung des Auswärtigen Amts sekundierte dem Grafen bei dieser Auffassung 13 . Doch selbst Seeckts entschlossener Widerstand im Reichskabinett (»Verständigung mit Rußland unter allen Umständen notwendig, Eintritt in den Völkerbund unter Aufrechterhaltung des Artikels 16 unmöglich«) 14 konnte die Entwicklung nicht aufhalten. Daß sich jedoch gerade während der kritischen Locarnophase im Sommer und Herbst 1925 General v. Seeckt und die Reichswehr als die festeste Säule der Freundschaft mit Rußland erwiesen (Herbert v. Dirksen) 15 , war für Stresemann und die deutsche Außenpolitik keineswegs von Nachteil. Sobald nur die Militärs bereit waren, sich mit Locarno abzufinden, waren ihre Beziehungen zu Moskau ein nutzbarer Aktivposten der deutschen Politik. Die in ihren außenpolitischen Ambitionen in den Jahren zuvor häufig so konträren Institutionen Reichswehrministerium und Auswärtiges Amt fanden in einer Interessenkongruenz zusammen, die Außenpolitik und Rüstungsinteressen, vertragliche Sicherheit und militärische Stärkung Hand in Hand gehen ließ. Das Reichswehrministerium schirmte durch seinen »Draht nach Moskau< Stresemanns Westpolitik ab und ergänzte die deutsche Außenpolitik damit um jenes Element der Kontinuität, das Moskau erfolgreich beschwichtigte und Rapallo am Leben erhielt. Umgekehrt bewahrte Stresemanns umsichtige Diplomatie die für die Fortsetzung der Militärbeziehungen unverzichtbare politische Minimalbasis zwischen beiden Ländern, wie sie im Berliner Vertrag vom 24. April 1926 ihre Bestätigung und Bekräftigung fand. 11
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Aufz. Stresemanns vom 30.9.1925, in: K.D. Erdmann, Das Problem der Ost- oder Westorientierung in der Locarnopolitik Stresemanns, in: GWU, 6 (1955), S. 157. Aufz. Brockdorffs vom 18.8.1925, PA-AA, Botschaft Moskau, »Kupferberg Gold«, B d 2 . Brockdorff an Schubert vom 2 1 . 1 . 1 9 2 6 , A D AP, B, Bd 11,1, Dok. 43, Anlage 1; ebenso Dirksens Aufz. vom 1 8 . 1 2 . 1 9 2 5 , ebd., Dok. 11. Ministerbesprechung vom 24.6.1925, in: A R K , Luther I u. II, Dok. 110. Dirksen, Moskau, London, Tokio, S. 62.
VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
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Die Militärs nutzten die Chance, die Locarno ihnen bescherte. Objektiv hat Stresemanns Locarnopolitik die Beziehungen zwischen den beiden Armeen auf mindestens dreifache Weise gefördert. Einmal wegen ihrer bereits angesprochenen kompensatorischen Funktion während der eigentlichen Locarnophase. Des weiteren wegen der verbesserten deutschen Rüstungsmöglichkeiten infolge der Rückgewinnung des Ruhrgebiets im Sommer 1925, der liberalisierenden Bestimmungen des Pariser Luftfahrtabkommens vom Frühjahr 1926 und des Abzugs der interalliierten Militärkontrolle zu Anfang 1927. Zum dritten schließlich durch die wirtschaftlichen Folgen und Begleitumstände Locarnos für das Reich und seine finanziellen Operationsmöglichkeiten aufgrund des starken Kapitalzustroms seit dem Dawes-Plan. Allein der zwischen 1924 und 1928 nahezu verdoppelte Reichswehretat veranschaulicht den enorm gewachsenen Spielraum des Reichswehrministeriums auf dem Felde materieller Rüstungsvorhaben 16 . Die Vergabe umfangreicher Entwicklungsaufträge für neue Waffen im Rahmen des 1927 projektierten 1. Rüstungsprogramms wurde dadurch erst möglich und, in der Konsequenz dessen, die intensive technische Erprobungsarbeit in der Sowjetunion (siehe VIII. 2.). Auch die Sowjetregierung sollte erkennen, daß Locarno für sie im Endeffekt mehr Vorais Nachteile brachte. Es bescherte ihr etwas, was ihr in jahrelangen Verhandlungen weder in London, noch in Paris, Washington oder New York gelungen war: den Zugang zum angloamerikanischen Geld- und Kapitalmarkt via Deutschland. Uber Berlin als »eastern agent of Wall Street«17 fand in Gestalt staatlich garantierter Kredite auch ein Stück >Prosperity< den Weg nach Moskau, was den Einkauf zivilen wie militärischen AuslandsKnow-hows in der Folge enorm steigerte. Am Jahresende 1925 schienen diese Entwicklungen erst in vagen Ansätzen erkennbar; in Moskau dominierten noch ganz die aktuellen politischen Einkreisungsängste. Nachdem der deutsche Reichstag am 27. November 1925 die Annahme des Locarnovertrags beschlossen hatte, konzentrierten sich Cicerins Hoffnungen auf den Widerstand der Reichswehrführung in der Völkerbundsfrage. Hatte er doch noch in der Endphase der Locarnoverhandlungen in dieser Hinsicht gegenüber Brockdorff-Rantzau seine Zuversicht betont, »weil er authentisch wisse, daß die leitende militärische Stelle des Reichswehrministeriums dafür bürge, daß Deutschland nicht in den Völkerbund eintreten werde« 18 . Solange dieser Beitritt nicht vollzogen war und Locarno noch >auf Eis< lag, fuhr Moskau weiter fort, die militärische Schiene für seine politische Gegenstrategie einzusetzen. Seeckts Aufenthalte in der Berliner Sowjetbotschaft erfolgten in immer kürzeren Abständen. So zu den Revolutionsfeierlichkeiten am 7. November 1925, als der ebenfalls anwesende britische Botschafter D'Abernon nach eigenem Bekunden mit einiger Verwunderung »die Fülle der steifen militärischen Gestalten mit dem Eisernen Kreuz auf der Brust sah,
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M. Lachmann, Zu Problemen der Bewaffnung des imperialistischen deutschen Heeres 1919—1939, Phil. Diss. Leipzig 1965, S. 80 f. W. Link, Amerika, die Weimarer Republik und Sowjetrußland, in: G. Niedhart, Der Westen und die Sowjetunion, Paderborn 1983, S. 94. Wie Anm. 13, Dok. 43.
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VI. Locarno und die militärischen Beziehungen 1925/26
die sich so unbekümmert den russischen Sekt zu Gemüte führten«19. Am 19. Dezember d.J. hatte Seeckt an gleicher Stelle ein politisches Frühstück mit Cicerin, das, von Spekulationen begleitet, in der deutschen Presse hohe Wellen schlug, zumal selbst Clara Zetkin erst drei Wochen zuvor vor dem Reichstag andeutungsvoll von einer »engen Interessengemeinschaft in wirtschaftlicher, politischer und, wenn es sein muß, auch militärischer Hinsicht mit der Sowjetunion« gesprochen hatte20. Nachdem die Reichsregierung am 8. Februar 1926 ihr offizielles Eintrittsgesuch in den Völkerbund gestellt hatte, konzentrierte sich die internationale Aufmerksamkeit auf die Genfer Frühjahrstagung vom März. Nach einwöchigen Verhandlungen scheiterte dort am 17. d. M. der deutsche Beitritt am überraschenden Veto Brasiliens. Die Frage der deutschen Aufnahme mußte auf die Herbstsession im September vertagt werden. Stresemann kam mit der deutschen Delegation am 18. März »sehr deprimiert« in die Reichshauptstadt zurück 21 . Das Fiasko von Genf bedeutete einen schweren Rückschlag für seine Locarnopolitik und leitete Wasser auf die Mühlen ihrer eingeschworenen Gegner. In dieser Situation ergriff Moskau noch einmal seine Chance in Berlin durch eine entschlossene Initiative auf dem militärischen Sektor.
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D'Abernon, Ein Botschafter der Zeitwende, Bd3, S. 241. Sowjetgranaten, S. 12. D'Abernon, Ein Botschafter der Zeitwende, Bd 3, S. 280.
VII. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
1. Neue Initiativen der Militärs — Die Mission Unslichts vom März 1926 Während eines militärpolitischen Gesprächstermins, den Seeckt und Hasse am Abend des 30. Januar 1926 mit Krestinskij und Petrenko-Lunév in der Sowjetbotschaft hauen, war aufgrund der verfahrenen Lage bei den rüstungswirtschaftlichen Konzessionen eine Generalbereinigung der militärischen Beziehungen vereinbart worden. Zu diesem Zweck sollte eine Aussprache zwischen den Spitzen beider Militärbehörden in Berlin herbeigeführt werden1. Anfang März orientierte Major Fischer den Leiter der Ostabteilung des Auswärtigen Amts, v. Dirksen, über die bevorstehenden >Chefgespräche< zwischen den Militärs2. Am 23. März traf eine sechsköpfige sowjetische Militärdelegation mit dem stellvertretenden Kriegskommissar Iosif Unslicht an der Spitze in Berlin ein. Noch am selben Abend gab Seeckt zum Auftakt der Gespräche ein Essen für die sowjetischen Militärs. Mit Reichswehrminister Geßler, dem ebenfalls mit Unslicht nach Berlin gekommenen v. d. LiethThomsen und mehreren Vertretern der Sowjetbotschaft war ein Kreis von gut 20 Personen in der Seecktschen Dienstvilla in der Bendlerstraße beisammen3. In den Tagen darauf begannen nebenan im Reichswehrministerium die Fachgespräche. Als erstes wurden grundsätzliche Organisationsfragen geklärt und Einigung darüber erzielt, sowohl die Gefu wie die Metachim aus den beiderseitigen Beziehungen auszuschalten. Beide Militärbehörden sollten künftig ohne Zwischenträger direkt, d. h. über die Zentrale Moskau und den Militärattache an der Berliner Sowjetbotschaft, miteinander Kontakt halten. Weitere Themen waren die Lage bei Junkers, die Umwandlung der Gefu in die Wiko und die Auflösung der Gruppe Fiebig. Hinsichtlich der Fliegerschule von Lipeck akzeptierte Unslicht die deutschen Vorschläge für den weiteren Ausbau. Vier neue Felder der Zusammenarbeit wurden vereinbart: 1. Die Einrichtung einer deutschen Panzerschule auf russischem Boden. 2. Die Aufnahme ständiger Kontakte zwischen den beiden Generalstäben mit gegenseitigem Einblick in die Mobilmachungsarbeit, die Organisation von Kriegsspielen und die Stabsoffiziersschulung. 3. Die Einleitung einer Zusammenarbeit zwischen den beiden Marinen. 4. Der Beginn gemeinsamer Kampfgasversuche in der Sowjetunion im kommenden Sommer und Herbst4. 1
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Handschriftl. Notizen Seeckts vom 30.1.1926, BA-MA, N 247/19, Bl. 42, und Brief Seeckts an seine Frau vom 31.1.1926, ebd., N 247/224, Bl. 16f.; Schreiben Krestinskijs an Unslicht vom 1.2.1926, in: Sovetsko-germanskoe voennoe sotrudnicestvo, MZ, (1990) 6, Dok. 1. Lieth an Fischer (Frank) vom 17.3.1926, PA-AA, Büro Sts., Fischertelegramme, Bd 2 app 2, Bl. 22. Meier-Welcker, Seeckt, S. 491 f. Vortragsnotizen (gez. Mitteiberger) vom 23.1.1928, BA-MA, NL 5/116, Bl. 91 f.; Sovetsko-germanskoe voennoe sotrudnicestvo, Dok. 2.
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VH. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
Der letzte Punkt betraf die Fortsetzung der aerochemischen Vorarbeiten auf deutschem Boden vom vergangenen Jahr (siehe V. 4.). Die deutsche Seite verpflichtete sich, ein zwölfköpfiges Spezialistenteam dafür bereitzustellen und die nötigen Flugzeuge und Apparaturen mitzubringen, während die Sowjets die Auswahl und Vorbereitung eines geeigneten Versuchsplatzes übernahmen und das gesamte Hilfspersonal zu stellen hatten. Die Kosten für das vereinbarte Versuchsprogramm wollten beide Seiten zu gleichen Teilen tragen5. Überaus ehrgeizige Pläne präsentierte Unslicht seinen Gesprächspartnern auf rüstungswirtschaftlichem Gebiet, wo die Sowjets eine Kooperation großen Maßstabs anstrebten. Als Einzelprojekte nannte der stellvertretende Kriegskommissar die gemeinsame Organisation einer MG-Fabrik für das deutsche System Dreyse und den Aufbau gemeinschaftlich betriebener Fertigungsstätten für Flugzeuge, Panzer, schwere Artillerie und Gasschutzausrüstungen in der Sowjetunion. Beide Armeen sollten aus diesen Fabriken ihre schwere Ausrüstung beziehen, wozu jedoch von beiden Seiten zuvor umfangreiche Bestellgarantien gegeben werden müßten. Auch seien neue deutsche Munitionsaufträge für die sowjetische Industrie nötig. Die Heeresleitung reagierte verhalten, sagte bei der MG- und Gasmaskenfabrikation ihre Hilfe zu, vermied aber bei den schwerindustriellen Projekten wegen der völlig unklaren Finanzierung jede konkrete Zusage. An der offenen Finanzierungsfrage waren zuvor bereits die Kontakte der Sowjets zu deutschen Rüstungsfirmen wie Krupp, Rheinmetall und den Zeisswerken festgefahren, was Unslicht im Reichswehrministerium schließlich zu der Drohung greifen ließ, statt dessen mit der französischen Rüstungsindustrie (Schneider-Creuzot) in Verbindung zu treten. Die Finanzierungsfrage war allein durch staatliche Kredite lösbar, was ebenso wie die Abnahmegarantien die Kompetenzen der Heeresleitung weit überstieg. Die finanzielle Dimension der sowjetischen Vorschläge und die politische Bedeutung eines möglichen deutschen Rüstungsengagements von solchem Ausmaß veranlaßten Seeckt, darüber eine Entscheidung der politischen Spitze des Reiches herbeizuführen6. Zu diesem Zweck organisierte Sowjetbotschafter Krestinskij am 30. März ein Zusammentreffen Unslichts mit Reichskanzler Luther und Außenminister Stresemann, die von ihren Staatssekretären Kempner und v. Schubert begleitet wurden; das Reichswehrministerium vertraten Seeckt und Truppenamtschef Wetzell. Von neuem entwickelte Unslicht seine ehrgeizigen Pläne, erläuterte die Einzelprojekte und warb mit Engagement um die Zustimmung von Kanzler und Außenminister. Fabrikation und Ausbildung seien für Deutschland »nur in Rußland möglich, das allein räumlich groß genug sei u[nd] die Dinge weit nach dem Inneren verlagern könne«. Auf eine Rückfrage Stresemanns zeigte sich Unslicht jedoch außerstande, den wertmäßigen Umfang der in Frage stehenden Projekte in einer Geldsumme anzugeben. Die deutschen Politiker gingen spürbar auf Distanz; allzu offensichtlich erschien ihnen die politische Stoßrichtung der Initiative. Nach einigen ausweichenden Antworten Luthers auf Fragen von Krestinskij nach Krediten oder Kreditbürgschaften durch das Reich ging 5 6
Fischer an TA (L) vom 16.4.1926, BA-MA, RH 2/2294, Bl. 122-128. Wie Anm.4 und Aufz. Dirksens vom 29.3.1926, AD AP, B, Bd 11,1, Dok.94.
1. Neue Initiativen der Militärs — Die Mission Unilichts vom März 1926
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der Sowjetbotschafter in die politische Offensive und stellte Unslichts militärische Projekte in einen Zusammenhang mit den seit Jahresanfang laufenden Verhandlungen um ein Neutralitätsabkommen, dem Ende April des Jahres abgeschlossenen Berliner Vertrag. Nach sowjetischem Verständnis, so Krestinskij, handele es sich bei den in Aussicht genommenen Plänen »um ein Weiterbauen auf der Grundlage der bis jetzt schwebenden und zum Abschluß reifen politischen Vertragsverhandlungen«. Moskau wolle wissen, »ob Deutschland grundsätzlich in der Richtung, die von Herrn Unslicht gezeichnet sei, voranzugehen beabsichtige«. Die deutsche Seite zog sich daraufhin noch mehr zurück. Dem zunehmenden Drängen Krestinskijs auf präzise Antworten entzog sich Luther mit der Aussage, »Deutschland sei immer bereit, mit Rußland zusammenzuarbeiten«, jedoch nicht, ohne den Nachsatz »in allen Werken des Friedens« hinzuzufügen. Im übrigen, so der Reichskanzler, sei ohne eine langwierige und ausführliche Prüfung der Vorschläge eine definitive Antwort der Reichsregierung unmöglich. Am Ende einigte man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: die weitere Bearbeitung der Sache durch die beiden Botschaften in Berlin und Moskau. So endete die Unterredung in der Berliner Sowjetbotschaft weitgehend in Unverbindlichkeit. Unslicht und Krestinskij befanden sich ständig in der Offensive, Luther und Stresemann wichen aus, schoben auf oder versuchten, vom Thema abzuschwenken. Seeckt hielt sich völlig im Hintergrund und überließ den Politikern das Wort. Staatssekretär Kempner notierte bezeichnenderweise in seinem Protokoll, »daß die Russen dauernd von der Rüstungsfrage und wir dauernd von anderen Dingen gesprochen haben« 7 . Unmittelbar nach Unslichts Abreise machte sich das Auswärtige Amt an die Prüfung seiner Vorschläge, schließlich brauchte Brockdorff-Rantzau detaillierte Instruktionen für die Führung der weiteren Verhandlungen in Moskau. Zu diesem Zweck erarbeitete Herbert v. Dirksen Anfang April eine Stellungnahme, die im wesentlichen die Vorteile des sowjetischen Angebots betonte. Seine Annahme würde bedeuten, »die Russen auf dem speziellen Gebiet [...] und damit auch politisch ziemlich fest in der Hand« zu haben. Bei einer Ablehnung wäre dagegen »ein großer Teil der bisher geleisteten Zusammenarbeit entwertet«, ihre Fortsetzung nur noch von bescheidener Bedeutung. Zudem würde ein eventuelles Engagement der französischen Rüstungsindustrie in Rußland, wie von Unslicht angedroht, das Bekanntwerden der bisherigen Kooperation »fast zur Gewißheit machen«. Das stärkste politische Argument für die Annahme der Vorschläge sah Dirksen in der Chance, dadurch ein wirksames Mittel zur Einflußnahme auf die sowjetische Politik gegenüber Polen und Frankreich zu gewinnen. Andernfalls würde durch ein Engagement seiner Rüstungsindustrie »Frankreich den entsprechenden politischen Einfluß gewinnen, den wir sonst für uns zu erwarten hätten«8. Entgegen der eher zur Zustimmung tendierenden Analyse des Chefs der Ostabteilung formulierte Staatssekretär v. Schubert am 3. April in der amtlichen Unterrichtung Brockdorff-Rantzaus die ablehnende Haltung in der Spitze des Auswärtigen Amts. Er sei, so Schubert, mit Stresemann der Ansicht, »daß eine Verfolgung des Projekts mit der Gesamt7 8
Aufz. Kempners vom 1.4.1926, in: A D AP, B, Bd 11,1, Dok. 102, Anlage. Ebd., Dok. 102, Anm. 3.
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VII. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
linie unserer Politik nicht vereinbar ist«. Konkrete Instruktionen hinsichtlich der weiteren Verfahrensweise in der Angelegenheit erhielt der Graf jedoch nicht9. Vier Wochen später, während einer Einladung des Auswärtigen Amts am 27. April aus Anlaß des drei Tage zuvor unterzeichneten Berliner Vertrages, kam Nikolaj Krestinskij auf den Reichskanzler zu und erinnerte ihn nachdrücklich an seine Zusage, in dieser Angelegenheit eine Entscheidung zu treffen. Für sein Land wäre es »sehr wesentlich [...] zu wissen, woran es sei«, man könne nunmehr »mit der Entscheidung nicht mehr lange warten«. Auch der Sowjetbotschafter drohte nebenbei mit der französischen Karte, als er auf die besonders vordringliche Wiederherstellung des vor dem Krieg mit französischer Hilfe errichteten Stalingrader metallurgischen Werks >Roter Oktober< hinwies. Erneut wich Luther unter Hinweis auf den noch immer ausstehenden Entscheid des Reichskabinetts der Frage aus10. Noch bis in den Sommer d. J. hinein blieb das Thema Verpflanzung der deutschen Kriegsindustrie nach Rußland< ein Gegenstand loser und unverbindlicher Erörterungen11. Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund, der Abgang Seeckts und die Dezemberenthüllungen ließen bis zum Jahresende 1926 die Sache endgültig im Sande verlaufen. Moskau hatte sein Maximalziel verfehlt. Die Reichsregierung war nicht bereit, sich in der Vollendungsphase der Locarnopolitik, die im anvisierten Völkerbundsbeitritt gipfeln sollte, durch eine überstarke sicherheitspolitische Bindung an die Sowjetunion von ihrer Westorientierung abbringen zu lassen. Dem Berliner Vertrag vom 24. April 1926 folgten, wie schon vier Jahre zuvor in Rapallo, keine militärischen Geheimklauseln. Trotzdem war Unslichts Berlinmission kein Fehlschlag. Als Resultat blieb eine erhebliche Erweiterung und Vertiefung der militärischen Zusammenarbeit durch die Eröffnung der vier neuen Kooperationsfelder, die noch im selben Jahr in Angriff genommen wurden. Zur Errichtung der vereinbarten Panzerschule führte Oskar v. Niedermayer vom Sommer an in Moskau Verhandlungen zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages. Für die Aufnahme der gemeinsamen Kampfgasversuche reiste Mitte August Kurt Student in die sowjetische Hauptstadt, um das Gelände zu inspizieren und die letzten Vorbereitungsgespräche zu führen (siehe VII. 2.). Im Juli trafen die ersten beiden sowjetischen Generalstabsoffiziere zur Teilnahme an militärischen >Führerreisen< in Berlin ein. Auf die ursprüngliche Gegenforderung Seeckts nach Einblick in die sowjetischen Mobilmachungs- und Aufmarschpläne kam man deutscherseits nicht mehr zurück. Schließlich eröffnete Anfang Juni d.J. Konteradmiral a.D. Arno Spindler mit seiner im März vereinbarten Besuchsreise zur Sowjetmarine die Kontakte zwischen den beiden Seestreitkräften (siehe IX. 5.). So wurden im Frühjahr 1926 Weichen gestellt, die der militärischen Zusammenarbeit für die folgenden Jahre eine wesentlich stabilere Grundlage gaben. Das 1923 eröffnete und für alle Seiten unerfreuliche Kapitel der privaten Konzessionen wurde begraben und 9 10 11
Ebd., Dok. 102. Aufz. (Luthers ?) vom 28.4.1926, ebd., Dok. 175. Aufz. Dirksens vom 12.7.1926, ADAP, B, BdII,2, Dok. 53.
2. Die aerochemischen Versuche von Podosinki bei Moskau
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durch eine nunmehr institutionalisierte Verbindung zwischen den beiden Militärbehörden ersetzt. Die Beziehungen wurden gewissermaßen >veramtlicht< und durch die Einschaltung der politischen Führungsspitze des Reiches auf eine verbreiterte Basis gestellt; ein Punkt, über den sich Unslicht bei seiner Abreise aus Berlin befriedigt zeigte12. Zweifellos bedeutete die sowjetische Initiative vom März 1926 den wichtigsten Impuls für die militärischen Beziehungen seit den Tagen des französischen Ruhreinmarschs von 1923. Selbst die Erschütterungen des Jahresendes und ihre monatelangen Nachwirkungen (siehe VII. 3.) sollten daran nichts ändern. Die eigentliche Hochzeit der Zusammenarbeit zwischen Reichswehr und Roter Armee war eingeleitet; voll entfalten konnte sie sich aus politischen Gründen erst mit dem Jahre 1928. Das Feld, das gemäß den Märzvereinbarungen vom Stand der Vorarbeiten her den schnellsten Einstieg in die praktische Arbeit und den konkreten Erfahrungsaustausch ermöglichte, war seit Jahresanfang der aerochemische Sektor. 2. Die aerochemischen Versuche von Podosinki bei Moskau Nachdem die Militärführungen den Fachleuten den Weg geebnet hatten, beschleunigten diese ihre unmittelbaren Vorbereitungen für die praktische Versuchsarbeit in Rußland. Im April und Mai 1926 wurden ein Programm »für die Entwicklung und Vorbereitung des chemischen Krieges zur Luft« ausgearbeitet sowie verschiedene Laborarbeiten und die Konstruktion von Kipp- und Abgießbehältern für den Einsatz vom Flugzeug aus abgeschlossen. Im Juni folgte der Umbau und das Einfliegen der Flugzeuge, die Vorbereitung biologischer Experimente und die Kontaktaufnahme mit den Professoren Fritz Wirth (TH Charlottenburg) und Ferdinand Flury (Universität Würzburg) 13 . Ende Juni unterrichtete das Waffenamt (Prüfwesen 6F/Gela) die TA (L) vom Stand der Vorarbeiten, die »mit größter Beschleunigung unter Einsatz aller Kräfte und ohne Rücksicht auf die durch die Eile entstehenden Sonderkosten« durchgeführt worden seien. Wegen des bereits angebrochenen Sommers drängte die Zeit, insbesondere da Transport und Aufbau des technischen Geräts rund zwei Monate benötigten. Bis Ende Juli mußte die gesamte Ausrüstung verschifft und eine Entscheidung über den russischen Versuchsplatz gefallen sein, weshalb Truppenamtschef Wetzeil die Zentrale Moskau aufforderte, bei den sowjetischen Stellen auf eine rasche Klärung von Ort und Zeit zu drängen14. Noch im Mai hatte Unslicht Thomsen den Truppenübungsplatz Luga südlich von Leningrad vorgeschlagen, doch fiel im Laufe des Juli die Entscheidung zugunsten eines Versuchsfeldes in der engeren Umgebung Moskaus 15 . >2 Wie Anm. 7. 13 Schlußbericht Ambergs (d.i. Hackmack) für 1926 vom 2 1 . 1 2 . 1 9 2 6 , BA-MA, RH 2/2304, Bl. 18, und technischer Bericht über die Arbeiten des Referats II c im Etatsjahr 1926/27< vom 17.6.1927, BAMA, R H 8/885, S. 5 f. Prof. Dr. Ferdinand Flury (1877—1947), Direktor des pharmakologischen Instituts der Universität Würzburg. 14 Schreiben der Wa Prw. 6 F IIc an TA (L) vom 3 0 . 6 . 1 9 2 6 mit handschriftlichem Telegrammentwurf (für Lieth), BA-MA, RH 2/2213, B l . 3 1 4 f . 15 Lieth an Wiko Berlin, BA-MA, RH 2/2297, Bl. 340 f.
140
VII. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
Am 19. August besichtigte Hauptmann Student zusammen mit Thomsen und Fisman den vorgesehenen Testplatz. Es handelte sich um ein einige Quadratkilometer großes Gelände etwa 20 km südöstlich vom Moskauer Stadtzentrum, knapp unterhalb des Rjazanskij prospekt zwischen den Ortschaften Kuz'minki und Ljubercy gelegen. Drei km östlich davon lag in Richtung Ljubercy ein ca. 50 ha großer Flugplatz der Roten Luftflotte dicht bei der Eisenbahnersiedlung Podosinki und der gleichnamigen Bahnstation (sowjetischerseits umbenannt: Uchtomskaja) an der Linie Moskau-Rjazan. Von daher firmierte das Testgelände im internen Schriftverkehr des Reichswehrministeriums abwechselnd unter den beiden Namen Podosinki und Uchtomskaja16. Der Platz war durch das Gasbataillon des Moskauer Militärbezirks mit ca. 600 Mann belegt und voll in Betrieb, wovon zahlreiche Versuchskrater und ein starker Lostgeruch zeugten. Students Bedenken wegen der allzu großen Nähe bewohnter Häuser in der Umgebung zerstreute Fisman mit der Versicherung, »voll und ganz die Verantwortung für die Versuche zu übernehmen«17. Sein Vorschlag, das deutsche Versuchspersonal in Moskauer Hotels unterzubringen, stieß in Berlin wegen der Geheimhaltungsrisiken auf Ablehnung. Die akute Wohnungsnot in der Stadt verhinderte andererseits eine Beherbergung in Privatwohnungen. Man einigte sich schließlich auf eine Unterbringung in Behelfsunterkünften direkt am Versuchsort in Podosinki18. Anfang September stand das zwölfköpfige deutsche Versuchsteam zur Abreise bereit. Neben Ingenieuren und Chemikern gehörten ihm auch je ein Biologe, Mediziner und Meteorologe an, hinzu kamen Flugzeugführer und technisches Hilfspersonal. Chef der Gruppe war der Diplomingenieur und Flugzeugführer Hans Hackmack, nach dessen Decknamen Amberg die Versuchsgruppe bei den bearbeitenden Stellen im Reichswehrministerium unter der Bezeichnung >Kommando Amberg< lief19. Mitte des Monats erfolgte der Transport des Geräts, einschließlich der vier Flugzeuge, von Stettin aus auf dem Seewege; parallel dazu begann der Aufbau der Unterkünfte und Einrichtungen in Podosinki20. Dabei stand man bereits nach kurzer Zeit vor einem Berg vielfältiger örtlicher Probleme und Widrigkeiten, die das Arbeitsklima vergifteten und an den Nerven aller Beteiligten zerrten. Zugesagte Materiallieferungen blieben aus, ebenso das sowjetische Hilfspersonal, so daß das zu zwei Dritteln aus Akademikern bestehende deutsche Versuchskommando auch die handwerklichen Arbeiten weitgehend selbst durchführen mußte. Hinzu kam die ständige Anwesenheit russischer >KontrolleureFischertelegrammeKompromittierungsängste< im Nacken seine so entscheidende Reise nach Genf antreten. Eine andere ständige Gefahrenquelle bildeten die seit 1925 immer zahlreicheren militärischen Seetransporte über die Ostsee nach Leningrad. Im Juli 1926 wurde der deutsche Gesandte in Helsinki zum finnischen Außenminister Eemil Nestor Setälä zitiert. Es ging um eine Reihe deutscher Schiffe, die, von der deutsch-russischen Transitgesellschaft Deruta für den Transport militärischer Güter gechartert, während des vergangenen Winters in finnischen Gewässern in Seenot geraten waren. Die Ladung eines der Schiffe, der >AltengammeGranatensache< politisch zu heiß geworden, besonders seitdem ihm wie auch Brockdorff-Rantzau bekannt war, daß die Parteiführung der SPD von den Stettiner Vorgängen Kenntnis bekommen hatte. Wieder, wie schon im Sommer bei der Skoblevskijaffäre, versuchte der Reichswehrminister (»Die russische Sache gefällt mir nicht«) die Situation zum Anlaß zu nehmen, »die Sache [...] langsam versanden zu lassen«, zumal nach dem Abgang Seeckts vieles leichter geworden sei. 1923 sei man auf Artilleriemunition aus Rußland angewiesen gewesen, die »neuen Verträge mit der Entente« hätten seitdem einiges geändert. »Jetzt können wir in Deutschland Granaten machen, und deshalb machen wir in Rußland Schluß«, ließ sich Geßler gegenüber BrockdorffRantzau selbstbewußt vernehmen43. Am 1. Dezember kam es zu einer Besprechung zwischen Marx, Stresemann und Geßler mit der Parteiführung der SPD im Auswärtigen 39 40
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Aufz. vom 12.8.1926, A D AP, B, Bd 11,2, Dok. 83. Aufz. Hauschilds vom 5.7.1926, PA-AA, Büro Sts., Osec, Deutsch-russische Beziehungen. Milit. Angelegenheiten, Bd 3, Bl. 2—4. Notiz Schuberts vom 8.8.1926, ebd., Bl. 18. Stresemann, Vermächtnis, B d 3 , S. 18. Aufz. Schuberts vom 1 9 . 1 1 . 1 9 2 6 , wie A n m . 3 2 , Dok. 138.
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VII. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
Amt. Scheidemann trug die Kenntnisse des SPD-Parteivorstands vor (»Wenn diese Dinge bekannt würden, müsse die Politik Stresemanns platzen«) und erwähnte dabei die Geschäfte der Gefu, die geheime Flugzeug- und Giftgasfertigung sowie die sowjetischen Granatenlieferungen nach Deutschland44. Wenige Tage später ließ eine englische Zeitung, der >Manchester GuardianVorwärts< die Stettiner >Sowjetgranaten< in großer Aufmachung, ohne dabei in der Sache wesentlich über die Informationen des britischen Blattes hinauszugehen. Am selben Tag übergaben Hermann Müller und Otto Wels in Form eines 15 Anlagen umfassenden Dossiers die Kenntnisse des sozialdemokratischen Parteivorstands an Reichswehrminister Geßler46. Philipp Scheidemann schob in seiner aufsehenerregenden Reichstagsrede vom 16. Dezember neue Enthüllungen zur russischen Giftgasfabrik Stoltzenbergs nach; der >Vorwärts< ergänzte die Angaben am 11. Januar 1927 durch zwei Augenzeugeninterviews47. Viele der SPD nahestehende Presseorgane ließen es sich nicht nehmen, die Enthüllungen als willkommene innenpolitische Munition gegen die KPD zu verwenden. Dennoch gelang es den Berliner Regierungsstellen, so in einer Notiz des Auswärtigen Amts vom 6. Dezember, »nachdrücklichst und bisher anscheinend erfolgreich« auf den Großteil der deutschen Presse einzuwirken, »dieses Thema mit Rücksicht auf seine für uns außenpolitisch schädlichen Folgen nicht weiter zu erörtern«48. Stresemann und seine Delegation — der Reichsaußenminister hatte erst am 10. Dezember den Friedensnobelpreis erhalten — verhandelten gerade mit dem Völkerbundsrat in Genf um den Abzug der interalliierten Militärkontrolle aus Deutschland zum 31. Januar 1927. So gesehen war, wenn auch die entscheidende Hürde des Völkerbundsbeitritts seit einem Vierteljahr genommen war, der Zeitpunkt der Enthüllungen noch immer unangenehm genug. Scheidemanns vorrangig gegen die innenpolitischen Gegner KPD und Reichswehr gerichtete Anklagerede vor dem Reichstag führte schließlich zur Regierungskrise und zum Sturz des 3. Kabinetts Marx am 17. Dezember. Die Rolle der Reichswehr und ihre Beziehungen zu Moskau waren zu einem öffentlichen Politikum geworden.
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Niederschrift Otto Eggerstedts in: O.-E. Schüddekopf, Das Heer und die Republik, Hannover-Frankfurt 1955, Dok. 93, S. 214. Der Artikel vom 6.12.1926, A DAP, B, BdII,2, Anhang II. Dokumentation der SPD-Reichstagsfraktion für RWMin. Geßler vom 6.12.1926, Anlage 13, PAA A , Büro RAM, 36, Militärwesen, Bd 1, Bl. 157. Die Scheidemannrede in: Verhandlungen des Reichstages, III. Wahlperiode 1924, Bd391, S. 8577— 8586. Köpke an die deutsche Delegation in Genf vom 6.12.1926, wie Anm. 32, Dok. 159.
147 4. Die Militärbeziehungen auf Eis — Das schwierige Jahr 1927 »Made in England« lautete Georgij Cicerins erster Kommentar zu den Enthüllungsberichten vor deutschen Pressevertretern am 6. Dezember 1926 in Berlin. Im gleichen Sinne erklärte noch am selben Tag auch die Sowjetbotschaft über ihren Militärattache Lunev, die Sache in der Öffentlichkeit behandeln zu wollen49. Das Reichswehrministerium zog sich in seiner Informationspolitik auf die Linie zurück: bestätigen so wenig wie eben nötig, zugeben nur, was sich nicht mehr abstreiten läßt, und dabei den Eindruck erwecken, es handele sich um längst abgeschlossene Vorgänge aus den Jahren 1921 bis 192350. Cicerin und Seeckts Nachfolger Generaloberst Heye bekräftigten am 8. Dezember gegenseitig die Linie des »Möglichst-wenig-zugeben«, wobei der Volkskommissar erstmals die Befürchtung seiner Regierung anklingen ließ, die Reichsregierung könnte sich unter steigendem politischem und publizistischem Druck zu einer öffentlichen Erklärung in der Sache drängen lassen51. Wie man sich in Moskau die Behandlung der Angelegenheit vorstellte, demonstrierte am 16. Dezember die >PravdaVorwärts< für allerhöchste Aufregung in Moskau. Hintergrund der Meldung war eine Erklärung Geßlers vor dem Haushaltsausschuß vom Vortag, in der er Fragen nach den russischen Unternehmungen der Reichswehr auf die kommende Sitzung des Auswärtigen Ausschusses verwiesen hatte. Litvinov bestürmte daraufhin Brockdorff-Rantzau mit — so der Graf — »solcher Erregung [...], wie ich sie bisher niemals bei ihm gesehen«. Die öffentliche Erörterung der militärischen Beziehungen beider Länder vor einem deutschen Parlamentsausschuß dürfe unter keinen Umständen stattfinden. Eine solche »Verletzung jeder Loyalität« durch die deutsche Regierung sei ihm, so schloß Moskaus stellvertretender Außenminister, schwerlich vorstellbar57. Nicht zum ersten Mal hatten die Sowjets des Grafen aufgeregte Art richtig eingeschätzt. Umgehend gab sich dieser in einer an Reichskanzler und Reichspräsident adressierten Depesche fest davon überzeugt, daß, gesetzt die Tatsachen stimmten, »unsere Beziehungen zu Rußland einen tödlichen Stoß erleiden würden«58. Auch Staatssekretär v. Schubert und Generaloberst Heye drängten den Reichskanzler, die angekündigte Ausschußsitzung zu verhindern. Dessen Versuch, in einem vertraulichen Gespräch mit Hermann Müller die SPD-Fraktion wenigstens zur Absetzung des Themas von der Tagesordnung zu bewegen, scheiterte am 21. Februar59. Tags darauf kam es in einer vertraulichen Parteiführerbesprechung doch noch zu einer Einigung auf ein parlamentarisches Arrangement. Geßler sollte in der für den kommenden Tag anberaumten Ausschußsitzung eine Erklärung verlesen, die die Enthüllungen 54
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Aufz. Dirksens >über den gegenwärtigen Stand der deutsch-russischen militärischen Beziehungen«, A D AP, B, Bd IV, Dok. 62. Aufz. Dirksens vom 9.2. und Protokoll vom 26.2.1927, ebd., Dok. 117 u. 195. Aufz. Dirksens vom 19.2.1927, PA-AA, Büro Sts., Osec, Deutsch-russische Beziehungen. Milit. Angelegenheiten, Bd 3, Bl. 191 f. Brockdorff an das A A vom 18.2. und Schubert an die Botschaft Moskau vom 19.2.1927, wie Anm. 54, Dok. 161, 169. Ebd., Dok. 161. Aufz. Plancks vom 24.2.1927, BA, R 4 3 1/136, Bl. 2 0 f .
4. Die Militärbeziehungen auf Eis — Das schwierige Jahr 1927
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des >Vorwärts< im Wesentlichen bestätigte, und die Versicherung anschließen, es handle sich bei den in Frage stehenden Geschehnissen um Vorgänge im Zusammenhang mit dem Jahr 1923, die inzwischen gänzlich abgeschlossen seien. Die Ausschußmitglieder der SPD würden daraufhin lediglich zu einigen Details der finanziellen Abwicklung Auskunft erbitten und ansonsten keine weiteren Rückfragen stellen60. Am 23. Februar vollzog sich die Sitzung des Auswärtigen Reichstagsausschusses gemäß der vereinbarten Regie. Der Reichswehrminister bestätigte die Meldungen des >VorwärtsSowjetgranaten< nach anfänglich hohen Wellen am 23. Februar 1927 parlamentarisch sang- und klanglos erledigt worden. Für die Militärs und Diplomaten war die Sache damit noch keineswegs ausgestanden. Am 27. Februar erschien Niedermayer in großer Aufregung bei Brockdorff-Rantzau und überbrachte die Mitteilung, Berzin habe ihm und seinem Chef Thomsen eröffnet, »die gesamte bisherige wirtschaftliche Zusammenarbeit sei erledigt«. Der Grund seien die bestätigenden Aussagen Geßlers vor dem Reichstagsausschuß. Die Zusammenarbeit könne überhaupt nur noch dann fortgesetzt werden, wenn es gelänge, sie »auf eine ganz andere Basis zu stellen«, anderenfalls es besser sei, »sie überhaupt zu liquidieren«. Ziel müsse sein, die beiden Übungsstationen in Lipeck und Kazan' zu legalisieren, »so daß sie jederzeit auch nach außen in Erscheinung treten könnten«. Ähnlich wie zuvor Lunev in Berlin bestätigte Berzin den großen Wert, den die Rote Armee auf die Zusammenarbeit lege; im besonderen »müsse der gemeinsame Gedankenaustausch und die Fortsetzung der Übungsreisen aufrechterhalten werden«62. Im gleichen Sinne verlangte zur selben Zeit Litvinov gegenüber Brockdorff-Rantzau, der gerade erst vereinbarten Panzerschule von Kazan' unter allen Umständen »nach außen hin eine legale Form zu geben, etwa in der Form einer GmbH«. Außerdem müsse deutscherseits die Politik der militärpolitischen Alleingänge des Reichswehrministeriums überwunden und das Auswärtige Amt voll in die Mitverantwortung einbezogen werden. Im konkreten Fall bedeute das, daß die Unternehmung in Kazan' erst dann in Betrieb gehen könne, wenn zuvor das Auswärtige Amt gegenüber der Berliner Sowjetbotschaft in offizieller Form sein Einverständnis bekunden und die politische Unbedenklichkeit der Sache bestätigen würde63. 60 61
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Ebd. Ebd., Bl. 22—24; vgl. auch den Bericht des bayrischen Gesandten in Berlin, v. Preger, an das Staatsministerium des Äußeren in München, in: UF, Bd VII, Nr. 1612. Telegramm Brockdorffs an Schubert vom 23.2.1927, PA-AA, Büro RAM, 36, Militärwesen, Bd 1, Bl. 209f., und die Aufzeichnung Dirksens vom 4.3.1927, PA-AA, Büro Sts., Osec, Milit. Angel, mit Rußl., Bd 4, Bl. 8 f. Aufz. Köpkes vom 18.5.1927, ADAP, B, V, Dok. 164.
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Vü. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
Bereits Ende Februar arbeitete das Reichswehrministerium Legalisierungsvorschläge aus, deren Kern darauf hinauslief, »die bestehenden oder im Ausbau befindlichen Unternehmungen in >konzessionierte< umzuwandeln, d. h. sie zu staatlich genehmigten und staatlich unterstützten >privaten Unternehmungen zu gestalten«. Demgemäß könnten in Zukunft bestehen: »a) Die Unternehmung Lfipezk] als Anstalt für Versuche, Prüfungen und Ausbildung in allen Fragen moderner Luftfahrt. b) Die Unternehmung K[asan] als Anstalt für die gleichen Zwecke in allen Fragen des Kraftfahrwesens. c) Die Unternehmung Glasfabrik] als Forschungsinstitut zur Bekämpfung von Seuchen (Malaria u.dgl.) und Naturschäden mit modernen Vernichtungsmitteln64.« Ende März war man in der Bendlerstraße noch immer ohne Reaktion Moskaus auf die vorgelegten Legalisierungsvorschläge. Verwundert konstatierte Herbert Fischer in einem Privatbrief an den in Italien weilenden Seeckt: »Dieses Mal ist es sonderbarerweise die andere Seite, die Bedenken äußerte, während unser Auswärtiges] A[mt] sich mit der Art der Weiterführung unserer Arbeiten einverstanden erklärt hatte«. Den Grund für das auffällig lange Zögern sah der Major in der schwierigen Lage, in die die Sowjetregierung durch die Enthüllungen gegenüber KPD und Komintern geraten war65. Für das Reichswehrministerium ging es im Frühjahr 1927 darum, die Verbindung zu all jenen seiner russischen Unternehmungen, die zum Gegenstand der Presseenthüllungen und damit zur politischen Belastung für die Reichsregierung geworden waren, so schnell wie irgend möglich zu beenden. In diesem Sinne erfolgte trotz z. T. erheblicher finanzieller Verluste die Liquidation der Wiko Ende Februar und der Bersol' Anfang April, die Abstoßung der Reichsbeteiligung an Junkers sowie der Ubergang von Fili in sowjetischen Besitz (siehe IV.). Mit Anbruch des Frühjahrs wurde auch die Frage nach einer Wiederaufnahme der aerochemischen Versuchtstätigkeit in Podosinki akut. Am 7. April einigte sich Thomsen mit Berzin und Fisman, »im Hinblick auf die Stockungen durch die Zweifel, ob und in welcher Form unsere Unternehmungen weitergeführt werden könnten«, die Versuche dort nicht wiederaufzunehmen. Statt dessen beschloß man, gemeinsam einen neuen Versuchsplatz tief im Inneren des Landes bei Orenburg zu erkunden, um dort gegebenenfalls die Arbeit fortzusetzen66. Die mehrtägige Erkundung des Geländes Ende April durch ein gemischtes Kommando mit dem aus Berlin angereisten Oberstleutnant Adam (Auer ?), Versuchsleiter Hackmack, Niedermayer und Fismans Stellvertreter Rochinson verlief im Ergebnis negativ. Der Platz erwies sich wegen des starken Bodenwindes und der zu großen klimatischen Unterschiede zu Mitteleuropa für ein Testgelände als wenig geeignet67.
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Anlage zur Aufz. Dirksens vom 10.3.1927, wie Anm. 54, Dok. 232. Brief an Seeckt vom 12.3.1927, BA-MA, N 247/87, Fasz. 19; vgl. auch Fischer, Stalin und der deutsche Kommunismus, S. 646. Aufz. Lieths vom 9.4.1927, BA-MA, RH 2/2304, Bl. 105 f. Bericht über die Erkundung des Geländes Or[enburg], 3.5.1927, ebd., Bl. 139—149.
4. Die Militärbeziehungen auf Eis — Das schwierige Jahr 1927
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Am 18. Mai kam es zur endgültigen Verständigung zwischen den Spitzen des Reichswehrministeriums und des Auswärtigen Amts über den weiteren Fortgang der Militärbeziehungen. Stresemann, Geßler, Heye und der neue Truppenamtschef Oberst v. Blomberg einigten sich in Form eines Protokolls, das im wesentlichen auf der Absprache zwischen Heye und Stresemann vom 4. Februar basierte (s. o.), auf den folgenden Fahrplan für das laufende Jahr 1927: 1. Keine Gastests auf dem erkundeten Gelände Orenburg und damit Absage aller Versuche im laufenden Jahr. 2. Keine Reichswehrangehörigen zu den Ausbildungskursen in Lipeck und Kazan'. 3. Abgabe einer offiziellen Einverständniserklärung des Auswärtigen Amts zum Betrieb der Panzerschule von Kazan' gemäß der Forderung Litvinovs. 4. Fortsetzung der gegenseitigen Manöverbesuche wie gehabt, sogar in Uniform. Einrichtung mehrwöchiger Sprachurlaube für jüngere Reichswehroffiziere in der Sowjetunion. 5. Abwarten der politischen Situation am Jahresende, um dann über die Zukunft der gesamten Militärbeziehungen und der Übungsstationen im besonderen von neuem zu entscheiden 68 . Die Gasversuche sollten vom Sommer an in Grafenwöhr stattfinden, womit, so Geßler, vermieden werde, »daß man den Russen, die doch schließlich auch einmal als unsere Gegner in Betracht kommen könnten, ohne Gegenleistung zu wertvolles Material in die Hand gäbe«. Um eine politische Verstimmung zu vermeiden, sei Moskau gegenüber die Absage der Orenburger Versuche vorrangig mit pekuniären Argumenten zu begründen69. Als Hackmack im Juni Fisman die Gründe für die Absage der Gastests für 1927 überbrachte, reagierten die Sowjets sofort mißtrauisch. Fisman drängte die deutsche Seite zu einer klaren Aussage, versuchte durch geschickte Gegenvorschläge, ihre wahren Absichten zu klären, und winkte mit großzügigen Zugeständnissen. Man sei bereit, unverzüglich das Orenburger Gelände »sowie in weitestgehendem Umfang Hilfe und Personal bei den Versuchen« zur Verfügung zu stellen, ebenso für alle Unfälle die volle Verantwortung zu übernehmen. Darüber hinaus wolle man für eine größere Oxol- sowie eine Lewisitanlage am Versuchsplatz die Kosten tragen70. Fismans Gegenvorschläge setzten Berlin erneut unter Druck, die eigene Entscheidung zu erläutern und in der Form für Moskau annehmbarer zu machen. Dies geschah durch eine Instruktion für die Zentrale Moskau vom 1. Juli. U m der »schwierigen Stellung« ihres Leiters gegenüber den Russen Rechnung zu tragen, solle mit Ausnahme der drei Flugzeuge das übrige technische Gerät in Podosinki zurückbleiben. Wegen der im April dort aufgebauten Oxolanlage, an deren Erwerb Fisman Interesse gezeigt hatte, wurde den Sowjets ein Verkaufsangebot (Limitforderung 15000 Rubel) gemacht unter der Voraussetzung, daß die Anlage später bei einer Fortsetzung der Versuche den deutschen Expe-
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Aufz. Köpkes vom 18.5.1927, AD AP, B, Bd V, Dok. 164; siehe auch Anm. 55 und die Vortragsnotizen (gez. Mitteiberger) vom 23.1.1928, BA, NL 5/116, Bl. 95. Ebd. (Aufz. Köpkes). Anlage zum Schreiben Lieths vom 25.6.1927, wie Anm. 66, Bl. 187—191.
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VII. Der Einschnitt der Jahre 1926/27
rimentatoren wieder zur Verfügung stünde. Mit diesen Zugeständnissen sollte Hermann v. d. Lieth-Thomsen lediglich in die Lage versetzt werden, den »gänzlichen Abbruch der Versuche in Rfußland] der anderen Seite gegenüber vorläufig zu verschleiern«71. Die Unsicherheit über die Zukunft der militärischen Beziehungen fiel in den Sommerwochen 1927 zusammen mit der dramatischen Zuspitzung des englisch-sowjetischen Verhältnisses, das sich in Moskau bis an den Rand einer Kriegshysterie steigerte. Die beiden besonders gefährdeten Projekte, die Gasversuche und die Kazaner Panzerschule, gehörten zu jenen Vereinbarungen, die Iosif Unslicht im März des Vorjahres in Berlin mit der Heeresleitung getroffen hatte (siehe VII. 1.). Ende Juli 1927 kam Moskaus stellvertretender Kriegskommissar erneut in die Reichshauptstadt und erörterte am 24. d. M. in der Sowjetbotschaft mit Reichswehrminister Geßler, den Chefs der Heeres- und Marineleitung, Heye und Zenker, Truppenamtschef Blomberg und den Generalen Hasse und Ludwig die in sowjetischen Augen so dramatisch zugespitzte internationale Lage. Nach Unslichts Worten rechnete die Sowjetregierung »mit einer nahe bevorstehenden Katastrophe«, d. h. mit einer unmittelbaren Kriegsgefahr spätestens zu Beginn des kommenden Jahres. Ein polnisch-rumänischer Angriff auf die Sowjetunion sei allerhöchstens eine Frage von Monaten 72 . Die beschwichtigenden Einwände seiner deutschen Gesprächspartner ließ Unslicht nicht gelten, sondern sprach diesen weiter mahnend ins Gewissen. Angesichts der Kriegsgefahr »müsse [...] die deutsch-sowjetische Zuammenarbeit unbedingt intensiv fortgeführt werden«. Die Sowjetunion sei dazu bereit, »verlange aber nach den letzten Vorgängen eine legale Basis«. Daneben bilde die z. T. noch immer bestehende Kluft zwischen der außenpolitischen Führung des Reiches und den Militärs ein Haupthindernis für die gemeinsame Weiterarbeit. Aus diesem Grunde sei die seit dem Frühjahr d.J. wiederholt geforderte Einverständniserklärung des Auswärtigen Amts mit der Panzerschule von Kazan' für Moskau ganz und gar unverzichtbar73. In den Wochen darauf lag es an Berlin, die geforderten Voraussetzungen zu erfüllen. Am 10. August hielt Generaloberst Heye Vortrag vor Reichskanzler Marx und machte sich für die Abgabe der verlangten Legalisierungserklärung stark. Zwei Tage später überwand auch Stresemann seine anfänglich »schweren Bedenken prinzipieller Art« und gab Moskaus Forderung nach. Er begründete dies mit den »nachteiligen politischen Folgen, welche die Nichtabgabe einer Erklärung im gegenwärtigen Augenblick in unserem Verhältnis zu Rußland nach sich ziehen könnte«74. Damit waren die letzten Hindernisse beseitigt. A m 15. August 1927 gab Brockdorff-Rantzau gegenüber Cicerin im Namen des Auswärtigen Amts die geforderte Einverständniserklärung zu Kazan' ab75. Damit war die Wilhelmstraße in offizieller Form in die AktiT 2 1 (Fi) an Wa Prw. 2 vom 29.6.1927, ebd., Bl. 209 f.; Telegramm Fischers (Frank) >für Lieth< vom 21.7.1927, PA-AA, Büro Sts., Osec, >FischertelegrammePravda< nicht mit lobenden Worten für das auffällige Widerstreben Deutschlands, sich auf die britische Konfrontationslinie ziehen zu lassen. Stresemanns außenpolitische Reichstagsrede vom 23. Juni 1927 (>Gallia quo vadis?Izvestija< eines der wichtigsten Dokumente in der Geschichte der deutschen Außenpolitik der letzten Jahre4. Damit hatte der Berliner Vertrag in den Augen Moskaus seine Nagelprobe bestanden. Deutschlands Neutralität in einem Konflikt der Sowjetunion mit den Führungsmächten des Völkerbunds hatte sich entgegen allen Befürchtungen als möglich erwiesen. Die unverzichtbare politische Minimalbasis für die Militärbeziehungen war damit gesichert. Wichtig war für die Sowjets vor allem eines: Die Reichsregierung hatte der Versuchung widerstanden, ihre Neutralität gegen ein mögliches Entgegenkommen des Westens in der Räumungsfrage einzutauschen. Wie sehr gerade Stresemanns Denken in jenen Monaten ganz im Banne dieser Hoffnung stand, hatte der Reichsaußenminister im Januar 1927 in einem Schreiben an Reichskanzler Marx zum Ausdruck gebracht, als er »jede Abweichung von der heutigen Verständigungspolitik [...] wie etwa der Gedanke einer militärischen Verbindung mit Sowjet-Rußland« mit der Begründung verwarf, »daß wir gegenwärtig alles auf die Rheinlandräumung abzustellen haben und nichts tun dürfen, was diese Politik irgendwie gefährdet«5. Stresemanns Hoffnungen auf eine vorzeitige Rheinlandräumung erwiesen sich sehr bald als verfrüht. In seiner oben erwähnten Reichstagsrede machte der Reichsaußenminister keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über die Verhärtung der französischen Politik in den Monaten seit Thoiry, die in der deutschen Öffentlichkeit zunehmend Ernüchterung über Locarno und seine ausbleibenden Erfolge hinterließ. Hier erkannte die sowjetische Politik schnell einen Ansatzpunkt, um gegenüber Berlin wieder den >Geist von Rapallo< zu beleben. Nicht nur, daß man den deutschen Desillusionierungsprozeß hinsichtlich Locarnos schürte, man ging auch dazu über, die deutsche >Erfüllungspolitik< gegenüber den westlichen Abriistungsauflagen ins Spiel zu bringen und dabei die »selbstmörderische Gewissenhaftigkeit« zu tadeln, mit der die Reichsregierung den alliierten Forderungen nachzukommen trachte6. Schon im September 1926 hatte die >Pravda< mit gezieltem Blick auf die deutschnationale Opposition Berlin gemahnt, die Wiedergewinnung nationaler Größe sei weder durch ein »Hochdienen« bei den Alliierten noch durch irgendwelche Hoffnungen auf den Völkerbund, diesem »Werkzeug zur systematischen Erniedrigung Deutschlands«, möglich, sondern allein durch »Faktoren der Macht: Dollars, Dreadnoughts und Flugzeuge«7. Im Juli 1927 stellte die >Izvestija< fest, daß ein deutsches Abrüstungsproblem »faktisch nicht mehr« existierte. Entsprechende Vorwürfe an die Reichswehr seien nichts weiter als eine außenpolitische Stimmungsmache der Ententemächte gegenüber Deutschland, dazu bestimmt, die verweigerte Rheinlandräumung zu rechtfertigen. Kurz darauf wurde das Organ der Sowjetregierung noch deutlicher, als es an die Adresse Berlins gerichtet schrieb: »Ein waffenloses Deutschland wird im Umkreis bis an die Zähne bewaffne4 5
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Grieser, Sowjetpresse, S. 182. Schreiben vom 14.1.1927, in: Die ungeliebte Republik, hrsg. von W. Michalka/G. Niedhart, München 3 1984, Dok. 105. Grieser, Sowjetpresse, S. 183. Ebd., S. 167.
1. Deutschland und die Sowjetunion in den Jahren nach Locarno
157
ter kapitalistischer Länder immer weniger Chancen haben, seine Forderungen befriedigt zu sehen 8 .« Neben diese kaum noch verhüllten Aufforderungen zur Aufrüstung gesellten sich seit Ende 1926 auch ganz neuartige Töne. Eine Gruppe innerhalb der sowjetischen Führung, die sich um den Chefredakteur der >Pravdabelastete< Persönlichkeit verlangte17. Die Öffnung der Reichwehr gegenüber den anderen staatlichen Institutionen und ihr verstärktes Kooperationsbedürfnis resultierten zum zweiten aus ihren materiellen Aufrüstungszielen. Wenn die Armee rüsten wollte, war weder ein Rückzug aus der Politik noch aus der Gesellschaft möglich (Michael Geyer) 18 . Die seit Ende 1925 in ersten Ansätzen laufenden Pläne für das begrenzt einsatzfähige 21-Divisionen-Heer traten um die Mitte des Jahres 1927 in ein konkreteres Stadium. Am 30. Juni legte die Organisationsabteilung ( T 2) des Truppenamts den Entwurf eines APlans (Aufstellungsplan für eine Kriegswehrmacht) mit einer detaillierten Ausstattungsund Bedarfsplanung für das 21-Divisionen-Heer bis zum Jahr 1932 vor. In Anbetracht der beschränkten Mittel setzte das Truppenamt im Februar 1928 ein Zwischenziel fest. Danach sollte die Bereitstellung der materiellen Ausstattung für das A-Heer in zwei Stufen erfolgen. Als erste, bis zum Jahresende 1932 zu erreichende Etappe wurde ein 16Divisionen-Heer anvisiert, wobei sieben Divisionen mit modernem Gerät auszustatten waren. In einem zweiten Schritt sollte dann in weiteren fünf Jahren bis 1938 der vollständige materielle Rahmen für die 21 Divisionen des A-Heeres geschaffen werden19. Die erste Etappe wurde Ende September 1928 vom Chef der Heeresleitung als 1. Rüstungsprogramm verabschiedet und im Monat darauf vom Reichskabinett beschlossen. Mit seinen fünf Planjahren (Ende am 31. März 1933) war es auf Gesamtkosten von 350 Mill. R M veranschlagt, wovon ca. 250 Mill. auf Beschaffungsprojekte für das 16-Divisionen-Heer entfielen. Parallel dazu lief das Rüstungsprogramm der Reichsmarine, dessen Schwerpunkt, der Panzerschiffbau, allein 1928 mit Kosten von rund 80 Mill. R M zu Buche stand20. Auch die militärtheoretische Diskussion hatte sich seit den frühen 20er Jahren weiterentwickelt. Zwar blieben die taktischen Grundsätze aus der Seecktära weitgehend unverändert — erst 1927 kam es zur Abschaffung der Lanze bei der Kavallerie —, doch wurde durch das verstärkte Eindringen der Ideen von Füller und Liddell Hart die interne Diskussion in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts beträchtlich belebt. Einig war man sich nach wie vor in der Ablehnung des Stellungskrieges. Uber die Frage jedoch, wie die vieldiskutierte >Krise des AngriffsSturminfanterie< sollte in Zukunft den Bewegungskrieg erzwingen22. Dagegen stand das Lager der vorwiegend von England her beeinflußten Protagonisten der Heeresmotorisierung, die in der Kombination von Panzer und Flugzeug den Schlüssel zur Zukunft sahen. Schon in seiner Kampfwagendenkschrift vom November 1926 hatte Heye unter Hinweis auf die englischen Manöver desselben Jahres die operativen Möglichkeiten der Tankwaffe angesprochen. Die ausländischen Erfahrungen der letzten Zeit hätten demonstriert, »daß neuzeitliche Kampfwagen in Verbindung mit schnellbeweglichen Truppen oder auch in selbständigen Verbänden in der Lage sind, Kampfaufgaben mit weitgesteckten Zielen gegen Flanke und Rücken des Feindes sowie an entscheidenden Stellen des Kampfes schnell und erfolgreich durchzuführen«23. Damit stieß jedoch das bisher geübte System der technischen Aushilfen und Simulationen deutlich an seine Grenzen. Heye dazu: »Unsere derzeitigen Kampfwagennachbildungen wurden seinerzeit unter anderen Voraussetzungen lediglich zur Darstellung des Einsatzes im unmittelbaren Zusammenwirken mit der Infanterie geschaffen. Die Darstellung neuzeitlicher, schnellaufender Kampfwagen kann mit ihnen nicht erfolgen.« Trotz der Möglichkeit, die Tankattrappen auf geländegängige Dixi-Kleinkraftwagen zu verladen, machte doch gerade die Idee des operativen Panzereinsatzes die Beschäftigung mit den technischen und taktischen Eigenschaften >wirklicher< Tanks auf Dauer unumgänglich. Was für den Kampfwagen galt, galt ebenso für das Flugzeug. Wie auch immer der Weg in die Zukunft aussehen sollte: An der Notwendigkeit, praktische Erfahrungen mit diesen beiden neuen Waffensystemen zu gewinnen, führte kein Weg mehr vorbei. Die Entwicklung von entsprechenden Prototypen stand im Mittelpunkt des 1. Rüstungsprogramms, das einen Luftrüstungs- und einen Motorisierungsteil enthielt. Das Fliegerrüstungsprogramm begann in seiner ersten Phase bereits kurz nach dem Pariser Luftfahrtabkommen vom Mai 1926, das die Entwicklung von Kampfflugzeugen in Deutschland ermöglichte und der Reichswehr die fliegerische Ausbildung von sech Offizieren pro Jahr erlaubte. Nachdem das fliegertechnische Entwicklungsreferat des Waffenamts unter Hauptmann Student die technischen und taktischen Forderungen für vier Grundtypen festgelegt hatte, entwickelte die Industrie bis 1929 die ersten militärischen Prototypen. Parallel zu den technischen mußten die personellen Grundlagen für eine deutsche Luftrüstung geschaffen werden. Ganze 15 Fluglehrer standen im Herbst 1926 dem Reichswehrministerium für die Heranbildung eines >Fliegerwaffenstammes< zur Verfügung; dazu kamen 28 aktive Offiziere mit »vorhandenen fliegerischen Kenntnissen«24. 22 23 24
Vgl. Lachmann, Zu Problemen der Bewaffnung, S. 47ff. Denkschrift: Darstellung neuzeitlicher Kampfwagen vom 10.11.1926, IZG, MA 52/15. H. Stützer, Die deutschen Militärflugzeuge, S. 14; Denkschrift Wilbergs über die Ausbildung des Fliegerwaffenstammes 1926/27 vom 30.9.1926, BA-MA, R H 2/2224, Bl. 172.
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VIII. Die veränderten Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre
Im Frühjahr 1929 begann der zweite Abschnitt der Fliegerrüstung, als im Truppenamt die technisch-taktischen Forderungen an das Fluggerät für die Phase des 2. Rüstungsprogramms ab 1933 festgelegt wurden. Das dazugehörige Test- und Erprobungsprogramm mußte spätestens bis 1932 abgeschlossen sein25. Die Entscheidung über die quantitativen Luftrüstungsziele erfolgte im Frühjahr 1930. Als fliegerische Komponente des 21-Divisionen-Heeres sollte am Ende des 2. Rüstungsprogramms 1938 eine >Notstandsluftwaffe< von 200 Maschinen neuester Konstruktion, in 22 Staffeln gegliedert, bereitstehen. Parallel zur technischen Planung erfolgte die organisatorische Konzentration aller Luftrüstungsfragen innerhalb des Reichswehrministeriums. Schon im Februar 1928 waren die beiden im Heereswaffenamt zuständigen Stellen, Prüfwesen (Wa Prw. 6F) unter Hauptmann Student und Beschaffung (Wa B 6F) unter Hauptmann Volkmann, zur Wa (L) zusammengefaßt worden, die vom Oktober 1929 an als Abteilung Wa Prw. 8 unter der Leitung von Major Wilhelm Wimmer arbeitete. Zur selben Zeit wurde die langjährige TA (L), seit 1927 als T 2 V (L) innerhalb der Organisationsabteilung (T 2) des Truppenamts angesiedelt, aufgelöst und ihr Arbeitsgebiet in die Inspektion 1 (Waffenschulen) überführt. Durch diese Umstrukturierung war eine entscheidende organisatorische Aufwertung des Fliegersektors im Reichswehrministerium erfolgt, der nunmehr gleich den anderen Waffenressorts auf Amtschefebene institutionalisiert war und durch einen Generalmajor vertreten wurde. Hilmar Ritter v. Mitteiberger wurde am 1. Oktober 1929 als neuernannter >Inspekteur der Waffenschulen und der Flieger< de facto zum ersten deutschen Luftwaffenchef im Generalsrang seit 1918. Major Helmuth Felmy, nach Wilberg und Sperrle der letzte Leiter der TA (L), trat ihm als Stabschef zur Seite. Ein Jahr zuvor war in allen Einzelheiten der Motorisierungsteil des 1. Rüstungsprogramms festgelegt worden. Unter den »Maßnahmen äußerster Dringlichkeit« forderten die Planvorgaben vom September 1928 die Aufstellung dreier Panzerkompanien, bestehend aus zwei verschiedenen Kampfwagentypen, für die Rüstungsperiode bis 1932. Dabei handelte es sich um ein schweres Modell der 16-t-Klasse mit einer 7,5-cm-Kanone (Tarnbezeichnung Großtraktor), aus dem eine Kompanie mit 17 Fahrzeugen gebildet werden sollte, und ein 10-t-Fahrzeug mit 3,7-cm-Kanone (Leichttraktor), mit dem zwei Kompanien, ebenfalls zu je 17 Fahrzeugen, auszustatten waren. 5,1 Mill. RM waren für die Beschaffung der insgesamt 51 Tanks veranschlagt26. Im Juli 1928 hatte die Inspektion der Verkehrstruppen (In 6) die technischen Forderungen für den Leichttraktor festgelegt. Vom Herbst des Jahres an — konstruktive Vorstudien liefen bereits seit 1926 — konkurrierten Krupp und Rheinmetall um die Entwicklung eines Prototyps. Beim Großtraktor liefen die entsprechenden Arbeiten seit dem Frühjahr 1927. Hier war als dritte Firma auch noch Daimler Benz mit einem Prototyp im Rennen. Im Frühjahr 1929 standen die sechs Prototypen
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Im Folgenden nach Stützer, ebd., S. 15—18. Vgl. Das Motorisierungsprogramm von 1928, HWA 14.9.1928, in: Barthel, Theorie und Praxis der Heeresmotorisierung, Anlage 13 (S. 421—425).
3. Die Rote Armee auf dem Weg zur Doktrin der militärischen Stärke
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des Großtraktors — je zwei von jeder Firma — zur Erprobung bereit, die vier Modelle des Leichttraktors folgten ein Jahr später27. Bis spätestens 1933 mußte nach den Terminvorgaben die Serienreife der Entwicklungsmodelle erreicht sein. Eine lange und intensive Erprobungsphase stand bevor. Hand in Hand damit mußten ein qualifizierter Personalstamm für die neue Waffe herangebildet und, soweit möglich, die ersten taktischen Erfahrungen gesammelt werden. Solange die Bestimmungen des Versailler Vertrages hinsichtlich des Baus und der Erprobung schwerer Waffen fortbestanden und das Reich die Rüstungsgleichheit mit den anderen Völkerbundmächten nicht erreicht hatte, war die >russische Verbindung< für das Reichsheer gerade jetzt notwendiger denn je. Dies fiel zusammen mit einer ähnlich laufenden Entwicklung auf der anderen Seite. Auch in Moskau standen am Ausgang der 20er Jahre die Zeichen auf Aufrüstung.
3. Die Rote Armee auf dem Weg zur Doktrin der militärischen Stärke Als Ende Oktober 1925 Michail Frunze starb und Kliment Vorosilov das Kriegskommissariat übernahm, war die Formierungs- und Konsolidierungsphase der Roten Armee im Rahmen des gemischten Kader-Miliz-Systems abgeschlossen; die Streitkräfte hatten sich in der neuen Friedensstruktur eingerichtet. Hauptsächlich drei Probleme begleiteten die Armee in die zweite Hälfte des Jahrzehnts: die Kaderfrage, die inhaltliche Bestimmung einer Militärdoktrin und die technische Ausstattung. Das erste, die Heranbildung der notwendigen Zahl qualifizierter Spezialisten, war in den Augen der Führung von gleichermaßen militärischer wie politischer Bedeutung. Obwohl von den ca. 46000 militärischen Führern der Armee im Jahre 1928 nur noch rund 10% aus dem zaristischen Offizierskorps stammten, stellte diese Gruppe noch immer die Masse des Lehrkörpers an den Schulen und Akademien, beherrschte nach wie vor die militärwissenschaftliche Publizistik und hielt die wichtigsten Stabsfunktionen innerhalb der Streitkräfte besetzt. Beim Mangel an eigenem, d. h. sowjetischem Führungspersonal blieb das Wissen und die Erfahrung der alten >Spezialisten< auch weiterhin unentbehrlich28. Besonders gravierend war das Fehlen von qualifizierten Fachleuten für die Stabsarbeit bei der Truppe. Im November 1926 tadelte Generalstabschef Tuchacevskij in einem Bericht an den Kriegskommissar über die Manövererfahrungen des zu Ende gehenden Jahres die ausgesprochen passive Rolle der Stäbe und die geringe Vorbildung des Offizierskorps in der Organisation und Führung des Gefechts29. Auch Tuchacevskijs Nachfolger Sapos27
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RWM (HWA, Prw. 6, Gr. 2) 14.5.1935, Entwicklungsgeschichte des Gr. Tr. und des L. Tr.; NIK 11542. Vgl. Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 281 ff., 317ff. D. Fedotoff White, The Growth of the Red Army, Princeton 1944, S. 292. Von 243 Offizieren, die im Jahre 1929 Beiträge zur Militärliteratur lieferten, stammten 81,5% aus der alten Armee, ebd., S. 299. M.N. Tuchacevskij, Zadaci obüievojskoj podgotovki, in: ders., Izbrannye Proizvedenija, Bd 1, Moskau 1964, S. 310, 317.
164
VIII. Die veränderten Rahmenbedingungen in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre
nikov führte ab 1928 einen engagierten Kampf um die richtige Nutzung der Stäbe als Führungsinstrumente durch die Truppenkommandeure und gegen die weitverbreitete Tendenz, sie zu »bloßen Schreibstuben« umzufunktionieren 30 . Der z.T. noch aus den Gewohnheiten des Bürgerkriegs herrührende Drang vieler Kommandeure, alle Führungsund Organisationsaufgaben selbst wahrzunehmen, führte häufig zum Verlust jeglicher Führung und zum Triumph des Selbstlaufs in den Gefechtsübungen. Das 1926 herausgegebene Spezialreglement >Felddienst der Stäbe< (polevoj ustav stabov) galt im Urteil der Reichswehr als »ein Gradmesser, der zeigt, auf welch niedriger Stufe das militärische Wissen der Führerschaft der Roten Armee steht«31. Eng verknüpft mit dem Problem, brauchbare Stabsoffiziere heranzubilden, war die grundsätzliche Frage nach der Rolle des Generalstabs und seiner Kompetenzen innerhalb der Streitkräfte. Die Diskussion, ob eine erklärtermaßen proletarische Armee neuen Typus der Institution des Generalstabs bedürfe, war im Lichte der Bürgerkriegserfahrungen schon zu Anfang der 20er Jahre geführt worden. Der Ubergang zur Friedensstruktur im Zuge der Militärreform von 1924/25 war mit einer spürbaren Entmachtung des Generalstabs (offiziell Stab der RKKA) verbunden gewesen, der eine Reihe wichtiger Zuständigkeiten wie die Mobilmachungsvorbereitung und die Aufsicht über die Gefechtsausbildung an die neugeschaffene >Hauptverwaltung der RKKA< und ihre Inspektionen hatte abgeben müssen (siehe I.3.). Die Trennung von Führung und Planung innerhalb des militärischen Zentralapparats führte in den folgenden Jahren zu einer ständigen Rivalität zwischen Stab und Hauptverwaltung um die militärische Verteidigungsplanung32. Schon Tuchacevskij hatte versucht, gegen Widerstände im Revolutionären Militärrat die Kompetenzen des Generalstabs entscheidend zu erweitern. Unter Saposnikov ging die Kontroverse weiter. Ausgestattet mit der Autorität seines neuen Amtes, vollendete Saposnikov im Jahre 1929 sein dreibändiges Werk über die Institution des Generalstabs in der modernen Militärgeschichte. Anhand einer Vielzahl von Beispielen aus dem Weltkrieg — Schwerpunkt seiner Analyse war der k.u.k. Generalstab unter Conrad v. Hötzendorf — versuchte der Autor, die Notwendigkeit eines zentralen Führungs- und Entscheidungsgremiums in allen Fragen der personellen und materiellen Verteidigungsplanung zu beweisen. Der Titel des Werks, >Mozg ArmiiStrategiestreits< in der deutschen Kriegsgeschichtsschreibung bildete. Natürlich zielte Tuchacevskijs Kritik dabei weniger auf den gerade erst verstorbenen Delbrück als auf dessen sowjetischen Schüler Svecin und seine Sekundanten Aleksandr Verchovskij und Vladimir Melikov. Mit der Verhaftung Svecins und Verchovskijs Anfang 1930 und der öffentlichen Achtung ihrer militärischen Auffassungen in den Monaten darauf war die militärtheoretische Kontroverse endgültig zugunsten der Niederwerfungsstrategie entschieden 39 . Seit 1929 besaßen deren Vertreter eine operative Grundlage für ihre Kriegführungsdoktrin: die vom stellvertretenden Generalstabschef Vladimir Triandafillov in seiner Arbeit über den >Charakter der Operationen moderner Armeen< (Charakter operacij sovremennych armij, Moskau 1929) entwickelte Theorie des tiefen Gefechts (glubokij boj). Wie fast überall im Nachkriegseuropa kreiste auch das sowjetische militärische Denken jener Zeit um die Frage, wie die in der Endphase des Weltkriegs gegebene Situation starrer Fronten mit tiefgestaffelten Verteidigungszonen überwunden werden konnte. Durchbruch durch eine stark befestigte Frontlinie von großer, d. h. Dutzende von Kilometern umfassender Tiefe, das war das Kernproblem, dessen erfolgreiche Lösung die Wiedergewinnung der Operationsfreiheit bringen sollte. Triandafillovs Lösungsmodell bestand in einem nach Breite und Tiefe sowie in den benötigten Feuermitteln exakt berechneten Angriffsverfahren, das erlaubte, den Gegner in der gesamten Tiefe seiner Verteidigungszone gleichzeitig zu bekämpfen. Damit sollte es möglich werden, Länder von mittlerer Größe durch eine einzige militärische Operation niederzuwerfen 40 . Die Theorie gründete ihrem Wesen nach auf dem Prinzip verbundener Waffen; Fernkampfartillerie, Flugzeuge und Tanks verschiedener Größen und Reichweiten sollten kombiniert zum Einsatz kommen. Ein Teil der Tanks war für ein selbständiges Operieren tief in der feindlichen Abwehrzone oder in ihrem Rücken vorgesehen; ein Gedanke, den bereits die Felddienstordnung von 1929 (PU-29) ausgesprochen hatte. Mit der Durchsetzung der Niederwerfungsstrategie wurde in der ersten Hälfte der 30er Jahre das tiefe Gefecht zur Theorie der tiefen Operation (glubokaja operacija) weiterentwickelt und bildete die Grundlage der taktischen Ausbildung 41 . Die Folgen dieser Umorientierung waren — namentlich auf dem Gebiet der Taktik — tiefgreifend. Den technischen und organisatorischen Anforderungen der neuen Theorie gemäß, mußte die Gruppentaktik, die noch in der Felddienstordnung für die Infanterie vom Jahre 1927 eine beherrschende Rolle eingenommen hatte, zugunsten einer stärker zentralisierten Kampfführung zurückgenommen werden 42 . Beweglichkeit auf der Basis der Motorisierung hieß das Ziel; die allgemeine Losung des 1. Fünfjahrplans: >Die Technik entscheidet alles!< wurde auch zum Credo der militärischen Führung. Die Enthusia38 39 40 41 42
Izbrannye Proizvedenija, Bd2, S. 116—146. L. Nikulin, Tuchacevskij, Moskau 1964, S. 177. Boetticher, Industrialisierungspolitik und Verteidigungskonzeption, S. 244—247. Isserson, Razvitie teorii, in: VI¿, 7 (1965) 1, S. 36-46, u. 7 (1965) 3, S. 48-61. Vgl. das Stichwort >Gruppovaja taktikaFullerovcyklassischer< Waffen wie Kavallerie und Artillerie um ihre Zukunft zu fürchten43. Das Pferd verdrängte der Motor, während die Kanone der punktzielenden Fliegerbombe zu unterliegen drohte. Auch die Luftstreitkräfte erhielten im Rahmen der tiefen Operation ihre Rolle und bekamen operative Aufgaben zugewiesen (siehe V.2.). Innerhalb der Marine begann eine entsprechende Diskussion über die Seekriegsdoktrin, die sich zwischen den Polen eines weitgehend passiven Küstenschutzes und einer meeresbeherrschenden Hochseeflotte bewegte44. Triandafillovs operative Theorie war in ihrem Entstehungsjahr 1929 ein Vorgriff auf die Technik von morgen; die Waffen, auf die sie baute, besaß die Armee noch gar nicht. Die Frage der technischen Ausstattung, das dritte Kernproblem der Streitkräfte, stellte sich in diesem Zusammenhang mit verschärfter Dringlichkeit. Seine Lösung war aufs engste mit den ökonomischen und innenpolitischen Grundentscheidungen von Partei und Regierung am Ende der 20er Jahre verbunden. Die volkswirtschaftliche Rekonstruktionsphase der NEP-Jahre hatte den Streitkräften auf materiellem Gebiet wenig gebracht. Mit der Beendigung der NEP durch den XV. Parteitag Ende 1927 meldeten sich auch die Militärs mit ihren Interessen zu Wort. Schon im April des Jahres hatte Vorosilov im Rahmen der laufenden Industrialisierungsdebatte die Wünsche der Armee angemeldet und u. a. die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, »daß die Fragen der Vorbereitung der ganzen Industrie auf die Bedürfnisse der Verteidigung jetzt [...] berücksichtigt werden«45. Noch vor dem XV. Parteitag legte der Generalstab unter Tuchacevskij den ersten Fünfjahrplan für die technische Entwicklung der Streitkräfte vor. Nachdem ein erneuter Vorstoß des Generalstabschefs zugunsten eines ehrgeizigen Rüstungsprogramms im Frühjahr 1928 auf die Ablehnung der Parteiführung gestoßen war, reichte Tuchacevskij im Mai d.J. seinen Abschied ein46. Der Rat der Volkskommissare beschloß daraufhin Ende Juli einen— wenn auch weitaus bescheideneren — Fünfjahrplan für die Rekonstruktion und Entwicklung der Streitkräfte der UdSSRUber den Verteidigungszustand der UdSSR< bestätigt wurde. Darin wurde die Konstruktion und Entwicklung von Waffentypen gefordert, die dem Standard der fortgeschrittensten bürgerlichen Staaten entsprechen sollten; mit 3500 Tanks lag das Rüstungsziel jetzt mehr als dreimal so hoch als beim Juliprogramm vom Vorjahr49. Noch im Juli d.J. wurden die technischen und taktischen Daten der zu entwickelnden Panzertypen festgelegt und die Aufstellung eines mechanisierten Versuchstruppenteils beschlossen, mit dem die ersten taktischen Erfahrungen gesammelt werden sollten50. Ein ebenso ehrgeiziges Luftrüstungsprogramm folgte im Januar 1930. Es sah neben neuen Jäger- und Aufklärermodellen auch die Entwicklung schwerer und weitreichender Bombenflugzeuge vor, deren Anteil am Ende des Fünfjahrplans auf 38 % der gesamten Luftstreitkräfte anwachsen sollte51. Im November 1929 wurde der zentrale Militärapparat reorganisiert, um die organisatorischen Voraussetzungen für die umfangreichen Rüstungsvorhaben herzustellen. Zu diesem Zweck wurde die Position des >Chefs Bewaffnung< (nacal'nik vooruzenij) mit zentraler Zuständigkeit für sämtliche Rüstungsfelder einschließlich der Luft- und Seestreitkräfte geschaffen. Ende des Jahres übernahm der Chef des Moskauer Militärbezirks, Ieronim Uborevic, das neugeschaffene Amt; auf ihn folgte im Juni 1931 Michail Tuchacevskij52. Parallel dazu verlief die Einrichtung einer Verwaltung für Motorisierung und Mechanisierung der Roten Armee< (upravlenie po motorizacii i mechanizacii RKKA), an deren Spitze Innokentij Chalepskij und als dessen Stellvertreter und gleichzeitiger Inspekteur der Panzertruppen Konstantin Kalinovskij traten53. Obwohl man schon seit 1927 einen eigenen Kleinpanzer in Serie produzierte, suchte man die technischen Vorbilder für den Panzerbau verstärkt im Ausland. Am Jahresende 1929 fuhr eine Kommission unter der Leitung Chalepskijs zu einer Informationsreise nach England und in die USA. Im März des folgenden Jahres erteilte die britische Regierung die Ausfuhrgenehmigung für einige Dutzend mittlere Vickers-Tanks und Kleinkampfwagen des Modells Carden-Lloyd Mark 48 49
50 51
52
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Boetticher, Industrialisierungspolitik und Verteidigungskonzeption, S. 289—299. Abgedruckt in: KPSS o Vooruzennych Silach Sovetskogo Sojuza, Moskau 1969, S. 264—266; vgl. Ryzakov, K voprosu o stroitel'stve, S. 106. Im August 1931 folgte die Annahme des sogenannten großen Tankprogramms, ebd., S. 107. Ryzakov, K voprosu o stroitel'stve, S. 106; Andronikow/Mostowenko, Die roten Panzer, S. 23. 23. Januar 1930, vgl. Letopis' stroitel'stva Sovetskich Vooruzennych Sil 1930 god, in: V l 2 , 17 (1975) 9, S. 115; vgl. Groehler, Geschichte des Luftkrieges, S. 132. Die Schaffung der neuen Dienststelle entsprach einem Vorschlag August Ivanovic Korks, vgl. I. M. Nagaev/N. S. Tarchova, Komandarm 2 ranga A. I. Kork, in: V l 2 , 2 9 (1987) 8, S. 88—93; ebenso: Letopis', in: V l 2 , 17 (1975) 2, S. 110. P.A. Rotmistrov, Vremja i tanki, Moskau 1972, S. 45; Letopis', ebd., S. 109.1nnokentij Andreevic Chalepskij (1893—1938), 1937 Volkskommissar für das Fernmeldewesen.Konstantin Bronislavovic Kalinovskij (1897—1931), führender Theoretiker des Panzereinsatzes, kam bei einer Flugzeugkatastrophe ums Leben.
3. Die Rote Armee auf dem Weg zur Doktrin der militärischen Stärke
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VI. Zwei Jahre später gelang es, in den USA zwei Exemplare des Christi Medium T 3 einzukaufen54. Damit waren die technischen Grundtypen gewonnen, auf denen die eigene Entwicklung leichter und mittlerer Panzertypen aufbauen konnte. Der 1929 aufgestellte mechanisierte Versuchsverband war 1931 unter dem Kommando Kalinovskijs zu einer vollmotorisierten Brigade von 120 Panzern und einigen hundert Begleit- und Unterstützungsfahrzeugen angewachsen. Die ersten Manövererfahrungen reizten zu weiteren Experimenten in noch größerem Maßstab. Im März 1932 entschloß man sich zur Aufstellung zweier mechanisierter Korps, mit deren Aufbau noch im Herbst d.J. im Ukrainischen und im Leningrader Militärbezirk begonnen wurde55. Die Heranbildung der nötigen militärischen Fachkader erforderte eine erhebliche Spezialisierung des bisherigen Ausbildungssystems innerhalb der Streitkräfte. So wurden im Laufe des Jahres 1932 die einzelnen Fakultäten der Dzerzinskij-Akademie für Militärtechnik zu eigenen Fachakademien umgebildet. Es entstand eine gesonderte >Akademie für Motorisierung und MechanisierungJungmärker< geführten Kategorie von Flugschülern fest. Sie sollten jeweils zum Rekruteneinstellungstermin des Reichsheeres am 1. April zunächst ein Jahr lang auf einer Verkehrsfliegerschule ihre fliegerische Grundausbildung (Aoder B-Schein) absolvieren und im Jahr darauf als Offiziersanwärter in ihren jeweiligen Stammtruppenteil eintreten. Gemäß dieser Anordnung nahmen am 1. April 1927 die ersten 12 Jungmärker ihre Ausbildung an der Verkehrsfliegerschule von Schleißheim auf 23 . Dem in Berlin festgelegten Fahrplan entsprechend, stand der erste Lipecker Ausbildungssommer 1926 noch weitgehend im Zeichen der Durchbildung des Lehrkörpers und von 20 21 22
23
Wilberg, wie Anm. 12, Bl. 162. Ebd., Bl. 161 f. Denkschrift über die Ausbildung des Fliegerwaffenstammes 1926/27 vom 30.9.1926, BA-MA, R H 2/2224, Bl. 173. Besprechungsprotokoll im Heerespersonalamt vom 27.11.1926, in: Völker, Dokumente, Nr. 20; auch Speidel, MS P-043, S. 52.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1 9 2 8 - 1 9 3 2
Auffrischungskursen für ehemalige Kriegsflieger und Beobachter im aktiven Dienst. Etwa zwei Dutzend Stabsoffiziere und Hauptleute, angeführt von Oberstleutnant Alfred Streccius, Major Erich Quade und Rittmeister Otto Deßloch, absolvierten einige Wochen lang Wiederholungskurse als Piloten und Luftbeobachter24. Der erste Jagdfliegerkurs für ehemalige Kriegspiloten mit dem Pour-le-merite-Träger Emil Thuy an der Spitze begann Mitte Mai d.J. Innerhalb von drei Wochen fanden ca. 150 Flüge statt. Parallel dazu übten bereits die ersten acht Jungflieger, während gleichzeitig eine Gruppe sowjetischer Flugschüler auf der F. D. XIII Ketten- und Staffelflüge durchführte25. Die fliegerische Einzelausbildung stand im Vordergrund; daneben kam es auch schon zu taktischen Übungen in bescheidenem Rahmen. Der letzte Flugbericht d.J. vom 21. Oktober nannte neben verschiedenen Formationsflügen auch den »Kettenluftkampf und [das] Zielen aus der Luft auf Erdziele«26. Die wichtigste Erkenntnis des ersten Ausbildungsjahres war, daß sich die physisch unverbrauchten Jungflieger im Vergleich mit den älteren Kriegspiloten als eindeutig überlegen erwiesen hatten. Daraus leitete Stahr die Konsequenzen für den Schulbetrieb der nächsten Jahre ab: »Der Schwerpunkt für die Schaffung einer Jagdfliegertruppe muß für die Zukunft auf der Heranziehung junger Kräfte für die Jagdfliegerei gelegt werden. In kürzester Zeit werden alle ehemaligen Kriegsflieger, die sich nicht in fortgesetzter Übung auf modernen Jagdflugzeugen befinden, durch den jungen Nachwuchs in den Schatten gestellt sein27.« 1927 wurde die Schule von der Politik eingeholt. Stresemanns Entscheidung, wegen der vorangegangenen Dezemberenthüllungen in diesem Jahr keine aktiven Offiziere nach Lipeck zu schicken (siehe VII. 4.), bedeutete einen spürbaren Schlag für die Ausbildungsziele der Militärs. Da somit die wichtigste Schülergruppe ausfiel, während fliegerisch vorgebildete Offiziersanwärter noch nicht verfügbar waren, entstand ein empfindliches Loch im Ausbildungsbetrieb, das der Schule im Endergebnis einen Etatüberschuß von 350000 RM bescherte. Trotzdem gelang es dem Lehrpersonal, mit einer Handvoll Zivilfliegern einen Flugbetrieb aufrechtzuerhalten, der von Juli bis Oktober etwa 1500 Flüge erreichte. Auch mehrere Gruppen sowjetischer Piloten nahmen, wie im Vorjahr, wiederum an der Ausbildung teil28. Für 1928 war das Reichswehrministerium entschlossen, die Ausbildungskapazität der Schule endlich voll zu nutzen. Mit der Begründung, »die Teilnahme von Zivil-Fliegern an den Kursen in Lipezk genüge nicht den Anforderungen der Reichswehr«, drängten die Militärs seit Ende 1927 das Auswärtige Amt, im kommenden Frühjahr der Entsen24 25
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Bericht Lieths vom 13.8.1926, wie Anm. 19, Bl. 179—181. Berichte vom 9. u. 27.6.1926, ebd., Bl. 300,274. Alfred Streccius (1874—1944), 1940 als Gen. d.Inf. Chef der Militärverwaltung Frankreich. Otto Deßloch (1889—1977), 1944 Generaloberst der Luftwaffe. Emil Thuy (1894—1930), am 11.6.1930 bei einem Erprobungsflug in der Nähe von Smolensk tödlich abgestürzt. Ebd., Bl. 8 3 - 8 6 . Ebd., Bl. 85. Protokoll der 3. Besprechung in Lipezk vom 18.3.1928, BA-MA, RH 2/2214, Bl. 132; Tätigkeitsberichte für die Monate Juli bis Oktober 1927, BA-MA, RH 2/2299 u. 2302.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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dung von 44—46 Offizieren zur Fliegerausbildung nach Rußland zuzustimmen29. Es folgte ein monatelanges Tauziehen zwischen der Reichswehrfiihrung und den Politikern. In einer Besprechung mit Stresemann gelang es Groener und Blomberg im Februar 1928, die Freigabe für vorerst 30 Flugschüler, darunter 20 Jungmärker, zu erreichen30. Im März besannen sich die Militärs wieder auf ihre ursprünglichen Prioritäten, wonach die Ausbildung aktiver Offiziere in jedem Falle vor der von Nichtoffizieren (im internen Sprachgebrauch: Nichtmärker) Vorrang haben müsse. Alle 42 Kursanten sollten nunmehr aus der Gruppe der aktiven Offiziere kommen. Im Unterschied zu ihren Kollegen von 1926 hatten sie für die Zeit ihres Rußlandaufenthalts pro forma aus dem Reichsheer auszuscheiden. In Erwartung größeren Widerstands der Politiker stellte Blomberg das Auswärtige Amt im Juni d. J. einfach vor vollendete Tatsachen. 30 Flugschüler, alle noch bis vor kurzem aktive Offiziere des Reichsheeres, seien bereits in Lipeck, weitere 13, gleichfalls schon verabschiedet, warteten auf ihre Abreise dorthin. Der festgelegte Umfang lasse sich, so der Truppenamtschef kategorisch, unmöglich reduzieren31. Nicht ohne politische Bedenken genehmigte schließlich der neue Reichskanzler, Hermann Müller, am 29. Juni Reichswehrminister Groener die geforderte Gesamtzahl von 43 Offizieren für das laufende Jahr 32 . Damit konnte die Schule endlich, den Vorstellungen Wilbergs vom Herbst 1926 entsprechend, ein ihrer wahren Kapazität gemäßes Ausbildungsprogramm durchführen, das im Laufe der zweiten Jahreshälfte in bis zu 1000 Flügen monatlich gipfelte33. Der Schulbetrieb lief ohne Eingriffe durch die sowjetischen Gastgeber ab, die Freiheit in der Luft war nahezu unbegrenzt: »Weg, Ziel und Auftrag jeden Flugs entzogen sich der russischen Kontrolle. Der Luftraum über Rußland war für die Deutschen frei34.« Das Jahr 1928 brachte auch die organisatorische Trennung der Jagdfliegerausbildung von der der Beobachter. Letztere benötigten für ihre Spezialaufgaben eine enge Zusammenarbeit mit Bodentruppen. Schon im Herbst 1927 hatten deshalb die Luftwaffenplaner in der TA (L) über die Zentrale Moskau an die Sowjets den Wunsch herangetragen, im kommenden Sommer eine deutsche Beobachterstaffel zusammen mit einer sowjetischen Artillerieeinheit auf einem Truppenübungsplatz der Roten Armee üben zu lassen. Moskau sagte gegen die Ubersendung des entsprechenden deutschen Versuchsprogramms seine Mitarbeit zu und stellte als geeigneten Ort den 200 km südlich von Lipeck gelegenen Truppenübungsplatz von Voronez in Aussicht35. Anfang Juli trug Sergej Mezeninov in Lipeck die sowjetischen Gegenwünsche vor: Teilnahme von acht eigenen Beobachtungsflugzeugen an der deutschen Übung, verbunden mit dem Austausch sämtlicher Aufklärungs- und Bildmeldungen sowie dem vollständiAufz. Dirksens vom 29.12.1927, A DAP, B, BdVII, Dok.239. Aufz. Schuberts vom 6.2.1928, ebd., Bd VIII, Dok. 69. 31 Aufz. Dirksens vom 19.4. u. 1.5. sowie das Besprechungsprotokoll Behschnitts vom 16.6.1928, ebd., Bd VIII, Dok. 243, Bd IX, Dok. 3 u. 80 (Anlage). 32 Aufz. Schuberts vom 29.6.1928, ebd., Bd IX, Dok. 105. 33 Tätigkeitsbericht für Juli 1928, wie Anm. 28. 34 Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 39. » Weisungen für Lieth vom 2. und Antwort vom 24.11.1927, BA-MA, RH 2/2214, Bl. 1 1 1 - 1 1 6 . 29
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1 9 2 8 - 1 9 3 2
gen Einblick in die dabei eingesetzte Bildstelle und die Funktelegraphiestation. Von September an würden in Voronez eine Geschützbatterie und eine erhebliche Zahl an Bodentruppen zur Darstellung von Erdlagen zur Verfügung stehen36. Nach mehrwöchigen technischen und organisatorischen Vorbereitungen siedelte Ende August die gut 20 Mann starke deutsche Beobachterstaffel unter der Führung von Major Quade und Hauptmann Speidel mit ihren sieben Flugzeugen von Lipeck nach Voronez über. Die deutschen Offiziere nahmen Quartier in einem städtischen Logierhaus; das mitgebrachte russische Hilfspersonal wurde, ungeachtet der großen Wohnungsnot, in Privatquartieren untergebracht. Am 1. September war es soweit. Unter den Augen von Truppenamtschef Blomberg und seinen Begleitern wurde in drei Wellen zu je zwei Maschinen das taktische Zusammenwirken der deutschen Staffel mit einer sowjetischen Batterie demonstriert. Während diese ihr Feuer auf vorgegebene Ziele richtete, bestimmten die deutschen Luftbeobachter über mehrere Stunden im gegenseitigen Wechsel die Lage der Treffer und dirigierten mittels Funktelegraphie über die Bodenstation das Artilleriefeuer. Derweil kontrollierte ein sowjetischer Bildauswertungsoffizier die Entwicklungsarbeiten in der deutschen Bildstelle und überprüfte die Luftlagefotos. Gut 120000 Rubel berechneten die Russen der Zentrale Moskau allein für die verschossene Artilleriemunition37. Im Anschluß daran hatte die deutsche Beobachterstaffel eine Woche lang Gelegenheit, über den übenden sowjetischen Truppenverbänden aufzuklären und annähernd unter Kriegsbedingungen Frontbilder und Gefechtslagen zu studieren. Die Voronezer Erfahrungen des Jahres 1928 waren überaus wertvoll. Sie ermöglichten der deutschen Seite nicht nur »eine vollständige Ausbildung der Beobachter [...] und die Gestaltung neuer Einschießverfahren«, sondern vermittelten ihr zugleich Einblicke »in den ausgezeichneten Ausbildungsstand der russischen Artillerie« 38 . Der Nutzen war so groß, daß die Reichswehr auch in den beiden folgenden Jahren ihr Interesse an der gemeinsamen Arbeit in Voronez anmeldete. Dabei gerieten die deutschen Wünsche immer anspruchsvoller. Alle denkbaren Gefechtsbilder, vom Marsch über Entfaltung, Angriff und Verfolgung, sollten die sowjetischen Bodentruppen möglichst auch noch im Divisionsmaßstab darstellen. Eine Reihe weiterer Sonderwünsche kam hinzu, um den deutschen Beobachtern annähernd vollständige Übungslagen zu bescheren. Die Sowjets sahen darin jedes zumutbare Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu ihren Ungunsten verletzt und sperrten sich gegen die weitere Zusammenarbeit in Voronez. Die Beobachterausbildung der Jahre 1929 und 1930 fand wieder in Lipeck, und zwar auf einem gesonderten Teil des dortigen Flugfeldes statt; 1931 wurde sie endgültig nach Deutschland, in die Verkehrsfliegerschule Braunschweig, verlegt39. 36 37
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Aufz. vom 3.7.1928, BA-MA, RH2/2299, Bl. 1 1 0 - 1 1 2 . Ausbildungsplan vom 1. Juli bis Oktober, BA-MA, RH 2/2299, Bl. 56f., und Tagesbefehl für den 1.9.[19]28 (gez. Speidel) mit anschließendem Bericht, BA-MA, RH 2/2302, Bl. 176—182. Telegramm Niedermayers vom 6.8.1928, PA-AA, Büro Sts., Osee, >FischertelegrammeLehrstamm< im Sinne der Zielvorgaben von 1926 gebildet. Die geheime Fliegerliste des Reichsheeres vom 1. November 1930 umfaßte die Namen von 168 Offizieren, dazu kamen ca. 30 Angehörige der Reichsmarine. Noch im selben Jahr wurden die ersten fliegenden Verbände der gerade erst als Keimzelle vorhandenen deutschen Luftstreitkräfte in Gestalt dreier sogenannter >Reklamestaffeln< aufgestellt42. Hatte die Schule damit in den Augen der Reichswehr ihr Etappenziel erreicht, so beobachtete man sowjetischerseits die Arbeit in Lipeck schon seit längerem mit wachsender Enttäuschung und Unzufriedenheit. Nach Jahren erzwungener Abstinenz stand für die deutsche Seite zunächst die fliegerische Einzelausbildung im Vordergrund, während die Sowjets an einem reinen Schulbetrieb nicht im mindesten interessiert waren. Schon am Ende des Ausbildungsjahres 1928 hatte Baranovs Stellvertreter, Jakov Alksnis, Niedermayer gegenüber beklagt, »daß die Rote Luftflotte selbst im Laufe des heurigen Jahres soviel wie nichts [...] habe lernen können«43. Im Juni 1929 wurde Alksnis gegenüber Oberst Mitteiberger noch um einiges deutlicher. Der pure Ausbildungsbetrieb in Lipeck sei für seine Seite völlig wertlos, die deutsche Informationspolitik in diesem Zusammenhang höchst unbefriedigend (»Die Information von seiten der Schule ist zu gering, wir kennen ihre Pläne nicht«)44. Unzufrieden war man auch mit der »veralteten« Flugtechnik, die bei weitem nicht auf der Höhe dessen sei, was die deutsche Flugzeugindustrie inzwischen anbieten könne. Bereits im März d. J. hatte Mezeninov Schulleiter Stahr und Hauptmann Gerstenberg vorgetragen, was die Führung der sowjetischen Luftstreitkräfte für 1929 zu sehen wünschte: »Vorführungen von Luftkämpfen in Gruppen und im Staffelverband«. Alksnis ergänzte die sowjetischen Vorstellungen in puncto Technik mit der Forderung: »Wir wünschen in Lip[eck] nicht nur eine Schule, sondern auch [eine] Versuchsstation für alle deutschen Konstruktionen45.« 40
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45
Aufz. Hoffmeisters vom 1.3.1929, A D AP, B, Bd XI, Dok. 103.Unter den Jungmärkern des Jahres 1929 befand sich auch der spätere Luftwaffenadjutant Hitlers, Oberst Nicolaus v. Below, vgl. Below, Als Hitlers Adjutant 1 9 3 7 - 1 9 4 5 , Mainz 1980, S. 12f. Bericht über den Besuch des Chefs der R.L. [...] vom 1.10.1929, BA-MA, RH 2/2302, Bl. 2 2 8 - 2 3 7 . Völker, Die Entwicklung, S. 168 ff., 180. Die Fliegerliste ebd. als Anhang 15; Ries, Luftwaffe, Bd 1, S. 113. Niedermayer an Z.B. vom 12.10.1928, BA-MA, RH 2/2214, Bl. 243. Notizen über eine Besprechung Mitteibergers (Deckname Molt) mit Alksnis am 18.6.1930, BA-MA, RH 2/2303, Bl. 11 f. Besprechungsprotokoll vom 20.3.1929, ebd., Bl. 2. Alfred Gerstenberg (1893—1959), 1943 Gen. Lt. und Luftwaffenbefehlshaber in Rumänien, bis 1955 in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
U m den Betrieb der Station besser kontrollieren und auf ihr Programm stärkeren Einfluß nehmen zu können, setzte der Stab der Roten Luftflotte mit Brigadekommandeur Orlov einen neuen Verbindungsoffizier in Lipeck ein, dessen erweiterte Instruktionen ihn bald in Konflikt mit der deutschen Schulleitung brachten. Nachdem auch die Arbeit des Jahres 1929 den russischen Vorstellungen nicht gerecht geworden war, zog Moskau Konsequenzen. Das Versagen der weiteren Mithilfe an der deutschen Beobachterausbildung in Voronez stand u. a. in diesem Zusammenhang. Vorosilov selbst trug Kurt v. Hammerstein im September die Unzufriedenheit seiner Luftwaffenführung mit den Verhältnissen in Lipeck vor und bekräftigte seinen Eindruck, »daß die deutsche Seite mehr erhält, als sie gibt« 46 . Noch im selben Monat machte Petr Baranov anläßlich seines dortigen Besuchs vor dem versammelten deutschen Personal im Kasinogebäude der Schule klar, wie sich seine Seite die Zusammenarbeit in Lipeck vorstellte: »Alles, was an Neuem und Wertvollem bezüglich Flugzeugen und Ausrüstungen vorhanden ist, soll seine Anwendung hier in der Lipecker Schule finden, die wir als Bindeglied betrachten zwischen der hohen deutschen Fliegertechnik und der taktischen Erfahrung und Praxis der russischen Luftstreitkräfte.« Der Chef der Roten Luftflotte weiter: »Lipezk soll im vollen und besten Sinne des Wortes Laboratorium und Versuchsplatz der deutschen Fliegertechnik sein. Nur muß mehr Schwung, mehr Vertrauen, mehr aufrichtiges Bestreben herrschen, sich gegenseitig zu helfen und aneinander zu lernen«. Besondere Hoffnungen setzten die Sowjets in diesem Zusammenhang auf den designierten Chef der deutschen Luftstreitkräfte, Generalmajor Hilmar v. Mitteiberger, an den Baranov die Erwartung richtete, daß er endlich »Lipezk die Stellung und Beachtung einräumt, welche diese Basis der russisch-deutschen Zusammenarbeit mit Recht verdient«47. Zwar erfolgten schon in den Jahren 1929/30 die ersten Waffentests, doch brachte erst das Jahr 1931 mit 31 Flugschülern, darunter erstmals sieben Marineflieger, eine deutliche Verminderung des Ausbildungsbetriebs und den Ubergang zur Waffenerprobung in großem Stil48. Der Ausbildungsstand des fliegenden Personals erlaubte es nunmehr auch, wie von Moskau seit langem gefordert, zu größeren lufttaktischen Manövern überzugehen, wobei es zum ersten und einzigen Mal zu einer Zusammenarbeit mit der russischen Eskadrille von Lipeck kam. Grundlage war ein Ende Juli 1931 vereinbartes Programm, in dem die Klärung wichtiger Fragen der modernen Luftkriegführung durch gemeinsame taktische Experimente vorgesehen war. Neue technische Entwicklungen im Flugzeugbau wie der Ubergang zur aerodynamischen Bauweise und die Einführung mehrmotoriger Bomber hatten zu Beginn der 30er Jahre zu einer Neubelebung der durch Douhet aufgeworfenen Fragen von Angriff und Abwehr in der Luft, von Bomber- und Jagdwaffe geführt, wobei die Zukunft des einsitzigen Jägers eine Schlüsselrolle spielte. Der Ausgangspunkt 46
47 48
Gesprächsprotokoll Hammerstein-Fel'dman vom 7.9.1929 (Lipeck), wie Anm. 44, Bl. 23; ebenso das Protokoll über die Unterredung Baranov-Stahr vom 27.9., ebd., Bl. 44. Rede von Herrn Baranov am 27.9., 9 abends, ebd., Bl. 33f. Bericht [...] über die Ausbildungstätigkeit im Sommer 1931 vom 8.11.1931, in: Völker, Dokumente, Nr. 16; Boehm-Tettelbach, Als Flieger in der Hexenküche, S. 90. Zur Marinefliegerausbildung siehe Völker, Dokumente, Nr. 29, A n m . 3.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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des gemeinsamen Programms entsprang der beiderseitigen Auffassung, daß »nach dem Stand der heutigen Rüstungen der Angriff eines Jagd-, besonders eines Jagdeinsitzer-Verbandes auf einen geschlossenen Tagbomber-Verband eines der schwierigsten Probleme der Lufttaktik und Luftkampftechnik darstelle«. Dem Ziel, hierbei neue Wege zu finden und der Lösung dieses lufttaktischen Problems gemeinsam näher zu kommen, dienten Anfang September d.J. zwei Großversuche, wobei die sowjetische Eskadrille die Bomber und die deutsche Schule die Jäger zur Verfügung stellte49. Die Übung vom 2. September probte den Angriff dreier Ketten von Jagdeinsitzern (F.D. XIII) auf eine Kette russischer Tagbomber des Polikarpovtyps R-5. Dabei wurden nacheinander vier verschiedene Jagdangriffsverfahren getestet. Anschließend erfolgte ein kombinierter Angriff von ein- und zweisitzigen Jägern (Junkers K 47 Eindecker) auf die Bomberkette, in der ein mitfliegender deutscher Beobachter die Wirkung der Jägerangriffe verfolgte. Der 9. September brachte den Höhepunkt der gemeinsamen Übungen: den Angriff einer kompletten Jagdstaffel auf einen geschlossenen Bomberpulk mit neun Maschinen auf jeder Seite. Das war ein lufttaktisches Szenario, wie es ein Jahrzehnt später während des Zweiten Weltkriegs zum Alltag der deutschen Jagdabwehr gehören sollte, dessen Durchführung in der beabsichtigten Form jedoch mißlang, da der Pulk nach kurzer Zeit zerfaserte und sich das Geschehen in Luftkämpfe einzelner Ketten auflöste50. Dennoch konnten die Lipecker Erfahrungen die Fliegerfachleute im Reichswehrministerium beruhigen. Der Jagdeinsitzer erwies sich bei richtig gewählter Angriffstaktik auch für die Zukunft als eine erfolgversprechende Abwehrwaffe gegen das Bombenflugzeug. Trotz des deutschen Interesses, die gemeinsamen Luftübungen 1932 »in erweiterter Form« fortzusetzen, kam es durch die Verlegung der russischen Eskadrille zu keiner vergleichbaren taktischen Zusammenarbeit mehr. Die Sowjets hielten die veralteten F.D. XHI nicht für geeignete Übungspartner ihrer eigenen Neuentwicklungen. Jan Berzin erklärte Oberst Fischer von der T 3 im April 1932 rundheraus: »Lipezk könne allenfalls der Ausbildung des Einzelfliegers dienen; zu einer taktischen Ausbildung von Flugzeuggruppen (Formationen) könne die Schule keine Grundlage bieten51.« 1932 wurde der Ausbildungsbetrieb weiter reduziert, zehn Jungmärker des Heeres und fünf Marineflieger absolvierten ihr Kampfpilotentraining. Im folgenden Jahr erreichte die Zahl der Jungmärker mit 15 sogar ihr Maximum, während der Lehrkörper auf vier Fluglehrer zusammengeschrumpft war52. Gut 120 Kursanten, vom ehemaligen Kriegsflieger über den jüngeren aktiven Offizier mit oder ohne Flugerfahrung bis zu den knapp 60 Offiziersanwärtern (Jungmärker) einschließlich einiger Zivilflieger, haben im Laufe von acht Jahren in Lipeck ihre Jagdpilo49
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Bericht über die mit der russischen Eskadrille gemeinsam am 2., 8. u. 9.9.[19]31 durchgeführten Angriffsübungen, BA-MA, RH 12-1/34, Bl. 7. Ebd., Bl. lOf. Auszug aus der Besprechung zwischen Fischer und Berzin vom 13.4.1932, BA-MA, RH 12—1/35, Bl. 170. Ries, Luftwaffe, Bd 1, S. 83, mit den Namen aller Kursanten dieses Jahres. Für 1933 vgl. das Tagebuch Harro Härders, in: Völker, Dokumente, Nr. 19.
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tenausbildung durchlaufen. Drei Schüler und ein Lehrer fanden dabei zwischen 1930 und 1933 den Tod53. Zu der Zahl der Piloten kamen in den Jahren 1926 bis 1930 ein Kontingent von ca. 100 Luftbeobachtern und, nicht zu vergessen, ein wertvoller Stamm an qualifiziertem technischem Bodenpersonal. Die in den Lipecker Jahren gewonnene Praxis am Boden wie in der Luft war unbezahlbar. »Die persönlichen Einsatzerfahrungen hatten das Kernpersonal einer zukünftigen Luftwaffe zu hochwertigen Fachleuten und Lehrern des kommenden Nachwuchses geschult« und in steter Verbindung mit dem parallellaufenden Studium der Theorie »die geistigen Grundlagen einer zukünftigen Luftwaffe in der fliegerischen Praxis erarbeitet«, charakterisierte Helm Speidel in der Rückschau die Bilanz der geleisteten Ausbildungsarbeit54. Die fliegerischen und taktischen Erfahrungen von Lipeck fanden ihren Niederschlag in einem knappen Dutzend Dienstvorschriften und Anleitungen, die Oberstleutnant Felmy im Dezember 1932 während einer Besprechung in Berlin seinem sowjetischen Kollegen Mezeninov aushändigte55. Seit dem Ende der Beobachterausbildung 1930 hatte sich das Hauptinteresse beider Seiten an Lipeck auf die Erprobung neuer Flugzeuge und Ausrüstungen verlagert. Das mit voller Intensität in Deutschland angelaufene 1. Rüstungsprogramm drückte dem Flugzentrum seinen Stempel auf. Aus der Fliegerschule wurde mehr und mehr ein Waffentest gelände. Die Waffenerprobung Die Verwendung von Lipeck als Waffenversuchsplatz war im Reichswehrministerium von Anfang an vorgesehen gewesen. Schon im Oktober 1925 herrschte innerhalb der TA (L) Einigkeit darüber, »daß wir ein militärisches Versuchsfeld brauchen, um diejenigen Versuche durchzuführen, die zweckmäßigerweise auch auf den ausländischen Versuchsplätzen (Schweden, Schweiz) nicht getätigt werden dürfen«56. Im Zuge der 1. Fliegerrüstungsperiode kamen im Sommer 1927 die ersten neuentwickelten Flugzeugmuster zur Erprobung nach Lipeck. 1928 erschien die erste 16 Mann starke Versuchsgruppe unter der Leitung von Emil Thuy, um mit dem umgerüsteten Exemplar eines Verkehrsflugzeuges (Ro. VIII) Bombenabwürfe vorzunehmen 57 . Das folgende Jahr 1929 eröffnete die Phase der technischen Erprobungen größeren Stils. Die technischen und taktischen Forderungen der inzwischen angelaufenen 2. Fliegerrüstungsperiode hatten ihren Niederschlag in einem bis einschließlich 1932 festgelegten Erprobungsfahrplan gefunden. Die Versuchsgruppen wurden von jetzt an größer und 53
Rtm. Amiinger ( f 2 0 . 8 . 1 9 3 0 ) , Kpt.Lt. Hans Karl v. Treskow ( f 9 . 9 . 1 9 3 2 ) , Fluglehrer Gustav Bollmann ( f 1932) und der Jungmärker Poelchau ( t 2 . 7 . 1 9 3 3 ) . Vgl. Speidel, MS P-043, S. 107.
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Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 28, 45.
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Besprechungsprotokoll vom 2 1 . 1 2 . 1 9 3 2 im RWM, in: Völker, Dokumente, Nr. 9.
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Ergebnis der Besprechung über das Programm der Schule Lip[eck] 1925/26, BA-MA, R H 2 / 2 2 9 3 , Bl. 81.
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Aktennotiz betreffend Versicherung des Personals in R[ußland] vom 10.7.1928, BA-MA, R H 8/3623, Bl. 24f.; auch Stützer, Die deutschen Militärflugzeuge, S. 170.
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das allsommerlich nach Lipeck abgehende Gerät immer umfangreicher. Mit der gut zwanzigköpfigen Versuchsgruppe des Sommers 1929 ging allein ein gutes Dutzend Seetransporte an Ausrüstungen und Munition via Stettin—Leningrad nach Lipeck58. Die Versuchsarbeit dieses Jahres stand im Zeichen der technischen Vorbereitungen für eine Bomberwaffe. Da das Truppenamt erst kurz zuvor seinen Widerstand gegen die Entwicklung eines Bombers aufgegeben hatte, stand noch kein Prototyp zur Verfügung, weshalb wie im Vorjahr Verkehrsmaschinen als Bombenträger getestet wurden. Hinzu kam die Erprobung von Bomben und des nötigen Hilfsgeräts wie Zünder, Visiereinrichtungen und ballistischen Meßapparaturen. Allein in den Monaten Juli und August wurden in über 1200 Übungsabwürfen die verschiedensten taktischen Varianten des Bombenwurfs aus unterschiedlichen Höhen getestet59. Der verstärkte Versuchsbetrieb intensivierte die technische Zusammenarbeit beider Seiten. Spezialisten der Roten Luftflotte übernahmen deutsches Bombengerät, um damit in eigener Regie zu experimentieren; umgekehrt hatte Blomberg schon im Jahr zuvor einer Vorführung russischer Fliegerbomben beigewohnt. Ende September 1929 gab Baranov der deutschen Versuchsgruppe in Lipeck die Zusicherung, daß »in Zukunft alles geschehen [wird], um der deutschen Seite die russischen Erfahrungen mitzuteilen und sie hierdurch zu unterstützen«60. Generalmajor Mitteiberger revanchierte sich dafür im Januar 1930 bei einer Unterredung mit Alksnis und Berzin in Moskau, indem er die »Notwendigkeit vollen gegenseitigen Vertrauens« betonte. Er lege, so der Chef der deutschen Fliegerinspektion weiter, »größten Wert auf restlose Offenheit der Roten Luftflotte gegenüber« und habe ihr bereits in diesem Sinne »mit einer Übersicht aller technischen Entwicklungsarbeiten unsere Pläne auf dem Gebiet der Technik mitgeteilt«. Mittelberger sprach von den technischen Forderungen des Truppenamts für die 2. Fliegerrüstungsperiode vom Vorjahr, die am 21. Januar den Sowjets übergeben worden waren. Er erläuterte seinen Gesprächspartnern das Programm für die nächsten Jahre und machte deutlich, worauf es der deutschen Seite besonders ankam: eine gemeinsame Arbeitsteilung auf bestimmten Entwicklungsfeldern. Die Frage sei zu prüfen, »ob Entwicklungsaufgaben, die wir aus Mangel an Mitteln nicht betreiben können, durch die Rote Luftflotte übernommen werden«, wodurch »das Zusammenarbeiten schärfer als bisher zum Ausdruck kommen« würde61. Was er im einzelnen darunter verstand, präzisierte Mitteiberger in einer >Wunschliste< an die Führung der sowjetischen Luftstreitkräfte. Obenan stand eine »Ubersicht über die Entwicklungsgebiete der R[oten] L[uftflotte] entsprechend der von mir über unsere Entwicklung überreichten Übersicht«, wobei als sinnvolle Voraussetzung für eine gemeinsame Konstruktionsarbeit auch »die Kenntnis der augenblicklichen Organisation der Entwicklungstätigkeit in der R[oten] L[uftflotte]« von Wichtigkeit sei. Des weiteren forderte er die Vorführung der neuesten sowjetischen Jagdeinsitzer, Flugzeug-MGs und Fliegers« Organisationskriegsspiel, Wa.L. an T 3 vom 7.8.1929, BA-MA, RH 8/3624, Bl. 44—46. 59 Arbeitsplan für Versuche Bomben im Sommer 1929 vom 5.6.1929, ebd., Bl. 131—134. 60 Wie Anm. 41, Bl. 45. 61 Aktenvermerk über den Verlauf der Besprechung am 3 0 . 1 . 1 9 3 0 , wie Anm. 44, Bl. 109—113.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
bomben 62 . Berzin bekundete das uneingeschränkte Interesse seiner Seite und versprach unter Hinweis auf die alleinige Entscheidungsbefugnis des »sehr interessierten Vorosilov« eine genaue Prüfung von Mitteibergers Vorschlägen. Im Sinne dieser Absprachen stand das Lipecker Versuchsprogramm des Sommers 1930 im Zeichen eines verstärkten technischen Erfahrungsaustauschs. Sowjetische Offiziere erlebten Ende Juli die Vorführung neuen Bombengeräts, dazu die Demonstration von Bordwaffen, Visierinstrumenten und photometrischen Meßapparaturen zur Aufzeichnung von Fallkurven. Eine technische Kommission der Roten Luftflotte unter Vladimir Vachmistrov revanchierte sich dafür mit einer Präsentation eigener Neuentwicklungen wie des Degtarev-Flugzeug-MGs. Außerdem wurde, einem besonderen deutschen Wunsch folgend, in der Sowjetluftwaffe vorhandenes englisches Fluggerät vorgeführt 63 . U m der deutschen Seite den gewünschten Einblick in die Organisation der sowjetischen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zu geben, organisierte die russische Luftwaffenführung im August d.J. für eine Reihe deutscher Fliegerfachleute ein Besichtigungsprogramm in Moskau. Eine Gruppe unter Major Cranz und Hauptmann Schwabedissen aus der Fliegerinspektion besichtigte die zentrale Entwicklungsstelle für das sowjetische Luftbildwesen. Eine zweite, größere mit Karl-August v. Schoenebeck und Herhudt v. Rohden kam direkt aus Lipeck angereist und besuchte, geführt vom früheren Verbindungsoffizier Rajvicer — inzwischen zum Direktor des Moskauer Zentralflughafens aufgestiegen —, eine Woche lang Betriebe der Luftfahrtindustrie, darunter das ehemalige Junkerswerk, die Staatliche Flugzeugfabrik Nr. 22< von Fili 64 . Besuche beim wissenschaftlichen Versuchsinstitut der Luftstreitkräfte, wo ein halbes Dutzend Flugzeugmuster zur Besichtigung bereitstand, und beim benachbarten Zentralen Aero-Hydrodynamischen Institut (CAGI) beschlossen das Programm. Besondere Aufmerksamkeit erregte der dortige Windkanal — mit 6 m Durchmesser der größte in Europa — und ein von Siemens gelieferter 225 m langer Schleppkanal, ebenso eine französische Unterdruckkammer für Motorentests. Ansonsten boten die Forschungseinrichtungen den deutschen Spezialisten nichts Neues und waren von früheren Besuchen her »bereits hinreichend bekannt« 65 . Das folgende Jahr 1931 brachte den Höhepunkt der Waffenerprobung in Lipeck. Die deutsche Industrie hatte ihre seit 1929 auf Hochtouren laufenden Entwicklungsarbeiten zu einem ersten Abschluß gebracht, ein halbes Dutzend von Flugzeugprototypen stand zur Erprobung bereit.
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Ebd., Bl. 155. Berichte vom 12.8. über die Vorführungen vom 30.7.1930, BA-MA, R H 12—1/27, Bl. 219—229. Vgl. auch die internationale Waffenwunschliste des Reichsheeres vom September 1928, BA-MA, R H 8/904. Bericht über die Besichtigung einer Bildstelle in Mo[skau] vom 14.8.1930 und Schoenebecks Bericht über die Besichtigungsreise nach Mo. in der Zeit vom 8.—14.8.1930 (dazu Anlagen), ebd., Bl. 210—213, 240—246. Friedrich Cranz (1890—1945) und Walter Schwabedissen (1896—1989) waren spätere Generalleutnante, Hans-Detlev Herhudt v. Rohden (1899—1951) Gen.Maj. der Luftwaffe und letzter Chef der kriegswissenschaftlichen Abteilung. Ebd., Bericht Schoenebecks, Anlagen 3 u. 4, Bl. 257, 277 f.
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Vorbesprechungen im Februar klärten das Versuchsprogramm und die Verteilung der Kosten. Die sowjetischen Luftstreitkräfte stellten ohne Entgelt gut 50 Mann an Hilfspersonal und über 2000001 Flugbenzin zu Selbstkosten bereit, wodurch es der deutschen Seite ermöglicht wurde, mit den veranschlagten Haushaltsmitteln von 500000 RM auszukommen. Ein weiteres Entgegenkommen Moskaus bestand in der Genehmigung, die deutschen Versuchsmuster künftig ohne Umweg über die sowjetische Hauptstadt direkt von Königsberg (Kaliningrad) über Kaunas und Smolensk nach Lipeck zu fliegen, was ebenfalls eine bedeutende Kosteneinsparung brachte'6. Die Versuchsgruppe dieses Jahres bestand aus über 50 Mann und setzte sich aus Fachleuten des Heereswaffenamts (Prw. 8), Mitarbeitern der militärischen Erprobungsstätten Rechlin und Kummersdorf sowie aus Ingenieuren der beteiligten Entwicklungsfirmen zusammen67. Die Erprobungstätigkeit umfaßte nahezu alle Bereiche der Fliegerrüstung. Neben vier neuen Jägerprototypen wurden die ersten, ausschließlich für militärische Zwecke entwickelten Bombentiäger (Do P und Do 11) getestet. Technische und taktische Erprobung gingen Hand in Hand. Mit dem Junkers-K-47-Jagdzweisitzer wurden die Grundlagen der Sturzkampftechnik geschaffen, und selbst die veralteten F. D. XIII spielten noch ihre Rolle im Rahmen des umfangreichen Bombentestprogramms, wo sie, zum Kleinbombenträger umgerüstet, den Beginn der Jagdbomberwaffe markierten68. Den gesamten Sommer über nahmen acht sowjetische Ingenieuroffiziere am Testbetrieb teil. Ihnen wurden sämtliche Waffenmuster bis in die Details der Konstruktion hinein offengelegt und erläutert. Die Auslieferung der Konstruktionsunterlagen sowie das Auseinandermontieren von Bauteilen an Ort und Stelle wurde jedoch mit Rücksicht auf die Patentschutzrechte der Industriefirmen verweigert69. Anfang September kam es zu einer zweitägigen Demonstration der getesteten Waffentypen vor einer sowjetischen Fachkommission, die unter der Leitung des Inspekteurs der Luftstreitkräfte, Vasilij Chripin, nach Lipeck gekommen war70. Ende des Monats folgte wie im Vorjahr ein Besichtigungsprogramm für Mitglieder der deutschen Versuchsgruppe sowie führende Fliegeroffiziere der Inspektion I (Felmy, Speidel, Drum) und des Heereswaffenamts (Wimmer, Marquard). Es umfaßte im wesentlichen dieselben Objekte wie 1930, doch kam diesmal stärker als zuvor der persönliche Kontakt mit dem leitenden sowjetischen Personal zustande, wie etwa mit dem Chef des CAGI Paufler und den Leitern seiner einzelnen Fachabteilungen. Im wissenschaftlichen Forschungsinstitut der Luftstreitkräfte stand die Funkausrüstung der sowjetischen Maschinen im Mittelpunkt der Vorführungen; im CAGI sahen die deutschen Experten ein Projektmodell des achtmotorigen Tupolevschen Großflugzeugs ANT-20 und den bereits flugerprobten Prototyp der fünfmotorigen ANT-14. In Fili beeindruckte die in den letzten Jahren ständig vergrößerte Kapazität. Das Werk, das ausschließlich Tupoleventwicklun" Bericht über die Sommerversuche der Wa.Prw. 8 1931 vom 1.12.1931, BA-MA, RH 12—1/35, Bl. 25—48. 67 Anlage 3 des Berichts, ebd., Bl. 52 f. 68 Speidel, MS P-043, S. 107. " Wie Anm. 66, Bl. 31, 42. 70 Ebd., Bl. 35.
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gen in der Junkersschen Ganzmetallbauweise produzierte (siehe IV. 1.), beschäftigte in drei Schichten 12000 Arbeitskräfte; in verschiedenen Fertigungsstadien waren ca. 100 Großflugzeuge, vom zweimotorigen Standardbomber TB-1 bis zum neuen viermotorigen TB-3, zu sehen 71 . Dennoch zeigten sich die deutschen Fachleute mit dem Gesehenen nicht zufrieden. Felmy und Wimmer beklagten sich am 24. September persönlich bei Alksnis darüber, daß das sowjetische Demonstrationsprogramm nicht den Vereinbarungen vom Februar entsprochen habe. Statt einer Vorführung der neuesten »Kriegstypen« seien im wesentlichen Zivil- und Kampfflugzeuge ohne vollständige Waffenausrüstung gezeigt worden. Wimmer präsentierte dem sowjetischen Luftwaffenchef eine aktualisierte Wunschliste, die in etwa dem entsprach, was die deutsche Versuchsgruppe den russischen Experten in Lipeck gezeigt hatte. Alksnis versprach, den deutschen Wünschen in Zukunft stärker nachzukommen, und unterstrich dabei die Notwendigkeit, vom reinen Gedanken- und Erfahrungsaustausch endlich zu gemeinsamer Konstruktions- und Entwicklungsarbeit überzugehen 72 . Dessenungeachtet war die Bilanz des Erprobungsjahres 1931 für die Fliegerfachleute im Reichswehrministerium überaus positiv. »Mit dem ersten Abschluß der laufenden Entwicklungsarbeiten wurden die vor zwei Jahren festgelegten taktischen Forderungen im wesentlichen erfüllt. Damit wird erreicht, daß unsere Entwicklung dem Stand der Auslandsrüstung vielfach nahekommt und ihn z. T. erreicht hat«, vermerkte der Abschlußbericht des Heereswaffenamts (Prw. 8) zu den Sommerversuchen des abgelaufenen Jahres. Die erzielten Resultate ließen die Verantwortlichen in Berlin schon jetzt, am Jahresende 1931, ehrgeizige Ziele ins Auge fassen. »Es muß unter allen Umständen erreicht werden, daß unsere kleine Luftrüstung die Auslandsrüstung qualitativ im Laufe der Jahre übertrifft«, forderte derselbe Bericht an anderer Stelle73. Anfang 1932 wurde in Berlin das Versuchsprogramm für den kommenden Sommer festgelegt und im Februar über die Zentrale Moskau dem Stab der Roten Armee übermittelt. Beim technischen Austausch mit der sowjetischen Seite wollte man stärker als bisher auf Gegenseitigkeit pochen und ihr »vollen Einblick in unsere technische Erprobung und Entwicklung« nur unter der Bedingung gewähren, »daß auch die deutsche Seite vollen Einblick in die technische Erprobung der R[oten] Lfuftflotte] erhält« 74 . Auch Moskau ließ den Wunsch erkennen, den im Ergebnis des Jahres 1931 erreichten Grad der technischen Zusammenarbeit weiter auszubauen. Im März 1932 bedankte sich Mittelberger bei Alksnis für die Übersendung des >Programms der technischen Entwicklung der Roten Luftflotten Mit Anbruch des Frühjahrs drängten die Sowjets auf die Intensivierung der Arbeit. Jan Berzin beschwor im April seinen deutschen Amtskollegen Herbert Fischer, »die reichen Erfahrungen der deutschen Seite und der Stand der deutschen 71
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Bericht über die Besichtigungen und Vorführungen in Mofskau] in der Zeit vom 22.—25.9.1931, ebd., Bl. 8 2 - 9 1 . Karl D r u m (1893-1968) und Wilhelm Wimmer (1889-1973) waren spätere Fliegergenerale, Ernst Marquard (1897—1980) wurde 1941 Generalingenieur der Luftwaffe. Notizen aus den mit der Ru[ssen>Seite geführten Verhandlungen 1931, BA-MA, R H 12—1/35, Bl. 2—5. Ebd., Bl. 46. Programm für 1932 (3.2.1932), ebd., Bl. 133.
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Industrie zuzüglich der Entwicklungsfreiheit, die Rufßland] [...] geben könnte, müßten etwas schaffen, das beide hoch über die Gegner stelle75.« Der Sommer 1932 erreichte jedoch nicht mehr den Erprobungsumfang des Vorjahres. Außer Bomben, Bordwaffen und anderen Ausrüstungen wurden wiederum einige Prototypen, darunter erstmals ein Marineflugzeug (He 59), getestet. Neben ca. 40 Mann Hilfspersonal nahmen die Russen erneut mit sieben Ingenieuroffizieren am deutschen Versuchsbetrieb teil76. Ende August kam es wieder zu einer zweitägigen Demonstration aller getesteten Waffentypen vor einer sowjetischen Kommission, die diesmal vom Kommandeur der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks, Brigadekommandeur Sergej Cernobrovkin, angeführt wurde, der sich anerkennend über das Gezeigte äußerte77. Im September folgte das schon obligatorische Moskauer Besichtigungsprogramm für die Ingenieure der deutschen Versuchsgruppe und einige Offiziere. Erst auf energisches Drängen sagte Mezeninov zu, die neuesten sowjetischen Entwicklungen — wie die überschweren TB-3- und TB-4-Bomber — mit voller Waffenausrüstung vorführen zu lassen78. Mit dem Ende des Versuchsjahres 1932 war ein vorläufiger Abschluß der 1929 eingeleiteten Entwicklungs- und Erprobungsarbeit erreicht. Mitte Oktober trafen beide Seiten in Moskau zusammen, zogen Bilanz und erörterten die Perspektiven für die Zukunft. Die deutschen Vertreter bekundeten zum wiederholten Male ihre Unzufriedenheit mit der bisherigen Zusammenarbeit, der immer noch die echte Gegenseitigkeit fehle. »Wir vermissen Anregungen der russischen] Seite, die sich aus [deren] größeren Erfahrungen ergeben; man würde dann schneller zu Resultaten kommen«, mußte sich Mezeninov von Felmy und den Ingenieuren des Heereswaffenamts vorhalten lassen. Des weiteren wurde dem Stabschef der sowjetischen Luftstreitkräfte mitgeteilt, daß ein technisches Versuchsprogramm für die kommenden Jahre noch nicht existiere, demzufolge für den Sommer 1933 in Lipeck nur mit einem Ausbildungsbetrieb zu rechnen sei. Im übrigen würden die knappen Haushaltsmittel und die großen Entfernungen der deutschen Seite zunehmend Schranken setzen, die »sehr weitgehenden russischen] Wünsche« (Felmy) in Zukunft zu erfüllen79. Zu diesem Zeitpunkt spielte der deutsche Luftwaffenstabschef gegenüber seinem sowjetischen Amtskollegen schon nicht mehr mit offenen Karten. »Inspektion] I hat nur das eine Bestreben, die erschwerte Arbeit im Auslande möglichst bald aufzugeben«, schrieb Felmy, kaum aus Moskau zurückgekehrt, im Oktober 1932 an den Chef des Truppenamts. In Zukunft gehe es darum, »möglichst wenig Mittel für die Station L[ipeck] in den Russischen] Haushalt einzusetzen, sondern sie produktiverer Verwendung in Deutschland zuzuführen« 80 . Die deutschen Absichten ahnend, versuchten die Sowjets zunächst, die Ansatzpunkte der Unzufriedenheit auf deutscher Seite auszuräumen. »Die R[ote] L[uftflotte] hat alles getan, 75 76 77 78 79 80
Auszug aus der Besprechung Fischer-Berzin vom 13.4.1932, ebd., Bl. 171. Programm für 1932, ebd., Bl. 1 3 1 - 1 4 1 . Aktenvermerk über die Einführungsbesprechung der Vorführungen am 20.8.1932, ebd., Bl. 251—253. Vermerk über eine Besprechung am 11.9.1932 (gez. Wiehert, d.i. Wimmer), ebd., Bl. 267—276. Protokolle der Besprechungen vom 15. u. 16.10.1932 in Moskau, BA-MA, RH 12-1/34, Bl. 99-120. Felmy an TA und Wehramt vom 28.10.1932, in: Völker, Dokumente, Nr. 17.
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was sie tun konnte, um die Zusammenarbeit zu gewährleisten«, beteuerte Mezeninov gegenüber seinen Gesprächspartnern aus Berlin und hob dabei hervor, »daß die defutschen] Flieger in Rufßland] freier fliegen könnten als die russischen]«. Die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit werde erfolgreich sein und ohne »Mißverständnisse« verlaufen; er bitte jedoch seine deutschen Kollegen, »stets offen zu sein, keine Diplomatie unter Fliegern«. U m die langsam entgleitende Zusammenarbeit in Lipeck zu retten, präsentierte Moskaus Luftwaffenführung Gegenvorschläge für eine Intensivierung der dortigen Arbeit. So sollte wieder eine Beobachtelausbildung eingerichtet, der Schulbetrieb auf die Wintermonate ausgedehnt und ein intensiver Austausch von Fachoffizieren durchgeführt werden81. Berlin jedoch signalisierte sein Desinteresse. Man verwies darauf, daß es schließlich die Sowjets waren, die sich 1929 gegen die weitere Zusammenarbeit bei der Beobachterausbildung in Voronez gesperrt hatten; eine Rückverlegung der Ausbildung von Braunschweig nach Lipeck komme nicht mehr in Frage. Zusagen gab es nur hinsichtlich der Teilnahme sowjetischer Offiziere an deutschen Luftschutzübungen und beim Einblick in den technischen Betrieb von Flugsicherheitseinrichtungen der Lufthansa. Die Beteiligung an der weiteren fliegertechnischen Entwicklungsarbeit in Deutschland wurde lose in Aussicht gestellt82. Das Kapitel der technischen Erprobung auf russischem Boden war für die Fliegerressorts im Reichswehrministerium am Jahresende 1932 abgeschlossen. Die im Rahmen der beiden Fliegerrüstungsperioden selbstgesteckten Zielmarken waren erreicht, ein halbes Dutzend Flugzeugtypen aller taktischen Einsatzformen bis zur Serienreife entwickelt und erprobt. Dasselbe galt für Bomben und Bordwaffen sowie die optische und funktechnische Ausrüstung. Wenn der Lipecker Flugbetrieb auch 1933 noch weiterging, geschah dies vorrangig aus dem einen Grund, die vorhandenen Anlagen und die letzten der noch flugtauglichen Maschinen einen weiteren Sommer lang für die deutsche Jagdpilotenausbildung zu nutzen. In seinem letzten Jahr wurde Lipeck wieder zu dem, als was es begonnen hatte: zur reinen Fliegerschule. b. Kama — Die Panzerschule von Kazan'
Aufbau und Organisation Die Errichtung einer deutschen Panzerschule auf russischem Boden gehörte zu jenen Vereinbarungen, die Iosif Unslicht im März 1926 mit der Heeresleitung in Berlin getroffen hatte (siehe VII. 1.). Die noch im Frühjahr aufgenommenen Verhandlungen der Zentrale Moskau mit den zuständigen Stellen im Kriegskommissariat hatten im September d.J. zu einem Vertragsentwurf geführt, der den Beginn des Ausbildungsbetriebs für das kommende Frühjahr vorsah, wobei schon für das erste Jahr die »Überlassung [einer] größtmöglichen Anzahl von Plätzen an [die] Russen« vereinbart wurde83. Ende des Monats besichtigte der designierte Schulleiter, Oberstleutnant a.D. Wilhelm Malbrandt, das in Aussicht genommene Übungsgelände in Kazan' an der Wolga und suchte 81 82 83
Wie Anm. 79, Bl. 118-120. Ebd., Bl. 103 f.; siehe auch die Stellungnahme zu den russischen Forderungen, ebd., Bl. 107—110. Niedermayer an Fischer vom 16.9.1926, PA-AA, Büro Sts., Osec, Fischertelegramme, Bd2 app2, Bl. 131 £.
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dort zusammen mit einer sowjetischen Kommission diejenigen Einrichtungen und Unterkünfte aus, die bis zum 1. Februar 1927 zum Preis von 125000 Rubeln an die Reichswehr zu übergeben waren84. Als endgültigen Standort für die Schule wählte man ein Gelände mit angeschlossenem Schießplatz nahe einer Artilleriekaserne am südöstlichen Stadtrand, etwa 6 km vom Kazaner Bahnhof entfernt. Zur größten Hürde des Vertrags wurde die Frage des Übungsgeräts. Da die deutsche Panzerentwicklung im Herbst 1926 noch in den Kinderschuhen steckte, schien der Ankauf ausländischer Tanks die einzige Lösung. Entsprechende Kostenvoranschläge für die neuesten englischen und amerikanischen Modelle hatte die Zentrale Moskau schon im Mai 1926 bei den Sowjets eingeholt. Den Ankauf des einzigen russischen Typs, des ab 1927 in Serie produzierten MS-1, lehnte das Reichswehrministerium ab. Gegen die leihweise Überlassung sowjetischen Tankgeräts sperrte sich umgekehrt Kriegskommissar Vorosilov, schließlich sollte die Schule gemäß der sowjetischen Interessenlage ein Demonstrations- und Erprobungsort für deutsche Panzertechnik werden, von der man zu profitieren hoffte85. Am 9. Dezember 1926 kam es zum zunächst auf drei Jahre begrenzten Vertrag über die Tankschule an der Wolga, die in den folgenden Jahren im internen Schriftverkehr des Reichswehrministeriums unter den beiden Tarnkürzeln >Kama< (Kazan' Malbrandt) und >Katorg< (Kazaner technische Organisation) firmierte 86 . Zwei aus England stammende Tanks bildeten Anfang 1927 die erste Übungsausstattung. Die Dezemberenthüllungen von 1926 und ihre Auswirkungen trafen das Unternehmen mitten in seiner Startphase. Das Maiprotokoll 1927 (siehe VII. 4.) verbot die Abstellung deutscher Kursanten für den Sommer, so daß das Projekt fast das gesamte Jahr 1927 auf Eis gelegt war. Erst nachdem die Reichsregierung am 15. August durch Brockdorff-Rantzau die von Moskau geforderte Legalisierungserklärung abgegeben hatte, konnten im Frühjahr 1928 die Aufbauarbeiten mit tatkräftiger russischer Unterstützung weitergehen. Unter der Aufsicht Malbrandts (Deckname: Direktor Markart) und der technischen Leitung des Ingenieurs Konrad Baumann entstanden im Laufe d. J. ein Stabsgebäude, ein Kasino, Mannschaftsunterkünfte sowie Werkstätten und Fahrzeughallen87. Bei seinem Besuch Ende August 1928 befand Werner v. Blomberg den Ausbau der Anlage als »nahezu beendet«; das Gelände biete »in der nahen und weiteren Umgebung [...] sehr günstige Ausbildungsmöglichkeiten«, jedoch müsse die taktische Schulung des Lehrpersonals gesteigert werden. Schulleiter Malbrandt schien dem Truppenamtschef nicht die geeignete Persönlichkeit dafür, seine Ablösung sei im Laufe des kommenden Jahres anzustreben88. 84
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Ebd. Vgl. D'jakov/Busueva, Fasistskij mec, S. 1 7 7 - 1 8 2 . Wilhelm Malbrandt (*1875), 1923 als Kommandeur der Kraftfahrabteilung 2 aus dem Reichsheer ausgeschieden. Dazu die Fischertelegramme vom 25. u. 27.9. sowie vom 2. u. 5.10.1926, ebd., Bl. 150, 154,159,164. Willi Esser, Dokumentation über die Entwicklung und Erprobung der ersten Panzerkampfwagen der Reichswehr, MS München o.J., HAK, TG 9.4., S. 6. Ebd., S. 6f. u. 53; vgl. auch Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 262—274. Konrad Baumann (*1893) starb 1955 als Oberst in sowjetischer Kriegsgefangenschaft (Sverdlovsk). Dienstlicher Bericht Blombergs vom 17.11.1928, in den wichtigsten Teilen wiedergegeben bei EL. Carsten, Reports by Two German Officers on the Red Army, in: SEER, Dec. 1962, S. 217—241, hier S. 220.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1 9 2 8 - 1 9 3 2
Die anfänglichen Übungen an sowjetischem und ausländischem Tankgerät befriedigten keine der beiden Seiten. Die Bereitstellung von Panzern deutscher Produktion wurde zum Hauptproblem, das die Aufnahme eines regulären Schulbetriebs bislang verhindert hatte. Vorosilov machte Blomberg dazu im Herbst 1928 ernste Vorhaltungen und wies nachdrücklich auf die Schwierigkeiten hin, die ihm wegen des verzögerten Beginns der Arbeit in Kazan' bei seiner Regierung entstünden. Ein weiteres Hinauszögern der Tanklieferungen dorthin ließe ernste Probleme befürchten. Blomberg bedankte sich für die große organisatorische Unterstützung bei der Errichtung der Anlagen und versprach dem sowjetischen Kriegskommissar den Transport der ersten Tanks für das kommende Frühjahr89. Derweil war die Haltung der Panzerfachleute im Reichswehrministerium zu Erprobungsarbeiten in Rußland durchaus nicht einheitlich. Zur selben Zeit, als Blomberg Vorosilov die Zusage für 1929 gab, riet der Leiter des Panzerreferats (Prüfwesen 6) im Heereswaffenamt, Oberstleutnant Gaißert, seinem Amtschef, Generalleutnant Ludwig, Anfang September 1928 ausdrücklich davon ab. Neben den zahlreichen personellen und technischen Problemen durch die langen Verbindungswege erschien ihm die Uberführung deutscher Tanks in die Sowjetunion zudem mit »manche[n] Gefahren innen- sowie außenpolitischer Natur« behaftet, die wohlbedacht sein wollten90. Als im Februar 1929 die ersten Prototypen des Großtraktors noch unter der Obhut ihrer Entwicklungfirmen die Fahrversuche aufnahmen, wurde die Frage akut und eine Entscheidung auf höchster Ebene notwendig. Am 27. d.M. besprachen Groener und Stresemann das Problem mit Reichskanzler Müller, der politische Bedenken vorbrachte und Bedingungen stellte. Die Tanks sollten unter keinen Umständen als deutsches Eigentum, sondern als von der Roten Armee bei den beteiligten Firmen bestellte Güter deklariert werden. Da Vorosilov jedoch den Abschluß von Kaufverträgen ablehnte, mußte in Berlin ein anderer Weg gefunden werden. Bei einer erneuten Besprechung des Reichskanzlers mit Groener und Stresemann am 16. April machte der Reichsaußenminister den Vorschlag, die Panzer, als Traktorbestellungen der Kruppschen Landwirtschaftskonzession am Manyc getarnt, in die Sowjetunion zu verschicken, eine Idee, die Groener spontan sehr einleuchtete91. Jetzt ging alles sehr schnell. Aufsichtsratsmitglied v. Wilmowsky instruierte den Moskauer Krupprepräsentanten Stahl, und am 14. Mai konnte Blomberg dem Auswärtigen Amt melden, daß »nunmehr die vom Herrn Reichskanzler und dem Herrn Reichsaußenminister für den Abtransport der sechs Großtraktoren nach Rußland geforderten Bedingungen erfüllt sind«. Ihre Uberführung werde bis Ende Juni in zwei Transporten aus dem Stettiner Freihafen nach Leningrad erfolgen. Im Juli trafen die sechs Prototypen von dort auf dem Bahnwege in Kazan' ein92. 89 90 91
92
Ebd., S. 223. Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 272 f. Aufz. Schuberts vom 27.2. u. 1 6 . 4 . 1 9 2 9 , A D AP, B, BdXI, Dok. 96 u. 176; ebenso Hoffmeisters Aufz. vom 1.3.1929, ebd., Dok. 103. Mitteilung Blombergs an Moltke vom 14.5.1929, PA-AA, Büro Sts., Osec, Militärische Angelegenheiten mit Rußland, Bd 4, Bl. 129; auch Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 299.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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Parallel dazu erfolgte die Regelung der personellen und organisatorischen Voraussetzungen für den Beginn des Übungsbetriebs. Am 1. März d.J. hatten sich Groener, Blomberg und Stresemann auf die Entsendung von 11 Kursanten, alle zuvor verabschiedete jüngere Offiziere des Reichsheeres, geeinigt93. Mit dem Beginn der praktischen Arbeit fand die Schule im Sommer 1929 auch ihre endgültige organisatorische Struktur. Sie gliederte sich neben der Schulleitung und deren Adjutantur in die fünf Abteilungen: Ausbildung, Erprobung, technische Betriebsführung, Wirtschaftsführung und Kassenwesen. Die Erprobungsabteilung, anfänglich unter Hauptmann Hans Pirner, dann unter den Heeresingenieuren Konrad Baumann, Willi Esser (ab 1932) und Otto Baier (1933), war personell am stärksten besetzt. Hier arbeitete neben einem guten Dutzend Ingenieuren und Technikern der beiden Entwicklungsfirmen Krupp und Rheinmetall auch eine in etwa ebenso große Zahl von russischen Mechanikern und Monteuren94. Etwa 40 Mann umfaßte das deutsche Stammpersonal von Kama, das durch 50—60 russische Hilfskräfte aller Bereiche unterstützt wurde. Dazu kam in jedem Sommer ein knappes Dutzend deutscher Kursanten. Für die technischen Versorgungsfragen der Station gab es einen sowjetischen Verantwortlichen (Sageev), dem auch das Wachpersonal und die russische Fahrbereitschaft unterstanden. Als Verbindungsoffizier zur Roten Armee und speziell zu ihrer Motorisierungsverwaltung fungierte, wie in Lipeck, ein Brigadekommandeur (Erësenko), dem mehrere Offiziere — meist Wolgadeutscher Herkunft — als Dolmetscher zur Verfügung standen. Die Russen stellten auch den Arzt der Station95. Im Herbst 1929 erfolgte die Ablösung Wilhelm Malbrandts durch den Panzerreferenten der Kraftfahrinspektion (In 6) im Reichswehrministerium, Major Ludwig Ritter v. Radlmaier (Deckname: Direktor Raabe), der die Schule bis Anfang 1932 leitete. Letzter Chef von Kama bis zur Auflösung im Spätsommer 1933 war Major Josef Harpe (Direktor Hacker); als Adjutant stand ihm Oberleutnant Willy Teege zur Seite96. Der Jahresetat der Kazaner Station belief sich 1929 auf knapp 1,5 Mill. RM (1930: 1,24 Mill. RM) und erreichte damit etwa die Hälfte des Haushaltsvolumens von Lipeck97. Als im Mai 1930 vier Prototypen des Leichttraktors in Kazan' eintrafen, verfügte die Schule über ihre nominelle Ausstattung von zehn Panzern; dazu kamen einige andere Voll- und Halbkettenfahrzeuge vorrangig zu technischen Erprobungszwecken98. Die Voraussetzungen für die praktische Arbeit waren erfüllt, der Ausbildungs- und technische Versuchsbetrieb der Station konnte beginnen. 93 94 95
96
97 98
Aufz. Hoffmeisters, wie Anm. 91. Vgl. Castellan, Reichswehr et Armée Rouge, S. 180—184. Esser, wie Anm. 86, S. 53; ebenso die Notiz Pünders zur Kabinettssitzung vom 18.10.1928, ARK, Müller II, Dok. 42. Esser, wie Anm. 86, S. 58—61. Ludwig Ritter v. Radlmaier (1887—1943), als Gen. Lt. im Lazarett Tegernsee gestorben. Josef Harpe (1887—1968), 1944 Generaloberst der Pz.Trp., 1944/45 Oberbefehlshaber der HGr. A in Polen. Willi Teege (*1898), im November 1942 als Oberst und Kommandeur des Pz. Rgts. 8 vor El-Alamein gefallen. Vermerk Pünders zum Wehretat 1930 vom 4.2.1930, ARK, Müller II, Dok. 433. Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 329 ff. Auch: Deutsch-russische militärische Zusammenarbeit 1926—1933. Auszug aus dem Bericht eines Teilnehmers des »KAMA«-Lehrganges, in: A. Reinicke, Das Reichsheer 1921—1934, Osnabrück 1986, Anlage 2, S. 420—432.
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Der Übungs- und Testbetrieb »Katorg ist z. Zt. für uns der einzige Ort, wo wirklich positive Arbeit auf dem Kpfw.Gebiet geleistet werden kann«, notierte der Inspekteur der Verkehrstruppen, Generalmajor Otto v. Stülpnagel, über seinen zweiwöchigen Besuch in Kama vom Oktober 1930. Die wichtigsten Arbeitsziele der Station faßte der Inspektionschef in den folgenden 5 Punkten zusammen: 1. Erprobung der vorhandenen Kampfwagentypen, ihre Weiterentwicklung zu »kriegsbrauchbaren Instrumenten« und die Ausbildung von Kampfwagenlehrern und Besatzungen in allen Funktionen. 2. Ermittlung der zweckmäßigsten Kampfwagenkleintaktik, insbesondere im taktischen Rahmen des Zuges; Festlegung der entsprechenden Grundsätze für die Bewegungsund Feuertaktik. 3. Bestimmung des zweckmäßigsten Schießverfahrens, der Schießgrundlagen und der Wirkungsmöglichkeiten. 4. Suche nach der besten und schnellsten Ausbildungsmethode für Kampfwagenbesatzungen im Kurzverfahren. 5. Erarbeitung von Vorschlägen für die Tankabwehr, ihre Organisierung und die Entwicklung des nötigen Geräts dafür". Bezüglich Punkt 1, der technischen Erprobung, begannen im September 1929 die Fahrversuche mit den Großtraktoren. Rückschläge blieben dabei nicht aus. Bei Schwimmversuchen auf dem nahe der Schule gelegenen Kaban'-See ertrank Ende Oktober d.J. ein Werkmeister der Firma Rheinmetall. Konstruktionsfehler führten bald schon zum Ausfall der beiden Daimler-Benz-Prototypen. Dennoch konnten mit den verbliebenen vier Krupp- und Rheinmetallmodellen beachtliche Fahrleistungen — bis Ende 1932 über 1500 km — erzielt werden, wobei Motor, Getriebe und Kettenlaufwerk den unterschiedlichsten Belastungen ausgesetzt wurden. Als Ergebnis der technischen Erprobung verkündete Generalmajor Lutz, der Nachfolger Stülpnagels, im August 1932 in Kama, daß der Rheinmetallgroßtraktor »das Rennen gemacht« habe und die Firma in Zukunft weitere Bestellungen erhalten werde100. Damit wurde ein Weg beschritten, der am Ende in eine technische und taktische Sackgasse der Panzerentwicklung münden sollte. Anders war es mit den vier Leichttraktoren, die in dreijähriger Erprobung bis Ende 1932 über 7000 Fahrkilometer zurücklegten101. Schon im Herbst 1930 sah Stülpnagel die Perspektiven dieses Modells als besonders günstig an. Die laufenden Versuche ließen den Schluß zu, »daß wir in ca. 2 Jahren auf allen Spezialgebieten zu einem guten Abschluß kommen können, so daß wir dann eine kriegsbrauchbare Notkonstruktion besitzen«102. " Bericht v. Stülpnagels >über meine Reise nach Rußland« vom 1 2 . 1 1 . 1 9 3 0 , BA-MA, R H 1/14, S. 2 f. Otto v. Stülpnagel (1878—1948), 1940 als Gen. d.Inf. Militärbefehlshaber in Frankreich, 1948 Freitod im Pariser Gefängnis. 100 Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 301—314, Zitat S. 313. 101 Ebd., S. 332. 102 Stülpnagel, wie Anm. 99, S. 8.
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Die Leichttraktoren trugen wesentlich den Ausbildungsbetrieb der Station; besonders an ihnen lernten die Kursanten die Technik und Taktik der Tankwaffe kennen. Der erste der auf zwei Jahre angesetzten Lehrgänge lief unter der Leitung von Hauptmann Friedrich Kühn mit zehn Kursanten in den Jahren 1929/30. Zuvor verabschiedete jüngere Offiziere (Oberleutnante und Hauptleute) aus den Fahr- und Kiaftfahrabteilungen des Reichsheeres bildeten die Schüler. Vom 2. Lehrgang der Jahre 1931/32 an (Leiter: Hauptmann Friedrich Brunn) erhielt der Ausbildungsmodus eine feste Form. Auf zwei theoretische Winterkurse in Berlin, wo die Schüler beim Kraftfahrlehrkommando in Moabit die nötige technische Vorbildung erhielten, folgten jeweils von Mai bis Oktober zwei praktische Sommerkurse in Kazan*. Dabei stand das erste Jahr im Zeichen der Einzelausbildung als Fahrer, Funker und Schütze sowie im Zusammenwirken als Kampfwagenbesatzung. Im zweiten Jahr ging man zur taktischen Schulung im Rahmen des Zuges und der Kompanie über. Russische Sprache (drei Stunden wöchentlich) und Landeskunde gehörten gleichfalls zum Lehrprogramm der deutschen Schüler103. Die Ausbildungsziele waren hoch gesteckt. Innerhalb der angesetzten zwei Jahre waren die Kursanten »in allen Einzelfunktionen am Kampfwagen und im Zusammenwirken als Kampfwagenbesatzung völlig durchzubilden«. Stärker noch als in Lipeck setzte man auf das Prinzip der »Stammbildung«, d. h. auf die möglichst gründliche Schulung einer zahlenmäßig kleinen Gruppe hochqualifizierten Lehrpersonals 104 . In diesem Punkt kam es zur Interessenkollission mit den Sowjets, die 1929 mit fünf, im folgenden Jahr mit 25 und 1931 sogar mit fast 40 Offizieren an den Kursen teilnahmen 105 . Gegen das deutsche Ausbildungskonzept der langsamen und systematischen »Zellenbildung« (Otto v. Stülpnagel) verfolgte die sowjetische Seite das Ziel, in kurzer Zeit ein Maximum an eigenen Offizieren durch die Kurse zu schleusen. Während einer Besprechung in Moskau wies Stülpnagel im Oktober 1930 seinen Amtskollegen Konstantin Kalinovskij auf die Unvereinbarkeit beider Konzepte hin. Auch die Rote Armee müsse sich bemühen, zur Erreichung eines gemeinsamen Ausbildungszieles beizutragen, insbesondere sei es »nicht angängig, jedes Jahr neue r[ussische] Kui santen zu beordern«. Ferner forderte der deutsche Inspektionschef ein stärkeres materielles Engagement des sowjetischen Partners, etwa die »Zuweisung weiterer Fahrzeuge [...], die nach Bedarf dem Unternehmen uneingeschränkt zur Ausbildung oder mit Personal zu Übungen oder Vergleichsversuchen zur Verfügung stehen«. Dabei meinte er »vor allem modernstes Material, z. B. englische Kampfwagen und Carden-Lloyds«. Da die deutschen Geldmittel für die Station in Zukunft keine Steigerung mehr erfahren würden, müßten die Sowjets mit höheren Sachaufwendungen, wie der Bereitstellung von weiteren Unterkünften und noch mehr technischem Hilfspersonal, in die Bresche springen 106 . 103
104 105 106
W. Nehring, Geschichte Panzerwaffe, Anmerkungsteil, S. 9—13; Stülpnagel, wie Anm. 99, S. 9f. Friedrich Kühn (1889—1944), als Gen. d. Pz.Trp. bei einem Luftangriff auf Berlin umgekommen. Friedrich Brunn (1894—1939), kurz nach Kriegsbeginn als Oberst in Polen gefallen. Stülpnagel, wie Anm. 99, S. 8. Ebd., S. 9 f.; vgl. die Zahlen bei Esser, wie Anm. 86, S. 52, 61. Stülpnagel, wie Anm. 99, Anlage, S. 1—5.
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Trotz dieser durch die unterschiedlichen Interessenlagen beider Seiten bedingten Meinungsverschiedenheiten gestaltete sich die Zusammenarbeit auf dem Ausbildungssektor enger noch als in Lipeck. Ein Tankzug der unmittelbar benachbarten Tatarischen Division arbeitete mit der Schule zusammen. Gemeinsam mit ihm erfolgten die taktischen Übungen der Kursanten im zweiten Ausbildungsjahr. Von den russischen Schülern des 2. Lehrgangs ab 1931 nahmen zwei sogar am kiaftfahrtheoretischen Winterkursus 1931/32 in Berlin teil107. Im Sommer 1932 kamen in Verbindung mit einer größeren Übung an die 100 sowjetische Offiziersschüler zur Station. Die russischen Kursteilnehmer erhielten taktischen Unterricht sowohl durch das deutsche Lehrpersonal (Hauptmann Wilhelm Conze, Oberleutnant Ernst Volckheim) als auch durch zwei eigene Lehrkräfte: für Panzertaktik Andrej Kravcenko und für Technik Grigorij Pavlovskij, der auch als Verbindungsoffizier für Panzertechnik fungierte. 1932 befanden sich u. a. auch neun Ingenieurkursanten der Leningrader Dzerzinskij-Akademie in Kama, die durch deutsche Ingenieure der Station konstruktionstechnischen Unterricht erhielten. Auch der letzte, nach kaum einem halben Jahr im August 1933 abgebrochene Lehrgang wurde noch von mindestens drei Sowjetoffizieren besucht108. Test- und Ausbildungsbetrieb waren Gegenstand regelmäßiger Besprechungen zwischen beiden Seiten. Schon im August 1929 hatten Malbrandt und Stülpnagels Stabschef Oswald Lutz mit Brigadekommandeur Eresenko im größeren Kreis alle die Arbeit Kamas betreffenden Grundsatzfragen besprochen. Stülpnagel selbst wurde im Jahr darauf bei seinen verschiedenen Unterredungen dienstlich wie privat wiederholt seitens seiner sowjetischen Gesprächspartner versichert, daß »ihre taktischen und technischen Kursanten in K[ama] außerordentlich viel gelernt hätten«109. Neben dem Schulungsbetrieb umfaßte die Zusammenarbeit auch den technischen Austausch. Stülpnagels schon 1930 gegenüber Kalinovskij angedeutetes Interesse am Erwerb einzelner der von Moskau im selben Jahr eingekauften britischen Tanks wurde von den Sowjets schließlich akzeptiert. Zwei sowjetische Offiziere, der Chef der Motorisierungsfakultät an der Dzerzinskij-Akademie, Ivan Tjagunov, und der Gehilfe Chalepskijs in der Verwaltung für Motorisierung und Mechanisierung der Streitkräfte, Ivan Lebedev, einigten sich im Juli 1931 mit Ludwig v. Radlmaier in Kama auf ein Tauschgeschäft: drei der englischen Kampfwagen (zwei Carden-Lloyd und ein Vickers Mark II) gegen den vollausgerüsteten Gefechtsturm eines Rheinmetallgroßtraktors110. Im Mai 1932 traf der letzte der beiden englischen Tanks auf dem Erprobungsplatz des Heereswaffenamts im märkischen Kummersdorf ein, wo sie ein Jahr lang intensiv getestet wurden. Zu einem 107 108
109 110
Ebd. (Bericht), S. 9, 12 und Anlage, S. 5. Esser, wie Anm. 86, S. 52, 59; Nehring, Geschichte Panzerwaffe, Anmerkungsteil, S. 9—13; ebenso die eidesstattliche Erklärung Ing. Johann Hoffmanns, IZG. N K — 12376. Andrej Grigor'evic Kravcenko (1899—1963), 1944 Generaloberst und Kommandeur der 6. Gardepanzerarmee. G. V. Pavlovskij war bei Kriegsende 1945 Gen.Maj. des Technischen Dienstes in den Panzerstreitkräften. Castellan, Le réarmement, S. 192; Stülpnagel, wie Anm. 99, S. 9. Castellan, ebd., S. 184. Ivan Andrianovic Lebedev war von 1936—1939 Kommandeur der Akademie der Panzerstreitkräfte. I.P. Tjagunov war zu Kriegsende als Gen.Maj. des Technischen Dienstes Chef der Auto- und Traktorenabteilung in der Hauptverwaltung der Panzerstreitkräfte.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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Vergleich dieser Modelle mit den deutschen Prototypen in Kama ist es entgegen der ursprünglichen Absicht im Sommer 1933 nicht mehr gekommen111. Auch bei der Arbeit in Kazan' zeigte Moskau seine Ungeduld im Hinblick darauf, was die deutsche Seite dort an militärischer Technik präsentierte. Schon 1929 hatte Vorosilov Hammerstein und Kühlenthal gegenüber die besondere Bedeutung der technischen Hilfeleistung betont, die seine Seite vom Reichsheer erwarte, und den Wunsch vorgebracht, Planzeichnungen der deutschen Tanks zu erhalten. Zwei Jahre später wurde der sowjetische Kriegskommissar gegenüber Hammersteins Nachfolger Adam wesentlich deutlicher und führte heftige Beschwerde darüber, daß seit nunmehr drei Jahren in Kazan' keinerlei neues Gerät demonstriert würde. Die Tanks von Krupp und Rheinmetall seien inzwischen weit hinter der Technik des modernen Panzerbaus zurück und befriedigten bei weitem nicht das sowjetische Interesse an technischer Hilfe (»Würde ich die deutsche Armee nicht kennen, würde ich offen von Sabotage reden«). Vorosilov verlangte eine enge Zusammenarbeit der Konstrukteure und technischen Spezialisten, die die Arbeit in Kazan' zu einem echten Laboratorium zugunsten beider Seiten mache und die Möglichkeiten der Einrichtung voll nutze. Genau wie beim Gasübungsplatz Tomka gelte: »Wir stellen alle notwendigen Bedingungen zur Verfügung und erbitten dafür auch eine konkrete materielle Gegenleistung112.« Eine erheblich andere Einschätzung erhielt Vorosilov wenige Monate darauf in einem Bericht des stellvertretenden Chefs der Mechanisierungs- und Motorisierungsverwaltung, Ivan Grjaznov, vom März 1932 über die Arbeitsergebnisse der vergangenen drei Jahre. Demzufolge waren bisher insgesamt 65 Mann aus dem Führungspersonal der Tank- und Kraftfahrtruppen, darunter die Mehrzahl Truppenoffiziere und Fachausbilder an technischen und taktischen Lehrzirkeln der Panzerstreitkräfte, durch die Kazaner Kurse gegangen. Dabei habe es insbesondere das Studium des deutschen technischen Geräts — von der Planzeichnung bis zur Erprobung — durch die eigenen Ingenieure ermöglicht, die Erfahrungen der deutschen Einrichtung praktisch zu nutzen. Eine ganze Reihe technischer Einzelelemente von der Waffenanordnung über Visiereinrichtungen bis zur Elektround Funkausrüstung seien bisher in den sowjetischen Panzerbau, besonders in die beiden schweren Typen T-28 und T-35, aber auch in den leichten T-26 und in die BT-Reihe, eingeflossen. Auf diese Weise sei im ganzen die Arbeit der Station bislang noch für die Rote Armee von großem Interesse. »Ihre Kurse«, so Grjaznov, »sind ein Forschungslabor für die technische und taktische Vervollkommnung unserer Kommandeure113.« Die Bilanz der Arbeit Kamas Bilanz nach vier Jahren Ausbildungstätigkeit erscheint zahlenmäßig eher bescheiden. Etwa 30 deutsche und mindestens die dreifache Anzahl sowjetischer Kursanten sind zwischen 1929 und 1933 durch die Lehrgänge der Schule gegangen. Dennoch war damit entsprechend dem deutschen Zellenbildungskonzept bis Ende 1933 ein zwar kleiner, aber 111 112 113
Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 354. D'jakov/Buäueva, Fasistskij me£, S. 125—127. Ebd., S. 186f.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928—1932
dafür um so höher qualifizierter Lehrstamm für den Aufbau einer Panzertruppe herangebildet worden. Neben die personellen Grundlagen der Panzerrüstung traten die technischen. Beim Panzerbau konnten Erfahrungen von entscheidender Bedeutung, vom Antrieb über Lenkung und Laufwerk bis zur Trefferwirkung der Kanone, gewonnen und weiterverarbeitet werden. Im Endergebnis hat die intensive Erprobungsarbeit an der Wolga »vieljährige Vorarbeiten erspart, die in Deutschland vor 1933/34 nicht zu leisten waren«114. Zu den Grundvoraussetzungen Personal und Technik kam als drittes Element die Entwicklung einer dem Waffensystem Panzer adäquaten Taktik. Konkret ging es darum, am praktischen Beispiel eine Vorstellung von der Rolle des Tanks in der zukünftigen Landkriegführung zu gewinnen und entsprechende Einsatz- und Führungsgrundsätze für Tankverbände zu erarbeiten. Daß die Kraftfahrtruppe des Reichsheeres in diesem Punkt am Anfang der 30er Jahre bereits recht klare Vorstellungen entwickelt hatte, kann als unstrittig gelten. Heinz Guderian, der im Herbst 1932 als Stabschef der Kraftfahrtruppe und als Begleiter seines Inspektionschefs Oswald Lutz erstmals Kama besuchte, war nach eigenem Bekunden seit 1929, dem Jahr, in dem die Station ihren Betrieb aufnahm, von der operativen Zukunftsrolle des Panzers überzeugt. Dabei waren es jedoch in erster Linie seine schwedischen Erfahrungen, die Guderian zu jenem Zeitpunkt diese Einschätzung gewinnen ließen115. Daß auch die vierjährige Arbeit in Kazan' den Gedanken einer operativen Panzerwaffe mitgeformt hat, ist — wenngleich auf der Hand liegend — nur indirekt belegbar. Kaum ein anderer neben Guderian und Nehring hat seit dem Ende der 20er Jahre in Deutschland die Idee einer selbständigen Kraftfahrkampftruppe publizistisch entschiedener verfochten als Ludwig v. Radlmaier, der Leiter von Kama in den Jahren 1929—1932. Schon 1927 begann Radlmaier in einem Fachorgan seine Vorstellungen dazu zu entwickeln. Drei Aufsätze von der Jahreswende 1929/30, d.h. nach Abschluß des ersten Arbeitsjahres in Kazan', sind besonders illustrativ für seine bis dahin gewonnenen Auffassungen. Von der Uberzeugung ausgehend, daß der Kampfwagen als »Ausgangspunkt einer Umwälzung in Organisation und Fechtweise neuzeitlicher Heere« anzusehen ist, plädierte Radlmaier für eine möglichst selbständige Rolle des Kampfwagens, dem im Angriff vor allen anderen Waffenarten die Führungsrolle zufalle. Zwei Kernsätze kennzeichnen die Quintessenz seiner Überlegungen: 1. »Die Auffassung, daß Kampfwagen dauernd in enger Tuchfühlung mit Kavallerie oder Infanterie tätig sein müssen, ist veraltet [...].« 2. »Vom Augenblick des Anfahrens an ist der Kampfwagen vorübergehend die Hauptkampfwaffe. Die zeitliche Regelung eines Angriffs von Kampfwagen und Infanterie muß sich daher, sowohl was das Vorgehen der Infanterie als auch das deckende Feuer der Artillerie anbetrifft, nach dem Kampfwagenangriff richten.« Auch die Notwendigkeit veränderter Führungs- und Befehlstechniken im modernen Panzerkrieg sah Radlmaier schon in bemerkenswerter Klarheit: »Der Führer muß [sich] [...] 114 115
Nehring, Geschichte Panzerwaffe, S. 45, 116. H. Guderian, Erinnerungen eines Soldaten, Neckargemünd u 1976, S. 17ff.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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auf alle Fälle [...] inmitten seiner stürmenden Truppe befinden. Blitzschneller Entschluß, klare kurze, ja nur ganz kurze Befehle [...].« Daneben erfordere die Wirklichkeit des motorisierten Kampfgeschehens einen neuen, ganz im Geiste des Bewegungskriegs geschulten und psychisch besonders stabilen Soldatentyp. Eingeschlossen in den »Panzerkäfig«, gelte es, unter extremsten Bedingungen nach der Devise zu handeln: »Kühlen Kopf behalten, ruhig beobachten, sicher schießen.« Die gesteigerte Beweglichkeit führe zu einer enormen Dynamisierung des Kampfgeschehens, die dem Panzersoldaten der Zukunft alles abverlange, denn: »Es sind verteufelt kurze Duelle, die Kämpfe mit den Abwehrwaffen116.« In der Roten Armee war man zur selben Zeit, d. h. Anfang der 30er Jahre, auf dem Gebiet der Theorie des Tankeinsatzes wesentlich weiter; vor allem waren die taktischen Vorstellungen über die Rolle des Panzers im Gesamtrahmen der Doktrin der tiefen Operation viel stärker systematisiert, als das damals im Reichsheer möglich war. Von den Grundforderungen der tiefen Operation Triandafillovs (siehe VIII. 3.) ausgehend, hatten Konstantin Kalinovskij und andere in den Jahren 1930—1932 eine dazu passende Konzeption des Kampfwageneinsatzes entwickelt, wobei man die Tanks, den ihnen zugewiesenen unterschiedlichen taktischen Aufgaben entsprechend, in drei Gruppen einteilte:117 1. Leichte Panzer zur direkten Infanterieunterstützung (NPP = Neposredstvennyj podderzok pechoty), 2. mittlere zur Fernkampfunterstützung der Infanterie (DPP = Dal'nyj podderzok pechoty), 3. schwere Tanks als Fernkampfgruppe zur Artilleriebekämpfung und zum Durchbruch durch stark befestigte Stellungen (GDD = Gruppa dal'nego dejstvija). Die beiden letzten Gruppen waren für selbständige Operationen in größeren Verbänden und im Zusammenwirken mit den Luftstreitkräften vorgesehen. Damit besaßen die Sowjets eine Konzeption, die in ihrer taktischen Spezifikation der Tanks den schon 1923 publizierten Vorstellungen des französischen Militärtheoretikers Pigeaud auffällig nahekam118. Waren für die Rote Armee, die seit 1929 bereits mit motorisierten Versuchsverbänden experimentierte, nennenswerte taktische Erfahrungen aus der Zusammenarbeit in Kazan' nicht zu gewinnen, so gab es doch zumindest Anregungen auf technischem Gebiet. Die Jahre zwischen 1930 und 1938 waren für die Sowjets nach eigenem Bekenntnis (1946) die »Periode der Ausnutzung der Erfahrungen des ausländischen Panzerbaus«, auf die erst am Vorabend des Krieges der Durchbruch zu eigenständigen Entwicklungen folgte119. Für die erste Gruppe der leichten infanteristischen Begleittanks wurde 1932 nach dem Vorbild des englischen Vickers-Armstrong-6 t-Modells der T-26 zur Serienreife entwickelt. Der amerikanische Christi Medium T 3 wurde zur Grundlage der BT-Reihe der als hochbeweglicher Teil innerhalb der operativen DD-Gruppe vorgesehenen Schnellkampfwagen120. 116
117 118 119 120
L. Radlmaier, Neuzeitliche Kampfwagen, in: Der Kraftzug in Wirtschaft und Heer, 4 (1929) 11, S. 248—250; 4 (1929) 12, S. 2 7 4 - 2 7 6 ; 5 (1930) 1, S. lOf. Im Folgenden nach Andronikow/Mostowenko, Die roten Panzer, S. 217. Vgl. V. Wieland, Pigeaud versus Velpry, in: MGM, (1975) 1, S.58f. Vgl. den Artikel >Tank< in: BSÉ, 1. Aufl., Bd 53, Sp. 562 f. A. Sutton, Western Technology, Bd2, S. 243; J. Milsom, Die russischen Panzer, S. 116—145.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
Für die mittleren und schweren Unterstützungs- bzw. Durchbruchstanks setzte man in Moskau zu Anfang der 30er Jahre auf die in Kama getesteten Modelle des Großtraktors von Krupp und Rheinmetall. Im August 1932 kamen Lutz und Guderian während ihres dortigen Aufenthalts mit sowjetischen Vertretern überein, auf der Grundlage des Großtraktors einen etwa 201 schweren Kampfwagen mit 7,5 cm Kanone und drei Türmen zu entwickeln. Daraus entstand in Deutschland in den folgenden Jahren das sogenannte Neubaufahrzeug, während die Sowjets auf derselben Grundlage ihren T-28 schufen, dessen Prototyp Kama-Stationschef Harpe und sein Chefingenieur Esser erstmals auf der Moskauer Novemberparade 1932 zu sehen bekamen. Parallel dazu entwickelten die Russen einen schweren fünftürmigen Durchbruchstank mit fast 501 Gefechtsgewicht, den T-35.121. Dies führte jedoch in dieselbe Sackgasse wie das deutsche Neubaufahrzeug. Uberschwere Tanks mit mehreren Gefechtstürmen und großer Besatzung erwiesen sich im weiteren Verlauf der 30er Jahre als technische wie taktische Fehlentwicklung ohne Zukunft. Der T-28 bestand im Finnlandkrieg seine Bewährungsprobe nicht. Der T-35, noch in der Schlacht um Moskau in wenigen Exemplaren eingesetzt, spielte allein die Rolle eines unbeweglichen Dinosauriers aus vergangenen Tagen der Tankgeschichte122. Die auf Füller zurückgehende Idee des Schlachtkreuzers zu Lande wurde auch in der Roten Armee noch vor Kriegsbeginn als Irrweg erkannt und zugunsten neuer, eintürmiger Entwicklungen aufgegeben. So erwies sich Kama für die Sowjets, deren gesamter Fahrzeugbau in den 30er Jahren stark auf US-amerikanischem Know-how basierte, letzten Endes auch auf technischem Gebiet als ein Unternehmen von eher beschränktem Wert. Immerhin scheint die Station für die Motorisierungskampagne innerhalb des Wolga-Militärbezirks, der 1931/32 unter der tatkräftigen Leitung Saposnikovs zum zweitbestbeurteilten aller neun Wehrkreise aufrückte, eine gewisse Bedeutung gehabt zu haben. Nach ihrer Auflösung begann die Rote Armee noch im Jahr 1933 am selben Ort in Kazan* mit der Einrichtung von Tanklehrkursen für die Offiziere ihres militärtechnischen Dienstes123. c. Tomka — Das Gastestgelände bei Vol'sk Aufbau und Organisation Die vom Auswärtigen Amt für das Jahresende 1927 angesetzte politische Bestandsaufnahme (siehe VII. 4.) betraf auch den Wiederbeginn der Arbeit auf dem Kampfgasgebiet. Anders als in Lipeck hatten hier das ganze Jahre 1927 über sämtliche Aktivitäten geruht. Um so stärker drängten die Militärs seit Dezember 1927 darauf, die »chemische Arbeit« in Rußland wieder aufzunehmen. Anfang Februar 1928 gab Stresemann nach und erklärte sich gegenüber Groener und Blomberg mit der »Beteiligung an wissenschaftlichen Gasversuchen« auf russischem Boden einverstanden124. 121 122 123 124
Esser, wie Anm. 86, S. 50 f. V. A. talmaev, Malysev, Moskau 1978, S. 111, 241. Krasnoznamennyj Privolzskij, Moskau 1984, S. 119f. Aufz. Schuberts vom 6.2.1928, ADAP, B, Bd VIII, Dok. 69.
1. Die Stationen auf russischem Boden
199
Nach dem Ausscheiden des Orenburger Versuchsplatzes im Vorjahr galt es zunächst, ein neues Gelände zu finden. Dazu fuhr am 23. Februar eine Kommission deutscher Fachleute zu Verhandlungen in die sowjetische Hauptstadt und begab sich von dort aus Anfang März zur Erkundung eines Versuchsgeländes unweit des Städtchens Vol'sk, ca. 100 km nördlich von Saratov an der mittleren Wolga125. Dort entstand im Laufe des Frühjahrs und Sommers 1928, 6 km entfernt von der Ortschaft Sichany und der Eisenbahnstation Pricenavskaja an der Linie Sennoj-VoFsk, der neue deutsche Versuchsplatz mit Arbeitsgebäuden und Wohnunterkünften für das Personal. Der Aufbau und die Begleichung der Kosten wurden noch über die >Gela< (siehe V.4.) abgewickelt, die im Juni d.J. vom Reichswehrministerium aufgelöst wurde. Im Spätsommer 1928 standen alle wichtigen Einrichtungen. Knapp zwei Dutzend Holzbaracken, einschließlich Verwaltungsgebäude und Kasino, dazu behelfsmäßige Zelthallen für Flugzeuge und Kraftwagen wurden wie in Lipeck und Kazan* mit Unterstützung zahlreicher russischer Hilfskräfte aufgebaut126. Während seiner Inspektionsreise beurteilte Truppenamtschef Blomberg Ende August 1928 die Station als »sehr gut organisiert«; der Leiter sei geeignet, das Personal »sehr brauchbar«127. Im Jahre 1929 betrug die deutsche Stammbelegung der unter dem Decknamen Tomka geführten Anlage knapp 30 Mann, darunter gut ein halbes Dutzend Akademiker (Chemiker, Mediziner, Biologen und ein Meteorologe). Wissenschaftliches und technisches Hilfspersonal wie Laboranten, Tierpfleger, Mechaniker und Flugzeugführer bildeten das Gros des deutschen Personals. Nach dem plötzlichen Tod des ersten Leiters im Spätherbst 1928 führte seit Anfang 1929 der langjährige Stabschef der für das gesamte Gasgebiet zuständigen Artillerieinspektion (In 4), Oberst a.D. Wilhelm Trepper, die Station128. Der Jahresetat von Tomka betrug 1929 780000 RM, er verminderte sich, bedingt durch die spärlicher fließenden Mittel der Reichswehr im Zuge von Weltwirtschaftskrise und Deflationspolitik, auf ca. 680000 RM in den Jahren 1930/3112'. Das Jahr 1928, das noch wesentlich dem Aufbau galt, eingeschlossen, blieben Tomka bis 1931, dem letzten Jahr der Versuchstätigkeit, nur vier Sommerperioden für die praktische Arbeit. Für aerochemische Tests standen vier Flugzeuge, für das Verschießen von Gasgranaten fünf Feldgeschütze zur Verfügung, hinzu kamen Sonderfahrzeuge zum Versprühen von Kampfstoffen im Freien. Geländeversuche wurden in der Regel zwischen Mai und Dezember unternommen, dann machten Kälte und Schneefall jede weitere Außentätigkeit unmög125
126
127 128
129
Siehe die Fischertelegramme vom 16. u. 29.2.1928, PA-AA, Büro Sts., Osec, Bd2 app3, Bl. 107, 119. Ludwig v. Sicherer, Tomka, BA-MA, Msg. 2/782, S. 7—13; Schreiben der Christoph & Unmack AG an die Gela vom 11.4.1928, BA-MA, RH 8/3625, Bl. 59f. Dienstbericht Blombergs vom 17.11.1928, in: Carsten, Reports, S. 220. Gehaltseinstufung des Tomka-Personals vom 20.4.1929, BA-MA, RH 8/3664, Bl. 15 f.; Schreiben der Wa Prw. 2/IV an TA vom 22.12.1928, BA-MA, RH 8/3623, Bl. 32—34. Wilhelm Trepper (1876— 1932) war Ende Oktober 1928 als char. Gen.Maj. aus dem Reichsheer ausgeschieden. Der Name Tomka leitete sich nach Sicherers Angaben, wie Anm. 126, S. 20, vom früheren Moskauer Versuchsplatz Uchtomskaja (= Podosinki, siehe VII. 2.) ab. Vermerk Pünders zum Wehretat 1930, A R K , Müller II, Dok. 433; ebenso: Vorschlag zum Haushalt To[mka] für 1931, BA-MA, RH 12—4/54, B l . 2 6 3 f .
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
lieh. Die Monate Januar bis März verbrachte das Versuchsteam in Deutschland mit der Laborauswertung der Sommerversuche und der Vorbereitung auf die nächste Testperiode 130 . Auch in Tomka erfolgte die Zusammenarbeit mit den Russen täglich und >hautnahneue Gas< als gering. In gewissem Sinne als Neuentwicklung konnte man Moskau allein das sogenannte Pfiffikusgemisch präsentieren, das als Zwischenprodukt bei einem neuen Herstellungsverfahren für Chlorarsenkampfstoffe anfiel. Mit ihm sollte die maskendurchdringende Reizwirkung der Blaukreuzkampfstoffe mit den tödlichen Eigenschaften der Lungen- und Hautgifte (Grünund Gelbkreuz) kombiniert werden. Die Erprobung des >Pfiffikusgemischs< in einem Großexperiment am 8. Oktober 1931 gehörte zu den aufwendigsten Geländeversuchen, die in Tomka unternommen wurden142. Auch hier blieben die Ergebnisse im ganzen gesehen bescheiden, so daß Treppers Abschlußbericht von 1931 die Wirkungsverbesserung der bekannten Kampfstoffe zur vorrangigen Aufgabe der nächsten Jahre erklärte143. 139
140 141 142
143
Ebd., S. 20ff., und das Technische Programm für die Tomka-Versuche 1930 vom 27.3.1930, BA-MA, RH 12-4/54, Bl. 2 6 7 - 2 7 0 . Hauptergebnisse der Versuchszeit 1931 vom 30.11.1931 (gez. Trepper 8.12.), RH 12—4/55, Bl. 71—74. Ebd.; Groehler, Der lautlose Tod, S. 93 f. Bericht des Referats Biologie über die Sprengung am 10.10.1931, BA-MA, RH 12—4/55, Bl. 162, 165 (Zeichnung). Wie Anm. 140; ergänzend: Trepper, wie Anm. 132, S. 210. Tatsächlich gelang erst unter den autarkiepolitischen Vorgaben des nationalsozialistischen Vierjahrplans Mitte der 30er Jahre in Gestalt des Nervengases Tabun der langerhoffte Durchbruch zu einer neuen Qualität von Kampfstoffen, dem 1942 das Sarin folgte.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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Über diesen Punkt kam es mit der Militärchemischen Verwaltung unter dem stets ungeduldigen wie mißtrauischen Jakov Fisman Anfang 1932 zum Eklat, der dazu führen sollte, daß die Station ein vorzeitiges Ende nahm. Schon im Laufe des Jahres 1931 registrierte man deutscherseits ein merkliches Nachlassen des sowjetischen Entgegenkommens. Die Einladung zu russischen Übungen blieb aus, der Zutritt zum russischen Übungsplatz nebenan wurde drastisch eingeschränkt. Stationschef Trepper und seine Mannschaft fühlten sich schlecht behandelt. Trepper appellierte daher an die Zentrale Moskau, bei der sowjetischen Armeeführung für die nötige Gegenseitigkeit beim Erfahrungsaustausch zu sorgen. Es gehe schließlich nicht an, »daß wir ihnen ständig tatsächlich alles preisgeben und noch dazu [...] Vorwürfe von ihnen bekommen«144. Umgekehrt machte auch Fisman im April 1932 bei der Besprechung des deutschen Versuchsprogramms für die Testperiode dieses Jahres gegenüber Oberst Fischer seinem Unmut Luft. Das vorgesehene Programm zeige, »daß man in allem auf dem alten Standpunkt stehengeblieben sei«. Die deutsche Seite habe weder neue Gift- noch Rauchgase zu bieten, »man arbeite immer mit demselben Lost und immer mit demselben Perstoff [Diphosgen]«. Als besonders provokant erschien ihm, daß die Deutschen für dieses Versuchsprogramm auch noch eine erhebliche russische Kostenbeteiligung zur Voraussetzung machen wollten, was »die ganze Schwere der Finanzlast auf die russische Seite verlagere«. Unter diesen Umständen plädierte Fisman für den völligen Verzicht auf Geländeversuche im laufenden Jahr und forderte statt dessen eine »Vertiefung und Ausweitung des technischen Programms für [19]32 durch gemeinsame Arbeit im Laboratorium«. Allein dadurch ließen sich die Voraussetzungen dafür schaffen, anschließend, d.h. 1933, wieder mit aussichtsreichen Geländeversuchen fortfahren zu können. Auch in der Finanzierungsfrage formulierte Fisman seinen Standpunkt kompromißlos. Nur wenn echte Neuerungen vorbereitet würden, könne mit einem finanziellen Beitrag von seiner Seite gerechnet werden. Für den Chef der Militärchemischen Verwaltung schien es schlechthin unverständlich, daß Deutschland bei all seinem wissenschaftlichen Potential und der Weltgeltung seiner chemischen Industrie nicht mehr zu bieten habe, als in Tomka seit Jahren gezeigt wurde. Das Reichswehrministerium, forderte Fisman weiter, müsse endlich die Großchemie in Gestalt der IG-Farben für die Kampfstofforschung heranziehen und, außer einer stärkeren organisatorischen Konzentration der Arbeit, auch seinen finanziellen Einsatz erhöhen. Ferner schlug er vor, sowjetische Spezialisten zur Mitarbeit in die führenden deutschen Labors zu entsenden, wo sie sich selbst ein Bild vom Stand der Forschungsarbeiten machen sollten145. Im Ergebnis der Frühjahrsbesprechungen von 1932 fielen alle Versuche für dieses Jahr aus; die Arbeit verlagerte sich ganz in die Labors. Zu allem Unglück verstarb Ende Juni d.J. Tomkastationsleiter Trepper. Als man im Oktober wieder in Moskau zusammenkam, um das Testprogramm für 1933 zu besprechen, reagierte Fisman wie im Frühjahr. Wieder werde nichts Neues gebracht, noch immer verharre man auf dem Stand von 1931, 144 145
Trepper, wie Anm. 132, S. 207. Auszug aus der Besprechung zwischen Fischer, Berzin und Fisman vom 13.4.1932, wie Anm. 139, Bl. 12—14. Ebenso das vorläufige Tomka-Programm 1932, ebd., B1.225f.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1 9 2 8 - 1 9 3 2
womit auch »das Jahr [19]32 wiederum gänzlich verloren« sei. Erneut präsentierte er einen detaillierten Forderungskatalog, von dessen Erfüllung er die praktische Weiterarbeit in der Station abhängig machte146. Anfang 1933 war die Situation völlig ungeklärt und Tomkas Zukunft gänzlich im Ungewissen. Das bereits gespannte politische Klima des Frühjahrs 1933 tat ein übriges. Ende April erfolgte auf telegraphischem Wege Moskaus Absage auch für dieses Jahr147. Die merklich gebesserte Atmosphäre zwischen den Militärs beim Besuch des deutschen Waffenamtschefs v. Vollard-Bockelberg in der Sowjetunion schien den Gasversuchen Mitte Mai d.J. noch einmal eine Chance zu eröffnen (siehe XII. 2.). Zwar erklärte Fismans Fachvorgesetzter Tuchacevskij gegenüber seinem deutschen Amtskollegen die bisherigen Resultate auf dem Gassektor für »minimal«; dennoch hielt er, vorausgesetzt daß Fisman, wie verlangt, vollen Einblick in den Stand der deutschen Kampfgasforschung erhalte, eine verkürzte, dreimonatige Versuchsperiode im laufenden Jahr für möglich. Größere Perspektiven gab auch Tuchacevskij dem Unternehmen nicht, da »der jetzige wissenschaftliche Stand eine Fortführung der Arbeiten in To[mka] für 1934 nicht mehr rechtfertige; es sei denn, daß inzwischen neue Grundlagen von besonderem Interesse gewonnen würden«148. Auch daraus wurde nichts mehr. Die in Berlin bereitgehaltenen 600000 RM Etatmittel für die Versuchsperiode 1933 blieben ungenutzt149. 1931 war das letzte Versuchsjahr für Tomka. Die Kampfgasarbeiten gingen, mit gesteigerter Intensität und wesentlich mehr Mitteln ausgestattet, in Deutschland weiter. Der deutsche Gasübungsplatz an der Wolga galt nach dem Urteil eines der führend beteiligten Fachleute »mit Recht als die Geburtsstätte wissenschaftlich kontrollierter Geländeversuche mit Kampfstoff-Einsatzmitteln [...]. Die Basis zu den späteren Kampfstoffarbeiten auf deutschem Boden (Munsterlager/Raubkammer) hatte Tomka geschaffen150.« d. Die organisatorische und finanzielle Regie der Stationen — Die Zentralen in Moskau und Berlin Zur Durchführung der militärischen Aktivitäten auf russischem Boden bedurfte es des Zusammenspiels der verschiedensten Institutionen inner- wie außerhalb des Reichswehrministeriums. Da waren zunächst die Waffeninspektionen, denen als vorgesetzte Kommandostellen die militärfachliche Führung und die personelle Beschickung der Stationen oblag. Lipeck unterstand seit 1929 der Inspektion der Waffenschulen (In 1) — in den Jahren davor der Ta (L) im Truppenamt —, Kama der Inspektion der Verkehrstruppen/Kraftfahrtruppen (In 6) und Tomka der Artillerieinspektion (In 4). Soweit es die 146 147 148 149
150
Protokoll der Sitzung vom 16.10.1932, ebd., Bl. 33 f. Jodl (Ferdinand) an Wa Prw. S vom 28.4.1933 und Schüttel an Z.B. vom 29.4.1933, ebd., Bl. 4 2 - 4 5 . RWM (gez. Jodl) vom 19.5.1933, ADAP, C, Bdl,2, Dok. 252, Anlage 1. Mitteilung des TA an die In 4 über die Kassenverfügung zum X-Haushalt, Kap. 7 für 1933 vom 14.6.1933, BA-MA, RH 12—4/54, Bl. 50. Sicherer, wie Anm. 126, S. 24.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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technische Erprobung betraf, waren auch die entsprechenden Prüfabteilungen des Heereswaffenamts, d.h. Wa-Prw. 8 (Fluggerät), Prw. 6 (Panzer) und Prw. 1 (Bomben und Munition), eingeschaltet151. Die koordinierende Stelle im Reichswehrministerium war die bis Anfang 1927 dem Chef des Truppenamts direkt unterstellte Sondergruppe Rußland (SG), seit 1924 unter der Leitung von Major Herbert Fischer. Mit der Reorganisation des Truppenamts beim Amtsantritt Werner v. Blombergs wurde das Arbeitsgebiet Rußland am 1. April 1927 kurzfristig als T 2 1 (Fi.) in dessen Heeresorganisationsabteilung (T 2) überführt152. Nach der Versetzung Fischers zur Truppe Anfang 1928 ging es als T 3 (V) in die Heeresstatistische Abteilung (T 3) ein, wo es unter deren Chef, Oberst Erich Kühlenthal, bis Ende 1930 von Major Walter Behschnitt und Hauptmann Edmund Hoffmeister bearbeitet wurde. Mit der Ernennung Fischers zum Nachfolger Kühlenthals ging der Dienstbereich im November 1930 wieder an diesen altbewährten Mitarbeiter Seeckts zurück, dem die Hauptleute Hans Krebs und Eberhard Kinzel als Sachbearbeiter zur Seite standen. Auf Fischer folgte im April 1933 Oberst Carl-Heinrich v. Stülpnagel als Chef der T 3, die seit 1931 die Bezeichnung Abteilung Fremde Heere trug153. Als Zentrale Berlin (Z. B.) führte die T 3 (V) Buch über alle in der Sowjetunion befindlichen Personen des militärischen Bereichs und entschied nach Rücksprache mit dem Chef des Truppenamts über jede Kommandierung dorthin. Der gesamte Schriftverkehr der beteiligten militärischen Stellen lief über sie; allwöchentlich sammelte und verschickte sie die nach Rußland abgehende Dienstpost. Nach der Liquidation von Gefu und Wiko wickelte sie auch den Geldverkehr ab und beschaffte für die Reichswehrangehörigen Visa, Fahrkarten und andere Reiseunterlagen. Ein privater Strohmann besorgte dasselbe für das nach Rußland abgehende Zivilpersonal154. Im ständigen Kontakt zum Militärattache der sowjetischen Botschaft wie zum Auswärtigen Amt regelte die Zentrale Berlin zusammen mit dem Chef des Truppenamts die militärpolitische Feinabstimmung der Zusammenarbeit. Ihr Pendant auf sowjetischer Seite war die 4. Abteilung (upravlenie = Verwaltung) des Generalstabs für Auslandsaufklärung (Razvedupr = Razvedyvatel'noe upravlenie) unter der Leitung von Korpskommissar Jan Berzin. Gewissermaßen die Moskauer Außenstelle der T 3 (V) war die seit 1924 bestehende Zentrale Moskau in der Vorovskijstraße (ulica Vorovskogo) Nr. 48, direkt neben der britischen Botschaft (siehe V. 1.). Ihr erster Leiter, Oberst a.D. Hermann von der Lieth-Thomsen, gab 1928 aus Krankheitsgründen den Posten an seinen langjährigen Stellvertreter 151 152
153
154
Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 19 f., 43 (Skizze). Brief Fischers an Seeckt vom 29.3.1927, BA-MA, N 247/87, Fasz. 19; Rundschreiben Mitteibergers vom 5.4.1927, BA-MA, RH 8/898. Erich Kühlenthal (1880—1958), 1933 Militärattache in Paris, vor Kriegsbeginn als Gen. d. Art. verabschiedet. Walter Behschnitt (1885—1970) war zu Kriegsende Gen.Lt. Edmund Hoffmeister (1893—1944), als Gen.Lt. (41. Pz.Korps) 1944 im Antifalager Krasnogorsk verstorben. Karl-Heinrich v. Stülpnagel (1886—1944), ab 1942 als Gen. d.Inf. Militärbefehlshaber in Frankreich, im August 1944 in Berlin hingerichtet. Hans Krebs (1898—1945), Freitod in Berlin (Mai 1945) als letzter Generalstabschef des Heeres. Eberhard Kinzel (1897—1945), 1939—1942 Chef der Abteilung >Fremde Heere Ost< im Generalstab des Heeres, 1943/44 Stabschef der HGr. Nord, Freitod als Gen. d.Inf. Abdruck Nr. 2 (betr. Geheimhaltung) vom 15.6.1927, BA-MA, RH 2/2214, Bl. 95—110.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
Major a.D. Oskar Ritter v. Niedermayer weiter, der ihn bis zum Herbst 1931 bekleidete. Die letzten beiden Jahre bis 1933 führte Oberleutnant a.D. Lothar Schüttel die Einrichtung 155 . Personell wie etatmäßig war die Zentrale Moskau mit einem halben Dutzend Angestellten und einem Etat von 330000 RM im Rechnungsjahr 1929/30 die kleinste der Stationen des Reichsheeres auf russischem Boden 156 . Ihre hauptsächliche Aufgabe bestand in der Vertretung sämtlicher den Betrieb der Übungsstationen betreffender Angelegenheiten beim sowjetischen Kriegskommissariat und seinen einzelnen Fachabteilungen. In enger Abstimmung mit ihrer Berliner Heimatorganisation im Truppenamt erledigte sie den Zahlungsverkehr und regelte im Kontakt mit den sowjetischen Militärbehörden Versorgungsfragen für die einzelnen Stationen. Ebenso war sie die zentrale Poststelle für den dienstlichen wie privaten Briefverkehr aller Reichswehrangehörigen in Richtung Deutschland. Die Tarnung erforderte gerade bei der Korrespondenz strengste Sicherheitsauflagen; »die Verschwiegenheit wurde im Ministerium selbst fast zu einem Kult gesteigert«157. Kein Reichswehrangehöriger durfte außerhalb dieses einen Kanals Post- oder Telegrammwege benutzen. Dienstliche Mitteilungen in Privatbriefen waren untersagt, ebenso das Führen von Tagebüchern und sonstigen regelmäßigen Aufzeichnungen. Im dienstlichen Schriftverkehr waren Ortsnamen abzukürzen und für wichtige Personen wechselnde Decknamen zu verwenden. Militärische Ränge existierten nicht und mußten durch zivile Titel ersetzt werden. So firmierten die Chefs des Truppenamts als Professoren und die Stationsleiter als Direktoren. Von Moskau aus lief der Postweg je nach Absender an eine von zwei Berliner Deckadressen, von dort aus weiter über die T 3 (V) als Sammelstelle zu den jeweiligen Fachinstanzen innerhalb des Reichswehrministeriums 158 . Der Zentrale Moskau oblag auch das Durchschleusen und die Reisebetreuung des zahlreichen nach Rußland ein- und ausreisenden Personals, seien es technische Spezialisten, Lehrer und Kursanten aus den einzelnen Stationen oder Manövergäste. Allein im Sommer 1931, auf dem Höhepunkt des Test- und Übungsbetriebs auf russischem Boden, gingen gut 400 Personen durch Niedermayers Haus im vornehmen Moskauer Arbatviertel, das nach außen hin unverdächtig als >Heim deutscher Angestellten firmierte159. Der Kontakt zur deutschen Botschaft bestand zwar ständig, durfte aber nur in verdeckter Form stattfinden. Selbst der seit 1931 dort inoffiziell präsente Militärattache Oberst Köstring war amtlich »ohne Kenntnis« und betrat allenfalls bei Dunkelheit das Gebäude in der Vorovskijstraße. Organisatorisch hatte er mit der dortigen Tätigkeit nichts zu tun 160 . 155
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157 158 159
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Lothar Schüttel (1893—1969), militärischer Luftfahrtpublizist der 30er Jahre, bei Kriegsende als Oberst Chef der Abteilung für Verlustwesen der Luftwaffe. Vermerk Pünders zum Wehretat 1930 vom 4.2.1930, A R K , Müller II, D o k . 433; ebenso die N o t i z vom 18.10.1928, ebd., D o k . 42. Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 32; ders., M S P-043, S. 60 f. Wie A n m . 152, Bl. 96 ff. Privatbrief Köstrings an Seeckt vom 27.8.1931, BA-MA, N 247/88, Fasz. 37. Schreiben BrockdorffRantzaus an Dirksen vom 9.6.1928, A D AP, B, Bd I X , D o k . 71. General Ernst Köstring, S. 48.
1. Die Stationen auf russischem Boden
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Erst nach dem Tode Brockdorff-Rantzaus gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen den deutschen Militärs und Diplomaten in Moskau reibungslos. Zwar war die persönliche Beziehung des Grafen zu v. d. Lieth-Thomsen stets problemlos, doch hatte er zu dem impulsiven und unabhängig denkenden Niedermayer, den er im Sommer 1928 Groener gegenüber als »vom Ehrgeiz zerfressen« charakterisierte, von Anfang an ein gespanntes Verhältnis161. Politische Alleingänge einzelner Offiziere gegenüber Moskau waren seit Seeckts Abgang sowieso nicht mehr möglich. Das galt auch für den durchaus politisch zu denken gewohnten Oskar v. Niedermayer, zu dessen Aufgabenabgrenzung Werner v. Blomberg im Herbst 1928 unmißverständlich feststellte: »Jede politische oder über den Rahmen seiner Weisungen hinausgehende Tätigkeit ist ihm verboten.« Botschafter Dirksen hatte bis 1933 weder mit ihm noch mit seinem Nachfolger Schüttel irgendwelche Probleme162. Ein Wort noch zur Finanzierung und zur Regelung des Geldverkehrs zwischen Berlin, Moskau und den einzelnen Übungsstationen. Neben dem offiziell ausgewiesenen Wehretat existierte seit Mitte der 20er Jahre ein sogenannter X-Haushalt, der gemäß einer Aufzeichnung aus der Reichskanzlei von Anfang 1930 alle diejenigen Ausgaben enthielt, »deren offene Verrechnung aus außenpolitischen Gründen nicht möglich war«. Seine Verabschiedung erfolgte turnusmäßig in einem speziellen Ausschuß aus Vertretern des Reichswehr- und Reichsfinanzministeriums sowie des Rechnungshofs163. Alljährlich erstellte die T 3 (V) zusammen mit der Zentrale Moskau und den Stationen die Voranschläge für den >russischen Teil< des X-Haushalts, der anschließend vom Wehramt als der im Reichswehrministerium haushaltsführenden Stelle genehmigt werden mußte. Zu Beginn eines jeden Haushaltsjahres erhielten die Zentrale Moskau und die Stationen aus dem Truppenamt eine Kassenverfügung über die vom Wehramt freigegebenen Geldmittel. Sowohl der Leiter der Zentrale Moskau als auch die Stationschefs und ihre Rechnungsführer trugen die Verantwortung dafür, daß die bewilligten Mittel ordnungsgemäß verbucht und dabei die genehmigten Etatansätze nicht überschritten wurden164. Da nicht selten Finanzmittel in beiden Währungen nötig waren, benutzte man einen festen, von den Schwankungen des Devisenmarktes unabhängigen Wechselkurs (1 Rubel = 2,16 RM), wodurch erst die Voraussetzungen für eine längerfristige Haushaltsplanung geschaffen wurden165. Das Volumen des gesamten X-Haushalts belief sich in den Jahren 1929/30 auf ca. 65 Mill. RM. Der Titel für die russischen Stationen erreichte darin die Summe von 6,5 Mill. RM für 1929 (1930: 5,35 Mill. RM)166. Damit lagen die direkten Aufwendungen für die russischen Unternehmungen der Reichswehr bei ca. 10% des Geheimrüstungsetats und blieben unter 1 % der gesamten Wehrausgaben der Weimarer Republik. 161 162
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Aufz. Brockdorffs vom 1.8.1928, wie Anm. 159, Dok.200. Blomberg-Bericht, in: Carsten, Reports, S. 220; Dirksen, Moskau, Tokio, London, S. 133; Hilmar v. Mitteiberger, Lebenserinnerungen, BA-MA, N 40/11, S. 284. Wie Anm. 156; Briefwechsel v. Schwerin-Krosigks mit v.d. Bussche-Ippenburg vom Jahre 1952, IZG, Zs 217 (Zeugenschrifttum v.d. Bussche-Ippenburg), S. l f . Schreiben des TA vom 23.3.1933 (betr. Richtlinien für Geldverkehr etc.), BA-MA, RH 12-1/109, Bl. 46 ff. Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 23. Wie Anm. 156 u. 160.
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DC. Der Höhepunkt der Jahre 1928—1932
2. Die gegenseitigen Truppen- und Manöverbesuche seit 1925 Regelmäßige Manöverbesuche zwischen beiden Armeen gab es seit dem Sommer 1925. In den ersten beiden Jahren reiste man noch in Zivil und unter falschem Namen167. Drei Oberstleutnants des Reichsheeres, darunter der Stabschef der Inspektion des Erziehungs- und Bildungswesens (In 1, seit 1928 Inspektion der Waffenschulen), Friedrich v. Cochenhausen, und einige jüngere Offiziere besuchten im August und September 1925 die sowjetischen Sommermanöver der vier westlichen Militärbezirke. Ein am 24. August nach den ersten Manövereindrücken in Leningrad nach Berlin abgeschicktes Telegramm vermerkte über die Aufnahme der deutschen Gäste: »Bei Ankunft in Moskau keine offizielle Begrüßung. Auf Ausstellungsplatz [sprich: Manövergelände] dagegen Empfang in aller Form. Größtes Entgegenkommen in jeder Beziehung, rückhaltloser Einblick in alle Einrichtungen und Arbeitsbetriebe gewährt.« Besonders hervorgehoben wurde die große Konzilianz der örtlichen Kommandeure des Leningrader Militärbezirks: »Persönlicher Verkehr überaus höflich [...]. Guten Einblick in hiesige Verhältnisse bereits gewonnen168.« In umgekehrter Richtung reisten im selben Monat elf als Bulgaren getarnte Sowjetoffiziere — als prominentester unter ihnen der damalige stellvertretende Generalstabschef Michail Tuchacevskij — zum Manöverbesuch nach Deutschland. Joachim v. Stülpnagel, damals Chef der T 1, erinnerte sich an ein Abendessen in der Sowjetbotschaft im September 1925: »Wieder einmal waren russische Offiziere zu einer Besichtigung militärischer Einrichtungen in Deutschland. An der Spitze der russischen Abordnung stand der etwa dreißigjährige Führer der russischen Westfront, Tuchatschewski f...]. Die russischen Offiziere sprachen meist fließend deutsch und wußten erstaunlich in der Kriegsgeschichte Bescheid. Ein jeder hatte die Werke von Clausewitz studiert. Mit Tuchatschewski verstand ich mich ausgezeichnet. In vorgerückter Stunde schlug er mir vor, uns in Warschau einmal zu treffen169.« Im folgenden Jahr waren, erheblichen Bedenken des Auswärtigen Amts zum Trotz, acht Reichswehroffiziere zu Gast bei den Manövern der Roten Armee (Tarnbezeichnung: Herbstfeste). Zwei Offiziere der TA (L), Oberstleutnant Wilberg und Rittmeister Jeschonnek (Paul), begaben sich im September 1926 auf eine großangelegte Informationsreise zu verschiedenen Luftwaffeneinrichtungen in Moskau und besuchten dabei das Gasübungsgelände von Podosinki sowie die Fliegerschule in Lipeck170. Auch der Chef der Schubert an Brockdorff vom 28. und dessen Antwort vom 31.7.1925, PA-AA, Büro Sts., O Ru, Rückwirkungen [...], Bd4, Bl. 189, 237f.; Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 36. 168 Telegramm an Berlin vom 24.8.1925, PA-AA, Büro Sts., Osec, Fischertelegramme, Bd2 app 1, Bl. 21. 169 Telegramm vom 22.8.1925, ebd., Bl. 120. Bei den aufgeführten Namen dürfte es sich überwiegend um Decknamen handeln. Eine handschriftliche Aufzeichnung vom Jahre 1937 aus der Abteilung >Fremde Heere Ost< betitelt: Liste nach Deutschland kommandierter Offiziere der Sowjet-Union, BA-MA, RH 2/2418, Bl. 136—139, nennt für 1925 die Namen: Tuchatschewski, Suworow, Knilow, Semjonow, Lunjow, Neimann, Malewski, Kremkow, Golikow, Botner und Sinjawski. Zit. nach: H. Bücheler, Carl-Heinrich v. Stülpnagel. Soldat — Philosoph — Verschwörer, Berlin-Frankfurt a.M. 1989, S. 104. Vgl. Gorlov, Voennoe sotrudnicestvo, S. 8 f. 170 Briefwechsel Brockdorffs mit Schubert vom 18.6. u. 9.7.1926, PA-AA, Büro Sts., Osec, Milit. Angel. 167
2. Die gegenseitigen Truppen- und Manöverbesuche seit 1925
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Veterinärinspektion des Reichsheeres, Generalstabsveterinär Dr. Pätz, reiste im selben Jahr >zu Informationszwecken< in die Sowjetunion. Die gleiche Anzahl von acht Offizieren der Roten Armee besuchte im Gegenzug deutsche Truppenübungen in Döberitz, Sennelager und in Mecklenburg171. Anfangs war das Verhalten auf beiden Seiten noch recht verkrampft. Das Durchschleusen der sowjetischen Offiziere durch Einheiten des Reichsheeres forderte von den deutschen Begleitoffizieren kein geringes Maß an Takt und Fingerspitzengefühl. Die aus der Truppe an die russischen Gäste herangetragenen Fragen waren »mitunter [...] nicht gerade diskret«. In den folgenden Jahren lockerte sich jedoch die Atmosphäre spürbar auf; je mehr sich der Austausch einspielte, um so selbstverständlicher und unverkrampfter wurde auch die persönliche Begegnung der Soldaten172. Durch die weitgehend unterbrochene Arbeit in den Stationen gewannen im Jahre 1927 die Manöverbesuche eine zentrale Rolle für die Aufrechterhaltung der militärischen Beziehungen insgesamt, zumal Stresemann im Maiprotokoll mit Heye (siehe VII. 4.) seinen Widerstand gegen das Uniformtragen während der Reisen aufgegeben hatte. Das Besuchsprogramm des Jahres war entsprechend hochkarätig besetzt. Im Juli reiste eine achtköpfige Delegation aus Offizieren des Waffen- und des Truppenamts nach Moskau. Zwei Generalmajore, Amtschef Max Ludwig und sein Stellvertreter Oskar Buchholz, dazu Oberst Mitteiberger von der T 2 führten die Gruppe an, der Generaloberst Heye nach ihrer Rückkehr im Beisein von Militärattache Lunev ein >Frühstück< gab173. Eine andere, sechsköpfige Gruppe mit den Obersten Hans Halm (Truppenamt) und Hermann Müller (Gruppenkommando 1) sowie den Majoren Herbert Fischer und Hermann Hoth (beide aus dem Truppenamt) fuhr im August und September zu den Manövern der westlichen Militärbezirke. Halm und Fischer reisten vom Sommerübungslager des Moskauer Wehrbezirks in Klementevo (nördlich von Mozajsk) über Kiev weiter in die Südukraine und trafen dort mit den anderen Reichswehroffizieren zusammen, um gemeinsam den Ende September laufenden kombinierten Übungen des Ukrainischen Wehrbezirks und der Schwarzmeerflotte beizuwohnen174. Die großangelegte Land-See-Ubung bildete den Höhepunkt und Abschluß der Manöversaison dieses Jahres. Fast die gesamte militärische Prominenz, darunter Kriegskommissar Vorosilov, Generalstabschef Tuchacevskij und Kavallerieinspekteur Budenny, dazu Politchef Bubnov und die Wehrbezirkskommandeure Uborevic (Nordkaukasus) und Egorov (Weißrußland), war zugegen. Obwohl die örtliche Presse über die Anwesenheit der deutschen Offiziere kein Wort verlauten
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mit Rußl., Bd 2, Bl. 89—94, und A DAP, B, Bd 11,2, Dok. 44. Zu Wilberg und Jeschonnek: Reisebericht Wilbergs vom 29.9.1926, BA-MA, RH 2/2224, Bl. 1 6 1 - 1 7 1 . Vortragsnotizen (gez. Mitteiberger) vom 23.1.1928, BA, NL 5/116, Bl. 92; auch: A DAP, B, Bd VIII, Dok. 69, Anm. 2, sowie ebd., Bd 11,2, Dok. 53, Anm. 1. Spalcke, Begegnungen, S. 507. Geh. Kommandosache vom 28.6.1927, BA-MA, RH 8/911. Blomberg an A A vom 3.8.1927, PA-AA, Geheimakten, Rußl. Po. 13, Militärangelegenheiten, Bd 5; ebenso die beiden Fischertelegramme vom 5. u. 10.8.1927, wie Anm. 168, Bd 2 app 3, Bl. 49, 54. Hans Halm (1879—1957), 1931 als Gen. Lt. verabschiedet, 1935 als Gen. d.Fl. reaktiviert, endgültiger Abschied 1942 als Gen. d.Inf. Hermann Müller (1875—1945), 1942 Abschied als Gen. Lt. Hermann Hoth (1885—1971), 1940 Generaloberst und ab 1942 Kommandeur der 4. Pz. Armee.
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IX. Der Höhepunkt der Jahre 1928-1932
lassen durfte, erregte ihr Erscheinen doch »allergrößtes Aufsehen«. Der deutsche Konsul in Kiev notierte: »Besonders tief war der Eindruck auf die hiesigen Kommunisten, in deren Kreisen der Besuch der deutschen Offiziere mit unverholen tiefer Genugtuung als ein Zeichen der sich immer inniger gestaltenden Beziehungen zu Deutschland begrüßt worden ist175.« Zum Abschluß der Manöver gaben am 29. September Tuchacevskij und der ukrainische Wehrbezirkschef Jakir ein Festessen für die deutschen Gäste. Der deutsche Konsul in Odessa schrieb darüber in einem Bericht für das Auswärtige Amt: »Der Ton der beiderseitigen Reden war kameradschaftlich und herzlich. Seitens der beiden russischen Chefs wurde Deutschland besonders gefeiert. In ihren Reden fielen in bezug auf das deutsche Heer Worte wie >die unbesiegbare Armee dieses Krieges< und >die erste Armee der Weltroten General< schenkte Hindenburg Jakir zur Erinnerung ein Exemplar von Schlieffens Studie über Cannae, in das er ungefähr die folgende Widmung hineinschrieb: >Herrn Jakir zur Erinnerung, einem der talentiertesten Heerführer der Gegenwartweisungsgemäß< beim Chef für die Auslandsverbindungen der Roten Armee, Smagin, indem er die »Nichtentsendung deutscher Offiziere zu russischen Übungen im Sommer 1933« ankündigte20. Damit hatte auch der Offiziersaustausch mit seinen seit 1925 alljährlich gepflegten Manöverbesuchen ein abruptes Ende gefunden. Die beiden noch in Betrieb befindlichen Stationen bekamen jetzt gleichfalls das verschärfte Klima zu spüren. Schon am 26. Juni hatten die Sowjets kurzzeitig den Flugkontakt zwischen Lipeck und Moskau untersagt. Die deutschen Flugschüler durften das Stationsgelände nicht verlassen, Schulleiter Müller sprach von einer »sehr gespannten Lage« und verbot jegliche Kritik an seinen oder den sowjetischen Maßnahmen21. Im Juli traf aus der Fliegerinspektion des Reichswehrministeriums Hauptmann Sptidel zur Führung der Wie Anm. 15. Vollard-Bockelberg erwähnte in seinem Dienstbericht vom 13.6.1933 eine von Tuchacevskij ihm gegenüber im vertrauten Kreis gemachte Äußerung, wonach er Deutschland schnellstmöglich eine Luftflotte von 2000 Bombenflugzeugen wünsche, um aus der augenblicklichen schwierigen politischen Lage herauszukommen. Der Bericht, der am 26.9. d.J. durch Berzin Vorosilov vorgelegt wurde, enthält an dieser Stelle dicke Unterstreichungen von der Hand des Kriegskommissars. Vgl. D'jakov/Busueva, FaSistskij mec, S. 314f. » Schreiben an die In 4 vom 9.6.1933, BA-MA, RH 12—4/54, Bl. 7. 20 Hartmann an A A vom 19. u. 26.9.1933, A DAP, C, Bdl,2, Dok. 439 (Anlage), 460 (Anm. 4). Ein schriftlicher Befehl Hitlers zum Abbruch der militärischen Beziehungen ist nicht zu ermitteln und erscheint auch angesichts der militärischen Kompetenzen des Reichspräsidenten unwahrscheinlich. Rautenbergs Charakterisierung der geschilderten Vorgänge als »Schneeballeffekt« ist voll zuzustimmen. Vgl. H. J. Rautenberg, Deutsche Abrüstungspolitik vom Beginn der Genfer Abrüstungskonferenz bis zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht 1932—1935, Bonn 1973, S. 210. 21 Auszüge aus dem Tagebuch Harro Härders, in: Völker, Dokumente, Nr. 18 (S. 85). 18
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XII. Das Jahr 1933 und das Ende der militärischen Zusammenarbeit
Liquidations- und Ubergabeverhandlungen ein. Am 14. August endete der Flugbetrieb, und acht Tage später verließ die letzte Gruppe deutscher Flugschüler Lipeck. Auch in Kazan' wurde der laufende Sommerlehrgang noch im Juli abgebrochen und die Auflösung der Station bis spätestens zum 15. September angeordnet, nachdem am 11. August eine Direktive Vorosilovs zur sofortigen Auflösung aller deutschen Einrichtungen ergangen war22. Entgegen den Befürchtungen der Zentrale Moskau vollzog sich die Liquidierung der Stationen ohne größere Konflikte. Hammersteins in betont freundschaftlichem Ton gehaltenes Aufkündigungsschreiben für Lipeck und Lothar Schütteis geschickte wie taktvolle Verhandlungsführung in Moskau sorgten für ein Klima, das die Abwicklung der Liquidation im Geiste der früheren Zusammenarbeit ermöglichte. In Lipeck traf Helm Speidel zunächst auf den Widerstand des örtlichen Kommandeurs, konnte jedoch durch eine direkte Intervention bei Luftwaffenchef Alksnis in Moskau seine Wünsche schließlich durchsetzen, was bedeutete: Sicherstellung und Rückführung »allen beweglichen deutschen Eigentums, das einen Entwicklungs- oder Gebrauchswert« hatte23. Im besonderen ging es der Berliner Fliegerinspektion um die so wertvollen Flugzeugprototypen, in denen die Entwicklungs- und Erprobungsarbeit eines halben Jahrzehnts steckte. Die großzügige Bereitstellung sowjetischer Transportkapazitäten zu Lande wie zu Wasser machten die umfangreichen Materialüberführungen innerhalb von vier Wochen möglich. Anlagen und Bodeneinrichtungen im Wert von ca. 1 Mill. Rubel, dazu noch knapp drei Dutzend der ursprünglich 50 F. D.-XIII-Maschinen — die meisten von ihnen besaßen nur noch Schrottwert — gingen in den Besitz der sowjetischen Luftstreitkräfte über24. In Kazan' kümmerte sich Kraftfahrinspektionschef Lutz durch direkte Intervention bei seinem Amtskollegen Chalepskij persönlich um die sichere Rückführung der für die technische Weiterentwicklung in Deutschland so wichtigen Prototypen. Beide würdigten in einer Unterredung am 21. August in Moskau die »bisher reibungslose Liquidierung« und brachten den Wunsch zum Ausdruck, die bisherige Zusammenarbeit »in anderer Form« fortzusetzen. Im Laufe des August wurden die zehn Prototypen und einige Zusatzfahrzeuge auf dem Bahnhof von Kazan' verladen und auf zwei sowjetischen Frachtschiffen von Leningrad nach Stettin gebracht, wo der letzte Transport am 21. September eintraf25. Nicht ganz so problemlos verlief die Auflösung von Tomka. Treppers Nachfolger erreichte in Moskau zunächst eine Verschiebung des Abbautermins auf Mitte August26. Bei der Ankunft in Sichany fand das sechsköpfige deutsche Abwicklungskommando das Lager mit Stacheldraht eingezäunt und durch Armeeposten bewacht vor. Uber die für den Rücktransport in Frage kommenden Einrichtungen kam es mit dem sowjetischen Platzkom22 23 24
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Ebd. S. 89, 91; Esser, Dokumentation, HAK, TG 9.4., S. 54. Speidel, Reichswehr und Rote Armee, S. 42 f. Ebd.; siehe auch die überschlägige Wertberechnung für Lipeck vom 1.4.1932, BA-MA, RH 12—1/109, Bl. 43. ADAP, C, Bd 1,2, Dok. 439, Anm. 14; Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr, S. 274. Gesamtbild der Abwicklung der Station To[mka] 1933 vom 22.8.1933, BA-MA, RH 12—4/55, Bl. 5 3 - 6 4 .
3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936
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mandanten Gubanov und seinem Politleiter fil'mer zu einem kleinlichen Hickhack, da die Sowjets besonders für das wissenschaftliche Gerät der Station Interesse zeigten. Dennoch gelang auch hier die eigentliche Abwicklung »ohne ernstliche Reibungen«. Selbst die Geschütze und das wertvolle optische Gerät konnten verladen und abtransportiert werden. Mit ca. 200 000 RM überstieg das zurückgeführte Material wertmäßig die in Sichany zurückgelassenen Gebäude und Anlagen im Wert von rund 140000 RM, ein Verlust, der russischerseits durch die kostenlose Gestellung von Arbeitskräften und den ebenso kostenfreien Transport bis zur Grenze annähernd vergütet wurde. Auch der persönliche Abschied in Sichany geschah in freundschaftlicher Form und endete mit der Bemerkung Gubanovs, »daß die alte Kameradschaft bestehen bleiben sollte. Politik habe nichts mit den Soldaten zu tun«27. Insgesamt gingen in den drei Stationen Anlagen im Wert von knapp 3 Mill. RM in russischen Besitz über28. Mit dem Abbau der Stationen wurde auch die Zentrale Moskau überflüssig. Dennoch blieb das Gebäude in der ulica Vorovskogo weiter in deutschem Besitz; es diente künftig dem deutschen Militärattache und seinen Mitarbeitern als Residenz. Reichswehrminister Blomberg bedankte sich Mitte September in einem Schreiben an seinen Amtskollegen Vorosilov für das von ihm und seiner Behörde gezeigte Entgegenkommen der letzten Wochen29. »Die Stationen sind mit dem 15.9. aufgelöst. Damit ist die langjährige Periode deutsch-russischer militärischer Zusammenarbeit in ihrer bisherigen Form beendet«, meldete Otto Hartmann am 19. September an das Auswärtige Amt und nannte das Ereignis »einen Wendepunkt, dem entscheidende Bedeutung zukommen kann«30. Hartmann sah für die Zukunft noch keineswegs alle Brücken zwischen beiden Armeen abgebrochen, wenn es gelänge, neue Grundlagen für eine Kooperation zu finden. Eines jedoch war jetzt für die deutschen Militärs nicht länger zu ignorieren: Wenn freundschaftliche Beziehungen zwischen den Armeen, in welcher Form auch immer, eine Zukunft haben sollten, bedurfte es eines gründlichen Uberdenkens der politischen Ursachen für die dramatische Entfremdung zwischen beiden Ländern.
3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936 In seinem Bericht vom 19. September 1933 hatte Hartmann noch geschrieben, das Ende der Übungsstationen sei »nur die folgerichtige äußere Erscheinungsform einer schon seit etwa 11/2 Jahren zu verfolgenden Änderung der beiderseitigen politischen Beziehungen von der sowjetrussischen Seite her«31. Schon eine Woche später sah der deutsche Militärattache die Dinge in einem veränderten Licht. Die Gespräche mit Smagin und anderen Sowjetoffizieren am 23. September während des Abschiedsempfangs der Roten Armee für Lothar Schüttel in der Spiridonovka 27 28 29 30 31
Ebd., Bl. 59 f. Aufz. Tippeiskirchs vom 29.9.1933, A DAP, C, Bd 1,2, Dok. 470, Anm. 2. Ebd., Dok. 439. Ebd., Anhang. Hartmann an A A vom 19.9.1933, ebd., Dok. 439, Anlage.
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XII. Das Jahr 1933 und das Ende der militärischen Zusammenarbeit
hatten bei ihm merklich Eindruck hinterlassen. »Die russische Sorge vor den zukünftigen Wegen unserer Außenpolitik, die sich u. a. auch in den militärpolitischen Beziehungen ausdrückt, ist elementarer Natur. Ihre Gründe liegen nicht im Parteimäßigen, Weltanschaulichen, sondern in der nackten Besorgnis um den territorialen Bestand der Sowjetunion«, schrieb Hartmann am 26. September d.J. nach Berlin. Moskaus Sicherheitsängste erschienen ihm »ehrlich und im Grunde nicht auf Bluffwirkung abgestellt«32. Ende Oktober legte Tuchacevskij beim Abschiedsessen für Botschafter Dirksen das sowjetische Verhalten der letzten Monate noch einmal dar. Die Liquidierung der Stationen sei die politische Konsequenz gewesen, »nachdem man sich in der Sowjetunion davon überzeugt hätte, daß der Kurs der deutschen Regierung eine sowjetfeindliche Richtung nähme« 33 . Tuchacevskijs anschließende Äußerung, wonach im Laufe der militärischen Zusammenarbeit die Rote Armee »sich sehr viel mehr preisgegeben habe als die Reichswehr« (siehe X. 1.), mag wohl einen der Hauptgründe Moskaus andeuten. Die Fortsetzung einer Zusammenarbeit, die notwendigerweise dem Partner tiefe Einblicke in die eigene Wehrstruktur eröffnete, schien der Sowjetführung mit dieser Reichsregierung nicht länger verantwortbar. Dennoch haben Vertreter der Roten Armee im Laufe des September immer wieder mit Nachdruck betont, wie sehr sie an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit beider Armeen interessiert seien. Schließlich hatte der Chef der deutschen Heeresleitung selbst am 1. Juli bei der Verabschiedung der letzten Gruppe sowjetischer Generalstabskursanten in Berlin die Bereitschaft des Reichsheeres unterstrichen, den Kommandoaustausch zwischen beiden Armeen weiter zu pflegen (siehe X. 3.). Das freundschaftliche Klima, unter dem sich die Abwicklung der Stationsauflösungen im Spätsommer vollzogen hatte, sei, wie Smagin und der Stabschef der Luftstreitkräfte Chripin betonten, geeignet, »ein Fundament zu schaffen, auf dem die freundschaftlichen militärischen Beziehungen in einer anderen Form zum Nutzen beider Armeen neu gegründet werden könnten«34. Ein Zeichen setzte in diesem Zusammenhang die Ernennung Vasilij Levicevs zum neuen Militärattache in Berlin. Levicev, im Range eines Korpskommandeurs stehend, hatte als früherer Chef der Hauptverwaltung der Streitkräfte, stellvertretender Generalstabschef und Chefredakteur des >Voennyj Vestnik« bereits eine steile militärische Karriere gemacht. Die Ernennung eines so prominenten und ninghohen Offiziers zum offiziellen Vertreter der Roten Armee mußte in der Reichshauptstadt als ein Signal erscheinen, die erklärte Bereitschaft zum militärpolitischen Neuanfang zwischen beiden Staaten in konkrete Schritte umzusetzen. Noch im Mai hatte Levicev Vorosilov von der überaus herzlichen Aufnahme berichtet, auf die er nahezu überall im Reichsheer gestoßen sei, und geschrieben: »Ich weiß nicht, was sie denken, aber sie reden nur von Freundschaft, über die geopolitischen und historischen Grundlagen dieser Freundschaft und in letzter Zeit schon davon, daß angeblich auch die sozialpolitischen Zielrichtungen beider Staaten letzten Endes immer mehr ein32 33 34
Ebd., Dok. 460. Twardowski an A A vom 6.11.1933, ADAP, C, BdII,l, Dok. 47, Anlage. Wie Anm. 31. Vgl. G. Thomas, Gedanken und Ereignisse, in: SM, (1945) 9, S. 538.
3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936
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ander verwandt würden.« Moskaus Militärattache meinte damit die Idee des nationalen Sozialismus, auf die er bei vielen seiner deutschen Gesprächspartner getroffen war und die in dem vielgehörten Satz ihren Ausdruck fand, daß beide Länder den Weg des Sozialismus beschritten hätten, nur mit dem Unterschied, daß Rußland ihn über den internationalistischen Marxismus gehe, während Deutschland dies über den Nationalismus tue. Noch im Juli versicherte der neue Chef des Ministeramts im Reichswehrministerium, Oberst v. Reichenau, einem sowjetischen Diplomaten in eindringlichen Worten, »daß die Reichswehr ganz wie früher für die Entwicklung und Vertiefung der deutsch-sowjetischen Freundschaft steht«. Dabei verwies er auf den Einfluß Blombergs auf Hitler in außenpolitischen Fragen, der, wie bereits geschehen, auch weiterhin alte nationalsozialistische Vorstellungen zum Verhältnis zur UdSSR überwinden werde35. Doch war es jetzt, im Herbst 1933, an Berlin, ein mindestens ebenso unmißverständliches Zeichen in derselben Richtung zu setzen. Otto Hartmann mahnte diesbezüglich Ende September an die eigene Adresse, »die deutsche Hand hierzu zu bieten«, bedeute die »Erhaltung der militärpolitischen Freundschaft«; jedoch nur unter einer entscheidenden Voraussetzung: der »Ausschließung aller das politische Verhältnis trübenden Nebenerscheinungen«. Hartmann weiter: »[...] die deutsche Seite müßte zu Angebot und Einsatz bereit sein. Die russische Initiative abwarten heißt m. E. nicht etwa nur, die Wiederannäherung aufschieben, sondern bedeutet die Inkaufnahme eines fortschreitenden Verfalls der bisherigen Beziehungen36.« In den folgenden Wochen und Monaten erreichten die politischen Initiativen der sowjetischen Generalität gegenüber den deutschen Vertretern in Moskau ihren Höhepunkt. Vorosilov, Tuchacevskij und Egorov machten mehrfach deutlich, was sie als Grundbedingung für einen Neuanfang im Verhältnis beider Armeen von Berlin erwarteten. Ende Oktober beschwor Tuchacevskij den deutschen Botschaftsrat Fritz v. Twardowski: »Vergessen Sie nicht, es ist die Politik, Ihre Politik, die uns trennt, nicht unsere Gefühle, die Gefühle der Freundschaft der Roten Armee zur Reichswehr37.« Im Januar 1934 äußerte Vorosilov gegenüber dem Botschafter, »zwei Worte des Kanzlers in [der] Öffentlichkeit« würden genügen, um die sowjetfeindlichen Tendenzen von >Mein Kampf< auszuräumen, während Aleksandr Egorov zur gleichen Zeit an die deutsche Adresse appellierte: »Andern Sie Ihre Politik, und alles wird wieder gut werden.« Dabei wiederholte der Generalstabschef die Haltung seiner Regierung: Deutschland sei durch seinen politischen Kurswechsel der »abgeirrte« Teil, demnach falle ihm auch »die erste positive Geste einer Wiederannäherung« zu. Egorov dachte dabei an einen Besuch seines neuen deutschen Amtskollegen Ludwig Beck in Moskau zum Zwecke einer freimütigen Aussprache unter den führenden Soldaten beider Länder38. Anfang 1934 wartete man in Moskau schon ein Vierteljahr lang auf eine Initiative aus Berlin. Levicevs Anfrage bei T-3-Chef Stülpnagel wegen einer Teilnahme an den Berliner 35 36 37 38
D'jakov/BuSueva, Falistskij mec, S.290f., 325—327. ADAP, C, Bd 1,2, Dok. 460. Ebd., Bd n,l, Dok. 47, Anlage. Nadolny an A A vom 11. u. 13. sowie Hartmann vom 17.1.1934, ebd., Dok. 176, 181, 191.
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XII. Das Jahr 1933 und das Ende der militärischen Zusammenarbeit
Generalstabskursen nach dem Muster seiner Vorgänger verlief Ende 1933 im Sande39. Im September hatte Stülpnagel aus dem Entwurf von Blombergs Dankbrief an Vorosilov jene Passage gestrichen, in der der Hoffnung auf eine Fortsetzung der Zusammenarbeit Ausdruck gegeben worden war40. Deutschlands Austritt aus dem Völkerbund im Oktober und die fast gleichzeitige Beilegung des gegenseitigen >Pressekriegs< um den Leipziger Reichstagsbrandprozeß durch eine Initiative Görings mögen in Moskau kurzfristige Hoffnungen auf eine Wiederannäherung geweckt haben41. In der Tat gehörte zu den Instruktionen, die Dirksens Nachfolger Rudolf Nadolny im November 1933 vom Auswärtigen Amt erhalten hatte, auch »die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Reichswehr und Roter Armee zu pflegen«42. Berlin zu einer Initiative gegenüber Moskau zu bewegen gelang trotz aller Bemühungen auch Nadolny nicht. Allein ein Abwarten in »kühler Reserve« käme für die Reichsregierung gegenüber dem Sowjetstaat in Frage, antwortete Außenminister Neurath Mitte Januar 1934 auf die eindringliche Denkschrift des Botschafters vom 9. d. M. Eine Verbesserung des Verhältnisses könne nur von der sowjetischen Führung ausgehen, Initiativen deutscherseits wären zum Scheitern verurteilt und seien zu unterlassen43. So wartete Moskau vergeblich auf die erhoffte Initiative aus Berlin. Schon am 10. Januar 1934 mußte Nadolny gegenüber Vorosilov seine Karten offenlegen. Wiederum erinnerte der Kriegskommissar »mit großer Genugtuung an [die] Zusammenarbeit mit [der] Reichswehr« und sprach die Hoffnung aus, »daß auch in dieser Beziehung altes gutes Verhältnis wiederhergestellt werde«. Der Botschafter bestätigte, denselben Wunsch bei Reichswehr minister Blomberg angetroffen zu haben, und ließ den Satz fallen, daß, »nachdem uns von [der] Roten Armee sozusagen [der] Stuhl vor die Tür gesetzt sei, wir Reserve beobachten und abwarten, bis [die] Rote Armee [die] Initiative zur Wiederaufnahme [der] Beziehungen ergreift«. Die Reaktion seines Gesprächspartners darauf charakterisierte Nadolny mit dem knappen Satz: »Dies machte Woroschilow sehr nachdenklich, und er antwortete nichts44.« Eine Woche darauf gab Militärattache Hartmann seine Stellungnahme zu der von Egorov vorgeschlagenen Reise Generalleutnant Becks nach Moskau ab und schloß mit der Empfehlung: »Eine Reise des neuen Herrn Chefs T[ruppen] A[mt] nach hier, früher geradezu traditioneller Brauch, ist eine so starke militärpolitische Geste, daß ihr auch der entsprechende Untergrund in der allgemeinen politischen Situation nicht fehlen darf, im Gegenteil, er muß vorher vorhanden sein. Das ist zur Zeit nicht der Fall45.« Während die sowjetischen Militärs an den Initiativen ihrer Regierung zur Rettung des deutsch-sowjetischen Verhältnisses aktiven Anteil nahmen, fügten sich ihre deutschen Hartmann an A A vom 28.11.1933, PA-AA, Geheimakten, Rußl. II FM. 16, Militärattache Moskau, Bdl. 40 ADAP, C, Bd 1,2, Dok. 439, Anlage. 41 Vgl. Wollstein, wie Anm. 10, S. 2 5 5 - 2 5 9 . 42 Hilger, Wir und der Kreml, S. 251; vgl. R. Nadolny, Mein Beitrag. Erinnerungen eines Botschafters des Deutschen Reiches, Köln 1985, S. 261. 43 Weisung Neuraths vom 17.1.1934, ADAP, C, BdII,l, Dok. 190. 44 Ebd., Dok. 176. « Ebd., Dok. 191. 39
3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936
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Kollegen eher in Passivität den Vorgaben der Politik. Am 26. Januar 1934 folgte der Abschluß des deutsch-polnischen Neutralitätspaktes. Deutschlands revisionistische Frontstellung gegen Polen schien endgültig aufgegeben. Radeks Behauptung vom Mai des Vorjahres, daß Berlin die Rapallolinie unwiederbringlich verlassen habe, fand sich glänzend bestätigt. So war der Januar 1934 der Zeitpunkt, von dem an alle Hoffnungen auf eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit beider Armeen, gleichgültig in welcher Form, jede realistische Basis verloren. Hinzu kam, daß inzwischen im Reichsheer die personellen Grundlagen dafür schon weitgehend verfallen, d. h. die Träger der Zusammenarbeit des vergangenen Jahrzehnts Zug um Zug aus dem aktiven Dienst ausgeschieden waren. In der Heeresleitung und im Truppenamt waren Kurt v. Hammerstein und Wilhelm Adam durch Werner v. Fritsch und Ludwig Beck ersetzt worden, die beide in Moskau unbekannt waren. Ernst Köstring hatte im Frühjahr 1933 seinen (vorübergehenden) Abschied genommen, Oskar v. Niedermayer bereits im Herbst 1931 die militärische Arbeit zugunsten einer Berliner Professur aufgegeben. Die Amts- bzw. Inspektionschefs Vollard-Bockelberg, Stülpnagel und Mitteiberger waren bis Jahresende 1933 ebenfalls ausgeschieden, Mitteibergers Stabschef Felmy zur Truppe versetzt worden. Andere langjährige Stützen der Zusammenarbeit wie die Generale Hasse und Halm hatten schon vorher, 1932 bzw. 1931, das Reichsheer verlassen. Die mit den Rußlandbeziehungen über Jahre im Detail vertrauten T-3-Chefs Erich Kühlenthal und Herbert Fischer waren im Frühjahr 1933 als Militärattaches nach Paris bzw. Rom gewechselt. Hans v. Seeckt schließlich hatte sich — politisch einflußlos geworden — als Militärberater nach China zurückgezogen. Hinzu kam, daß gerade die die frühere Zusammenarbeit mit Moskau besonders bestimmenden Bereiche wie die Heeresmotorisierung und die Luftrüstung zu ausgesprochenen Domänen des neuen Regimes geworden waren. Görings Staatssekretär im neugeschaffenen Reichsluftfahrtministerium, Erhard Milch, hatte schon im August 1933 eine Verschärfung der Bestimmungen für den Zugang von Ausländern zu allen mit Rüstungsaufträgen beschäftigten Betrieben der Luftfahrtindustrie verfügt. Jeder Besuch, jede Auskunftserteilung oder Veröffentlichung bedurfte von nun an der Genehmigung durch die neue Behörde, eine Abschottung, die besonders den lange Zeit so gepflegten technischen Erfahrungsaustausch mit den Sowjets treffen mußte46. Von den im aktiven Dienst verbliebenen einstigen Trägern der Zusammenarbeit wäre Werner v. Blomberg mit Abstand der Berufenste gewesen, bei Hitler für die Pflege des deutschsowjetischen Verhältnisses einzutreten. Statt dessen begann auch er, die früheren Beziehungen zur Roten Armee abzuwerten und in ihrer militärischen Bedeutung herunterzuspielen, und verfiel, wider besseres Wissen, jener Legendenbildung des nationalsozialistischen Regimes, die, die Rüstungsmaßnahmen vor 1933 negierend, die Rückgewinnung militärischer Stärke als eine ausschließlich eigene Leistung erscheinen lassen wollte47. Fast gleichzeitig mit der Demission Botschafter Nadolnys in Moskau resignierte Anfang Juni 1934 in Berlin Militärattache Levicev und verabschiedete sich vom Chef der Heeres46 47
Weisung des Reichsministers der Luftfahrt vom 14.8.1933 (gez. Milch), in: Völker, Dokumente, Nr. 72. Meyer v. Achenbach, Die Ostpolitik des Dritten Reiches, S. 93.
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XII. Das Jahr 1933 und das Ende der militärischen Zusammenarbeit
leitung v. Fritsch, der ihm als besondere Abschiedsgeste die Teilnahme an einer Nachschubübung der 2. Division (Stettin) genehmigte. »Levicev hat sich bei seinem Kriegskommissariat zweifellos stark für die Wiederherstellung der alten Beziehungen zwischen Roter Armee und dem Reichsheer eingesetzt«, hieß es in einer Aufzeichnung aus der Heeresleitung anläßlich seiner Verabschiedung48. Sein Gehilfe Lev Snitman übernahm kommissarisch die Vertretung. Im Oktober des Jahres verließ auch Leo Chincuk nach vier Jahren seinen Berliner Botschafterposten. Im Sommer 1934 war das Verhältnis zwischen beiden Armeen nahezu auf das Niveau normaler Attachekontakte herabgesunken; auch die Sprachurlaube deutscher Offiziere in der Sowjetunion hatten inzwischen ihr Ende gefunden. Parallel dazu hat das Reichsheer begonnen, eine Neubewertung seiner Außenbeziehungen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang erstellte bereits im Februar 1934 das neugeschaffene Wehrmachtsamt eine Staatenliste, in der, nach vier Klassen geordnet, der Grad der Beziehungen zu ausländischen Armeen angegeben war. An der Spitze der »befreundeten« Armeen (Gruppe A), deren Militärdelegationen »alles« gezeigt werden durfte, stand jetzt Ungarn, während die Sowjetunion nunmehr noch hinter England in der vorletzten Gruppe C (»Staaten, bei denen von Fall zu Fall entschieden wird«) rangierte49. Auch die Rote Armee hatte sich inzwischen umorientiert. »Militärisch sind die früheren intimen Beziehungen zu uns abgebrochen und durch eine intime Zusammenarbeit mit Frankreichs militärischen Stellen ersetzt«, charakterisierte Rudolf Nadolny Ende Mai 1934 die Situation50. In der Tat hatte Moskau seit dem Besuch des französischen Luftfahrtministers Pierre Cot und seines Luftwaffeninspekteurs General Bares im September 1933 eine militärische Annäherung an Paris eingeleitet, in die 1935 auch die Tschechoslowakei einbezogen wurde51. Dessenungeachtet wirkten prodeutsche Stimmungen im höheren Offizierskorps der Roten Armee weiter fort. Im September 1934 traf Hans Krebs während eines Besuchs der Leningrader Dzerzynskij-Akademie bei den gastgebenden Offizieren auf vollstes Verständnis für den deutschen Völkerbundsaustritt vom Vorjahr und notierte: »Die scharfe antideutsche Haltung der hiesigen Presse scheint auf die Einstellung des sowjetrussischen Offizierskorps bisher ohne Einfluß geblieben zu sein52.« Im November d.J. bestätigte eine Reihe hoher Offiziere dem deutschen Militärattache — Hartmann nannte neben Egorov namentlich Ejdeman, Gorbacev, Efimov und ganz besonders Urickij — den »starken Nachhall« der früheren Beziehungen zur Reichswehr. Hartmann wörtlich: »Alle erinnern sich mit herzlicher Dankbarkeit ihrer Lehrer. Alle schätzen Deutschland, vor dem es in der Roten Armee kein Geheimnis gibt. Sie glauben an die Zukunft und Dauer guter « Chef HL, 4.6.1934, BA-MA, RH 1/79, Bl. 69. 49 RWM Berlin vom 23.2.1934, PA-AA, Geheimakten, H FM. 11, Militärpolitik, Bd 2. Der letzte Antrag auf einen Sprachurlaub für Oberst Kurt Mierzinsky (1879—1951) wurde von Moskau im August 1935 abgelehnt: PA-AA, Geheimakten, Rußl. Po. 13, No. 8, Militärische Kommandierungen und Studienreisen, Bl. 243 f. 50 Aufz. Nadolnys vom 31.5.1934, AD AP, C, Bd 11,2, Dok. 476, Anlage. 51 DDF, 1932-1939, Ire Série, Bd IV, Nr. 308. 52 Aufz. Krebs' vom 1.10.1934, wie Anm. 49 (Geheimakten), Bd3, B1.301.
3. Das Auslaufen des militärischen Sonderverhältnisses bis 1936
297
Beziehungen zu Deutschland, wollen jedoch [...] keine Politik der Abhängigkeit von einzelnen Personen53.« Ahnliche Beobachtungen machte zur gleichen Zeit Nadolnys Nachfolger auf dem Botschafterposten, Werner v.d. Schulenburg, der an Staatssekretär Bülow schrieb: »Es laufen hier allerlei Gerüchte um, z.B., daß die Rote Armee dringend wünsche, bessere Beziehungen zu Deutschland herzustellen, und bereit sei, dafür sogar aktiv einzutreten54.« Dazu paßte auch, daß Moskau im Frühjahr 1934 seinen Militärattacheposten im chinesischen Nanking in der Person fiduard Lepins mit einem Offizier besetzte, der nach eigenem Bekunden gegenüber dem Pekinger Gesandten Trautmann seine Generalstabsausbildung vor 1933 in Berlin erhalten hatte. Das war ausgerechnet zur selben Zeit, als Seeckt ebendort als militärischer Chefberater Tschiang Kai-scheks wirkte55. Daß umgekehrt auch Moskau ein Fortwirken >prorussischer< Stimmungen beim Reichsheer vermutete, deutete im März 1935 Litvinov gegenüber seinem britischen Amtskollegen Anthony Eden an, als er im Hinblick auf Deutschland davon sprach, die Reichswehr würde lieber mit Moskau ins Geschäft kommen (»would rather make a bargain with Moscow«)56. Wie sehr das sowjetische Kriegskommissariat auch in der Folgezeit noch bestrebt war, aus dem sich steigernden Propagandakrieg zwischen Berlin und Moskau wenigstens die beiden Armeen herauszuhalten, demonstrierte im Herbst 1935 der neue Militärattache, Aleksandr Orlov. Anlaß seiner Intervention beim Generalstab des Heeres war die nach sowjetischer Auffassung herabwürdigende Darstellung der Roten Armee im antisowjetischen Tendenzfilm >Friesennotlokal< gebunden seien. Felmy schrieb dazu im Oktober d.J. an den Truppenamtschef: »Daß ein Teil der Fl[ieger]Rüstungsausgaben in R[ußland] durchgeführt werden muß, ist durch rein politischen Zwang bedingt. Dieser Zwang bedeutet eine Erschwerung und Verteuerung für die Aufgaben der In 1. In 1 hat nur das eine Bestreben, die erschwerte Arbeit im Auslande möglichst bald aufzugeben [...]. Sind die Mittel«, so Felmy weiter, »zu rein politischen Zwecken notwendig, so ist es Sache der politisch richtungsgebenden Stellen, die für ihre Zwecke erforderlichen Mittel anderweitig aufzubringen, nicht aber damit den Rüstungshaushalt zu belasten 9 .« Die neben Dirksen auch von Köstring vertretene Idee, die in die russische Versuchsarbeit investierten Millionen vorrangig als eine politische Anzahlung zu sehen und die »an sich rein militärischen Einrichtungen im Interesse der Aufrechterhaltung auch politisch enger Verbindungen nützlich zu gebrauchen«, fand Anfang 1933 bei der militärischen Führung in Berlin keinen Widerhall 10 . »Bei schärfster Ablehnung des russischen Regierungssystems«, so der General in der Rückschau weiter, »konnten damals doch durch die viele persönliche Kontakte erheischende Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet politisch die Fundamente vorbereitet werden, die auf lange Sicht einen Zusammenstoß unwahrscheinlich machten 11 .« Köstrings damalige Hoffnungen auf die stabilisierende Wirkung des Militärischen zu einer Zeit, »da durch Hitler das Abenteuer in die deutsche Politik gekommen war«, hätten in den zahlreichen persönlichen Erfahrungen eines guten Jahrzehnts intensiver Zusammenarbeit einen Ansatz finden müssen. Bei der Mehrheit der deutschen Offiziere erzeugten jedoch die aus dem Sowjetstaat mit nach Hause genommenen Eindrücke keine innere Barriere gegen die neuen politischen Verhältnisse unter dem Nationalsozialismus im eigenen Land. Eher ist das Gegenteil anzunehmen. Sie begründeten zudem auf längere Sicht trotz manch anerkennender Urteile auch keine dauerhafte Einstellung der Freundschaft zu Rußland bzw. zum Sowjetstaat. Sicher hat Hitler bei seinem überraschenden 8 9 10
11
General Ernst Köstring, S. 47; Speidel, MS P-043, S. 54. Felmy an TA und Wehramt vom 28.10.1932, in: Völker, Dokumente, Nr. 17. General Ernst Köstring, S. 69; ebenso Dirksen an Meyer vom 6 . 1 . 1 9 3 3 , A D AP, B, Bd XXI, Dok. 246, Anlage. General Ernst Köstring, S. 70.
Zusammenfassung und Schluß
305
Arrangement mit Moskau im August 1939 besonders in den Reihen der Wehrmacht viel Zustimmung erfahren. Dennoch traf er zwei Jahre später innerhalb seiner Generalität zwar auf mancherlei Bedenken, jedoch auf keinen Widerstand gegen seine Pläne zum Weltanschauungskrieg gegen die Sowjetunion. Einzig Kurt v. Hammerstein hat schon 1937 Moskau signalisiert, er werde im Falle eines Krieges für ein Kommando gegen den militärischen Partner von einst nicht zur Verfügung stehen12. Blomberg sah noch 1943 Hitlers Ostfeldzug als eine unvermeidliche Entscheidung, zu der Deutschland und die Sowjetunion quasi schicksalhaft aufgerufen worden seien13. Andere zur selben Zeit an der russischen Front in hohen Befehlshaberpositionen, wie Manstein oder Hoth, widerstanden nicht der Versuchung zur politischweltanschaulichen Befehlsgebung nach dem Vorbild Walter v. Reichenaus. Und selbst ein so prononcierter Repräsentant der militärischen Zusammenarbeit mit Moskau wie Hans Halm hat im Oktober 1941 als Wehrkreisbefehlshaber bei der Vereidigung des ersten französischen Freiwilligenkontingents für die Ostfront ganz in der weltanschaulichen Terminologie des Regimes vom Kampf Deutschlands und aller, die die Gefahr aus dem Osten erkannt hätten, für die Zivilisation und ein neues Europa gesprochen 14 . General der Flieger Erich Quade diente wie Kurt Dittmar dem Regime als militärpolitischer Rundfunkkommentator. Lothar Schüttel tat dasselbe als Militärpublizist und Wilhelm Schubert ab 1941 als Chef von Görings Wirtschaftsstab Ost. Der überzeugte Nationalsozialist Hans Krebs war Hitlers letzter Generalstabschef des Heeres. Auch Oskar v. Niedermayer und Ernst Köstring trugen, aus welchen inneren Beweggründen auch immer, Hitlers Ostkrieg mit, wobei vor allem der militärische Grandseigneur Köstring, wohl wissend, schon längst auf verlorenem Posten zu stehen, sich zunehmend auf die unpolitische Haltung des Nur-Soldaten zurückzog 15 . Die Haltung Blombergs erscheint symptomatisch für viele. Anfangs fehlte die Courage, später dann der Einfluß, um Hitler von seinem ideologischen Vexierbild der Sowjetunion und ihrer Streitkräfte abzubringen. »Ich selbst«, schrieb der ehemalige Reichskriegsminister 1943, »habe immer eine hohe Einschätzung Rußlands vertreten, ohne damit Eindruck zu machen.« Die aus Unkenntnis geborene, große Unterschätzung Rußlands durch den Nationalsozialismus habe sich inzwischen, da beide Mächte in einem Ringen auf Leben und Tod stünden, als folgenschwer erwiesen 16 . Daß auch die Rote Armee ihren Nutzen aus der Zusammenarbeit mit der Reichswehr zog, kann als unzweifelhaft gelten. Dies betraf den technischen Sektor wie den personellen. »Der Nutzen für beide Teile war so einleuchtend, daß überhaupt nicht darüber diskutiert wurde, wer denn nun die größeren Vorteile aus der gemeinsamen Arbeit zöge«, beschrieb Karl Spalcke die Einstellung der damals Beteiligten 17 . Die Säuberungen der späten 30er Jahre mit ihren verhängnisvollen Auswirkungen auf das sowjetische Offi12 13 14 15 16 17
Mayenburg, Blaues Blut und Rote Fahnen, S. 193. Blomberg, Lebenserinnerungen, BA-MA, N 52/2, S. 139 u. 155. Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 4, S. 919. Vgl. W. Strik-Strikfeldt, Gegen Hitler und Stalin, Mainz 1970, S. 186, 207. Wie A n m . 13, S. 128. Spalcke, Begegnungen, S. 513.
306
Zusammenfassung und Schluß
zierskorps haben vieles davon zerstört und die Armee, gemessen an der Höhe der Jahre 1935/36, in ihrer Entwicklung um Jahre zurückgeworfen. »Die alten Führer sind physisch und moralisch vernichtet und mit ihnen ihre operativen Ideen«, meldete der deutsche Marineattache im Herbst 1938 aus der Sowjethauptstadt nach Berlin 18 . Dennoch haben unterhalb der Ebene der militärischen Prominenz nicht wenige aus den Reihen der jüngeren Spezialisten im Zweiten Weltkrieg in verantwortlichen Positionen ihre Rolle gespielt. Neben Vasilij Grabin als führendem Artilleriewaffenkonstrukteur galt dies insbesondere für viele, die im Rahmen der militärischen Zusammenarbeit mit dem KamaUnternehmen in engere Berührung gekommen waren, wie der Generaloberst der Panzertruppen Andrej Kravcenko oder die Ingenieurgenerale Ivan Lebedev, Grigorij Pavlovskij und Ivan Tjagunov. Nach der Zerschlagung Polens schien sich im Herbst 1939 wieder ein vorsichtiges Zusammengehen beider Armeen anzubahnen. Deutsche und sowjetische Offiziere arbeiteten in einer gemischten Grenzkommission für die ostpolnische Demarkationslinie. Sowjetische Artillerie-, Luftwaffen- und Marinekommissionen kauften in Deutschland komplette Waffensysteme ein, während Brauchitsch und Keitel anläßlich Molotovs Berlinvisite 1940 mit ihren militärischen Gästen Aleksandr Vasilevskij und Vasilij Zlobin Erinnerungen an die Tage der Zusammenarbeit vor 1933 austauschten19. Der Handel: Waffen und Ausrüstungen gegen strategische Rohstoffe erreichte einen Umfang, der zur Zeit der Weimarer Republik undenkbar gewesen wäre. Doch war der politische Rahmen 1939/40 ein gänzlich anderer als der in den 20er Jahren. Von einer revisionistischen Politik gegen Versailles konnte auf deutscher Seite zu diesem Zeitpunkt keine Rede mehr sein. Hitler hatte den Rubikon überschritten und, im Kriegszustand mit den Westmächten, den Weg der politischen und militärischen Hegemonie über den Kontinent eingeschlagen. Die Situation der 20er Jahre erlaubte weder Berlin noch Moskau eine militärische Machtpolitik gegenüber ihren Nachbarn. »Damals«, erinnerte sich Werner v. Blomberg später, »fanden wir uns in einer gemeinsamen Stellung gegen Polen, in dieser Hinsicht schien mir ein starkes Rußland wünschenswert, von dem ich annahm, daß man einander Freund bleiben konnte. Der Ausgang des Weltkrieges schien uns in ein Boot gesetzt zu haben. Die westliche Welt war unser gemeinsamer Feind 20 .« Obwohl es nie zu einem formellen Militärbündnis gekommen war, haben beide Länder doch ein gutes Jahrzehnt lang versucht, ihre nationale Sicherheit miteinander zu erreichen. Es war Moskau, das in den Jahren der Zusammenarbeit mehrfach den allzu schwachen deutschen Rüstungsstand getadelt und Berlin zu entschlossener Aufrüstung ermuntert hatte (siehe VIII. 1.). Solange es die Weimarer Republik gab, sah man dort die Stoßrichtung des deutschen Revisionismus nahezu ausschließlich gegen Westen (einschließlich Polens) orientiert. Daß dieser sich eines Tages, militärisch wie18
Bericht 2 1 4 / 3 8 vom 5.9.1938, BA-MA, RM 6 / 6 6 , Bl. 2—11.
19
P.A. Zilin, Kak fasistskaja Germanija gotovila napadenie na Sovetskij Sojuz, Moskau 1966, S. 135; ebenso: A . M . Vasilevskij, Delo vsej zizni, Moskau 1975, S. 113 f. Aleksandr Michailovic Vasilevskij (1895—1977), 1942—1949 (mit Unterbrechungen) Generalstabschef und anschließend (bis 1953) Verteidigungsminister der Sowjetunion.
20
Wie Anm. 13, S. 155.
Zusammenfassung und Schluß
307
dererstarkt, auch gegen den Sowjetstaat selbst richten könnte, haben in Moskau vor 1933 nur wenige geahnt. Nach 1945 gab es kein Zurück mehr in die Jahre vor 1933. Durch den Sieg über die Wehrmacht war die Sowjetunion in die Rolle einer militärischen Weltmacht eingetreten. Die Armee und ihr Offizierskorps hatten ein dementsprechendes Selbstbewußtsein entwickelt. »Noch in der Gefangenschaft«, erinnerte sich Karl Spalcke später, »mußte ich erfahren, daß die Periode der Zusammenarbeit anscheinend bei der jüngeren Generation der Sowjetoffiziere schon restlos abgewertet und verurteilt wird. Nach ihrer Meinung war die deutsche Zusammenarbeit mit ihnen einzig und allein darauf angelegt, den Aufbau der Roten Armee zu stören und Zersetzungsarbeit zu leisten21.« Oskar v. Niedermayers augenscheinlicher Versuch, nach Kriegsende an die alten Fäden der 20er Jahre wieder anzuknüpfen, endete für ihn mit einer Spionageanklage und dem Tod in sowjetischer Haft im Jahre 1948. Deutschland war als Machtfaktor ausgeschaltet, der europäische Kontinent hatte ein anderes Gesicht bekommen. Betrachtet man das 20. Jahrhundert vornehmlich als ein Jahrhundert der Ideologien, so gehörte die Zusammenarbeit von Reichswehr und Roter Armee zur realpolitischen, wenn man so will, zur ideologieabgewandten Seite dieses Jahrhunderts. Der massive Einbruch des Ideologischen in die Außenpolitik, wie er mit Hitler begonnen hatte und sich in den Jahren nach 1945 unter der Formierung der Blöcke fortsetzte, markierte unwiederbringlich den Schlußpunkt einer Epoche deutscher, russischer und europäischer Geschichte.
21
Spalcke, Begegnungen, S. 513.
Abkürzungen
Institutionen und Dienstlänge: AA AK AVIACHIM
BA BA-MA
Auswärtiges Amt Armeekorps Obäcestvo druzej aviacionnochimiceskoj promyälennosti, Gesellschaft der Freunde der Luftfahrt- und Chemieindustrie Bundesarchiv Koblenz Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg/Br.
char. Gen.Maj. charakterisierter Gen.Maj., berechtigt zum Führen von Titel und Dienstgradabzeichen, ohne Erhöhung der Bezüge Gefu Gesellschaft zur Förderung gewerblicher Unternehmungen mbH Gela Gesellschaft für landwirtschaftliche Artikel m b H Gen.Maj. Generalmajor Gen. Lt. Generalleutnant Gen. d. Art. General der Artillerie Gen. d. Fl. General der Flieger Gen. d. Inf. General der Infanterie Gen. d. Pz.Trp. General der Panzertruppen Glavkom glavnokomandujuü&j, Oberster Heerführer HAK Historisches Archiv Krupp HGr. Heeresgruppe HL Heeresleitung Hptm. Hauptmann HWA od. WA (Heeres-)Waffenamt IMKK Interalliierte Militärkontrollkommissionen In Inspektion Ingenieurskantoor voor ScheepsI.V.S. IZG KAdm. Kpt.Lt. Kpt. z.S. Komandarm Komkor
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Komdiv Kombrig Lt. Lw MdR Metachim
MGFA ML Narkomindel
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PA-AA
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RAM RKKA
Reichsaußenminister Raboce-Krest'janskaja Krasnaja Armija, Rote Armee der Arbeiter und Bauern Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik
RSFSR
310
Abkürzungen
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Quellen und Literatur
Unveröffentlichte Quellen
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Aktenbände: 132, 136, 138, 688, 725, 726
Nachlässe: Hermann Dietrich (NL 4) Otto Geßler (NL 32) Hermann Pünder (NL 5)
333, 356 55 116
Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg/Br. (BA-MA) Bestandsgruppe: RH 1 RH 2
RH 8 RH 12-1 RH 12-2 RH 12—4 RM6 RM20 Case 553 Case 556 OKM Box 11 Nachlässe: Paul Behncke (N 173) Werner v. Blomberg (N 52) Otto Deßloch(N 292) Hermann Geyer (N221) Wilhelm Groener (N 46) Kurt v. Hammerstein-Equord (N 26) Heinz Hellmich (N448) Ernst Köstring (N 123) Wolfgang Mentzel (N 415) Hilmar v. Mitteiberger (N 40)
Aktenbände: 8, 11, 14, 71, 79 66, 1130, 1443, 2207,2213,2214,2215,2217,2224,2235,2289, 2290, 2291, 2293, 2294, 2296, 2297, 2298, 2299, 2300, 2302, 2303, 2304, 2305, 2417, 2418, 2426, 2450, 2452 898,901,904,911,914,960,961, 3620,3623, 3624,3625, 3664, 3680, 3682, 3683 3, 34, 35, 70, 75, 109 59 38, 46, 54, 55 66, 380 907 PG. 33611 PG. 33617 PG. 34463
312
Quellen und Literatur
Oskar v. Niedermayer (N 122) Friedrich v. Rabenau (N 62) Kurt v.Schleicher (N42) Leo Frhr. Geyr v. Schweppenburg (N 47) Hans v.Seeckt (N247) Wilhelm Speidel (N502) Joachim v. Stülpnagel (N 5) Paul Wülfing v. Ditten (N 166)
Sammlungen, Drucksachen und Manuskripte: LW 106/12: Msg. 2/782: Msg. 109: B II:
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Politisches Archiv des Auswärtigen Amts Bonn (PA-AA) Bestandsgruppe:
Aktenzeichen:
Büro Reichsaußenminister (RAM) Büro Staatssekretär (Sts.) Handakten Direktoren
9, 36 Osec (Bd 1 - 5 ) , O Ru, PolB v. Dirksen Wallroth Rußland Pol. 2, Rußland Po. 13, Rußland Po. 14, Pol. 2 adh. I, II FS. 16, ü FM. 11, Rußland II FM. 16, Rußland Handakten Po. 2, Po. 11 Nr. 3 Handel 11 A 4, Abtl. D, Mission Heller-Morsbach, »Kupferberg Gold« Deutschland 131 adh. 3 Nr. 2, Deutschland 131 secr.
Geheimakten 1920—1936 Politische Länderabteilung IV Wirtschaftsabteilung Länder IV Botschaft Moskau Abteilung IA Deutschland
Nachlässe Brockdorff-Rantzau Stresemann
27, 30, 31, 35, 36, 40 Bd 350
Zentrales Staatsarchiv Potsdam (ZStAP) (heute: Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam) Reichsministerium des Inneren Reichskommissar für die Überwachung der öffentlichen Ordnung Deutsche Botschaft Moskau, Pressearchiv Paßangelegenheiten Nachlaß Herbert v. Dirksen
Nr. 12 (Mikrofilm 26191) Nr. 112, 131 Nr. 481, 482 Nr. 886, 887 Nr. 6, 7, 50, 51
Quellen und Literatur
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Militärarchiv der DDR, Potsdam (heute: Bundesarchiv, Militärisches Zwischenarchiv) Inspektion der Waffenschulen (In 1) Generalstab des Heeres
R 06.10/6 (F 4308) WF 10/22627
Historisches Archiv der Friedrich K r u p p G m b H Essen ( H A K ) Bestandsgruppe: WA (Werksarchiv) WA i n WA IV WAVIIf. WA 48 WA 40 B WA 57 B
Aktenbände: 233 2919 1065 64, 102, 117, 138 382, 392, 394, 402 52/20
FAH (Familienarchiv Hügel) FAHIV Manuskript: TG 9.4:
E 63, E 804, C 206 Obersting. a. D. Willi Esser, Dokumentation über die Entwicklung und Erprobung der ersten Panzerkampfwagen der Reichswehr (hrsg. von der Kraus-Maffei AG, München).
Institut f ü r Zeitgeschichte München (IZG) Signatur: MA-1 (Seeckt-Nachlaß) MA ED ZS (Zeugenschrifttum) 217 NIK (Nuremburg Industry Krupp)
Einheiten: Mikrofilmrollen 18, 19, 20, 24 52, 144, 155, 261, 273, 274 86, 109 (v. Bredow, Adam) (v.d. Bussche-Ippenburg) 9312, 11542, 11777, 11825, 11925, 12376
Militärgeschichtliches Forschungsamt Freiburg/Br. (MGFA) Historical Division,
German General Staff Project"
Vol. XXVI (MS P-031a): Vol. III (MS P-031b):
Wilhelm Speidel, Gedanken über den Deutschen Generalstab (Landsberg/Lech, Jan. 1949). Kurt Brennecke, Die Entwicklung des Deutschen Generalstabes nach 1918 (Dez. 1949).
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329 Anlage 1
Zeittafel 1919 12. Februar 13. Februar 6. März 18.—23. März 1. April 20. Juni 28. Juni 3. Juli Mitte August 1. Oktober November 16. Dezember
Verhaftung Radeks in Berlin. Amtsantritt des Kabinetts Scheidemann, v. Brockdorff-Rantzau Reichsaußenminister. Gesetz über die Bildung der vorläufigen Reichswehr. Militärdebatte auf dem VII. Parteitag der KPR. Die Rote Armee zählt 1,5 Millionen Mann. Das vorläufige Reichsheer zählt rund 800000 Mann. Rücktritt des Kabinetts Scheidemann. Hermann Müller neuer Reichsaußenminister. Unterzeichnung der Versailler Friedensbedingungen. Abschnitt V regelt die militärischen Restriktionen. Auflösung der Obersten Heeresleitung. Beginn von Radeks politischem Salon< in der Moabiter Schutzhaft. Kontakte mit Rathenau, v. Hintze, Enver Pascha u. a. Bildung des Reichswehrministeriums. Reinhardt Chef der Heeresleitung, v. Seeckt Chef des Truppenamts. Eintreffen Kopps als bevollmächtiger Repräsentant der Sowjetregierung in Berlin. Die Räumung des Baltikums von deutschen Truppen ist abgeschlossen.
1920 Januar 17. Februar 22. Februar 26. März
15. April 25. April 5. Juni
Rückkehr Radeks mit Hilfe deutscher Behörden nach Rußland. Industriellenmemorandum an den Reichspräsidenten zur Wiederaufnahme des deutsch-russischen Handelsverkehrs. Die EMKK nimmt in Deutschland ihre Tätigkeit auf. Nach dem Kapp-Putsch Rücktritt von Reichswehrminister Noske, Nachfolger Geßler, v. Seeckt neuer Chef der Heeresleitung (kommissarisch). Sondierungen Kopps im Auswärtigen Amt. Vorschlag eines Zusammenwirkens von Reichswehr und Roter Armee gegen Polen. Beginn des polnisch-sowjetischen Krieges. Offizielle Ernennung v. Seeckts zum Chef der Heeresleitung durch den Reichspräsidenten.
330
Anlage 1
5./6. Juli
Konferenz von Spa. Durchsetzung des 100000-Mann-Heeres durch die Alliierten. 26. Juli Denkschrift v. Seeckts: »Deutschland und Rußland«. Ende Juli Die Rote Armee steht vor Warschau und an den Grenzen Ostpreußens. 7. August Ernennung von Major Schubert zum deutschen Verbindungsoffizier zum Nordflügel der Armeegruppe Tuchacevskij. 20. August Polnischer Sieg über die Rote Armee vor Warschau (>Wunder an der WeichselGroßtraktorsGroßen Koalition^ Erstes Reichskabinett unter sozialdemokratischer Führung seit 1920.
Anlage 1
29. Juni Juli 10. August August 19. August bis 17. September 8. September 29. September 1. Oktober 15. Oktober Oktober 28. Dezember
337
Reichskanzler Hermann Müller genehmigt der Reichswehrführung die Fliegerausbildung von 43 aktiven Offizieren in Lipeck. Beginn der Versuchsgruppentätigkeit zur Erprobung von Waffen und Gerät in Lipeck. Die Reichsregierung beschließt den Bau des Panzerkreuzers A. Das Gasübungsgelände Tomka ist arbeitsbereit. Reise von Truppenamtschef v. Blomberg durch die Sowjetunion. Tod v. Brockdorff-Rantzaus. Verabschiedung des 1. Rüstungsprogramms der Reichswehr durch die Heeresleitung. Raeder wird Chef der Marineleitung. Vertrag des Heereswaffenamts mit Krupp zur Konstruktion und Fertigung zweier Prototypen des >LeichttraktorsUber den Verteidigungszustand der UdSSROstchinesischen EisenbahnChefs BewaffnungGroßen KoalitionLeichttraktoren< in Kazan'. 19. Juli Vertragsabschluß zwischen Rheinmetall und der staatlichen sowjetischen Geschützbau-Vereinigung über technische Hilfe und die Einrichtung eines Konstruktionsbüros in Moskau. 25. Juli Litvinov offiziell zum neuen Außenkommissar ernannt. Vorsichtiger Westschwenk der sowjetischen Außenpolitik eingeleitet. Ende Juli Beginn der regelmäßigen gegenseitigen Waffenvorführungen in Lipeck. Juli/August Gegenbesuch Konteradmiral Brutzers bei der Sowjetmarine. 16. September Inspektionsreise des Chefs der Verkehrstruppen, Generalmajor v. Stülpbis 13. Oktober nagel, in die UdSSR. 1. Oktober Aufstellungsbeginn der >Reklamestaffeln 00«0 S m.1 _ * 5 C V C Su ^ Ji I 60 «J C =
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344
Anlage 5
Übersicht über die Lage der deutschen Rüstungsbetriebe und Übungsstationen (kursiv) im europäischen Rußland (Die Grenzen entsprechen dem Jahr 1938)
345
Anlage 6
Führung der militärischen Aktivitäten in Rußland durch den Tarnapparat von Gefu und Wiko in den Jahren 1926/27
Zentralleitung Wiko Z. Direktor: Stellvertreter: Gehilfe: Sekretär:
Wiko R
Wiko L
v. d. Lieth v. Niedermayer Rath v. Griesheim.
Wiko K
Gefu Moskau
Wiko V Verwaltungs-, Finanz- und Wirtschaftsabteilung
Direktor:
Direktor:
Direktor:
Direktor:
zur Loye
Stahr
Malbrandt
Ohde
Büropersonal: Greife, Fritsche, Brügemann, v. Daukscha außerdem: Angestellte in Iwo
Nach: BA-MA, RH 2/2297, Bl. 312.
Buchhalter: Deringer mit ständigem und wechselndem Personal außerdem: das gesamte Hauspersonal in der Chlebnij
346 Anlage 7
Führungs- u n d Unterstellungsverhältnisse der Übungsstationen auf russischem B o d e n u m das J a h r 1 9 3 0
Reichswehr-Ministerium Chef der Heersleitung Berlin
Wehramt »In 4«
Auswärtiges Amt
Truppenamt
»In 6«
»In 1«
»T 3«
»Zentrale Moskau«
Moskau
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Deutsche Botschaft
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Erläuterungen: •
Reichswehrstützpunkte in Rußland
Gaskampfschule »Tomka«
Kampfwagenschule Kazan'
Flugzentrum Lipeck
direkte Unterstellung »territoriale« Unterstellung Zusammenarbeit
Nach: Speidel, Reichswehr und Rote Armee, in: VfZG, 1 (1953) 1, S. 43.
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Angestellter des inneren Dienstes " tt ]>
Nach: BA-MA, R H 2/2218, Bl. 146—148.
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Bemerkungen
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350
Anlage 10
Zusammensetzung des »Kommandos Amberg« (d. i. Hans Hackmack), das in der Zeit von Oktober bis Dezember 1926 auf dem Gasübungsplatz von Podosinki südöstlich von Moskau aerochemische Versuche unternahm (Vorläufer des späteren Übungsgeländes »Tomka«) 1 1 1 1 1 1 1 1
Versuchsleiter Betriebs-Ing. ehem. Fachspezialist ehem. Mitarbeiter Facharzt, gleichzeitig Biologe Biologe, gleichzeitig Chemiker Meteorologe Flugzeugführer, gleichzeitig wissenschaftl. Auswerter 1 Photograph 1 Werkmeister 2 Flugzeugwarte und Motorenschlosser Nach: BA-MA, RH 2/2304.
Dipl. Ing. u. Flugzeugführer >>
>>
>>
»
Dr. phil. Chemiker Dr. med. Dr. phil. Regierungsrat Dr. phil. cand. phil.
Amberg Marquard Horn Viereck Muntsch Wirth Kölzer Mühlhan Schmidt Methner Jakob Thoms
351
Anlage 11
Gehaltsliste des deutschen Tomka-Personals vom April 1929 Zu Nr. 169/29 geh. Kdos. Wa. Prw. S
Berlin, den 20.4.29.
Antrag auf Gehaltseinstufung des Personals für Tomka 29.
Name Trepper Dr. Laun Voelker Dr. v. Grundherr Dr. v. Sicherer Dr. Wirth Dr. Wein Dr. Hanke Pfitzner Mittmann Trenkmann Keibel Schmidt I Kreckel Wrana Thoms Schnell Goebel Schulze Schmid II Franzke Niehsler Lischke Metz Andersen Sachse Henschel
Verwendung Leiter Arzt Leiter für Luftversuche Leiter für Erdversuche Chemiker f. Stoff Biologe Leiter für Schutz Meteorologe Assist, des Leit. f. Luftvers. u. Flugzf. Wirtsch. u. Rechnungsführ. Flugzeugführ. Photograph Leiter des Autoparks Techn. Angest. f. Laborator. Flugzeugmont. "
»
Laborant für Artillerie Kraftfahrer Heilgehilfe Lagerverwalter Automonteur Gehilfe für Leiter f. Schutz Tierpfleger
In Deutschland Im Ausland R.A.T. T. 3 V 240/28 g.R. GrundGrundGruppe Stufe Gruppe Stufe gehalt gehalt —
—
xin
—
—
—
5
Bemerkung
880 —
Stabsarzt z.b.V. Einstufg. in R.A.T. von Wa. L. in d. Höhe beantragt.
X
4
407
X
5
445
X X X X X
V 6 6 6 V
378 407 407 407 378
X X X X X
3 4 4 4 3
401 424 424 424 401
X
1
338
X
1
357
VI
6 5 5 10
249,50 263,33 263,33 222
vm vm vn vn
5 5 5 3
297 297 297 225
1 Einstufg. in d. 1- Höhe von Wa. 1 L. beantragt.
vn
6
249,50
vn
5
253
6 8 8 8 8 8
249,50 210 210 210 210 210
vn vn vn vn vn vn
Einstufg. im - R.A.T. liegt bereits fest.
5 2 2 2 2 2
253 214 214 214 214 214
_ Einstufg. im R.A.T.
V VI VI VI
6 8 6 5 6
249,50 176,91 197,08 185 197,08
VI VI VI VI
5 3 5 4 5
253 180 199 190 199
VI V
6 1
197,08 138,58
VI VI
5 1
199 160
vn
VII
vm
vn VI VI VI VI VI
vn
Nach: BA-MA, R H 8/3664, Bl. 15 u. 16.
vn
Einstufe, p im - R.A.T. liegt bereits fest.
-
von Wa. L. in - dieser Höhe beantragt. Einstelle, nach - R.A.T. liegt bereits fest.
352
Anlage 12
Stammpersonal und Kursanten der Panzerschule von Kazan' (Kama) in den Jahren 1929 bis 1933
Leitung (Direktoren) 1928-1929 Malbrandt 1930-1931 Ritter v. Radimeier 1932-1933 Harpe
Oberstleutnant a.D. Major (»Raabe«) Major (»Hacher«)
Adjutant 1931-1933 Teege
Oberleutnant
Allgemeine Verwaltung 1929-1930 1931-1933 1929-1931 1929-1931 Allgemeine 1928-1933 1931-1933 1929
Heger Hofmann Bührmann Zech Dienste Lamann Schuller George
Büroleiter Rechnungswesen Sekretärin Sekretärin
1931 1932-1933 1932—1933 1931-1932
Lemmel Fiebig N.N. Prowe
Ökonom Koch Lagerverwalter
1930-1933 Feil 1930-1933 Spiessl
Sekretärin Sekretär Sekretär Dolmetscher
Lagerverwalter Lagerverwalter
Allgemeine Technische Dienste (Versorgungsanlagen, Werkstätten, Bauten, Außenanlagen) 1928—1931 Baumann 1932-1933 Esser 1929-1933 Burkhardt 1928-1933 Schulz
Dipl.-Ing., Leiter Dipl.-Ing., Leiter Ingenieur, Elektrische Anlagen Meister, Werkstattleiter
1928-1933 Mähler
1928-1933 Veit
Meister, Motoren, Motorenprüfstand Meister, Mechanische Werkstatt Techniker
1932-1933 Harpe 1932-1933 Lendle
Major Hauptmann/Major
1932 1932
Hauptmann Oberleutnant
1931-1933 Zwicker
Ausbildung Lehrer in Taktik für deutsche Kursanten 1929 Kühn 1930-1931 Brunn
Hauptmann Hauptmann
Lehrer in Taktik für russische Kursanten 1929 1930 1931
Kühn Brunn Harpe
Hauptmann Hauptmann Major
Conze Volckheim
Anlage 12
353
Lehrer in Schießen und Waffen 1929—1933 Baumgart 1931-1933 Köhn
Hauptmann, Dipl.-Ing. Oberleutnant
1929-1930 Schäfer 1931-1933 Hanfler 1931-1933 Schomaker
Waffenmeister Waffenmeister Waffenmeister
Ingenieur Hauptmann
1931-1933 Römer 1933 Eben
Oberfunkmeister Oberleutnant
1929-1933 Lemke 1933 Mätzig
Fahrmeister Fahrmeister
Lehrer in Funkwesen 1929-1933 Burkhardt 1931 Kraeber
Lehrer in Panzertechnik für deutsche Kursanten 1929 Pirner 1929—1932 Baumann 1933 Baier
Hauptmann Dipl.-Ing. Dipl.-Ing.
Fahrlehrer für russische Kursanten 1931—1932 Mätzig
Fahrmeister
Lehrer in Panzertechnik für russische Ingenieur-Kursanten 1932 Esser Dipl.-Ing., Kon1932
Hoffmann
struktionen u. Berechnungen Kraftfahrtechnische
Versuche
1929 Pirner 1929—1932 Baumann 1932-1933 Esser Personal der
Ingenieur, Konstruktionsübungen
Hauptmann Dipl.-Ing. Dipl.-Ing.
1933 Baier 1929-1933 Lemke 1931-1933 Mätzig
Dipl.-Ing. Fahrmeister Fahrmeister
Dipl.-Ing. Meister
1931-1933 Zwicker 1929-1933 Veit
Drehermeister Techniker
Ingenieur Meister Handwerker " "
Schulte 1932-1933 Barbenheim Fischer Meyer 1932—1933 Hoffmann
Handwerker
Entwicklungsfirmen
Daimler-Benz 1929-1931 Mertz 1929-1933 Mähler Krupp 1929—1933 Walter 1929—1933 Jansen 1929—1933 Gumpen Kellermann Meyworm
" " Ingenieur
Rheinmetall 1929—1933 1929 1930-1933 1929—1933
Engel Ingenieur Kerres Meister Hahne, Franz " Grathes Handwerker Hahne, Joh.
Saarn Smollich Voss 1931-1933 Seger
Handwerker
Dipl.-Ing., Waffen und Türme
354
Anlage 12
Deutsche Kursanten 1929 und 1930
1931 und 1932
1933
Hauptleute Baumgart Kraeber Linnarz
Hauptmann
Hauptmann
von Koppen (1932)
von Koppen
Oberleutnante
Oberleutnante
Oberleutnante
Hennig I Materne Niepmann Reinhard Schanze Teege Wagner
Ebert Gebauer Gerth Görbig (1931) Haarde, jr. Hiller Köhn Koll (1931) Seitz Stephan
Bonatz Hennig II Kretschmar Martin Mildebrath Müller, Claus Nedtwig, jr. Stöckl Thomale
Russisches Stammpersonal 1928—1933 Jeroschenko Brigadegeneral, Verbindungsoffizier 1928—1933 Swerjewa Sekretärin und Dolmetscherin 1928-1933 Shagejeff Stationskommandant Feldscher 1928—1933 Ssmirnoff Dolmetscher 1928-1930 Bernhardi 1928 Mundhenk Dolmetscher 1931 Schwanebach Dolmetscher
1932—1933 Ullrich
Dolmetscher, Oberstleutnant 1932—1933 Ebert Dolmetscher, Major 1932—1933 Schmidt Dolmetscher, Hauptmann 1932—1933 Krawtschenko Oberst, Lehrer für russische Kursanten in Taktik 1932-1933 Pawlowski Oberst, Verbindungsoffizier für Taktik 1928—1933 Skulkin Bauführer
Russische Offizier-Kursanten (ungefähre Zahlen) 1929 1930 1931 1932
10 30 40 100 (zugleich für eine größere Übung)
Russische Ingenieur-Kursanten 1932
9
Russische Fach- und Hilfskräfte 1929—1933 50—60 für Pflege der Wohnungen, Kasino, Küche, Werkstätten, Ersatzteil- und Materiallager, Wäscherei, Fahrbereitschaft, Bauunterhaltung, Außenanlagen, Wache
Nach: Oberst a.D. Dipl.-Ing. Willi Esser, Dokumentation über die Entwicklung und Erprobung der ersten Panzerkampfwagen der Reichswehr, hrsg. von der Krauss-Maffei AG, München o.J., S. 58—61.
355
Anlage 13
Personenliste der in den Jahren des Offiziersaustauschs zwischen 1925 und 1933 in Deutschland gewesenen Sowjetoffiziere (einschließlich technischer Kommissionen)* Jahr: 1925
Name: Tuchacevskij, M.N. Botner Golikov, A.G. Knilov Kremkov Malevskij, A.D. Nejman, K.A. Petrenko-Lunév, S.V. Seménev, N.A. Sinjavskij, N.M. Suvorov Muklevic, R.A.
1926** Unllicht, LS.
Jurovskij, Ja.M. Krutov Filman, Ja.M. Chalepskij, I.A. Muklevic, R.A. Oras, P.Ju. Uborevii, LP. Vakulic, P.I. Ciffer, R.S. Krasil'nikov, S.N.
Dienststellung: Stellvertretender Generalstabschef ?
Besuchszweck: Truppenübungen
Kommandeur der 7. Kavalleriedivision p Stabschef eines Schützenkorps Militäringenieurkorps Kommandeur der 5. Schützendivision Militärattache Stabschef eines Schützenkorps Inspekteur des Nachrichtenwesens ? Gehilfe des Chefs Luftstreitkräfte
Technische Besprechungen
Stellvertretender Kriegskommissar
Besprechungen im Reichswehrministerium
Oberster Volkswirtschaftsrat Gehilfe des Chefs der Hauptverwaltung der Roten Armee Chef Militärchemische Verwaltung Chef Militärtechnische Verwaltung Gehilfe des Chefs Luftstreitkräfte Seetechnische Kommission Befehlshaber des Militärbezirks Nordkaukasus Stellvertretender Chef der Operationsabteilung im Generalstab Gehilfe eines Abteilungsleiters im Genendstab Lehrer an der Frunze-Akademie
Übungsreisen
Führergehilfenlehrgang
Sveénikov, M.S. Appoga, E.F.
Dozent an der Frunze-Akademie
Ejdeman, R.P. Uboreviü, I.P.
Kommandeur der Frunze-Akademie Kommandeur des Militärbezirks Nordkaukasus Stabschef eines Kavalleriekorps Kommandeur des XIV. Schützenkorps
Bator skij, M.A. Dubovoj, I.N.
Führergehilfenlehrgang
Manöverbesuch
356
1928
Anlage 13 Fedko, I.F. Golubev, K.D. Kujbylev, N.V. Neèaev, Triandafillov, V.K. ¿igur, Ja. M. Fel'dman, B.M. Zuev, F.A. Unllicht, LS.
Stabschef des Militärbezirks Nordkaukasus Kommandeur eines Schützenregiments Chef der Kommandoverwaltung Kommandeur eines Artillerieregiments Chef der Operationsabteilung im Generalstab Dozent an der Frunze-Akademie Stabschef eines Militärbezirks Übungsreise Gehilfe eines Abteilungsleiters im Generalstab Stellvertretender Kriegskommissar Militärpolitische Besprechungen
Barskij, B.E.
Gehilfe des Chefs der Operationsabteilung im Truppenbesuche/ Generalstab Übungsreisen Chef der Transportabteilung des Generalstabs Militärdozent
Bobrov, B.I. Favickij, V.V. Kirpiinikov, A.V. Kork, A.I. Kremkov Sergeev, E.N. Serpokrylov, M.S. Todorskij, A.I. Trifonov, A.P. Alksnis, Ja.I. Ingaunis, F.A.
1929
Militärattache Stabschef eines Schützenkorps Stabschef des Militärbezirks Weißrußland Stabschef des XI. Schützenkorps Kommandeur des XHI. Schützenkorps Stabschef eines Schützenkorps Stellvertr. Chef Luftstreitkräfte Kommandeur der Luftstreitkräfte des Militärbezirks Ukraine
Kozevnikov, A.T. Meieraup, P.Ch. Pavlov, I.U. Pugaiev, S.A. Smolarov Prof. Ivanov Horst ?
Militäringenieur
Jakir, I.E.
Befehlshaber des Militärbezirks Ukraine
Lacis, Ja. Ja. Longva, R. V. Stepanov, V.A. Zonberg, Z.F. Dannenberg, E.E.
Kommandeur des V. Schützenkorps Kommandeur der 43. Schützendivision Operationsabteilung des Generalstabs Kommandeur des VI. Schützenkorps Kommandeur der 24. Schützendivision
Fedotov, A.V.
Kommandeur schule Kommandeur Kommandeur Kommandeur
Kalmykov, M.V. Zjuz'-Jakovenko, Ja. I. Vencov (Krane), S.I. Katkov, Egorov, A.I. Rochinson, V.M.
Weißrußland " Leningrad " Moskau Stabschef des Militärbezirks Ukraine Sanitätsdienst
Informationsreise Internationale Luftfahrtausstellung Berlin (ILA)
?
Sanitätsinspektion
Führergehilfenlehrgang
Wehrkreisübungs-
der 1. Leningrader Artilleriedes I. Schützenkorps des HI. Schützenkorps eines Schützenregiments
Befehlshaber des Militärbezirks Weißrußland Stabschef Chemische Truppen
informationsreise
357
Anlage 13 Karcev Blinov RalP, Ju.F. Bykov, P.D. Leer, A.F. Volkov, Ja. V. Smirnov, P.I.
1930
Admin, E.Ja. Drejer, M.N. Lepin, E.D. Beljanov Germanovii, M.Ja. Kapulovskij, I.D. Kartaev Kit-Vijtenko, I.P. Kokadeev, A.N. Kotov (fijtingon, N. Ja.) Mager, M.P. Michailovskij, G.D. Velikanov, M.D. Potapov, G.Ch. Liberman, G.B. Pavlovskij, G.V. Cernobrovkin, S.A. Dubov Malalickij Filipovii Orlov, V.M. Berg, A.I. Leonov Oras, P.Ju. Smirnov, P.I.
1931
Belov, LP. Dybenko, P.E. Egorov, A.I.
Militärchemische Verwaltung »I
Kommandeur der Frunze-Marineschule Stabschef Ralls Kommandant der >Aurora< Politstellvertreter Ralls Kommandant der Torpedoflottille der Baltischen Flotte
Flottenbesuch
Chef des Versorgungswesens der Moskauer Proletarischen Division Kommandeur einer Kavallerieschule Kommandeur des XIII. Schützenkorps Kommandeur eines Artillerieregiments
Nachschublehrgang im Truppenamt
Wehrkreisübungsreisen/Truppenbesuche
Stellvertretender Wehrbezirksbefehlshaber Mittelasien Mitarbeiter des Generalstabs Dozent an der Frunze-Akademie Lehrer an der Militärtechnischen Akademie NKVD-Beauftragter Verwaltung für Motorisierung und Mechanisierung Kommandeur der Moskauer Proletarischen Division Stellvertretender Wehrbezirksbefiehlshaber Sibirien Technische Besprechungen
Militäringenieurkorps Motorisierungsexperte Ii
Kommandeur einer Fliegerbrigade
Heereswaffenamt und Industrie
Ingenieur Militärmediziner Befehlshaber der Schwarzmeerflotte
Sanitätsinspektion Gast der Marineleitung
Sektionschef beim Wissenschaftlich-technischen Komitee der Sowjetmarine Chef der Artilleriesektion im Wissenschaftlich-technischen Komitee Adjutant Bergs Kommandeur der Torpedoflottille der Baltischen Flotte Wehrbezirksbefehlshaber Nordkaukasus "
Mittelasien Weißrußland
Führergehilfenlehrgang
Anlage 13 Kucinskij, D.A. Belickij, S.M.
Stabschef des Wehrbezirks Ukraine Stabschef des Wehrbezirks Nordkaukasus
Dobrovol'skij, V.P. Mereckov, K.A. Nemirov Obysov, S.P.
Kommandeur des XIX. Schützenkorps Stabschef des Wehrbezirks Moskau Aus dem Stab Voroäilovs Stellvertretender Chef der Organisationsabteilung im Generalstab Militärattache Gehilfe des Chefs Ausbildung Stabschef des Wehrbezirks Weißrußland NKVD-Beauftragter Chef Ausbildungswesen
Putna, V.K. Tkaiev, I.F. Vencov (Krane), S.I. Stern Gorbaiev, B.S. Timoäienko, S.K. Ulinskij, B.N. Maksimov, I.F. Demjanovskij, V.V. Fedorov, G. Martjagin, A. 2ukov, L.I. Alksnis, Ja. Ja. Mezeninov, S.A. Appoga, E.F.
Kommandeur des III. Kavalleriekorps Lehrer an den höheren Offizierskursen >Vystrel< Chef der militärtopographischen Abteilung des Generalstabs Militärtopograph Militärgeodät »»
Militärverkehrsingenieur
Sinjavskij, N.M. ¿eleznjakov, Ja.M.
Chef Militärische Verwaltung Chef der Artillerieabteilung beim Chef Bewaffnung Chef Motorisierung Chef der Artillerieinspektion Motorisierungsverwaltung
Chlopov Aleksandrov Davidovii Kokadeev, A.N. Orlov, A . A . Sakri'er, I.F. Strusel'ba, M. Simonov, M.E.
>1
Wehrkreisübungsreise >>
Zweimonatskursus Militärtopographie >>
»» >>
Militärkartograph Chef Luftstreitkräfte Stabschef der Luftstreitkräfte Chef der Transportabteilung im Generalstab
Enokjan Lemberg, L. Nikitin Pavlov Efimov, N.A.
Chalepskij, I.A. Rogovskij, N.M. Ratner,
»
Zweimonatskursus als Ia
"
Luftschutzreise »»
Sechswochenkurs Militäreisenbahnwesen »>
»»
Stellvertretender Chef Bewaffnung
»»
Verwaltung der Militärschmieden
»
Zweimonatskurs im Heereswaffenamt
Heereswaffenamt >>
Kraftfahrlehrkommando Moabit >>
Heereslehrschmieden "
Gehilfe des Inspekteurs des Nachrichtenwesens Gehilfe des Inspekteurs der Artillerie Artillerietechnologe Metallurgiedozent Chef des Stabes beim Chef Bewaffnung
Artillerie- und Nachrichtenwesen
Industrielle Fragen
Anlage 13
359
Drozdov, V.N. Chailov
Berater Simonovs, Artillerieexperte Mitarbeiter der Rüstungsverwaltung
Rautenstejn
Militärmediziner
Zjuz-Jakovenko, Ja.I. Tuchacevskij, M . N .
Führergehilfenkurs Militärattache Herbstmanöver Stellvertretender Kriegskommissar und Chef Bewaffnung Kommandeur der 32. Schützendivision >> Chef Hauptverwaltung >> Kommandeur des VI. Schützenkorps >> Stellvertretender Chef des Wehrbezirks Leningrad >> Mitarbeiter im Stabe des Chefs Bewaffnung Artilleriechef im Stabe der selbständigen Kaukasusarmee Tiflis >> Kommandeur der Moskauer Artillerieschule Chef der Abteilung für Kampfbereitschaft im Generalstab >t Kommandeur der 6. Kavalleriedivision " Gehilfe Sedjakins Chef der Transportabteilung des Generalstabs Dreimonatiger Eisenbahnkursus Stellvertretender Chef der Mobilmachungsabteilung des Generalstabs Transportoffizier
Chorosilov, I.Ja. Fel'dman, B.M. Fesenko, D.S. Garkavyj, I.I. Gasukin, I.S. Klejn-Burzin, V.A. Pjatkevic Sedjakin, A.I. Vajner, L.Ja. Trifonov, A.P. Appoga, E.F. Berner Fedorov Grunde Koltunov Lemberg, L. Pavlov Petrenko-Lunev, S.V.
Bajkov, A.D. Eliseev, M.P. Kajukov, M.M. Rudnev, A.M. Zaborovskij Sokolov, A.A. Cernobrovkin, S.A. Medvedev, M.E. Rogov, A. Mezeninov, S.A. Babkin (Berggol'c), A T i. Putilov, A.
Industrielle Fragen Technische Gasfragen 3 Wochen Sanitätsinspektion
"
Stellvertreter Appogas Technischer Leiter beim Chef der Transportabteilung des Generalstabs Transportoffizier Inspekteur beim Chef Bewaffnung
Rüstungsindustriekurs mit Gen. a.D. Ludwig
Marineoffizier aus der Armee-MarineInspektion Artillerieexperte >>
" )>
ii Stellvertreter Petrenko-Lunevs " Artillerieexperte Kommandeur der Luftstreitkräfte des Militär- Luftschutzübung bezirks Moskau Chef der Luftschutzabteilung im Generalstab ii Kommandeur einer Fliegerbrigade Stabschef der Luftstreitkräfte Flugeinrichtungen/ Luftfahrtindustrie II Fliegerkommandeur Technischer Sachverständiger
II
360
Anlage 13 Efimov, N.A.
Stellvertreter des Chefs Bewaffnung
Mitarbeiter der Motorisierungsverwaltung Chef der Motorisierungsverwaltung Chef des technischen Stabes beim Chef Bewaffnung Sinjavskij, N.M. Chef des Nachrichtenwesens Nejman (Naumov), V. Vertreter der staatlichen Geschützbauvereinigung Bekauri, V.l. Leiter des Ostechbjuro Leningrad Lebedev, I.A. Fakultätschef an der Militärtechnischen Akademie Tjagunov, I.P. Berg, A.I. Leiter des Wissenschaftlichen Forschungsinstituts der Seestreitkräfte Inspekteur der Luftstreitkräfte Chripin, V.V. Stabschef der Schwarzmeerflotte Dulenov, K.I.
Technische Besprechungen
Begunov, V.M. Chalepskij, I.A. Janson, K.I.
1933
Dubovoj, I.N. Levandovskij, M.K. Primakov, V.M.
1934
Urickij, S.P. Leviiev, V.N.
Stellvertetender Chef des Wehrbezirks Ukraine Befehlshaber des Wehrbezirks Sibirien Stellvertretender Wehrbezirkschef Nordkaukasus Kommandeur des XTTT Schützenkorps Militärattache
Marineleitung
Führergehilfenkurs
Divisionsnachschubreise
*) Quellen: BA-MA, RH 2/2217, Bl. 205—214.Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Deutsche Botschaft Moskau, Paßangelegenheiten, Nr. 886, 887. Ju. L. D'jakov/T.S. Buiueva, Falistskij mei kovalsja v SSSR, Moskau 1992, Kap. 4 (S. 216—296). S. A. Mii>anov/V. V. Zacharov, Voennoe sotrudniiestvo SSSR i Germanii v 1921—1933 gg., Moskau 1991, Kap. 2 (S. 31—80). Hinzu kommen eine Reihe verstreuter archivalischer Belege. Bei längeren Aufenthalten über Jahresgrenzen hinweg können sich bei der Zuordnung im Vergleich zwischen den verschiedenen Unterlagen Abweichungen in aufeinanderfolgenden Jahren ergeben. Ahnliches gilt für die zum Zeitpunkt des Aufenthalts in Deutschland angegebenen Dienststellungen. Besonders im Hinblick auf die Vielzahl der technischen Fachkommissionen erhebt die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit. **) Für das Jahr 1926 liegen in den deutschen Unterlagen keine systematischen Aufzeichnungen vor.
Personenregister
In das Register wurden nur handelnde Personen und solche von historischer Bedeutung aufgenommen. Namen aus den Anlagen sind nicht berücksichtigt. Seiten, auf denen sich Anmerkungen mit weiteren biographischen Daten zur jeweiligen Person befinden, sind kursiv gedruckt. Angegeben sind die Titel, Dienststellungen und Ränge zum Zeitpunkt des Auftretens im Textzusammenhang. Die Schreibweise der russischen Eigennamen folgt der international gebräuchlichen wissenschaftlichen Transliteration. Ausgenommen davon ist die Namenswiedergabe aus nichtrussischsprachigen Originalzitaten innerhalb des Textes. Abernon Loid d', Edgar V. (1857—1941), brit. Botschafter in Berlin 1920-1926 70, 133, 145, 280 Adadurov, Sowjet. Ingenieur in Ivalienkovo 80 Adam, Wilhelm (1877-1949), Gen.Maj., Chef des TA 195, 214, 218, 220f„ 225, 245, 249f„ 258, 2 6 1 - 2 6 3 , 271, 284, 288, 295, 304 Adam (Auer, Franz?), Oberstlt. in der In 4 1927 150 Admin, Eduard Ja. (geb. 1894), Sowjet. Transportoffizier 225 Aleksandrovskij, Sergej S. (1889—1945), Sowjet. Diplomat, Botschafter in Prag 1933—1939 300 Algazin, Aleksej S. (1902—1937), Sowjet. Luftkriegstheoretiker 117 Alksnis, JakovI. (1897—1938), Chef der Roten Luftflotte 1931-1937 24, 179, 183, 186, 214, 217, 229, 248, 270, 290, 299 Alvensleben, Werner U. v. (1875—1947), Geschäftsführer des >Bundes zum Schutz der abendländischen Kultur< in Berlin 275 Amiinger, (tl930), Rtm., Pilot in Lipeck 182, 278 Appoga, Ernest E (1898—1937), Sowjet. Generalstabsoffizier 222, 223, 226, 299 Aschenbrenner, Heinrich (1895—1960), Hptm., Luftwaffenoffizier in Lipeck 213, 303 Bader, Hans, Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Baeumker, Adolf (1891—1976), Rtm., Referatsleiter in der TA (L) 126 Baeyer, Adolf v. (1835-1917), Chemiker 61 Baier, Otto, Ingenieur in Kama 191 Baranov, Petr I. (1892-1933), Chef der Roten Luftflotte 1925-1931 95, 96,109,111, 117-120, 179 f., 189, 217, 253, 270 Bares, Eduard J. (1872—1954), franz. Luftwaffeninspekteur 1929-1933 296
Barskij, Boris E. (1890—1937), Sowjet. Generalstabsoffizier 210, 211 Batorskij, Michail A. (geb. 1890), Sowjet. Kavallerieausbilder 210 Bauer, Max (1869-1929), Oberst a.D., Militärpublizist 109 Baumann, Konrad (1900—1955), Ingenieur in Kama 189, 191 Baumbach, Norbert v. (geb. 1900), Marineattache in Moskau ab 1933 246, 297 Beaulieu, Heinz O. v. (1896—1945), Fliegerfachmann in Lipeck 120 Beck, Ludwig (1880-1944), Gen. Lt., Chef des TA 1934 2 9 3 - 2 9 5 Behncke, Paul (1866-1937), Admiral, Chef der ML 1920-1924 62f„ 71, 236, 279 Behrendt, Gustav (geb. 1860), Ministerialdirektor im AA 1921 54 Behschnitt, Walter (1885-1970), Hptm., Sachbearbeiter in der T 3 (V) 205, 213, 218, 232, 279 Belickij, Semen M. (1889—1937), Sowjet. Generalstabsoffizier 2 26 Belov, Ivan P. (1893—1938), Sowjet. Wehrbezirksbefehlshaber 1931 213, 225, 253, 259, 299 Below, Nikolaus v. (1907—1983), Lipecker Jungmärker 1929 179, 303 Benei, Eduard (1884—1948), tschechoslowak. Staatspräsident 1935—1938 300 Benoist-Mechin, Jacques (1901—1983), franz. Militärhistoriker u. Politiker 36 Berens, Evgenij A. (1876—1928), Sowjet. Marineoffizier u. Militärdiplomat 60, 65 Berg, Aksel' I. (1893—1979), Sowjet. Radiophysiker u. Ingenieuroffizier der Marine 243 Berlin, Wilhelm (1889-1987), Hptm. im 5. Artillerieregiment 1929 212 Bernhard, Georg (1875—1944), Chefredakteur der Vossischen Zeitung bis 1930 275
362
Personenregister
Berzin, Jan K. (1889—1938), Sowjet. Aufklärungschef 1924—1935 141,149f., 153, 181,183 f., 186, 205, 232, 240, 248, 270, 289, 299 Besedovskij, Grigorij Z., übergelaufener Sowjetdiplomat 277 Bismarck, Otto v. (1815—1898), Reichskanzler 1871-1890 32, 69 Biwer, Franz (1891—1962), Rtm., Lipeck-Kursant 1928 303 Bljucher, Vasilij K. (1889—1938), Sowjet. Wehrbezirksbefehlshaber Fernost 159, 253 Blomberg, Werner v. (1878-1946), Chef des TA 1927—1929, Reichswehrminister ab 1933 106, 151—153,159,174, 177f., 183, 189f., 191,198200, 205, 207, 211, 216, 218f., 220, 223f., 247, 250, 252—258, 261-263, 267—269, 271, 274, 280, 285, 291, 293-295, 298, 300, 305 f. Blücher, Wipert v. (1883—1963), Legationsrat im AA 1920/21 20 Bobrov, Boris I. (1896—1937), Sowjet. Generalstabsoffizier 210, 211 Bodenschatz, Karl (1890—1979), Gen. d. Fl., Chef des Ministeramts im Reichsluftfahrtministerium 303 Boehm, Hermann (1884—1972), Chef der Flottenabteilung im Marinekommandoamt 242 Boehm-Tettelbach, Karl (geb. 1910), Lipecker Jungmärker 1931 24 Boetticher, Friedrich v. (1881—1967), Major im RWM 1920 32 Bogdanov, Petr A. (1882—1939), Vorsitzender des Obersten Volkswirtschaftsrates der UdSSR 1923 71, 73 Bogomjakov, Stepan N. (1889—1938), Abteilungschef im sowjet. Kriegskommissariat 212 Bollmann, Gustav (fl932), Fluglehrer in Lipeck 182 Bologov, Nikolaj A. (geb. 1894), Sowjet. Marineausbildungsoffizier 238, 239 Bonin, Reimar v. (1890—1975), Korvettenkapitän in der ML 241—244 Botner (Batner?), Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Brandler, Heinrich (1881—1967), Funktionär der KPD 84 Bratman-Brodovskij, Stepan (1880—1938), Sowjet. Diplomat in Berlin 241 Brauchitsch, Walter v. (1881-1948), Oberst u. Abteilungsleiter im TA 214, 225, 306 Brennecke, Kurt (1891—1982), Major, Ausbildungsoffizier im TA 225, 226
Briand, Aristide (1862—1932), franz. Staatsmann 145, 278 Brockdorff-Rantzau, Ulrich Graf v. (1869—1928), Botschafter in Moskau 1922—1928 21, 23, 26, 6 2 - 6 5 , 6 9 - 7 3 , 7 5 - 7 8 , 8 4 - 8 6 , 92, 99, 108 f., 130,132 f., 137f„ 144 f., 148 f., 152,157,189,207, 237, 272, 283 Brüning, Heinrich (1887—1970), Reichskanzler 1930-1932 221, 279 Brunn, Friedrich (1894—1939), Hptm., Taktiklehrer in Kama 193 Brutzer, Friedrich (1879-1958), KAdm., Chef des Marinekommandoamts 1928—1930241,243—245 Bubnov, Andrej S. (1883-1940), Chef der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee 1924-1929 209, 210, 269 f., 274, 300 Bucharin, Nikolaj I. (1888—1938), sowjet. Parteiführer 69, 157 Buchholz, Oskar (geb. 1870), Offizier des HWA 79, 209 Budenny, Semen M. (1883—1973), Inspekteur der Kavallerietruppen der Roten Armee 1924—1937 44, 209, 210, 215, 221, 278 Budnjak, Daniel, sowjet. Wirtschaftsfunktionär 234 Bülow, Bernhard v. (1885—1936), Staatssekretär im AA 1930—1936 269, 272, 278, 297 Bussche-Ippenburg, Erich v.d. (1878—1957), Oberst, Chef des Wehramts 1928—1930 218 Bykov, Petr D. (1890—1957), sowjet. Marineoffizier 241, 242 Canylev, Jakub D. (geb. 1892), Kommandeur der Tatarischen Division 1928 218 Cernobrovkin, Sergej A., Chef der Luftstreitkräfte des Moskauer Militärbezirks 187, 216 Chalepskij, Innokentij A. (1893—1938), Chef der Verwaltung für Motorisierung u. Mechanisierung der Roten Armee 1929—1934 168, 194, 215, 236, 290 Chamier-Glisczinski, Wolfgang v. (1894—1943), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Chiniuk, Lev M. (1868—1944), sowjet. Botschafter in Berlin 1930—1934 227, 286, 296 Choroäilov, Ivan Ja., Divisionskommandeur im Volga-Militärbezirk 1932 215, 254 Chripin, Vasilij V. (1893—1937), Inspektionschef der Roten Luftflotte 1932 45, 113, 116f., 185, 215, 292, 299 Christie, Malcolm C., Captain, brit. Luftattache in Berlin 280
Personenregister Ciierin, Georgij V. (1872—1936), Sowjet. Außenkommissar 1918-1930 29,33,48,50,60,63,65, 70,72, 75,77, 85, 95,129-131, 133 f., 147, 152, 236, 271, 276 Ciffer, Ricard S. (1898—1938), Sowjet. Militärtheoretiker 222 Clausewitz, Carl v. (1780—1831), preuß. General u. Kriegsphilosoph 114, 208, 264 Cleinow, Georg (1873—1936), Geheimrat, Journalist 157 Cochenhausen, Friedrich v. (1879—1946), Oberstlt., Stabschef der Inspektion des Erziehungs- u. Bildungswesens 1 42, 208, 219, 251, 264 Conrad v. Hötzendorff, Franz, Graf (1852—1925), Chef des Generalstabs der k.u.k. Armee 1906— 1917 164 Conze, Wilhelm (geb. 1896), Hptm., Ausbilder in Kama 194, 303 Cot, Pierre (1895—1977), franz. Luftfahrtminister 1933 296 Cranz, Friedrich (1890-1945), Hptm., Luftbildoffizier in Lipeck 184 Cuno, Wilhelm (1876-1933), Reichskanzler 1922/23 53, 64, 67, 75-78, 83 f., 86, 272 Curtius, Julius (1877—1948), Reichsaußenminister 1929/30 272, 278 Dannenberg, Evgenij E., Sowjet. Divisionskommandeur 212, 213, 225 Deichmann, Paul (1898-1981), Oblt., LipeckKursant 1928 24, 267, 303 Delbrück, Hans (1848-1929), Historiker 165f. Deßloch, Otto (1899-1977), Rtm., Offizier in Lipeck 1926 176 Diete, Werkmeister, Mitglied der Gruppe Fiebig 110, 119 Dinort, Oskar (1901—1965), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Dirksen, Herbert v. (1882—1955), Botschafter in Moskau 1929-1933 20,102,132,135, 137,147, 158, 207, 224, 228, 232f„ 255, 269f„ 272, 279, 284-288, 292-294, 304 Dittmar, Kurt (1891—1959), Gen. Lt., militärpolitischer Rundfunkkommentator während des Zweiten Weltkrieges 305 Dobrovolskij, V.P., Kommandeur eines Schützenkorps der Roten Armee 1931 226 Douhet, Giulio (1869—1930), ital. Luftkriegstheoretiker 38, 180 Drejer, Michail N. (1891—1969), Sowjet. Gastoffizier im TA 1930 225
363
Droste, Ludwig, Werkmeister, Mitglied der Gruppe Fiebig 110, 119 Drum, Karl (1893—1968), Hptm., Fliegeroffizier der In 1 1931 185, 186 Dubovoj, Ivan N. (1896—1938), Sowjet. Truppenkommandeur 210, 227, 228, 259, 299 Dusenov, Konstantin I. (1895—1940), Sowjet. Admiralstabsoffizier 246, 297 Dybenko, Pavel E. (1889—1938), Sowjet. Militärbezirksbefehlshaber 225, 253, 300 Ebert, Friedrich (1871—1925), Reichspräsident 1919-1925 30, 48, 62, 71, 77, 106, 272, 276 Eccard, Frederic (1867—1952), franz. Senatsmitglied 277 Eckardt, Theodor, Berliner Kaufmann, GefuDirektor 1923 78-80, 101, 103 Eden, Sir Robert Anthony (1897-1977), brit. Außenminister 1935—1938 297 Efimov, Nikolaj A. (1897—1937), Stellvertreter des Chefs Bewaffnung der Roten Armee 1931/32 200, 234f., 270, 296, 299 Egorov, AleksandrI. (1883—1939), Sowjet. Militärbezirksbefehlshaber u. Chef des Generalstabs 1931-1937 209, 210, 212, 215, 220f„ 226,253, 261, 269 f., 288, 293 f., 296, 300 Ejdeman, Robert P. (1895—1937), Kommandeur der Frunze-Akademie 1925-1932 221, 222,260, 296, 299 El'mer, Sowjet. Politoffizier in Tomka 201, 291 Elsa, Eberhard d' (geb. 1913), Lipecker Jungmärker 1933 299 Eltze, Hans, Generaldirektor bei Rheinmetall 231 Emel'janov, Vasilij S. (geb. 1901), Sowjet. KruppPraktikant 1930 230 Emminghaus, Ernst, Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Endres, Theodor (1876—1956), Oberst, Chef des Stabes des HWA 1928-1930 272 Enukidse, Abel S. (1877—1937), Sowjet. Parteifunktionär 269 Enver, Pascha (1881—1922), türk. Kriegsminister 1918 48 f., 50 Epp, Franz Ritter v. (1868—1947), Reichstagsabgeordneter der NSDAP ab 1928 279 Eresenko, Sowjet. Verbindungsoffizier in Kama 191, 194 Esser, Willi, Chefingenieur in Kama 1932/33 191, 198 Evers, Wilhelm, Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303
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Personenregister
Falkenhayn, Erich v. (1861-1922), Chef der 2. OHL 1914-1916 114 Favickij, Vladimir V. (1896—1938), Motorisierungsfachmann der Roten Armee 210, 211 Fedko, Ivan F. (1897—1939), Sowjet. Militärbezirksbefehlshaber 210, 300 Fedotov, Aleksej V., Chef der Leningrader Artillerieschule Roter Oktober 1929 212 Feige, Hans (1880—1953), Oberst, Abteilungschef im TA 214 Feige, Otto (1882—1951), Marineoffizier 243 Fel'dman, Boris M. (1890—1937), Chef der Hauptverwaltung der Roten Armee 1931—1937 212, 215f„ 220, 254, 299 Felmy, Helmuth (1885—1965), Oberstlt., Stabschef der In 1 1929-1933 162, 182, 185-187, 295, 304 Fenner, Polizeipräsident von Stettin 1926 105 Fesenko, Dmitrij S., Korpskommandeur im Ukrainischen Militärbezirk 215, 216 Fiebig, Martin (1891-1947), Rtm., Offizier der Beratergruppe Fiebig HO, 111-119, 135, 144, 173, 248, 266 Fischer, Eberhard (1893—1962), Hptm., LipeckKursant 1928 303 Fischer, Herbert (1882—1939), Offizier der Sondergruppe Rußland u. Chef der T 3 im TA il, 56—59,64,92,126,135,148,150,181,186,203, 205, 209, 215, 245, 279, 295 Fischer, Ruth [eigentl. Gohlke, Elfriede, geb. Eisler] (1895-1961), KPD-Funktionärin Fiäman, Jakov M. (1887—1961), Sowjet. Militärattache in Berlin, Chef der Militärchemischen Verwaltung 1925-1937 87, 123 f., 126, 129, 131, 140-142, 150f., 200, 203f., 220, 249, 253, 270, 288, 300 Flamm, Oswald (1861—1935), Schiffsbaukonstrukteur 246 Flury, Ferdinand (1877—1947), Prof. für Pharmakologie in Würzburg 139 Forster, Dirk (1884—1975), Legationsrat im AA 99 Freytag-Loringhoven, Wessel Frh. v. (1899—1944), Oblt., Sprachurlauber 1930 217 Friedrich E. (1712-1786), preußischer König 166 Fritsch, Werner Frh. v. (1880-1939), Chef der HL ab 1934 215, 295-297 Frunze, Michail V. (1885—1925), Sowjet. Kriegskommissar 1925 39—46, 163-165, 276 Füller, John F.C. (1878-1966), brit. Militärtheoretiker 38, 160, 198, 266, 274
Gablenz, Eccard Frh. v. (1891—1978), Hptm., Lipeck-Kursant 1928 303 Gaißert, Victor (geb. 1879), Oberstlt. im HWA 1928/29 190, 272 Gallenkamp, Kurt (1890—1958), Hptm. u. Adjutant des Chefs des TA 1928 218 Galler, Lev M. (1883—1950), Sowjet. Marinebefehlshaber 61 Gal'perin, David S., Sowjet. Bersol'-Direktor 1923 81, 98 Garkavij, Il'ja I. (1888—1937), stellvertr. Leningrader Militärbezirksbefehlshaber 1932 215, 216 Gercke, Rudolf (1884-1947), Major a.D., Eisenbahnkursleiter im RWM 227 Germanovic, Markian Ja. (1895—1937), stellvertr. Militärbezirksbefehlshaber 213, 214, 254 Gerstenberg, Alfred (1893-1959), Hptm. a.D., Fliegerfachmann des TA 179 Geßler, Otto (1875—1955), Reichswehrminister 1920-1928 24, 35, 52, 63, 65, 71, 105, 135, 144—146, 148f., 151 f., 157, 272, 276, 301 Geyer, Hermann (1882—1946), Oberstlt., Abteilungschef im TA 1929 212,247,251-253,255 f., 258, 262, 267 f. Geyr v. Schweppenburg, Leo Frh. (1886—1974), Oberstlt., Kommandeur des 14. Reiterregiments 1931 213, 257, 267 Ginzburg, Lev G., Metachim-Direktor 1925 98 Gladisch, Walter (1882-1954), KAdm., Befehlshaber der Seestreitkräfte Ostsee 1929 241, 242 Goerbig, Paul (1895-1974), Oblt., Kama-Kursant 1931 303 Göring, Herman (1893—1946), Reichsluftfahrtminister 1933 294 f., 305 Golikov, Aleksandr G. (1896-1937), Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Golubev, Konstantin D. (1896—1956), Kommandeur eines Schützenregiments der Roten Armee 1927 210 Gorbaèev, Boris S. (1892-1937), Chef der Militärschulen der Roten Armee 1931/32 214, 296 Gorbunov, Sergej P. (1902-1933), Chef des Flugzeugwerks Fili ab 1927 96 Grabin, Vasilij G. (1900—1980), Sowjet. Artilleriekonstrukteur 24, 234, 235, 306 Grauert, Ulrich (1889—1941), Hptm. u. Fliegerfachmann im RWM 1925 98 Grjaznov, Ivan K. (1897-1938), stellvertr. Chef der Motorisierungsverwaltung der Roten Armee 1932 195, 212
Personenregister Groener, Wilhelm (1867—1939), Reichswehrminister 1928-1932 19, 153,157,159,177,190f., 198,207, 241,243,245,268,271 f., 276,278, 301 Großkopf, Georg W. (1884-1942), Konsul in Kiev 1937 299 Grothe, Geschäftsführer der Intercomta 1925 103 Gubanov, Kommandant des Zentralen Militärchemischen Übungsplatzes der Roten Armee 201, 291 Guderian, Heinz (1888—1954), Oberstlt., Stabschef der In 6 1932 196, 198, 303 Gutor, Aleksej E. (1868—1938), russ.-sowjet. Militärtheoretiker 114 Haack, Werner (1894-1944), Hptm., Lipeck-Kursant 1928 303 Haber, Fritz (1868-1934), Chef der Kampfgasforschung im Ersten Weltkrieg 61, 68, 98 f. Hackmack, Hans (1897—1928), Leiter des Kommandos Amberg in Podosinki 1926140,142,150 f. Haller, Gustav, Arzt in Lipeck 171 Halm, Hans (1879—1957), Gen.Maj., Gast beim Sowjet. Generalstab 1929/30 19, 209L, 213, 224 f., 249, 253, 255, 257, 264, 278, 295, 305 Hammerstein-Equord, Kurt, Frh. v. (1878—1943), Gen. d. Inf., Chef der HL 1930-1933 179 f., 195, 200, 220, 227, 232, 235, 244, 249 f., 257, 271, 273—276, 280, 289 f., 292, 295, 298, 301 f., 305 Harden, Maximilian (1861—1927), politischer Publizist 29 Härder, Harro, Lipecker Jungmärker 1933 299 Harpe, Josef (1887—1968), Major, Leiter von Kama 1932/33 191, 198, 303 Hartmann, Otto (1884—1952), erster offizieller deutscher Militärattache in Moskau 1933—1935 219, 261, 288 f., 291, 293 f., 296 Hasenohr, Mitglied der Beratergruppe Fiebig 110 Hasse, Otto (1871-1942), Chef des TA 1 9 2 2 1926 51,53-56,59 f., 62—65,71—73,76-79,85, 92,102 f., 126,130f., 135,152,215,218,271,295 Heitz, Walter (1878—1944), Oberst, Kommandant der Festung Königsberg 1932 215 Hellmich, Heinz (1890—1944), Hptm., Begleiter Blombergs 1928 219 Hencke, Andor (1895—1989), Mitarbeiter Brockdorff-Rantzaus an der Botschaft in Moskau 144 Henderson, Arthur (1863—1935), brit. Außenminister 1929-1931 278 Henrich, Otto, Siemens-Generaldirektor 79 Henrici, Waldemar (1878—1950), Oberst, erster Sprachurlauber in der Sowjetunion 1927 211,254
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Herhudt v. Rohden, Hans D. (1899-1951), Oblt., Fliegeroffizier in Lipeck 1930 184 Hermes, Andreas (1878—1964), Reichsfinanzminister 1921-1923 53, 75 Hey, Siegfried, Gesandter an der Botschaft Moskau 272 Heye, Wilhelm (1869-1947), Generaloberst, Chef der HL 1926—1930 51, 147f., 151f., 160f., 209f., 235, 271, 276, 279, 301 Heygendorff, Ralf v. (1897-1953), Oblt., Begleitoffizier Sowjet. Kommandeure in Deutschland 213, 214, 254 Hilferding, Rudolf (1877—1941), Reichsfinanzminister 1923 77, 149, 279 Hilger, Gustav (1886—1965), Botschaftsrat an der Botschaft Moskau 21, 52, 285 Hiller, Hermann (1898—1963), Oblt., Kama-Kursant 1931/32 303 Hindenburg, Paul v. Beneckendorff u. v. H. (1847-1934), Reichspräsident 1925-1934 33, 44, 148, 210, 216, 224, 272, 276, 285 Hintze, Paul v. (1864—1941), Admiral, letzter Staatssekretär des AA 1918 27 Hitler, Adolf (1889-1945), Reichskanzler 1933— 1945 285f., 293, 295, 299, 303-305, 307 Hölz, Max (1889-1933), KPD-Funktionär 221 Hoesch, Leopold v. (1881—1936), Botschafter in Paris 1924-1932 145 Hoetzsch, Otto (1876—1946), Osteuropa-Historiker 155, 279 Hoffmeister, Edmund (1893-1944), Hptm., Sachbearbeiter in der T 3 1929-1931 205, 220 Holle, Alexander (1898-1978), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Hormel, Otto (1886—1971), Korvettenkapitän in der ML 1929 241 Horn, Hans-Joachim v. (1896—1990), Hptm., Manöverbesucher 1929 212 Hoth, Hermann (1885—1971), Major, Manöverbesucher 1927 209, 305 Hüttmann, Adolf (geb. 1875), Oberstlt. 1924, Militärautor 42 Ingaunis, Feliks A. (1894—1937), Luftflottenkommandeur der Roten Armee 212 Isserson, Georgij S. (1898—1976), sowjet. Militärtheoretiker 24, 268 Ipat'ev, Vladimir N. (1867—1952), russ.-sowjet. Chemiker 61, 74, 80, 98 Izmest'ev, P.I., russ.-sowjet. Militärautor 262
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Personenregister
Jakir, Iona E. (1896—1937), Militärbezirksbefehlshaber Kiev 1925—1937 24, 210, 2 1 2 , 2 2 1 , 2 2 4 f . , 253, 264, 299 Jakubovic, Ignactyj, Sowjet. Botschaftssekretär in Berlin 51 Janson, Kirill I., Chef des technischen Stabes beim Chef Bewaffnung der Roten Armee 1931/32 235 Jeschonnek, Hans (1899—1943), Oblt. in der In 1 1932 98, 215 Jeschonnek, Paul ( t 1929), Hptm., Fliegerfachmann im R W M 96, 208 Jodl, Ferdinand ( 1 8 9 6 - 1 9 5 6 ) , H p t m . in der T 3 des TA 1932/33 268, 289 Johannesson, Hans (geb. 1898), Lt., Mitglied der Beratergruppe Fiebig 110, 119, 171, 173 Junck, Werner ( 1 8 9 5 - 1 9 7 6 ) , Lt. a.D., Fluglehrer in Lipeck 1926/1927 122, 172 Junkers, Hugo (1859—1935), Flugzeugkonstrukteur 22, 5 4 - 5 7 , 9 2 - 9 6 , 131, 145, 277 Kalinin, Michail I. (1875—1946), Vorsitzender des Obersten Sowjets der UdSSR 1 9 1 9 - 1 9 4 6 64 Kalinovskij, Konstantin B. (1897—1931), Inspekteur der Panzerstreitkräfte der Roten Armee 1930/31 168i„ 193 f., 197 Kalmykov, Michail V. (1888—1937), Sowjet. Korpskommandeur 212, 213 Kamenev, Sergej S. (1881—1936), Oberbefehlshaber der Roten Armee 1919—1924 39, 263 Kammhuber, Josef (1896—1986), Oblt., LipeckKursant 1930/31 303 Kannegießer, Eugen (1904—1942), Ing.Oblt. an der Marineschule Friedrichsort 1931 246 Kapp, Wolfgang (1858-1922), konservativer Politiker 47 Karachan, Lev M. (1889—1937), Sowjet. Diplomat u. stellvertr. Außenkommissar 1921 52 Karbysev, Dmitrij M . (1880—1945), Pionierexperte der Roten Armee 113 Karlewski, Erich (1874-1947), Oberst u. Chef der Waffenprüfabteilung im HWA 1 9 2 9 - 1 9 3 2 272 Kastner, Gustav (1881—1945), Major a.D., Stabschef der Schule Lipeck 1929/30 171 Katzenstein, Robert, Firmenrepräsentant in Frankfurt 61 Keitel, Wilhelm (1882-1946), Obern, Abteilungschef im T A 1931 214, 227, 256 f., 267, 306 Kempner, Franz (1879—1945), Staatssekretär in der Reichskanzlei 1925/26 136f. Kindermann, Karl, Student und Rußlandreisender 1924 143
Kinzel, Eberhard (1897-1945), Hptm. in der T 3 1931/32 205, 215, 298 Kinzel, Walther ( 1 8 8 0 - 1 9 6 4 ) , Kap. z. S. im Marineamt 237 Kirpicnikov, Aleksej V. (geb. 1890), Sowjet. Militärtheoretiker u. Manöverbesucher 1927/28 210, 211 Kit-Vijtenko, Il'ja P., Sowjet. Militärdozent 213 Kleinrath, Kurt (1899-1968), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Klejn-Burzin, Vladimir A. (1898—1938), Sowjet. Manövergast 1932 215, 216 Knilov, Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Köster, Rudolf (geb. 1899), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Köstring, Ernst (1876—1953), Oberst, inoffizieller Militärattache in Moskau 1931—1933 24, 50, 206, 214, 218f., 248, 252, 262, 264, 284, 295, 297f., 3 0 3 - 3 0 5 Kopp, Viktor L. (1880—1930), Bevollmächtigter der Sowjetregierung in Berlin 1 9 1 9 - 1 9 2 1 4 7 f „ 50f„ 5 2 - 5 4 Kork, August I. (1885—1937), Sowjet. Militärattache in Berlin 1928 1 6 8 , 2 1 3 , 2 2 1 , 2 2 7 , 2 4 0 f . 253, 270, 299 Kozevnikov, Aleksandr T., Luftflottenbefehlshaber des Weißruss. Militärbezirks 1928 124,212 Kraeber, Ewald (1894-1969), Hptm., Kama-Kursant 1929/30 303 Krasil'nikov, Sergej N . (1893—1971), Lehrer an der Frunze-Akademie, Militärtheoretiker 222,260, 273 Krasin, Leonid B. (1870—1926), Sowjet. Außenhandelskommissar 1 9 1 8 - 1 9 2 4 46f., 51, 53f. 57 Kravcenko, Andrej G. (1899—1963), Sowjet. Ausbilder in Kama 1932 194, 306 Krebs, Hans (1898—1945), Hptm., Sachbearbeiter in der T 3 1932 205,215,236,254,288,296, 305 Kremkov, Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Krestinskij, Nikolaj N . (1883—1938), Sowjet. Botschafter in Berlin 1922—1930 2 0 , 5 3 , 5 9 , 6 2 , 86, 103, 129f., 1 3 5 - 1 3 8 , 147, 220, 241, 249f., 262, 269—271, 2 8 5 - 2 8 7 , 300 Kretschmer, Alfred (1894—1967), Hptm. im 4. Artillerieregiment 214 Kretschmer, Theodor (geb. 1901), Oblt., KamaKursant 1933 303 Kriesche, Otto (geb. 1898), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Krupp v. Bohlen u. Halbach, Gustav (1870—1950), Industrieller 230
Personenregister Kruse, Kurt (1895—1983), Hptm., Artillerieoffizier 213 Kucinskij, Dmitrij A. (1898—1938), Chef des Stabes eines Sowjet. Militärbezirkes 1931 225 Kühl, Bernhard (1886—1946), Hptm. in der TA (L) 1924 119 Kühlenthal, Erich (1880-1958), Oberst, Chef der T 3 1928-1931 195,205,220,230,232,268,295 Kühn, Friedrich (1889-1944), Hptm., Ausbilder in Kama 1929 193, 272, 303 Künstler, Franz (1888—1942), sozialdemokratischer Politiker 277 Kujbysev, Nikolaj V. (1893-1938), Chef der Kommandoverwaltung der Roten Armee 1927/28 210 Kujbysev, Valerian V. (1888—1935), Sowjet. Parteiu. Staatsfunktionär 228 Kulik, Grigorij I. (1890-1950), Chef der Artillerieverwaltung der Roten Armee 220 Kuntzen, Adolf (1889—1964), Hptm., Manöverbesucher 1929 212 Kurcinskij, M. I., sowjetischer Militärautor 268 Kuz'min, Nikolaj N. (1883—1939), hoher Politoffizier der Roten Armee 164 Kuznecov, Nikolaj G. (1902—1975), Kommandant des Kreuzers Cervonnaja Ukraina 1934 297 Lacis, Jan Ja. (1897—1937), sowjet. Korpskommandeur 1929 224 Langsdorff, Hans (1894—1939), Kptlt., Kommandeur der 3. Torpedohalbflottille 243 Lapcinskij, Aleksandr N. (1882—1938), sowjet. Luftkriegstheoretiker 113, 116f. Lazarevii, Vladimir S. (1882—1938), Kommandeur der ¿ukovskij-Akademie 1925—1927 113 Lebedev, Ivan A., Offizier der Motorisierungsverwaltung der Roten Armee 1931/32 194, 306 Lebedev, Pavel P. (1872—1933), sowjet. Generalstabschef 1919-1924 72 Leeb, Wilhelm Ritter v. (1876-1956), Gen. Lt., Kommandeur der 7. Division 1930/31 226 Leer, A.F., Kommandant des Kreuzers Aurora 1929 241 Leer, Genrich A. (1829—1904), russ. Militärtheoretiker 114 Lemberg, Lev, sowjet. Transportoffizier 226 Lendle, Hubert (1892—1970), Hptm., Taktiklehrer in Kama 1932/33 303 Lenin, Vladimir I. (1870—1924), sowjet. Staats- u. Parteiführer 30f., 33, 39, 53, 114, 157, 276 Lepin, Eduard D. (1889—1938), sowjet. Korpskommandeur 1930 225, 274, 297
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Leutert, Hans (geb. 1894), Testpilot in Lipeck 1925 122 Levandovskij, Michail K. (1890—1937), Militärbezirksbefehlshaber der Roten Armee 164,227 f., 253, 259 f., 264, 299 Levicev, Vasilij N. (1891—1937), sowjet. Militärattache in Berlin 1933/34 227, 228, 292 f., 295 f., 300 Lichel, Walter (1885—1969), Major, Manövergast in Rußland 1929 212 Liddell Hart, Basil H. (1895-1970), brit. Militärtheoretiker 38, 160, 266 Lieth-Thomsen, Hermann v.d. (1867—1942), Oberst a.D., Leiter der Zentrale Moskau 1924— 1928 90f., 108t., 117-122,135,139-142,149f„ 152, 174, 205, 240, 251, 278 Lietzmann, Joachim (1894—1959), Korvettenkapitän in der ML 1930/31 245i. Linnarz, Viktor (1894—1979), Hptm., Kama-Kursant 1929/30 303 Linno, Georgij K., Chef des Wissenschaftlich-technischen Komitees der Roten Luftflotte 1923/24 55, 94, 110 Lippe, Georg v. d. (geb. 1866), Gen. Lt. a. D., Vorsitzender des Ostmarkenvereins 275 List, Wilhelm (1880-1971), Oberst, Chef der T 4 1927 212, 223 Litvinov, Maksim M. (1876—1951), sowjet. Außenkommissar 1930-1939 143,148 f., 236,269,271, 276, 283-285, 297 Loewenfeld, Wilfried v. (1879—1946), Kpt. z.S., Chef der Flottenabteilung in der ML 1926 236, 237, 239 Lohmann, Walter (1878-1930), Kpt. z.S., Chef der Seetransportabteilung in der ML 1920— 1927 61 f., 236, 240 Longva, Roman V. (1891—1938), Sowjet. Divisionskommandeur 1929 224 Ludwig, Günther, Oberst, Chef Chemische Truppen der Nationalen Volksarmee der DDR 100 Ludwig, Max (1871-1961), Gen. Lt., Chef des HWA 1926-1929 100, 104, 152, 190, 209, 230-236, 252, 271, 278 Lützow, Günther (1912—1945), Lipecker Jungmärker 1932 303 Lukirskij, Sergej G. (geb. 1875), Leiter des Strategielehrstuhls an der ¿ukovskij-Akademie 1925/26 113 Luther, Hans (1879-1962), Reichskanzler 1925/ 26 124, 136—138, 272
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Personenregister
Lutz, Oswald (1876—1944), Gen.Maj., Chef der In 6 1931-1933 192, 194, 196, 198, 272, 290 Luxemburg, Rosa (1870—1919), sozialistische Politikerin 33 Macdonald, James Ramsay (1866—1937), brit. Premierminister 1924 129 Mager, Maksim (1897—1941), Sowjet. Motorisierungsexperte 214 Mahraun, Arthur (1890—1950), Führer des Jungdeutschen Ordens 275 Maksimov, Ivan F., Chef der Topographieabteilung des Sowjet. Generalstabs 1931 226 Malbrandt, Wilhelm (geb. 1875), Oberstlt. a.D., erster Leiter von Kama 1926—1929 189,191,194 Malevskij, A.D., Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Maltzan, Ago v. (1877—1927), Leiter der Ostabteilung im AA 1921/22 47f., 52,61,64, 83,109, 130 Manstein, Erich v. [eigentl. v. Lewinski] (1887— 1973), Oberstlt. in der T 1 1931/32 24, 215, 220f., 248, 252, 257, 305 Mareks, Erich (1891—1944), Major, Pressesprecher des RWM 1930/31 278 Marquard, Ernst (1897—1980), Entwicklungsingenieur für Bombentechnik im HWA 1927— 1933 185, 186 Marshall-Cornwall, James (geb. 1887), brit. Militärattache in Berlin 280 f. Marx, Wilhelm (1863-1946), Reichskanzler 1923-1925 u. 1926-1928 144-146, 148, 152, 156 Mayenburg, Ruth v. (geb. 1907), Österreich. Kommunistin 298 Medvedev, Michail E. (18^8-1937), Chef der Luftschutzabteilung im sowjet. Generalstab 216 Meister, Rudolf (1897-1958), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Melikov, Vladimir A. (1898—1942), sowjet. Militärtheoretiker 166 Mentzel, Wolfgang (1879-1954), Oberstlt., Chef des Stabes im HWA 1923-1925 71, 73-76, 78—80, 82, 101, 103, 271 Mereckov, Kirill A. (1897-1968), Chef des Stabes des Moskauer Militärbezirks 1931 24, 226, 259 f., 264, 300 Meyer, Richard (1884—1956), Chef der Ostabteilung des AA 1931—35 285 Mezeninov, Sergej A. (1890—1937), Chef des Stabes der Roten Luftflotte 1932 112, 116 f., 177, 179, 182, 187 f., 214, 229, 235, 270, 299
Meieraup, Petr Ch. (1895—1931), Luftwaffenbefehlshaber des Militärbezirks Leningrad 1928 212 Michailov-Ivanov, Michail S. (1894-1931), Mitarbeiter des Obersten Volkswirtschaftsrates der UdSSR 1923 73 Michailovskij, Georgij (1892—1932), Kommandeur der Moskauer Proletarischen Division 1930 213, 214 Micugin, Fedor G., Kommandeur einer Fliegerbrigade 213 Mierzinsky, Kurt (1879—1951), Oberst im TA 1934/35 296 Milch, Erhard (1892—1972), Staatssekretär im Reichsluftfahrtministerium 1933 295, 303 Mine, Isaak I. (geb. 1895), sowjet. Historiker 114 Mitteiberger, Hilmar, Ritter v. (1878—1953), Gen. Maj., Chef der In 1 1929-33 162,179f., 183 f., 186, 209, 211, 213-215, 217, 248, 255, 257f., 263, 295 Model, Walter (1891—1945), Major in der T 4 des TA 1931 214 Mohr, Max (1884—1966), Major a.D., Leiter von Lipeck 1930/31 173 Molotov [eigentl. Skrjabin], Vjaceslav M. (1890— 1986), Vorsitzender des Rates der Volkskommissare der UdSSR 1930—1941 285, 306 Moltke, Helmuth Graf v. (1800-1891), preuß. Generalfeldmarschall 264 Monti, Chef des ital. Generalstabs 215 Mroikovskij, Stepan I. (1885—1967), sowjet. GefuDirektor 81 Müller, Gottlob (1895—1945), Hptm., Leiter von Lipeck 1932/33 173, 289, 303 Müller, Hermann (1875—1945), Oberst im Stab des Gruppenkommandos I 209 Müller, Hermann (1876—1931), Reichskanzler 1928-1930 146, 148, 157, 177, 190 Muklevic, Romual'd A. (1890-1938), Gehilfe des Chefs der Roten Luftflotte 1926 119, 240— 242 Muntsch, Otto (1890—1945), Kampfgasmediziner, Arzt des Kommandos Amberg in Podosinki 1926 141 Nadolny, Rudolf (1873-1953), Botschafter in Moskau 1933/34 294-297 Nast, Direktor bei den chemischen Werken Stoltzenberg 80 Natzmer, Renate v. (1898—1935), Angestellte im RWM 281
Personenregister
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Pätz, Wilhelm (geb. 1869), Generalstabsveterinär im Generalstab des Reichsheeres 1925—1929 209 Papen, Franz v. (1879—1969), Reichskanzler 1932 283 f. Parvus-Helphand, Alexander (1867—1924), sozialistischer Politiker u. Publizist 30 Paufler, Sowjet. Flugzeugingenieur 185 Paul-Boncour, Joseph (1873—1972), franz. sozialistischer Politiker 274 Paulus, Friedrich (1890—1957), Major, Ausbildungsoffizier des Reichsheeres 226, 261 Pavlov, Ivan U. (1893-1936), Luftwaffenbefehlshaber des Wehrbezirks Moskau 1928 212 Pavlovskij, Grigorij V., Sowjet. Motorisierungsexperte in Kama 194, 306 Petersen, Edgar (geb. 1904), Lt., Lipeck-Kursant 1929 303
in Berlin 1925-1928 131, 135, 147f., 149, 160, 169, 208 f., 218, 236 Petrov, Michail (geb. 1888), Sowjet. Militärbeauftragter in Berlin 1923 87 Petrovskij, D. A., Chef des Ausbildungswesens der Roten Armee 1922/23 42, 64 Peucker, Eduard v. (1791—1876), preuß. General 263 Pfeiffer, Herbert (1893-1976), Rtm., Lipeck-Kursant 1928 303 Pflugbeil, Kurt (1890-1955), Rtm., Lipeck-Kursant 1928 303 Pigeaud, Marie C. (1878—1939), franz. Motorisierungstheoretiker 197 Pilsudski, Józef (1867—1935), poln. Staatsmann 155 Pirner, Hans (geb. 1889), Hptm., Fachoffizier in Kama 191 Pitcairn, Douglas, Lipecker Jungmärker 1933 299 Pjatakov, Georgij L. (1890—1937), Sowjet. Parteiu. Staatsfunktionär 94, 131 Plocher, Hermann (1901-1980), Oblt., LipeckKursant 1928 303 Plotho, Wolfgang Frh. v. (1879-1946), Major, Offizier in der T 3 des TA 1923 71, 73 Poelchau (Pohl, fl933), Lipecker Jungmärker 1933 182 Poincaré, Raymond (1860—1934), franz. Ministerpräsident 1922-1924 60 Pokrovskij, Michail N. (1868—1932), Sowjet. Historiker 114 Porten, Max v.d. (geb. 1879), Aufsichtsratsvorsitzender der Firma Rheinmetall 233 Potapov, Georgij Ch. (1893—1938), Sowjet. Ingenieuroffizier 213, 214 Prentzel, Wilhelm (1878-1945), VAdm., stellvertr. Chef der ML 1929/30 242 Primakov, Vitalij M. (1897—1937), stellvertr. Wehrbezirksfehlshaber der Roten Armee 227, 259, 299 f. Prohl, Victor, Architekt u. Regierungsbaumeister 47 Prack, Erich F. (geb. 1897), Oblt. des Reichsheeres, Dolmetscher 264 Pugacev, Semen A. (1889-1943), Chef des Stabes des Ukrainischen Militärbezirks 1928/29 224 Putna, Vitovt K. (1893—1937), Sowjet. Militärattaché in Berlin 1929-1931 71, 221, 227, 241— 243, 250, 299
Peterskij, Ivan S., Chefinspekteur der Sowjet. Zivilluftflotte 1921/22 55, 94 Petrenko-Lunev, Sergej V., Sowjet. Militärattache
Quade, Erich (1883—1959), Major, Leiter der Beobachterausbildung in Lipeck 172i., 176,178,305
Nehring, Walter (1892-1983), Major in der In 6 1932 196 Nejman, Konstantin A. (1897—1937), Sowjet. Gastoffizier 1925 208 Neurath, Konstantin Frh. v. (1873—1956), Reichsaußenminister 1932-1938 284, 294 Neznamov, Aleksandr A. (1872—1928), russsowjet. Militärtheoretiker 41, 262 Niedermayer, Oskar Ritter v. (1885—1948), Leiter der Zentrale Moskau 1928—1931 48, 51—55, 59f., 62, 82, 86, 108, 138, 141, 144, 149f., 179, 206f., 218, 241, 256, 278, 295, 305, 307 Niekisch, Ernst (1889—1967), nationalrevolutionärer Publizist 275 Nielsen, Andreas (1899—1957), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Noske, Gustav (1868—1946), Reichswehrminister 1919/20 255 Novickij, Fedor F. (1870—1944), russ.-sowjet. Militärwissenschaftler 113 Obysov, S.P., Sowjet. Generalstabsoffizier 226 Offermann, Erich (1885—1930), Ingenieur und Flugpionier 54 Oras, Paul Ju. (1897—1936), Sowjet. Marineoffizier 2 3 6 - 2 3 8 , 243 Orlov, Aleksandr G., Sowjet. Militärattache in Berlin 1935/36 180, 241, 243 f., 297, 300 Orlov, V.E., Verbindungsoffizier der Roten Luftflotte in Lipeck 1930/31 173
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Personenregister
Rabenau, Friedrich v. (1884—1945), Gen. d. Art. 1940 20, 37 Radek, Karl B. (1885—1939), Sowjet. Kominternfunktionär 29, 33, 47, 49, 5 7 - 5 9 , 64 f., 77, 82-86, 130, 271, 286 f., 295, 299 Radlmaier, Ludwig Ritter v. (1887—1943), Major, Leiter von Kama 1929—1932 191,194,196f., 303 Raeder, Erich (1876-1960), Admiral, Chef der ML von 1928—1935 245 Rajvicer, Zinovij N., Verbindungsoffizier der Roten Luftflotte in Lipeck 1925-1930 173,184, 213 Rakovskij, Christian G. (1873—1941), Sowjet. Botschafter in Paris 1926/27 155 Rall', Jurij F. (1890-1948), Kommandeur der Frunze-Marineschule 1929 241, 242 Rath, Hans-Joachim (1894—1968), Mitglied der Gruppe Fiebig 110, 117, 119 Rathenau, Walther (1867—1922), Reichsaußenminister 1922 30, 59 Rauschning, Hermann (1887—1982), Politiker u. Publizist 268 Rechberg, Arnold (1879—1947), Industrieller u. politischer Publizist 275 Reichelt, Berater beim sowjet. Volkskommissariat für Binnenschiffahrt 246 Reichenau, Walter v. (1884-1942), Oberst, Chef des Ministeramts ab 1934 216, 268f., 293, 305 Reimer, Georg (1888—1974), Korvettenkapitän, militärpolitischer Referent in der ML 1926 239 Reinhardt, Georg-Hans (1887—1963), Major, Ausbildungsoffizier der T 4 des TA 1931/32 225, 226, 261 Rennenkampf, Pavel K. (1854—1918), russ. General, Befehlshaber der 1. Neman-Armee 1914 213 Reusch, Paul (1868—1956), Schwerindustrieller (Gutehoffnungshütte) 73 Rimm, Karl M. (1891—1943), Sowjet. Nachrichtenoffizier 220 Rochinson, Vladimir M. (geb. 1896), Chemieoffizier der Roten Armee 141, 150, 200 Rogovskij, Nikolaj M., Chef der Artillerieverwaltung der Roten Armee 1932/33 236 Rosenberg, Alfred (1893—1946), Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP 1933—1945 286 Rosenberg, Arthur (1889—1943), kommunistischer Politiker u. Historiker 83, 149 Rozengol'c, Arkadij P. (1889—1938), Sowjet. Parteiu. Staatsfunktionär, Chef der Luftflotte 1923/ 24 20, 55, 56,57, 71f., 74,76f„ 83f„ 89f„ 91f„ 107-109, 271, 300
Roze-Skoblevskij, Petr A., Funktionär aus dem Militärapparat der Komintern 143—145 Rudzutak, Jan E. (1887—1938), Sowjet. Partei- u. Staatsfunktionär 157 Rumbold, Sir Horace G. (1869—1941), brit. Botschafter in Berlin 1928-1933 280f. Rundstedt, Gerd v. (1875—1953), Gen. Lt., Kommandeur der 3. Infanteriedivision 1932 215 Rykov, Aleksandr I. (1881—1938), Vorsitzender des Rats der Volkskommissare der UdSSR 1924-1929 130 Saalwächter, Alfred (1883—1945), Kpt.Lt. in der ML 1926 236 Sabanin, Andrej V. (1887—1939), Mitarbeiter des sowjet. Außenkommissariats 51 Sachsenberg, Gotthard (1891—1961), Junkers-Verteter, später MdR 54—57, 94 Sackin, Lazar' A. (1902—1937), sowjet. Komsomol-Funktionär u. Parteiideologe 157 Sageev, russ. Stationskommandant in Kama 191 SapoSnikov, Boris M. (1882-1945), Chef des Generalstabs der Roten Armee 1928—1931 44, 65, 72, 113, 163-165, 198, 212, 218—220, 226, 253, 261-263, 269, 300 Sarre, Friedrich (1865—1945), Kunsthistoriker u. Orientalist 50 Schäffer, Fritz (1888—1967), Staatssekretär im Reichsfinanzministerium 1930/31 232 Schanze, Ludwig (1896—1977), Oblt., Kama-Kursant 1929/30 303 Scheidemann, Philipp (1865—1939), sozialdemokratischer Politiker 146 Schiele, Martin (1870—1939), Reichsinnenminister 1925 124 Schleicher, Kurt v. (1882-1934), Gen.d.Inf., Reichswehrminister u. Reichskanzler 1932/33 53, 65, 144, 216, 272, 275, 283-285 Schlichting, Joachim, Lipecker Jungmärker 1933 299 Schlichting, Sigismund v. (1829—1909), preuß. General u. Militärschriftsteller 262 Schlieben, Otto v. (1875—1932), Reichsfinanzminister 1925 95 Schlieffen, Alfred Graf v. (1833-1913), preuß. Generalfeldmarschall u. Chef des Generalstabes von 1891-1905 224, 264 Schmerse, Paul, Direktor bei der Gutehoffnungshütte 1923 73 Schmitz, Otto (geb. 1879), Professor an der TU Braunschweig 229, 233
Personenregister Schoenebeck, Karl-August v. (1898—1989), Lt. a.D., Fluglehrer in Lipeck 122, 172, 184 Scholl, Junkersmitarbeiter 94, 110, 143 Schröder, Oblt. im 15. Inf.Rgt., Mitglied der Gruppe Fiebig 110 Schroth, Walter (1882—1944), Oberst an der Infanterieschule Dresden 1932 2/5 Schubert, Carl v. (1882—1947), Staatssekretär im AA 1924-1930 130f., 136f., 145, 147f., 228, 232, 272 Schubert, Kurt (1893—1970), Hptm., Lipeck-Kursant 1928 303 Schubert, Wilhelm (1879—1972), Major, Junkersmitarbeiter ab 1922 48, 49, 51, 53 f., 57, 59, 89, 94, 305 ' Schüttel, Lothar (1893—1969), Oblt. a.D., letzter Leiter der Zentrale Moskau 1932/33 206, 207, 290 f., 305 Schulenburg, Werner Graf v.d. (1875-1944), Botschafter in Moskau 1934—1941 297 f. Schwabedissen, Walter (1896—1989), Hptm. in der Fliegerinspektion des RWM 1930/31 184 Scolokov, Ivan I., Lehrer an der Moskauer 2ukovskij-Akademie 1925/26 114 Sedjakin,Aleksandr 1.(1893—1938), Abteilungschef im Generalstab der Roten Armee 1932 215,216 Seeckt, Hans v. (1866—1936), Generaloberst, Chef der HL 1920-1926 19f., 23f., 31-34, 3 6 - 3 8 , 42,44, 46-53, 56, 59f., 62—64,67f., 70—72,77, 85f„ 92 f., 103,119, 124,130,132-136, 138,141, 144 f., 147, 150, 158-160, 205, 217, 222, 262, 271, 273-276, 295, 297, 301 Segerkranc, Sergej K., Lehrer an der ZukovskijAkademie 1925 113 Seidemann, Hans (1902—1967), Oblt., LipeckKursant 1928 303 Semenov, sowjet. Gastoffizier 1925 208 Senftieben, Edwin, Oberstlt., Chef des Stabes beim HWA 1925/26 272 Sergeev, Andrej V. (1893-1933), Chef der Roten Luftflotte 1921/22 45 Serpokrylov, Michail S., Chef des Stabes eines Schützenkorps der Roten Armee 212 Setälä, Eemil N. (1864—1935), finn. Außenminister 1925/26 145 Severing, Carl (1875—1952), preuß. Innenminister 1920—1926 105 Siburg, Hans (1893—1976), Korvettenkapitän, Fliegerfachmann in der ML 1930/31 244, 245 Sikorski, Wladyslaw (1881—1943), poln. General u. Ministerpräsident 1922/23 277
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Simonov, Michail E., Chef des Stabes beim Chef Bewaffnung der Roten Armee 236 Simons, Walter (1861—1937), Reichsaußenminister 1920/21, 1922—1928 Präsident des Reichsgerichts 31, 96 Sinjavskij, Nikolaj M. (1891-1938), Chef des Nachrichtenwesens der Roten Armee 1931— 1935 208, 235 Skljanskij, Efraim M. (1892—1925), stellvertr. Kriegskommissar in der Roten Armee 1918— 1924 50, 64, 70f., 73f., 271 Slavin, Iosif E. (1893—1938), hoher Politoffizier der Roten Armee 274 Smagin, Chef der Abteilung für Auslandsverbindungen im Generalstab der Roten Armee 289, 291 f. Smirnov, Ivan N. (1880—1937), sowjet. Partei- u. Staatsfunktionär 73 f. Smirnov, Petr I. (1897—1939), sowjet. Marineoffizier 242, 243 Snesarev, Aleksandr E. (1865—1937), sowjet. Militärgeograph u. Orientalist 42, 113 f. Snitman, Lev A., stellvertr. sowjet. Militärattache in Berlin 1926-28 u. 1932/33 234, 254, 289, 296 Soldan, George (geb. 1878), Militärschriftsteller u. Mitarbeiter des Reichsarchivs 274 Sommer, Rudolf (geb. 1877), Konsul in Kiev 220 Sorge, Richard (1895—1944), deutscher Journalist u. sowjet. Spion 220 Spalcke, Karl (1891—1967), Major, Begleitoffizier sowjet. Kommandeure in Deutschland 24, 254, 298, 305, 307 Spalek, Paul, Direktor bei Junkers 54 Speidel, Wilhelm (1895-1970), Hptm. u. Fliegerfachmann im RWM 19,21,24,36,178,182,185, 248, 252, 266 f., 273, 289 f., 302, 304 Sperrle, Hugo (1885—1953), Major, Fliegeroffizier im TA 1925/26 122, 162 Spies, Rudolf (1895-1978), Ingenieur der ML 246 Spindler, Arno (1880-1967), KAdm. a.D., UBootfachmann der ML 138,236, 237,238f„ 242 Stahl, Carl (geb. 1877), leitender Patentingenieur bei Krupp 190 Stahr, Walter (1882-1948), Major a.D., Leiter der Fliegerschule Lipeck 1925—1930 120i., 122,171, 173, 176, 179 Stalin, Iosif V. (1879—1953), sowjet. Staats- u. Parteiführer 114,155,249f., 262,270,276,300 Stein, Bodo Frh. v. (1895-1973), Hptm. im 17. Infanterieregiment 212
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Personenregister
Stejn, Boris E. (1892—1961), Leiter der Mitteleuropa-Abteilung im sowjet. Außenkommissariat 155, 271 Steklov, Jurij M. (1873—1941), sowjet. Parteifunktionär u. Journalist 69 Stepanov, Vasilij A. (1886—1936), sowjet. Generalstabsoffizier 224 Sthamer, Friedrich (1856—1931), Botschafter in London 280 Stinnes, Hugo (1870-1924), Kohle- u. Stahlindustrieller 59, 83 Stoltzenberg, Hugo (1883—1974), Hamburger Giftgasunternehmer 68, 73 f., 80, 82, 84, 9 7 100, 102, 125, 146, 201, 277 Stomonjakov, Boris S. (1882—1941), Chef der sowjet. Handelsvertretung in Berlin 1921—1925 103, 130 Streccius, Alfred (1874—1944), Oberstlt. im 11. (Sachs.) Infanterieregiment 1926 176 Stresemann, Gustav (1878—1929), Reichsaußenminister 1923—1929 19 f., 26,30, 77, 84, 86,99, 106, 124, 129, 131-134,136 f., 144—148, 1 5 1 153, 155-157, 176f„ 190f., 198, 209, 272, 283, 287, 301 Student, Kurt (1890—1978), Hptm., Fliegeroffizier im RWM 24, 71, 107, 138, 140,161 f., 174, 272 Stülpnagel, Carl-Heinrich v. (1886-1944), Oberst, Chef der T 3 im TA 1933-1935 205,227, 264, 293 f., 297 Stülpnagel, Joachim v. (1880—1968), Oberstlt., Chef der T 1 im TA 1923-1925 67, 208 Stülpnagel, Otto v. (1878-1948), Gen.Maj., Chef der Inspektion der Verkehrstruppen 1929—1931 192, 193 f., 213, 247, 267, 295 Sulejman, Nikolaj A. (1878—1938), sowjet. Spezialist für das militärische Versorgungswesen 113 Suvorov, sowjet. Gastoffizier 1925 208 Svecin, Aleksandr A. (1878—1938), sowjet. Strategietheoretiker 114, 165 f., 261 Svecnikov, Michail S. (1882—1938), sowjet. Generalstabsoffizier u. Lehrer an der Frunze-Akademie 222, 260, 273 Teege, Willy (1898-1942), Oblt., Adjutant des Leiters von Kama 1931—1933 191 Tevosjan, Ivan F.(1902—1958), Sowjet. Praktikant bei der Firma Krupp 1930 230 Thalheimer, August (1884-1948), KPD-Funktionär u. Journalist 69, 83 Thiele, Ernst Arthur (geb. 1871), Ingenieur u. Industriesachverständiger 73, 81, 97
Thomale, Wolfgang (1900—1978), Oblt., KamaKursant 1933 303 Thomas, Georg (1890-1946), Oberstlt., Chef des Stabes des HWA 1932/33 49, 272, 288 Thuy, Emil (1894-1930), Oblt. a.D., Pour le merite-Flieger des Ersten Weltkrieges u. Testpilot 176, 182 Thyssen, August (1842—1926), Schwerindustrieller 86
Timosenko, Semen K. (1895—1970), Kommandeur eines Kavalleriekorps im Militärbezirk Weißrußland 214, 254, 300 Tippeiskirch, Werner v. (geb. 1891), Botschaftsrat an der Botschaft Moskau 234 Tjagunov, Ivan P., sowjet. Motorisierungsexperte 194, 306 Tkaiev, Ivan F., Offizier der Ausbildungsabteilung des Generalstabs der Roten Armee 226 Todorskij, Aleksandr I. (1894—1965), Kommandeur eines Schützenkorps der Roten Armee 1927/28 212 Tomson, Eduard M. (geb. 1891), Verbindungsoffizier der Roten Luftflotte in Lipeck 1931— 1933 173, 174 Trautloft Hans (geb. 1914), Lipecker Jungmärker 1932 303 Trautmann, Oskar (1877—1950), Leiter der Ostabteilung des AA 1930/31 232, 272, 297 Trepper, Wilhelm (1876-1932), Obern a.D., Leiter von Tomka 1929—1932 199,200, 202 f., 290 Treskow, Hans-Karl v. (+1932), Kpt.Lt., Marineflieger in Lipeck 1932 182 Triandafillov, Vladimir K. (1894—1931), Chef der Operationsabteilung des Generalstabs der Roten Armee 1923-1931 166f., 197, 210 Trifonov, A.P., Gehilfe des Chefs des Ausbildungswesens der Roten Armee 1932 215 Trockij, Lev D. (1879—1940), sowjet. Kriegskommissar 1918-1925 20,29,33,39,41,46,48,50f., 53-55, 58,61, 65, 69, 71, 73-76, 78, 84,108 f., 165, 269, 271, 276 Troeltsch, Ernst (1865—1923), evangelischer Theologe, 1919—1922 Unterstaatssekretär im preuß. Kultusministerium 31 Tschiang Kai-schek (1887—1975), chin. Staatsmann 297 Tschoeltsch, Ehrenfried (1893—1979), Hptm. Lipeck-Kursant 1928 303 Tschunke, Fritz (geb. 1883), Hptm., Offizier in der Sondergruppe Rußland des RWM 51,53, 56, 71, 73, 79f., 81 f., 97, 103
Personenregister Tuchacevskij, Michail N. (1893—1937), Chef des Generalstabs der Roten Armee 1925—1928, ab 1931 Chef Bewaffung 43, 48f., 163—168, 204, 208-210, 212, 215f., 221 f., 234, 236, 250, 253, 256f., 262, 265, 269f„ 288f„ 292f., 298-300 Tupolev, Andrej N. (1888—1972), Sowjet. Flugzeugkonstrukteur 96, 117, 185 Twardowski, Fritz v. (1890—1970), Botschaftsrat an der Botschaft Moskau 1929—1935 255,272, 293, 298 Uborevic, Ieronim P. (1896—1937), Chef Bewaffnung der Roten Armee 1930/31 24, 168, 209f., 222-224, 231-235, 249 f., 253, 258-260, 264, 269 f., 277, 298 f. Ulbricht, Gerhard, Pilot in Lipeck 1926/27 303 Unälicht, Iosif S. (1879-1938), stellvertr. Kriegskommissar 1925-1930 95 f., 123,135-139,142, 152, 188, 217, 222, 236—238, 270, 272, 300 Urickij.SemënP. (1895—1937), Sowjet. Korpskommandeur 1932/33 227f., 259, 264, 296, 298 f. Uiinskij, Boris N., Ausbildungsoffizier der Roten Armee 214 Vachmistrov, Vladimir S., Ingenieuroffizier der Roten Luftflotte 184 Vajner, Leonid Ja. (1897—1937), sowjet. Divisionskommandeur 215, 216 Vakuliü, Pavel I. (1890-1937), Offizier im Sowjet. Generalstab 222 Vasilevskij, Aleksandr M. (1895—1977), stellvertr. Chef der Operationsabteilung des Generalstabs der Roten Armee 1940/41 306 Varfolomeev, Nikolaj E. (1890—1941), sowjet. Militärtheoretiker 113 Veith, Karl (1894—1979), Hptm., Lipeck-Kursant 1928 303 Velikanov, Michail D. (1892[93>1938), stellvertr. Wehrbezirksbefehlshaber 213, 214, 253 Vencov-Kranc, Semën I., Chef des Stabes des Wehrbezirks Weißrußland 1932/33 226 Verchovskij, Aleksandr I. (1886—1938), Professor an der Frunze-Akademie, Militärtheoretikerl66 Viek, Karl, Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Viktorov, Michail V. (1893[94>1938), hoher sowjet. Marineoffizier 61 Vogt, Leopold, Hptm. im HWA 1923—1925 91 f. Vojkov, Pëtr L. (1888—1927), Botschafter der UdSSR in Warschau 1924-1927 155 Volckheim, Ernst, Oblt., Ausbilder in Kama 1932 194
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Volkmann, Hellmuth (1889—1940), Hptm. im HWA 1927/28 162, 272 Volkov, A.V., sowjet. Marineoffizier 241 Vollard-Bockelberg, Alfred v. (1874-1945), Gen. Lt., Chef des HWA 1929—1933 204, 216, 236, 271, 288 f., 295 Vorosilov, Kliment E. (1881—1969), sowjet. Kriegskommissar 1925-1940 163,167,180,184, 189f., 195, 200, 209-212, 218, 220f., 223f„ 230f., 233, 241,244,247,249f„ 253,255,258f., 262, 269, 271, 273 f. 276, 288—294, 298, 300 Vyäinskij, Andrej Ja. (1883—1954), Chefankläger in den stalinistischen Schauprozessen 1936—1938 48 Waurick, Bernhard, Journalist beim Berliner Tageblatt 53, 62 Weber, Ernst (1895-1969), Oblt., Lipeck-Kursant 1928 303 Wels, Otto (1873—1939), sozialdemokratischer Parteiführer 146 Wetzeil, Georg (1869-1947), Gen.Maj., Chef des TA 1926 103f., 136, 139, 147f., 221, 271 Wiedenfeld, Kurt (1871-1955), Vertreter der Reichsregierung in Moskau 1921/22 33, 52 Wiedfeldt, Otto (1871—1926), Direktoriumsmitglied bei Krupp 1921 52, 59 Wieland, Günther (1895-1975), Oblt., LipeckKursant 1928 303 Wilberg, Helmuth (1880-1941), Oberstlt., Fliegeroffizier im TA 90, 96, 107, 108, 162, 174 f., 177, 208 Wilke, Karl-Eduard (1901-1990), Oblt., LipeckKursant 1928 303 Wilmowsky, Tilo Frh. v. (1878-1966), Aufsichtsratsmitglied bei Krupp 190 Wimmer, Wilhelm (1889-1973), Major, Leiter des Fliegerpriifwesens im HWA 1929-1933 162, 185, 186, 272 Winnig, August (1878—1956), sozialdemokratischer Politiker Wirth, Fritz (geb. 1883), Leiter des Instituts für Gasanalyse an der TH Charlottenburg 124,139 Wirth, Joseph (1879-1956), Reichskanzler 1921/ 22 52f., 59 f., 62-64, 129, 149, 272 Wissell, Rudolf (1869—1962), sozialdemokratischer Politiker, Reichsarbeitsminister 1928— 1930 241 Witzeil, Carl (1884—1976), Kapt. z.S., Chef der Marinewaffenabteilung im Allgemeinen Marineamt 1930 244, 241
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Personenregister
Wolff, Otto ( 1 8 8 1 - 1 9 4 0 ) , Hütten- und Stahlindustrieller 233 Wolscht, Theodor, deutscher Student, wegen Spionageverdachts 1924/25 in Sowjet. Haft 143 Wülfing v. Ditten, Paul (1880-1953), Kapt. z.S., Chef der Zentralabteilung der M L 1 9 2 0 - 1 9 2 3 71, 236
Zenker, Hans (1870-1932), Admiial, Chef der M L 1 9 2 4 - 1 9 2 8 152, 239 Zetkin, Clara (1857—1933), Reichstagsabgeordnete der K P D ab 1920 134 ¿igur, Jan M . (1895-1937), Sowjet. Verbindungsoffizier in Tomka 200, 210, 270, 299 Zjuz'-Jakovenko, Jakov I. (1892—1937), Sowjet.
Wuest, Jacob W.S., Lt.Col., Militärattache der U S A in Berlin 216 Wurtzbacher, Ludwig (1870—1926), Gen.Maj., Chef des HWA von 1 9 2 0 - 1 9 2 6 53 f., 70, 92, 103, 271
Militärattache in Berlin 1931—1933 2/5,227,289 Zlobin, Vasilij M., Sowjet. Generalstabsoffizier, Militärautor 306 Zof, Vjaceslav I. ( 1 8 8 9 - 1 9 3 7 ) , Chef der Sowjet. Seestreitkräfte 1924—1926 61, 238, 240 Zonberg, 2an F. (1891—1938), Korpskommandeur der Roten Armee 1929/30 224 2ukov, Georgij K. (1896—1974), Sowjet. Heerführer des Zweiten Weltkrieges, Marschall der Sowjetunion 1943 115, 227 ¿ukovskij, Nikolaj E. (1847—1921), Aerodynamiker, >Vater der russischen Luftfahrt< 111
Zajonikovskij, Andrej M. (1862—1926), Sowjet. Militärhistoriker, Mitglied der Genua-Delegation 1922 60, 114 Zeleznjakov, Jakov M., Leiter der Artillerieabteilung beim Chef Bewaffnung der Roten Armee 235
Bildnachweis
Umschlagbild: Ullstein Bilderdienst, Nr. 530894 M. Abb. 1, 2: Günter Schmitt, Hugo Junkers und seine Flugzeuge, Stuttgart 1986, S. 33, 136; Abb. 3: Heribert Kunz und Rolf Dieter Müller, Giftgas gegen Abd el Krim, Freiburg 1990, S. 148; Abb 4: Hans Hackmack und Peter Riedel, Erlebte Röhngeschichte 1911—1926, Stuttgart 1977, S. 188; Abb. 5: Kladderadatsch (1926), 4; Abb. 6: Geheimunternehmen »Tomka«, BA-MA, 30-1/7, Nr. 1; Abb. 7: Rolf Dieter Müller, Das Tor zur Weltmacht, Boppard 1984, S. 172, Nr. 3; Abb. 8, 9: Walter J. Spielberger, Die Motorisierung der Deutschen Reichswehr 1920—1935, Stuttgart 1979, S. 264, 269; Abb 10: BA-MA, 30—1/9, N 40/31, Bl. 3 R; Abb 11, 35, 36: Karl-Heinz Völker, Dokumente und Dokumentarfotos zur Geschichte der deutschen Luftwaffe, Stuttgart 1968, Abb. 10, 44, 64; Abb. 12, 13, 16: BA-MA, 3 0 - 1 / 4 , Nr. 10, 15, 19; Abb 14,19: BA-MA, 30-1/2, Nr. 3,1; Abb 15,17: BA-MA, R H 2/2292, Bl. 16, Nr. 57, Bl. 59, Nr. 233; Abb. 18: BA-MA, 30-1/1; Abb. 20: BA-MA, R H 2/2452; Abb. 21, 75: Komandarm Uborevic, Moskau 1964, S. 201, Titelblatt; Abb 22: Barry Leach, German General Staff, New York 1973, S. 30; Abb. 23-34, 41-45, 52: Ernst Kabisch, Die Führer des Reichsheeres 1921 und 1931, Stuttgart 1931; Abb 37, 50, 51: Karl F. Hildebrand, Die Generale der deutschen Luftwaffe 1935—1945,3 Bde, Osnabrück 1990—1992, Bd 1, S. 280, Bd 2, S. 398, 412; Abb. 38—40: Hans H. Hildebrand und Ernest Henriot, Deutschlands Admirale 1849—1945, 3 Bde, Osnabrück 1988—1990, Bd 3, S. 356, Bd 1, S. 181, 140; Abb. 46: BA-MA, MSg 109/953; Abb. 47: Heinz J. Novarra, Die verbotenen Flugzeuge 1921—1935, Stuttgart 1980, S. 20; Abb. 48: BA-MA, MSg 109/1872; Abb. 49: BA-MA, Pers. 6/3543; Abb. 53: Privatbesitz Friedrich Radlmaier, Freising; Abb. 54: Dermot Bradley, Walther Wenck, Osnabrück 1985, S. 68; Abb. 55-58, 62, 67, 74, 79, 81, 93: Voenno-istoriceskij iurnal, (1962) 7, S. 70, (1964) 12, S. 120, (1979) 11, S. 93, (1962) 7, S. 69, (1962) 8, S. 127, (1973) 7, S. 125, (1964) 8, S. 113, (1970) 7, S. 49, (1970) 2, S. 112, (1973) 6, S. 49; Abb 59, 65, 70, 71, 76, 78, 85, 86, 91: Etapy dal'nogo puti, Moskau 1963, S. 38, 392, 435, 342, 321, 65,385, 506,181; Abb 60: Voennaja Akademija imeni Frunze, Moskau 1980, Fototeil nach S. 64; Abb 61: Sowjetunion 1935. Reden und Berichte, Moskau 1935, S. 414; Abb. 63, 87: Akademija General'nogo Itaba, Moskau 1976, Bildteil nach S. 64, 33; Abb. 63, 83: Akademija imeni M. V. Frunze, Moskau 1973, S. 60, 93; Abb 66: Olaf Groehler, Geschichte des Luftkriegs, (Ost-)Berlin 1981, S. 133; Abb 68: Sovetskie tankisty, Moskau 1954, S. 32; Abb 69, 77: BA-MA, R H 2/2426, Bl. 35 RS, Bl. 24; Abb 72; M. V. Zacharov, General'nyi Stab v predvoennye gody, Moskau 1989, Bildteil nach S. 160; Abb. 73, 84, 90: A. Kavtaradze, Voennye specialisty, Moskau 1988, Bildteil; Abb. 80: Kievskij krasnoznamennyi, Moskau 1974, S. 73; Abb. 82, 92: Komandarm Jakir, Moskau 1963, S. 80, 81; Abb. 88: P.Ja. Egorov, Marsal Mereckov, Moskau 1974, S. 33; Abb 89: G.K. Shukow, Erinnerungen und Gedanken, Bd 1 (Ost-)Berlin 1969, Bildteil nach S. 192; Abb 94: P. I. Mus'jakov, Flagman Konstantin Dusenov, Moskau 1966, S. 102; Abb. 95: Z. T. Peresypkin, Voennaja radiosvjaz', Moskau 1962, S. 127; Abb. 96: P. L. Samojlovic, Vo l'dach Arktiki, Leningrad 3 1934, S. 25; Abb 97, 98: Boevoj put' sovetskogo voenno-morskogo flota, Moskau 1967, S. 337, 103.