Reichskommissariat Norwegen: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft [Reprint 2015 ed.] 9783486596083, 9783486564884

Robert Bohn analysiert die deutsche Besatzungspolitik in Norwegen von 1940 bis 1945 erstmals auf der Basis aller verfügb

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German Pages 518 [520] Year 2000

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Table of contents :
Vorwort
Danksagung
Einleitung
1. Zwei Explosionen
2. Die deutsche Okkupation Norwegens und die historische Forschung
I. Der Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete
1. »Früher war ich ein kleiner Bankbeamter — und jetzt, das ist doch was«
2. Terboven und die Wehrmacht in Norwege
3. Terboven und Quisling
II. »Arbeiten Sie so, daß Sie die Norweger für mich gewinnen!« — Das Instrumentarium der Herrschaft Terbovens
1. Die Behörde des Reichskommissars
a) Entstehung und Aufbau
b) Die Hauptabteilungen
c) Außendienststellen
2. Der Höhere SS- und Polizeiführer
3. Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst
a) Organisation
b) Gestapo
c) Sicherheitsdienst
4. Das SS- und Polizeigericht
a) Entstehung
b) Ausweitung der Zuständigkeit auf die norwegische Zivilbevölkerung
c) Verhältnis zur Sicherheitspolizei
d) Gerichtspraxis
e) X-Häftlinge
f) Verfahrensübersicht
5. Der Einsatzstab
III. Norwegen in den deutschen großraumwirtschaftlichen Plänen
1. Der »Großwirtschaftsraum« und die Struktur der norwegischen Wirtschaft
a) Der »Großwirtschaftsraum«
b) Die norwegische Wirtschaftsstruktur
2. Interessen und Einfluß der Reichsbehörden
a) Die Wehrmacht
b) Die Ministerialbürokratie
c) Der Beauftragte für den Vierjahresplan
d) Der Reichskommissar für die Preisbildung
e) Das Reichswirtschaftsministerium
f) Das Reichsernährungsministerium
g) Das Reichsfinanzministerium
h) Die Reichsbank
i) Das Ministerium Speer
IV. Die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft
1. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft — die Lenkungsinstanz für die norwegische Wirtschaft
a) Entstehung und organisatorischer Aufbau
b) Neustrukturierung unter Carlo Otte
c) Parteifunktionäre vs. Fachbeamte
d) Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und ihre Gegenspieler im Reichskommissariat
e) Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die norwegischen Wirtschaftsinteressen
2. Wirtschaftslenkung und Kriegswirtschaft
a) Krisenbevorratung
b) Reglementierung des Waren- und Arbeitsmarktes Warenmarkt
c) Norwegen als Experimentierfeld der deutschen Preispolitik
3. Deutsche und norwegische Wirtschaftsinteressen
a) Kooperation und Profit
b) Deutsche Handelsoffensive
c) Deutsche Handelskammer in Norwegen
d) Fischwirtschaft
e) Norwegens Außenhandelsbeziehungen im Berliner Zentralclearing
f) Die Beschlagnahme »feindlichen Vermögens«
V. Finanzpolitik als Mittel der Besatzungspolitik
1. Die Frage der Besatzungskostenfinanzierung
a) Das Ringen um die Wehrmachtausgaben in den ersten Monaten der Besetzung
b) Besprechungen über die Besatzungskostenfinanzierung im Herbst 1940
c) Die weitere Entwicklung
2. Die Auswirkungen des Kronenverbrauchs auf die norwegischen Währungsverhältnisse
3. Die Heranziehung des norwegischen Staatshaushalts zu den Besatzungskosten
a) Eingriffe in den norwegischen Staatshaushalt
b) Unmittelbare und mittelbare Beiträge zu den deutschen Ausgaben
c) Kaufkraftschaffung und Kaufkraftabschöpfung
d) Steuerreform oder die »Vollendung Norwegens zum modernen Staat«
4. Die Finanzpolitik der Nasjonal Samling
a) Gleichschaltung
b) Besatzungskostenbeiträge
VI. Wehrmacht und Wirtschaft
1. »Festung Norwegen«
a) Straßenbau
b) Bahnbau
c) Befestigungsbau
2. Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern
3. Wehrmachtversorgung
VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie
1. Görings Sonderinteresse: Das Reichsluftfahrtministerium und der Leichtmetallausbau in Norwegen
a) Der Koppenbergplan
b) Terbovens Pläne für einen Elektrizitätsausbau
c) Terboven und der Koppenbergplan
d) Das Scheitern Koppenbergs
e) Der Westrickplan
f) Verhandlungen über Konzessionsfrage und Kapitalbeschaffung
2. Die Ausbeutung der norwegischen Rohstoffindustrie 1940/41
3. Norwegens Rohstoffindustrie in der Zentralen Planung 1942 bis 1945
a) Das Lieferprogramm 1942/43
b) Rohstoffausfuhr und Kohleversorgung
c) Das Lieferprogramm 1943/44 und die totale Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft
4. Rohstoffindustrie und Sabotage
Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der Diagramme, Tabellen und Tafeln
Quellen und Literatur
Personenregister
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Reichskommissariat Norwegen: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft [Reprint 2015 ed.]
 9783486596083, 9783486564884

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Bohn · Reichskommissatiat Norwegen

Beiträge zur Militärgeschichte Herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt Band 54

R. Oldenbourg Verlag München 2000

Reichskommissariat Norwegen »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

Von Robert Bohn

R. Oldenbourg Verlag München 2000

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Robert Bohn: Reichskommsissariat Norwegen. »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft / von Robert Bohn. - München : Oldenbourg, 2000 (Beiträge zur Militärgeschichte ; Bd. 54) ISBN 3-486-56488-9

© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Militärgeschichtliches Forschungamt, Potsdam Druck und Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-56488-9

Inhalt Vorwort

IX

Danksagung Einleitung 1. Zwei Explosionen 2. Die deutsche Okkupation Norwegens und die historische Forschung

XI 1 1 14

I.

31

Der Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete 1. »Früher war ich ein kleiner Bankbeamter — und jet2t, das ist doch was« 2. Terboven und die Wehrmacht in Norwegen 3. Terboven und Quisling

II. 1.

2. 3.

4.

5.

»Arbeiten Sie so, daß Sie die Norweger für mich gewinnen!« — Das Instrumentarium der Herrschaft Terbovens Die Behörde des Reichskommissars a) Entstehung und Aufbau b) Die Hauptabteilungen c) Außendienststellen Der Höhere SS- und Polizeifuhrer Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst a) Organisation b) Gestapo c) Sicherheitsdienst Das SS- und Polizeigericht a) Entstehung b) Ausweitung der Zuständigkeit auf die norwegische Zivilbevölkerung c) Verhältnis zur Sicherheitspolizei d) Gerichtspraxis e) X-Häftlinge f) Verfahrensübersicht Der Einsatzstab

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VI

Inhalt

III.

Norwegen in den deutschen großraumwirtschaftlichen Plänen 1. Der »Großwirtschaftsraum« und die Struktur der norwegischen Wirtschaft a) Der »Großwirtschaftsraum« b) Die norwegische Wirtschaftsstruktur 2. Interessen und Einfluß der Reichsbehörden a) Die Wehrmacht b) Die Ministerialbürokratie c) Der Beauftragte für den Vierjahresplan d) Der Reichskommissar für die Preisbildung e) Das Reichswirtschaftsministerium f) Das Reichsernährungsministerium g) Das Reichsfinanzministerium h) Die Reichsbank i) Das Ministerium Speer

IV.

Die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft 1. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft — die Lenkungsinstanz für die norwegische Wirtschaft a) Entstehung und organisatorischer Aufbau b) Neustrukturierung unter Carlo Otte c) Parteifunktionäre vs. Fachbeamte d) Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und ihre Gegenspieler im Reichskommissariat e) Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die norwegischen Wirtschaftsinteressen Die Hauptabteilung Volkswirtschaft im Machtkampf zwischen Reichskommissariat und Wehrmacht Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die norwegischen Behörden Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die Wirtschaftspolitik der Nasjonal Sämling 2. Wirtschaftslenkung und Kriegswirtschaft a) Krisenbevorratung b) Reglementierung des Waren-und Arbeitsmarktes Warenmarkt Arbeitsmarkt c) Norwegen als Experimentierfeld der deutschen Preispolitik 3. Deutsche und norwegische Wirtschaftsinteressen a) Kooperation und Profit b) Deutsche Handelsoffensive c) Deutsche Handelskammer in Norwegen d) Fischwirtschaft

121 121 121 128 135 136 140 141 144 147 150 151 154 156 159 159 159 162 173 179 188 188 194 197 217 217 218 218 226 245 260 260 271 273 276

Inhalt

e) Norwegens Außenhandelsbeziehungen im Berliner Zentralclearing f) Die Beschlagnahme »feindlichen Vermögens« V.

VI.

Finanzpolitik als Mittel der Besatzungspolitik 1. Die Frage der Besatzungskostenfinanzierung a) Das Ringen um die Wehrmachtausgaben in den ersten Monaten der Besetzung b) Besprechungen über die Besatzungskostenfinanzierung im Herbst 1940 c) Die weitere Entwicklung 2. Die Auswirkungen des Kronenverbrauchs auf die norwegischen Währungsverhältnisse 3. Die Heranziehung des norwegischen Staatshaushalts zu den Besätzungskosten a) Eingriffe in den norwegischen Staatshaushalt b) Unmittelbare und mittelbare Beiträge zu den deutschen Ausgaben c) Kaufkraftschaffung und Kaufkraftabschöpfung d) Steuerreform oder die »Vollendung Norwegens zum modernen Staat« 4. Die Finanzpolitik der Nasjonal Sämling a) Gleichschaltung b) Besatzungskostenbeiträge Wehrmacht und Wirtschaft 1. »Festung Norwegen« a) Straßenbau b) Bahnbau c) Befestigungsbau 2. Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern 3. Wehrmachtversorgung

VII.

Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie 1. Görings Sonderinteresse: Das Reichsluftfahrtministerium und der Leichtmetallausbau in Norwegen a) Der Koppenbergplan b) Terbovens Pläne für einen Elektrizitätsausbau c) Terboven und der Koppenbergplan d) Das Scheitern Koppenbergs e) Der Westrickplan f) Verhandlungen über Konzessionsfrage und Kapitalbeschaffung 2. Die Ausbeutung der norwegischen Rohstoffindustrie 1940/41

VII

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Vili

Inhalt

3. Norwegens Rohstoffindustrie in der Zentralen Planung 1942 bis 1945 a) Das Lieferprogramm 1942/43 b) Rohstoffausfuhr und Kohleversorgung c) Das Lieferprogramm 1943/44 und die totale Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft 4. Rohstoffindustrie und Sabotage

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Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

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Abkürzungsverzeichnis Verzeichnis der Diagramme, Tabellen und Tafeln Quellen und Literatur Personenregister

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Vorwort Der Beginn der Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen während des Zweiten Weltkrieges jährt sich im April 2000 zum sechzigsten Mal. In zeitlicher Nähe zu diesem Ereignis veröffentlicht das Militärgeschichtliche Forschungsamt mit dem vorliegenden Band die Habilitationsschrift des Kieler Historikers Robert Bohn, die sich der fünf Jahre und einen Monat dauernden deutschen Okkupationsherrschaft in Norwegen zuwendet. Die »Weserübung«, der spektakuläre militärische Auftakt der Invasion, gilt seit längerem — vor allem durch deutsche und norwegische Arbeiten — als hinlänglich erforscht; gleiches trifft zu für die Phase nach der Errichtung des »Reichskommissariates für die besetzten norwegischen Gebiete« im April 1940 bis zur Einsetzung von sogenannten »Kommissarischen Staatsräten« im September des gleichen Jahres. Das folgende Geschehen in Norwegen bis zur deutschen Kapitulation im Mai 1945 war im wesentlichen eine Domäne der norwegischen Forschung, der eine sehr intensive Durchleuchtung der Ereignisse und Strukturen der Besatzungsjahre zu verdanken ist. Gleichwohl fehlte bislang eine an die grundlegenden Arbeiten etwa von Magne Skodvin und Hans-Dietrich Loock anschließende eingehende Untersuchung des Reichskommissariates als Besatzungsinstrument zwischen »Nationalsozialistischer Neuordnung< und Kriegswirtschaft«. Dieser Aufgabe hat sich Robert Bohn auf einer sehr breiten Aktengrundlage angenommen. Seiner Themenvorgabe entsprechend zeichnet er einerseits die Versuche nach, die norwegische Gesellschaft einer politischen und gesellschaftlichen Gleichschaltung zu unterziehen. Diese letztlich gescheiterte nationalsozialistische Besatzungspolitik ist auf deutscher Seite untrennbar mit der Person des Reichskommissars Josef Terboven verbunden. Gleichzeitig zeigte sich dieser — nach Goebbels' Formulierung — »unumschränkte Herr von Norwegen« aber auch als »geschickter und selbstbewußter Wirtschaftspolitiker«. So arbeitet der Verfasser andererseits die mit Andauern des Krieges immer wichtiger werdende, schließlich sogar »überragende Bedeutung« Norwegens für die deutsche Kriegswirtschaft heraus — ein Gesichtspunkt, hinter dem der anfänglich als entscheidend angesehene geostrategische Stellenwert Norwegens für die deutsche Kriegführung allmählich verblaßte. Die rücksichtslose wirtschaftliche Ausbeutung der eroberten Gebiete wurde, wie auch aus dem fünften Band der vom MGFA herausgegebenen Reihe »Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg« zu ersehen ist, zur Hauptaufgabe der deutschen Besatzungsverwaltungen während des Zweiten Weltkrieges. Bohns Darstellung und Analyse der deutschen Vorhaben auf finanzpolitischem und rüstungswirtschaftlichem Gebiet sowie der gewaltigen Forderungen der

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Vorwort

Wehrmacht fuhren in eindringlicher Weise vor Augen, wie sehr die Bevölkerung und die gesamte Gesellschaft Norwegens auf vielfaltige und zum Teil schmerzhafte Weise unter dem von Deutschland entfachten Krieg und seinen Konsequenzen zu leiden hatten. Dieser Aspekt ist in der deutschen Forschungsliteratur zum besetzten Norwegen lange Jahre vernachlässigt worden. Ich danke dem Autor fur die gute Zusammenarbeit mit dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt bei der Herausgabe dieses Bandes und wünsche seinem Werk die gebotene Aufmerksamkeit in der Fachwelt und interessierten Öffentlichkeit. Darüber hinaus bin ich dem Lektor des Bandes, Herrn Dr. Hans-Joachim Beth, sowie dem Grafiker, Herrn Harald Wolf, für ihre wertvolle Mitarbeit verbunden. Dem Leiter Schriftleitung, Herrn Dr. Arnim Lang, und dem Leiter Zeichenstelle des MGFA, Herrn Dipl.-Ing. Bernd Nogli, danke ich für die bewährte Koordination der Arbeiten an Text und Grafiken. Frau Antje Lorenz sei für das Engagement bei Texterfassung und Satzgestaltung gedankt.

Friedhelm Klein M.A. Oberst i.G. und Amtschef des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes

Danksagung Das Manuskript des vorliegenden Buches wurde im Januar 1994 abgeschlossen und von der Philosophischen Fakultät der Universität Kiel als Habilitationsschrift: angenommen. Die seitdem erschienenen Publikationen sind — soweit von Belang — bei der Drucklegung berücksichtigt worden. Terminarbeiten, Lehrstuhlvertretung, die Übernahme neuer Aufgaben am Institut für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte (Schleswig), schließlich auch Finanzierungsfragen haben die Drucklegung immer wieder verzögert Dafür, daß sie letztlich doch realisiert werden konnte, danke ich dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam, insbesondere seinem Amtschef Oberst i.G. Friedhelm Klein MA. und dessen Schriftleiter Arnim Lang. Hans-Joachim Beth (Berlin) danke ich für die sorgfältige und kenntnisreiche Lektorierung des Textes. Beim Abfassen dieser Schrift sind mir von den Freunden und Kollegen Jürgen Elvert (Kiel), Martin Moll (Graz) und Fritz Petrick (Greifswald) stets Rat und Ermunterung zuteil geworden. Ihnen möchte ich dafür herzlich danken — insbesondere auch für kritische Hinweise und Anregungen. Hain Rebas (Kiel/Göteborg) danke ich für das Vertrauen und die Loyalität zu seinem Assistenten und für die Gewährung des Freiraumes, der ein kontinuierliches Arbeiten in den Archiven ermöglichte. Während meines zweisemestrigen Aufenthaltes in Oslo 1991/92 ist mir dort am Historischen Institut der Universität, im norwegischen Reichsarchiv und im Archiv des norwegischen Widerstandsmuseums stets eine große Hilfsbereitschaft zuteil geworden. Namentlich danken möchte ich Ole Κ. Grimnes, Hâkon Hovstad, Helge Paulsen, Ole Kolsrud, Anne Karin Sonsteby und Arnfinn Moland und mit ihnen den Institutionen, die sie repräsentieren. Zu großem Dank verpflichtet bin ich dem Norwegischen Forschungsrat für die Gewährung eines achtmonatigen Forschungsstipendiums, das mich erst in die Lage versetzte, das norwegische Archivmaterial gründlich zu studieren. Gleichermaßen danken möchte ich der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine Sachbeihilfe, mit der ich meine Archivreisen in Deutschland finanzieren konnte. Den Damen und Herren in den von mir benutzten deutschen Archiven und Bibliotheken sei hiermit ebenfalls für ihre Unterstützung gedankt. Rolf Ingebrigtsen (f) ließ mich in seinem Privatarchiv (Alfa Bibliotek Oslo) arbeiten, wofür ich ebenfalls meinen Dank aussprechen möchte. Meiner Frau Ingrid schließlich danke für ihre Geduld und intellektuelle Unterstützung und meinen Söhnen Niklas und Daniel, die leider schneller wuchsen als das Manuskript, für Zerstreuung und den steten Beweis, daß es wichtigere Dinge im Leben gibt als Wissenschaft. Kiel, im April 2000

Robert Bohn

Einleitung 1. Zwei Explosionen Josef Terboven, der »Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete«, war 47 Jahre alt, als er kurz vor Mitternacht des 8. Mai 1945 im Bunker seiner Residenz, dem vor den Toren Oslos gelegenen Kronprinzenpalais Skaugum, seinem Leben mit einer Ladung Dynamit ein Ende setzte. Am vorangegangenen Abend hatte das neue Staatsoberhaupt des Großdeutschen Reiches, Großadmiral Karl Dönitz, ihn fernmündlich mit Ablauf dieses Tages seines Postens enthoben und seine Behörde für aufgelöst erklärt. Noch vier Tage zuvor, am 3. Mai, war Terboven in Flensburg-Mürwik, dem Hauptquartier der neuen deutschen Führung, gewesen. Dort hatten sich außer ihm der Bremer Gauleiter (Weser-Ems) und Oberste Reichsverteidigungskommissar für Norddeutschland, Paul Wegener, sowie der Bevollmächtigte des Deutschen Reiches in Dänemark, Dr. Werner Best, sowie die beiden Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen und Dänemark, Böhme und Lindemann, bei Dönitz eingefunden, um darüber zu beraten, wie die unabwendbare Kapitulation im Norden herbeigeführt werden sollte1. Mit der britischen 21. Heeresgruppe, die unter dem Befehl Feldmarschall Montgomerys stand, hatte Dönitz bereits Verhandlungen über eine Waffenruhe einleiten lassen, die am 4. Mai zu der (mündlichen) Vereinbarung führten, daß am frühen 5. Mai im Operationsgebiet der 21. Heeresgruppe (Holland, Norddeutschland, Dänemark) die Waffen schweigen sollten2. In der Besprechung am 3. Mai ging es um die Frage, wie sich die in Norwegen stehenden deutschen Truppen, immerhin rund 400 000 Mann, verhalten sollten. Terboven war gegen eine bedingungslose Kapitulation in seinem Herrschaftsbereich und versuchte seine Gesprächspartner zu überzeugen, in Norwegen den »letzten anständigen Kampf« zu führen, »bis zum letzten Mann und zur letzten Patrone«3. Nicht nur die beiden Wehrmachtbefehlshaber Böhme und Lindemann,

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IfZ, ZS 207/1, Eidesstattliche Erklärung Dr. Werner Bests in Nürnberg, 28.4.1948; Moll, Kapitulation oder heroischer Endkampf in der »Festung Norwegen«?, S. 72 f. Über das Zustandekommen siehe Jürgensen, Kriegsende 1945 in Schleswig-Holstein und in Dänemark, S. 2 7 1 - 2 8 1 . RAO, Landssvikarkivet, H 16645, Erklärung von Herbert Noot (Chef der Abt. III — Sicherheitsdienst — beim BdS/SD in Oslo) gegenüber den norwegischen polizeilichen Untersuchungsbehörden: Besprechung zwischen Terboven und Dönitz vor der Kapitulation, Oslo/Akershus, 15.9.1945; Ν HM, boks 152, PWIS N/28: Report on Investigations into the Possibilities of Post-capitulation-planning or Resistance by the Germans in Norway prior to the Capitulation, Oct. 1945.

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Einleitung

sondern auch die Chefs des OKW, Wilhelm Keitel, und des Wehrmachtführungsstabes, Alfred Jodl, sollen diesen Vorstellungen im Grunde positiv gegenübergestanden haben. Doch Terboven drang damit bei Dönitz und den neuen politischen Führern nicht durch. Vor allem Best und der neue Leitende Reichsminister (d.h. faktische Reichskan2ler) Schwerin von Krosigk sollen sich bei Dönitz für das Niederlegen der Waffen stark gemacht haben4. Selbst Terbovens langjähriger Intimus Karl Kaufmann, der Gauleiter und Reichsstatthalter von Hamburg, hatte sich von diesem Ansinnen eines »heroischen Endkampfes« distanziert und Hamburg den britischen Truppen übergeben5. Wann genau und warum Dönitz dann den Entschluß faßte, in und um Norwegen keine Schlacht mehr zu fuhren, kann nicht eindeutig erschlossen werden. Am 5. Mai war Terboven wieder in Oslo. Am Nachmittag versammelte er die Hauptabteilungsleiter seiner Behörde sowie die Befehlshaber der Sicherheits- und Ordnungspolizei um sich und berichtete über den Verlauf der Flensburger Gespräche. Dabei ließ er jedoch seine Mitarbeiter im unklaren darüber, daß die militärische Kapitulation beschlossene Sache war. Er teilte als Ergebnis lediglich mit, daß die Reichsregierung Norwegen so lange wie möglich als Faustpfand bei Verhandlungen mit den Alliierten behalten wolle. Es hänge daher alles davon ab, so berichtete sein Hauptabteilungsleiter Verwaltung, Hans-Reinhard Koch, später den norwegischen Untersuchungsbehörden, daß die Geschäfte im Reichskommissariat weiterhin diszipliniert ausgeübt und dem Gegner keine Verfallssymptome gezeigt würden6. Nach Kochs Aussage waren sich die Hauptabteilungsleiter jedoch einig darin, daß »das Spiel verloren« war und daß auch Terboven dies im Grunde eingesehen hatte. Es sei ihm jetzt mit diesen Durchhalteparolen lediglich noch darum gegangen, seine Rolle als »alter Kämpfer« seinem Naturell und seinen Anschauungen gemäß zu Ende zu spielen. Auch wenn er persönlich den Kampf in Norwegen gern fortgesetzt hätte, so sei ihm doch klar gewesen, daß er ohne die Wehrmacht, die ihre eindeutigen Befehle aus Flensburg hatte, nichts ausrichten konnte. Nach dem Eintreffen des Absetzungsbescheids am 7. Mai rief Terboven Koch zu sich und übergab ihm die Geschäfte des Reichskommissariats mit dem Auftrag, die Behörde in die Befehlsgewalt des Wehrmachtbefehlshabers, General Böhme, zu überführen, wie Dönitz dies verlangt hatte. Terboven zog sich daraufhin in seine Residenz Skaugum zurück. Die Ereignisse dort in den nachfolgenden Stunden und das Ende Terbovens lassen sich durch die Aussagen verschiedener Angehöriger der Sicherheitspolizei, des Wachkommandos des Sicherheitsdienstes und aufgrund der Untersuchungsakten der norwegischen Widerstandsbewegung rekonstruieren7:

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IfZ, ZS 207/1, Eidesstattliche Erklärung Dr. Werner Bests in Nürnberg, 28.4.1948. Siehe hierzu auch die Artikelfolge Schwerin von Krosigks in: Christ und Welt, April 1955. Siehe dazu BA, Ζ 42 1/263, Spruchgerichtsakten Karl Kaufmann, Anklageschrift der Spruchkammer Bielefeld gegen den ehem. Gauleiter Kaufmann, 20.7.1948. NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch: Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945, pag. 38 f. NHM, F/II, boks 20, Erklärung Friedrich Barthel gegenüber der MilitärpoÜ2ei, Oslo, 10.5.1945; NHM, boks 152, PWIS N/61: Report on Interrogation of Krimlnsp. & SS-HStuf. Friedrich

Einleitung

3

Über den Nachmittag regelte Terboven die Abwicklung seiner Behörde und die Vernichtung der in seiner Residenz befindlichen Akten. Abends zog er sich mit Alkohol und einem englischen Kriminalroman in seine Privaträume zurück8. Vorher hatte er noch Anweisung an den Chef seines Wachkommandos gegeben, ausreichend Sprengstoff mit einer fünf Meter langen Lunte in den hinter der Residenz im Park gelegenen kleinen Bunker zu bringen. In diesen begab er sich kurz nach 23 Uhr ebenfalls. Etwa 20 Minuten später war in Skaugum eine kräftige Explosion zu hören, mit der das Leben Terbovens und mit ihm seine Verwaltungsbehörde für die besetzten norwegischen Gebiete endete. Mit einer Explosion hatte auch alles begonnen. Ziemlich genau fünf Jahre vorher brachte am frühen Morgen des 9. April 1940 eine Explosion den erst kurz zuvor fertiggestellten Schweren Kreuzer »Blücher« in der Drobakenge im inneren Oslofjord zum Kentern. Da die deutsche Marineführung glaubte, daß die an dieser Stelle postierten norwegischen Batterien das Feuer nicht eröffnen würden, fuhr das Schiff an der Spitze jenes Verbandes, der bei der deutschen Invasion die norwegische Hauptstadt in Besitz nehmen sollte9. Die Folgen der Torpedierung der »Blücher«, auf der sich auch die deutschen Kommandostäbe befanden, waren schicksalhaft — nicht nur für die über 1000 Soldaten, die im eisigen Wasser des Oslofjords versanken. Der ganze Operationsablauf im Raum Oslo wurde entscheidend durcheinandergebracht und zeitlich verzögert. Eine überraschende Besetzung der norwegischen Hauptstadt, wie im Falle Kopenhagens, war nun nicht mehr möglich. König, Regierung und einigen Abgeordneten des Storting blieb Zeit genug, sich am Vormittag des 9. April ins Landesinnere nach Elverum abzusetzen und Mobilmachungsmaßnahmen einzuleiten. Dem deutschen Gesandten Dr. Curt Bräuer, der dem norwegischen Außenminister Halvdan Koht wie vorgesehen exakt um 5.20 Uhr das deutsche Memorandum überreichte, das die norwegische Regierung über die deutschen Absichten unterrichtete (»kommen nicht in feindlicher Absicht«) und unter anderem aufforderte, »mit größter Beschleunigung alle Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß das Vorgehen der deutschen Truppen ohne Reibung und Schwierigkeiten er-

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Barthel ... of the Reichssicherheitsdienst (Escort Group 11 — Terboven), Akershus Prison, 11.2.1946. Es muß etwa so gewesen sein, wie Albert Speer Terboven einige Wochen zuvor in Berlin anläßlich einer Besprechung im Hotel Adlon erlebt hatte: »Ich erinnerte mich. An das unaufgeräumte Zimmer, an den Mann, der mit offener Uniformjacke auf dem Sofa saß, um sich herum ein Durcheinander von Wein- und Schnapsflaschen. Anstatt mit uns über seine Probleme zu verhandeln, machte er makabre Witze über das bevorstehende Ende. [...] Mir scheint es ganz bezeichnend für einen Alten Kämpfer: Aus dem Gefühl der verratenen Idee in den Suff geflohen, und dann Sprengstoff« (Speer, Spandauer Tagebücher, S. 358). Über den Untergang der »Blücher« siehe BA-MA, RH 2 4 - 2 1 / 3 0 und 31, Erlebnisberichte des vorausbeförderten Personals des Gruppenkommandos XXI über die Fahrt der »Blücher« von der Einschiffung bis zum Untergang (6.-9.4.1940). Der Untergang des Schweren Kreuzers könnte gleichsam als Menetekel für das Los der anderen deutschen Großkampfschiffe in norwegischen Gewässern in den folgenden fünf Jahren aufgefaßt werden. Zum »Schicksalsgebiet« der Kriegsmarine siehe Salewski, Das Ende der deutschen Schlachtschiffe im Zweiten Weltkrieg, S. 53 - 73. Zum Ablauf des Feldzuges der Wehrmacht in Norwegen siehe Hubatsch, »Weserübung«, 2. Aufl.

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Einleitung

folgen kann«10, war es aufgrund der Geschehnisse im Oslofjord jetzt auch nicht wie geplant möglich, den Forderungen mit deutschem Militär Nachdruck zu verleihen und notfalls die Regierung festzusetzen. Im negativen Sinne gewichtiger für die künftige Gestaltung der Besatzungsherrschaft war ein anderes Ereignis dieses Tages. Vidkun Quisling, der Chef der Nasjonal Sämling (NS), nutzte die im Zusammenhang mit dem Untergang der »Blücher« entstandene allgemeine Verwirrung, entgegen seiner Gewohnheit eine schnelle Entscheidung zu treffen 11 . Ohne Absprache mit Wehrmacht und deutscher Gesandtschaft 12 rief er sich selbst über den Rundfunk zum norwegischen Ministerpräsidenten aus, verkündete die Bildung einer »nationalen Regierung«, bestehend aus einigen seiner Getreuen, und erklärte die geflüchtete Regierung für abgesetzt. Doch irgendeine faktische Macht erlangte er in den folgenden Tagen nicht, denn der Behördenapparat beachtete ihn nicht weiter und außerdem konnte er nicht einmal seine engsten politischen Gefolgsleute um sich scharen. Diese waren nämlich entweder gar nicht in der Hauptstadt13 und konnten aufgrund der Kämpfe auch nicht dorthin kommen, einige verhielten sich sogar demonstrativ abwartend oder nahmen öffentlich Abstand von Quislings Regierungsbildung14. So konnte Quisling auch keinen »nationalen Revolutionsstab« bilden, wie er es beabsichtigt hatte. Selbst das deutsche Militär in Oslo hielt sich lieber an die legale lokale Administration15, worüber sich Viljam Hagelin, der engste politische Mitarbeiter Quislings und in dessen »Kabinett« Wirtschaftsminister, während seines

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Pol.Arch. AA, Gesandtschaft Oslo, Paket 245/18, Besetzung Norwegens, Memorandum der deutschen Regierung an die Regierung des Königreiches Norwegen, 9.4.1940. Das Memorandum ist auch abgedruckt in IMT, Bd 39, S. 56, Dok. TC-55. Quisling, der ehemalige Generalstabsoffizier und Mitarbeiter von Fritjof Nansens Rußlandhilfe, war im Frühjahr 1940 in Norwegen ein politischer Außenseiter, der sich im Herbst 1932 als Verteidigungsminister der von der Bauernpartei getragenen Regierung Jens Hundseid durch autoritäres Gebaren politisch disqualifiziert hatte. Nach dem Scheitern dieser Regierung im Februar 1933 hatte er seine ganze Energie daran gesetzt, auf dem äußersten rechten politischen Spektrum eine Kraft zu etablieren, die seine Vorstellungen von einer neuen Gesellschaftsordnung in Norwegen durchsetzen sollte. Die von ihm gebildete und nach dem deutschen Führerprinzip aufgebaute Nasjonal Sämling (Nationale Sammlung) blieb in der norwegischen Politik bis zum deutschen Uberfall aber völlig bedeutungslos; die Wahlergebnisse waren für Quisling regelmäßig niederschmetternd. Zu Quislings Rolle in der norwegischen Politik der Zwischenkriegszeit siehe Dahl, Vidkun Quisling, Bd 1, S. 141 -483. Hitler soll allerdings von der Absicht Quislings, die unübersichtliche Lage zur Regierungsübernahme zu nutzen, durch ein Telegramm infomiert gewesen sein und sein generelles Einverständnis erklärt haben. Dies berichtet der zu dieser Zeit mit einem »Sonderauftrag« Hiders in Oslo weilende Leiter der Abteilung Norden im Außenpolitischen Amt der NSDAP, Hans-Wilhelm Scheidt, in einem Schreiben vom 2. Februar 1955 an den damaligen Befehlshaber der Kriegsmarine in Norwegen, Hermann Boehm (BA-MA, Ν 172/14). Zu den Aufenthaltsorten siehe Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 78 ff. Skodvin, Striden om okkupasjonsstyret, S. 165 ff. Der Kommandeur der deutschen Truppen in Oslo, Generalmajor Erwin Engelbrecht, wollte den selbsternannten Ministerpräsidenten und »nationalen Revolutionär«, der ihm namentlich völlig unbekannt war und für den er auch keine Instruktionen hatte, sogar verhaften lassen (ebd., S. 117).

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Besuchs in Berlin am 13. April bei Alfred Rosenberg, dem deutschen Patron der norwegischen Nationalsozialisten, bitter beklagte16. Auf deutscher Seite war man auf die Usurpation Quislings in keiner Weise vorbereitet. Sie brachte sämtliche politischen Konzepte der Invasoren durcheinander, die auf eine Einigung mit der norwegischen Regierung abzielten, so wie sie in Dänemark unmittelbar nach der Invasion zustande gekommen war. Dieses angestrebte Modell wurde deutscherseits »Friedensbesetzung« genannt. Schon unmittelbar nach Quislings Selbstproklamation begann bei den deutschen Stellen das Ringen um dessen künftige Rolle in Norwegen. Vom Gesandten Bräuer wurde klar erkannt, daß ein selbsternannter Ministerpräsident Quisling ein entscheidendes Hindernis für das beabsichtigte Arrangement mit König Haakon VII. und dessen Regierung sein würde, wie seine Berichte nach Berlin zeigen17. Eine von der Bevölkerung und vom König abgelehnte Regierung Quisling, so die Meinung Bräuers, könne niemals eine Kollaboration legitimieren18. Doch Rosenberg und seine Gesinnungsgenossen im Außenpolitischen Amt der NSDAP sahen dies anders, und Rosenberg setzte nun alles daran, auf Hitler einzuwirken, um Quisling zu halten. Entsprechende Weisungen ergingen dann tatsächlich via Auswärtiges Amt an Bräuer19. Am 10. April scheiterten die Verhandlungen Bräuers mit dem König und der legalen norwegischen Regierung in Elverum, da Bräuer weisungsgemäß auf Quisling als Ministerpräsident bestand. Am Tag darauf bombardierte die deutsche Luftwaffe das königliche Hauptquartier in Nybergsund (80 km nordöstlich von Hamar), worauf die norwegische Regierung nach Norden auswich. Dies unterbrach nicht nur den Kontakt zwischen den beiden Seiten, sondern bestärkte die norwegische Regierung darin, den militärischen Widerstand fortzusetzen. Wegen dieses Bombardements habe man dem Gesandten Bräuer, als er um eine zweite Unterredung beim König nachgesucht habe, keine Nachricht mehr zukommen lassen20. Das durch Quisling hervorgerufene administrative Durcheinander in der Hauptstadt bewirkte ein übriges, damit in Oslo die deutsche (Wehrmacht, Gesandtschaft) und die norwegische (legalistische) Seite den Usurpator schleunigst wieder loswerden wollten. In Absprache mit Bräuer wies der Osloer Bischof Eivind Berggrav in einer Rundfunkrede am 14. April den Weg, wie dies bewerkstelligt werden könnte. Er schlug vor, in den besetzten Gebieten in Abstimmung mit der Besatzungsmacht eine legale Verwaltung einzurichten, indem das Oberste Gericht als einziges Verfassungsorgan, das zu dieser Zeit in der Hauptstadt erreichbar war, 16 17 18

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Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs, S. 106 f.; Straffesak mot Quisling, S. 49. Pol.Axch. AA, Gesandtschaft Oslo, Paket 245/18, Besetzung Norwegens, teilweise auch abgedr. in A D AP, Serie D, Bd 9, S. 111 - 1 1 3 , Dok.Nr. 95. »Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Person Quisling die Τ .age fur Deutschland außerordentlich erschwert. Die allgemeine Auffassung geht dahin, daß die Norweger sich in ihrer großen Mehrzahl mit der deutschen Okkupation ähnlich wie in Dänemark abgefunden hätten, daß sie sich aber nicht mit Quisling abfinden werden« (Pol.Arch. AA, Gesandtschaft Oslo, Paket 245/18, Besetzung Norwegens, Bräuer an Auswärtiges Amt, 11.4.1940). BA, NS 43/26 und 27, Akten des Außenpolitischen Amtes der NSDAP (Amt Rosenberg) betr. Norwegen Juni/August 1940. Pol.Arch. AA, Büro Staatssekretär, R 29681, Telegramm Neuhaus an Auswärtiges Amt, 4.5.1940.

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einen Administrationsrat ernennt21. Auch Hitler, der anfangs gemäß »dem zum Dogma gewordenen Grundsatz der >legalen Revolution« 22 starrsinnig auf Quisling gesetzt hatte, erkannte nach einigen Tagen, daß dieser nicht zu halten war, wenn von der Gesandtschaft weitere Versuche gemacht werden sollten, mit König Haakon und seiner Regierung über einen Waffenstillstand und eine friedliche Besetzung Restnorwegens zu verhandeln. Am 13. April äußerte er sich ungehalten, auch in Verärgerung über die offensichtlich von Quisling und seinen Mitarbeitern schöngefärbten Angaben über ihren Einfluß in Norwegen, dahingehend, daß es ihm nun egal sei, wer drüben regiere23. Am 15. April mußte Quisling auf deutschen Druck von der politischen Bühne abtreten, ebenso schnell, wie er eine Woche zuvor aufgetreten war. Aber der Abgang verlief geordnet und, woran Hitler sehr gelegen war, ohne Schädigung des Ansehens Quislings24. Aber die Rechnung, durch die schnelle Entfernung Quislings doch noch mit der legalen Regierung zu einer Vereinbarung zu kommen, sollte nicht aufgehen, da König und Regierung sich endgültig entschlossen hatten, von ihrer am 10. April gefaßten Linie nicht abzuweichen25. Bei der deutschen Führung in Berlin herrschte in diesen Tagen offensichtlich hochgradige Nervosität, nicht zuletzt aufgrund Hitlers notorischer Unentschlossenheit in Krisensituationen. »Keiner wußte, was Hitler eigentlich wollte«26. Ebenfalls am 15. April bildeten Bräuer und der einen Tag zuvor mit einem Sonderauftrag in Sachen Quisling und Nasjonal Sämling nach Oslo gekommene Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt Theodor Habicht27 im Zusammenwirken mit dem Obersten Gericht in Oslo den »Administrationsrat für die besetzten norwegischen Gebiete«. Dieser bestand aus sieben höheren norwegischen Verwaltungsbeamten. Das Oberste Gericht rechtfertigte sein Tun mit dem Staatsnotstand und hoffte, hierfür die Zustimmung des Königs zu bekommen, denn allein er konnte laut Verfassung höhere Exekutivorgane ernennen. Die Antwort der legalen Regierung am 17. April war aber nicht unbedingt wohlwollend, da sie den Administrationsrat zunächst als eine deutschfreundliche Gegenregierung betrachtete28. Die Zusammenarbeit zwischen der Invasionsmacht und dem Administrationsrat beschränkte sich in jenen Tagen indes auf den Raum Oslo und führte keineswegs, wie

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Zu dieser Rede siehe Berggrav, Da kampen kom, S. 45 und 193. Die Errichtung des Administrationsrates ist dokumentiert in: Inn*;tilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Innstilling II, S. 1 2 3 - 2 3 3 . Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 291. AD AP, Serie D, Bd 9, S. 119, Dok. Nr. 99. Das Oberste Gericht gab eine Ehrenerklärung für Quisling ab, in der ihm für seine Verdienste während der ersten Tage der Okkupation gedankt wurde. Er durfte sogar im Rundfunk eine Proklamation verlesen (Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 324). Grimnes, Velen inn i krigen, S. 4 1 - 4 6 . Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 328. Er hatte den Auftrag, »die Propaganda in Norwegen zu organisieren und sich insbesondere gegebenenfalls Quisling fur Propagandazwecke zur Verfügung zu stellen« (ADAP, Serie D, Bd 9, S. 124, Dok. Nr. 106). Innstilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Instilling II, S. 166 f.

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deutscherseits gehofft, zu einem Einlenken des norwegischen Militärs und einer Einstellung der Kampfhandlungen. Bei der Bildung des Administrationsrates gab es unter den Beteiligten zudem unterschiedliche Ansichten über die begriffliche Definition, was schließlich zum Scheitern der Mission Bräuers führte. Dieser wollte sich nämlich auf die Bezeichnung »Regierungsausschuß« festlegen, weil er meinte, diesen Ausschuß vor Hitler als eine Art Regierungsersatz darstellen zu können, mit dem die gewünschte politische Lösung mit den Norwegern herbeigeführt werden könne. Doch auf norwegischer Seite wurde von Anfang an hervorgehoben, daß der Rat unpolitisch sei und nur die Verwaltung des Landes sicherstellen wolle, daher die Benennung Administrationsrat. Bei seiner Zusammensetzung legte man großen Wert darauf, daß der Eindruck eines unpolitischen Beamtengremiums erweckt wurde. Den Norwegern ging es in dieser Situation vor allem darum, die Bildung einer Gegenregierung durch die Deutschen zu verhindern. Deshalb kam man den Invasoren entgegen und zeigte Bereitschaft zur Zusammenarbeit29. Mit einer lediglich auf der Ebene der Verwaltung betriebenen Kollaboration wollte sich die deutsche Führung jedoch nicht begnügen, zumal sich das besetzte Gebiet zu diesem Zeitpunkt außer auf den Raum Oslo nur auf einige Küstenorte beschränkte und der Ausgang der Kampfhandlungen vorerst noch nicht abzusehen war. Nachdem in Berlin nach kurzer Zeit klar geworden war, daß die von Bräuer herbeigeführte Lösung nicht der deklarierte Regierungsersatz war und an der politischen Situation im Lande im Grunde nichts änderte, wurde der Gesandte von Hider für den Fehlschlag verantwortlich gemacht und abberufen. Es war das Ende seiner diplomatischen Karriere30. Das Scheitern der Diplomaten vom Auswärtigen Amt dürfte Hitler, als er aus seiner »Stimmungskrise« (Loock) erwacht war, letztlich nicht ungelegen gekommen sein. Nun brachte er zur Lösung der »norwegischen Frage« seinen eigenen Mann ins Spiel, indem er die Verwaltung des Landes einem Reichskommissar unterstellte. Diese Institution war die in der Weimarer Verfassung vorgesehene und vom »Dritten Reich« beibehaltene Position eines Beauftragten der Reichsregierung oder des Reichspräsidenten mit weitreichenden Vollmachten zur Überwachung oder Übernahme regionaler Behörden, zur Wahrnehmung der Rechte des Reiches auf bestimmten Gebieten oder zur Erfüllung von Sonderaufgaben. Dieser Typus der 29

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Diese unterschiedliche Sichtweise wurde von Skodvin treffend formuliert: »Für Bräuer galt es, den König an den Rat zu binden, die anderen [d.h. die norwegische Seite] wünschten demgegenüber, den Rat beim König zu verankern« (Skodvin, Striden om okkupasjonsstyret, S. 131 f.). Eine Regelung, wie sie später (im Mai 1940) in den Niederlanden durchgeführt wurde, nämlich die Staatsverwaltung nach der Exilierung des Kabinetts durch die in ihren Ämtern verbliebenen beamteten Staatssekretäre erledigen zu lassen (siehe dazu Hirschfeld, Fremdherrschaft und Kollaboration, S. 86 ff.), wurde von der norwegischen Seite verworfen (Debes, Sentraladministrasjonens historie, Bd 5, S. 58 f.). Nokleby, Fra november til aprii, S. 7 - 88. Bräuer gab 1966 in einem Gespräch mit der norwegischen Historikerin Berit Nekleby vor allem Rosenberg und der Marine die Schuld für die unrealistische Politik, die zu dem Scheitern der Verhandlungen mit dem König und der norwegischen Regierung führte. — Die Querelen um den Administrationsrat zeugen von der allgemeinen Verwirrung, die in Berlin hinsichtlich der Lage in Norwegen herrschte (Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 326 ff.).

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Besatzungsverwaltung stand — formal betrachtet — als dritte Variante zwischen der Institution eines Chefs der Zivilverwaltung als intensivster Form der verwaltungsmäßigen und politischen Bindung an das Reich (z.B. Elsaß und Lothringen) und der Militärverwaltung als lockerster und unpolitischster Form (z.B. Belgien, Frankreich)31. Die Entscheidung Hiders brachte aber bereits deutlich genug zum Ausdruck, daß das solchermaßen zu verwaltende Land in eine künftige territoriale und politische Neuordnung einbezogen werden sollte, die im Augenblick noch unklar war32. Sie bedeutete sowohl für das Auswärtige Amt als auch für das OKW eine politische Niederlage. Während das OKW die Einsetzung eines Militärbefehlshabers als Inhaber der obersten vollziehenden Gewalt anstrebte, wünschte das Auswärtige Amt die Einsetzung eines bei ihm ressortierten Reichsbevollmächtigten als Organ der zivilen Aufsichtsverwaltung wie im Falle Dänemarks. Indem Hider eine ihm direkt unterstehende Institution für die Verwaltung Norwegens einsetzte, machte er klar, daß für ihn die Beherrschung Norwegens nicht nur eine militärische, sondern auch eine wichtige politische Angelegenheit war33. Für den Posten des Reichskommissars wählte Hider den Gauleiter von Essen und Oberpräsidenten der preußischen Rheinprovinz Josef Terboven aus. Vermutlich wurde Terboven von Hermann Göring lanciert, mit dem er seit langem verbunden war. Göring, der u.a. die Funktion eines Bevollmächtigten für den Vierjahresplan bekleidete, scheint Terboven auch ganz bewußt deshalb für Norwegen vorgeschlagen zu haben, um einen Gewährsmann für die Interessen der deutschen (insbesondere rheinisch-westfälischen) Wirtschaft in Norwegen zu wissen, denn die norwegischen Ressourcen spielten in den deutschen Kriegswirtschaftsplänen von Anfang an eine bedeutende Rolle. Aufgrund Hiders Erlaß vom 24. April 1940, der bis zum 8. Mai 1945 in Kraft blieb, sollte Terboven als Hider unmittelbar unterstellter »Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete« fungieren, wofür ihm umfassende Vollmachten bis zur Rechtsetzung gegeben wurden34: »Der Reichskommissar ist Wahrer der Reichsinteressen und übt im zivilen Bereich die oberste Regierungsgewalt aus. [...] § 3(1) Das bisher geltende Recht bleibt in Kraft, soweit es mit der Besetzung vereinbar ist. (2) Der Reichskommissar kann durch Verordnung Recht setzen. Die Verordnungen werden im Verordnungsblatt für die besetzten norwegischen Gebiete< verkündet. [...] § 5 Zur Durchsetzung seiner Anordnungen kann sich der Reichskommissar deutscher Polizeiorgane bedienen.« Der Oberbefehlshaber der Wehrmacht in Norwegen (Wehrmachtbefehlshaber) — bis 18. Dezember 1944 Generaloberst Nikolaus v. Falkenhorst — hatte sich im »zivilen Bereich« hinsichtlich seiner Wünsche allein an den Reichskommissar zu Siehe dazu Kwiet, Reichskommissariat Niederlande, S. 61 f. Am 9. Mai schrieb Goebbels in sein Tagebuch: »Dieses Land gehört nun uns. Wer will es uns noch einmal nehmen?« (Goebbels Tagebücher [Reuth], Bd 4, S. 1413). 33 Der Reichskommissar rückte solchermaßen in die Reihe der persönlichen Sonderbeauftragten ein, die Hider bald nach der »Machtergreifung« ernannt hatte, um die Durchsetzung der ihm politisch wichtig erscheinenden Aufgaben unter seine unmittelbare Aufsicht stellen und bürokratische Einschränkungen und Ressortabhängigkeiten beseitigen zu können, wie Loock schreibt (Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 341). m RGBl. 1,1940, S. 677 f. 31

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halten, doch blieb er im Besitz der militärischen Hoheitsrechte und befugt, »alle Maßnahmen anzuordnen, die zur Durchführung seines militärischen Auftrages und zur militärischen Sicherung Norwegens notwendig sind«. Ihm standen die deutschen Polizeiorgane zur Verfügung, »soweit es die militärischen Bedürfnisse erfordern und die Aufgaben des Reichskommissars es zulassen«35. Diese je nach Sichtweise und eigenen Intentionen auslegbare Kompetenzabgrenzung zwischen Reichskommissar und Wehrmachtbefehlshaber sollte während der gesamten Besatzungszeit zu einem Spannungsverhältnis zwischen den beiden obersten Repräsentanten der Okkupationsmacht führen. Die Kampfhandlungen endeten offiziell mit dem Abschluß eines Kapitulationsvertrages zwischen dem norwegischen und dem deutschen Oberkommando am 10. Juni 1940 in Trondheim. Das Kapitulationsabkommen ist von der von der ehemaligen Widerstandsbewegung dominierten norwegischen Forschung in besonderer Weise interpretiert worden, die man bis heute als die offizielle norwegische Betrachtungsweise bezeichnen kann. In Trondheim waren in jeder der beiden Sprachen fünf Exemplare ausgefertigt worden. Völkerrechtlich verbindlich war der deutsche Text. Die deutschen Originale scheinen auf Grund des Brandes im Heeresarchiv in Potsdam im Februar 1942 verloren. In deutscher Sprache erhalten sind lediglich Abschriften36 und die telegraphischen Übermittlungen des Kapitulationstextes an das OKW. Die norwegische Forschung hat deshalb die norwegischen Texte zur Grundlage ihrer Interpretation der Kapitulationsabsprache gemacht, wobei ein Wort eine entscheidende Bedeutung erlangte. Im norwegischen Text heißt es nämlich, daß die »samlede norske stridskrefter« ihre Waffen niederlegen. Das Wort »samlede« kann sowohl mit »versammelt« als auch »gesamt« übersetzt werden. Die norwegische Forschung interpretierte den Text dahingehend, daß die »versammelten norwegischen Streitkräfte«, konkret die zuletzt in Norwegen im Kampf stehenden, die Waffen niedergelegt hätten, was zur Konsequenz hatte, daß keine norwegische Gesamtkapitulation stattfand. Das wiederum ermöglichte die Folgerung, daß sich Norwegen weiterhin im Kriegszustand mit dem Deutschen Reich befand mit allen kriegsvölkerrechtlichen Implikationen, die insbesondere im Kampf des norwegischen militärischen Widerstands (Milorg) zum Tragen kamen. Die deutsche Seite hingegen betrachtete die Trondheimer Absprache als norwegische Gesamtkapitulation und hat dementsprechend die Milorg als Franktireurbewegung bekämpft37. Nach dem 10. Juni 1940 versuchte Terboven den ganzen Sommer über, das Okkupationsregime gemäß dem ursprünglichen Plan zu gestalten: eine kollaborationsbereite norwegische Regierung zu installieren, mit der ein modus vivendi gefunden werden sollte. Das norwegische Königshaus und die Regierung Nygaards-

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Ebd. BA-MA, RH 2 4 - 2 1 / 1 6 6 . Siehe hierzu Bohn, Schuld und Sühne, S. 1 3 3 - 1 3 5 ; zur offiziellen norwegischen Sicht siehe Skodvin, Norsk historie 1 9 3 9 - 1 9 4 5 , S. 7 8 - 8 1 . Danach sei diese solange zumindest nicht falsch, bis ein authentischer deutscher Text vorliege.

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void waren bereits am 7. Juni 1940 nach England ins Exil gegangen und hatten dabei erklärt, den Kampf an der Seite der Alliierten fortzusetzen38. Die politische Unbrauchbarkeit der Nasjonal Sämling hatte Terboven schon unmittelbar nach seiner Ankunft in Oslo deutlich erkannt. Dabei stand Terboven keineswegs in einem prinzipiellen politisch-weltanschaulichen Widerspruch zu Quisling und der Nasjonal Sämling — im Gegenteil. Die Partei und ihr Forer standen dem Dritten Reich näher als sonst eine politische Gruppierung in anderen deutschbesetzten Ländern. Aber Terboven war ein Mann der praktischen Politik und sah, daß Quisling »als politischer Mitspieler kein Aktivum war, sondern ein Mühlstein am Hals. Der Wille war gut, aber die Fähigkeit schwach«39. Terboven war auch nicht entgangen, daß Quisling von der Bevölkerung abgelehnt wurde und darum nicht dazu geeignet war, zwischen ihr und der Besatzungsmacht zu vermitteln. Darum wollte Terboven einen anderen, indirekten Weg gehen, indem er Personen nach vorn schob, hinter denen reale politische Kräfte standen oder die zumindest in der Lage schienen, einen breiten Konsens für eine Zusammenarbeit mit der Besatzungsmacht herzustellen. Gleichzeitig war er gewillt, den alten Parteien Fesseln anzulegen. Denn sie verkörperten das »System«, das durch die »nationalsozialistische Revolution« in Deutschland beseitigt worden war und das nun auch in Norwegen überwunden werden sollte40. Terboven beließ es zunächst bei der Zusammenarbeit auf Verwaltungsebene, ohne jedoch den Administrationsrat offiziell anzuerkennen41. Er sollte im Amt bleiben »und seinen Dienst wie bisher« versehen. Mit seiner Hilfe wollte er, wie er in seiner ersten Proklamation verkündete, für »die Aufrechterhaltung von Ruhe, Sicherheit und Ordnung« sowie die »Sicherstellung eines geordneten wirtschaftlichen und kulturellen Lebens der Bevölkerung [...] und die Schaffung aller Voraussetzungen für die militärischen Bedürfnisse« der Besatzvingsmacht sorgen42. Terbovens Bemühungen zielten darauf, eine Kollaboration auch auf der Ebene der Politik zustande zu bringen. Tatsächlich fanden sich die im Lande gebliebenen Mitglieder des Stortingpräsidiums, wozu Politiker aller etablierten Parteien zählten, sowie die Mitglieder des Obersten Gerichts unter dem Eindruck der nun vollständigen Besetzung Norwegens durch deutsche Truppen und unter dem Eindruck des Arrangements des dänischen Parlaments mit den deutschen Besatzern zu Ver38

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Skodvin, Norsk historie 1 9 3 9 - 1 9 4 5 , S. 78 f. — Die völkerrechtliche Gültigkeit einer solchen Proklamation ist indes fragwürdig, wenn dieselbe Regierung durch ihr militärisches Oberkommando nahezu zeitgleich eine Gesamtkapitulation mit den Invasionsstreitkräften eingeht. Skodvin, Striden om okkupasjonsstyret i Norge, S. 256. — Terboven habe, wie Boehm am 1. Juli 1940 an Raeder berichtete, im Kreise seiner engsten Mitarbeiter Quisling als zwar »anständig, aber potenziert dumm« bezeichnet. Und dessen Vertrauten Hagelin halte Terboven »für einen schlechten Geist des Quisling und für einen Gauner« (BA-MA, Ν 172/1). Skodvin, Striden om okkupasjonsstyret i Norge, S. 271. »Abgesehen von einer Zusammenkunft, welche Christensen [der Vorsitzende des Administrationsrates] [...] hatte, lehnte Terboven es ab, Mitglieder des Rats zu empfangen. Ich suchte ihn mehrere Male im Auftrag von Christensen auf [...] und er empfing mich, wie er ausdrücklich hervorhob, als Privatperson« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Prof. Jens Bache-Wiig, Oslo, 8.11.1945). Bache-Wiig war als Mitglied des Administrationsrates bis September 1940 Chef des Versorgungsdepartements. VoBl. Norw., 1940, Nr. 1, S. 2.

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handlungen bereit. Doch half Terboven auch mit der Drohung nach, notfalls die Leitung der norwegischen Zentralbehörden deutschen Kommissaren zu übertragen43. Unbedingte Prämisse für die Verhandlungsbereitschaft war für die norwegischen Parlamentarier und Verfassungsrichter allerdings, daß Quisling und seine Nasjonal Sämling, die übrigens nicht im Storting vertreten war, von jedweden Verhandlungen ausgeschlossen blieben und der »Reichskommissar« in einen »Bevollmächtigten des Deutschen Reiches« umgewandelt würde. Terboven seinerseits verlangte in den Verhandlungen die Absetzung der exilierten Regierung und des Königs sowie die Bildung eines Reichsrates, der die Befugnisse der Regierung und des Königs in sich vereinen sollte44. Ansonsten ließ er seine norwegischen Verhandlungspartner in dieser ersten Verhandlungsrunde im Juni 1940 über seine wahren Absichten im unklaren. Diese liefen letztlich auf nichts anderes hinaus, als nach deutschem Vorbild eine Regierung der »nationalen Konzentration« zu schaffen, der dann zum geeigneten Zeitpunkt eine Bewegung (Nasjonal Sämling) angehängt werden sollte, die die nationalsozialistische Revolution auch in Norwegen vollenden würde 45 . Diese Gegenregierung blieb den Norwegern aber erspart, denn Hider ließ Terbovens Experiment Anfang September 1940, während der zweiten Verhandlungsrunde, abrupt abbrechen. Kurz vor einem — aus Sicht Terbovens — erfolgreichen Abschluß der schwierigen Verhandlungen, die als Ergebnis sogar die Absetzung des Königs und die Einsetzung eines mit diktatorischen Vollmachten ausgestatteten »Reichsrates« durch das Parlament gehabt hätten, konnte Alfred Rosenberg

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»Er, T., habe ihnen klargemacht, daß bei Widerstand eine Art Protektorat die Folge für Norwegen sein würde mit Beset2ung aller wichtigen Ämter durch Deutsche. Der Brief, den T. ihnen im Falle der Weigerung schicken würde, war bereits geschrieben und ist den betreffenden Männern bekannt gegeben worden« (BA-MA, Ν 172/1, Boehm an Raeder, Oslo, 1.7.1940). Daß die in Oslo verbliebenen norwegischen Verfassungsorgane sich überhaupt auf diese Verhandlungen einließen, wurde nach dem Krieg von einer vom norwegischen Parlament eingesetzten Untersuchungskommission heftig kritisiert ( T n n s t i l l i n g fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Innsdlling III, S. 234-292). Die verfassungsrechtliche Kritik (S. 275-277) ging davon aus, daß weder Storting noch Oberstes Gericht in die Befugnisse von König und Regierung eingreifen durften; die politische Kritik (S. 278 - 286) hob hervor, daß die Verhandlungen mit der Besatzungsmacht zu einem Zeitpunkt geführt wurden, als die legale Regierung und der König beim Verlassen des Landes erklärt hatten, daß sie den Kampf um Norwegens Freiheit und Selbständigkeit an der Seite der Alliierten weiterführen würden. Unter diesen Umständen hätten das Präsidium des Storting und alle beteiligten norwegischen Persönlichkeiten die »nationale und moralische Pflicht gehabt«, die deutschen Forderungen abzulehnen und das Volk zum Widerstand aufzurufen. — Die von norwegischer Seite erhobenen Einwände gegen diese Kritik stellen heraus, daß in der gegebenen Situation gar nichts anderes übrigblieb, als zu verhandeln, wenn Schlimmeres verhindert werden sollte. Außerdem habe die Regierung Nygaardsvold in London bis zum Herbst 1941 überhaupt keine Stellung gewonnen, »die eine Regierungsfahigkeit beinhaltete und die Möglichkeit für einen tatsächlichen und einigermaßen bedeutungsvollen Einsatz für Norwegens künftige Selbständigkeit gab« (Schjodt, Riksrâdsforhandlingene i 1940, S. 20). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 4987, Bericht des Verhandlungsleiters Terbovens mit dem Stortingpräsidium, Regierungspräsident Hans Dellbrügge, nach der Kapitulation an die norwegischen Untersuchungsbehörden: Die deutsch-norwegischen Verhandlungen im Sommer 1940 über Pläne einer Neuordnung, Oslo 1945.

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Ende Juli 1940 bei Hitler erfolgreich gegen eine solche Lösung intervenieren46, weil sie die vielleicht endgültige Ausschaltung seines norwegischen Protégés Quisling bedeutet hätte, was, wie er meinte, nicht absehbare Signalwirkung für die politisch Gleichgesinnten in den anderen besetzten Ländern, die Rosenberg zum Kern des künftigen »Großgermanischen Reiches« zählte, haben würde. Zwar würde auch er eine Absetzung des Königs begrüßen, wie er in einer längeren, im Juli 1940 an Hitler gerichteten Aktennotiz feststellte, doch müsse auch ein Mißlingen des Planes ins Auge gefaßt werden. »In diesem Falle würde der politische Rückschlag ein ungeheuerer sein. Er würde beweisen, daß trotz der militärischen Besetzung des Landes eine politische Beherrschung der Lage durch Großdeutschland nicht zustande gebracht würde.« Abschließend betonte Rosenberg, daß »die Nasjonal Sämling unter verläßlicher Führung mit allen Mitteln gefördert und daß im Benehmen mit Quisling die sichere Majorität seines Einflusses im Reichsrat gesichert wird«47. Die Überlegungen Rosenbergs und sein hartnäckiges Bohren in Berlin scheinen bei Hitler schließlich den gewünschten Eindruck gemacht und zu einer entsprechenden Weisung an Terboven gefuhrt zu haben48. Eine solche Weisung ist zwar nicht erhalten, doch deutet darauf ein Telegramm des Vertreters des Auswärtigen Amtes beim Reichskommissar, Weber, an Ribbentrop vom 29. August 1940 hin, in dem knapp berichtet wird, daß »Führerbefehl, Quisling Führung norwegischer Staatsleitung zu sichern, [...] im Laufe nächster Woche zur Auflösung norwegischen Verwaltungsausschusses, Verbot sämtlicher Parteien mit Ausnahme von Nasjonal Sämling, zur Gründung einer deutschen Partei und Einsetzung von Kommissaren in der norwegischen Verwaltung führen« wird. »Übernahme Staatsführung durch Quisling soll auf diesem Weg vorbereitet und sichergestellt werden49.« Zu dieser Entwicklung beigetragen haben auch der Verlauf des Krieges gegen England und die definitive Wendung gegen die Sowjetunion. Ein weiteres Experimentieren mit dem Ziel einer »dänischen Lösung« war jetzt von der deutschen Führung nicht 46

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Terboven stellt in seinem Tätigkeitsbericht vom 17. Oktober 1940 das Scheitern der Verhandlungen so dar, daß die Möglichkeit eines Arrangements »in dem Augenblick, als sie vor ihrer Verwirklichung stand, durch eine Indiskretion nicht zustande gekommen« ist (BA, R 43 II/674b, Bl. 7 - 4 8 ) . Innstilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945, bilag, bind 3 (bilag 9), S. 2 0 3 - 2 0 7 . »Führer tritt wieder sehr energisch fur Quisling ein. Armer Terboven«, meinte Goebbels dazu (Goebbels Tagebücher, [Fröhlich], T. 1, Bd 4, S. 307, Eintrag vom 4.9.1940). AD AP, Serie D, Bd 10, S. 479, Dok. Nr. 412. — Hierzu schrieb Rosenberg in sein Tagebuch: »Es steht alles in allem gut und Terboven muß in eine Linie, gegen die er stets angegangen ist« (Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs, S. 118, Eintrag vom 12.9.40). — Anfang September wurden Terboven und Quisling von Hitler zum Rapport nach Berlin bestellt. Hierzu Dellbrügge: »Zunächst war Terboven allein bei Hider. Ich glaube neben Bormann war auch Rosenberg anwesend. [...] Terboven hat, nach seiner Mitteilung an mich, nochmal seinen gesamten Plan der Neuordnung nach der bisherigen Linie und jedenfalls dabei bestimmt auch den Vorschlag, Quisling nach Deutschland abzuberufen, vorgetragen. Denn Hitler hat darauf, wie er mir sagte, abgewehrt und geäußert, Quisling müsse auf jeden Fall in Norwegen bleiben. Er könne ihn dort nicht abziehen, da er Quisling verdanke, ihm Kenntnis von der besonderen Wichtigkeit Norwegens für Deutschland gegeben zu haben. [...] Später ist dann Quisling zu der Beratung hinzugezogen worden, der sich beklagt habe über die ablehnende Einstellung Terbovens« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 4987, Hans Dellbrügge: Die deutsch-norwegischen Verhandlungen im Sommer 1940, S. 111).

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mehr erwünscht. Dieser Kurswechsel der Besatzungspolitik machte sich übrigens auch in den Niederlanden geltend. Seyß-Inquart wurde gemeinsam mit Terboven am 24. September 1940 zu Hider zitiert, von dem sie auf die neu einzuschlagende Richtung eingeschworen wurden50. Diese Anweisungen Hiders haben das Agieren des Reichskommissars grundsätzlich bis zum Februar 1942 bestimmt, als eine »nationale Regierung« tinter Quisling etabliert wurde51. Zunächst aber erklärte Terboven am 25. September 1940 die Verhandlungen mit dem Stortingpräsidium für gescheitert, da dieses einen nun mehrheitlich aus Quislinganhängern bestehenden Reichsrat, der zudem unter der Oberaufsicht des Reichskommissars stehen sollte, nicht akzeptieren wollte52. Zugleich erklärte Terboven qua der ihm von Hider verliehenen Vollmachten das Staatsoberhaupt, also Haakon VII., und die norwegische Regierung in London für abgesetzt, die Tätigkeit des Administrationsrates für beendet und alle politischen Parteien außer Nasjonal Sämling für aufgelöst. Er berief 13 überwiegend der Nasjonal Sämling angehörende Personen zu Kommissarischen Staatsräten, die er mit der Leitung der Ministerien nach dem »Führerprinzip«, also unter Oberaufsicht des Reichskommissars, beauftragte. Diese Staatsräte waren allerdings nicht in einem besonderen kollegialen Gremium, einer Art Ministerrat, zusammengeschlossen. »Die erforderliche Einheitlichkeit der Staatsverwaltung wird bis auf weiteres durch das Reichskommissariat selbst sichergestellt. Alle wichtigen Verwaltungsmaßnahmen werden von den Staatsräten in engstem Einvernehmen mit dem Reichskommissariat getroffen; außerdem bedürfen alle Verordnungen und die Ernennung der leitenden und der Ministerialbeamten der ausdrücklichen Zustimmung des Reichskommissariats53.« Im Rundfunk und in den Zeitungen verkündigte Terboven, daß nun die »Neuordnung« Norwegens begonnen habe54. »Der Weg für das norwegische Volk, Freiheit und Selbständigkeit zurückzugewinnen, führt über Nasjonal Sämling! Nach diesem Grundsatz sind die allgemeinen Verwaltungsmaßnahmen ausgerichtet worden.« Und damit jedem Norweger »die große richtungsweisende Rede«55 bekannt werde, wurde im November 1940 eine norwegische Übersetzung als Broschüre unter der Bevölkerung verteilt.

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Kwiet, Reichskommissariat Niederlande, S. 141 f. Ein weiterer Vorschlag Rosenbergs in der obengenannten Aktennotiz vom 22. Juli 1940, als Berater einige Persönlichkeiten seines (Rosenbergs) Vertrauens, und zwar aus der Nordischen Gesellschaft, beim Reichskommissar zu installieren, scheiterte an Terbovens Widerstand. Erst kürzlich berichtete der langjährige Vorsitzende des norwegischen Industrieverbandes, Jan Didriksen, daß vor allem das Beharren Terbovens auf einem Justizminister von der Nasjonal Sämling dazu führte, daß das Stortingpräsidium nicht zu einem Arrangement bereit war (Folk og Land, 1993, Nr. 10). RAO, RK, Reichskommissar generelt, Tätigkeitsbericht des Reichskommissars vom 17.10.1940. Nach Terbovens Einschätzung hätte diese Neuordnung der Staatsverwaltung »im Juni noch den allerschärfsten Widerstand in der Bevölkerung gefunden«. Zwar sei die norwegische Verfassung nicht außer Kraft gesetzt worden, doch gehe »die staatsrechtliche Entwicklung [...] einen ähnlichen Weg wie im Reich. Über der alten Verfassung wird der staatsrechtliche Neubau errichtet« (RAO, RK, HAV, Zentralabt., pakke 1). Deutsche Zeitung in Norwegen, 3.11.1940, S. 5.

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2. Die deutsche Okkupation Norwegens und die historische Forschung Nach Polen waren die beiden skandinavischen Staaten Dänemark und Norwegen die ersten militärischen Opfer des nationalsozialistischen Machtstrebens. Wie Polen wurden sie zum Experimentierfeld nationalsozialistischer Besatzungspolitik, wenngleich in anderer Weise. Hier fand keine rassische Kriegführung und Versklavungspolitik statt, sondern mit wechselnden Mitteln wurde die politische und wirtschaftliche Integration in ein angestrebtes »Großgermanisches Reich« versucht56. Das Gewalttätige und Verbrecherische der nationalsozialistischen Besatzungspolitik im Osten Europas hat die Forschung über die Besatzungsregime in West- und Nordeuropa lange überschattet. Über Westeuropa, insbesondere Frankreich, gibt es inzwischen eine umfängliche Literatur57, hinsichtlich Nordeuropas aber ist die deutsche historische Forschung bislang über Anfänge nicht hinausgekommen58. Das hat nicht nur damit zu tun, daß auch die zeitgeschichtliche Forschung bis zu einem gewissen Grade unter den Gesetzen der Publizistik steht, sondern hat auch forschungspolitische und materielle Ursachen — nicht zuletzt fehlende Sprachkenntnisse, die verhindern, die Grundlagen norwegischen Handelns durch ein Studium originärer norwegischer Quellen zu erfassen. Die Feststellung Hans-Dietrich Loocks aus dem Jahre 1965, daß die Geschichte Norwegens der neueren und neuesten Zeit in Deutschland kaum bekannt sei59, gilt auch heute noch. Loock war überhaupt bisher der einzige deutsche Historiker, der auf der Basis umfassender Aktenstudien in deutschen und norwegischen Archiven die über das Militärische hinausgehenden Hintergründe für den deutschen Überfall und die Zusammenhänge über die Art und Weise des Entstehens der Besatzungsverwaltung erforscht und dargestellt hat60. Seine Untersuchung schließt jedoch mit der Verkündung der »Neuordnung« durch Terboven im Herbst 1940 ab. Was das Werk vor allem auszeichnet, ist Loocks Analyse von Quislings Weltbild und Politikverständnis sowie deren Herleitung aus dessen geistesgeschichtlichen Wurzeln, die eine Melange aus verschrobenem Pietismus (Quislings Vorväter waren seit Generationen Pastoren in einer weltabgeschiedenen Gegend Norwegens, dem Fyrisdal), militärhistorischer Ausbildung an der Osloer Militärakademie und dem Einfluß der Geistesströmungen und politischen Entwicklungen einer unruhigen Zeit waren61. Auch Loocks 56

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Zum Problem »Großgermanisches Reich« siehe Loock, Nordeuropa zwischen Außenpolitik und »großgermanischer« Innenpolitik, S. 684-706. Zu nennen sind vor allem die Autoren Eberhard Jäckel und Hans Umbreit (über Frankreich), Wilfried Wagner und Wolfram Weber (über Belgien und Nordfrankreich) sowie Konrad Kwiet und Gerhard Hirschfeld (über die Niederlande). Für Dänemark ist auf zwei Darstellungen zu verweisen. Die Arbeit Thomsen, Deutsche Besatzungspolitik in Dänemark, ist aber inzwischen quellenmäßig veraltet und wegen ihrer teilweise apologetischen Tendenzen problematisch. Die Studie von Herbert über Best bringt in den Abschnitten über Dänemark allerdings nichts substantiell Neues. Loock, Zeitgeschichte Norwegens, S. 83. Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven. Ebd., S. 1 7 - 1 5 7 .

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Analyse des Milieus um den »nordischen« Chefideologen der NSDAP, Alfred Rosenberg62, ist bis heute unübertroffen. Demgegenüber war die Historiographie und historische Publizistik in der Bundesrepublik Deutschland in den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg durch eine mehr oder weniger offene, sowohl politische, militärische als auch völkerrechtliche Apologie der »Weserübung«, wie der militärische Deckname für die Invasion lautete, gekennzeichnet. Die in diesen Veröffentlichungen der 50er und 60er Jahre63 aus dem ideologisch-politischen Zusammenhang gelöste Darstellung des Uberfalls, die bezeichnenderweise von dem vom Goebbelsschen Propagandaapparat ins Leben gesetzten Mythos der »kühnsten Unternehmung der deutschen Kriegsgeschichte« zehrt, reduziert die Begründung für die Invasion auf die Kernthese, die Wehrmacht sei den Engländern nur um Stunden zuvorgekommen, und impliziert somit nicht nur einen gleichen Charakter der Planungen, sondern zugleich eine völkerrechtliche Legitimation für das deutsche Vorgehen. Die Frage nach einer besonderen historisch-politischen und moralischen Qualität des Nationalsozialismus wird hier nicht gestellt. Handelndes Subjekt bleibt das Deutsche Reich, das einer »als tödlich aufgefaßten Bedrohung«64 seitens Englands zuvorzukommen hatte. Es wird aber kein Wort darüber verloren, wer diese »tödliche Bedrohung« eigentlich erst heraufbeschworen hatte. Als 1965 der schwedische Historiker Carl-Axel Gemzell mit seiner Untersuchung der deutschen Marineplanspiele der 30er Jahre über Skandinavien an die Öffentlichkeit trat65, in der er den von Hubatsch verbreiteten Mythos vom aufgezwungenen Wettrennen zwischen England und Deutschland widerlegte, indem er nachwies, daß lange vor einer eigentlichen Bedrohung durch Großbritannien bei der deutschen Marineführung Pläne für eine Skandinavienaktion erarbeitet worden waren und daß es eigentlich erst Erich Raeder war, der auf dieser Grundlage mit seinen Vorträgen vor Hitler im Herbst 1939 den Stein ins Rollen brachte, erhob sich in der einschlägigen deutschen Publizistik und unter den Veteranen der »Norwegenaktion« ein Sturm der Entrüstung66. Es zeigte sich, in welchem Maße sich die Mär des Wettrennens verfestigt hatte und wie schier unmöglich es war, sie in Zweifel zu ziehen67. «

Ebd., S. 1 5 8 - 2 0 4 . Es handelt sich, abgesehen von der Memoirenliteratur, vor allem um Hubatsch, »Weserübung«. m Ebd., S. 225. 65 Gemzell, Raeder, Hider und Skandinavien. 66 Die Arbeit wurde von Gerhard Bidlingmaier, damals im MGFA, scharf angegriffen (Marinerundschau, 64 (1967), H. 3, S. 1 9 5 - 1 9 8 ] . Dabei ist es interessant zu wissen, daß Bidlingmaier sein Manuskript vor der Veröffentlichung zur Begutachtung an einige Protagonisten der »Skandinavienaktion« (die ehemaligen Admírale H. Boehm, G. Wagner, E. Schulte-Mönting, Th. Krancke) schickte, wobei Boehm als Mediator fungierte. »Ich würde es daher für sehr angebracht halten, wenn von wissenschaftlicher Seite gegen die Schlußfolgerungen von Gemzell eine Erwiderung erfolgen würde. Ich selbst fühle mich nicht mehr recht in der Lage dafür«, schrieb Boehm im Juli 1966 an Bidlingmaier (BA-MA, Ν 172/15). 67 Noch 1977 kommt Hubatsch in einer an ein größeres Publikum gerichteten Gesamtdarstellung der deutsch-skandinavischen Beziehungen unter Nichtberücksichtigung der inzwischen — vor allem von skandinavischer Seite — erweiterten Forschungslage auf diesen Mythos zurück (Gerhardt/Hubatsch, Deutschland und Skandinavien, S. 433 f.). In einer Rezension von Martin Grass 63

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Gem2ell zufolge geriet Norwegen bereits in der Zwischenkriegszeit als operatives Ziel in das Blickfeld der Marineführung. Bedeutsam war in diesem Zusammenhang eine Studie des Vizeadmirals Wolfgang Wegener aus den 20er Jahren, die die marinestrategischen Planungen und Kriegsspiele am Vorabend des Zweiten Weltkrieges, vor allem aber auch Raeder, beeinflußt haben soll68. Wegener hatte darin, auf den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges aufbauend, eine »Verbesserung der Geographie« durch Stützpunkteerwerb an den nördlichen Ausfahrten zum Atlantik, auf dem — in einem künftigen Krieg — die Handelskriegführung gegen England stattfinden sollte, gefordert. Auch wenn, wie Gemzell hervorhebt, die offensiven Gedanken der Wegener-Studie allein für Raeder und die Seekriegsleitung hinsichtlich des Angriffs auf Norwegen nicht die ausschlaggebende Rolle spielten69, erscheint der Großadmiral gleichwohl als die treibende Kraft für einen Norwegenfeldzug. Für Raeder war neben der Aufrechterhaltung des operativen Potentials der Kriegsmarine die Verhinderung einer Nordfront und die Sicherung der Erzzufuhren aus Schweden (Narviktransit) endang der norwegischen Küste entscheidend, ohne die das Rüstungsprogramm der Kriegsmarine undurchführbar geworden wäre70. Als sich im Herbst 1939 abzeichnete, daß die Briten und Franzosen den sowjetisch-finnischen Winterkrieg zum Vorwand für eine alliierte Intervention im hohen Norden nehmen könnten71, wurde die Frage des Stützpunkterwerbs an der norwegischen Küste, die zwar schon Anfang Oktober im Zusammenhang mit Angriffsplanungen gegen England in Lagevorträgen vor Hitler ergebnislos ventiliert worden war72, für die Seekriegsleitung zu einer Frage ersten Ranges73. Nun erst begann Raeder bei Hider mit aller Macht auf ein deutsches Eingreifen im Norden zu drängen. Ihm kam dabei zu Hilfe, daß zu dieser Zeit Alfred Rosenberg, der Chefideologe der Partei und »Fachmann« in nordischen

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hieß es zu diesem Werk: »Eine verfehlte Neuausgabe [...], ein veralteter und lückenhafter Kenntnisstand und einseitige, teilweise mystifizierende Interpretationen samt einer unzulässigen Bagatellisierung« (Historisk Tidskrift, Stockholm, 1981, S. 102 f.). 1929 auch bei Mittler & Sohn in Berlin unter dem Titel »Deutsche Seestrategie des Weltkrieges« publiziert. Gemzell, Raeder, Hitler und Skandinavien, S. 229. Zur Rolle Raeders siehe auch Salewski, Die deutsche Seekriegsleitung, Bd 1, S. 177; ders., Das Wesentliche von »Weserübung«, S. 1 1 7 - 1 2 6 . — Boehm, der die Gedanken Wegeners schon vor dem Kriegsbeginn für »eine Utopie« hielt, schrieb: »Ich habe auch in Kreisen des höheren Mar.-Offizierskorps keine andere Beurteilung als die meinige gefunden. Auch daß Raeder von dem Buch Wegeners zu dem Entschluß, Norwegen zu besetzen, beeinflußt wurde, halte ich für nicht gegeben« (BA-MA, Ν 172/15, Boehm an Bidlingmaier, 5.10.1966). Zur Mythenbildung siehe auch Raeder, Mein Leben, Bd 2, S. 199 ff. Zum Zusammenhang von deutscher Flottenrüstung, Schwedenerz und Seekriegsplanung nach Ausbruch des Krieges zwischen Deutschland und Großbritannien siehe Ottmer, Skandinavien in der deutschen marinestrategischen Planung, S. 63 _ 66. Siehe dazu Kersaudy, Kapplopet om Norge, S. 18 — 21 ; Desarzens, Nachrichtendienstliche Aspekte der »Weserübung« 1940, S. 17 - 35, 58. Die gründlichste Untersuchung über die britische Politik gegenüber den skandinavischen Staaten in diesem Zeitraum ist Patrick Salmons unpublizierte Dissertation (Salmon, Scandinavia in British Strategy September 1939 - April 1940). Lagevorträge ObM, S. 27 f., 95. Gleichwohl hegte man in der Ski. noch im Februar 1940 gewisse Zweifel, ob Großbritannien zu einer Operation im hohen Norden kräftemäßig überhaupt in der Lage wäre (BA-MA, RM 7/9, KTB 1. Ski, Teil A, 21.2.1940).

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Fragen, mit dem deutschen Engagement in Skandinavien nicht zufrieden war. Rosenberg hatte sich über die gleichgeschaltete Nordische Gesellschaft in Lübeck74 zum Patron der in Skandinavien weltanschaulich Gleichgesinnten erhoben. Besonders angetan hatten es ihm Vidkun Quisling und seine Nasjonal Sämling, die er für besonders förderungswürdig hielt75. Anfang 1939 war es ihm gelungen, diese Förderungswürdigkeit von Hermann Göring bestätigt zu bekommen, so daß nun erhebliche Subsidien aus dessen Kassen gen Norwegen flössen76. Mitte Dezember 1939 vermittelte Rosenberg ein Gespräch zwischen dem Major a.D. Quisling, der sich bei ihm in Deutschland aufhielt, und Raeder, wobei der Norweger den Marineoberbefehlshaber mit genauen Informationen über ein vermeintlich bevorstehendes britisches Eingreifen in Skandinavien beeindruckte77. Raeder, der diese Nachrichten für absolut brisant hielt, unterrichtete tags darauf, am 12. Dezember, Hitler und bat diesen, Quisling doch auch persönlich anzuhören. Am 14. Dezember fand dann die berühmt-berüchtigte Unterredung Hitlers mit Quisling statt, über deren Inhalt es übrigens keine Aufzeichnungen gibt78. Noch am selben Tag gab Hitler beim OKW die »Studie Nord« in Auftrag, die Ende Dezember fertiggestellt wurde und zum Ausgangspunkt der weiteren militärischen Planungen bezüglich Norwegens bis zum Uberfall, dem »Unternehmen Weserübung«, am 9. April 1940 wurde79. Dieses Unternehmen »Weserübung« mit seinen politischen, militärischen und weltanschaulichen Implikationen stand immer im Zentrum der deutschen Historiographie, wenn es um Norwegen im Zweiten Weltkrieg ging80. Die Auseinandersetzung mit der eigentlichen Besatzungsherrschaft konnte dagegen in der deutschen historischen Forschung bis jetzt kein Interesse verbuchen. Auch in Norwegen selbst ist die Geschichtsschreibung in gewisser Weise instrumentalisiert worden. Die ehemalige Widerstandsbewegung bestimmte nach 1945 wesentlich das forschungspolitische Milieu und dominierte damit die Okkupationsforschung. Der militärische Überfall, seine Vorbereitung und Durchführung, der norwegische Widerstand und die politische Kollaboration sind die zen-

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Siehe dazu Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 1 5 8 - 2 0 4 . Dahl, Vidkun Quisling, Bd 1, S. 449 - 452. IfZ, MA 110, Korrespondenz zwischen Quisling, Hagelin, Scheidt und Göring Mai bis Juli 1939; auch BA, NS 43/25. Raeder, Mein Leben, Bd 2, S. 205 f. Auch in seinem Landesverratsprozeß im Sommer/Herbst 1945 wollte Quisling sich über den Inhalt dieses langen Gesprächs mit Hider nicht äußern (Straffesak mot Quisling). Einzig eine Notiz in seinem Terminkalender deutet an, für wie wichtig Quisling diese Unterredung hielt. Hier steht nämlich das Wort »avgjorelsen« (Die Entscheidung) mit drei Ausrufungszeichen dahinter. Was allerdings entschieden wurde, kann spekuliert werden. Meinte Quisling eine Entscheidung über weitere Subsidien oder über ein deutsches militärisches Eingreifen im Norden? Siehe dazu auch Dahl, The Question of Quisling, S. 198. Über den Fortgang der Planungen im einzelnen siehe Ottmer, Skandinavien in der deutschen marinestrategischen Planung, S. 67 - 72; Bohn, Die Errichtung des Reichskommissariats Norwegen, S. 131 - 1 3 6 ; Salewski, Das Wesentliche von »Weserübung«, S. 1 1 8 - 1 2 3 . Noch neuerdings in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 2.

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tralen Themen dieser norwegischen Zeitgeschichtsforschung81, die erst in den letzten Jahren in Zeitungen und Fachzeitschriften kritischen Einwänden ausgesetzt ist. Diese Debatte entzündete sich an der noch in den jüngsten Veröffentlichungen feststellbaren Wertedichotomie aus der Zeit der historischen Pionierarbeit der 50er Jahre, in denen die deutschen Besatzer und ihre norwegischen Helfer der Nasjonal Sämling eindeutig als die Feinde bestimmt worden waren. Diese frühe norwegische Okkupationsforschung ist von Umständen geprägt, die hermeneutische Probleme par excellence beinhalten: Sie ist zunächst eine Geschichtsschreibung der Sieger. Und das nicht nur in dem Sinn, daß die beteiligten Historiker im großen und ganzen die allgemeine Wertegrundlage für den Widerstandskampf gegen den Okkupanten teilen, sondern buchstäblich, da einige der herausragenden Vertreter dieser Geschichtsschreibung selbst aktiv an diesem Widerstandskampf teilgenommen haben. Stark abstrahiert und verkürzt ergab sich hieraus die Gegenüberstellung: Freund gegen Feind, Helden gegen Schurken, Nationale gegen Unnationale, Demokraten gegen Nazis. Die Forschung der Nachkriegsjahre war zunächst von dem Bemühen geprägt, die Fakten zu präsentieren, d.h. vor allem den Hintergrund des deutschen Überfalls und den Anteil Quislings daran zu erarbeiten. Hierbei gewann das Material, das im Zusammenhang mit den Landesverratsprozessen und der Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungskommission von 194582 entstand, für die Historiographie zentrale Bedeutung. Die juristische Aufarbeitung bereitete der historischen Forschung sozusagen das Feld, und die Diskussion verlagerte sich mehr und mehr aus dem Bereich der Jurisprudenz in den der Historiographie. In jüngster Zeit sind diese wissenschaftstheoretischen Voraussetzungen der frühen Okkupationsforschung und im Zusammenhang damit insbesondere die Forscherethik kritisiert worden. Zwar habe sich diese Forschung, wie die Kritiker einräumen, in eine wissenschaftliche Tradition gestellt, die sich an streng empirischen, quellenkritischen Methoden und Wertfreiheit orientierte, zugleich aber sei dabei stets deutlich gemacht worden, auf welcher Seite man stehe, und das habe nicht immer geholfen, heroisierende Tendenzen fernzuhalten83. Gleich nach Kriegsende wurde eine mehrbändige Gesamtdarstellung über den »Krieg Norwegens 1940—1945« in Angriff genommen84, die bereits die Standards setzte, die bis heute Bestand haben sollten. Zugleich wurde diese Forschung durch die Gründung des »Institutt for Norsk Historisk Forskning« institutionalisiert. Unter seinem Einfluß entstanden bis Ende der 50er Jahre drei umfangreiche Werke, die konzeptionell bewußt darauf zielten, den politischen Führungsanspruch 81

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Der Osloer Ordinarius Ole Κ. Grimnes zählte bis zum Ende der 80er Jahre rund 200 Bücher (Grimnes, Historieskrivingen om okkupasjonen, S. 108). Das norwegische Parlament hatte am 13. Juli 1945 beschlossen, eine Kommission einzusetzen, »die das Verhalten des Storting, der Regierung, des Obersten Gerichts, des Administrationsrates sowie der zivilen und militärischen Behörden vor und nach dem 9. April 1940 untersuchen« sollte (Innsfilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Innstilling VI, S. 3). Die Untersuchungsergebnisse wurden 1946 und 1947 in mehreren Bänden publiziert. Sorensen, Forskningen om krigen i Norge, S. 41. Norges Krig 1940 - 1 9 4 5 , 3 Bde.

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derjenigen Kräfte historisch zu legitimieren, die während der Okkupation den aktiven Widerstand getragen hatten und die nun den Neuaufbau des Landes durchführten. Daher wurden die dieser Geschichtskonzeption widersprechenden Tatsachen, wie etwa die wirtschaftliche Kollaboration oder die allgemeine Anpassung eines großen Teiles der norwegischen Bevölkerung an die neuen Machthaber, kaum berücksichtigt oder weitgehend verdrängt. Es handelt sich bei diesen drei Werken um die Studie von Magne Skodvin über die Verhandlungen des Sommers 1940 zwischen Norwegern und Deutschen und das Zustandekommen der deutschen Aufsichtsbehörde (Reichskommissariat)85, um die Untersuchung von Thomas C. Wyller über die »Gleichschaltung« und den Widerstand der Verbände86 sowie schließlich um die umfangreiche Studie Sverre Kjeldstadlis über Entstehung und Aufbau des zivilen und des militärisch organisierten Widerstands87. Diese auf der Grundlage umfangreicher Quellenstudien aufgebauten Werke verliehen dem politisch gewünschten Bild von Norwegen im Widerstand die nötige historische Tiefenschärfe. Dergleichen fiel den Autoren als ehemaligen Akteuren des Widerstands nicht schwer, konnten sie sich doch auch im reichlich vorhandenen Aktenmaterial der ehemaligen Besatzungsbehörde und der Nasjonal Sämling exklusiv bedienen. Die in jenen Jahren erschienenen Erinnerungen führender Politiker der norwegischen Exilregierung (u.a. von Halvdan Koht, Trygve Lie und Thomas Bonnevie) und die zahlreichen Berichte von aktiven Widerstandskämpfern in der Presse und in anderen Publikationen haben dieses Bild ergänzt. Arnim Lang spricht davon, daß die Besatzungsgeschichte Norwegens in deutlicherem Maße als die Zeitgeschichtsforschung in der Bundesrepublik »durch ein kollektives, generationstypisches Geschichtsbild« geprägt wurde«88. Entscheidend an diesem Bild ist, daß es die Kontinuität der staatlichen und politischen Ordnung Norwegens, die mit der Okkupation nicht unterbrochen worden sei, mit einer Fülle anschaulichen Materials bestätigte. Es ist das Bild einer gleichsam »illegalen Nation«, die im besetzten Land geheime politische Führungsorgane und ge-

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Skodvin, Striden om okkupasjonsstyret i Norge. Wyller, Nyordning og motstand. Ebenfalls 1958 erschien von Wyller ein weiteres, die Thematik ergänzendes Werk: Fra okkupasjonsddens maktkamp. Wyllers Bücher haben zum einen die, wie sie genannt werden, Nazifizierungsversuche der Nasjonal Sämling bis zum Herbst 1942, zum anderen die Reaktionen der norwegischen Organisationen darauf zum Gegenstand. Wyller, von Hause aus Politologe, geht dabei von organisationstheoretischen Erklärungsansätzen aus, in die er die historischen Quellen einbaut. Von selten der Fachhistoriker, insbesondere Skodvins, wurde ihm allerdings, ohne die Bedeutung des Werkes als Ganzes herabsetzen zu wollen, eine zu legere Quellenkritik und ungenaue geschichtswissenschaftliche Begrifflichkeit vorgehalten [NHT, 39 (1959/60), S. 200 ff.]. Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, Bd 1. Kjeldstadlis Darstellung des militärischen Widerstands geht bis Sommer 1944. Der geplante Fortsetzungsband konnte wegen des frühen Todes des Historikers im Jahre 1961 nicht abgeschlossen werden. Das Buch ist ungemein materialreich, aber weniger analytisch als die beiden vorher genannten. Außerdem kommt hier die erwähnte Dichotomie weniger pointiert zum Tragen. Wenngleich der norwegische Widerstand hier in einem größeren Rahmen, in dem die politischen und militärischen Voraussetzungen die Begrenzungen bilden, betrachtet und sachlich dargestellt wird, kann das Werk trotzdem eine heroisierende Tendenz nicht ableugnen. Lang, Die Besetzung Norwegens in deutscher und norwegischer Sicht, S. 146.

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heime Streitkräfte aufbaute und die es durch aktiven wie passiven Widerstand und durch das Zusammenwirken mit der Exilregierung in London vermochte, in der internationalen Politik nicht nur mit einem Rechtstitel, sondern mit realer Souveränität aufzutreten. Die Schöpfer und Verfechter dieses offiziellen Geschichtsbildes beherrschten nicht nur die öffentliche Meinimg, sondern auch das universitäre Milieu, wo gewissermaßen die zweite Generation der norwegischen Kriegsgeschichtshistoriker in ihrem Sinn ausgebildet wurde. Dies geschah vor allem am Historischen Institut der Universität in Oslo unter Magne Skodvin, der unbestritten zur führenden Person in der norwegischen Okkupationsgeschichtsforschung avancierte. Ende der 60er Jahre, als auch die norwegische Geschichtswissenschaft von kritischen Strömungen erreicht wurde, erhielt die Gruppe um Skodvin durch großzügige finanzielle Zuschüsse die Möglichkeit, ihre Forschungen auszuweiten. Es entstanden zwei Institutionen als Kristallisationskerne: die »Zeitgeschichtliche Forschungsgruppe« und das »Norwegische Widerstandsmuseum«. Die Zeitgeschichtliche Forschungsgruppe wurde im Februar 1968 gebildet und arrangierte bis in die 70er Jahre hinein eine Anzahl Tagungen und inspirierte ein großangelegtes Forschungsprojekt zur Okkupationsgeschichte. Die Ergebnisse wurden in einer eigenen Reihe, den »Studien zur norwegischen Zeitgeschichte — Norwegen und der Zweite Weltkrieg« publiziert89. Trotz einer kritischen Grundeinstellung wurde auch in ihnen, aufs Ganze gesehen, das bestehende Geschichtsbild nicht in Frage gestellt. Es fand sogar eine gewisse Einengung der Forschung statt, indem die Geschichte des Widerstands eindeutig bevorzugt wurde90, während andere thematische Bereiche, wie vor allem die Nasjonal Sämling oder die Besatzungsbehörde, vernachlässigt wurden. Bei der zweiten Institution, die Ende der 60er Jahre etabliert wurde, traten diese Tendenzen — bedingt durch ihren thematischen Zuschnitt und ihren Auftrag — noch stärker in Erscheinung. Das Norwegische Widerstandsmuseum (Norges Hjemmefrontmuseum) wurde am 25. Jahrestag der deutschen Kapitulation, am 8. Mai 1970, feierlich eröffnet. Initiator und treibende Kraft dieses Projekts war wiederum Magne Skodvin. Neben ehemaligen Widerstandsfuhrern bestimmte die Zeitgeschichtliche Forschungsgruppe das Konzept des Museums91. Seine Aufgabe stand neben den 89

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Studier i norsk samtidshistorie — Norge og den 2. verdenskrig, 8 Bde, Oslo 1 9 6 8 - 1977 (dann wurden die finanziellen Mittel gestrichen). Bd 1: Mellom noytrale og allierte; Bd 2: 1940 — Fra noytral til okkupert; Bd 3: Ole Κ. Grimnes, Et flyktningssamfunn vokser fram. Nordmenn i Sverige 1 9 4 0 - 4 5 ; Bd4: Rolf Kluge, Hjemmefrontledelsen tar form — Kretsen dannes sommeren 1941; Bd 5: Rolf Berg og Peder Lindhjem, Militai motstand i Rogaland og Vestfold; Bd 6: Motstandskamp, strategi og marinepolitik; Bd 7: Tor Arne Barstad, Sabotasjen i Oslo-omrâdet 1944 - 45; Bd 8: Ole Κ. Grimnes, Hjemmefrontens ledelse. Skodvin teilte bei der Begründung des Schwerpunktes die gesamte Okkupationsgeschichte in drei große Bereiche auf: den Widerstand in Norwegen, die Tätigkeit des Exils (Utefronten) und die Okkupationsmacht (inkl. Nasjonal Sämling). Die Untersuchung der Widerstandsaktivität sei zu bevorzugen, weil »jeden Tag, der vergeht, schriftliches Material zerstört werden kann und wichtige Akteure verschwinden können« (zit. nach: Sorensen, Forskningen om krigen i Norge, S. 44). Die Statuten des Museums bestimmten als seinen Auftrag, »der heutigen Jugend und kommenden Generationen einen stets lebendigen Eindruck von dem Unglück zu vermitteln, das die Okkupation und die Fremdherrschaft für das Volk bedeuteten, und dadurch beizutragen, den Zusammenhalt und die Wahrung unserer nationalen Freiheit zu stärken«.

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Ausstellungen zum Widerstandskampf vor allem darin, durch Interviews ehemaliger Widerstandsangehöriger soviel mündliches Quellenmaterial wie möglich zu sammeln. Es handelte sich in dieser Phase der norwegischen Okkupationsforschung also um eine völlige Konzentration auf den Widerstand. Das Archiv und die Bibliothek des Museums wurden zu einem Gravitationszentrum für Hauptfachstudenten aus den Seminaren Skodvins und seiner Schüler, die sich in ihren Examensarbeiten mit der Okkupationsgeschichte, d.h. dem Widerstand, auseinanderzusetzen gedachten. Aus den Publikationen aus diesem Milieu läßt sich deutlich eine Affirmation der Werte der Widerstandsbewegung herauslesen92. Wenn sie auch nicht direkt heroisierend geschrieben waren, so fehlt doch nicht selten eine notwendige kritische Distanz zur Tätigkeit der Widerstandsbewegung. In dieser Forschung der späten 60er und der 70er Jahre ist zudem neben der thematischen eine weitere Einengung feststellbar: Es findet keine hermeneutische oder Methodendebatte wie in den 50er Jahren zwischen Skodvin und Wyller statt93, sondern es herrscht eine an den vorgegebenen Werten orientierte enge Quellenexegese. Zudem findet man kaum komparative Aspekte und wenig Interesse an weltanschaulichen Dimensionen — die Frage nach den politischen Interessen und ideologischen Voraussetzungen der Akteure bzw. der handelnden Gruppen bleibt ungestellt. Die Stärken und Schwächen der sogenannten Skodvintradition tauchen auch in dem letzten großen Werk dieses Forschungsmilieus aus den späten 80er Jahren wieder auf, bei dem Skodvin selbst als Hauptherausgeber diente. Es handelt sich um das zum 50. Jahrestag des deutschen Uberfalls fertiggestellte, in seiner inhaltlichen Konzeption an ein breites Publikum gerichtete, reichlich illustrierte achtbändige Opus »Norwegen im Krieg. Fremdenjoch und Freiheitskampf 1940-1945« 94 . Die Bände 1 (Overfall), geschrieben von Ole Κ. Grimnes, und 7 (Utefront), von Olav Riste, zeigen die unbezweifelbaren Stärken der Skodvinschule: Sie basieren auf eigenen, umfangreichen quellenkritischen Studien der Verfasser und verarbeiten eine breite Forschungsliteratur. Der Band 6 (Hj emme front), verfaßt von den wissenschaftlichen Mitarbeitern des Heimatfrontmuseums Arnfinn Moland und Ivar Kraglund, liefert eine kompetente Zusammenfassung der umfangreichen Forschung über die Widerstandsbewegung. Er ist ein Beispiel für das Fehlen komparativer Perspektiven. Norwegen erscheint isoliert, der Leser erfahrt nicht, was in anderen Ländern vor sich ging. Die beiden von Berit Nokleby geschriebenen Bände (2: Nyordning, 4: Holdningskamp), offenbaren ganz deutlich sowohl die Schwäche als auch die Einengung dieser Forschungstradition. Sachlich enthalten sie kaum etwas, das nicht auch schon Ende der 50er Jahre bekannt gewesen war und nicht schon in den Werken Wyllers von 1953 und 1958 (und dort ausfuhrlicher dargestellt und besser dokumentiert) nachgelesen werden kann. Bei diesen beiden Bänden, die sich vorwiegend mit der norwegischen Innenpolitik auseinandersetzen,

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Die rund 2000 Interviews, die seit den späten 60er Jahren gesammelt wurden, würden dieses Bild sicherlich unterstreichen, wenn man untersuchen würde, welche Fragen in ihnen gestellt und welche Probleme angeschnitten wurden. Zu dieser Debatte siehe Serensen, Forskningen om krigen i Norge, passim. Norge i krig. Fremmedâk og frihetskamp 1940 - 1 9 4 5 .

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fallt deutlich auf, wie stark die Nasjonal Sämling von der norwegischen Forschung seit 1960 vernachlässigt worden ist. Zudem sind sie in einem fast schon anachronistisch zu nennenden Maße (immerhin 40 Jahre nach Kriegsende geschrieben) von der dichotomischen Geschichtsschreibung der 50er und 60er Jahre und von antideutschem Ressentiment geprägt95. Der von Tim Greve geschriebene Band 3 (Verdenskrig) beinhaltet viele sachliche Fehler. Band 5 (Hverdagsliv) von Guri Hjeltnes bietet durch eine teilweise unorthodoxe Sicht der Alltagsgeschichte und Auswertung bisher kaum berücksichtigten volkskundlichen Quellenmaterials einige neue Perspektiven der Okkupationsgeschichte, insbesondere hinsichtlich der Auswirkungen der Besetzung auf das alltägliche Leben der Bevölkerung96. In Band 8 (Frigj0ring), beschäftigen sich Knut Einar Eriksen und Terje Halvorsen ausführlich mit dem deutschen Rückzug aus der Finnmark, wobei neues Quellenmaterial zum Tragen kommt. Dagegen erscheint das Kapitel über die Landesverratsprozesse nach dem Krieg stark unterbelichtet und einseitig97. Wir haben es also in Norwegen mit einer Historiographie zu tun, die den Widerstand als die Verkörperung der norwegischen Traditionen in den Mittelpunkt stellt und dessen Inhalte mit der nationalen Geschichte gleichsetzt. Hieraus erwächst eine Verurteilung nicht nur des ehemaligen Besatzers und dessen historiographischer Apologetik, sondern gleichermaßen auch der Kollaborateure (d.h. der Anhänger Quislings) im eigenen Land und deren Versuche der öffentlichen Rechtfertigung. Die Kollaboration verkörperte hierbei »einen besonders schmerzlichen historischen Gegenstand, da sie sich wie ein eiteriger Fremdkörper in der neuzeitlichen norwegischen Geschichte ausnahm und ihre Existenz wie eine ständige Erinnerung an den Verlust nationaler Unschuld empfunden werden mußte. Vor diesem Hintergrund fühlte sich die mehrheitliche Geschichtsschreibung zu einem nationalen Wächteramt über richtiges — patriotisches — und falsches — unpatriotisches — Verhalten berufen. Dieser Versuchung haben norwegische Historiker nicht immer in ausreichendem Maße standgehalten98.« Wer aus dieser Linie ausscherte, bekam nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten, die akademischuniversitäre Karriere fortzusetzen. Als Beispiel sei Sverre Hartmann genannt, der sich als Staatsstipendiat seit Ende der 40er Jahre damit befaßte, Aktenmaterial, vor allem deutsches, zu sammeln und deutsche und norwegische Zeitzeugen zu befragen. Die Interpretation dieses Materials führte ihn dazu, zu zentralen Fragen des Überfalls und der Besatzungszeit abweichende Ansichten zu publizieren99. Auch griff er Skodvins Werk über die Errichtung des Okkupationsregimes nach dessen

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Siehe dazu die Besprechungen zum Bd 2 von Aage Trommer in: NHT, 65 (1986), S. 2 5 2 - 2 5 5 ; zum Bd 4 von Hans Kirchhoff in: ebd., 66 (1987), S. 601 - 604. Zu dieser Thematik lag bisher nur eine kulturgeschichtliche Studie vor: Bratteli, Okkupasjonshverdagen. Sie dazu die Rezension von Aage Trommer in: NHT, 68 (1989), S. 386 - 388. Lang, Die Besetzung Norwegens in deutscher und norwegischer Sicht, S. 150. Einen Teil seines Materials präsentierte Hartmann 1965 in: Nytt lys over kritiske faser i Norges historie under annen verdenskrig. Bereits einige Jahre zuvor (1959) hatte er seine unkonventionelle Quisüngbiographie (Forer Uten Folk) veröffentlicht.

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Erscheinen scharf an100. Von Anbeginn der Okkupationsforschung an gab es einen revisionistischen Gegenstrom zur Fortschreibung des offiziellen Geschichtsbildes, vor allem geprägt von ehemaligen NS-Mitgliedern und im Zusammenhang mit den sich bis in die späten 50er Jahre hinziehenden Landesverratsprozessen. Aber gerade diese Prozesse haben auch andere zum Anlaß genommen, an ihnen Kritik zu üben101. Die Schwierigkeiten, die der Umgang mit dem Thema Kollaboration bereitete, erhellt besonders markant daraus, daß überhaupt erst in jüngster Zeit umfassende und allgemein anerkannte Biographien Vidkun Quislings und Untersuchungen über die Nasjonal Sämling erschienen sind. Bezeichnenderweise ist die erste umfassende wissenschaftliche Biographie Quislings von einem Norwegoamerikaner verfaßt und ins Norwegische rückübersetzt worden102. Die wohl profundeste und in ihrer Materialfülle wohl kaum zu übertreffende Quislingbiographie stammt von Hans Fredrik Dahl und erschien in zwei umfangreichen Bänden103. Eine programmatische Opposition zu der vorherrschenden Richtung der Okkupationsgeschichtsschreibung wurde allerdings schon 1971 in der Zeitschrift »Kontrast« formuliert104. Hans Fredrik Dahl kritisierte die traditionelle Okkupationsgeschichtsforschung wegen ihrer Provinzialität und allzu großen Annäherung an die nationalheroische Überlieferung der Kriegsgeneration und stellte dabei sechs Komponenten dieses norwegischen Okkupationsmythos' heraus. Diese sind: 1. »Am 9. April vereinte sich das Volk sofort zum Widerstand gegen den deutschen Übergriff«, 2. »Wie nie zuvor in der Geschichte Norwegens bewachte das Storting das Recht und die Gerechtigkeit als unser letzter Notanker in der Stunde der Gefahr«, 3. »Das ganze Volk stand vereint gegen die Deutschen und gegen Quisling«, 4. »Der norwegische Widerstand war ein Kampfwiderstand, der den Deutschen unersetzbaren Schaden zufügte«, 5. »Mit Ausnahme der zwei Prozent der Bevölkerung, die sich der NS anschlossen, waren alle Norweger loyal am Widerstandskampf gegen die Deutschen beteiligt«, 6. »Wir kamen trotz allem gut durch die fünf Jahre«105. Dahl forderte, im Unterschied dazu die norwegische Geschichte jener Jahre in einen europäischen Zusammenhang zu stellen, und lieferte seitdem selbst einige Beispiele dafür, insbesondere was die Untersuchung des norwegischen Faschismus

Siehe seine Veröffentlichung in: NHT, 38 (1957/58), S. 62 - 86. Eine frühe kritische Darstellung aus Nicht-NS-Richtung ist Hâkon Meyer, Et annet syn. Meyer hatte als Funktionär der norwegischen Arbeiterbewegung versucht, während der Okkupation eine »dänische Linie« der Zusammenarbeit mit den Besatzern zu verfolgen. Er wurde dafür 1945 in den Landesverratsprozessen zu 10 Jahren (später reduziert) Zwangsarbeit verurteilt. Über Meyer siehe Aagesen, Fagopposisjonen av 1940, S. 3 5 7 - 4 5 9 . — Eine andere Kritik kam aus dem linken politischen Spektrum, die sich vor allem der Wirtschaftskollaboration zuwandte und dies aus konspirationstheoretischer Perspektive (Krog, 6te kolonne?; Valen, De tjente pâ krigen). 102 Hoidal, Quisling. En Studie i landssvik (Originaltitel: Quisling. A study in treason). 103 Dahl, Quisling, Bd 1: En Forer blir til; Bd 2: En Forer for fall. im Kontrast, 25 (1971), H. 1/2. i°5 Dahl, Seks myter om okkupasjonen, S. 175 - 1 8 9 . 101

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betrifft106. Dahls Initiative ist aber seinerzeit weitgehend verpufft. Erst Ende der 80er Jahre wurde hier wieder angeknüpft. Die zeitliche und thematische Nähe zum deutschen sogenannten Historikerstreit ist sicher kein Zufall, wenngleich hinsichtlich der Inhalte Gleichsetzungen nicht erlaubt sind. Die Verhaltensweisen der Akteure und des Publikums sowie die Mechanismen und Formen der Debatte (Zeitungen als Forum) ähnelten sich indes. Ein wachsender Abstand zu den Werten des Widerstands und der etablierten Darstellungsmuster kündigte sich in den Werken einiger jüngerer norwegischer Historiker bereits zu einer Zeit an, als die letzte große publizistische Emanation der Traditionalisten, das achtbändige Werk »Norge i Krig«, konzeptionell in Angriff genommen wurde. Es ist bezeichnend, daß sich diese Forscher vor allem auf die bislang so vernachlässigte Nasjonal Sämling und deren Führer Quisling sowie auf verschiedene Bereiche der institutionellen Kollaboration konzentrierten. In den letzten Jahren sind einige Werke erschienen, in denen neue Fragen gestellt wurden, und bei dem Versuch, sie zu beantworten, Tabus gebrochen oder bisherige Erklärungsmuster als nicht brauchbar zurückgewiesen wurden. Zu nennen sind in diesem Kontext die Veröffentlichungen von Nils Johan Ringdal107 und 0ystein Sorensen108. Erst diese neue Historikergeneration entwickelte Ansätze zu einer sogenannten revisionistischen Geschichtsbetrachtung, die in der öffentlichen, für norwegische Verhältnisse zum Teil scharf geführten Debatte ernstgenommen wurden. Auf erbitterten Widerstand bei der älteren Okkupationsforschung stieß vor allem die These, daß es Patriotismus nicht nur auf Seiten des Widerstands gegeben habe, sondern daß man auch auf der falschen Seite, also in Kreisen der NS, patriotische Haltungen feststellen könne. Es zeichnet sich bereits ein gewisser Einfluß der neuen Perspektiven auf die traditionalistische Richtung der Geschichtsschreibung ab, wie man in der ansatzweisen Neubewertung des Agierens der Regierung Nygaardsvold im April 1940 durch Grimnes sehen kann109. Gleichwohl — sei es die traditionalistische oder die revisionistische Richtung der Geschichtsschreibung — eines eint beide, es ist das, was Grimnes das nationale Konsenssyndrom nennt110. Dieses beinhaltet die mehr oder minder ausgesprochene Ubereinkunft, daß jede seriöse Geschichtsforschung, egal welcher Schule, nur 106

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Krigen i Norge; Dahl, Okkupasjon og integrasjon, S. 2 8 5 - 3 0 7 ; ders. u.a., Den norske nasjonalsosialismen; ders., Vidkun Quisling, 2 Bde. In einer Publikation von 1987 (Mellom barken og veden) untersuchte Ringdal den teilweise nach deutschem Vorbild durchgeführten Um- und Ausbau des norwegischen Polizeiapparats; 1989 veröffentlichte er eine »Psychobiographie« des NS-Justizministers Sverre Riisnses (Gal mann til rett tid), der die Nazifizierung des norwegischen Rechtswesens vorantrieb und als Adept Heinrich Himmlers die norwegische SS aufbaute. Sorensen (Hitler eller Quisling) hat die verschiedenen ideologischen Strömungen in der NS untersucht und erstmalig ein differenziertes Bild dieser Partei entworfen. In einem folgenden Buch hat er diese neuen Perspektiven weiterentwickelt, indem er die Sozialpolitik der Nasjonal Sämling und deren Einfluß auf die wohlfahrtsstaatliche Politik Nachkriegsnorwegens untersucht (Solkors og solidaritet). Grimnes, Overfall, S. 240 ff.; ders., Veien inn i krigen. Grimnes, Historieskrivingen om okkupasjonen. S. 1 1 7 - 1 1 9 .

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die demokratischen und an der Idee der Freiheit orientierten nationalnorwegischen Werte, die während der Okkupation verteidigt wurden, vertreten darf und daß unter keinen Umständen die Standpunkte der nationalsozialistischen Besatzer und ihrer norwegischen Helfer eingenommen werden dürfen. »Dieser Konsens hat sich als mehr als nur eine historische Erscheinung erwiesen. Er ist so tief in das norwegische Bewußtsein gedrungen, daß er als eines seiner Wesensmerkmale bezeichnet werden muß m .« Die Trennungslinie ist absolut, sie bietet keinen Platz für Relativierungen. Alle Meinungsgegensätze sind innerhalb dieses Rahmens auszutragen. Man kann beispielsweise, wie in letzter Zeit geschehen, die problematischen Seiten der Landesverratsprozesse herausstellen112, die Prozesse als solche in Frage zu stellen, wäre undenkbar. Fanden die sicherheitspolizeilichen Auswirkungen der Besatzungspolitik Terbovens in der norwegischen Historiographie, wenn auch nicht umfassend und systematisch als eigenes Forschungsobjekt und auch nicht immer richtig erfaßt, wenigstens fallweise im Zusammenhang mit der Darstellung des norwegischen Widerstands das Interesse der norwegischen Historiker, so stand dem ein völliges Desinteresse — und infolgedessen auch eine weitgehende Unkenntnis — an der Struktur der Behörde des Reichskommissars sowohl in ihrem inneren Gefüge als auch im Geflecht der verschiedenen Machtfaktoren im Reich gegenüber113. Auch hat es in Norwegen bisher niemand für wert erachtet, die norwegische Wirtschaft während der Besatzungszeit und deren Stellung in der deutschen Kriegswirtschaft systematisch und umfassend zu untersuchen. Symptomatisch dafür ist, daß in der als Standardwerk betrachteten 600 Seiten starken »Wirtschaftsgeschichte Norwegens« aus dem Jahre 1981, die die Periode von 1815 bis 1970 behandelt114, die Jahre 1940 bis 1945 auf nur vier Seiten abgehandelt werden — und das teilweise sogar fehlerhaft. Dabei war — wie zu zeigen sein wird — gerade das norwegische Wirtschaftspotential neben den militärstrategischen Gesichtspunkten der Kern des deutschen Interesses an dem Land. Und zu keiner anderen Zeit hat sich das Bild im Wirtschaftsleben des Landes so umfassend und tiefgreifend verändert wie in diesen fünf Jahren. Die Veränderungen betrafen nicht nur die verschiedenen Bereiche der Produktion und der wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Infrastruktur, sondern reichten bis in die staatliche Wirtschaftslenkung und die Organisation der Wirtschaft. Nicht wenig ist davon nach der deutschen Kapitulation beibehalten bzw. weitergeführt worden (wie z.B. Industriestandorte, Fischereiförderung, Arbeitsvermittlung, staatliche wirtschaftliche Lenkungsbehörden, Steuerwesen). Zwar veröffentlichte Alan S. Milward 1972 eine Studie über die »faschistische Wirtschaft

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Ebd. S. 117. Andenaes, Det vanskelige oppgjeret; Larsen, Die Ausschaltung der Quislinge in Norwegen, S. 2 4 1 - 2 8 0 . Auch die Terbovenbiographie von Berit Nokleby bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Zum einen richtet sie ihr Augenmerk nur auf die Person Terboven, ohne das soziopolitische Beziehungsgeflecht zu analysieren, zum anderen beruht sie auf einer höchst mageren Quellengrundlage. Hodne, Norges okonomiske historie 1 8 1 5 - 1 9 7 0 , S. 5 3 3 - 5 3 6 .

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in Norwegen«115, doch stehen in dieser Untersuchung mehr die Planungen im Mittelpunkt der Betrachtungen als deren praktische Umsetzung. Angesichts dieser Forschungslage versteht sich die vorliegende Studie nicht zuletzt auch als ein Beitrag zur norwegischen Wirtschaftsgeschichte im Zweiten Weltkrieg. Wie Willi A. Boelcke in mehreren Arbeiten zur deutschen Wirtschaft während der NS-Herrschaft dargelegt hat, gibt es ausschließlich nichtökonomische wie auch ausschließlich ökonomische Faktoren als dominierende Beweggründe historischer Abläufe nur der Theorie nach116. Geht man bei der Untersuchung a priori von einem andauernden Dominanzverhältnis entweder der Politik gegenüber der Wirtschaft oder umgekehrt, der Wirtschaft gegenüber der Politik, aus, gerät man leicht in den Bereich ideologischer Verzerrungen. Diese haben in der Tat unter dem Eindruck des ideologisch-politischen Gegensatzes der Nachkriegszeit lange Jahre die historische Forschung maßgebend geprägt, wie eine Legion entsprechender Publikationen, die sich entweder zu dem einen oder dem anderen Primat bekannten, ausweist. Erst die neuere Forschung hat dazu beigetragen, das Bild vom monolithischen Herrschaftssystem des Nationalsozialismus zu revidieren117 und — auf Okkupation und Wirtschaft bezogen — die simplen Ausbeutungsklischees zurückzuweisen, ohne in nationalen Revisionismus zu verfallen118. Dadurch wurden die Voraussetzungen für eine nüchterne Diskussion des politisch-wirtschaftlichen Beziehungsgeflechts im nationalsozialistischen Herrschaftsraum geschaffen. Daran anknüpfend, beabsichtigt die vorliegende Studie, eine Forschungslücke für den nordeuropäischen Raum zu schließen, zu dem bislang lediglich zwei Arbeiten über Schweden vorliegen119. Angesichts des bisherigen Forschungsstandes zu diesem Komplex der Okkupation gilt es, weit verbreiteten Schlußfolgerungen und Thesen aus dem Weg zu gehen. Die in der Literatur immer wieder auftauchende Ansicht, wonach Norwegen den Nationalsozialisten als »germanisches« Land galt, das Hitlers »Großgermanischem Reich« einverleibt werden sollte, reproduziert die zeitgenössischen — unkonkreten — Verlautbarungen, ohne die hinter dieser Terminologie versteckten konkreten Absichten und ökonomischen Interessen zu erfassen120. Die Untersu115

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Milward, The Fascist Economy in Norway. »My work does not aim at being definitive. It is exploratory and there is plenty of room for subsequent explorers«, versichert Milward in der Einleitung. Milward stützt seine Untersuchungen hauptsächlich auf britische Beuteakten, die nach der Kapitulation zur Auswertung nach England verbracht wurden und dann in das Foreign Documents Centre des Imperial War Museum (»Speer-Collection«) gelangten. Ein Großteil dieser Akten befindet sich mittlerweile wieder in Norwegen. Zuletzt Boelcke, Die »europäische Wirtschaftspolitik« des Nationalsozialismus, S. 194 - 232. Siehe hierzu Geschichte und Gesellschaft, 2/1976, Themenhefte »Das nationalsozialistische Herrschaftssystem« und »Der Führerstaat«. Stellvertretend siehe Winkel, Die »Ausbeutung« des besetzten Frankreich, S. 333 - 374. Wittmann, Schwedens Wirtschaftsbeziehungen zum Dritten Reich 1 9 3 3 - 1 9 4 5 ; Lutzhöft, Deutsche Militärpolitik und schwedische Neutralität 1 9 3 9 - 1 9 4 2 . Interessant ist ferner die Studie von Schröter, Außenpolitik und Wirtschaftsinteresse, die allerdings nur die Zwischenkriegszeit berührt. Siehe dazu Zitelmann, Zur Begründung des »Lebensraum«-Motivs in Hitlers Weltanschauung, S. 563.

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chung muß daher über die sonst üblichen Versuche hinausgehen, die ökonomischen Interessen bei der in Norwegen betriebenen Besatzungspolitik allein aus der Planung für die Invasion und aus den später so wichtigen Rohstofflieferungen abzuleiten, wie dies bei Milward geschieht121. Damit ist der primäre Ansatz der Untersuchung gekennzeichnet. Die Besatzungsherrschaft wird insbesondere daraufhin zu untersuchen sein, wie sich das Instrumentarium der Herrschaftsausübung, d.h. vor allem das organisatorische, personelle und Kompetenzgefüge des Reichskommissariats, darstellte, mit Hilfe dessen versucht wurde, die wirtschaftliche und politische Einbindung Norwegens in das deutschbesetzte Europa zu verwirklichen. Für die Gliederung des Stoffes waren folgende Gesichtspunkte ausschlaggebend: In den ersten Abschnitten werden die besatzungspolitischen, administrativen und ökonomischen Rahmenbedingungen dargelegt, die die historischen Abläufe bestimmten. Anschließend erfolgt die Gliederung in »verschränkter« Form, d.h. zunächst systematisch in der Aufteilung der Abschnitte und Kapitel nach thematischen Sachkomplexen, innerhalb dieser dann in einer chronologischen Darstellung der Geschehnisse. Das hat zwangsläufig zur Folge, daß der chronologische Ablauf der Geschichte immer wieder unterbrochen werden muß und andere, zum Thema gehörende Handlungsabläufe verfolgt werden, um dann wieder zu ersteren zurückzukehren. Die prinzipielle Schwierigkeit bei der Darstellung komplexer Abläufe besteht stets darin, daß bei aller Abstraktion auf das Wesentliche und Grundsätzliche das Thema selbst nur en détail abgehandelt werden kann, und viele Details sind nur durch Heranziehen weiterer Details plausibel zu machen. Dieses heuristische Problem soll dadurch gelöst werden, daß immer wieder auf die grundlegende Fragestellung rekurriert wird, nämlich in welchem Maße kriegswirtschaftliche Vorhaben und Notwendigkeiten die Besatzungspolitik beeinflußt haben. Um dem Leser das Erfassen des Stoffes zu erleichtern, werden in einem Personenregister am Ende des Bandes die im Text auftauchenden Personen nicht nur namentlich erfaßt, sondern durch Wiedergabe ihrer für Norwegen relevanten Funktionen bzw. Ämter charakterisiert. Leider war es nicht in jedem Falle möglich, die Vornamen zu nennen, da viele Personen in den Akten nur mit ihrem Titel oder Dienstrang auftauchen und auch in gängigen biographischen Nachschlagewerken nicht erfaßt sind. Die Arbeit stützt sich weitgehend auf unveröffentlichtes Aktenmaterial verschiedener Provenienzen. Der Ausgang des Krieges brachte es mit sich, daß das relevante Archivmaterial nicht nur über viele Orte verteilt lagert, sondern dazu in den einzelnen Archiven in einer Unzahl von Provenienzen. Nicht selten sind die Akten auch noch ungeordnet. Vieles ist auch ganz einfach verlorengegangen oder in der Schlußphase des Krieges vernichtet worden. Letzteres betrifft insbesondere die Akten der Dienststelle des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Oslo, die nach Terbovens Rückkehr aus Flensburg-Mürwik weitgehend verbrannt wurden. Vernichtet worden sind auch Terbovens persönliches Hab und Gut sowie seine privaten Aufzeichnungen. Der letzte Brief, den er in 121

Milward, Fascist Economy.

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seinem Leben schrieb, war an den Chef seines Wachkommandos in Skaugum, Friedrich Barthel, gerichtet, worin diesem befohlen wurde, all diese Dinge zu verbrennen122. Der umfangreichste Quellenbestand, alles in allem rund 1400 Regalmeter, lagert im Reichsarchiv (Riksarkivet) in Oslo. Es ist das Aktenmaterial, das aus den verschiedenen Abteilungen der Behörde des Reichskommissars Übriggeblieben ist und hier nach mehreren Zwischenlagerungen seinen endgültigen Aufbewahrungsort gefunden hat. Teile davon befanden sich nach der Kapitulation zeitweilig in Großbritannien, zunächst zur Auswertung durch die Foreign Documents Section (Documents Pool, Allied Land Forces Norway), dann als Depositum im Imperial War Museum in London. Der allergrößte Teil dieses Materials, das den Briten unter anderem für die Kriegsverbrecherprozesse diente, ist inzwischen wieder in den Bestand »Reichskommissariat« des Reichsarchivs zurückgelangt. Ein weiterer, für die Untersuchung des Reichskommissariats überaus reichhaltiger Bestand im Osloer Reichsarchiv umfaßt das Material, das im Zusammenhang der gerichtlichen Aufarbeitung der Besatzungszeit durch die norwegische Justiz zustandekam. Es handelt sich dabei sowohl um die Landesverratsprozesse gegen Norweger als auch um die Prozesse gegen deutsche Kriegsverbrecher 1945 und in den Folgejahren123. In dieser Provenienz, dem sogenannten Landesverratsarchiv (Landssvikarkivet) des Reichsarchivs, befinden sich die Untersuchungs- und Prozeßprotokolle, die Urteilsschriften, die dazugehörigen Beweisdokumente der Prozesse bzw. der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Voruntersuchungen der einzelnen Gerichtsbezirke Norwegens. Bis heute wurden hier rund 1150 Regalmeter Akten eingelagert124. Insbesondere die den Akten der betreffenden Personen beiliegenden Beweisdokumente, die vor allem aus der Behörde des Reichskommissariats, aus norwegischen Zentralbehörden sowie aus der Parteikanzlei der Nasjonal Sämling stammen, haben für vorliegende Untersuchung überaus große Bedeutung. Nach der Kapitulation wurden nicht nur die als Kriegsverbrecher verdächtigten Deutschen in norwegischem Gewahrsam behalten, sondern auch die höheren Beamten der Behörde des Reichskommissariats, die, je nach ihrer Stellung, zu den unterschiedlichsten Komplexen der Besatzungsherrschaft von der norwegischen Polizei bzw. Staatsanwaltschaft als Zeugen vernommen wurden125. Die zu den jeweiligen Personenakten des Landssvikarkivet gehörenden Vernehmungsprotokolle und meist eidesstattlichen Erklärungen oder Berichte haben — bei entsprechender Quellenkritik — ebenfalls einen besonderen Stellenwert. Als Beispiel sei auf den vielseitigen, mit Dokumenten ergänzten Bericht verwiesen, den der Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft, Carlo Otte, im Oktober 1945 für die Osloer Staatsanwaltschaft geschrieben hat126. In ihm werden eine Menge Details 122 NHM, F/II, boks 20, Erklärung Friedrich Barthel, Oslo, 10.5.1945. 123 Zu den Landesverratsprozessen zuletzt Larsen, Die Ausschaltung der Quislinge in Norwegen, S. 241 - 280; zu den Kriegsverbrecherprozessen Bohn, Schuld und Sühne, S. 107 - 1 4 3 . 124 Hândbok for Riksarkivet, S. 527. — Dieses Material ist teilweise »klausuliert« und nur über besondere Benutzungsberechtigungen zugänglich. 125 Einige von diesen Beamten wurden bis 1948 in Norwegen festgehalten. 126 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061.

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über die Hauptabteilung, die Beziehungen zu norwegischen Politikern, Wirtschaftsführern und Behörden, über Macht- und Kommunikationsstrukturen des Reichskommissariats und vieles mehr ausgebreitet. Eingedenk dessen, daß diese Darstellungen Ottes auch als Entlastung dienen sollten, sind sie gleichwohl eine Quelle ersten Ranges, insbesondere für die Wirtschaftsgeschichte. Ein weiterer wichtiger Aktenbestand in Oslo befindet sich im Kriegsarchiv des norwegischen Widerstandsmuseums (Norges Hjemmefrontmuseum) auf der alten Festung Akershus. Es sind dies zum einen deutsche Akten und Dokumente (sowohl des Reichskommissariats als auch der Wehrmachtteile), die der norwegischen Widerstandsbewegung nach der Kapitulation in die Hände fielen, zum anderen Akten und Dokumente aus der Widerstandsbewegung selbst. Im deutschen Bundesarchiv wurde neben dem Behördenschriftgut der beteiligten staatlichen und quasistaatlichen reichsdeutschen Stellen das Aktenmaterial der NSDAP und ihrer Gliederungen, soweit es für Norwegen Relevanz hatte, durchgesehen. Neben diesen Provenienzen haben einige Nachlässe und »Kleine Erwerbungen« wertvolle Beiträge zur Ergänzving des Bildes beisteuern können. Zu den im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg ausgewerteten Akten gehörten insbesondere die Bestände des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes, des Wehrwirtschaftsstabes Norwegen sowie des Armeeoberkommandos (AOK) Norwegen. Darüber hinaus wurden einzelne Bestände von OKW und OKM sowie Nachlässe bearbeitet. Die Untersuchung des Archivmaterials im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn bot manche Überraschung, insofern sich hier — vor allem in der Handelspolitischen Abteilung — zahlreiche interessante Dokumente bezüglich Norwegen fanden, obgleich das Auswärtige Amt Ribbentrops nach dem Herrschaftsantritt Terbovens auf dessen Geheiß nicht mehr mit Norwegen befaßt sein durfte. Schließlich boten zwei Institutionen, die für die Erforschung des Nationalsozialismus eingerichtet worden sind, das Institut für Zeitgeschichte in München und das Berlin Document Center, einen Fundus an Akten und Dokumenten, der für die Ermitdung des Anteils einzelner Parteidienststellen sowie einzelner Protagonisten der NSDAP und ihrer Gliederungen am Geschehen unentbehrlich ist.

I. Der Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete 1. »Früher war ich ein kleiner Bankbeamter — und jetzt, das ist doch was«1 Fünf Jahre lang herrschte der Essener Gauleiter und Oberpräsident der preußischen Rheinprovinz Josef Terboven mit einer nahezu uneingeschränkten Machtfiille über Norwegen. Als gewiefter Taktiker verstand er es stets, alle Personen, die ihm und seiner Stellung hätten gefahrlich werden können, aus Norwegen fernzuhalten. Nur einmal, gegen Ende seines Regimes, tauchte in Gestalt von Generaloberst Lothar Rendulic, der im Dezember 1944 Nikolaus v. Falkenhorst als Wehrmachtbefehlshaber Norwegen ablöste2, ein Gegner auf, der ihm im Machtstreben ebenbürtig und durch seine Schulung als Generalstabsoffizier intellektuell überlegen war3. Da Rendulic schon im Januar 1945 wieder abberufen wurde, blieb Terboven eine ernste Machtprobe um seine bis dahin unangefochtene Position erspart. Der am 23. Mai 1898 in Essen geborene Terboven gehörte zu jenen frühen Gefolgsmännern Hiders, die als junge, sozial entwurzelte Offiziere aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt waren4 und daran scheiterten, sich eine bürgerliche Existenz aufzubauen. Nachdem Terboven nach dem Tod seines Vaters wegen finanzieller Probleme sein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft abgebrochen5 und vergeblich versucht hatte, im Bankgewerbe Fuß zu fassen6, wandte er sich dem politischen Kampf im Ruhrgebiet zu. Schon 1923 war er der NSDAP beigetreten und 1

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Terboven gegenüber dem Staatssekretär im Reichsinnenministerium Wilhelm Stuckart (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otte, Oslo, Okt. 1945). Siehe dazu KTB/OKW, Bd IV/2, S. 1332. »Generaloberst v. Falkenhorst hat sich vor einigen Tagen verabschiedet. An seiner Stelle hat Generaloberst Rendulic das Kommando übernommen, der offenbar in vielen Dingen eine neue Walze auflegen wird. Vieles deutet darauf hin« (BA, R 2/357, Korff an Breyhan, Oslo, 24.12.1944). Terboven war im Ersten Weltkrieg Leutnant bei der Artillerie, trat dann aber zur Luftwaffe über und erhielt eine fliegerische Ausbildung (IfZ, Fa 223/90, Personalakte Terboven). Terboven führt in den NSDAP-Akten als Beruf seines Vaters Gutsbesitzer am Niederrhein an. Terbovens Studium in München und Freiburg dauerte vom Sommersemester 1919 bis zum Wintersemester 1921/22 (IfZ, Fa 223/90). Am 1. Februar 1923 hatte Terboven eine Tätigkeit als Lehrling bei der Essener Kreditanstalt begonnen, von der er nach Ablauf seiner Lehrzeit am 1. März 1925 zunächst auch als Beamter übernommen worden, dann jedoch aufgrund von Personaleinsparungen zum 30. Juni 1925 entlassen worden war (IfZ, Sa 232/90 Terboven, Josef).

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I. Der Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete

noch im selben Jahr zum Essener Ortsgruppenleiter und dortigen SA-Führer avanciert7. So ging er durch die Saalschlachten der »Kampfzeit«, die an der Ruhr mit ihrer starken, klassenbewußten Arbeiterschaft erbittert wie kaum anderswo im Deutschland jener Jahre tobten8. Es war für Terboven überdies ein Kampf an zwei Fronten zugleich: einmal gegen die politischen Gegner, zum anderen gegen rivalisierende Parteigenossen. Gegenüber beiden zeigte Terboven Rücksichtslosigkeit und Härte, Eigenschaften, die Hider bei seinen Gefolgsleuten neben der bedingungslosen Unterordnung so sehr schätzte. Wirtschaftlich hielt er sich in dieser Zeit mehr schlecht als recht mit einem kleinen nationalsozialistischen Zeitungsund Buchvertrieb über Wasser9. Er soll während der »Kampfzeit« sogar einer der »hartnäckigsten Zeitungsgründer« im Ruhrgebiet gewesen sein10. Terboven war ein typischer Vertreter jener regionalen Parteifürsten, wie sie sich unter Hiders Regime herausgebildet hatten. Er war ein rücksichtsloser Autokrat, der sich auch in kleinste Dinge einmischte und gewohnt war, seinen Willen durchzusetzen. Seine Essener Partei und SA hatte er nach der Neugründung der NSDAP 1925 binnen kurzem straff organisiert. Bald schon fiel er einem anderen »alten Kämpfer« am Niederrhein auf, mit dem er zeidebens auf engste verbunden bleiben sollte: Joseph Goebbels. Dieser erwähnt in seinen Tagebuchaufzeichnungen die häufigen Zusammenkünfte und politischen Gespräche, und er hält dabei auch nicht mit Lob über Terbovens öffentliches Auftreten in Propagandaveranstaltungen zurück11. Im Sommer 1926 kam es allerdings zu einer zeitweiligen Trübung zwischen den beiden, als unter den Parteihierarchen im Zusammenhang mit der Vereinigung der beiden Gaue Rheinland Nord und Ruhr ein heftiges Gerangel um die Gauleiterstelle einsetzte, aus dem der Terboven nahestehende Karl Kaufmann12 und Rivale Goebbels' als Sieger hervorging13. Die Beziehung Terbovens zu Goebbels verbesserte sich erst wieder, nachdem Goebbels im November desselben Jahres zum Gauleiter von Berlin-Brandenburg ernannt worden war. Terboven reüssierte in der Parteihierarchie, indem er sich immer stärker als Gegner Strassers und des »sozialistisch« ausgerichteten Parteiflügels darstellte. Auch in der Industrie an Rhein und Ruhr scheint man diese politische Ausrichtung Terbovens goutiert zu haben, so daß nicht zuletzt auf Drängen aus diesen Kreisen der Bezirk Essen im August 1928 aus dem Gau Ruhr herausgelöst und zu einem 7

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IfZ, Fa 223/90. Siehe dazu Böhnke, NSDAP im Ruhrgebiet, S. 123 ff. Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 336. Hüttenberger, Die Gauleiter, S. 62. Siehe dazu z.B. Goebbels Tagebücher [Reuth], Bd 1, S. 246, Eintrag vom 4.5.1926. Kaufmann, geb. 1900 in Krefeld, hatte wie Terboven wesentlichen Anteil am Aufbau und Erfolg der NSDAP im Ruhrgebiet. Ab 1933 war er Reichsstatthalter in Hamburg (BDC, NSDAPPersonalakte Karl Kaufmann; Hüttenberger, Die Gauleiter, S. 214; Wistrich, Wer war wer im Dritten Reich, S. 152). Kaufmann war einer der ganz wenigen Parteigenossen, zu denen Terboven über die Jahre eine persönliche, beinahe freundschaftliche Beziehung pflegte. Kaufmann war auch regelmäßiger Gast in Terbovens Osloer Residenz Skaugum. Goebbels glaubte damals an eine gegen ihn gerichtete Intrige unter Beteiligung Terbovens (Goebbels Tagebücher [Reuth], Bd 1, S. 252, Tagebucheintrag vom 7.6.1926; Hüttenberger, Die Gauleiter, S. 26 ff.).

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eigenen Gau erhoben wurde14. Der Bezirksleiter Terboven wurde so zum Gauleiter; zwar in einem vom Umfang her kleinen, aber einem in seiner wirtschaftlichen Bedeutung um so gewichtigeren NSDAP-Gau. Die »Machtergreifung« Hiders brachte dann für die Parteifürsten eine enorme Machtausweitung. So wurde Terboven 1933 als Gauleiter bestätigt und zudem Preußischer Staatsrat. 1935 wurde er von Göring zum Oberpräsidenten der Rheinprovinz ernannt, womit er eine der höchsten Beamtenstellungen in Preußen bekleidete. Er galt schon damals als Vertrauensmann des Preußischen Ministerpräsidenten15 und stand auf gutem Fuß mit den Wirtschaftsführern der Region, dem Stahlmagnaten Alfried Krupp und Dr. Albert Vogler, dem Generaldirektor der Vereinigten Stahlwerke und Aufsichtsratsvorsitzenden der RheinischWestfaüschen-Elektricitätswerke (RWE)16. Das zündende Wort, das Hider, Goebbels und auch Göring, jeder auf seine Art, meisterten, stand Terboven nicht zu Gebote. Engen Mitarbeitern zufolge wirkten seine Reden nüchtern und trocken und beinhalteten oft eine überspitzte Argumentation, die der einfache Zuhörer nicht verstand, die aber andererseits den Widerspruch des gebildeten Zuhörers herausforderte. Auch im persönlichen Umgang fehlte ihm, glaubt man den Aussagen seiner Zeitgenossen, alles Gewinnende. Er verachtete seine Mitmenschen und nutzte deren Schwächen, sobald er sie erkannt hatte. Während seiner Herrschaft in Norwegen hatte er niemanden, der ihm persönlich nahestand17. Mit ganz wenigen Ausnahmen behandelte er die Menschen seiner nächsten Umgebung wie Lakaien, die seine Befehle auszuführen hatten. Zu seinen engeren Mitarbeitern war sein Verhältnis nur äußerlich gesehen gut. Terboven duldete keine Kritik oder Widerspruch zu den von ihm gegebenen Anweisungen. Soweit es Norwegen betraf, konnte er aufgrund seiner Vollmachten fast in allen Fällen seinen Willen durchsetzen, selbst dann, wenn maßgebliche Personen aus der Umgebung Hiders anderer Meinung waren. Terboven war von Anfang seiner Herrschaft in Norwegen an sorgsam darauf bedacht, nach innen und außen als die oberste Autorität in dem besetzten Land zu gelten. Unter dem von ihm ausgegebenen Motto »Kein Hineinregieren« führte sein Abgrenzungszwang gegenüber anderen Reichsbehörden und Parteidienststellen, insbesondere dem Auswärtigen Amt und dem Amt Rosenberg, zu mitunter grotesken Vorkommnissen18. Er beanspruchte für sein Reichskommissariat, als eine 14

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Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 337; Hüttenberger, Die Gauleiter, S. 221; Böhnke, NSDAP im Ruhrgebiet, S. 120. Das gute Verhältnis zwischen Terboven und Göring wurde nach der Kapitulation vom Leiter der Abt. Verwaltung im Reichskommissariat, Dr. Koch, mehrfach hervorgehoben (NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch, Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945). Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 338. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Polirikammer Β 3061, Aussage Herbert Noot, Oslo, 24.9.1945. Dies kann an vielen Vorgängen gezeigt werden. So wurden ihm beispielsweise Ende April 1940 vom Reichskommissar für die Preisbildung brieflich einige Herren zur Sondierung der preispolitischen Lage in Norwegen avisiert. Diese Ankündigung beantwortete Terboven umgehend mit einem Fernschreiben nach Berlin: »Außerdem muß ich feststellen, daß grundsätzlich nur solche Personen hier tätig werden können, mit deren Verwendung ich mich vorher ausdrücklich einverstanden erklärt habe.« Terboven sah zwar die Notwendigkeit einer Sondierung der Preislage in

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Oberste Reichsbehörde klassifiziert zu werden 1 9 . Dieser Anspruch entwickelte sich bei der anstehenden Etatisierung der Behörde im Reichshaushalt zum Disput mit dem Reichsfinanzminister, der Terbovens Behörde nach geltendem Haushaltsrecht nicht als geeigneten Partner für Haushaltsverhandlungen mit seinem Ressort betrachtete, sondern an die Zuordnung zur Reichskanzlei verwies. D o c h dieser V e r such der Einordnung unter die Regie der Reichskanzlei mißlang, zum einen, weil Hitler keine Einmischung seiner Kanzlei in Norwegen wünschte, w o d u r c h die Führerunmittelbarkeit des Reichskommissars in Frage gestellt gewesen wäre, zum anderen, weil der Chef der Reichskanzlei, Hans-Heinrich Lammers, seiner Kanzlei nicht die Funktion einer Aufsichtsbehörde f ü r das Reichskommissariat aufbürden wollte. Es w u r d e schließlich ein K o m p r o m i ß gefunden, dergestalt, daß der Haushalt des Reichskommissars zwar an die Reichskanzlei »ausgefertigt« und dem Reichsfinanzminister »zur Kenntnisnahme« zugesandt wurde, wobei aber v o m Finanzminister ausdrücklich vermerkt wurde, daß dieser an der V e r w e n d u n g der Haushaltsmittel nicht beteiligt sei 20 . Es mußte nach diesem Erfolg nur folgerichtig sein, daß T e r b o v e n allen anderen Ressorts (insbesondere dem Auswärtigen A m t 2 1 ) den Zugang nach Norwegen versperrte, was unter führenden Parteigenossen Bewunderer fand: »Terboven beklagt

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Norwegen ein, doch ging es ihm hier ums Prinzip. Der an ihn gerichtete Brief des Reichskommissars für die Preisbildung trägt einige ungnädige Randbemerkungen von ihm (RAO, RK, HAV, Zentralabt., pakke 43, Fernschreiben an den Reichskommissar für die Preisbildung, Oslo, 29. April 1940). — Vom Auswärtigen Amt, das anfangs noch durch zahlreiche Diplomaten in Oslo vertreten war, verbat er sich jegliche Einmischung. Als Ribbentrop versuchte, eine Lenkungsinstanz für die gesamte Propaganda in Norwegen zu installieren, wies Terboven die entsprechenden Beamten einfach aus bzw. gab ihnen keine Einreiseerlaubnis nach Norwegen. Auch den Gesandten Neuhaus ließ Terboven Mitte Mai durch einen Machtspruch Hiders aus Oslo abziehen (Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 352). Loock gibt weitere Beispiele für Terbovens Abgrenzungsmaßnahmen zu Beginn seiner Tätigkeit als Reichskommissar. Auch der damalige Chef des Hauptamtes SS-Gericht in München, SS-Gruppenführer Scharfe, benötigte im August 1940 eine Einreisegenehmigung Terbovens, als er sich in Fragen des Aufbaus des SS- u. Polizeigerichts IX nach Oslo begeben wollte (RAO, RK, HSSPF 12, Schreiben SS-u.Pol.Ger. IX an Chef Hauptamt SS-Gericht, Oslo, 19.8.1940). Schon bei der Bekanntgabe seiner Arbeitsrichtlinien nach seiner Rückkehr aus Berlin teilte er seinen Mitarbeitern mit, »er sei dem Führer unmittelbar unterstellt, und die Behörde gelte als >Oberste deutsche Reichsbehörde«< (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otte, Oslo, Okt. 1945). Rebentisch (Führerstaat, S. 300) sieht in dem von Hider als Staatsoberhaupt unterzeichneten und im Reichsgesetzblatt veröffentlichten Organisationserlaß für das Reichskommissariat sowie in der besoldungsrechtlichen Einstufung des Reichskommissars als Reichsminister »zweifelsfrei« den Beleg für eine Oberste Reichsbehörde. Loock (Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 345) hingegen meint in Anlehnung an eine Notiz des Ministerialdirektors in der Reichskanzlei Kritzinger, daß das Reichskommissariat als eine »nicht allgemeine Oberste Reichsbehörde« angesehen wurde. Durch diesen Formulierungskniff wurde zum einen die Gleichrangigkeit Terbovens mit anderen Reichsministern unterstrichen, zum anderen aber gleichwohl die Besonderheit seiner Behörde zum Ausdruck gebracht, die sich auf Grund ihrer Führerunmittelbarkeit nicht an die Vorschriften der Geschäftsordnung über die Beteiligung anderer Oberster Reichsbehörden halten wollte. Auch verlieh sie Terbovens Behörde eine zwischen Staat und Partei stehende Gestalt. Das Personal der Gesandtschaft wurde entweder nach Hause geschickt oder vom Reichskommissariat übernommen, und auch die Konsuln unterstanden hernach ausschließlich den Weisungen Terbovens.

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sich sehr über die vielen Sonderbeauftragten, die ihm auf den Hals geschickt werden. Aber er feuert sie schon heraus. So eine Aufgabe möchte ich auch einmal haben: unabhängig sein und ganz von vorne anfangen. Terboven faßt seine Aufgabe energisch und sehr geschickt an«, notierte Goebbels in seinem Tagebuch22. Nach Aussage Hans Dellbrügges, von April bis September 1940 Verwaltungschef im Reichskommissariat, mußten die ungebetenen Besucher »möglichst am selben Tage zurückkehren, im Weigerungsfall zwangsweise mit Schiff durch Minengebiet. Von welcher zivilen deutschen Dienststelle und Wirtschaftsgruppe auch immer sollte keiner nach Norwegen kommen, der nicht vorher die schriftliche Erlaubnis des Reichskommissars erhalten hatte. Dies Verfahren hat sich bald gut eingespielt, wenn es [...] auch wenig Freundschaft einbrachte23.« Terboven wollte dadurch jede Möglichkeit des »Hineinregierens« vermeiden. Schon bald konnte Goebbels festhalten, »Terboven [...] ist der unumschränkte Herr von Norwegen24.« Eine von Terbovens hervorstechendsten Eigenschaften war seine Rastlosigkeit. Während seiner Zeit in Norwegen hat er sich selten länger als 14 aufeinanderfolgende Tage in Oslo aufgehalten25. Mehr als die Hälfte der Zeit war er auf Reisen. Aufgrund seiner Stellung als Oberpräsident der Rheinprovinz und seiner engen Verbindung zu den Industrien des Ruhrgebiets fühlte Terboven sich für wirtschaftliche Dinge besonders kompetent. Diese Selbsteinschätzung wurde durch seine kurze Tätigkeit als Bankangestellter noch verstärkt, wobei er jedoch gerade in finanziellen Angelegenheiten zu der Auffassung neigte, daß sie viel einfacher seien, als es die Bankfachleute zur Hebung ihrer Stellung darstellten, wie er seinen Sachverständigen im Reichskommissariat wiederholt zu verstehen gab26. In finanzielle Fragen hat er sich allerdings, abgesehen von wenigen Entscheidungen grundsätzlicher Art, wie vor allem die Finanzierung der Besatzungskosten der Wehrmacht, selten eingemischt. Dergleichen interessierte ihn nur, wenn es im Spiel um die Macht von Belang war. Um so mehr interessierte er sich für Einzelheiten der Produktion und der Versorgung, weil diese beiden Bereiche des Wirtschaftsgeschehens in diesem Spiel zunehmend an Bedeutung gewannen. Terboven erkannte schon früh, daß sein Herrschaftsbereich als Rohstoffreservoir für die deutsche Kriegswirtschaft immer wichtiger wurde, und er hat es meisterhaft verstanden, dies zur Festigung seiner Position auszunutzen. Bei seinen häufigen Reisen durch das Land besichtigte er stets mit großem Interesse Fabriken und Förderanlagen. Auch seine Gesellschaftsabende auf Skaugum nutzte er, mit Vertretern der Wirtschaft Mei-

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Goebbels Tagebücher [Reuth], Bd 4, S. 1413, Eintrag vom 9.5.1940. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 4987, Dellbrügge, Die deutsch-norwegischen Verhandlungen im Sommer 1940 über Pläne einer Neuordnung, S. 24. Goebbels Tagebücher [Fröhlich], T. 1, Bd 4, S. 401, Eintrag vom 16.11.1940. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage der persönlichen Sekretärin Terbovens, Gerda Hetrich, gegenüber der Osloer Polizei im Untersuchungsverfahren gegen Carlo Otte, Oslo/Akershus, 18.11.1945. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung des Abteilungsleiters Korff über die »deutsche Finanzpolitik«, Oslo/Akershus, Nov. 1945.

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nungen auszutauschen und die Vorteile zu erläutern, die die deutschen Wirtschaftsinteressen dem Lande brächten27. Terboven kam es von Anfang an darauf an, die norwegische Wirtschaft nicht nur fur die kriegswirtschaftlichen Interessen auszunutzen, sondern auch Vorbereitungen für die Eingliederung in den »Großwirtschaftsraum« zu treffen. Dies war für ihn aber auch Mittel zum politischen Zweck, nämlich »der deutschen Durchdringung des norwegischen Volkes« oder, wie er sich auch wiederholt seinen führenden Mitarbeitern gegenüber ausdrückte, der »Angleichung des norwegischen Volkes an uns«28. Hinzu kam, daß Terboven wie andere fuhrende Parteigenossen glaubte, gegenüber seinem Führer Erfolge aufweisen zu müssen. Zu seinem Leidwesen war Norwegen trotz seiner militärstrategisch wichtigen Lage kein in Berlin vorrangig beachteter Okkupationsschauplatz, und die politischen und sicherheitspolizeilichen Eskapaden des Reichskommissars fanden nicht immer den Beifall Hitlers. So konnte er Erfolge am augenfälligsten nur durch die Steigerung der norwegischen wirtschaftlichen Leistungen fur das deutsche Kriegspotential sichtbar machen. Dadurch war Terboven prinzipiell bereit, alle Maßnahmen seiner Fachleute zu billigen, die zu einer Stärkung des norwegischen Wirtschaftslebens und einer Verbesserung der Produktion führten — und sei es gegen die politischen Interessen der Nasjonal Sämling. Terboven hat daher nur dann störend in den Wirtschaftsablauf eingegriffen, wenn er dies aus rein machtpolitischen Gründen für zweckmäßig hielt. 2. Terboven und die Wehrmacht in Norwegen Generaladmiral Hermann Boehm, von April 1940 bis März 1943 Befehlshaber der Kriegsmarine in Norwegen29, äußerte sich einmal dahingehend, daß er sich auch gern auf einen anderen Kriegsschauplatz kommandieren lasse, doch fessele ihn die politische Aufgabe in Norwegen30. Diese politische Aufgabe dürfte ihn allein schon deshalb gefesselt haben, weil er militärisch in Norwegen wenig zu tun hatte. Boehm war von allen militärischen Befehlshabern in Norwegen derjenige, der die stärksten Affinitäten zu Quisling und dessen Nasjonal Sämling zeigte, womit er vollkommen auf der Linie seines Oberbefehlshabers Erich Raeder lag31. Beide RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Ermittlungsakten im Untersuchungsverfahren gegen Carlo Otte und die Tätigkeit der HA Volkswirtschaft. M Ebd. 29 Admiral Boehm wurde am 9. April 1941, d.h. am ersten Jahrestag des deutschen Überfalls, von Hider zum Generaladmiral befördert (Deutsche Zeitung in Norwegen, 10.4.1941). Die Dienstbezeichnung war Kommandierender Admiral (in) Norwegen, ab 1943 (unter Boehms Nachfolger Ciliax) Admiral Norwegen. M BA-MA, Ν 172/4, Boehm an Raeder, Oslo, 6.10.1941. 31 Loock bezeichnet Boehm gar als »geschworene [n] Diener der Norwegen-Politik Raeders« (Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 495). Dies ist wohl überzeichnet, obgleich sicherlich ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis Boehms zu Raeder vorhanden war, nachdem der 27

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stützten Quisling und die Nasjonal Sämling, wo sie nur konnten, und Boehm verkehrte mit deren Ministern auch gesellschaftlich, während er vom Reichskommissar und dessen fuhrenden Mitarbeitern wenig wissen wollte32. Boehm hat sehr viel geschrieben, vor allem Briefe und Lageberichte an den Großadmiral, aus denen sich seine politischen Anschauungen und sein Verhältnis zu seinen Partnern und Gegenspielern auf der norwegischen Bühne erschließen lassen33. Aus dieser Korrespondenz erhellen sich auch die Hintergründe für diesen auf den ersten Blick sonderbar anmutenden Einsatz für die Nasjonal Sämling. Er lag zum einen in Boehms aufrichtigen Sympathiegefühlen für die Norweger und für Quislings nationale Sammlungsbewegung begründet, die zu der geringschätzenden Meinung Terbovens ganz und gar kontrastierten. Er lag zum anderen aber auch auf der politischen Linie Raeders und entsprach dessen Affinität zu Rosenbergs Konzeption eines in die »nordische Schicksalsgemeinschaft« eingefügten, weitgehend selbständigen nationalsozialistischen Norwegens unter der Führung Vidkun Quislings. Loock bezeichnet diese Variante treffend »Marine-Nationalsozialismus«34. Bisher hat man in der Forschung diese Zusammenarbeit von Kriegsmarine und Nasjonal Sämling mehr oder weniger als Tatsache nur registriert und allenfalls angedeutet, wie es zu dieser Koalition zwischen dem völkischen Irrationalisten Rosenberg und seinem nicht minder weltfremden norwegischen Adepten auf der einen Seite und den nüchtern, in militärstrategischen Kategorien denkenden Raeder und Boehm auf der anderen Seite kommen konnte35. Raeder und Boehm stellten sich ja mit ihrem gegen den Reichskommissar gerichteten Kurs letztlich de facto gegen Hitler, der im Grunde eine konventionelle Hegemoniepolitik über Norwegen ausgeübt haben wollte und letztlich die Eingliederung des Landes in das Reich wünschte. Gerade in der nüchternen, strategischen Denkweise liegt aber der Schlüssel zur Antwort. Ungeachtet des Maßes einer möglichen weltanschaulichen Übereinstimmung oder vielleicht sogar persönlichen Sympathie für Quisling waren es auch spezifische Marineinteressen, die zur Anlehnung an Quisling und zu einer Förderung seiner politischen Ziele führten. Die Marine brauchte die norwegischen Basen sowie die norwegischen (und schwedischen) Rohstoffe und marinetechnischen Ressourcen. Ein durch einen Friedensvertrag in seiner staatlichen Souveränität wieder restituiertes Norwegen unter Quislings Führung, in dem die Kriegsmarine eine Reihe von Stützpunkten eingeräumt bekommen hätte, schien ihr eine bessere Gewähr dafür zu bieten als ein Norwegen unter deutscher hegemonialer

Marineoberbefehlshaber seinen ehemaligen Flottenchef, den er im Oktober 1939 wegen eines Führungsstreits seines Amtes enthoben hatte (Salewski, Seekriegsleitung, Bd 1, S. 98 ff.), in Gnaden wieder aufgenommen hatte. 32 NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch, Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945. — Zum Verhältnis Reichskommissar - Kommandierender Admiral siehe Paulsen, Terboven i konflikt med Kriegsmarine, S. 59 - 1 1 7 . 33 BA-MA, Ν 172. 34 Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 498. 35 Ebd., S. 499 f.

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Knute, in dem nicht nur weite Bevölkerungskreise, sondern letzten Endes sogar die norwegischen Nationalsozialisten gegen Deutschland aufgebracht würden 36 . Hinzu kamen Machtkämpfe im Reich. Terboven war ein Mann Görings und der Luftwaffe. Und zwischen der Marine und der Luftwaffe gab es bekanntlich seit 1933 eine ernsthafte Rivalität, die sich um die Bevorzugung in der Rüstung drehte. Es schien der Marineführung offenkundig, daß unter einem Reichskommissar Terboven die norwegischen Ressourcen vornehmlich der Luftwaffe zufließen würden. Raeder aber betrachtete Norwegen als sein Terrain, zumal er auch in gewisser Weise der geistige Urheber der Invasion war. Durch die Förderung Quislings — im Bündnis mit Rosenberg — aber sahen Raeder und Boehm die Chance, ein formell unabhängiges Norwegen aus der Umklammerung der Berliner Parteihierarchen herauszubringen und der Kriegsmarine den ihr gebührenden Platz zu sichern. Dies und der grundsätzliche Wesensunterschied zum Reichskommissar und dessen Einstellung gegenüber den Norwegern erklärt, weshalb das Verhältnis zwischen Boehm und Terboven durch und durch von beiderseitiger Abneigung gekennzeichnet war37. Es waren also keine weltanschaulichen Gegensätze. Waren die Aversionen in den ersten Monaten der Besetzung mehr oder weniger nur latent spürbar, so kam es Anfang März 1941 im Zusammenhang mit dem sogenannten Svolvasrraid britischer Marineeinheiten zu einem ersten offenen Ausbruch gegenseitiger Anfeindungen, der bis nach Berlin getragen wurde. A m 4. März hatte ein gegen den Ort Svolvasr auf den Lofoten gerichtetes Kommandounternehmen (Operation »Claymore«) völlig überraschend und von der Kriegsmarine nahezu unbehelligt erheblichen Schaden angerichtet. Zerstört wurden u.a. vier Fischverwertungsfabriken, neun Schiffe, darunter das moderne Fischgefrier-

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Siehe dazu die Aussage Raeders vor dem Nürnberger Tribunal am 17. Mai 1946: »Ich sagte ihm [Hitler], daß auch die Sabotageversuche der norwegischen Emigranten ausfallen und aufhören würden und daß vielleicht auch die bisher englisch eingestellte norwegische Emigrantenbevölkerung zurückkehren würde, in der Befürchtung, sonst den Anschluß, besonders auch in wirtschaftlicher Beziehung zu verpassen. Die Verteidigung Norwegens würde um ein ganz Erhebliches erleichtert werden, wenn der Friedenszustand hergestellt würde« (IMT, Bd 14, S. 115). Ende November 1940 war Goebbels in Oslo und notierte in seinem Tagebuch: »Wir parlavern [sie] uns aus: er kann nicht gut mit der Marine, die sich hier sehr pampig benimmt« (Goebbels Tagebücher [Fröhlich], T. 1, Bd 4, S. 413, Eintrag vom 30.11.1940). Einige Tage später, Goebbels war inzwischen wieder in Berlin, notierte er: »Mit Terboven eine Reihe von Telephonaten geführt. Er will sich beim Führer über die Marine in Norwegen beschweren. Er hat auch allen Grund dazu« (ebd., S. 418, Eintrag vom 4.12.1940). Und wiederum einige Tage später: »Terboven ruft an, er hat beim Führer Vortrag gehalten und scharf gegen die Marine geschossen. Der Führer war ganz Ohr. Er will nun einen schriftlichen Bericht haben. Daran [sie] werde ich Terboven helfen. [...] Abends kommt Terboven mit seiner Denkschrift. Sie stellt einen massiven Angriff auf die Marine in Norwegen dar wegen ihrer politischen Experimente. Sie sucht Quisling gegen Terboven auszuspielen. [...] Ich eliminiere aus der Denkschrift noch ein paar Injurien, die zwar Terboven sehr liegen, die aber dem erstrebten Zweck nur hinderlich sind. So kann sie an den Führer gehen« (ebd., S. 425, Eintrag vom 10.12.1940). — Zu Goebbels' Hilfestellung für Terboven muß man wissen, daß er dies auch aus verletzter Eitelkeit tat, denn Boehm hatte es im November im Gegensatz zu v. Falkenhorst abgelehnt, dem Empfangskomitee für den Propagandaminister bei dessen Ankunft in Oslo anzugehören (BA-MA, Ν 172/1, Boehm an Raeder, Oslo, 18.12.1940).

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schiff »Hamburg«, neue Ölbunker und Kaianlagen38. Die psychologische Wirkung war größer als der materielle Schaden. Das Unternehmen hatte zum einen gezeigt, daß es dem Kriegsgegner möglich war, an einem vermeintlich geschützten Ort durch einen gezielten »Nadelstich« Wirkung zu erzielen, zum anderen glaubte Hitler von nun an, daß Norwegen ein bevorzugtes alliiertes Operationsziel sein würde39. Eine weitere Auswirkung war, daß es aufgrund der unmittelbar nach dem Angriff einsetzenden Schuldzuweisungen zu einem tiefen Bruch zwischen Terboven und der Marine kam, der über Boehms Abberufung aus Norwegen 1943 hinaus andauerte. Terboven warf der Kriegsmarine mangelnde Verteidigungsmaßnahmen vor: »Zur Vorgeschichte stelle ich folgendes fest: Seit Monaten habe ich alle in Frage stehenden Dienststellen, insbesondere die Marine, immer wieder auf die gefährdete Situation im Bereiche der Lofoten aufmerksam gemacht und insbesondere immer wieder auf den Schutz des wertvollen Schiffes >Hamburg< hingewiesen.« Dies sei, so Terboven, vom Admiral Norwegen völlig ignoriert worden40. Boehm hielt in seinem Bericht an Raeder dagegen, daß er den Reichskommissar mehrfach ersucht habe, die wirtschaftlich wichtigen Betriebe und Schiffe an eine besser geschützte Stelle zu verlegen, was vom Reichskommissar aber abgelehnt worden sei. Außerdem warf er dem Reichskommissar vor, in seinem Bericht an Hitler die Tatsachen verdreht zu haben. Eine Warnung durch das Reichskommissariat sei niemals erfolgt. Im Gegenteil: Die Marineaufklärung habe erst wenige Tage vor dem Angriff aufgrund von Agentenmaterial noch einmal — und wieder vergeblich — den Reichskommissar vor einem bevorstehenden Anschlag auf Fischverwertungsanlagen gewarnt41. Diese Version wurde durch die Untersuchungen des Wehrmachtbefehlshabers gestützt42. Terboven hielt seine Anschuldigungen gleichwohl aufrecht und verknüpfte sie mit dem Vorwurf, die Kriegsmarine politisiere in Norwegen und untergrabe seine Stellung als Reichskommissar. Das Verhältnis zwischen Terboven und der Kriegsmarine war jedenfalls nachhaltig gestört und bei Hitler regelmäßig auf der Tagesordnung. »Ich bitte«, schrieb Terboven im September 1942 an den Chef der Reichskanzlei, »dem Führer zu sagen, daß ich es sehr bedaure, ihn immer wieder mit diesen Geschichten belämmern zu müssen. Ich bäte aber um Verständnis dafür, da ich sowohl der Sache wegen als auch persönlich bestrebt sein müßte, die Richtigkeit meiner nunmehr seit 11/2 Jahren getroffenen Feststellungen immer wieder zu untermauern43.« Auch Boehm beschwerte sich bei seinem Vorgesetzten. Im November 1942 schickte er einen sechsseitigen Brief an Raeder, in dem er die Einzelheiten des Grabenkampfes mit dem Reichskommissar seit dem Svolvaerzwischenfall rekapitu-

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BA-MA, RW 39/17, Geb.jägerregiment 139/Ia: Bericht über die Aktion in Svolvaer am 4.3.41, 6.3.1941. Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 32 - 37. BA-MA, RW 39/17, Blitzfernschreiben Terboven an Hitler, 6.3.1941. BA-MA, RW 39/17, Komm. Admiral Norwegen an Oberbefehlshaber der Marine, 8.3.1941. BA-MA, RW 39/17, Wehrmachtbefehlshaber Norwegen an Chef OKW, 8.3.1941. BA-MA, Ν 172/6, Terboven an Lammers, Oslo, 7.9.1942 (Abschrift).

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lierte44. Terboven habe, so das Resümee Boehms, durch »fortlaufende unzutreffende, leichtfertige oder falsche Meldungen an den Führer, die geeignet sind, mein militärisches und persönliches Ansehen herabzusetzen oder zu erschüttern, ebenso das mir unterstellter Offiziere«, das Ansehen der Marine und ihrer Angehörigen schwer geschädigt. »Ein Offizier, der mehrfach dem Führer leichtfertige oder unwahre Meldungen erstattet, würde auf das schärfste zur Verantwortung gezogen werden. Ich zweifle nicht daran, daß die gleichen Gesetze auch auf den Gauleiter Terboven anzuwenden sind.« Hier irrte Boehm. Das Verhältnis Hitlers zu seinen Gauleitern und anderen Hierarchen stand unter anderen Gesetzen. Die Beziehung des Reichskommissars zur Kriegsmarine entspannte sich erst nach Raeders Rücktritt im Januar 194345 und der Abberufung Boehms aus Norwegen durch Raeders Nachfolger Karl Dönitz Anfang März 1943. Admiral Otto Ciliax, der neue Oberbefehlshaber des Marineoberkommandos Norwegen, wie die Dienststellung nun hieß, mischte sich nicht in die Norwegenpolitik des Reichskommissariats ein und hielt sich weitgehend von Terboven fern. Und genau das war der eigentliche Grund, warum Dönitz Boehm aus Norwegen abzog, und nicht die Tatsache, daß Boehm fast zehn Jahre älter war als der neue Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, der die Hierarchie in der Marine umkrempelte46. Dönitz wollte ganz einfach Ruhe haben in Norwegen, und er hielt Ciliax für »wesentlich konzilianter, weniger ehrgeizig und weniger empfindlich« als dessen »eigenwilligen Vorgänger«47. Das Verhältnis Terbovens zum Wehrmachtbefehlshaber v. Falkenhorst war — obgleich ebenfalls konfliktgeladen — auf beiden Seiten zumindest im Ansatz vom Willen zur Zusammenarbeit geprägt. In der Einschätzung der Person Quislings deckten sich ihre Meinungen sogar, v. Falkenhorst hielt den norwegischen Parteichef für einen »Abenteurer, den die Kriegsmarine dem Führer angedreht hätte«, wie er gegenüber dem Admiral Norwegen einmal äußerte48. Mit dieser Bemerkung hatte der Wehrmachtbefehlshaber gleich zu Beginn der Besatzungszeit auch ein Spannungsverhältnis zur Marine geschaffen, das während der ganzen fünf Jahre andauerte — wozu aber auch Raeder und Boehm ihren Teil beitrugen49. Raeder arbeitete nicht nur auf einen Wechsel in der politischen Spitze, sprich Reichskommissar, hin, sondern »ich würde es auch begrüßen, wenn auch in der militärischen

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BA-MA, RM 6/89, Boehm an Raeder, 8.11.1942. Zum Rücktritt Raeders siehe Salewski, Von Raeder zu Dönitz, S. 101 - 1 4 6 . Vor dem Nürnberger Tribunal äußerte Dönitz zu seinen Kommandeursablösungen, wegen des Altersunterschiedes »war es selbstverständlich für beide Teile schwierig, und die Ablösung erfolgte aus diesen Gründen trotz, ich glaube, gegenseitiger Hochachtung und Verehrung« (IMT, Bd 13, S. 344). Salewski, Seekriegsleitung, Bd 2, S. 241. BA-MA, Ν 172/1, Memorandum Boehm: Gedanken zur politischen Lage, Oslo, 9.12.1940. »Der General v.F. ist politisch völlig schimmerlos. [...] Sein Urteil ist also belanglos« (BA-MA, Ν 172/1, Raeder an Boehm, Berlin, 4.6.1940).

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Spitze ein Wechsel eintreten würde und bin der Ansicht, daß in Norwegen der Wehrmachtbefehlshaber ein Seeoffizier sein müßte«50. Bei der Planung des Norwegenunternehmens war v. Falkenhorst wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß er nach einer wie auch immer gearteten politischen Lösung die höchste deutsche Instanz in Norwegen bleiben würde51. Um so größer war dann seine Überraschung, als Hider mit Terboven einen Parteimann als oberste Reichsinstanz nach Norwegen schickte. Terboven erzählte später einmal Hans-Reinhard Koch, daß v. Falkenhorst ihn bei der Ankunft in Oslo im April 1940 mit den Worten begrüßt habe: »Was wollen Sie denn hier52?« Diese ungläubige Bemerkung v. Falkenhorsts ist bezeichnend für die Einstellung der Wehrmachtführung insgesamt und über die Jahre hinweg gegenüber dem Gauleiter, der sie um die »verdiente Beute« gebracht hatte. Aufgrund der unklaren Abgrenzung ihrer Kompetenzen gab es zwischen Reichskommissar und Wehrmachtbefehlshaber folgerichtig Berührungspunkte, bei denen von vornherein Reibungen zu erwarten waren. Das war auch der Wehrmachtführung klar. Jodl will am 20. April 1940 zusammen mit Keitel »einen langen Kampf« bei Hitler um die »Formulierung des Auftrages an Terboven« geführt haben, der »den militärischen Notwendigkeiten Rechnung trägt«53. Das Verhältnis zwischen Terboven und v. Falkenhorst wurde mit dem »Führererlaß« vom 24. April 1940 allgemein geregelt, der durch die »militärischen Durchführungsbestimmungen« vom 25. Juli 1940 ergänzt wurde. Gleichzeitig mit dem Erlaß dieser Durchführungsbestimmungen wurde v. Falkenhorst zum Wehrmachtbefehlshaber ernannt54. Dieser Wehrmachtbefehlshaber war das Überbleibsel ursprünglich großer Pläne über eine neuartige Wehrmachtführung55. Zum ersten Mal sollte es eine Führung geben, bei der alle drei Wehrmachtteile einem Befehlshaber operativ unterstellt waren. Der Oberbefehlshaber der Marine hatte sich zunächst damit einverstanden erklärt, doch als der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Hermann Göring, gegen diese Pläne Einspruch erhob, nahm auch er sein Einverständnis mit der Begründung zurück, daß er einer Unterstellung der Marine ohne gleichzeitige Unterstellung der Luftwaffe nicht zustimmen könne. So liefen alle operativen Befehle weiterhin direkt an die einzelnen Befehlshaber der Teilstreitkräfte, und der Wehrmachtbefehlshaber fand sich auf die Rolle eines Mediators beschränkt, v. Falkenhorst selbst hat seine Stellung als die eines primus inter pares bezeichnet56. BA-MA, Ν 172/1, Raeder an Boehm, Berlin, 30.10.1940. In Nürnberg sagte Raeder am 17. Mai 1946 aus, er habe Hider mehrere Male sowohl die Absetzung Terbovens als auch die Einsetzung Boehms zum Wehrmachtbefehlshaber vorgeschlagen (IMT, Bd 14, S. 115). 51 Siehe dazu Bohn, Die Errichtung des Reichskommissariats Norwegen, S. 133 ff. 52 NHM F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch, Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945. 53 IMT, Bd 28, S. 423. 54 BA-MA, RW 4/v. 299, Militärische Durchfuhrungsbestimmungen zum Erlaß des Führers über Ausübung der Regierungsbefugnisse in Norwegen vom 24. April 1940,25.7.1940. 55 Siehe dazu Lang, Wehrmachtbefehlshaber und Machtstruktur der deutschen Okkupationsherrschaft in Norwegen, S. 1 7 9 - 1 8 2 . 56 Ebd., S. 180. — v. Falkenhorst hat später gesagt, daß seine Position in Norwegen im wesentlichen nur Pflichten, aber keine Rechte beinhaltet habe; dem O K W dagegen aber »die große An50

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Als solcher mußte er nicht nur ständig den Ausgleich zwischen den nach möglichst großer Eigenständigkeit strebenden Befehlshabern von Kriegsmarine und Luftwaffe suchen — wobei er selbst in Personalunion als Oberbefehlshaber des AOK 20 auch noch mit spezifischen Heeresinteressen hinzutrat. Der Wehrmachtbefehlshaber war für die drei Wehrmachtteile vor allem diejenige Stelle, die in allen Fragen der Versorgung und des Nachschubs an den Reichskommissar sowie die norwegischen Behörden heranzutreten hatte. Er sollte die »einheitliche Ausnutzung der norwegischen Gebiete für die Zwecke der Wehrmacht« organisieren und entsprechende Forderungen an die zivilen Stellen leiten. Diese hatten dann die Aufgabe, die Wünsche der Wehrmacht umzusetzen. Dies beinhaltete für den Reichskommissar allerdings keinesfalls eine Zustimmungsautomatik, und das hat Terboven gegenüber v. Falkenhorst immer wieder deutlich gemacht. Ansonsten war die Einstellung v. Falkenhorsts zur Politik in Norwegen dadurch gekennzeichnet, daß er bemüht war, seiner Erziehung als preußischer Heeresoffizier gemäß aufzutreten und sich und die Wehrmacht aus dem Gerangel um Quisling und die politische Macht herauszuhalten. Er hat sogar seinen Generalstabsoffizieren den gesellschaftlichen Verkehr mit den Führern der Nasjonal Sämling untersagt57. Sein Interesse zielte vor allem darauf, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, damit sein militärischer Auftrag nicht gefährdet würde. Keinen Spaß verstand er allerdings, wenn von Seiten der zivilen Macht versucht wurde, in seine oder der Wehrmacht Kompetenzen einzugreifen. Hier gab es insbesondere auf dem Gebiet der Truppenbetreuung ständig Konflikte mit dem Reichskommissar. Terboven wollte nämlich in seinem Machtbereich gern als Soldatenfreund auftreten und dies auch propagandistisch herausstellen. Im Herbst 1940 begann er, gemeinsam mit Goebbels eine große Weihnachtsaktion aufzuziehen: »Wir mobilisieren für Weihnachten ein großes Liebesgabenschiff für unsere Truppen in Norwegen. Terboven gibt sich riesig viel Mühe und macht seine Sache ausgezeichnet«, hielt der Propagandaminister in seinem Tagebuch fest58. Diese erste Weihnachtsaktion fand sogar noch das Wohlwollen des Wehrmachtbefehlshabers, doch als dieser sah, daß Terboven die Truppenbetreuung, weil sie so gut einschlug59, zu einer ständigen Einrichtung des Reichskommissariats machen wollte und sogar bei seiner Hauptabteilung Volksaufklärung und Propaganda ein Sonderreferat »Truppenbetreuung« einrichten ließ, ging er zunehmend auf Distanz und versuchte schließlich sogar, diesen »Eingriff in Wehrmachtbelange« über das OKW unterbinden zu lassen. Terboven hielt jedoch unbeirrt an seinem Truppenbetreuungsprogramm fest. Er scheute sich nicht einmal, die in Norwegen bei der Bevölkerung eingezogenen Radioapparate60 der Truppenbetreuung zur Verfügung zu

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nehmlichkeit, nur mit einer Person verhandeln zu brauchen und diese für alles verantwortlich machen zu können«, gegeben (NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Gen.Obersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 54). NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch, Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945. Goebbels Tagebücher [Fröhlich], T. 1, Bd 4, S. 400 f., Eintrag vom 16.11.1940. Siehe dazu Nordlichter. Weihnachtsgabe ... 1941. Ab 1941 wurden aufgrund einer Verordnung Terbovens alle privaten Radioapparate eingezogen, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu nehmen, die Sendungen der norwegischen Exilregierung

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stellen, weil die vom Propagandaminister bereitgestellten Mittel nicht mehr ausreichten, worüber es sogar zu einem Streit mit Goebbels kam. Denn dieser war der Meinung, daß 200 000 dieser Rundfunkgeräte ins Reich gebracht werden sollten, um dort verkauft bzw. an Bombengeschädigte verteilt zu werden61. Davon wußte Terboven angeblich aber nichts62. Terboven verbrauchte jährlich über zehn Mio RM für die Truppenbetreuung63. 1942 wurde ihm vom Reichskommissar für die Seeschiffahrt, seinem Intimus Karl Kaufmann, sogar aus den Beständen der norwegischen Küstenschiffflotte ein 2000-Tonnen-Dampfer (»Sigurd Jarl«) für Truppenbetreuungszwecke zur Verfügung gestellt. Dieses Schiff mußte zwar 1943 schon wieder für Nachschubzwecke freigegeben werden, doch war Kaufmann anschließend dabei behilflich, daß sich Terboven in Dänemark aus seinen Kassen für 4,1 Mio Kronen ein Ersatzschiff, den Dampfer »A.P. Bernsdorff«, kaufen konnte — ohne Einschaltung des Reichsfinanzministers und des Reichsbevollmächtigten Best64. Ein offener Machtkampf, sei es nun wegen der Truppenbetreuung oder anderer Reibungspunkte, würde, so begriff v. Falkenhorst, immer zugunsten Terbovens enden65. Terbovens Vorteil gegenüber der Wehrmacht war sein kurzer Draht zu Hider, und diesen nutzte er bei jeder Gelegenheit. Dagegen endeten v. Falkenhorsts Möglichkeiten bei Keitel, und dieser besaß bekanntermaßen nicht den Mut, Hider zu widersprechen66. Erst als Lothar Rendulic als Nachfolger v. Falkenhorsts nach Norwegen kam, wurde die Partie zwischen Reichskommissar und Wehrmachtbefehlshaber wieder offen. Zum einen deshalb, weil Rendulic als »Parteigeneral« hoch in Hiders Gunst stand67 und zum anderen wegen seiner Persönlichkeitsstruktur, die in ihrer Art derjenigen Terbovens in nichts nachstand. Auch er war eitel, herrschsüchtig und eigenwillig68. Nach seiner Ernennung zum Wehrmachtbefehlshaber Mitte Dezember 1944 hätte er den Reichskommissar mitsamt seiner Behörde am liebsten aus Norwegen entfernt gesehen, denn er war der Meinung, daß er in Norwegen genauso wie in Finnland, wo er seit Juni 1944 die deutschen Truppen befehligt hatte,

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aus England zu hören. Insgesamt wurden rund 500 000 Radios beschlagnahmt. Über Umfang, Wen und Verbleib der Apparate siehe RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 4987, eske 1, PM Riksadvokatsembetet: Tyske 0konomiske krigsforbrytere, Oslo, 22.5.1946. Goebbels Tagebücher [Fröhlich], T. 2, Bd 5, S. 566, Eintrag vom 25.9.1942. RAO, RK, HAVoPro, Diverse, pakke 86, Terboven an Goebbels, Oslo, 13.4.1943. Über die Verwendung gibt es ein umfängliches Aktenkonvolut (BA, R 2/11437). Siehe dazu Paulsen, Reichskommissar vs. Wehrmachtbefehlshaber, S. 151. NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten Nikolaus von Falkenhorst, Sept./Okt. 1945, S. 112. Bezeichnenderweise ist v. Falkenhorst nach der ersten Berichterstattung über die Norwegenbesetzung in allen folgenden Jahren, wie er selbst aussagte, nur einmal zu kurzem Befehlsempfang zu Hider bestellt worden, während Terboven fast jeden Monat zu langen Besprechungen in das Führerhauptquartier flog. Er besaß das »Goldene Parteiabzeichen« und war »beim Führer persona gratissima« (NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten Nikolaus von Falkenhorst, Sept./Okt. 1945, Anlage, S. 5). Siehe dazu seine Autobiographie (Rendulic, Soldat in stürzenden Reichen).

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ohne einen Reichskommissar auskommen könne69. Der anstehende Machtkampf zwischen Terboven und Rendulic kam aber nicht zum Austrag, da letzterer an der Ostfront gebraucht und — sicherlich zur Erleichterung Terbovens — schon im Januar 1945 aus Norwegen abberufen wurde. Mit der Berufung des Generals der Gebirgstruppen Franz Böhme zum neuen Wehrmachtbefehlshaber scheint Terboven absolut einverstanden gewesen sein70. Denn gegenüber diesem als zurückhaltend bekannten Mann glaubte er in Auseinandersetzungen im Vorteil zu sein. Es zeigte sich aber schon bald, daß Böhme im Umgang mit dem Reichskommissar geschickter war als seine beiden Vorgänger. Er ließ sich auf keine Auseinandersetzungen ein und verlegte — aus operativen und Sicherheitsgründen — sein Hauptquartier von Oslo weg in das rund 160 km nördlich gelegene Lillehammer. Dadurch ließen sich unnötige Zusammentreffen mit dem Reichskommissar vermeiden. War das Verhältnis des Marinebefehlshabers Boehm zu Terboven durch offene Feindschaft gekennzeichnet und stand der Wehrmachtbefehlshaber v. Falkenhorst dem Reichskommissar zwar gefaßt, aber innerlich ablehnend gegenüber, so war im Falle des Befehlshabers der Luftwaffe die Situation ganz anders. General der Flieger Stumpff war ein Parteigänger des Reichskommissars, der wie Terboven mit Quisling und seiner Partei wenig im Sinn hatte. Daß Terboven mit Stumpff am besten auskam, hing nicht unwesentlich mit seiner Vergangenheit als Flieger im Ersten Weltkrieg und seiner Flugleidenschaft zusammen. Als Reichskommissar stand ihm dienstlich eine Junkers Ju 52 ständig zur Verfügung, aber er lieh sich gelegentlich bei der Luftflotte 5 einen Fieseier Storch, um über dem norwegischen Bergland seiner Flugleidenschaft zu frönen71. Der Nachfolger Stumpffs, Ritter von Schleich, soll laut Koch sogar »in völliger Abhängigkeit von Terboven« gestanden haben72. 3. Terboven und Quisling Das Verhältnis zwischen Terboven und Quisling war von Anfang an gespannt. Nicht nur, daß Terboven ernsthafte Anstrengungen unternahm, um mit Repräsentanten des etablierten politischen Systems zu einem modus vivendi zu gelangen, er versuchte überdies, Quisling als Parteiführer durch einen Mann seines Vertrauens

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NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch: Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945. Goebbels Tagebücher [Fröhlich], T. 2, Bd 15, S. 156, Eintrag vom 19.1.45. Bei einem solchen Flug war er im März 1943 einmal gezwungen, auf der Hardangervidda, dem schneebedeckten Hochplateau südöstlich von Bergen, notzulanden (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3500, Affidavit Hans Keller, Terbovens Auskämmaktion in der Hardangervidda März 1943, Oslo/Akershus, 15.7.1945; ebd., Oslo Politikammer H 16645, Erklärung Herbert Noot, Oslo, 17.9.1945). NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch: Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945.

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abzulösen73. Terbovens Wahl fiel auf den »Pangermanen«74 und Polizeioffizier Jonas Lie. Ihn ernannte der Reichskommissar Anfang Juni 1940 zum politischen Polizeiinspektor, eine Funktion, unter der sich in Norwegen keiner etwas Genaueres vorstellen konnte. Es war nur klar, daß die Ernennung gegen Quisling gerichtet war75. Dessen Parteiorgan wetterte denn auch tags darauf gegen Lie als »Verräter an der nationalen Sache« und kritisierte Terbovens Personalentscheidung76. Der Reichskommissar nahm dies zum willkommenen Anlaß, dem norwegischen Parteiblatt jegliche persönlichen Attacken, egal gegen wen, und politische Kommentare über seine Maßnahmen überhaupt zu verbieten. Daß er dieses Verbot auch durchzusetzen gedachte, bekam Quislings Chefpropagandist Gulbrand Lunde schon bald darauf zu spüren, als ihm untersagt wurde, einen Kommentar, in dem Quisling als das einzige Aktivum in der norwegischen Politik herausgestellt wurde, im Rundfunk zu senden77. Das Verhalten Terbovens gegenüber Quisling und der Nasjonal Sämling während des Sommers 1940 deutet darauf hin, daß er es darauf anlegte, die Partei zu spalten, um sie mit den ihm genehmen Leuten wieder aufzubauen78. Gefördert wurde dieses Vorhaben durch die beinahe ungehemmte Polemik der norwegischen Presse gegen den aufgrund des »Maulkorbes« für »Fritt Folk« propagandistisch gleichsam wehrlosen NS-Führer, der als nationales Unglück dargestellt werden durfte79. Terbovens Taktik war nahe daran aufzugehen, denn schon hatten einige Protagonisten der Nasjonal Sämling begonnen, sich aus dem Kreis um Quisling und Hagelin zu lösen, doch da entschied Hiders Machtwort Anfang September 1940 nicht nur den Abbruch von Terbovens Reichsratexperiment, sondern auch Quislings weiteres politisches Schicksal. Der Reichskommissar, von Hider auf die Förderung Quislings festgelegt, fand dennoch einen Weg, um Quisling - zumindest vorerst - von der Macht fernzuhalten. Mit dem scheinbar radikalen Schritt - der Ernennung der Kommissarischen Staatsräte zu Leitern der Ministerien - konnte Terboven nach außen hin demonstrieren, daß er zur politischen Förderung Quislings und seiner Partei bereit war. Zugleich zeigte er aber in der Auswahl der Kommissarischen Staatsräte, daß er die Schlüsselministerien (Handel u. Wirtschaft, Finanzen und Versorgung) nicht in die Hände der Nasjonal Sämling legen wollte. Dies war auch als ein Signal an die norSiehe hierzu BA-MA, RM 6/89, Denkschrift von Hermann Boehm aus dem Jahre 1944: Die politische Entwicklung in Norwegen in der Zeit seit der Besetzung 1940 bis zum Frühjahr 1943, S. 11. 74 So bezeichnet Sorensen die deutschfreundliche Fraktion innerhalb der Nasjonal Sämling (Serensen, Hider eller Quisling). 75 Dagbladet, 6.6.1940. 76 Fritt Folk, 6.6.1940. — In einem Brief an Hitler vom 10.7.1940 bezeichnete Quisling Jonas Lie sogar als »Renegat« (Straffesak mot Quisling, S. 68). 77 Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 504. 78 Das wurde auch von engen Mitarbeitern Terbovens bestätigt (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4150, Aktenvermerk des Rosenbergintimus Scheidt über Unterredung mit Herrn Oberregierungsrat Dr. Schiedermair am 3.4.41). Rudolf Schiedermair war Leiter der Abt. Verfassung u. Recht in der HA Verwaltung und einer der engsten Vertrauten Terbovens. Zu Schiedermair siehe Bohn, Schuld und Sühne, S. 120 ff. 79 Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 501 f. 73

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wegischen Wirtschaftsfuhrer gedacht. Mit dem Argument, die Erinnerung an seine Usurpation vom April 1940 sei in der Bevölkerung noch zu lebendig, wurde Quisling selbst kein Ministerium übertragen. Das Rechtsverhältnis, das zwischen dem Reichskommissariat als deutscher Aufsichtsverwaltung und dem Administrationsrat als oberstem Organ der norwegischen Staatsverwaltung von April bis September 1940 geherrscht hatte, wurde durch die Ernennung der Kommissarischen Staatsräte grundsätzlich geändert. Die rechtliche Stellung dieser Staatsräte regelte Terboven durch eine Verordnung80. In der Einleitung dieser Verordnung wurde ausdrücklich auf den »Führererlaß« vom 24. April 1940 Bezug genommen. Demnach waren die Kommissarischen Staatsräte, im Unterschied zum Administrationsrat, eine deutsche Einrichtung, die ihre völkerrechtliche Grundlage und Begrenzung im Artikel 43 der Haager Landkriegsordnung hatte. Die Verordnung des Reichskommissars brachte denn auch deutlich zum Ausdruck, daß die Kommissarischen Staatsräte an die Weisungen des Reichskommissars, von dem sie ihre Befugnisse herleiteten, gebunden waren81. Der Reichskommissar delegierte seine Weisungsbefugnis weitgehend an seine Hauptabteilungsleiter. Dadurch waren diese in der Lage, den Kommissarischen Staatsräten bindende Anweisungen zu erteilen. Die Hauptabteilungsleiter hatten dadurch diesen gegenüber faktisch die Stellung von Vorgesetzten. In der Praxis überließen sie ihre Befugnisse sogar den Abteilungsleitern, was von Terboven zwar nicht formell bestätigt, jedoch geduldet wurde. Diese Stellung der Abteilungsleiter gegenüber den Kommissarischen Staatsräten sollte für die Ausgestaltung der Besatzungspolitik von großer praktischer Bedeutung werden. Mit dem inneren Zusammenhalt der neuen Staatsräte der Nasjonal Sämling stand es nicht zum besten. »Staatsrat Hagelin vom Innendepartement [...] versucht alles an sich zu ziehen«, wurde schon bald berichtet82. Dem Dilemma, nach außen hin die politische Verantwortung zu tragen, tatsächlich aber gar keine Regierung zu sein, versuchten die Staatsräte der NS — im Rahmen ihrer Möglichkeiten — durch Profilierungsbemühungen zu entkommen. Neben der Propagandatätigkeit bot sich ihnen als ein hervorragendes Feld die Personalpolitik in den einzelnen Ministerien an. Hier haben sie, wie vom Leiter der Finanzabteilung im Reichskommissariat in einem Bericht an das Reichswirtschaftsministerium beklagt wurde, »tüchtig drauflosgewirtschaftet. Sie stellen Beamte ein, ernennen >Staatssekretäre< mit Ministergehalt u.ä. Es wird da«, so die zutreffende Prognose, »noch allerhand Krach geben«83! Nach der von Terboven verkündeten Neuordnung blieb die politische Lage für die Nasjonal Sämling zunächst unverändert. Quisling versuchte, durch verstärkte Propaganda seine Anhängerschaft zu erweitern. So konnte er im Herbst 1940 in Oslo eine Reihe von, wie es in Berichten der deutschen Beobachter hieß, gut be-

VoBl.Norw., 1940, Nr. 6. Zu den völkerrechtlichen Befugnissen einer Besatzungsmacht und ihren Schranken siehe Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd 2: Kriegsrecht, S. 132 ff. 82 BA, R 2/359, Korff an Breyhan, Oslo, 23.10.1940. S3 Ebd. 80 81

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suchten Versammlungen durchführen84. Außerhalb der Hauptstadt blieb die Resonanz allerdings weit hinter den Erwartungen zurück. Bei einer groß angekündigten Freiluftveranstaltung in Trondheim Ende Oktober 1940 war der Publikumszuspruch mehr als dürftig. Und als es dann auch noch zu regnen anfing, »verkrümelte sich ein großer Teil der N.S.-Leute. Der verbleibende Rest soll von >Andersdenkenden< fürchterlich verhauen worden sein und zwar einschließlich der anwesenden deutschen Beobachter85.« Die Lage änderte sich auch in den darauffolgenden Wochen nicht. »Nachdem eine Reihe von Versammlungen stattgefunden haben [sie] merkt man von der N.S.-Bewegung recht wenig.« Immerhin hatte die Presse »seit dem >Umsturz< ein etwas anderes Gesicht bekommen und bringt täglich Auflageartikel aus >Fritt Folk«Nord< zu bringen, wird daher als nicht notwendig [will heißen, politisch nicht klug] angesehen182.« In dieser Stellungnahme wird deutlich, daß der Reichskommissar nicht über das Maß des Notwendigen (bzw. des aus Berlin Vorgegebenen) hinaus in der norwegischen Öffentlichkeit als Beschützer der in der Bevölkerung verhaßten Nasjonal Sämling erscheinen wollte. Dieser Eindruck hätte durch die vom OKW vorgeschlagene Strafgesetzgebung ja durchaus entstehen müssen. Wenn sich hieraus zwar kein prinzipieller Unterschied der Meinung zwischen Reichskommissar und Wehrmacht über die Nasjonal Sämling ableiten läßt, so zeigt die Auffassung der RK-Beamten zumindest deren taktisch klügeres Verhalten. In der »Zweiten Verordnung über die Erweiterung der Zuständigkeit des SSund Polizeigerichts Nord« vom 21. Januar 1942 fanden die Vorschläge der Wehrmacht schließlich folgendermaßen Berücksichtigung: Das SS- und Polizeigericht war jetzt nicht mehr nur für Verstöße gegen Verordnungen des Reichskommissars zuständig, sondern trat überhaupt an die Stelle der Wehrmachtgerichte — ausgenommen bei Straftaten, die sich gegen die Wehrmacht oder deren Gefolge direkt richteten bzw. in deren Räumen verübt wurden, wobei allerdings hinzugefügt wurde, daß »der Gerichtsherr der Wehrmacht eine Strafsache an das SS- und Polizeigericht Nord abgeben konnte«. Prinzipiell zuständig wurde es nun auch für Fälle von unerlaubtem Waffenbesitz sowie Spionage und Feindbegünstigung183. Der Zuständigkeitsrahmen des SS- und Polizeigerichts war jetzt weit gefaßt. Gleichwohl gab es noch Bereiche der Rechtsprechung, auf die die SSGerichtsbarkeit keinen vollständigen Zugriff hatte, so vor allem auf dem arbeitsgerichtlichen Sektor, der im Zusammenhang mit der Ausbeutung der norwegischen Ressourcen und angesichts der gesamtmilitärischen Lage zunehmend an Bedeutung 182

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RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 7, Vermerk über die Besprechung ...vom 14. November 1941. — Die SS-Richter bezogen sich hier auf das norwegische Sondergericht, das durch Verordnung des Reichskommissars vom 25. Oktober 1940 geschaffen worden war »zur Durchführung der Strafverfahren nach der Verordnung über das Verbot der politischen Parteien in Norwegen vom 25. September 1940 und nach der Verordnung über das Verbot der Betätigung zu Gunsten des norwegischen Königshauses vom 7. Oktober 1940« (VoBLNorw., Nr. 9/1940). VoBL.Norw., Nr. 2/1942. Konkret genannt wurden in diesem Zusammenhang Verstöße gegen folgende Verordnungen des RK: 1) über Besitz und Ablieferung von Waffen vom 22.9.1940, 2) über Abwehr englischer Spionage vom 23.10.1940, 3) über Besitz nicht genehmigter Funksendeanlagen vom 1.3.1941, 4) über Auslaufen von norwegischen Schiffen und Fahrzeugen aus norwegischen Häfen, Küsten- und Hoheitsgewässern vom 7.3.1941, 5) über Halten von Tauben vom 1.5.1941, 6) über das Verbot des Fotografierens militärischer Objekte vom 1.5.1941. - Geschah die »Straftat« allerdings außerhalb Norwegens, doch im deutschen Machtbereich, wurden die Norweger vom Sondergericht in Kiel abgeurteilt - wie 1943 im Falle von etwa 150 norwegischen Matrosen (siehe hierzu Jenner, Norwegische Gefangene vor dem Sondergericht Kiel).

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gewann. Doch hatte es bereits im November 1941 seitens des Reichskommissars und des HSSPF Bestrebungen gegeben, auch diesen Bereich dem SS- und Polizeigericht Nord zuzuführen. Von der Ausweitung der Zuständigkeit des SS- und Polizeigerichts auch auf zivilrechtliche Fälle wurde Rediess von SS-Richter Latza indes dringend abgeraten — zum einen wegen der materiellen und formalen Komplexität derartiger Prozesse, zum anderen wegen des außerordentlichen Personalmangels beim SS-Gericht. Um aber zumindest zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen Deutschen und Norwegern in SS-Regie regeln zu können, wies Latza auf die Möglichkeit der zivilen Schiedsgerichtsbarkeit hin. Diese würde zudem dem Wunsch Terbovens Rechnung tragen, gerichtliche Angelegenheiten ohne Berufungsinstanz im norwegischen Raum zu erledigen. Auch hier sind wieder Terbovens Vorbehalte gegenüber einem »Eindringen der deutschen Berufsjustiz« in seinen Machtbereich erkennbar. Denn, wie Latza dem HSSPF weiter darlegte, kommen als »Vorsitzender für diese Schiedsgerichte [...] nach dem augenblicklichen hiesigen Personalstand ausschließlich SS-Führer in Betracht«. Und »nachdem der Obergruppenführer von mir über das Wesen der zivilen Schiedsgerichtsbarkeit unterrichtet worden ist«, Schloß er sich in diesem Punkt der Auffassung Latzas an184. Gleichwohl reichte diese Schiedsgerichtsbarkeit nicht aus, und die Frage der Einrichtung eines Gerichts für zivilrechtliche Fälle, die nicht der norwegischen Justizhoheit unterstehen sollten, wurde im Laufe der Besetzung immer dringender. Insbesondere aus Kreisen der Wirtschaft wurde darauf gedrängt, da der sogenannte völkerrechtlich exterritoriale Personenkreis, d.h. die nach dem 9. April 1940 ins Land gekommenen Reichsdeutschen bzw. reichsdeutschen Firmen, in zivilrechtlichen Streitfragen der norwegischen Justiz unterlagen. Vor allem die Klärung wirtschaftsrechtlicher Streitfragen zwischen Norwegern und Deutschen stand hier im Mittelpunkt des Interesses. Zunächst ging Terbovens Absicht dahin, ein solches Zivilgericht paritätisch mit Deutschen und Norwegern zu besetzen, doch da letztere dann auch Einblick in den Streit Reichsdeutscher untereinander bekommen hätten, nahm er schließlich wieder davon Abstand185. Terboven kam dem Drängen der Wirtschaft schließlich durch seine Verordnung vom 31. Mai 1944 über die »Errichtung eines deutschen Zivilgerichts beim Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete« nach186. Es war ein reines SS-Zivilgericht, das erste SS-Zivilgericht dieser Art überhaupt. Terboven hatte bei dessen Zustandekommen allein die Richter am SS- u. Polizeigericht zu Rate gezogen und nicht einmal die Rechtsabteilung seiner eigenen Behörde beteiligt. »Auch eine Beteiligung der maßgebenden Reichsressorts hat nicht stattgefunden. In den Kreisen der norwegischen Regierung herrscht Mißstimmung über die Errichtung des Deutschen Zivilgerichts187.«

RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 7, Vermerk über die Besprechung ... vom 14. November 1941. BA, R 2/352, Aktenvermerk Ronsiek (RFM), 23.6.1944. 186 VoBl.Norw., Nr. 4/1944. Den natürlichen Personen waren Vereinigungen des öffentlichen Rechts, insbesondere der Fiskus Norwegens und der des Deutschen Reiches, gleichgestellt. '87 BA, R 2/352, Aktenvermerk Dr. Breyhan (RFM), 26.7.1944. 184

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Die Zuständigkeit dieses Gerichts sollte sich auf Vermögens- und arbeitsrechtliche Streitigkeiten beschränken, während für alle übrigen Rechtsgebiete die entsprechenden Bestimmungen des internationalen Privatrechts gelten sollten. Um allerdings die Kapazität der deutschen Gerichtsbarkeit in Norwegen nicht überzustrapazieren, hat Terboven in gewissem Ausmaß die weitere Anwendbarkeit des norwegischen Rechts, »gemäß [seinen] Verordnungen«, zugelassen188. Durch die Errichtung dieses Gerichts war nicht nur Deutschen die Möglichkeit gegeben, zivilrechtliche Ansprüche gegen norwegische Staatsangehörige zu verfolgen, sondern auch Norwegern, Ansprüche gegen exterritoriale Reichsdeutsche gerichtlich geltend zu machen — eine Möglichkeit, die vordem nicht bestand. Wie nun in der Praxis die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen norwegischen und deutschen Behörden bei Strafverfolgung vielfach aussah, erhellt folgender Vorgang: Ende Januar 1942 bat der Reichskommissar durch seine Rechtsexperten den Vorsitzenden des SS- und Polizeigerichts Nord um Stellungnahme zu einer umfänglichen Studie des norwegischen Justizdepartements, die dem Reichskommissar vorgelegt worden war und in der unter Heranziehung internationaler völkerrechtlicher Literatur die Zuständigkeit von deutscher und norwegischer Strafrechts sprechung dargelegt wurde. Konkretisiert wurde dies in der Studie anhand zweier Fälle: Bei dem einen handelte es sich um einen Zusammenstoß zwischen einem norwegischen und einem deutschen Lkw, bei dem anderen um einen Fall, wo norwegische Jugendliche in Namsos eine Versammlung der Nasjonal Sämling gestört hatten, indem sie die Veranstaltung geschlossen verlassen und vor dem Versammlungslokal die Königshymne gesungen hatten. Wiewohl es sich in beiden Angelegenheiten um Lappalien handelte, in letzterem Fall sogar um eine rein innernorwegische, verlangte das Justizdepartement vom Reichskommissar nun — quasi pars pro toto, um drohender Willkür vorzubeugen — Aufklärung darüber, in welchem Umfange deutsches Strafrecht gegenüber norwegischen Staatsangehörigen anwendbar sei, sowie darüber, welche Zuständigkeit die deutschen Behörden hätten, die Behandlung von Strafsachen zu übernehmen, die nach den geltenden Verordnungen den norwegischen Behörden unterlägen189. Die Nachforschungen in den beiden Fällen waren in üblicher Weise von der norwegischen Polizei vorgenommen worden, die darüber die deutsche Polizei in Norwegen informiert hatte190. Diese hatte nun der örtlichen norwegischen Polizei das Strafmaß vorgegeben (in diesen Fällen Geldstrafen), ohne daß ordnungsgemäß Strafmandate ausgefertigt wurden — weder von der norwegischen noch der deutschen Polizei —, jedenfalls »nicht in den Formen, wie wir es früher hier im Lande gewohnt waren«. Die detaillierte Exegese völkerrechtlicher und deutschrechtlicher 188

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Ebd. Das betraf vor allem Fragen des Arbeitsrechts sowie die Lohn- und Tarifbestimmungen, da den Rechtsbeziehungen, d.h. dem Arbeitsvertrag, zwischen einem norwegischen Arbeiter und einer deutschen exterritorialen Firma in der Regel norwegisches Recht zugrunde lag. RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 7. Studie des Justizdepartements über das Verhältnis zwischen norwegischer und deutscher Strafgesetzgebung und die Zuständigkeit norwegischer und deutscher Strafbehörden in den besetzten norwegischen Gebieten, eingegangen 15.1.42. Gemäß Instruktion an die norwegische Polizei mußte ein Exemplar über das Ergebnis derartiger Nachforschungen der deutschen Sicherheitspolizei übersandt werden.

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Normen über Strafmaß und Zuständigkeit in besetzten Gebieten kommt zu dem Schluß, daß Verkehrsübertretungen, wenn sie nicht nachweislich als Sabotagehandlung gedacht sind, nicht in die Zuständigkeit der deutschen Strafgerichtsbarkeit fallen. Der Zusammenstoß hätte ja genausogut mit einem norwegischen Lastwagen erfolgen können. Und im Falle der Störung der NS-Versammlung wird anhand der seit dem 25. September 1940 ergangenen Verordnungen des Reichskommissars dargelegt, daß für derartige Fälle allein der vom Reichskommissar eingerichtete norwegische Volksgerichtshof zuständig sei. Wenn nun aber die Sicherheitspolizei gleichwohl den Fall an sich gezogen habe, dann könne das nur auf der Basis anderer Verordnungen als denen des Reichskommissars geschehen sein, denn ein Verstoß gegen die RK-Verordnungen kenne »nämlich keine niedrigere Strafe als Gefängnisstrafe«, hier aber seien von der SiPo Geldstrafen zwischen 75 und 200 Kr. auferlegt worden. Zweierlei wird also den deutschen Strafverfolgungsbehörden hier vorgehalten, daß sie, vermutlich weil der beteiligte Laster der SS gehörte, Lappalien zu die Sicherheit der Okkupationsmacht gefährdenden Handlungen erhebe und daß sie sich darüber hinaus nicht einmal an eigene Verordnungen halte - oder in anderen Worten: Willkür und Inkonsequenz. Die Antwort des SS- und Polizeigerichts vom 9. Februar 1942 war bezeichnenderweise von einer anderen Rechtsauffassung geprägt: »Allgemein soll nur darauf hingewiesen werden, daß, solange sich Deutschland im Kriege befindet und Norwegen als Operationsgebiet anzusehen ist, die norwegischen Interessen weit hinter den deutschen zurückzustehen haben und daß die Kriegslage, insbesondere aber die tatsächlichen Machtverhältnisse es nicht gestatten, völkerrechtliche Erörterungen bei der Abgrenzung der gerichtlichen Zuständigkeit in den Vordergrund zu stellen.« Wenn ein deutsches Gericht oder eine Behörde, wie z.B. die Sicherheitspolizei, »die Ansicht vertritt, daß den deutschen Interessen mehr gedient ist, wenn norwegische Rechtsbrecher nach deutschen Gesichtspunkten zur Verantwortung gezogen werden, so haben sich die norwegischen Dienststellen damit abzufinden«191. c) Verhältnis zur Sicherheitspolizei Die starke Stellung, die das SS- u. Polizeigericht IX/Nord und als dessen Gerichtsherr der HSSPF nun innehatte, stieß bei anderen Stellen der Besatzungsmacht auf Argwohn. Insbesondere das RSHA, das aufmerksam über seine Einflußmöglichkeiten auf die Besatzungspolitik wachte, fühlte die Position seines BdS/SD in Oslo eingeschränkt und richtete am 9. April 1942 ein dringliches Schreiben an das Hauptamt SS-Gericht in München mit der Anfrage, ob angesichts der erweiterten Zuständigkeit des SS- und Polizeigerichts in Norwegen die Interessen des RSHA bei den Strafverfahren vor dem Gericht gewahrt seien, insbesondere was die Teilnahme von Angehörigen der SiPo und des SD als Beisitzer (die ja Einfluß auf die 191

RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 7, SS- u. Pol. Ger. IX an den Reichskommissar, Oslo, 9.2.1942.

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Urteilsgestaltung nehmen konnten) in den Verfahren betrifft. Der Chef des Amtes I beim Hauptamt SS-Gericht, der noch vor Jahresfrist in Oslo beim SSund PolÌ2eigericht IX als aufsichtsführender Richter wirkende Dr. Reinecke, leitete die Anfrage mit der Bitte um umgehende Stellungnahme weiter nach Oslo192. Die Antwort erfolgte erst am 21. Mai, da sich »der dienstälteste Richter des hiesigen Gerichts (auf) der Reise zur Richtertagung nach Danzig« befand. Im Antwortschreiben hieß es dann, daß bei den Hauptverhandlungen im Sektor des SS- u. Polizeigerichts Nord als Beisitzer nur in den seltensten Fällen Angehörige der Sicherheitspolizei und des SD herangezogen werden. Dies entspräche einer Abmachung mit dem BdS/SD Fehlis, der darum gebeten habe, wegen Arbeitsüberlastung seines Mitarbeiterstabes die Beisitzer aus den Reihen der Waffen-SS, der Allgemeinen SS und der Ordnungspolizei zu entnehmen. »Schwierigkeiten haben sich aus dieser Regelung nicht ergeben, da die Interessen der Sicherheitspolizei infolge der Anklageerhebung durch den ständigen Untersuchungsführer der Sicherheitspolizei gewahrt sind«193. Das im Reich infolge der erweiterten polizeilichen Machtbefugnisse seit 1933 zwischen der Sicherheitspolizei und der Justiz entstandene angespannte Verhältnis kann auch auf dem norwegischen Schauplatz beobachtet werden. Hier sah die Sicherheitspolizei selbst in dem SS-Gericht keine subsidiäre Einrichtung mehr, sondern eher einen Hemmschuh für ihre Tätigkeit. Deshalb versuchte sie, die Kontrolle über die an das SS-Gericht abgegebenen Fälle zu behalten194. Gestützt sah sie sich durch einen Erlaß Himmlers vom März 1942, wonach die Tätigkeit der SS- und Polizeigerichte bei der »Bekämpfung von Schädlingen im Rahmen der ganzen Volksgemeinschaft«, einem Kampf, in dem die Sicherheitspolizei an vorderster Front stehe, ergänzenden Charakter habe. »Die Gleichartigkeit und teilweise Überschneidung der beiderseitigen Aufgaben bedingen eine enge Zusammenarbeit zwischen beiden Einrichtungen.« Das RSHA solle daher von »jeder in der SSund Polizeigerichtsbarkeit ergehenden abschließenden Verfügung Kenntnis« erhalten. Wie die Zusammenarbeit im einzelnen auszusehen hatte, sollte durch die Beteiligten erarbeitet werden195. Diese Arbeiten zogen sich indes über Monate hin, so daß von der Dienststelle des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD Ende Juli 1942 ungeduldig ein dreiseitiges Papier an das Hauptamt SS-Gericht nach München geschickt wurde, in dem die künftige Zusammenarbeit bezüglich der verschiedensten Delikte detailliert und untergliedert nach Reichsgebiet und besetzten Gebieten aufgezeichnet wurde und dem das SS-Gericht nun zustimmen sollte196. Beide Schreiben in RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 11. i « RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 11, Leitender Richter am SS- u. Pol.Ger. IX/Nord, SS-Stubaf. Latza, an Hauptamt SS-Gericht, Oslo, 21.5.1942. 194 In der norwegischen Fachliteratur ist häufig übersehen worden, daß es sich bei der Sicherheitspolizei und dem SS-Gericht um zwei eigenständige und in keinerlei formalem Zusammenhang stehende Dienststellen handelte. 195 BA, NS 7/44, RFSS an die Chefs des Hauptamtes SS-Gericht und des RSHA, Führerhauptquartier, 22.3.1942. 196 BA, NS 7/44, CdS/SD an Hauptamt SS-Gericht, Berlin, 29.7.1942. Unterzeichnet war der Erlaßentwurf vom Gestapochef Heinrich Müller, denn der Amtsinhaber Heydrich war erst wenige 192

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Für die besetzten Gebiete, und nur die sind in unserem Zusammenhang wichtig, sah der Entwurf vor, daß sich die SS- u. Polizeigerichte »bei allen kriminellen oder politischen Vergehen« auf allen Stufen des Verfahrens der Sicherheitspolizei zu bedienen und diese zu informieren hätten. Das Hauptamt SS-Gericht war, wie aus dem Antwortschreiben des Hauptamtchefs, Obergruppenführer Franz Breithaupt, von Anfang Oktober 1942 hervorgeht, im Prinzip mit den Vorschlägen einverstanden, wollte aber die Mitwirkung der Sicherheitspolizei nicht bei allen Fällen, sondern von Fall zu Fall unter den Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit stellen197. Dadurch glaubte das Gericht vermeiden zu können, ganz und gar zu einem subsidiären Organ der Sicherheitspolizei herabzusinken. Nach weiteren Korrespondenzen einigten sich die beteiligten SS-Stellen gegen Jahresende 1942 schließlich auf dieses Prozedere198. Wie dieses Übereinkommen im Falle Norwegens in der Praxis gehandhabt wurde, sollte sich schon bald zeigen: Im April 1943 bat der Leiter der Osloer Gestapodienststelle, Reinhard, das SSu. Polizeigericht Nord, ihm die Entlassungstermine von Norwegern, »die auf Grund eines Kriegsgerichtsurteils oder eines solchen des SS- und Polizeigerichts nach Strafverbüßung zur Entlassung gelangen [...], so rechtzeitig bekanntzugeben, daß meine Dienststelle gegebenenfalls in der Lage ist, dem Häftling vor der Wiedererlangung der Freiheit entsprechende Auflagen zu machen«. Dies sei angeraten, denn »verschiedene Erfahrungen lassen es als notwendig erscheinen«, daß diesen Personen »von der Deutschen Sicherheitspolizei besondere Aufmerksamkeit zugewendet wird«. Überdies bat Reinhard auch im Falle von Freisprüchen und wenn Häftlinge zur Entlassving kommen sollten, die ihre Strafe in Deutschland verbüßt hatten, um entsprechende Mitteilung199. Das Ersuchen wurde von Latza dilatorisch behandelt. Im Juli 1943 wurden die Mitteilungen deshalb nochmals angemahnt, insbesondere auch Informationen über Strafverfahren und die Meldungen über bevorstehende Rücküberstellungen aus Deutschland, da hier »in verschiedenen Fällen die beabsichtigten sicherheitspolitischen Maßnahmen in Deutschland nicht mehr durchgeführt werden konnten«200. Zum Handlanger des BdS/SD wollte Latza sich und sein Gericht allerdings nicht machen lassen und verwahrte sich in scharfer Form: »Derartige Angaben unterbleiben. Außer den gerichtlichen Entscheidungen kommen weitere Maßnahmen nicht in Frage«201, lautete seine handWochen zuvor den Verletzungen erlegen, die er bei dem auf ihn in Prag verübten Attentat erlitten hatte. 197 BA, NS 7/44, Chef Hauptamt SS-Gericht an CdS/SD, München, 2.10.1942. — Das Hauptamt SS-Gericht konnte sich Reinecke zufolge deshalb durchsetzen, weil es den Gegensatz zwischen Himmler und dem RSHA, das dem RFSS zu mächtig zu werden drohte, ausnutzte (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , Zeugenerklärung Günther Reinecke gegenüber Oslo Politikammer im Verfahren gegen Latza, 31.1.1947). «β BA, NS 7/44, RSHA an SS-Richter beim RFSSuChDtPol, Berlin, 18.12.1942. ι » RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 12, BdS/SD Oslo (Abt. IV) an SS- u. Pol.Ger. Nord, z.Hd. Stubaf. Latza, Oslo, 9.4.1943. 200 Ebd., BdS/SD Oslo (Abt. IV) an SS- u. Pol.Ger. Nord, z.Hd. Stubaf. Latza, Eingangsstempel 19.7.1943. 201 Ebd.

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schriftliche Weisung an die Geschäftsstelle des Gerichts. Dennoch wurde am 2. August eine Aufstellung der Strafverfahren gegen Norweger vor dem SS- und Polizeigericht Nord von April bis Juni 1943 an den BdS/SD gegeben202. Das Gericht sah sich gleichwohl immer wieder gezwungen, gegen Eigenmächtigkeiten der Sicherheitspolizei, vor allem der Abt. IV, vorzugehen. Es waren meist Fälle, in denen die SiPo nach Freispruch oder Niederlegung des Verfahrens durch das SS- u. Polizeigericht die Einweisung des Angeklagten in eines ihrer Schutzhafdager oder die Deportation nach Nordnorwegen oder in ein KZ in Deutschland verfügte. Es waren zudem auch nicht wenige Fälle, wo die Freilassung von zu geringeren Haftstrafen Verurteilten nach Verbüßung der Haft von der SiPo verhindert wurde. In gleicher Weise richtete sich die Willkür der Abteilung IV auch gegen Untersuchungshäftlinge203. Das Verhältnis zur SiPo sei daher oft sehr gespannt gewesen, sagten der Chefrichter Latza und andere Angehörige des SS- und Polizeigerichts nach der Kapitulation gegenüber den norwegischen Untersuchungsbehörden aus. Es sei unter anderem häufig vorgekommen, daß dem Untersuchungsführer der SiPo Anklagen vom Gericht wegen mangelhafter oder unvollständiger Vorbereitungen und Ermittlungen zurückgegeben wurden204. Auch wenn hier das Problem der Schutzbehauptung in Rechnung gestellt werden muß, lassen die von den ehemaligen SSRichtern aufgeführten, aktenmäßig belegten Beispiele erkennen205, daß sowohl der Sicherheitspolizei als auch dem Reichskommissar und dem HSSPF gegenüber von selten des Gerichts nicht selten eine andere Stellung eingenommen wurde, und zwar im Sinne einer Strafmilderung. d) Gerichtspraxis Das Gericht war sowohl Untersuchungs- als auch Anklagebehörde. Die vom Chefrichter von Fall zu Fall als Untersuchungsführer bestimmten Richter stellten entweder das Verfahren ein, erließen Strafverfügungen oder erhoben Anklage. Nach Erhebung einer Anklage wurde es zu einem auf Urteil zu erkennenden Gericht. Hierzu wurden vom Chefrichter, wenn er nicht selbst den Vorsitz übernahm, ein Richter als Verhandlungsleiter sowie zwei Beisitzer berufen. Die Beisitzer waren meist Stabsoffiziere der Ordnungspolizei bzw. der Waffen-SS, in einigen Fällen auch leitende Beamte der Dienststelle des Reichskommissars. Wenn zur Verteidi202 RAO, RK, HSSPF, serie 17, Protokolle, bunt 1, Geheimtagebuch, SS- u. Pol.Ger. IX/Nord, lfd. Nr. 44,2.8.1943. 203 Zur SiPo-Willkür siehe RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1, Bericht Hans Latza, Vollstreckung der Urteile, Oslo/Akershus, 9.8.1945. 204 Ebd., Erklärung Hans Latza, Maßnahmen und Bemühungen des Gerichts, um die scharfen Tendenzen Terbovens und Rediess1 zu mildern, Oslo/Akershus, 4.12.1945; Erklärung SS-UStuf. Kurt Silbermann (ab Juli 1942 beim SS-u.Pol.Ger. IX tätig, ab Aug. 1943 daselbst Beurkundungsfüihrer und Leiter der Geschäftsstelle): Verhältnis zur Sicherheitspolizei und anderen Dienststellen; Oslo/Akershus, Herbst 1945. 205 Ebd. Die entsprechenden Fälle fanden übrigens im Urteil des norwegischen Kriegsverbrecherprozesses gegen Latza durchaus positive Berücksichtigung.

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gung norwegische Rechtsanwälte nicht zugelassen wurden, was bei den politischen Fällen ab 1943 der Fall war206, wurden aus dem Gefolge des Reichskommissars, der Polizei oder der Waffen-SS Pflichtverteidiger bestellt. Die Verhandlungen wurden nach den Prozeßvorschriften der Kriegsstrafverfahrensordnung durchgeführt. Durch Erlaß des Reichskommissars wurde für politische Fälle im engeren Sinne der BdS/SD zur Untersuchungsführung, Anklageerhebung und Vertretung in der Hauptverhandlung bestimmt. Dies hatte zur Folge, daß Terboven über den BdS/SD auf die Tätigkeit des Gerichts massiv Einfluß ausüben konnte. Denn die Definition einer politischen Straftat behielt er sich vor, und der BdS/SD als Untersuchungsführer und Anklagevertreter konnte in solchen Fällen die Zahl der abzuurteilenden Straftaten, die Auswahl der Beschuldigten sowie den Zeitpunkt der Durchführung der Verfahren bestimmen207. Terboven als oberster Gerichtsherr ließ nicht selten erst Anklage erheben, wenn ihm infolge der Zuspitzung der politischen Lage abschreckende Maßnahmen geboten schienen, und nicht schon dann, wenn ein Fall polizeilich hinreichend aufgeklärt schien, so daß eine Anklageerhebung und ein Urteilsspruch hätten erfolgen können. An Todesurteilen, die nicht in die politische Situation paßten, sei Terboven nicht gelegen gewesen208. Wie verhielten sich die Richter unter diesen Gegebenheiten? In den norwegischen Kriegsverbrecherprozessen wiesen sie — natürlich — auf ihre richterliche 206

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Rediess ordnete als Gerichtsherr an, daß norwegische Rechtsanwälte nicht mehr zuzulassen seien, damit diese nicht über Organisation und Tätigkeit der Widerstandsbewegung und anderer illegaler Gruppen, die in den Hauptverhandlungen erörtert werden mußten, der Außenwelt berichten konnten. Aus dem gleichen Grunde verbot er auch die Zulassung der Presse (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028-30, eske 1). Laut Zeugenerklärung von Kurt Silbermann am 8.12.1945 im Osloer Kriegsverbrecherprozeß gegen Hans Latza und andere Richter am SS-u.Pol.Gericht habe das Gericht »in vielen Fällen« bei politischen Straftaten Anklageerhebungen durch den BdS/SD abwenden können. »Dadurch wurden nach meiner Beurteilung eine Reihe von Todesurteilen, die im Falle der Durchführung der Verfahren zu erwarten gewesen wären, vermieden« (RAO, Landssviksarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1, Dok.Nr. 3). Nach der Erinnerung nannte Silbermann mehrere politische Verfahren, in denen durch die SiPo bereits Anklage erhoben worden war, die aber dann nicht durchgeführt wurden (ebd., Dok.Nr. 5). Laut Silbermann (ebd., Dok.Nr. 3) wurden über die Strafen gegen rechtskräftig verurteilte Norweger (einschl. der politischen Straftaten) bis 1944 Mitteilungen an das norwegische Strafregister abgegeben. Diese unterblieben dann allerdings »auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD und dem Chefrichter beim Wehrmachtbefehlshaber Norwegen und wurden darauf nur noch dem Zentralregister beim BdS zugeleitet. Auskünfte über Vorstrafen von Landeseinwohnern wurden in allen anhängig gewordenen Verfahren über das norwegische Strafregister eingeholt.« RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028-30, eske 1, Dok. Nr. 4, 8, 9, Aussagen von Dr. Helmut Schmidt, Oslo/Akershus, März 1946; Hans Latza, Oslo/Akershus, Nov. 1945; Dr. Theodor Felsenstein, Oslo/Akershus, März 1946. — Schmidt nennt als Beispiel den Fall eines Norwegers, der mehrfach Norwegern, darunter zwei Mördern deutscher Soldaten, zur Flucht nach Schweden verholfen hatte. Das gegen diesen vom SS-u.Pol.Ger. ausgesprochene Todesurteil wurde von Terboven nicht bestätigt, weil, »wie sich der Gerichtsherr seiner Zeit (siel) ausdrückte, ein zwingendes Bedürfnis für ein Todesurteil bei der augenblicklichen Situation nicht vorhanden sei«. Dies zeigt, daß Todesurteile von der politischen Führung oft als ein abschreckendes Mittel im Kampf gegen die Widerstandbewegung angesehen und weniger aus einem Sühne- oder Vergeltungsbedürfnis heraus vollstreckt wurden.

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Unabhängigkeit hin und benannten konkrete Fälle, in denen sich in der Verhandlungsfiihrung und Urteilsfindung diese Unabhängigkeit gezeigt habe. Überdies habe diese Unabhängigkeit schon in der obengenannten Abwehr von Anklageerhebungen sowie sicherheitspolizeilicher Ansprüche Ausdruck gefunden. In der Tat gibt es Beispiele dafür, daß das Gericht bemüht war, den scharfen Kurs des Reichskommissars abzumildern. Gemäß § 3 der RK-Verordnung vom 26. September 1941 war das Gericht gezwungen, in jedem Fall, in dem es Feindbetätigung oder Feindpropaganda als erwiesen ansah, die Todestrafe zu verhängen, ohne hierbei das verschiedene Maß von »Schuld« bei den einzelnen Beteiligten berücksichtigen zu können. Diese rigorose Regelung stieß angesichts eines größeren Falles bei den beiden führenden SSJuristen im Reichskommissariat, Schiedermair und Latza, auf Bedenken. Es ging in dieser Sache um einen umfassenden Fall von Feindpropaganda, in dem 15 Norweger angeklagt waren209. Auf Grund der Ausschließlichkeitsbestimmung hätten nun die harmloseren Mitläufer genauso bestraft werden müssen wie die Führer der Gruppe, mithin 15 Todesurteile ausgesprochen werden müssen. Eine Abmilderung dieser heiklen Situation dergestalt, daß bereits im Zuge des Ermitdungsverfahrens die weniger belasteten Midäufer herausgenommen und »durch sicherheitspolizeiliche Maßnahmen bestraft« würden, sei, wie es in einer diesbezüglichen Eingabe Latzas an den Reichskommissar vom 23. Januar 1942 heißt, zwar denkbar, aber praktisch oftmals nicht möglich, weil sich der Umfang der Beteiligung der einzelnen Angeklagten erst in der Hauptverhandlung ergebe, so daß das Gericht »zu einer Entscheidung auch über die weniger Belasteten kommen muß«, was folglich ein und dasselbe Strafmaß bedeute210. Um den Richtern nun einen genügenden Spielraum bei der Strafzumessung zu geben, schlug Latza dem Reichskommissar — mit Erfolg — vor, den § 3 dahingehend zu ergänzen, daß in minder schweren Fällen auf Zuchthausstrafe erkannt werden könne211. Gleichwohl befanden sich die SS-Richter in Anbetracht der besatzungspolitischen Gegebenheiten stets in einem schwer zu lösenden Dilemma, das in den Worten Schmidts auf den Punkt gebracht wurde: »Ich war mir [...] klar darüber, daß von mir Todesurteile erwartet wurden. Ebenso klar war mir jedoch, daß ich solche nur verhängen durfte, wenn ich das im einzelnen Falle mit meinem richterlichen Gewissen vereinbaren konnte.« Wann aber stand ein solcher Urteilsspruch im Einklang mit seinem Gewissen? »Das war nach meiner Überzeugung dann der Fall, wenn 1. die Schuld einwandfrei nachgewiesen war, 2. die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben waren und 3. der Fall von einer gewissen Bedeutung war212.« Wenn also die Verhandlungen materiell- und verfahrensrechtlich im Einklang mit dem gegebenen Recht standen — und völkerrechtlich waren die vom SS- u. 209 210 211

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RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Gerrard und andere, Az. 9/1941 »N«. RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 7, SS- u. PoLGer. Nord an den Reichskommissar, Oslo, 23.1.1942. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Erklärung Hans Latza, Verfahrensrechtliche Grundsätze des SS- u. PoLGerichts, Oslo/Akershus, 23.11.1945. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, Dok. Nr. 8, Erklärung Dr. Schmidt, Oslo/Akershus, März 1946.

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Polizeigericht I X / N o r d durchgeführten Prozesse formaliter nicht zu beanstanden, wie im Kriegsverbrecherprozeß gegen Latza v o m Schwurgericht Oslo festgestellt wurde 2 1 3 , w a r das Gewissen des Richters endastet. Moralische oder ethische K a t e gorien, etwa die Frage nach Recht und Gerechtigkeit oder danach, welchem »Recht« m a n eigentlich diente, spielten offensichtlich keine Rolle. Sie konnten auch keine Rolle spielen, da der Richter zum einen selten Moralphilosoph ist und zum anderen und dies besonders, da beim SS-Gericht Richter z u m Einsatz kamen, deren Biographien schon eine besondere A f f i n i t ä t zur nationalsozialistischen Weltanschauung und zur Schutzstaffelmentalität aufwiesen 2 1 4 . Gegen einen Urteilsspruch des SS- und Polizeigerichts gab es keine Möglichkeit eines Rechtsmittels. W i e in der Wehrmachtgerichtsbarkeit gab es nur diese eine Instanz, und die w a r endgültig. Das Urteil selbst mußte aber dem Gerichtsherrn — das heißt i m Falle Norwegens d e m HSSPF N o r d — zur Bestätigung vorgelegt w e r d e n und w a r erst danach rechtskräftig. Das Urteil konnte v o n ihm auch aufgeh o b e n werden, in welchem Fall die Sache dem Gericht zur Neuverhandlung zurückgegeben wurde. D e r Gerichtsherr selbst konnte ein Urteil nur mildern, nicht verschärfen. E r mußte zudem die Verfugung über die Strafvollstreckung treffen. Danach hatte, im Falle einer Kapitalstrafe, der Delinquent n u r noch die Möglichkeit, ein Gnadengesuch an den Reichskommissar zu richten215. 213 214

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RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028-30, eske 1, Urteilsspruch vom 12.3.1947. Als Beispiele seien die drei zuletzt am SS-u.Pol.Ger. IX/Nord in Oslo tätigen Richter aufgeführt: Chefrichter Hans Latza, geb, 1908 in Götzendorf/Krs. Könitz, legte 1932 das erste und 1936 das zweite jur. Staatsexamen ab. Anschließend war er hauptamtlicher Rechtsberater bei der DAF in Pommern. Seit 1933 war Latza sowohl Mitglied der Allgemeinen SS und der NSDAP. Nach Kriegsausbruch Dienst bei der Waffen-SS, ab 1. Oktober 1939 SS-Richter am Hauptamt SSGericht in München, Ende Februar 1940 Versetzung an das SS-u.Pol.Ger. VIII nach Prag. Im Zusammenhang mit der Verlegung des 6. und 7. SS-Regiments nach Norwegen kam Latza Anfang Mai 1940 als zweiter Richter nach Oslo an das SS-u.Pol.Ger. IX, wo er nach Reineckes Weggang als Chefrichter bis zur Kapitulation tätig war (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028-30, eske 1, Urteilsschriften). Richter Dr. Helmut Schmidt, geb. 1910 in Hannover, legte 1933 das erste, 1938 das zweite jur. Staatsexamen ab, im selben Jahr wurde er an der Universität Bonn zum Dr. jur. promoviert. Schon 1933 war er »im Glauben an einen nationalen Aufbruch« der Allgemeinen SS beigetreten, 1937 erfolgte die Aufnahme in die NSDAP. Nach dem zweiten jur. Examen übte Schmidt bis Mitte 1938 eine richterliche Tätigkeit in der allgemeinen Justiz aus, um sich dann, weil ihn die Justiz »infolge ihres immer kleiner werdenden Aufgabenkreises nicht befriedigte«, als Jurist in der Wirtschaft zu betätigen. Nach Kriegsausbruch ging er zur Waffen-SS und nahm ab 1942 als Angehöriger der 6. SS-Gebirgsdivision »Nord« an den Stellungskämpfen in Nordfinnland teil. Ende 1943 wurde Schmidt zum Richter am Feldgericht dieser SS-Division bestellt. Im Februar 1944 wurde er von dort zum SS- u. PoLGer. nach Oslo versetzt, wo er bis zur Kapitulation tätig war. Richter Dr. Theodor Felsenstein, geb. 1903 in Wien, unterschied sich in seinem beruflichen Werdegang von den beiden Erstgenannten insofern, als seine juristische Ausbildung durch österreichische Spezifika und persönliche wirtschaftliche Schwierigkeiten erst 1941 abgeschlossen war. Nach dem »Anschluß« Österreichs trat er im Mai 1938 der NSDAP bei und wurde als Rechtsanwalt Mitglied des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes. 1941 wurde Felsenstein zur Schutzpolizei einberufen und nach verschiedenen Abkommandierungen im Juli 1944 als SSRichter der Reserve nach Oslo versetzt (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30). Zum Gerichtsverfahren gegen Latza und andere siehe Bohn, Schuld und Sühne, S. 122 -124. Zur Verfahrenspraxis siehe die eidesstattliche Erklärung des Dr. Günther Reinecke, Nürnberg, 7.2.1947 (IfZ, ZS 121).

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In Anbetracht der geringen personellen Besetzung des SS- und Polizeigerichts IX/ Nord und der Ausdehnung des Landes kam es bei der Durchführung der Gerichtsverfahren immer wieder zu Schwierigkeiten, die auch Vereinfachungen der Verfahrensweise nach sich zogen. So erklärte sich das Gericht im Januar 1943 einem Fernschreiben des BdS/SD in Oslo an den Kommandeur der SiPo und des SD in Trondheim (Flesch) zufolge damit einverstanden, die Anklageverfügungen künftig in verkürzter, aber die Formaüa wahrender Form vorzunehmen, wodurch im Vorverfahren Zeit gespart würde216. »Wenn jedoch aus dem dortigen [d.h. Trondheimer] und dem Tromsöer Dienstbereich mehrere wichtige Vorgänge vorliegen, die gerichtliche Verhandlungen erforderlich machen, wird das SS- und Polizeigericht [...] den SS-Richter [...] nach Drontheim entsenden, um dort die Verhandlungen durchzuführen217.« In einer hierauf bezogenen Notiz für SS-Richter Latza unterstrich der Untersuchungsführer beim BdS/SD Oslo, SSSturmbannführer Gerhard Andres, die Notwendigkeit, dort oben Verhandlungstermine anzuberaumen, »um für jenes Gebiet endlich reinen Tisch zu machen«218. Diese Ankündigung wurde schon bald in die Tat umgesetzt: Im Mai 1943 und dann noch einmal im November 1943 wurden in Trondheim in jeweils zwei politisch motivierten Strafverfahren je zehn Todesurteile sowie langjährige Freiheitsstrafen gefällt219. Zur gleichen Zeit sah sich das SS- und Polizeigericht in Oslo veranlaßt, die Außenstelle Trondheim mit einem SS-Richter ständig zu besetzen, »außerdem ist geplant, eine Außenstelle in Bergen einzurichten«220. Begründet wurden die Außenstellen mit dem OKW-Erlaß vom 15. September 1943221 über die Einschränkung der Wehrmachtgerichtsbarkeit gegenüber Landeseinwohnern, wodurch nun »alle Vorgänge, in denen nicht Vorfalle behandelt werden, die die Sicherheit oder die Wehrkraft der Besatzungsmacht unmittelbar gefährden, an das SS- und Polizeigericht abzugeben sind«. Durch die Abgabe derartiger Fälle durch die Heeres- und Marinekriegsgerichte sei nun das SS- und Polizeigericht zur Errichtung von Außendienststellen auch im Bereich des KdS/SD Stavanger gezwungen222. In Trondheim bestand dann ab März 1944 eine ständige Außenstelle, die auch gleich in drei politisch motivierten Verfahren im März und im April 1944 vier Todesurteile fällte, ansonsten aber vorwiegend mit kriminellen Strafsachen zu tun hatte223. Ab 24. Januar 1945 wurde dieses »Zweiggericht« in Trondheim im Zusammenhang mit dem deutschen Rückzug aus Nordnorwegen und der Verlegung 21« RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 10, BdS/SD Oslo an KdS/SD Trondheim, 25.1.1943. 217 Ebd. Das Fernschreiben war veranlaßt durch Ermittlungen gegen einige Norweger, um deren Überstellung »in die hiesigen Strafanstalten zwecks Anklageerhebung vor dem hiesigen SS- und Polizeigericht« der BdS/SD Oslo nachgesucht hatte. 218 Ebd. 2 1 9 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1, Dok.Nr. 8: Aufstellung über die in Oslo und Drontheim durchgeführten politischen Verfahren. 220 RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 12, SS- u. Pol.Ger. IX an BdS/SD, Oslo, 29.10.1943. 221 RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 11, Erlaß O K W 14 η 23 WR. (I/3)/956/43. 222 RAO, RK, HSSPF, serie 2, pakke 12, KdS/SD Stavanger, Außendienststelle Krisdansand, an BdS/SD Oslo, 9.10.1943. 223 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4082 - 30, eske 1, Bericht Kurt Silbermann, Dok. 3 u. 8.

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einer größeren Anzahl von Einheiten der Waffen-SS nach Mittelnorwegen zum selbständigen SS- u. Polizeigericht XXXVII erhoben224. Für den Vollzug von Freiheitsstrafen, die gegen Zivilpersonen verhängt wurden, waren — auch für das SS- und Polizeigericht Nord — die allgemeinen Anordnungen des OKW maßgeblich. Diesen zufolge sollten grundsätzlich keine gerichtlich verhängten Strafen in einem Konzentrationslager verbüßt werden. Nach den Bestimmungen des OKW hatten die Gerichte (sowohl das SS-Gericht als auch die Wehrmachtgerichte) den Vollzug von Freiheitsstrafen, soweit diese über drei Monate lagen, an die allgemeine Justiz in Deutschland abzugeben. Als zuständige Vollstreckungsbehörde für Norwegen wurden zunächst der Generalstaatsanwalt beim Landgericht Hamburg und später der Oberstaatsanwalt beim Landgericht Schwerin bestimmt. Nach Überstellung der Verurteilten erfolgte der Strafvollzug nach den Bestimmungen der Reichsjustizverwaltung (Zuchthaus HamburgFuhlsbüttel, Rendsburg, Dreibergen-Buetzow). Latzas Bemühungen gingen nach der Erweiterung der Zuständigkeit des SSund Polizeigerichts auf die norwegische Zivilbevölkerung dahin, eine strikte Trennung zwischen Schutzhafdager der Sicherheitspolizei und Untersuchungs- bzw. Strafgefängnis für gerichtlich verurteilte Personen herbeizuführen. Aus diesem Grund wurde im Osloer Kretsfengsel (Kreisgefängnis) eine »Deutsche Abteilung« eingerichtet225. Diese war ursprünglich für die Verbüßung kürzerer Haftzeiten und ausschließlich für Zivilpersonen vorgesehen. Latza unternahm allerdings wiederholt bei Terboven und Rediess Vorstöße, den Strafvollzug gegen Norweger nur in Norwegen durchführen zu lassen. Er hatte damit allerdings keinen Erfolg. Das Gericht ging nun — im Unterschied zu den Wehrmachtgerichten — dazu über, auch den Vollzug längerer Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr in der »Deutschen Abteilung« verbüßen zu lassen. Erst bei längeren Strafen wurde nach den Bestimmungen des OKW verfahren. Die Überstellung der verurteilten Personen in Vollzugsanstalten in Deutschland erfolgte durch die Wehrmacht bzw. das Kriegswehrmachtgefangnis226. e) X-Häftlinge Am 28. Juni 1944, drei Wochen nach der Landung der Alliierten in Nordfrankreich, wurde durch geheimen »Führerbefehl« eine weitere kriegsgerichtliche Verfolgung von Landeseinwohnern untersagt227. Statt dessen sollte nun die Sicherheits-

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Ebd. Chefrichter war SS-Stubaf. Dr. Denzel, ab April SS-UStuf. Dr. Stephan. Das Wehrmachtgefangnis in der Festung Akershus sollte nur Truppenbelangen dienen. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Dok. Nr. 6. Der Befehl (Geheime Reichssache) kam per Fernschreiben vom O K W und war von Keitel unterzeichnet. Das SS-Pol.Gericht IX/Nord erhielt von ihm über den Stabschef beim HSSPF Kenntnis. Die Bestimmungen lauteten: 1. Verfahren gegen Einwohner der besetzten Länder sollen nicht mehr von den deutschen Militär- bzw. Sondergerichten behandelt werden; 2. bereits erhobene Anklagen sollen von den Gerichten nicht weiterverfolgt, sondern an den BdS/SD abgegeben werden; 3. verhaftete Saboteure und »Terroristen« sollen der Sicherheitspolizei übergeben

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polizei mit erweiterten Kompetenzen gegen Mitglieder von Widerstandsgruppen vorgehen. Der BdS/SD erhielt auf der Grundlage dieses Führerbefehls die Befugnis, sogenannte administrative Todesurteile auszusprechen228. Die zur Exekution bestimmten Gefangenen wurden SiPo-intern X-Häftünge genannt, weil ihre Personenkarteikarten mit einem X gekennzeichnet wurden. In welchem Umfang die SiPo in Norwegen von dem »Führerbefehl« Gebrauch gemacht hat, ist wegen der Quellenlage kaum mehr genau nachzuvollziehen. Doch wurden mindestens 68 Norweger aufgrund dieser Hitlerweisung auf Befehl des Osloer SiPo/SDBefehlshabers ohne Gerichtsverfahren erschossen229. Die Richter am SS- und Polizeigericht hatten hier keinen Einblick. Überhaupt wollen sie, wie Latza später aussagte230, von diesen neuen umfassenden SiPoVollmachten erst im Herbst 1944 gerüchteweise Kenntnis erlangt haben. Latza und die drei anderen SS-Richter faßten den Führerbefehl, nachdem er ihnen Anfang Juli zugegangen war, wie sie vorgaben, zunächst sogar so auf, daß in Norwegen überhaupt keine Todesurteile mehr ausgesprochen und vollstreckt werden sollten231. Die SS-Richter gerieten allerdings darüber, daß ihnen die strafrechtliche Entscheidung aus den Händen genommen und der Sicherheitspolizei übertragen worden war, zu dieser in einen scharfen Gegensatz. Ihren Aussagen zufolge dies um so mehr, nachdem ihnen die »sicherheitspolizeilichen Vollstreckungen« bekannt geworden waren. Das dem Reichskommissar gegenüber geäußerte Hauptargument der Richter gegen diese Verfahrensweise ging dahin, daß durch den Ausschluß der Öffentlichkeit der Abschreckungsgedanke, der bei solchen Hinrichtungen im Vordergrund stehen sollte, obsolet geworden war. Durch die Geheimhaltungspflicht, so die Richter, entbehrten die Todesurteile der Sicherheitspolizei der wesentlichen Rechtfertigung und sollten daher besser unterbleiben232. Nachdem er erfahren hatte, daß nun sogar durch eine einfache Entscheidung des Leiters der Abteilung IV beim BdS/SD Beschuldigte beseitigt werden konnten, wandte sich Latza unmittelbar an seinen Gerichtsherrn Rediess und bat um Abstellung. Dieser erklärte jedoch nur, daß es mit der Regelung seine Richtigkeit habe233. Auch Terboven war in dieser Sache den Argumenten des SS-Richters nicht zugänglich und antwortete, daß er die Verordnung des »Führers« für richtig halte, da die politi-

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werden; 4. für Dänemark und Finnland ergehen Sonderbestimmungen (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4434). Ebd. Ebd., Aussage des SS-HStuf. Oscar Hans in dem gegen ihn geführten Kriegsverbrecherprozeß; Urteilsschrift des Osloer Schwurgerichts vom 29.6.1946. Der SiPo-Angehörige Hans war während der Okkupation Leiter eines Sonderkommandos, das die Exekutionen ausführte. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Dok. Nr. 6, Erklärung Hans Latza, Oslo, 9.8.1945; ebd., Dok. Nr.8, Erklärung Dr. Helmut Schmidt, Akershus, März 1946. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Dok.Nr. 6 u. 8, Erklärungen Latza u. Schmidt — Gleichwohl wurden noch am 3-/4. Juli 1944 vom SS-u.Pol.Gericht Nord neun Todesurteile gegen Norweger ausgesprochen, die nach Bestätigung durch Rediess umgehend vollstreckt wurden (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4434, Register über die Verfahren des SSu.Pol.Ger. Nord für 1944, Lfd.Nr. 4 1 1 - 4 1 3 ) . RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1. Ebd.

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sehen Prozesse zu viel Zeit in Anspruch nähmen. Im übrigen sei im Kampf gegen Sabotage und Widerstand jedes Mittel recht234. Die Verhältnisse in Norwegen änderten sich also nicht — im Gegenteil: Die SiPo schlug zunehmend härter zu235. Norwegischerseits wunderte man sich allerdings darüber, daß die Besatzungsmacht trotz der starken Zunahme der Sabotagehandlungen ab Herbst 1944 nicht wie früher, d.h. durch gerichtliche Aburteilungen bzw. Standgerichtsverfahren, reagierte236. Latza wurde im Winter 1944/45 beim Reichskommissar wiederholt vorstellig, auch scheint er den gesellschaftlichen Umgang mit Terboven genutzt zu haben, um in der Sache der administrativen Todesurteile eine Änderung herbeizuführen. Der Reichskommissar ging auf die Argumentation des SS-Richters schließlich ein und wandte sich Anfang 1945 an Hitler, von dem er die Vollmacht erwirken konnte, vom SS- und Polizeigericht Nord wieder Standgerichtsverfahren durchführen zu lassen. Hiervon machte Terboven erstmalig am 8. Februar 1945 im Zusammenhang mit dem Attentat auf den Chef der norwegischen Staatspolizei Karl Marthinsen Gebrauch. Marthinsen war auf seinem Weg zur Dienststelle in einen Hinterhalt geraten und erschossen worden 237 . Vom SS- und Polizeigericht wurden auf Anordnung Terbovens noch am selben Tage Standgerichte durchgeführt, wobei 21 Norweger, die mit dem Anschlag direkt nichts zu tun hatten, aber im Verdacht standen, die Widerstandsbewegung zu unterstützen, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden. Das von Quisling eingesetzte norwegische Sondergericht verurteilte gleichzeitig weitere 13 Personen, die Fluchtorganisationen aufgezogen hatten, zum Tode 238 . Zwischen Juni 1944 und Februar 1945 gab es vor dem SS-u. Polizeigericht gegen Norweger keine Verfahren in politischen Fällen. In diesem Zeitraum wurden alle im weitesten Sinn politischen Fälle vom BdS/SD, meist vom Leiter der Abteilung IV (Reinhard), »administrativ« entschieden. f) Verfahrensübersicht Einem von der Geschäftsstelle des SS- und Polizeigerichts in Oslo Anfang 1945 zusammengestellten Tätigkeitsbericht239 zufolge, waren von der Einsetzung des Gerichts bis zum 31. Dezember 1944 gegen etwa 2000 Personen rechtskräftige 234

235 236

237 238 239

»Er [Terboven] habe selbst Gelegenheit gehabt, mit dem Führer über diese Dinge zu sprechen. Der Führer habe unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß in diesem härtesten Stadium des Krieges jedes Mittel recht wäre, um Widerstandsbewegungen und Partisanen- und Sabotagegefahr wirksam zu bekämpfen« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4434). Im einzelnen dokumentiert im Prozeß gegen Oscar Hans (ebd.). »Ich [Latza] bin mehrfach von Norwegern (Parteimitgliedern und Jossingern) daraufhin angesprochen worden, warum die schuldigen Saboteure nicht abgeurteilt würden. Ich habe nie gewußt, was ich darauf antworten sollte, ich konnte ja nichts von >sicherheitspolizeilicher Erledigung< sagen« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Dok. Nr. 6). Ν HM, boks 124, Tagesbericht des BdS/SD Oslo, Nr. 13, 9.2.1945. NHM, boks 124, Tagesbericht des BdS/SD Oslo, Nr. 14,12.2.1945. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4 0 2 8 - 3 0 , eske 1, Dok. Nr. 3.

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Gerichtsurteile gefallt worden. Hierin eingeschlossen sind sowohl Todes-, Freiheits- und Geldstrafen sowie Freisprüche. Nicht erfaßt wurden die Verfahren, in denen von der weiteren Durchführung des Ermittlungsverfahrens abgesehen wurde oder vor Anklageerhebung die Einstellung des Verfahrens erfolgte. Von Anfang 1945 bis zur Kapitulation sind dann noch etwa 250 Verfahren angefallen, wovon aber nur noch ein Teil abgeschlossen wurde240. Von den bis Ende Dezember 1944 verurteilten Personen waren etwa die Hälfte Norweger, die andere Hälfte entfiel auf Angehörige der SS und der Polizei sowie auf deutsche Zivilpersonen, die entweder in der Behörde des Reichskommissars oder bei anderen deutschen Stellen in Norwegen tätig waren. Politische Verfahren (gegen Norweger) im engeren Sinne, d.h. solche, in denen laut Verordnung des Reichskommissars die Sicherheitspolizei die Ermittlungen führte und Anklage erhob, wurden erstmalig ab Mitte 1942 durchgeführt. In den zwei Jahren bis zum Juli 1944 wurden in 32 in Oslo und Trondheim zum Abschluß gebrachten Verfahren insgesamt 159 Angeklagte abgeurteilt. Hierbei wurden 127 Todesurteile ausgesprochen, von denen 19 vom Reichskommissar auf dem Gnadenwege in Freiheitsstrafen umgewandelt wurden241. Die Zuordnung der Todesurteile zu bestimmten Deliktgruppen, wie sie in der Aufstellung des Leiters der Geschäftsstelle des SS- u. Polizeigerichts aufgeführt wurden, ergibt folgendes Bild: Beteiligung/Unterstützung Milorg Waffenbesitz/illegale politische Betätigung sowie versuchte Landesflucht Spionage Sabotage Betätigung für eine illegale Gruppe/Organisation Polizistenmord Verschiedenes

16 Todesurteile (12 Begnadigungen) 35 Todesurteile (3 Begnadigungen) 19 Todesurteile (keine Begnadigung) 15 Todesurteile (1 Begnadigung) 33 Todesurteile (keine Begnadigung) 1 Todesurteil (keine Begnadigung) 8 Todesurteile (3 Begnadigungen).

Auf den ersten Blick überrascht die hohe Begnadigungsquote für die Unterstützung der militärischen Widerstandsorganisation (Milorg). Zwar wurden von insgesamt 20 Angeklagten 16 zum Tode verurteilt, doch bei 12 von ihnen wurde das Urteil auf dem Gnadenweg in eine lebenslange Zuchthausstrafe umgewandelt. Dagegen zeigte sich Terboven bei Spionage und Betätigung für eine illegale Gruppe/Organisation einer Begnadigung nicht zugänglich. Die relativ hohe Zahl der Todesurteile für letztgenanntes Delikt ohne Begnadigung dürfte darin zu sehen 240 241

Ebd. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1, Dok. Nr. 8.

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sein, daß es sich hier offensichtlich — ohne daß dies in der Quelle zum Vorschein kommt — um die Betätigung für die illegale Kommunistische Partei gehandelt hat. Auf Grund des erwähnten Führerbefehls vom 28. Juni 1944 wurden nach dem 4. Juli dieses Jahres vor dem SS- und Polizeigericht Nord keine politischen Verfahren mehr durchgeführt. Das SS- und Polizeigericht IX/Nord hatte sich — aufs Ganze gesehen — zum weitaus überwiegenden Teil mit der Verfolgung krimineller Straftaten und der Straffälligkeit in der SS zu befassen. Die hier bis zum 31. Dezember 1944 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren hatten zu etwa 70 Prozent Eigentumsdelikte, zu etwa 10 Prozent Verstöße gegen die »Manneszucht« und zu etwa 4 Prozent Sittlichkeitsvergehen zum Gegenstand242. 5. Der Einsatzstab Terboven war ein viel zu nüchterner Machtpolitiker, um nicht schon bald nach seiner Ankunft in Norwegen das Weltfremde in Quisling und die hohle Fassade in dessen Nasjonal Sämling zu erkennen. Als der Reichskommissar im September 1940 von Hider die Weisung erhielt, eine nationalsozialistische Regierungsform in Norwegen einzuführen und die Nasjonal Sämling zur staatstragenden Partei zu machen, ging er davon aus, daß diese Partei erst richtig organisiert werden müßte. Terboven machte daher seinen bisherigen Gebietskommissar in Trondheim, Paul Wegener243, zu seinem politischen Sonderbeauftragten und wies ihn an, mit Hilfe deutscher Parteifunktionäre die Nasjonal Sämling zu einer nationalsozialistischen Partei nach deutschem Muster umzuformen. Das war die Geburtsstunde des Einsatzstabes Wegener, auch Einsatzstab der NSDAP genannt, der zunächst nach außen hin nicht in Erscheinung treten durfte, da Terboven sich — trotz seiner sonstigen realistischen Einschätzung der Dinge — der Täuschung hingab, Nasjonal Sämling würde vom norwegischen Publikum als eine von der Okkupationsmacht unabhängige Partei angesehen. Er wollte sie deshalb nicht dadurch diskreditiert sehen, daß ihr vor aller Augen »deutsche Korsettstangen«, wie er sich gelegentlich ausdrückte, eingezogen wurden. Deshalb 242

243

RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, eske 1, Dok Nr. 3. Es wurden überwiegend Geld- und Freiheitsstrafen verhängt, wovon der größte Teil unter einem Jahr lag. Wegen schwerer krimineller Vergehen (Raub von Versorgungsgütern, Lustmord) wurden gegen 11 Personen Todesurteile ausgesprochen, wovon 10 vollstreckt wurden. Paul Wegener, geb. 1908 in Varel in Oldenburg, war gelernter Dipl.-Kolonialwirt. In den frühen 30er Jahren war er NSDAP-Kreisleiter in Bremen und spielte eine Schlüsselrolle bei der Machtergreifung in der Hansestadt. 1934 kam er als Reichsamtsleiter in den Stab von Rudolf Heß. Ab August 1936 war er Gauleiterstellvertreter im Gau Kurmark (ab 1940 Mark Brandenburg). Wegener, in der SA Brigadeführer, trat nach seiner Kommandierung zum Gebietskommissar in Trondheim im April 1940 in die SS über, in der er es bis zum OGruf. (Aug. 1944) brachte (BDC, SS-Personalfhauptamt], Akte Wegener). Wegener wurde nach dem Selbstmord Hiders dessen Nachfolger als Parteichef der NSDAP. In der geschäftsführenden Reichsregierung Dönitz war er im Rang eines Staatssekretärs Kabinettschef (BA-MA, Ν 172/15, Wegener an Boehm, Sinzheim, 4.3.1955 u. 14.6.1955).

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wurde der 31jährige Wegener auf Terbovens Vorschlag und mit Bormanns Zustimmung auf Befehl Hitlers zum Berater der Nasjonal Sämling bestimmt244. Nicht nur aufgrund seiner engen Beziehung zu seiner ehemaligen Dienststelle beim »Stellvertreter des Führers« wurden auf Wegeners Anforderung hin von Heß und Bormann bereitwillig einige Mitarbeiter zur Auffüllung des Einsatzstabes nach Oslo geschickt. Bormann vor allem glaubte sich dadurch einige besondere Karten im Spiel um Norwegen verschaffen zu können, mit denen er sich gegenüber dem von ihm verachteten Alfred Rosenberg, der Norwegen als sein Revier betrachtete, einen Vorteil erwirken zu können meinte245. Dies sollte sich als durchaus zutreffend erweisen, denn zumindest während der Zeit Wegeners liefen alle politischen Fragen über den Einsatzstab246. Zwischen dem 6. und 9. September 1940 trafen insgesamt 24 NSDAPFunktionäre in Oslo ein, denen auf einer Tagung einige Tage später ein Überblick über die bestehenden organisatorischen Verhältnisse der Nasjonal Sämling gegeben und das künftige Aufgabengebiet zugewiesen wurde. Quisling selbst drückte, wie einer Aktennotiz des Außenpolitischen Amtes Rosenbergs zu entnehmen ist, »auf dieser Tagung seine Freude über die Hilfe und Mitarbeit durch deutsche Stellen aus«247. Vom Einsatzstab wurde als erstes die Errichtung eines statistischgraphischen Büros und eines Parteipersonalamtes sowie zur Erfassung der Arbeiter und Angestellten der »NS-Fachgruppenorganisation« in Angriff genommen. Die einzelnen Mitarbeiter des Einsatzstabes wurden sodann ab Mitte September 1940 auf die einzelnen Fylke verteilt. »Die Zusammenarbeit mit den einzelnen Fylkefiihrern war gut. Uberall wurde jedoch die Erfahrung gemacht, daß eine einheitlich ausgerichtete Stellungnahme [der NS] zu weltanschaulichen Fragen — Freimaurertum — Judenfrage — Rassenfrage etc. fehlte. Es war daher unbedingt nötig, die Führer [der NS] auf Schulungen und in Schulungslagern zu einer klaren Stellungnahme zu diesen Problemen zu führen248.« So gut wie in der Aktennotiz des Außenpolitischen Amtes Rosenbergs dargestellt, scheint die Zusammenarbeit allgemein jedoch nicht gewesen zu. Schon recht bald kam es hier und da zu Friktionen zwischen den Funktionären der Nasjonal Sämling und den Angehörigen des Einsatzstabes, was nicht zuletzt an dem Auftreten und besserwisserischen Gehabe der Deutschen gelegen haben dürfte. Einer der eher kritisch eingestellten fuhrenden Mitarbeiter des Einsatzstabes legte über seine Tätigkeit nach der Kapitulation einen erhellenden Bericht ab. Carl Kittner, SA-Standartenführer und ehedem Kreisleiter in Kärnten, war von Februar 1941 bis zum Kriegsende Leiter der RK-Außendienststelle in Bodo und beim dortigen Fylkesforer (Gauleiter) zugleich Vertreter des Einsatzstabes. Kittner berichtete über das »Versagen des größten Teiles« der Einsatzstabfunktionäre, das seiner Meinung nach seine Gründe darin hatte, »daß sie erstens über das zukünftige Verhältnis 244 245 246

247 248

BA, NS 43/61, fol. 38. Zum Verhältnis Bormann - Rosenberg siehe Lang, Der Sekretär, S. 141 f., passim. »Und zwar in weitester Auslegung«, wie Koch meint (NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch, Virksomhetsrapport, Oslo/Akershus, 11.12.1945). BA, NS 43/61, fol. 38. Ebd., fol. 38 u. 39.

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zwischen den beiden Staaten sich überhaupt keinen Begriff [...] machen konnten und auch nicht wollten, zweitens daß [...] immer und immer nur der Standpunkt des Siegers und des Besiegten aufrecht erhalten wurde [...] und drittens, weil der größte Teil der Deutschen sich nicht den Einsatz und die Arbeit suchen wollten, die sie selbstverständlich als positive Arbeit zu leisten gehabt hätten«. Er kritisierte, »daß sich hier Elemente herumtreiben und an Stellen sitzen, die sowohl jeden Tag groß von Arbeit und Einsatz und vom Nationalsozialismus sprachen, daß ihr Handeln jedoch in keinem Einklang dazu stand, und es trat deutlich zum Vorschein, was da alles unter der Marke Nationalsozialismus herumsegelte«249. Diese Probleme traten insbesondere in den abseits der größeren Städte gelegenen Provinzen zutage. Kittners Vorgänger in Bodo war daran auch schon gescheitert. In der Provinz kam es auch deshalb häufig zu Mißverständnissen, wie Kittner weiter schreibt, weil viele der norwegischen NS-Führer gar keine Nationalsozialisten waren und nun von den deutschen Beratern eine Weltanschauung eingepaukt bekommen sollten, der sie eigentlich mit Unverständnis gegenüberstanden. Häufig genug waren es einfach nur Opportunisten, die sich nach dem September 1940 der NS angeschlossen hatten, weil sie sich dadurch Vorteile erhofften. Hinzu kam das Problem der geringen Mitgliederzahl. »Ich erkannte, daß es unmöglich sei, eine Partei aufzubauen dadurch, daß man erst die Führer und damit die obersten Führungsstellen schafft, und vor lauter Führer dann keinerlei Gefolgschaft mehr war, weil nicht so viele Mitglieder zur Verfugung standen250.« Trotz seiner quasi beigeordneten Position zur Behörde des Reichskommissars nahm Wegener, der zu der aufstrebenden jüngeren Funktionärsgarde der NSDAP zählte, im Reichskommissariat eine Machtstellung ein, an der niemand vorbeigehen konnte. Er besaß persönliche Beziehungen zu beinahe sämtlichen fuhrenden Funktionsträgern des Dritten Reiches. Insbesondere scheint er zu Martin Bormann einen guten Draht gehabt zu haben. Immerhin brachte ihn dieser Ende 1943, als er die — letztlich erfolglose — Absetzung Baidur von Schirachs als Gauleiter von Wien bei Hitler betrieb, als dessen möglichen Nachfolger in der Metropole der »Ostmark« ins Spiel251. In einer Beurteilung der Parteikanzlei aus dem Jahre 1944 ist über deren ehemaligen Mitarbeiter Wegener zu lesen, er gehöre zu den »wenigen Auserwählten des Schicksals, die das Zeug zu einem wirklichen Führer des Volkes in sich haben«252. Als hoher SS-Führer stand Wegener zudem Heinrich Himmler nahe. Wegener konnte es sich infolgedessen durchaus erlauben, eine eigene politische Linie zu verfolgen, die mit der Terbovens nicht immer übereinstimmte. Im Gegensatz zu diesem zeigte er aufrichtige Sympathie für Norwegen und meinte es, allen bekannten Dokumenten und Aussagen ehemaliger Mitstreiter im Reichs-

249

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RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carl Kittner: Meine Tätigkeit beim Einsatzstab Wegener, Oslo/Akershus, Nov. 1945. Ebd. Hüttenberger, Die Gauleiter, S. 207. Zit. nach: Longerich, Hitlers Stellvertreter, S. 120.

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kommissariat zufolge, mit Quisling und der Nasjonal Sämling ehrlich253. Dabei hatte er die Schwächen der Quislingpartei durchaus erkannt, und er hielt auch die Entscheidung Hitlers, mit Hilfe der Nasjonal Sämling in Norwegen zu regieren, im Hinblick auf die Einstellung der Bevölkerung füir verfehlt254. Im Hinblick auf die Rolle der Nasjonal Sämling gingen Wegeners und Terbovens Ansichten also durchaus konform. Worin sie jedoch nicht übereinstimmten, war die Frage der Restitution der norwegischen Souveränität, die nach Wegeners Meinung für die völlige Entwicklung der Nasjonal Sämling unabdingbar war255. Terboven betrachtete dies hingegen angesichts der Lage als inopportun und vor einem Ende des Krieges für nicht wünschenswert. Der Sache nach hatte der Einsatzstab von Anfang an die Stellung einer Hauptabteilung und der Chef die eines Hauptabteilungsleiters, dessen politischer Einfluß jedoch, zumindest unter Wegener, den der übrigen Hauptabteilungsleiter — insgesamt gesehen — übertraf. Denn Wegener nahm nicht nur als Terbovens Sonderbeauftragter und Verbindungsmann zu Quisling, sondern auch aufgrund seiner hohen Parteistellung eine Position ein, die ihm vielfach Möglichkeiten bot, sich in alle Fragen des deutsch-norwegischen Verhältnisses — einschließlich der Wirtschaft — einzumischen und über vermeintliche Mißstände an die jeweils zuständige Stelle nach Berlin zu berichten. Erst nach der Etablierung der Regierung Quisling im Februar 1942, als die »nationalsozialistische Neuordnung« im Sinne Terbovens gescheitert war, trat der Einsatzstab auch offiziell in Erscheinung. Inzwischen hatte sich seine Funktion allerdings von der einer Hilfs- oder Beratertruppe in die einer Aufsichtstruppe der Nasjonal Sämling gewandelt. Seine Hauptaufgabe war nun, die Entwicklung in der norwegischen Partei unter Kontrolle zu halten, damit bei den zunehmenden nationalistischen und antideutschen Tönen in ihren Reihen dem Reichskommissar die Dinge nicht aus dem Ruder liefen. Von den drei Leitern, die der Einsatzstab während der Zeit seines Bestehens hatte, war dessen Begründer Wegener der weitaus bedeutendste. Nächst Terboven war er derjenige Deutsche, der auf das deutsch-norwegische Verhältnis während der Okkupation den größten Einfluß hatte. Wegener war nämlich der eigentliche Organisator der Nasjonal Sämling. Überdies war er vielleicht der einzige Deutsche, dem Quisling vertraute256. Terboven fügte dem »Forer« deshalb wohl einen empfindlichen Schlag zu, als er 1942 dafür sorgte, daß Wegener als Nachfolger des Mitte Mai 1942 verstorbenen Gauleiters Karl Rover zum Leiter des Gaues Weser-

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254

255

»

NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Korff an Oslo Politikammer, Oslo, 11.3.1946; NHM, boks 152, PWIS N/65, Report on Interrogation of Bereichsleiter Heinrich Schnurbusch. Subject: »Einsatzstab Norwegen«, Akershus, 14.2.1946. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carl Kittner: Meine Tätigkeit beim Einsatzstab Wegener, Oslo/Akershus, Nov. 1945. NHM, boks 152, PWIS N/65, Report on Interrogation of Bereichsleiter Heinrich Schnurbusch. Subject: »Einsatzstab Norwegen«, Akershus, 14.2.1946; BA-MA, Ν 172/15, Wegener an Boehm, Sinzheim, 14.6.1955. Ebd.

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Ems ernannt wurde 257 . Obwohl zwischen Terboven und Wegener durchaus Einvernehmen geherrscht haben soll, war für Terboven dabei zweifellos mitbestimmend, daß nach seiner Meinung Wegeners Einfluß in Norwegen im Laufe der Zeit zu groß geworden war 258 . Die neue Aufgabenstellung für den Einsatzstab spiegelte sich überdeutlich in der Auswahl des Nachfolgers Wegeners wider. Für Terboven war jetzt als Verbindungsmann zur Nasjonal Sämling nicht länger ein — wie sich gezeigt hatte — weitgehend eigenständiger hoher politischer Funktionär gefragt, sondern ein willfähriger Funktionär der Macht. Nachfolger Wegeners wurde der SSObersturmbannführer Hans Hendrik Neumann, ehedem Angehöriger des RSHA und Adjutant Heydrichs259. Doch auch Neumann geriet mehr und mehr in einen Konflikt zwischen den, wie er erkennen mußte, berechtigten Forderungen der norwegischen Partei und der Loyalität gegenüber Terboven. Ausdruck für diesen Konflikt ist ein zwölfseitiger Situationsbericht, den Neumann Anfang März 1943 auf Wunsch der Parteikanzlei abfaßte und gleichzeitig an Bormann und Himmler sandte260. Eine Abschrift des Briefes ließ Neumann auch Terboven zukommen. In ihm entwickelte er eine Reihe von Vorschlägen für die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Nasjonal Sämling und Besatzungsmacht. Diese Vorschläge lagen aber ganz und gar nicht auf der von Terboven verfolgten Linie, und Neumann war sich auch darüber im klaren, daß seine Vorstellung, »daß die politische Gestaltung Europas nicht von der Gewalt und dem deutschen Diktat geschaffen werden kann, im Gegensatz zu den fundamentalen Grundsätzen des Führers über diese Frage« steht. Der Zwiespalt muß groß gewesen sein, in dem Neumann sich beim Abfassen des Schreibens befand, denn es ist durchsetzt mit langen und umständlichen Treueversicherungen sowohl gegenüber dem RFSS als auch dem Reichskommis sar261. 257 258 259

260 261

Zur Einsetzung Wegeners im Gau Weser-Ems siehe BDC, Personalakte Wegener. NHM, boks 152, PWIS N/65, Report on Interrogation of Bereichsleiter Heinrich Schnurbusch. Subject: »Einsatzstab Norwegen«, Akershus, 14.2.1946. Der 1910 in Barmen geborene Neumann war der Schwiegersohn von Werner Daitz, dem Großwirtschaftsraumideologen der NSDAP, der während des Krieges Gesandter z.b.V. im Auswärtigen Amt und Leiter der »Gesellschaft für Europäische Wirtschaftsplanung und Großraumwirtschaft« war. Neumann war bereits von Januar bis Juni 1941 im Einsatzstab Wegener tätig gewesen und hatte dort als Berater beim Aufbau des »Hird«, der norwegischen SA-Imitation, gewirkt (BDC, SS-Personal[haupt]amt, Akte Neumann). Er scheint überhaupt der Mann des RSHA für besondere Missionen in Skandinavien gewesen zu sein. Im Herbst 1941 wurde er auf Befehl Heydrichs »Polizeiattaché« an der deutschen Gesandtschaft in Stockholm, wo »zurzeit besonders schwierig gelagerte politische Verhältnisse« herrschten. Es ging, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Krieges in Rußland, um die Zusammenarbeit mit der schwedischen Sicherheitspolizei und das Erkunden der verschiedenen Emigranten- und Agentenzirkel, die in Stockholm tätig waren. Zu den Hintergründen siehe Pol-Arch. AA, Inland II g, R 100775, Tätigkeit des SD, d. Abwehr, d. Agenten und Polizeiattachés in Schweden. An Himmler mit sechsseitigem Anschreiben, datiert auf den 8.3.1943 (BA, NS 19); an Bormann datiert auf den 7.3.1943 (BA, NS 6, Mikrofiche-Edition, Fiche 107 01056 ff.). »Ich versichere, daß meine jetzigen Überlegungen, die nur von dem Gedanken ausgehen, wie kann der Krieg gewonnen werden und was ist hierzu am nützlichsten für Deutschland, von mir keinem einzigen Norweger gegenüber vertreten bezw. in Diskussionen bejahend zum Ausdruck gekommen sind. Die bisher für Norwegen gültige Auslegung des großgermanischen Gedankens

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Neumanns Gedanken liefen darauf hinaus, Quisling den ersehnten Friedensvertrag zuzugestehen und zugleich den Platz Norwegens in der »Neuen Ordnung« vertraglich zu bestimmen. Für das Reich, so die Quintessenz der seitenlangen Darlegung Neumanns, wäre dies nicht nur ein politischer und moralischer Gewinn, sondern er wäre auch wirtschaftlich und militärisch meßbar: »In allen von der Neuordnung Europas betroffenen Völkern ist der verständliche Wunsch lebendig, die Leitideen, die der Neuordnung zu Grunde liegen, kennen zu lernen«. Neumann verneinte die Existenz einer solchen Leitidee und vermutete, »daß die Struktur des neuen Europa ohne Berücksichtigung der nationalen und vitalen Lebensinteressen der einzelnen Völker einseitig, unter Anwendung von Gewalt zur gegebenen Zeit diktiert werden soll und eine Planung überhaupt nicht vorliegt«. Das habe nicht nur zu gefühlsmäßigen Aversionen geführt, sondern sei auch in der mangelhaften Ausnutzung der moralischen und materiellen Kraftreserven Europas deutlich sichtbar geworden. Die politische und militärische Lage erfordere aber, alle materiellen und moralischen Kräfte Europas zu mobilisieren262. Terboven war, als er den Brief Neumanns zu lesen bekam, von dessen Gedanken gar nicht erbaut, konterkarierten sie doch deutlich seine bisherige Politik in Norwegen. Zudem verschärfte sich sein Mißtrauen, daß hinter seinem Rücken irgendwelche Entscheidungen zustande kommen könnten, die seine Stellung in Norwegen unterminierten. Er verbot Neumann deshalb, fortan ins Reich zu berichten, ohne ihn vorher eingeschaltet zu haben263. Gegenüber der Parteikanzlei in München nahm er Neumann indes in Schutz und verteidigte dessen Ausführungen als die politisch nicht genügend durchdachten Gedanken eines noch zu jungen Mannes. Zugleich protestierte Terboven dagegen, daß Neumann überhaupt um eine so weitreichende Stellungnahme ersucht worden war264. Die Aufgaben des Einsatzstabes reduzierten sich in der Folgezeit auf eine Art Vermitdungstätigkeit zwischen Reichskommissariat und Quislingregierung, wobei Neumann gewissermaßen als Verbindungsoffizier diente. Mit dieser Tätigkeit zunehmend unzufrieden, meldete er sich im Spätherbst 1944 zum Dienst in der Waffen-SS265. Sein Nachfolger als Leiter des Einsatzstabes wurde Heinrich Schnurbusch, der aus der Parteiarbeit im Gau Weser-Ems hervorgegangen war. Schon im September 1943 war er nach Norwegen zum Einsatzstab versetzt worden, wo er unter Georg Wilhelm Müller die Abteilung Propaganda übernommen hatte266. und Argumentation habe ich kompromißlos und konsequent verfolgt und werde diese auch in Zukunft genau so, bis zum Vorliegen neuer Befehle, weiter durchziehen« (ebd.). 2« Ebd. 263 NHM, boks 152, PWIS N/65, Report on Interrogation of Bereichsleiter Heinrich Schnurbusch. Subject: »Einsatzstab Norwegen«, Akershus, 14.2.1946. 2Bin ich hier Reichskommissar, oder sind Sie esl«< (RAO, Landssvikarkivat, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Gerda Hettich, Oslo, 18.11.1945). Zu den gelegentlichen Auseinandersetzungen ebd., Aussagen Schnurbusch und Otte. Bezeichnend für den Ehrgeiz Ottes war auch, wie er es, nachdem er sich die faktische Leitung der Wirtschaftsabteilung erkämpft hatte, beim SS-Personalamt durchsetzte, einen seiner neuen Stellung entsprechenden Rang in der SS zu bekommen. Vor seiner Kommandierung nach Oslo hatte Otte den Rang eines Obersturmführers. Innerhalb eines Jahres erklomm er nun die Rangleiter bis zur Position eines Standartenführers, am 6. Juni 1943 wurde er schließlich zum Oberführer befördert (BDC, SS-Personalakte Otte). NHM, boks 153, PWIS N/91; RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Ottes: Die geplante Bombardierung Rjukans im April 1940, Oslo/Akershus, Okt. 1945.

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IV. Die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft

Wirtschaft36. Dabei sei es gleichgültig gewesen, ob es sich um militärische oder zivile wirtschaftliche Interessen handelte. Hier Ordnung zu schaffen und die Zusammenarbeit bzw. Zurückdrängung der Zuständigkeiten zu erreichen, war »meine und meiner Mitarbeiter erste schwierige Aufgabe«37. Die Abteilungsleiter nahmen sich denn auch »mit grossem Eifer«38 der zivilen Interessen an, die sie meist auch schon im Reich gegenüber den militärischen Anforderungen zu vertreten gehabt hatten. Dabei spielte der umkämpfte § 4 des »Führererlasses über Ausübung der Regierungsbefugnisse in Norwegen«, wonach der Militärbefehlshaber die militärischen Hoheitsrechte ausüben sollte, seine Forderungen im zivilen Bereich aber allein vom Reichskommissar durchgesetzt werden sollten, erstmals eine praktische Rolle. Die Zwistigkeiten endeten mit einer weitgehenden Bindung des Stabes Major Neefs, des Chefs des Wehrwirtschaftsstabes in Norwegen, an Ottes Dienststelle39. Außer der Wehrmacht hatten aber auch verschiedene Berliner Ministerien und andere deutsche Stellen ihre Leute nach der Invasion unangemeldet nach Norwegen geschickt40, um dort Geschäfte zu erledigen. Auch diese unkontrollierten Aktivitäten, die das norwegische Wirtschaftsleben bedrohten, sollten unterbunden werden. Um »Ordnung zu schaffen«, wurde zunächst Kontakt zu den einschlägigen norwegischen Behörden und Verbänden hergestellt. Dabei konnten Otte und seine Mitarbeiter auf die vielfaltigen privatwirtschaftlichen Wirtschaftsbeziehungen der Vorkriegszeit bauen, in die Hamburger Firmen und Reedereien involviert waren. Das betraf vor allem die Gebiete Schiffahrt und Verkehr, Fischerei, Bergbau und Hüttenwesen41. »Die Bereitschaft mitzuarbeiten war bei den norwegischen Wirtschaftsfiihrern groß. Man brauchte Aufträge, um die Belegschaft zu beschäftigen. Man wollte verdienen42.« 36 37 38

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RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945. Ebd. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Weber-Lortsch (ab 1.6.1943 Leiter der Zentralabteilung der HAV) am 4.12.1945 im Osloer Untersuchungsverfahren gegen Carlo Otte. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Η 4987, Hans Dellbrügge: Die deutschnorwegischen Verhandlungen im Sommer 1940 über Pläne einer Neuordnung, Oslo, etwa Herbst 1945, S. 22; BA-MA, RW 28/15, Geschichte des WeWiStabes und seiner Außenstellen, S. 26 f. Dokumentiert u.a. in Pol.Arch. AA, HaPoLAbt., R 113708: Ein- und Ausreise, Aufenthalte Norwegen. Genannt seien hier nur die Beziehungen der IG Farben zu Norsk Hydro; der Frankfurter Metall und der Norddeutschen Affinerie zu den Orkla- und Sulitjelmagruben wie auch zu anderen Schwefelkiesgruben in Norwegen; der Vereinigten Stahlwerke zur Sydvaranger A/S und der Firma Hoesch zur Fosdalengrube. Hinzu kamen die Interessen von Henkel, Siemens, Mannesmann, Krupp, Beiersdorf und anderer Industrieunternehmen. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945. Otte führt hier namentlich eine Reihe von norwegischen Direktoren, Reedern und Kaufleuten auf, »die mir und meinen Mitarbeitern die Arbeit erleichterten«. Dellbrügge berichtete hierzu: »Es war in der Wirtschaftsabteilung ein lebhafter Betrieb und zunächst ein Befassen mit den großen Fragen. Alle diese Arbeiten hatten das Ziel, den führenden Kreisen Deutschlands den Impuls des Reichskommissars zu zeigen und für eine rasche Konsolidierung der hiesigen Verhältnisse zu sprechen, ein Erreichen größtmöglicher Ordnung« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Η 4987, Hans Dellbrügge: Die deutsch-norwegischen Verhandlungen im Sommer 1940 über Pläne einer Neuordnung, Oslo, etwa Herbst 1945, S. 22).

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IV. Die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft

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ε χ> g, S S σ> * σ> Eingriff in das Sachgebiet des Forsyningsdepartements< bezeichnen. [...] So lange ich nicht die Gewähr habe, daß die Steuerung des zivilen norwegischen Bausektors so erfolgt, daß alle unnötigen Bauvorhaben bis in die letzte Konsequenz, d.h. auch Unterhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten, vermieden werden, werde ich mir entsprechende Maßnahmen vorbehalten« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43, Henne an Blehr, Oslo, 28.5.1943).

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Hennes nachzukommen84. Außerdem legte er dem Ministerpräsidenten die Einrichtung einer »Zentralstelle zur Lenkung der norwegischen Bauwirtschaft« als Kontrollorgan nahe. Als geeignete Stelle dafür »scheint mir das Departement für öffentliche Arbeit als gegeben«85, denn dieses Departement, so mag Terboven gedacht haben, stand noch einigermaßen unter deutscher Kuratel und außerdem war die Empfehlung nicht unlogisch. Quisling jedoch dachte anders und teilte dem Reichskommissar »mit germanischem Gruß« mit, daß eine Stelle für eine zentrale Lenkung der norwegischen Bauwirtschaft »schon Ende März« im Wirtschaftsministerium (Naeringsdepartement) »aufgerichtet ist«86, also genau in dem Departement, in dem der opponierende Blehr das Sagen hatte. So mußte sich Henne mit diesem auch weiterhin in Sachen Bauwirtschaft herumschlagen. Hennes erster Großangriff auf das Imperium Ottes begann schon unmittelbar nach seiner Ernennung. Er versuchte, die Bewirtschaftung der Baustoffe von der Abteilung Binnenwirtschaft auf seine Hauptabteilung Technik zu überführen. Otte konnte diesen Angriff aber abwehren87. Der nächste Schlag zielte auf die Abteilung Arbeit und Sozialwesen. Henne trachtete danach, den Arbeitseinsatz an sich zu ziehen. Hier gab er allerdings schon bald von sich aus auf, als er erkannte, daß in Norwegen ein effektiverer Arbeitseinsatz als der bereits organisierte auch unter ihm nicht zu erzielen sein würde. Statt dessen begann er von 1943 an, in immer stärkerem Maße mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen zu arbeiten88. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft konnte zwar so ihren alten Zuständigkeitsbereich bewahren, ihr tatsächlicher Einfluß ging aber auf allen Gebieten, an denen die OT besonders interessiert war, zum Teil beträchtlich zurück. Henne konnte mit der ihm nachgesagten Hartnäckigkeit seine Forderungen bei Terboven in vielen Fällen durchsetzen. Oft handelte die OT auch über den Kopf der Hauptabteilung Volkswirtschaft hinweg und schuf vollendete Tatsachen, was besonders bei der Stillegung industrieller Bauvorhaben, wie beispielsweise beim Grubenausbau im Grongdistrikt, vorkam89. Trotz allem konnte Otte aber verhindern, das Bauen der OT und der Wehrmacht zum alles beherrschenden Faktor werden zu lassen und die norwegische Wirtschaft hierauf völlig auszurichten. Insbesondere drang Henne in »heftigen Auseinandersetzungen«90 mit Otte mit seinen Bestrebungen nicht durch, immer 84

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»Aus dem beigefugten Vermerk bitte ich zu ersehen, daß sich meine Mitarbeiter seit nunmehr 1 1/2 Jahren bemühen, Ihre Dienststellen zu dem Erlaß eines allgemeinen Neubauverbots zu veranlassen [...] Im Hinblick auf die außerordentliche Anspannung in der norwegischen Bauwirtschaft durch unmittelbar kriegswichtige Bauvorhaben zur Steigerung der Wirtschafts- und Verteidigungskraft des Landes erscheint mir eine weitere Verschleppung dieser Angelegenheit nicht mehr vertretbar« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Terboven an Quisling, 1.6.1943). Ebd. »Diese Stelle ist >Kontoret for Bygge- og Anleggsvirksomhet< [Büro für Bau- und Anlagetätigkeit] genannt«(ebd., Quisling an Terboven, Oslo, 12.6.1943). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 83, HAVoWi, Abt. Arbeit u. Sozialwesen: Handakte Einsatz von Kriegsgefangenen in Norwegen. RAO, RK, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau, pakke 20, Baudisch an Otte, 12.9.1944. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945.

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mehr norwegische Industriebetriebe stillzulegen, um die dadurch frei werdenden Arbeitskräfte beim Bau der Nordlandbahn einzusetzen. Hierdurch wurden Tausende von norwegischen Arbeitern vor dem Schicksal der Deportation in die berüchtigten OT-Lager der Nordlandbahnbaustellen91 bewahrt. Eine andere Stelle des Reichskommissariats, die wiederholt Anläufe unternahm, um auf die Wirtschafts- und Finanzpolitik Einfluß zu gewinnen, war der Einsatzstab der NSDAP. Zwar interessierte sich dessen erster Leiter Paul Wegener, obschon gelernter Kaufmann, selbst nicht so sehr für Wirtschafts fragen, finanziellen Problemen stand er sogar, so Terbovens Finanzfachmann Korff, »völlig verständnislos«92 gegenüber, doch in seinem blinden Gehorsam gegenüber Hiders Weisungen suchte er mit allen Mitteln, die Nasjonal Sämling auch auf wirtschaftlichem Gebiet zu fördern, nämlich bei deren Gleichschaltungsbemühungen in der norwegischen Wirtschaftslenkung. Dadurch kam es zwischen der Hauptabteilung Volkswirtschaft auf der einen und Wegener sowie einigen seiner zahlreichen Mitarbeiter auf der anderen Seite nicht selten zu Zusammenstößen. Diese kulminierten auf einer Tagung der Dienststellenleiter und Beamten des Reichskommissariats im Januar 1942, als Wegener offen damit gedroht haben soll, jeden Angehörigen der Hauptabteilung Volkswirtschaft unverzüglich aus Norwegen entfernen zu lassen, der es jetzt und künftig wage, Nasjonal Sämling in irgendeiner Weise Schwierigkeiten zu bereiten93. Diese Drohung war durchaus ernst zu nehmen, verfugte Wegener doch über beste Kontakte zum Parteiapparat. Er war bei Bormann wohlgelitten und galt diesem als eine Art Wunschkandidat für eine freiwerdende Gauleiterstelle94. Die Gefahr, die der Hauptabteilung Volkswirtschaft seitens des Einsatzstabes drohte, wäre bei Wegeners Machtstellung weit größer gewesen, wenn er sich mit den Wirtschaftsfachleuten der Nasjonal Sämling bzw. denen, die sich dafür hielten, über eine wirtschaftspolitische Linie klar gewesen wäre. Der Einsatzstab versuchte diesem Übelstand zwar durch Einsetzung eines besonderen Wirtschaftssachverständigen abzuhelfen, der zu diesem Zweck nach Norwegen gerufene Gauwirtschaftsberater Weigelt erwies sich aber dieser Aufgabe als nicht gewachsen95. Auch 91

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Die Lager waren »zum Teil in einem skandalösen Zustand«, die Unterbringung war nicht einfach nur schlecht, sondern »direkt gesundheitsbedrohend«. Da die Arbeiter in militärischen Sperrbezirken untergebracht waren, hatten die norwegischen arbeitsrechtlichen Kontrollinstanzen keine Möglichkeit, die Verhältnisse in Augenschein zu nehmen (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 83, Promemoria des Sozialdepartements vom 2.11.1942; ebd., Bericht des Bezirksarbeitskontors Lista von August 1942). Auch der Chef des SS-Hauptamtes, Gotdob Berger, kritisierte in einem Schreiben an Himmler die Zustände. Er klagte darüber, »daß die Norweger gleich behandelt werden wie Serben oder sonstige Völker, auch nach der hygienischen Seite hin. Auf dieser Basis eine germanische Gemeinschaft zu bauen, ist unmöglich« (IfZ, Fa 75, Berger an Himmler, 26.11.1943). NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs über die »deutsche Finanzpolitik«, Oslo/Akershus, Nov. 1945. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carl Kittner: Meine Tätigkeit beim Einsatzstab Wegener, Oslo/Akershus, Nov. 1945. Longerich, Hiders Stellvertreter, S. 119. NHM, F/II, boks 20, Hans-Reinhard Koch: Virksomhetsrapport, Oslo, 11.12.1945.

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scheint er die für einen Außenstehenden verworrenen Rivalitäten und daraus resultierenden Intrigen um Macht und Einfluß innerhalb der norwegischen Partei nicht durchschaut zu haben. Die Eingriffe des Einsatzstabes in Wirtschaftsfragen beschränkten sich deshalb meist auf die Besetzung öffentlicher Führungsämter, wobei es Wegener wiederholt gelang, die Hauptabteilung Volkswirtschaft zu überspielen. Dabei hatte er, wie sich im nachhinein zeigen sollte, nicht immer eine glückliche Hand. So unterstützte er im Spätsommer 1941 massiv Bestrebungen innerhalb der Nasjonal Sämling, den für das Sozialdepartement zuständigen Kommissarischen Staatsrat Birger Meidell aus seinem Amt zu entfernen. Meidell, Professor für Versicherungsmathematik an der Universität Oslo, der zu den frühesten Anhängern Quislings gehörte96, hatte sich seit seiner Einsetzung als kommissarischer Chef des Sozialdepartements nach Meinung seiner parteiinternen Widersacher um Viljam Hagelin nicht in dem erwarteten Maße für die Nazifizierung des Sozialdepartementes eingesetzt, sondern sogar notorische NS-Gegner als Abteilungsleiter behalten97. Die treibende Kraft, die auf Meidells Absetzung drang, war Johan Lippestad, der zu der Zeit Direktor der Askim Gummiwarenfabrik war und selbst Ambitionen auf das Regierungsamt hatte. Obwohl die Hauptabteilung Volkswirtschaft Meidell im Amt halten wollte98, denn er hatte sich durch »sachliche« Zusammenarbeit als nützlich erwiesen99, konnte Lippestad den Einsatzstab auf seine Seite ziehen und durch einen längeren Bericht von den aus NSparteipolitischer Sicht (d.h. Hagelins und Lippestads Sicht) untragbaren Zuständen im Sozialdepartement überzeugen. Wegener unterstützte Lippestads Ambitionen gegen die Interessen der Hauptabteilung Volkswirtschaft und konnte schließlich auch Terboven dazu bringen, daß Meidell aus dem Amt entfernt werden müßte. Als Begündung bot sich die moderate Haltung Meidells während des Osloer Ausnahmezustandes Anfang September 1941 und seine Radioansprache am 10. September an, in der er den Osloer Arbeitern, ohne dies vorher mit dem Reichskommissariat abgesprochen zu haben, Lohnerhöhungen versprach100. So ließ denn Terboven durch Quisling und den Einsatzstab den nötigen Druck auf Meidell ausüben, damit dieser noch vor der Erhöhung der Staatsräte zu Ministern am 25. September 1941, dem Jahrestag des Beginns der »nationalen Revolution«, zurück96

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Der 1882 geborene Meidell war schon Mitglied der Putschregierung Quislings im April 1940 (Heidal, Quisling, S. 302; Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 87). Der wahre Grund für Hagelins Abneigung gegen Meidell lag darin, daß dieser der schärfste Kritiker Hagelins in den Reihen der NS-Staatsräte war und dessen Ambitionen auf politischen Machtzuwachs behinderte (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs an Oslo Politikammer über die Tätigkeit Lippestads, Oslo, 11.3.1946). Ebd. So bei der Gesetzgebung zur politischen Ausschaltung der norwegischen Gewerkschaften und bei einigen Sozialgesetzen, die die Mobilisierung von Arbeitskräften zum Ziel hatten. Wegen dieser Tätigkeit ist Meidell in den Landesverratsprozessen am 10. September 1946 zu lebenslänglicher Zwangarbeit verurteilt worden, obwohl er sich, wie das Gericht herausstellte, im Unterschied zu anderen keiner persönlichen Verbrechen schuldig gemacht hatte (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1724, Urteilsschrift des Eidsivating Lagmannsrett ), 10.9.1946). Sorensen, Hider eller Quisling, S. 159.

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trat101. Lippestad hatte nun sein Ziel erreicht und wurde zum Minister im Sozialdepartement ernannt. Schon bald aber mußte der Einsatzstab erkennen, daß Lippestad, der erst im August 1940 der Nasjonal Sämling beigetreten war, keine größeren Anstalten als sein Vorgänger hinsichtlich der Nazifizierung des Ministeriums traf102. Der Reichskommissar und der Einsatzstab hatten in den folgenden Jahren bis zur Kapitulation oft Gelegenheit, über Lippestad und dessen zunehmend antideutsche Einstellung zu klagen. Auch in der Frage der Zuschüsse des Staates an Nasjonal Sämling setzte sich der Einsatzstab in mehreren Fällen bei Terboven durch, der Einspruch der Finanzabteilung blieb in solchen Fällen ohne Wirkung103. Im wirtschaftlichen Gesamtbild spielten diese Einzelerfolge jedoch keine große Rolle. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft empfand die ständigen Einmischungsversuche zwar als lästig und kontraproduktiv, ihren bestimmenden Einfluß konnte sie gegenüber dieser parteipolitischen Instanz aber bewahren. Nach dem Abgang Wegeners 1942 verlor der Einsatzstab unter dessen Nachfolger, Hans Hendrik Neumann, stetig an Terrain und bedeutete für die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Hauptabteilung Volkswirtschaft keine ernste Konkurrenz mehr. Hatte der Einsatzstab unter Wegener durchaus eine eigene Linie vertreten, so wurde er unter Neumann ganz und gar zum Werkzeug Terbovens. In Norwegen gab es kein Gebiet, auf dem die Sicherheitspolizei nicht ihre Hand im Spiel hatte. In das Wirtschaftsleben, und damit in die Belange der Hauptabteilung Volkswirtschaft, griff sie auf dreierlei Weise ein: a) durch die Auswahl der Geiseln, die bei verschiedenen Anlässen verhaftet wurden, b) durch Beschlagnahme von Vermögen und c) durch sicherheitspolizeiliche Überwachung und Berichterstattung· Durch die Auswahl der Geiseln konnte die Sicherheitspolizei ganz gezielt bestimmte Betriebe treffen, die sie in ihre Botmäßigkeit zwingen wollte. »Ständig waren die interessierten Abteilungsleiter und Referenten bemüht, verhaftete Norweger freizubekommen, mit denen sie zusammengearbeitet hatten«, berichtete später der Leiter der Zentralabteilung der Hauptabteilung Verwaltung104. Diese Eingriffe haben, wie der Leiter der Abteilung Preisbildung und Preisüberwachung, Thiele, nach dem Krieg hervorhob, in zunehmendem Maße die Atmosphäre der

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Dahl zufolge war Meideil verbittert über das harte Vorgehen des Reichskommissars während des Ausnahmezustandes und trat deshalb zurück (Dahl, Vidkum Quisling, Bd 2, S. 239 f.). Korff bezeugt in seinem Insiderbericht dagegen, daß auf Meidell massiv Druck ausgeübt wurde (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs an Oslo Politikammer über die Tätigkeit Lippestads, Oslo, 11.3.1946). Korff charakterisierte Lippestads weiteres Wirken so: »Ich hatte den Eindruck, daß er sich damit zufrieden gab, so gut wie möglich zu leben, ohne sich zu exponieren. [...] Auch die alten Abteilungsleiter blieben im Amt« (ebd.). NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs über die »deutsche Finanzpolitik«, Oslo/Akershus, Nov. 1945. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Weber-Lortsch im Untersuchungsverfahren gegen Carlo Otte, Oslo/Akershus, 4.12.1945.

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anfanglich guten Zusammenarbeit zwischen deutschen und norwegischen Stellen vergiftet105. Sämtliche in Norwegen vom Reichskommissar beschlagnahmten »reichsfeindlichen« Vermögen (nicht Feindstaatenvermögen) wurden zunächst vom Befehlshaber der Sicherheitspolizei verwaltet. Es handelte sich hierbei um Vermögen insbesondere der Mitglieder der norwegischen Exilregierung und von Norwegern, die aus dem Lande geflüchtet waren, sowie von festgenommenen wirklichen oder vermeintlichen Angehörigen der Widerstandsbewegung. Das Vermögen dieser Personen (oder Vereinigungen) wurde durch Ermächtigung Terbovens durch den BdS/SD für »reichsfeindlich« erklärt und durch ihn beschlagnahmt. Dadurch waren der Sicherheitspolizei eine Reihe von Betrieben mehr oder weniger ausgeliefert wie zum Beispiel die Kunstseidenfabrik Notodden durch die Beschlagnahme des Vermögens des Reeders Eyvind Lorentzen106. Nachdem 1942 auch in Norwegen die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung einsetzte, die im Herbst desselben Jahres zu deren Deportation in deutsche Vernichtungslager führte107, erhielt die Sicherheitspolizei auch Zugriff auf einen nicht unerheblichen Teil der hierbei beschlagnahmten Vermögen. So hielt der BdS/SD in einem Aktenvermerk fest, daß im Bereich des KdS/SD Trondheim 3 Mio Kr. »aus sicherheitspolizeilichen Gründen« beschlagnahmt wurden108. Während der Okkupation wurden unzählige Vermögensstrafen ausgesprochen und Kontributionen verschiedener Art von deutschen und norwegischen (NS) Dienststellen erhoben. Eine Übersicht über die Anzahl und die Höhe der Strafen existiert nicht. Infolgedessen kann auch nicht gesagt werden, wieviel Geld insgesamt in die deutschen und die NS-Kassen flöß. Hinsichtlich der Konfiskationen gab es zweifellos ein gewisses Konkurrenzverhältnis zwischen Reichskommissar und Sicherheitspolizei auf der einen und Nasjonal Sämling auf der anderen Seite, handelte es sich hier doch um Möglichkeiten, die Kassen außerhalb der normalen Etatzuweisungen aufzufüllen. Deutscherseits flössen die vom SS- und Polizeigericht verhängten Geldstrafen bzw. die vom Reichskommissar auferlegten Kontributionen oder Kollektivstrafen entweder in die Oberkasse des Reichskommissars oder in einen speziellen Fond, die »Deutsche Stiftung«, aus dem Terboven Sonder105

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»Ich habe meinen Berliner Chef bei meiner Berichterstattung auf die Anfange dieses SS-Terrors hingewiesen. Wagner [der Gauleiter und Reichspreiskommissar] wollte das zunächst nicht wahrhaben, wurde aber bei späterer Berichterstattung doch nachdenklich. So wie man heute die Dinge sehen muß, wäre ein Eingreifen Wagners aber wohl ohne Erfolg geblieben. Sein Freund Terboven war wohl schon damals eindeutig auf Himmler eingeschwenkt« (BA, R 26 II, Anh. 3: Materialiensammlung Dichgans). BA, R 2/30130, Bericht von Ministerialrat Friedrich über Erhebungen im Bereich des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete in der Zeit vom 25. Juli bis 9. August 1941 betr. die Behandlung von Fremdvermögen, Potsdam, 16.8.1941. Mindestens 532 norwegische Juden wurden Ende November 1942 via Stettin nach Auschwitz deportiert. Von ihnen haben nur 10 überlebt (Mendelsohn, Jodenes historie i Norge gjennom 300 ât, Bd 2, S. 108 ff.). »Die Beschlagnahme erfolgte im Rahmen einer Aktion gegen das Judentum in Drontheim, Kristiansund und Aalesund« sowie »auf Grund des Ausnahmezustandes am 6.10.1942« (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 100, Aktenvermerk Vermögensbeschlagnahmen des Kommandeurs der Sicherheitspolizei und des SD in Drontheim, Oslo, 8.7.1943).

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projekte — meist propagandistischer Art — speiste. Nicht selten pulverisierten sich die Strafgelder aber auch in den Händen der Sicherheitspolizei. Während der Okkupation wurden insgesamt 25 Kommunen vom Reichskommissar als Vergeltung für die in ihnen oder in ihrer Nähe durchgeführten »Sabotagehandlungen« mit kollektiven Strafen belegt. Stavanger und der Bezirk Rogaland wurden solcherart sogar je zweimal bestraft. Zusammen handelte es sich um 3,1 Mio Kr. Die höchste Einzelstrafe mußte Stavanger mit 2 Mio Kr. im September 1941 zahlen109. Schließlich und vor allen Dingen erstreckte sich die Berichterstattung der Abteilung III der Sicherheitspolizei, des Sicherheitsdienstes (SD), auch auf wirtschafts- und finanzpolitische Fragen110. Mit Hilfe dieser Berichte übte die Sicherheitspolizei starken Einfluß auf alle darin berührten Fragen aus, ohne daß dies je an die Öffentlichkeit gedrungen wäre. Die in den Berichten genannten Personen hatten in den seltensten Fällen eine Ahnung davon, welche gefährlichen Angriffe gegen sie geführt wurden. Eine Zusammenstellung aus den Berichten der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Reich und den besetzten Gebieten wurde durch das RSHA Hitler (oder Bormann, was gegebenenfalls noch schlimmere Weiterungen nach sich ziehen konnte) persönlich vorgelegt. Diese Berichte sind Grundlage für zahlreiche »Führerentscheidungen« gewesen111. Die SD-Berichte nahmen, wie bereits an anderer Stelle dargelegt, für sich in Anspruch, eine ungefärbte Darstellung der Lage zu geben, die auf unmittelbaren Insiderinformationen basierte. Sie waren solchermaßen die wichtigste Nachrichtenquelle der oberen Führungsschicht der NSDAP, da alles sonst veröffentlichte Nachrichtenmaterial durch den Goebbelsschen Propagandaapparat gefärbt war. Was die Darstellung der "wirtschaftlichen Dinge in Norwegen betrifft, waren allerdings die SD-Berichte, zumindest die nach Berlin abgeschickten »Meldungen aus Norwegen«, nicht immer zuverlässig. Die Äußerungen der SD-Vertrauensmänner oder Informanten waren zwar meist im Wortlaut wiedergegeben, aber die Auswahl war mitunter so getroffen, daß durch die Berichte eine bestimmte Auffassung vermittelt wurde. Diese lag zum einen in den Intentionen des BdS/SD in Oslo (FehIis) begründet, denen sich der SD-Chef Noot nicht immer entgegenstellen konnte112. Zum anderen lag es aber auch häufig ganz einfach an der mangelnden Kompetenz der Mitarbeiter Noots bei der Auswahl der »richtigen« Informationen. Trotz allem bestand zwischen Otte und Noot ein sehr enges dienstliches Verhältnis, wodurch die nicht selten scharfen Gegensätze zwischen Otte und der Abt. IV, die besonders während der Zeit Reinhards auftraten113, und die daraus resultie109

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RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 4987, eske 1, P.M. Riksadvokatsembetet: Tyske 0konomiske Krigsforbrytere, 22.5.1946. Diese Berichterstattung ist zu fassen vor allen in den vom BdS/SD Oslo abgegebenen Meldungen aus Norwegen sowie dessen Tagesrapporten bzw. Tagesberichten. Zuständig für die Wirtschaftsberichterstattung war Hauptsturmführer Fahnl. Meldungen aus dem Reich, passim. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4028 - 30, Aussage Herbert Noot, Oslo/Akershus, 24.9.1945. »Bei der Einstellung des Leiters der Gestapo-Abteilung, SS-Sturmbannführer Reinhard, kamen immer wieder Fälle vor, in denen Festnahmen oder lange Haftdauer aus wirklich nichtigen Gründen erfolgten. [...] Gewöhnlich wurde in solchen Fällen dann meine oder des Abteilungsleiters

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renden sicherheitspolizeilichen Maßnahmen gegen vermeintlich oppositionelle norwegische Wirtschaftler fallweise abgemildert werden konnten114. Dem diente auch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Wirtschaftsreferenten des SD, Fahnl, und dem Leiter der Abteilung Ausfuhrwirtschaft und Bergbau, Berghold115. Die Arbeit der Hauptabteilung Volkswirtschaft wurde in den »Meldungen« dennoch gelegentlich heftig kritisiert. Vielfach kamen dabei Informanten zu Wort, die der Nasjonal Sämling angehörten oder ihr zumindest nahestanden und die einen scharfen Kurs gegen die alten, arrivierten Unternehmen wünschten, weil diese sich fast ausnahmslos auf der gegen Quisling gerichteten politischen Linie bewegten116. Nicht zuletzt galten die Angriffe auch der Finanz- und Steuerpolitik der Abteilung Finanzen, der vorgeworfen wurde, »aufstrebende« NS-Leute zu benachteiligen. Immerhin konnte Otte durch seinen engen Kontakt zu Noot Einblick in die Berichte nehmen und hatte dadurch, wie er sagte, die Möglichkeit, rechtzeitig dämpfende Maßnahmen einzuleiten, wenn seine Hauptabteilung wieder einmal über das Maß angegriffen wurde117. An wen aber die Berichte im Reich gingen, blieb ein Geheimnis der Sicherheitspolizei. Angesichts dieser Sachlage war es nur zu verständlich, daß die meisten Fachbeamten in der Hauptabteilung Volkswirtschaft, wie Korff im Herbst 1945 berichtete118, nicht den Mut aufbrachten, gegen den sicherheitspolizeilichen Druck aufzubegehren. So habe sich in verschiedenen Abteilungen die Übung herausgebildet, in allen wichtigen Wirtschaftsfragen mit Noot oder Fahnl vor der eigenen Stellungnahme Fühlung zu nehmen. Dadurch konnte, so Korff, die »Viktoriaterrasse«119 auf wirtschaftlichem Gebiet zwar in vielen Angelegenheiten, die ganz außerhalb des eigentlichen politischen Rahmens lagen, mitsprechen. Wenn sich dies in der Gesamtentwicklung nicht stärker negativ bemerkbar gemacht, in einzelnen Fällen sogar zu Erleichterungen geführt habe, dann habe das zum einen an dem engen Kontakt Otte — Noot und der fallweisen Einsicht des letzteren gelegen. Vor allem jedoch beruhte es darauf, daß bei der Sicherheitspolizei, ähnlich wie beim Einsatzstab, keine konstruktiven Vorstellungen in wirtschaftlichen Fragen vorhanden waren.

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III, Noot, Vermittlung angerufen. [...] Mir ist ferner noch bekannt, daß Otte kurz vor dem Weihnachtsfest 1944 eine Liste mit etwa 50 Namen an Fehlis übersandte mit der Bitte, die aufgeführten Namen bei den zu diesem Zeitpunkt geplanten Haftendassungen zu berücksichtigen« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Hans Keller, Leiter der Abt. I u. II beim BdS/SD Oslo, Oslo/Akershus, Okt. 1945). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945; RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Η 16645, Stellungnahme Herbert Noots zur Einstellung der Hauptabteilungsleiter und sonstiger leitender Persönlichkeiten der Zivilverwaltung, Oslo, 24.10.1945. RAO, Landsvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Noot, Oslo/Akershus, 24.11.1945. RAO, RK, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft, pakke 54, Schriftwechsel der Abt. Binnenwirtschaft mit SS und Polizei. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Korff im Untersuchungsverfahren gegen Carlo Otte, Oslo, Nov. 1945. Das frühere Dienstgebäude des norwegischen Außenministeriums, nach der deutschen Invasion Hauptquartier der Sicherheitspolizei.

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e) Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die norwegischen Wirtschaftsinteressen Die Hauptabteilung Volkswirtschaft im Machtkampf zwischen Reichskommissariat und Wehrmacht Die Wirtschaftssachverständigen des Reichskommissariats sahen die Erhaltung und die Sicherung der norwegischen Wirtschaft zum Nutzen der deutschen Kriegswirtschaft als den wesentlichen Teil ihrer Aufgabe an. Dies galt auch für Terboven selbst, wenngleich er natürlich nicht an die norwegischen Interessen dachte, sondern in erster Linie an seine Position im nationalsozialistischen Machtgefüge. Große wirtschaftliche Probleme im Land und das Versiegen der norwegischen Leistungen für die deutsche Kriegswirtschaft hätten seine Stellung ernsthaft bedroht. Die Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen hingegen schenkten den volkswirtschaftlichen Problemen keine tiefere Beachtung. Generaloberst v.Falkenhorst, der bis auf die letzten fünf Monate die Okkupationsstreitkräfte führte, war in erster Linie auf die Sicherung der Versorgung seiner Truppe bedacht. Alles andere lag weitgehend außerhalb seines Gesichtskreises. Bezeichnend hierfür ist seine Äußerung während einer Besprechung mit dem Reichskommissar am 3. Oktober 1940 über die norwegischen Leistungen, in der er Norwegen als eine »Kolonie über See« bezeichnete und forderte, daß die Hilfsquellen des Landes in erster Linie der Wehrmacht zur Verfügung gestellt werden müßten120. Für die norwegische Volkswirtschaft war es deshalb zweifellos von Vorteil, daß im Lande keine Militärverwaltung wie in Frankreich installiert wurde. Den unbestreitbaren politischen Vorteilen einer Militärverwaltung müssen nämlich einschneidende Nachteile auf wirtschaftlichem und finanzpolitischem Gebiet gegenübergestellt werden. Eine Militärverwaltung sieht im Kriege die unmittelbaren militärischen Forderungen als das weitaus wichtigste an und neigt dazu, die wirtschaftliche Vernunft hintanzustellen. Zwar wären in einer deutschen Militärverwaltung auch Wirtschafts- und Finanzfachleute tätig gewesen, wie dies in Paris und Brüssel der Fall war. Die Fachbeamten steckten dort aber in der Uniform der Wehrmachtverwaltungsbeamten, die in der deutschen Armee von den aktiven Offizieren schon immer geringschätzig betrachtet wurden121. Es war für diese Fachoffiziere nahezu aussichtslos, mit ihrer größeren volkswirtschaftlichen Kompetenz bei den Generalstabsoffizieren durchzudringen. Beim Befehlshaber Belgien/Nordfrankreich waren z.B. einsichtige Beamte des Reichsfinanzministeriums und der Reichsbank als Finanzsachverständige tätig. Diese haben stets auf die Ursachen für die immer stärker um sich greifende Inflation hingewiesen, waren aber außerstande, bei ihren militärischen Vorgesetzten Verständnis zu finden, um wirksame Maßnahmen gegen diese Entwicklung ergreifen zu können. Die Generäle 120

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BA, R 2/354, Vermerk über die Besprechung bei Reichskommissar Terboven in Skaugum am 3. Oktober 1940. Siehe hierzu einen Bericht Werner Bests, der als »Kriegsverwaltungschef« beim Militärbefehlshaber in Frankreich diesbezügliche Beobachtungen anstellte (BA, N L 23/3). Siehe auch Schwerin von Krosigk, Staatsbankrott, S. 315 ff.

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und Generalstabsoffiziere übergingen sie einfach mit dem Hinweis auf militärische Notwendigkeiten122. Die Integration in die militärische Hierarchie und Gehorsamspflicht hinderten diese Beamten auch daran, sich, wie die Beamten des Reichskommissariats, mit ihren Heimatbehörden im Reich in Verbindung zu setzen, um Mißstände abzuwenden. Das Eintreten der Fachbeamten des Reichskommissars für norwegische Belange führte dazu, daß von selten der Wehrmacht immer wieder der Vorwurf kam, daß das Reichskommissariat »nur Schwierigkeiten mache und nur für die Norweger arbeite«123. Zu dieser Kritik von Seiten der Wehrmacht traten noch die in der zweiten Hälfte der Besatzungszeit stetig zunehmenden Eingriffe durch die politische Führung hinzu. Die Absichten und das Vorgehen Terbovens und das Verhalten der Sicherheitspolizei forderten immer öfter den Widerspruch der Wirtschafts- und Finanzfachleute heraus; angesichts der angespannten versorgungswirtschaftlichen Lage warnten sie vor negativen Folgen. Nicht selten fanden sich die Fachbeamten der Wirtschaft jetzt in Situationen wieder, in denen sie zu von oben angeordneten Maßnahmen Stellung beziehen mußten, die sie selbst ablehnten. Diese Zwangslage kam ganz besonders deutlich bei der sogenannten Wiedergefangennahme der norwegischen Offiziere zum Ausdruck. Die norwegischen Offiziere wurden nach der norwegischen Kapitulation im Juni 1940 gegen ihr Ehrenwort, in diesem Krieg nicht wieder die Waffen gegen Deutschland zu erheben, aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Anfang Juli 1943 soll v.Falkenhorst gegenüber Terboven angeregt haben 124 , die norwegischen Offiziere wieder gefangen zu setzen, da sie nach seiner Meinung angesichts der angestiegenen Fluchtbewegung nach Schweden und ihres Eintretens für die Sache der 122 123 124

Ebd., S. 297. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Weber-Lortsch, Oslo/Akershus, 4.12.1945. Daß diese Anregung von Seiten des WBN kam, haben einige Hauptabteilungs- und Abteilungsleiter im Reichskommissariat, nämlich Otte, Koch, Müller, Weber-Lortsch und Schnurbusch, später hervorgehoben (NHM, boks 153, PWIS N/80). v.Falkenhorst hingegen hat ausgesagt, daß die Initiative von Terboven ausgegangen sei. »Er [Terboven] stellte fest, daß hier eine geheime Militär-Organisation war, die ihm viel zu schaffen machte. Er vermutete, daß das Offiziers-Korps hinter der Sache stände.« Erst nachdem Terboven Hider hierüber berichtet und die Verhaftungen durchgesetzt habe, sei v.Falkenhorst eingeschritten, weil »ich es nicht verantworten könne, daß das Offiziers-Korps durch die Polizei festgenommen würde. Dann würde ich sie übernehmen und dafür sorgen, daß sie als Offiziere in Uniform in Kriegsgefangenschaft kämen. Das erschien mir tragbarer, als den Launen eines Terboven ausgesetzt zu sein, der durchblicken ließ, daß er die Offiziere nicht mehr als solche ansähe, sondern als Zivilbevölkerung, mit der er machen könne, was er wolle. [...] Ich persönlich habe die Vermutungen Terbovens als Unsinn angesehen« (NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten von Falkenhorst, Oslo, 3.12.1945, S. 96 f.). Diese Aussagen des WBN ein halbes Jahr nach der Kapitulation decken sich indes nicht mit den Akten aus der Kriegszeit, die eindeutig beweisen, daß es sich hier um ein Zusammenspiel von WBN und RK handelte, zu dem der WBN den Anstoß gegeben hatte. Sicherlich hat Terbovens Invasionsparanoia dann erheblich dazu beigetragen, daß die Angelegenheit eine ungeahnte Verschärfung erfuhr. Zu beachten ist auch, daß v.Falkenhorst gut zwei Jahre zuvor, im März 1941 im Zusammenhang mit den Angriffsvorbereitungen gegen die Sowjetunion, dem Reichskommissar gegenüber schon einmal die »Festsetzung aller ehemaligen norwegischen Berufssoldaten unter 60 Jahren« angeregt hatte (Europa unterm Hakenkreuz, Bd 7, S. 108, Dok. Nr. 28).

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Milorg u n d der Alliierten 1 2 5 mehrheitlich ihr E h r e n w o r t g e b r o c h e n hätten 1 2 6 . Terb o v e n , den in diesem für die deutsche K r i e g f ü h r u n g kritischen S o m m e r 1 9 4 3 die z u n e h m e n d antideutsche Haltung der norwegischen O f f i z i e r e aufgrund der S D Berichte auch schon seit längerem beschäftigte, »war deshalb dankbar f ü r diesen Vorschlag« 1 2 7 . N u n k o n n t e er Hider berichten, daß die W e h r m a c h t selber es f ü r n o t w e n d i g hielt, die norwegischen O f f i z i e r e wieder zu arretieren. In den folgenden Tagen versuchte v.Falkenhorst, diese f ü r die W e h r m a c h t sehr unpopuläre M a ß n a h m e auf d e n Reichskommissar und dessen Sicherheitspolizei abzuschieben, d o c h T e r b o v e n ließ sich darauf nicht ein 1 2 8 . E r berichtete nach Berlin, daß Quisling gegen diese A k t i o n grundsätzlich nichts einzuwenden habe, ja sogar Listen zur V e r fügung stellen w e r d e mit den Namen v o n Offizieren, die auf jeden Fall festgen o m m e n w e r d e n sollten u n d solchen, die politisch zuverlässig wären. In einem längeren Schreiben an B o r m a n n 1 2 9 versicherte sich T e r b o v e n schließlich der Unterstützung Hitlers f ü r seine V e r s i o n der A k t i o n , die er auch bekam. N u n m u ß t e v . F a l k e n h o r s t die D u r c h f ü h r u n g übernehmen. D a aber zu diesem Zeitpunkt die V e r h a n d l u n g e n über ein neuerliches deutsch-schwedisches T r a n s i t a b k o m m e n n o c h nicht abgeschlossen waren 1 3 0 , m u ß t e die A k t i o n , die ursprünglich f ü r den 5. A u g u s t Viele nach Schweden geflüchtete Norweger ließen sich dort tatsächlich in speziellen, in Grenznähe gelegenen Lagern zu »Polizeitruppen« ausbilden, deren Einsatz für den Fall einer alliierten Landung in Norwegen geplant war (Grimnes, Et flyktningesamfunn vokser fram; Blidberg, Polistrupper och operation »Rädda Norge«, S. I l l — 169; Barstad, Norsk motstand fra svensk grunn, S. 227-287). Viele Norweger gelangten von Schweden weiter nach England, wo sie die norwegischen Verbände innerhalb der britischen Streitkräfte verstärkten. Zur Militärorganisation (Milorg) und dem bewaffneten Widerstand siehe Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 6 6 - 8 8 , 2 2 6 - 2 5 0 ; zu den norwegischen Verbänden in den britischen Streitkräften siehe Riste, »London-regjeringa«. 126 Zur Einstellung v.Falkenhorsts werden Abwehrberichte beigetragen haben, die eine organisierte Fluchttätigkeit meldeten. So ist im Tagesbericht Nr. 12 des BdS/SD vom 26. Juni 1943 zu lesen, daß »die Vernehmung zweier auf der Flucht nach Schweden befindlicher ehemaliger norwegischer Offiziere ergeben [hat], daß augenblicklich Rundschreiben an die früheren norwegischen Offiziere geschickt werden, in denen diese zum Verlassen des Landes aufgefordert werden. In den Schreiben heißt es: es sei der Wunsch der norwegischen Behörden in England, daß die Offiziere nicht länger in Norwegen blieben, es werde jedoch jedem einzelnen überlassen, aus familiären oder wirtschaftlichen Gründen von der Landesflucht abzusehen« (NHM, boks 123). 127 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Carlo Ottes: Die Wiedergefangennahme der norwegischen Offiziere, Oslo/ Akershus, Okt. 1945. 128 BA-MA, RW 4/V.639, Schriftwechsel zwischen WBN und RK bzw. WBN und OKW sowie OKW und RK. 129 Denn »würde diese Maßnahme durch Sicherheitspolizei durchgeführt, bekäme sie nicht nur eine im jetzigen Zeitpunkt absolut unerwünschte scharfe innerpolitische Note, sondern auch eine Bedeutung und ein politisches Schwergewicht, das ihr nicht zukommt und auch nicht zugebilligt werden darf. Demgegenüber ist aber Bestreben der Wehrmacht offensichtlich — selbst bei dieser Lappalie —, sich mit keinen >unfreundlichen< Handlungen unmittelbar zu belasten. [...] Meine dringende Bitte geht daher dahin, Wehrmachtbefehlshaber Weisung zu erteilen, in Form einer reinen Wehrmachtaktion alle ehemaligen Offiziere und Offiziersdiensttuenden festzunehmen und in Kriegsgefangenschaft nach Deutschland abzuführen.« Am Rande steht handschriftlich vermerkt: »Der Führer hat dementsprechend befohlen, 13/7, K.[eitel]« (BA-MA, RW 4/v.639, Terboven an Bormann, Oslo, 10.7.1943). 130 Ende Juli hatte Schweden den deutschen Stellen mitgeteilt, daß es den Transitverkehr von Wehrmachtangehörigen und Kriegsmaterial zwischen dem Reich und Norwegen sowie zwischen Norwegen und Finnland einstellen wolle und deshalb Verhandlungen aufzunehmen wünsche. Von deutscher Seite wurde gegen diese Aufkündigung, die offensichtlich auf alliiertem Druck be125

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vorgesehen war, noch hinausgezögert werden, denn diese Verhandlungen sollten auf keinen Fall gefährdet werden131. Nachdem es hier zu einer Einigung gekommen war132, lief die »Aktion Sonnenblume« am 16. August 1943 im ganzen Land an, und binnen weniger Stunden waren etwa 1100 norwegische Offiziere verhaftet, von denen nun Loaylitätserklärungen verlangt wurden. Zwei Tage vorher hatte Quisling in aller Eñe noch ein »vorläufiges Gesetz« über die »Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in Kriegszeiten« verabschiedet und damit zugleich seine Kriegserklärung an die »Sowjetunion und deren Alliierte« verkündet133. Dem vorläufigen Gesetz zufolge wurden von nun an Polizei, Forergarde, Germanske SS Norge und Hird »als bewaffnete Macht des Reiches«, womit Norwegen gemeint war, betrachtet und fielen künftig unter das norwegische Militärstrafrecht, wobei für diese Verbände auch die Todesstrafe eingeführt wurde. Solchermaßen brachte Quisling die rein deutsche Angelegenheit der Offiziersverhaftung mit eigenen Bestrebungen in Verbindung, als Kombattant Hitlerdeutschlands zu gelten134. Neben den Offizieren wurden rund 700 Angehörige der norwegischen Polizei, die sich nicht eindeutig zur »nationalen Regierung« bekannt hatten, gezwungen, Loyalitätserklärungen für das Regime abzugeben. Wer die vorbereiteten Schriftstücke nicht unterzeichnete oder sowieso als unzuverlässig galt, wurde nach Deutschland deportiert. Auf diese Weise kamen im August 1943 271 norwegische Polizisten in das KZ Stutthof und die Offiziere, die sich sämtlich weigerten, die Erklärungen abzugeben, in das Kriegsgefangenenlager Schildow. Bei dieser Gelegenheit entfernte die Regierung Quisling auch ihr politisch unbequeme Personen135. Für die Hauptabteilung Volkswirtschaft brachte diese Initiative des Wehrmachtbefehlshabers »große Schwierigkeiten«136, denn einige der verhafteten Reserveoffiziere waren wichtige Wirtschafder, Beamte und Ingenieure, mit denen die Abteilung bislang problemlos zusammengearbeitet hatte. Zu ihnen gehörte auch

ruhte, massiv protestiert, ja es wurden, wie entsprechenden Notizen im Kriegstagebuch des O K W zu entnehmen ist, sogar Repressalien gegen Schweden erwogen. Man beließ es letztlich jedoch bei Verhandlungen, die darin resultierten, den Transitverkehr von Urlaubern und Kriegsmaterial durch Schweden zum 20. August 1943 einzustellen. Reichskommissariatsangehörige sowie Wehrmachtangehörige in Zivil und Wehrmachtgefolge konnten aber wie bisher transportiert werden (KTB/OKW, Bd 3/2, S. 905 f.). 131 BA-MA, RW 4/V.639, Fernschreiben OKW/WFSt an WBN, 1.8.1943; Fernschreiben Warlimont (WFSt) an Botschafter Ritter (AA), 3.8.1943. 132 Ebd., Fernschreiben OKW/WFSt an WBN, 9.8.1943. 133 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, Det norske nazistyrets lover og forordninger. Siehe dazu auch Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 261; Hoidal, Quisling, S. 483 f. 134 So wurden die Verhaftungen in der Parteizeitung »Fritt Folk« denn auch als Aktion des Bündnispartners hingestellt: »Norwegen gehört zu Europas antibolschewistischer Front — und alle, die dagegen arbeiten, bringen ihr Leben in Gefahr« (Fritt Folk, 17.8.1943). 135 Otte berichtete, daß »auf diese Art auch solche ehemaligen Offiziere in Gefangenschaft [gerieten], die vorher gar nicht kriegsgefangen waren. Ja selbst solche, die aus Alters- oder Gesundheitsgründen am Feldzug nicht teilnahmen« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Otte, Oslo/ Akershus, Okt. 1945). — Im Reichskommissariat der besetzten niederländischen Gebiete war einige Monate zuvor, im April 1943, eine ähnliche Aktion durchgeführt worden (Kwiet, Reichskommissariat Niederlande, S. 150). 13« BA, R 2/352, K o r f f an Breyhan, Oslo, 28.8.1943.

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der Generaldirektor der Norsk Hydro, Bjarne Eriksen137. Dessen Verhaftung brachte nicht nur Friktionen für das deutsch-norwegische Leichtmetallprojekt, an dem die Norsk Hydro maßgebend beteiligt war, sondern gefährdete auch dessen Finanzierung, da gerade zu jenem Zeitpunkt mit der zum Wallenbergimperium gehörenden Stockholmer Enskilda Banken über Kredite verhandelt wurde. In Schweden hatte nämlich die Verhaftung der Offiziere große Empörung hervorgerufen — und in Bankenkreisen insbesondere diejenige Eriksens138. Otte schaffte es immerhin, die Wogen etwas zu glätten, indem er durch Intervention bei Terboven den danach strebenden Hagelin als Generaldirektor der Norsk Hydro verhindern konnte, wodurch der letzte Kredit bei den potentiellen Geldgebern verspielt worden wäre. Statt dessen übernahmen auf Ottes Vorschlag während der Haft Eriksens der Professor Bache-Wiig und der Direktor von der Bey gemeinschaftlich dessen Vertretung139. Der norwegischen Wirtschaft kam in hohem Maße der Gegensatz zugute, der sich schon in den ersten Monaten nach der Bildung des Reichskommissariats zwischen Terboven und dem Wehrmachtbefehlshaber herausgebildet hatte. Die Zuständigkeiten der Wehrmacht und des Reichskommissariats mußten sich unter den gegebenen Umständen auch im wirtschaftlichen Bereich ständig überschneiden, denn schließlich griff die Wehrmacht mit jedem Einkauf, jeder Beschlagnahme und jedem Bauvorhaben in den zivilen Sektor ein140. Terboven war nicht nur von Anfang an darauf bedacht, jeden Übegriff der Wehrmacht auf sein Terrain, das ihm durch den »Führererlaß« vom 24. April 1940 zugebilligt worden war, mit aller Schärfe zurückzuweisen, sondern war auch ständig bemüht, die Zuständigkeiten des Wehrmachtbefehlshabers, die durch den »Führererlaß« nicht berührt worden waren, weiter einzuengen. Dies gelang ihm auf wirtschaftlichem Gebiet zum einen durch die von ihm ins Werk gesetzte Übertragung des Tonnageeinsatzes für die Wehrmachttransporte von der Kriegsmarine auf den Reichskommissar für die Seeschiffahrt, zum anderen durch seinen andauernden Grabenkampf gegen den

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Eriksen war Kriegsschulkamerad Quislings und dessen politischer Gegner. Obgleich Reserveoffizier, hatte er 1940 nicht am Krieg teilgenommen. Die Bemühungen Ottes, Eriksen wieder freizubekommen, waren erfolglos. Quisling wollte ihn entfernen, um in die Leitung der Norsk Hydro einen seiner Leute einzusetzen — im Gespräch war, laut Otte, Viljam Hagelin. »Ich wurde von Terboven beauftragt, gegen meine Uberzeugung jedem gegenüber zum Ausdruck zu bringen, daß sich das Reichskommissariat leider nicht in der Lage sähe, sich in diese reine Wehrmachtsangelegenheit zu mischen. Terboven unterstrich diesen Standpunkt in persönlicher Unterredung mit Herrn Direktor Illgner von der IG [Farben], der sich ebenfalls für Eriksen einsetzte« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Otte, Oslo/ Akershus, Okt. 1945). Petrick, Der »Leichtmetallausbau Norwegen«, S. 185 f. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Carlo Ottes, Oslo/Akershus, 11.10.1945. Die Lage »wurde vielfach noch dadurch erschwert, daß die Ansichten über die Behandlung des Landes und seiner Bevölkerung bei den Dienststellen des Reichskommissars auf der einen Seite und bei einem Teil der militärischen Dienststellen auf der anderen Seite nicht unerheblich auseinandergingen, im Sinne einer schrofferen Einstellung auf der militärischen Seite gegenüber dem Bestreben des RK, alle Vorräte zur Versorgung des Landes diesem weitestmöglich zu erhalten« (BA-MA, RW 28/15, Geschichte des WeWiStabes Norwegen, S. 29).

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Wehrwirtschaftsstab, dessen Stellving schließlich derart ausgehöhlt war, daß er nur noch ein Schattendasein führte. Durch diese beständigen Angriffe auf die Wirtschaftsverwaltung der Wehrmacht trat als Ergebnis eine — von Terboven nicht beabsichtigte — völlige Umkehrung der Fronten ein: Zur Zeit der Errichtung des Reichskommissariats hatte auch Terboven es als eine seiner wichtigsten Aufgaben betrachtet, die norwegische Wirtschaft zur Versorgung der Besatzungsstreitkräfte zu mobilisieren141. Doch schon bald wurde ihm klar, daß die Forderungen der Wehrmacht auf finanziellem und wirtschaftlichem Gebiet Dimensionen annahmen, die die norwegische Wirtschaft zugrunde richten mußten. Im Falle einer solchen Katastrophe wäre die Stellung Terbovens als Reichskommissar unhaltbar geworden und damit sein Prestige bei der Führung im Reich unweigerlich zerstört worden. Er zögerte deshalb keinen Augenblick, den Kampf um den Erhalt der norwegischen Wirtschaft durchzufechten. Die entscheidenden Besprechungen zwischen Reichskommissar und Wehrmachtbefehlshaber im Oktober und November 1940 machten Terboven deutlich, daß die Wehrmacht bei der Erfüllung der ihr gestellten militärischen Aufträge keineswegs auf die Leistungsfähigkeit Norwegens Rücksicht nehmen wollte. Mit Rückendeckung verschiedener Reichsministerien konnte Terboven jedoch beim OKW das Zugeständnis durchsetzen, daß künftig Entnahmen aus der norwegischen Wirtschaft für Wehrmachtzwecke nur nach Übereinkunft mit dem Reichskommissar stattfinden dürften. Gleichzeitig erklärte sich das OKW bereit, die Besatzungsstreitkräfte weitgehend auf dem Nachschubwege zu versorgen142. Dieser taktische Sieg Terbovens über v.Falkenhorst im Spätherbst 1940 hat für die nachfolgende wirtschaftliche Entwicklung erhebliche Bedeutung gehabt. Das Reichskommissariat war nun nicht mehr schlechthin eine subsidiäre zivile Instanz, die der Versorgung der Wehrmacht zuzuarbeiten hatte. Das OKW hatte letztlich anerkannt, daß es Aufgabe des Reichskommissars sei, die norwegische Wirtschaft zum Nutzen des Reiches intakt zu halten. Hierdurch erst konnte die Hauptabteilung Volkswirtschaft gewissermaßen zum Anwalt der norwegischen Wirtschaft werden, wenn es galt, überzogene Forderungen der Wehrmacht abzuwehren. Erst mit dieser Entscheidung des OKW im Rücken konnte sie es wagen, ihre wirtschaftlichen Einsichten gegenüber den Wehrmachtdienststellen zu verteidigen. Da selbst der Wehrmachtbefehlshaber sich gegenüber dem Reichskommissar als machtlos erwiesen hatte, mußten auch die Stabsoffiziere und Wehrmachtbeamten im Wehrwirtschaftsstab die Vorrangstellung des Reichskommissariats auf wirtschaftlichem Gebiet anerkennen. Natürlich war die Wehrmacht weit davon entfernt zu resignieren. Da der Nachschub aus dem Reich zu keiner Zeit ausreichend war und mit der Dauer des Krieges auch immer mehr stockte, versuchten die Wehrmachtdienststellen immer wieder, ihre Versorgungslücken im Lande zu füllen. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft konnte diese Forderungen selbstverständlich nicht von vornherein abweisen, 141

RAO, RK, FD 5325/45, Besprechung über die Deckung des Wehrmachtbedarfs in Norwegen, Oslo, 21.11.1940. Ebd.

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doch war sie bestrebt, diese in den Grenzen des Machbaren zu halten und mit den eigenen wirtschaftlichen Vorhaben und auch den Bedürfnissen der Zivilbevölkerung in Einklang zu bringen. So war denn die ganze Okkupationszeit mit zum Teil heftigen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Abteilungen der Hauptabteilung Volkswirtschaft einerseits und den obersten Wehrmachtverwaltungsstellen andererseits ausgefüllt. Der gleiche Kampf spielte sich auf unteren Ebenen und draußen im Lande zwischen den Wirtschaftsreferenten der RK-Außendienststellen und den verschiedenen Truppenformationen ab. Diese Auseinandersetzung konnte fallweise solche Ausmaße annehmen, daß die Interessen der in Norwegen stationierten deutschen Truppen geradezu geschädigt wurden. Die Konkurrenz zwischen dem Reichskommissariat und der Wehrmacht in Norwegen beweist, wie wenig einzelne Machtträger im nationalsozialistischen Herrschaftssystem an das Ganze dachten, wenn es sich um ihre persönliche Machtstellung und ihr Prestige drehte. Schließlich wußte Terboven zwar genau, daß die deutsche Stellung in Norwegen ausschließlich auf der Anwesenheit der Wehrmacht beruhte und daß die Versorgungslage mit der Dauer des Krieges immer angespannter wurde, sein Wille zur Macht aber war stärker als diese Einsicht. Die Auseinandersetzungen gingen um Entnahmen der Wehrmacht an Geld, Baumaterialien, Arbeitsleistungen und Gütern aller Art aus der norwegischen Volkswirtschaft. Sie betrafen die Kronenabhebungen bei Norges Bank ebenso wie die Zuteilung von Arbeitskräften, die Verteilung einheimischer und eingeführter Rohstoffe und Betriebsmittel sowie die Genehmigung zum Einkauf von Fertigwaren und landwirtschaftlichen Produkten. Die Wehrmachtteile versuchten natürlich, sich auf alle nur mögliche Art und Weise der Bevormundung durch die Hauptabteilung Volkswirtschaft zu entziehen. Die unteren Wehrmachtdienststellen setzten sich über die Bewirtschaftungsbestimmungen meist einfach hinweg und zahlten entgegen den Absprachen mit dem norwegischen Preisdirektorat überhöhte Löhne und Schwarzhandelspreise143. Innerhalb der Hauptabteilung Volkswirtschaft setzte schließlich fast jeder der Abteilungs- und Referatsleiter seinen Ehrgeiz darein, auf seinem speziellen Arbeitsgebiet in unermüdlicher Kleinarbeit den Zugriff der Wehrmacht zu verhindern und die Forderungen der Wehrmachtteile so weit wie möglich herabzudrücken. Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die norwegischen Behörden Das Verhältnis zwischen den norwegischen Zentralbehörden und den einzelnen Abteilungen des Reichskommissariats war nach Zeit und Bereich sehr differenziert. Während die Beziehungen der anderen Hauptabteilungen zu den ihnen zugeordneten norwegischen Departements und Direktoraten durchweg und während der gesamten Dauer der Okkupation schlecht waren, gab es bei den Departements und Direktoraten, die der Aufsicht der Hauptabteilung Volkswirtschaft unterstanden, alle möglichen Schattierungen von engster Kooperation über Zurückhaltung bis zu i « BA-MA, RW 28/12, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 18 (Juli 1941), Oslo, 14.8.1941; RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Abteilung Preisbildung und Preisüberwachung, Oslo, Febr. 1943, S. 23; RAO, RK, Diverse, pakke 82, Carl Krauch an General Thomas, 23.7.1941.

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offener Feindschaft — und dies zudem noch in den verschiedenen Phasen der Okkupation in unterschiedlicher Ausprägung. Eine generelle und einheitliche Regelung über den Umgang der deutschen Beamten mit ihren norwegischen Pendants existierte in der Behörde des Reichskommissars nicht. Terboven scheint sich um diese Einzelheiten der Verwaltung in keiner Weise gekümmert zu haben. Der größte Teil der leitenden Fachbeamten, denen der alltägliche Verkehr mit den norwegischen Stellen zufiel, hatte praktisch keine Gelegenheit, sich mit Terboven über dergleichen Fragen auszutauschen. Dieser hatte ihnen lediglich mitgeteilt, daß er die von Hitler geforderte prinzipielle Förderung der Nasjonal Sämling wünschte und im übrigen von den norwegischen Behörden erwartete, daß sie seine Anordnungen befolgten. Otte wiederum riß viel zu viele Detailprobleme an sich, als daß er für die Erörterung grundsätzlicher Fragen, die ihm persönlich zudem nicht lagen, Zeit hatte. Da er kein Verwaltungsfachmann war, konnte er sich auch keine konkreten Vorstellungen von der Funktionsweise des norwegischen Staatsapparats auf wirtschaftlichem und finanziellem Sektor machen. Seine Auffassungen erschöpften sich darin, daß er seine Hauptabteilung als die übergeordnete Behörde der norwegischen Departements ansah und sich selbst als Vorgesetzten der Staatsräte bzw. Minister. Die Wirklichkeit entsprach allerdings weder den Vorstellungen Terbovens noch Ottes, sie entwickelte sich in eine ganz andere Richtung. In der Anfangszeit der Okkupation, d.h. in der Periode, als der Administrationsrat bis zum 25. September 1940 die Funktion einer Quasiregierung ausübte, lag das Schwergewicht der Lenkung der Wirtschafts- und Finanzpolitik auf norwegischer Seite. Terboven und seine leitenden Beamten gingen davon aus, die norwegische Bürokratie für ihre Zwecke nutzen zu können — und diese Bürokratie war tatsächlich zu Diensten144. Carlo Ottes Aussage im Herbst 1945 zufolge war bei seinen Mitarbeitern die Reputation der Administrationsratsmitglieder Gunnar Jahn, Jens Bache-Wiig und Rasmus Mork so groß, daß kein Fachbeamter der Hauptabteilung Volkswirtschaft ohne weiteres über deren Meinung hinwegging145. Die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Reichskommissariat und Administrationsrat lagen überwiegend auf verwaltungstechnischem und polizeilichem Gebiet. Im Bereich der Hauptabteilung Volkswirtschaft führten in jener Zeit nur die Eingriffe in das Arbeitsleben zu einigen Friktionen, die teils auf das Drängen der Wehrmacht (Arbeitskräftezuteilung), teils auf den Ehrgeiz der Parteifunktionäre zurückgingen, die anfangs die Abteilung Arbeit und Sozialwesen leiteten (Arbeitskräfteerfassung nach deutschem Muster)146. Ansonsten wurde in dieser 144 145

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Paulsen, Forholdet mellom Reichskommissar og det Norske embetsvesen. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Carlo Otte, Oslo/Akershus, Okt. u. Nov. 1945. — Gunnar Jahn war Direktor des Statistischen Zentralbüros, er leitete in der Zeit des Administrationsrates zwei Ministerien, das Finanz- und das Arbeitsdepartement; Jens Bache-Wiig war Professor an der Technischen Hochschule und Direktor bei Standard Electric, er leitete das Handels- und Versorgungsdepartement; Rasmus Mork war Dozent an der norwegischen Landwirtschaftshochschule in Äs, er leitete das Landwirtschaftsdepartement. Erst nach Pressionen und Drohungen akzeptierte der Administrationsrat die grundlegende Neuregelung der Arbeitsvermittlung vom 19. September 1940. Diese Bestimmung wurde aber erst am

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Zeit die Grundlage für die Zusammenarbeit der Wirtschafts- und Finanzabteilungen mit den norwegischen Behörden für die ganze Okkupationszeit gelegt147. In der Zeit des Administrationsrates drehten sich etwaige Differenzen kaum um die grundsätzliche Linie der Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch die vom norwegischen Parlament eingesetzte Untersuchungskommission von 1945 kam zu der Auffassung, daß hierüber weitgehende Einigkeit zwischen dem Rat und den Wirtschaftsfachleuten des Reichskommissars geherrscht hätte148. Strittig war nur der Umfang der norwegischen Leistungen an die Wehrmacht und an das Reich. Für die Hauptabteilung Volkswirtschaft und ihre Abteilungen bedeutete die Ernennung der Kommissarischen Staatsräte Ende September 1940 und die dabei von Terboven verkündete »Neuordnung« einen tiefen Einschnitt. Sie begann nun in einem bis dahin nicht gekannten Maße in die Angelegenheiten der für die Wirtschaft zuständigen Departements und Direktorate hineinzuregieren und sich auf immer mehr Sachgebieten die letzte Entscheidung vorzubehalten. Der Aufgabenbereich der Hauptabteilung Volkswirtschaft war indes viel zu weit gesteckt, als daß eine einheitliche Linie im Verhältnis zu den norwegischen Behörden hätte durchgesetzt werden können. Selbst die Gebiete der einzelnen Abteilungen waren so umfangreich, daß die Abteilungsleiter bei weitem nicht alle Verhandlungen führen konnten. Zudem waren die fachlichen Voraussetzungen der Abteilungs- und Referatsleiter sehr unterschiedlich. Die norwegischen Behörden hatten es deshalb mit einer verschiedenartig zusammengesetzten Schar von Beamten und Wirtschaftsfachleuten zu tun. Insgesamt aber dürfte die Aussage, daß die sachliche Zusammenarbeit des Reichskommissariats mit Nicht-NS-Beamten besser funktionierte als mit Angehörigen der NS, landesweit auch auf die Verwaltungen der einzelnen Regierungsbezirke (Fylke) zugetroffen haben149.

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9. Oktober 1940, also nach der Verkündung der »Neuordnung« durch den Reichskommissar, veröffentlicht (RAO, Administrasjonsrâdets arkiv, Mateprotokoll og Vedtaksprotokoll). Im positiven Sinne entwickelte sich »aus den ersten Verhandlungen mit Professor Bache-Wiig, Direktor Jahn, Preisdirektor Thagaard und den Expeditionschefs [...] der Stil der Zusammenarbeit, der mit gewissen Abwandlungen bis zum Tage der Kapitulation beibehalten werden sollte« (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs über die »deutsche Finanzpolitik«, Oslo/Akershus, Nov. 1945). Rentrop berichtet über seine Zusammenarbeit mit seinem norwegischen Pendant Wilhelm Thagaard: »Von Gespräch zu Gespräch fand der Unterzeichnete immer mehr das Ohr und schließlich das Verständnis von Thagaard, so daß sich ein erträgliches Arbeitsverhältnis zwischen den beiden herausbildete.« Dies ging, so Rentrop, sogar so weit, daß er Thagaard freie Hand bei der Wahl dessen ließ, was er »bei loyaler Auslegung« Rentrop vorzulegen für wichtig erachtete. »Der Unterzeichnete hat sich auch, solange er in Norwegen war, nicht zu beklagen brauchen.« Dem entgegengesetzt waren Rentrops Erfahrungen mit den »Wirtschaftsfachleuten« aus der Nasjonal Sämling, denen er »über Aufgaben und Methoden der Preispolitik in Norwegen Vorträge halten« mußte und die immer wieder ihre Inkompetenz offenbarten (BA, R 26 II, Anh. 2, Wilhelm Rentrop: Materialien zu einer Geschichte der Behörde des Reichskommissars für die Preisbildung, S. 53 ff.). Innstilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Administrasjonsrâdet. Innstilling II, S. 211 f., 230. So berichtete der RK-Dienststellenleiter Bodo, Kittner, später, daß »die Behördenleiter [vom Fylkesversorgungsamt], die alle nicht in der Nasjonal Sämling standen, [...] wußten, daß ich keine der Aufstellungen beanstanden würde, trotzdem ich und sie wußten, daß sie [...] zu Gunsten des norwegischen zivilen Sektors aufgestellt waren«. Genauso verhielt es sich bei der Zusammenar-

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Die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die Wirtschaftspolitik der Nasjonal Sämling Innerhalb der Behörde des Reichskommissars hatte die Kundgebung Terbovens vom 25. September 1940, die die Nasjonal Sämling 2ur staatstragenden Partei in Norwegen erklärte, geteilte Aufnahme gefunden. Von den Angehörigen der Hauptabteilung Volkswirtschaft war eigentlich nur der Leiter der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Richert, ein unbedingter Freund der Nasjonal Sämling. Er tat infolgedessen alles, um die Partei bei der Nazifizierung der beiden norwegischen landwirtschaftlichen Organisationen, Norges Bondelag und Smábrukerlag, zu vinterstützen, hatte hierbei aber erhebliche Schwierigkeiten und letztlich keinen Erfolg, denn zwischen den beiden Bauernverbänden herrschten erhebliche sozial- und wirtschaftspolitische Interessengegensätze150. Führer der Großbauern und des Bondelag war Johan Mellbye151, der anfanglich eine starke Neigung zeigte, mit der Nasjonal Sämling zusammenzugehen, weshalb sich auch Quisling den Bondelag als erste wichtige wirtschaftliche Organisation, die nazifiziert werden sollte, auserkor152. Es wäre dies für die Nasjonal Sämling ein Sprungbrett für das Übergreifen auf andere wirtschaftliche Interessenverbände gewesen. Die Voraussetzungen waren für Quisling auch insofern günstig, als nicht wenige Mitglieder des Bondelag in den Jahren zuvor in Konflikte mit der der Arbeiterpartei nahestehenden Vertretung der Kleinbauern (Smâbrukerlag), geraten waren und nun glaubten, mit Hilfe Quislings wieder politisch an Boden gewinnen zu können153. Die antisozialistische Agitation der Nasjonal Sämling fiel hier auf fruchtbaren Boden. Die ersten Verhandlungen über eine Zusammenarbeit von Bondelag und Nasjonal Sämling, die schon unmittelbar nach dem 25. September 1940 stattfanden, entwikkelten sich denn auch vielversprechend, doch beging Quisling nun — von Richert, der das deutsche Modell des »Nährstandes« vor Augen hatte, falsch beraten — den Fehler, einen eigenen Bauernverband, Norges Bondesamband, ins Leben zu rufen, der alle Norweger, die mit der Landwirtschaft zu tun hatten, erfassen sollte154. Mellbye, der »nur« eine politische Zusammenarbeit im Sinn hatte, befürchtete nun zu Recht, daß sein Verband ganz von der Nasjonal Sämling aufgesogen werden

beit mit der Preispolizei und anderen Ämtern. Nur mit dem FyLkesfarer (etwa Gauleiter) und Fylkesmann, einem NS-Funktionär, klappte die Kooperation laut Kittner nicht: »infolge des schlechten Führermaterials, das immer und immer wieder für die norwegischen Fylken [aus Oslo] zur Verfugung gestellt wurde« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Kittner: Meine Tätigkeit beim Einsatzstab Wegener, Oslo/Akershus, Nov. 1945). 150 Norges Bondelag war der Zusammenschluß der mittleren und Großbauern, Smâbrukerlag derjenige der Klein- und Kleinstbauern (RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943, S. 1). 151 Laut Dahl war Mellbye durch und durch deutschfreundlich, stand dem »germanischen Gedanken« nahe und trat in seinen politischen Äußerungen stets für den korporativen Staat ein, in dem das Bauerntum eine Schlüsselrolle einnehmen sollte (Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 195). 152 Der Bondelag hatte 1939 etwa 50 000 Mitglieder (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1099, eske 2, Rundschreiben des Einsatzstabes an alle Beauftragten des Einsatzstabes vom 8.6.1943). •S3 Hoidal, Quisling, S. 382 f. 154 IfZ, MA 110, Vernehmungsprotokoll Jens Hundseid (Führer der Bauernpartei) zu den Verhandlungen mit Richert über den Aufbau eines NS-Bauernverbandes, Oslo, 18.3.1946.

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sollte. Zudem hatte er inzwischen festgestellt, daß im NS-Bondesamband die antikapitalistische, landarbeiter- und kleinbauernfreundliche Richtung tonangebend war155. Deshalb legte er der Durchdringung des Bondelag mit NS-Leuten Schwierigkeiten in den Weg. Schon Mitte November 1940 kam es auf der Landesversammlung des Bondelag zur Konfrontation zwischen NS-Anhängern und den Anhängern der Linie von Mellbye, wobei letztere sich in der entscheidenden Abstimmung durchsetzen konnten156. Nun griff Richert massiv ein, indem er Mellbye unter Druck setzte, sich vom Vorsitz des Bondelag zurückzuziehen. Doch Mellbye hielt diesem Druck zunächst stand. Erst als Richert den Reichskommissar am 3. März 1941 dazu brachte, Mellbye abzusetzen, konnte die Nazifizierung des Bondelag wieder in Angriff genommen werden157. In die Leitung des Verbandes wurde Landwirtschaftsminister Fretheim von der Nasjonal Sämling eingesetzt, der sich — allerdings vergebens — bemühte, die Integration des Bondelag und des Smâbrukerlag in den Bondesamband zu vollenden. Nach dem gewaltsamen Eingriff hatten im Bondelag die NS-Gegner die Oberhand gewonnen, nicht zuletzt auch deshalb, weil Mellbye auf seinem Hof unter Hausarrest gestellt worden war, was von den Gleichschaltungsgegnern propagandistisch genutzt wurde. Der endgültige Bruch mit der traditionellen bäuerlichen Führungselite folgte im Herbst 1941, als der Bondelag auch formell dem NS-Bondesamband angeschlossen wurde158. Zwar war nun das politische Ziel der NS auf dem Gebiet der Landwirtschaft formaliter erreicht, nämlich die Einheit von politischer (Landwirtschaftsdepartement) und berufsständischer (Bondesamband) Führung in der Person des Ministers Fretheim, doch stand diese Einheit nur auf dem Papier. Auch die tatkräftige Hilfe seitens Richerts änderte daran nichts 159, denn der Verband wurde nur von einer Minderheit der norwegischen Bauernschaft unterstützt160. Außerdem wurden die Bemühungen Fretheims, staatliche Aufgaben auf den Bondesamband zu verlagern, vom Reichskommissar unterbunden161, da Terboven an der wichtigen landwirtschaftlichen »Produktionsfront« Ruhe haben wollte. Richerts Nachfolger Blankenagel, der Ende März 1943 die Abteilungsleitung übernahm, und dessen Mitarbeiter pflegten zwar ebenfalls den Kontakt zu den NS155 Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 195. 156 I I«idal, Quisling, S. 382 f.; Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 196. 157 RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943. 158 Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 197. ι 5 9 Zur Steuerung der politischen und wirtschaftlichen Propaganda und zur »Schulung des Bauerntums« wurde seit November 1941 die landwirtschaftliche Zeitschrift »Norsk Jord« (»Norwegische Erde«) herausgegeben, die kostenlos an die Bauern verschickt wurde. Richert wollte mit dieser Zeitschrift »an jeden Bauernhof eine einheitliche Ausrichtung auf die politischen und wirtschaftlichen Probleme« herantragen (Richert, Die deutsch-norwegische Zusammenarbeit in der Ernährungswirtschaft, S. 55). 160 Auch wenn Richert 1942 behauptete, »Bondesamband dürfte heute etwa 35 000 Mitglieder haben«, war das vielleicht propagandistisch beeindruckend, ging aber an der Realität vorbei (RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943). 161 IfZ, MA 110, Terboven an Fretheim, Oslo, 22.3.1943; ebd., Terboven an Fretheim, Oslo, 3.5.1943.

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Landwirten; ihnen lag indes mehr an der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion als an der Förderung der Nasjonal Sämling162. Auf einer ähnlichen Linie bewegten sich auch die letzten beiden Leiter der Abteilung Arbeit und Sozialwesen Köhler und Johlitz, obwohl sie ausgesprochene Parteileute waren. Eigentlich waren sie nach Norwegen geholt worden, um die Gleichschaltung der der norwegischen Arbeiterpartei nahestehenden Gewerkschaften, insbesondere des Dachverbandes, zu bewerkstelligen. Doch Köhler erkannte die großen Widerstände in der Arbeiterschaft gegen die Nazifizierung und zögerte aus Furcht vor einem Generalstreik diesbezügliche Anordnungen immer wieder hinaus163. Schon Köhlers Vorgänger Kasper hatte die Bestrebungen der Nasjonal Sämling, den Gewerkschaftsbund unter ihre Kontrolle zu bekommen, gebremst164. Das zögerliche Verhalten Köhlers veranlaßte Terboven, diesen Anfang 1942 gegen Johlitz auszutauschen. Johlitz, der auch die DAF in Terbovens Essener Gau geleitet hatte, wurde zu dem ausdrücklichen Zweck nach Norwegen geholt, die Nazifizierung der Gewerkschaften zu vollenden und eine Organisation wie die DAF aufzuziehen165. Aber selbst Johlitz, der von allen Abteilungsleitern der Hauptabteilung Volkswirtschaft Terboven am neuesten ergeben gewesen sein soll166, hatte zum sozialpolitischen Vermögen der Nasjonal Sämling kein Vertrauen und hat die Besetzung des Vorstandes der gewerkschaftlichen Landesorganisation mit NS-Leuten erst auf Terbovens ausdrücklichen Befehl hin durchgeführt167. Weitere Gleichschaltungsbemühungen blieben aber aus, da man in der Abteilung befürchtete, der passive Widerstand in der Arbeiterschaft gegen die Nazifizierung könne sich zu einer unkontrollierten Massenbewegung und Arbeitsverweigerung ausweiten, die nur noch durch Gewaltmaßnahmen im Zaum gehalten werden könnten168. Die Leiter der Abteilung Arbeit und Sozialwesen sahen ihre Hauptaufgabe deshalb in erster Linie darin, die deutschen Anforderungen an die norwegische Wirtschaft von der Arbeiterseite her zu sichern. Das bedeutete die Rekrutierung von Ebd., Rundschreiben Einsatzstab, Oslo, 8.6.1943. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Fritz Johlitz, Oslo, 14.1.1946. 164 Hierüber berichtet Hâkon Meyer, ein führender Theoretiker und Funktionär des Gewerkschaftsbundes, der Fürsprecher einer Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaft und Reichskommissariat war und deshalb in den Landesverratsprozessen zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde (Meyer, Et annet syn, S. 218 f.). 165 »Nachdem ich mir innerhalb von 2 Monaten einen Uberblick verschafft hatte, [...] teilte ich dem RK mit, daß nur eine ähnliche Organisation wie die Deutsche Arbeitsfront geschaffen werden konnte. Denn eine Organisation als Selbstzweck zu schaffen, sei ja auch nicht sein Wunsch, und ich bat ihn, er möge mir freie Hand lassen. Diese Vollmacht hat er mir jedoch nicht gegeben« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Fritz Johlitz, Oslo, 14.1.1946). 'freien Wirtschaft zur >staatsgelenkten Zwangswirtschaft«. Kennzeichnend sei die Haltung weiter Wirtschaftskreise, »es sei das beste, möglichst nur mit dem Reichskommissariat zusammenzuarbeiten und sich nur soweit als unbedingt notwendig um den >Norges Naeringssamband< zu kümmern«202. Schon der Versuch, Norges Laerstyre (Norwegische Lederverwaltung) als erste rohstoffverwaltende Stelle in die Abhängigkeit des Naeringssamband zu bringen, mißlang. Damit war eigentlich der Plan Whists bereits gescheitert. Es wurde zwar von selten der Nasjonal Sämling bis zur Kapitulation an Norges Naeringssamband und dessen Unterorganisationen gebastelt, doch das führte eigentlich nur dazu, daß eine Reihe von der Partei nahestehenden Wirtschaftsleuten mit leitenden Posten und entsprechenden Titeln versorgt wurde. Weil Whist trotz seines steten politischen Aufstiegs mit seinen wirtschaftspolitischen Vorstellungen bei seinen Parteigenossen und Konkurrenten nicht reüssieren konnte203, suchte er immer mehr Anlehnving an das Reichskommissariat, was ihm im November 1943 mit deutscher Nachhilfe zum Posten eines Ministers im Kabi-

™ Norsk Lovtídend 1943, S. 193, Verordnung vom 1.5.1943. 201 Fritt Folk, 7.5.1943. Die zehn Gewerbegruppen waren: Banken, Bauern, Fischerei, Versicherungen, Handel, Hotel und Gaststätten, Handwerker, Industrie, Schiffahrt sowie Transport. Der Banken- und der Bauernverband hatten allerdings eine Sonderstellung, da sie unter dem jeweiligen Ministerium ressortieren sollten. 202 BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57, 12.7.1943. »Von mehreren Seiten wurde darauf hingewiesen, daß Whist innerhalb der norwegischen Wirtschaft einen sehr schlechten Ruf habe [...] Es wird behauptet, Whist hätte sein Vermögen durch Schwindeleien als Versicherungsdirektor erworben« (ebd.). 203 Der Naeringssamband war innerhalb der Führung der Nasjonal Sämling durchaus umstritten. So soll Finanzminister Prytz, der aber nicht zur nationalen Fronde Blehrs und Hagelins gehörte, sondern selbst Ambitionen auf eine »Wirtschaftsdiktatur« hatte, sich ablehnend geäußert haben. Der Landwirtschaftsminister Fretheim »sträubte sich gegen die Eingliederung des Bondesamband [...] und verlangte vom Ministerpräsidenten, daß die bäuerlichen Organisationen vollkommen selbständig bleiben«. Der Präsident des Reederverbandes versuchte Quisling zu bewegen, »die Interessenvereinigung der Schiffsreeder von der Eingliederung [...] auszunehmen« (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57, 12.7.1943). Der Präsident des Reederverbandes, Stenersen, trat kurz darauf sogar zurück, weil Quisling seine Einwände nicht berücksichtigte.

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nett Quisling verhalf 2 0 4 . Er sollte die Koordination der norwegischen Wirtschaft für den Kriegseinsatz sicherstellen, allerdings wurde zu diesem Z w e c k kein neues Departement eingerichtet, vielmehr erhielt W h i s t den Auftrag, mit allen in Betracht kommenden Departements, Organisationen und Verbänden zusammenzuarbeiten. E r hatte solchermaßen nach deutschem Muster den Status eines Beauftragten des Forers im Rang eines Ministers. Bei der Formulierung der Vollmachten Whists hat Otte dem Ministerpräsidenten sogar die Feder geführt. Ende O k t o b e r (»im Anschluß an unsere heutige Unterredung«) ließ er diesem nämlich den E n t w u r f eines Erlasses zukommen, durch den Whist außerordentliche Vollmachten auf wirtschaftspolitischem Gebiet erhalten sollte 205 . Das V o r b i l d des vermeintlichen deutschen Wirtschaftsdiktators — Göring — ist hierbei unverkennbar. W h i s t gelang es in der Folge, auf verschiedenen Gebieten der norwegischen Wirtschaftspolitik die Initiative zu übernehmen und seinen K o n k u r r e n t e n Blehr, der ja als Wirtschaftsminister noch die formell relevante Entscheidungsinstanz war, auszustechen. Seine wirtschaftspolitische Linie hatte dabei mit der der Nasjonal Sämling jedoch nur insofern zu tun, als der engere Kreis seiner Mitarbeiter aus den Reihen dieser Partei stammte. Ansonsten w a r Whist Verfechter eines ausgesprochen privatkapitalistischen Kurses, und er verstand es auf seine kollaborationsbereite A r t mit großem Geschick fallweise sogar besser, die norwegischen Interessen gegenüber dem Reichskommissariat wahrzunehmen, als Blehr dies mit seiner nationalistischen Engstirnigkeit vermochte 2 0 6 . Im Unterschied zu Blehr, der dem

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Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 454. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, eske 5, Otte an Quisling, Oslo, 29.10.1943. In dem Erlaßentwurf Ottes heißt es: »Am 25. September 1943 habe ich meinen Entschluß bekräftigt, Norwegen und die Nasjonal Sämling mit allen Kräften an der totalen Kriegführung gegen die Feinde Europas teilnehmen zu lassen. Die damit verbundenen Aufgaben, die den einzelnen Verwaltungen gestellt werden, erfordern eine straffe und einheitliche Lenkung. — Zu diesem Zwekke ernenne ich [...] Alf L. Whist zum Minister und Mitglied der Regierung. — Seine Aufgaben sind die Lenkung sämtlicher Leistungen Norwegens für die Kriegführung und die Versorgung des Landes sowie die notwendigen Maßnahmen zur Aufbringung dieser Leistungen. Er bedient sich zur Durchführung dieser Aufgaben der bestehenden Ministerien und ihrer nachgeordneten Dienststellen und ist hierbei berechtigt, allen staatlichen und gemeindlichen Behörden bindende Anweisungen allgemeiner oder spezieller Art zu erteilen und deren Durchführung zu überwachen« (ebd.). — In seinem Erlaß an »alle Minister, Departements und an die Reichsleitung der Nasjonal Sämling« erklärte Quisling, daß es Whists besondere Aufgabe sein werde, die Arbeit an der Versorgung Norwegens und den Einsatz des norwegischen Wirtschaftslebens zu leiten und zu ordnen. Er sei ermächtigt worden, in diesem Zusammenhang allen Staats- und Gemeindebehörden bindende Anweisungen allgemeiner und besonderer Natur zu erteilen und deren Durchführung zu überwachen (RAO, RK, Deutsche Handelskammer in Norwegen, pakke 30, Bericht Deutsche Handelskammer in Norwegen an Reichswirtschaftskammer, 20.6.1944). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Nov. 1945. — Dieses Wirken für norwegische Interessen, das sich beispielsweise in der Frage der Konzessionen für das deutsche Kraftwerkeausbauprogramm deutlich zeigte, wurde im Landesverratsprozeß gegen Whist zwar anerkannt, doch nicht wie bei Blehr zu seinen Gunsten ausgelegt. Whist wurden die wirtschaftliche Kollaboration mit den Deutschen und die Nazifizierung der norwegischen Wirtschaft in besonderem Maße zur Last gelegt. Er wurde deshalb vom Osloer Schwurgericht am 26. Juni 1946 zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt, zwei Richter votierten gar für die Todesstrafe (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, Urteilsschrift des Eidsivadng Lagmannsrett).

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Ideal einer norwegischen Selbstversorgungswirtschaft anhing, war Whist Förderer der norwegischen Exportindustrie (Leichtmetall, Elektrochemie und -metallurgie), die sich mit deutscher Hilfe in dem angestrebten Großwirtschaftsraum an vorderster Stelle piazieren sollte207. Doch hat es Whist auf wirtschaftlichem Gebiet — ebenso wie Quisling auf staatspolitischem Feld — letztlich nicht vermocht, gegenüber dem Reichskommissariat die günstige Ausgangsposition zu nutzen. In erster Linie Geschäftsmann, lag es ihm letztlich fern, die Gegensätze auf die Spitze zu treiben, und er wich deshalb, als die deutschen Anforderungen an die norwegische Rohstoffindustrie immer drückender wurden, jeder ernsten Kraftprobe mit der Hauptabteilung Volkswirtschaft aus208. In welchem Maße dieses Verhalten die Parteikonkurrenz irritierte, kommt in der nach der Kapitulation im Prozeß gegen Whist gemachten Äußerung des Arbeitsministers Tormod Hustad, eines Parteigänger Blehrs, zum Ausdruck, Whist sei gleichsam als Adovokat der deutschen Interessen aufgetreten. Trotzdem sei er in innerparteilichen Auseinandersetzungen stets von Quisling gestützt worden209. Hustad war eines der ersten »Opfer« der neuen wirtschaftspolitischen Linie Whists. Als Arbeitsminister, in dessen Zuständigkeit auch die Nutzung der Wasserkräfte des Landes fiel, hatte er sich ständig geweigert, den deutschen Wünschen nach neuen Konzessionsgesetzen zwecks erleichtertem Ausbau der Wasserkraftanlagen nachzukommen. Whist hingegen förderte die deutschen Energieausbaupläne. Zuletzt ging Hustad soweit, Quisling Dossiers zukommen zu lassen, denen zufolge Whist sich bei diesen Projekten persönlich bereichern würde. In dieser zugespitzten Situation stellte Whist seinem Ministerpräsidenten das Ultimatum, entweder Hustad aus der Regierung zu entfernen oder er selbst würde gehen. Quisling suspendierte seinen Arbeitsminister am 13. Januar 1944, endgültig abgelöst wurde er dann zwei Wochen später, am 1. Februar 1944210. Da Hustad einer der ältesten und loyalsten Gefolgsleute Quislings war, wirft diese Ablösung ein deutliches Licht sowohl auf den Druck, unter dem Quisling stand, als auch auf die starke Position Whists. Nach der Absetzung wurde das Ministerium in Trafikkdepartement (Verkehrsministerium) umbenannt, behielt merkwürdigerweise aber dieselben Zuständigkeiten wie zuvor. Minister wurde Hans Skarphagen211. 207

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IfZ, MA 110, Schreiben Whists an Quisling vom 17.6.1943 über die Zukunft der norwegischen Leichtmetallindustrie. Gerade die Eigenschaft Whists, im Unterschied zu Hagelin und Blehr eher kompromißbereit zu agieren, scheint ihn in Quislings Wertschätzung noch begünstigt zu haben (Hoidal, Quisling, S. 472). RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, Erklärung Hustads vom 8.8.1945; Om landssvikoppgjoret, S. 163. Hagelin meinte später dazu, »die Verabschiedung war für uns vollkommen unverständlich. [...] Hustad sagte, daß nun jemand, der in so engen Geschäftsbeziehungen mit den Deutschen stand, die Verhandlungen über die Wasserkraftnutzung führen sollte, war beklagenswert« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, eske ^Verteidigungsschrift Hagelins vom 15.10.1945). Skarphagen, seit 1936 Professor an der Technischen Hochschule in Oslo, war ein Parteigänger Whists (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3299). Zu den Vorgängen um Hustads Ablösung siehe auch Hoidal, Quisling, S. 509 f.; Sorensen, Hitler eller Quisling, S. 228. — Daß die Vorwürfe Hustads, Whist stehe in deutschem Sold, nicht ganz abwegig waren, kam später im Prozeß gegen Whist zum Vorschein, wo diesem nämlich gewinnbringende Verkäufe von Bauholz von sei-

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In dem Maße, wie der Stern Whists 1943/44 im Reichskommissariat zu leuchten begann, war derjenige Blehrs im Erlöschen begriffen und wurde für Otte, um im Bilde zu bleiben, im Frühjahr 1944 zu einem gefahrlichen Schwarzen Loch, das die deutsche Wirtschaftspolitik bedrohte: »Die Zusammenarbeit mit Blehr ist in der letzten Zeit geradezu unerträglich geworden. Eine persönliche Berührung mit ihm besteht überhaupt nicht mehr [...] Die Schwierigkeiten, die er uns tagtäglich — ob offen oder versteckt — bei unserer Arbeit macht, habe ich weisungsgemäß festgehalten und dem Standartenführer Fehlis als Sammelstelle mitgeteilt«, schilderte Otte dem Reichskommissar Anfang Juni die Lage212. Die Entfernung dieses Mannes aus seinem Amt war nun beschlossene Sache. Otte und Whist verständigten sich am l.Juni 1944 bei einem Abendessen im Hause des letzteren über das Problem Blehr und dessen Beseitigung213. Sie waren sich darüber hinaus darin einig, daß bei dieser Gelegenheit die Probleme Irgens und Hagelin miterledigt werden könnten 214 . Bei Kjeld Irgens, dem Leiter des von Quisling im Februar 1942 neugeschaffenen Seefahrtsdepartements, drängten dessen — nach Ottes Ansicht — überdeutliche Inkompetenz und dessen Unwille, das Departement nach deutschen Wünschen zu führen, auf Ablösung 215 . Hagelin dagegen, dessen Verhältnis zum Reichskommissariat seit dem Frühjahr 1943 und dem mißlungenen Aufbegehren Quislings gegen die deutsche Politik in Norwegen äußerst gespannt war, wurde als ein Fall besonderer Art betrachtet. Noch war seine Position in der Quislingregierung zu stark, als daß ihn das Reichskommissariat hätte beseitigen können. Blehr hatte sich in den vorangegangenen Monaten nicht nur in zunehmendem Maße gegen deutsche wirtschaftliche Forderungen gesperrt216, wie beispielsweise nem Gut Heggedal an die Wehrmacht und die OT nachgewiesen werden konnten (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098). — Auch der Chef des SS-Hauptamtes, Gotdob Berger, der oft in Oslo weilte, hatte sich nach der Ernennung Whists zum Minister in einem Schreiben an Himmler kritisch über Whist geäußert und überdies angemerkt, »Whist liefert alles — vom Holzhaus bis zum Kognak« (IfZ, Fa 75, Berger an Himmler, 26.11.1943). 212 RAO, RK, HAVoWi, Allgem. Abteilung, pakke 8, Aktennotiz Ottes für Terboven, Oslo, 2.6.1944. — Bache-Wiig zufolge gab es zwischen Otte und Blehr in der letzten Zeit »dauernd Kompetenzstreitigkeiten und die Parteien schikanierten sich, so gut sie konnten. Er [Otte] fragte mich« — auch nachdem Bache-Wiig im September 1940 aus dem Administrationsrat ausgeschieden war — »über alles und jedes aus, und ich gab ihm die [...] Aufschlüsse, wo ich nur konnte. Diese Aufschlüsse waren ja nicht immer den NS-Ministern eine Hilfe [...] und das machte dann wieder Komplikationen« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage Prof. J. Bache-Wiig, Oslo, 8.11.1945). 213 Whist habe Quisling schon fast soweit, »Blehr als Wirtschaftsminister gehen zu lassen und ihm einen Trostpreis in irgendeiner Form [...] zu bieten« (RAO, RK, HAVoWi, Allgem. Abteilung, pakke 8, Aktennotiz Ottes für Terboven, Oslo, 2.6.1944). Ebd. 215 Ebd. 216 »Vereinbarungen, gegebene Zusagen werden nicht gehalten [...] Auf wichtige Schreiben wird ausweichend, zögernd oder überhaupt nicht geantwortet. Die Fälle, in denen norwegische Behörden das Reichskommissariat nicht beteiligen, mehren sich [...] Dabei fällt auf, daß gerade Beamte der NS, die erst durch die politische Neuordnung ihre Posten eingenommen haben, unsere Bemühungen nach enger Zusamenarbeit als lästige Bevormundung empfinden« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43, Promemoria Ottes über die Unterhaltung mit Herrn

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beim Wasserkraftausbauprojekt oder bei der Ein2iehung der norwegischen Kirchenglocken zum Zwecke der Metallgewinnung für deutsche Rüstungsprojekte217, sondern in gleichem Maße einen Kollisionskurs gegen seinen innerparteilichen Rivalen Whist gefahren. Dessen Kompetenzzuwachs versuchte er ein um das andere Mal wieder zu beschneiden, indem er zum einen Quisling durch Mahnungen vor einem Ausverkauf der norwegischen Wirtschaft an die Deutschen auf seine Seite zu bringen trachtete, zum anderen, indem er um sich einen Kreis führender Parteigenossen sammelte, die mit der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der »nationalen Regierung« unzufrieden waren. Zu dieser »nationalen« Fronde gehörten die Minister Hustad (Arbeit), Hagelin (Inneres), Irgens (Seefahrt), Lippestad (Soziales) und Fretheim (Landwirtschaft)218. Quisling aber wollte — oder konnte — Blehr die von diesem geforderte Unterstützung »im Kampf um eine feste und furchdose Haltung gegenüber den Deutschen«219 nicht geben, denn dessen Attacken gegen die Interessen der Besatzungsmacht drohten Quislings Stellung nicht nur gegenüber dem Reichskommissariat, sondern auch in der Partei zu gefährden, wo »die Unfähigkeit Quislings, durch sofortige Entscheidungen in Personalfragen oder anderen politischen Angelegenheiten des Alltags klare Verhältnisse zu schaffen, in einem bisher nicht üblichen Umfange bemängelt [wird]«220. Hinzu mag gekommen sein, daß Quisling dieser Fronde als solcher schon mißtrauisch gegenüber stand. Wie Hagelin später im Landesverratsprozeß aussagte, mochte Quisling überhaupt nicht, wenn »sich mehrere einig sind und gemeinsam auftreten; da wird er argwöhnisch und glaubt, daß man sich gegen ihn zusammenrottet«221. Ein Gebiet, auf dem Blehr die deutschen Interessen zugunsten der norwegischen Wirtschaft zurückschrauben zu müssen glaubte, war das der Rohstoffkontingentierung für deutsche Projekte in Norwegen. Die Kontingente wurden nun auf seine Veranlassung hin nicht mehr nach dem Umsatz der vergangenen Jahre bzw. den bis dato zwischen deutschen und norwegischen Stellen getroffenen Vereinbarungen festgelegt, also nach der Größe des Geschäfts und des Bedarfs, sondern nach für die beteiligten Seiten undurchschaubaren politischen Grundsätzen, die keine Kontrolle erlaubten und Willkür ermöglichten222. Um einem Unterlaufen vorzubeugen, wurde den Vertretern der norwegischen Wirtschaft vom Wirtschaftsdepartement untersagt, unmittelbar mit der Behörde des Reichskommissars zu verhandeln223. Als Blehr schließlich damit begann, willkürlich in den Außenhandel einzugreifen und es zum Bruch bzw. Nichteinhalten von Lieferverträgen kam, Ministerpräsidenten Quisling, 23. September 1943, 11 Uhr). Otte fuhrt anschließend eine Reihe Beispiele für Obstruktion auf, wobei er namentlich Blehr als deren Befürworter herausstellt. 217 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43. 218 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Erklärung Hagelins gegenüber der norwegischen Staatsanwaltschaft vom 15.10.1945. 2 1 9 Hoidal, Quisling, S. 510. 22° BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 54,14.4.1943, S. 5. 221 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, eske 1, Verteidigungsschrift Hagelins vom 15.10.1945. 222 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43, Promemoria Ottes über die Unterhaltung mit Herrn Ministerpräsidenten Quisling, 23. September 1943,11 Uhr. 223 Diesem Verbot war jedoch, wie Otte im Hetbst 1945 den norwegischen Untersuchungsbehörden berichtete, kein Erfolg beschieden (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061).

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was bei einigen deutschen Riistungsbetrieben Schwierigkeiten auslöste, drohte das Ministerium für Rüstung und Kriegsproduktion mit ernsten Maßnahmen, »die größere Schäden in Norwegen im Gefolge gehabt hätten«224. Nach Ottes Initiative Anfang Juni 1944 war Blehrs Schicksal als Minister besiegelt. Nun griff Terboven ein und hielt im kleinen Kreis vor fuhrenden Männern der Nasjonal Sämling einen Vortrag, in welchem er Blehr und dessen Wirtschaftspolitik scharf kritisierte. Quisling verstand den Wink und löste Blehr am 9. Juni 1944 durch Alf L. Whist ab225. Die Neuordnung der norwegischen Wirtschaftsführung wurde von Quisling nun mit einer von ihm ungewohnten Konsequenz durchgeführt. Mit Blehr wurde auch der Chef des Seefahrtdepartements Kjeld Irgens abgelöst. Ein Teil der Funktionen dieses Ministeriums wurde ebenfalls Whist übertragen, der nunmehr, im Sommer 1944, die alleinige Führung der norwegischen Wirtschaftspolitik innehatte. Einen nochmaligen Machtzuwachs konnte Whist im Februar 1945 verbuchen, als er von Quisling zum Leiter eines sogenannten Produktionsrates ernannt wurde, der die »Bearbeitung aller lebenswichtigen, kriegsbedingten Wirtschafts- und Versorgungsprobleme Norwegens« übernehmen sollte226. Es blieb nur noch das Problem Hagelin. Aber auch hier zeichnete sich jetzt eine Lösung ab. Otte und Terboven war nicht unbekannt geblieben, daß es seit geraumer Zeit zwischen Quisling und seinem »Uraltkämpfer« Hagelin zu einer gewissen Entfremdung gekommen war227. Die schon seit längerem kursierenden Gerüchte über Korruptionsfalle im Zusammenhang mit Hagelins Amtsführung 228 und die sich daran anschließende unerquickliche innerparteiliche Diskussion229 hatten 224

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RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945. — Dem Ministerpräsidenten gab Otte damals zu bedenken, »was man in Norwegen sagen würde, wenn feste Zusagen des Reiches bezüglich Getreide, Fett oder Kohle ebenso behandelt würden« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43, Promemoria Ottes. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, eske 2, Quisling an Blehr, Oslo, 9.6.1944. Am selben Tag schickte Blehr ein Antwortschreiben, in dem er die Auffassung vertrat, daß »jetzt, da einer nach dem anderen von den engsten Gefolgsleuten des Herrn Ministerpräsidenten geopfert werden muß, um Herrn Whist Ellbogenfreiheit zu geben, sicherlich in den besten Kreisen unserer Partei eine Reaktion entstehen wird — eine Reaktion, die, wie ich fürchte, dem Forer und der Sache schaden wird« (ebd., Blehr an Quisling, Oslo, 9.6.1944) Zu der erwarteten Reaktion kam es indes nicht, da inzwischen auch Blehrs ehedem einflußreicher Kampfgefährte Hagelin auf verlorenem Posten stand. BA, R 70 N/14, Meldungen aus Norwegen, Nr. 89, 19.2.1945, S. 26. »Der Produktionsrat hat direktes Weisungsrecht an alle Departements und Fylkesmänner.« Hoidal, Quisling, S. 534 f. Diese Anschuldigungen gegen Hagelin brachte im Herbst 1942 der innerparteiliche Gegner Hagelins Roald Dysthe in einem Artikel der Osloer Tageszeitung »Aftenposten« unter das Publikum. Da die erhoffte Reaktion in der Parteiführung ausblieb, wiederholte Dysthe die Anschuldigungen in verschärfter Form in einem direkten Brief an Hagelin, wobei er Kopien des Schreibens an Quisling und den Reichsanwalt schickte. Dies brachte Dysthe einen Prozeß vor dem norwegischen »Volksgerichtshof« ein, der sich über ein Jahr hinzog und mit der Niederschlagung der Anklage endete. In einem Brief an Terboven beklagte er sich über die ungleiche Rechtspraxis, weil Hagelin trotz der massiven Verdachtsmomente nicht in gleicher Weise zur Rechenschaft gezogen wurde (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 2046, eske 1, Dysthe an Terboven, Oslo, 12.9.1944). »Die gegenseitigen Vorwürfe der beiden Parteicliquen [gemeint ist der Kreis um Hagelin und der um Prytz] werden auch von der breiteren Parteiöffentlichkeit bis in die Provinz hinein erörtert.

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durch Artikel in der prodeutschen, mit der SS liierten Zeitschrift »Germaneren« neue Nahrung bekommen230. Auch die Erkenntnisse des SD waren eindeutig. Der Leiter des Referats D (Wirtschaft, Handel, Industrie) der Abt. III (SD) beim BdS/SD, Fahnl, hielt in einem Notât für seinen Chef Herbert Noot Mitte September 1943 fest, daß Hagelin sich in einer persönlichen Steuerangelegenheit in einer Weise verhalten habe, »die möglicherweise mit da2u beitragen werde, ihn endgültig zu Fall zu bringen«. Es ging hier um die Unterschlagung von Steuern bei Nebeneinkünften und um schwarze Börsengeschäfte, in die noch weitere führende Parteimitglieder wie Thorvald Thronsen verwickelt waren. Fahnl war sich sicher, daß »eine gerichtliche Untersuchung der Angelegenheit zweifellos zu einem für die NS außerordentlichen peinlichen Skandal führen werde« und daß deshalb »wahrscheinlich der Ministerpräsident eingreifen und die Durchführung eines Verfahrens unterbinden« werde231. So geschah es dann auch. Quisling setzte Anfang Oktober 1943 eine Parteikommission ein, die die Verdächtigungen gegen Hagelin und die anderen überprüfen sollte. Diese Kommission gab im März 1944 ihre »streng geheimen« Untersuchungsergebnisse bekannt, die nichts anderes als eine Reinwaschung Hagelins waren. Dysthe dagegen erhielt wegen seiner Vorgehensweise, insbesondere wegen der Briefkopie an den Reichsanwalt, einen strengen Parteiverweis232. Hagelins Stellung war hernach dennoch entscheidend geschwächt, denn die Gerüchte um ihn hielten sich und konnten auch nicht sozusagen parteioffiziell dementiert werden, da der Kommissionsbericht geheim war233. Vor diesem Hintergrund zog Quisling Hagelin nicht mehr wie früher als alleinigen politischen Berater heran, er nahm ihn entgegen früheren Gewohnheiten nicht einmal zu dem Besuch bei Hitler im April 1943 mit234. Finanzminister Prytz und Alf Whist gewannen statt dessen stetig an Einfluß235. Hagelin kam dies anscheinend gar nicht so ungelegen, denn im Grunde war ihm, wie er später sagte, schon Mitte 1943 klar, daß Deutschland den Krieg nicht würde gewinnen können236. Unter diesen Umständen versteiften sich seine nationale Haltung und seine Gegnerschaft zum Reichskommissariat immer mehr, er versuchte sogar — wenn auch vergeblich —, Kontakt zum gegnerischen Lager zu knüpfen237. In einer mehrseiti-

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Diese Diskussion fuhrt der allgemeinen Gerüchtebildung über die Führungsverhältnisse der Partei immer neues Material zu und trägt damit ständig zur Minderung des Partei-Prestiges bei« (BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 52, 9.3.1943, S. 6). Die Zeitschrift wetterte gegen »Ratten«, die sich »in unsere Partei eingeschlichen haben, um auf diese Weise Geld zu machen«, und drohte, führende »verbonzte« NS-Mitglieder zu beseitigen (Liv og laere, in: Germaneren, 17.7.1943). IfZ, MA 110, Aktenvermerk des HStuf. Fahnl vom 13.9.1943. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, Erklärung vom 8. Oktober 1943. Unter den Akten des Landesverratsprozesses gegen Roald Dysthe befindet sich eine ganze Archivbox mit Briefen und Dokumenten im Zusammenhang mit diesem Fall (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 2046). Zu Hagelins Korruptheit siehe auch NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 60, Erklärung Korffs an die norwegische Staatsanwaltschaft, Ski, 22.1.1948. Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 413. Sorensen, Hitler eller Quisling, S. 213. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846. Heidal, Quisling, S. 535. — Im Landesverratsprozeß verstieg sich Hagelin zu der Erklärung, er sei am Ende des Krieges der beste Jossinger (Englandfreund) gewesen. Das half ihm indes nichts.

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gen Denkschrift von Anfang August 1943 machte er Quisling eine Generalabrechnung mit dem Reichskommissariat in einer vorher nicht dagewesenen Schärfe auf: »Schon von Anfang an«, schrieb er, »war die Haltung des Reichskommissariats gegenüber dem norwegischen Volk von mangelndem Verständnis für Norwegens Stellung, für die norwegische Mentalität und die norwegische Eigenart geprägt gewesen; die Haltung war unwillig und unfreundlich«. Die Entwicklung seit dem Herbst 1940 sei genau die entgegengesetzte gewesen, als sie vom Reichskommissar Quisling und der Nasjonal Sämling vorgespiegelt wurde; Terboven habe stets nur seine Machtposition festigen und ausbauen wollen. Als Konsequenz kontrollierten die Deutschen nun »das ganze Spektrum der norwegischen Gesellschaft«, und dies habe zum größten Teil gar nichts mit dem Kriegsgeschehen an sich zu tun. »Es wurden immer neue deutsche Abteilungen errichtet, um die norwegische Landwirtschaft, die norwegische Industrie, die norwegische Schiffahrt [...] usw., usw., unter deutsche Verfügungsgewalt zu bringen«. Und teilweise seien diese Abteilungen größer als einzelne norwegische Departements geworden. Auch das Zugeständnis einer »nationalen norwegischen Regierung« sei nach Hagelin nur ein Schachzug in dem großen deutschen Betrugsmanöver gegenüber der Nasjonal Sämling gewesen238. An sich stellte die Denkschrift Hagelins eine Aufstachelung zu einer Revolte gegenüber dem Reichskommissariat dar, wäre sie nicht in einem resignativen Grundton abgefaßt worden. So aber schlossen sich zwar einige antideutsch eingestellte Kollegen den in der Denkschrift geäußerten Gedanken an, dieses Kollegium (es handelte sich außer Hagelin um Blehr, Hustad, Fretheim und Lippestad) brachte aber nicht die nötige Verve auf, um aus den schwerwiegenden Vorwürfen ein Handlungsprogramm zu entwickeln, das den Ministerpräsidenten aus seiner devoten Haltung gegenüber den Deutschen hätte reißen können. Außerdem hatte es die Parteiorganisation nicht hinter sich, obwohl der Generalsekretär Rolf Fuglesang an sich Sympathien für die Gruppe um Hagelin hegte239, sich aber wieder einmal als treuer Vasall seines Forers zeigte. Im Grunde genommen suchte Hagelin zu dieser Zeit schon nach einem günstigen Weg, das sinkende Schiff zu verlassen. Die Gelegenheit für einen für alle Beteiligten passablen Abgang Hagelins kam dann überraschend im September 1944, als mit dem Waffenstillstandsabkommen zwischen Finnland und der Sowjetunion die auf finnischem Boden stehenden deutschen Truppen gezwungen waren, sich aus Finnland zurückzuziehen. Im äußersten Norden wurde nun eine gewaltige Absetzbewegung in Gang gebracht, in der sich die deutschen Truppen zunächst in die nordnorwegische Provinz Finnmark und von dort zusammen mit den dort stationierten Wehrmachteinheiten nach Süden in die sogenannte Lyngenstellung Seine Schuld war wegen seines jahrelangen Einsatzes an vorderster NS-Front so drückend, daß er vom Gericht dazu verurteilt wurde, das Schicksal Quislings zu teilen. Am 25. Mai 1946 wurde er auf der Festung Akershus in Oslo hingerichtet (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, Urteilsspruch des Eidsivating Lagmannsrett vom 4.12.1945). 238 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, eske 1, Streng vertrauliche Denkschrift Viljam Hagelins vom 2.8.1943. 23» Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 454 f.

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begaben240. Die dabei vorgesehene Evakuierung der norwegischen Bevölkerung sollte durch ein hochrangiges Regierungsmitglied, den Innenminister Hagelin, geleitet werden. Dieser hatte allerdings rechtzeitig davon erfahren und sich beim Ministerpräsidenten krank gemeldet. An seiner Statt wurde Sozialminister Lippestad mit dem undankbaren Auftrag betraut241. Als Trost erhielt Lippestad kommissarisch auch die Geschäfte des »erkrankten« Innenministers übertragen. Diese mußte er nach dem Abschluß seines Auftrages, durch den er sich, was durchaus im Interesse des Reichskommissars war, bei seinen Landsleuten gehörig kompromittiert hatte242, allerdings wieder abgeben. Hagelin war somit als Minister überflüssig geworden, eine Absetzung ließ sich nicht umgehen. In einem Schreiben an Quisling erklärte er sich auch damit einverstanden, bat allerdings darum, seinen Abgang auf eine Weise zu gestalten, daß es nicht so aussähe, als hinge er mit dem deutschen Niedergang zusammen243. Mit Hagelins Absetzung am 8. November 1944 war das letzte Band zwischen Quisling und dem Mann zerschnitten, der ihn 1939/40 in das Abenteuer mit Hitlerdeutschland geführt hatte und der jahrelang den Kontakt zur Nazifuhrung in Berlin hinter dem Rücken des Reichskommissars gepflegt hatte. Unter seinem Nachfolger Arnvid Vasbotten, einem Juristen am Obersten Gericht, entkrampfte sich das Verhältnis zwischen Innendepartement und Reichskommissariat. Hinsichtlich der deutschen Forderungen suchte Vassbotten stets eine pragmatische Lösung zu finden, die beiden Seiten entgegenkam244. Seine deutschfreundliche Haltung kam auch darin zum Ausdruck, daß er einer von nur drei Ministern der Quislingregierung war, die der Germanske SS Norge angehörten 2 «. Die Gründe für die ablehnende Haltung Ottes gegenüber den meisten Wirtschaftspolitikern der Nasjonal Sämling waren mannigfaltiger Art. Bei ihm spielte ähnlich wie bei Terboven zunächst der Gesichtspunkt eine Rolle, daß Quisling und seine Leute ihn an der ungeteilten Herrschaft über die norwegische Wirtschaft hinderten. Wie Terboven erkannte er, daß die Partei nicht nur die breite Masse des norwegischen Volkes gegen sich hatte, sondern auch fast die gesamte Wirtschaft, so daß nach seinem Dafürhalten die deutschen Interessen ohne die Nationalisten in 240 241

242

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Siehe hierzu Bohn, Der Rückzug am Eismeer, S. 105 - 1 2 4 . RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 29, Bericht Lippestads an den Ministerpräsidenten über die Evakuierung des Regierungsbezirks Finnmark und der 4 nördlichen Kommunen des Regierungsbezirks Troms, Oslo, 28.2.1945. Gerade diese Tätigkeit wurde im Landesverratsprozeß, neben seiner Mitwirkung an den Arbeitseinsatzgesetzen, hervorgehoben. Lippestad wurde zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3802, Urteilsspruch des Eidsivating Lagmannsrett vom 29.11.1946). RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 846, Hagelin an Quisling, Oslo, o.D. Vasbotten (geb. 1903) wurden im Landesverratsprozeß Geschick und Tüchtigkeit bescheinigt. Auch wenn er nicht so aggressiv wie sein Vorgänger agiert habe, so sei er doch auf seine pragmatische und sachliche Art in »der letzten, desperaten Phase der Okkupation« den Deutschen und der Bewegung nützlich gewesen. Er wurde vom Obersten Gericht zu 20 Jahren Zwangsarbeit verurteilt (Om landssvikoppgjoret, S. 134). Sorensen, Hider eller Quisling, S. 83. Die beiden anderen waren der Polizeiminister Jonas Lie, der zugleich Chef der GSSN war, und der Justizminister Sverre Riisnses.

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der Nasjonal Sämling besser wahrgenommen werden konnten. Die Qmslingbewegung störte letztlich ganz einfach mit ihrer volkswirtschaftlichen Inkompetenz246, ihren Sonderwünschen und ihren Widerständen die Zusammenarbeit der deutschen Stellen mit den norwegischen Behörden und der norwegischen Wirtschaft247. Deshalb wurden innerhalb der Nasjonal Sämling Leute wie Whist aufgebaut, die in zweierlei Hinsicht nützlich waren: Sie boten die Gewähr für die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft für die deutsche Kriegswirtschaft und sie waren durch ihre pangermanische Einstellung Garanten dafür, daß die politisch-ideologische Entwicklung der Nasjonal Sämling nicht noch stärker in das Fahrwasser der »engstirnigen Nationalisten« (so Terboven) aus dem Lager Blehrs, Fuglesangs und Hagelins geriet. Diese Haltung gegenüber der Nasjonal Sämling bedeutete im Grunde, daß der Führerbefehl vom September 1940 an Terboven, Quisling und seine Bewegung bei der Durchführung der »nationalen Revolution« uneingeschränkt zu unterstützen, mehr oder weniger offen »sabotiert« wurde. Bei dem hochentwickelten Überwachungssystem durch den SD wäre ein solches Verhalten von führenden Funktionären und Beamten ohne Rückendeckung nicht möglich gewesen. Terboven hat dies nicht nur stillschweigend geduldet, sondern sogar gefördert. Seine einschlägigen Äußerungen im engeren Kreis, die innerhalb seiner Behörde kolportiert wurden bzw. sogar kolportiert werden sollten, mußten quasi als Ermunterung zu dieser Einstellung aufgefaßt werden. Gerade auf dem Gebiet der Wirtschaft offenbarte sich die Herrschaftspraxis Terbovens im Verhältnis zur Nasjonal Sämling deutlicher als anderswo: Nach außen hin, d.h. in der offiziellen Propaganda, wurde gutes Einvernehmen an den Tag gelegt und ein ums andere Mal vom Reichskommissar erklärt, der Weg zu »Norwegens Freiheit« gehe nur über die Nasjonal Sämling. Gleichzeitig tat der Reichskommissar aber alles, um Quisling und der Nasjonal Sämling Steine in den Weg zu legen. Terboven hat im Grunde nie verwinden können, daß Quisling und Hagelin ihm seine vielleicht bitterste politische Niederlage beigebracht haben, als er im Spätsommer 1940 von Hitler zum Verzicht auf seine Reichsratspläne und zur Aufbauhilfe für den von ihm verachteten Quisling und dessen Bewegung gezwungen wurde, womit Terbovens Ambitionen im niederrheinisch-belgischen Raum zunichte gemacht worden waren. Die kritische Einstellung der deutschen Fachbeamten gegenüber der Quislingregierung wurde nicht unwesentlich durch eine entsprechende Haltung der Sicherheitspolizei begünstigt, die andernfalls zweifellos gegen NS-feindüche Beamte vor246 247

RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage von Prof. J. Bache-Wiig, Oslo, 8.11.1945 »Der Administrationsrat hatte, soweit es die Wirtschaft betraf, und nur diese Verhältnisse übersehe ich ganz, mit mir gemeinsam alles getan, um den Wirtschaftskreislauf zu fördern, ihn zu beleben und jede Schwierigkeit zu beseitigen. [...] Sollte ich mir diese glückliche Entwicklung, mein Verhältnis zum Adm.Rat, zur Wirtschaft durch politische Maßnahmen zerstören lassen? Es war und ist mir gleichgültig fur meinen Auftrag, ob der Produzent von — z.B.Kalksalpeter — der Hayre-, Venstre- oder Arbeiterpartei angehörte, nicht gleichgültig war mir die Leistung seines Werkes, sein Verhältnis zur Arbeiterschaft« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 4367, Dok. 43, bilag 1/3, Aussage Ottes, Oslo, 15.10.1947).

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gegangen wäre. Die Sicherheitspolizei war aus den an anderer Stelle genannten Gründen mit der Quislingregierung zunehmend unzufrieden. Hinzu kam, daß sich seit der Gründung der Germanske SS Norge im Juli 1942 ein immer schärferer Gegensatz zwischen der SS und der Nasjonal Sämling herausgebildet hatte. Dieser entzündete sich allerdings an einem ganz anderen Punkt: Die deutschen SS-Führer um Rediess und Berger warfen Quisling vor, zu sehr christlichem Gedankengut verfallen zu sein und zudem ehemalige Freimaurer wie Prytz und Whist als führende Mitarbeiter zu dulden, die sinnigerweise auch vom Reichskommissar gefördert wurden. Diese ungeordnete Frontlinie brachte es nun mit sich, daß die SD-Berichte oft genug Maßnahmen der Quislingregierung bzw. der Nasjonal Sämling in keinem vorteilhaften Licht erscheinen ließen und zugleich das Freimaurertum kritisierten248. Somit wurde der Versuch der Nasjonal Sämling, auf das norwegische Wirtschaftsleben einen beherrschenden Einfluß zu gewinnen, im wesentlichen durch die Hauptabteilung Volkswirtschaft und die innerparteilichen Interessen- und Machtkämpfe, die wiederum vom Reichskommissariat für eigene Zwecke instrumentalisiert wurden, vereitelt. Selbst die personellen Veränderungen in den Abteilungsleitungen der norwegischen Ministerien nach der Regierungsbildung Quislings, die auf eine Nazifizierung der norwegischen Ministerien zielten, hatten letztlich nicht die Wirkung, die die Wirtschaftspolitiker der Nasjonal Sämling erhofft hatten. Nicht wenige der neuen Beamten aus der Nasjonal Sämling schwenkten bald in eine Linie ein, die sich nicht wesentlich von der der alten Departementsbeamten unterschied. Weder verfolgten sie eine ausgesprochen prodeutsche Politik, noch begünstigten sie die der Nasjonal Sämling nahestehenden Wirtschaftskreise in einem Maße, daß dies zu einer Änderung der Wirtschaftspolitik geführt hätte. Aufs Ganze gesehen, hat die Nasjonal Sämling keinen nennenswerten »konstruktiven« Einfluß auf den Wirtschaftsablauf ausüben können. Auch die der Partei angehörenden Geschäftsleute konnten über ihre Parteizugehörigkeit keine bedeutende Stellung im norwegischen Wirtschaftsleben gewinnen, wenn wir von dem Kohlenhändler Olaf W. Fermann absehen, der in seiner Branche frühzeitig eine überragende Position erreichen und bis zur Kapitulation behaupten konnte. Diese Stellung verdankte er aber nicht der Einflußnahme von Nasjonal Sämling, sondern seinen reichsdeutschen Verbindungen und seinen Lieferverträgen mit der Wehrmacht, die über ihn an der Hauptabteilung Volkswirtschaft vorbei ihre Brennstoffversorgung zu verbessern suchte249.

248 249

Siehe dazu z.B. BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57,12.7.1943. Bereits in den allerersten Tagen der Besetzung hatte sich Fermann diese Position sichern können. Im April 1940 weilte er in Begleitung von Ministerialdirektor Sarnow zu Verhandlungen in Berlin (PoLArch. AA, HaPol.Abt, R 113708, Aufzeichnung van Scherpenbergs, 25.4.1940). Fermann, 1892 in Oslo geboren, war vor dem Ersten Weltkrieg in Petersburg für eine norwegische Schiffsmaklerfirma tätig, wobei er mit Quisling und Prytz in Kontakt gekommen ist. Nach der russischen Revolution war er eine Zeidang in Deutschland geschäftlich tätig, 1939 trat er als Teilhaber in die Deutsche Kohlendepot A G ein, deren Generalvertretung in Norwegen er übernahm. 1933 trat Fermann der Nasjonal Sämling bei (IfZ, MA 110, Vernehmungsprotokoll Olaf Fermann durch norwegische Polizei vom 19.9.1946).

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2. Wirtschaftslenkung und Kriegswirtschaft a) Krisenbevorratung Bei Ausbruch des europäischen Krieges im September 1939 herrschte in der breiten Masse des norwegischen Volkes, in seiner politischen Führung wie auch in den führenden Kreisen der norwegischen Wirtschaft die Ansicht vor, in dem Konflikt der europäischen Großmächte neutral bleiben zu können250. Gleichwohl standen das norwegische Volk und die Regierung gefühlsmäßig auf seiten der Alliierten, was dann durch die Exilierung letzterer nach London zum Ausdruck kam. In den Wirtschaftskreisen lagen die Dinge komplizierter. Die Reeder, die über die viertgrößte Handelsflotte der Welt verfügten, waren traditionell englandfreundlich eingestellt, während in Kreisen der Industrie in nicht geringem Maße deutschfreundliche Haltungen zu beobachten waren. So ergab sich eine Konstellation, die der während des Ersten Weltkrieges ähnlich war251. Der Ausbruch des Krieges traf Norwegen wirtschaftlich keineswegs unvorbereitet. Seit 1935 hatte Norges Nasjonale Selvhjelpsràd (Norwegens Nationaler Selbsthilferat) Untersuchungen über Bedarf, Versorgungs- und Lagermöglichkeiten von Verbrauchsgütern für den Krisen- und sogar Kriegsfall angestellt und, angesichts der starken Importabhängigkeit des Landes, eine systematische Bevorratung und Rationierung geplant. 1938 wurde zudem ein Kriseutvalg (Krisenausschuß) gebildet, der mit dem Einkauf bestimmter Güter im Rahmen einer vom Parlament festgesetzten Größe betraut wurde. Die Rohstoffe, Lebensmittel und Halbfabrikate wurden teils auf Rechnung des Staates gekauft, teils wurde ihre Beschaffung durch Garantien zugunsten privater Importeure ermöglicht. Ende Juni 1939 waren für 10,8 Mio Kr. Güter aller Art eingekauft, und diese Einkäufe wurden nach Kriegsausbruch aufgrund weiterer staatlicher Garantien über die festgesetzte Summe hinaus fortgesetzt252. Die staatlichen Beschaffungen konnten allerdings nicht ausreichen, um die Versorgung im Kriegsfall sicherzustellen. Die maßgeblichen Branchen, voran der Handel, wandten deshalb in den Jahren vor Kriegsausbruch enorme Beträge auf, um ihre Lager aufzustocken. Darauf deutet die Steigerung der Einfuhren, insbesondere an Konsumgütern, in den Jahren 1937 bis 1939 hin, in denen 50 Prozent mehr Waren als im Vergleichszeitraum davor importiert wurden253. Gewaltige Warenströme kamen so in das Land und füllten die Lager noch beim entlegensten Landhändler in der Finnmark. Die Erfahrungen des Ersten Weltkrieges ließen nicht nur eine große Warenverknappung erwarten, sondern damit verbunden auch ein starkes Anziehen der Preise und enorme Profite254. 250 251 252 253

254

Innstilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Innstilling I, S. 55 ff. Handelsflâten i krig 1939 - 1 9 4 5 , Bd 1; Didriksen, Industrien under Hakekorset. Innstilling fra Undersokelseskommisjonen av 1945. Innstilling I, S. 37. Staüstisk Arbok for Norge 1941, S. 129. 1937 bis 1939 betrug der Wert der importierten Waren 3852 Mio Kr., der Importwert der Jahre 1934 bis 1936 betrug 2490 Mio Kr. Hodne, Norges ekonomiske historie, S. 453.

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Ein Nachteil dieser großzügigen Bevorratung durch die Privatwirtschaft war allerdings, wie sich schon bald erweisen sollte, die mangelnde Konzentration auf wirklich lebensnotwendige Waren. Dies wäre nur durch eine umfassendere staatliche Lenkung möglich gewesen. Dazu fehlte aber in Norwegen ein geeignetes Instrument. Das Versorgungsdepartement (Forsyningsdepartement), dem diese Aufgabe zufiel, wurde erst nach Ausbruch des Krieges im Herbst 1939 aufgrund der Vorarbeiten des Selvhjelpsrâd gebildet. In diesem neuen Ministerium wurden vier Direktorate entsprechend den wichtigen Sparten des norwegischen Wirtschaftslebens eingerichtet: für Schiffahrt, Außenhandel, Industrieversorgung und für Proviantierung255. Bis zum deutschen Überfall war das Versorgungsdepartement aber nicht imstande, durchgreifende Maßnahmen zu realisieren, obgleich es mit dem Leiter des Direktorats für Proviantierung, Direktor Nikolai Schei, an führender Stelle einen überaus fähigen Kopf besaß. Schei sollte während der Okkupation eine bedeutende Rolle in der norwegischen Wirtschaftslenkung zufallen. Da eine staatliche Lenkungsinstanz vor Kriegsbeginn fehlte, kaufte jeder Grossist auf seinem Gebiet ganz nach persönlichen Erfahrungen und seinem Dafürhalten. In nicht unerheblichem Maße wurden deshalb Halbfabrikate und Luxusgüter aller Art eingekauft. So übertraf die Bevorratung mit Kaffee, englischem Whisky und französischem Parfüm — relativ gesehen — die Aufstockung der Vorräte an Getreide, Futtermitteln und Kohle256. Der Vorteil dieser Bevorratungsweise war immerhin, daß sie den Staat kein Geld kostete, auch das Risiko wurde ausschließlich von der Privatwirtschaft getragen. Bei einem Gesamtwert der Einfuhren im Jahre 1939 von rund 1367 Mio Kr. waren die staatlichen Aufwendungen von etwa 10 Mio Kr. fast gar nicht feststellbar257. Auch wenn die Bevorratung mit Getreide, Futtermitteln, Zucker sowie Brennund Schmierstoffen aller Art mit der von Halbfabrikaten und Luxusgütern nicht mithielt, war die norwegische Versorgungslage im Herbst 1939 keineswegs ungünstig und konnte sogar durch den weiteren Einsatz der Handelsflotte bis zur deutschen Invasion 1940 noch erheblich verbessert werden258. b) Reglementierung des Waren- und Arbeitsmarktes Warenmarkt Der Erste Weltkrieg hatte gezeigt, daß Norwegen versorgungsmäßig nicht auf eigenen Füßen stehen konnte. Eben diese Erkenntnis hatte zu den eingangs erläuterten Bevorratungsmaßnahmen geführt. Mit dem deutschen Überfall war das Land schlagartig von seinen überseeischen Versorgungslinien abgeschnitten, und trotz aller beschwichtigenden Bekundungen, die die Invasion begleiteten, konnte für die Norweger nicht absehbar sein, was die Okkupationsmacht in wirtschaftliRingdal, Mellom barken og veden, S. 127 f. Statistisk Arbok for Norge 1940, S. 127 ff. 257 Ebd., S. 117. « s H andéis flâten i krig 1939 - 1 9 4 5 , Bd 1, S. 45 ff. 255 256

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eher Hinsicht tun würde. In dieser Phase herrschte bei den norwegischen Verwaltungsbehörden allgemein Apathie, einmal wegen des Schocks, den der Uberfall bei allen Norwegern hervorgerufen hatte, zum anderen wegen der unklaren Regierungsverhältnisse. Die norwegischen Wirtschaftsbehörden beschränkten sich auf die Erledigung der notwendigsten laufenden Angelegenheiten, und die im Aufbau befindliche Behörde der Okkupationsmacht hatte noch keinen tieferen Einblick in die norwegischen wirtschaftlichen Spezifika, um Krisenmaßnahmen zu initiieren. Außerdem meinte die Besatzungsmacht zu dieser Zeit noch, aus dem Vollen schöpfen zu können, so daß in der Wirtschaftsabteilung des Reichskommissariats und im Wehrwirtschaftsstab der Wehrmacht ungebrochener Optimismus hinsichtlich der wirtschaftlichen Möglichkeiten herrschte259. Doch bald sollte sich zeigen, daß die Vorräte schneller verbraucht wurden als gedacht. Schon im Oktober 1940 stellte Terboven fest, daß das Reich nicht in der Lage sein würde, den gesamten norwegischen Bedarf auf allen Gebieten zu decken. Dies galt insbesondere für das Ernährungsgebiet, aber auch für die norwegische Export- und Verbrauchsgüterindustrie. »Norwegen muß sich daher künftig auch selbst um die Deckung dieses Bedarfs [...] bemühen«, war Terbovens Folgerung260. Neben dem Mangel an Brotgetreide barg der fast völlige Ausfall der Futtermitteleinfuhr, die vor dem Krieg normalerweise etwa 150 000 t pro Jahr ausgemacht hatte261, die größte Gefährdung für die Ernährung des norwegischen Volkes. Die nach der Okkupation vorwiegend aus Deutschland kommenden Einfuhren waren unbedeutend, da auch im Reich und in den von ihm besetzten anderen Gebieten große Futtermittelknappheit herrschte. 1941/42 wurden beispielsweise nur 20 000 t Kleie und 25 000 t Melasse nach Norwegen geliefert262. Das war zuwenig, um den norwegischen Viehbestand zu sichern263. Und selbst bei diesen bescheidenen Importmengen trat noch die Transportfrage als nahezu unlösbares Problem hinzu. Unter diesen Umständen waren der Administrationsrat bzw. ab 25. September 1940 die Kommissarischen Staatsräte gezwungen, »jede Anregung der Besatzungsmacht aufzunehmen«264, durch die die Versorgung des Landes sichergestellt 259

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261 262 263

264

RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissariat für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, April 1941, S. 3 f.; BA-MA, RW 28/15, Geschichte des Wehrwirtschaftsstabes Norwegen 8.3.1940 bis 30.9.1940, S. 14 ff. IfZ, IMT, NG 1583, Gesamtbericht über die Tätigkeit des Reichskommissariats, Oslo, 17.10.1940. Statistisk Arbok for Norge 1939, S. 129. RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943. »Größtes Augenmerk gilt der Erhaltung des Rindviehbestandes, da dieser die Grundlage für die Milch-, Fett, Käse- und Fleischwirtschaft sowohl für die norwegische Bevölkerung als auch für die Wehrmacht ist.« Deshalb wurde »durch die Abschlachtung von Hühnern auf etwa die Hälfte des Bestandes der allgemeinen Futtermittelknappheit Rechnung getragen« (RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissariat für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, April 1941, S. 85). Die Abschlachtung auf »etwa die Hälfte« bedeutete konkret eine Verringerung von 5,686 Mio im Jahre 1939 auf 2,344 Mio Ende 1941. Ende 1943 wurde ein Bestand von 0,9 Mio Hühnern in Norwegen erfaßt (BA, R 26 IV/21, Viehwirtschaft Norwegen). Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 462.

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werden würde. Eine der wenigen norwegischen Einrichtungen, die bereits in der allerersten Zeit der Okkupation größere Bedeutung erlangten, war deshalb das Produktionsdirektorat im Landwirtschaftsdepartement. Durch Steuerungsmaßnahmen wurde von hier aus alles versucht, um eine bestmögliche Ausnutzung der anbaufähigen Bodenfläche und eine Intensivierung der Viehwirtschaft zu erreichen265. Bereits 1940 gelang es, die Anbaufläche um rund 9000 Hektar zu vergrößern; später kamen noch weitere 33 000 Hektar hinzu266. Die Bedeutung dieser Maßnahme fur die Versorgung wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, daß gleichzeitig nicht wenig anbaufähiges Areal von der Wehrmacht, vor allem zum Flugplatzbau, beansprucht wurde. Parallel zur Vergrößerung der Anbaufläche führte man eine neue landwirtschaftliche Anbauplanung ein, die auf eine Bedarfsdeckung ohne Rücksicht auf die Gewinne der Produzenten zielte. Die Vergrößerung der Anbaufläche konnte nicht ohne Eingriffe in die Handlungsfreiheit der einzelnen Bauern erzielt werden. Durch die Vorläufige Verordnung vom 17. Januar 1942 über Sondermaßnahmen zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion267 konnte das Landwirtschaftsdepartement jedem einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb Auflagen zur Anbauplanung machen. Das nachfolgende Gesetz vom 9. April 1942268 schuf darüber hinaus die Möglichkeit einer zwangsweisen Inanspruchnahme von Spannkräften und Transportmitteln aller Art zur Durchführung der landwirtschaftlichen Anbaupläne. Dieses Gesetz war notwendig geworden, weil zahlreiche Besitzer von Pferdefuhrwerken, Traktoren und Lastkraftwagen es vorzogen, hochbezahlte Wehrmachttransporte auszuführen, statt ihre Transportmittel der Landwirtschaft zur Verfügung zu stellen269. Das auf Veranlassung des Reichskommissars ergangene Gesetz richtete sich damit auch gegen die Wehrmacht, denn es ermöglichte norwegischen Behörden, Maßnahmen der Wehrmacht praktisch aufzuheben. Diese Verordnungen auf dem Sektor der Landwirtschaft stellten Eingriffe in die Privatwirtschaft dar, wie sie bis dahin in Norwegen unbekannt waren. Eine der größten Leistungen der norwegischen Ernährungswirtschaft während der Okkupation war sicherlich, daß das Problem der Futtermittelversorgung im Zusammenspiel von Holzveredlungsindustrie, Fischerei und Landwirtschaft in einem Maße verringert werden konnte, daß keine einschneidenden Einbußen am Viehbestand eintraten270. Der wichtigste Bestandteil des Ersatzfutters wurde die Zellulose, die bei der Holzverarbeitung anfiel. Sie wurde durch Zusatz von Heringsmehl zu einem brauchbaren Futter, das für die Erhaltung des Großviehbestandes entscheidend war. In der ersten Hälfte der Besatzungszeit wurden rund

RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissariat für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, April 1941, S. 84 f. 266 Statistisk okonomisk utsyn over krigsârene, S. 117 f. Norsk Lovtidend 1942, S. 27 f. ζω Ebd., S. 326 f. 269 RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943. 270 Zur Entwicklung des Viehbestandes bis 1943 siehe BA, R 26 IV/21. 265

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220 000 t dieses Gemisches pro Jahr verfuttert271. Diese Umstellung stieß aber nicht nur auf mannigfache technische und organisatorische Probleme; auch die Finanzierung bereitete einige Schwierigkeiten, denn die Kosten für Futterzellulose mit einer Beimengung von 15 bis 20 Prozent Heringsmehl waren bei geringerem Futterwert wesentlich höher als bei dem Kraftfutter aus Übersee. Es war daher notwendig, im Zusammenwirken mit dem Preisdirektorat die Preise für Futterzellulose und für die Herstellung von Heringsmehl durch staatliche Subventionen niedrig zu halten. Dieser Preisausgleich hat den norwegischen Haushalt während der Okkupation mit 127,5 Mio Kr. belastet272. Zudem zwang die Notwendigkeit, die Produktion von Heringsöl und Heringsmehl für die Futter- und Fettversorgung wesentlich zu erhöhen, nicht nur dazu, den Heringsmehlfabriken weit größere Mengen von Heringen zuzuführen, sondern dies auch ohne Rücksicht auf die sonstigen guten Absatzmöglichkeiten zu tun. Da die Heringe mit dem vollen Marktpreis bezahlt werden mußten, wäre das Heringsmehl ohne Subventionen so teuer geworden, daß seine Verwendung für Futterzwecke an der Kostenfrage gescheitert wäre. Seine Erzeugung mußte daher ebenfalls durch Staatszuschüsse gestützt werden. Dies erforderte bis 1945 zusätzliche 53 Mio Kr. Belastet wurde der Staatshaushalt ferner noch durch die Errichtung von Silageanlagen zur Grünfutterkonservierung273. Durch alle ernährungswirtschaftlichen Lenkungsmaßnahmen gelang es immerhin, 70 bis 75 Prozent der unbedingt erforderlichen Lebensmittel aus norwegischer Produktion zu decken, natürlich bei gleichzeitiger starker Drosselung des Verbrauchs274. Hinter diesen Zahlen verbirgt sich eine nahezu unglaubliche Leistung. Dies ist auch dadurch ermöglicht worden, daß die norwegische Krone während der Okkupation beinahe stabil gehalten werden konnte und der Staat die Landwirtschaft mit rund 370 Mio Kr. subventionierte. Der Landwirtschaft wurde einerseits die Steigerung der Produktionskosten abgenommen, auf der anderen Seite kamen ihr die während der Besatzungszeit mehrmals erhöhten Preise für ihre Produkte zugute. Dieser Grad an Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln konnte zudem nur durch eine bereits im ersten Jahr der Besetzung eingeführte Lebensmittelrationierung für die norwegische Bevölkerung erreicht werden. Die Rationierung erfolgte in vier Stufen, d.h. mehr und mehr Produkte wurden einbezogen275. 271

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Zusammengesetzt aus rund 170 000 t Zellulose und 50 000 t Heringsmehl (RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der Abt. Fischwirtschaft für die Zeit vom 31.4.1940 - 31.12.1942, Oslo, 14.2.1943, S. 26). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der HA Volkswirtschaft 1940 bis 1942, Oslo, Febr. 1943; Aukrust/Bjerve, Hva krigen kostet Norge, passim. So erhielt die A/S Algea 1940 und 1941 eine Staatsgarantie von 3,5 Mio Kr., die die Aufnahme der Produktion von Tang- und Algenmehl ermöglichte. Zur Produktion von Ersatzstoffen siehe Johannessen, Fiskeskinn og brune alger; Hjeltnes, Hverdagsliv. RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissariat für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, April 1941, S. 86. Ebd., S. 87. Der Bericht gibt auch Auskunft über Rationierungsstufen, Kalorienzumessung und Warensortiment. Sehr aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang eine Gegenüberstellung der Tagesrationen in Deutschland und Norwegen von Anfang 1943, die die Benachteiligung der

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Größere Schwierigkeiten bei der Versorgung traten erst ab 1942 auf, als die großen Bauvorhaben zur Befestigung der norwegischen Küste durch die Organisation Todt in Angriff genommen wurden, wodurch auch die Warenversorgung in Mideidenschaft gezogen wurde, weil die einseitige Bevorzugung des Bausektors eine Vernachlässigung der Konsum- und Verbrauchsgüterindustrie verursachte. Auch der Einsatz starker Kontingente von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen in der Bau- und Bauhilfsindustrie belastete die schmale Versorgungsbasis Norwegens mehr und mehr. 1943 und besonders 1944, als durch Kriegseinwirkung ein großer Teil der deutschen Exportindustrie und damit auch die Einfuhren nach Norwegen zum Erliegen kamen, verschärfte sich die Situation weiter. Bis zum Herbst 1944 konnten die jeweils für ein Jahr aufgestellten Versorgungspläne zwar noch abgewickelt werden, der Versorgungsplan 1944/45 war allerdings von Anfang an ernsthaft in Frage gestellt. Außerdem waren beim wichtigsten Nahrungsgut, den Kartoffeln, infolge einer Mißernte die erwarteten Ernteerträge bei weitem nicht erreicht worden276. Das Reich, das im Winter 1944/45 angesichts der militärischen Lage selbst vor unüberwindlichen Versorgungsschwierigkeiten stand, blieb mit seinen Lieferungen im Rückstand. Im Frühjahr 1945 trat daher ein großer Mangel an den wichtigsten Nahrungsgütern — Kartoffeln, Getreide, Fett und Zucker — ein, der nicht wieder aufgeholt werden konnte und eine einschneidende Kürzung der Rationen erforderlich machte. Die Schlangen vor den Einkaufsläden wurden immer länger, die zur Verfügung stehenden Waren immer weniger, und trotz der Reglementierungen und Rationierungen kam es in der letzten Zeit der Besetzung wieder zu einer größeren Schwarzmarkttätigkeit277. Der durch die Okkupation und die Abschnürung vom Weltmarkt auf der norwegischen Wirtschaft lastende ungeheure Druck mußte notwendigerweise zu einer völligen Strukturveränderung führen. Mit den bisherigen an Angebot und Nachfrage orientierten volkswirtschaftlichen Mechanismen war es nicht länger möglich, eine gleichmäßige Verteilung der vorhandenen Güter und Zufuhren sicherzustellen und die Löcher zu stopfen, die insbesondere durch die Forderungen der Wehrmacht in die norwegische Binnenwirtschaft gerissen wurden. Die Ära der freien Wirtschaft, die trotz mancher Einschränkungen, wie zum Beispiel durch das Trustkontrollgesetz278, bis zum Kriegsausbruch in Norwegen geherrscht hatte, war mit der Besetzung beendet und eine Epoche der gelenkten Wirtschaft wurde eingeleitet. Die durch die Okkupation hervorgerufene wirtschaftliche Zwangs situation ließ den Übergang zu dieser Wirtschaftsform als unabweisbare Notwendigkeit erscheinen. Jeder, der in der Wirtschaft tätig war, anerkannte unter den obwaltenden Umständen die Unabwendbarkeit einer staatlichen Bewirtschaftung aller wichtigen

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Norweger dokumentiert: Kinder von 0 - 3 Jahren 1957/1678, Kinder von 3 _ 6 Jahren 1870/1684, Kinder von 6 - 1 0 Jahren 2003/2007, Kinder von 1 0 - 1 4 Jahren 2328/2007, Jugendliche 2100/1830, Normalverbraucher 1949/1727, Schwerarbeiter 2651/2364, Schwerstarbeiter 3386/2723 Kalorien (RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abteilung Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943, S. 3). NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 57, Blankenagel an Terboven, Oslo, 6.7.1944. Aukrust/Bjerve, Hva krigen kostet Norge, S. 89. Zu diesem Gesetz siehe Debes, Sentraladministrasjonens historie, Bd 5, S. 89.

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Roh- und Grundstoffe, eines Systems der Zuteilung und Rationierung sowie einer staatlichen Preisfestsetzung und Überwachung279. Die Umstellung von der relativen Überflußwirtschaft auf die Mangelwirtschaft setzte nach und nach die wirtschaftlichen Lenkungsfunktionen des Marktes außer Kraft. Es entwickelte sich auch in Norwegen die auf kriegswirtschaftliche Notwendigkeiten ausgerichtete Programmwirtschaft280. Diese neue Wirtschaftsform hatte deshalb mit der Neuordnung des politischen Systems an sich nichts zu tun, auch wenn sie von deutscher Seite ständig mit der staatlich-politischen Neuordnung in Verbindung gesetzt wurde281. Sie hatte unmittelbar auch nichts mit der Weltanschauung zu tun, zu der sich die Okkupationsmacht bekannte und zu der sie auch das norwegische Volk bekehren wollte. Die Wandlung des Wirtschaftsbildes war, ungeachtet sektoraler Erscheinungsformen, die anderes vermuten lassen, in erster Linie die Umsetzung wirtschaftlicher Notwendigkeiten unter dem Druck der von der Besatzungsmacht hervorgerufenen Gegebenheiten. Insofern irrt Milward, wenn er von einer intentionalen »Fascist Economy« in Norwegen spricht und damit meint, daß hier quasi programmatisch nationalsozialistische wirtschaftliche Vorstellungen umgesetzt wurden282. Dies konnte allein schon deshalb nicht der Fall sein, weil eine eindeutige, systematische nationalsozialistische Wirtschaftsprogrammatik fehlte. Es war vielmehr eine durch die nationalsozialistische machtpolitische Aggression bedingte Wirtschaftsform, für die immer neue Lenkungsformen und Lenkungsorgane geschaffen werden mußten. In Zeiten, in denen so gut wie alle Güter verknappt sind, versagt der privatwirtschaftliche Verteilungsmechanismus. Die Güter gelangen nicht dorthin, wo sie volkswirtschaftlich am dringendsten gebraucht werden. Vor allem bei Lebensmitteln und Waren des täglichen Bedarfs gibt es keine gerechte Verteilung unter der breiten Masse der Konsumenten. Ein großer Prozentsatz versickert auf dem schwarzen Markt. Einschlägige Untersuchungen haben gezeigt, daß bereits eine Verknappung um 5 Prozent des Normalen dazu führt, daß die betreffende Ware aus den Regalen der Läden verschwindet und entweder an bevorzugte Kunden wandert oder schwarz und überteuert an den Verbraucher gebracht wird283. 279 280

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Aukrust/Bjerve, Hva krigen kostet Norge, S. 89. Den Begriff Programmwirtschaft hat J.S. Geer in seiner Untersuchung der Eisenbewirtschaftung in Deutschland 1937 - 1 9 4 5 entwickelt. Nach Geer waren vor allem der »Markt der geschlossenen Nachfrage« (= Bewirtschaftung) und die »Produktionslenkung durch die >Fertigungsintegration< des Speer-Ministeriums« »Ausdrucksformen staatskonjunktureller Einflußnahme auf den Wirtschaftsprozeß« und »Durchsetzungsmittel einer Programmwirtschaft« (Geer, Der Markt der geschlossenen Nachfrage, S. 164 ff.). Diese Programmwirtschaft unterlag einem vom Primat politischer Zielsetzungen bestimmten Pragmatismus, den Geer wie folgt charakterisiert: »Weder politische noch ideologische Vorstellungen veranlaßten den Nationalsozialismus, marktfreundlich oder marktfeindlich zu sein. Er zeigte sich marktfreundlich, solange es zweckmäßig war, und erwies sich als marktfeindlich, als es der Kriegsfortgang notwendig erscheinen ließ« (ebd., S. 174). »Wie in Deutschland vor der Machtübernahme durch die nationalsozialistische Bewegung war auch der wirtschaftliche Liberalismus im norwegischen Staat nicht in der Lage, die Wirtschaft autoritär und entscheidend zu lenken«, leitete die Abt. Arbeit und Sozialwesen ihren Generalbericht für die Zeit vom 21.4.40 - 31.12.42 ein (RAO, RK, FD 5325/45). Milward, Fascist Economy, passim. Michaely, A Geometrical Analysis of Black-Market Behavior, S. 627 - 637.

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Im Gegensatz zur Haltung der norwegischen Wirtschaftswelt, die, wie im nachfolgenden Kapitel gezeigt wird, geschäftliche Interessen den politischen Skrupeln voranstellte, stand das Verhalten des Großteils der norwegischen Beamten, in deren Zuständigkeitsbereich die Lenkung der Wirtschaft fiel. Hier sind insbesondere die Behörden des Versorgungsdepartements, des Finanz- und Zolldepartements, des Forstdirektorats und des Preisdirektorats zu nennen. Diese waren stets bestrebt, im Rahmen ihrer Möglichkeiten den wirtschaftlichen Forderungen der Okkupationsmacht nationale norwegische Interessen entgegenzuhalten. Selbst eine Reihe führender Mitglieder der Nasjonal Sämling Schloß sich später dieser Haltung der alten Beamtenschaft an, nachdem sie erkannt hatte, in welchem Maße das Land durch die Besatzungsmacht wirtschaftlich belastet wurde. Die Privatwirtschaft war jedoch den staatlichen norwegischen Stellen gegenüber zunächst im Vorteil. Der staatliche Lenkungsmechanismus war zur Zeit der Invasion erst im Entstehen begriffen284. Außerdem wurde die Lage dadurch erschwert, daß sich die Okkupationsmacht in zahlreichen Fällen schützend vor die mit ihnen zusammenarbeitenden Geschäftsleute stellte und sich dabei über Anordnungen der nationalen norwegischen Wirtschaftslenkung hinwegsetzte. Dies zeigte sich insbesondere auf dem Gebiet der Ausfuhrwirtschaft. Die einzelnen Bergwerks- und Industriebetriebe trafen vielfach unmittelbar Abmachungen mit dem Reichskommissariat, über die das Handelsdepartement nicht unterrichtet wurde. Zum Teil wurde den norwegischen Behörden nicht einmal die Ausfuhrstatistik zugänglich gemacht285. Natürlich war es dem Reichskommissariat nicht möglich, von Beginn der Okkupation an die im Reich praktizierten Bewirtschaftungsmaßnahmen sogleich auf Norwegen zu übertragen. Dies hätte weitgehende und schwerwiegende Umstellungen in der norwegischen Wirtschaftsstruktur nach sich gezogen. Dennoch wurden vom Reichskommissariat schon bald auf einigen Gebieten — insbesondere dem der industriellen Produktion und Rohstoffverteilung — Reglementierungen vorgenommen, um die vorhandenen Ressourcen so weit wie möglich in den Dienst der deutschen Wirtschaft stellen zu können. Diese Reglementierungen wurden dann mehr und mehr ausgeweitet und betrafen zuletzt alle erdenklichen Warengruppen, die in einer entwickelten Volkswirtschaft gehandelt werden. Die Maßnahmen lassen sich in drei Kategorien einteilen: Bezugsregelung, Verbrauchsregelung und Verwendungsverbote. Die Bezugsregelung bildete gewissermaßen die Basis, sie regelte die Bewegung der Rohstoffe zwischen Erzeuger, Händler und Verbraucher, wodurch diese Maßnahme in engstem Zusammenhang mit der Verbrauchsregelung stand. Diese wiederum bestimmte den tatsächlichen Verbrauch, indem sie vorschrieb, welche Mengen welcher Betrieb monatlich verbrauchen durfte. Durch die Verwendungsverbote schließlich wurde der Einsatz bestimmter industrieller Rohstoffe für die nach Meinung der Besatzungsmacht binnenwirtschaftlich nicht wich284

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BA, R 26 II, Anh. 2, Wilhelm Rentrop: Materialien zu einer Geschichte des Reichskommissars für die Preisbildung, S. 51 ff.; Hodne, Norges akonomiske historie, S. 505 ff. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945.

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tigen Produktionen untersagt. Hier sollten Ersatzstoffe zur Anwendung gelangen286. Das Bestreben des Administrationsrates, die norwegische Wirtschaft in Gang zu halten, zielte zunächst darauf, einen direkten Zugriff des Verwaltungsapparats des Reichskommissariats auf die einzelnen Betriebe zu verhindern. Der Administrationsrat hatte zwei Möglichkeiten: Zum einen hätte die Hauptorganisation der Industrie, der Industrieverband, ausgebaut werden können. Vor der Okkupation bestand die Hauptaufgabe dieses Industrieverbandes darin, die Interessen der Industrie als ganzes und einzelner Branchen oder Betriebe im besonderen gegenüber der staatlichen Administration wahrzunehmen. Das Organisieren von Verkaufsverbänden und Einkaufszentralen, etwaige Quotenregelungen, direkte Marktbearbeitung usw. wie auch alle Arbeitgeberfragen lagen hingegen außerhalb des Aufgabenbereichs des Industrieverbandes. Er war solchermaßen hauptsächlich der Sachwalter der Industrie in mehr grundsätzlichen Angelegenheiten und nahm zudem eine eher repräsentative Stellung ein. Entsprechend gering war sein Personalbestand. Hätte der Administrationsrat diesen Weg beschritten, wäre ein beträchtlicher personeller Ausbau des Industrieverbandes und eine vollständige Verlagerung seiner Tätigkeit die Folge gewesen287. In Dänemark, wo diese Alternative gewählt wurde, wuchs das Personal des Industrieverbandes immens an288. In Norwegen entschied man sich letztlich nicht für diese Alternative, obgleich sich nach der Errichtung des Reichskommissariats eine derartige Tätigkeit des Industrieverbandes zunächst anzubahnen schien. Es war vor allem dessen Leiter, Lorenz Vogt, der sich in den ersten Tagen mit Otte in Verbindung setzte und diesem Vorschläge hinsichtlich der gemeinsamen Lenkung der norwegischen Wirtschaft unterbreitete289. Der Administrationsrat entschied sich für die zweite Möglichkeit: die Regelungen nach innen gegenüber den Betrieben und nach außen gegenüber der Besatzungsmacht selbst zu übernehmen. Diese Linie versuchten auch die Kommissarischen Staatsräte über den 25. September 1940 hinaus fortzusetzen. Es wurden Ausschüsse verschiedener Art (nemnder og utvalg) und Organe für Handelszweige und Gruppen geschaffen. Die von deutscher Seite gewollten Bewirtschaftungsmaßnahmen begannen im Spätsommer 1940, nachdem sich der Reichskommissar im Zusammenspiel mit Hermann Göring gegenüber seinen deutschen Kontrahenten als auf allen — außer den militärischen — Gebieten allein maßgebliche Instanz durchgesetzt hatte. Der Verordnung über die Bewirtschaftung von Metallen vom 9. August 1940290 folgten 286

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RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissariat für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941. Baudisch, Norwegens Bewirtschaftungspolitik. Siehe dazu Thomsen, Deutsche Besatzungspolitik in Dänemark, S. 53 ff. »Er lieferte statistische Zahlen, Karten und Vorschläge, die mir ungeheuer lehr- und aufschlußreich für die zukünftige Beurteilung der norwegischen Wirtschaft waren« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Otte, Oslo/Akershus, Okt. 1945). In dieser Verordnung wurde festgelegt, daß jeder metallverarbeitende Betrieb ein Lagerbuch zu führen hatte, in dem die Zu- und Abgänge an Metallen genau zu verbuchen und regelmäßig an

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bald weitere in anderen Bereichen. Formal wurden diese Verordnungen von den norwegischen Stellen getragen. Als ausführende Zentralstelle diente das norwegische Versorgungsministerium (Forsyningsdepartement). Dieses verfugte zu Beginn der Okkupation auf dem gewerblichen Sektor lediglich über ein Mineralölkontor und Kohlekontor als Instrumente zentraler Bewirtschaftung. Diesen wurden bis Herbst 1940 durch das Reichskommissariat fünf Abteilungen für Metalle, Textil, industrielle Fette, Chemie und Kautschuk hinzugefügt. Die Umstellung der norwegischen Wirtschaft auf weitgehende Eigenversorgung und auf die Bedürfnisse der deutschen Wirtschaft wurde von der Abteilung Binnenwirtschaft gelenkt, die die entsprechenden Vorgaben an die norwegischen Stellen, in erster Linie an das Versorgungsdepartement, lieferte. Im Laufe weniger Monate entstand eine umfangreiche Zentralbehörde mit lokalen und regionalen Unterorganisationen291. Von dieser Lenkungsinstanz wurde Anfang 1943 festgestellt, daß »von der norwegischen Wirtschaft, Industrie wie Handel, im allgemeinen gesagt werden [kann], daß sie die Umstellung zwar nur unter stetiger Anleitung und unter gelegentlichem Nachdrängen, aber doch nicht widerwillig vollzogen hat«292. Und zugleich wurde angekündigt: »Die totale Mobilisation der Kräfte, die auch in Norwegen im Anschluß an die Maßnahmen des Reichs stattfindet, wird zu noch weiteren fühlbaren Umstellungen in die Kriegswirtschaft, insbesondere im Bereich von Handel und Handwerk, fuhren293.« Arbeitsmarkt Neben Maßnahmen in der Warenbewirtschaftung wurden vom Reichskommissariat von Anfang an regulierende Eingriffe in den Arbeitsmarkt vorgenommen. Die zum Zeitpunkt der Invasion in Norwegen als Folge der Weltwirtschaftskrise noch herrschende hohe Arbeitslosigkeit, die im Frühsommer 1940 aufgrund der Kriegshandlungen noch stark zunahm294, veranlaßte die Okkupationsmacht zu-

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das Versorgungsministerium zu melden waren (RAO, Deutsche Handelskammer in Norwegen, Mitteilungsblätter 1942). Als Unterbau verfugte die norwegische Wirtschaftsverwaltung über 328 Versorgungsausschüsse (Forsyningsnemnder), denen in der Praxis die Aufgabe zufiel, über Einzelanträge nach den vom Reichskommissariat via Ministerium ergangenen Richtlinien zu entscheiden (Baudisch, Norwegens Bewirtschaftungspolitik). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der HA Volkswirtschaft 1 9 4 0 - 1 9 4 2 , Oslo, Febr. 1943, S. 2. Ebd., S. 4. Für eine genaue Beurteilung der Arbeitslosigkeit in Norwegen vor der Besetzung fehlen statistische Unterlagen bzw. sind die vorhandenen Quellen nicht ausreichend. Das liegt an der seinerzeitigen Praxis, nur die -Arbeitslosen zu erfassen, an die durch die Armenfürsorge der Gemeinden oder durch die Unterstützungskassen der Gewerkschaften Unterstützungen geleistet wurden (RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 1 ff.). Diese Art der Erfassung führte naturgemäß zu einem ungenauen Bild der Lage. So waren im Dezember 1930 bei den Arbeitskontoren 27 157 Arbeitslose registriert, während die zur gleichen Zeit durchgeführte Befragung bei der Volkszählung 111 124 Arbeitslose ergab, was etwa 12 Prozent der Arbeitsbevölkerung entsprochen hätte (RAO, RK, FD 5309/45, Tätigkeitsbericht der Gruppe Arbeitseinsatz und Arbeitslosenversiche-

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nächst, staatlich geförderte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Reichsmodell zu planen295. Zum einen sollte dadurch vermeintliches Unruhepotential von der Straße weggebracht werden, zum anderen konnten diese Arbeitskräfte, vom norwegischen Haushalt subventioniert, deutschen kriegswirtschaftlichen Programmen — auch im Reich — zugeführt werden296. Es stellte sich jedoch nach kürzester Zeit heraus, daß die faktische Entwicklung diesen Plänen davoneilte, so daß das norwegische Sozialdepartement nicht einmal die erforderlichen Durchführungsverordnungen zur Umsetzung des Arbeitsbeschaffungsprogramms, das mit 40 Mio Kr. aus dem Haushalt 1940/41 gefördert werden sollte, zu erlassen brauchte297. Die zahlreichen deutschen Bauvorhaben führten schon bald dazu, »daß die vorhandenen Arbeitskräfte nicht im entferntesten ausreichen«, weshalb auch die »Vermittlung von Arbeitskräften nach dem Reich einstweilen eingestellt« wurde298. Bereits im Juli 1940 bezeichnete der Wehrwirtschaftsstab Norwegen die Arbeitskräftelage als »angespannt« und forderte eine zentrale Lenkung des Arbeitseinsatzes299. Im Oktober 1940 waren für die Bauvorhaben der Wehrmacht und der zivilen deutschen Stellen schon 58 000 norwegische Arbeiter beschäftigt, und zwar für das Heer 15 000, die Marine 6000, die Luftwaffe 20 000 und das Reichskommissariat 17 000300. Es fehlten nicht nur Arbeitskräfte für die verschiedenen Bauprojekte der Wehrmacht. Die überhöhten und gegeneinander konkurrierenden Lohnangebote der einzelnen Wehrmachtteile führten zu einer starken Binnenwanderung von Arbeitskräften, die auf bestimmte Bereiche der norwegischen Wirtschaft schon im Sommer 1940 negative Auswirkungen zeitigte. So appellierte der norwegische Bauernverband (Norges Bondelag) an das Reichskommissariat, Maßnahmen gegen die Landflucht der Landarbeiter zu unternehmen, die auf die gutbezahlten Wehrmachtbaustellen zögen, was zu einem bedrohlichen Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft, vor allem hinsichtlich der anstehenden Ernte, führe301. Nach dem Ansturm auf die deutschen Baustellen in der zweiten Jahreshälfte 1940 war der

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rung, Oslo, 3.3.1941). Man muß also die tatsächliche Arbeitslosigkeit weit höher ansetzen, als sie in den Mitteilungen der Arbeitskontore ausgewiesen wurde. Bei einem Jahresdurchschnitt von 30 000 registrierten Arbeitslosen in den Jahren 1930 bis 1939 darf man durchaus mit einer tatsächlichen Zahl rechnen, die zwei- bis dreimal so hoch lag. »Produktive Arbeitslosenfiirsorge durch Ausführung von Notstandsarbeiten anstelle von Erwerbslosenunterstützung ohne Gegenleistung, Einschränkung der Doppelarbeit von Ehegatten, Steuervergünstigung für die Beschäftigung von Hausgehilfinnen etc. ... Daneben ist die Vermittlung von zunächst 5000 und vielleicht später bis zu 10 000 Arbeitskräften nach Deutschland in Aussicht genommen« (BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 9, Oktober 1940, Oslo, 14.11.1940). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 2 f. BA, R 2/351, Korff an Breyhan, Oslo, 1.3.1941. Ebd. BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 6, Juli 1940, Oslo, 14.8.1940, S. 3. In diesen Zahlen sind die in den Zulieferindustrien beschäftigten Arbeitskräfte nicht enthalten (BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 9, Oktober 1940, Oslo, 14.11.1940, S. 3). BA, R 2/359, Rentrop an Reichsfinanzministerium, Oslo, 18.7.1940.

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norwegische Arbeitskräftemarkt erschöpft. Die Bauwirtschaft hatte somit eine Schlüsselstellung erlangt, von deren Entwicklung die gesamte Regelung des Arbeitsmarktes maßgeblich bestimmt wurde. Dieser innerhalb kürzester Zeit eingetretene Arbeitskräftemangel302 setzte die Einführung des Arbeitseinsatzes und der Arbeitskräftesteuerung nach reichsdeutschem Vorbild auf die Tagesordnung. Ab Oktober 1940 wurde eine laufende statistische Erfassung der Arbeitsbevölkerung eingeführt. Das bis dahin vorhandene Nebeneinander der verschiedenen Arbeitsvermitdungen (Staat, Gemeinden, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, private Institutionen) wurde durch eine neue Organisation abgelöst, die sich in ein System sogenannter Arbeitskontore unter dem Direktorat für Arbeitsvermitdung gliederte303. Alle Anstrengungen der Besatzungsmacht zielten nun darauf, die verfügbaren Arbeitskräfte nach den Gesichtspunkten der deutschen kriegswirtschaftlichen Interessen einzusetzen und diesen Einsatz systematisch zu regeln304. Für die Erfassung der Arbeitskräfte mußten zunächst allerdings erst die verwaltungsmäßigen Voraussetzungen geschaffen werden. Die eingeleiteten Maßnahmen gipfelten in einem Neuaufbau der norwegischen Sozialverwaltung: Neben der Neuorganisation der Arbeitsvermitdung und Arbeitslosenversicherung erfolgte der Ausbau der Arbeitskontore in den Gemeinden, die Schaffung von entsprechenden Abteilungen bei den Fylkesverwaltungen und der Ausbau des Arbeitsdirektorats. All dies bereitete Probleme vielfältiger Art, die nicht nur Eingriffe in das norwegische Arbeitsrecht — Verordnungen und Gesetze zur Regelung des Arbeitseinsatzes in Anlehnung an das deutsche Arbeitseinsatzrecht305 —, sondern auch umfassende organisatorische Veränderungen nach sich zogen. Politisch mißliebige Personen in führender Position der norwegischen Arbeitslenkung wurden bei dieser Gelegenheit aus ihren Ämtern entfernt, wobei die vom Reichskommissar Anfang Oktober 1940 erlassene Verordnung über »die Endassung und Versetzung von Beamten« als Grundlage diente. Diese war gerade

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Dem Aktenvermerk über eine Besprechung am 13. März 1941 zwischen dem Leiter der HA Volkswirtschaft und dem Generalintendanten Loosch ist zu entnehmen, daß, wie auf Veranlassung Ottes »ORR Baudisch unter Zuhilfenahme von Statistiken darlegte, gegenüber den Anforderungen an Arbeitern ein Fehlbedarf von 57 000 Mann vorhanden sei« (BA-MA, RW 19/Wi I E 2/84). Die Neuregelung beinhaltete die Meldepflicht der Arbeitslosen bei den Arbeitskontoren, den Benutzungszwang der Arbeitskontore und die Errichtung einer staatlichen Arbeitsvermittlungsbehörde. Ende Dezember 1940 waren insgesamt 33 754 beschäftigungslose Personen registriert. »Die Arbeitslosigkeit ist damit [...] um ca. 70 000 bis 80 000 Personen niedriger als zur gleichen Zeit des Jahres 1939 und der Jahre vorher.« Die zahlenmäßig größte Gruppe waren »völlig Ungelernte mit Lohnarbeit wechselnder Art«, nämlich 5400 Personen (RAO, RK, FD 5309/45, Bericht der Abt. Arbeit und Sozialwesen für die Zeit vom 16.11.40-31.1.41, Oslo, 31.1.1941). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 6. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3802, eske 2 beinhaltet viel Schriftgut in Sachen Arbeitseinsatz und dessen rechtlicher Fundierung, u.a. eine 7seitige Studie von Johan Lippestad über die Sicherstellung des Bedarfs an Arbeitskräften vom 11. Juli 1941, die die Maßnahmen des ersten Jahres resümierte und »bei der Fülle der in Norwegen zu bewältigenden Aufgaben« die Notwendigkeit des weiteren Ausbaus des Arbeitseinsatzes entwickelte.

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zu dem Zweck geschaffen worden, »den Kommissarischen Staatsräten die Durchführung der politischen Neuordnung [zu] erleichtern«306. Es kam dem Reichskommissariat bei der Umgestaltung des Arbeitsmarktes zugute, daß sich die norwegischen Verwaltungsorgane und politischen Institutionen schon in der ersten Phase der Okkupation, während der Zeit des Administrationsrates, zur Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden bereit fanden, ja manche Neuerung sogar begrüßten. Solchermaßen konnte den neuen Gesetzen der Anstrich gegeben werden, eine rein norwegische Angelegenheit zu sein, die in der außerordentlichen Lage zum Nutzen des Landes notwendig wurde307. »Ohne die Verordnungen und Gesetze zur Regelung des Arbeitseinsatzes« wäre, wie deutscherseits hervorgehoben wurde, »die Durchführung der deutschen und deutschbestimmten Vorhaben sowie der staats- und wirtschaftspolitisch bedeutsamen Aufgaben unmöglich gewesen«308. Den Anfang bei der Regelung des Arbeitseinsatzes machte die Verordnung vom 14. Juni 1941, die dem Sozialdepartement die Möglichkeit schaffen sollte, Arbeitskräfte der Land- und Forstwirtschaft zuzuführen309. Auf diese Weise gelang es den lokalen Arbeitskontoren, viele der Arbeitskräfte, die inzwischen auf die deutschen Baustellen abgewandert waren, zurückzuholen310. Im Sommer 1941 herrschte aber nicht nur in der Bau-, Land- und Forstwirtschaft ein großer Mangel an Arbeitskräften, auch die Bergwerke und Hüttenbetriebe sowie die Schiffahrt verzeichneten einen zunehmenden Fehlbedarf. Anfang Juli 1941 wurde deshalb »unter dem Gesichtspunkt der Behebung des Notstandes und der Beschaffung der dringend benötigten Arbeiter«311 die »Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer Bedeutung« erlassen, die die Rechtsgrundlage dafür bilden sollte, arbeitsfähige Personen zu verpflichten, auf einem ihnen zugewiesenen Arbeitsplatz zu verbleiben312. Es war dies zweifellos die bis dahin ein306

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Erstes prominentes Opfer war der Chef des Direktorats für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenschutz, Johan Hvidsten, der am 8. August 1941 seine Verabschiedung vom kommissarischen Chef des Sozialdepartements (Meideil) unter besonderen Hinweis auf § 1 , 1 der RK-Verordnung erhielt, derzufolge »Beamte, die nach ihrer politischen Haltung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie mit ganzer Kraft an der politischen Neuordnung mitwirken, aus dem Dienst entlassen werden [können]« (VoBl.Norw., Nr. 7/1940, Oslo, 9.10.1940). Hier fallt der fast wortgleiche Text zum deutschen »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April 1933 ins Auge (RGBl. 1,1933, S. 1 7 5 - 1 7 7 ) . Im Landesverratsprozeß gegen Birger Meideil erklärte der damalige Stellv. Direktor des Arbeitsdirektorats, E. Jackbo, die »Hauptsache war damals für uns die Arbeitslosigkeit und die Probleme, die mit ihr zusammenhingen« (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1724). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 3. RAO, Landssvikarkivet, L-dom 3802, eske 2, Promemoria Lippestads vom 11.7.1941: Die Sicherstellung des Bedarfs an Arbeitskräften. Alles in allem konnten rund 8000 Arbeiter im Laufe des Sommers rechtzeitig zu den Erntearbeiten umdirigiert werden (Aukrust/Bjerve, Hva krigen kostet Norge, S. 92). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 5. »Die besonders bedeutsamen und unaufschiebbaren Aufgaben, für die allein die Dienstverpflichtung ausgesprochen werden kann, bestimmt das Sozialdepartement«, hielt Lippestad kurz nach dem Erlaß der Verordnung fest (RAO, Landssvikarkivet, L-dom 3802, eske 2, Promemoria

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schneidendste Maßnahme auf dem Gebiet des Arbeitsmarktes zur Mobilisierung von Arbeitskräften. Sie stand in engem Zusammenhang mit der Umsetzung des weiter unten dargestellten Leichtmetallprojekts, das zu dieser Zeit anlief und zusätzlich Arbeitskräfte erforderte. Die Verordnung sah ursprünglich vor, die Dienstverpflichtung in den einzelnen Sparten für Berufsfremde nur für eine begrenzte Zeit, nämlich drei Monate, vorzunehmen. Das hätte bedeutet, daß die Verpflichteten, die in einem nicht gleichartigen Beschäftigungsverhältnis standen, nicht aus ihrem bisherigen Betrieb entlassen, sondern nur für diese Zeit beurlaubt worden wären. Die Begrenzung wurde später unter dem Druck des zunehmenden Arbeitermangels »und der Unaufschiebbarkeit kriegswichtiger Aufgaben« beseitigt313. Die Verordnung zielte letztlich einzig darauf, norwegische Arbeitskräfte für den deutschen Festungs- und Anlagenbau rekrutieren zu können. Insofern stand sie eindeutig im Widerspruch zur Haager Konvention, nach deren Artikel 52 in einem besetzten Land niemand »zum Bau von technischen Angriffs- oder Verteidigungsstellungen gezwungen werden darf«314. Im Oktober 1942 unterstrich allerdings der Justizminister der Regierung Quisling, Sverre Riisnass, in einem Brief an das Sozialdepartement, daß die Entscheidungen auf dem Gebiet des Arbeitslebens »ohne Rücksicht auf völkerrechtliche Betrachtungen« erfolgen sollten, womit Riisnass als Vertreter des »pangermanischen« Flügels in der Nasjonal Sämling315 voll und ganz auf Hitlers Ansicht vom Völkerrecht einschwenkte. Hitler hatte bekanntlich immer wieder zum Ausdruck gebracht, was er vom kodifizierten Recht im allgemeinen und vom Völkerrecht im besonderen hielt, so in seiner Reichs tagsrede vom 26. April 1942316. Das Rechtswesen hatte lediglich ein Instrument des Staates zur Vernichtung seiner Gegner zu sein. Die »Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von besonderer Bedeutung« wurde zur formellen Grundlage für immer neue Ausschreibungen für den Arbeitseinsatz. Praktisch konnte nun jedem eine Arbeit welcher Art und wo auch immer auferlegt werden. Und je mehr sich die deutschen Vorhaben ausweiteten und der Arbeitermangel drückender wurde, desto mehr wurde davon Gebrauch gemacht. Dabei behinderten sich in der praktischen Durchführung die verschiedenen deutschen Stellen in diesem Kampf um Arbeitskräfte allerdings oft gegenseitig. Gleichwohl hinterließen die Arbeitsverpflichtungen in der norwegischen Bevölkerung den Eindruck einer »Sklavenjagd«, die, wie der SD berichtete, in fataler Weise an das »Zwangsarbeitssystem in Rußland« erinnere, gegen das »die Deutschen dauernd in Schrift und Reden eifrig Propaganda [...] gemacht und auf die angeblich dort herrschenden unmenschlichen Verhältnisse hingewiesen« hätten. Und nun führten sie, so die Meinung in der norwegischen

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Lippestads vom 11.7.1941: Die Sicherstellung des Bedarfs an Arbeitskräften). Tatsächlich aber wurden die besonderen Aufgaben von der Besatzungsmacht festgelegt. RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 5. Siehe hierzu Berber, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd 2, S. 131. Serensen, Hitler eller Quisling, S. 186. Domarus, Hitler — Reden und Proklamationen 1 9 3 2 - 1 9 4 5 , Bd 2, S. 1874.

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Bevölkerung, »dieselben Methoden in Norwegen ein«. Die antideutsche Einstellung des überwiegenden Teils der Bevölkerung sei dadurch erheblich angewachsen317. »Die rücksichtslose Konzentration auf die Belange der Kriegswirtschaft konnte«, wie die Abteilung Arbeit und Sozialwesen Anfang 1943 vermelden mußte, allerdings »noch nicht erreicht werden«, da die für die Erfassung zuständigen norwegischen Behörden zwar zur Zusammenarbeit gewillt waren, »im Rahmen der Ermessensfreiheit jedoch die Fürsorge für die Norweger und die Wahrung der ursächlich norwegischen Belange in den Vordergrund« stellten318. So waren den Berechnungen dieser Abteilung zufolge 1942 von insgesamt 56 191 dienstverpflichteten Norwegern »nur« 16 718 bei deutschen Bauvorhaben angekommen; die meisten, nämlich 35 776, fanden »zur Deckung des Bedarfs in der Landwirtschaft und beim Brennholzeinschlag Verwendung«. Der Arbeitseinsatz müsse daher künftig, so wurde gefordert, noch stärker »nach den Gesichtspunkten der deutschen kriegswirtschaftlichen Interessen [...] unter maßgeblicher Mitwirkung der Abteilung Arbeit und Sozialwesen zentral geregelt« werden319. Das war auch Terbovens Ansicht. So teilte er im Frühjahr 1943 dem Sozialdepartement mit, daß »der einzelne norwegische Bürger sich nicht auf die Bestimmungen des Völkerrechts berufen« könne, sondern er habe »den Bestimmungen der norwegischen Behörden Folge zu leisten«320. Für wie problematisch der Arbeitseinsatz deutscherseits eingeschätzt wurde, zeigt der Umstand, daß sich der Sicherheitsdienst im Auftrage des Reichskommissars der Überwachung dieser Frage besonders annehmen sollte. Schon im Mai 1940 war beim BdS/SD ein spezielles Referat eingerichtet worden, das dem Reichskommissar über die Entwicklung auf diesem Sektor ständig zu berichten hatte321. Zwischen diesem Referat und der Abteilung Arbeit und Sozialwesen entwickelte sich hierüber recht bald eine enge Zusammenarbeit322. Beide Dienststellen versorgten Terboven ständig mit aktuellen Infomationen über den Stand des Arbeitseinsatzes, die es ihm erlaubten, der »nationalen Regierung« Vorhaltungen über den schlechten Organisierungsgrad zu machen und den Druck auf sie zu erhöhen. Anfang 1943 stellte sich nach Ansicht des Reichskommissariats die Lage so dar, daß »trotz unbestreitbarer Erfolge [...] mittels der getroffenen Arbeitseinsatzmaßnahmen das gesteckte Ziel der Mobilisierung der gesamten norwegischen Volkskraft für die totale Kriegsführung nicht erreicht werden« konnte323. Die totale BA, R 70 N/9, Meldungen aus Norwegen, Nr. 43, 4.8.1942, Anlage, S. 1. RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 7. 3 « Ebd. 320 RAO, Landssvikarkivet, I^dom Oslo 3802, eske 2, Terboven an das Sozialdepartement, Oslo, 27.3.1943. 321 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer H 16645, Bericht Herbert Noot: Die Aufgabe des SD, Oslo/Akershus, 11.10.1945. 322 RAO, RK, HAVoWi, Abt. Arbeit u. Sozialwesen, pakke 98. 323 RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 9. Dazu müßten, so der Vorschlag, »wie im Reich durch gesetzliche Bestimmungen alle nicht der Rüstung oder der notwendigen Versorgung der Bevölke317 318

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Kriegführung war nach der Niederlage von Stalingrad das Gebot der Stunde, das Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast in seiner berüchtigten Rede beschworen hatte324. Dazu sollte auch die Quislingregierung ihren Beitrag leisten. Wie im Reich, wo Ende Januar 1943 die Arbeitspflicht und die vollständige Registrierung der Arbeitskräfte eingeführt worden war325, sollte in den deutschkontrollierten Ländern die Mobilisierung der Kriegswirtschaft bis zum äußersten vorangetrieben werden. Die Deportation von zivilen Arbeitskräften aus den okkupierten Ländern in deutsche Rüstungsbetriebe, die von Fritz Sauckel, dem »Generalbevollmächtigten des Führers für den Arbeitseinsatz«, im Sommer 1942 verstärkt worden war326, wurde nochmals intensiviert327. Norwegen und Dänemark328 waren davon nicht direkt betroffen, doch wurden von beiden Ländern verstärkte Anstrengungen bei der Rekrutierung von Arbeitskräften für die eigenen kriegswirtschaftlich wichtigen Betriebe und Produktionszweige erwartet, was Terboven dem norwegischen Ministerpräsidenten unmißverständlich auseinandersetzte329. Am 7. Februar war Terboven in Rastenburg in Ostpreußen gewesen, wo er sich zusammen mit den Gau- und den Reichsleitern die Lagebetrachtungen Hitlers anhören mußte, der bei dieser Gelegenheit erneut den rücksichtslosen Einsatz aller Ressourcen forderte330. Quisling hatte schon anläßlich der deutschen Niederlage in Stalingrad in einem Ergebenheitstelegramm an Hitler zum Ausdruck gebracht, daß das norwegische Volk durch vermehrte Arbeit zum deutschen Sieg beitragen wolle331. Terboven kam nun unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Oslo darauf zurück und forderte den norwegischen Ministerpräsidenten auf, unverzüglich die notwendigen administrativen und legislativen Vorbereitungen für eine totale Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft zu treffen332. Als erstes und wichtigstes sollten die Arbeitskräfte noch umfassender als bisher rekrutiert werden, wozu die »nationale Regierung« ein Gesetz über die Arbeitspflicht nach deutschem Vorbild erlassen sollte. Ziel war es, alle Männer zwischen 18 und 55 Jahren und alle Frauen zwischen 21 und 40 Jahren zu erfassen. Ergänzend dazu sollte die Regierung Berung dienenden Betriebe geschlossen bzw. auf das für diese Aufgaben notwendige Maß eingeschränkt werden. Außerdem muß ein Gesetz erlassen werden, in dem die Meldepflicht von Männern und Frauen im gleichen Umfang wie im Reichsgebiet angeordnet wird.« 32< Goebbels-Reden 1932 - 1 9 4 5 , S. 172 - 208. 325 »Auf Grund besonderer Ermächtigung durch den Führer« erließ der Generalbevollmächtigte für den Arbeiteinsatz, Fritz Sauckel, am 27. Januar 1943 einen Erlaß, nach dem sich alle Männer vom 16. bis zum 65. Lebensjahr und alle Frauen vom 17. bis zum 45. Lebensjahr bei ihren zuständigen Arbeitsämtern zum Arbeitseinsatz im Sinne der »Führung des totalen Krieges« melden mußten (RGBl. I, 1943, S. 67 f.) Der entsprechende Erlaß Hiders vom 13. Januar 1943 ist abgedr. in: »Führer-Erlasse« 1 9 3 8 - 1 9 4 5 , S. 3 1 1 - 3 1 3 . 326 RGBl. I, 1942, S. 382 f., Anordnung Nr. 10 des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz über den Einsatz von Arbeitskräften der besetzten Gebiete, Berlin, 22.8.1942. 327 Herbert, Fremdarbeiter, S. 237 ff. 328 Strade, »Deutschlandarbeiter«, S. 140 - 171. 329 NHM, boks 153, PWIS N/80: Consolidated Report on the Reichskommissariat for Occupied Norway, Oslo/Akershus, 6.3.1946, pag. 12. 330 Boelcke, Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 226 ff. 331 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 29, Quisling an Hitler, 6.2.1943. 332 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Fritz Johlitz, Oslo/Akershus, 25.11.1945.

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Stimmungen erlassen, nach denen die norwegischen Behörden jeden Betrieb, der nicht »lebenswichtig« war, einschränken oder stillegen konnten333. Von diesen Maßnahmen erwartete das Reichskommissariat, daß sie »ganz wesentlich zur Erschließung von Arbeitsreserven beitragen«334. Bereits Mitte Februar 1943 waren die Vorbereitungen für das Gesetzeswerk soweit gediehen, daß — vier Tage nach der Goebbelsrede in Berlin — in einer mit Pomp inszenierten deutsch-norwegischen Veranstaltung im Klingenberg-Kino in Oslo dem Publikum nicht nur die Geschlossenheit von »nationaler Regierung« und Reichskommissariat vorgegaukelt, sondern auch bekanntgegeben wurde, welche neuen Opfer nun die Norweger zu bringen hätten, damit, wie Quisling in seiner Rede verkündete, »das norwegische Volk geschlossen und ohne Rücksicht auf Geburt und Vermögen, Stand und Stellung alle Kräfte in den Kampf, in den Kampf auf Leben und Tod, welchen Europa jetzt gegen den Bolschewismus führt, einsetzen« kann. In der Zeitung konnte tags darauf die Bevölkerung das neue Gesetz über den nationalen Arbeitseinsatz335 und die im Klingenberg-Kino gehaltenen langen Reden Quislings und Terbovens lesen336. Während Quisling sich dabei in einem schier endlosen Diskurs über das Wesen des Bolschewismus und dessen Verstrickung mit Judentum und westlicher »Plutokratie« und den daraus resultierenden Gefahren für Europa und Norwegen erging, zeichnete Terboven ein halbwegs realistisches Bild der Lage und der materiellen Anforderungen, die jetzt nötig würden. Es sah den Worten Terbovens zufolge nicht rosig für Europa aus, und auch nicht für Deutschland, das an allen Fronten einem harten Druck ausgesetzt sei, insbesondere im Osten. In dieser »germanischen Schicksalsstunde« müßten auch die Norweger bereit sein, »ihre Kultur, ihr Land, Heim und Herd« zu verteidigen. Sie könnten nicht beiseite stehen, während »der deutsche Soldat die Blutlast im europäischen Freiheitskampf trägt«337. Beide — der Ministerpräsident und der Reichskommissar — sprachen von lebenswichtigen norwegischen Interessen, aber es war klar, daß deutsche kriegswichtige Interessen gemeint waren. Die am 24. Februar veröffentlichten Ausführungsbestimmungen des Arbeitseinsatzgesetzes338 lösten in der norwegischen Bevölkerung »tiefe Erregung« aus, denn sie bedeuteten, wie der SD berichtete, »einen revolutionierenden Eingriff in die individualistische Lebens- und Rechtsordnung des norwegischen Volkes«339 und wurden als ein neuer, verschärfter Griff des »deutschen Imperialismus« nach

333 Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 405. 33" RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Arbeitseinsatz für die Zeit vom 21.4.1940 bis 31.12.1942, Oslo, 18.2.1943, S. 9. 335 Norsk Lovtidend 1943, Nr. 9, S. 115 f. 336 Deutsche Zeitung in Norwegen, 23.2.1943. 337 Ebd. Die norwegische Wiedergabe erfolgte in: Fritt Folk, 23.2.1943. — Quislings Rede war übrigens — wie selten zuvor — ausgeprägt antisemitisch. Auch fallt eine erstaunliche Parallele zur Rede von Goebbels im Sportpalast auf, der ebenfalls alle Klassen- und Standesunterschiede zum Zwecke des gemeinsamen Opfers wegreden wollte. 338 RAO, Landssvikarkivet, I^dom Oslo 3802, eske 2, Direktorat for Arbeidsformidling og Arbeidsloshetstrygd: Den nasjonale Arbeidsinsats. 339 BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 51,23.2.1943, S. 4.

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den norwegischen Ressourcen betrachtet340. Nach dem Arbeitseinsatzgesetz mußte jeder Norweger, wenn seine gegenwärtige Tätigkeit als nicht kriegswichtig angesehen wurde, jede ihm zugewiesene Arbeit, egal in welcher Gegend des Landes, übernehmen, ganz gleich, welcher Berufsgruppe er angehörte. Um die betroffenen Altersgruppen resdos erfassen zu können, wurden sie verpflichtet, sogenannte Meldeformulare mit persönlichen und berufsspezifischen Angaben auszufüllen und innerhalb einer bestimmten Frist bei den Arbeitskontoren abzugeben. Darüber erhielten sie dann eine Bescheinigung, die im Ausweis mitzuführen war. Vielfach wurde, wie es im SD-Bericht weiter heißt, in der norwegischen Bevölkerung befürchtet, daß die Arbeitspflichtigen zum Arbeitseinsatz nach Deutschland verbracht oder sogar zum Kriegsdienst mobilisiert werden sollten341. Hier habe, so der SD, offensichtlich die Aufklärung versagt, denn die zahlreichen Hinweise in der Presse, wonach die erfaßten Personen ausschließlich in Norwegen zum Einsatz kommen sollten, fanden keinen Glauben. Irritierend habe auf die Bevölkerung insbesondere auch die Bemerkung Terbovens in seiner Rede im Klingenberg-Kino gewirkt, wonach »das deutsche Reich mit seiner ganzen Autorität hinter den Maßnahmen der Regierung zur Hebung der Leistung Norwegens« stehe. Dies würde so gedeutet, daß Deportationen nach Deutschland bevorstünden. Es müsse nun sogar eine Massenflucht von Arbeitskräften nach Schweden befürchtet werden. In Kreisen der norwegischen Gewerkschaften rechnete man zudem fest mit einer Solidaritätsaktion der schwedischen Arbeiterbewegung in Form eines Generalstreiks342. Wie der SD in Erfahrung gebracht haben wollte, konnte ein solcher Generalstreik, der ein harter Schlag gegen die deutsche Rohstoffversorgung aus Schweden gewesen wäre, nur dadurch abgewendet werden, daß der schwedische König mit seiner Abdankung gedroht habe. »Allgemein befürchtete man in Schweden, daß im Falle eines Rücktritts des schwedischen Königs Deutschland sofort Schweden besetzen würde343.« Offensichtlich wurde in den folgenden Tagen und Wochen an Aufklärung einiges nachgeholt, denn die befürchtete Massenflucht blieb aus. In den NSfeindüchen Kreisen setzte sich zudem die Auffassung durch, daß aus Gründen der notorischen »Effizienz« der Quislingregierung »der nationale Arbeitseinsatz erst im Verlauf von Monaten durchführbar sei. Bis dahin sei der Krieg für Deutschland verloren«. Nun müsse mit allen Formen der Drückebergerei und — soweit nichtnazifizierte staatliche Stellen involviert seien — Obstruktion gerechnet werden344. 340

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Pol.Arch. AA, NI. Cécil von Renthe-Fink, B d l l , Gesprächsprotokoll Hagemanns über ein Gespräch zwischen ihm, Quisling, Hagelin und Neumann am 12.4.1943. Zu dieser Furcht trug auch Quisling bei. So erklärte er bei der Verabschiedung einer Kompanie der Germanske SS Norge: »Wenn wir keinen Gebrauch von dem Recht gemacht haben, alle waffenfähigen Männer zur Verteidigung des Vaterlandes [...] unter die Fahnen zu rufen, so ist dies geschehen, weil der freiwillige Kriegseinsatz so viel mehr zählt [...]. Aber die Nachsicht, die gezeigt wurde, kann eines Tages zu Ende sein« (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 56, 28.5.1943, S. 3). Dergleichen Äußerungen lieferten natürlich der Propaganda der Widerstandsbewegung willkommenen Stoff. BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 52, 9.3.1943, S. 39. Ebd., S. 40. Ebd.

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Diese Prognosen waren durchaus realistisch. Die erforderlichen Erhebungen wurden von den Betroffenen von Anfang an sabotiert345. Die Meldebögen wurden zum größten Teil nicht ordnungsgemäß oder mit falschen und irreführenden Angaben ausgefüllt346, die gewerkschaftlichen Vertrauensärzte schrieben Dienstverpflichtete arbeitsunfähig347, und in den größeren Städten, wie in Oslo und Bergen, wurden die Meldeunterlagen ganz einfach durch Brandanschläge vernichtet348. Viele Bürger kamen der Verpflichtung der Meldepflicht auch ganz einfach nicht nach, weshalb »die norwegische Staatspolizei beabsichtigt, in Oslo in nächster Zeit, namentlich in Gaststätten, Razzien durchzufuhren, bei denen die Gäste dahingehend überprüft werden sollen, ob sie ihrer Meldepflicht genügt haben«349. Auch die administrative Obstruktion ließ nicht lange auf sich warten. Das Arbeitsdirektorat sah sich nämlich »wegen Arbeitsüberlastung« in der Folgezeit nicht in der Lage, den Verbandsleitern der gewerkschaftlichen Landesorganisation die Gesetzeslage und die einzelnen Ausführungsbestimmungen zu erläutern. So mußte Fritz Johlitz mit seiner Abteilung diese Aufgabe übernehmen350. Die staatlichen und kommunalen Behörden, die zusammen etwa 100 000 Personen beschäftigten, von denen man einen beträchtlichen Teil abziehen zu können glaubte, sperrten sich, indem von den Abteilungsleitern oder Bürochefs gemeldet wurde, daß sie mit Arbeit überlastet seien und niemand entbehrt werden könnte. Ganz richtig wurde hierzu gemutmaßt, es sei »anzunehmen, daß sie von irgend einer Seite Anweisungen erhalten haben, den nationalen Arbeitseinsatz zu sabotieren«351. In der Tat war die Sabotage des nationalen Arbeitseinsatzes zu dieser Zeit eines der Hauptziele des zivilen Zweiges der norwegischen Widerstandsbewegung352. Die Untergrundpropaganda gegen den Arbeitseinsatz wurde auch deshalb so massiv betrieben, weil durch Registrierung die weitere Tätigkeit der Widerstandsbewegung Siehe hierzu Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 1 9 2 - 1 9 5 . Etwa ein Viertel aller Meldebögen war, wie der SD im Juli 1943 feststellte, aufgrund falscher Angaben unbrauchbar (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57, 12.7.1943, S. 69). Die Art und Weise der Fälschung der Meldebögen zeugte durchaus von Phantasie; Dutzende von Bögen wurden beispielsweise mit der Unterschrift Quislings und anderer Parteigrößen eingereicht (Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 277). 347 Von den 18 - 30jährigen männlichen Personen rund 40 Prozent und den 3 0 _ 45jährigen 50 - 60 Prozent; bei »den weiblichen Arbeitskräften verhält es sich ähnlich« (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57,12.7.1943, S. 69). 348 Beim Anschlag auf das Registrierungsbüro in Oslo wurden die Meldebögen »für die Erfassung und Dienstverpflichtung von rund 50 999 männlichen und einer noch höheren Zahl weiblicher Meldepflichtigen« vernichtet. »Eine Dienstverpflichtung von 1500 Arbeitskräften für die OT wurde dadurch unmöglich gemacht, daß 2 norwegische Angestellte mit 1500 Dienstveipflichtungsbescheiden flüchteten« (BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 55, 4.5.1943, S. 44). Zu den Anschlägen aus der Sicht der Widerstandsbewegung Sunde, Menn i merket. Sunde war der Chef der legendären »Gruppe Osvald«. 349 BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 53, 23.3.1943, S. 29. 350 »Pg. Johlitz bezeichnete dies und die Tatsache, daß ein Deutscher den Norwegern die Rechtsverhältnisse erklären muß, als einen Skandal« (BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 52, 9.3.1943, S. 41). 351 Ebd., S. 42. 352 Siehe dazu Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 193 f. 345

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aufs ernsteste gefährdet gewesen wäre, denn viele dieser 18- bis 55jährigen, die nach außen hin einem normalen Erwerbsleben nachgingen, gehörten zum Widerstand. Durch deren Verschickung in großer Zahl in entlegene Landesteile konnte nicht nur die weitere Rekrutierung unmöglich gemacht, sondern auch die Logistik und Organisation des Widerstands völlig durcheinander gebracht werden353. Es ist nicht klar, ob dieser Aspekt dem Reichskommissariat bzw. der deutschen Sicherheitspolizei bewußt war. Die Akten geben darüber jedenfalls keine Auskunft. Der Dilettantismus der mit der Arbeitslenkung befaßten norwegischen Parteigrößen trug ein übriges dazu bei, daß das Zwischenergebnis der Aktion »nationaler Arbeitseinsatz« recht bescheiden ausfiel. So verstand es der von der Partei eingesetzte Leiter des Gewerkschaftsdachverbandes, Odd Fossum, Anfang März 1943 vor über 1000 versammelten Vertrauensmännern der Gewerkschaften, von denen die überwiegende Mehrheit nicht der Nasjonal Sämling angehörte, nicht, »die Versammlungsteilnehmer zu beeindrucken oder gar mitzureißen«. Er verlas großenteils nur Ausschnitte aus den Gesetzen und Ausföhrungsbestimmungen, so daß die Darbietung »von vielen Vertrauensleuten belächelt und ironisiert« wurde. »Selbst die engsten Mitarbeiter Fossums waren [...] sehr enttäuscht und erklärten, daß es geradezu tragisch sei, daß Fossum es nicht verstanden habe, diese einmalige und wohl nicht wiederkehrende Gelegenheit entsprechend auszunutzen354.« Auch politisch interessierte Kreise, die zwar nicht der Partei angehörten, dem Nationalsozialismus und den deutschen Neuordnungsplänen aber, wie der SD meinte, positiv gegenüberstanden, hielten die NS-Regierung für nicht fähig, das Gesetz über den nationalen Arbeitseinsatz zu verwirklichen. Man brachte deutlich zum Ausdruck, daß die Durchführung der Arbeitsmobilisierung endgültig den Beweis erbringen werde, daß die Nasjonal Sämling das norwegische Volk nicht gewinnen könne und daß diese Partei und die Regierung Quisling letztlich eine Belastung für Deutschland darstellten, weil sie die Durchführung kriegswichtiger Vorhaben in entscheidendem Maße behindere. Die Schließung von Betrieben, die Verfügungen über den Einsatz von Arbeitskräften, die revolutionierenden Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte seien nur durchführbar, wenn diese Maßnahmen von Persönlichkeiten getroffen würden, »die aufgrund ihrer charakterlichen Stärke und Sauberkeit sich durchzusetzen in der Lage seien. Uber solche Männer verfügt die Partei aber nur in ganz geringem Umfange355.« Es wurde in dieser Einschätzung explizit auf die sich gerade zu dieser Zeit verschärfende innerparteiliche Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen Cliquen (Blehr/Hagelin — Whist — Prytz) Bezug genommen. Endgültig diskreditierte sich die Partei bei der Bevölkerung dadurch, daß Quisling zwei Parteiverordnungen herausgab, die die Arbeitsmeldepflicht der Mitglieder regelte: In der ersten Verordnung wurde bestimmt, daß sämtliche politischen Führer und die übrigen Vertrauensleute der Partei von der Meldepflicht befreit waren. Die zweite Verordnung besagte, daß alle männlichen NS-Mitglieder im Alter von 18 bis 55 Jahren hirdpflichtig sind, und Angehörige 353 Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 277. 354 BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 52, 9.3.1943, S. 43. 355 BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 53,23.3.1943, S. 4.

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des Hird (Quislings SA-Adaption) waren ebenfalls von der Meldepflicht befreit. Solchermaßen entgingen die meisten männlichen NS-Mitglieder der Meldepflicht 356 . Das Ergebnis des nationalen Arbeitseinsatzes war also bescheiden. Die OT beispielsweise hatte sich für den »ersten Ablauf [...] der Auskämmaktion«, d.h. bis zum Sommer 1943, 14 000 neue Arbeitskräfte erhofft, die jeweils zur Hälfte bei den Bahn- und Anlagenbau- bzw. Straßenbauprojekten der OT zum Einsatz kommen sollten357. Tatsächlich aber sind bis Mitte Mai 1943 nur 2554 neue Arbeiter auf die OT-Bahnbausteilen gelangt358, beim Straßenbau lag die Zahl, die von der Leitstelle Oslo der Einsatzgruppe »Wiking« nicht genau ermittelt werden konnte, unter 350 und diente großenteils nur dem Ausgleich der »Abgänge der normalen Fluktuation«359. Bei den Zugängen handelte es sich überdies in der Hauptsache um kaufmännische und Büroangestellte. Doch selbst bei dieser relativ geringen Zahl Dienstverpflichteter stellte sich hinsichtlich ihres praktischen Einsatzes bald das Problem ihres Transportes zu den Baustellen und ihrer dortigen Unterbringung. Es fehlte ganz einfach an Transportraum und an Baracken360. Hinzu kam, daß sich vor Ort die verschiedenen Dienststellen gegenseitig paralysierten, da es an der nötigen Kommunikation sowohl unter ihnen als auch mit der Zentrale in Oslo mangelte. So konnte es geschehen, daß zwar Arbeiter die vorgesehenen Orte erreichten, wo aber nicht bekannt war, »welche Arbeiter den Wehrmachtstellen ihres Bereichs lt. Abstimmung des Bauvolumens zustehen«361. Das fast schon absurde Züge aufweisende Zusammen-, besser Gegeneinanderspiel der deutschen und norwegischen Bürokratie bei der Zuteilung von Arbeitskräften vor Ort wird durch ein Beispiel 356

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Diese Bevorzugung der Parteimitglieder wurde von der Propaganda des Widerstands natürlich angeprangert, so daß Quisling sich nach einigen Wochen genötigt sah, die Verordnungen dahingehend einzuschränken, daß nur aktive politische und Hirdfuhrer davon betroffen waren (BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 55, 4.5.1943, S. 43). BA, R 50 1/93, Aktenvermerk der OT-Einsatzgruppe »Wiking« vom 19.6.1943. Demgegenüber konnten im Jahr zuvor auf freiwilliger Basis etwa 15 000 Arbeitskräfte für Bauvorhaben gewonnen werden (ebd.). Ebd. BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 55, 4.5.1943, S. 42. In diesem SD-Bericht (ebd., S. 50 f.) wird ein Brief wiedergegeben, in dem sich 40 dienstverpflichtete Arbeiter aus Moss (am Oslofjord) bei ihrem Fylkesmann beschweren. Ihr Bericht ist ein schlagender Beweis für das organisatorische Durcheinander, das bei der Umsetzung des Arbeitseinsatzes vielerorts herrschte: Die Briefschreiber klagten darüber, daß sie per Schiff nach Nordnorwegen und nicht wie vorgesehen nach Fauske (bei Bodo) geschickt und überhaupt schlecht behandelt wurden. Sie »wiesen darauf hin, daß sie sich in Bezug auf Bekleidung nicht für einen Einsatz an der Eismeerküste eingestellt hätten. Weiter wiesen sie darauf hin, daß auf den Zwischenstationen des Transportes ihr Ankommen scheinbar nicht bekannt gewesen sei, da sie teilweise auf dem Fußboden hätten schlafen müssen und die hygienischen Verhältnisse so schlecht gewesen seien, daß der betreuende Arzt dem Roten Kreuz einen Bericht hierüber gegeben habe. Auch hätten sie nach 3 Wochen ihrer Dienstverpflichtung noch kein Geld erhalten, obwohl viele von ihnen verheiratet seien und ihre Familie versorgen müßten. Die im Brief geschilderten Zustände werden durch einen Bericht bestätigt, den Oberregierungsbaurat Jahn von der Dienststelle des Chefintendanten beim WBN im Sommer 1943 über eine von ihm durchgeführte vierwöchige Inspektionsreise nach Nordnorwegen anfertigte (BA-MA, RW 39/114, Reisenotizen über Reise nach Nordnorwegen von Oberregierungsbaurat Jahn, 27.6.1943, S. 3 f.). Ebd., S. 10.

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aus Svolvaer (Lofoten) treffend illustriert: »Die Firma Andresen & Sohn benötigt zur Aufstellung von Baracken [...] sofort 40 Bauarbeiter, sie könnte sofort 6 Zimmerleute und 6 Bauhilfsarbeiter beschaffen, braucht zu deren Einstellung aber die Zustimmung des Arbeitsamtes.« Der Leiter des Arbeitsamtes wiederum benötigte sowohl die Genehmigung des Reichskommissars als auch die Zustimmung des Arbeitsdirektorats Oslo. »Das Arbeitsamt habe wohl Anweisung, der OT Arbeitskräfte sofort zuzuweisen (ohne Genehmigung des Arbeitsdirektorats), erst wenn der Bedarf der OT gedeckt sei, dürfte eine Zuweisung an die Wehrmacht, aber auch nur mit Genehmigung des Arbeitsdirektorats, erfolgen362.« Auch die Zahl von 10 485 füir die Land- und Forstwirtschaft Verpflichteten blieb hinter den Erwartungen zurück. Die Stillegung und Auskämmung von Betrieben war bis dahin ein regelrechter Fehlschlag. Sie brachte »noch keine 500 Arbeitskräfte, weswegen es nicht möglich ist, für die Bauvorhaben der OT und Wehrmacht die erforderlichen Arbeitskontingente zur Verfügung zu stellen«363. Diesem Ergebnis stand ein Bedarf bei OT, Wehrmacht und Reichskommissariat von 22 000 Arbeitskräften gegenüber, nämlich 16 000 für die Bauprojekte, 2000 für den Bergbau, 3000 für die Fortwirtschaft und 1000 für die metallurgische Industrie und die Hafenwirtschaft364. Bei diesem Fehlschlag der Arbeitsmobilisierung konnte es nicht ausbleiben, daß auch die deutschen Stellen untereinander in einen kleinlichen Disput darüber gerieten, was falsch gemacht worden sei und welchem Bedarfsträger nun in erster Linie die neu ausgehobenen Arbeitskräfte zustünden. In einer großen Besprechung am 21. Juni 1943 versuchte man, darüber zu einer Einigung zu gelangen. Die Vertreter der Wehrmachtteile gingen dabei sofort in die Offensive und verlangten eine Neudefinition des Verteilungsschlüssels zugunsten der Wehrmacht, wobei sie insbesondere darauf hinwiesen, daß durch die Boykottmaßnahmen gegen den nationalen Arbeitseinsatz auch ihre bisherige lokale Arbeitsvermittlung »zum Stillstand gekommen [sei], sodass eine Ergänzung des Arbeiterbestandes der Wehrmacht nicht mehr möglich« sei. Der Chefintendant Schreiber griff in seinen Ausführungen die Praktiken des Generalbevollmächtigten für das Bauwesen (Henne) scharf an und stellte dessen Kompetenz hinsichtlich der Arbeitskräfteverteilung in Frage. Die Verteilung könne, so Schreiber, »nur durch die Abteilung Arbeit und Sozialwesen des Reichskommissars im Benehmen mit dem WBfh. und der O.T. erfolgen«. Fritz Johlitz versuchte zu schlichten und verwies darauf, daß demnächst eine neuerliche »Auskämmaktion« durchgeführt würde, bei der mit 7000 Arbeitern zu rechnen sei. Bei deren Verteilung solle dann ein neuer Schlüssel, nämlich 7:3 zugunsten der Wehrmacht, zur Anwendung gelangen. »Er werde die Entscheidung des Herrn Reichskommissars hierzu herbeiführen.« Allerdings stelle sich der »Auskämmaktion«, die vor allem die Stillegung von Betrieben bedeutete, ein Problem in den Weg: Die Stillegung von Betrieben falle nämlich in die Zuständigkeit des Wirtschaftsdepartements und »die Abteilung Arbeit und Sozialwesen habe hierauf keinen Ein362 Ebd., S . l l . BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57,12.7.1943, S. 68. 364 Ebd.

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fluß«365. Der Chef dieses Departements, Eivind Blehr, hatte sich bekanntlich seit einiger Zeit den deutschen Ansprüchen in zunehmendem Maße in den Weg gestellt, so daß die Zweifel Johlitz', ob die Stillegungsaktion den gewünschten Erfolg zeitigen würde, durchaus berechtigt waren, obgleich der Reichkommissar über Quisling auf Blehr stärkeren Druck auszuüben versuchte366. Chefintendant Schreiber kündigte zudem an, daß die Wehrmacht künftig wieder dazu übergehen werde, Arbeitskräfte, die nicht im Baugewerbe eingesetzt werden sollen, nicht mehr zentral über Reichskommissariat und Arbeitsdirektorat anzuforden, sondern dezentral und direkt von den jeweiligen Bedarfsträgern werben zu lassen. Gegen den zwangsweisen Arbeitsdienst, insbesondere gegen die Arbeitseinberufungen nach Nordnorwegen, die mit einem Abzug von Arbeitskräften aus südnorwegischen Betrieben verbunden waren, wurde mitunter auch von einzelnen Abteilungen der Hauptabteilung Volkswirtschaft energisch angegangen. Der Leiter der Gruppe Holzveredlungsindustrie, Herbert Packmohr, verbot den ihm unterstellten Betrieben kurzerhand, ohne Rücksprache mit vorgesetzten Stellen der Hauptabteilung den Forderungen der Arbeitsämter um Freigabe von Arbeitern und Angestellten zum Arbeitseinsatz zu entsprechen. Hierauf wäre es, wie er später aussagte, fast zu einer Anklage durch den Einsatzstab wegen Sabotage des Arbeitseinsatzes gekommen, zumal dieses Vorgehen andernorts nachgeahmt wurde367. Obwohl zahlreiche Handels- und andere Betriebe auf der Grundlage des Arbeitseinsatzgesetzes vom 22. Februar 1943 geschlossen wurden, konnte in den folgenden Monaten der erhoffte Zugewinn an Arbeitskräften nicht erreicht werden. Viele der freigesetzten und für den Arbeitseinsatz verpflichteten Arbeiter und Angestellten verschwanden ganz einfach — entweder über die Grenze nach Schweden oder auf das platte Land, wo sie bei ihnen bekannten oder verwandten Bauern als Landarbeiter untertauchten368. Dabei leisteten die Arbeitskontore nicht selten tatkräftige Hilfe, so daß die Ermitdungen der norwegischen Staatspolizei und die Inspektionen der Abt. Arbeit und Sozialwesen an dieser bürokratischen Obstruktion zwangsläufig scheitern mußten. Mitte Juli 1943 registrierte der SD sichtlich resigniert, daß man »sich von Anfang an hätte klar darüber sein müssen, daß eine äußerst umfangreiche und geschickte gegnerische Agitation gegen den nationalen Arbeitseinsatz einsetzen würde«. Diese habe allein schon deshalb erfolgreich sein müssen, weil »von den 750 Arbeitsamtsdirektoren nur 10 % der NS angehö-

BA-MA, RW 39/114, Niederschrift über die Besprechung am 21.6.43 betr. Fragen des Arbeitseinsatzes und der Arbeitsvermittlung, Oslo, 23.6.1943. Der bisherige Schlüssel war 3 (Wehrmacht) zu 7 (übrige). 366 NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 59, Terboven an Quisling, Oslo, 14.5.1943. 367 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Aussage H. Packmohr, Oslo, 19.11.1945. Die Anklage wegen Sabotage konnte durch Vermittlung des Abteilungsleiters Ausfuhrwirtschaft und Bergbau, Ahlbrecht, abgewendet werden. 368 Welche Ausmaße dies annehmen konnte, zeigen folgende Beispiele: In Arendal erschienen von den 156 verpflichteten Personen nur 8 zum Abtransport; bei einem Transport aus Oslo leisteten von 65 Personen nur 2 der Einberufung Folge; in einem Bezirk von Kristiansand verschwanden alle 10 Verpflichteten (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 57,12.7.1943, S. 70 f). 365

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IV. Die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft

ren, wobei«, wie sarkastisch hinzugefugt wurde, »dieser Prozentsatz schon ganz erfreulich« sei369. Die internen Berichte des Reichskommissariats zeigen, daß die Zahl der norwegischen Arbeitskräfte in den für die Besatzungsmacht wichtigen Bereichen stetig sank370. Im gleichen Maße wuchs der Druck auf die Regierung Quisling, die Maßnahmen zur Beschaffung von Arbeitern zu intensivieren. In diesem Klima reifte bei Quisling die Idee, drei Jahrgänge nach militärischem Muster zu rekrutieren und sie in den Arbeitsdienst (Arbeidstjeneste, AT) zu stecken und damit dem nationalen Arbeitseinsatz zur Verfugung zu stellen. Dieser Arbeitsdienst war von der Nasjonal Sämling mit der »nationalen Revolution« schon im Sommer 1940 ins Leben gerufen worden, fristete seitdem aber, weil er auf freiwilliger Basis beruhte, ein kümmerliches Dasein371. Daran konnte auch nichts ändern, daß schon im Sommer 1940 der Generalarbeitsführer Herbert Bormann von der DAF nach Norwegen beordert worden war, um der Nasjonal Sämling beim Aufbau ihres Arbeitsdienstes zur Seite zu stehen372. Nun, im Mai 1944, sollten die Jahrgänge 1921 bis 1923 ausgeschrieben werden373. Die jungen Männer im Alter zwischen 21 und 23 Jahren sollten sich binnen einer Woche auf den Arbeitskontoren melden, wo sie zu einem sechsmonatigem Arbeitseinsatz in den Reihen des Arbeitsdienstes eingeteilt werden sollten. Fritz Johlitz berichtete später, daß diese .Aktion Quislings im Reichskommissariat, im Gegensatz zur Wehrmacht374, größte Bedenken hervorgerufen habe, denn eine weitere Beunruhigung des Arbeitskräftemarktes wurde befürchtet375, zumal offenkundig war, daß Quisling hiermit noch eine weitere Absicht verfolgte: Er wollte sich auf diese Weise einen alten Wunsch, wenn auch in anderer Form, erfüllen. Mehrfach war er an den Reichskommissar mit der Forderung herangetreten, unter seiner Führung eine neue norwegische Wehrmacht zu bilden, die, wie er meinte, dann auch an den Fronten zur Unterstützung Deutschlands eingesetzt werden oder zumindest die in Norwegen eingesetzten deutschen Truppen ablösen könnte, die dann für den Einsatz an den Fronten freiwürden376. Dieses Ansinnen hat Quisling 369 370 371 372 373

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Ebd,S. 72. RAO, RK, FD 5325/45, Monatliche Tätigkeitsberichte der Abt. Binnenwirtschaft, Januar 1944 ff. Siehe dazu Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 364. Siehe dazu Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 439. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3802, eske 2, Direktorat for Arbeidsformidling og Arbeidsloshetstrygd: Den nasjonal arbeidsinnsats. Utskriving av menn fodt i 1921, 1922, 1923, Oslo, 16.5.1944. Zur Verordnung siehe auch BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 69, 11.6.1944, S. 47. Diese erwartete »die Herausziehung von 12 000 Mann«, von denen »für Werften, Rüstungsproduktion und Bergbau etwa 3000 abgezweigt werden, während der Rest bei der Wehrmacht und der OT für Bau-Aufgaben eingesetzt werden soll« (BA-MA, RW 28/14, Höherer Feldwirtschaftsoffizier beim WBN: Lagebericht Nr. 1, Oslo, 20.5.1944, S. 3). Johlitz wies auf die schlechten Erfahrungen in den anderen deutschbesetzten Gebieten, vor allem in Frankreich, hin. Die jahrgangsweise Einziehung von Arbeitskräften hätte dort »wesentlich zur Partisanenbildung [...] beigetragen, sodass eine ähnliche Auswirkung für Norwegen von vornherein befurchtet werden mußte« (RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Fritz Johlitz, 25.11.1945). Siehe hierzu Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 286 ff.

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auch Hitler mehrmals vorgetragen, zuletzt während seines Besuchs in Rastenburg im Januar 1944, was von diesem aber wie stets zuvor abgewiesen wurde377. Terboven ließ Quisling nun bei den Ausschreibungsplänen dennoch gewähren, wohl ahnend, welches Ergebnis letztendlich zu erwarten war. Whist, der mit der organisatorischen Vorbereitung dieser »Reichsausschreibung« (»Riksutskrivningsverket«) betraut worden war, hatte noch im Februar 1943 bei der Vorbereitung des Arbeitseinsatzgesetzes in einer längeren, an den Ministerpräsidenten gerichteten Studie davor gewarnt, dem Gesetz auch nur andeutungsweise ein militärisches Gepräge zu geben. Dieses würde dazu führen, daß »unsere Gegner eine schädliche Agitation in Gang setzen«. Man sollte daher dem Gesetz einen möglichst zivilen Anstrich geben, gleichwohl aber schon ein Ergänzungsgesetz über die militärische Ausschreibung vorbereiten, das dann zum gegebenen Zeitpunkt veröffentlicht werden und auf dem Arbeitseinsatzgesetz aufbauen sollte378. Das war nun der Fall. Die Vorbereitungen der Ausschreibungsverordnung waren schon bald kein Geheimnis mehr379 und riefen denn auch die vom Reichskommissariat vorhergesehene Unruhe unter den betroffenen Jahrgängen hervor. Die Propaganda des norwegischen Widerstands und der Exilregierung tat ein übriges, indem die vermutete Nebenabsicht Quislings in die Öffentlichkeit getragen und dabei angedeutet wurde, daß die jungen Männer zum Kriegseinsatz an die Ostfront kämen380. Die Propaganda stützte sich dabei auf ein Promemoria des Justizministers Sverre Riisnass vom 17. Januar 1944 für den Chef des SS-Hauptamtes Gotdob Berger, das dem Widerstand von einer Sekretärin Riisnaes' in die Hände gespielt worden war381. In diesem Papier schlug Riisnœs vor, fünf Jahrgänge für die Waffen-SS zu mobilisieren, die nach ihrer Ausbildung in Deutschland die SS-Verbände im Osten auffüllen sollten. Riisnaes griff hiermit Gedanken Quislings auf, der im Herbst zuvor über den Leiter des NSDAP-Einsatzstabes, Hans Hendrik Neumann, wieder einmal 377

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Noch unmittelbar vor dem Treffen hatte Rediess in einem Fernschreiben an den Chef des SSHauptamtes, Gottlob Berger, vor dieser Zwangsmobilisierung gewarnt: »Ergebnis wird sein, 9/10 der fraglichen Jahrgänge verschwinden über die Grenze, 1/10 — hierunter Kranke und sonstige >Untaugliche< — wird zwangsweise nach Deutschland verbracht und stellt den stolzen Bestand an dieser neuen Armee dar. Meines Wissens hat RK Terboven bereits am 18.1.44 beim Fuehrer Schritte unternommen, um diesen Plan Quislings durch den Fuehrer zerschlagen zu lassen« (Archiv Alfa Bibliotek, Sammlung Varia Akten HSSPF Nord, Fernschreiben Rediess an Berger, 19.1.1944). — Zur genannten Besprechung Quislings mit Hitler siehe Dahl, Vidkun Quisling, Bd 2, S. 517 f. RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, eske 1, Whist an Quisling, Oslo, 9.2.1943. Auch Sozialminister Lippestad hatte Quisling seinerzeit vor dem militärischen Charakter einer solchen Verordnung gewarnt, insbesondere davor, daß Quisling die Verordnung »Gesetz über Kriegsarbeitspflicht« nennen und die Aushebung nach dem Muster des Wehrgesetzes von 1929 durchführen wollte (RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 3802, eske 2, Promemoria Lippestads vom 17.2.1943: Ad lov om krigsarbeidsplikt). Bereits am 12. Mai war die Widerstandsbewegung über die bevorstehende Aktion umfassend informiert (Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 295). »Norwegischer Arbeitsdienst und Nationaler Arbeitseinsatz [wurden] dabei in einem Atemzug genannt, um die an sich schon vorhandenen Verwechslungen dieser Einrichtungen und das bestehende Durcheinander noch zu steigern« (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 69, 11.6.1944, S. 17). Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 286 - 288.

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seinen Wunsch nach einer norwegischen Wehrmacht der deutschen Führung schmackhaft machen wollte. Auch wenn der Vorschlag Riisnaes' von der Leitung des Widerstands wegen seiner Realitätsferne nicht ernst genommen wurde382, bot er doch hervorragende Möglichkeiten für die Anti-NS- und Antimobilisierungspropaganda. Im Kampf gegen die Zwangsmobilisierung wurde aber nicht nur Propaganda über Radio und Flugblätter eingesetzt. Der militärische Zweig der norwegischen Widerstandsbewegung, Milorg, intensivierte seine Sabotagetätigkeit gegen die Registrierungsbüros. In den Tagen um den 19. Mai 1944 wurden in Oslo sämtliche Lochkartenmaschinen zerstört, mit deren Hilfe die Erfassung für die Mobilisierung durchgeführt werden sollte383. Die überwiegende Mehrzahl der für den zwangsweisen Arbeitsdienst in Frage kommenden Meldepflichtigen entzog sich dem Einsatz, noch bevor dieser richtig in Gang gesetzt wurde, durch die Flucht384. Zeitweise lebten mehrere Tausend junger Männer in den Wäldern Telemarks und nahe der schwedischen Grenze385. Es verließen auch solche Personen ihre bisherigen Arbeitsplätze, die gar nicht meldepflichtig waren. So kam erhebliche Unruhe in das Arbeitsleben. Einige kriegswichtige Betriebe, wie die Kongsberg Waffenfabrik, mußten sogar ihre Produktion einschränken386. Unter diesen Umständen gab Terboven schließlich die Anweisung, die Aktion zu stoppen und die Maßnahmen in der Öffentlichkeit nicht mehr zu erwähnen387. Zur Beratung des weiteren Vorgehens wurde kurz darauf auf Skaugum eine Besprechung zwischen Reichskommissar und Quislingregierung anberaumt. Auf dem Weg von der Garderobe zum Sitzungszimmer sagte Terboven zu Quisling laut und deutlich, »sodass die deutsche Begleitung des RK es verstehen konnte: >Herr Ministerpräsident, nun haben Sie nur für den friedlichen Arbeitsdienst in Norwegen aufgerufen und ein derartiges klägliches Ergebnis erhalten, wie sollte das Ergebnis eigentlich ausgesehen haben, wenn sie den drei Jahrgängen einen Gestellungsbefehl für die Wehrmacht geschickt hätten?< Quisling erwiderte darauf nichts, sondern machte lächelnd eine abwehrende Handbewegung«388. Johlitz berichtet weiter, daß 382 383 384

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Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 363. Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 296. In Oslo drückte sich der Mißerfolg der Ausschreibung in folgenden Zahlen aus: Von den schätzungsweise 8000 meldepflichtigen Personen meldeten sich nur 363 zur Registrierung, von diesen wiederum konnten nur 95 dienstverpflichtet werden. Ähnlich niederschmetternd für die Initiatoren war das Ergebnis in den anderen Großstädten und Ballungszentren. Bis Mitte Juni 1944 konnten insgesamt nur 480 Personen dienstverpflichtet werden (BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 69,11.6.1944, S. 51). Ebd.; Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 365. Etwa 6500 Meldepflichtige waren allein in den Wäldern in der Umgebung Oslos untergetaucht (Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 298). BA-MA, RW 28/14, Höherer Feldwirtschaftsoffizier beim WBN: Lagebericht Nr. 2, Oslo, 12.6.1944, S. 1. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Walter Georges, Leiter der Gruppe Arbeitseinsatz und Arbeitslosenversicherung, Oslo/Akershus, 8.12.1945. Das gleiche sagte Fritz Johlitz am 25.11.1945 gegenüber der norwegischen Untersuchungsbehörde aus (ebd.). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Erklärung Fritz Johlitz, Oslo/Akershus, 25.11.1945.

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Quisling in der Besprechung über seine Staatspolizei und einzelne Minister geschimpft habe, vor allem über Lie, Lippestad und Blehr. Terboven konnte, Johlitz zufolge, dieser Kritik nur zustimmen, zumal ihn vor allem Blehr immer häufiger zu Zornesausbrüchen getrieben hatte. Während der Besprechung schlug Quisling plötzlich zusammenhanglos vor, in Norwegen, ähnlich wie in Deutschland, einen Reichsbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz zu ernennen. Obwohl Terboven, Neumann und Johlitz dagegen sprachen, nannte Quisling den Fylkesforer Astrup aus Bergen als Kandidaten. Der Vorschlag Quislings stellte einen Affront gegen seinen ebenfalls anwesenden Minister Lippestad dar. Terboven vertagte die Entscheidung aber auf einen späteren Zeitpunkt. Für Johlitz »stand damals schon fest, daß man sich nur noch klar werden wollte, ob Minister Lippestad gleich oder später verabschiedet werden sollte«. Terboven war nach Aussage seiner Mitarbeiter offenkundig sehr zufrieden, daß Quisling aufgrund des kläglichen Ergebnisses in der Frage des Arbeitseinsatzes seine beständige Forderung nach einer norwegischen Wehrmacht endgültig begraben mußte389. Die Einsetzung von Christian Astrup als »Generalbevollmächtigter für den nationalen Arbeitseinsatz«390 wirkte sich entgegen den deutschen Erwartungen positiv aus, da dieser es verstand, wieder einigermaßen Ruhe in das Arbeitsleben zu bringen. Dennoch stellte man deutscherseits fest, daß »die Arbeitseinsatz-Forderungen, die der RK für ganz Norwegen stellt, nach wie vor an der politischen Einstellung oder dem Unvermögen der norwegischen Regierung, die sich die in Deutschland längst selbstverständlich gewordenen Maßnahmen des totalen Kriegseinsatzes noch nicht zu eigen gemacht hat«, litten391. Im Herbst 1944 rief Wirtschaftsminister Whist in mehreren Tageszeitungen dazu auf, daß »die jungen Männer nun ihr Indianerleben im Wald aufgeben« mögen392. Terboven erklärte in landesväterlicher Manier, daß ja nun alle Norweger zusammenstehen müßten393, und sicherte ihnen sogar freies Geleit zu. Es wurden tatsächlich keinerlei Strafmaßnahmen gegen geflüchtete Arbeiter durchgeführt, so daß nach kurzer Zeit ein großer Teil von ihnen wieder an die Arbeitsplätze zurückgekehrt war394. Im übrigen war aber der »nationale Arbeitseinsatz« der drei ausgeschriebenen Jahrgänge durch die inzwischen eingetretene äußere Entwicklung obsolet geworden. Die Rohstofflage im Reich sowie die Transportsituation hatten sich dramatisch verschlechtert und zwangen zu einschränkenden Maßnahmen, die auch die 389

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Ebd. Tatsächlich ging es wenig später um den Kopf Lippestads als Minister. Das Reichskomniissariat setzte sich jedoch sehr für ihn ein, so daß Astrup als Reichsbevollmächtigter unter Minister Lippestad, aber mit Sondervollmachten und Direktiven von Quisling arbeiten sollte. Terboven hielt an Lippestad auch deshalb fest, weil er »ein Experiment mit Astrup als Minister nicht eingehen wollte«. Zur Einsetzung Astrups siehe BA, R 70 N/12, Meldungen aus Norwegen, Nr. 69,11.6.1944, S. 3 sowie Bl. 199. BA-MA, RW 28/14, Höherer Feldwirtschaftsoffizier beim WBN: Lagebericht Nr. 4, Oslo, 12.8.1944, S. 1. Beispielsweise in: Morgenbladet, 14.11.1944. Deutsche Zeitung in Norwegen, 13.11.1944. Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 301.

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Belieferung Norwegens — vor allem mit Kohle — betrafen. Deshalb wurden sehr viele Bau- und Produktionsvorhaben eingestellt, was wiederum zur Freisetzung von Arbeitskräften führte. Im norwegischen Sozialdepartement und in der zuständigen Abteilung des Reichskommissariats erwartete man sogar, daß es im Winter 1944/45 zu einer größeren Arbeitslosigkeit kommen würde395. Diese Befürchtungen bewahrheiteten sich jedoch nicht. Freiwerdende Arbeitskräfte wurden in die Land- und Forstwirtschaft integriert. Dies betraf auch einen Großteil der beim deutschen Rückzug aus der Finnmark von dort deportierten Bevölkerung. Um der offenen und versteckten Resistenz der norwegischen Arbeiterschaft zu begegnen, griffen die deutschen Besatzungsbehörden zu mannigfaltigen Disziplinierungsmaßnahmen. Die »gewöhnliche« Disziplinierung norwegischer Arbeiter in deutschen Diensten, die in irgendeiner Form (sei es durch Diebstähle, »Arbeitsscheu« oder politische Tätigkeit) auffallig wurden, sah so aus, daß sie in den an die einzelnen Dienststellen des Reichskommissariats gehenden »Tagesbefehlen des HSSPF« namentlich genannt und, wenn sie entlassen worden waren, die deutschen Stellen vor Wiedereinstellung in anderen Beschäftigungsverhältnissen gewarnt wurden. Diese Möglichkeit, aus der Arbeitsverpflichtung herauszukommen, scheint von den norwegischen Arbeitern zum Ende der Besatzungszeit hin in verstärktem Maße bewußt herbeigeführt worden zu sein, so daß im September 1944 der HSSPF auf Ersuchen des AOK Norwegen dem SS- und Polizeigericht Nord Anweisungen für das weitere Vorgehen erteilte: »Es kommt immer wieder vor, daß arbeitsscheue, Vertragsbrüchige, aufsässige und straffällige norwegische Arbeiter aus Bequemlichkeitsgründen einfach entlassen und zur Aufnahme in das Verordnungsblatt [gemeint ist das >Nachrichtenblatt des Reichskommissarsbefahl< einfach 12 oder gar 14 Paare. Wenn Sonderzüge für den Wehrmachtbefehlshaber oder den Reichskommissar eingelegt wurden, mußte der einzige noch für die Zivilbevölkerung verkehrende Zug ausfallen« (BA, R 5, Anh. 1/118, Aus dem Beitrag des Bundesbahnoberrats Johannes Clauss zur »Sammlung von Material für ein Buch über die Leistungen der deutschen Eisenbahnen im letzten Krieg«, Kaiserslautern, 27.7.1953). 41 Zunächst Hptm. i.G. Heil, ab August 1940 Major i.G. Theodor Steltzer. Steltzer, ehemals Landrat in Rendsburg, war bis Sommer 1944, zuletzt als Obersdt. i.G, Transportoffizier in Norwegen. 37

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VI. Wehrmacht und Wirtschaft

tert 42 . D e r Bahnbevollmächtigte wurde kurze Zeit später aus Norwegen zurückgezogen. Die deutsche Eisenbahntruppe sowie norwegische und deutsche Firmen wurden unmittelbar nach der Okkupation darauf angesetzt, neben der Wiederherstellung der während des Feldzuges gesprengten Anlagen die Bahn i m Süden bis Stavanger und im N o r d e n über Trondheim/Namsos hinaus bis M o i Rana weiterzubauen sowie die Rorosstrecke auf Normalspur umzurüsten, so daß v o n O s l o aus zwei Bahnstrecken nach N o r d e n bis Trondheim zur V e r f ü g u n g stünden. A m 2 1 . August 1 9 4 0 befahl v. Falkenhorst die Verbesserung der Effektivität der norwegischen Eisenbahn, »ohne jede Rücksicht auf Kosten« 4 3 . Einige W o c h e n darauf bat er den Reichskommissar, ihm 5 1 1 Mio K r . aus dem laufenden Haushalt f ü r Eisenbahnneubauten zur Verfügung zu stellen, was T e r b o v e n jedoch angesichts der schon zu diesem Zeitpunkt überstrapazierten norwegischen W ä h r u n g zurückwies 4 4 . D i e Bahnbaupläne waren gewaltig. D i e beiden größten Projekte zielten darauf, die Südlandbahn v o n Kristiansand bis Stavanger (etwa 1 5 0 km) und die Nordlandbahn v o n dem etwa 3 0 k m östlich v o n Namsos gelegenen G r o n g bis Narvik (etwa 6 5 0 km) und sogar darüber hinaus bis Kirkenes (weitere rund 6 0 0 km) zu verlängern. Nachdem T e r b o v e n auf Anraten seiner Finanzexperten dem Wehrmachtbefehlshaber klargemacht hatte, daß der norwegische Staatshaushalt nicht imstande wäre, für die K o s t e n sämtlicher Bahnbaupläne der W e h r m a c h t herzuhalten, er aber gleichwohl deren Notwendigkeit einsehe, kam es zu der Übereinkunft, die beiden G r o ß p r o j e k t e Nordland- und Südlandbahn »aus dem norwegischen Haushalt her-

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Als der schleswig-holsteinische Gauleiter Hinrich Lohse davon erfuhr, daß Steltzer im Reichskommissariat tätig war, schickte er Terboven einen mahnenden Brief, in dem er vor »diesem früher rosaroten Landrat« warnte. Er sei »unter gar keinen Umständen für die Mitarbeit in der Bewegung oder auch nur im Staate tragbar« und es sei »im höchsten Maße bedauerlich, daß er dank seiner Beziehungen zur Wehrmacht wieder reaktiviert werden konnte« (IfZ, MA 110, Lohse an Terboven, Kiel, 3.10.1940). Wegen seiner peripheren Verwicklung in den 20. Juli wurde Steltzer im Sommer 1944 während eines Aufenthalts im Reich verhaftet und später vom Freislerschen »Volksgerichtshof« zum Tode verurteilt. Er war einer der ganz wenigen aus dem Kreis der Teilnehmer, deren Todesurteil nicht vollstreckt wurde. Nach der Kapitulation wurde Steltzer von der britischen Besatzungsmacht als Oberpräsident, später Ministerpräsident Schleswig-Holsteins eingesetzt (Steltzer, Sechzig Jahre, S. 181 ff.). In Steltzers Memoiren ist dazu zu lesen: »Ich hatte eine eigentümliche Dienststellung. Auf der einen Seite war ich dem Oberbefehlshaber von Falkenhorst und seinem Chef des Generalstabes, auf der anderen Seite dem Chef des Transportwesens im Oberkommando des Heeres unterstellt. Außerdem war ich bevollmächtigt, als Wehrmachtdienststelle unmittelbare Weisungen in Transportfragen an die drei Wehrmachtteile und die Organisation Todt zu geben. Ursache für diese komplizierte Regelung war eine Differenz zwischen meinem Vorgänger und dem Oberbefehlshaber. Da dieser als schwierige Persönlichkeit galt, wurde eine Lösung getroffen, die der Transportführung in Norwegen eine größere Selbständigkeit gab, um Reibungsflächen zwischen dem Oberbefehlshaber und dem OKH möglichst auszuschalten. Ich habe bei dieser Regelung keine Schwierigkeiten gehabt, da ich alle Anordnungen im Namen des Wehrmachtbefehlshabers bzw. Chefs des Generalstabes hinausgegeben habe« (Steltzer, Sechzig Jahre, S. 126). BA, R 2/354, Vorlage der Abt. Finanzen für den Herrn Reichskommissar, Oslo, 24.9.1940. »Es sei aber nach wie vor die Bereitwilligkeit vorhanden, sich über die Verwirklichung der Baupläne zu unterhalten« (BA, R 2/354, Vermerk Korffs über eine Besprechung zwischen Terboven, Otte, Rentrop und Korff am 29.10.1940).

VI. Wehrmacht und Wirtschaft

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auszunehmen und als Wehrmachtvorhaben« zu fuhren. »Diese Bahnbauten werden daher von den [finanziellen] Einschränkungen, die ich der norwegischen Seite auferlegen muß, nicht betroffen«45. Das Reichskommissariat machte jedoch zur Bedingung, daß zum einen die erforderlichen Materialien »ausschließlich aus Wehrmachtkontingenten beschafft werden« und »die bei den Bahnbauten beschäftigten Arbeiter auf die Arbeiterzahl, die gemäß der Besprechung am 10. d.M. der Wehrmacht zur Verfügung gestellt werden, anzurechnen« sind46. Gemeint war die Kontingentierung anhand der sogenannten Ausschließlichkeitsliste. Solchermaßen als Wehrmachtvorhaben geführt, wurden die Bahnbauten gleichwohl eine Belastung für den norwegischen Staat, denn die Finanzierung erfolgte über das Wehrmachtkonto bei Norges Bank, führte zu höheren Kronenentnahmen, größerem Notenumlauf usw. und damit in die permanent von den Finanzbeamten des Reichskommissariats beklagte Kalamität der Geldschöpfung. Angesichts der topographischen Verhältnisse in Nordnorwegen und der spärlichen Ressourcen des Landes war schon der Bau der Nordlandbahn (Grong — Narvik) ein Projekt reiner Gigantomanie und Realitätsferne. Allein für die erste, etwa 460 km lange Ausbaustufe bis Fauske, die bis Ende 1944 berechnet war, hätten — nach der Kalkulation von 1940 — rund 800 Mio Kr. aufgebracht werden müssen47. Die Wirtschaftsfachleute im Reichskommissariat standen diesem Projekt denn auch äußerst kritisch, ja teilweise fassungslos gegenüber. Der Kosten-NutzenFaktor wurde von ihnen als extrem ungünstig angesehen — so ungünstig wie bei keinem anderen deutschen Projekt. »Ungeheuerlich und untragbar« seien diese Ausgaben48. Doch selbst Terboven hätte bei bestem Willen dieses Projekt nicht außer Kraft setzen können. Er wollte dies aber auch nicht, denn der über Narvik hinaus bis Kirkenes geplante Bahnbau war schon bald eines der Lieblingsprojekte Hiders in Norwegen, war es doch seinem »militärstrategischen Genius« entsprungen. Im Herbst 1941 erhielt v. Falkenhorst vom OKW die Mitteilung, daß Hider beabsichtige, der vor Murmansk steckengebliebenen Armee Dietls eine weitere Gebirgsdivision zuzuführen, um durch diesen Kräftezuwachs die Inbesitznahme von Murmansk zu ermöglichen49. Da eine Gebirgsdivision aber rund 8000 Pferde und Tragtiere hatte, wären beim dortigen Gebirgskorps neben den Mannschaften noch 45

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BA, R 2/354, HA Volkswirtschaft, Gruppe Ile, an Wehrmachtbefehlshaber, Oslo, 12.3.1941. Der Umbau der Rorosbahn sollte dagegen ganz aus dem norwegischen Haushalt finanziert werden. Ebd. BA-MA, RW 4/v. 647, OKW/WFSt/Qu.: Norden — Transportwesen Mai 1944 — April 1945. »Unverständlich ist mir auch die Absicht der Wehrmacht, die norwegische Staatsbahn zum Abschluß eines Vertrages zu zwingen, der die Zahlungsunfähigkeit des norwegischen Staates nach sich ziehen würde. [...] Zu bedenken ist weiter, daß die Nordlandbahn mangels Rentabilität zu einer laufenden Belastung für alle Zukunft führen wird« (BA, R 2/354, Vorlage der Abt. Finanzen für den Herrn Reichskommissar, Oslo, 24.9.1940). BA-MA, RW 39/10. — Zur Divisionszuführung meinte v. Falkenhorst: »Der Gedanke konnte nur von Gen. Jodl stammen, der für Geb.-Truppen besonders viel übrig hatte und am liebsten die gesamte Infanterie in Geb.-Jäger umformiert hätte. Von ihm stammt wohl auch der Vorschlag, in Nordfinnland eine Gebirgsarmee zu bilden« (NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 43).

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rund 30 000 Tiere zu versorgen gewesen. Oberquartiermeister, Chefintendant und Transportchef beim WBN erklärten kategorisch, daß die hierfür benötigten Transportkapazitäten nicht vorhanden wären50, v. Falkenhorst, der zu diesem Zeitpunkt auch noch Oberkommandierender der deutschen Truppen in Nordfinnland war, nahm die Warnungen ernst und begab sich, nachdem telefonische Vorstellungen ergebnislos endeten, nach Ostpreußen ins Führerhauptquartier, wo er Hider davon überzeugen konnte, daß der verlangte Schiffsraum ebensowenig wie die Lastwagenkolonnen verfügbar waren. Hiders Reaktion: »Dann werden wir eben dort oben eine Bahn bauen51.« Die Art und Weise, wie dieses Projekt weiterverfolgt wurde, ist typisch für die Wirtschaftslenkung im Dritten Reich. Der damit beauftragte Reichsminister Fritz Todt glaubte schon nach einem ersten Inspektionsflug nach Nordfinnland feststellen zu können, daß der Plan aufgegeben werden müsse. Er baue nämlich keine Gebirgsbahnen. »In diesem Sinne trug er nach Rückkehr dem Führer vor, und dies Projekt war damit begraben«52, obwohl v. Falkenhorst selbst es für durchaus realisierbar hielt. Kurze Zeit später bekam Terboven Kenntnis von dem Projekt, griff es sogleich auf und vermochte es, einen modifizierten Vorschlag bei Hider unterzubringen. Dieser Plan ging dahin, die Bahn nur bis Narvik zu fuhren und, indem der nördlich davon gelegene schwierige Hochgebirgsteil ausgespart würde, dann vom Hafenort Nordreisa östlich von Troms0 am Ausgang des Lyngenfjords über Kautokeino nach Karasjok und entlang des Tanaflusses bis Kirkenes zu bauen, wodurch zumindest die stark gefährdete Schiffahrtsstrecke um die Varangerhalbinsel herum hätte vermieden werden können. Zwischen Narvik und Nordreisa boten die vielen vorgelagerten Inseln dem Schiffsverkehr einen gewissen Schutz vor feindlicher Einwirkung. Die Kirkenesbahn hatte für Terboven nicht nur militärstrategisches Interesse, er dachte in erster Linie an die Bedeutung für die Eisenerzwerke der A/S Sydvaranger und an die Nickelwerke im Petsamogebiet. Terboven verstand es, das Vorhaben so einfach darzustellen und alle Einwände zu zerstreuen, daß Hider, der keine Ahnung davon hatte, wie es in der Tundra wirklich aussah, zustimmte. Terboven hatte auch für den gesamten Bahnbau eine Bauzeit von maximal zwei Jahren genannt53. Etwa zur gleichen Zeit verunglückte Todt durch Flugzeugabsturz in Ostpreußen tödlich. Zu seinem Nachfolger wurde Albert Speer ernannt, und diesem gab, laut v. Falkenhorst, Hider bei der Ernennung ausdrücklich mit auf den Weg: »und dann haben Sie noch in Nordnorwegen die Bahn zu bauen, die Terboven vorgeschlagen hat«54. Auch Terboven selbst ließ mit diesem Projekt nicht locker, bot sich hier doch Gelegenheit, an Prestige zu gewinnen. Denn ihm war auf Befehl Hiders im Mai 1942 der gesamte Bahnbau in Norwegen BA-MA, RW 39/155, Anlagen zum KTB des O.Qu. A O K Norwegen: Versorgungslage Norwegen. 51 NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 43. 52 Ebd. 53 Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 104. 54 NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt 1945, S. 44. 50

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unterstellt worden55, und er drängte Speer nun energisch zum Baubeginn56. Es rückte nun ein Heer von Ingenieuren an, die in mühevollster Arbeit bei Kälte und Schnee mit der Streckenerkundung und den Vermessungen in der Finnmark begannen. Dann folgte mit der Transportflotte Speer der Antransport gewaltiger Mengen von Baumaterial und -maschinen aller Art, und als Monate dieser Vorarbeiten verstrichen waren und der ganze Bau auf dem Papier schon fertig war, ohne daß jedoch im Gelände auch nur ein Kilometer Gleise gelegt worden wäre, gelang es v. Falkenhorst quasi im letzten Augenblick, bevor die Arbeitermassen eintrafen, Hider das Projekt der Kirkenesbahn Anfang 1943, kurz nach der Katastrophe von Stalingrad, auszureden57. Gleichwohl hielt Hitler an den übrigen Bahnbauten in Norwegen fest, weil sie überaus wichtig seien und weil diejenigen, wie er gegenüber Speer betonte, »die hier nicht das Notwendige veranlassen, sich einmal eine schwere Schuld aufladen«58. Speer erhielt den Auftrag, an der inzwischen bis Naeversnes nördlich von Mo i Rana gekommenen und auf Fauske zielenden Nordlandbahn mit verstärktem Einsatz weiterzuarbeiten. Das ganze Material wurde nun in Nordreisa wieder verladen und über hunderte Kilometer zur neuen Baustelle nach Süden transportiert. Erkundungen und Vermessungen begannen von neuem, Depots wurden errichtet, Ausladehäfen gebaut. Unter dem Druck der sich für Deutschland ständig verschlechternden militärisch-wirtschaftlichen Lage wurde nun aber auch das Nordlandbahnprojekt eingeschränkt. Mehr und mehr Truppen, vor allem Pioniereinheiten, die an der Nordlandbahn mitbauten, wurden an die Ostfront geworfen, wo nach der großen Panzerschlacht am Kursker Bogen Mitte Juli 1943 der lange Rückzug, der erst in Berlin enden sollte, begonnen hatte. Die Aufgaben der Eisenbahnpioniere wurden nun, ab Mitte 1943, in Norwegen ganz und gar von der OT übernommen. Die Absicht, die Bahn bis Narvik zu bauen, wurde aufgegeben und statt dessen der Gleisbau nur bis Korsnes am Eingang des Tysfjords projektiert — auch das noch eine Strecke von rund 300 km »durch das ungünstigste Terrain, das sich in Norwegen findet«, wie auf einer Besprechung über die Finanzierung des Projekts festgestellt wurde59. Von Korsnes sollte eine Trajektverbindung durch den relativ gesicherten inneren Ofotfjord bis Narvik eingerichtet werden60. Zur weitgehenden Abkürzung der Bauzeit dieses nun als vor55

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»Durch Führerbefehl [ist] der Herr Reichskommissar fur die besetzten norwegischen Gebiete mit dem Ausbau der Eisenbahn in Norwegen beauftragt« (BA-MA, RW 4/v. 640, Fernschreiben OKW/WFSt. an A O K Norwegen, 4.5.1942). Am 13. Mai 1942 kam es zu einem entsprechenden »Führerbefehl«, in dem u.a. festgelegt wurde: »Vordringlich Strecke nach Narvik und Bahnverbindung zwischen dem Räume Nordreisa — Alta und dem Räume Kirkenes« (BA-MA, RW 4/v. 637). NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 45. Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 257. BA, R 2/30513, Aktenvermerk betr. Bahnbauvorhaben in Norwegen, Besprechung im FinanzDepartement am 19.8.1943, Oslo, 21.8.1943. »Nach den Arbeitsmethoden der N.S.B, in Friedenszeiten würde die Bauzeit auf Jahrzehnte zu veranschlagen sein. Auch bei äußerster Forcierung wird der Bau viele Jahre beanspruchen — vorausgesetzt, daß keine besonderen technischen Schwierigkeiten eintreffen« (i.0.h.). Zum Schutz dieser Fähre wurde von Hider der festungsmäßige Schutz des Westfjordeingangs befohlen (Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 233).

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dringlich bezeichneten Projekts lief ein Großeinsatz von deutschen und norwegischen Baufirmen unter Leitung der OT-Einsatzgruppe »Wiking« mit füir damalige Verhältnisse modernstem Gleisbaugerät an. Um wenigstens diese Bahnstrecke fertigstellen zu können, sollten neben den von der OT angeworbenen Arbeitern verstärkt Kriegsgefangene zum Einsatz kommen. Die Realität sah allerdings ganz anders aus. Und sie konnte auch angesichts der Gesamtlage gar nicht anders aussehen. Trotz der stetigen Erhöhung der Zahl der Zwangsarbeiter war diese nach Ansicht des deutschen Oberkommandos bei weitem nicht ausreichend, um die termingerechte Fertigstellung der Bahn zu gewährleisten. Vom WBN wurde sogar moniert, daß »seit Baubeginn durchschnittlich 80 % und mehr Arbeitskräfte gegenüber dem der Bauzeitberechnung zugrundeliegenden Voranschlag gefehlt« haben61. Deshalb weigere er sich, einen Termin für die Fertigstellung zu nennen. Bis Kriegsende konnte lediglich bis Fauske (Höhe Bodo) ein Großteil der Gleisanlagen fertiggestellt werden62. Die Art der Bauausführung bot aber mancherlei Ansatzpunkte für Kritik. Willi Henne beabsichtigte, den Bau auf der gesamten Strecke bis etwa Bodo in allen Bauabschnitten gleichzeitig durchzuführen und nach Fertigstellung die gesamte Strecke auf einmal zu übergeben. Er geriet mit diesen Plänen in heftigen Widerspruch zur militärischen Führung in Norwegen, die den Bau von Schwerpunkt zu Schwerpunkt forderte, um die Strecke abschnittsweise in Betrieb nehmen und militärischen Belangen zufuhren zu können. Da v.Falkenhorst kein Befehlsrecht hinsichtlich des Eisenbahnbaus mehr besaß, konnte er mit seinen Vorstellungen nicht durchdringen, so daß Hennes »Großeinsatz«, wie dieser sich ausdrückte, ab Mitte 1942 anlief. Gleichzeitig hielten die Finanzexperten im Reichskommissariat und Reichsfinanzministerium eine Sitzung nach der anderen darüber ab, wie dieses Riesenprojekt finanziert werden könnte. Nach den ersten Bauabschnitten zeigte es sich, daß der Bau durch die OT wesentlich teurer wurde, als wenn die Norwegische Staatsbahn die Ausführung übernommen hätte. Die NSB hatte nämlich den Ausbau der Südlandbahn (Kristiansand — Stavanger) streckenweise in eigene Regie übernommen, und dort zeigte sich im Vergleich norwegischer und deutscher Unternehmen, daß »die Einschaltung von deutschen Firmen63, die keinerlei Orts- und Fachkenntnisse besitzen, nur zu Verzögerungen und zu einer ungeheuerlichen Verteuerung« führte, wie Korff anläßlich einer neuerlichen Beratung seiner Abteilung mit der OT über die weitere Finanzierung des Bahnbaues im Sommer 1943 nach Berlin berichtete64. Dieses schlechte « 62

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BA-MA, RW 4/v.642, Vortragsnotiz (gez: Warlimont) OKW/WFSt./Op. (H), 3.1.1943. BA, R 5, Anh. 1/118, Beitrag zur Denkschrift »Die Deutsche Reichsbahn im 2. Weltkrieg/Norwegen«, Anlage 3 (mit Wertstellung der Neubauten und Modernisierungen). Insgesamt wurden in den Bau dieser Bahnstrecke 335 Mio RM investiert. Der offiziellen norwegischen Statistik 2ufolge wuchs das Streckennetz der norwegischen Eisenbahn bis Kriegsende um 432 km, dazu kam noch der Umbau von Schmal- auf Normalspur auf einer Länge von 511 km und die Elektrifizierung von 271 Streckenkilometern (Norges Jernbaner, Jg. 1939/40 und 1946/47). Am Bahnbau in Norwegen waren viele (auch heute noch) bekannte deutsche Baufirmen wie Grün & Bilfinger, Hochtief, Polensky & Zöllner beteiligt. BA, R 2/30513, K o r f f an Breyhan, Oslo, 31.8.1943. — Dem Aktenvermerk über eine Besprechung am 19. August 1943 im norwegischen Finanzdepartement ist zu entnehmen, daß Vergleichsberechnungen ergeben hatten, daß die Leistungen der deutschen Firmen bis zu zwei Drit-

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Abschneiden der deutschen Firmen resultierte nicht nur daraus, daß deren Fachleute den besonderen örtlichen topographischen und klimatischen Schwierigkeiten65 nicht genügend Beachtung schenkten, sondern daß sie auch die von der NSB schon vor Jahren ausgearbeiteten Pläne für den Weiterbau des norwegischen Eisenbahnnet2es und die bereits durchgeführten geodätischen Vermessungen einfach verwarfen, weil man deutscherseits der Meinung war, die Streckenführung müsse anders verlaufen. Diese Besserwisserei und die alleinige Ausrichtung der neuen Streckenführung auf militärische Belange, ohne daß etwa die Anbindung von Siedlungszentren und somit die Nachkriegsnutzung für zivile Zwecke berücksichtigt worden wäre, führte zu zusätzlichen Friktionen mit den Norwegern66. Daß die weiteren Bahnbauten aber von der OT an die NSB abgegeben werden, sei, obwohl dabei »Tausende deutscher Kräfte und Gelder eingespart werden könnten«, nicht zu erwarten, da »es sich hierbei für die OT um eine Systemänderung handelt«67. Nicht nur die OT war gegen eine Übernahme der Bahnbauten durch die NSB, auch die private norwegische Bauwirtschaft zeigte sich über dergleichen Diskussionen nicht glücklich, boten sich doch den ins Kraut geschossenen norwegischen Bauunternehmen hier wie auch bei den anderen deutschen Bauvorhaben enorme Profitmöglichkeiten68. Es kam nun zu einer merkwürdigen Interessenkoalition, die auf der einen Seite die Finanzabteilung des Reichskommissariats, das norwegische Finanz- und Arbeitsdepartement sowie die NSB zeigte, auf der anderen Seite die Wehrmacht und die OT sowie die norwegische Bauwirtschaft mit ihrer Lobby im Wirtschaftsdepartement. Da sich die deutschen und norwegischen Finanzsachverständigen, die die Übergabe des Bahnbaus in die Regie der NSB im Prinzip durchaus befürworteten, aber nicht einigen konnten, wie die weiteren Kosten aufzuteilen waren, stand diese Gruppierung allein schon wegen der fehlenden

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tel hinter denen der NSB zurückblieben. »Die NSB bezahlt dabei Löhne nach ihrem Normaltarif ohne jede Sonderzulagen. Die Arbeiter müssen sich selbst beköstigen und erhalten von der NSB keinerlei Sonderzuteilungen von Lebensmitteln, wie dies bei deutschen Baustellen üblich ist« (BA, R 2/30513). »Außer Brennholz lieferte diese Gegend fast nichts. Alles Notwendige für Unterkunft, Werkstatt, Magazine, Baueinrichtung und Baubetrieb mußte mit Schiff, Bahn und Lkw herangeschafft werden. Vielfach mußten für Anlandungen der Materialien erst neue Hafenanlagen geschaffen werden. Außerdem konnte aus klimatischen Gründen auf einigen Streckenabschnitten nur kurzfristig im Jahr gearbeitet werden« (BA, R 5, Anh. 1/118, Beitrag zur Denkschrift »Die Deutsche Reichsbahn im 2. Weltkrieg/Norwegen«), Die norwegischen Planungen hatten eine Verbindung der wichtigsten Fischereiorte vorgesehen. Die deutsche Linienführung ging größtenteils durch völlig unbewohntes, küstenfernes Gebiet, um, so das Argument der Wehrmacht, völlig aus der Reichweite englischer Schiffsartillerie zu bleiben. Angesichts dieser Streckenänderung »müsse damit gerechnet werden, daß die Norweger [...] heftigen Widerstand entgegensetzen« (BA, R 2/356, Aktenvermerk Abt. Finanzen, Oslo, 4.9.1942). Ebd. »Die Verträge mit den [...] norwegischen Firmen sind seinerzeit durch die Wehrmacht (Kodeis) ohne Mitwirkung der N.S.B, zu Preisen abgeschlossen worden, die bis zum Vierfachen der Eigenkosten der N.S.B, ausmachen. Dabei arbeiten die Firmen weit langsamer als die N.S.B., weil sie weder über Erfahrungen noch über Fachleute verfugen« (BA, R 2/30513, Aktenvermerk betr. Bahnbauvorhaben in Norwegen, Besprechung im Finanz-Departement am 19.8.1943, Oslo, 21.8.1943).

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Geschlossenheit in dieser wichtigen Frage auf verlorenem Posten. Die O T konnte sich mit ihren Ansichten durchsetzen, und auch weiterhin »mußte der Bahnbau auf Verlangen der Wehrmacht ganz unrationell durchgeführt werden«, wie von der Abt. Finanzen resignierend festgehalten wurde69. Mit dem Anlaufen der Operation »Nordlicht«, der Rückführung der in Nordnorwegen stehenden deutschen Truppen im Herbst 1944 nach Süden, zeigte es sich, daß die Nordlandbahn nördlich von Mo i Rana keinen operativen Wert besaß und nun auch für die Nachschubtransporte nach Norden militärisch überflüssig geworden war. Das sah sogar Terboven ein und richtete im Einvernehmen mit dem WBN eine Eingabe an Hitler, den Weiterbau der Nordlandbahn vorerst einzustellen. Diese Eingabe kam bis zum Chef des OKW, Generalfeldmarschall Keitel, und wurde mit dem Bemerken abgelehnt, wie man sich nur unterstehen könnte, gegen einen »Führerbefehl« anzugehen70. »So -wurde weiterhin Eisenbahnmaterial aus zerbombten deutschen B[ahnhö]fen ausgebaut, nach Norwegen transportiert und dort buchstäblich auf Eis gelegt«71. Ferner mußte andernorts dringend benötigte Kohle noch im Februar 1945 auf Weisung des AOK 20 in den Nordlandbahnbau gesteckt werden, was den Leiter der Gruppe Kohle im Reichskommissariat, Freiherr v. Skal, dazu veranlaßte, — ergebnislos — auf Otte einzuwirken, damit dieser interveniere72. Die Verkehrspolitik in Norwegen zeigt deutlich einen Trialismus. Zwar mußten die Transportforderungen der Wehrmacht im Rahmen des Möglichen mit Vorrang erfüllt werden. Das ging aber zu Lasten der zivilen deutschen und norwegischen Wünsche. So stritten sich um den zivilen Rest des Eisenbahnvolumens die Besatzungsverwaltung und die NSB. Das Transportinteresse des Reichskommissariats bestand in der deutschen Einfuhr (vor allem Kohle) und der Ausfuhr norwegischer Rohstoffe ins Reich, die angesichts des sich ständig ausweitenden Tonnagemangels mehr und mehr auf die Schiene gelegt werden mußten. In dieser Lage war die Abteilung Verkehr des Reichskommissariats nicht bereit, den Transportwünschen der NSB und der norwegischen Stellen entgegenzukommen. Dies führte zu ständigen Friktionen nicht nur zwischen Verkehrsabteilung und Norwegern, sondern auch zwischen ihr und der Abteilung Binnenwirtschaft. Die Haltung der Verkehrsabteilung war auch deshalb widersprüchlich, da durch die Zurückweisung norwegischer Transportwünsche der innernorwegische Ernteverkehr und die Einfahren aus Schweden in Mitleidenschaft gezogen und somit auch deutsche Interessen beeinträchtigt wurden. 65 Ebd. 70 »Der Führer hat vielmehr gerade aus militärischen Gründen den Weiterbau neuerdings als noch dringlicher bezeichnet, gez: Keitel« (BA-MA, RW 4/v. 647, Fernschreiben OKW an WBN, 28.10.1944). 71 BA, R 5, Anh. 1/118, Bericht von Bahnoberrat Ottensmeyer über seine Tätigkeit in Norwegen, Mai 1956. Ottensmeyer war von Okt. 1944 bis zur Kapitulation Leiter der Eisenbahnabteilung bei der Transportkommandantur Oslo. 72 »Es scheint mir der Überlegung zu bedürfen, ob es richtig ist, diese 1000 t für Bahnbau zur Verfügung zu stellen und dafür erhebliche Abstriche wichtigster Produktionen im zivilen Sektor vorzunehmen oder Schiffe festzulegen« (RAO, RK, FD 5359/45, Vorlage für den Herrn Hauptabteilungsleiter Senator Otte, Oslo, 1.3.1945).

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c) Befestigungsbau Der von Anfang an für besonders wichtig gehaltene Schutz der Küstenschiffahrt sowie die stets befürchtete alliierte Invasion begründeten den Bau umfangreicher Küstenartillerie- und Befestigungsanlagen entlang der norwegischen Küste. Bis Ende 1944 waren rund 400 solcher Batterien in betonierten Kasematten, von denen einige riesige Dimensionen besaßen73, unter enormem Arbeits- und Materialeinsatz fertiggestellt worden, deren militärischer Wert sich im Nachhinein als überaus fraglich darstellte. So zeigte es sich, daß die Engländer die ihnen gemeldeten Schiffe an Stellen, an denen die Luftwaffe nicht oder kaum präsent war, mit Flugzeugen angriffen und versenkten. Nicht eine Küstenbatterie hat, wie die Durchsicht der einschlägigen Akten zeigt, zum Schutz der vorbeifahrenden Schiffe jemals gefeuert, geschweige denn sie vor Luftangriffen in irgendeiner Weise schützen können74. Der Bau der Küstenbatterien war letzten Endes eine ungeheure Verschwendung finanzieller, wirtschaftlicher, menschlicher und auch militärischer Ressourcen. Es entstand zwar ein imposanter Schutzgürtel, der Norwegen nach den militärischen Erkenntnissen von Beginn des Krieges als uneinnehmbar erscheinen ließ. Doch angesichts der militärtechnischen und -strategischen Entwicklung, insbesondere auf dem Gebiet der Luftwaffe, waren diese Erkenntnisse in der zweiten Kriegshälfte als überholt zu betrachten. Denn was nützten nun alle natürlichen und künstlichen Schutzfaktoren an der Küste, wenn der Gegner diesen Schutzgürtel überfliegen und Lufdandetruppen im Innern des Landes, das hierzu an strategisch günstigen Stellen hervorragende Möglichkeiten bot, absetzen konnte. Nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion wuchs bei Hider die Furcht vor einer Invasion der Alliierten in Norwegen, die sich schon seit der mißglückten Offensive gegen England im Spätsommer 1940 herausgebildet hatte, mehr denn je und entwickelte sich zu einer wahren Obsession. Norwegen tauchte bis zur alliierten Landung in der Normandie am 6. Juni 1944 in den Überlegungen Hiders am häufigsten auf, wenn es um mögliche Angriffsziele der Alliierten gegen deutschbesetzte Gebiete ging75. Der erste größere britische Raid gegen die norwegische Küste am 4. März 1941 (»Operation Claymore«), der die Narvik vorgelagerte Lofoteninsel Austvâgoy und den dortigen Ort Svolvasr zum Ziel hatte76, bestärkte Hider in seiner Auffassung, daß Norwegen für die Alliierten ein »Kriegsziel ersten Ranges« darstellte. Er befahl umgehend den Ausbau der norwegischen KüstenverteidiDie großen 40,6-cm-Küstenbatterien bei Harstad nördlich von Narvik (»Adolf-Kanone«) und im Süden bei Kristiansand vermochten den Gegner bereits auf eine Entfernung von 43 Kilometer unter Feuer zu nehmen. 74 BA-MA, RW 39, Kriegstagebücher WBN. 75 BA-MA, RW 4/v. 639, WFSt/Op an WBN, 31.12.1941; KTB/OKW, passim; Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, passim. — Auch noch nach der Invasion in der Normandie befürchtete das O K W eine britische Landung in Norwegen im Raum Narvik/Lofoten (BA-MA, RH 20 - 20/90, S. 67, OKW/WFSt an OB A O K 20, KTB-Eintrag vom 19.9.1944). 76 BA-MA, RW 39/17, Berichte des Admiral Norwegen und des WBN an OKM bzw. OKW; NHM, F/II, boks 122, Tätigkeitsbericht des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD Oslo, 8.3.1941. 73

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gung77. Mit der Krise an der Ostfront im Dezember 1941 verstärkten sich die Befürchtungen Hitlers, die Westalliierten könnten die deutsche Schwäche zu einer Landung in Norwegen nutzen, noch mehr. Wenngleich diese Einschätzung für die Jahreswende 1941/42 objektiv nicht zutraf, da die Briten, die die Haupdast eines solchen Unternehmens zu tragen gehabt hätten, angesichts der Rückschläge in Fernost78 und im Mittelmeerraum79 nicht über das Potential für eine solche Landungsoperation verfügten, mußte man deutscherseits doch in Rechnung stellen, daß die norwegische Option der alliierten Kriegführung gewisse strategische Vorteile bot: Die Flankenbedrohung Großbritanniens wäre entfallen, Kriegsmaterial hätte ungehindert zu den sowjetischen Eismeerhäfen gebracht werden können, im Norden des Deutschen Reiches wäre eine Front entstanden, die nicht nur eine ernste Bedrohung für das Reich selbst, sondern auch für dessen Verbündeten Finnland dargestellt hätte. Nicht zuletzt wäre es zu einer Unterbindung der skandinavischen Rohstofflieferungen gekommen, die die deutsche Rüstungswirtschaft hart, wenn nicht gar entscheidend getroffen hätte. Kleinere britisch-norwegische Kommandounternehmen auf die norwegische Küste trugen wesentlich dazu bei, den Anschein einer latenten Bedrohung Norwegens aufrechtzuerhalten80. Dies war britischerseits so gewünscht, denn diese Nadelstichoperationen schufen auf deutscher Seite nicht nur Unruhe, sondern bewirkten auch eine Bindung starker deutscher Kräfte im Nordraum. So führten an den Weihnachtstagen 1941 britische Kommandos unter massiver Unterstützung von Seestreitkräften (2 Kreuzer, 5 Zerstörer) zwei Raids auf Stützpunkte an der Westküste (Mâloy, südlich von Âlesund) durch, denen der Anstrich gegeben wurde, als handelte es sich um Probegänge für eine größere Landungsaktion81. Diese Angriffe unterstrichen die Befürchtungen auf deutscher Seite noch mehr und veranlaßten Hider wiederum, die Verstärkung der Kräfte zu befehlen82. Auch die 3. Abteilung der Seekriegsleitung (Fremde Marinen) und der Kommandierende Admiral Norwegen, Generaladmiral Hermann Boehm, kamen im Januar 1942 zu

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BA-MA, RW 39/17, Fernschreiben OKW/WFSt an AOK Norwegen/WBN, 6.3.1941. Siehe dazu Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 6, S. 1 7 1 - 2 7 1 . Siehe dazu ebd., S. 567 - 757. Dazu trug auch bei, daß britischerseits von konspirativen Kreisen in Stockholm gezielt Gerüchte über Kommandounternehmen auf Norwegen ausgestreut wurden, die dann jedesmal Eilmeldungen der deutschen Gesandtschaft nach Berlin veranlaßten. So wurde kurz vor Weihnachten 1942 gemeldet, daß die Briten zum Jahresende einen ähnlichen Raid wie im Vorjahr planten (Pol. Arch. AA, R 101103, Telegramm Dt. Gesandtschaft an AA, Stockholm, 22.12.1942). In einem anderen Fall war von einem bevorstehenden Angriff gegen die »Insel Grip bei Kristiansand, an der die Engländer stark interessiert« wären, die Rede (ebd., Telegramm Dt. Gesandtschaft an AA, Stockholm, 6.3.1943). BA-MA, RW 39/27, Abschließender Bericht über engl. Unternehmen gegen Lofoten-Südteil des Kommandeurs der 199. Inf.Div., 6.1.1942. »Wenn Engländer richtig handeln, greifen sie Nordnorwegen an vielen Punkten an, um unter vollem Einsatz von Flotte und Landungstruppen uns dort zu verdrängen, womöglich Narvik zu nehmen, damit Druck auf Schweden und Finnland auszuüben. Dies kann von kriegsentscheidender Bedeutung sein. Daher muß deutsche Flotte ihre ganze Kraft für die Verteidigung Norwegens einsetzen« (Lagevorträge ObdM, S. 336, Eintrag vom 29.12.1941).

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einer ähnlichen Einschätzung83. Die Analysen trugen dazu bei, daß sich die Lagebeurteilung der Seekriegsleitung und Hiders allmählich annäherten. Boehm meinte, die Verteidigung Norwegens stehe »auf tönernen Füßen (und) es bedarf keines großen Anstoßes, sie zum Zerbrechen zu bringen«84. v. Falkenhorst hingegen sah die größte militärische Gefahrdung weniger in der Möglichkeit einer alliierten Invasion — eine solche hielt er für ziemlich unwahrscheinlich —, als vielmehr in einer nachlassenden Spannkraft seiner Truppen, die jahraus, jahrein in ihren Stellungen und Etappenorten lagen. Der WBN hat daher, seiner eigenen Aussage zufolge, niemals — weder seinen Kommandeuren noch seinen Mannschaften gegenüber — öffentlich an einem bevorstehenden Angriff auf die norwegische Küste gezweifelt, weil, wie er meinte, nur so Arbeitseifer wie Anspannung seiner Truppe aufrechterhalten werden konnten85. Insofern seien ihm auch die englischen Kommandounternehmen, »die an sich das Armeeoberkommando wenig beunruhigten«, durchaus nicht ungelegen gewesen, denn »dadurch blieb die Truppe frisch und aufmerksam, blieb arbeitseifrig und im Vollgefühl, an einer wichtigen Front zu stehen«86. Die meisten dieser Raids erfolgten nachts oder am frühen Morgen und verursachten bei den betroffenen deutschen Truppen helle Aufregung, brachten auch zum Teil erbitterte Gefechte, waren in der Mehrzahl der Fälle jedoch nach wenigen Stunden wieder beendet. Der dabei an Industrieanlagen angerichtete Schaden scheint das Armeeoberkommando nicht sonderlich interessiert zu haben87, dafür aber um so mehr den Reichskommissar und Hider. Deshalb wurde von letzterem in der Folgezeit ständig die Verstärkung der Verteidigungsstellungen und der Ausbau der Nachschublinien gefordert88. Norwegen galt Hitler ab 1942 sogar als »Schlüsselpunkt der europäischen Verteidigungsbasis«89. Das bedeutete, daß die Bauvorhaben der Wehrmacht zwangsläufig ins Unermeßliche wachsen mußten. Im Februar und März 1942 bereiste Generalfeldmarschall List Norwegen, um im Auftrag Hiders »die militärische Lage Norwegens unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob die Verteidigungsfähigkeit des norwegischen Raums, soweit er dem Wehrmachtbefehlshaber Norwegen Salewski, Seekriegsleitung, Bd 2, S. 8 ff. M BA-MA, RM 7/33, KTB, 1. Ski, Teü A, 4.2.1942. 85 NHM, F/II, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten v. Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 65. 86 Ebd. — Diese Aussage v. Falkenhorsts darf natürlich nicht überbewertet werden, denn, wie auch an anderen Stellen, wo es um die Bewertung alliierter Unternehmen geht, zum Ausdruck kommt, scheint er nicht immer der Versuchung widerstanden zu haben, seine englischen Vernehmer zum Narren zu halten. 87 Wie v. Falkenhorst seinen Vernehmern gegenüber 1945 äußerte (ebd.). 88 BA-MA, RW 4/v. 640, OKW/WFSt, 26.3.1941: Kampfanweisung für die Verteidigung Norwegens. »Der Führer hat daher für die Verteidigung Norwegens folgende zusätzliche Richtlinien befohlen: [...] Zur Verstärkung der Verteidigung sind vom Heer 160 für den Küstenschutz geeignete Batterien und Flugabwehrwaffen beschleunigt nach Norwegen zu überführen. Bewachungs- und Besatzungsverbände, Bau-Batlne. und Arbeitsdienstabteilungen sind entsprechend den Anträgen des W.B.Norwegen zuzuweisen. [...] Daneben muss der Binnenverkehr an allen durch See- und Luftangriffe oder Landungen gefährdeten Punkten [...] gewährleistet sein.« 89 BA-MA, RW 39/2, OKW/WFSt, 18.1.1942: Kampfanweisung für die Verteidigung Norwegens. 83

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untersteht, und das Zusammenwirken aller drei Wehrmachtteile die Sicherheit gibt, auch starken feindlichen Landungsoperationen gewachsen zu sein«90. Aufgrund des Berichts von List am 25. März 1942 im Führerhauptquartier wurde der Ausbau der Befestigungsanlagen erweitert und beschleunigt. List legte dabei besonderes Gewicht auf eine Verstärkung der Küstenartillerie und den Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnetzes. Zu den wichtigsten Aufgaben zählte er den Ausbau der Reichsstraße 50 bis Kirkenes, dem der Bau der Eisenbahnlinie unter Leitung des Reichskommissars bis eben dorthin (von Mo bis Kirkenes!) nachzufolgen habe. Die nötigen Arbeitskräfte könne man aus den Reihen der russischen Kriegsgefangenen beschaffen. Auf der Grundlage des Listschen »Gutachtens« wurden während des ganzen Jahres 1942 eine Reihe von Weisungen herausgegeben, die den Befestigungsbau betrafen und die allesamt darauf hinausliefen, die Befestigungsanlagen weiter auszubauen, die »Befehlsführung« zu effektivieren und das Zusammenwirken der drei Waffengattungen zu üben91. Einige Monate später, am ersten Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion, meinte Hitler bei einem seiner Tischgespräche, daß man Norwegen »sorgfältigst sichern« müsse. »Auf die NachschlagewerkThesen, daß dort in den Schären überall nur stark begrenzte Landungsmöglichkeiten gegeben seien, sei kein Verlaß. Das beweise schon die englische Landung seinerzeit in Andalsnes [gemeint ist die Landung englischer Truppen in Ândalsnes am Romdalsfjord am 18. Juni 1940, die den deutschen Vormarsch auf Trondheim in Gefahr brachte]92.« Einen Monat zuvor hatte Hider den Generalbevollmächtigten für das Bauwesen, Albert Speer, angewiesen, die Befestigungsbauten in Norwegen zu forcieren. »Die Durchführung der von mir für Norwegen angeordneten Baumaßnahmen ist kriegsentscheidend. Sie müssen daher mit allen Mitteln und in der kürzesten zur Durchführung notwendigen Zeit beendet werden93.« Die Bauvorhaben verschlangen so gut wie die gesamte Produktion des Landes an Bauholz und Zement sowie nahezu die gesamten verfügbaren norwegischen Arbeitskräfte. Im Juli 1941 waren rund 150 000 Norweger in der Bauwirtschaft tätig. Es war dies eine Verdoppelung seit Herbst 1939 und eine enorm hohe Zahl, wenn man bedenkt, daß in allen Industriezweigen zusammengenommen nicht mehr als 200 000 Arbeiter beschäftigt waren94. Nachdem auch auf dem Gebiet der Zementherstellung die Kapazitäten ausgeweitet worden waren, verfügte Norwegen 1944 über 3 bedeutende Zementfabriken, und zwar die Kristiania Portland Zementfabrik in Slemmestad, die Dalen Portland Zementfabrik in Brevik am Eidangerfjord und die Nordland Pordand Zementfabrik in Kjopsvik bei Narvik. Diese drei Fabriken produzierten pro Jahr durchschnittlich 370 000 t Zement (1941 waren es nur 40 000 t), von denen rund 90 Prozent in die militärische Verwendung flössen. Doch auch das reichte nicht hin: »Der Zementbedarf für die dringlichsten Wehrmacht- und OT.Bauten in Norwegen beläuft sich auf mindestens 50 000 moto. Er wird sich, sofern »

Pol.Arch. AA, R 29681, Aktenvermerk vom 16.3.1942. Kjeldstadli, Hjemmestyrkene, S. 133 f. 92 Picker, Hiders Tischgespräche, S. 377. M »Führer-Erlasse« 1 9 3 8 - 1 9 4 5 , S. 249 f. 94 RAO, RK, HAVoWi, Generalbericht der Hauptabteilung Volkswirtschaft, Oslo, Febr. 1943; RAO, RK, FD 5325/45. 91

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nicht grundlegende Änderungen der Bauplanung in Norwegen vorgenommen werden, auch in der nächsten Zeit nicht verringern und kann aus der norwegischen Produktion nicht gedeckt werden. Es sind daher vom Januar bis Juli 44 aus dem Reich insgesamt 157 657 to [...] eingeführt worden, ohne daß hiermit doch der dringendste Zementbedarf in vollem Umfang befriedigt werden konnte.« Bei der Verteilung innerhalb Norwegens machte sich das Transportproblem in der zweiten Hälfte der Besatzungszeit zunehmend bemerkbar95. Der enorme Verbrauch von Bauholz wird sichtbar aus den Tätigkeitsberichten des Chefintendanten beim WBN96. Über eine besonders aberwitzige Art der Verschleuderung von Bauholz durch die Luftwaffe in den ersten Wochen der Besetzung berichtete der Beauftragte des Reichskommissars für die Preisbildung, Dr. Wilhelm Rentrop. So wurden sämtliche knappen Schnittholzbestände in Norwegen beschlagnahmt, um daraus Lattenroste zur Flugplatzbefestigung herzustellen. Diese Art der Befestigung erwies sich allerdings als unbrauchbar. Die Lattenroste mußten mit erheblichem Zeit- und Arbeitsaufwand wieder eingesammelt werden und verrotteten dann irgendwo. »Der Effekt war aber, daß der Arbeitsaufwand der Sägereien und der Arbeitsaufwand für die Verlegearbeiten nutzlos aufgewendet worden war; vor allem aber waren die kostbaren Schnittholzvorräte sinnlos vergeudet97.« Es war dies alles nicht nur eine ungeheure Material-, sondern auch Geldverschwendung, wie Rentrop im August 1940 an das Reichsfinanzministerium mitteilte, denn »die Luftwaffe [hat] für die Flugplatz-Holzroste den weit überhöhten Preis von Kr. 54,per Stück gezahlt. [...] Es handelt sich hierbei um sehr hohe Millionenaufträge.« Rentrop gelang eine Senkung auf »den immer noch sehr hohen Preis von Kr. 36,-« 98 . Aus dem über die vorhandenen Möglichkeiten weit hinausgehenden Bedarf ergab sich ein kontraproduktiver Wettlauf der Wehrmachtteile, der OT und des Leichtmetallprogramms um Baustoffe, Betriebsmittel und Arbeitskräfte, der erst gegen Ende der Besatzungszeit wieder nachließ. In der Konsequenz hortete jeder dieser Bauherren die Produktionsmittel und Arbeitskräfte, die er ergattern konnte, ohne Rücksicht auf Bedarf. Ihre Konkurrenz wirkte sich insbesondere auf dem Gebiet der Arbeitskräfte wirtschaftlich äußerst negativ aus. All dies hatte zur Folge, daß die Wehrmachtausgaben trotz gesteigertem »Nachschieben aus dem Reich« nicht wesentlich zurückgingen. Durch das riesige Bauprogramm der Wehrmacht war auch in einem nicht unerheblichen Maße ziviler Schiffsraum gebunden, der beim Abtransport von Wirtschaftsgütern ins Reich und bei der Zuführung von Kohle, Hilfsstoffen und Lebensmitteln dringend benötigt wurde. Da die Wehrmachtbauten aber von der obersten Führung im Reich prioritiert wurden, mußten zur Versorgung der über das ganze weite Land verteilten Baustellen und für den Materialnachschub unzähli»5 BA-MA, RW 19, Wi I E 2, Meldung des Höheren Feldwirtschaftsoffiziers beim WBN an das OKW/FwiAmt, 28.8.1944. BA-MA, RW 3 9 / 9 5 - 1 2 0 . 97 BA, R 26 II, Anh. 2, Wilhelm Rentrop: Materialien zu einer Geschichte des Reichskommissars für die Preisbildung, S. 36. 98 BA, R 2/359, Rentrop an RFM, Oslo, 18.7.1940.

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ge Schiffseinheiten noch in die entlegensten Fjorde geschickt werden. Und da das Löschen mit den dort verfugbaren primitiven technischen Hilfsmitteln nur sehr langsam vonstatten ging, kam es nicht selten vor, daß Schiffe dort bis zu zwei Monaten vor Anker liegen mußten, bis sie endlich (in Ballast) wieder abfahren konnten". Die Lage wurde noch durch den schon ab 1942 zunehmenden Mangel an Treibstoffen verschärft100. Als sich die 20. Gebirgsarmee aus Nordnorwegen hinter die Lyngenstellung zurückzog, hinterließ sie in den nördlichsten Provinzen »verbrannte Erde«. Es wurde all das wieder zerstört, was in den vorangegangenen vier Jahren unter schwierigsten Bedingungen und größten Opfern an Menschen und wirtschaftlichen Ressourcen an verkehrstechnischer Infrastruktur geschaffen worden war. Alle Industrieanlagen, Elektrizitätswerke und Staudämme mußten gesprengt werden. Die OT erhielt am 1. November 1944 den Befehl, auch alle Schneezäune und Schneetunnel zu zerstören. Und das AOK 20 befahl zudem, alle Pläne über die Baustoff- und Gerätelager den Pionieren auszuhändigen, da eine »lückenlose Erfassung im Interesse einer vollständigen Vernichtung aller Hilfsquellen des Landes erforderlich« sei101. Anfang Februar 1945 konnte das AOK 20 dem OKW melden, daß beim Rück2ug aus der Finnmark 922 große Straßenbrücken, 138 Eisenbahnbrücken, 3426 kleine Straßenbrücken und Durchlässe, 26 Fährstationen und mehr als 1000 Boote gesprengt worden seien. Außerdem seien 175 km Eisenbahnstrecke völlig und 380 km teilweise unbrauchbar gemacht worden, alle Schneetunnel seien vernichtet und 211 km Schneezäune abgebaut worden. Die Pioniere hätten an 3429 Stellen durch Straßensprengungen für die Behinderung der feindlichen Truppenbewegungen gesorgt. Sämtliche Kaieinrichtungen der nordnorwegischen Häfen und alle nordnorwegischen und nordfinnischen Fabrikanlagen seien ebenfalls zerstört102. 2. Einsatz von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern Als erste Ausländer wurden, abgesehen von deutschen OT-Angehörigen, bereits Anfang 1941 in größerem Umfang dänische Freiwillige103 in Norwegen eingesetzt, insbesondere bei der Nordag und bei der OT. Im Hinblick auf die lohnpolitisch etwa gleichgelagerten Verhältnisse Dänemarks wurden die Arbeitsverhältnisse der dänischen Arbeiter im wesentlichen denen der norwegischen angeglichen. Der Einsatz von — vor allem russischen — Kriegsgefangenen und sogenannten Ostarbeitern in Bergwerken sowie bei den Bauten der Wehrmacht und der OT RAO, RK, FD 5212/45, Bericht Dr. Bonus (RKfPr): Beanspruchung und Leistungsgrenze der norwegischen Volkswirtschaft nach dem Stande vom Oktober 1940; BA-MA, RW 28/13, WeWiStab Norwegen: Lageberichte Nr. 24 ff. '00 RAO, RK, FD 5235/45, Generalbericht der Hauptabteilung Volkswirtschaft, Oslo, Febr./März 1943, S. 3. Ό' BA-MA, RH 20 - 20/272, Befehl A O K 20 vom 13.10.1944. i°2 BA-MA, RH 20 - 20/272, Bericht A O K 20 an OKW/WFSt. vom 6.2.1945. Siehe auch Watzdorf, Zur Taktik der »verbrannten Erde« in Norwegen, S. 346—349. 103 Strasde, »Deutschlandarbeiter«, S. 142—147.

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begann schon im August 1941 beim — im folgenden Kapitel dargestellten — forcierten Anlaufen des Leichtmetallprojekts104. Kurze Zeit später wurden auch in der fischverarbeitenden Industrie Arbeitsdeportierte eingesetzt. Im Frühjahr 1942 kamen etwa 800 »Ostarbeiter« zu A/S Frostfilet nach Bodo und etwa 100 »Ostarbeiterinnen« zu Vertilo nach Hammerfest. Die nach Norwegen verbrachten »Ostarbeiter« sollten, so wurde von dem im März 1942 ernannten Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz Fritz Sauckel festgelegt und in einer entsprechenden Verordnung des Reichskommissars zum Ausdruck gebracht, dort keine günstigeren Bedingungen als die im Reich eingesetzten erhalten105. In der Verordnung des Reichskommissars wurde ausdrücklich bestimmt, daß die »Ostarbeiter« ausschließlich dem deutschen Straf- und Zivilrecht unterstünden. Hierdurch sollte zum einen die strafgerichtliche Zuständigkeit des SS- und Polizeigerichts IX/Nord gewahrt werden, zum anderen sollten Schwierigkeiten mit dem norwegischen Sozialdepartement, das zunächst seine Zuständigkeit in Anspruch nahm, von vornherein ausgeschaltet werden106. Bei Zuständigkeit des norwegischen Sozialdepartements wären die »Ostarbeiter« unter die norwegische Arbeiterschutzgesetzgebung gefallen. Die »Ostarbeiterabgabe«, die von den Stellen zu entrichten war, bei denen »Ostarbeiter« eingesetzt waren, flöß zu drei Viertel dem Reich und zu ein Viertel dem norwegischen Staat zu107. Der Arbeitskräftemangel — schon Mitte 1943 war das Reservoir an norwegischen Arbeitskräften erschöpft — und auch die passive Sabotage der norwegischen Arbeiter führten dazu, daß die OT und die deutschen Unternehmen ab 1943 mehr und mehr dazu übergingen, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Norwegen einzusetzen. Ein Schwerpunkt war der Bahnbau. Die Zahl der auf den Nordlandbahnbaustellen eingesetzten Kriegsgefangenen, es handelte sich vorwiegend um Russen, wurde von Sommer 1943 bis Frühjahr 1944 innerhalb von neun Monaten von 4800 auf 13 000 fast verdreifacht, doch war man hiermit von der allein schon logistisch überhaupt nicht realisierbaren ursprünglich anvisierten Zahl von 190 000 Mann108 weit entfernt. Denn allein für die Aufstockung um rund 10 000 Mann mußten aus Südnorwegen etwa 250 komplette Baracken antransportiert werden, wofür die vorhandenen Transportkapazitäten kaum hinreichten.

104 NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 83, Fernschreiben Dienststelle RK in Berlin an RK, Abt. Arbeit u. Sozialwesen, 5.8.1941: »Reichsmarschall genehmigte Einsatz von 20 000 kriegsgefangenen Russen in Norwegen.« 105 Am 25. November 1942 erließ der Reichskommissar eine Verordnung, die die Einsatzbedingungen der »Ostarbeiter« regelte und dabei im wesentlichen die Bestimmungen der deutschen Ostarbeiterverordnung vom 30. Juni 1942 übernahm (VoBLNorw., Nr. 9, 30.11.1942). 106 RAO, RK, FD 5325/45, 3-Jahresbericht der Gruppe Lohnpolitik und Arbeitsbedingungen, Oslo, 17.2.1943, S. 16. 107 RAO, RK, HAVoWi, Abt. Finanzen, pakke 44, Abt. Finanzen: Aktuelle Fragen auf dem Gebiet der Finanzen, Steuern und Zölle, Oslo, 9.2.1943. BA, Kl.Erw. 529/1, Rudolf Dittrich: Vom Werden und Wirken der Organisation Todt (Ms.), S. 49.

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VI. Wehrmacht und Wirtschaft

Von der OT-Einsatzgruppe »Wiking« beim Bau der Nordlandbahn von Juli 1943 bis April 1944 eingesetzte Arbeitskräfte Absolute Zahlen

20000 18000 16000 14000 12000

10000 8000 6000 4000 2000

0

Aiti 43

Aug. 43 Sept. 43 Okt. 43

Nov. 43

Dez. 43

Jan. 44

Feb. 44 März 44

April 44

Prozentuale Anteile

0%

Juli 43

Aug. 43 Sept. 43 Okt. 43

m Deutsche

S Norweger

Quette: BA. R 501/94, a. 22-27.

Nov. 43 Dez. 43 Jan. 44 Feb. 44 März 44 April 44 Außertiatb NorKriegsStraf• wegens gewor- ¡ 2 g e f a n g e n e »gefangene bene Arbeiter ^ » »

|Μ380·Ό5

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Die beim Bau der Nordlandbahn eingesetzten Kriegsgefangenen machten etwa die Hälfte der insgesamt bei der OT-Einsatzgruppe »Wiking« zu dieser Zeit beschäftigten Gefangenen aus. Der OT-Statistik zufolge waren es im April 1944 insgesamt 28 005, wovon die meisten neben dem Bahnbau im Festungsbau verwendet wurden109. Im Frühjahr 1944 lag der Anteil bei zwei Drittel. Da Hider in einem Befehl vom 21. Juni 1944 nochmals den beschleunigten Ausbau der Bahn verlangte, wurde vom OKW die Deportation von weiteren 15 000 Kriegsgefangenen nach Norwegen vorgesehen110. Der Wehrmachtbefehlshaber legte jetzt aber dagegen Protest ein, weil die logistischen Mittel inzwischen überhaupt nicht mehr ausreichten. Diesem Einspruch wurde aber nicht stattgegeben, und die Transporte wurden aufgenommen111. Doch schon Anfang Juli 1944 ging der letzte Transport, denn inzwischen hatte sich die militärische Lage grundlegend gewandelt: Die Rote Armee hatte nach den Erfolgen der Westalliierten in der Normandie mit einer großangelegten Offensive an der Murmanskfront begonnen, und die Wehrmachtführung mußte über eine neue Verteidigungsstellung in Nordnorwegen nachdenken112. Zum Zeitpunkt der Kapitulation waren über 85 000 Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter im Land113. Von diesen waren allein 30 000 beim OT-Bahnbau eingesetzt114. Es waren ganz überwiegend sowjetische Kriegsgefangene, die von preußischen Ostseehäfen aus nach Norwegen, in erster Linie nach Nordnorwegen, verfrachtet wurden. Bis 1945 wurden insgesamt etwa 90 000 sowjetische Kriegsgefangene in die von der SS und Quislings »Hird« bewachten115 norwegischen Arbeitslager deportiert, dazu kamen im Laufe der Jahre noch rund 25 000 Gefangene und Zwangsarbeiter aus Polen und Serbien116. Die in den insgesamt 249 größeren und kleineren Lagern wie Sklaven gehaltenen Gefangenen lebten und arbeiteten unter extremen, menschenunwürdigen Bedingungen, und die einschlägigen Bestimmungen der Genfer Konventionen und der Haager Landkriegsordnung wurden deutscherseits vollkommen mißachtet. Mindestens 18 000 dieser Gefangenen kamen zu Tode — durch Hunger, Seuchen oder die harten .Arbeitsbedingungen

BA, R 50 1/94, Bl. 97. Den Festungsbau der Marine und Luftwaffe übernahm die OT erst am 1.9.1944 (BA-MA, RW 28/14, Höherer Feldwirtschaftsoffizier beim WBN: Lagebericht Nr. 5, Oslo, 14.9.1944, S. 1). »o KTB/OKW, Bd 4/1, S. 921. 111 Ebd. 112 Ebd., S. 914. Zum deutschen militärischen Rückzug aus Nordskandinavien siehe Bohn, Der Rückzug am Eismeer, S. 105 - 1 2 4 . 113 Ottosen, Arbeits- und Konzentrationslager in Norwegen, S. 359. 114 Europa unterm Hakenkreuz, Bd 7, S. 234 f., Dok. Nr. 153. 115 Himmler hatte von Beginn an die Mitwirkung seiner Truppen zugesichert, wie aus einem Schreiben an das WVHA und an den HSSPF Nord (Rediess) vom 11.11.1942 hervorgeht: »1. In Norwegen sind große, vom Führer befohlene Eisenbahn- und Straßenbauten begonnen, die in den nächsten Monaten und Jahren vollendet werden müssen. 2. Ich habe dem Reichsminister Speer, genau wie in Rußland, zu diesen Bauten die volle Unterstützung der SS zugesagt. 3. Zum Kommandeur der in Norwegen fur diese Bauten zu errichtenden Konzentrationslager und Arbeitslager ernenne ich den SS-Oberführer Loritz« (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 83). 116 Zu den Zahlen siehe Ottosen, Arbeits- und Konzentrationslager in Norwegen, S. 3 5 8 - 3 6 1 . 109

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bzw. durch alle drei Faktoren. Nicht wenige wurden durch die deutschen Wachmannschaften ermordet117. 3. Wehrmachtversorgung Von Beginn der Okkupation an war nicht nur die Versorgung der Wehrmacht mit Gütern aus dem Reich, sondern auch ihre operative Beweglichkeit durch den Mangel an Transportraum schwer belastet118; und sie sollte sich im Laufe der Besatzungszeit immer schwieriger gestalten. Infolge des Tonnagemangels kann man durchaus von einer bedingten Gefangenschaft der Norwegenarmee sprechen, denn diese war dadurch kaum noch frei disponierbar. Deshalb war die Führung der Norwegenarmee von Anbeginn an auch notgedrungen darauf angewiesen, Versorgungslücken mit norwegischen Gütern zu füllen — trotz der Vereinbarung von Herbst 1940, die Versorgung weitgehend »aus dem Reich nachzuschieben«. Die Wehrmacht war infolgedessen stets geneigt, die Importwünsche der Rüstungsindustrie gegenüber unmittelbaren Anforderungen der Truppenversorgung zurückzustellen. Sie requirierte (anfangs) und kaufte (später) in Norwegen alles, was sie zu brauchen glaubte, ohne auf die wirtschaftlichen Folgen dieses Vorgehens Rücksicht zu nehmen. Es liegt auf der Hand, daß die beiden Grundtendenzen der deutschen Wirtschaftspolitik in Norwegen, nämlich größtmögliche Ausnutzung der Ressourcen des Landes für die Versorgung der deutschen Bevölkerung und der Rüstungswirtschaft auf der einen und für die Besatzungstruppen auf der anderen Seite, sich nicht nur überschneiden, sondern punktuell auch größte Konflikte unter den Interessengruppen heraufbeschwören mußten. Ein Beispiel, stellvertretend für viele andere, mag die Konfliktlage illustrieren: Weil die Dächer der Baracken seines Standortes undicht waren, beschlagnahmte der Chef einer in der Nähe des Aluminiumwerkes Glomfjord gelegenen Kompanie den im Werk vorhandenen Teer. Da es sich hierbei um einen Spezialteer zur Herstellung von Elektroden für die Aluminiumöfen handelte, mußte das Werk einige Zeidang wegen Elektrodenmangels die Aluminiumproduktion einstellen, bis Spezialteer unter großen Schwierigkeiten

117

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Siehe dazu ebd., S. 359 und 361 (über die Zustände im Kriegsgefangenenlager Mo i Rana). Zur Willkür in den Lagern siehe Justiz und NS-Verbrechen, Bd 18, S. 397 - 404. — Die menschenunwürdigen Zustände in diesen Lagern lassen sich auch aus einem Schreiben Rediess' an Himmler vom 23. Oktober 1942 herauslesen, in dem der HSSPF berichtet, daß sich in den OT-Lagern zur Zeit 1800 Serben befänden, und hinzufügt, »die gleiche Anzahl etwa mußte im Verlauf des bisherigen Einsatzes als Totalverlust abgeschrieben werden« (Europa unterm Hakenkreuz, Bd 7, S. 152, Dok. Nr. 73). »Der Nachschub ist ein Problem. [...] Der Nachschub steht und fällt mit dem Schiffsraum, der zu Zeiten 0,0 betragen hat, da der Führer über den Schiffsraum anderweitig verfugte. Es war nur das Aller notwendigste (sie!) mit größter Mühe zu bekommen. Darüber hinaus noch Holz und Zement zu befördern, war ausgeschlossen« (RAO, RK, FD 5325/45, Stellungnahme v. Falkenhorsts anläßlich der »Besprechung über die Deckung des Wehrmachtbedarfs in Norwegen beim Reichskommissar« am 21.11.1940).

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anderweitig beschafft werden konnte. Dadurch trat vorübergehend ein Rückgang des Aluminiumexports ins Reich ein119. Mit dem Fortschreiten des Krieges verschärfte sich der Gegensatz dieser beiden Grundtendenzen immer mehr, denn im Reich nahmen die Rohstoffprobleme und der Ruf nach norwegischen Lieferungen stetig zu, in gleichem Maße wuchsen aber auch die Nachschubprobleme für die Norwegenarmee120. Die mit Beginn des Jahres 1941 erfolgte Umstellung von der freien Wirtschaft auf die Kommandowirtschaft und die dadurch bedingte Rationierung brachte auch erhebliche Störungen in die Versorgung der Wehrmacht, soweit diese aus dem Lande zu erfolgen hatte. Viele Einheiten, die den Weg der freien und unbehinderten Beschaffung aus den Anfangszeiten der Besetzung gewohnt waren, trugen den neuen Verhältnissen nicht in dem Maße Rechnung, wie es eine durch das Rationierungssystem eingeengte Wirtschaft notwendig machte. Zahlreiche Klagen des Reichskommissars einerseits und der Wehrmachtteile andererseits waren die Folge121. Die Behinderung in der freien Beschaffung hatte eine Flut von Anträgen und Wünschen der Wehrmachtteile und ihrer Einheiten zur Folge, die samt und sonders bei der Dienststelle Chefintendant landeten. Diese war in der Folgezeit unablässig damit beschäftigt, in die Verworrenheit aller Beschaffungsfragen bestimmte Richtlinien zu bringen, die eine Abstimmung des Bedarfsvolumens auf die für die Wehrmacht verfügbaren Rohstoffmengen gewährleisteten, und im übrigen damit, die Art und Weise der Beschaffung in eine organisatorische Form zu bringen, »durch die sichergestellt wurde, daß die Dienststelle Chefintendant sich nur mit den grundsätzlichen Beschaffungsfragen zu befassen hatte, während alle Kleinbeschaffungen, Einzelbeschaffungen und Beschaffungen von nur lokaler Bedeutung durch die einzelnen Wehrmachtteile bezw. deren Einheiten selbst zu erfolgen hatten«122. So kam es zu der Regelung, daß die Wehrmacht »auf der Grundlage freiwilliger Vereinbarungen« mit den norwegischen Stellen und norwegischen Lieferanten ihre Läger mit Versorgungsgütern aus dem Lande nachfüllen konnte123. Im Rahmen dieser Regelung nahmen die Ansprüche der Wehrmacht stetig zu, was wesentlich zur Lebensmittelverknappung für die norwegische Bevölkerung und damit auch zur wachsenden Verschlechterung der Position der Quisüngregierung beitrug124. » 9 BA-MA, RW 39/114, Bericht des ORR Jahn an den Chefint. WBN über Reise nach Nordnorwegen 30.5.-27.6.1943. izo BA-MA, RH 20 - 20/238 - 241, 246 u. 247. 121 »Nur schwer gelang es, die Beschaffungen der Wehrmacht und insbesondere auch die privaten Käufe der Wehrmachtangehörigen auf das erträgliche Maß zu begrenzen. Die Versuche von Wehrmachtangehörigen, die Rationierungsbestimmungen zu durchbrechen, dauern an« (RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941, S. 24). 122 BA-MA, RW 39/104, Tätigkeitsbericht der Dienststelle Chefintendant beim WBN, Okt.-Dez. 1941. 123 RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Apr. 1941, S. 87. 124 SS-Obersturmbannführer Friedrich Klumm vom SS-Hauptamt, das um die »germanische Sendung« in Norwegen besorgt war, schilderte im September 1944 die Versorgungslage in Norwegen folgendermaßen: »Die Brotzuteilung für den Kopf der norwegischen Bevölkerung beträgt 45 %

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VI. Wehrmacht und Wirtschaft

Inzwischen war den norwegischen Stellen auch auferlegt worden, fur die Wehrmacht jährlich festgelegte Mengen (»Kontingente«) aufzubringen, die übrigens das Reichskommissariat bei den norwegischen Stellen jeweils durchsetzen mußte. Während im ersten und zweiten Kontingents jähr je 200 000 t Lebens-, Genuß- und Futtermittel an die Wehrmacht geliefert wurden, sind diese im dritten Kontingentsjahr auf 300 000 t gesteigert worden 125 . Im Sommer 1944 schrieb der Leiter der Abt. Ernährung und Landwirtschaft: „Die Leistungen an die Wehrmacht übersteigen in jedem Jahr auf einem oder mehreren Gebieten die an sich vertretbare Leistungskraft der norwegischen Ernährungswirtschaft126. Die ungeheure Belastung der norwegischen Versorgung, die dadurch eintrat, wurde im Reichskommissariat durchaus zur Kenntnis genommen, doch selbst eindringliche Mahnungen an den Reichskommissar durch seine Abteilungsleiter konnten bis zum Ende der Besetzung keine Wende herbeiführen, weil auch Terboven hier nicht frei walten konnte.

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der deutschen Menge. Die Zuckerzuteilung 88 %, die Fettzuteilung 83 %, die Milchzuteilung 50 %, die Gemüsezuteilung im Durchschnitt 1 0 - 1 5 % der deutschen Zuteilungen. Nährmittel, Fleisch und Marmelade werden keine ausgegeben. An Fisch wird eingefrorener Kabeljau ein paarmal je Monat in geringen Mengen abgegeben, seit Weihnachten auch 3 - 4 mal ein kg Heringe sehr schlechter Qualität. Kinder bis zum 2. Lebensjahr bekommen die Hälfte der Ration in Weizenmehl, nach dem 2. Lebensjahr aber nur schwarzes Mehl schlechtester Qualität. Die Fangerträge der norwegischen Fischer werden durch die deutschen Kommissionen an Ort und Stelle aufgekauft. Kartoffeln sind denkbar verknappt, weil im Spätwinter deutsche Requirierungen erfolgten. Daß diese Kartoffeln infolge unsachgemäßer Lagerung verfaulten, ist ein Kapitel für sich. Die übrige Versorgungslage sieht dementsprechend aus« (Europa unterm Hakenkreuz, Bd 7, S. 215 f., Dok. Nr. 136). RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht 1942 der Abt. Ernährung und Landwirtschaft, Oslo, 12.2.1943, S. 3. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 57, Blankenagel an Terboven, Oslo, 6.7.1944.

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie 1. Görings Sonderinteresse: Das Reichsluftfahrtministerium und der Leichtmetallausbau in Norwegen Die Ämterhäufung Hermann Görings brachte es mit sich, daß sich sozusagen in seiner Person die widerstreitenden Interessen verschiedener deutscher Stellen am norwegischen Wirtschaftspotential fokussierten. Als Reichsluftfahrtminister und Oberbefehlshaber der Luftwaffe unterstützte er unmittelbar nach dem Überfall Pläne eines gewaltigen Ausbaus der norwegischen Leichtmetallindustrie, der faktisch den Absichten der ebenfalls — zumindest nominell — von Göring geführten Vierjahresplanbehörde und des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes zuwiderlaufen mußte, und zwar deshalb, weil hierdurch ein einziger Industriezweig auf Kosten der übrigen über die Maßen ausgebaut werden sollte. Obwohl das Reichsluftfahrtministerium an sich mit Wirtschaftsfragen nur mittelbar befaßt war, griff es erheblich in die norwegische Wirtschaft ein, denn unter Görings Leitung nahm es in den ersten Jahren des Krieges eine Machtstellung ein, die auch Parteigrößen erster Ordnung oder andere Reichsministerien nicht anzutasten wagten. Dem Reichsluftfahrtministerium unterstand zwar die deutsche Flugzeugindustrie, doch die Verteilung der Rohstoffe, insbesondere des Leichtmetalls, lag in den Händen des Reichswirtschaftsministeriums. Mit dem Herrschaftsantritt Hitlers hatte für die deutsche Luftrüstung eine neue Etappe begonnen und damit auch für den Aluminiumbedarf1. Die deutsche Aluminiumindustrie erlebte dadurch in den 30er Jahren einen wahren Boom; die Produktion dieses Leichtmetalls wurde von 21 000 t im Jahre 1933 auf 164 000 t im Jahre 1938 gesteigert, womit über ein Viertel der Weltaluminiumproduktion im Reich erfolgte2. Als der Generaldirektor der Junkers Flugzeugwerke, Dr. h.c. Heinrich Koppenberg, gleich nach der Invasion Norwegens mit Plänen einer gewaltigen Leichtmetallproduktion in Norwegen an das Luftfahrtministerium herantrat, sah dieses darin sofort eine Chance, sich bei der Rohstoffzuteilung von der Bevormundung durch das Wirtschaftsministerium zu befreien. Koppenberg fiel es, zusammen mit einflußreichen Persönlichkeiten im Reichsluftfahrtministerium, daher nicht schwer, 1 2

Siehe hierzu Petrick, »Leichtmetallausbau«, S. 45 - 62; Budraß, Flugzeugindustrie. Die Rohstoffbasis des großdeutschen Wirtschaftsraumes, S. 489.

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die Zustimmung Görings für seine weitgesteckten Pläne zu gewinnen 3 . Das Ziel war, eine Leichtmetallproduktion außerhalb des Reiches in Gang zu setzen, die ausschließlich dem Reichsluftfahrtministerium unterstehen und der deutschen Luftrüstung zukommen sollte4. Die anfänglichen Einwände des Generalluftzeugmeisters Ernst Udet und anderer hochrangiger Personen aus der staatlichen Wirtschaftslenkung gegen dieses überdimensionierte Projekt5 wurden beiseite geschoben, und so konnte, gestützt auf Görings Autorität, eine gewaltige finanzielle Fehlinvestition auf den Weg gebracht werden. Diese Leichtmetallpläne legen wie kaum ein anderes Vorhaben Beweis davon ab, daß Norwegen fest im deutschen Wirtschaftsraum verankert werden sollte. Sie decken darüber hinaus nicht nur die Eigenart der Besatzungspolitik in Norwegen auf, sondern zeigen auch überdeutlich die enge Verknüpfung zwischen nationalsozialistischer Führung und Großindustrie bei der Ausbeutung besetzter Gebiete — eine Verknüpfung, die entgegen landläufigen Darstellungen die politische Führung nicht nur als Werkzeug oder Erfüllungsgehilfen des Monopolkapitals zeigt, sondern klarmacht, daß es auf der obersten Ebene von Politik und Wirtschaft eine Interessenkongruenz gab, die fallweise die politische Führung zum Initiativträger werden ließ. Die Leichtmetallpläne verdeutlichen aber auch, daß die deutsche Großindustrie als eifriger Förderer der nationalsozialistischen Außenwirtschaftspolitik auftrat und Initiativen von politischer Seite in eigene Vorteile umzuwandeln verstand. a) Der Koppenbergplan Im Unterschied zu Heer und Kriegsmarine, die beide über traditionelle Beziehungen zu etablierten Rüstungsfirmen verfügten6, mußte sich die Luftwaffe eine solche wirtschaftliche Infrastruktur erst schaffen. Das war bei den Ambitionen und Verbindungen Görings bekanntlich kein Problem, und wir wissen, daß, um ein herausragendes Beispiel zu nennen, die IG Farben dem Reichsluftfahrtministerium schon früh ihr Potential zur Verfügung stellte7. Ähnlich war es im Falle der Junkers Flugzeugwerke. Hier war es nämlicher Koppenberg, der als Generaldirektor die Flugzeugwerke für die Luftwaffe zu einem der bedeutendsten Rüstungskonzerne aus3

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Nach den Worten Kehrls war Koppenberg »ein äußerst fähiger, kenntnisreicher, tatkräftiger Mann, ein brutal-bulliger Baulöwe, der den Ruf hatte, sachlich und zeitlich das Unmögliche möglich zu machen« (Kehrl, Krisenmanager im Dritten Reich, S. 198). Nach Milwards Urteil »in western Europe no other single project equalled the importance of the aluminium plan« (Milward, The Fascist Economy in Norway, S. 171). Zu ihnen gehörte auch Hans Kehrl, der, seinen Erinnerungen zufolge, Koppenberg von Anfang an darauf hinwies, daß »es sich meines Erachtens bei dem Aluminium-Programm um eine groteske Fehlplanung handele, die nicht zu verantworten sei«. Da so gut wie aller Bauxit nach Norwegen zu den an der dortigen Westküste vorgesehenen Verarbeitungsstätten gebracht werden mußte, waren die Transportrisiken von vornherein abzusehen. »Koppenberg erklärte nur, das ginge ihn gar nichts an, die Marine habe erklärt, sie könne die Transporte durchführen« (Kehrl, Krisenmanager im Dritten Reich, S. 187). Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 1, S. 3 6 9 - 5 3 2 ; ebd., Bd 5/1, S. 3 7 0 - 3 9 1 . Siehe dazu Irving, Göring, S. 238 f.

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baute8. Sein Griff nach den norwegischen Ressourcen, mit denen er die Flugzeugproduktion der Firma noch mehr steigern wollte, war im Grunde nur konsequent. Die Pläne zielten darauf, einen schnellen und umfangreichen Ausbau der norwegischen Leichtmetallindustrie durch Ausnützung der dortigen gewaltigen Wasserkräfte in die Wege zu leiten. Der Vorstoß Koppenbergs hatte zur Folge, daß sich diejenigen Unternehmen herausgefordert fühlten, die bereits im Leichtmetallgeschäft bzw. der Elektrometallurgie etabliert waren. Es waren dies insbesondere die IG Farben und die Vereinigten Aluminiumwerke (VAW), welch letztere eng mit dem Reichsfinanzministerium verbunden waren. Bei den VAW war es im Gegensatz zur IG Farben jedoch so, daß sie, wie Petrick erarbeitet hat, zunächst keine Expansionsabsichten hegten9. Sie agierten anfangs sogar noch so zögerlich, daß das Reichsluftfahrtministerium angesichts der von Koppenberg für Norwegen in den hellsten Farben gezeichneten Möglichkeiten am 16. November 1940 eine eigene Firma ins Leben rief — die Nordische Aluminium AG (Nordag), an der die Bank der Deutschen Luftfahrt maßgeblich beteiligt war10. An der Spitze des neuen Unternehmens, das nach der Gründung seiner norwegischen Tochter im Mai 1941 in Hansa Leichtmetall AG umbenannt wurde11, stand kein geringerer als Koppenberg selbst als Vorsitzender des Aufsichtrats12, und es sollte sich allein der Leichtmetallproduktion in den von Deutschland okkupierten Ländern widmen13. Unter diesen Umständen sahen sich die VAW »genötigt«, ebenfalls ins Norwegengeschäft einzusteigen, was ihr angesichts der engen Bindung an das Reichsfinanzministerium, auf dessen Geld das Reichsluftfahrtministerium bei der Umsetzung der Norwegenpläne angewiesen war, nicht sonderlich schwerfiel. Abgesehen von den involvierten obersten Reichsbehörden, entwickelten also drei Unternehmen 1940 ein eminentes Interesse an den norwegischen Energieressourcen: die Nordag AG, die VAW und die IG Farben. Letzterer ging es dabei auch um die Erhaltung und den möglichen Ausbau ihrer Position auf dem Gebiet der norwegischen elektrochemischen Produktion14, 8 9 10

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Siehe dazu Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 1, S. 487 - 496. Petrick, »Leichtmetallausbau«, S. 196. Vom Aktienkapital von 20 Mio RM entfielen 92 Prozent auf die Bank der Deutschen Luftfahrt AG, Berlin, und 8 Prozent auf die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG, Dessau. Dadurch sollten zum einen Verwechslungen mit der norwegischen Tochterfirma und zum anderen der Eindruck vermieden werden, als richte sich die Aktivität dieses Unternehmens allein auf Norwegen. Für die Nordag A/S war ein Aktienkapital von 70 Mio NKr. geplant (51 % Nordag/Hansa, 26 % VAW, 23 % norwegische Anleger). Neben Koppenberg saßen im Aufsichtsrat zwei Angehörige des Reichsluftfahrtministeriums, ein Vertreter des Reichsfinanzministeriums, ein Vertreter der Bank der Deutschen Luftfahrt und vom Reichskommissariat Norwegen der Leiter der HA Volkswirtschaft, Carlo Otte (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 58A, Leichtmetall-Ausbau Norwegen. A/S NORDAG — NORDISK LETTMETALL A/S: Leistungsbericht 1 9 4 0 - 4 1 ) . Koppenberg war übrigens nach dem Ende des Frankreichfeldzuges auch dort in gleicher Weise aktiv geworden wie in Norwegen. In Frankreich ging es ihm aber vor allem um die Bauxitlager und die Aufbereitung dieses Rohstoffs zu Tonerde. Der IG-Farben-Konzern war bedeutender Aktieninhaber (25 %) des 1905 gegründeten norwegischen Großkonzerns Norsk Hydroelektrisk Kvaelstoff A/S (Norsk Hydro); von dem Aktienkapital von 104,3 Mio NKr. (1939) hielten weiter 65 Prozent die Banque de Paris et de Pays Bas und 10 Prozent norwegische, schweizerische und schwedische Anleger.

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VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

wozu das Leichtmetallprojekt mit dem Ansatzpunkt Wasserkräfteausbau einen hervorragenden Hebel zu bieten schien. Daher fand sich der Konzern schnell zu einer Zusammenarbeit mit der Nordag/Hansa Leichtmetall bereit. Er dürfte sich aber auch vor allem deshalb zu dem Einstieg in das Norwegenprojekt bereit gefunden haben, weil ihm, wie anderen Großkonzernen auch, von Seiten der politischen Führung der Eindruck vermittelt wurde, daß die Investition in Norwegen als eine dauerhafte Anlage betrachtet werden könnte. Erleichtert wurde die Investition im speziellen Fall der VAW auch noch dadurch, daß gut Dreiviertel der Aktien der bereits bestehenden Hütten im Besitz ausländischen, vor allem britischen, Kapitals waren15 und über die Feindvermögensverordnung angeeignet werden konnten. Die »occupatio bellica« erlaubte — völkerrechtlich sanktioniert — die Kontrolle über feindliches Eigentum, und diese Rechte wurden deutscherseits, wie man weiß, in den besetzten Gebieten schonungslos ausgenutzt16. Koppenberg und das Reichsluftfahrtministerium hatten es eilig, den Zugriff auf die norwegische Aluminiumindustrie zu bekommen. Schon Mitte April 1940 war Koppenberg — zusammen mit Oberst Braumüller, dem Leiter der Abteilung Wehrwirtschaft im Luftfahrtministerium, und Dr. Eberhard Neukirch vom Generalbevollmächtigten für die chemische Industrie (Gebechem) — von Göring zur Sondierung nach Norwegen geschickt worden. Man hatte nämlich in Erfahrung gebracht, daß in Norwegen rund 4000 t Aluminium lagen, und Göring verlangte nun »dringend um Zugriff«, da sich die Leichtmetallbestände im Reich gerade verknappten17. In der ersten Besprechung mit dem Reichskommissar, an der auch Carlo Otte teilnahm, legte Koppenberg Terboven eine Vollmacht Görings vor, aus der hervorging, daß er, Koppenberg, zum Treuhänder der gesamten norwegischen Leichtmetallindustrie bestimmt worden war und nun den Auftrag habe, diese großzügig und mit allen Mitteln auszubauen18. Das Reichskommissariat und der Wehrmachtbefehlshaber wurden in dem Schreiben ersucht, Koppenberg hierfür jede nur denkbare Unterstützung zu gewähren. Zu dieser Vollmacht erklärte Koppenberg in der Erinnerung Ottes folgendes: »Der Bedarf der deutschen Flugzeugindustrie, wie überhaupt der Bedarf an Leichtmetall, erfordere den Bau neuer Werke in erheblichen Größenordnungen. Norwegen sei standortmäßig besonders geeignet im Hinblick auf die viele nicht ausgebaute Wasserkraft. Dazu komme außerdem, daß man auf dem besten Wege sei, Aluminium nicht mehr auf der Basis Bauxit-Tonerde15

16 17 18

Die Besitzverteilung sah bei den einzelnen Werken folgendermaßen aus: A/S Norsk Aluminium Company in Hoyanger, Kapital 14 Mio Kr., zu 50 % kanadisch; A/S Norsk Nordisk Aluminiumindustri in Holmestrand, Kapital 5 Mio Kr., 30 % kanadisch; Det Norske Nitridaksjeselskap in Tyssedal, Kapital 15 Mio Kr., 2/3 kanadisch/britisch, 1/3 französisch; A/S Haugevik Smelteverk in Glomfjord, Kapital 3 Mio Kr., 100 % britisch; A/S Vigelands Brug in Vigeland, Kapital 2 Mio Kr., 100 % britisch; A/S Stangfjordens Elektrokemiske Fabrikker, Kapital 0,45 Mio Kr., 100 % britisch (RAO, RK, HAV, Abt. Finanzen, pakke 59 - 96). Siehe dazu Lindner, Das Reichskommissariat für die Behandlung feindlichen Vermögens. Pol Arch. AA, Büro Staatssekretär, R 29735, Skandinavien, Bd 1, Aufzeichnung Staatssekretär Weizsäckers vom 16.4.1940. Die meisten norwegischen Direktoren der Werke blieben in ihren Ämtern, wurden aber an die Weisungen Koppenbergs gebunden (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 58A, Berghold an Koppenberg, Oslo, 7.10.1940).

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

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Alu. z u produzieren, sondern auf der Basis Labradorit-Tonerde-AIu 1 9 . Dieser Rohs t o f f sei aber gerade in Norwegen in ausreichenden Mengen vorhanden 2 0 .« Es sei nun, so K o p p e n b e r g weiter, in Berlin ein Stufenplan beschlossen worden, der folgende Etappen vorsähe: 1. Ausbau und Modernisierung vorhandener Fabriken und K r a f t w e r k e 2 1 . 2. Bau v o n Fabriken dort, w o Stromüberschuß herrsche, oder w o andere Anlagen o h n e weiteres abgeschaltet werden könnten, da f ü r ihre Produktion kein Absatz v o r h a n d e n sei 22 . 3. Neubau v o n K r a f t w e r k e n und Produktionsstätten in Gebieten, w o die natürliche Lage die besten Voraussetzungen bietet. Endziel sei, so Koppenberg, die gegenwärtige norwegische Produktion v o n rund 3 0 0 0 0 auf 2 0 0 0 0 0 jato zu bringen, wobei mittelfristig 1 6 0 0 0 0 bis 1 8 0 0 0 0 jato angesetzt seien. Bei dieser Planung w a r auch die Errichtung v o n Tonerde- und Magnesiumfabriken berücksichtigt. V o m Reichskommissar erwartete K o p p e n b e r g zunächst nur, so Otte, daß Terb o v e n ihm »seinen Segen gäbe«. Später »brauche er noch Konzessionen und wohl auch noch andere Dinge«. W i e Otte später erklärte, w a r T e r b o v e n »sehr unangen e h m überrascht, daß ihm G ö r i n g auf diese Weise ins Handwerk pfuschte. Das w a r denn auch der Ausgangspunkt dafür, daß es gleich unterschiedliche A u f f a s sungen über das zu gründende Unternehmen gab. T. forderte die Einschaltung der norwegischen Wirtschaft, während K . eine absolut deutsche G r ü n d u n g vorschlug.

19

20 21

22

Aluminium wird aus Bauxit hergestellt, einem Toneisenerz mit rund 60 Prozent Tonerde, 28 Prozent Eisenoxyd, 4 Prozent Kieselsäure, Rest Wasser. Bei der Verhüttung gewinnt man zunächst Tonerde, welche ausschließlich durch Elektrolyse zu metallischem Aluminium reduziert wird. Zur Herstellung von 1 t Aluminium sind 4 t Bauxit und entsprechend 2 t Tonerde erforderlich. Hinzu kommt ein Strombedarf von rund 20 000 Kilowattstunden sowie 420 Arbeitsstunden (BA-MA, RW 19, Wi I E 1, Studie des Wirtschafts- u. Rüstungsamtes beim OKW von März 1940). RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Ottes über genannte Besprechung an den norwegischen staatsanwaltschaftlichen Untersuchungsausschuß, Oslo/Akershus, 11.10.1945. Bei den bereits vorhandenen oder projektierten Anlagen waren zwei Wasserkräfte, nämlich Tysso und Sauda, nicht ausgenutzt, da die an diesen Wasserkräften liegenden Werke infolge Mangels an Rohstoffen unbeschäftigt waren. In Glomfjord war bei einem Bedarf von nur 27 MW eine Maschinenleistung von 45 MW installiert, zudem war durch nur geringe Wasserregulierungseinrichtungen die Möglichkeit der Installation weiterer 45 MW gegeben. In Tyin lag eine Wasserkraftanlage vor, die von der Norsk Hydro mit wassertechnischen Arbeiten bereits soweit fertiggestellt war, daß nur der Bau der Rohrleitungen und des Kraftwerks noch erforderlich war. Für die Anlage Orsa lagen bereits fertig bearbeitete norwegische Projekte sowie bautechnische Vorarbeiten vor. Auch Aura war bereits projektiert. »Es war somit«, wie von selten des Gebechem hervorgehoben wurde, »an keiner Stelle des großdeutschen Wirtschaftsraumes [sie!] eine ähnlich günstige Energie-Situation wie in Norwegen gegeben« (BA, R 25/150, Sammlung Dr. Eberhard Neukirch, S. 433). Man dachte hier, wie aus späteren Maßnahmen geschlossen werden darf, vor allem an Anlagen der Ferroindustrie. Die im Frühjahr 1940 eingeleitete Stillegung eines Teils dieser Produktion sollte sich später als Fehler erweisen, worüber es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen dem Luftfahrtministerium einerseits und dem Reichswirtschafts- sowie dem Rüstungsministerium andererseits kam.

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Vor allem aber paßten T. die außerordentlichen Vollmachten, die K. von Göring hatte, nicht23.« Warum fühlte der Reichskommissar sich durch den Vorstoß Koppenbergs »ins Handwerk gepfuscht«? Terboven hatte zu dieser Zeit eigene Pläne für einen großangelegten Ausbau der norwegischen Wasserkräfte und deren Nutzung, die eng mit den Interessen der Metall- und Chemieunternehmen des Ruhrgebiets und des Rheinlandes zusammenhingen — nicht zuletzt der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke (RWE) aus seiner Gauhauptstadt. Und diese Pläne zeigen, wie Loock meint24, wie kaum andere sehr deutlich, auf welche Weise der Reichskommissar seine »kalte Revolution« in Norwegen durchführen wollte. In der Tat: Terboven kam es, wie er wiederholt zum Ausdruck brachte, ganz besonders darauf an, in Norwegen eine plumpe kriegswirtschaftliche Ausbeutung zu vermeiden, wie er sie vor allem durch die Wehrmachtstellen befürchtete25. Doch die Interessen der rheinisch-westfälischen Industrieunternehmen an Norwegen waren zum Zeitpunkt des Koppenbergvorstoßes noch zu wenig konkret, als daß Terboven daraus ein relevantes wirtschaftspolitisches Programm hätte formen können. In dieser Situation tauchte nun die Flugzeugindustrie mit diesem Mammutprogramm auf, das alle bisherigen vorsichtigen Sondierungen über den Energieausbau zu verdrängen drohte. Zwar wollte auch Terboven die norwegische Wirtschaft vor den deutschen kriegswirtschaftlichen Karren spannen, doch dabei beabsichtigte er, durch gezielte Eingriffe alle Vorbereitungen für die Eingliederung in die deutsche Friedenswirtschaft und in den »europäischen Großwirtschaftsraum« zu treffen. Daran änderte auch die veränderte Kriegslage nach dem Scheitern der »Schlacht um England« nichts, denn zur Zeit des Koppenbergvorstoßes und noch weit in das Jahr 1941 hinein galten für Terboven die wirtschaftspolitischen Maximen, wie sie in der Denkschrift Funks vom Juli 1940 zum Ausdruck kamen. Als Koppenberg in Norwegen auftauchte, hatte Terboven zwar schon Anstalten getroffen, die Leitung und Verwaltung der norwegischen Aluminiumindustrie in die Hand zu nehmen, doch haben hierbei deutsche Kapitalinteressen nur eine nachgeordnete Rolle gespielt. In erster Linie ging es Terboven, folgt man Loock, um die »Unterwerfung privaten Kapitals unter die politischen Führungsorgane nationalsozialistischer Prägung«26, so daß für den Reichskommissar der Leichtmetallausbau zuerst ein Mittel zum politischen Zweck war27.

23

24 25

26 27

RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otte, Oslo/Akershus, 11.10.45. Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 463 f. Siehe da2u die in Kap. V dargestellten Besprechungen über die Besatzungskostenfinanzierung im Herbst 1940. Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, S. 479 f. Milward, The Fascist Economy in Norway, S. 171 ff., der den deutschen Aluminiumplänen in Norwegen ein zentrales Kapitel widmet, macht diese Differenzierving nicht. Für ihn sind die Pläne lediglich ein »convincing evidence of Germany's intention to attach Norway permanendy to the sphere of German economic interest«.

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b) Terbovens Pläne für einen Elektrizitätsausbau Terbovens ureigenstes wirtschaftliches Projekt, an dem er seit Sommer 1940 bastelte und bei dem ihm Koppenberg »in die Quere« kam, war die Ausbeutung der norwegischen Wasserkräfte für die rheinisch-westfälische Industrie und für die Verflechtung in Norwegen neu zu errichtender Elektrizitätswerke mit rheinischem Kapital. Es handelte sich hierbei um die Nutzbarmachung von Energieressourcen, die auf 10 bis 12 Mrd Kilowatt Jahresleistung berechnet wurden28. Es war dies eine Energiemenge, die etwa dem gesamten seinerzeitigen Stromverbrauch Deutschlands entsprach. Zur Ausbeutung dieses gigantischen Potentials wurde am 23. August 1940 unter führender Beteiligung der RWE eine »Arbeitsgemeinschaft für den Elektrizitätsausbau Norwegens« gegründet, deren Vorsitz Terboven übernahm. Die Geschäftsführung lag beim Leiter des Energiereferats der Hauptabteilung Volkswirtschaft, Diplomingenieur Schwarz29. Terboven hielt diese Initiative für so gelungen, daß er sie sogar im Reich dem breiten Publikum bekanntmachen ließ und sich als »die zuständige Stelle, die im Interesse einer einheitlichen Führung [...] den Ausbau der Wasserkräfte zwecks Erweiterung der elektrotechnischen und elektrometallurgischen Industrie in Norwegen und zur Ubetragung der erzeugten Elektrizitätsmengen nach Deutschland durchführt«, bezeichnete30. Den Absichten dieser .Arbeitsgemeinschaft stand aber zunächst noch eine norwegische Gesetzgebung entgegen, die nach Erlangung der nationalen Unabhängigkeit von Schweden im Jahre 1905 und unter heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen entstanden war und die die Ausbeutung der Naturreichtümer des Landes einheimischen Unternehmen mit (nomineller) norwegischer Kapitalmehrheit vorbehielt31. Diese Gesetze waren in Norwegen von nicht zu überschätzender historischer und politischer Bedeutung, und das war den Fachleuten im Reichs28

29

30 31

RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941, S. 174. BA, R 4/45, Protokoll der Gründungsversammlung, Oslo, 27.8.1940. Schon im Juni hatte Terboven in seiner Behörde eine »Gruppe Energiewirtschaft« gebildet, die die Pläne der Stromerzeugung und -weiterleitung nach Deutschland vorbereiten sollte. Diese Gruppe hatte am 6. August 1940 eine Denkschrift vorgelegt, die sich mit dem Ausbau der norwegischen Wasserkräfte zur Elektrizitätserzeugung »für Zwecke des Reiches, sei es durch Verwendung an Ort und Stelle, sei es durch Transport nach Deutschland« befaßte. An diesem Elektrizitätsausbau sollte die RWE neben dem Reich und Norwegen »nach einem noch zu vereinbarenden Schlüssel« beteiligt werden. Bei der Gründungsversammlung der Arbeitsgemeinschaft am 23. August 1940 in Oslo waren der RWE-Aufsichtsratsvorsitzende Albert Vogler und sein Vize, Just Dillgardt, der zugleich Oberbürgermeister in Terbovens Gauhauptstadt Essen und im Rahmen des Vierjahresplans Generalbevollmächtigter für die Energiewirtschaft war, anwesend. Frankfurter Zeitung, 26.8.1940, S. 4. Nach der endgültigen Fassung des »Gesetzes über den Erwerb von Wasserfallen, Bergwerken und anderem Grundeigentum« vom 17. Dezember 1917 durften nur Unternehmen mit norwegischer Kapital- und Vorstandsmehrheit sowie Sitz im Lande eine Konzession erhalten, ins Handelsregister eingetragen werden und Kredite und Anleihen bei einheimischen Banken in Anspruch nehmen. Sie mußten darüber hinaus die konzessionierten Projekte kurzfristig und mit norwegischem Material sowie norwegischen Arbeitskräften realisieren (Dillmann, Von Norwegen lernen?, S. 164—178).

390

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kommissariat, wie dem Staatsrechtler Rudolf Schiedermair, auch bewußt. Um die gleichzeitig stattfindenden Reichsratsverhandlungen, in denen Terboven eine für das Reich tragbare Lösung des »Norwegenproblems« suchte, nicht zu gefährden, trat man seitens des Reichskommissariats hinsichtlich der Kraftswerkspläne noch moderat auf und versuchte die norwegische Industrie einzubeziehen. Dieser wurde die Befreiung von der Abhängigkeit von englischer Kohle versprochen32. Mehr als großartige Pläne wurden im Sommer jenes Jahres aber nicht entwickelt. Zunächst sollten die juristischen, technischen und wirtschaftlichen Fragen studiert werden. Geprüft wurden u.a. die technischen Möglichkeiten der Übertragung hochgespannten Stroms nach Deutschland sowie insbesondere die Energienutzung an Ort und Stelle für die »Erweiterung der elektrochemischen und elektrometallurgischen Industrie«. Einzelheiten der Realisierung ließ man vorerst noch offen, denn die konkreten Planungen hingen hier, wie auf anderen Gebieten, grundsätzlich von der zu dieser Zeit noch ungeklärten Frage ab, welche Form die Besatzungsherrschaft künftig annehmen würde. Gleichwohl wurde von der Arbeitsgemeinschaft auf Anregung Terbovens bis zum Frühjahr 1941 ein 100 Seiten langer »Generalplan für den Ausbau der Wasserkräfte Norwegens« erarbeitet, der die Grundlage dafür bilden sollte, »den planmäßigen Ausbau der zahlreichen und günstigen Wasserkräfte Norwegens so vorzubereiten und zu überwachen, daß sich diese Energiequellen in den Rahmen der neuen europäischen Wirtschaft zweckmäßig einordnen«33. Terboven hatte auf der Gründungsversammlung der Arbeitsgemeinschaft ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der »Ausbau zwar auf lange Sicht geplant werden muß«, die Arbeitsgemeinschaft aber gleichwohl »unter meiner Leitung nicht nur die Untersuchungen in Gang setzen, sondern auch für deren praktische Verwirklichung sorgen [soll], und zwar in der für die Vorbereitung des später zu gründenden großen Energiewirtschaftsunternehmens erforderlichen klaren Form«34. Es handelte sich also faktisch um Vorbereitungen, die es den RWE ermöglichen sollten, groß ins norwegische Energiegeschäft einzusteigen. Der Elektrizitätstransfer ins Reich hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings faktisch schon erledigt, da zum einen der Verbrauch der Elektroenergie in Norwegen — vor allem für das Leichtmetallprojekt — vorangetrieben wurde, zum anderen aber auch noch technische Probleme bei der Kraftübertragung über eine solch 32

33

34

»Mit der Umwertung der reichen Wasserkräfte, Norwegens >weißer Kohiefiihlbaren Unruhe< innerhalb der Partei gesprochen« (ebd.). >61 Ebd. 162 RAO, Landssvikarkivet, L-dom Oslo 1098, Whist und Skarphagen an Quisling, Oslo, 8.12.1942. BA, R 70 N/11, Meldungen aus Norwegen, Nr. 51,23.2.1943. 158

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VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

Kapitals konnte auch nicht annähernd in dem angestrebten Umfang erreicht werden. Aus einem Aktenvermerk des Reichsfinan2ministeriums vom 13. März 1944 geht hervor, daß zu diesem Zeitpunkt auf das bei der Gründung der A/S Nordag am 3. Mai 1941 angegebene Aktienkapital von 70 Mio Kr. erst 35 Mio Kr. eingezahlt waren, 99 Prozent davon durch das Luftfahrtministerium164. Nach den Bestimmungen des norwegischen Aktienrechts war aber zwei Jahre nach Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister die Einzahlung des restlichen Aktienkapitals erforderlich. Im Hinblick auf die starke Einschränkung des Bauprogramms hielten der Aufsichtsrat und der Vorstand der A/S Nordag die Herabsetzung des Aktienkapitals für unabdingbar. Mit Zustimmving der beteiligten deutschen Stellen wurde das nominelle Aktienkapital daher auf 35 Mio Kr. reduziert. Die Aktienbeteiligung des Reiches blieb dieselbe165. Im Zuge dieser Kapitalreduktion wurde auch die Frage der bis dato geleisteten Darlehen (über 500 Mio RM) diskutiert. Es war angesichts der desolaten Lage offensichtlich, daß ein Großteil davon in absehbarer Zeit nicht würde zurückgezahlt werden können. Westrick unterbreitete daher dem Reichsfinanz- und dem Reichsluftfahrtministerium den Vorschlag, eine grundlegende Sanierung der Nordag dadurch herbeizuführen, indem das Reich auf einen großen Teil der geleisteten Darlehen verzichtet. Auf einer Besprechung im Reichsfinanzministerium Mitte Juli 1944 konnte aber nur insofern eine Einigung erzielt werden, daß das Reich auf 100 Mio RM und für einen bestimmten Zeitraum auf die Verzinsung der verbliebenen Summe verzichtete166. Der Betrieb der A/S Nordag war schon vorher dadurch sichergestellt worden, daß ihr 200 Mio Kr. aus den Besatzungskostenbeiträgen des norwegischen Staates darlehensweise zur Verfügung gestellt worden waren167. Die Geschichte des Aluminiumprojekts offenbart wie kein zweites wirtschaftliches Programm, daß die Vorstellungen von einem »Großwirtschaftsraum« auf der politischen und der wirtschaftlichen Führungsebene von sehr unterschiedlichen Inhalten geprägt waren. Es gab keine übereinstimmenden Auffassungen über die ökonomischen Möglichkeiten dieses »Großwirtschaftsraumes«, in diesem Fall hinsichtlich der Aluminiumproduktion. Für andere Produktionsbereiche gilt übrigens mutatis mutandis dasselbe. Die konkurrierenden Unternehmen und politischen Gruppierungen, die sich zu — wechselnden — Bündnissen zusammenfanden, waren aufgrund ihrer jeweiligen Partikularinteressen zu keiner wirklich sachlichen Kooperation oder Planung fähig, und allein schon deshalb war ein derartiges Projekt zum Scheitern verurteilt, auch wenn kriegsbedingte Ursachen nicht noch verschärfend hinzugekommen wären. Durch das überzogene Nordag-Projekt wurden Zehntausende von Arbeitskräften gebunden und bedeutende Rohstoffmengen und Kapitalien der norwegiBA, R 2/Anh. 49, Archiv des Reichsfinanzministeriums an Britische Kontrollkommission, Berlin, 27.7.1948. Ebd. 166 NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 58A, Tätigkeitsbericht der Abt. Finanzen für Juli 1944, Oslo, 2.8.1944. 167 RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Abteilung Finanzen, Oslo, Febr. 1943, S. 393. 164

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sehen Wirtschaft entzogen. Hinzu kommt, daß die Leichtmetallgeschichte der deutschen Okkupation einen charakteristischen Zug verlieh, indem sich hier wie bei keinem anderen Projekt die Reibereien zwischen den Wehrmachtteilen über das Rüstungsprogramm, die Rivalitäten zwischen den mit der Rüstungswirtschaft befaßten Reichsstellen und der Privatwirtschaft widerspiegelten. Charakteristisch für die Besatzungspolitik war es aus der Sicht der norwegischen Bevölkerung auch insofern, als die deutschen Stellen schon bei der Unterbringung der NordagFunktionäre mit so wenig Einfühlungsvermögen vorgingen, daß sich selbst die Quislingregierung davon distanzierte168. 2. Die Ausbeutung der norwegischen Rohstoffindustrie 1940/41 Neben den langfristigen Plänen einer wirtschaftlichen Neuordnung Norwegens strebte die deutsche Seite im Sommer 1940 angesichts der aktuellen Lage auch nach einer sofortigen Nutzbarmachung des norwegischen Potentials. Die anfanglich durch die verschiedenen Kommissionen der Wehrmachtteile und einzelner ziviler Bewirtschaftungsorganisationen, die durch Norwegen reisten und die kriegswirtschaftlichen Möglichkeiten des Landes erkundeten, an norwegische Werke und Betriebe vergebenen Aufträge sowie die Aufkäufe durch Firmenvertreter behinderten allerdings jede Übersicht und planvolle Nutzung der vorhandenen norwegischen Rohstoffe. Wie an anderer Stelle dargestellt wurde, gelang es den mit der Wirtschaft befaßten Abteilungen des Reichskommissariats, diesem Durcheinander ein Ende zu bereiten. Lediglich der Wehrmacht (WeWiStab) mußten einige Kompetenzen hinsichtlich der Nutzung der norwegischen Wirtschaft belassen werden. Aber auch diese sollten schon bald durch den Ausbau der Behörde des Reichskommissars und das energische Vorgehen seiner Fachbeamten immer mehr eingeengt werden169. Anfangs, während der Aufbauphase der Hauptabteilung 168

169

»In der Kabinettssitzung heute wurden die Beschlagnahmen von Wohnungen behandelt, die die Deutschen in Oslo vornehmen und die jetzt unangenehme Dimensionen annehmen. Es wurde mitgeteilt, daß bei den letzten Beschlagnahmen von großen Wohnungen nicht nur hunderte von Familien auf die Straße gesetzt wurden, sondern die Deutschen haben verlangt, deren ganzes Mobiliar und praktisch jeden Gegenstand, der sich im Hause befindet [...] zu behalten. Diese Beschlagnahmen geschehen zum Vorteil der Funktionäre der Nordag« (RAO, Landssvikarkivet, Ldom Oslo 4367, eske 2, Dok. 43, Tagebuchnotat des Handelsministers Blehr vom 12.3.1942). Auch wenn Blehr hier zahlenmäßig übertreibt, denn von Hunderten kann gewiß nicht die Rede sein, bleiben für die Betroffenen die Requisitionen als brutaler Akt der Besatzungsmacht in Erinnerung. Dennoch war man im WeWiStab im Frühsommer 1940 hinsichtlich der künftigen Kompetenzabgrenzung noch optimistisch: »Zur Zeit prägt sich bei den Dienststellen des Reichskommissars die Tendenz aus, die Arbeitsgebiete durch Heranziehung einer größeren Zahl weiterer Mitarbeiter weiter zu intensivieren. Ob sich hieraus eine Arbeit auf bisher vom W Stab bearbeiteten Gebieten ergibt, läßt sich derzeit noch nicht übersehen. Angestrebt wird, in Zusammenarbeit mit dem Reichskommissar die beiderseitigen Arbeitsgebiete stärker gegeneinander abzugrenzen« (BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 4, Oslo, 3.6.1940).

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VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

Volkswirtschaft, profitierte das Reichskommissariat sogar von der Zusammenarbeit mit dem WeWiStab. So betreuten in einzelnen Orten, wie etwa in Trondheim und Bergen, die örtlichen Wehrwirtschaftsoffiziere gleichzeitig die Wirtschaftsabteilung der entsprechenden RK-Außenstelle mit170. Bei der großen Besprechung in Skaugum am 21. November 1940, bei der es neben der Besatzungsfinanzierung auch um die weitere Nutzung der norwegischen Ressourcen für die Zwecke der Wehrmacht und für die deutsche Kriegswirtschaft ging, konnte Terboven zufrieden feststellen, daß »ich es von Anfang an als meine selbstverständliche Pflicht gehalten [habe], als Reichskommissar in allererster Linie meine Tätigkeit darin zu sehen, aus dem Lande an wirtschaftlichen und materiellen Kräften alles [...] zu mobilisieren«. Dies sei aber erst ab dem Zeitpunkt möglich gewesen, als seine Behörde als — neben der Wehrmacht — allein zuständige Stelle anerkannt worden sei. Seiner Auffassung, daß »in den vergangenen Monaten finanziell und materiell herausgeholt worden ist, was herauszuholen war«, stimmte Staatssekretär Landfried (RWM) uneingeschränkt zu. Er war dem Reichskommissar sogar »sehr dankbar, daß [...] es hier in Norwegen in völlig reibungsloser Zusammenarbeit gelungen ist, die wirtschaftlichen Kräfte des Landes in einer Weise für die deutschen Notwendigkeiten einzusetzen, wie dies nicht in allen besetzten Gebieten in demselben Ausmaße möglich ist«171. In welchem Maße die »völlig reibungslose Zusammenarbeit« hinsichtlich des Abtransports von Rohstoffen in das Reich im ersten Jahr der Besetzung gelungen ist, belegt Tabelle 10 in Zahlen. Nachdem die norwegische Produktion in Folge der Kriegshandlungen im Lande im Frühsommer 1940 nahezu darniederlag, gelang es in der zweiten Jahreshälfte, wieder auf ein annähernd normales Niveau zu kommen. Hierbei spielte der vom Administrationsrat eingesetzte »Ausschuß für Industrie und Handel« (Nemda for industri og omsetning) ein bedeutende Rolle, der ähnlich wie die 1940 von Fritz Todt für die Lenkung der deutschen Kriegswirtschaft geschaffenen »Ausschüsse«172 arbeitete. Für die Lieferungen wurden aber die vor der Okkupation angelegten Vorratslager rücksichtslos angegriffen, denn man glaubte zu diesem Zeitpunkt auch auf norwegischer Seite noch, daß der Krieg bald zu Ende sein würde. Diese Ansicht wurde durch entsprechende Äußerungen von deutscher Seite unterstützt, so beispielsweise in den Ausführungen des Staatssekretärs Landfried bei der Gründungsfeier der deutsch-norwegischen Handelskammer im November 1940173. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, so Landfrieds Prognose damals, würden nach dem baldigen Ende des Krieges rasch behoben werden. Unter diesen Umständen fand sich die norwegische Wirtschaftsführung durchaus bereit, zur Belebung des

170 171

172 173

Ebd. RAO, RK, FD 5325/45, Besprechung über die Deckung des Wehrmachtbedarfs in Norwegen, Oslo, 21.11.1940. Siehe dazu Milward, Die deutsche Kriegswirtschaft 1939-1945, S. 58 ff. RAO, Deutsche Handelskammer in Norwegen, pakke 153, Bericht über die Gründung der Deutschen Handelskammer in Norwegen.

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

425

Tabelle 10: Von Juni 1940 bis April 1941 aus Norwegen nach Deutschland gelieferte Rohstoff e (in

t)

Juni Erae Eisenerz 7 438 Schwefel35152 kies — Kupferkonzentrat Molybdän 23 Nickelerz Schwefel 457 Metalle Aluminium 5 405 Kupfer 30 Kupfer754 stein Blei 21 Nickel 250 Stähl 133 Ferrolegierungen Ferro1 879 chrom Ferrosilizi1 908 Ferromangan Silicomangan Siliziumkarbid Calciumkarbid Calciumsilizium Minerale Glimmer Graphit



441 773

Juli

Au«.

Sept.

Okt.

Nov.

Dez.

Jan.

Febr.

Mira

21 634 16152

22 396 40 501

7 887 44 895

33 372 33 470

45 228 52 745

45 727 35 594

87 474 33 211

23 081 22 627

750

1 398

65

99

1250

1 148

17

33

32

39

17

17

37

14 022

14 009

3 985

1 885

4 847



4 350

2 089 470 782

2 940 436 602

2 240 580 1 597

2134 251 1 813

1 918 257 1 006

1 744 202 1 003

2 637 868 1 169

33 100 66

2 175 29 663

990

246 262

205 29

182 109

6 1 112

433

1 193

780 3 026



10





190 963

Gesamt

90 790 57 745

131 009 63 539

516 036 435 641



600

1 379

6 689



43 3 440 9 734

20 5 931 18136

278 9 371 73 697

2125 997 3 108

927 390 3 824

24 659 4 481 16 261

2 272 — —

603

110 103

189 17

62 1 648 1 823

533

970

621

10 308

429

5 327

— — —





1 143

1 103

3 606

1 811

2 097

2 849

5 361

3 252

7134

36 800

1 915

3 449

2 075

4 205



30

347



3 717

4911

20 649

236

2 526

1 204

1 310



377

815

95





278

9

1

14 180

— —



914





April



655

1 300



2 843

1 147

11 662

363

315

108



779

310

3 935

1 117

1 285

5 060





500

979







10

30



42 250

15 288

45 49

27 31

11 193

265

75



20 112



314



33 605

412 208 2 022

(Quelle: BA-MA, R W 28/12, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 15, Oslo, 14.5.1941, Anlage II)

Geschäfts auf die umfangreichen Vorratslager zurückzugreifen, obwohl in einigen Bereichen inzwischen Rationierungsbestimmungen erlassen worden waren174. Die Verwertung der Rohstoffe für die deutsche Kriegswirtschaft erfolgte durch Kaufverträge deutscher Firmen, die für jedes einzelne Rohstoffgebiet vom Reichswirtschaftsministerium konzessioniert worden waren und die der Reihe nach mit dem Reichskommissariat Verhandlungen führten. Hierbei dienten anfangs die Erkundungsergebnisse des Wehrwirtschaftsstabes in Oslo als Grundlage für den Abschluß der Verträge. Diese Erkundungen über die einzelnen Rohstoffbereiche basierten auf den an anderer Stelle genannten Studien wissenschaftlicher Institute, die für das Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt vor dem Norwegenfeldzug angestellt worden waren. Sie wurden durch speziell eingesetzte Wehrwirtschaftsoffiziere mit dem Vordringen der deutschen Truppen vor Ort aktualisiert und ergänzt175. RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941, S. 22 f. "s BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 4, Oslo, 3.6.1940, Anhang IV: Rohstofferkundung aus den bisher besetzten Gebieten. 174

426

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

Nachdem die vorgefundenen Vorräte abtransportiert waren176, bestand deutscherseits ein besonderes Interesse an der Erhöhung der Förderung in den norwegischen Metallgruben. »Ich werde«, so schrieb Terboven in seinem ersten und einzigen Jahresbericht nach Berlin, »darum alles daransetzen, daß diese Erhöhung, soweit sie technisch möglich ist, unter allen Umständen durchgeführt wird, auch dann, wenn norwegischerseits Widerstände dagegen bestehen sollten. Es ist dies das derzeit wichtigste Problem, da die Versorgungslage auf dem Metallgebiet im Reich sehr ernst ist.« Im gleichen Atemzuge machte er allerdings bestimmte Einschränkungen: »Andererseits ist es aber auch wichtig, daß die Errichtung von Hütten und Elektrolysen, soweit Kupfer in Frage kommt, in Norwegen auch weiterhin verhindert wird, da die hier anfallenden Erze zur Beschickung der deutschen Hütten jedenfalls so lange dringend benötigt werden, bis die Zufuhrwege aus Afrika wieder frei sind177.« Diese kolonialistische Ausbeutungspolitik wurde vom Reichskommissariat sogar noch als selbstlose historische Leistung zum Wohle Norwegens gepriesen, durch die die norwegische Volkswirtschaft erst den ihr gebührenden Platz zu ihrem Vorteil würde ausbauen können. So ist im Jahresbericht über die wirtschaftliche Neuordnung zu lesen, daß Norwegen dadurch »zurück zu seinen eigentlichen Aufgaben« fände. »Was Deutschland in mühsamer Kampfstellung gegen äußere und innere Feinde in langen Jahren ertrotzen mußte, erlangt Norwegen im Rahmen der Besetzung als Gegenleistung: die Neuformung seines Wirtschaftslebens mit erprobten Formen für die Zukunft. [...] Der norwegischen Wirtschaft den Weg zu diesen Aufgaben gezeigt und geebnet zu haben, wird die Wirtschaftsgeschichte einmal auf der Aktivseite der notgedrungenen Besetzung Norwegens durch die Deutschen im Kampf gegen England verbuchen178.« Und im September 1940 schrieb Terboven im »Völkischen Beobachter« in Anspielung auf die norwegische Handelsflotte: Da Norwegen »durch die Flotte leicht Devisen verdiente, bezog es die benötigten Rohstoffe zumeist >billiger< im Ausland, anstatt die heimischen Schätze zu heben«179. Über den Wert dieser Schätze seien den Norwegern erst von den Deutschen die Augen geöffnet worden. Die Hebung dieser Schätze aber gehörte zu den langfristigen Zielen der deutschen Wirtschaftspolitik in Norwegen. Und hier unterschied sie sich von der in Frankreich verfolgten Politik, wo es der Besatzungsmacht in erster Linie darauf ankam, bis zu einem Friedensschluß und dem daraus resultierenden Abzug der Truppen so viel wie möglich aus dem Land für die deutsche Kriegswirtschaft herauszuholen180. Norwegens Wirtschaft dagegen sollte unauflösbar und subsidiär mit der deutschen veflochten werden. Auch die letzten Vorratslager waren »im Laufe des Jahres 1941 durchweg erschöpft« (RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Hauptabteilung Volkswirtschaft 1 9 4 0 - 1 9 4 2 , Oslo, Febr./März 1943, S. 2). 177 RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941, S. 47. ™ Ebd., S. 45 f. Völkischer Beobachter, 23.9.1940. 180 Siehe dazu Milward, The New Order and the French Economy. 176

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

120

427

Monatliche Indexzahlen der norwegischen Industrie 1940 m

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40

30

• Exportindustrie

Mai > Heimindustrie

Juni Juli Aug. IMIMIMU, Produktionsmittel' industrie

, Koneumgüterindustrie

Quelle: RAO, RK. FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete. Oslo, Apr. 1941. S. 47. Exportindustrie = Bergbau; elektometalurgische, elektrochemische. Öl- u. : ' Feitindustrie, Forstindustrie. Helmindustrie = Konsumgüterindustne aller Art Produktionsmittelindustrie = Hills. | © MGFA industrie für die exportierende und Konsumgüterindustne. Konsumguter industrie = Produktion für den Eigenbedarf. 04384-02

Nach dem Abtransport der vorgefundenen Schätze stellten sich der Förderung der weiteren Rohstoffe allerdings bald mannigfaltige Hindernisse in den Weg: Die Wehrmacht forderte immer mehr Geld und Arbeitskräfte für ihre Bauprojekte, die Transportprobleme verschärften sich und schließlich verlief der Krieg nicht so, wie von deutscher Seite geplant. Vorerst aber konnte sich die Zwischenbilanz, die im Frühjahr 1941 vom Reichskommissariat aufgestellt wurde, sehen lassen und zu weiteren Hoffnungen ermuntern. Die Indexzahlen über die verschiedenen Produktionsbereiche, die vom norwegischen Statistischen Zentralbüro im Januar 1941 erarbeitet worden waren, zeigten nach dem kriegsbedingten Tief des Frühsommers in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 einen deutlichen Aufschwung. Der im vorstehenden Diagramm ausgewiesene Monatsindex berechnete sich auf der Basis des Durchschnitts von 1939 = 100, wobei allerdings zu beachten ist, daß das Jahr 1939, insbesondere die zweite Jahreshälfte, von einer Kriegskonjunktur geprägt war. Insofern müßte die Entwicklung von Juli bis November 1940 noch höher bewertet werden. Das Gesamtergebnis zeigt, daß in verhältnismäßig kurzer Zeit fast alle Produktionszweige wieder über Normal arbeiteten. Nur die Exportindustrie kam langsamer in Gang, was vor allem an den Einbrüchen im Bergbau und bei der Hüttenindustrie lag. Es fehlte in diesen Bereichen in der zweiten Jahreshälfte zum einen an genügend Arbeitskräften und Transportkapazi-

428

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

tät181, zum anderen, was die Hüttenindustrie betrifft, an bestimmten ausländischen Ausgangsstoffen, insbesondere auf dem Gebiet der Ferrolegierung. Hier kündigte sich bereits eine Entwicklung an, die sich in den folgenden Monaten zusehends verschärfen sollte, auch wenn vom Reichskommissar jetzt noch festgestellt wurde, daß das Ziel bei Schwefelkies, »einem der wehrwirtschaftlich wichtigsten Rohstoffe«, mittelfristig erreicht werden konnte182. Obwohl seitens des Reichskommissariats alles darangesetzt wurde, die Produktion der Hüttenindustrie zu steigern, konnte das Ziel nicht erreicht werden. Bis Mitte 1941 hielten sich die Indexzahlen in etwa auf dem Niveau vom Herbst 1940, danach begannen sie rapide zu sinken183. 3. Norwegens Rohstoffindustrie in der Zentralen Planung 1942 bis 1945 Bis in den Winter 1941/42 hinein war die wirtschaftliche Ausbeutung Norwegens, genauso wie die Wirtschaftslenkung im Reich selbst, mehr oder weniger dadurch geprägt, daß die militärische Strategie die wirtschaftliche Planung diktierte. Das bedeutete, daß praktisch keine langfristige Planung erfolgte und daß sie vor allem militärischen und privatwirtschaftlichen Partikularinteressen diente. Nachdem .Albert Speer im Februar 1942 die rüstungswirtschaftliche Planung übernommen hatte, war er zunächst bestrebt, die Wirtschaftslenkung aus diesem Dilemma herauszubringen und eine koordinierte Tiefenplanung aufzustellen, der sich auch die militär- und privatwirtschaftlichen Stellen zu unterwerfen hatten184. Die von Hitler geforderte Rüstungssteigerung war allein durch die maximale Auslastung der deutschen Kapazitäten nicht zu erfüllen. Nachdem sich abzeichnete, daß die rüstungswirtschaftliche Ausbeutung der besetzten sowjetischen Gebiete nicht in dem geplanten Maße zu bewerkstelligen war185, und auch in Südosteuropa mehr und mehr Die Küstenschiffahrt in Norwegen lief nach dem Juni 1940 nur »ganz langsam« wieder an. Das Haupthindernis für das Wiederingangkommen der Schiffahrt zwischen Norwegen und Deutschland unter norwegischer Flagge war das Fehlen der Möglichkeit, die Schiffe und Waren gegen Kriegsverlust zu versichern (Handelsflâten i krig 1 9 3 9 - 1 9 4 5 , S. 96 ff.). — Zur Zeit der deutschen Invasion betrug die in Norwegen liegende norwegische Tonnage etwa 800 000 tons Tragfähigkeit. Hiervon hat die Kriegsmarine nach und nach etwa 300 000 tons in Anspruch genommen, so daß für die Handelsschiffahrt etwa 500 000 tons übrigblieben. Von diesen liefen im Frühjahr 1941 etwa 100 000 tons in der norwegischen Küstenschiffahrt und etwa die gleiche Tonnage in der Linienschiffahrt nach Deutschland. Der Rest stand zur Disposition der Massenguttransporte von und nach Deutschland. »Die noch zur Verfügung stehende norwegische Tonnage reicht für das aufgestellte Transportprogramm allerdings bei weitem nicht aus und muß durch deutsche Tonnage entsprechend aufgefüllt werden« (RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941, S. 75 f.). «2 Ebd., S. 57. 183 RAO, RK, FD 5354/45, Norwegian Production Figures, 1 9 4 0 - 1 9 4 4 . 184 Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 9 ff. 185 Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft, Bd 2, S. 118 ff. 181

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

429

Probleme auftraten186, rückten die besetzten nord- und westeuropäischen Gebiete stärker in den Vordergrund187. In Norwegen nahmen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten extrem zu. Es herrschte größerer Rohstoffmangel und es gab größere Verkehrsprobleme als im Jahr zuvor. Größer wurden auch die Anforderungen der Wehrmacht und der OT. Neben der Wirtschaftspolitik der Regierung Quisling störten die zunehmenden Sabotagehandlungen des norwegischen Widerstands den Wirtschaftskreislauf. Nachdem Speer sein neues Konzept, das die eigentliche Phase der deutschen Kriegswirtschaft erst einleitete188, bei Hitler und dem Wirtschaftsdiktator Göring nach einigen parteiinternen Friktionen unterbringen konnte189, schuf er sich im Februar 1942 das Gremium, mit dem er seine neuen Pläne durchsetzen wollte: die Zentrale Planung190. Es war eine »kleine Gruppe von Männern«, über die Speer eine fast vollkommene Kontrolle ausübte, die er sich nominell nur mit Erhard Milch und Paul Körner, den Männern Görings in der Zentralen Planung, teilen mußte191. Die Aufgabe der Zentralen Planung war die Beschaffung und Zuweisung von Roh- und Grundstoffen für alle Wirtschaftsgebiete. Es war dies vordem noch eine der letzten bedeutenden Funktionen des Reichswirtschaftsministeriums gewesen, das nunmehr endgültig zur Bedeutungslosigkeit herabsank192. Die totale Kontrolle über die Wirtschaft erreichte Speer dann innerhalb Jahresfrist; sie drückte sich nach der 1943 erfolgten Einverleibung des bisher dem OKW unterstehenden Rüstungsamtes in der Umbenennung seines Ministeriums für Bewaffnung und Munition in Ministerium für Rüstung und Kriegsproduktion und der Schaffung des Planungsamtes aus. Letzteres ressortierte formal noch bei der Vierjahresplanbehörde, de facto aber war es eine organisatorische und bilanzierende Zentralinstanz des Ministeriums Speer. Was dieses Planungsamt so effektiv machte, war, daß Speer hier Spezialisten sowohl aus der Wirtschaft als auch der Staatsverwaltung versammeln konnte193. Diese Neuorganisation der deutschen Wirtschaftslenkung

186 187 188 189 190 191

192

193

Sundhaussen, Wirtschaftsgeschichte Kroatiens, S. 176 ff. Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 19 f. Milward, Die deutsche Kriegswirtschaft 1939 - 1 9 4 5 , S. 77. Eichholtz, Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft, Bd 2, S. 47 ff. Über das Zustandekommen siehe Speer, Erinnerungen, S. 235 ff. In Milch hatte Speer einen Bündnispartner im Kampf gegen das rüstungswirtschaftliche Kompetenzwirrwar gefunden, und Körner kam in die Leitung der Zentralen Planung, damit er sich nicht hinter Milch zurückgesetzt fühlte (Speer, Erinnerungen, S. 235). Reichswirtschaftsminister Funk, der formal Mitglied der Zentralen Planung war, »brachte die übrigen Mitglieder [...] auch nicht durch zu häufiges Erscheinen in Verlegenheit« (Milward, Die deutsche Kriegswirtschaft 1939 - 1 9 4 5 , S. 82). Es stützte sich in seiner Arbeit auf die Planungsbüros der Ausschüsse und Ringe. Mit Hilfe einer »ausführlichen Produktions- und Verbrauchsstatistik und mittels einer Bedarfsplanung fur den gesamten deutschen Machtbereich« hatte es »für die gesamte Kriegswirtschaft Erzeugungs- und Verteilungsplanungen aufzustellen« und demgemäß die Verteilung der Roh- und Grundstoffe und »aller Arbeitskräfte im großdeutschen Machtbereich« der Zentralen Planung zur Entscheidung vorzuschlagen (zum »Erlaß des Generalbevollmächtigten für Rüstungsaufgaben im Vierjahresplan und des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion über die Aufgabe des Planungsamtes« vom 16. September 1943 siehe Eichholtz, Kriegswirtschaft, Bd 2, S. 149).

430

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

durch die Zentrale Planung sollte auch auf den Griff nach den norwegischen Rohstoffen bedeutende Auswirkungen haben. Waren die Forderungen an die norwegischen Exporte bislang mehr oder weniger unkoordiniert, mußten sie jetzt bei der Zentralen Planung bzw. beim Planvingsamt eingereicht werden, wo dann die zur Verfügung stehenden Mengen kontingentiert wurden. Was die Beschaffung der Produkte aus Norwegen anging, setzte sich die Zentrale mit dem Reichskommissar, konkret mit dem Leiter der Hauptabteilung Volkswirtschaft, ins Benehmen. a) Das Lieferprogramm 1942/43 Auf Anregung Terbovens beauftragte Speer im Namen der Zentralen Planung am 30. Juni 1942 den Unterstaatssekretär im Reichswirtschaftsministerium, General von Hanneken, damit, die Produktions- und Lieferforderungen des Reiches an Norwegen auf rüstungswirtschaftlich wichtige Roh- und Grundstoffe zusammenzustellen und die Reihenfolge ihrer Dringlichkeit festzulegen194. Die anschließenden Verhandlungen zwischen Reichswirtschaftsministerium und Reichskommissariat führten Ende August 1942 zu der Vereinbarung eines Produktions- und Lieferprogramms, in dem — erstmalig seit der Besetzung Norwegens — die Roh- und Grundstoffmengen festgesetzt wurden, die Norwegen über einen Einjahreszeitraum, vom 1. September 1942 bis zum 31. August 1943, für die deutsche Rüstungswirtschaft erzeugen und an das Reich liefern sollte. Die Planungen deckten sich solchermaßen mit dem deutschen Kriegswirtschaftsjahr. In dem Programm worden außerdem die für ihre Herstellung erforderlichen Zulieferungen von Rohund Hilfsstoffen durch das Reich zugesagt. Dieses Programm war augenfällig ein Ausfluß der Umstrukturierung und Neuerung der zentralen Lenkung der deutschen Rüstungswirtschaft durch das Ministerium Speer. Zugleich war es aber auch eine Reaktion auf innernorwegische Schwierigkeiten, die sich in den Monaten zuvor durch klimatische (Eis und Schnee) und logistische (Tonnagemangcl) Bedingtheiten eingestellt hatten. Diese hatten zu einem Absinken der norwegischen Ausfuhrwirtschaft, insbesondere der elektrometallurgischen, elektrochemischen und Holzveredlungsindustrie, auf einen vorher nie dagewesenen Tiefstand geführt. Tatsächlich war innerhalb eines halben Jahres (von Oktober 1941 bis zum April 1942) der Produktionsindex der Exportindustrien zum Teil dramatisch gesunken. Der Gesamtexportindex sank auf 33,2 Prozent, der Index für Holzveredlungsprodukte auf 30,4 Prozent, derjenige für die für die deutsche Rüstungswirtschaft so wichtige chemische und elektrochemische Industrie sogar auf 11 Prozent195. Als die Kohlezufuhren auch nach dem Wegfall der Eis- und Schneeschwierigkeiten im Frühjahr 1942 so unzureichend blieben, daß beispielsweise im Juni einem Kohlebedarf von 161 000 moto nur ein tatsächlich möglicher Verbrauch von i' 4 RAO, RK, FD 5359/45. 195 RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau: Bericht über die Durchführung der mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1942 bis zum 31.8.1943 vereinbarten Produktionen und Lieferungen norwegischer Roh- und Grundstoffe, (ohne Datum; Herbst 1943).

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

431

95 000 t gegenüberstand und einigen wichtigen Exportindustrien, wie den Ferrolegierungswerken, kaum Kohlen zugeteilt werden konnten196, wurde die Notwendigkeit deutscherseits immer dringlicher, in einem möglichst weitgehenden Einvernehmen der beteiligten Stellen klarzulegen, welche Lieferungen und Produktionen das Reich von Norwegen unbedingt erwartete. Die beschränkten Kohlezufahrmöglichkeiten und die norwegischen Energieverhältnisse, so die Prognose197, -würden auch künftig nicht gestatten, Maximalproduktionen und -lieferungen auf allen Gebieten gleichzeitig zu erzielen. Wegen mangelnder Kohlezufuhren mußten im Frühjahr 1942 einige Kalkbrüche, Ziegeleien und Glaswerke vorübergehend stillgelegt werden, und die Belieferung einiger eisen- und metallverarbeitender Werke wurde stark gedrosselt, um wenigstens den Weiterbetrieb der wichtigsten rohstoffproduzierenden Anlagen zu sichern198. Ein Stillstehen der Ferrosilizium produzierenden Werke, die immerhin rund die Hälfte des Bedarfs der deutschen Kriegswirtschaft deckten, hätte beispielsweise zu einem Produktionsausfall von 800 000 moto Roheisen im Reich geführt199. »Minister Speer hat daher angeordnet, daß den Ferro-Siüzium erzeugenden Werken im Vorrang vor der Verkehrs- und Ernährungswirtschaft Kohle und Koks zuzuführen ist200.« Die Leistungen der norwegischen Wirtschaft waren aber nicht nur durch die unzureichende Energiezufuhr eingeschränkt, sondern wurden auch durch die bereits dargestellten gigantischen Bauprojekte der Wehrmacht behindert. »Die norwegische Industrie arbeitet bereits heute ganz überwiegend für die Bedürfnisse des Krieges«, stellte die Hauptabteilung Volkswirtschaft Anfang 1943 in ihrem Generalbericht fest201. Die Tabelle 11 bringt deutlich zum Ausdruck, daß insgesamt eine Steigerung der Produktion erzielt werden konnte. In einzelnen Bereichen wurden die Planvorgaben sogar übertroffen, so daß hier die Lieferungen ins Reich um mehr als die Hälfte größer als im Vorjahr ausfielen. Nur die Aluminiumproduktion blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Die Gründe hierfür -wurden an anderer Stelle dargestellt. Die Nichterfüllung des Solls in den anderen Bereichen lag vor allem an der nicht ausreichenden Zulieferung von Ausgangs- oder Hilfsstoffen.

RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Kohle fur die Zeit vom 21. April 1940 bis 31. Dezember 1942, Oslo, 11.2.1943, S. 9. 197 RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau: Bericht über die Durchführung der mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1942 bis zum 31.8.1943 vereinbarten Produktionen und Lieferungen norwegischer Roh- und Grundstoffe, (ohne Datum; Herbst 1943). «e RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft für die Zeit vom 1. bis 15. Mai 1942, Oslo, 19.5.1942. iw RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Kohle für die Zeit vom 21. April 1940 bis 31. Dezember 1942, Oslo, 11.2.1943, S. 11. 200 RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft für die Zeit vom 1. bis 15. Juni 1942, Oslo, 17.6.1942. 2°i RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Hauptabteilung Volkswirtschaft 1 9 4 0 - 1 9 4 2 , Oslo, Febr./März 1943, S. 2. 196

432

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

Tabelle 11: Vom Reich gefordertes Rohstoffproduktions- und Lieferprogramm 1.9.1942 bis 31.8.1943 und seine Umsetzung Produkt

Plansoll 1.9.42 tatsächliche bis 31.8.43 in t Lieferung 1.9.42 bis 31.8.43 int

% von Forderung

Lieferung 1941/42 i n t

Veränderung gegenüber 1941/42 in %

Dringlichkeitsstufe I: 1) 2)

Molybdän2) (Maximum) Ferrosilizi42 000 umb) 3) Silicoman4 200 ci gan' 17 400 4) Kupfer d ) 30 000 5) Aluminium6) 70 000 6) Stickstoff*) 7) Siliziumkarbid Γ. 3000 Dringlichkeitsstufe L. 10 000 8) Ferrochromi) 16 800 9) Feinzink'1) 850 10) Nickel. 75 000 1 11) Karbid ) 12) a) b) 13) 14)

393 42 404

101

319 29 075

+ 23 + 46

2 020

49

8 392

-75

16 907 16 625 80 235 3 663

97 55 115 122

14 219 14 415 60 367 2 382

4 400 15 558 875 60 933

44 93 103 81

3 179 6 826 884 54 465

+ + + +

19 15 33 54

+ 38 + 128 -1 + 12

Schwefelkies') Exportkies Schmelzkies Schwefelt Graphit1)

475 000 492 121 104 505 222 -3 330 000 285 175 + 12 86 254 463 110 000 85 465 78 72 219 + 18 4 500 2 761 61 2 404 + 15 ΓΤ. Dringlichkeitsstufe 11. 4 200 4 824 115 3 700 + 30 15) Vantitroheisen m ) P) 12 486") 84 000 41 698 50 16) Kunstfaserzellstoff P) 42 000 12 634 30 1 467 n ) 17) Papier u. Pappe") Quelle: RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau: Bericht über die Durchführung der mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1942 bis zum 31.8.1943 vereinbarten Produktionen und Lieferungen norwegischer Roh- und Grundstoffe, (ohne Datum; Herbst 1943).

Erläuterungen a

)

%ur Tabelle 11

Von der Produktion der Knabengrube (südöstlich von Stavanger), die über 93 Prozent des norwegischen Molybdäner^es

dem Johnssonkon^em, 65 Prozent ins Reich und 35 Prozent nach Schweden. Ein knappes Drittel dieses nach Schweden gegangenen Molybdäner%es erhielt das Reich wiederum von Schweden in Form von Femmolybdän. So konnte auch der schwedische Konzern an der deutschen Rüstungprofitieren. Durch schwere Bombenschäden an den Übertageanlagen fiel die Knabengrube vom 3. Μά'ηζ bis 30. Mai 1943 aus. Die im Juni behelfsmäßig wieder aufgenommene Produktion erbrachte bis %um Ende des Berichtszeitraumes durchschnittlich nur 35 bis 40 moto gegenüber 67 moto im Februar 1943. Trot% des Aurfalls und der Produktionseinschränkungen lieferte die Grube 1942/43 in neun Monaten mehr an das Reich als in den %wölfMonaten 1941/42. ty Das Uefersoll konnte erfüllt werden, obwohl die Hütte in Porsgrunn mit einer Monatsleistung von 500 t vom 24. Juli 43 an infolge eines Bombenangriffs aurfel. Neben den Lieferungen an das Reich hat die norwegische Ferrosili^umindustrie den norwegischen und dänischen Bedarf sowie den Eigenbedarf für die Herstellung von Voreryeugnissen für die Ferrochromproduktion gedeckt.

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

433

c)

Die Silicomanganproduktion wurde auf Veranlassung des RWM erst im April 1943 aufgenommen, so daß die Lieferung sich nur auf einen Produktionszeitraum von 5 Monaten bezieht. Dabei sind den norwegischen Werken vom Reich lediglich Manganschlacken von in deutschen Ferrolegerungswerken bereits einmal verschmolzenen Manganerzen %ur Verfügung gestellt worden, deren Aufarbeitung besondere Schwierigkeiten bereitete und die beim Schmelzprozeß nur etwa 12 Prozent Fertigerzeugnisse und 88 Prozent unverwertbare Schlacke ergaben. Die vergleichsweise hohen Liderungen des Vergleichszeitraumes 1941/42 sind auf die Abfuhr von Lagerbeständen und auf die Erzeugung aus Vorräten an hochwertigen Manganerzen zurückzuführen. Φ Davon 1501 t aus der sogenannten Metallmobilisierung, d.h. Requisition. Die gesamte norwegische Produktion an Kupfer wurde an das Reich geliefert. e) Das Liefersoll konnte allein wegen ungenügender Tonerdelieferungen des Reiches nicht erreicht werden. Die Schäden, die ein englischer Angriff am 21. September 1942 in der Aluminiumhütte Glomßord (Kapazität 715 moto) angerichtet hatte, waren bis Ende Dezember 1942 behoben. Die Hütte konnte jedoch erst im April 1943 ihren Betrieb wieder aufnehmen, weil vorher keine neuen Tonerdelieferungen eintrafen, und auch dann nur mit 35 Prozent ihrer Kapazität. ß Die Mehrproduktion ist auf die günstigen Wasserverhältnisse und entsprechende Produktionsauflagen zurückzuführen. Die Anlagen der Norsk Hydro in Heroen wurden am 24. Juli 1943 durch einen alliierten Bombenangriff schwer beschädigt, weshalb bis zum Ablauf des Produktionsjahres rund4800 t Stickstoff wenigerproduziert wurden. g) Das Liefersoll konnte wegen Nichterfüllung der vom Reich zugesagten Chromerzlieferungen nicht eingehalten werden. Zunächst konnten wegen der verspäteten Chromerzßeferungen die Ferrochromlieferungen an das Reich erst um die Jahreswende 1942/43 aufgenommen werden, dann hatten die norwegischen Hütten Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung dergelieferten Chromerze. b) Das Soll ist nicht erreicht worden, weil die Zinkhütte in Eitrhejm erst im September 1942 ihre Produktion aufnehmen konnte und die Röstanlage anfangs nicht ausreichte, um die für eine größere Produktion erforderlichen Zinkkonzentratmengen abzurosten. *) Das Soll konnte wegen Kohlemangel nicht etfüllt werden. }) Die Höhe der norwegischen Schmelzkiesproduktion wurde nach dem Bedarf für die Weiterverarbeitung zu Schwefel gesteuert. Um den Ausfall an Schmelzkies erhöhte sich jeweils die Exportkiesmenge. Am 23. Januar 1943 wurde die Schwefelkiesgrube Storde (südL Bergen) durch einen englischen Fliegerangriff erheblich beschädigt und konnte bis August 1943 nicht wieder vollständig hergestellt werden. Der hierdurch entstandene Produktionsausfall wurde deutscherseits mit etwa 34 000 t berechnet. k) Die Schwefelhütte Thamshavn konnte erst am 19. Oktober 1942 von 50- auf 10Oprozentige Kapazitätsausnutzung umgestellt werden. Wegen Quarzmangels war es aber nicht möglich, die Produktion auf diesem Niveau ZP halten. Die in der ersten Dringlichkeitsstufe gestellte hohe Ferrosiliziumforderung und die volle Ausnutzung der Schwefelschmelzkapazität von Thamshavn erforderte annähernd eine Verdoppelung der norwegischen Quarzproduktion, die aber wegen Arbeitermangel nicht erreicht werden konnte. Vor der Besetzung hatte Norwegen Quarz aus Schweden (Gotland) bezogen, was aber nun wegen fehlender Zahlungsmöglichkeiten nicht mehr in Betracht kam. l ) Das Liefersoll warfür die grüßte norwegische Graphitgrube Skaland (Lofoten) nach Feststellung eines Sachverständigen zu hoch angesetzt worden und konnte deshalb nicht erreicht werden.

m)

Vom Gesamtexport von 4824 t gingen 4201 an Belgien, 300 t an Holland und 400 t an Burmeister & Wain, Kopenhagen, für deutsche Schiffsbauten und -reparaturen. n) Lieferungen in der Zeit 1.1. -31.8.1942. Die Produktion von Kunstfaserzellstoff sowie von Papier und Pappe für das Reich war wegen des Faserholzmangels und der ungenügenden Kohlezufuhr begrenzt. Gegenüber einem Friedensverbrauch von rund 4 Mio Festmeter (Fm) erhielt die norwegische Holzyeredelungsindustrie aus dem Einschlag 1940/41 1,8 Mio Fm, 1941/42 1,6 Mio Fm, 1942/43 1,4 Mio Fm. Hiervon wurden allein 800 000 bis 1 Mio Fm jährlich für die Herstellung von Futterzellstoff für die norwegische Viehwirtschaft benötigt. Um Faserholzfür eine Produktion zugunsten des Reiches freizumachen, wurde die Herstellung von Papier und Pappe für den norwegischen Inlandsverbrauch von rund 150 000jato im Jahre 1941 um etwa ein Drittel im Jahre 1943 gesenkt sowie die StoffzusammensetZung durch Erhöhung der Holzschliffbeimischung verändert. P) Außer den oben aufgeführten Holzprodukten hat das Reich 1942/43 138 4711 Holzschliff erhalten. Kein Vergleich möglich (siehe n).

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VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

Neben den in der Tabelle aufgeführten Rohstoffen lieferte Norwegen 1942/43 folgende rüstungswirtschaftlich wichtige Roh- und Grundstoffe, die nicht in das Produktions- und Lieferprogramm aufgenommen worden waren, an das Reich (in Klammern die entsprechenden Lieferungen 1941/42): Kadmium 7224 t (53 692 t — einmalige Lieferung eines alten Lagerbestandes); norwegisches Eisenerz 375 996 t (499 456 t); schwedisches Eisenerz über Narvik 1 831 840 t (928 538 t); Feldspat 1312 t (1802 t); Glimmer (verschiedene Sorten) 777 t (265 t); Ilmenit 52 460 t (55 118 t); Edelstahl 185 t (152 t); Talkum 10 984 t (6391 t). b) Rohstoffausfuhr und Kohleversorgung Die Steigerung der norwegischen Leistungen trotz der nicht geringen Schwierigkeiten fand die volle Anerkennung Speers202. Zugleich weckte sie bei ihm und seiner Zentralen Planung aber auch die Gier nach mehr. Das neue Lieferprogramm für den Zeitraum vom 1. September 1943 bis 31. August 1944 umfaßte gegenüber dem Vorjahr nun einige zusätzliche Positionen, und bei einzelnen Produkten wurden die Anforderungen auch beträchtlich erhöht. So sollte 1943/44 beispielsweise die Produktion des Stahlveredlers Molybdän auf 1000 t gebracht werden203. Im Reichskommissariat nahm man die Erhöhung des Solls durchaus positiv auf, war man doch auch dort, wie einem Aktenvermerk über eine am 4. August 1943 stattgefundene Dienstleitertagung der HA Volkswirtschaft zu entnehmen ist, der Ansicht, daß eine bedeutende Steigerung durchaus möglich sei. Allerdings gab man der Zentralen Planung schon vorher unmißverständlich zu bedenken, das alles von ausreichenden Kohlelieferungen aus dem Reich abhängig war. Es ging um eine monatliche Lieferung von 180 000 t Kohlen204. Doch nicht allein die Kohlelage bereitete den Beamten im Reichskommissariat bei der Produktionsausweitung Kopfzerbrechen. Die zweite Schwierigkeit war der notorische Arbeitskräftemangel205. Die Produktions- und Lieferungsausweitung und die ihr entgegenstehenden Hindernisse waren Gegenstand einer Besprechung, die einige Tage später zwischen Carlo Otte und dem eigens nach Oslo gekommenen Staatssekretär und Mitglied der Zentralen Planung Paul Körner stattfand. Otte machte hierbei dem Vertrauten des Reichskommissars und Adlatus des Wirtschaftsdiktators anhand konkreter Zahlen deutlich, in welchem Maße das Lieferprogramm bei den einzelnen Dring202 RAO, RK, FD 5359/45, Speer an Terboven, Berlin, 31.1.1944. 203 Die deutsche Panzerproduktion lief zu diesem Zeitpunkt auf Hochtouren (Milward, Die deutsche Kriegswirtschaft 1 9 3 9 - 1 9 4 5 , S. 165). Der Monatsverbrauch von Molybdän, das zur Stahlveredelung verwendet wurde, betrug 1944 74 t (Deutschlands Rüstung im Zweiten Weltkrieg, S. 243). 204 RAO, RK, FD 5359/45, Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau: Besprechungsvermerk über die Dienststellenleitertagung der HAVoWi, Oslo, 4.8.1943. 205 Allein in den Bergwerken fehlten zu diesem Zeitpunkt rund 1000 Arbeiter. Es ginge jetzt darum, »bevorzugt den Arbeiterbedarf dieser Industriezweige zu decken und zwar noch vor dem Bedarf der OT und der Wehrmacht« (ebd.).

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lichkeitsstufen zurückgefahren werden müßte, wenn die Kohlelieferungen weiterhin nur unzureichend erfolgten. Alles in allem brauchte man in Norwegen zwar 180 000 t pro Monat206, könnte aber bei »rücksichtsloser Einsparung« bei rüstungswirtschaftlich weniger wichtigen Betrieben und im zivilen Bereich auch mit 150 000 bis 160 000 moto auskommen207. Diese Menge sei jedoch unabdingbar. Im Reichskommissariat sei man sich aber im klaren darüber, daß selbst diese Leistung durch das Reich nicht erbracht werden könne. Daher werde der Reichskommissar, abhängig von der jeweils zur Verfugung stehenden Kohlemenge, in eigener Regie die Prioritäten bei der Zuteilung setzen. Körner wurde also bei dieser Besprechung klar zu erkennen gegeben, daß es nun allein in der Hand der Zentralen Planung liege, durch ausreichende Energiezufuhr das Maximum aus Norwegen herauszuholen. Der Staatssekretär scheint, wie aus dem Besprechungsprotokoll hervorgeht208, mit allen nach Ansicht Ottes in Norwegen notwendigen Maßnahmen einverstanden gewesen zu sein, zumindest aber keine Einwände gehabt zu haben; er versprach auch, sich bei den zuständigen Stellen im Reich für eine bevorzugte Belieferung Norwegens mit Kohle einzusetzen, damit möglichst viel von dem rüstungswirtschaftlich wichtigen norwegischen Lieferprogramm realisiert werden könnte. Die mangelhafte Kohleversorgung war kein neues Problem. Eigentlich von Beginn der Besetzung an, als der Hauptlieferant England ausgefallen war, der vor dem April 1940 70 Prozent des norwegischen Gesamtbedarfs stellte209, war die Brennstofflage zu keiner Zeit zufriedenstellend. Zunächst jedoch konnte man zur Ergänzung der unzureichenden Lieferungen aus dem Reich auf die großen Lagerbestände zurückgreifen. Zur Verteilung an die Verbraucher wurde am 1. Juni 1940 die »Norsk Brenselimport A/S« (Norwegische Brennstoffimport AG) als staatliche Monopoleinfuhrgesellschaft gegründet, deren Aktien zu 99 Prozent in der Hand des Handelsdepartements lagen. Diese auf Initiative des Reichskommissariats zurückgehende Gesellschaft habe sich, wie im Generalbericht der Gruppe Kohle in der Abteilung Binnenwirtschaft vom Februar 1942 zu lesen ist, »dank ihres ausgezeichneten Leiters, Herrn Direktor Nore, sehr gut bewährt und bis heute mit einem erstaunlich geringen Personalaufwand die ihr gestellten, sehr umfangreichen Auf-

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Der normale durchschnittliche Friedensverbrauch lag Ende der 30er Jahre sogar wesentlich über 200 000 moto (Statistísk Arbok 1939, S. 124). Ungefähr 80 Prozent des gesamten Kohlebedarfs ging in den Transport- und Produktionssektor (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft: Kohlen- u. Koksplan für Gesamtnorwegen April 1944, Oslo, 23.3.1944). RAO, RK, FD 5359/45, Vermerk über das Ergebnis der Besprechung zwischen Herrn Staatssekretär Körner und Herrn Senator Otte vom 7.8.1943. Die norwegische Regierung hatte am 1. August 1934 »Statens Kullkontor« (Staatliches Kohlekontor) errichtet, das die Erfüllung der abgeschlossenen Handelsverträge über die Lieferung mit Brennstoffen überwachen sollte. Nach dem Handelsvertrag mit England verpflichtete sich Norwegen, von dem Gesamtbedarf 70 Prozent von dort zu importieren, der Rest war dem Land freigestellt und kam überwiegend aus Polen und aus Deutschland. Statens Kullkontor wurde am 1. Februar 1940 in das »Brenselkontor« (Brennstoffkontor) umgewandelt, das dem Versorgungsdepartement angegliedert wurde.

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gaben tadellos bewältigt«210. Die seht umfangreichen Aufgaben bestanden vor allem in der Bewältigung und Verteilung des Mangels. Nach der Besetzung wurden bestimmte Liefermengen mit dem Reich vereinbart, die aber, wie sich schon bald zeigte, nicht erreicht werden konnten211. Es spielte sich deshalb ein System fester Monatskontingente ein, welche von der Exportabteilung der Reichsvereinigung Kohle in Berlin allmonatlich in Abstimmung auf den deutschen und den übrigen Exportbedarf festgelegt wurden212. Die Kohlesituation blieb aber weiterhin angespannt, ja sie verschärfte sich zusehends. Sie war bestimmt durch die Probleme der deutschen Kohleförderung, die zunehmenden innerdeutschen Transportschwierigkeiten, die angespannten Transportmöglichkeiten der Seeschiffahrt213 und die Ansprüche der verschiedenen Kohleinteressenten in Norwegen (vorwiegend: Bunkerkohle für die Kriegsmarine; Feuerungsbedarf für die Eisenbahn; Ansprüche der deutschen Ausfuhrindustrie in Norwegen; Ansprüche der OT für ihre Bauprojekte und schließlich Heizkohle für den privaten Bedarf). Die erwähnten Schwierigkeiten in Deutschland bzw. die Ausfuhrverpflichtungen des Reiches sowie die außerordentlich verkehrshemmenden Witterungsverhältnisse in den strengen Wintern 1940/41 und 1941/42 hatten wiederholt sehr starke Einfuhraus falle zur Folge, welche die in Norwegen befindlichen Vorräte nicht nur in einzelnen Landesteilen oder bei einzelnen Verbrauchergruppen stark reduzierten, sondern schon den Charakter einer Versorgungskrise annahmen, was zu der oben erwähnten Intervention des Reichskommissars bei der Zentralen Planung führte. Bereits vorher hatte Terboven versucht, die Kohlelage in Norwegen dadurch zu verbessern, daß er im April 1941 bei seiner offiziellen Vertretung in Berlin (Dienststelle des Reichskommissars für die besetzten norwegischen Gebiete) einen Verkehrsstab einrichtete, wobei wieder einmal seine persönlichen Beziehungen zu den Industriellen seines Heimatgaues zum Tragen kamen, denn die Leitung dieses Verkehrsstabes übernahm kein anderer als der Direktor der Abteilung Verkehr bei der Reichsvereinigung Kohle, G.H. Teetzmann. »Eine Lösung, die wegen der personellen Verbindungen von vornherein Gewähr für beste Interessenvertre2,0 211

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RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Kohle für die Zeit vom 21. April 1940 bis 31. Dezember 1942, Oslo, 11.2.1943, S. 2. Terboven erhielt im Mai 1940 die Zufuhr von 1,5 Mio t Kohle und 500 000 t Koks »für die nächsten 12 Monate« zugesichert. Diese Quote wurde aber kurz darauf angesichts der in Norwegen vorgefundenen Lagerbestände auf 1 Mio t Kohle gesenkt. »Der RK hält diese Herabsetzung nicht für tragbar und will Erhöhung auf ursprünglichen Satz durch persönliche Verhandlungen erreichen« (BA-MA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 4, Monat Mai 1940, Oslo, 3.6.1940, S. 9). Terboven konnte jedoch nur eine Erhöhung auf 1,1 Mio t Kohle erreichen. Tatsächlich wurden von Mai 1940 bis April 1941 aber nur 652 094 t Kohle und 229 331 t Koks eingeführt. Es ergab sich also eine Fehlmenge gegenüber dem vereinbarten Soll von rund 650 000 t Kohle und Koks (BA-MA, RW 28/12, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 15, April 1941, Oslo, 14.5.1941, S. 10). RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Kohle für die Zeit vom 21. April 1940 bis 31. Dezember 1942, Oslo, 11.2.1943, S. 6. Im Herbst 1940 betrug die Reisedauer der Kohleschiffe von Norwegen nach Deutschland und zurück »infolge der langen Wartezeiten in den deutschen Häfen durchschnittlich 4 Wochen« (BAMA, RW 28/11, WeWiStab Norwegen: Lagebericht Nr. 9, Oktober 1940, Oslo, 14.11.1940, S. 7).

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tung auf dem Kohlen- und Verkehrsgebiet« garantiere, wie der Leiter der Gruppe Kohle in der Abteilung Binnenwirtschaft hoffte214. Obwohl dieser Verkehrsstab seit April 1941 als Hauptverbindungsstelle zur Reichsvereinigung Kohle und zu den beiden großen Kohlensyndikaten (Rheinisch-Westfälisches und Schlesisches Syndikat) wirkte und darüber hinaus auch mit den obersten Reichsbehörden verhandelte, konnte keine grundsätzliche Besserung der Bewirtschaftung an der Grenze des Mangels herbeigeführt werden. In dem Maße, in dem die Zulieferungen an Kohle aus dem Reich in der zweiten Hälfte der Besatzungszeit immer unzureichender wurden215, kam es in den monatlichen Kohlesitzungen beim Reichskommissar, in denen der Anteil der Einzelinteressenten festgesetzt wurde, nicht nur zu Interessenkollisionen, sondern auch zunehmend zu Radosigkeit darüber, wie nun bei der Verteilung des Mangels die Prioritierungen aussehen sollten. Bereits im Winter 1943/44 zeichnete sich ab, daß das im vorausgegangenen Sommer beschlossene neue Lieferprogramm für norwegische Rohstoffe nicht eingehalten werden würde216. Da wiederholte Mahnungen an das Reich um ausreichende Kohleversorgung nichts fruchteten, schickte Terboven im Februar 1944 an Speer einen Brief, in dem er ankündigte, daß er angesichts der »in den letzten Monaten außerordentlich kritischen Entwicklung« der Kohlesituation zu den angedrohten »Stillegungen auch auf den Gebieten schreiten müsse, die für die Rüstung des Reiches von besonderer Wichtigkeit sind«. Inzwischen sei man sogar schon dazu übergegangen, entgegen dem »Führerbefehl«, der eine Bevorratung für neun Monate forderte, die Krisenvorräte abzubrennen, so daß im V-Fall nur noch für höchstens fünf Monate Kohle im Lande sei. »Nach Ablauf dieser Zeit würde in Norwegen keine Eisenbahn mehr fahren und kein Kessel mehr befeuert werden können.« Die schon jetzt notwendig gewordenen Stillegungen aber wollte Terboven nicht eher anordnen, »bevor nicht Sie darüber orientiert sind und Gelegenheit haben, vielleicht auf dem Kohlegebiet noch Möglichkeiten [...] auszuschöpfen«217. Und um zu zeigen, daß seine Ankündigung keine leere Drohung war, führte Terboven in seinem Schreiben im einzelnen aus, welche Lieferprogramme seinen Streichungen zum Opfer fallen würden, nämlich die Dringlichkeitstufe III ganz, von den beiden anderen Dringlichkeitsstufen beträchtliche Mengen der Stickstoff-, Schwefel- und Siliziumproduktion. Eine weitere Reduzierung seiner Kohlereserven 2" RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Gruppe Kohle für die Zeit vom 21. April 1940 bis 31. Dezember 1942, Oslo, 11.2.1943, S. 7. 215 »Wenn die Kohle nicht die ursprünglich in sie gesetzten Erwartungen erfüllte, dann lag das nicht zuletzt aber auch an einem lähmenden staatlichen Dirigismus, für den Paul Walter, ein Schützling Görings und Robert Leys, ein hohes Maß an Verantwortung trug.« Walter war bis 1941 Reichskommissar und Leiter der Reichsstelle Kohle. Seinem Auftrag, eine Leistungssteigerung des Kohlebergbaus herbeizuführen, wurde er nicht gerecht. »Die alten Kohlensyndikate verstanden es, ihre eigene Politik zu betreiben und Walter am Ende zu stürzen« (Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd 5/1, S. 433). 2 1 6 RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau: Bericht über das Ergebnis der ersten sechs Monate des mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1943 bis zum 31.8.1944 vereinbarten Produktions- und Lieferprogramms, Oslo, 21.3.1944. 217 RAO, RK, FD 5359/45, Terboven an Speer, Oslo, 2.2.1944.

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wollte Terboven auf keinen Fall dulden, denn in diesen Wochen waren wieder einmal Spekulationen über eine bevorstehende Invasion der Anglo-Amerikaner virulent, denen auch Terboven nachhing218. Wie sehr ihm das Kohleproblem unter den Nägeln brannte und wie groß sein Ehrgeiz war, durch Erfüllen des Lieferprogramms seine Hierarchiestufe im Machtgefüge des NS-Staates zu halten, zeigen Terbovens gleichzeitige Bemühungen, an Speer vorbei über seinen Gauleiterstellvertreter Schiessmann in Essen von den Bergwerken seines Gaues Kohlenlieferungen zu bekommen219. Doch selbst diese Bemühungen brachten nur bescheidenen Erfolg. Einmal gab es auch dort kaum noch etwas zu holen und zum anderen wollten die Herren von der Montanindustrie bei aller Sympathie für ihren Gauleiter und trotz ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen in Norwegen sich nicht mit Speer und seiner Zentralen Planung anlegen. Dennoch führte die Intervention des Reichskommissars dazu, daß in der ersten Jahreshälfte 1944 die Kohlezufuhr aus dem Reich anstieg und im Mai sogar einen Höchstwert erreichte, der angesichts der sich immer dramatischer zuspitzenden Förder- und Verteilungssituation im Reich sowie der Transportprobleme (Zerstörung der Eisenbahnen) erstaunen muß. Das Kohleproblem in Norwegen rührte nicht allein aus einer mangelnden Produktion im Reich und unzureichenden Verteilung, es war auch ein Problem des Transports. Immer mehr Kohlen konnten allein deshalb nicht nach Norwegen verbracht werden, weil es an Schiffsraum fehlte und weil die Eisenbahnlinien im Reich und die Kaianlagen in den deutschen Häfen immer häufiger das Ziel alliierter Luftangriffe waren. So konnte es vorkommen, daß Exportkohlen in einem Hafen lagen und auch Tonnagekapazitäten vorhanden waren, die Ausfuhr dann aber deshalb nicht oder verzögert zustande kam, weil aufgrund von zerstörten Hafenanlagen die Schiffe nicht beladen werden konnten. Ab August 1944 spitzte sich die Lage weiter zu, weil Schweden die schon einige Wochen zuvor angekündigte Sperrung des Kohletransits schließlich trotz heftiger deutscher diplomatischer Vorstöße in Stockholm durchführte220. Bis dahin konnte das schwedische Eisenbahnnetz im Rahmen des deutsch-schwedischen militäri»Ich bitte Sie, lieber Parteigenosse Speer, [...] umgehend klare Entscheidungen herbeizuführen, wobei ich nochmals hervorheben muß, daß eine Entscheidung, die die Kohlebevorratung in Norwegen schmälert, nicht verantwortet werden kann« (ebd.). 21» RAO, RK, FD 5359/45, Otte an Schiessmann, Oslo, 26.2.1944. 220 NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Aktennotiz Frhr. v. Skal (Leiter »Gruppe Kohle« der HAVoWi) über eine Besprechung im Auswärtigen Amt am 29.6.1944. — Seit der einseitigen schwedischen Aufkündigung des militärischen Transitabkommens im Juli 1943 hat Schweden auch hinsichtlich der Warendurchfuhr unter dem Druck der Alliierten weitere Einschränkungen gefordert und durchgesetzt. Zunächst wurde ab 1. Oktober 1943 die Durchfuhr von Mineralöl eingestellt. Die Interventionen des Auswärtigen Amtes waren ergebnislos, eingeleitete Gegenmaßnahmen (Stornierung deutscher Lieferungen an Schweden) mußten zurückgenommen werden. Anfang 1944 dehnte Schweden dann das Durchfuhrverbot auf alle Waren aus, die auf Mineralölbasis erzeugt wurden, ohne Rücksicht darauf, ob die Produkte für militärische Zwecke Verwendung finden konnten oder nicht. Mit Wirkung vom 1. Juni 1944 fielen unter das Verbot auch alle Ersatztreibstoffe. Zur Frage des deutschen Transits in der schwedischen Politik 1942/43 siehe Karlsson, Sâ stoppades tysktâgen. 218

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sehen Transitabkommens v o m 8. Juli 1 9 4 0 in nicht unbeträchtlichem Maße bei der Heranführung v o n K o h l e genutet werden. Dies w a r v o r allem f ü r die Versorgung Trondheims (von den Häfen Sundsvall und Härnösand aus) und Narviks (vom H a f e n Luleà aus) v o n immenser Bedeutung 2 2 1 . Bereits im Juli 1 9 4 4 w u r d e die in den schwedischen Häfen angelandete K o h l e v o n der schwedischen Staatsbahn »unter dem V o r w a n d des Lokomotivenmangels« nur verzögert abtransportiert 2 2 2 . Im August 1 9 4 4 lagen allein in den drei genannten schwedischen Häfen 4 0 000 t Norwegenkohle, deren Weitertransport nach Ansicht des Leiters der Abteilung Verkehr, v o m Hofe, mehr als fraglich war 2 2 3 . V o m H o f e schlug v o r , norwegische Stellen in Schweden vorstellig werden zu lassen, die dort auf die ernsten K o n s e quenzen f ü r die norwegische Zivilbevölkerung bei Ausbleiben der Kohlelieferungen hinweisen sollten. Das geschah dann A n f a n g O k t o b e r nach einigen Querelen mit dem Auswärtigen A m t , das die norwegische Einmischung nicht wünschte. D o c h noch im Dezember 1 9 4 4 w a r v o n der mit den Verhandlungen beauftragten Gesellschaft Norsk Brenselimport A / S kein Erfolg in Stockholm erzielt worden 2 2 4 . Mittel- und Nordnorwegen waren aber auf die 4 0 0 0 0 t K o h l e in Schweden immer dringender angewiesen, denn im D e z e m b e r kamen insgesamt nur 2 0 0 0 0 t ins Land. Im Einvernehmen mit dem Reichskommissariat versuchten die Norweger nun, den B r e n n s t o f f auf andere A r t v o n den Schweden loszubekommen, nämlich indem die Partie v o n der W e h r m a c h t 2 2 5 an den Zivilsektor abgetreten und zu ei-

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Im Kohlewirtschaftsjahr 1943/44 beispielsweise ist der Distrikt Trondheim von Sundsvall/Härnösand aus mit 208 700 t Kohle u. Koks versorgt worden. Von April bis Juli 1944 kamen auf diesem Weg 78 000 t (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft: Vermerk für Herrn Senator Otte, Oslo, 9.8.1944). NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi, Abt. Verkehr: Vermerk für Herrn Senator Otte, Oslo, 28.7.1944. »Nach den bisherigen Erfahrungen verspreche ich mir nichts von den Verhandlungen des Auswärtigen Amtes — auch nicht von den erwogenen Gegenmaßnahmen. [...] Das Ergebnis der vorgesehenen Besprechungen wird voraussichtlich sein, daß wir froh sein müssen, wenn die Schweden uns gestatten, die bis zum 1. August auf den Lägern eingegangenen Bestände noch abzufahren« (ebd.). Der Direktor von Norsk Brenselimport, Nore, hielt sich im Oktober 1944 zwei Wochen lang in Stockholm auf, wo er über die Freigabe der Kohle verhandelte. An seinen Verhandlungen mit dem schwedischen Außenminister Günther nahmen auch zwei Vertreter der norwegischen Exilregierung© teil, und zwar Trygve Lie und Terje Void. Die Exilregierung erklärte sich mit der Überfuhrung der Bestände einverstanden. »Nachdem diese ersten Verhandlungen durchaus freundschaftlich und erfolgversprechend verliefen«, kam plötzlich durch die neue militärischpolitische Lage (deutscher Rückzug aus Finnmarken, Nachrücken sowjetischer Truppen auf nordfinnischen und nordnorwegischen Boden) eine Wende. Nun erhielten die 40 000 t Kohle wieder eine militärische Bedeutung und die Alliierten intervenierten gegen eine Weiterleitung nach Norwegen. »Dir. Nore ist jedenfalls der Meinung — und diese ist sicher richtig —, daß die Angelegenheit sofort zu regeln gewesen wäre, wenn sein Besuch früher erfolgt wäre. Lediglich die nordnorwegisch/finnische Frage hat den sicheren Erfolg fraglich gemacht« (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Geheime Vorlage Frhr. v. Skals für Carlo Otte, Oslo, 31.10.1944). Die Kohle war, ungeachtet der späteren Verwendung in Norwegen für den militärischen oder zivilen Sektor, bisher als Wehrmachttransitgut durch Schweden befördert worden, indem die Wehrmacht den Transport besorgte und ihn über das deutsch-schwedische Clearing bezahlte, da Norwegen die erforderlichen Devisen nicht zur Verfügung standen.

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nem Geschenk an das Norwegische Rote Kreuz deklariert werden sollte226. Die Sache zog sich noch bis Frühjahr 1945 hin, ohne daß die Kohlen von Schweden freigegeben wurden, obwohl bereits Ende Dezember 1944 die Übertragung an das Norwegische Rote Kreuz durch Norsk Brenselimport erfolgt und den Schweden bekanntgemacht worden war227. Freigegeben wurden die Kohlen von den Schweden auch dann nicht, als von selten des Reichskommissariats verfugt wurde, den Krankenhäusern zunächst im Raum Trondheim und Narvik, später (Ende März 1945) in ganz Norwegen keine Kohle aus den zivilen Deputaten mehr zur Verfugung zu stellen, da das Rote Kreuz ja nun ausreichend versorgt sei228. »Wenn zukünftig also derartige Anstalten sich nicht genügend Holz beschaffen können und in Schwierigkeiten geraten, liegt die Schuld ausschließlich bei den bekannten Stellen, da sie auch nicht den kleinsten Teil der in Schweden liegenden 40 000 t freistellen«, war die deutsche Rechtfertigung229. In erhebliche Schwierigkeiten gerieten aber die Industriebetriebe, denn es wurden nur noch ganz wenige Betriebe, »die im allgemeinen und deutschen Interesse unter allen Umständen durchgehalten werden müssen«, einigermaßen versorgt. Dennoch konnten auch diesen im April 1945 alles in allem nur noch 12 244 t Kohlen zugeteilt werden230. Nicht nur die Industriebetriebe und der Privatkonsum waren vom Brennstoffmangel betroffen, mehr und mehr kam auch das Verkehrs- und Transportwesen zum Erliegen. Der Schiffsverkehr brach infolge Kohlemangels nach und nach zusammen. Im Januar 1945 lagen in Trondheim mehrere Seeschiffe fest, weil sie nicht bebunkert werden konnten. Deshalb war es auch nicht möglich, einige dieser Schiffe in andere Häfen an der norwegischen Westküste zu beordern, um sie dort in der überraschend mit Rekordfangen aufwartenden Heringsfischerei für den Abtransport der Fänge nach Deutschland einzusetzen231. Ein geregelter Routendienst entlang der norwegischen Küste fand gar nicht mehr statt232.

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NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Abschrift eines Briefes des Direktors von Norsk Brenselimport A/S an den Leiter des norwegischen Finanzdepartements, Oslo, 29.12.1944. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Aktennotiz Norges Rode Kors Landsforening, Oslo, 7.2.1945. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft an Norsk Brenselimport, Oslo, 12.3.1945; ebd., Fernschreiben der Abt. Binnenwirtschaft an die RK-Dienststellen in Trondheim und Narvik, 24.3.1945, sowie an das Wirtschaftsdepartement — Brennstoffkontor-, 27.3.1945. Ebd. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Tätigkeitsbericht der Abt. Binnenwirtschaft, Gruppe Kohle, Oslo, 4.4.1945. »Bewußt wurde wieder der Fischverarbeitung und dem Abtransport nach dem Reich so viel als möglich 2ur Verfügung gestellt, um der Ernährungslage des Reichs zu helfen. Besonders scharf wurde zu Gunsten der Fischabfuhr das Zivilkohlenkontingent gekürzt, dessen Auswirkung zunächst abgewartet werden muß. [...] Im industriellen Sektor sind im übrigen noch eine Reihe erheblicher Zuteilungen gemacht worden, um dem Reich noch Rohstoffe für die Rüstungsindustrie zu beschaffen, die nur noch aus Norwegen erhältlich sind« (ebd.). BA, R 70 N/14, Meldungen aus Norwegen, Nr. 88, 8.2.1945, S. 33. Ebd.

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Die Eisenbahnen in Norwegen benötigten normalerweise monatlich mindestens 35 000 t Kohle. Da die Anforderungen an die Eisenbahnen gegen Ende der Besatzungszeit angesichts der Schiffsausfálle noch mehr stiegen, die Kohlezufuhr aber immer weiter zurückging, wurde die Kluft zwischen Forderungen und Leistungen stetig größer. Deutscherseits glaubte man, in gewissen Grenzen ersatzweise auf Holz zurückgreifen zu können. Hierbei trat im waldreichen Land Norwegen aber der paradoxe Zustand ein, daß trotz vermehrten Einschlags nicht genügend Holz zur Verfügung stand und — solange das möglich war — aus Finnland und Schweden importiert werden mußte, was den norwegischen Finanzhaushalt zusätzlich beanspruchte. In der Waldwirtschaft hatte es seit der Okkupation ebenfalls stets an Arbeitskräften gemangelt. OT und Wehrmacht hatten zwar zur Behebung dieses Arbeitskräftemangels anfangs immer höhere Löhne geboten, doch eine deutliche Verbesserung der Lage war auch dadurch kaum eingetreten, zumal auch spezifische Berufsbekleidung — vor allem Leder- und Gummistiefel — kaum noch zu bekommen war233. Dieses Verhalten hatte letztlich nur den Effekt, daß die Lohnspirale ständig weiter nach oben gedreht wurde. »Seit dem Jahre 1942 bis zur Kapitulation ist der Bedarf an Waldarbeitern nie mehr gedeckt worden. Dadurch hat auch der erreichte Einschlag den Holzbedarf, der immer größer wurde, nicht mehr decken können234.« Der Holzbedarf stieg schließlich ins Unermeßliche: der Bauholzbedarf um 75 Prozent gegenüber dem Normaljahr vor der Okkupation, der Brennholzbedarf infolge der angespannten Kohlelage auf das Doppelte des normalen Verbrauchs. Die Umstellung der Kraftfahrzeuge auf Holzgas und der Viehfutterung auf Futterzellulose erforderte einen zusätzlichen Holzbedarf von rund 2 Mio Festmeter235. »Die norwegische Forstverwaltung stand diesen Aufgaben hilflos gegenüber. Der gesamte Holzeinschlag mußte von der Abt. Forst- und Holzwirtschaft nicht nur vorbereitet, organisiert, sondern auch ständig überwacht werden236.« Der vermehrte Bedarf an Holz erforderte den Einschlag in bisher weitgehend ungenutzten Waldgegenden, was den weiteren Ausbau des Wegenetzes erforderlich machte. Dies kostete wiederum Geld und vor allem Arbeitskräfte — die Spirale drehte sich immer um die gleichen Probleme. Wurde ein Problem in Angriff genommen, wurde an anderer Stelle wieder ein neues geschaffen oder ein bestehendes verschärft.

RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Abt. Forst- u. Holzwirtschaft, 13.2.1943, S. 1. RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otte, Oslo/Akershus, 11.10.1945. 235 »An eine Schonung der Waldbestände kann kaum gedacht werden und vielerorts ist mit Kahlschlag zu rechnen. Die norwegischen Forstbehörden sehen dem zwar bedauernd, doch mit Verständnis zu. Im wesentlichen haben sie begriffen, daß es sich um Einsparung von Kohle, zum erheblichen Teile in ihrem eigenem Interesse, handelt (RAO, RK, FD 5315/45, Abt. Binnenwirtschaft, Situationsbericht für Monat Februar [1945]). 2 3 ' RAO, RK, FD 5325/45, Generalbericht der Abt. Forst- u. Holzwirtschaft, 13.2.1943, S. 5. 233

234

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Der im großen Stil organisierte Brennholzeinschlag gipfelte im Winter 1944/45 in der »Aktion Scheiterhaufen«, als vom AOK 20 rund 5000 Mann der OT und von der NSB 3000 bis 4000 Mann zum Baumfällen eingesetzt wurden237. Der Holzeinschlag in Norwegen war aber deshalb nicht ausreichend, weil der norwegische Wald großenteils auf sumpfigem Boden steht und daher — mit den damaligen technischen Mitteln — nur bei Frosdagen zum Schlagen und Abfahren des Holzes zugänglich war. Außerdem war der — in den anderen Jahreszeiten — zugängliche Wald im Laufe der Besatzungszeit zur Gewinnung von Bauholz und für die Holzgasgeneratoren sowieso schon weitgehend abgeholzt worden. Der Einsatz von Holz zur Befeuerung der Lokomotiven hatte einige gravierende Einschränkungen zur Folge. Die Lokomotiven in Norwegen waren — im Unterschied zu denen in Finnland — darauf nicht ausgelegt und mußten nachgerüstet werden. Das meist nasse Holz hatte zudem einen geringen Heizwert und verursachte darüber hinaus einen Funkenflug, der nicht nur bei Nacht alle Luftschutzmaßnahmen illusorisch machte, sondern auch zu dem Verbot führte, offene Waggons mit leicht brennbarer Ladung unmittelbar hinter der Lok einzusetzen. Schließlich erforderte die Notwendigkeit, Holz als Betriebsstoff mitzuführen, etwa ein Achtel der Gesamdadekapazität eines Zuges.

237

NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi (Otte) an A O K 20, Wehrmachttransportoffizier (Kap.z.S. Hülsemann), Oslo, 9.3.1945.

VII. Die norwegische Wirtschaft im Zugriff der deutschen Rüstungsindustrie

443

Noch angespannter als auf dem Kohlesektor war die Lage auf dem Gebiet der Mineralölversorgung (einschließlich Ben2in). Hier traten zunächst »zur Wahrnehmung der Interessen des Handels und für die Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden« ein »Mineralölausschuß Norwegen« sowie ein »Schmierölausschuß Norwegen« in Aktion, die die Verteilung der »verhältnismäßig großen« Vorräte durchführen sollten. Als sich im Herbst 1940 die Notwendigkeit zeigte, Mineralöl aus Deutschland zu importieren, wurde nach dem Vorbild der »Norsk Brenselimport« die »Norsk Mineraloljeimport A/S« gegründet, »die im wesentlichen mit der deutschen Mineralöl-Export-Aktiengesellschaft in Berlin die Einfuhr aus Deutschland bearbeitet«238. Letzterer wurden im Abstand von 2 bis 3 Monaten bestimmte Kontingente vom Reichswirtschaftsministerium zur Ausfuhr nach Norwegen zur Verfügung gestellt. Daß diese Kontingente erheblich hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückblieben, liegt auf der Hand239. Die Bewirtschaftung aller Mineralölsorten wurde »nach deutschem Muster eingerichtet«. Drei sogenannte Kontore, die in einer Hauptabteilung des Versorgungsdepartements zusammengefaßt waren, befaßten sich mit der Verteilung des Mangelguts in den Bereichen Verkehr, Fischerei und Wirtschaft, wozu »ein relativ großer Bewirtschaftungsapparat geschaffen« wurde240. Die Arbeit der Bewirtschaftungsstellen stand von Anfang an im Zeichen von Einsparungsmaßnahmen. So ist beispielsweise der Ölverbrauch der Industrie von monatlich 1200 t im Jahre 1940 auf monatlich 200 t 1942 gedrosselt worden. Und im Straßenverkehr bestand Anfang 1943 »die Tendenz, den Dieselkraftstoffeinsatz auf die Dauer völlig zu unterbinden«; hier war die Zuteilung auf inzwischen unter 60 t im Monat gesunken und sollte ganz durch Holzgeneratorbetrieb ersetzt werden241. Angesichts der angespannten Treibstofflage wurden in diesem Bereich verantwortlich tätige Personen polizeilich überwacht. Von der Sicherheitspolizei wurden »der Generaldirektor und ein anderer Direktor bei der norwegischen SHELL verhaftet«, und kurz darauf tauchte der Leiter des Kommunikationsdirektorats im Versorgungsdepartement, wo die Bewirtschaftungsdrähte zusammenliefen, unter, weil er von der Sicherheitspolizei bedroht war. Das veranlaßte den Reichskommissar, die Kontrolle der Bewirtschaftung zu verschärfen242.

RAO, RK, FD 5325/45, Bericht der HA Volkswirtschaft: Ein Jahr Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete, Oslo, Apr. 1941. 239 Ebd. Der Jahresbedarf Norwegens an Benzin betrug 1938 176 700 t. Nachdem im Juni 1940 die Vorräte nahezu aufgebraucht waren, mußte aus dem Reich nachgeschoben werden. Bis zum Jahresende kamen allerdings nicht mehr als 25 000 t Benzin ins Land. 240 RAO, RK, FD 5325/45, Jahresbericht der Gruppe Mineralölversorgung, Oslo, 8.2.1943. 241 Ebd. 242 Ebd. »Zunächst ist ein Mitglied des Reichskommissariats bei allen Gesellschaften als Abwehrbeauftragter mit der Durchführung der erforderlichen Abwehrmaßnahmen beauftragt worden. Es ist sodann beabsichtigt, die gesamte Mineralölstatistik aus dem norwegischen Versorgungsdepartement herauszunehmen und diese der Norsk Mineraloljeimport A/S unter gleichzeitiger Umstellung dieser Gesellschaft auf deutsche Leitung und deutsches Personal zu übertragen. Damit wird zugleich auch eine größere Geheimhaltung bezügl. des Zahlenmaterials über den Import aus Deutschland erzielt.« 238

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c) Das Lieferprogramm 1943/44 und die totale Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft Wie sich die Transportprobleme und der Mangel an Zufuhren aus dem Reich, insbesondere an Kohle, auf das Produktions- und Lieferprogramm 1943/44 auswirkten, wird anschaulich aus Tabelle 12 ersichtlich. Neben den in Tabelle 12 aufgeführten Produkten lieferte Norwegen 1943/44 folgende rüstungswirtschaftlich wichtige Grund- und Rohstoffe, die nicht in das Produktions- und Lieferprogramm aufgenommen worden waren: Ilmenit Feldspat Spezialquarz Talkum Schwedisches Eisenerz über Narvik

65 179 t 5 280 t 2 052 t 5 952 t 1 540 176 t

Trotz der Kohleschwierigkeiten, der katastrophalen Verkehrs situation auf See und im Reich sowie der zunehmenden Zerstörungen von norwegischen Produktionsstätten durch Fliegerangriffe wurde auf vielen Sektoren wenn nicht eine 1 OOprozentige Planerfüllung, so doch zumindest eine 75prozentige Planerfüllung erreicht — ein erstaunliches Ergebnis. Dieses konnte nur durch die rigorose Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft für die Zwecke der deutschen Rüstungsindustrie erzielt werden. Aus deutscher Sicht schmerzhaft mußte allerdings sein, daß dennoch bei einigen wenigen, aber wichtigen rüstungswirtschaftlichen Produkten die Lieferungen erheblich hinter dem Plan zurückblieben. Dies betraf vor allem Molybdän und Stickstoff, beides Produkte, bei denen Norwegen eine herausragende Position einnahm, die auch nicht durch Lieferungen von andernorts ausgeglichen werden konnte. Als Basis für die Durchführung der Lieferungen war den Programmen der Jahre 1942/43 und 1943/44 die Minimalzulieferung von 1,86 Mio t Kohle pro anno aus dem Reich zugrunde gelegt. War diese Jahreszufuhr schon in diesen beiden Jahren nicht erfüllt worden, so spitzte sich in der zweiten Jahreshälfte 1944 infolge des Kriegsverlaufs auf dem Kontinent und der dem Chaos zustrebenden wirtschaftlichen und verkehrsmäßigen Situation im Reich die Kohlekrise in Norwegen dramatisch zu. Angesichts dieser Entwicklung muß es als kurios angesehen werden, daß man sich im Reichskommissariat im Sommer 1944 angestrengt Gedanken über ein Lieferprogramm für das Jahr 1944/45 machte, das — sich dabei an den Ergebnissen des Vorjahres orientierend — für die einzelnen Stoffe vier Produktions- und Lieferungsalternativen vorsah. Zugrunde gelegt wurde den einzelnen Varianten eine zu diesem Zeitpunkt (Ende August 1944) eigentlich schon illusorische Kohlezulieferung von 120 000 bis 150 000 moto. Die Pläne zeigen, daß man seitens des Reichskommissariats durch Kohleeinsparung »bei Verbrauchern, die keine Exportware für Deutschland erzeugen«, zumindest die elektrometallurgischen und die

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445

Hüttenbetriebe der Dringlichkeitsstufen I und II auf einem Produktionsmaximum halten wollte243. Durch eine radikale Beschneidung der Kondgente für den zivilen norwegischen Sektor konnte das Plansoll bis Dezember 1944 auf den meisten Gebieten tatsächlich annähernd erreicht werden, wie sich aus der Produktionsstatistik (Tabelle 13) ergibt244. Im Dezember 1944 zeichnete sich aber deutlich der Zusammenbruch des Produktionsprogramms ab. Nach und nach mußten Hüttenbetriebe wegen Energiemangel oder ausgebliebener Zufuhr von Roh- und Hilfsstoffen ihren Betrieb reduzieren oder sogar ganz einstellen245. Es traf zunächst die Aluminiumindustrie, die zwar über ausreichend Energie in Form der in Elektrizität umgewandelten Wasserkräfte verfügte, der aber die Tonerde ausging, und es traf die Betriebe, die Sortenkohle benötigten. Die verfügbare Sortenkohle wurde mehr und mehr den Ferrolegierungswerken an der norwegischen Südküste und den Eisenverarbeitungsbetrieben im Raum Oslo zugeführt, die unter den gegebenen Bedingungen verkehrstechnisch am leichtesten zu erreichen waren. Die anderen Hüttenbetriebe wurden angewiesen, sich auf die Verarbeitung der Lagerbestände an Rohstoffen und Kohlen einzustellen. Hingegen konnte die Holzveredlungsindustrie aufgrund der hohen Staubkohlebestände ihr Exportprogramm sogar übererfüllen. Ermöglicht wurde dies auch dadurch, daß die durch die Betriebsstillegungen freigewordenen Arbeiter »möglichst geschlossen den örtlichen Arbeitsämtern zum Holzeinschlag zur Verfügung gestellt« wurden246. Ein weiteres Problem trat im Winter 1944/45 zunehmend in den Vordergrund, nämlich die Transportschwierigkeiten. Sie waren zurückzuführen auf die Eisenbahnsabotage der Milorg, auf die Operation »Nordlicht«, den Abtransport der deutschen Truppen aus Nordnorwegen, wodurch Transportraum und Kohle für den Frachtverkehr blockiert wurden247, auf die zunehmenden Schiffsverluste durch »Feindeinwirkung« und Verminung der Seewege. Beredtes Zeugnis hierüber legen die Monatsberichte der HA Volkswirtschaft ab: Sept. 1944: »Der Monat September

2« RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau, Oslo, 23.8.1944. 244 Die bisherigen Produktions- und Lieferpläne liefen vom 1.9.1942 bis 31.8.1943 und vom 1.9.1943 bis 31.8.1944; sie deckten sich also mit dem Kriegswirtschaftsjahr. Da die Planungen aber regelmäßig auf das Kalenderjahr abgestellt waren und auch die Statistiken fur das Kalenderjahr geführt wurden, ergaben sich bei der Umwandlung stets Mehrarbeit und technische Schwierigkeiten, die zu dem Entschluß führten, die künftigen Produktions- und Lieferpläne ebenfalls auf das Kalenderjahr abzustellen. Im August 1944 wurde daher nur ein Lieferprogramm für die letzten 4 Monate des Jahres 1944 vereinbart. 1945 kam diese Veränderung nicht mehr zum Tragen (RAO, RK, FD 5365/45, Bericht über die Durchführung des mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1944 bis zum 31.12.1944 vereinbarten Produktionsprogramms, Oslo, 5.3.1945). 245 RAO, RK, FD 5359/45, Vorlage der Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau für HA-Leiter Otte: Betriebsführung der Hüttenwerke ab Dezember 1944, Oslo, 29.11.1944. 244 Ebd. 247 »Man muß aber feststellen, daß die Bahn durch ihren enormen Verbrauch auf der Strecke Oslo — Mo jede Rechung über den Haufen wirft und bei dem jetzigen Stand der eingeschränkten Wirtschaft zu rigorosesten Kürzungen zwingt« (RAO, RK, FD 5359/45, Vorlage der Abt. Binnenwirtschaft fur HA-Leiter Otte: Kohlenplan März 1945, Oslo, 1.3.1945).

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Tabelle 12: Vom Reich gefordertes Rohstoffjproduktions- und Lieferprogramm 1.9.1943 bis 31.8.1944 und seine Umsetzung Produkt

Dringlichkeitsstufe Molybdän13) 1) Ferrochrom c ) 2) Mangan 3) affiné Ferrosilizium 4) Mangan e ) 5) Silicomangan 6) Siliziumkar7) bidO Kupfer 8) Eisenerz 9) (norw.)iÖ 10) Aluminium11) 11) Stickstoff) 12) Schwefelkies «0 Exportkies b) Schmelzkies 13) Feinzinki) 14) Schwefelt

Plansoll 1.9.1943 bis 31.8.1944 i n t

tatsächliche Lieferung1) 1.9.1943 bis 31.8.1944 i n t

% von Soll

Lieferung 1942/43 in t

Veränderung gegenüber 1942/43 in %

I: 1 000 7 200 2 400

362 5 867 1 029

36 81 43

393 4 400 d)

-8 + 33

40 000 1 080 8 550 3 200

41 215 326 8 811 3 057

103 30 103 96

42 404 d) 2 020 3 663

-3 + 336 -17

15 000 250 000

11 447 230 677

76 92

16 907 375 996

-32 -39

30 000 72 000

21 500 42 065

72 58

16 625 80 235

+ 29 -48

598 877 942 118

121 72 67 72

492 121 285 175 15 558 85 465

+ 17 -17 -17 -7

3 608 477 17 333

100 190 280

2 761 777 4 824

+ 31 -39 + 260

977 57 617

98 89

875 60 933

+ 12 -5

22 058

53

41 698

-47

90 395 122 808

181 351

138 471 12 634

-35 + 872

475 000 330 000 19 200 110 000

Dringlichkeitsstufe II: 15) Graphit 3 600 16) Glimmer 250 17) Vantitrohei6 200 sen 18) Nickel 1 000 19) Karbid 65 000 Dringlichkeitsstufe III: 20) Kunstfaser42 000 zellstoff1) 21) Holzschliff" 1 ) 50 000 22) Papier u. 35 000 Pappe")

576 237 12 79

(Quelle: RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft u. Bergbau: Bericht über die Durchführung des mit dem Reich für die Zeit vom 1.9.1943 bis zum 31.8.1944 vereinbarten Produktions- und Lieferprogramms, Oslo, 12.10.1944).

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Erläuterungen a)

ty

c)

Ό

e)

f)

¿)

ty

i) j) k)

ty m)

447

zur Tabelle 12

Lieferung sowohl in das Reich (inkl. besetzte Gebiete) als auch an Industrie- und Rüstungsbetriebe in Norwegen. 1/on der Produktion gingen 41 t Molybdän nach Schweden. Davon gelangten wiederum 12 t in Form von Ferromolybdän ins Reich. Die geforderte Maximalmenge konnte deshalb nicht erreicht werden, weil die Knabengruben wiederholt das Ziel alliierter Bomberangriffe wurden. Besonders der Angriff am 16. November 1943 führte ψ erheblichen Zerstörungen und legte die Produktion bis Anfang Februar 1944 nahezu lahm. Außerdem habe die Produktion, wie es im Bericht heißt, durch »das verspätete Eintreffen der zugesagten Ostarbeiter« gelitten. Ferner ging der schwedische Eigentümer der Knabengruben ab Winter 1943/44 zunehmend auf Distan^ und hielt mit der Lieferung von Maschinen- und Apparateersatz Zpriick. Das Soll wurde vor allem deshalb nicht erreicht, weil die Lieferung von Hilfsstoffen, insbesondere von Silicochrom aus Schweden, nicht ausreichte. 1942/43 nicht im Lieferprogramm. Das Plansoll konnte wegen nicht ausreichender b%w. verspäteter Lieferung von Hilfsstoffen und Geräten nicht eingehalten werden. Infolge eines Sabotageaktes lag das Werk Arendal (östl. Kristiansand) im November/ Dezember 1943 einige Wochen still. Danach wurden Lagerbestände aufgearbeitet, da die Erzeugung von Rohsiliziumkarbid nicht wieder aufgenommen werden konnte, denn der hierfür notwendige Tranfformator wurde kurz vor se^ner Fertigstellung ebenfalls durch Sabotage im Mai 1944 bei der Osloer Lieferfirma PerKure zerstört. Hinzu kamen 39 650 t Eisenerz Sydvarangergrube (bei Kirkenes), die im Lieferprogramm nicht enthalten waren und in dieser Aufstellung nicht berücksichtigt worden sind. Das Plansoll wurde nicht erreicht, weil die wichtige Grube Fosdalen infolge jahrelanger Vernachlässigung der Aus- und Vorrichtungsarbeiten Mitte 1943 nahezu erschöpft war. Außerdem machte sich auch hier der Arbeitskräftemangel bemerkbar. Wie schon im Jahr zuvor wurde das Plansoll wegen mangelhafter Tonerdelieferungen aus dem Reich nicht erreicht. Die bei Aufstellung des Produktions- und Lieferprogramms erwartete Tonerdeproduktion der Nordisk Lettmetall A/S ist wegen eines alliierten Bombenangriffs ganz und die Produktion der A/S Nordag in Sauda wegen Kohlenmangels teilweise ausgefallen. Durch den amerikanischen Bombenangriff auf die Norsk-Hydro-Werke am 16. November 1943 wurden die Stickstoffproduktionsanlagen schwer beschädigt. Das Plansoll wurde nicht erfüllt, weil die Zinkhütte Eitrhejm zeitweise wegen Ausbleibens der erforderlichen Zinkerze aus Schweden (Versenkung eines Erzschiffes) die Produktion drosseln mußte. Insbesondere bei der Schwefelproduktion machte sich der Kohlemangel bemerkbar. So wurde die Produktion der Schwefelhütte Thamshavn ab Mitte Februar 1944 um 35 % eingeschränkt, um die dadurch eingesparte Kohle den Projekten der 1. Dringlichkeitsstufe zufuhren. Das bedeutete eine Reduktion von rund 3000 moto. Der Ausfall ist durch eine erhöhte Lieferung von Schwefelkies in etwa ausgeglichen worden. Alf dem Gebiet des Kunstfaserzellstoffes machte neh der gestiegene Bedarf an Futterzellulose bemerkbar. Die überaus große Steigerung der Produktion und Auffuhr von Holzschliff sowie Papier und Pappe ist wesentlich darauf zurückzuführen, daß bei den Kohlelieferungen aus dem Reich ein immer größerer Kohlenstaubanteil anfiel, der fast gänzfich in den Holzyerarbeitungsbetrieben eingesetzt wurde.

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Tabelle 13: Plansoll und Produktion norwegischer Rohstoffe 1.9. bis 31.12.1944 Produkt Plansoll in t Produktion in t % vom Soll Dringlichkeitsstufe I: Molybdän 180 175 97 1) Wolfram 5 3 60 2) Ferrochrom 1 900 2 060 108 3) Mangan affiné 560 512 91 4) Ferrosilizium 13 350 12 235 92 5) Mangan 180 125 69 6) Silicomangan 3 300 2 692 82 7) Siliziumkarbid 800 216 27 8) Graphit 1 200 1 158 97 9) 10) Eisenerz (norw.) 60 000 72 071 120 11) Aluminium 7 360 72 5 295 12) Stickstoff 104 27 000 28194 13) Schwefelkies a) Exportkies 120 000 153 027 128 72 750 72 090 99 b) Schmelzkies 14) Feinzink 5 600 4 282 76 15) Cadmium 4 45 1,8 16) Schwefel 30 000 21 779 73 Dringlichkeitsstufe II: 17) Kupfer 18) Glimmer 19) Vantitroheisen 20) Nickel 21) Karbid 22) Ilmenit 23) Talkum 24) Feldspat

5 280 120 3 000 800 23 900 24 000 3 000 1 000

4 016 102 4175 790 16 056 21 453 4 340 1 302

76 85 139 99 67 89 145 130

Dringlichkeitsstufe III: 25) Kunstfaserzellstoff 26) Holzschliff 27) Papier u. Pappe

12 000 6 000 8 000

10 055 9 215 47 082

84 154 589

(Quelle: RAO, RK, FD 5359/45, Rohstoffproduktion und -lieferungen 1.9. bis 31.12.1944, Oslo, Januar 1945).

war einer der verlustreichsten im deutsch-norwegischen Schiffsverkehr. Durch Feindeinwirkung gingen 11 Schiffe total verloren, darüber hinaus erlitt eine größere Anzahl Havarien.« Okt. 1944: »Die Schiffahrt hatte durch Feindeinwirkung hohe Verluste. Die Verminung der Schiffahrtswege verursachte größere Schiffsstauun-

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gen im Raum Oslo, Kristiansand-Süd und Stavanger. [...] Die Sabotage- und Terrortätigkeit wurde verstärkt fortgesetzt. Hauptziel war die Störung der Verkehrsmittel und -wege sowie die Vorratslager der Wehrmacht.« Nov. 1944: »Die Schifffahrt erlitt durch Feindeinwirkung, Sabotage und Havarien hohe Verluste. 45 Schiffe mit 86 504 t wurden beschädigt, 13 Schiffe mit 34 660 t gingen verloren. Für die Wirtschafts fahrt Norwegen — Deutschland konnten nur 66 037 tdw zur Verfugung gestellt werden, wovon 21 200 tdw mit wertvollster Ladung versenkt wurden.« Im Monatsbericht Dezember 1944 wurde der Verlust von 14 Schiffen mit 28 390 t sowie die Beschädigung von 30 Schiffen mit 66 141 t gemeldet. Jan. 1945: »Die Schiffsverluste blieben unverändert sehr hoch.« 37 Schiffe mit 85 160 t gingen total verloren, weitere 21 wurden im Januar beschädigt. Im Monatsbericht für Februar 1945 konnte dann gemeldet werden, daß die Schiffverluste »erheblich« zurückgegangen waren. Das lag aber allein daran, daß kaum noch Schiffe fuhren248. Die Gefahren im Schiffsverkehr führten unter anderem auch dazu, daß die »norwegischen Seeleute in vermehrtem Umfange Dienst nach Norden verweigern«, wodurch »auf der Schiffahrtsseite jede Planung unmöglich« geworden sei249. Auch für den Abtransport der norwegischen Produkte ins Reich stand immer weniger Tonnage zur Verfügung, im Oktober 1944 nur 83 000 t Schiffsraum gegenüber normal 250 000 t, und die Lage verschlechterte sich im folgenden Winter dramatisch250. Es kam durch den Tonnagemangel bei einzelnen Werken sogar zu einer starken Lagerbildung und in deren Folge zu Produktionseinschränkungen und Betriebsstillegungen. Stillgelegten Betrieben wurden bereits erfolgte Kohle- und Rohstoffzuteilungen wieder entzogen, vorhandene Bestände wurden beschlagnahmt und anderen Betrieben, die für die Kriegführung wichtiger erschienen, zugewiesen251. Die norwegische Ausfuhrwirtschaft wurde in diesem letzten Stadium der Okkupation mehr und mehr zu einem Spielball des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion, das je nach den vorhandenen Engpässen bald die eine, bald die andere Industrieanlage stillegen, andere dafür aber wieder in Betrieb setzen ließ252. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 85, Monatsberichte der HAVoWi. 2« RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft an Baudisch, RWM, Oslo, 13.11.1944. Baudisch war im Sommer 1942 ins Reich zurückbeordert und dort Leiter der Hauptabteilung III, Gesamtplanung, bei dem der Zentralen Planung zuarbeitenden Planungsamt (Kehrl) des Generalbevollmächtigten für Rüstungsaufgaben (Speer) beim Beauftragten für den Vierjahresplan (Göring) geworden (Kehrl, Krisenmanager im Dritten Reich, S. 496, Dokumentenanhang). 250 RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft an Baudisch, RWM, Oslo, 13.11.1944. Im Januar 1945 standen nicht einmal mehr 50 000 t Schiffsraum zur Verfügung (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Monatsbericht Januar 1945 der HAVoWi, Oslo, 15.2.1945). — Der Einsatz von dänischen Schiffen — die Reederei Norden in Kopenhagen hatte ein Angebot gemacht — konnte nicht erfolgen, wie schon im Vorjahr festgestellt worden war, »da nach einer Entscheidung von Herrn Senator Otte [...] das norwegische Clearing derartige Summen nicht verträgt« (RAO, RK, FD 5325/45, Abt. Binnenwirtschaft: Tätigkeitsbericht für den Monat März 1944, Oslo, 3.4.1944). 251 RAO, RK, FD 5325/45, bzw. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 84, Monatliche Tätigkeitsberichte der Abt. Binnenwirtschaft 1944/45. 252 »Im Einvernehmen mit dem Ministerium für Rüstung und Kriegsproduktion soll die norwegische Industrie in weit größerem Maße als bisher mit Verlagerungsaufträgen aus dem Reich beschäftigt 248

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In den let2ten Monaten der Okkupation wurde auch der Versuch unternommen, die Waffen- und Munitionsproduktion in der Waffenfabrik Kongsberg, in einigen kleineren Sprengstoffabriken sowie in der Munitionsfabrik Raufoss so zu steigern, daß die Norwegenarmee bis zu einem gewissen Grad ohne Zufuhren aus dem Reich mit Munition versorgt werden konnte. Dieser Versuch führte jedoch durch den passiven Widerstand der Werkleitungen und vor allem der Arbeiterschaft nur zu einem begrenzten Erfolg253. Im Winter 1945 brach die norwegische Ausfuhrwirtschaft angesichts der katastrophalen Energie- und Verkehrslage endgültig zusammen. Zwar feilschte noch Ende März die Abteilung Binnenwirtschaft mit dem Transport- und dem Feldwirtschaftsoffizier beim AOK 20 um die spärlichen Reste der im Lande erreichbaren und in Wehrmachtregie befindlichen Kohle, in Anbetracht der realen Lage entbehrte dies allerdings nicht grotesker Züge. Von den 87 000 t, die noch verfügbar waren, konnte das Reichskommissariat 12 000 t für die Industriebetriebe erstreiten, vom Rest wurde der überwiegende Teil der Marine und der norwegischen Eisenbahn zugeführt254. »Im April könnte noch >vegetiert< werden« mit der knappen Kohle, meldete der Wehrmachtbefehlshaber Ende Februar an das OKW, »aber im Mai werde eine völlige Lähmung eintreten«, lautete die richtige Prognose255. Die norwegische Industrie arbeitete fur das Reich unter den denkbar ungünstigsten Produktionsbedingungen. Die Ausnutzung von Rohstoffen an Standorten, die unter normalen Verhältnissen niemals herangezogen worden wären, verursachte mitunter gewaltige Frachtausgaben innerhalb des Landes. Bei der Herstellung von Silicomangan beispielsweise wurde kein Aufwand an Tonnage gescheut, um Manganschlacke aus dem Raum Aachen nach Norwegen zu bringen und dort weiterverarbeiten zu lassen256. Es liegt auf der Hand, daß unter derartigen Umständen, wo allein das Interesse des deutschen Kriegsbedarfs im Vordergrund stand, die Rentabilität der Produktion keine vorrangige Rolle spielte. Die aus Norwegen ausgeführten industriellen Rohstoffe kamen resdos und unmittelbar der deutschen Rüstungswirtschaft zugute. Aus Schwefelkies wurde Schwefelsäure gewonnen, die die Grundlage für die Herstellung von Sprengstoffen bildete. Glimmer diente als Isoliermaterial für Nachrichtengeräte in Flugzeugen und Panzern. Das Molybdän

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werden. Dabei sind auch Industriezweige hinzuzuziehen, die bisher nur für den inländischen Markt arbeiteten« (RAO, RK, FD 5325/45, Abt. Binnenwirtschaft: Tätigkeitsbericht für den Monatjanuar 1944, Oslo, 1.2.1944). NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 84, Abt. Binnenwirtschaft: Tätigkeitsbericht für den Monat Oktober 1944, Oslo, 10.11.1944; ebd., Abt. Binnenwirtschaft, Tätigkeitsbericht für den Monat Dezember 1944, Oslo, 16.1.1945. NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft: Besprechung Kohlenrat. Kontingentfestsetzung für Monat März 45, Oslo, 12.3.1945. KTB/OKW, Bd 4/2, S. 1337. Hierbei lag das Ausbeutungsverhältnis sehr niedrig: 6 Tonnen Schlacke mußten aufgewandt werden, um 1 Tonne Silicomangan zu erzeugen. »Unter normalen Umständen würde man solche Schlacke in Norwegen — und das ist früher geschehen — nicht weiterverarbeiten, sondern in den Fjord schütten lassen«, mußte sogar Carlo Otte zugeben (RAO, RK, Abt. Preisbildung u. Preisüberwachung, eske 1, Otte an Fischböck, Mai 1943).

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aus der Knabengrube erhöhte als bedeutender Stahlveredler den Kampfwert der deutschen Panzer usw. usw. So läßt sich zusammenfassend sagen, daß die Zufuhren von norwegischen Rohstoffen an die deutsche Rüstungsindustrie weit wichtiger gewesen sind, als die Leistungen und Lieferungen der norwegischen Wirtschaft an die im Lande stehenden Okkupationsstreitkräfte selbst, obgleich auch diese schon die deutsche Kriegswirtschaft ungemein endastet haben. 4. Rohstoffindustrie und Sabotage Angesichts der überragenden Bedeutung der norwegischen Ausfuhrwirtschaft für die deutsche Rüstung drängt sich die Frage auf, warum gegen diese Betriebe keine umfassende und systematische Sabotage von britischer Seite oder der Milorg aus betrieben wurde. Ihnen mußte die Bedeutung dieser Werke für die deutsche Rüstung bekannt sein. Stattdessen richteten sich die größeren und systematisch betriebenen Sabotageakte in erster Linie gegen die Verkehrswege und gegen Wehrmachteinrichtungen257. Zwar wurden diese deutscherseits als unangenehm empfunden und lösten von Fall zu Fall bei der deutschen politischen Führung sogar Raserei aus, doch zu einer wirklichen Herabsetzung der deutschen Kampfkraft haben sie nicht geführt, und sie wurden von der Wehrmachtführung tatsächlich auch nur als Nadelstiche betrachtet258. Demgegenüber haben die wenigen ernsthaften Angriffe gegen Produktionsstätten in Norwegen gezeigt, welch große Bedeutung eine systematische Sabotage hätte haben können. Von britischer Seite waren zunächst die Molybdänerzgruben Knaben in Südwestnorwegen und die nicht weit davon entfernt gelegene Nickelgrube Evje sowie die Hafenanlagen der Ferrolegierungswerke der A/S Meràker Smelteverk am Trondheimfjord als Ziele von Kommandoraids ausersehen worden, ohne daß es jedoch zu systematischen oder überhaupt vollständigen Zerstörungen kam259. Als einziger großer Grubenbetrieb wurde die Orklagrube durch verschiedene Sabotageakte dauerhaft beschädigt. Dies wurde von der deutschen Rüstungswirtschaft als äußerst störend empfunden, und bereits der erste Sabotageakt im Jahr 1942 rief in den Kreisen der Abnehmer große Aufregung hervor, weil dadurch die Schwefelkieslieferungen beträchtlich

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Im Bericht an das O K W über die Sabotagetätigkeit im April und Mai 1944 wurde ein »planmäßiges Vorgehen« nur in folgenden Richtungen festgestellt: 1. Sabotage gegen Schiffe, 2. Störung des Eisenbahnverkehrs, 3. Sabotage des »nationalen Arbeitseinsatzes« und 4. »Beseitigung einzelner Norweger, die mit deutschen Dienststellen zusammenarbeiten« (BA-MA, RW 28/14, Der Höhere Feldwirtschaftsoffizier beim WBN: Lagebericht Nr. 2, Oslo, 12.6.1944, S. 9). Zu den Angriffen der Alliierten siehe RAO, RK, HAVoPro, pakke 63: Bomben- und Terrorangriffe auf Norwegen 1944/45; zur Sabotage aus Sicht der neueren norwegischen Forschung siehe Kraglund/Moland, Hjemmefront. NHM, V/11, boks 20, Bericht und Vernehmung des Generalobersten von Falkenhorst, Oslo, Sept./Okt. 1945, S. 64 f. Siehe dazu Kraglund/Moland, Hjemmefront, passim.

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gesenkt wurden260. Noch deutlicher 2eigte es sich bei den verschiedenen Schlägen gegen die Molybdängruben in Knaben, die für die deutsche Panzerstahler2eugung von ganz überragender Bedeutung waren. Die Knabenwerke wurden jedoch nicht durch Sabotagehandlungen beschädigt, sondern waren das Ziel mehrerer Angriffe britischer und amerikanischer Bombenflugzeuge261. Einiges deutet darauf hin, daß sich innerhalb der norwegischen Widerstandsbewegung die Ansicht derjenigen durchsetzen konnte, die den norwegischen Produktionsapparat möglichst unbeschädigt durch den Krieg bringen wollten262. So konnte denn auch im Kriegstagebuch des OKW festgehalten werden, daß die bis Ende 1944 gesteigerte Sabotage insgesamt »einen geringen und mit anderen Fronten nicht zu vergleichenden Umfang« behielt und »nichts an der Tatsache [ändert], daß Norwegen auch jetzt noch eines der friedlichsten Länder Europas blieb«263. Wäre es nach Terboven gegangen, dann wäre Otte zufolge in den letzten Kriegstagen von seinen SS-Truppen das nachgeholt worden, was die Milorg vermieden hatte264. Seine Pläne für den »Endkampf« in Norwegen gingen dahin, sämtliche wichtigen Industrie- und Versorgungsbetriebe im Lande nachhaltig zu zerstören. Die Vorbereitungen dazu waren durch eine besondere Abteilung beim HSSPF, die durch den IG-Farben-Direktor von der Bey geleitet wurde, bereits umfassend getroffen worden. Weil dem Reichskommissar der »Endkampf« in Norwegen vom Wehrmachtbefehlshaber und von Dönitz verwehrt wurde, sind diese Pläne nicht zur Ausführung gekommen.

260 RAO, RK, FD 5359/45, HAVoWi, Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau: Bericht über die Durchführung der mit dem Reich vom 1. September 1942 bis zum 31. August 1943 vereinbarten Produktionen und Lieferungen norwegischer Roh- und Grundstoffe, (ohne Datum; Herbst 1943). 261 Der schwerste Schlag wurde am 16. November 1943 durchgeführt (Kraglund/Moland, Hjemmefront, S. 216 f.). 262 Grimnes, Hjemmefrontens ledelse, S. 358 f. 2 « KTB/OKW, Bd 4/1, S. 922 f. 264 RAO, Landssvikarkivet, Oslo Politikammer Β 3061, Bericht Carlo Otto, Oslo/Akershus, 11.10.1945.

Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft Die deutsche Besatzungsherrschaft in Norwegen wies im Vergleich zu den Okkupationsregimen in anderen Teilen des besetzten Europas erhebliche Unterschiede auf. Während in den osteuropäischen Ländern die Bevölkerung offen unterdrückt und die Ressourcen hemmungslos geplündert wurden, hielten es die nationalsozialistischen Machthaber für zweckmäßig, Norwegen gegenüber eine »gemäßigtere« Linie zu verfolgen. Propagandistisch mit dem Schlagwort von der »nordischen Schicksalsgemeinschaft« verbrämt, gaben sie vor, das kleine Land mit dem Überfall in »Schutz« genommen zu haben und es als Partner und Bundesgenossen bei der »Neuordnung Europas« zu betrachten. Gleichwohl sollte auch in Norwegen eine politische Neuordnung im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung durchgeführt werden. Dem entsprachen die Zulassung einer Kollaborationsregierang unter Vidkun Quisling, die Unterstützung und Förderung der Nasjonal Sämling, das Verbot sämtlicher anderen, demokratischen Parteien sowie die Werbung von Freiwilligen für die norwegische SS. Nichtsdestoweniger unterlag Norwegen vollständig den Konsequenzen des von Deutschland geführten Krieges. Um eine alliierte Landung an der Nordflanke zu verhindern und um die wichtigen Rohstoffzufuhren aus Skandinavien abzusichern, hielten sich von 1940 bis zum Mai 1945 zu jedem Zeitpunkt zwischen 250 000 und 400 000 Mann deutscher Truppen im Lande auf, was zu immensen Belastungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft führte. Zudem wurde das Land bis zur Grenze des Möglichen als Lieferant rüstungswirtschaftlich wichtiger Rohstoffe ausgebeutet, und deutsche Konzerne unternahmen alle Anstrengungen, um die beherrschenden Positionen der norwegischen Wirtschaft auf Dauer zu besetzen. Wesentliche Unterschiede zu anderen deutschbesetzten Ländern resultierten auch aus der geographischen Lage und der Wirtschaftsstruktur Norwegens. Der Norden des Landes ist durch rauhe klimatische Bedingungen gekennzeichnet, war deshalb nur dünn besiedelt und verkehrstechnisch nicht erschlossen. Wichtigster Verkehrsweg waren die Küstengewässer, die angesichts der Möglichkeit britischer Angriffe von See als sehr gefährdet galten. Insgesamt war das Land in hohem Maße auf Lebensmittel- und Brennstoffzufuhren aus dem Ausland angewiesen. Diese Zufuhren über See — insbesondere Kohle aus Großbritannien — mußten nach der Besetzung durch Lieferungen aus dem Reich oder anderen besetzten Ländern bzw. durch Einsatz unrentabler einheimischer Rohstoffe ausgeglichen werden.

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Wie schon die Militäroperation zur Besetzung des Landes trug vieles, was nach der militärischen Inbesitznahme an politischen und wirtschaftlichen Vorhaben deutscherseits in Norwegen in Gang gesetzt wurde, den Charakter der Improvisation. Dies bereitete den Zustand vor, den Hans-Dietrich Loock als das »Ende der Politik« bezeichnet hat. Obwohl »alter Kämpfer« der NSDAP, betrachtete der von Hitler eingesetzte Reichskommissar Terboven seine Tätigkeit in Norwegen nicht in erster Linie als Mission, die Norweger von den »Segnungen des Nationalsozialismus« zu überzeugen. Nüchterner Realist, der er war, schätzte er von Anfang an den geringen Widerhall der NS-Ideologie im norwegischen Volk und die unbedeutende politische Stellung von Nasjonal Sämling und Quisling richtig ein. Seine häufigen herablassenden Äußerungen über den norwegischen »Forer« sind beredtes Zeugnis hierüber. Vielmehr betrachtete er sich als Technokrat der Macht, der mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln dafür sorgen sollte und auch wollte, die Ressourcen des besetzten Landes dem Dritten Reich dienstbar zu machen. »Im Osten haben wir eine nationalsozialistische Mission, drüben im Westen haben wir eine Funktion«, sagte der designierte Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, Arthur Seyß-Inquart, Ende Mai 19401. Diese Worte hätten auch von Terboven stammen können. Die Übertragung der vollziehenden Gewalt auf einen Reichskommissar nach dem Scheitern einer »dänischen Lösung« in Norwegen und die Abkehr von einer an die Regeln des Völkerrechts gebundenen Besatzungsherrschaft in Form einer Militärverwaltung lassen gleichwohl erkennen, daß es der nationalsozialistischen Führung um eine dauerhafte politisch-weltanschauliche Gleichschaltung Norwegens mit einer künftigen staatlich-territorialen Bindung an das Reich ging. Hierzu sollten die gesellschaftlichen und politischen Muster aus dem Reich nach Norwegen übertragen werden. Das Reichskommissariat war solchermaßen ein Organ der nationalsozialistischen »Führerverfassung«, es war keine Aufsichtsverwaltung wie etwa in Dänemark, sondern eine »Führungsverwaltung«, die »eine ganz bestimmte politische Entwicklung in Norwegen herbeizuführen« hatte und diese nicht durch »Aufsichtsmaßnahmen, sondern nur durch Führungsmaßnahmen« erwirken wollte, wie Terbovens Staatsrechtler Rudolf Schiedermair noch nach der Bildung der »nationalen Regierung« Quislings im März 1942 hervorhob2. Der Reichskommissar versuchte anfangs, seinem Vorgehen den Anschein der Legalität zu geben. Er installierte ein norwegisches Verwaltungsorgan, das mit dem Titel »Kommissarische Staatsräte« als Quasiregierung dienen und den politisch-gesellschaftlichen Neuordnungsbemühungen einen norwegischen Rechtstitel geben sollte. Indem dieses Organ den Weisungen des Reichskommissars unterlag, waren alle diese Maßnahmen aber eindeutig völkerrechtswidrig. Sie waren allerdings auch von vornherein von keinem nennenswertem Erfolg gekrönt, denn schon im Spätherbst 1940 stellte sich heraus, daß alle norwegischen Institutionen gewillt waren, an der Verfassungslegalität festzuhalten und die »neue Ordnung« abzulehnen. Ein deutliches Zeichen Zit. nach: Kwiet, Reichskommissariat Niederlande, S. 57. Rudolf Schiedermair, »Norwegens Weg«, in: Deutsche Monatshefte in Norwegen, 3 (1942), H. 4.

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setzte hier das Oberste Gericht im Dezember 1940, als seine Mitglieder geschlossen zurücktraten. Hintergrund war eine Verordnung des Kommissarischen Staatsrats für das Justizwesen, Sverre Riisnaes, vom 19. November 1940, die die Wahl der Laienrichter und Schöffen abschaffte, die statt dessen vom gleichgeschalteten Justizministerium ernannt werden sollten. Das Oberste Gericht wies in einer Erklärung auf die verfassungs- und völkerrechtliche Unzulässigkeit dieser Verordnung hin, worauf den Richtern vom Reichskommissar mitgeteilt wurde, daß das Oberste Gericht fürderhin die Verordnungen und Erlasse der Kommissarischen Staatsräte nicht mehr zu überprüfen habe3. Das Verhalten der norwegischen Verfassungsrichter hatte eine nicht zu unterschätzende Signalwirkung und ermutigte andere Institutionen, trotz der nun einsetzenden Repressionsmaßnahmen Gleichschaltungsbemühungen zu widerstehen. Der schon bald auf die Herrschaft über die gesellschaftlichen Organisationen und Verbände verlagerte Kampf führte zu dem gleichen Ergebnis. Der Reichskommissar mußte erkennen, daß eine Nazifizierung der norwegischen Gesellschaft nach deutschem Muster nicht funktionierte. Aus dieser Erkenntnis heraus und um keine unnötige Unruhe in das Wirtschaftsleben zu bringen, ließ er auch vorerst die Gleichschaltung der Gewerkschaften abbrechen und lediglich eine kommissarische Leitung einsetzen. Das Scheitern der Gleichschaltung lag nicht unwesentlich auch daran, daß die norwegische NS-Partei in keiner Weise mit der NSDAP zu vergleichen war — weder quantitativ noch qualitativ. Im Unterschied zur NSDAP fehlte ihr eine größere Anhänger- und Mitgliederschaft, und der Zuspruch innerhalb der Bevölkerung war praktisch gleich Null. Zwar konnte Quisling die Mitgliederzahl bis 1942 auf etwa 50 000 bringen, doch handelte es sich hierbei zum größten Teil um Opportunisten verschiedenster Couleur. Der geringe Einfluß und der Dilettantismus der Nasjonal Sämling und ihres Führers Vidkun Quisling waren Terboven zur Genüge bekannt, und bekannt war ihm auch, daß die Quislingpartei im Grunde ein Hindernis für seine politischen und wirtschaftlichen Pläne darstellte. Quisling war ihm ein weltfremder Theoretiker ohne praktische Begabung. Doch der Reichskommissar mußte auf Befehl seines »Führers« wider besseres Wissen den norwegischen »Forer« und dessen Bewegung politisch fördern. Er tat dies nur halbherzig, und wo er nur konnte legte er den »Führerbefehl« zu seinen Gunsten aus. Da von Seiten der Reichsführung außer der allgemeinen Forderung, Nasjonal Sämling zu fördern, keine konkrete und umfassende Handlungsanweisung über Inhalt, Form und Zeitplan einer gesellschaftlich-politischen Neuordnung an Terboven erging, blieb es letztlich allein in dessen Ermessen, hierüber zu entscheiden. Das führte zu Mißstimmungen mit Quisling. Diese mußten zwangsläufig zunehmen, als Terboven der norwegischen Partei auf allen Ebenen deutsche politische Berater beigab, die der Nasjonal Sämling »Korsettstangen« einziehen sollten, um der Partei die nötige »politische Reife« und »Professionalität« zu vermitteln. Kompetente Leute für die Realisierung der gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Vorhaben des Reichskommissars fanden sich innerhalb der Nasjonal SamSiehe dazu Innstilling fra Undersekelseskommisjonen av 1945. Innstilling IV, S. 327 ff.

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ling allerdings kaum. Und wenn es welche gab, wie etwa den Wirtschaftsfachmann Eivind Blehr, dann erwiesen sie sich als extreme Nationalisten, die die wirtschaftlichen Pläne des Reichskommissariats zu hintertreiben trachteten. In dieser Situation baute das Reichskommissariat innerhalb der Nasjonal Sämling eine eigene deutschfreundliche Fraktion (»Pangermanen«) auf, deren Vertreter nach und nach auf die entscheidenden Posten gehievt wurden (Beispiel Alf Whist). Auch dies war der Entfremdung zwischen Reichskommissariat und den mehrheitlich national eingestellten Hierarchen der Nasjonal Sämling um Quisling und Hagelin nur förderlich. So erblaßte die »großgermanische Sendung« in Norwegen an den realen Verhältnissen und den kriegsbedingten Notwendigkeiten mehr und mehr. Die Tatsache, daß die Norweger in der nationalsozialistischen Rassenlehre als »reine Germanen« eingestuft wurden, verschonte sie zwar vor generellen polizeilichen Terror- und Unterdrückungsmaßnahmen, ganz zu schweigen von rassisch motivierter Ausrottung wie im Osten Europas — eine Ausnahme bildeten die Norweger jüdischen Glaubens —; dennoch wurde — wie in den übrigen besetzten Ländern — von Beginn der Okkupation an ein dichtes Netz von deutscher Sicherheitspolizei/Sicherheitsdienst über das Land gezogen, das nach dem Muster aus dem Reich geflochten war. Hinzu kam die Jurisdiktion der SS, die ab 1941 auch über die norwegische Bevölkerung ausgedehnt wurde. Diese Organe — Sicherheitspolizei sowie SS- und Polizeigericht — waren für den Reichskommissar ein besonders wichtiges Instrument zur Durchsetzung seiner »Politik«, und er konnte es auch effektiv nutzen, da er es voll und ganz beherrschte. Es war dies eine Ausnahme im Kontext der besetzten Gebiete, denn die Regel war, daß die Befehlshaber der Sicherheitspolizei und die Höheren SS- und Polizeiführer eine eigene »Politik« betrieben und gewöhnlicherweise mit den Chefs der Zivilverwaltung im Streit lagen. Diese SS-Organe wurden, je mehr die Resistenz der Norweger gegenüber den Maßnahmen der Besatzungsmacht zunahm, zum wichtigsten Werkzeug des Reichskommissars. Und je mehr Abstriche Terboven von seinem Neuordnungsprogramm machen mußte, weil der für Deutschland ungünstige Kriegsverlauf dazu zwang, desto mehr verlegte er sich auf das reine Herrschen und dessen Durchsetzung mit Hilfe der Polizei. Jetzt spielte es auch keine Rolle mehr, daß die Norweger »Germanen« waren. Viele bekamen dies in deutschen Konzentrationslagern oder in »Schutzhaftlagern« der Sicherheitspolizei in Norwegen zu spüren. Neben den politischen und gesellschaftlichen Neuordnungsabsichten entwikkelten die Invasoren im Sommer 1940 umfassende Neuordnungspläne für die norwegische Wirtschaft. Bei der Entscheidung für den Überfall im Winter 1940 hatte die wirtschaftliche Ausbeutung Norwegens noch keine herausragende Rolle gespielt. Der einzige kriegswirtschaftliche Gesichtspunkt, der zu diesem Zeitpunkt zum Tragen kam, berührte Norwegen nur mittelbar, nämlich die Erzverschiffung über den Winterhafen Narvik. Ausgerechnet dieser Transportweg schwedischen Eisenerzes sollte später während der Okkupation von ganz untergeordneter Bedeutung werden, weil es zunehmend an Schiffsraum mangelte und deshalb die kürzere und sicherere Verbindung über die Ostsee bzw. die schwedische Eisenbahn bevorzugt wurde.

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Die deutsche Wirtschaft war mit den Eroberungen ab 1938 in zunehmendem Maße von einer deutschen zu einer europäischen Wirtschaft geworden. Die Stellen im Reich entwickelten dabei aber — trotz der Großwirtschaftsraumphraseologie — kein System, um die verschiedenen nationalen Wirtschaftskörper der okkupierten Länder zu einer einheitlichen Wirtschaft zu verschmelzen. Die »Neue Ordnung«, die von der nationalsozialistischen Propaganda für die Wirtschaft verkündet wurde, zeigte sich ab September 1939 lediglich als eine Ausdehnung der »Blitz krieg-Wirtschaft« (Milward) des Reiches auf die besetzten Gebiete, d.h. es fand lediglich eine Ausnutzung der vorgefundenen Ressourcen für die jeweils nächsten Kriegsziele statt. Die Konkurrenz der verschiedenen Instanzen der deutschen Wirtschaftsverwaltung, das Fehlen einer Planung auf höchster Ebene trotz der Institution des Vierjahresplans, das verwaltungstechnische Festhalten daran, daß eine Kriegswirtschaft lediglich eine Wirtschaft zur Erzeugung bestimmter, festgesetzter Mengen an Rüstungsmaterial ist, der gesamte Apparat der Blitzkriegführung — das alles wurde auf die besetzten Gebiete übertragen. Und es gab dort die gleichen Streitigkeiten wie im Reich darüber, wem was innerhalb der Wirtschaft unterstand. Und so breiteten sich die innerdeutschen wirtschaftlichen Interessengegensätze und Kompetenzstreitigkeiten ab 1939 allmählich über das ganze deutschbesetzte Europa aus. Eine tendenzielle Entflechtung des kriegswirtschaftlichen Planungswirrwarrs trat erst mit dem Aufstieg Albert Speers zum zentralen Lenker der deutschen Rüstungswirtschaft ein. Diese Entwicklung konnte bei der Analyse des Einflusses und des Interesses der Reichsbehörden auch am Beispiel Norwegens diagnostiziert werden. Der vom Vierjahresplanbeauftragten (Göring) im Frühsommer 1940 großspurig verkündete »planmäßige Einbau der Nord- und Ostseestaaten in das kontinentaleuropäische Wirtschaftssystem unter deutscher Leitung« sollte auch Norwegen umfassen. Die Pläne zur Neuordnung der norwegischen Wirtschaft folgten dabei aber keiner wohlgeordneten und auf die realen Möglichkeiten der norwegischen Volkswirtschaft ausgerichteten Systematik. Es ging hier, wie anderswo auch, ganz einfach um den möglichst uneingeschränkten Bezug von Bodenschätzen und Erzeugnissen der Land-, Fisch- und Forstwirtschaft, um die Nutzung der Produktionskapazitäten, die Finanzierung der Besatzung und um die Ausweitung deutscher Kapitalbeteiligungen. Aufs Ganze gesehen unterlag damit auch Norwegen der simplen pragmatischen Aufteilung in Großdeutsches Reich und besetzte Gebiete. Das Reich diente dabei als Zentrum der industriellen Fertigwarenerzeugung und der Schwerindustrie in Europa, während den besetzten Gebieten die Produktion von Verbrauchsgütern und Nahrungsmitteln sowie die Lieferung von Rohstoffen, Energie und Halbfabrikaten zukam. Darüber hinaus scheint es, wie Milward treffend festgestellt hat, kaum einen Versuch gegeben zu haben, Europa als geschlossene Wirtschaftseinheit zu regieren, »ausgenommen auf dem Papier«4 — und in der Propaganda, sollte man hinzufügen. 4

Milward, Die deutsche Kriegswirtschaft 1939—1945, S. 33.

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Als Schlüsselinstrument, um von deutscher Seite den Warenverkehr zwischen den besetzten und abhängigen Ländern im eigenen Interesse zu steuern, erwies sich das Zentralclearing. Hier wurde einerseits über die Ein- und Ausfuhrwünsche der betreffenden Länder, darunter auch Norwegens, entschieden, andererseits war das von Berlin gesteuerte Clearing eine Quelle zur Ausplünderung der anderen Völker, da in der Regel billig eingekauft und teuer weiterverkauft wurde. Trotz detaillierter Beschäftigung mit der wehrwirtschaftlichen Bedeutung Norwegens5 überblickte die deutsche Führung zum Zeitpunkt der Invasion nicht, daß dieses Land schon bald eine überragende Bedeutung für die deutsche Kriegswirtschaft erlangen würde. Mit der Dauer des Krieges und dem Ausfall der Rohstoffzufuhren aus anderen Ländern wuchs die Wichtigkeit Norwegens als Rohstofflieferant ständig. Die militärstrategische Bedeutung des Landes stand zwar bis zuletzt mit im Vordergrund der Betrachtungen der deutschen Führung bezüglich Norwegens, so daß eine Unterbindung der Rohstofflieferungen zu keinem Zeitpunkt eine Aufgabe des Landes nach sich gezogen hätte. Es ist aber dennoch zweifelhaft, ob man deutscherseits bis in die letzten Kriegstage hinein Norwegen eine solche Aufmerksamkeit geschenkt hätte, wenn die wirtschaftlichen Leistungen geringer gewesen wären. Noch Ende Januar 1945 schickte der Chef des OKW, Keitel, ein Telegramm an Terboven, in dem zum Ausdruck kommt, daß Hitler sich zu diesem späten Zeitpunkt, als sich die sowjetischen Truppen bereits der Reichshauptstadt näherten, noch persönlich mit so einer Frage wie der Kohleversorgung für die norwegischen Industriebetriebe beschäftigte6. Auch der Reichskommissar hatte wirtschaftspolitische Vorstellungen. Terbovens ganze Existenz war zwar die eines überzeugten Vertreters der nationalsozialistischen Ideologie. Aber er war zugleich auch ein geschickter und selbstbewußter Wirtschaftspolitiker. Seine wirtschaftlichen und politischen Pläne waren, wie er in der Anfangsphase seiner Herrschaft in Norwegen erkennen ließ, Langzeitpläne, die er, wie das Aluminiumprojekt zeigt, nicht durch überzogene Kurzzeitziele der Rüstungsindustrie aufs Spiel setzen wollte. So hat gerade die Art und Weise, wie dieses Aluminiumprogramm in die Realität umgesetzt werden sollte, offengelegt, wie groß die unterschiedlichen Interessen der beteiligten Machtgruppen waren. Beide Machtgruppen, die politischen und die wirtschaftlichen, hatten das »neue Europa« vor Augen, doch unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie es aussehen sollte. Die Industrie wollte die »Großraumwirtschaft« als ein einheitliches Wirtschaftsgebiet, von dem sie die fremde Konkurrenz vertreiben und auf dem sie die Bedingungen des wirtschaftlichen Wettbewerbs und des Profits bestimmen konnte. Die Nationalsozialisten wollten die »Großraumwirtschaft« aus genau den gegenteiligen Gründen, nämlich um ihrer Gegenrevolution Stabilität zu verleihen. Durch Autarkie sollte es diesem Wirtschaftsgebiet und seiner neuen Gesellschaft ermöglicht Noch Anfang April 1940 wurde vom Reichsamt für wehrwirtschaftliche Planung eine umfangreiche Studie erstellt, in der insbesondere die Leistungskraft der Ernährungs- und der gewerblichen Wirtschaft analysiert wurde (BA, R 24/769, Die Wirtschaftsstruktur Norwegens). »Der Führer hat im Hinblick auf die angespannte Kohlenlage befohlen, daß 10 % der zurzeit in Dänemark befindlichen Kohlenvorräte, mindestens jedoch 30 000 t, sofort für Norwegen zur Verfügung zu stellen sind« (NHM, Spredte tyske arkiver, Nr. 86, Keitel an Terboven, 21.1.1945).

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werden, diesen Zustand zu perpetuieren. So kann es nicht verwundern, daß selbst ein Konzern wie die IG Farben, der den Nationalsozialisten so viel zu verdanken hatte, alles daran setzte, seine Vorstellungen von der Neugestaltung zu realisieren lind dabei massiv auf den Reichskommissar Einfluß zu nehmen. Dem Konzern ging es nicht nur um die Aufrechterhaltung seiner Position auf dem Gebiet der Stickstoffproduktion, sondern insbesondere um den Zugriff auf die norwegischen Energiequellen. Dabei schien ihm das Ziel zunächst nicht, wie von Terboven favorisiert, über einen »Elektrizitätsausbau Norwegen« erreichbar zu sein, sondern über die Unterstützung des von Göring ins Werk gesetzten Leichtmetallausbaus. Der Reichskommissar war nolens volens gezwungen, dieses von der Vierjahresplanbehörde und vom größten in Norwegen engagierten deutschen Konzern gewünschte Projekt zu unterstützen. Terbovens wirtschaftspolitische Ziele wurden jedoch nicht allein durch das an den realen Möglichkeiten (sowohl den norwegischen als auch den deutschen) vorbei geplante Leichtmetallprojekt in Frage gestellt. Schon im Herbst 1940 kündigte sich eine Reihe weiterer Faktoren an, die die Pläne des Reichskommissars hinfällig werden ließen. Hierzu zählten vor allem die Materialanforderungen und das Bauprogramm der Wehrmacht, die Begehrlichkeit der Nasjonal Sämling und die Warenverknappung im Lande. Wie immer die wirtschaftspolitischen Ambitionen des Reichskommissars sich auch entwickelten, der dominierende Faktor war die Anwesenheit einer Besatzungsarmee, deren zahlenmäßige Stärke und wirtschaftliche Vorhaben in keinerlei »gesundem« Verhältnis zur volkswirtschaftlichen Leistungskraft Norwegens standen. Die Notwendigkeit, diese Besatzungsarmee weitgehend mit den wirtschaftlichen Mitteln des besetzten Landes zu versorgen, machte schon nach wenigen Monaten die Neuordnungsbestrebungen illusorisch. Die Nachschubbedürfnisse dieser Armee bedeuteten, daß zu keiner Zeit ausreichend Schiffsraum für die umfangreichen deutschen Projekte vorhanden war. Und ihr Bauprogramm entzog den Vorhaben des Reichskommissars und anderer deutscher Stellen die Arbeitskräfte und kostete Unsummen, was zu einer erheblichen Belastung der norwegischen Finanzen führte, denn die Wehrmacht richtete ihren Geldverbrauch nicht nach dem Leistungsvermögen der norwegischen Volkswirtschaft. Sie nahm, was sie brauchte, und überließ die Klärung der Probleme den zivilen deutschen und norwegischen Stellen. Terboven war durch »Führerbefehl« gezwungen, die Versorgung dieser Besatzungsarmee und ihre Bauvorhaben mit Geld und Material aus der norwegischen Volkswirtschaft sicherzustellen. In Norwegen mußte eine völlig intakte und gut ausgerüstete Armee unterhalten werden, deren Stärke bis auf über 400 000 Mann gegen Ende der Okkupation anstieg. In den Jahren 1940 bis 1944 betrug sie im Durchschnitt etwa 300 000 Mann. In keinem anderen von deutschen Truppen besetzten Land war das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den Besatzungstruppen und der Bevölkerung so ungünstig und, wie gezeigt wurde, die geldmäßige Belastung pro Kopf der Bevölkerung auch nur annähernd so hoch wie in Norwegen. Zudem war das Land mit seinen schwierigen landwirtschaftlichen Bedingungen

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durch die Abschneidung der Versorgungslinien nach Übersee härter getroffen als irgendein anderes europäisches Land. Da Norwegen für die Wehrmacht auch nach Beendigung der Kampfhandlungen Operationsgebiet blieb, mußte der Reichskommissar weiterhin vorrangig fur die »Schaffung aller Voraussetzungen für die militärischen Bedürfnisse« sorgen, wie Hitler es ihm aufgegeben hatte. Und diese Bedürfnisse stiegen unaufhörlich. Nicht nur, daß auf durchschnittlich zehn Norweger ein Angehöriger der Wehrmacht kam, der untergebracht und verpflegt, im Winter auch zusätzlich mit Decken, Zeltbahnen und Schuhwerk ausgerüstet werden mußte, hinzu kamen auch noch zehntausende Pferde. Für diese enorme Streitmacht mußten befestigte Stellungen, Bunker, Straßen, Brücken, Eisenbahnen, Hafenanlagen und Flugplätze gebaut werden. Fertigungs- und Dienstleistungen eines erheblichen Teils der norwegischen Wirtschaft wurden von ihr in Anspruch genommen. All das wäre ohne den weitgehenden Verzicht auf nationalsozialistische Neuordnungspläne und die dadurch ermöglichte Kollaboration der norwegischen Ministerialbürokratie und Kooperation der norwegischen Wirtschaftskräfte nicht möglich gewesen. Das Schwergewicht des Arbeitsmarktes wurde vollständig auf die Bautätigkeit verlegt, und die Bauabsichten und Baupläne überstiegen wesentlich das, was das Land an Arbeitskräften dafür hergeben konnte. Die übrige Wirtschaft wurde durch diese Bautätigkeit nicht nur in ihrer Versorgung mit Arbeitskräften, sondern auch dadurch eingeschränkt, daß diese Bauprojekte einen großen Teil der Transportmittel in Anspruch nahmen und dadurch den ohnehin mangelhaften Transportraum noch mehr verknappten. Das galt nicht nur für den Verkehr mit dem Reich, sondern auch innerhalb Norwegens. Das Bauen hatte auch Auswirkungen auf die Arbeitsgesetzgebung, die ständig den Bedürfnissen der militärischen wie zivilen Bauprojekte angepaßt wurde. Wenn sich Gesetze als nicht hinreichend tauglich erwiesen, mußten sie auf deutsches Verlangen hin geändert oder ausgeweitet werden. Diese Änderungen führten nicht selten dazu, daß vorher den norwegischen Behörden gegebene Garantien, die deren Mitwirken erst in Gang gesetzt hatten, aufgehoben wurden. Dies trug in wachsendem Maße dazu bei, bei der Arbeiterschaft und der norwegischen Administration Widerstand zu wecken. Dieser Zustand wiederum verschlechterte das Verhältnis zwischen dem Reichskommissariat und den betreffenden NS-Ministern, denen Inkompetenz in der Staatsverwaltung, wenn nicht gar Renitenz vorgehalten wurde. Hinzu kam, daß die Verweigerungshaltung der Bevölkerung gegenüber der Arbeitseinsatzgesetzgebung zu einem wirksamen Instrument in den Händen der Exilregierung und der Widerstandsbewegung wurde. In einem zentralen Teil dieser Studie wird untersucht, wie die Mobilisierung der norwegischen Wirtschaft — sowohl für den Unterhalt und die Bauvorhaben der Besatzungsarmee als auch für die rüstungs- und kriegswirtschaftlichen Zwecke — durch das Reichskommissariat bewerkstelligt wurde und in welchem Maße diese Mobilisierung die politischen und gesellschaftlichen Neuordnungsbestrebungen beeinflußte. Hierbei wird besonderes Augenmerk auf das Verhältnis des Reichskommissariats zur norwegischen Bürokratie und den Verwaltungseliten des Lan-

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des, insbesondere in den norwegischen Zentralbehörden, gelegt. Es ist dies ein gan2 entscheidender Aspekt in Terbovens Regime in Norwegen. Der Reichskommissar lenkte Norwegen nicht in erster Linie über Quisling oder die Nasjonal Sämling, sondern — über seine Abteilungsleiter — weitgehend durch die traditionelle norwegische Bürokratie, die norwegischen öffentlichen Dienststellen ganz allgemein. Dies geschah mit oder ohne Nasjonal Sämling und »nationaler Regierung«, nicht selten auch gegen sie. Ja, man kann durchaus sagen, daß die Quislingpartei vom Reichskommissariat mitunter bewußt instrumentalisiert wurde, um die traditionellen Verwaltungseliten zu einer kollaborationsbereiten Haltung zu bringen. In weitem Maße war diese Zusammenarbeit des Reichskommissariats mit den traditionellen Behörden aber auch ein beiderseitiger Akt der Notwendigkeit — für die eine Seite, um die Okkupationherrschaft so reibungslos und effektiv wie möglich zu gestalten und dadurch die norwegischen Ressourcen so umfassend wie möglich nutzen zu können, für die andere Seite, um noch größeren Schaden von der norwegischen Volkswirtschaft abzuwehren, der durch den Dilettantismus der Nasjonal Sämling drohte. Bei der Beurteilung der Tätigkeit der Hauptabteilung Volkswirtschaft, die sich unter dem Hamburger Gauwirtschaftsberater Carlo Otte zur zentralen Lenkungsinstanz für die norwegische Volkswirtschaft entwickelte, erwies sich die Relevanz des Polykratiemodells für die Erklärung der nationalsozialistischen Fremdherrschaft. Durch Abordnung von höheren Ministerialbeamten und Parteifunktionären in die Behörde des Reichskommissars konnten die Reichsstellen trotz der von Terboven zu Beginn seiner Herrschaft ausgegebenen Devise »Kein Hineinregieren« auf die praktische Politik des Reichskommissariats auf vielfältige Weise einwirken. Dabei zeigte sich gerade im Hinblick auf die Interessen der Reichsministerien, daß die Untersuchung der deutschen Besatzungspolitik in Norwegen ohne die Kenntnis der spezifischen Vorstellungen dieser Reichsinstanzen oberflächlich bleiben muß. Denn hier wurden auf vielen Ebenen die Gegensätze, die zwischen den innerdeutschen Machtgruppen herrschten, ausgetragen. Die Untersuchung der Hauptabteilung Volkswirtschaft als Lenkungsorgan zeigte auch, daß die Abteilungsleiter der wichtigen Ressorts (Finanzen, Ausfuhrwirtschaft, Binnenwirtschaft, Preisbildung), auch wenn sie Parteimitglieder waren, eher in traditionellen, wilhelminisch-imperialen Kategorien dachten und handelten. Die Betrachtung des Wirkens der Hauptabteilung Volkswirtschaft machte schließlich deutlich, daß die Besatzungsbehörde keineswegs so homogen war, wie gemeinhin dargestellt. Es war auch nicht die von Terboven angestrebte Behörde neuer Art durch Verschmelzung von Ressortbeamten und Parteifunktionären. Die Ressortbeamten waren zum großen Teil weiterhin ihren Heimatbehörden verpflichtet, genauso wie die Parteifunktionäre eine stärker weltanschauliche Komponente in ihre Abteilungen brachten — wenn wir beispielsweise an die Tätigkeit der Abteilung Landwirtschaft und Ernährung denken. Von besonderer Bedeutung war angesichts dieser Gegebenheiten die deutsche Finanzpolitik in Norwegen. Die gewaltige finanzielle Belastung drohte die norwegischen Staatsfinanzen zu zerstören, denn die normale Erscheinung der Kriegswirt-

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Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

Schaft — durch öffentliche Aufträge gesteigerte Kaufkraft einerseits und Warenmangel andererseits — blieb auch Norwegen nicht erspart und nahm hier sogar einen besonders großen Umfang an, insbesondere wegen der Aufträge im Rüstungs- und Bausektor, die im Verhältnis zu der geringen Wirtschaftskraft des Landes eine ganz ungewöhnliche Größe erreichten. Die regulativen Maßnahmen, die zur Bekämpfung der schädlichen Folgen dieser Erscheinung durch die Finanzsachverständigen des Reichskommissariats getroffen wurden, waren um so mehr einer starken Belastungsprobe ausgesetzt, als die spekulative Einstellung eines Großteils des norwegischen Handels und der Bauwirtschaft diese Kriegswirtschaftsordnung als ein lästiges Hemmnis empfinden mußte. Auch die Einstellung der Wehrmachtwirtschaftsstellen zu diesem Problem war indifferent, und der stete Kampf des Reichskommissariats gegen den Schleichhandel und die Lohntreiberei begegnete insbesondere bei nachgeordneten Wehrmachtdienststellen nicht immer dem nötigen Verständnis. Auch die Protagonisten der Nasjonal Sämling standen den finanzwirtschaftlichen Lenkungsmaßnahmen häufig verständnislos gegenüber. Dies war eine ständige Quelle für Friktionen, wobei sich nicht einfach nur die deutschen und die norwegischen Nationalsozialisten gegenüberstanden, sondern die Fronten liefen quer durch die Parteien: Auf der einen Seite gab es die »pangermanische« Fraktion in der NS, die den deutschen Lenkungsmaßnahmen — aufs Ganze gesehen — willfährig gegenüberstand; es gab aber zugleich auch eine starke nationale Fraktion, die in den deutschen Maßnahmen eine Ausplünderung des Landes sah. Auf deutscher Seite wiederum standen die Ressortbeamten, die mit den »Pangermanen« zusammenarbeiteten, gegen die Ideologen um den Einsatzstab, die eine Nazifizierung des norwegischen Wirtschaftslebens unterstützten. Bei dem Bestreben, eine Inflation zu vermeiden, war es für die deutschen Finanzexperten verhältnismäßig leicht, die traditionellen norwegischen Behörden zur Zusammenarbeit zu bewegen — ungeachtet der sonstigen politischen Unterschiede und Gegensätze. Es war im Gegenteil sogar so, daß die nicht der Nasjonal Sämling nahestehenden Beamten stärker auf die Bekämpfung der Inflation bedacht waren als die »nationale norwegische Regierung«. Die Maßnahmen des Reichskommissariats auf diesem Gebiet waren in nicht geringem Maße auch gegen die Wehrmacht bzw. gegen deren Verbrauch von Dienstleistungen und Waren gerichtet. Eine Inflation läßt sich aber nur dann verhindern, wenn trotz Geld- und Preiskontrolle und Rationierung noch ein Minimum an Waren über den freien Markt erhältlich ist. Daher durfte der Verbrauch der Besatzungsmacht ein bestimmtes Maximum nicht übersteigen. Mit der Besetzung waren die lebhaften und volkswirtschaftlich enorm wichtigen überseeischen Handelsverbindungen Norwegens auf einen Schlag abgeschnitten. Die dadurch ausbleibenden wirtschaftlich wichtigen Zufuhren konnte Deutschland jedoch wegen eigenen Mangels nur teilweise ersetzen und es mußte seine Lieferungen zudem immer mehr einschränken. Nur zum Teil konnte Norwegen auf einheimische Ersatzstoffe an Stelle der bisherigen Bezüge aus fremden Ländern umstellen, zum Beispiel in der vermehrten Verwendung von Brennholz statt Kohle für die Verkehrsmittel oder den Einsatz von Futterzellulose in der Viehwirtschaft. Diese Umstellungen wiederum machten einen be-

Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

463

trächtlichen Kapitaleinsatz erforderlich, um die Wirtschaft nicht nur für die Binnenversorgung, sondern auch für die Interessen der deutschen Kriegswirtschaft am Laufen zu halten. Die deutsche Finanzpolitik in Norwegen war unter den gegebenen Umständen sinn- und erfolgreich. Es wurde — gegen Nasjonal Sämling — eine effektive Steuerpolitik durchgesetzt, die die in Folge der Notenvermehrung gestiegene Kaufkraft abschöpfte und die Inflation dadurch in erträglichen Grenzen hielt. In Verfolg dieser Aufgabe fand auch eine Modernisierung des norwegischen fiskalischen Apparats und Instrumentariums statt, die den Staat (auch nach 1945) in die Lage versetzte, in weit größerem Umfang als zuvor Zugriff auf die Einkommen seiner Bürger zu erhalten. Nachdem somit festgestellt werden kann, daß die Neuordnung nicht über Anfänge hinauskam, stellt sich die Frage, in welchem Maße es gelang, die Ressourcen des Landes für die deutsche Kriegswirtschaft zu nutzen. Bei der Suche nach wirtschaftlichen Interessenten an Norwegen stößt man neben der Wehrmacht und den unmittelbar mit der Rüstung befaßten reichsdeutschen Stellen auch auf die großen Konzerne der deutschen chemischen und Elektroindustrie. Schon lange vor dem Krieg interessierten diese sich für die schier unerschöpflichen Energiequellen des Landes. Gemeint sind die damals für die Elektrizitätserzeugung in Betracht gezogenen Wasserkräfte, nämlich etwa 1000 nutzbare Wasserfalle mit einer Gesamdeistung von 10 bis 12 Mio Megawatt, die eine Voraussetzung zur Errichtung von gewaltigen Industrieanlagen darstellten, die zudem meist in der Nähe von Erzgruben gelegen und durch die tief ins Land schneidenden Fjorde mit Schiffen leicht zu erreichen gewesen wären. Letzteres hätte die Transportkosten relativ niedrig gehalten. Der Nutzbarmachung und Ausbeutung dieser Ressourcen waren aber durch gesetzliche Regelungen Grenzen gesetzt, die in Norwegen nach der Erringung der staatlichen Unabhängigkeit 1905 geschaffen worden waren, denen zufolge alle Naturreichtümer des Landes der Ausbeutung durch norwegisch kontrolliertes Kapital und in staatlicher Regie vorbehalten bleiben sollten. Mit der Okkupation des Landes schien diese Konzessionsgesetzgebung hinfallig zu werden, so daß das Interesse der deutschen Konzerne, die bislang durch Minderheitenkapitalbeteiligung in die Projekte integriert waren (Beispiel IG Farben bei Norsk Hydro), an einem weiteren Ausbau der Kraftwerke und Industrieanlagen entflammte. Die Absichten der deutschen Industrie zielten darauf, in die wichtigeren norwegischen Industrieunternehmen als Mehrheitsaktionäre einzudringen. Dieses Vorhaben wurde von der Vierjahresplanbehörde gefördert, die hierzu einen Geheimerlaß herausgab, der alle relevanten deutschen Stellen anwies, derartige Bestrebungen der deutschen Wirtschaft notfalls durch Zwangsmaßnahmen zu unterstützen7. Erleichtert wurde das Bestreben dadurch, daß in der norwegischen Industrie umfangreiches britisches, französisches und US-amerikanisches Kapital angelegt war, das als feindliches Vermögen gemäß Kriegsvölkerrecht unter deutsche Sequestration fiel. Als Vermögensverwalter wurden durchweg Vertreter der großen, an Nor7

BA, R 2/13696, Erlaß Görmgs vom 1.8.1940.

464

Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

Erzeugung von Eisenerz und Schwefelkies 1938 bis 1944 (in t) I Eisenerz

1400000

Schwefelkies

I

1200000

\

1000000

800000

Λ Λ

^

600000

400000

200000

0

1938

1939

1940

1941

1942

1943

Quelle: RAC), RK.F0 5365/45. HAVoWt: Produktion wichtiger Bergbau- und Hüttenprodukte 1938 bis 1944.

1944 04386-02

wegen interessierten Konzerne eingesetzt. Auf diese Weise konnte sich beispielsweise der IG-Farben-Konzern durch Übernahme britischer und französischer Anteile faktisch die Aktienmehrheit am größten norwegischen Industrieunternehmen, dem Norsk-Hydro-Konzern, sichern. Schon von Anfang an hatten führende deutsche Unternehmen ihr Interesse an Norwegen in einer Weise bekundet, daß sich der Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium Waldemar Ludwig — noch während die Invasion stattfand — gegenüber führenden Mitarbeitern in der IG-Farben-Zentrale in Berlin zu der Äußerung genötigt sah, daß nun ein »Ausverkauf Norwegens« bevorstünde8. Und in der Tat, schon Mitte April 1940 fanden die ersten Verhandlungen der IG mit dem Kruppkonzern über die Ausbeutung der norwegischen Molybdänerzvorkommen statt, in die später im Rahmen der »Molybdän-Gemeinschaft Norwegen« weitere Unternehmungen einbezogen wurden. Versucht man, den Beitrag Norwegens zur deutschen »Großraumwirtschaft« zusammenfassend zu beurteilen, dann kommt man zu einer für die nationalsozialistischen Planer und Politiker ernüchternden Bilanz. Auf kaum einem Gebiet wurden die hohen Erwartungen erfüllt. Ja es war sogar so, daß die Leistungen bis 1942 rapide sanken, wie die umstehenden Diagramme veranschaulichen. Das hatte mehrere Ursachen. Neben den sich verschärfenden Transportproblemen und der

8

Zit. nach: Europa unterm Hakenkreuz, Bd 7, S. 28.

465

S c h l u ß b e t r a c h t u n g : »Nationalsozialistische N e u o r d n u n g « u n d Kriegswirtschaft

Erzeugung rüstungswirtschaftlich wichtiger Rohstoffe in Norwegen 1938 bis 1944 250 000

225000

200000

Γ

175000

150 000

125000

100000

75000

&wSsssSSi É 8 S 8 » 50000

25000

193$

1939

1940

1941

1942

1943

1944

Kupfererzkonz.

Kupfer

j

Zink (leg.)

Nickelerz

I

Nickel

Ferrosilizium

Ferromangan

J

Silicomangan

Ferrochrom

Aluminium

Queue: RAO, RK, FD. 5365/45, HAVoWi: Produktion wichtiger Bergbau- und Hüttenprodukte 1938-1944.

Zinkerzkonz.

©MGFA 04387-03

466

Schlußbetrachtung: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft

erzwungenen Konzentration auf die Bauwirtschaft lagen sie letztlich im Planungswirrwarr der mit der norwegischen Wirtschaft befaßten reichsdeutschen Stellen. Dazu gehört auch, daß die Produktion rüstungswirtschaftlicher Güter durch das überdimensionierte Leichtmetallprojekt beschränkt wurde. Erst als dieses notgedrungen zurückgeschraubt wurde und im Reich unter Albert Speer eine zentrale kriegswirtschaftliche Lenkung einsetzte, die klare Prioritäten setzte, konnte die norwegische Produktion rüstungswirtschaftlicher Güter wieder angehoben werden. Die Konstruktion der »neuen europäischen Wirtschaft« trat nun allerdings in den Hintergrund zugunsten der Organisation einer europäischen Kriegswirtschaft, die schon im Januar 1942 durch einen Geheimerlaß Hitlers angedeutet worden war9. Die Rohstofflieferungen aus Norwegen gewannen in dem Maße an Bedeutung für die deutsche Rüstungswirtschaft, wie andere bedeutende Rohstoffquellen, etwa Sizilien für Schwefel und die südöstliche Ukraine für Eisenerze und Stahlveredler, verloren gingen. Doch 1944 wurde auch die norwegische Wirtschaft in die deutsche Agonie hineingezogen. Der deutsche Zugriff auf die kriegswirtschaftlichen Ressourcen Norwegens ist letzten Endes in ganz anderer Weise vonstatten gegangen, als es die ursprünglichen Planungen über die Neuordnung der norwegischen Wirtschaft vorgesehen hatten. Die Neuordnung war sektoral schlicht und einfach nichts anderes als eine zunehmend offene Ausbeutung — wobei in diesem Zusammenhang aber eindeutig festgehalten werden muß, daß zwischen nationalsozialistischer Neuordnung und Ausbeutung kein inhärenter Widerspruch bestand. Bei all dem blieb die Okkupationsherrschaft stets eine Improvisation, die immer neue Improvisationen erzwang. Aus diesen einmal geschaffenen Verhältnissen konnten sich weder Terboven noch seine führenden Mitspieler lösen. Der Unterhalt einer bis zuletzt intakten kampffähigen Armee war letztlich das vielleicht einzige »positive« Resultat. Die wirtschaftlichen und politischen Neuordnungsprojekte in Norwegen selbst waren ein Fehlschlag. Wie schrieb doch Walther Funk schon 1940: »Die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik hat sich bei ihren Methoden nie von einer sturen Dogmatik leiten lassen. Wir haben stets diejenige Methode angewandt, die uns jeweils als die zweckmäßigste erschien10.«

9

10

Diesem »Führererlaß« vom 10. Januar 1942 2ufolge sollte die Verwaltung nun rigoros dafür sorgen, daß alle verfugbaren Kräfte für die Wehrmacht und die Rüstungsindustrie eingesetzt werden (abgedr. in: »Führer-Erlasse« 1938—1945, S. 219—221; siehe dazu auch Herbst, Der totale Krieg, S. 176). Funk, Wirtschaftliche Neuordnung Europas, S. 6.

Abkürzungsverzeichnis AA Abt. AD AP AG A.K. AO AOK APA A/S AST AT BA BA-MA BDC BdO BdS/SD Bf Brigf.

Auswärtiges Amt Abteiliang Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik Aktiengesellschaft Armeekorps Auslandsorganisation Armeeoberkommando Außenpolitisches Amt (der NSDAP) Aksjeselskap (Aktiengesellschaft) Abwehrstelle Arbeidstjeneste (Arbeitsdienst) Bundesarchiv Bundesarchiv/Militärarchiv Berlin Document Centre Befehlshaber der Ordnungspolizei Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes Bahnhof Brigadefiiihrer

CdS/SD

Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes im Reichssicherheitshauptamt

DAF

Deutsche Arbeitsfront

e.a.

et alii

FD F.E.G. FHq. FwiAmt GBW Gebechem Geb.-Tr. Gen.Adm. Gestapo Gruf. GSSN HA Hansa

Foreign Documents Fischeinkaufsgemeinschaft Führerhauptquartier Feldwirtschaftsamt Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft Generalbevollmächtigter für Sonderfragen der chemischen Erzeugung Gebirgstruppen Generaladmiral Geheime Staatspolizei Gruppenführer Germanske SS Norge

Hauptabteilung Hansa Leichtmetall AG, Berlin HaPol.Abt. Handelspolitische Abteilung Hauptabteilung Technik HATe HATeVe Hauptabteilung Technik und Verkehr HAV Hauptabteilung Verwaltung HAVoPro Hauptabteilung Volksaufklärung und Propaganda Hauptabteilung VolksHAVoWi wirtschaft HMRG Historische Mitteilungen der Ranke-Gesellschaft Hscharf. Hauptscharführer Höherer SS- und PolizeiHSSPF führer

468

Abkürzungsverzeichnis

HStuf.

Haupts turmfïihrer

IfZ IG Farben

Institut für Zeitgeschichte Interessengemeinschaft Farbenindustrie AG Internationales Militärtribunal gegen die Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg im Original hervorgehoben

IMT

i.O.h. jato

Tonnen (t) im Jahr

KdS/SD

Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes KL Konzentrationslager KMD Kriegsmarine-Dienststelle Kodeis Kommandeur der Eisenbahntruppe Kommissi- Kommission Norwegen on Ν Kr. Kronen KTB Kriegstagebuch kV Kilovolt Kilowatt kW LO

MGFA Milorg MinDir MinDirig MinRat Mio MOK moto

Landsorganisasjon (Landesorganisation), Dachverband der norwegischen Gewerkschaften Militärgeschichtliches Forschungsamt Militaerorganisasjon (militärischer Zweig des norwegischen Widerstands) Ministerialdirektor Ministerialdirigent Ministerialrat Millionen Marineoberkommando Tonnen (t) im Monat

MR Mrd MS MStGB MW

Ministerialrat Milliarden Manuskript Militärstrafgesetzbuch Megawatt

NACO

Norsk Aluminium Company, Oslo Nordisk Aluminium Industri, Holmestrand Norges Hjemmefrontmuseum (Krigsarkiv) Historisk Tidsskrift, Oslo Nordische Aluminium AG, Berlin Tochtergesellschaft der Nordag/Hansa in Norwegen (Oslo) Norsk Hydroelektrisk Kvaelstoff A/S, Oslo Nasjonal Sämling Norges Statsbaner (Norwegische Staatsbahnen) Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

ΝΑΙ ΝΗΜ NHT Nordag Nordag A/S Norsk Hydro NS NSB NSDAP OB ObM o.D. OF OGruf. OKH OKM OKW Op.(H) O.Qu. ORR OStubaf. OT

Oberbefehlshaber Oberbefehlshaber der Kriegsmarine ohne Datum Oberführer Obergruppenführer Oberkommando des Heeres Oberkommando der Marine Oberkommando der Wehrmacht Operationsabteilung (Heer) Oberquartiermeister Oberregierungsrat Obersturmbannführer Organisation Todt

Abkürzungsverzeichnis

RWiMin Pg· PolAbt. Pol.Aich. PRO PWISN qkm Qu. RAD RAO

Parteigenosse Politische Abteilung Politisches Archiv (des AA) Public Record Office (London) Prisoners of War Interrogation Squad/Norway Quadratkilometer Quartiermeister

Reichsarbeitsdienst Riksarkivet Oslo (Reichsarchiv Oslo) RdF Reichsminister der Finanzen Reichsfinanzministerium RFM Reichsführer SS RFSS RFSSuCh Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei DtPol RGBl. Reichsgesetzblatt RK Reichskommissar/Reichskommissariat (Norwegen) RKfPr Reichskommissar (Reichskommissariat) für die Preisbildung Reichskreditkassen RKK RK-See Reichskommissar für die Seeschiffahrt RLM Reichsluftfahrtministerium RM Reichsmark RR Regierungsrat RS HA Reichssicherheitshauptamt RuK-Mini- Ministerium für Rüstung sterium und Kriegsproduktion RVM Reichsverkehrsministerium RWE Rheinisch-Westfälische Elektricitätswerke (Essen)

RWM SA SD SiPo/SD SIS SJH Ski. SOE SP SS SSPF SSu.Pol. Ger. Standf. StScharf Stubaf. t tdw TO VAW

469

Reichswirtschaftsminister(erium) Reichswirtschaftsministerium Sturmabteilung (der NSDAP) Sicherheitsdienst (der SS) Sicherheitspolizei/ Sicherheitsdienst Special Intelligence Squad Scandinavian Journal of History Seekriegsleitung Special Operations Executive Sicherheitspolizei Schutzstaffel (der NSDAP) SS- und Polizeiführer | SS- und Polizeigericht Standartenführer Sturmscharführer Sturmbannführer Tonne Tonne Tragfähigkeit Transportoffizier (der Wehrmacht)

Vereinigte Aluminium Werke AG, Berlin Vestag Vereinigte Stahlwerke AG, Düsseldorf V-Fall Verteidigungs fall Vierteljahrshefte für ZeitVfZG geschichte Vereinigte IndustrieunterViag nehmungen AG VoBLNorw Verordnungsblatt für die besetzten norwegischen Gebiete WBfh. Wehrmachtbefehlshaber

470

WBN WeWiStab WFA WFSt

Abkürzungsverzeichnis

Wehrmachtbefehlshaber Norwegen Wehrwirtschaftsstab beim WBN Wehrmachtfïihrungsamt Wehrmachtfíihrungsstab

WiRüAmt W Stb WVHA

(Wehr)Wirtschafts u. Rüstungsamt beim O KW Wirtschaftsstab Wirtschaftsverwal tungshauptamt (der SS)

Verzeichnis der Diagramme, Tabellen und Tafeln Standorte wichtiger norwegischer Industrieanlagen und Gruben, Stand: 1940 Übersichtskarte Nordeuropa April 1940 Organisationsstruktur der Behörde des Reichskommissars Organisationsschema der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Norwegen; Stand: Ende 1940 bis Februar 1945 Lage der Dienststellen und der Hafdager der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes in Norwegen, Ende 1940 bis Mai 1945 Aufbau der Hauptabteilung Volkswirtschaft und deren Abteilungsleiter Tabelle 1: Zuordnung der Abteilungen der Hauptabteilung Volkswirtschaft zu den norwegischen Departements Monatliche Steigerung der Lebenshaltungskosten August 1939 bis März 1945 (in Prozent) Verteilung der norwegischen Fischexporte 1938 und 1943 Tabelle 2: Fangmenge (in t) und Zahl der Fischer in der Lofotenfischerei 1934 bis 1944 Tabelle 3: Fangmenge (in t) der norwegischen Heringsfischerei 1934 bis 1944 Tabelle 4: Fischexport nach Deutschland 1940 bis 1943 (in t, nach Kaienderjahr) Tabelle 5: Fischversorgung des deutschen Marktes 1939 bis 1943 (in t, nur Fisch für den menschlichen Verzehr, nach Wirtschaftsjahr) Zahlungstransfer Norwegens über das Berliner Zentralclearing im Jahre 1941 (in Mio RM) Die Entwicklung lier Geldentnahme der Wehrmacht bei Norges Bank und des Notenumlaufs 1940 bis 1945 (in Mio Kronen; kumulativ) Monatlicher Bargeldverbrauch der Wehrmachtteile von April bis Dezember 1940 (in Mio Kronen) Tabelle 6: Entwicklung der Haushaltsausgaben 1939 bis 1944 (gerundete Zahlen in Mio Kr.) Tabelle 7: Steuereinnahmen 1939 bis 1945 (in Mio Kr.) Von der OT-Einsatzgruppe »Wiking« beim Bau der Nordlandbahn von Juli 1943 bis April 1944 eingesetzte Arbeitskräfte Standorte für den Leichtmetallausbau Tabelle 8: Erweitertes Koppenbergprogramm (Stand 1.7.1941, Mengen in jato)

59 78 88 167 168 259 278 282 283 284 286 288 309 310 328 335 378 396 398

472

Verzeichnis der Diagramme, Tabellen und Tafeln

Koppenbergplan für den Leichtmetallausbau in Norwegen, 1940/41 Tabelle 9: Dringlichkeitsprogramm für den Aluminiumausbau (Zahlenangaben in jato) Westrickplan für den Leichtmetallausbau in Norwegen, 1942 Norwegische Aluminiumproduktion und Ausfuhren davon nach Deutschland 1938 bis 1944 (in t) Einfuhr von Bauxit und Tonerde nach Norwegen 1938 bis 1944 (in t) Tabelle 10: Von Juni 1940 bis April 1941 aus Norwegen nach Deutschland gelieferte Rohstoffe (in t) Monatliche Indexzahlen der norwegischen Industrie 1940 Tabelle 11: Vom Reich gefordertes Rohstoffproduktions- und Lieferprogramm 1.9.1942 bis 31.8.1943 und seine Umsetzung Entwicklung der Kohlelage September 1943 bis März 1945 Tabelle 12: Vom Reich gefordertes Rohstoffproduktions- und Lieferprogramm 1.9.1943 bis 31.8.1944 und seine Umsetzung Tabelle 13: Plansoll und Produktion norwegischer Rohstoffe 1.9. bis 31.12.1944 Erzeugung von Eisenerz und Schwefelkies 1938 bis 1944 ( in t) Erzeugung rüstungswirtschaftlich wichtiger Rohstoffe in Norwegen 1938 bis 1944

404 411 412 415 416 425 427 432 442 446 448 464 465

Quellen und Literatur Unveröffentliche Quellen Riksarkivet Oslo (RAO) Der Reichskommissar für die besetzen norwegischen Gebiete (RK) Reichskommissariat generelt, pakke 1 - 9 Diverse, pakke 82 Hauptabteilving Verwaltung (HAV) Zentralabteilung, pakke 1-43 Abt. Allgemeine Staatsverwaltung, pakke 1-12 Abt. Finanzen, pakke 1 - 9 6 Hauptabteilung Volkswirtschaft (HAVoWi) Allgemeine Abteilung (Zentralabteilung), pakke 1 - 8 Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau, pakke 1-24 Abt. Beauftragter des RK bei Norges Bank, pakke 1 und 3 Abt. Preisbildungu. Preisüberwachung, pakke 1, eske 1 - 6 Abt. Binnenwirtschaft, pakke 1-131 Abt. Ernährung u. Landwirtschaft, pakke 1 - 6 1 Abt. Fischwirtschaft, pakke 1-29 Abt. Holz- u. Forstwirtschaft, pakke 1-12 Abt. Arbeit u. Sozialwesen, pakke 1-117 Hauptabteilung Volksaufklärung und Propaganda (HAVoPro) Avisutklipp, 1. serie: 1940-43, pakke 1-46; 2. serie: 1944/45, pakke 47-58; Tillegg, pakke 59-65; Diverse, pakke 86 Hauptabteilung Technik und Verkehr (HATeVe) Der Höhere SS- und Polizeifuhrer Nord (HSSPF) Serie 1: generelt, pakke 1 - 3 ; Serie 2: SS-u.Pol.Ger. IX (Nord), pakke 4-18; SS-Wirtschafter u. SS-Zentralbauleitung, pakke 19-22, 24, 25; Serie 17: Protokoller, bunt 1 - 8 Doc.Sec., pakke 21 NSDAP Landesgruppe Norwegen pakke 1 - 5 Der Beauftragte des Reichsarbeitsfüihrers pakke 1 - 3 AS Nordag

474

Quellen und Literatur

Avlevering fra Foreign Documents Centre (FD), Imperial War Museum London Deutsche Handelskammer in Norwegen pakke 30: Zusammenarbeit mit Reichswirtschaftskammer; Zusammenarbeit mit deutschen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft; Zusammenarbeit mit den Gauwirtschaftskammern; Zusammenarbeit mit der Reichsstelle für den Außenhandel pakke 31: Zusammenarbeit mit den deutschen Auslandshandelskammern; Zusammenarbeit mit norwegischen Wirtschaftsorganisationen pakke 32: Zusammenarbeit mit Feldwirtschaftskommando; Zusammenarbeit mit deutschen Firmen in Norwegen pakke 39: Tätigkeitsberichte pakke 152,153: Protokoll und Bericht über die Gründungsversammlung pakke 154: Außenhandel, Banken handssrikarkivet (Norwegische Landesverrats- bzw. Kriegsverbrecherprozesse, Untersuchungsund Prozeßakten) L-dom Oslo: 29 (Vidkun Quisling) 446 (Aksel Stang) 564 (SS-Scharführer Karl Hans Klinge u.a.) 846 (Albert Viljam Hagelin) 1098 (Alf L. Whist) 1099 (Rolf Fuglesang) 1171 (Per Einarson von Hirsch) 1559 (Sverre Riisnaes) 1724 (Birger Meideil) 2046 (Roald Dysthe) 2881-82-83 (SS-UStuf. Richard Bruns, SS-HScharf. Rudolf Schubert, SSStScharf. Emil Clemens) 3299 (Hans Skarphagen) 3500 (SS-HStuf. Siegfried Wolfgang Fehmer) 3570-71 (Kriminalsekr. Heinrich Vierke) 3679 (Gertrud Thielicke Karisen) 3802 (fohan Lippestad) 3803 (Ragnar Skancke) 3941 (SS-HStuf. Wilhelm Esser) 4028-29-30 (SS-OStubaf. Hans Latza u.a. [Fall SS-u.Pol.Ger. Nord]) 4150 (SS-OStubaf. Dr. Rudolf Schiedermair) 4201 (Oystein Ravner) 4367 (Eivind Blehr) 4434 (SS-HStuf. Oscar Hans) 9065 (SS-StScharf. August Stuckmann)

Quellen und Literatur

475

Oslo Politikammer: Β 3059 (SS-OStubaf. Dr. Karl Werner Braune) Β 3061 (SS-Oberführer Senator Carolus [Carlo] Otte) Η 2140 (SS-Stubaf. Friedrich Preiss) Η 4987 (SS-Oberfïihrer MinRat Georg Wilhelm Müller) H 16645 (SS-OStubaf. Herbert Noot) S 28730 (SS-HStuf. Albert Weiner) L-dom Trondheim: 798 (SS-OStubaf. Gerhard Flesch) L-dom Bergen: 723 (SS-OStubaf. Dr. Ernst Weimann) Administrasjonsrâdets arkiv Moteprotokoll og vedtaksprotokoll Bestemmelser av Administrasjonsrâdet 1940 Norges Hjemmefrontmuseum, Oslo (NHM) (Norwegisches Widerstandsmuseum) Krigsarkivei i Norges Hjemmefrontmuseum (Kriegsarchiv des Norwegischen Widerstandsmuseums) F/II, boks 20: Siegfried Wolfgang Fehmer: Meine Tätigkeit bei der Geheimen Staatspolizei Erlebnisse, Erfahrungen, Erkenntnisse (MS 1945) Bericht und Vernehmung des Generalobersten Nikolaus von Falkenhorst (Sept./Okt. 1945) Avhoring av den tyske admiral Krancke (28.8.1945) Admiral Krancke: Die Kriegführung von deutscher Seite aus [ohne Datum (1945)] Eidesstattliche Erklärung des früheren deutschen Korvettenkapitäns Richard Schreiber (5.5.1946) Regierungspräsident Dr. Hans-Reinhard Koch: Virksomhetsrapport HA Verwaltung (11.12.1945) Dr. Bruno Schwarze: Bericht über die Gründung und die Arbeit der Deutschen Handelskammer in Norwegen (MS 19.6.1945) FO/II, boks 20: Bericht des Oberkommandos der 20. (Geb.) Armee über die Evakuierung Nordnorwegens vom 15.12.1944 FO/IV, boks 34: Referat fra Möte i Stockholm mars 1944 boks 122: BdS/SD Norwegen; Tätigkeitsberichte, Tagesrapporte 1941

476

Quellen und Literatuí

boks 123: BdS/SD Norwegen; Tätigkeitsberichte, Tagesrapporte 1942/43/44 boks 124: BdS/SD Norwegen: Tätigkeitsberichte, Tagesrapporte 1945 boks 126: Varia SiPo/SD Personalia, dienstliche Mitteilungen etc. boks 128: Deutsche OrdnungspolÍ2ei in Norwegen, Stellung und Aufbau, Geschäftsverteilungspläne, Personalia, polizeiliches Bauwesen boks152: Prisoners of War Interrogation Squad (Norway). Consolidated Reports, PWIS N/1-79 boks 153: Prisoners of War Interrogation Squad (Norway). Consolidated Reports, PWIS N/80-136 Spredte tyske arkiver (verstreute deutsche Archive, in durchnumerierten Archivschachteln): Nr. 56B: RK HA Technik und Verkehr Nr. 57: RK HAVoWi, Abt. Ernährung und Landwirtschaft Nr. 58, 58A, 59, 60, 61: RK HAV, Abt. Finanzen Nr. 62, 63, 63A: RK HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft Nr. 69: RK HAVoPro, Norwegische Handelsflotte Nr. 75: RK HAVoPro, Fernschreiben 23.9.40-31.12.41 Nr. 83: RK HAVoWi, Abt. Arbeit u. Sozialwesen, Handakte Einsatz von Kriegsgefangenen in Norwegen Nr. 84, 85: RK HAVoWi, Monatsberichte Sept. 44-Febr. 45 Nr. 86: RK HAVoWi, Abt. Binnenwirtschaft, Kohleversorgung Norwegens Nr. 87A, B, C: RK HAV, Varia Staatsrecht Nr. 97, 98, 99 a-g: NSDAP in Norwegen Nr. 100: Deutsche Handelskammer in Norwegen Nr. 102, 102A: Tyske reservater (Internierungslager); Varia Wehrmachtgerichtsbarkeit in Norwegen Nr. 118: Alliierte Rechtssache gegen OStubaf. Hans Blomberg u.a. Nr. 119: Materialien zum Kriegsverbrecherprozeß gegen Gertrud Thielicke Karisen und SS-HStuf. Wilhelm Wagner Nr. 122: FO II (Field Security): Gefangenenerklärungen und Berichte Nr. 127,128: FO II: BdS & KdS Norway, Arrestable Categories Archiv Pfarramt Deutsche Evangelische Kirchengemeinde Oslo Nacblaß(splitter) Pastor Günther

Quellen und Literatur

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Archiv Alfa Bibliotek, Oslo Sammlung Vidkun Quisling og Nasjonal Sämling Sammlung Vorbereitung und Durchführung »Operation Weserübung« Sammlung Varia Akten HSSPF Nord Bundesarchiv (BA) (Seit dem Abschluß des Manuskripts sind die nachfolgend angegebenen Bestände des Bundesarchivs Koblenz neu geordnet bzw. mit Beständen aus Archiven der ehemaligen DDR zusammengelegt und zum Teil auch zu neuen Standorten verbracht worden) Serie R (Reich): R 2: Reichsministerium der Finanzen R 3: Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion R 4: Der Generalinspektor für Wasser und Energie 4/45,46 Energiewirtschaftslage Norwegens 4/47 Generalplan für den Ausbau der Wasserkräfte Norwegens 4/48 Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaft für den Elektrizitätsausbau Norwegens R 5: Reichsverkehrsministerium Akten betr. Norwegen (Eisenbahn) R 7: Reichswirtschaftsministerium Akten betr. Norwegen R 19: Hauptamt Ordnungspolizei R 24: Statistisches Reichsamt Akten betr. Nordeuropa R 25: Reichsamt für Wirtschaftsausbau R 26: Der Beauftragte für den Vierjahresplan I: Zentrale II: Reichskommissar für die Preisbildung IV: Geschäftsgruppe Ernährung R 27: Prisenhof Hamburg R 28: Dienststellen der Deutschen Reichsbank R 29: Hauptverwaltung der Reichskreditkassen R 43 II: Neue Reichskanzlei R 50 I: Organisation Todt, XII: OT-Einsatzgruppe Wiking R 50 II: Transporteinheiten Speer R 55: Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda R 58: Reichssicherheitshauptamt R 70: Polizeidienststellen in den besetzten und eingegliederten Gebieten R 70 Ν (Norwegen); R 70 DK (Dänemark) R 83: Zentralbehörden der allgemeinen deutschen Zivilverwaltung in den besetzten Gebieten

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Quellen und Literatur

R 87: Reichskommissar für die Behandlung feindlichen Vermögens R 147: Reichskommissar für die Seeschiffahrt Serie NS (Nationalsozialistische Organisationen): NS 2: SS-Rasse- und Siedlungshauptamt NS 3: SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt NS 6: Akten der Parteikanzlei NS 7: SS- u. Polizeigerichtsbarkeit NS 8: Kanzlei Rosenberg NS 19: Persönlicher Stab Reichsfiihrer SS NS 26: Hauptarchiv der NSDAP NS 31: SS-Hauptamt NS 43: Außenpolitisches Amt der NSDAP NS 47: Allgemeine SS NS D 41: 74-83 Germanische Leithefte; 148-156 SS-Leithefte Serie NL (Nachlässe): NL 23: Dr. Werner Best NL 263: Prof. Kurt Rheindorf NL 276: Lutz Schwerin von Krosigk Serie KJ.Erw. (Kleine Erwerbungen): Kl.Erw. 297: Deutsche Gesellschaft Oslo Kl.Erw. 298: Pastor Günther, Deutsche Evangelische Kirchengemeinde Oslo Kl-Erw. 514: Dr. Hans Dellbrügge KLErw. 529/1: Rudolf Dittrich Kl-Erw. 529/2: Xaver Dorsch Serie All.Pro^. (Alliierte Kriegsverbrecherprovgsse nach 1945): All. Proz. 8: JAG 164: Vereinigtes Königreich gegen Generaloberst Nikolaus v. Falkenhorst in Braunschweig 1946; JAG 339: Vereinigtes Königreich gegen SS-HStuf. Oscar Hans in Hamburg 1948 All. Proz. 21: Nr. 20, 34, 185, 191, 235: Varia norwegische und dänische Kriegsverbrecherprozesse Bundesarchiv/Militärarchiv, Freiburg/Br. (BA-MA) Serie RW (Reich Wehrmacht) RW 4: OKW/WFSt RW 19: Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt (Länderberichte Nordeuropa: Wi I E 1: Dänemark; Wi I E 2: Norwegen) RW 28: Wehrwirtschaftsdienststellen Norwegen RW 39: Wehrmachtbefehlshaber Norwegen

Quellen und Literatur

Serie RH (Reich Heer): RH 20-20: (Gebirgs)AOK 20 RH 24-21: XXI. A.K. — »Gruppe 21« Señe RM (Reich Marine): RM 6: Oberbefehlshaber der Marine RM 7: Seekriegsleitung, SKI. RM 8: Kriegswissenschaftl. Abt. OKM/Skl. RM 15: Reichskommissar beim Prisenhof Hamburg RM 45: Norwegen: Kommandierender Admiral Norwegen/Admiral Norwegen RM 87: Befehlshaber der Unterseeboote Serie Ν (Nachlässe): Ν 172: Nachlaß Generaladmiral Hermann Boehm Ν 300: Nachlaß(splitter) Generaloberst Nikolaus v. Falkenhorst Serie Msg. (Manuskriptsammlung): Msg. 2/400: Dr. jur. Hans-Reinhard Koch Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn (Pol.Arch. AA) Büro Staatssekretär. R 29681: Norwegen (Mai 1939 bis August 1943) R 29735: Skandinavien, Bd 1 (April 1940) R 29736: Skandinavien, Bd 2 (April-Aug. 1940) Büro Unterstaatssekretär. R 29907: Skandinavienaktion I, April 1940 R 29908: Skandinavienaktion II, April 1940 bis Februar 1941 R 29943: Diplomatische Aufzeichnungen Jan./Febr. 1942 R 29944: Diplomatische Aufzeichnungen März/April 1942 R 29946: Diplomatische Aufzeichnungen Juli/August 1942 R 29947: Diplomatische Aufzeichnungen Sept./Okt. 1942 R 29948: Diplomatische Aufzeichnungen Nov./Dez. 1942 Dienststelle Ribbentrop: R 27095: Vertrauliche Berichte von 1939 bis 1940 Abt. Inland IIg: R 100832: Auslandsreisen nach Norwegen von 1940 bis 1941 R 100877: Judenfrage in Norwegen von 1942 bis 1944 R 101103: Berichte und Meldungen zur Lage in und über Norwegen

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Quellen und Literatur

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Politische Abteilung (Pol-Abt.): R 104653: Po 53-2/Norden, Sozialpolitische Arbeiterfragen (1936-1941) Handelspolitische Abteilung (HaPolAbt.): R 105966: Handakten Carl Clodius, Norwegen (1939-1941) R 113657: Elektrische Industrie u. Wasserkraft, Norwegen (1936-1943) R 113708: Ein- und Ausreise, Aufenthalte (1936-1942) R 113717: Wirtschaft 6/2, Großraumwirtschaft — Norwegen (1941) Chef A/0 (Auslandsorganisation): R 27213: Norwegen von 1937 bis 1940 Gesandtschaft Oslo Paket 199,121/22: Politische Beziehungen Norwegens zu Deutschland 1939-40 Paket 244,14-16: Überfall MS Altmark Paket 245,18-21: Besetzung Norwegens, Okkupationspolitik, Verwaltung Paket 248, 4: Vertreter des AA beim RK Paket 269: Pers. Sonderbeauftragter Dr. Werner Knab Nachlässe NI. Cécil von Renthe-Fink, Bd 11 Institut für Zeitgeschichte, München (IfZ) Fa 74: SS-Personalakten; OGruf. Gottlob Berger Fa 75-78: Varia SS-Hauptamt (Fotorepr.) Fa 199/42: Varia NSDAP-Kanzlei 1939-1944 (Fotorepr.) Fa 223/90: NSDAP-Personalakte Josef Terboven Fb 39: Aktenstücke Auswärtiges Amt betr. Norwegen 1939-44 (Fotorepr.) MS 478/1: Dr. Werner Best: Die deutsche Abwehrpolizei MS 478/3: Dr. Werner Best: Die deutsche Politik in Dänemark während der letzten 2 1/2 Kriegsjahre MS 478/5: Dr. Werner Best: Die Gestapo ZS 12: Affidavit Gen.Adm. Hermann Boehm ZS 121: Affidavit Dr. Günther Reinecke, SS-Gerichtsbarkeit ZS 207/1: Affidavit Dr. Werner Best ZS 207/2: Werner Best: Erlebnisse mit Vidkun Quisling (MS), Kopenhagen, den 25.12.1948. ZS 427: Vernehmung des Gottlob Berger ZS 1615: Zeugenschrifttum Generallt. Hermann Böhme ZS 1689: Tätigkeitsbericht SS-Oberführer Dr. Hans-Reinhard Koch Ed 69/1 -13: Nachlaß Dr. Alfred Huhnhäuser Ed 78: Nachlaß(splitter) Walther Hewel, Tagebuchaufzeichnungen 1941

Quellen und Literatur

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Sa 232/90: Terboven, Josef Norwegen-Dokumente verschiedener Provenienz: Mikrofilme MA 2, MA 3, MA 11, MA 107, MA 110, MA 160, MA 190, MA 268, MA 295, MA 300, MA 328 Sammlung der Protokolle und Dokumente der Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg (ΊΜΤ) Berlin Document Center (BDC) [jetzt BA, Außenstelle Zehlendori] Personalunterlagen SS, NSDAP SS-Ordner Gedruckte Quellen und Forschungsliteratur Aagesen, Knut, Fagopposisjonen av 1940, in: 1940 — Fra noytral dl okkupert, S. 357-459 Akten zur Deutschen Auswärtigen Politik 1918-1945, Reihe D, 13 Bde, BadenBaden 1950-1970; Reihe E, 8 Bde, Göttingen 1969-1979 Aktstykker om den tyske finanspolitikk i Norge 1940-1945, Red.: Hartmann, Sverre ogjohan Vogt, Oslo 1958 Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des zweiten Weltkrieges, hrsg. von Dietrich Eichholtz und Wolfgang Schumann, Berlin 1969 Andenœs, Johannes, Det vanskelige oppgj0ret. Rettsoppgjoret etter okkupasjonen, Oslo 1979 Aukrust, Odd og Petter Jakob Bjerve, Hva krigen kostet Norge, Oslo 1945 Barstad, Tor Arne, Norsk motstand fra svensk grunn, in: Broderfolk i ufredstid, S. 227-287 Barstad, Tor Arne, Sabotasjen i Oslo-omrâdet 1944 - 45, Oslo 1975 (Studier i norsk samtidshistorie — Norge og den 2. verdenskrig, Bd 7) Baudisch, Roman, Norwegens Bewirtschaftungspolitik, in: Deutsche Monatshefte in Norwegen, 2 (1941), H. 7 Berber, Friedrich, Lehrbuch des Völkerrechts, Bd 2: Kriegsrecht, 2. Aufl., München 1969 Beretning til Folketinget afgivet af den af Tinget under 25. oktober 1950 nedsatte kommission, Bd 12: Bilag. Supplement til den tidligere afgivne beretninger I-III vedrorende forholdene ved Danmarks besasttelse 9. aprii 1940, Kobenhavn 1951 Berg, Rolf og Peder Lindhjem, Militaer motstand i Rogaland og Vestfold, Oslo 1972 (Studier i norsk samtidshistorie — Norge og den 2. verdenskrig, Bd 5) Bergfaid, Odd, Hellmuth Reinhard. Soldat eller morder?, Oslo 1967 Berggrav, Eivind, Da kampen kom, Oslo 1945

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Quellen und Literatur

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Quellen und Literatur

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Quellen und Literatur

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Personenregister Ahlbrecht, Aug. 1940 bis Früh). 1943 Ltr. d. Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau der HAVoWi 167,239 Albers, Staatssekretär im Reichsforstamt 162 Andersch, Wehrmachtintendant 270 Andres, Gerhard, Untersuchungsführer beim BdS/SD Oslo 109 Astrup, Christian, ab Mitte 1944 norw. Generalbevollmächtigter für den nationalen Arbeitseinsatz 243 Aubert, Axel, Generaldirektor von Norsk Hydro 165 Bache-Wiig, Jens, Apr. bis Sept. 1940 Ltr. des Versorgungsdepartements im norw. Administrationsrat 10,164,192, 195 f., 209 Backe, Herbert, Staatssekretär im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft 150 Barthel, Friedrich, Ltr. des Wachkommandos in Terbovens Residenz 28 Baudisch, Roman, Aug. 1940 bis Frühj. 1942 Ltr. d. Abt. Binnenwirtschaft der HAVoWi 167,228,358,449 Baur de Betaz, Wilhelm, Höherer Feldwirtschaftsoffizier beim WBN, Ltr. des Wehrwirtschaftsstabes Norwegen 140 Bendiek, Sommer 1941 bis Sommer 1942 Ltr. d. Abt. Preisbildung und Preisüberwachung der HAVoWi 146,167, 175,400 Berger, Fritz Abteilungsleiter im Reichfinanzministerium 161, 348 Berger, Gottlob, Chef des SSHauptamtes 182, 209, 216, 241 Berggrav, Eivind, Bischof von Oslo 5

Berghold, Gerhard, Frühj. 1943 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau der HAVoWi 167, 187, 294, 296 f., 300, 343 Bertrams, Sommer 1940 Ltr.d.Abt. Arbeit und Sozialwesen der HAVoWi 167, 173,175 Best, Werner, Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark 1 f., 43, 72, 74, 78,188 Bey, Wilhelm v. der, Leiter der Vermittlungstelle Nord der IG Farben 60, 192,452 Bjorheim, ab Juni 1942 Ltr. des norw. Preisdirektorats 256 Blankenagel, Karl, März 1943 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Ernährung und Landwirtschaft der HAVoWi 167,173,198, 291 Blehr, Eivind, Febr. 1942 bis Apr. 1943 Ltr. des Handels- und Ltr. des Versorgungsdepartements, Apr. 1943 bis Juni 1944 norw. Wirtschaftsminister 54 f., 180 f., 200-203,205-211, 213,215,236, 239, 243,248, 253, 276, 292 f., 423,456 Blomberg, Hans Wilhelm, bis Herbst 1941 KdS/SD Tromso und von Herbst 1941 bis Juli 1944 KdS/SD Bergen 89 Boehm, Hermann, April 1940 bis März 1943 Befehlshaber der Kriegsmarine in Norwegen 4,10,15 f., 36-41,44, 48, 70,172, 372 f. Böhme, Franz, Januar bis Mai 1945 Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen 1 f., 44 Bonnevie, Thomas, norw. Exilpolitiker 19 Bonus, Heinz, Mitarbeiter der Abt. Preisbildung und Preisüberwachung der HAVoWi 316

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Personenregister

Bormann, Herbert, Generalarbeitsführer der DAF 240 Bormann, Martin, Ltr. der Parteikanzlei Hitlers 12, 51, 54, 70, 86,115 f., 118, 149,182,186,190, 293 Bräuer, Curt, deutscher Gesandter in Oslo 3,5-7,139 Braumüller, Erwin, Mitarbeiter des Reichsluftfahrtministeriums 386 Braune, Karl Werner, Dez. 1944 bis Mai 1945 KdS/SD Oslo 87 Breithaupt, Franz, Chef des Hauptamtes SS-Gericht 104 Breyhan, Christian, April bis Herbst 1940 Ltr. der Abt. Finanzen der HAVoWi 152,161,167,176,315,350 Brinckmann, Georg, Geschäftsführer d. Deutschen Handelskammer in Oslo 274-276 Brünneck, v., Sommer 1941 bis Sommer 1943 Ltr. d. Abt. Fischwirtschaft der HAVoWi 167 Cejka, Alois, Mitarbeiter des Reichsluftfahrtministeriums 400 Christen, Mitarbeiter der RK-Dienststelle Bergen 176 Christensen, Ingolf Elster, Vorsitzender des norw. Administrationsrates 10 Ciliax, Otto, März 1943 bis Mai 1945 Befehlshaber der Kriegsmarine in Norwegen 36,40 Clauss, Johannes, März bis Mai 1941 Bahnbevollmächtigter in Norwegen 363 Cleve, v., Herbst 1943 bis Mai 1945 Ltr. der A l l g e m e i n e n A b t e i l u n g der H A V o W i 167 Clodius, Carl, Leiter der Handelspolitischen Abt. des Auswärtigen Amtes 127 Daitz, Werner, Mitarbeiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP 118,122 Darré, Richard Walther, Reichsminister f. Ernährung und Landwirtschaft 150 Dellbrügge, Hans, Apr.- Sept. 1940 Ltr. der HAV 12, 35, 61, 65, 76,159 f., 166, 173

Dellenbusch, Karl Eugen, April bis Sommer 1940 Ltr. der HAVoWi, Sommer 1940 Gebietskommissar in Bergen 159 f., 162 Denzel, Jan. bis Apr. 1945 Chefrichter am SS-und Polizeigericht XXXVII 110 Dichgans, Hans, Abt.ltr. beim Reichskommissar für die Preisbildung 145 Didriksen, Jan, Vorsitzender des norw. Industrieverbandes 13 Dietl, Eduard, 1941-1944 Befehlsh. der 20. Gebirgsarmee 365 Dillgardt, Just, Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender der RWE, Generalbevollmächtigter für die Energiewirtschaft 389 Dönitz, Karl, 1943-1945 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Mai 1945 Nachfolger Hitlers als Staatsoberhaupt 1 f., 40, 114,452 Donner, Otto, Nationalökonom, Berater der Vierjahressplanbehörde 143 Dysthe, Roald, norw. Politiker (Nasjonal Sämling) 211 f. Edye, John Alfred, Schiffahrtssachverständiger beim Reichskommissariat 171 f. Ehlers, Hans, Abt.ltr. der Dienststelle Narvik des Reichskommissariats 69 Eichmann, Ingo, bis Herbst 1940 KdS/SD Trondheim 89 Engelbrecht, Erwin, General 4 Engelhardt, E., Leiter einer Inspektionsgruppe des NSDAP-Einsatzstabes 414 Eriksen, Bjarne, bis Aug. 1943 Generaldirektor der Norsk Hydro 192 Esser, Wilhelm, Mitarbeiter der Abt. IV des BdS/SD in Oslo 75 Fahnl, Franz Wirtschaftsreferent des SD 186 f., 212, 340 Falkenhorst, Nikolaus v., Juli 1940 bis 1944 Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen 8, 31, 38, 40-44, 57, 64, 79 f , 83, 136,188-190,193, 263 f., 272, 313 f., 316 f., 319 f., 360, 364-368, 373, 406 Feder, Gottfried, »Wirtschaftstheoretiker« der NSDAP 121

Personenregister Fehlis, Heinrich, ab Herbst 1940 BdS/SD Norwegen 74-77, 81 f., 84-86,103, 119,186 f., 209 Fehmer, Siegfried Wolfgang, Referatsltr. bzw. Ltr. der Gestapodienststelle Oslo 75,82 Felsenstein, Theodor, Richter am SS- und Polizeigericht Oslo 108 Fermann, Olaf W., norw. Kaufmann 216 Fischböck, Hans, ab Nov. 1941 Reichskommissar für die Preisbildung 147, 258 Flesch, Gerhard, bis Herbst 1941 KdS/SD Bergen und von Herbst 1941 bis Mai 1945 KdS/SD Trondheim 85, 89,109 Florian, Friedrich Karl, Gauleiter der NSDAP Düsseldorf 391 Fossum, Odd, Leiter des norw. Gewerkschaftsdachverbandes 236 Frank, August, Stellv. Chef des SSHauptamtes Verwaltung und Wirtschaft 273 Frank, Hans, Generalgouverneur des Dritten Reiches in Polen 72 Frankenberg, Richard, Referatsltr. im Amt III des RSHA 75,78,91 Fretheim, Thorstein, Landwirtschaftsminister der Quislingregierung 198,206, 210, 213 Friedrich, Mitarbeiter des Reichskommissariats für die Behandlung feindlichen Vermögens 299 Fuglesang, Rolf, Generalsekretär der Nasjonal Sämling, Minister in der Regierung Quisling 54 f., 202, 213, 215, 353 Funk, Walther, Reichswirtschaftsminister 124 f., 148 f., 154,160, 286, 306, 314, 320,352,388,429,466 Ginsberg, Hans, Vorstandsvorsitzender der A/SNordag 410 Globocnik, Odilo, SS- und Polizeiführer in Lublin 173 Goebbels, Joseph, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda 8, 12, 32 f., 35, 38, 42 f., 48, 51, 58, 63 f., 120,232 f., 356 Göring, Hermann, Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der

501

Luftwaffe, Bevollmächtigter für den Vierjahresplan 8,17, 33, 38,41, 58, 70, 124-126,135,141-145,153,156,162, 207,225,264, 287, 291, 296, 345, 383 f., 386-388, 392, 394, 397 f., 401, 403, 405-407, 410, 415, 429, 437,449,457, 459 Gramsch, Friedrich, führender Mitarbeiter der Vierjahresplanbehörde 143 Grebe, Friedrich, Dez. 1941 bis Mai 1945 Abtltr. in der HAVoPro 65 Günther, Christian, schwedischer Außenminister 439 Gustke, Anfang 1941 bis Mai 1942 Ltr.d.Abt. Verkehr der HAVoWi 167 Haakon VII., norw. König 5 f., 13 Habicht, Theodor, Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt 6 Hagelin, Albert Viljam, Kommissar. Staatsrat, Sept. 1940 bis Nov. 1944 Ltr. des Innendepartements 4, 10, 45 f., 54 f., 62,171,183,192, 201-203, 205 f., 208-215, 236, 248 f., 254 f., 267, 293, 301, 338-343, 345, 421, 456 Hagemann, Ernst, Stellv. Leiter des NSDAP-Einsatzstabes 52 f. Hanneken, Hermann v., Hauptabteilungsltr. im Reichswirtschaftsministerium 314,398,430 Hans, Oscar, SiPo-Angehöriger, Leiter eines Sonderkommandos 111 f. Hansteen, Viggo, norw. Anwalt 84 Hassel, Vries, norw. Regierungspräsident 339 Hayler, Franz, ab Herbst 1943 Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium 150 Heil, Apr. bis Aug. 1940 Transportoffizier beim WBN 363 Heinze, bis Jan. 1941 Ltr. der RKDienststelle Bergen 176 Henne, Willi, Ltr. der HA Technik, Generalbevollm. für das Bauwesen 162, 167 f., 179-181, 238, 361, 368, 409 f. Herff, Maximilian v., Chef des Personalhauptamtes der SS 74 Heß, Rudolf, Stellvertreter Hitlers 114 f., 151,160

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Personenregister

Hettich, Gerda, Sekretärin Terbovens 155 Heydrich, Reinhard, Chef des RS HA und der Sicherheitspolizei 76 f., 82, 97, 103,118 Heyerdahl, Fridtjof, Präsident der dt.-norw. Handelskammer 421 Himmler, Heinrich, Reichsfiihrer SS und Chef der deutschen Polizei 24, 54, 58, 70-76, 80, 86,92 f., 95 f., 103 f., 116, 118,128,182,185, 209, 273, 379 f. Hirsch, Per von, Mitarbeiter des norw. Finanzdepartements 337, 339-341, 347 f., 352 Hider, Adolf, Führer und Reichskanzler 4-8,11-13, 15-17, 31-34, 36-41,43, 45, 48, 51-55, 57, 59, 70, 72, 74, 79, 83, 86, 90, 96,112,114-117,121-123, 141-145,147,149,153,156-158,172, 174,179 f., 182,186,189 f., 195, 201, 212, 215, 230, 241, 255 f., 293, 352, 355-358,360-362,365-367, 370-374, 379, 383,409,419,428 f., 454,458,460, 466 Hofe, v., Mai 1942 bis Sommer 1944 Ltr.d.Abt. Verkehr d. HAVoWi 167, 439 Hofer, Franz, NSDAP-Gauleiter Tirol 61 Hoth, Franz, April/Mai 1945 KdS/SD Stavanger 89 Hubatsch, Walther, deutscher Historiker 15 Huhnhäuser, Alfred, Aug. 1940 bis Mai 1945 Abt.ltr. in der HAVoPro 65 Hundseid, Jens, Führer der Bauernpartei, norw. Ministerpräsident 1932-1933 4 Hustad, Tormod, Kommissar. Staatsrat, Arbeitsminister 202, 208, 210, 213, 327, 400, 408, 417 f. Hvidsten, Johan, Chef des norw. Direktorats für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenschutz 229 Illgner, Max, Direktor der IG Farben 192 Irgens, Kjeld, Ltr. des Seefahrtdepartements der Regierung Quisling 209-211 Jackbo, Ε. , Stellv. Direktor des Arbeitsdirektorats 229

Jahn, Gunnar, Ltr. des Statistischen Zentralbüros, Mitgl. d. Administrationsrates, Ltr. des Finanz- und des Arbeitsdepartements 195 f., 256,348 Jahn, Mitarbeiter der Dienststelle des Chefintendanten beim WBN 237 Jennessen, Heinrich, Nov. 1940 bis Herbst 1941 KdS/SD Stavanger, Herbst 1941 bis Herbst 1942 KdS/SD Tromso 89 Jodl, Alfred, Chef des Wehrmachtführungsstabes 2,41,365 Johansen, Henry, norw. Industrieller 359 f. Johlitz, Fritz, Jan. 1942 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Arbeit und Sozialwesen der HAVoWi 167,173, 199, 235, 238-240, 242 f. Kafka, Norbert, Referent für Städteplanung in der Abt. Technik und Verkehr 157 Kahl, Rudolf, Mitarbeiter der OT in Nordnorwegen 265 Kaltenbrunner, Ernst, Chef des RSHA 74 f. Kasper, Rudolph, Herbst 1940 bis Sept. 1941 Ltr.d.Abt. Arbeit und Sozialwesen der HAVoWi 167,173,199 Kaufmann, Karl, NSDAP-Gauleiter in Hamburg, ab Mai 1942 Reichskommissar für die Seeschiffahrt 2, 32, 43,160, 172 Kehrl, Hans, leitender Mitarbeiter des Reichsministeriums für Bewaffnung und Munition bzw. des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegsproduktion 148-150,158, 306, 314-316, 384, 416, 449 Keitel, Wilhelm, Chef des OKW 2, 41, 86, 110,172,190, 320, 370, 458 Kesselring, Albert, 1945 Oberbefehlshaber West 120 Kirst, Mitarbeiter der Abt. Finanzen 338 Kittner, Carl, Febr. 1941 bis Mai 1945 Ltr. der RK-Dienststelle in Bodo, Angehöriger des Einsatzstabes Norwegen 115 f., 196 f. Kitzinger, Karl, Oberbefehlshaber der Luftflotte 5 264,313

Personenregister

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Klein, Sommer 1940 bis Juli 1942 Ltr.d.Abt. Technik 162,167,179 Klumm, Friedlich, Mitarbeiter des SSHauptamtes 381 Knab, Werner, 1940 bis Jan. 1942 Gestapochef in Oslo 79, 82, 84, 98 Koch, Hans-Reinhard, April 1941 bis Mai 1945, Ltr. der HAV 2,33,41,44, 61-63, 75,115,189, 400 Köhler, Okt. bis Ende 1941 Ltr.d.Abt. Arbeit und Sozialwesen der HAVoWi 167,173,199 Körner, Paul, Staatssekretär der Vierjahresplanbehörde 142,144,156, 314, 398, 407, 429, 434 f. Koht, Halvdan, 1935 bis 1941 norw. Außenminister 3,19 Koppenberg, Heinrich, Generaldirektor der Junkers Flugzeugwerke, Treuhänder d. norw. metallurgischen Betriebe 291, 299, 383-389, 392-402, 404-410, 414-416, 418 Korff, Hans Clausen, Herbst 1940 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Finanzen der HAVoWi 147,152,154,161 f., 167, 171,175-177,182, 184,187, 255, 270, 301,314 f., 318,322,326,336-339, 341-345, 348-350, 356, 368,400,419 Krancke, Theodor, Admiral 15,172 Krauch, Carl, Vorstandsmitglied der IG Farben, Generalbevollmächtigter Chemie 136,144, 393-395, 398,403 f., 406 Kritzinger, Wilhelm, Mitarbeiter der Reichskanzlei 34 Krüger, Friedrich Wilhelm, HSSPF im Generalgouvernement 72 Krupp von Bohlen und Halbach, Alfried, deutscher Industrieller 33

Langguth, Aug. bis Ende 1940 Ltr.d.Abt. Verkehr der HAVoWi 167 Latza, Hans, Richter am SS- und Polizeigericht IX (Oslo) 93-95, 98,100, 104-112 Laval, Pierre, französ. Ministerpräsident 54 Ley, Robert, Leiter der Deutschen Arbeitsfront 161,437 Lie, Jonas, Leiter des Polizeidepartements 45, 63, 200, 214, 243 Lie, Trygve, norw. Exilpolitiker 19, 439 Lindemann, Georg, Wehrmachtbefehlshaber in Dänemark 1 Ling, Hermann, Herbst 1940 bis Okt. 1941 KdS/SD Trondheim 89 Lippestad, Johan, Minister im Sozialdepartement 183 f., 202, 210, 213 f., 228 f., 241, 243 List, Wilhelm, Generalfeldmarschall 373 f. Low von und zu Steinfurth, Eberhard v., Abt.ltr. im SD-Hauptamt in Berlin 91 Lohrer, Mitarbeiter der Volkswirtschaftlichen Abt. der Reichsbank 316 Lohse, Hinrich, Gauleiter der NSDAP in Schleswig-Holstein 364 Loosch, 1940 bis Juli 1941 Chefintendant beim Wehrmachtbefehlshaber Norwegen 136, 228, 312, 315 f., 319, 359 Lorentzen, Eyvind, norw. Reeder 185 Loritz, Hans, Kommandeur der Konzentrations- und Arbeitslager in Norwegen 379 Ludwig, Waldemar, Ministerialrat im Reichswirtschaftsministerium 464 Lüdke, Erich, General 78 Lunde, Gulbrand, Propagandachef der Nasjonal Sämling 45, 327

Lammers, Hans-Heinrich, Chef der Reichskanzlei 34, 47 f., 51 f., 54,149, 171, 293 Lampe, Hans P., Sekretär des Ausschusses für die Gummiindusttie 292 Landfried, Friedrich, bis Herbst 1943 Staatssekretär im Reichswirtschaftsministerium 126 f., 149 f., 263, 293, 314 f., 398,424 Lange, Kurt, Reichsbankvizepräsident 154

Marrenbach, Otto, Frühj. 1940 Ltr.d.Abt. Arbeit und Sozialwesen der HAVoWi 161,167 Marthinsen, Karl, Chef der norw. Staatspolizei 112 Meidell, Birger, kommissar. Chef des Sozialdepartements 183 f., 229, 301 Mellbye, Johan, Führer des norw. Bauernverbands Bondelag 197 f.

504

Personenregister

Menke, Dietrich, Deutscher Treuhänder der norw. Walfangbetriebe 299 Meseck, Gerhard, Referent im Reichsernährungsministerium, Sommer 1943 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Fischwirtschaft der HAVoWi 151,167 Meyer, Häkon, norw. Gewerkschaftspolitiker 23,199 Milch, Erhard, Chef der Luftflotte 5, Ltr. des Technischen Amtes im Reichsluftfahrtministerium 57,156, 261, 397 f., 406 f., 429 Montgomery, Bernard Law, britischer Feldmarschall 1 Moritz, Alfons, Ministerialdirektor im Reichsernährungsministerium 150 Mork, Rasmus, Mitglied des Administrationsrates, Ltr. des Landwirtschaftsdepartements 195 Mosch, Ltr.d.Abt. Ausfuhrwirtschaft der HAVoWi 400 Moser, Johann, Juli 1940 bis Mai 1945 Abt.ltr. in der HAVoPro 65 Müller, Georg Wilhelm, Ltr. der HA Volksaufklärung und Propaganda 63-65,119 f., 189 Müller, Heinrich, Chef der Gestapo im RSHA 103 Nansen, Fritjof, norw. Forscher und Politiker 4 Neef, Hermann, Chef des Wehrwirtschaftsstabes Norwegen 139 f., 166 Neuhaus, Hans Joachim v., deutscher Gesandter in Oslo 34 Neukirch, Eberhard, Mitarbeiter des Generalbevollmächtigten für die chemische Industrie 386,409 Neumann, Erich, Staatssekretär der Vierjahresplanbehörde 143 Neumann, Hans Hendrik, Mai 1942 bis Herbst 1944 Leiter des Einsatzstabes Norwegen 52-54,118-120,184, 241, 243 Noot, Herbert, Juni 1941 bis Mai 1945 Leiter des SD in Norwegen 87, 90 f., 164,186 f., 212 Nore, Direktor von Norsk Brenselimport 435,439

Nygaardsvold, Johan, norw. Ministerpräsident (Arbeiterpartei) 9-11,24, 327 Oberg, Carl, HSSPF Frankreich 72 Ohlendorf, Otto, Chef des SD-Hauptamtes in Berlin, Ltr. der SS-Einsatzgruppe D 87,91 Oster, Heinrich, Vorstandsmitglied der IG Farben, Sachverständiger beim Wehrwirtschaftsstab Norwegen 273 Otte, Carolus (Carlo), Sommer 1940 bis Mai 1945 Ltr. der HAVoWi 28 f., 140, 149,160-167,169-174,177-179,181, 186 f., 189,191 f., 195, 200 f., 204 f., 207, 210 f., 214,225, 228, 247 f., 254-256, 262, 264, 274, 284 f., 314, 327, 338 f., 342 f., 353, 356 f., 359, 370, 385-387, 399, 407-409, 434 f., 449 f., 452,461 Ottensmeyer, Ltr.d. Eisenbahnabt. bei der Transportkommandantur Oslo 370 Packmohr, Herbert, Ltr. der Gruppe Holzveredlungsindustrie 239 Pancke, Günter, HSSPF Dänemark 72 Papen, Franz v., Juni bis Dezember 1932 deutscher Reichskanzler 153 Paulsen, SS-Obersturmführer 272 Plotzki, Referent in der Abt. Ausfuhrwirtschaft und Bergbau der HAVoWi 60 Poche, Oswald, Mai 1944 bis Winter 1944/45 KdS/SD Tromso bzw. Narvik 89 Podiich, Oskar, April 1940 bis Juni 1941 Leiter des SD in Norwegen 87 Pohl, Oswald, Chef des SS-Hauptamtes Verwaltung und Wirtschaft 273 Popitz, Johannes, preußischer Finanzminister 150 Posse, Hans Ernst, Treuhänder der norw. Unileverbetriebe 300 Prytz, Fredrik, Finanzminister der Quislingregierung 55, 206, 211 f., 216, 236, 319, 335, 338-341, 344-350, 352 Puhl, Emil, Reichsbankvizepräsident 154 f , 313 Quisling, Vidkun, Parteichef der Nasjonal Sämling, Febr. 1942 bis Mai 1945 norw.

Personenregister Ministerpräsident 4-6,10-14,17 f., 22-24, 36-38,40,42,44-56, 84,112, 114 f., 117,119,164,169,180 f., 183, 187, 190-192,197, 200-204, 206-210, 212-216, 230, 232-234, 236 f., 239-243, 245, 248, 251, 253,255 f., 267, 292,296, 301, 303, 311,327 f., 335,338-352, 417-419, 421, 429, 453-456, 461 Raeder, Erich, 1935 bis 30. Januar 1943 Oberbefehlshaber der Kriegsmarine 10,15-17, 36-41, 48, 70, 357 Rauter, Hans Albin, Generalkommissar für das Sicherheitswesen im RK Niederlande 72 Rediess, Friedrich Wilhelm, Juni 1940 bis Mai 1945 HSSPF Nord 72-74, 96,100, 105 f., 110 f., 216,241,347,379 f. Reinecke, Günther, Leiter des SS- und Polizeigerichts IX (Oslo) 93 f., 103 f., 108 Reinhard, Hellmuth, ab Jan. 1942 Ltr. der Gestapo in Oslo 82,104,112,186 Rendulic, Lothar, Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen 31, 43 f., Renthe-Fink, Cécil v., bis Nov. 1942 Bevollmächtigter des Deutschen Reiches in Dänemark 53, 77 Rentrop, Wilhelm, Beauftragter des Reichskomissars für die Preisbildung, Frühjahr 1940 bis Winter 1940/41 Ltr.d.Abt. Preisbildung und Preisüberwachung der HAVoWi 139, 145-147, 167,175,196, 246, 258,264, 272, 305, 375 Rhode, Vertreter des Chefintendanten beim WBN 322 Ribbentrop, Joachim von, Reichsaußenminister 12, 29, 34, 58,123-125,147 Richert, Gustaf, Früh). 1940 bis März 1943 Ltr.d.Abt. Ernährung und Landwirtschaft der HAVoWi 151,160 f., 167, 173-175,197 f. Riisnaes, Sverre, Leiter des Justizdepartements 24, 50,63,214,230,241 f., 327, 345, 455 Rinnan, Henry, norw. Zuträger und Agent der Gestapo in Trondheim 85

505

Ritter, Karl, Botschafter z.b.V. im Auswärtigen Amt 123 Roch, SS- und Polizeiführer NorwegenNord 86 Rover, Karl, NSDAP-Gauleiter Weser Ems 117 Rohland 261 Roosevelt, Franklin D., Präsident der USA 142 f., 299 Rosenberg, Alfred, »Theoretiker« des Nationalsozialismus, Ltr. des Außenpolitischen Amtes der NSDAP 5, 7,11-13, 15,17,37 f., 47 f., 54, 58, 64, 72,115, 122,124 f. Rossig, Sommer 1943 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Binnenwirtschaft der HAVoWi 167 Rygg, Nicolai, Direktor von Norges Bank 154,313,322,324,348 Sandberg, Erling, Kommissar. Staatsrat für Staatsfinanzen 175, 327-329, 344, 400 Sarnow, Otto, im Apr. 1940 Wirtschaftsbeauftragter an der deutschen Gesandtschaft in Oslo 148,160,216 Sattler, Rudolf, Frühj. 1940 bis Mai 1945 Beauftragter des Reichskommissars bei Norges Bank 152,155,161 f., 167, 175,177, 252, 295, 305 f , 314, 319, 322, 325 f., 345, 348, 359, 401, 409,419 Sauckel, Fritz, Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz 144, 232, 377 Schacht, Hjalmar, 1934-1937 Reichswirtschaftsminister, März 1933 bis Jan. 1939 Reichsbankpräsident 121,142, 145,154 f. Schaller, Friedrich, Apr. bis Sommer 1940 Leiter der Vertretung des Reichskommissars in Bergen 65 f., 162 Scharfe, Chef des Hauptamtes SSGericht 34,92 Schei, Nikolai, 1939 bis 1940 Ltr. des Direktorats für Proviantierung im Versorgungdepartement 218 Scheidt, Hans-Wilhelm, Leiter der Abt. Norden im Außenpolitischen Amt der NSDAP 4

506

Personenregister

Schiedermair, Rudolf, Ltr. der Abt. Verwaltung und Recht in der HAV 45, 48 f., 62, 84, 95, 98,107, 390, 454 Schirach, Baidur v., Reichsjugendführer 116 Schleich, Ritter v., 44 Schleicher, Kurt v., Dez. 1932 bis Jan. 1933 deutscher Reichskanzler 153 Schiessmann, Stellv. Gauleiter der NSDAP in Essen 438 Schlotterer, Gustav, Stellv. Abt.ltr. im Reichswirtschaftsministerium 160,163 Schmidt, Oberlagerführer in Sauda 414 Schmidt, Helmut, Richter am SS- und Polizeigericht Oslo 106-108 Schmölders, Günter, Berater des Reichskommissars für die Preisbildung 246 Schnurbusch, Heinrich, ab Jan. 1945 Ltr. des Einsatzstabes der NSDAP in Norwegen 119 f., 164,189,201,204 Schreiber, ab Juli 1941 Chefintendant beim WBN 238 f., 312 Schulte-Möndng, Erich, Admiral 15 Schwarz, K., Referatsltr. Energie in der HAVoWi 389,392 Schwerin von Krosigk, Lutz Graf, Reichsfinanzminister 2 , 1 4 8 , 1 5 1 , 1 5 3 f., 306, 312, 314, 337, 347, 398, 402 Seyß-Inquart, Arthur, Reichs Statthalter für die besetzten Niederlande 72,81,93, 97,297,454 Silbermann, Kurt, Beurkundungsführer beim SS- und Polizeigericht IX Oslo 105 f. Simmat, Direktor der MineralölBaugesellschaft 400 Skal, v., Gruppenleiter im Reichskommissariat 370 Skarphagen, Hans, Ltr. des Verkehrsdepartements in der Regierung Quisling 208, 407 f., 420 f. Skodvin, Magne, norw. Historiker 19-22 Speer, Albert, Früh). 1942 bis Mai 1945 Reichsminister für Bewaffnung und Munition bzw. (ab Sept. 1943) Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion 3, 144,149,155-158, 172,180, 366 f., 374, 379, 407 f., 410,413, 428-431,434, 437 f., 449, 457, 466

Speri, Friedrich, Stellv. Reichskommissar für die Verwaltung feindlichen Vermögens 297 Sporrenberg, Jacob, SS- und Polizeiführer Südnorwegen 73, 86 Stackelberg, Herbert v., Leiter der Reichskommissariatsdienststelle Narvik 69 Stage, Kurt, Herbst 1942 bis Mai 1944 KdS/SD Troms0 bzw. Narvik 89 Stahlecker, Walther, Apr. bis Herbst 1940 Befehlshaber der SP und des SD in Norwegen 76, 78 S talmann, Frühj. 1940 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Forst- und Holzwirtschaft der HAVoWi 162,167,177 f. Stehling, Intendant beim WBN 137, 264 Steltzer, Theodor, Aug. 1940 bis Sommer 1944 Transportoffizier beim WBN 363 f. Stenersen, Johan, Präsident des norw. Reederverbandes 206 Stephan, Apr. bis Mai 1945 Chefrichter am SS- und Polizeigericht XXXVII 110 Stephan, Oberbaurat, Mitarbeiter Speers 157 Stinnes, Hugo, deutscher Industrieller 149 Stoßberg, Karl, bis Nov. 1940 KdS/SD Stavanger 89 Strasser, Gregor 32 Stuckart, Wilhelm, Staatssekretär im Reichsinnenministerium und Leiter der zentralen Verbindungsstelle des Reichskommissariats in Berlin 48, 62 Stumpff, Hans-Jürgen, Mai 1940 bis Nov. 1943 Befehlshaber der Luftflotte 5 in Norwegen 44 Sunde, Asbjorn, Leiter einer Widerstandsgruppe 235 Tanzmann, Hellmut, Ende 1944 bis Mai 1945 KdS/SD Tromso bzw. Narvik 89 Teetzmann, G.H., Abt.ltr. bei der Reichsvereinigung Kohle 436 Terboven, Josef, April 1940 bis Mai 1945 Reichskommissar für die besetzten norwegischen Gebiete 1-3, 8-14, 25, 27,29, 31-54, 56-67, 69 f., 72-76,78, 80-84, 86 f., 90 f., 93,95-97,99-101,

Personenregister 105-107,110-119,125-129,137,140, 144,146-149,151 f., 154 f., 157-165, 169-174,176 f., 179-185,188-190, 192-200, 202 f., 211,213-215, 219, 231-234, 241-243, 245, 248, 251-253, 255 f., 261, 263, 267, 272-274,279 f., 282, 293, 297 f., 300 f., 312-321, 327, 331,333,338, 342-344, 346, 350,352 f., 355 f., 363-366, 370,382,386-394, 398-401,403-405, 407 f., 410,413 f., 417-421,424,426,430,436-438,452, 454-456,458-461,466 Thagaard, Wilhelm, bis Jan. 1942 Ltr. des norw. Preisdirektorats 175,196, 248, 251 f., 254-256, 345 Thiele, Sommer 1942 bis Mai 1945 Ltr.d. Abt. Preisbildung und Preisüberwachung der HAVoWi 146 f., 167,175, 177, 247, 257 Thomas, Georg, Leiter des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes im OKW 136,140,156, 315,403,406 Thorkildsen, Sverre, Direktor von Norges Bank 348 Thronsen, Thorvald, Fylkesforer von Oslo 212 Tischbein, Vorsitzender der Kommission Norwegen des OKW 320 Todt, Fritz, März 1940 bis Febr. 1942 Reichsminister für Bewaffnung und Munition 156,162,179 f , 356,366, 424 Udet, Ernst, Generalluftzeugmeister 384, 394,397 f., 406 Urbye, Mitarbeiter des norw. Finanzdepartements 347 Vasbotten, Arnvid, Nov. 1944 bis Ltr. des Innendepartements der Regierung Quisling 214,341 Veitjens, Josef, "Geschäftspartner" der Vierjahresplanbehörde 143 Vogler, Albert, Aufsichtsratsvorsitzender der RWE, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Stahlwerke 33, 126, 389, 393

507

Vogt, Herbst 1940 bis Sommer 1941 Ltr.d.Abt. Fischwirtschaft der HAVoWi 151,167 Vogt, Lorenz, Präsident des norw. Industrieverbandes 225 Void, Terje, norw. Exilpolitiker 439 Vries, de, Anf. 1941 bis Anf. 1942 Ltr.d. A l l g e m e i n e n A b t e i l u n g der H A V o W i 167 Wagner, Gerhard, Admiral 15 Wagner, Josef, Okt. 1936 bis Nov. 1941 I Reichskommissar für die Preisbildung 145-147,185 Walter, Paul, Ltr. der Reichsstelle Kohle 437 Weber, deutscher Wirtschaftsattaché in Oslo, bis Sept. 1940 Vertreter des Auswärtigen Amtes beim Reichskommissar 12,148 Weber-Lortsch, Juni 1943 Ltr. der Zentralabteilung der H AV 189 Wegener, Paul, Sonderbauftragter des Reichskommissars (Einsatzstab der NSDAP) bei der Nasjonal Sämling 1, 65 f., 114-118,182-184, 254, 343, 350 Wegener, Wolfgang, Vizeadmiral 16 Wehl, Anf. 1942 bis Herbst 1943 Ltr.d. A l l g e m e i n e n A b t e i l u n g der H A V o W i 167 Weigelt, Wirtschaftssachverständiger des Einsatzstabes der NSDAP 182 Weimann, Ernst, Juli 1944 bis Mai 1945 KdS/SD Bergen 89 Weiner, Albert, Abt.ltr. der Gestapo in Oslo 86 Weitzel, Fritz, Apr. bis Juni 1940 Höherer SS- und Polizeiführer in Norwegen 70, 72 Westrick, Ludger, Direktor der Vereinigten Aluminium Werke AG, Treuhänder für die norweg. metallurgischen Betriebe 395,398,409-413,422 Whist, Alf L., Ombudsmann der Nasjonal Sämling für das Wirtschaftsleben, Juni 1944 bis Mai 1945 Wirtschaftsminister der Regierung Quisling 55, 203-212, 215 f., 236, 241, 243, 256, 276, 345, 347, 407, 418-421, 456

508

Personenregister

Wickstt0m, Rolf, norw. Metallarbeiter 84 Wilkens, Friedrich, Herbst 1941 bis Apr. 1945 KdS/SD Stavanger 89 Windscheid, Sommer 1944 bis Mai 1945 Ltr.d.Abt. Verkehr der HAVoWi 167 Wintzer, ab Mai 1940 Leiter des Wehrwirtschaftsstabes Norwegen 140,402 Wolff, Georg, Mitarbeiter der Abt. III des BdS/SD 75 Wolff, Frühj. 1942 bis Sommer 1943 Ltr.d.Abt. Binnenwirtschaft der HAVoWi 167,205 Zimgibl, Betriebsführer der A/S Nordag 414