Reichsgesetz betreffend die Unfall-Versicherung der Seeleute und der anderer bei der Seeschifffahrt betheiligter Personen [Reprint 2021 ed.] 9783112398524, 9783112398517


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German Pages 116 [129] Year 1890

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Reichsgesetz betreffend die Unfall-Versicherung der Seeleute und der anderer bei der Seeschifffahrt betheiligter Personen [Reprint 2021 ed.]
 9783112398524, 9783112398517

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Aeichsge^etz betreffend die

KM-PtkßchkkNS der Sttltnlt ul tikm ki kr SeeschWhrt kt|tiligtrr Persriei.

Vom 13. )uli 1887.

Erläutert von

Dr. W. Deller. Srotzhzl. Hessischer Regierungsrath.

Berlin MO. I. I. Heines Verlag.

Inkakt. Seite

Einleitung.......................................................................... 1—11 I.

Allgemeine Bestimmungen.

Umfang der Versicherung. §§ 1—5.................................................... 12 Ermittelung des Jahresarbeitsverdienstes. §§ 6—7 .... 19 Gegenstand der Versicherung und Umfang der Entschädigung. 88 8-15 .................................................................................... 22 Trager der Versicherung (Berufsgenossenschaft). § 16 . . . . 31 Bestellung von Bevollmächtigten. § 17...............................................32 Aufbringung der Mittel. 88 18—19...............................................34 II.

Statut der Berufsgenossenschaft. vorstand.

Genossenschafts­

Bildung der Berufsgenossenschaft. §§ 20—23 ........................... 36 Statut der Berufsgenossenschast. §§ 24—26 ................................ 39 Veröffentlichung des Namens und Sitzts der Genossenschaft u. s. w. 8 27 .......................................................................... 41 Vorstände. §8 28—33 ..................................................................... 41 Abschätzung, Gefahrenklassen. §§ 34-38 ..................................... 44 Zuschläge und Nachlässe. § 39.............................................................. 46 Besondere Belastung einzelner Reisen. §§ 40—41......................... 46 Auflösung der Berufsgenossenschaft. § 42......................................... 47 III.

Mitgliedschaft des einzelnen Betriebes. Veränderungen.

Mitgliedschaft. § 43.............................................................................. 48 Kataster. § 44........................................................................................ 49 Veränderungen. §§ 45—47 ................................................................ 50

II

Seite. IV.

Vertretung.

Vertretung der Versicherten.

§ 48....................................................................................53

V.

Schiedsgerichte.

Schiedsgerichte. §§ 49—55 ............................................................... 53 Verfahren vor dem Schiedsgericht. § 56........................................ 57

VI.

Feststellung und Auszahlung der Entschädigung.

Anzeige und Untersuchung der Unfälle. §§ 57—66 .... 58 Feststellung der Entschädigungen. §§ 67—69 ................................ 63 Berufung gegen die Entscheidung der Behörden und Genofsenschaftsorgane. § 70....................................................................66 Entscheidung des Schiedsgerichts, Rekurs an das Reichs-Ver­ sicherungsamt. § 71....................................................................67 Berechtigungsausweis. § 72.............................................................. 68 Veränderung der Verhältnisse. § 73....................................................69 Fälligkeitstermine. § 74.........................................................................69 In das Ausland verzogene und ausländische Empfangsberech­ tigte. § 75................................................................................... 70 Unpfändbarkeit der Entschädigungssorderungen. § 76 .... 70 Auszahlung der Entschädigungen. § 77......................................... 70 Umlage- und Erhebungsverfahren. §§ 78—86 ........................... 71 Abführung der Beträge an die Postkassen. § 87..............................77 Rechnungssührung. §§ 88—89 .......................................................... 77

VII.

Unfallversicherung. Ueberwachung durch die Genossenschaft.

Unfallverhütung. §§ 90—92 ........................................................... Ueberwachung. §§ 93—96 ................................................................

VIII.

78 81

Aufsichtsführung.

Reichs -Versicherungsamt. § 97...............................................................82 Zuständigkeit. §§ 98-101.................................................................... 83 IX.

Reichs- und Staatsbetriebe.

Reichs- und Staatsbetriebe.

§§ 102—108 ....................................

85

III Seite. X.

Schluß- und Strafbestimmungen.

Haftpflicht der Betriebsunternehmer und Betriebsbeamten. 88 109-111 ................................................................................. 87 Haftung Dritter. § 112........................................................................... 89 Verbot vertragsmäßiger Beschränkungen. § 113................................ 90 Nettere Versicherungsverträge. § 114................................................ 90 RechtShülfe. § 115...................................................................................... 91 Gebühren- und Stempelfreiheit. § 116................................................ 91 Strafbestimmungen. §§ 117—120.......................................................... 91 Zuständige Landesbehörden, Zwangsbeitreibung. §§ 121—122 . 93 Zustellungen. § 123................................................................................ 93 Gesetzeskraft. § 124................................................................................ 94 Beilagen.

Nr. 1—4......................................................................96

Sachregister............................................................................109

IV

AbkSr-irirsrrr. U. N.

— Amtliche Nachrichten des Reichs-Versicherungsamts. Bei den Hinweisen bezeichnen die römischen Zahlen I, II, III, IV, V die Jahrgänge 1884/85, 1886, 1887, 1888, 1889. B.-G. — Berufsgenossenschast. G. — Genossenschaft. Berufsgenossenschaft. H. -G.-V. — Deutsches Handelsgesetzbuch. Kmff.-Ber. — Kommissions-Bericht. K.-B.-G. — Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883. R. -Ges. — Reichsgesetz. S. -O. — Deutsche Seemannsordnung vom 27. Dezbr. 1872. S.-U.-B.-G. — See-Unfall-BerusSgenossenschaft. U.-B.-G. — Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884.

Anleitung. Die deutsche Socialreform hatte von Anfang an ein klares und fest umgrenztes Programm: Schutz der arbeitenden Klaffen gegen die ihre wirthschaftliche Existenz bedrohenden durch Krankheit, Betriebsunfälle, Alter und Invalidität herbeibeführten Wechselfülle des Lebens. Schrittweise ging hierbei die Gesetzgebung vor und schuf zunächst eine gleich­ mäßige Organisation der Krankenversicherung, im Anschluß hieran entstand die Versicherung gegen Unfälle, beide mit enger Begrenzung des Kreises der Betheiligten. Das Reichs­ gesetz über die Krankenversicherung der Arbeiter vom 15. Juni 1883') bezog sich auf alle gewerblichen und industriellen un­ selbständigen Arbeiter, das industrielle Unfallversicherungs­ gesetz vom 6. Juli 18842) auf die Bergwerks-, Werft-, Fabrik-, Dachdecker, Steinhauer- und Brunnenarbeiter. Von Anfang an war aber eine Erweiterung dieses Kreises durch Specialgesetze in Aussicht genommen. Ehe man zur Alters­ und Jnvalidenversorgung fortschritt, suchte man die Wohl­ thaten der bisherigen Gesetzgebung auf einen größeren Kreis der Bevölkerung auszudehnen. So bilden die nächsten Jahre die Periode des Ausbaues der Unfallversicherung durch: das Gesetz vom 28. Mai 1885 über die Ausdehnung der Unfallund Krankenversicherung auf die Transportgewerbe2), das Gesetz vom 15. März 1886 über die Fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes bei Betriebsunfällen4),S. das land- und forstwirthschaftliche Unfall- und Kranken­ versicherungsgesetz vom 5. Mai 1886’), das Bauunfall-

*) R.-G.-M. 1883, Nr. 9 S. 73 ff. 2) R.-G.-Bl. 1884, 9ir. 19 S. 60 ff. ’) R.-G.-Bl. 1885, Nr. 19 S. 159 ff. 4) R.-G.-Bl. 1886, Nr. 5 S. 53 ff. 6) R.-G.-Bl. 1886, Nr. 14 S. 132 ff.

2 Versicherungsgesetz vom 11. Juli 1887 *) und das Gesetz vom 13. Juli 1887 über die Unfallversicherung der See­ leute?) — Die für den deutschen Seemannsstand bis zum Erlaß des 1887er Reichsgesetzes bestandenen Unterstützungs- und Versorgungskassen hatten ein gleiches Schicksal, wie die älteren gewerblichen Hülfskassen. Meist lokaler Natur ent­ sprechen diese Einrichtungen nicht mehr den Bedürfnissen der Gegenwart, die auch im Schiffergewerbe eine größere Beweglichkeit, einen fortwährenden Wechsel von Ort zu Ort herbeigeführt hat. Sie fanden deshalb bei den jüngeren Elementen, die ihnen die eigentliche Tragkraft bieten sollten, nur eine geringe Theilnahme, und blieb die Organisation auf halbem Wege stehen. Die reichsgesetzliche Sicherstellung der Seeleute gegen die Gefahren ihres Berufs erschien des­ halb als eine dringende Forderung der Humanität, die Nothwendigkeit des Vorgehens der Gesetzgebung beweist schon die Statistik der Seeunfälle. Der Stand des See­ manns, der im beständigen Kampfe mit den Elementen lebt, ist der gefahrvollste des Arbeitlebens. Vergleicht man die Anzahl der Todesfälle in Folge von Berufsunfällen in den verschiedenen Arbeitszweigen, so stellt sich die Gesammtziffcr bei 100 000 Arbeitern des Binnenlandes auf 411, während bei 37000 Seeschiffern 571 Todesfälle vorkommen, hauptsächlich in Folge von Schiffskatastrophen. Als im Jahre 1884 die industrielle Unfallversicherung auf öffentlichrechtlicher Grundlage geregelt wurde, machte sich auch in den Kreisen der deutschen Rheder die Ueberzeugung geltend, daß durch freiwillige Thätigkeit eine ausreichende Sicherung der Seeleute gegen die wirthschastlichen Folgen von Berufs­ unfällen nicht zu erreichen sei. Die auf dem Gebiete der Personalversicherung gewonnenen Resultate, die Auszeich­ nungen der Reichsstatistik, die Entscheidungen der Seeämter und Notizen der Kriegsmarine boten der Reichsregierung das Material zur Bearbeitung eines dem Reichstage unterm *) R.-G.-Bl. 1887, Nr. 25 S. 287 ff. ’) R.-G.-Bl. 1887, Nr. 27 S.32Sff.

3 3. März 1887 zugegangenen Gesetzesentwurfes, dessen An­ nahme im Juni 1887 fast ohne Debatten erfolgte.') Das Reichsgesetz über die Unfallversicherung der See­ leute und anderer bei der Seeschifffahrt beteiligter Per­ sonen vom 13. Juli 1887 (R.-Ges.-Bl. Nr. 27 S. 329) setzt an Stelle der früheren unzureichenden lokalen Ein­ richtungen eine öffentlich-rechtlich geregelte allgemeine Unfall­ versicherung der Seeleute (Inländer und Ausländer), mit Ausnahme der Mannschaften auf Schifferbooten und kleinen Fahrzeugen (§ 1) —, in der Regel ohne Rücksicht auf Gehalt oder Lohn. Der Begriff „deutsches Fahrzeug", als Kriterium der Versicherungspflicht, lehnt sich an das Reichs­ gesetz betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe vom 25. Oktober 1867 an; er umfaßt alle zur Seefahrt benutzten Fahrzeuge von Privaten und Korporationen (§ 2). Als Seefahrt gilt, neben dem Verkehr außerhalb der durch § 1 des Reichsgesetzes vom 13. Novbr. 1873 festgesetzten Grenzen auch die Fahrt auf Buchten, Haffen und Watten (§ 2 Abs. 2). Die Versicherung gilt für die ganze Dauer des Dienstver­ hältnisses (§§ 28, 54—56 S.-O.), einschließlich der Be­ förderung vom Lande zum Fahrzeug und umgekehrt, sofern nur der Unfall in einem Zusammenhang mit dem Dienste des Seemannes steht. Sie erstreckt sich auch auf Unfälle von auf Grund des Handelsgesetzbuches, der Seemanns­ ordnung und des Reichsgesetzes vom 27. Dezember 1872 beschäftigten oder beförderten, nicht zur Besatzung des Schiffs gehörigen Seeleuten (§ 3). Auch Rheder, selbst­ ständige Lootsen und Unternehmer der übrigen versicherungse gen Betriebe können sich und ihr Personal gegen l versichern (§ 5). Während die Lohnhöhe ohne Einfluß auf die Ver­ sicherungspflicht ist (§ 1), räumt ihr das Gesetz eine Be­ deutung für den Umfang der Versicherung insofern ein. *) Reichstagsoerh. 1887, 7. Leg. - Periode, I. Session, Drucks. Nr. 6 (Ges. - Entwurf nebst Begründung); Drucks. Nr. 163 (Kom­ missionsbericht); Stenographischer Bericht (Reichtagsverh.) S. 152 ff., 1006 ff., 1139 ff.

4 als sich letztere nur auf ein Jahresarbeitsverdienst bis zu 2000 Mark erstreckt, falls nicht das Statut der Rhedengenossenschast jene Grenze erweitert (§ 5). Die Versicherung umfaßt, wie bei der gewerblichen und landwirthschafö lichen Unfallfürsorge, die Folgen der Betriebsunfälle, nach ausdrücklicher Vorschrift auch die durch Elementarereigniffe entstandenen. Der Maßstab für die Unfallentschädiguna, das Jahres­ arbeitsverdienst wird, wie bei der landw. Unfallversicherung nicht individuell, sondern wegen der Verschiedenheit der in den einzelnen Seestädten gezahlten Heuer, nach Durchschnitts­ löhnen ermittelt, deren Festsetzung einheitlich für die ganze Küste durch den Reichskanzler erfolgt (§§ 6, 7). Gegenstand der Versicherung ist auch bei den Seeleulen der Ersatz des Schadens, welcher beim Betriebe durch Körperverletzung oder Tödtung entsteht, soweit derselbe nicht vorsätzlich herbeigeführt ist (§ 8). Die in Art. 523, Abs. 4, 524 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches, bezw. in §§ 49 Abs. 2, 51 Abs. 2 der Seemanns ordnung bei Verletzungen zugesicherten Prämien läßt das Gesetz unberührt. Die Unfallversicherungsgesetze vom 6. Juli 1884 und 28. Mai 1885 «ertheilen, in Verbindung mit dem Gesetze über die Krankenversicherung, die Deckung der durch Betriebs­ unfälle hcrbeigeführten Schäden in der Weise zwischen den Arbeitern und Arbeitgebern, daß die Unterstützung der Verletzten während der ersten dreizehn Wochen den Kranken­ kassen verbleibt, die Unfallfürsorge erst nach Ablauf dieser Karenzzeit einttitt. Auch auf dem Gebiete der Seeunfall­ versicherung beginnen die Leistungen der Rheder erst nach Ablauf der Zeit, während welcher für den Verletzten ander­ weit gesorgt ist. Seeleute haben bei Krankheit und Be­ schädigung nach § 528 H.-G.-B. und § 48 der S.-O. während 3, im Auslande während 6 Wochen seit der Er­ krankung oder Rückkehr des Schiffes Anspruch auf freie Krankenfürsorge. Bei Verletzungen besteht deshalb der Schadenersatz int Ersatz der Kosten des Heilverfahrens für die Zeit nach Beendigung der Krankenfürsorge des Rheders

5 — bei dem Krankenversicherungsgesetze unterworfenen See­ leuten von der vierzehnten Woche an — und in einer für die Daner der Erwerbsunfähigkeit zu gewährenden Rente. Letztere beträgt bei völliger Erwerbsunfähigkeit % (66% %) des Arbeitsverdienstes, bei theilweiser einen entsprechenden Bruchtheil. An Stelle jener Leistungen kann unter den Voraussetzungen des 1884 er U.-V.-G. bis zur Beendiguug des Heilverfahrens freie Kur und Verpflegung in einem Krankenhause treten (§ 9 Abs. 3). Bei Tödtungen erhalten die Hinterbliebenen, neben einem Pauschquantum für die Beerdigungskosten, eine Rente, welche für die Wittwe 20%, für jedes Kind bis zum vollendeten lö. Lebensjahr 15%, jedoch für Wittwe und Kinder zusammen höchstens 60% des Arbeits­ verdienstes beträgt. Ascendenten, deren einziger Ernährer der Verstorbene war, erhalten 20 %, jedoch nur, soweit Wittwe und Kinder den gesetzlichen Höchstbetrag nicht in Anspruch nehmen. Hinterbliebene eines Ausländers, welche zur Zeit des Unfalls nicht im Jnlande wohnten, können keine Rente fordern (§ 13). Der Rentenbezug setzt Nachweis des Todes des Ernäbrers voraus, er fällt bei festgestelltem Untergang des Schiffes oder Verschollenheitserklärung weg (§ 14). Nach dem Systeme der Unfallvers.-Gesetze erfolgt die Zwangsversicherung, unter Ausschluß der Privatversicherung, durch Genossenschaften der Betriebsunternehmer eines oder mehrerer verwandter Industriezweige. Trägerin der Ver­ sicherung der Seeleute ist die zu einer einzigen Berufs­ genossenschaft vereinte Gesammtheit der deutschen Rheder (§ 16). Zur Erleichterung des Verkehrs der Genossenschaft und ihrer Organe mit den einzelnen Rhedern sind Mitrheder stets, Einzelrheder, wenn sie nicht selbst am Heimathshafen des Fahrzeugs wohnen, zur Bestellung eines Bevoll­ mächtigten verpflichtet (§ 17). Die zur Deckung der Unfallrenten, Verwaltungskosten, zur Gewährung voil Rettnngsprämien und für Abwendung von Unfällen, sowie zur Ansammlung eines Rerservefonds nothwendigen Mittel werden nach dein aus dem Gefahren­ tarif für die einzelnen Betriebe festgcstelltcn Risiko auf die

6 Mitglieder der Genossenschaft umgelegt. Nach Ablauf eines jeden Rechnungsjahres ist stets nur derjenige Betrag auf­ zubringen, welcher zur Bestreitung der thatsächlich erfolgten Zahlungen erforderlich war. Der Kapitalwerth der Un­ fallrenten wird hiernach nicht erhoben (Umlageverfahren im Gegensatz zum sog. Kapitaldeckungssystem) und bleiben der Rhederei große Kapitalien erhalten. Während der ersten Jahre in denen die Last eine geringere und dann bis zum Eintritt des Beharrungszustandes wächst, ist durch Zuschläge zu den Entschädigungsbeträgen ein bedeutender Reservefonds anzusammeln, dessen Zinsen nach Ablauf von 11 Jahren zur Erleichterung der Jahreslasten verwendet werden dürfen, sobald der angesammelte Fond das Doppelte des Jahresbedarfs erreicht hat. Zur Bestreitung der Ver­ waltungskosten kann ein Jahresbeitrag im voraus erhoben werden (§§ 18, 19). Die innere Verwaltung und Geschäftsordnung der Rhederei-Berufsgenoffenschaft regelt das von der General­ versammlung zu beschließende Statut mit gesetzlich be­ stimmtem Inhalt (§§ 20, 24—26). Die Grundlagen für die Bildung der Genossenschaft waren die Schiffsregister, die Verpflichtung zur Vorlage der Meßbriefe und die An­ meldungen (§§ 21, 22). Zunächst berief das Reichsversicherungsamt zur Berathung des Statuts und Wahl eines provisorischen Vorstandes die konstituirende Generalver­ sammlung (§ 23). Hieran schloß sich die Bildung der Or­ gane der Genossenschaft: Generalversammlung und Ge­ nossenschaftsvorstand mit voller Selbstverwaltung. Dem G.-Vorstand liegt die Vertretung der Genossenschaft und die gesammte Verwaltung ob, soweit nicht einzelne Ange­ legenheiten durch Gesetz oder Statut anderen Organen Vorbehalten sind. Er geht aus freier Wahl der Berufs­ genossen hervor, sein Amt gehört zu den unentgeltlichen Ehrenämtern (§§ 30—33). Die Verwaltung kann durch Bestellung von Vertrauensmännern und Einrichtung von Sectionen dezentralisirt werden, staatliche Behörden wirken nur insoweit mit, als dies zur Wahrung der öffentlichen

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Interessen erforderlich ist. Die Aufsicht führt das Reichsversicherungsamt (§§ 97—101). Die Verzeichnisse der unfallversicherungspflichtigen See­ betriebe (§§ 21, 22) bieten die Grundlage für die Erhebung der Beträte; für deren Aufbringung ist das Risiko maß­ gebend, mit welchem jedes Unternehmen die Genoffenschast belastet. Das Risiko findet seinen Ausdruck zunächst in der Zahl und Beschäftigungsdauer der, dem Unfall aus­ gesetzten Seeleute. Zur Fixierung jener Zahl wird der durchschnittliche Bedarf jeden Fahrzeuges an Bemannung auf Grund des Handbuchs für die Handelsmarine und der Verzeichnisse nach den Klassen der Besatzung (.§ 6) abgeschätzt. Im übrigen ist die Höhe des Rifiko's auch noch von an­ deren Umständen abhängig, z. B. der Güte des Schiffes, der besonderen Gefahr einzelner Ladungen. Bei der zur Zeit noch bestehenden Ungewißheit dieser Kriterien sieht das Reichsgesetz von der obligatorischen Aufstellung von Ge­ fahrenklassen ab, die Festsetzung des Gefahrentarifs dem Statut überlassend (§§ 34—40). Die Genossenschaft kann den einzelnen Unternehmern nach der Zahl und Bedeutung der in ihren Betrieben vorgekommenen Unfälle Zuschläge auferlegen oder Nachlässe bewilligen (§ 39), wie statutarisch auch höhere Beiträge für besonders gefährliche Ladungen und Reisen zulässig sind (§§ 40, 41). Die Sicherstellung der socialen Fürsorgepflicht verlangt den Zwangsbeitritt. Jeder versicherungspflichtige Unter­ nehmer ist kraft Gesetzes Mitglied der Rhederei-Berufsge­ nossenschaft (§ 43). Die Stimmberechtigung ist lediglrch abhängig vom Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte. Die Führung des Genoffenschaftskatasters durch den Vorstand, der Eintrag der einzelnen Genossen und die Zufertigung von Mitgliedscheinen constatieren die Zugehörigkeit zur Ge­ nossenschaft. Gegen die Aufnahme in das Kataster, wie auch die Ablehnung geht die Beschwerde an das Reichs­ versicherungsamt (§ 44). Die versicherten Arbeiter sind nach dem Grundprinzip« der Unfallversicherung nicht Mitglieder der Berufsgenossen-

8 schäften, sie tragen zu den Lasten nicht bei, haben daher auch keinen Anspruch auf Mitwirkung bei der Verwaltung. Nur für einzelne Geschäfte erschien eine Betheiligung wünschenswerth, weshalb Vertreter der Versicherten zur Mit­ wirkung bei den Schiedsgerichten, zur Begutachtung der Unfallverhütungsvorschriften und Wahl von zwei unstän­ digen Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes zu wählen (§ 48). Der Schadenersatz wird von den Organen der Ge­ nossenschaft, nach vorausgegangener polizeilicher Unfallunter­ suchung (8 61) festgestellt. Gegen den Feststellungsbescheid (8 67) findet die Berufung an ein Schiedsgericht statt, welches zu gleichen Theilen aus gewählten Vertretern der Mitglieder der Genossenschaft und der Seeleute, unter Vor­ sitz eines unbetheiligten öffentlichen Beamten für eine jede Sektion gebildet ist und den Charakter eines Spezialgerichts­ hofs trägt. Die Wahl der aus den Versicherten zu be­ rufenden Beisitzer erfolgt durch die Vorstände der Orts­ und Betriebskrankenkassen, der genehmigten Seemannskassen oder anderer zur Wahrung der Interessen der Seeleute be­ stimmten Vereinigungen. Wählbar sind nur männliche, großjährige Personen, welche im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und in der Verfügung über ihr Vermögen nicht durch richterliche Anordnung beschränkt. Ein besonderes Regulativ enthält die Wahlanleitung (8§ 49—55), eine Verordnung regelt das Verfahren vor den Schiedsgerichten (§ 56). Zur einfachen und sicheren Feststellung der Ansprüche auf Entschädigung dienen die Einträge in das Schiffsjour­ nal, die Anzeigen an Seemannsämter und Ortspolizeibe­ hörden, die Führung von Unfallverzeichnissen und Unter­ suchungen der Unfälle (88 57—66). Für die Feststellung und Auszahlung der Entschädi­ gungen (88 67—78) sind bestimmte leitende Normen gegeben. Als Unterlage dienen die Unfalluntersuchungen; die Ent­ schädigung ist ohne weiteren Antrag festzusetzen, und zwar von den Sektionen bei kleineren Unfällen, bei Tödtungen

9 und schweren Körperverletzungen durch den Genossenschafts­ vorstand. Statutarisch können besondere Ausschüsse oder Bevollmächtigte zu diesem Zwecke bestellt werden. Jin In­ lands anwesende Betheiligte erhalten Gelegenheit, sich über die Grundlagen der Berechnung zu äußern. Gegen den schriftlichen Feststcllungsbescheid findet Berufung an das Schiedsgericht statt, gegen deffen Entscheidung in schwereren Fällen der Rekurs an das Reichsversicherungsamt (§§ 67 bis 71). Bei einer Veränderung der für die Feststellung maßgebenden Vcrhältnisie kann eine anderweitige Feststellung von amtswegen oder auf Antrag erfolgen (§ 73). Die Bestimmungen über die Ertheilung eines Be­ rechtigungsausweises (§ 72), über die Fälligkeitstermine (Zahlung der Kosten des Heilverfahrens und der Beerdigung binnen 8 Tagen, der Renten in monatlichen Pränumerandoroten*, die Vorrechte der Renten (§ 74), die Kapital­ abfindung vyn Ausländern (§ 75) entsprechen dem früheren Unfallvers.-Rechte. Die Auszahlung der Entschädigungen erfolgt auf A:= Weisung des Genossenschaftsvorstandes durch die Postämter. Die Postverwaltungen schießen die angeiviesenen Beträge vor und liquidiren dieselben nach Ablauf eines jeden Rechnungsjahres, ohne Berechnung von Zinsen, bei dem Genoffenschaftsvorstand zur Erstattung, welcher das Uinlageund Erhebungsverfahren anordnet. Die Umlegung erfolgt, sofern ein Gefahrentarif ausgestellt ist, nach der Veran­ lagung, im übrigen bei Seefabrzeugen nach der durch­ schnittlichen Besatzung, für andere Betriebe nach der Zahl der Arbeitstage. Jedes Genossenschaftsmitglied erhält einen Auszug aus der Heberolle zur Prüfung der Richtigkeit der Beitragsberechnung. Gegen die Umlegung findet der Ein­ spruch beim Genoffenschaftsvorstand, gegen deffen Bescheid die Beschwerde an das Reichsversicherungsauit statt (§§ 78 bis 85). Der Rheder haftet für die Beiträge persönlich und mit Schiff und Fracht; zur Erleichterung der Beitreibung hat die Genossenschaft die Rechte der Schiffsgläubiger mit dem

10 Vorzugsrecht hinter den bisher bevorzugten Forderungen (§ 86). Hand in Hand mit der Unfallversicherung geht die Unfallverhütung der Berufsgenoffenschaft durch directe Ein­ richtungen, Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen, Controle der getroffenen Anordnungen, Beaufsichtigung der Betriebe, Besichtigung der Fahrzeuge (§§ 90—96). Neben der allgemeinen Versicherung fällt die Haftung der Unternehmer auf Grund der Haftpflichtgesetze weg. Die Versicherten und ihre Hinterbliebenen können einen Ent­ schädigungsanspruch aus Unfällen nur bei straftechtlicher Verurtheilung wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Un­ falles in Höhe der Differenz zwischen der Entschädigung und der Versicherungssumme erheben. Dagegen haften Betriebs­ unternehmer, Mitrheder, Lootsen u. s. w., welche wegen Vorsatz oder Fahrlässigkeit strafrechtlich verurtheilt sind, der Genoffenschaft und den Krankenkassen für alle Aufwendungen (88 109-iu). Die höchste richterliche und verwaltende Behörde ist auch auf dem Gebiete der Seeunfallversicherung das Reichs­ versicherungsamt in Berlin, verstärkt durch Rheder und Schifffahrtskundige. Sein Geschäftskreis umfaßt neben dem Aufsichtsrechte die Funktionen eines Oberverwaltungs­ gerichtshofes und einer Ministerialinstanz, daneben besteht eine Executiv- und Geldstrafgewalt (§§ 97—100). Auch für die Seebetriebe des Reichs und der Staaten bleibt die Unfallversicherung materiell die gleiche, und es kommen die principiellen Bestimmungen des Gesetzes in Anwendung. Dies gilt von den Grundsätzen über Umfang, Feststellung und Auszahlung der Entschädigungen, der Mit­ wirkung der Postämter u. s. w. Dagegen sind eine Reihe von Bestimmungen organisatorischer Natur beseitigt oder modisicirt. An Stelle der Berufsgenoffenschaft tritt hier das Reich und der Staat, die Genoffenschastsorgane sind durch staatliche Ausführungsbehörden ersetzt (§§ 102—108). Der Berufsgenoffenschaft der Rheder ist zur Durch­ führung des Reichsgesetzes die Unterstützung der Reichs-



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unb Staatsbehörden in ausgedehntem Umfange zugesichert. Die öffentlichen Behörden sind verpflichtet, allen Ersuchen des Reichsversicherungsamtes, des Genossenschaftsoorstan­ des, der Sectionsvorstände und Schiedsgerichte zu ent-sprechen (§ 115). Außerdern enthält das Gesetz eine Reihe von Specialbestimmungen über die von den Staatsorga­ nen der Genoffenschaft zu leistenden Beihülfe. Die wich­ tigsten beziehen sich auf die Mitwirkung der für Führung -er Schiffsregister zuständigen Behörden (§§ 21, 45, 66), der Ortspolizeibehörden (§§ 57, 58, 60, 121), Verwal­ tungsbehörden (§§ 70, 95, 121), Seemannsämter (§§ 57, 60, 62, 66) und Postanstalten (§ 77). Dank der thätigen Mitwirkung aller Betheiligten konnten ine Wohlthaten der Unfallversicherung der deutschen See­ leute am 1. Januar 1888 in volle Wirksamkeit treten.

betreffend die Unfallversicherung der Seeleute und anderer bei der Seeschifffahrt betheiligter Personen. Vom 13. Juli 1887.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ic. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt: I. Allgemeine Bestimmungen. § 1. Personen, welche 1. auf deutschen Scefahrzeugen als Schiffer, Personen der Schiffsmannschaft, Maschinisten, Aufwärter oder in anderer Eigenschaft zur Schiffsbesatzung Äen (Seeleute), Schiffer jedoch nur, sofern sie oder Gehalt beziehen, 2. in inländischen Betrieben schwimmender Docks und ähnlicher Einrichtungen, sowie in inländischen Be­ trieben für die Ausübung des Lootsendienstes, für die Rettung oder Bergung von Personen oder Sachen bei Schiffbrüchen, für die Bewachung, Be­ leuchtung oder Instandhaltung der dem Seeverkehr dienenden Gewässer beschäftigt sind, *) werden gegen die Folgen2) der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle einschließlich derjenigen Unfälle, welche während des Betriebes in Folge von Elementarereigniffen eintreten, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes versichert.') Seeleute (Absatz 1, Ziffer 1) unterliegen den Bestim­ mungen dieses Gesetzes nicht, wenn sie zur Besatzung von

13 Fischerfahrzeugen, oder wenn sie zur Besatzung solcher See­ fahrzeuge gehören, die nicht mehr als fünfzig Kubikmeter Bruttoraumgehalt haben und dabei weder Zubehör eines größeren Fahrzeuges, noch auf Fortbewegung durch Dampf oder andere Maschinenkräfte eingerichtet sind.") Auf Personen in Seeschifffahrts- und anderen unter Absatz 1 fallenden Betrieben, welche wesentliche Bestand­ theile eines der Unfallversicherung unterliegenden sonstigen Betriebes sind (vergleiche § 1 Absatz 6 des Unfalloersicherungsqesetzes vom 6. Juli 1884, Reichs-Gesetzbl. S. 69, sowie §§ 1 ff. des Gesetzes vom 28. Mai 1885, ReichsGesetzbl. S. 159) findet dieses Gesetz keine Anwendung. Von den Bestimmungen der §§ 2 ff. des gegenwärtigen Gesetzes sind ferner ausgeschlossen die im § 1 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für Beamte und Personen des Sol­ datenstandes in Folge von Betriebsunfällen, vom 15. März 1886 (Reichs-Gesetzbl. S. 53) bezeichneten Personen, Be­ amte, welche in Betriebsverwaltungen eines Bundesstaates oder eines Kommunalverbandes mit festem Gehalt und Pensionsberechtigung angestellt sind, sowie andere Beamte eines Bundesstaates oder Kommunalverbandes, für welche die im § 12 a. a. O. vorgesehene Fürsorge in Kraft ge­ treten ist. 5)

Ob ein Betrieb im Sinne dieses Gesetzes versicherungs­ pflichtig ist, entscheidet im Zweifel nach Anhörung des Ge­ noffenschaftsvorstandes (§ 28) das Reichs-Versicherungsamt. Durch Beschluß des Bundesrathes können Personen, welche nach den Bestiimnungen des Absatzes 2 von den Vorschriften dieses Gesetzes ausgeschloffen sind, für ver­ sicherungspflichtig erklärt werden. *) Nach den Motiven sollen alle zur Schiffsbesatzung deutscher Seefahrzeuge (§ 2) gehörigen Personen, wie sie § 1 emzel aufführt, der Unfallversicherung unterlieaen, alle diese Kategorien (Maschinisten, Aufwärter u. f. w., wie nach § 3 der Seemannsordnung v. 27. De­ zember 1872) o. h. die gestimmte Schiffsbesatzung gelten im Sinne des Gesetzes als Seeleute (Mot. S. 49). Nach Erklärung der Re­ gierung bei den Kommiss.-Berathungen, ist es einerlei, ob die zur Schiffs-

14 besatzung gehörigen Personen, nach der S.-O. (§ 24 ff.) „angeheuert sind oder nicht" (Komnnss.-Ber. S. 49). Das 1884er und das landwirthschastl. Unfall-Vers.-Ges. unter­ werfen Arbeiter ohne Rücksicht auf Lohnbezug, Betriebsbeamte nur bei Gehalt bis zu 2000 Mk. der Versicherung. Eine ähnliche Unter­ scheidung zwischen den den Arbeitern des Festlandes social gleich­ stehenden Matrosen und den den Betriebsbeamten entsprechenden Schiffsosfizieren paßt nicht für die Verhältnisse der Seeleute. Ebenso ist auch eine Einkommensgrenze bei den Schiffsoffizieren einschließlich des Schiffers nicht vopaesehen. Aehnlich wie nach § 3, Abs. 3 deS U.-Vers.-G. sind auch Volontäre, welche unentgeltlich auf dem Schiff zu ihrer Ausbildung oder zu anderen Zwecken Dienste nehmen ver­ sichert. (Mot. S. 50.) Von der Regel, daß es auf den Bezug von Gehalt überhaupt nicht ankomme, mußte nur eine Ausnahme gemacht werden. Schiffer sind vielfach die Eigenthümer der von ihnen geführten Fahrzeuge und erhalten als solche keinen Lohn. Es fehlt an einem ausreichenden Anlaß, auch solche Unternehmer zwangsweise gegen Unfall zu ver­ sichern. Sie unterliegen der Unfallversicherung nur dann, wenn sie Lohn oder Gehalt beziehen, wobei aber auf die Höhe nichts ankommt. Solche Schiffer also, welche nur einen Antheil des von ihnen ge­ führten Fahrzeugs besitzen und von der Rhederei als Schiffer be­ soldet werden, fallen wie andere Personen der Schiffsbesatzung unter das Gesetz. (Mot. S. 50.) Die inländischen Betriebe schwimmender Docks u. s. w., welche sämmtlich zu den Betrieben der Seeschifffahrt in Beziehung stehen, sind der Genossenschaft für Seeschifffahrtsbetrieb zugewiesen. (Mot. S. 47). Was insbesondere die Lootsen betrifft, so sind diese nicht überall als Beamte anaestellt, der Lotsendienst wird auch selbständig mit Gehülfen als Gewerbe betrieben. Bezüglich der vom Staat oder Kommunalverbande als Beamte mit festem Gehalt und Pensionsbe­ rechtigung angestellten Lootsen verbleibt es bei den dienstpragmatischen Bestimmungen, während die selbständigen Lootsen zur Unfallversiche­ rung zuzulassen aber nicht zu verpflichten sind. Dagegen müssen die von letzteren bei ihrem Gewerbe beschäftigten Personen auf Kosten der betreffenden Gewerbetreibenden gegen Unfall bei der Genoffen­ schaft versichert werden. (Mot. S. 47.) A. N. III, 401. Als Betriebe für Bewachung sind zu behandeln: Fahrzeuge, welche den Strompolizeibeamten, Hafenmeistern und in gleichartiger Stellung befindlichen Personen bei Ausübung ihres Dienstes unterstehen. Von den Betrieben für die Instandhaltung der Gewässer sind die Daagereibetriebe bereits durch das sog. Ausoehnungsgesetz v. 28. Mai 1885 (R.-Ges.-Blt. S. 159) der Unsallversicherunaspflicht unterworfen und bleiben bei der bisherigen Berufsgenossenschaft. (Kommiss.-Ber. S. 6,7.)

2) Gegen die Folgen der ... . ES wird nach dem allgemeinen Systeme der Unfallversicherung ein ursächlicher Zusammenhang -wischen

15 dem Betriebe und dem Unfall vorausgesetzt. (Mot. S. 51.) Der Entschädigungsanspruch hat hiernach folgende Voraussetzungen: a) der Versicherte muß „in" einem versicherungspflichtigen Be­ triebe beschäftigt sein (§ 1); b) der Unfall mutz „bet dem Betriebe" sich ereignet haben; c) der Unfall darf von dem Verletzten selbst nicht vorsätzlich herbeigeführt sein. v. Woedtke, Unfallversicherungsgesetz vom 6. Juni 1884, 3. Aust., bemerkt: Ein „Unfall bei dem Betriebe" setzt einen ursächlichen (unmittelbaren und mittelbaren) Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Betrieb, sowie ein dem regelmäßigen Gange des Betriebes fremdes, abnormes Ereianiß voraus, dessen Folgen für das Leben oder die Gesundheit schädlich sind. Rosin, in seiner Schrift: Der Begriff des Betriebsunfalls als Grundlage des Entschädigungsan­ spruchs nach den Reichsgesetzen über die Unfallversicherung (Verlag von I. Mohr, Freiburg) sieht, entgegen der Ansicht des ReichsverstcherunasamteS (A. N. II, S. 274, Nr. 230) den Unfall nicht in der Be­ schädigung, sondern in dem die Beschädigung herbeiführenden Ereig­ nisse und charakterisiert als Betriebsunfall den mit dem Betriebe im Kausalzusammenhang stehenden Unfall. b) Die Nebeneinanderstellung von bei dem Betrieb und während des Betriebes eintretenden Unfällen wurde gewählt, um auszudrucken, daß nicht nur Unfälle, welche in unmittelbarem ursächlichen Zusammen!fange mit dem Betriebe stehen, d. h. sich bei dem Betriebe ereigneten, ondern auch solche, welche nur zeitlich mit ihm zusammenfielen, soweit sie durch Elcmentarereignisse herbeigeführt sind, unter das Gesetz fallen (Kommiff.-Ber. S. 6). Bei der Seeschifffahrt haben elementare Ereig­ nisse eine andere Bedeutung, wie bei Betrieben auf dem festen Lande; Erkrankungen und Todesfälle, welche lediglich die Folgen klimatischer Einwirkungen sind (z. B. Klimafieber) gehören nicht zu den durch elementare Ereignisse herbeigeführten Unfällen (Mot. S. öl, Kommiff.Ber. S. 4, 5). — Der ursächliche Zusammenhang zwischen der Verletzung und dem Betriebe ist vom Verletzten nachzuweisen. Dieser Nachweis kann in vielen Fällen nicht in ganz zwingender Weise geführt werden, unter­ liegt vielmehr freier Beurtheilung (§ 18 V.-O. v. 2. Nov. 1885, A. N. II, 203, Dr. R. Freund: Die Recurs-Entscheidungen u. s. w. des Reichsversicherungsamts. Berlin, I. I. Heine's Verlag 1889, S. 22 ff.) *) Nur die eigentlichen Seeschiffe, o. h. Fahrzeuge mit mehr als 50 com Bruttoraumgehalt fallen unter das Gesetz, die Unfallverfichermig kleinerer Fahrzeuge, insbesondere sämmtlicher Fischereibetriebe bleibt späterer Regelung vorbehalten (Mot. S. 48, Kommiff.-Ber. S. 5). Auf Fahrzeuge unter 50 cbm Bruttoraumgehalt finden auch andere für Seeschiffe geltende Bestimmungen, so namentlich über Die Ver­ pflichtung zur Eintragung in die Schiffsregister, keine Anwendung, und eigentliche Seereisen werden von so kleinen Fahrzeugen in der

16 Regel nicht unternommen. Dampf- und ähnliche Fahrzeuge sind auch bei einem Bruttoraumgehalt von nicht mehr als 50 cbm auS ähn­ lichen Gründen, wie im U.-V.-G. die kleinen Motorenbetriebe, in das Gesetz einbezogcn, sofern sic nicht als Fischerfahrzeuge verwendet werden (Mot. S. 48). Zum Lootsen-, Rettunas-, Bergungs-, Bewachungs- u. s. w. Dienst dienende Fahrzeuge fallen ohne Rücksicht auf ihre Größe unter daS Gesetz, da es sich hier nicht um den See­ schiffahrtsbetrieb, sondern um eine Zubehör jener übrigen versiche­ rungspflichtigen Betriebe handelt (Mot. S. 51). Die Möglichkeit der Erstreckung der Versicherungspflicht wahrt im Anschluß an § 1, Abs. 8 U.-V.-G., Abs. 5, § 1. — 6) Es fehlt an einem ausreichenden Anlaß, die in den aufaesührten Betrieben beschäftigten Personen aus dem Bereich der bisher für sie geltenden Bestimmungen über Unfallversicherung Hervorzu­ heben (Mot. S. 51, 52). Die mit den unter das S.-U.-V.-Ges. fal­ lenden Betrieben in Verbindung stehenden Nebenbetriebe (z. B. Schiffbau- und Reparatur-Anstalten, stehende Dampfkesselanlagen, gewerbsmäßige Speicher-, Güterpacker-, Güterladebetriebe) können nicht in die See-B.-Genoffenschaft ausgenommen werden, sondern ver­ bleiben in den bisherigen B. - Genossenschaften. A. N. IV, S. 168.

§ 2. Als ein deutsches Seefahrzeug im Sinne dieses Gesetzes gilt jedes ausschließlich oder vorzugsweise zur See­ fahrt benutzte Fahrzeug, welches unter deutscher Flagge fährt. Als Seefahrt (Absatz 1) gilt nicht nur der Verkehr auf See außerhalb der durch § 1 der Vorschriften über die Registrirung und die Bezeichnung der Kauffahrteischiffe vom 13. November 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 367) festgesetzten Grenzen, sondern auch die Fahrt auf Buchten, Haffen und Watten der See, nicht aber auf anderen mit der See in Verbindung stehenden Gewässern, auch wenn sic von See­ schiffen befahren werden. Betriebe, welche nach den vorstehenden Bestimmungen als Seeschifffahrtsbetriebe sich darstellen, scheiden, sofern sie auf Grund anderer Gesetze einer Berufsgenoffenschaft bereits zugetheilt sind, aus der letzteren mit den aus § 32 des Unfall­ versicherungsgesetzes sich ergebenden Nechtswirkungen aus. Rheder im Sinne dieses Gesetzes sind die Eigenthümer der unter dasselbe fallenden Fahrzeuge; sofern eine Rhederei besteht (Artikel 456 des Handelsgesetzbuchs), die Rhederei.

17 1) § 2 enthält im Anschluß an die Beschränkung des Gesetzes auf die Besatzung deutscher. Secsahrzeuge (§ 1) die Bestimmung, welches Fahrzeug als ein „deutsches Seefahrzeug" anzusehen ist. Die Regierungsvorlage faßte diesen Begriff dahin, daß das Seefahrzeug im ausschließlichen Eigenthum von Deutschen stehen sollte (Mot. S. 52). Die Kommission empfahl neben dem privatrechtlichen EigenSim die Führung der deutschen Flagge entscheidend sein zu lassen mss.-Ber. S. 8), der Reichstag das Kriterium: ein deutsches Schiff ist jedes Fahrzeug, welches unter deutscher Flagge fährt. Das Fahren unter deutscher Flagge ist nicht etwa ein gleichgültiger thatsächlicher, sondern ein wichtiger an verschiedene Voraussetzungen gebundener, mit rechtlichen Wirkungen verbundener Act. Zunächst muß ein Schiff, wenn es auf seerechtlichen Schutz Anspruch haben will, unter irgend einer Flagge fahren. Seerechtlich ist es vollkommen unzulässig, daß ein Schiff ohne Flagge fährt; an letzterer erkennt man die Nationalität des Schiffes. Es ist aber nicht jedes Schiff berechtigt, nach seinem Belieben eine Flagge zu führen, sondern jeder Staat letzt die Voraussetzungen fest, unter welchen das Schiff mit seiner Flagge fahren darf. Genügt Jemand diesen Voraussetzungen nicht, dann begeht er ein Delict, wie auch im R.-Gesetze über oie Rationalität der Kauffahrteischiffe schwere Strafen gegen Kontraven­ tionen festgesetzt sind. Dieses Fahren unter deutscher Flagge ist also deutschen Schiffen gestattet (Stenogr. Bericht S. 1017). Vergl. auch Art. 434, 470 H.-Ges.-B., § 2, B.-Ges. v. 25. October

1867, R.-Ges. v. 28. Juni 1873, S.-O. § 61, Ziff. 2. Der Begriff des deutschen Seefahrzeugs beschränkt sich nicht aus Kauffahrteischiffe (d. b. zum Erwerb durch Seefahrt bestimmte Fahrzeuae), sondern umfaßt alle zur Seefahrt ausschließlich oder vorzugs­ weise benutzten Fahrzeuge, daher auch Postschiffe, Zollkreuzer u. s. w., ferner die im R.-Gesetz betr. die Befugniß von den Kauffahrteischiffen nicht angehörenden Seefahrzeugen zur Führung der Reichsflagge, vom 15. Apnl 1885 (R.-Ges.-Blt. S. 89) aufgeführten Lustjachten (Mot.

S. 52) . 2) Die Bestimmung im Abs. 2 lehnt sich an § 1 der Schiffsvermss.-Ordnung v. 5. Juli 1872 (R.-Ges.-Blt. S. 270) an. § 3 BO. über daS Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See vom 15. August 1876 (R.-Ges.-Blt. S. 189) stellt auch die Fahrt auf anderen, mit der See in Verbindung stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewässern der Fahrt auf offenem Meere gleich. Die zur Fahrt auf solchen, nicht als Buchten u. s. w. angesehenen Rebengewässern tragen nicht das Gepräge der Seeschifffahrt, gehören vielmehr zu den Binnenfahrzeugen (Mot. S. 53).

DaS frische Haff ist als ein „Haff der See" gemäß § 2 Abs. 2 anzusehen und hat die Fahrt auf dem ersteren, soweit die Bestim-

18 mungen des Gesetzes in Frage kommen, als Seefahrt zu gelten. A. 91. IV, S. 258. Als „Rheder" sind übereinstimmend mit dem in der Gesetz­ gebung (Art. 450 H.-Ges.-B.) wie im Verkehr allgemein üblichen Sprachgebrauch der Eigenthümer der Fahrzeuge, beziehungsweise die im Art. 456 ff. H.-G.-B. behandelten Rhedercien bezeichnet (Mot. S. 53). Der Grundsatz des Art. 477 H.-Ges.-Bl. findet, als zu Schwierigkeiten führend, keine Anwendung (Kmss.-Ber. S. 9).

§ 3. Die Versicherung gilt für die Zeit vom Beginn bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses, einschließlich der Beförderung vom Lande zum Fahrzeuge und vom Fahr­ zeuge zum Lande. Die Versicherung erstreckt sich auch auf Unfälle, welche die nach tz 1 versicherten Personen auf einem deutschen Seefahrzeuge, auf welchem sie beschäftigt sind, ohne zur Besatzung desselben zu gehören, bei dem Betriebe erleiden, sowie auf Unfälle, welche deutsche Seeleute bei der auf Grund des Handelsgesetzbuchs, oder der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 409), oder des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung deutscher Kauffahrteischiffe zur Mitnahme hülfsbedürftiger Seeleute, vom 27. Dezember 1872 (Reichs-Gesetzbl. S. 432) ihnen gewährten freien Zurückbeförderung oder Mitnahme auf deutschen Seefahrzeugen erleiden. Im Falle des Flaggen­ wechsels gilt als Beendigung des Dienstverhältnrffes der Zeitpunkt, in welchem der Versicherte seine Entlaffung be­ anspruchen durfte.') Ausgeschloffen von der Versichernng sind Unfälle, welche der Versicherte während des Urlaubs oder während einer Zeit erleidet, in welcher er sich pflichtwidrig von Bord ent­ fernt hatte?) ') Die Versicherung gilt für die ganze Dauer des Dienstver­ hältnisses (vergl. insbes. §§ 28, 54, 55, 56 S.-O.) inclus. der Beför­ derung vom Lande zum Fahrzeug und umgekehrt, sobald die Unfälle mittelbar oder unmittelbar mit dem Dienstverhältnisse einen ursäch­ lichen Zusammenhang haben. Nicht selten kommt es vor, daß mehrere Fahrzeuge besitzende Rheder, Mannschaften von einem Schiffe auf dem anderen beschäftigen, auch Seeleute von Schiffen der einen Rhederei Aushülfe aus einem Fahrzeuge der anderen Rhedcrei leisten, welchen Fällen Satz 2 des § 3 Rechnung trägt (Kmff.-Ber S. 10). Weiter

19 erstreckt sich die Versicherung auch auf Unfälle, welche Seeleute auf deutschen Seesahrzeugen erleiden, auf denen sie nach Bestimmungen des Handelsgesetzes, der Seemannsordnung oder des R.-Ges. v. 27. Dezember 1872, nach dem Ausgangshafen oder in die Heimath be­ fördert werden, ohne zur Besatzung des Fahrzeugs zu gehören. 2) Ausgeschlossen sind dagegen Unfälle, welche dem Verletzten während einer unberechtigten Entfernung oder während eines Urlaubs zustoßen (Mot. S. 54). Das Verlassen des Schiffs ist dann nicht als ohne Erlaubniß geschehen zu betrachten, wenn es zwar ohne aus­ drückliche Zustimmung des Vorgesetzten geschah, jedoch der ordnungs­ mäßige Betrieb des Fahrzeugs dazu nöthigte (Kmss.-Ber. S. 10).

§ 4. Rheder, welche nicht schon nach den Bestim­ mungen des § 1 versichert sind, Sootsen, welche ihr Ge­ werbe für eigene Rechnung betreiben, sowie die Unternehmer der übrigen nach § 1 versicherten Betriebe sind berechtigt, sich selbst oder andere in dem Betriebe beschäftigte, nach § 1 nicht versicherte Personen gegen die Folgen der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle nach Maßgabe der Vorschriften dieses Gesetzes zu versichern. § 4 entspricht dem § 2 Abs. 1 des Reichsges. v. 5. Mai 1886. Durch Statut kann bestimmt werden, daß Unternehmern, welche wegen der Beiträge sür ihre Selbstversicherung fruchtlos exquirirt wurden, die Berechtigung zur Selbstversicherung durch den Berufsgenossenschasts-Vorstand entzogen werden kann, und zwar würde die Versicherung mit dem Tage der Zustellung des betr. Beschlusses er­ löschen. A. N. II. S. 86, Ziff. 470.

§ 5. Die Versicherung erstreckt sich auf einen Jahres­ arbeitsverdienst bis einschließlich zweitausend Mark. Durch das Statut (§ 20) kann die Versicherung auf einen höheren Jahresarbeitsverdienst erstreckt werben. Bei der Beurtheilung der Versicherungspflicht ist die Höhe des Gehalts ohne Einfluß (§ 1), dagegen hat sie eine Bedeutung bei der Frage nach dem Umfang der Versicherung. Durch § 5 ist Vorsorge getroffen, daß die Versicherung in angemessenen Grenzen bleibt, und eine ungerechtfertigte Belastung der G. durch zu hohe Renten ver­ mieden wird (Mot. S. 51).

§ 6. Als Jahresarbeitsverdienst der zur Schiffsbe­ satzung gehörigen Personen gilt im Sinne dieses Gesetzes 2*

20 das Neunfache desjenigen vom Reichskanzler festzusetzenden Durchschnittsbetrages, welcher bei der Anmusterung oder Anwerbung durchschnittlich für den Monat an Lohn (Heuer) oder Gehalt gewährt wird, unter Hinzurechnung von zwei Fünfteln des für Vollmatrosen geltenden Durchschnittssatzes als Geldwerth der auf Seefahrzeugen gewährtm Bekösti­ gung. Für diejenigen Klassen der Schiffsbesatzung, welche neben dem Lohn oder Gehalt regelmäßige Nebeneinnahmen zu beziehen pflegen, wird bei Berechnung des Jahresarbeits­ verdienstes auch der durchschnittliche Geldwerth dieser Neben­ einnahmen in Ansatz gebracht. Der Durchschnittsbetrag wird von dem Reichskanzler nach Anhörung der Landes-Zentralbehörden einheitlich für die ganze deutsche Küste festgesetzt. Der Festsetzung sind die an Vollmatrosen auf deutschen Fahrzeugen während der letztvorangegangenen drei Kalenderjahre, in welchen eine Mobilmachung deutscher Stteitkräfte nicht stattgefunden hat, gewährten Lohnsätze zu Grunde zu legen. Mindestens alle fünf Jahre erfolgt eine Revision der Festsetzung. Die Festsetzung findet für Vollmattosen, Steuerleute, Maschinisten, sonstige Schiffsoffiziere, sowie für Schiffer be­ sonders statt, auch können weitere Abstufungen, sei es nach der Gattung der Schiffe, sei es nach Klaffen der zur Schiffs­ besatzung gehörigen Personen, gemacht werden. Bei mr Schiffsbesatzung gehörigen Personen, für welche ein besonderer Durchschnittsbetrag nicht festgesetzt ist, kom­ men drei Mettel des für Vollmatrosen festgesetzten Durch­ schnittsbetrages zur Anrechnung. Der Berechnung der Unfallrente wird nicht wie auf dem Ge­ biete der industriellen Unfallversicherung der indivlduelle Durchschnitts­ verdienst des Verletzten (§ 5 Abs. 3 Unfallvers.-Ges.), sondern das durchschnittliche Jahresverdienst (§ 6 R.-Gcs. vom 5 Mai 1886) zur Vermeidung von Weitläufigkeiten und Härten zu Grunde gelegt. Der Grund liegt in der außerordentlichen Verschiedenheit der in Den ein­ zelnen Seestädten gezahlten Heuer (vergl. die Auszeichnungen in den Monatsheften zur Stanstik des deutschen Reiches V. S. 1 ff.). Es wäre unbillig, bei einem Unfall die Jahresrenten auf einer so un-

21 sicheren, dem Zufall unterliegenden Grundlage, wie es das thatsäch­ liche Verdienst zu sein pflegt, zu berechnen. Durchschnittssätze stellen wenigstens annähernd denjenigen Betrag dar, auf welchen bei normalen Verhältnissen Seeleute rechnen können. Der Lohn des Seemanns besteht neben der baaren Heuer in freier Station, insbes. Beköstigung. Auch hierfür waren Durchschnittswerthe zu ermitteln, und bestimmt das Gesetz nach dem Vorschlag Sachverständiger, daß zwei Fünftel des durchschnittlichen Vollmatrosenheuer als Äerth der freien Verköstigung auf Seefahrzeugen gelten und dem Verdienst der einzelnen Klasten hinzugerechnet werden solle. Ebenso kommen die regelmäßigen Nebeneinnahmen (insbes. die Kaplaken der Schiffer) in Betracht, wobei der Durchschnittswerth einen Faktor für die Fest­ stellung des Durchschnittsverdienstes der betr. Kategorien bildet. Der an die einzelnen Kategorien der Seeleute (Vollmatrosen, Steuerleute, Maschinisten, sonstige Schiffsoffiziere, Schiffer u. s. w.) im Durchschnitt mehrere Jahre bezahlte Betrag wird vom Reichs­ kanzler einheitlich für die ganze deutsche Küste festgestellt und perio­ disch revidirt. Nach den bisherigen Erfahrungen bilden die Heuer­ sätze für Vollmatrosen für die Löhnung der übrigen Klassen der Schiffsmannschaften die Grundlage. Für Leichtmatrosen pflegt ein im Wesentlichen sich gleich bleibender Theilbetrag, für Schiffs ofstziere ein desgleichen Vielfaches dieser Heuer gezahlt zu werden. Für Per­ sonen der Schiffsbesatzung, für welche em besonderer Durchschnitts­ betrag nicht festgesetzt ist, kommen drei Viertel des Ansatzes für Voll­ matrosen in Anrechnung. Die Festsetzung erfolgt zur Sicherung der Ermittelung eines unter normalen Verhältnissen zu erwartenden Durchschnittslohnes nach den Ergebnissen normaler Zeitverhältnisse (§ 6 Abs. 2). Das Neunfache (die Beschäftigung des Seemannes dauert nicht mehr als 9 Monate im Jahre, Kommi'ss.-Ber. S. 12) des auf diese Weise als durchschnittlicher Monatsverdienst Ermittelten gilt als Jahresarbeitsverdienst (Mot. S. 56). S. Bek. des Reichskanzlers vom 22. Dezember 1887, Beil. Nr. 1.

§ 7. Als Jahresarbeitsverdienst der übrigen auf Grund des § 1 versicherten Personen gilt der Verdienst, welcher von derartigen Personen im Jahre durchschnittlich erzielt wird. Dieser Durchschnittsverdienst wird von der höheren Verwaltungsbehörde des Beschäftigungsortes fest­ gesetzt. Erreicht derselbe nicht den dreihundertfachen Betrag desjenigen Lohnes, welcher von der höheren Verwaltungs­ behörde nach § 8 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 (N.-G.-M. S. 73) für den Ort der Beschäftigung als ortsüblicher Tagelohn gewöhnlicher Tagearbeiter fest­ gesetzt ist, so gilt als Jahresarbcitsoerdienst der letztere.

22 Ueber die Ermittelung des Jahresarbeitsverdienstes der nach § 4 versicherten Personen hat das Statut (§ 24) Bestimmung zu treffen. Auch für die übrigen nach § 1 versicherten, nicht unter die Seeleute fallenden Personen sind Durchschnittssätze zu ermitteln, deren Feststellung wie in § 6 des Ges. vom 5. Mar 1886 den höberen Verwaltungsbehörden übertragen ist. Als Untergrenze dient auch hier der am Ort der Beschäftigung ortsübliche Lohn gewöhnlicher Tag­ arbeiter (Mot. S. 56). Die von den höheren Verwaltungsbehörden festgesetzten orts­ üblichen TageSlohnsätze s. Taschenkalender für 1890 zum Gebrauch bei Handhabung der Unfall- und Krankenversicherung, von Buschmann und Götze. Berlin, Verlag der Liebel'schen Buchhandlung.

§ 8. Gegenstand der Versicherung') ist der nach Maß­ gabe der nachfolgenden Bestimmungen zu bemessende Er­ satz des Schadens, welcher durch Körperverletzung oder Tödtung2) entsteht. Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Verletzte den Betriebsunfall vorsätzlich") herbeigeführt hat. x) Gegenstand der Versicherung ist auch bei der Seeunfallver­ sicherung der Ersatz des Schadens, welcher durch Körperverletzung oder Tödtung entsteht. Die in Art. 526 Abs. 4, 524 Abs. 2 H.-G.-B., bezw. in 49 Abs. 2, 51 Abs. 2 der S.-O. zugesicherte Belohnung (Prämie) ist kein Schadenersatz, bleibt deshalb in dem Gesetze unbe­ rührt (Mot. S. 57).

2) Körperverletzung oder Tödtung, d. h. wenn dieselbe mittelbar oder unmittelbar als Folge eines bei dem Betriebe sich ereignenden Unfalls sich darstellen. Körperverletzung ist jede Einwirkung auf den Körper eines Menschen, durch welche derselbe eine Störung des körperlichen Wohlbefindens erleidet (§ 223 St.-G.-B ). Sie umfaßt äußere Verletzungen und Störungen der geistigen Funktionen.

s. v. Woedtke, 1884 er Unfallvers.-Ges. S. 20, 3. Auflage. Ver­ lag von I. Guttentag, Berlin. Der Tod kann sofort oder erst später eintreten; es ist nur er­ forderlich, daß er Folge eines beim Betrieb sich ereignenden Unfalls ist.

8) „vorsätzlich". . . . Vorsatz ist bewußtes Wollen der Rechts­ widrigkeit (hier also des Unfalls). Er hat nur Zurechnungsfähigkeit zur Voraussetzung und wird ausgeschloffen durch jeben Irrthum über oie Widerrechtlichkeit der Handlung.

§ 9. bestehen:

Im Falle der Verletzung soll der Schadensersatz

23 in den Kosten des Heilverfahrens'), welche nach Be­ endigung der gesetzlichen Fürsorgepflicht des Rhe­ ders, oder, soweit eine solche nicht besteht, vom Beginn der vierzehnten Woche nach Eintritt des Unfalls an entstehen"); 2. in einer dem Verletzten von demselben Zeitpunkte ab für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit zu ge­ währenden Rente. •) Die Rente beträgt4): a) im Falle völliger Erwerbsunfähigkeit5) für die Dauer derselben sechsundsechzigzweidrittel Prozent des nach den Bestimmungen der §§ 6 und 7 festgesetzten Jahresarbeitsnerdienstes, wobei der zwölfhundert Mark jährlich übersteigende Betrag nur mit einem Drittel zur Anrechnung zu bringen ist; b) im Falle theilweiser Erwerbsunfähigkeit für die Dauer derselben einen Bruchthcil der Rente unter a, welcher nach dem Maaße der verbliebenen Er­ werbsfähigkeit zu bemessen ist. Wenn der Verletzte zur Zeit des Unfalls bereits theilweise erwerbsunfähig war, und deshalb einen geringeren als den durchschnittlichen Arbeitsverdienst bezog ’), so wird die Rente nur nach dem Maaße der durch den Unfall ein­ getretenen weiteren Schmälerung der Erwerbsfähigkeit be­ messen. War der Verletzte zur Zeit des Unfalls bereits völlig erwerbsunfähig, so beschränkt sich der zu leistende Schadensersatz auf die im Absatz 1 Ziffer 1 angegebenen Kosten des Heilverfahrens. An Stelle der vorstehend bezeichneten Leistungen kann bis zur Beendigung des Heilverfahrens freie Kur und Ver­ pflegung in einem Krankenhause gewährt werden, und zwar: I. für Verunglückte, welche bei einem Mitgliede ihrer Familie wohnen, mit ihrer Zustimmung oder un­ abhängig von derselben, wenn die Art der Ver­ letzung Anforderungen an die Behandlung und Verpflegung stellt, denen in der Familie nicht ge­ nügt werden kann; 1.

24 II. für sonstige Verunglückte in allen Fällen. Mit Zustimmung des Verunglückten kann an Stelle der freien Kur und Verpflegung in einem Krankenhause freie Kur und Verpflegung an Bord eines Fahrzeuges ge­ währt werden.') Für die Zeit der Unterbringung des Verunglückten in einem Krankenhause oder an Bord eines Fahrzeuges steht seinen Angehörigen ein Anspruch auf Rente insoweit zu, als sie dieselbe im Falle des Todes des Verletzten würden beanspruchen können (§ 13). *) Heilverfahren . . . ohne Beschränkung, wie sie das Kranken­ versicherungsgesetz (§ 6 Abs. 1) kennt. 2) Nach dem System der früheren Unfallvers.-Gesetze sind die Kosten des Heilverfahrens, sowie die Entschädigung im Falle einer durch Unfall herbeigesührten Erwerbsunfähigkeit bis zum Ablaus der 13. Woche von den Krankenkassen zu tragen, erst von diesem Zeit­ punkte ab übernimmt die Unfallversicherung die Kosten des Heilver­ fahrens und die Entschädigung. Im Falle der Tödtung trägt die Unfallversicherung die Rente an die Hinterbliebenen sofort, desgleichen die Beerdigungskosten. Auch nach dem S.-Unf.-Vers.-Ges. beginnen die Leistungen der Berufsgenossenschast erst nach Ablauf der Zeit, während welcher für den Verletzten anderweit gesorgt ist oder gesorgt werden muß. Seeleute haben im Falle der Krankheit und Ver­ letzung nach Art. 523 ff. H.-G.-B. (für Schiffer) und §§ 48 ff. der S.-O. (für Schiffsmannschaften) während 3 Monaten, im Auslande während 6 Monaten nach Beendigung der Reise einen gesetzlichen Anspruch auf ausreichende Fürsorge an die Rheder. Für die dem Gesetze unterworfenen Personen, auf welche das Krankenvers.-Gesetz Anwendung findet, treten während der ersten 13 Wochen die Kranken­ kassen ein. Der Vorschlag, bcm im Verhältniß zum Industriellen er­ heblich belasteten Rheder ein Aequivalent durch die Gestattung eines Abzugs von 2 Pf. pro Mark der Heuer zu bieten, scheiterte an der alt­ hergebrachten Gewohnheit freier Krankenfürsorge der Seeleute (Mot. S. 44-46, Kommiss.-Ber. S. 17). 3) Die Rente ist demnächst an Stelle des Krankengeldes nebst den Kosten des Heilverfahrens zu zahlen. Eine Ablösung der Rente (außer in den Fällen der Wiederverheirathung von Wittwen [§ 13] und des § 75, (Abfindung von Ausländern) ist unstatthaft. 4) beträgt . . . Die Vorschriften über den Procentsatz der Rente entsprechen dem industriellen Unfallvers.-Ges. v. 1884 und R.-Ges. v. 5. Mai 1886. 5) völlige Erwerbsunfähigkeit . . . soweit diese durch Unfall herbeigeführt ist. Sie ist nicht eine augenblickliche Erwerbslosigkeit,

25 sondern die unter Berücksichtigung der thatsächlichen Verhältnisse voraussichtlich bestehende Unmöglichkeit, fortan nach Maßgabe seiner körperlichen und geistigen Kräfte und Vorbildung einen (nicht etwa ganz nnstHeren) Arbeitsveroienst zu beziehen. Anderweite, von dem Arbeits­ verdienst unabhängige Einnahmen, z. B. aus Vermögen, Alimentationsnnspruchen u. s. m. ändern nichts an der Erwerbsunfähigkeit; dieselbe ist nicht gleichbedeutend mit Erwerbslosigkeit oder Dürftigkeit (s. von Woedtke, 1. c. S. 25). 6) und deshalb . . . Es muß nicht nur die Thatsache des Be­ zuges eines geringeren als des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes, sondern auch die Thatsache, daß dies in der theilweisen Erwerbs­ unfähigkeit seinen Grund hatte, festgestellt werden. Der Umstand allein daß der Verletzte einen geringeren Verdienst bezog, kann nicht entscheiden. 7) Ganz ähnliche Bestimmungen wie in § 9 Abs. 3 gelten für die Krankenversicherung (§ 7 Krankenvers.-Ges.), nach § 7 Abs. 1 des U.-V.-G. und 8 8 des R.-Ges. v. 5. Mai 1886.

§ 10. Den unter § 1 fallenden Personen, welche nach den Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes gegen Krankheit versichert sind, ist im Falle eines Betriebsunfalls vom Beginn der fünften Woche bis zum Ablauf der drei­ zehnten Woche nach dem Eintritt des Unfalls ein Kranken­ geld von mindestens zwei Dritteln des bei der Berechnung desselben zu Grunde gelegten Arbeitslohnes zu gewähren. Die Differenz zwischen diesen zwei Dritteln und dem ge­ setzlich oder statutengemäß zu gewährenden niedrigeren Krankengeld ist der betheiligten Krankenkasse (Gemeinde­ krankenversicherung) von dem Unternehmer desjenigen Be­ triebes zu erstatten, in welchem der Unfall sich ereignet hat. Die zur Ausführung dieser Bestimmung erforderlichen Vorschriften erläßt das Reichs-Versicherungsamt.') Den nach § 1 versicherten Personen, welche in Krank­ heitsfällen ein gesetzlicher Anspruch auf Krankenfürsorge weder gegen Rheder noch gegen Krankenkassen zusteht, hat in Fällen ihrer durch einen Betriebsunfall herbeigeführten Verletzung der Betriebsunternehmer während der ersten drei­ zehn Wochen nach Eintritt des Unfalls aus eigenen Mitteln Fürsorge zu gewähren. Das Maaß dieser Fürsorge richtet sich bei Seeleuten nach den Bestimmungen der Artikel 523 ff. des Handelsgesetzbuchs und der §§ 48 ff. der Seemanns-

26 ordnung, bei den sonstigen nach § 1 versicherten Personen nach den Bestimmungen der §§ 6 und 7 des Krankenver­ sicherungsgesetzes und den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes über den bei Unfällen zu gewährenden Mehrbetrag des Krankengeldes?) *) Die gleiche Bestimmung trifft § 5 Abs. 9 des U.-B-G. Als Krankenkaffen gelten hier die auf Grund des R.-Ges. v. 15. Juni 1883 errichteten Orts-, Betriebs- (Fabrik-), Bau-, Jnnungskaffen, die Ge­ meindekrankenversicherung, die eingeschriebenen Hülfskaffen und die auf Grund landesrechtlicher Vorschriften errichteten Hülfskaffen, welche ihren Mitgliedern die gesetzlichen Mindestleistungen gewähren (8 75 K.-V.-G). Während daS Minimum des Krankengeldes sonst 50% des Lohnes beträgt, erhöht sich bei den in Folge eines Betriebsunfalls Erkrankten vom Beginn der 5. Woche an dieses Minimum auf % des Arbeitslohnes und zwar auf % des bei Berechnung des Kranken­ geldes zu Grund gelegten Arbeitslohnes. Nach der Bek. des R.-V.-A. v. 21. Dezember 1887 finden die Ausführungsvorschristen desselben vom 30. September 1885 zu 8 5 Abs. 9 deS 1884 er U.-B.-G. (A. N. 1885. S. 282) hinsichtlich der unter § 1 S.-U.-V.-G. fallenden, nach den Bestimmungen deS K.-V.-G. versicherten Personen entsprechende Anwendung. A. N. IV. S. 14. ") 8 10 Abs. 2 entspricht § 5 Abs. 10 U.-V.-G. Nach S 109 S.-O. kann die Anwendung der §8 48 ff. S.-O. auf kleinere Fahr­ zeuge (Küstenfahrer u. s. w.) durch Bestimmung der Landesregierung im Berordnungsweae ausgeschlossen werden. Soweit hiervon Gebrauch gemacht ist, find Seeleute im Falle eines Betriebsunfalls während der ersten 13 Wochen ohne Krankenfürsorge. Zur Abhülfe bleibt nur übrig, auch in solchen Fällen die Rheder und Unternehmer zu der­ jenigen Fürsorge anzuhalten, welche sie bei größeren Fahrzeugen während der ersten 13 Wochen zu leisten haben würden (Mot. S. 57).

§ 11. Die Berufsgenosfenschaft (§ 16) ist befugt, in einzelnen Fällen die den Krankenkassen und Betriebsunternehmem während der ersten Wochen nach dem Unfälle ob­ liegenden Leistungen ganz oder zum Theil selbst zu über­ nehmen. Die Berufsgenossenschaft ist ferner befugt, gegen Er­ stattung der Kosten demjenigen Betriebsunternehmer, wel­ chem die Fürsorge für die ersten Wochen nach dem Unfälle obliegt, oder derjenigen Krankenkasse, welcher der Verletzte angehört, die Fürsorge für den Verletzten bis zur Beendi­ gung des Heilverfahrens zu übertragen.

27 In diesen Fällen gilt als Ersatz der freien ärztlichen Behandlung und Arznei für die Dauer eines Jahres der vierte Theil des Jahresarbeitsverdienstes (§§ 6 und 7) mit der im § 9 Absatz 2 lit. a vorgesehenen Kürzung, falls nicht höhere Aufwendungen nachgewiesen werden. Di« Bestimmung lehnt sich an § 10 Abs. 4 des R.-Ges. vom 5. Mai 1886 an und wird insbes. in denjenigen Fällen praktisch werden, in welchen die Genossenschaft Grund zur Befürchtung zu haben glaubt, daß der zunächst Verpflichtete für den Verletzten nur ungenügend sorgen werde (Mot. S. 51). Während der ersten 13 Wochen braucht die Berufsgenoffenschast, wenn sie aus eigne Kosten Krankenpflege eintreten läßt, die in § 9 letzter Abs. eventuell vorge­ sehene Rente nicht zu gewähren. Die weitere Bestimmung, daß die Genoffenschaft umgekehrt auch die Berechtigung haben soll, gegen Erstattung der Kosten dem zur Fürsorge während der Karenzzeit Verpflichteten auch die weitere Fürorge bis zur Beendigung des Heilverfahrens zu übertragen, ent« pruht dem gleichartigen § 5 Abs. 8 U.-V.-G. Eine Ablehnung eines derartigen Antrags seitens der Krankenkaffe kann nicht stattfinden. Wegen der Entscheidung von Streitigkeiten s. § 12 Abs. 1.

§ 12. Streitigkeiten, welche wegen Gewährung freier Kur und Verpflegung in einein Krankenhause oder an Bord eines Fahrzeuges (8 9 Absatz 4) im Auslande entstehen, werden bis zu weiterer Entschließung der zuständigen Ge­ noffenschaftsorgane durch dasjenige Seemannsamt, welches zuerst angegangen wird, entschieden. Diese Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Streitigkeiten, welche aus Anlaß der in den §§ 10 und 11 enthaltenen Bestimmungen entstehen, werden, so­ weit es sich um Ansprüche von Seeleuten handelt, durch das Seemannsamt, im Üebrigen nach § 58 des Kranken­ versicherungsgesetzes entschieden. Zuständig ist bezüglich der Seeleute, soweit es sich um die Gewährung von Fürsorge handelt, dasjenige Seemannsamt, welches zuerst angegangen wird, und, soweit es sich um Erstattungen handelt, das Seemannsamt des Heimathshafens. In den nach § 58 d. st. O. zu behandelnden Fällen entscheidet in erster In­ stanz die für die Ortskrankenkaffe des Beschäftigungsortes zuständige Aufsichtsbehörde.

28 Gegen die Entscheidung eines Seemannsamts findet in den Fällen des Absatzes 2 die Berufung an das ReichsVersicherungsamt statt. Das Rechtsmittel ist bei demselbm binnen vier Wochen nach Zustellung der Entscheidung ein­ zulegen. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar, soweit es sich um Streitigkeiten über Fürsorge handelt. Die Unterscheidung der Behörden in Abs. 2 richtet sich lediglich nach den beiden Personenklassen: Seeleute oder andere Versicherte (Komrniss.-Ber. S. 15).

§ 13. Im Falle der Tödtung ist als Schadensersatz außerdem zu leisten: 1. sofern nicht nach Artikel 524 des Handelsgesetz­ buchs oder § 51 der Seemannsordnung der Rheder die Bestattungskosten zu tragen hat, und sofern die Bestattung auf dem Lande erfolgt, als Ersatz der Beerdigungskosten für Seeleute zwei Drittel des nach § 6 für den Monat ermittelten Durch­ schnittsoerdienstes, für die übrigen nach § 1 ver­ sicherten Personen der fünfzehnte Theil des nach § 7 für das Jahr ermittelten Durchschnittsver­ dienstes, jedoch mindestens dreißig Mark'); 2.

eine den Hinterbliebenen des Getödteten vom Todes­ tage ab zu gewährende Rente, bei deren Berech­ nung der nach den Vorschriften der §§ 6 und 7 zu bemessende Jahrcsarbeitsverdienst mit der im § 9 Absatz 2 lit. a vorgesehenen Kürzung und mit der Maßgabe zu Grunde zu legen ist, daß in den Fällen des § 6 die dort vorgesehenen zwei Fünftel für Beköstigung außer Ansatz bleiben.

Die Rente beträgt:

a) für die Wittwe des Getödteten bis zu deren Tode oder Wiederverheirathung zwanzig Prozent, für jedes Hinterbliebene vaterlose Kind bis zu dessen zurückgelegtem fünfzehnten Lebensjahre fünfzehn Prozent und, wenn das Kind auch mutterlos ist

29 oder wird, zwanzig Prozent des Jahresarbeits­ verdienstes?) Die Renten der Wittwen und der Kinder dürfen zusammen sechzig Prozent des Jahresarbeitsver­ dienstes nicht übersteigen; ergiebt sich ein höherer Betrag, so werden die einzelnen Renten in gleichem Verhältnisse gekürzt. Im Falle der Wiederverheirathung erhält die Wittwe den dreifachen Betrag ihrer Jahresrente als Abfindung. Der Anspruch der Wittwe ist ausgeschlossen, wenn die Ehe erst nach dem Unfälle geschlossen worden ist; b) für Ascendenten des Verstorbenen, wenn dieser ihr einziger Ernährer roar3), für die Zeit bis zu ihrem Tode oder bis zum Wegfalle der Bedürftigkeit zwanzig Prozent des Jahresarbeitsverdienstes. Wenn mehrere der unter b benannten Berech­ tigten vorhanden sind, so wird die Rente den Eltern vor den Großeltern gewährt. Wenn die unter b bezeichneten mit den unter a be­ zeichneten Berechtigten konkurriren, so haben die ersteren einen Anspruch nur, soweit für die letzteren der Höchstbe­ trag der Rente nicht in Anspruch genommen wird. Die Hinterbliebenen eines Ausländers haben einen Anspruch auf Rente nur, wenn sie zur Zeit des Unfalls im Jnlande wohnen. Der Anspruch auf Beerdigungskosten steht demjenigen zu, welcher die Beerdigung besorgt hat. *) Die Vorschriften des § 13 entsprechen dem § 6 U.-V.-G. und § 7 des Ges. v. 5. Mai 1886. Art. 524 H.-G.-B. bestimmt: Stirbt der Schiffer nach Antritt des Dienstes, so hat der Rheder die bis Mim Todestage verdiente Heuer, einschl. aller sonst bedungenen Vor­ theile zu entrichten; ist der Tod nach Antritt der Reise erfolgt, so hat der Rheder auch die Beerdigungskosten zu tragen. Die ähnliche Vorschrift in § 51 S.-O. lautet: Stirbt der Schiffsmann nach Antritt des Dienstes, so hat der Rheder die bis zum Todestage verdiente

30 Steuer zu zahlen und die Bestattungskosten zu tragen. Bestattungs­ kosten hat die Berufsgenossenschaft nach § 13 nur zu zahlen, wenn ie nicht vom Rheder getragen werden müssen, und wenn die Betattung auf dem Lande erfolgt. Bei Bestattung auf hoher See enttehen reine hier in Betracht zu ziehenden Kosten (Mot. S. 58). 2) Kind . . . Wenn ein Seemann verunglückt, so haben Anspruch auf Rente (außer der Wittwe und eventuell den Aseendenten) seine eignen ehelichen Kinder und die den ehelichen gleichstehenden legitimirten, adoptirten oder arrogirten Kinder, auch solche in der Einkmdschast, nicht aber seine außerehelichen Kinder, auch wenn bezüglich dieser seine Vaterschaft durch gerichtliches Urtheil ober Anerkenntniß festgestellt ist (f. v. Woedtke 1. c. S. 29). ”) Aseendenten . . Nur die Thatsache der stattgehabten alleinigen Unterstützung, nicht die rechtliche Verpflichtung zur Unterstützung ist maßgebend. § 14. Den in § 13 aufgeführten Angehörigen eines Versicherten, welcher sich auf einem in See gegangenen Fahrzeuge befunden hat, steht der Anspruch auf Rente (8 13) auch dann zu, wenn dieses Fahrzeug untergegangen oder nach den Bestimmungen der Artikel 866, 867 des Handelsgesetzbuchs als verschollen anzusehen ist, und seit dem Untergänge beziehungsweise seit den letzten Nachrichten von dem Fahrzeuge ein Fahr verfloffen ist, ohne daß von dem Leben des Vermißten glaubhafte Nachrichten einge­ gangen sind. Die Genossenschaft kann von den zum Be­ züge von Renten berechtigten Hinterbliebenen verlangen, daß sie vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Be­ hörde die eidesstattliche Versicherung abgeben, von dem Leben des Vermißten keine anderen als die angezeigten Nachrichten erhalten zu haben. Die Zahlung der Rente beginnt in den Fällen dieser Art mit dem Tage, an welchem das Fahrzeug untergegangen ist, oder, wenn das Fahrzeug verschollen war, nach Ablauf eines halben Monats von dem Tage ab, bis zu welchem die letzte Nachricht über das Fahrzeug reicht (§ 42 der Seemannsordnung). Der Anspruch auf fernere Renten­ bezüge erlischt, wenn das Leben des als verstorben gelten­ den Ernährers nachgewiesen ist.

31 Der Nachweis des Todes des Ernährers ist bei den auf festem Lande beschäftigten Personen in der Regel mit Schwierigkeiten nicht verbunden. Anders liegt die Sache bei Seeleuten, von deren Leben und Ergehen häufta Jahre hindurch keine Nachrichten in die Heimath gelangen. Es läßt sich nicht umgehen, wenigstens im Falle der Verschollenheit eines Fahrzeugs den Hinterbliebenen Renten zuzu­ billigen, wenn nur die Vermuthung für den Tod des Ernährers Kcht, ohne daß der Tod direct nachgewiesen werden kann. § 14 , lt sich an das preußische Gesetz betr. die Todeserklärung in See gegangener verschollener Personen v. 24. Januar 1851 an, ohne daß eine besondere Todeserklärung verlangt ist (Mot. S. 58, 59).

Abs. 2 des § 14 lehnt sich an die gleichartige Bestimmung deS § 42 S.-O. an und rechtfertigt sich durch die Erwägung, daß der Zeitpunkt des wirklichen Todes, mit welchem der Rentenanjpruch existent werden müßte, nicht festzustellen ist (Mot. S. 59).

§ 15. Die Verpflichtung von Unterstützungskaffen, verletzten Seeleuten sowie deren Angehörigen und Hinter­ bliebenen Unterstützungen zu gewähren, sowie die Verpflich­ tung von Gemeinden und Armenverbänden zur Unter­ stützung hülfsbedürftiger Personen wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Soweit auf Grund solcher Verpflichtung Unterstützungen in Fällen gewährt worden sind, in welchen dem Unterstützten nach Maßgabe dieses Gesetzes ein Ent­ schädigungsanspruch zusteht, geht der ledere bis zum Be­ trage der geleisteten Unterstützung auf die Kaffen, die Ge­ meinden oder Armenverbände über, von welchen die Unter­ stützung gewährt worden ist. Die Bestimmungen entsprechen dem § 8 U.-V.-G.

§ 16. Die Versicherung erfolgt auf Gegenseitigkeit durch die Unternehmer der unter § 1 fallenden Betriebe, welche zu diesem Zwecke in eine Berufsgenoffenschaft ver­ einigt werden.')

Als Unternehmer gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb erfolgt, bei Schifffahrtsbetrieben der Rheder (§ 2 Absatz 4).-) Die Berufsgenoffenschaft kann unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Ge­ richt klagen und verklagt werden.

32 Für die Verbindlichkeiten der Berufsgenossenschaft haftet den Gläubigern derselben nur das Genoffenschaftsvermögen. x) Trägerin der Unfallversicherung ist die zu einer Berufßgenossenschäft vereinigte Gesammtheit der Unternehmer (See-Berussgenossenschäft). Zur Sicherung dauernder Leistungsfähigkeit mußte das Gesetz davon absehen, die Bildung von Genossenschaften (rote auf dem Ge­ biete der Industrie für größere Bezirke und ganze Jndustriegruppen) in das Belieben der Interessenten zu stellen, und vereinte die gesammte Rhede lei zu einer B.-Genossenschast. Wie nach dem U.-V.-G. einzelne Betriebe einer Genossenschaft auch wider ihren Willen zugetherlt werden dürfen, sofern sie anderweit nicht wohl unterzubringen, so mußten auch der S.-B.-G. einige andere, zur Seeschiffahrt in Beziehung stehende Betriebe (schwimmende Docks u. s. ro., s. § 1) zugewiesen werden (Mot. S. 47).

Die Organisation der S.-B.-G. s. A. N. IV. S. 37 ff.

Bei­

lage Nr. 2. *) Die Bestimmung, wonach bei Schifffahrtsbetrieben der Rheder als Unternehmer gilt, rechtfertigt sich durch die Erwägung, daß in den meisten Fällen der Rheder (Rhederei) den Betrieb pir eigne Rechnung führt. Es kann demjenigen Rheder, welcher die AuSnützung des Fahrzeugs zeitweise einem Anderen überträgt, überlassen bleiben, wegen der Unfalllasten mit letzterem eine Vereinbarung zu treffen (Mot. S. 60).

§ 17. Für jedes Fahrzeug hat der Rheder in dem Heimathshafen einen Bevollmächtigten zu bestellen, falls er nicht selbst an diesem Orte seinen Wohnsitz hat. Mit­ rheder sind zur Bestellung eines gemeinschaftlichen Bevoll­ mächtigten auch dann verpflichtet, wenn sie sämmtlich in dem Heimathshafen des Fahrzeuges ihren Wohnsitz haben. Der Name des Bevollmächtigten sowie etwaige Verände­ rungen in der Person desselben sind der Berufsgenoflenschaft mitzutheilen. Der Bevollmächtigte ist befugt und verpflichtet, den Rheder in dessen Eigenschaft als Mitglied der Genossen­ schaft dieser letzteren gegenüber gerichtlich und außergericht­ lich zu vertreten. Diese Befugniß und Verpflichtung er­ streckt sich auch auf die Geschäfte und Rechtshandlungen, für welche nach den Gesetzen eine Spezialvollmacht erforder­ lich ist. Zustellungen in Angelegenheiten der Genossenschaft erfolgen an den Bevollmächtigten mit gleicher Wirkung,

33 wie an den Rheder selbst. Eine Beschränkung der Befug­ nisse des Bevollmächtigten hat der Genossenschaft gegenüber keine rechtliche Wirkung. Bis zur Mittheilung des Namens des Bevollmächtigten od;r im Falle eines Wegfalls des letzteren, bis zur Mit­ theilung des anderweit bestellten Bevollmächtigten ruhen das Stimmrecht und die Wählbarkeit des Rheders. Bis dahin wird derselbe zu der Generalversammlung und den Genossenschaftsversammlungen nicht geladen; auch können Zustellungen an ihn in Angelegenheiten der Genossenschaft durch öffentlichen Aushang während einer Woche in den Geschäftsräumen der zustcllenden Genoffenschaftsorgane oder Behörden bewirkt werden. In bet» Aushang kann der Name des Rheders, sofern derselbe nicht bekannt sein sollte, durch Bezeichnung des Fahrzeuges ersetzt werden. Durch das Statut können weitere Beschränkungen des Rheders in der Ausübung derjenigen Rechte vorgeschrieben werden, welche ihm als Mitglied der Genossenschaft im Verhältnisse zu dieser zustehen. Ein von den Mitrhedern bestellter Korrespondentrheder (Artikel 459 ff. des Handelsgesetzbuchs) gilt, solange kein besonderer Bevollmächtigter bestellt ist, der Genossenschaft gegenüber als Bevollmächtigter im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Insbesondere hat derselbe alle dem Bevoll­ mächtigten im Verhältnisse zu der Genossenschaft vorstehend beigelegten Rechte und Pflichten. Soweit die Seeschifffahrt von Einzelrhedern oder Handelsgesell­ schaften betrieben wird, ist den Organen der BerufSgenossenschasten oer Verkehr mit den einzelnen Rhedern leicht. Anoers liegt die Sache bei den nach Art. 456 ff. H.-G.-B. an der deutschen Küste zahl­ reich vorhandenen Rhedereien, wobei sich ein Fahrzeug nach Antheilen im Eigenthum Mehrerer befindet. In Folge von Veräußerungen und Vererbungen zersplittern sich oft die Schiffsparten in kleine Antheile und gelangen in die Hände von mit den Verhältnissen der Rhederei nicht betrauten Personen. Es ist deshalb für eine zuverlässige Ver­ tretung dieser Rhederei der B.-G. gegenüber um so mehr zu sorgen, als eine jede Rhederei, ebenso wie die Antheilsbesitzer eines gewerb­ lichen Unternehmens, in ihrer Gesammtheit Mitglied der B.-G. (§§

3

34 2 u. 44) ist. Aus diesen Gründen schreibt § 17 obligatorisch vor, daß Mrtrheder stets, Einzelrheder nur dann, wenn sie nicht am Heimathhafen des Fahrzeugs wohnen, zur Bestellung eines Bevoll­ mächtigten verpflichtet sind. Die auf Grund der Artrkel 459 ff. H.G.-B. bestellten Korrespondentrheder haben der B.-G. gegenüber die Rechte und Pflichten jener Bevollmächtigten, solange mcht besondere Bevollmächtigte vorhanden sind (Mot. S. 60, 61).

§ 18. Die Mittel zur Deckung der von der Berufsgenoffenschast zu leistenden Entschädigungsbeträge und der Verwaltungskosten werden durch Beiträge aufgebracht, welche auf die Mitglieder der Berufsgenoffenschaft jährlich um­ gelegt werden (§ 79). Zu anderen Zwecken, als zur Deckung der Kosten für die der Genossenschaft obliegende Fürsorge, zur Bestreitung der Verwaltungskosten, zur Gewährung von Prämien für Rettung Verunglückter und für Abwendung von Unglücks­ fällen, sowie zur Ansammlung des Reservefonds dürfen weder Beiträge von den Genoffenschastsmitgliedern erhoben werden, noch Verwendungen aus dem Vermögen der Ge­ noffenschaft erfolgen. Behufs Bestreitung der Verwaltungskosten krnn die Berufsgenoffenschaft von den Mitgliedern einen Beitrag auf ein Jahr im Voraus erheben. Die Aufbringung der hierzu erforderlichen Mittel erfolgt vorschußweise, und zwar, falls das Statut hierüber nichts Anderes bestimmt, von den Seeschifffahrtsbetrieben nach dem Brutto-Raumgehalt der Fahrzeuge, von den übrigen auf Grund des § 1 versicherten Betrieben nach der Zahl der in denselben regelmäßig be­ schäftigten versicherten Personen (§ 22) dergestalt, daß für je zwei Personen derjenige Bettag zu entrichten ist, welcher auf Seefahrzeuge des geringsten, fünfzig Kubikmeter über­ steigenden Brutto-Raumgehatts entfällt. Die Lasten der Unfallversicherung ruhen nach den Unfallvers.Gesetzen ausschließlich aus den Arbeitgebern; eine Abweichung hiervon könnte bei den Seeleuten die sozialpolitische Wirkung der Unfallverficherung gefährden (Mot. S. 44 ff.). Auch bei den Komrmsfions« Berathungen wurden alle Anträge aus Heranziehung der verficherten Seeleute zu den Beiträgen, wie bei der Krankenverficherung ver-

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morsen (Kommiss.-Ber. S. 16, 21). § 18 lehnt sich an § 10 U.-V.-G. mit der Maßgabe an, daß vorbehaltlich abweichender Bestimmungen des Statuts, für Schiffsahrtsbetriebe nach dem Brutto-Raumgehalt der Fahrzeuge, für andere Betriebe nach der Zahl der beschäftigten Personen Jahresbeiträge auszubringen sind (Mot. S. 61). § 19. Die Berufsgenossenschaft hat einen Reserve­ fonds anzusammeln. An Zuschlägen zur Bildung desselben sind bei der erstmaligen Umlegung der Entschävigungsbeträge dreihundert Prozent, bei der zweiten zweihundert, bei der dritten einhundertundfünfzig, bei der vierten einhundert, bei der fünften achtzig, bei der sechsten sechzig und von da an bis zur elften Umlegung jedesmal zehn Prozent weniger als Zuschlag zu den Altschädigungsbeträgen zu erheben. Nach Ablauf der ersten elf Jahre sind die Zinsen des Reservefonds dem letzteren solange weiter zuzuschlagen, bis dieser den doppelten Jahresbedarf erreicht hat. Ist das letztere der Fall, so können die Zinsen insoweit, als der Bestand des Reservefonds den laufenden doppelten Jahresbedarf übersteigt, zur Deckung der Genoffenschaftslasten verwendet werden. Auf Antrag des Genoffenschaftsvorstandes kann die Genossenschastsversammlung jederzeit weitere Zuschläge zum Reservefonds beschließen, sowie bestimmen, daß derselbe über den doppelten Jahresbedarf erhöht werde. Derartige Beschlüffe bedürfen der Genehniigung des Reichs-Versicherungs­ amts. In dringenden Bedarfsfällen kann die Genoffenschaft mit Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts schon vor­ her die Zinsen und erforderlichenfalls auch den Kapital­ bestand des Reservefonds angreifen. Die Wiederergänzung erfolgt alsdann nach näherer Anordnung des Reichs-Ver­ sicherungsamts.

Die Bestimmungen über den Reservefonds sind mit § 18 U.B -G. gleichlautend. Schon vorher, d. i. bevor der Reservefonds den Betrag des doppelten Jahresbedarss, bezw. den nach Abs. 2 normirten höheren Betrag erreicht hat, kann mit Genehmigung des Reichsvers.-Amtes unter Umständen eine Verwendung der Zinsen er3*

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folgen. Eventuell kann auch das Kapital angegriffen werden, mag es schon die gesetzliche Höhe erreicht haben oder nicht. II. Statut der Berufsgenossenschaft. Genossenschaftsvorstand. § 20. Die Berufsgenossenschaft (§ 16) regelt ihre innere Verwaltung sowie ihre Geschäftsordnung durch ein von der Generalversammlung ihrer Mitglieder zu be­ schließendes Statut. § 21. Die Eigenthümer der unter § 1 fallenden, in das Schiffsregister nicht eingetragenen Fahrzeuge sind ver­ pflichtet, binnen einer von dem Reichs-Versicherungsamt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Frist den Meßbrief der Ortspolizeibehörde des Heimathshafens einzureichen. Letzterer hat der zur Führung der Schiffs­ register zuständigen Behörde ein Verzeichniß der in ihrem Bezirke vorhandenen, in das Schiffsregister nicht einge­ tragenen Fahrzeuge einzusenden, aus welchem der Name und Wohnort des Rheders und Korrespondentrheders (§ 17), die Gattung, der Heimathshafcn, der Brutto-Raumgehalt und die durchschnittliche Bemannung eines jedes Fahr­ zeuges ersichtlich wird. Die in das Verzeichniß einzutragenden Angaben hat die Ortspolizeibehörde, wenn der Meßbrief nicht eingereicht ist, und soweit sich dieselben aus dem Meßbrief nicht er­ geben, nach ihrer Kenntniß der Verhältnisse zu ergänzen. Sie ist befugt, die Rheder der nicht registrirten Fahrzeuge zu einer Auskunft darüber innerhalb einer zu bestimmen­ den Frist durch Geldstrafen im Betrage bis zu einhundert Mark anzuhalten. Die Registerbehörde prüft das Verzeichniß und berich­ tigt dasselbe, sofern es Fahrzeuge enthält, welche in dem von ihr geführten Register eingetragen sind. Sie sendet das Verzeichniß mit einer Nachweisung derjenigen Seefahr­ fahrzeuge, welche seit dem 1. Januar des betreffenden Jahres in das Schiffsregister neu eingetragen sind, an das Reichs-Versicherungsamt ein.

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folgen. Eventuell kann auch das Kapital angegriffen werden, mag es schon die gesetzliche Höhe erreicht haben oder nicht. II. Statut der Berufsgenossenschaft. Genossenschaftsvorstand. § 20. Die Berufsgenossenschaft (§ 16) regelt ihre innere Verwaltung sowie ihre Geschäftsordnung durch ein von der Generalversammlung ihrer Mitglieder zu be­ schließendes Statut. § 21. Die Eigenthümer der unter § 1 fallenden, in das Schiffsregister nicht eingetragenen Fahrzeuge sind ver­ pflichtet, binnen einer von dem Reichs-Versicherungsamt zu bestimmenden und öffentlich bekannt zu machenden Frist den Meßbrief der Ortspolizeibehörde des Heimathshafens einzureichen. Letzterer hat der zur Führung der Schiffs­ register zuständigen Behörde ein Verzeichniß der in ihrem Bezirke vorhandenen, in das Schiffsregister nicht einge­ tragenen Fahrzeuge einzusenden, aus welchem der Name und Wohnort des Rheders und Korrespondentrheders (§ 17), die Gattung, der Heimathshafcn, der Brutto-Raumgehalt und die durchschnittliche Bemannung eines jedes Fahr­ zeuges ersichtlich wird. Die in das Verzeichniß einzutragenden Angaben hat die Ortspolizeibehörde, wenn der Meßbrief nicht eingereicht ist, und soweit sich dieselben aus dem Meßbrief nicht er­ geben, nach ihrer Kenntniß der Verhältnisse zu ergänzen. Sie ist befugt, die Rheder der nicht registrirten Fahrzeuge zu einer Auskunft darüber innerhalb einer zu bestimmen­ den Frist durch Geldstrafen im Betrage bis zu einhundert Mark anzuhalten. Die Registerbehörde prüft das Verzeichniß und berich­ tigt dasselbe, sofern es Fahrzeuge enthält, welche in dem von ihr geführten Register eingetragen sind. Sie sendet das Verzeichniß mit einer Nachweisung derjenigen Seefahr­ fahrzeuge, welche seit dem 1. Januar des betreffenden Jahres in das Schiffsregister neu eingetragen sind, an das Reichs-Versicherungsamt ein.

37 Da für sämmtliche Betriebe nur eine Berufsgenossenschaft er­ richtet ist, bedurfte es keiner Verhandlungen über die Bildung der B.-G. (§§ 13-15 U.-V.-G.), erforderlich war nur die Zusammen­ berufung sämmtlicher zur Genossenschaft gehörigen Unternehmer zur konstituirenden Generalversammlung (§23) durch das Reichvers.-Amt° Die in Betracht kommenden Betriebe waren aus dem Handbuch für die deutsche Handelsmarine, die kleineren Fahrzeuge aus den Ver­ zeichnissen der Ortspolizeibehörden und den Anmeldungen (§§ 21 u. 22) ersichtlich (Mot. S. 61, 62).

§ 22. Die Unternehmer der unter § 1 fallenden Be­ triebe, welche nicht Seeschifffahrtsbetriebe sind, haben binnen der im § 21 Absatz 1 bezeichneten Frist die Zahl der in ihrem Betriebe durchschnittlich beschäftigten versicherten Per­ sonen bei der unteren Verwaltungsbehörde anzumelden. Für diejenigen Betriebe, für welche diese Anmeldung nicht rechtzeitig erfolgt, hat die untere Verwaltungsbehörde die Angaben nach ihrer Kenntniß der Verhältnisse zu er­ gänzen. Sie ist befugt, säumige Unternehmer zu einer Auskunft darüber innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Geldstrafen im Betrage bis zu einhundert Mark an­ zuhalten. Die untere Verwaltungsbehörde hat ein Verzeichniß dieser Betriebe, aus welchem die Zahl der darin beschäf­ tigten Personen ersichtlich sein muß, aufzustellen und durch Vermittelung der höheren Verwaltungsbehörde dem ReichsVersicherungsamt einzureichen. Für diejenigen Betriebe, welche nicht Seeschifffahrtsbetriebe, ist analog § 11 U.-V.-G. die Anmeldung seitens der Unternehmer vor­ geschrieben (s. oben).

Die Bek. und Anleitung betr. die Anmeldung unfallversicherungs­ pflichtiger Seejchifffahrts- und verwandter Betriebe v. 21. Juli 1887 A. N. III. S. 183, s. Beilage Nr. 3.

§ 23. Zur Wahl eines provisorischen Genoffenschafts­ vorstandes und zur Beschlußfassung über das Statut werden die Betriebsunternehmer von dem Reichs-Versicherungsamt unter Angabe der ihnen zustehenden Stimmenzahl zu einer Generalversammlung (konstituirenden Genossenschaftsver-

38 sammlung) schriftlich geladen. Für die Ladungen sind die Angaben des neuesten Handbuchs für die deutsche Handels­ marine sowie die Verzeichnisse (§§ 21 und 22) maßgebend. Die Schiffseigenthümer führen für je zwei Mann der aus dem neuesten Handbuch für die deutsche Handelsmarine sich ergebenden Besatzung eine Stimme. Für jedes Fahr­ zeug, welches nicht in dem Handbuch für die deutsche Han­ delsmarine verzeichnet ist, führt der Eigenthümer je eine Stimme. Andere Betriebsunternehmer führen für je zwei versicherte Personen eine Stimme. Abwesende können sich durch Berufsgenoffen, durch ihren Bevollmächtigten oder Korrespondentrheder (§ 17) vertreten lassen. Mehr als ein Drittel sämmtlicher ver­ tretenen Stimmen und mehr als 500 Stimmen dürfen in einer Person nicht vereinigt werden. Die Generalversammlung findet in Gegenwart eines Vertreters des Reichs-Versicherungsamts statt, welcher die­ selbe zu eröffnen, die Wahl des aus einem Vorsitzenden, zwei Schriftführern und mindestens zwei Beisitzern bestehen­ den provisorischen Genoffenschaftsvorstandes herbeizuführen und, bis dieselbe erfolgt ist, die Verhandlungen zu leiten hat. Der Vertreter des Reichsversicherungsamts muß auf sein Verlangen jederzeit gehört werden. Bis zur Ueber­ nahme der Geschäfte durch den auf Grund des Statuts gewählten Vorstand hat demnächst der provisorische Ge­ noffenschaftsvorstand die Genossenschaftsversammlungen zu leiten und die Geschäfte der Genoffenschaft zu führen. Ueber die Verhandlungen ist ein Protokoll auszuneh­ men, welches die gestellten Anträge und die gefaßten Be­ schlüsse enthalten muß. Tas Protokoll ist innerhalb einer Woche nach der Generalversammlung durch den provisori­ schen Genoffenschaftsvorstand dem Reichs-Versicherungsamt einzureichen. Die Beschlüffe der Generalversammlung werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

39 Die ^Bestimmungen über Abhaltung der Generalversammlung und Über die den einzelnen Unternehmern zustehenden Stimmen lehnen sich an das U.-V.-G. (§ 13) und hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Betriebsunternehmern an § 18 Abs. 3 an. § 23 Abs. 2 soll die großen Rheder gegen Majorisirung durch die kleinen Rheder schützen (Komrnisl.-Ber. S. 23).

§ 24. Das Genossenschaftsstatut muß Bestimmungen treffen: 1. über Namen und Sitz der Genoffenschaft; 2. über die Bildung des Genoffenschastsvorstandes und über den Umfang seiner Befugniffe; 3. über die Berufung der Genoffenschaftsversammlung, sowie über die Art ihrer Beschlußfassung; 4. über das Stimmrecht der Mitglieder der Genoffenschast (§ 43 Absatz 3) und die Prüfung ihrer Voll­ machten; 5. über das bei der Abschätzung der Seefahrzeuge (§ 34) zu beobachtende Verfahren (§ 37); 6. über das Verfahren bei Aenderungen in den Be­ trieben oder in der Person der Rheder (§§ 45 bis 47); 7. über die Folgen der Betriebseinstellungen, insbe­ sondere über die Sicherstellung der Beiträge der­ jenigen Personen, welche den Betrieb einstellen; 8. über die den Vertretern der Versicherten zu ge­ währenden Vergütungssätze (§§ 54, 91); 9. über die Ausstellung, Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung; 10. über die Ausübung der der Genoffenschaft zu­ stehenden Befugniffe zum Erlaß von Vorschriften behufs der Unfallverhütung und zur Ueberwachung der Betriebe (§§ 90 ff); 11. über das bei der Anmeldung und dem Ausscheiden der auf Grund des § 4 versicherten Personen zu beobachtende Verfahren, sowie über die Ermittelung des Jahresarbeitsverdienstes dieser Personen (§ 7); 12. über die Voraussetzungen einer Abänderung des Statuts.

40 24 bestimmt über den nothwendigen Inhalt des G-StatutS

Weise wie 8 17 U.-V.-G. Die Einschätzung der Betrieb« Sclben in die Klassen des Gesahrentariss fehlt, weil dieselbe nicht, wie im

U.-B.-G. (§ 28) obligatorisch, sondern nur fakultativ (§ 35). Dagegen muß das Statut die nach 8 34 obligatorische Abschätzung des Bedarfs an Mannschaften regeln und AuSführunasbestimmunaen über die freiwillige Versicherung (§ 4) treffen. Bezüglich der Aufstellung der Gefahrenklaffen und Einschätzung s. § 35. § 25. Das Statut kann vorschreiben, daß die Genossenschastsversammlung aus Vertretern zusammengesetzt, daß die Berufsgenossenschaft in örtlich abgegrenzte Sektionen eingetheilt wird und daß Vertrauensmänner als örtliche Genossenschastsorgane eingesetzt werden. Enthält dasselbe Vorschriften dieser Art, so ist darin zugleich über die Wahl der Vertreter, über Sitz und Bezirk der Sektionen, über die Zusammensetzung und Berufung der Sektionsversamm­ lungen, sowie über die Art ihrer Beschlußfassung, über die Bildung der Sektionsvorstände und über den Umfang ihrer Befugnisse, sowie über die Abgrenzung der.Bezirke der Vertrauensmänner, die Wahl der letzteren uud ihrer Stell­ vertreter und den Umfang ihrer Befugnisse Bestimmung zu treffen. Die Abgrenzung der Bezirke der Vertrauensmänner, sowie die Wahl der letzteren und ihrer Stellvertreter kann von der Genoffenschaftsversammlung dem Genoffenschafts­ oder Sektionsvorstande, die Wahl der Sektionsvorstände den Sektionsversammlungen übertragen werden.

Vergl. § 19 U.-V.G. Die Sektionen ermöglichen die Dezentralisirung der Verwaltung im Interesse einer schleunigen und sach­ lichen Erledigung der Geschäfte (die bestehenden Sektionen s. Beilage 4). Die Vertrauensmänner erleichtern die Anknüpfung und Aufrecht­ erhaltung persönlicher Beziehungen zwischen dem SektionSvorstande und den Betriebsunternehmern. § 26, Das Genossenschaftsstatut bedarf zu seiner Gültigkeit der Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts. Gegen die Entscheidung desselben, durch welche die Genehmigung versagt wird, findet binnen einer Frist von

41 vier Wochen nach der Zustellung an den provisorischen Gmosimschaftsvorstand (§ 23) die Beschwerde an den Bundesrath statt.

Wird innerhalb dieser Frist Beschwerde nicht eingelegt oder wird die Versagung der Genehmigung des Statuts vom Bundesrath aufrecht erhalten, so hat das Reichs-Bersicherungsamt innerhalb vier Wochen die Mitglieder der Genossenschaft zu einer neuen Genoffmschaftsversammlung behufs anderweiter Beschlußfassung über das Statut in Gemäßheit des § 23 zu laden. Wird auch dem von dieser Versammlung beschloffmm Statut die Genehmigung «nde versagt, so wird ein solches von dem Reichs-Vermgsamt erlassen. Abänderungen des Statuts bedürfen der Genehmigung des Reichs - Verstcherungsamts. Gegen deren Versagung findet binnen einer Frist von vier Wochen die Beschwerde an dm Bundesrath statt.

Sergi. § 20 U.-V.-G. § 27. Nach endgültiger Feststellung des Statuts hat der Genoffmschaftsvorstand durch dm Reichsanzeiger be­ kannt zu machen: 1. den Namen und den Sitz der Genossenschaft, 2. die Bezirke der Sektionen und der Vertrauens­ männer, 3. die Zusammensetzung des Genoffenschaftsvorstandes und der Sektionsvorstände, sowie die Namm der Vertrauensmänner und ihrer Stellvertreter. Etwaige Aenderungen sind in gleicher Weise zur öffent­ lichen Kenntniß zu bringen.

Sergi. § 21 U.-V.-G.

§ 28. Dem Genoffenschaftsvorstande liegt die gesammte Verwaltung der Genoffenschaft ob, soweit nicht ein­ zelne Angelegenheiten durch Gesetz oder Statut der Be-

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schlußnahme der Genoffenschastsversammlung vorbehalten oder anderen Organen der Genoffenschast übertrage« sind. Die Beschlußfassung der Vorstände kann in eiligen Fällen durch schriftliche Abstimmung erfolgen. Der Beschlußnahme der Genoffenschastsversammlung müsien vorbehalten werden: 1. die Wahl der Mitglieder des GenoflenschastsvorstandeS, 2. Abänderungen des Statuts, 3. die Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung, falls diese nicht einem Ausschüsse der Genoffenschastsversammlung übertragen wird. Bergt. § 22 U.-B.-G. Als „andere Organe der G." kennt daS Gesetz Vertrauensmänner und Sektionsvorstände (§ 25), Ausschüsse des G.-Vorstands (§§ 40, 67), besondere Kommissionen (§ 67), Be­ auftragte (§ 93 ff.).

§ 29. Die Genossenschaft wird durch ihren Vorstand ge­ richtlich und außergerichtlich vertreten. DieVertretung erstreckt sich auch auf diejenigen Geschäfte und Rechtshandlungen, für welche nach den Gesetzen eine Spezialvollmacht erforder­ lich ist. Durch das Statut kann einem Mitgliede oder mehreren Mitgliedern des Vorstandes die Vertretung nach außen übertragen werden. Durch die Geschäfte, welche der Vorstand der Genoffen­ schaft und die Vorstände der Sektionen, sowie die Vertrauensinänner innerhalb der Grenzen ihrer gesetzlichen und statutarischen Vollmacht im Namen der Genoffenschaft ab­ schließen, wird die letztere berechtigt und verpflichtet. Zur Legitimation der Vorstände bei Rechtsgeschäften genügt die Bescheinigung der höheren Verwaltungsbehörde, daß die darin bezeichneten Personen den Vorstand bilden. Sergi. § 23 U.-B.-G.

§ 30. Wählbar zu Mitgliedern der Vorstände und zu Vertrauensmännern sind nur die stimmberechtigten Mit­ glieder der Genoffenschast beziehungsweise deren gesetzliche

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Vertreter. Nicht wählbar ist, wer durch gerichtliche Anord­ nung in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist.

Die Ablehnung der Wahl ist nur aus denselben Gründen zulässig, aus welchen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann. Eine Wiederwahl kann abgelehnt werden.

Genoffenschastsmitglieder, welche eine Wahl ohne solchen Grund ablehnen, können auf Beschluß der Genossenschafts­ versammlung für die Dauer der Wahlperiode zu erhöhten Beiträgen bis zum doppelten Betrage herangezogen werden. Das Statut kann bestimmen, daß die Bevollmächtigten der Rheder, sowie die Korrespondentrheder (§ 17) zu Mit­ gliedern der Vorstände und zu Vertrauensmännern gewählt werden können. Vergl. § 24 U.-B.-G. Ueber die Ablehnungsbesugnisse entscheidet das am Wohnort des Ablehnenden geltende Landes-BormundschaftSrecht. Vergl. für Preußen § 23 der Vormundschaft - Ordnung vom 5. Juli 1875 (Ges.-Z. S. 431).

§ 31. Die Mitglieder der. Vorstände und die Ver­ trauensmänner verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehren­ amt, sofern nicht durch das Statut eine Enschädigung für den durch Wahrnehmung der Genossenschaftsgeschäfte ihnen erwachsenden Zeitverlust bestimmt wird. Baare Auslagen werden ihnen von der Genoffenschaft ersetzt, und zwar, soweit sie in Reisekosten bestehen, nach festen, von der Genosienschaftsversammlung zu bestimmenden Sätzen. Vergl. tz 25 U.-B.-G.

§ 32. Die Mitglieder der Vorstände, sowie die Ver­ trauensmänner hasten der Genossenschaft für getreue Ge­ schäftsverwaltung, wie Vormünder ihren Mündeln. Mitglieder der Vorstände, sowie Vertrauensmänner, welche absichtlich zum Nachtheil der Genoflenschast handeln, unterliegen der Strafbestimmung des § 266 des Straf­ gesetzbuchs. Vergl. § 26 U.-V.-G. Die civilrechtliche Haftung der Vorstände

44 u. s. w. bemißt sich nach dem Landesrecht, für Preußen §§ 32, 39, 40 Vormundschafts-Ordnung.

§ 33. Solange die Wahl der gesetzlichen Organe der Genossenschaft nicht zu Stande kommt, solange ferner diese Organe die Erfüllung ihrer gesetzlichen oder statutarischen Obliegenheiten verweigern, hat das Reichs-Versicherungsamt die letzteren auf Kosten der Genossenschaft wahrzunehmen oder durch Beauftragte wahrnehmen zu lassen. Vergl. § 27 U.-V.-G.

§ 34. Für jedes Fahrzeug wird die durchschnittliche Zahl derjenigen Seeleute abgeschätzt, welche als Besatzung desselben erforderlich sind. "Die Abschätzung erfolgt auf Grund des Handbuchs für die deutsche Handelsmarine und der Verzeichnisse (§§ 21 und 22) nach Klassen (§ 6). Für die Aufbringung der Beiträge ist das Risiko maßgebend, mit welchem jeder Betrieb die Genossenschaft belastet. Das Risiko findet seinen Ausdruck zunächst in der Zahl und Beschäftigungsdauer der der Unfallgefahr ausgesetzten Personen, weshalb in Anlehnung an die Bestimmungen des R.-Ges. v. 5. Mai 1886 der Bedarf deS Fahrzeuges an Bemannung abzuschätzen und diese Abschätzung der Umlage zu Grunde zu legen ist. Im übrigen ist die Höhe deS Risikos auch noch von anderen Umständen abhängia, z. B. der Güte des Fahrzeugs nach Bauart, Alter u. s. w., der besonderen Gefahr der Ladung, der Gefährlichkeit der Gewässer. Wenn auch das Gesetz davon absieht, die Aufstellung von Gefahrenklassen und die Berück­ sichtigung jener weiteren, die Unfallgefahr vermehrenden oder vermindernven Momente obligatorisch vorzuschreiben, so ist doch eine Jndividualisirung der einzelnen Betriebe unter den erforderlichen Cautelen statutarisch zuaelassen (Mot. S. 49, 62). vergl. auch § 28 Abs. 5 U.-V.-G., § 35 R.-Ä. v. 5. Mai 1886.

§ 35. Durch das Statut kann bestimmt werden, daß für die zur Genossenschaft gehörigen Betriebe je nach der Größe der mit denselben verbundenen Unfallgefahr ent­ sprechende Gefahrenklassen zu bilden und über die Höhe der in denselben zu leistenden Beiträge Bestimmungen zu treffen sind (Gefahrentarif). Wenn das Statut solche Be­ stimmungen enthält, so muß dasselbe auch über das bei

45 der Veranlagung zu den Klassen des Gefahrentarifs ein­ zuschlagende Verfahren Vorschriften treffen. Die Auf­ stellung und Abänderung des Gefahrentarifs liegt der Genoffenschastsversammlung ob. Dieselbe kann jedoch diese Befugniffe einem Ausschuffe oder dem Vorstande übertragen.

§ 36. Der Gefahrentarif bedarf der Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts. Derselbe ist nach Ablauf von längstens zwei Rechnungs­ jahren und sodann mindestens von fünf zu fünf Rechnungs­ jahren unter Berücksichtigung der vorgekommenen Unfälle durch den Genoffenschaftsvorstand einer Revision zu unter­ ziehen. Ist die Abänderung des Tarifs dem Vorstande nicht übertragen, so hat dieser die Ergebnisse der Revision mit dem Verzeichnisse der vorgekommenen, auf Grund dieses Gesetzes zu entschädigenden Unfälle der Genoffenschafts­ versammlung oder, sofern ein Ausschuß zuständig ist, dem letzteren zur Beschlußfassung über die Beibehaltung oder Aenderung der bisherigen Tarife und Bestimmungen vor­ zulegen (§ 35). Die über die Abänderung gefaßten Beschlüsse bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts; demselben ist das Verzeichniß der vorgekommenen Unfälle vorzulegen. Gegen die Aufstellung des Tarifs und die Abgrenzung der Gefahrenklassen hat der einzelne Unternehmer kein Rechtsmittel; seine Interessen werden vom Reichsvers.-Amt wahrgenommen, welchem die Genehmibung schon deshalb vorbehalten bleiben muß, um die kleinen und wemger gefährlichen Betriebe vor einer zu starken Heranziehung zu schützen.

§ 37. Die Abschätzung der Fahrzeuge (§ 34) sowie die Veranlagung der Betriebe zu den Gefahrenklaffen (§ 35) liegt nach näherer Bestimmung des Statuts den Organen der Genoffenschaft ob. Die Organe der Berufsgenoffenschaft sind jederzeit be­ rechtigt, die Abschätzung und Veranlagung einer Revision zu unterziehen. Regelmäßige Revisionen derselben finden in denjenigen Terminen statt, in welchen der Gefahrentarif zu revidiren

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ist (§ 36). Hierbei ist in derselben Weise, wie bei der ersten Abschätzung und Veranlagung zu verfahren. Die Mitglieder der Genossenschaft sind verpflichtet, den Organen derselben auf Erfordern binnen zwei Wochen die­ jenige Auskunft zu ertheilen, welche für die Durchführung der Abschätzung oder Veranlagung erforderlich ist. Das­ selbe gilt von den Korrespondentrhedern und Bevollinächtigten (§ 17) sowie von dem Führer des betreffenden Fahrzeuges.

§ 38. Jedem Mitgliede der Genoffenschaft ist, sofern eine Veranlagung zu Gefahrenklaffen stattgefundeu hat, diese Veranlagung (8 37), jedem Rheder aber das Ergeb­ niß der Abschätzung seiner Schifffahrtsbetriebe (§ 34) mit« zutheilen. Gegen die Veranlagung beziehungsweise Ab­ schätzung steht den Betheiligten binnen einer Frist von zwei Wochen nach der Mittheilung des Ergebniffes die Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt zu. Vergl. § 28 Abs. 4 U.-V.-G.

§ 39. Die Genossenschaftsversammlung kann auf An­ trag des Vorstandes einzelnen Unternehmern nach Maßgabe der auf ihren Fahrzeugen vorgekommenen Unfälle für die nächste Periode (§ 36) oder einen Theil derselben Zuschläge auferlegen oder Nachlässe bewilligen. Gegen die Auferlegung von Zuschlägen steht dem Unternehmer binnen zwei Wochen nach der Zustellung des dieselben festsetzenden Beschlusses die Beschwerde an das Neichsversicherungsamt zu. § 39 lehnt sich an § 28 Abs. 5 U.-V.-G. an und bezweckt eine Vermehrung der objectiven Kriterien der Einschätzung, knüpft aber das eigenste Interesse des Unternehmers an die möglichste Verhütung von Unfällen. Die Fassung bietet die Möglichkeit, m thunlichst voll­ kommener Weise den Ansprüchen der Billigkeit gegenüber den ein­ zelnen Genossenschaftern und deren Sicherheit gegenüber der G. ge­ recht zu werden (Kommiss.-Ber. S. 24).

§ 40. Durch das Statut kann bestimmt werden, daß bei besonders gefährlicher Ladung oder bei Reisen in be­ sonders gefährlichen Gewässern oder Jahreszeiten für die Dauer dieser Reisen höhere Beiträge zu zahlen sind. Wenn

47 das Statut eine solche Bestimmung enthält, so hat die Genoffenschaftsversammlung über die Grundsätze, nach welchen die Beitragserhöhungen erfolgen sollen, sowie über die An­ meldung und Feststellung derjenigen Thatsachen, welche für die Auferlegung der Beitragserhöhung von Erheblich­ keit sind, Vorschriften zu erlassen. Durch Beschluß der Genossenschaftsversammlung kann der Erlaß dieser Vorschriften einem Ausschüsse oder dem Vorstande übertragen werden. Die Vorschriften bedürfen der Genehmigung des ReichsVersicherungsamts und sind von Zeit zu Zeit zu revidiren. Auf die Revision finden die Bestimmungen des § 36 ent­ sprechende Anwendung. § 41. Die Erhöhung der Beiträge für einzelne Reisen erfolgt nach näherer Bestimmung des Statuts durch die Organe der Genoffenschaft nach Verhältniß der in jedem Rechnungsjahre zurückgelegten Reisen. Die Mitglieder der Genossenschaft, Korrespondentrheder und Bevollmächtigten, sowie die Schiffsführer sind nach Maßgabe des § 37 Ab­ satz 4 verpflichtet, den Organen der Genoffenschaft die für die Erhöhung der Beiträge erforderliche Auskunft zu er­ theilen. Die Auferlegung höherer Beiträge für einzelne Reisen kann im Wege des Widerspruchs gegen die Festsetzung der Beiträge angefochten werden (§ 83); die vorläufige Zah­ lung wird aber dadurch nicht aufgehalten. Die Feststellung der bleibenden Gnrndlagen für die Beitrags berechnung, nämlich die Abschätzung des Bedarfs an Bemannung, sowie eventuell die Veranlagung zu oen Gefahrenklassen, können unabhängig von der Beschwerde über die Höhe der einzelnen Jahresbeiträge mit einer Beschwerde an das Reichsvers.-Amt angefochten werden (§ 38). Die Beschwerde an das Reichsvers.-Amt wegen Anwendung der GrundK über die Beitragserhöhungen auf den einzelnen Fall (§ 41) ist „egen nur gleichzeitig mit dem Widerspruch und der Beschwerde über die Höhe der einzelnen Jahresbeiträge, welche durch derartige Zuschläge vermehrt wurden (§ 83) zulässig (Mot. S. 64).

§ 42. Wenn die Berufsgenossenschoft zur Erfüllung der ihr durch dieses Gesetz auferlegten Verpflichtungen

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leistungsfähig wird, so ist sie auf Antrag des Reichs-Ver­ sicherungsamts vor dem Bundesrath aufzulösen. Mit der Auflösung der Genoffenschaft gehen deren bisher erwachsene Rechtsansprüche und Verpflichtungen auf das Reich über; die Abwickelung der Geschäfte erfolgt durch die Organe der aufgelösten Genoffenschaft unter Kontrole des Reichs-Ver­ sicherungsamts. Bergt. § 33 U.-V.-G.

III. Mitgliedschaft des einzelnen Betriebes.

Veränderungen.

§ 43. Mitglied der Genossenschaft ist vorbehaltlich der Bestimmungen des § 102 jeder Unternehmer eines unter § 1 fallenden Betriebes. Die Mitgliedschaft beginnt für die Eigenthümer derjenigen Fahrzeuge, mit welchen zur Zeit der Genehmigung des GenoffenschastsstatutS die See­ schifffahrt betrieben wird, sowie für die Unternehmer der übrigen unter § 1 fallenden Betriebe, welche zur Zeit der Genehmigung des GenoffenschastsstatutS bestehen, mit diesem Zeitpunkte, im Uebrigen mit der Eröffnung des Betriebes. Von Vermessungen und Eintragungen neuer Fahr­ zeuge haben die Schiffsregister- und SchiffsvermessungSbehörden dem Genoffenschaftsvorstande, von der Eröffnung anderer unter § 1 fallender Betriebe haben deren Unter­ nehmer den unteren Verwaltungsbehörden und diese dem Genoffenschastsvorstande Mittheilung zu machen. Stimmberechtigt sind alle Mitglieder der Genoffenschast beziehungsweise deren gesetzliche Vertreter, sofern sie sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Ueber den Umfang und die Ausübung des Stimmrechts hat das Statut Bestimmungen zu treffen; jedoch ist bei Bemessung der Stimmen der Rheder die durch Abschätzung (§ 34) fest­ gestellte Personenzahl zu Grunde zu legen. Auch die Bestimmungen über die Mitgliedschaft in der Genossen«

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leistungsfähig wird, so ist sie auf Antrag des Reichs-Ver­ sicherungsamts vor dem Bundesrath aufzulösen. Mit der Auflösung der Genoffenschaft gehen deren bisher erwachsene Rechtsansprüche und Verpflichtungen auf das Reich über; die Abwickelung der Geschäfte erfolgt durch die Organe der aufgelösten Genoffenschaft unter Kontrole des Reichs-Ver­ sicherungsamts. Bergt. § 33 U.-V.-G.

III. Mitgliedschaft des einzelnen Betriebes.

Veränderungen.

§ 43. Mitglied der Genossenschaft ist vorbehaltlich der Bestimmungen des § 102 jeder Unternehmer eines unter § 1 fallenden Betriebes. Die Mitgliedschaft beginnt für die Eigenthümer derjenigen Fahrzeuge, mit welchen zur Zeit der Genehmigung des GenoffenschastsstatutS die See­ schifffahrt betrieben wird, sowie für die Unternehmer der übrigen unter § 1 fallenden Betriebe, welche zur Zeit der Genehmigung des GenoffenschastsstatutS bestehen, mit diesem Zeitpunkte, im Uebrigen mit der Eröffnung des Betriebes. Von Vermessungen und Eintragungen neuer Fahr­ zeuge haben die Schiffsregister- und SchiffsvermessungSbehörden dem Genoffenschaftsvorstande, von der Eröffnung anderer unter § 1 fallender Betriebe haben deren Unter­ nehmer den unteren Verwaltungsbehörden und diese dem Genoffenschastsvorstande Mittheilung zu machen. Stimmberechtigt sind alle Mitglieder der Genoffenschast beziehungsweise deren gesetzliche Vertreter, sofern sie sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Ueber den Umfang und die Ausübung des Stimmrechts hat das Statut Bestimmungen zu treffen; jedoch ist bei Bemessung der Stimmen der Rheder die durch Abschätzung (§ 34) fest­ gestellte Personenzahl zu Grunde zu legen. Auch die Bestimmungen über die Mitgliedschaft in der Genossen«

49 schast schließen sich im Wesentlichen den bisherigen Gesetzen über Unfallvers. an (§ 34 U.-B.-G., 8 44 Ges. v. 5. Mai 1886). Jeder an sich versicheruugsvflichtige Unternehmer ist kraft Gesetzes Mitglied der G. Der Anmelounaneuer Betriebe durch den Unternehmer be­ darf es nur bei solchen Betrieben, welche nicht Seeschifffahrtsbetriebe. Bei letzteren ersetzen Mittheilungen der Schiffsregister- und Ver­ messungsbehörden Die Anmeldung. Die Regelung des Stimmrechts der Genoss.-Mitglieder bleibt dem Statut überlaßen (§§ 24 Ziff. 4, 17 Ziff. 4 U.-V.-G). Das Ges. selbst fdjreibt nur vor, daß die Stimmen der Rheder nur nach den durch die Abschätzung ermittelten Bedarf an Bemannung zu bemessen sind, da dieser Maßstab für die Ausbringung der Beiträge entscheidet (Mot. S. 65).

§ 44. Der Genossenschaftsvorstand hat auf Gruno des Verzeichnisses deutscher Kauffahrteischiffe in der neuesten Ausgabe des Handbuchs für die deutsche Handelsmarine, auf G und der von dem Reichs-Versicherungsamt ihm mitzutheilenden weiteren Verzeichniffe (§§ 21 und 22) und auf Grund der nach § 43 ihm zugehenden Mittheilungen über die Eröffnung neuer Betriebe ein Genossenschaftskataster zu führen. Die Aufnahine der einzelnen Genoffen in das Kataster erfolgt nach vorgängiger Prüfung ihrer Zugehörigkeit zur Genoffenschaft. Den in das Kataster aufgenommenen Genoffen werden vom Genoflenschastsvorstande durch Vermittelung der unteren Verwaltungsbehörde Mitgliedscheine zugestellt. Ist die Genoffenschaft in Sektionen eingetheilt, so muß der Mitglied­ schein die Sektion, welcher der Betrieb angehört, bezeichnen. Wird die Aufnahme in das Kataster verweigert, so ist hierüber ein mit Gründen versehener Bescheid durch Ver­ mittelung der unteren Verwaltungsbehörde dem Betriebsunternehmer zuzustellen. Gegen die Aufnahme in das Kataster, sowie.gege» die Ablehnung derselben steht dem Unternehmer binnen einer Frist von zwei Wochen nach erfolgter Zustellung des Mit­ gliedscheins beziehungsweise des ablehnenden Bescheides die Beschwerde an das Reichs-Versicherungsamt zu. Dieselbe ist bei der unteren Verwaltungsbehörde einzulegen. 4

50 Wird gegen elften ablehnenden Bescheid innerhalb der angegebenen Frist Beschwerde nicht erhoben, so hat die untere Verwaltungsbehörde die Entscheidung des ReichsVersicherungSamts einzuholen. Den Sektionsvorständen find Auszüge aus dem Ka­ taster, soweit dasselbe die zu ihren Sektionen gehörenden Genossen betrifft, mitzutheilen. Berat. § 37 des U.-V.-G. Das Genossenschafts-Kataster stellt in formeller, rechtsgültiger Weise den Bestand der Genossenschaft dar. Nachträgliche Streichung eines irrthümlich aufßenommeaen Betriebes kann, wenn die Aufnahme endgültig bewirkt ist und nicht Betriebs­ änderung oder Betriebseinstellung vorlieat, nur mit Uebereinstimmung sämmtlicher Betheiligte» »der durch Entscheidung des R.-B.-A. be­ wirkt Werden (A. N. I ©. 365, H S. 65).

Die Mitgliedscheine find Beurkundungen des unter den Be­ theiligten bestehenden Einverständnisses oder der im Streitfälle vom R.-B.-B. getroffenen Entscheid»»« über die Zugehörigkeit eines be­ stimmten Betriebes zur Genossenschaft.

§ 45. Die Schiffsregisterbehörden sind verpflichtet, alle Veränderungen und Löschungen im Schiffsregister dem Genoffenschaftsvorstande mitzutheilen. Bezüglich solcher unter § 1 fallender Fahrzeuge, welche im Schiffsregister nicht eingetragen sind, haben die Rheder, Korrespondentrheder und Bevollmächtigten (§ 17) binnen einer durch das Statut festzusetzenden Frist den Verlust des Fahrzeuges (§ 81 Absatz 2), Aenderungen in der Person und der Nationalität der Rheder oder Mitrheder, ferner Veränderunaen des Heimathshafens, des Namens, der Gat­ tung und der Größe deS Fahrzeuges dem Genoffenschastsvorstande anzuzeigen. Ist diese Anzeige oder die nach § 12 des Gesetzes vom 25. Oktober 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 35) voraeschriebene Anzeige an die Registerbehörde nicht erfolgt, so hastet für die auf die Genoffeuschastsmitglieder umzulegenden Beiträge der in das Kataster eingetraaene Rheder oder Mitrheder, und zwar bis zu demjenigen Rech­ nungsjahre einschließlich, in welchem die Anzeige erfolgt. Der neue Rheder wird hierdurch von der auch ihm gesetz-

51 lich obliegenden Verhaftung für die Beiträge nicht ent­ bunden. Binnen der gleichen Frist und zur Veriueidung der Rechtsnachtheile haben die Unternehmer der übrigen unter § 1 fallenden Betriebe einen Wechsel in der Person des­ jenigen, für dessen Rechnung der Betrieb erfolgt, sowie Aen­ derungen des Betriebes, welche für die Zugehörigkeit zur Genossenschaft von Bedeutung sind, den« Genossenschafts­ vorstände anzuzeigen. Vcrgl. § 37 Abs. 8, § 38 Abs. 1 U.-V.-G. Eine Verpflichtung Mir Anzeige von Betriebsveränderungen, welche für die Zugehörig­ keit zur Genossenschaft oder Sektion von Bedeutung sind oder zur Anzeige über den Wechsel in der Person des RhederS besteht nur insoweit, als das Fahrzeug nicht im Schiffsregister eingetragen war (oergl. §§ 6, 11 des B.-Ges. v. 25. October 1867, B.-Ges. Blt. S. 35). Es genügt die Verpflichtung der Registerbehörden, die Berinderunaen und Löschungen im Sch.-Register zur Kenntniß des Genoffen­ schafts-Vorstandes zu bringen. Die Unterlassung der im § 12 des B.-Ges. vorgesehenen Anzeige an die Registerbchörde ist mit den Rechtsnachtheilen des § 37 Abs. 8 U.-V.-G. bedroht (Mot. S. 65).

§ 46. Erachtet der Vorstand der Genossenschaft in Folge dieser Mittheilung oder Anzeige (§ 45), oder ohne den Empfang einer solchen von Amtswegen die Zugehörig­ keit des Betriebes zur Genossenschaft für erloschen oder die Ueberweisung des Betriebes an eine andere Genossenschaft für geboten, so theilt er dies unter Angabe der Gründe dem Betriebsunternehmer durch Vermittelung der unterm Verwaltungsbehörde, sowie dem Vorstände der betheiligtm anderen Genossenschaft mit. Sowohl der letztere als auch der Betriebsunternehmer können innerhalb vier Wochen gegen die Löschung beziehungsweise die Ueberweisung bei dem Genoflenschaftsvorstande (§ 28) Widerspruch erheben. Wird innerhalb dieser Frist kein Widerspruch erhoben, so erfolgt die Löschung beziehungsweise Ueberweisung an die andere Genossenschaft. Wird gegen die Löschung oder Ueberweisung Widerfpruch erhoben, oder beansprucht der Vorstand einer an4*

52 bereit Genossenschaft unter bem Widerspruch des Unter­ nehmers ober des Vorstandes ber Genossenschaft, welcher ber Betrieb bisher angehörte, bie Uebetrocifung des letzteren, so hat der Vorstand ber Genossenschaft (§ 28) bie Ent­ scheidung des Reichs-Versicherungsamts zu beantragen. Dasselbe entscheidet nach Anhörung des beteiligten Betriebsunternehmers sowie ber Vorstände ber beteiligten Genossenschaften.

Wird dem Anträge auf Ueberweisung stattgegeben, so tritt die Aenderung in ber Zugehörigkeit zur Genossen­ schaft von dem Tage ab in Wirksamkeit, an welchem der An­ trag dem beteiligten Genoffenschaftsvorstande zugestellt ist. Ueberweisungen an andere Genossenschaften werden für so lange, als die Unfall-Vers, für die Fischerei noch nicht gesetzlich geregelt ist, nur selten und im allgemeinen wohl nur dann vorkommen, wenn mit einem Fahrzeuge, mit dem bisher Seeschifffahrt betrieben wurde, ein Binnensch.-Betrieb eröffnet wird (Mot. S. 65).

§ 47. Aenderungen, welche für die Abschätzung des Betriebes (§ 34) von Bedeutung sind, sind nach näherer Bestimmung des Statuts auzumelden (§ 24 Ziffer 6). Ueber die Anmeldung von Aenderungen, welche für die Veranlagung des Betriebes zu den Gefahrenklaffen (§ 35) von Erheblichkeit sind, hat die Genoffenschaftsversammlung Bestimmung zu treffen, sofern ein Gefahrentarif aufgestellt wird. Durch Beschluß der Genoffenschaftsversammlung kann der Erlaß dieser Bestimmungen dem Vorstände ober dem Ausschüsse übertragen werden, welchem die Aufstellung und Aenderung des Gefahrentariss obliegt. Gegen den auf die Anmeldung der Aenderung zu er­ theilenden Bescheid des zuständigen Genossenschaftsorgans steht dem beteiligten Mitglieds der Genossenschaft binnen einer Frist von zwei Wochen die Beschwerde an das ReichsVersichernngsamt zu. Aenderungen des Betriebs sind insbesondere dann für die Ge­ nossenschaft von Erheblichkeit, wenn sie die Unterlagen für die Auf-

53 bringung der Beiträge, also den Bedarf an Bemannung berühren (Mot. S. 66). Bergt, auch § 88 N.-V.-G.

IV.

Vertretung der Versicherten.

§ 48. Zur Theilnahme an den Verhandlungen der Schiedsgerichte, zur Begutachtung der zur Verhütung von Unfällen zu erlassenden Vorschriften und zur Wahl von zwei nichtständigen Mitgliedern des Reichs-Versicherungsamts werden Vertreter der Versicherten gewählt. Den versicherten Seeleuten sind wesentliche Funktionen bei der Verwaltung der S.-U.-V. ein geräumt: Wahl von Beisitzern zu den Schiedsgerichten (§ 51), Theilnahme an der Zusammensetzung des R.-B.-Amtes (§ 97), Mitwirkung bei Berathung der Unfallverhütungs­ vorschriften (§ 91).

V.

Schiedsgerichte.

§ 49. Für den Bezirk der Berufsgenossenschaft oder, sofern dieselbe in Sektioneil eyrgetheilt ist, jeder Sektion wird ein Schiedsgericht errichtet. Der Bundesrath kann anordnen, daß statt eines Schieds­ gerichts deren tnehrere nach Bezirken gebildet werden. Der Sitz des Schiedsgerichts wird von der Zentralbehörde des Bundesstaates, zu welchcin der Bezirk des Schiedsgerichts gehört, oder sofern der Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaates hinausgeht, im Einvernehmen mit den betheiligten Zentralbehörden von dein Reichs-Ver­ sicherungsamt bestimmt. Vergl. § 46 U.-V.-G. Die Schiedsgerichte bilden eine wichtige Berufungsinstanz bei Feststellung der Entschädigungen (§ 8 ff.), mit dem Charakter dauerns fungirender Spezialgerichte. Siehe Bekanntmachung betr. die Seitens des R.-V.-A. bestimmten Schiedsgerichte, A. N. IV S. 7, Beilage Nr. 2. Sämmtliche Schiedsgerichte liegen im Jnlande und haben hier auch die Versicherten Recht zu nehmen, welche im Auslande verletzt sind. Die Bestimmungen des H.-G.-B. und der S.-O. in Verbin­ dung mit dem R.-Ges. vom 27. Dezember 1876 erleichtern dem Der-

53 bringung der Beiträge, also den Bedarf an Bemannung berühren (Mot. S. 66). Bergt, auch § 88 N.-V.-G.

IV.

Vertretung der Versicherten.

§ 48. Zur Theilnahme an den Verhandlungen der Schiedsgerichte, zur Begutachtung der zur Verhütung von Unfällen zu erlassenden Vorschriften und zur Wahl von zwei nichtständigen Mitgliedern des Reichs-Versicherungsamts werden Vertreter der Versicherten gewählt. Den versicherten Seeleuten sind wesentliche Funktionen bei der Verwaltung der S.-U.-V. ein geräumt: Wahl von Beisitzern zu den Schiedsgerichten (§ 51), Theilnahme an der Zusammensetzung des R.-B.-Amtes (§ 97), Mitwirkung bei Berathung der Unfallverhütungs­ vorschriften (§ 91).

V.

Schiedsgerichte.

§ 49. Für den Bezirk der Berufsgenossenschaft oder, sofern dieselbe in Sektioneil eyrgetheilt ist, jeder Sektion wird ein Schiedsgericht errichtet. Der Bundesrath kann anordnen, daß statt eines Schieds­ gerichts deren tnehrere nach Bezirken gebildet werden. Der Sitz des Schiedsgerichts wird von der Zentralbehörde des Bundesstaates, zu welchcin der Bezirk des Schiedsgerichts gehört, oder sofern der Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaates hinausgeht, im Einvernehmen mit den betheiligten Zentralbehörden von dein Reichs-Ver­ sicherungsamt bestimmt. Vergl. § 46 U.-V.-G. Die Schiedsgerichte bilden eine wichtige Berufungsinstanz bei Feststellung der Entschädigungen (§ 8 ff.), mit dem Charakter dauerns fungirender Spezialgerichte. Siehe Bekanntmachung betr. die Seitens des R.-V.-A. bestimmten Schiedsgerichte, A. N. IV S. 7, Beilage Nr. 2. Sämmtliche Schiedsgerichte liegen im Jnlande und haben hier auch die Versicherten Recht zu nehmen, welche im Auslande verletzt sind. Die Bestimmungen des H.-G.-B. und der S.-O. in Verbin­ dung mit dem R.-Ges. vom 27. Dezember 1876 erleichtern dem Der-

53 bringung der Beiträge, also den Bedarf an Bemannung berühren (Mot. S. 66). Bergt, auch § 88 N.-V.-G.

IV.

Vertretung der Versicherten.

§ 48. Zur Theilnahme an den Verhandlungen der Schiedsgerichte, zur Begutachtung der zur Verhütung von Unfällen zu erlassenden Vorschriften und zur Wahl von zwei nichtständigen Mitgliedern des Reichs-Versicherungsamts werden Vertreter der Versicherten gewählt. Den versicherten Seeleuten sind wesentliche Funktionen bei der Verwaltung der S.-U.-V. ein geräumt: Wahl von Beisitzern zu den Schiedsgerichten (§ 51), Theilnahme an der Zusammensetzung des R.-B.-Amtes (§ 97), Mitwirkung bei Berathung der Unfallverhütungs­ vorschriften (§ 91).

V.

Schiedsgerichte.

§ 49. Für den Bezirk der Berufsgenossenschaft oder, sofern dieselbe in Sektioneil eyrgetheilt ist, jeder Sektion wird ein Schiedsgericht errichtet. Der Bundesrath kann anordnen, daß statt eines Schieds­ gerichts deren tnehrere nach Bezirken gebildet werden. Der Sitz des Schiedsgerichts wird von der Zentralbehörde des Bundesstaates, zu welchcin der Bezirk des Schiedsgerichts gehört, oder sofern der Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaates hinausgeht, im Einvernehmen mit den betheiligten Zentralbehörden von dein Reichs-Ver­ sicherungsamt bestimmt. Vergl. § 46 U.-V.-G. Die Schiedsgerichte bilden eine wichtige Berufungsinstanz bei Feststellung der Entschädigungen (§ 8 ff.), mit dem Charakter dauerns fungirender Spezialgerichte. Siehe Bekanntmachung betr. die Seitens des R.-V.-A. bestimmten Schiedsgerichte, A. N. IV S. 7, Beilage Nr. 2. Sämmtliche Schiedsgerichte liegen im Jnlande und haben hier auch die Versicherten Recht zu nehmen, welche im Auslande verletzt sind. Die Bestimmungen des H.-G.-B. und der S.-O. in Verbin­ dung mit dem R.-Ges. vom 27. Dezember 1876 erleichtern dem Der-

54 letzten die Möglichkeit, in die Heimath zurückzukehren um hier, falls er mit der Entscheidung des G.-Borstandes nicht zufrieden, seine An« persönlich zu verfolgen. Vor den Schiedsgerichten haben auch f Grund des Gesetzes versicherten Ausländer Recht zu nehmen (Mot. @. 65).

§ 50. Das Schiedsgericht besteht aus einem stän­ digen Vorsitzenden und aus vier Beisitzern. Der Vorsitzende wird aus der Zahl der öffentlichen Beamten mit Ausschluß der Beamten derjenigen Betriebe, welche unter dieses Gesetz fallen, von der Zentralbehörde des Bundesstaates, in welchem der Sitz des Schiedsgerichts belegen ist, ernannt. Für den Vorsitzenden ist in gleicher Weise ein Stellvertreter zu ernennen, welcher ihn in Behindernngsfällen vertritt. Zwei Beisitzer und je zwei Stellvertreter derselben werden von der Genoffenschaft oder, sofern die Gcnoffenslhaft in Sektionen eingetheilt ist, von der betheiligten Sek­ tion aus der Zahl der stimlnberechtigten Genoffenschafts­ mitglieder, der Korrespondentrheder oder der Bevollmächtigten (§ 17) gewählt. Sie dürfen weder den Vorständen der Genoffenschaft, noch den Vertrauensmännern angehören. Die beiden anderen Beisitzer und für jeden derselben drei Stellvertreter werden aus der Zahl der im Bezirke des Schiedsgerichts wohnenden Versicherten oder befahrenen Schifffahrtskundigen gewählt. Sie dürfen nicht Rheder, Mitrheder, Korrespondentrheder oder Bevollmächtigte sein. Wählbar sind im Uebrigen nur männliche, großjährige Personen, welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden und nicht durch richterliche Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind. Vergl. den analogen § 47 Abs. 1—5 und 42, 43, 44 N.-V.-G.

§ 51. Die Wahl der aus den Versicherten oder be­ fahrenen Schifffahrtskundigen zu berufenden Beisitzer und ihrer Stellvertreter (§ 50 Absatz 4) erfolgt durch die Vor­ stände der Otts- oder Betriebskrankenkassen, der obrigkeit­ lich genehmigten Seemannskaffen und anderer zur Wah-

55 rung von Interessen der Seeleute bestimmten obrigkeitlich genehmigten Vereinigungen von Seeleuten, welche im Be­ zirke der Sektion beziehungsweise der Genossenschaft ihren Sitz haben, und welchen mindestens zehn in dem Bezirke des Schiedsgerichts wohnende Versicherte als Mitglieder anaehören. Die Zentralbehörde des Bundesstaates, zu welchen der Bezirk des Schiedsgerichts gehört, oder, sofern der Bezirk über die Grenzen eines Bundesstaates hinausß, das Reichs-Versicherungsamt bestimmt diejenigen ,.en und Bereinigungen, deren Vorstände hiernach wahl­ berechtigt sind, sowie die Zahl der bei der Wahl auf die einzelnen Kaffen und Vereinigungen entfallenden Stimmen, und leitet die Wahl nach näherer Bestimmung eines von derselben Behörde zu erlassenden Regulativs durch einen Beauftragten. Die zur Theilnahme an den Verhandlungen der Schiedsgerichte berufenen Vertreter der Versicherten werden, zur Vermeidung oer Weitläufigkeiten eines doppelten Verfahrens direct gewählt (nach dem U.-V.-G. indirekt) und aus der Zahl der Versicherten oder befahrenen SckiffsahrtSkundraen ld. h. Personen, welche alS ehemalige Seeleute mit den Verhältnissen der Seeschifffahrt aus eigner Erfahrung betraut find) entnommen (Mot. S. 67). Neben den Vorständen der Orts­ und Betriebskrankenkaffen (§ 42 U.-B.-G.) sind die Vertreter der obrigkeitlich genehmigten Seemannskassen und anderer zur Wahrung der Interessen der Seeleute bestimmten Vereinigungen berufen. Dar­ über, welche Seemannskassen als obrigkeitlich genehmigte gelten, ent­ scheidet da? Landesrecht.

Siehe Regulativ betr. die Wahl der auf Grund des S.-U.-V.-G, auS den Versicherten u. s. w. zu berufenden Beisitzern zu den Schieds­ gerichten, vom 4. Januar 1888. A. N. IV. S. 41 ff. Beilage Nr. 4.

§ 52. Die Wahl erfolgt auf vier Jahre. Alle zwei Jahre scheidet die Hälfte der Beisitzer und Stellvertreter aus.

Die erstmalig Ausscheidenden werden durch das Loos bestimmt, demnächst entscheidet das Dienstalter. Scheidet ein Beisitzer während des Zeitraums, für welchen er ge­ wählt ist, aus, so treten für den Rest desselben die Stellver­ treter in der Reihenfolge ihrer Wahl für ihn ein. Aus­ scheidende können wieder gewählt werden.

56 Die Ablehnung der Berufung ist nur aus denselben Gründen zulässig, aus denen das Amt eines Vormundes abgelehnt werden kann. Eine Wiederwahl kann abgelehnt werden. Die höhere Verwaltungsbehörde, zu deren Bezirk der Sitz des Schiedsgerichts gehört, ist berechtigt, die Ueber­ nahme und die Wahrnehmung der Obliegenheiten des Amts eines Beisitzers oder Stellvertreters durch Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark gegen die ohne gesetzlichen Grund sich Weigernden zu erzwingen. Die Geldstrafen fließen zur Genossenschaftskaffe. Verweigern die Gewählten gleichwohl ihre Dienst­ leistung, oder kommt die Wahl nicht zu Stande, oder sind für den Bezirk eines Schiedsgerichts wahlberechtigte Kaffen oder Vereinigungen von Seeleuten nicht vorhanden, so hat, solange und soweit dies der Fall ist, die untere Verwal­ tungsbehörde, in deren Bezirk der Sitz des Schiedsgerichts belegen ist, die Beisitzer aus der Zahl der wählbaren Per­ sonen zu ernennen. Ueber die Ablehnungsgründe s. Anmkg. zu § 30 und tz 49 Abs* 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 U.-V.-G.

§ 53. Der Name und Wohnort des Vorsitzenden, sowie der Mitglieder des Schiedsgerichts und der Stellver­ treter ist von der Landes-Zentralbehörde (§ 50 Absatz 2) in dem zu deren amtlichen Veröffentlichungen bestimmten Blatte öffentlich bekannt zu machen.

§ 54. Dem Vorsitzenden und dessen Stellvertreter darf eine Vergütung von der Genossenschaft nicht gewährt werden. Die von der Genossenschaft berufenen Beisitzer des Schiedsgerichts verwalten ihr Amt als unentgeltliches Ehren­ amt, sofern nicht durch das Statut eine Entschädigung für den durch Wahrnehmung der Obliegenheitm als Beisitzer des Schiedsgerichts ihnen erwachsenden Zeitverlust bestimmt wird. Baare Auslagen werden ihnen von der Genossen-

57 schüft ersetzt, und zwar, soweit sie in Reisekosten bestehen, nach festen, von der Genossenschaftsversammlung zu be­ stimmenden Sätzen. Die aus den Versicherten oder befahrenen Schifffahrtskundigen berufenen Beisitzer erhalten nach den durch das Genoffenschaftsstatut zu bestimmenden Sätzen Tagegelder, und sofern sie von ihrem Wohnorte bis zum Verhandlungs­ orte mehr als zwei Kilometer zurückzulegen haben, auch Reisekosten. Die Festsetzung des Ersatzes, sowie der Tagegelder und Reisewsten erfolgt durch den Vorsitzenden.

§ 55. Der Vorsitzende, die Beisitzer und die Stell­ vertreter sind mit Beziehung auf ihr Amt zu vereidigen. Vergl. §§ 48-50 U.-V.-G.

§ 56. Der Vorsitzende beruft das Schiedsgericht und leitet die Verhandlungen desselben. Das Schiedsgericht ist befugt, das Fahrzeug oder denjenigen Theil des Be­ triebes, in welchem der Unfall vorgekommen ist, in Augen­ schein AU nehmen, sowie Zeugen und Sachverständige — auch eidlich — zu vernehmen. Das Schiedsgericht ist nur beschlußfähig, wenn außer dem Vorsitzenden eine gleiche Anzahl von Mitgliedern der Genoffenschaft einerseits und Vertretern der Versicherten andererseits, und zwar mindestens je einer, als Beisitzer mftwirken. Die Entscheidungen des Schiedsgerichts erfolgen nach Stimmenmehrheit. Im Uebrigen wird das Verfahren vor dem SchiedsÖ durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des 'sraths geregelt. Die Kosten des Schiedsgerichts, sowie die Kosten des Verfahrens vor demselben trägt die Genoffenschaft. Nach Art. III. B.-O. v. 13. Novbr. 1887 (R.-G.-Bl. S. 523) findet die B.-O. vom 2. Nov. 1885 über das Verfahren vor den auf Grund des U.-B.-G. errichteten Schiedsgerichten auch aus das Verfahren vor

58 den auf Grund deS S.-U.-B.-G. errichteten Schiedsgerichten ent­ sprechende Anwendung A. N. HI. S. 359 ff. Eine Erläuterung der B.-O. vom 2. Novbr. 1885 enthält die Schrift: Verordnung über daSVerfahren vor den aus Grund deS U.-B.-G. errichteten Schiedsgerichten^ von Dr. W. Heller, Regier.-Rath. Berlin 1889. Verlag von Siemenroth und WormS.

VI.

Feststellung und Auszahlung der Entschädigung. § 57. Jeder Unfall, durch welchen eine auf dem Fahrzeuge beschäftigte Person auf der Reise getödtet wird oder eine Körperverletzung erleidet, die eine Arbeitsunfähig­ keit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, ist in das Schiffsjournal (Tagebuch, Loggbuch) ein­ zutragen und in dem letzteren oder einem besonderen An­ hänge zn demselben kurz zu beschreiben. Ist ein Journal nicht zu führen, so hat der Schiffs­ führer eine besondere Nachweisung über die an Bord sich ereignenden Unfälle, welche die im Absatz 1 bezeichneten Folgen haben, zu führen. Von jeder Eintragung eines Unfalls, welchen eine auf dem Fahrzeuge beschäftigte Person auf. der Reise er­ leidet, hat der Schiffsführer dem Seemannsamt, bei wel­ chem es zuerst geschehen kann, eine von ihm beglaubigte Abschrift zu übergeben. Statt dessen kann das Journal oder die Nachweisung dem Seemannsamt zur Entnahme einer Abschrift der Emtragung vorgelegt werden. Das Seemannsamt hat das Journal oder die Nach­ weisung binnen vierundzwanzig Stunden zurückzugeben. Ereignete sich der Unfall int Jnlande vor Antritt oder nach Beendigung der Reise, so hat der Schiffsführer binnen zwei Tage nach dem Tage, an welchem er von dem Un­ fälle Kenntniß erlangt hat, dem Seemannsamt oder, falls ein solches am Orte des Unfalls nicht vorhanden ist, der Ortspolizeibehörde von dem Unfälle Anzeige zu machen. Das Seemannsamt beziehungsweise die Ortspolizei­ behörde hat diese Abschriften und Anzeigen dem Seemanns­ amt des Heimathshafens zu übersenden.

58 den auf Grund deS S.-U.-B.-G. errichteten Schiedsgerichten ent­ sprechende Anwendung A. N. HI. S. 359 ff. Eine Erläuterung der B.-O. vom 2. Novbr. 1885 enthält die Schrift: Verordnung über daSVerfahren vor den aus Grund deS U.-B.-G. errichteten Schiedsgerichten^ von Dr. W. Heller, Regier.-Rath. Berlin 1889. Verlag von Siemenroth und WormS.

VI.

Feststellung und Auszahlung der Entschädigung. § 57. Jeder Unfall, durch welchen eine auf dem Fahrzeuge beschäftigte Person auf der Reise getödtet wird oder eine Körperverletzung erleidet, die eine Arbeitsunfähig­ keit von mehr als drei Tagen oder den Tod zur Folge hat, ist in das Schiffsjournal (Tagebuch, Loggbuch) ein­ zutragen und in dem letzteren oder einem besonderen An­ hänge zn demselben kurz zu beschreiben. Ist ein Journal nicht zu führen, so hat der Schiffs­ führer eine besondere Nachweisung über die an Bord sich ereignenden Unfälle, welche die im Absatz 1 bezeichneten Folgen haben, zu führen. Von jeder Eintragung eines Unfalls, welchen eine auf dem Fahrzeuge beschäftigte Person auf. der Reise er­ leidet, hat der Schiffsführer dem Seemannsamt, bei wel­ chem es zuerst geschehen kann, eine von ihm beglaubigte Abschrift zu übergeben. Statt dessen kann das Journal oder die Nachweisung dem Seemannsamt zur Entnahme einer Abschrift der Emtragung vorgelegt werden. Das Seemannsamt hat das Journal oder die Nach­ weisung binnen vierundzwanzig Stunden zurückzugeben. Ereignete sich der Unfall int Jnlande vor Antritt oder nach Beendigung der Reise, so hat der Schiffsführer binnen zwei Tage nach dem Tage, an welchem er von dem Un­ fälle Kenntniß erlangt hat, dem Seemannsamt oder, falls ein solches am Orte des Unfalls nicht vorhanden ist, der Ortspolizeibehörde von dem Unfälle Anzeige zu machen. Das Seemannsamt beziehungsweise die Ortspolizei­ behörde hat diese Abschriften und Anzeigen dem Seemanns­ amt des Heimathshafens zu übersenden.

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§ 58. Die Unternehmer der übrigen unter § 1 fal­ lenden Betriebe haben binnen der im § 57 Absatz 4 be­ zeichneten Frist von den in ihren Betrieben sich ereignenden Unfällen, welche die im § 57 Absatz 1 bezeichneten Folgen haben, bei der Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk sich der Unfall ereignet hat, Anzeige zu machen. Für den Betriebs­ unternehmer kann derjenige, welcher zur Zeit des Unfalls den Betrieb oder den Betriebstheil, in welchem sich der Un­ fall ereignete, zu leiten hatte, die Anzeige erstatten; im Falle der Abwesenheit oder Behinderung des Betriebsunter­ nehmers ist er dazu verpflichtet. Die Borstände der unter Reichs- oder Staatsverwal­ tung stehenden Betriebe haben die Anzeige der vorgesetzten Dienstbehörde nach näherer Anweisung derselben zu erstatten. Zur einfachen und sicheren Feststellung der Entschädigungs­ ansprüche und zur Beschaffung des statistischen Materials dient das Unfallmeldewescn (§§ 51 ff. U.-V.-G.). Für die Betriebe, welche nicht Seeschiffs« hrtSbetrieoe, genügen die Bestimmungen der 6§ 51—55 U.-B -G. im Wesentlichen. Bei Unfällen im Inlands vor Antritt oder nach Beendigung der Reise erstattet, wie bei Unfällen in Betrieben des Festlandes, der Schiffsführer dem SeemannSamte, eventuell der Ortspolizeibehörde die Anzeige (§ 57 Abs. 4). Unfälle auf der Reise sind in das Schiffsjournal (Art.' 486, 487 Abs. 2, 3 H.-G.-B., § 61 R.-G. über die Beurkundung des Personenstandes v. 6. Febr. 1875) eiruutraaen, kleinere Fahrzeuge lArt. 489 H.-G.-B.) führen eine besonvere Unsallnachweisung. Die Uebersendung einer beglaubigten AbK derartiger Einträge an das Seemannsamt (§ 57 Abs. 3) bietet töglichkett, von allen Unfällen auf der Fahrt der Behörde mit der erforderlichen Raschheit Kenntniß zu geben. Zur Erleichterung der Schiffer kann stets eine Abschrift ves Journal bezw. die Nach­ weisung selbst vorgelegt werden. Zur Verhütung einer Zersplitterung der Aufzeichnungen bei den zahlreichen Seemannsämtern und OrtsSolizeibehörven dient die Vorschrift deS § 58 Abs. 5 (Mot. S. 68). [. N. IV. S. 242.

§ 59. Das Formular für die Beschreibung der Un­ fälle (§ 57 Absatz 1), für die Nachweisung der Unfälle (§ 57 Absatz 2) und für die Unfallanzeige (§ 57 Absatz 4, ! 58 Absatz 1 und 2) wird vom Reichs-Bersicherungsamt estgestellt.

60 Die Bek. des R.-B.-A. betr. die Formulare, v. 29. Dezbr. 1887, sowie die festgestellten Formulare mit Anleitung zur Führung s. A. N. IV. S. 8 ff.

§ 60. Ueber die Unfälle (§§ 57 und 58) werden Unfallverzeichniffe geführt. Die Führung derselben erfolgt für die unter Reichs- oder Staatsverwaltung stehenden Be­ triebe durch die von der vorgesetzten Dienstbehörde zu be­ stimmende Behörde nach näherer Anweisung der ersteren, im Uebrigen für Schifffahrtsbetriebe durch das Seemanns­ amt des Heimathshafens, für andere unter § 1 fallende Betriebe durch die Ortspolizeibehörde, in deren Bezirk sich der Unfall ereignet hat, nach näherer Anweisung der LandesZentralbehörde. Bergl. § 62 U.-B.-G.

§ 61. Jeder Unfall, durch welchen eine versicherte Person getödtet ist oder eine Körperverletzung erlitten hat, die voraussichtlich den Tod oder eine Mwerbsunfäbigkeit von einer über die gesetzliche Fürsorgepllicht des Ryevers oder Arbeitgebers oder einer Krankenkasse hinausgehenden Dauer zur Folge haben wird, ist sobald als möglich von einem Seemannsamt oder von einer Ortspolizeibehörde des Inlandes nach näherer Bestimmung der §§ 62 bis 66 einer Untersuchung zu unterziehen, durch welche soweit als möglich festzustellen sind: 1. die Veranlassung und die Art des Unfalls; 2. die getödteten oder verletzten Personen; 3. die Art der vorgekommenen Verletzungen; 4. der Verbleib der verletzten Personen; 5. die Hinterbliebenen der durch den Unfall getödteten oder nach dem Unfälle verschollmen Personen, welche nach § 13 einen Entschädigungsanspruch erheben können. Bergl. den analoaen § 53 U.-V.-G. Zu melden (§ 57) sind fast alle Unfälle, polizeilich zu untersuchen nur diejenigen, welche das Eintreten der Berussgenoffenschaft herbeiführen. Für die Unfall-

61 Untersuchungen eignen sich die deutschen Sceämter im Jnlande und Auslande, sowie die inländischen Orls-Polizeibehörden (Mot. S. 69).

§ 62. Ist die Untersuchung im Auslande zu führen, so hat der Schiffsführer vor deinjcnigen deutschen See­ mannsamt (Konsulat), vor welchem es zuerst geschehen kann, unter Zuziehung von zwei Schiffsoffizieren oder anderen glaubhaften Personen über die nach § 61 festzustellenden Thatsachen eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Das Seemannsamt ist befugt, zur Feststellung des Sachverhalts auch andere als die von dem Schiffsführer zugezogenen Personen eidesstattlich zu vemehmen, sowie sonstige Unter­ suchungsoerhandlungen herbcizuführen. Ist die Untersuchung im Jnlande zu führen, so ist dieselbe von denl Schiffsführer bei einem Seemannsamt oder, wo ein solches nicht vorhanden ist, bei einer Orts­ polizeibehörde des Inlandes zu beantragen. Die angernfene Behörde hat die Untersuchung zu führen. Bei Unfällen in anderen unter § 1 fallenden Betrieben, welche nicht Seeschifffahrtsbetriebe sind, erfolgt die Unter­ suchung durch diejenige Ortspolizeibehörde, an welche die Unfallanzeige (§ 58 Absatz 1) erstattet war. Auf Antrag Betheiligter (§ 63) kann die höhere Ver­ waltungsbehörde die Untersuchung einem anderen Seemannsamt oder einer anderen Ortspolizeibehörde übertragen. Bei den unter Reichs- oder Staatsverwaltung stehenden Betrieben hat die vorgesetzte Dienstbehörde die Untersuchung zu führen oder einer anderen Behörde zu übertragen. Auf die Verpflichtung der Schiffsmannschaft zur Mit­ wirkung bei diesen Erklärungen und Verhandlungen finden die Bestimmungen des § 33 der Seemannsordnung ent­ sprechende Anwendung. Im Anschluß an Art. 490—493 H.-G.-B verpflichtet das Gesetz den Schiffsführer im AuSlande über entschädiaungspflichtiae Unfälle vor dem Seemannsamt, bei welchem cs zuerst geschehen rann, eine Verklarung abzulegen, an welche sich weitere Untersuchungshandlungen des Seemannsamtes anschließen können. Im Jnlande sollen eben-

62 falls die Seemannsämter die Untersuchunq führen, sofern nicht be­ sondere Verhältnisse das Einschreiten der Ober-Polizeibehörde rathsam ^scheinen lassen (§ 61).

§ 63. Zu den Untersuchungsverhandlungen (§ 62) sind, soweit dies ausführbar, der Verletzte beziehungsweise dessen Hinterbliebene oder ein von ihnen zu bestellender Vertreter, ein Vertreter der Genossenschaft und sonstige Be­ theiligte zu laden und auf Antrag des Betriebsunternehmers, des Schiffsführers oder des Vertreters der Genossenschaft Sachverständige zuzuziehen. Ist die Genossenschaft in Sekti­ onen getheilt, oder sind von b.T Genossenschaft Vertrauens­ männer bestellt, so kann die Mittheilung von der Einleitung der Untersuchung an den Sektionsvorstand beziehungsweise an den Vertrauensmann gerichtet werden. Die Kosten für die Zuziehung von Sachverständigen fallen der Genossen­ schaft zur Last. Zu den Unsalluntersuchungs-Verhandlungen (§ 62 Abs. 1 u. 2) sind, wenn möglich, auch der Verletzte, sowie Vertreter der sonst Be­ theiligten (Hinterbliebene) zuzuziehen. Bergl. § 54 U.-V.-G.

§ 64. Durch eine Verklarung (Artikel 490 ff. des Handelsgesetzbuchs) wird die eidesstattliche Erklärung, sowie die Unfalluntersuchung ersetzt, wenn bei der Verklarung den Bestimmungen der §§ 61 und 63 genügt ist. Die Verklarung ersetzt hier die eidesstattliche Erklärung und die sonstigen Unters.-Berhandlungen, um di« aufzunehmenden Verhand­ lungen nicht zu vermehren (Mot. S. 71).

§ 65. Beglaubigte Abschrift der Unfalluntersuchungs­ verhandlung (§ 62) beziehungsweise Verklarung (§ 64) ist von der Behörde sobald als möglich dem Vorstande der Berufsgenoffenschaft zu übersenden. Der Vorstand hat den Betheiligen auf ihren Antrag die Einsicht der Verhandlungen zu gestatten und gegen Erstattung der Schreibgebühren Ab­ schrift zu ertheilen. Bergl. § 65 Abs. 2 U.-V.-G.

§ 66. Die Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die Untersuchung von Seeunfällen, vonr 27. Juli 1877 (Reichs-

63 Gesetzbl. S. 549) über die Verpflichtung der Gerichte, Hafen­ behörden, Strandbehörden, Seemannsämter und Schiffs­ registerbehörden, von den zu ihrer Kenntniß gelangenden Seeunfällen ungesäumt Anzeige zu machen (§ 14 a. a. O.) und über die Verpflichtung der deutschen Seemannsämter im Auslande, bei den zu ihrer Kenntniß gelangenden See­ unfällen diejenigen Ermittelungen und Beweiserhebungen vorzunehmen, welche keinen Aufschub dulden (§ 15 a. a. O.), werden auf alle Unfälle erstreckt, welche die im § 61 er­ wähnten Folgen haben. Die Anzeigen (§ 14 des Gesetzes vom 27. Juli 1877) sind bei Unfällen der letzteren Art, unbeschadet der bei Seeunfällen bestehenden Verpflichtung, einem zuständigen Seeamt Anzeige zu machen, an den Genoffenschastsvorstand zu richten. Wenn nach Ablauf von sechs Monaten seit der Kennt­ niß von dem Unfälle eine Benachrichtigung über die Ein­ leitung einer Unfalluntersuchung nicht eingetroffen ist, so sind die Untersuchungsverhandlungen von dem Seemanns­ amt des Heimathshafens einzuleiten. Die Bestimmungen über di« Verpflichtung anderer Behörden zur Mitivirkung treffen Vorsorge, daß alle ersatzpflichtigen Unfälle, sobald als möglich, zur Kenntniß des GenoffenschastSvorstandeS ge­ langen, damit -dieser in die Lage kommt, die Interessen der Genossen­ schaft zu wahren und für Beschleunigung des weiteren Verfahrens zn sorgen (Mot. S. 71).

§ 67. Die Feststellung der Entschädigungen für die durch Unfall verletzten Versicherten und für die Hinterbliebenm der aus Anlaß des Unfalls ums Leben gekommenen Versicherten erfolgt sobald als möglich von Amtswegen, und zwar: 1. sofern die Genossenschaft in Sektionen eingetheilt ist, durch den Vorstand der Sektton, wenn es sich handelt a) um den Ersatz der Kosten des Heilverfahrens, b) um die für die Dauer einer voraussichtlich vorübergehenden Erwerbsunfähigkeit zu ge­ währende Rente,

64 c) um den Ersatz der Beerdigungskosten; 2. in allen übrigen Fällen durch den Vorstand der Genoffenschaft.

Zuständig ist die Sektion, in deren Bezirk der Heimathshafen desjenigen Fahrzeuges belegen ist, oder derjenige Betrieb seinen Sitz hat, bei welchem der Unfall sich ereignet hat. Das Genossenschaftsstatut kann bestimmen, daß die Feststellung der Entschädigungen in den Fällen der Ziff. 1 und 2 durch einen Ausschuß des Sektionsvorstandes oder durch eine besondere Kommission oder durch örtliche Beauf­ tragte (Vertrauensmänner) und in Fällen der Ziffer 2 auch durch einen Ausschuß des Genossenschaftsvorstandes zu be­ wirken ist. Vor der Feststellung der Entschädigung ist dem Ent­ schädigungsberechtigten, sofern derselbe im Inlands anwesend ist, durch Mittheilung der Unterlagen, auf Grund deren dieselbe zu bemessen ist, Gelegenheit zu geben, sich binnen einer Frist von einer Woche zu äußern. Für diejenigen Verletzten, für welche beim Eintritt der genossenschaftlichen Fürsorge noch eine weitere ärztliche Be­ handlung behufs Heilung der erlittenen Verletzungen noth­ wendig ist (§ 9 Absatz 1 Ziffer 1), hat sich die Feststellung zunächst mindestens auf dre bis zur Beendigung des Heil­ verfahrens zu leistenden Entschädigungen zu erstrecken. Die Feststellung der weiteren Entschädigung hat, sofern sie nicht früher möglich war, sofort nach Beendigung des Heilver­ fahrens zu erfolgen. In diesem Falle ist noch vor Beendigung deS Heil­ verfahrens, in allen sonstigen Fällen aber, in welchen die endgülttge Feststellung der Entschädigung nicht alsbald erfolgen kann, sobald als möglich eine vorläufige Entschädigung zuzubilligen. § 67 weist conform mit § 57 U.-B.-G. die Feststellung der Entschädigung in den weniger wichtigen und eilenden Fällen den Sektionsvorständen, bei den schwereren dem GenoffenschastSvorstand zu (Abs. 1). Entscheidend fü» die Zuständigkeit der Sektion ist der Be­ zirk des HeimathhafenS und, soweit eS stch um Unfälle in anderen Schifffahrtsbetrieben handelt, der Betriebssitz (Abs. 2). Zur Ver-

65 Hinderung von Verzögerungen der Feststellung dient Abs. 3. Um den Empfangsberechtigten möglichst bald in den Genuß der Entschädigung zu setzen, sieht das Gesetz die vorläufige Entschädigung vor (Abs. 5).

§ 68. Entschädigungsberechtigte, für welche die Ent­ schädigung nicht von Amtswegen festgestellt ist, haben ihren Entschädigungsanspruch bei Vermeidung des Ausschlusses vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Eintritt des Un­ falls, oder falls der Anspruch von Hinterbliebenen solcher Versicherten erhoben wird, welche auf einem für verschollen zu erachtenden Schiffe gefahren sind, vor Ablauf von zwei Jahren nach Ablauf der Verschollenheitsfristen (Artikel 866, 867 des Handelsgesetzbuchs) bei dem Genossenschaftsvorstande anzumelden. Nach Ablauf dieser Frist ist der Anmeldung nur dann Folge zu geben, wenn zugleich glaubhaft bescheinigt wird, daß die Folgen des Unfalls erst später bemerkbar gewordm sind, oder daß der Entschädigungsberechtigte von der Ver­ folgung seines Anspruchs durch außerhalb seines Willens liegende Verhältnisse abgehalten worden ist. Wird der angemeldete Entschädigungsanspmch aner­ kannt, so ist die Höhe der Entschädigung sofort festzustellen; anderenfalls ist der Entschädigungsanspruch durch schrift­ lichen Bescheid abzulehnen. Ereignete sich der Unfall, in Folge dessen der Ent­ schädigungsanspruch erhoben wird, bei einem Betriebe, für welchen ein Mitgliedschein von der Genoffenschaft nicht erthetlt war, so hat die Anmeldung des Entschädigungsan­ spruchs bei der unteren Verwaltungsbehörde im Inland« zu erfolgen, in deren Bezirk der Anmeldende wohnt, oder, wenn hiernach die Zuständigkeit nicht bestimmt werden kann, bei der unteren Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der teimathshafen des betreffenden Fahrzeuges belegen ist. äe Behörde hat den Entschädigungsanspmch mittelst Be­ scheides znrückzuweisen, wenn sie den Betrieb, bei welchem der Unfall sich ereignet hat, für nicht unter den § 1 fallend erachtet; anderenfalls hat sie dm angemeldetm Ent­ schädigungsanspruch dem zuständigen Vorstande zur weiteren 5

66 Veranlassung zu überweisen, auch dem Entschädigungsbe­ rechtigten hiervon schriftlich Nachricht zu geben. Der Regel nach sind die Entschädigungen von Amtswegen fest« zustellen, für die Ausnahmssälle ist, wie in § 59 U.-V.-G., eine Ver­ jährungsfrist vorgeschrieben. In zahlreichen Fällen wohnen Angehörige verunglückter Seeleute im Binnenlande fern der Küste und kennen den Sitz der Rhederei des Fahrzeugs nicht. Zur Erleichterung der Verfolgung der Rechtsansprüche dient die Anmeldung bei der unteren Verwaltungsbehörde des Wohnorts, sofern derselbe im Jnlande be­ legen. Leben die Berechtigten im Auslande, so erfolgt die Anmeldung bei der Behörde am Heimathhasen (§ 68 Abs. 4).

§ 69. Ueber die Feststellung der Entschädigung hat der Vorstand (Ausschuß, Kommission, Vertrauensmann), welcher dieselbe vorgenommen hat, dem Entschädigungs­ berechtigten einen schriftlichen Bescheid zu ertheilen, aus welchem die Höhe der Entschädigung und die Art ihrer Berechnung zu ersehen ist. Bei Entschädigungen für er­ werbsunfähig gewordene Verletzte ist namentlich anzugeben, in welchem Maaße die Erwerbsunfähigkeit angenommen worden ist. Den Abschluß der Verhandlungen bildet wie im U.-V..G. (§ 61) der alle für die Berechnung der Höhe der Entschädigung maßgebend gewesene Faktoren enthaltende Bescheid. Er bleibt so lange in Kraft, als nicht aus Grund des § 73 eine anderweite Feststellung stattfindet. A. 31. II, S. 74. Wegen der Vollziehung der Fefistellungsbescheide, der Ausfertigung und Aufbewahrung der Koncepte derselben u. s. w. s. Anleitung vom 11. Januar 1888 (51. R. IV S. 48).

§ 70. Gegen den Bescheid der unteren Verwaltungs­ behörde, durch welchen der Entschädigungsanspruch aus dem Gmnde abgelehnt wird, weil der Betrieb, in welchem der Unfall sich ereignet hat, für nicht unter den § 1 fallend erachtet wird (§ 68 Absatz 4), steht dem Verletzten und seinen Hinterbliebenen die Beschwerde an das Reichs-Ver­ sicherungsamt zu. Dieselbe ist bei der unteren Verwal­ tungsbehörde einzulegen. Gegen den Bescheid, durch welchen der Entschädigungs­ anspruch aus einem anderen als dem vorbezeichneten Gmnde abgelehnt wird (§ 68 Absatz 3), sowie gegen den Bescheid, durch welchen die Entschädigung festgestellt wird (§ 69),

67 findet die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung statt. Die Berufung ist bei dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts (§ 49) zu erheben, in dessen Bezirk der Heimathshafen desjenigen Fahrzeuges belegen ist, oder derjenige Betrieb seinen Sitz hat, in welchein der Unfall sich ereignet hat. Die Berufung hat keine aufschiebende Wirkung.

Die Beschwerde und die Berufung ist bei Vermeidung des Ausschlusses binnen vier Wochen, von solchen Personen aber, welche sich außerhalb Europas aufhalten, binnen einer von der unteren Verwaltungsbehörde beziehungsweise von demjenigen Genossenschaftsorgane, welches den ange­ fochtenen Bescheid erlassen hat, zu bestimmenden, auf min­ destens sechs Wochen zu bemessenden Frist nach der Zu­ stellung des angefochtenen Bescheides einzulegen. Der Bescheid muß die Bezeichnung der für die Be­ rufung zuständigen Stelle beziehungsweise des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, sowie die Belehrung über die einzu­ haltenden Fristen enthalten.

Haben die Hinterbliebenen des Getödteten ihren Wohn­ sitz in verschiedenen Schiedsgerichtsbezirken, so ist auf ihren Antrag die Verhandlung der Sache an dasjenige Schieds­ gericht abzugeben, in dessen Bezirk die Mehrzahl der Hinter­ bliebenen wohnt. Die örtliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts (Abs. 2) bestimmt sich nach den Grundsätzen in § 67 Abs. 2. Ueber die Einlegung der Berufung und das Verfahren vergl. Anleitung v. 11. Januar 1888 § 16, und V.-O. vom 2. Nov. 1885 betr. das Verfahren vor dem auf Grund des Unf.-Vers.-Ges. errich­ teten Schiedsgerichte.

§ 71. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ist dem Berufenden und demjenigen Genoffenschaftsorganc, welches den angefochtenen Bescheid erlaffen hat, zuzustellen. Gegen die Entscheidung steht in den Fällen des § 67 Absatz 1 Ziffer 2 dem Verletzten oder deffen Hinterbliebenen, sowie dem Genoffenschaftsvorstande der Rekurs an das ReichsVersicherungsamt zu. Derselbe hat keine aufschiebende Wirkung. Er ist bei Vermeidung des Ausschlusses binnen 5*

68 vier Wochen, von denjenigen Personen aber, welche sich außerhalb Europas aufhalten binnen zwölf Wochen nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung einzulegen. Bildet in dem Falle des § 13 Absatz 1 Ziffer 2 die Anerkennung oder Nichtanerkennung des Rechtsverhältnisies zwischen dem Getödteten und dem die Entschädigung Beanspruchenden die Voraussetzung des Entschädigungsan­ spruchs, so kann das Schiedsgericht den Betheiligten auf­ geben, zuvörderst die Feststellung des betreffenden Rechtsverhältnisses im ordentlichen Rechtswege herbeizuführen. In diesem Falle ist die Klage bei Vermeidung des Aus­ schlusses des Entschädigungsanspruchs binnen einer vom Schiedsgericht zu bestimmenden, mindestens auf vier Wochen zu bemesienden Frist nach der Zustellung des hierüber er­ theilten Bescheides des Schiedsgerichts zu erheben. Nach erfolgter rechtskräftiger Entscheidung des Ge­ richts hat das Schiedsgericht auf erneuten Antrag über den Entschädigungsanspruch zu entscheiden. In den Fällen des § 67 Ziff. 1 entscheidet das Schiedsgericht endgültig, Rekurs an das R.-B.-A. ist nur bei dauernder Erwerbs­ unfähigkeit des Verletzten oder bei Renten Hinterbliebener zulässig. Ueber die Einlegung des Rekurses und das Verfahren vergl. V.-O. betr. die Formen des Verfahrens und den Geschäftsgang d«S R.-V.-A. vom 5. August 1885 (R.-G.-Bl. S. 255), nebst Novelle vom 13. Nov. 1887, R.-G.-BI. S. 523).

§ 72. Nach erfolgter Feststellung der Entschädigung (§ 67) ist dem Berechtigten von Seiten des Genossenschafts­ vorstandes eine Bescheinigung über die ihm zustehenden Bezüge unter Angabe der mit der Zahlung beauftragten Postanstalt (§ 77) und der Zahlungstermine auszufertigen. Wird in Folge des schiedsgerichtlichen Verfahrens der Betrag der Entschädigung geändert, so ist dem Ent­ schädigunzsberechtigten ein anderweiter Berechtigungsaus­ weis zu ertheilen. Vergl. Vers.-Amtes A. N. I, S. IV, S. 165

§ 64 U.-V.-G. und § 4 der Gekchäftsaniveisuna des R.betr. die Auszahlungen durch die Post v. 27. Nov. 1885, 224, und Bei. ocs R.-B.-A. vom 26. Jan. 1888, A. N. ff.

69 Die Grundlage des Berechtigungsausmeiscs bildet der Fest­ stellungsbescheid (§ 69). A. R. III L. 136.

§ 73. Tritt in den Verhältnissen, welche für die Fest­ stellung der Entschädigung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Veränderung ein, so kann eine anderweitige Fest­ stellung derselben auf Antrag oder von Amtswegen erfolgen. Ist der Verletzte, für welchen eine Entschädigung auf Grund des § 9 festgestellt war, in Folge der Verletzung gestorben, so muß der Antrag auf Gewährung einer Ent­ schädigung für die Hinterbliebenen, falls deren Feststellung nicht von Amtswegen erfolgt ist, bei Vermeidung des Aus­ schlusses vor Ablauf von zwei Jahren nach dem Tode des Verletzten bei dem zuständigen Vorstande angemeldet werden. Nach Ablauf dieser Frist ist der Anmeldung mir dann Folge zu geben, wenn zugleich glaubhaft bescheinigt wird, daß der Entschädigungsberechtigte von der Verfolgung seines Anspruchs durch außerhalb seines Willens liegende Verhält­ nisse abgehalten worden ist. Im Uebrigen finden auf das Verfahren die Vorschriften der §§ 67 bis 72 entsprechende Anwendung. Eine Erhöhung der im § 9 bestimmten Rente kann nur für die Zeit nach Anmeldung des höheren Anspruchs gefordert werden. Eine Minderung oder Aufhebung der Rente tritt von dem Tage ab in Wirksamkeit, an welchem der dieselbe aussprechende Bescheid (§ 69) den Entschädigungsberechtigten zugestellt ist. Wesentliche Veränderungen sind z. B. Wiedergewinnung der Erwerbsfähigkeit, nachträglicher Eintritt des Todes des Verletzten u. s. w. Die Kontrole oer Rentenempfänger, ob derartige Aende­ rungen eintreten, übt die Genossenschaft insbesondere durch die Ver­ trauensmänner. Im Falle des § 73 findet eine Wiederaufnahme des Verfahrens statt und es bedarf von Neuern eines formellen, der Be­ rufung auf schiedsgerichtliche Entscheidung unterliegenden Feststellungs­ bescheids. A. N. II, S. 29*2. Eine Minderung der Rente (Abs. 4), zurückgreifend in die frühere Zeit, ist unter allen Umständen unzulässig (A. N. III S. 11).

§ 74.

Die Kosten des Heilverfahrens (§ 9 Absatz 1

70 Ziffer 1) und die Kosten der Beerdigung (§ 13 Absatz 1 Ziffer 1) sind binnen acht Tagen nach ihrer Feststellung (§ 67) zu zahlen. Die Entschädigungsrenten der Verletzten und der Hinter­ bliebenen der Getödteten sind in monatlichen Raten im Voraus zu zahlen. Dieselben werden auf volle 5 Pfennig für den Monat nach oben abgerundet.

§ 75. Solange der Berechtigte nicht im Inlands wohnt, ist die Berufsgenoffenschaft befugt, die Zahlung der Ent­ schädigungsrenten einzustellen. Ist der Berechtigte ein Ausländer, so kann ihn die Genossenschaft für seinen Entschädigungsanspruch mit dem dreifachen Betrage der Jahresrente abfinden. Die Kapitalabfindung von Ausländern ist, abweichend von § 67 U.-V.-G. fixirt. Ueber den Begriff des Wohnorts im Gegensatz zum Aufenthaltsort entscheidet das Civilrecht (Mot. S. 74).

§ 76. Die den Entschädigungsberechtigten auf Grund dieses Gesetzes zustehenden Forderungen können mit recht­ licher Wirkung weder verpfändet, noch auf Dritte übertragen, noch für andere als die im § 749 Absatz 4 der Zivilprozeß­ ordnung bezeichneten Forderungen der Ehefrau und ehelichen Kinder und die des ersatzberechtigten Armenverbandes ge­ pfändet werden. Bergt. § 68 U.-V.-G. In 8 749 Abs. 4 C.-P.-O. sind die Forderungen der Ehefrau und ehelichen Kinder wegen solcher Alimente bezeichnet, welche für die Zeit nach Erhebung der Klage und für das diesem Zeitpunkt vorausgehende letzte Vierteljahr zu entrichten sind.

§ 77. Die Auszahlung der auf Grund dieses Gesetzes zu leistenden Entschädigungen wird auf Anweisung des Genoffenschaftsvorstandes vorschußweise durch deutsche Post­ verwaltungen, und zwar in der Regel durch diejenige Post­ anstalt bewirkt, in deren Bezirk der Heimathshafen des Schiffes, auf welchen, der Unfall sich zugetragen hatte, belegen ist. Der Eutschädigungsberechtigte kann jedoch Ueberweisung der Auszahlung an die Postanstalt seines Wohnortes ver­ langen. Eine Anleitung für die Auszahlungen durch die Postanstalten

71 und die Formulare, Quittungen u. s. w. enthält die Bek. des R.-B.A. vom 26. Januar 1888, Ä. N. IV, S. 165 f. Siehe auch: Götze, Anleitung zur Kassen- und Rechnungsführung der B.-Genossenschaften, S. 178 ff. Berlin 1889. Verlag von Siemenroth & Worms.

§ 78. Binnen acht Wochen nach Ablauf jedes Rechnungs­ jahres haben die Zentral-Postbehörden dem Genossenschafts­ vorstände Nachweisungen der auf seine Anweisung geleisteten Zahlungen zuzustellen und gleichzeitig die Postkassen zn be­ zeichnen, an welche die zu erstattenden Beträge einzuzahlen sind. Vergl. § 5 Geschäftsanweisung für die G.-Vorstände u. s. w. (A. N. I S. 224, III S. 5 und 210.)

§ 79. Die von den Zentral-Postverwaltungen zur Erstattung liquidirten Beträge sind von dem Genossenschafts­ vorstände gleichzeitig mit den Verwaltungskostcn und den Rücklagen zum Reservefonds auf die Genossenschafts-Mit­ glieder umzulegen und von denselben einzuziehen. Zu diesem Zweck haben die der Genossenschaft ange­ hörenden Unternehmer anderer als Seeschifffahrtsbetriebe binnen sechs Wochen nach Ablauf des Rechnungsjahres dem Genossenschaftsvorstande eine Nachweisung einzureichen, aus welcher sich ergiebt, an wieviel Tagen des verflossenen Rechnungsjahres und in welcher Anzahl sie Versicherte be­ schäftigt haben. Für Genossenschaftsmitglieder, welche mit der recht­ zeitigen Einsendung der Nachweisung im Rückstände sind, werden diese Grundlagen der Umlageberechnung durch den Genoffenschaftsvorstand nach Anhörung des etwa bestellten Vertrauensmannes festgestellt. Die Umlegung erfolgt, sofern ein Gefahrentarif auf­ gestellt ist, nach Maßgabe der Veranlagung, im Uebrigen a) für Seefahrzeuge — unter Berücksichtigung der nach §§ 39 und 40 etwa festgesetzten Zuschläge, Nachlässe oder Beitragserhöhungen — nach Maß­ gabe desjenigen Betrages, welcher sich für jedes Fahrzeug aus der Summe der nach § 6 berechneten Durchschnitts-Löhne und -Gehälter für die durch

72 Abschätzung (§ 34) festgestellte Zahl der Besatzung ergiebt; b) für andere nach Maßgabe dieses Gesetzes versicherte Betriebe nach der Zahl der Arbeitstage (Absatz 2), indem für je dreihundert Arbeitstage der nach § 7 festgesetzte durchschnittliche Jahresarbeitsverdienst zur Anrechnung gebracht wird. Der zwölfhundert Mark für Person und Jahr über­ steigende Betrag kommt nur mit einem Drittel (§ 9 Abs. 2), der zweitausend Mark übersteigende Betrag nur insoweit in Rechnung, als durch das Statut die Versicherung auf einen höheren Jahresarbeitsverdienst erstreckt ist (§ 5). Was die Umlegung der Beiträge anbetrifft, so ist für Seeschiff.Betriebe die Abschätzung der Zahl der Versicherten (§ 34), für andere Betriebe die Zahl der wirklich verwendeten Arbeitstage maßgebend. Bei ersteren wird für jeden als erforderlich erachteten Seemann das für die betreffende Kategorie nach § 6, bei letzteren für je 300 Arbeitstage das nach § 7 festgesetzte Durchschnittseinkommen zu Grunde Ä. Dabei ist unerheblich, ob die 300 Arbeitstage für einen und ben Versicherten, oder, wie in den Betrieben zur Rettung Schiffbrüchiger der Fall sein wird, für mehrere nur zeitweise beschäsnate Versicherte m Ansatz zu bringen sind. Der 1200 Mk. übersteigenoe Betrag des Jahresverdienstes ist nur mit einem Drittel, der Betrag von über 2000 Mk. nur dann in Rechnung zu stellen, wenn das Statut die Versicherung auf einen höheren Jahresverdienst erstreckt 5). Hiernach sind für Berechnung der Beiträge wie der Renten, sofern eine solche Erstreckung nicht stattgefunden hat, bei Per­ sonen mit einem durchschnittlichen Jahresverdienst von 1800 Mk. nur (1200 + ^9) = 1400 Mk. und, sofern die Versicherung bis zu

3000 Mk. erstreckt ist, bei Personen mit 3000 Mk. Jahresverdienst nur (1200 + - 1800 Mk. in Rechnung zu bringen.

Sofern ein Gefahrentarif aufgestellt ist (§ 35), sind die Bei­ träge nach den einzelnen Klassen abzustufen. Dre so ermittelten Bei­ träge werden erhöht oder vermindert, falls nach § 40 Beitragser­ höhungen zu zahlen sind oder Zuschläge beziehungsweise Nachlässe (§ 39) eintreten. Für die übrigen, nicht unter die Seeschiff.-Betriebe fallenden Unternehmen bedarf es der Einreichung jährlicher Nachweisungen (§ 79 Abs. 2) über die Beschäftigungstage und die Zahl der Ver­ sicherten (Mot. S. 74).

73 § 80. Für Fahrzeuge, welche erweislich ununterbrochen länger als vierzehn Tage hindurch außer Betrieb gewesen sind, ist der Beitrag in demjenigen Verhältnisse zu kürzen, welches der diesen Zeitraum übersteigenden Dauer der Unthätigkeit entspricht. Die Kürzung erfolgt für dasjenige Rechnungsjahr, in welches die angegebene Zeit der Unthätigkeit gefallen ist. Vertheilt sich die ununterbrochene Dauer der Unthätigkeit auf zwei aufeinanderfolgende Rech­ nungsjahre, so wird die Kürzung insoweit, als sie wegen noch nicht vollendeten Zeitablaufs für das erste Rechnungs­ jahr noch nicht hat erfolgen können, für das zweite Rechnungsjahr vorgenommen. Diese Kürzung tritt nicht ein, wenn der Rheder, Korrespondentrheder oder Bevollmächtigte es unterläßt, binnen sechs Wochen nach Ablauf des Rechnungsjahres die Dauer der Unthätigkeit des Fahrzeuges in glaubhaft be­ scheinigter Form dem Genossenschaftsvorstande nachzuweisen. Bei Fahrzeugen, welche beim Ende des Rechnungsjahres in den Heimathshafen nicht zurückgekehrt waren, kann der Nachweis noch während der ersten sechs Wochen nach der Rückkehr in den Heimathshafen erfolgen. In diesem Falle ist jedoch der Beitrag vorbehaltlich demnächstiger Rück­ erstattung einstweilen voÜ zu entrichten. Bei oen Vorschriften des § 79 ist von der Voraussetzung ansSen, daß das Fahrzeug in dem Jahre, für welches die Beiträge gt werden, mindestens 9 Monate im Betrieb gewesen. Haben Fahrzeuge länger als 14 Tage „aufgelegen", so tritt aus Billigkeitsgrünoen eine entsprechende Minderung oer Beiträge ein, wenn der Rheder die Dauer der Unthätigkeit seines Fahrzeugs der Genossen­ schaft rechtzeitig nachweist (Mot. S. 75, Kommist.-Ber. S. 25).

§ 81. Eine Kürzung des Beitrags erfolgt auch bei Fahrzeugen, welche im Laufe des Rechnungsjahres verloren oder verschollen (Artikel 866, 867 des Handelsgesetzbuchs) sind. Die Zeit, für welche diese Kürzung erfolgt, beginnt mit dem Tage des Verlustes, bei verschollenen Fahrzeugen mit dem Ablauf eines halben Monats von dem Tage ab, bis zu welchem die letzte Nachricht über das Fahrzeug reicht. Diese Kürzung des Beitrags ist von Amtswegen vorzu-

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nehmen, sobald die Thatsachen, durch welche die Kürzung bedingt wird, zur Kenntniß des Genossenschaftsvorstandes gelangen. Bereits bezahlte Beiträge sind nach Verhältniß des deren Kürzung begründenden Anspruchs zurückzuerstatten. Als verloren gilt im Sinne dieses Gesetzes ein Fahr­ zeug auch dann, wenn dasselbe untergegangen, als reparatur­ unfähig oder rcparaturunwürdig kondcmnirt und in dem letzteren Falle unverzüglich öffentlich verkauft wird, wenn es geraubt, aufgebracht oder angehaltcn und für gute Prise erklärt worden ist. Aehnlich wie im § 80 liegt die Sache, wenn das Fahrzeug ver­ loren geht oder verschollen ist; vergl. auch §§ 42, 56 S.-O. und Art. 444 H.-G.-B.

§ 82. Auf Grund der vorstehenden Vertheilungsgrundsätze wird von dem Genossenschaftsvorstande der Bei­ trag berechnet, welcher auf jedes Mitglied der Genoffenschaft zur Deckung des Jahresbedarfs entfällt. Jedem Korrespondentrheder oder Bevollmächtigten (§ 17) und, soweit ein solcher nicht bestellt ist, jedem Mitglieds der Genoffenschaft ist ein Auszug aus der zu diesem Zweck aufzustellenden Heberolle mit der Aufforderung zuzustellen, den festgesetzten Beitrag bei Vermeidung der zwangsweisen Beitreibung binnen zwei Wochen einzuzahlen. Der Auszug muß diejenigen Angaben enthalten, welche den Zahlungs­ pflichtigen in den Stand setzen, die Nichtigkeit der ange­ stellten Beitragsberechnung zu prüfen. Der Beitrag muß, nachdem er sestgestellt und ausgeschrieben ist, eingezogen werden (§ 72—90 U.-V.-G.). Die Ausschreibung ist dem Bevollmächtigten oder Korrespondentrheder (§ 18), eventuell dem Ge­ nossenschafts-Mitglied selbst zuzustellen, die Genossenschaft hat also nicht die Wahl (Mot. S. 75).

§ 83. Die Korrespondentrheder oder Bevollmächtigten (§ 17) und, soweit solche nicht bestellt sind, die Mitglieder der Genossenschaft können gegen die Festsetzung der auf den betreffenden Betrieb entfallenen Beiträge binnen zwei Wochen nach Zustellung des Auszuges aus der Heberolle, unbe­ schadet der Verpflichtung zur vorläufigen Zahlung, Wider-

75 spruch bei dem Genossenschaftsvorstande erheben. Wird demselben entweder überhaupt nicht, oder nicht in dem beantragten Umfange Folge gegeben, so stellt ihnen innerhalb zweier Wochen nach der Zustellung der Entscheidung des Genossenschaftsvorstandes die Beschwerde an das ReichsVersicherungsamt zu. Mit derselben kann die nach § 37 erfolgte Veranlagung und Abschätzung nicht angefochten werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn dieselbe sich auf Rechenfehler, auf den irrthüinlichen Ansatz des abgeschätzten Bedarfs an Besatzung (§ 34), auf den irrthüinlichen An­ satz einer anderen Klaffe des Gefahrentarifs, als zu welcher der Betrieb veranlagt ist (§ 35), auf ungenügende Berück­ sichtigung der auf Grund des § 39 beschlossenen Nachlässe, auf unrichtige Feststellung der Beschäftigungsdauer und des Jahresarbeitsverdienstes der in anderen als Seeschiff­ fahrtsbetrieben beschäftigten Personen (§ 79 Absatz 4) oder auf ungenügende Abzüge wegen Unthätigkeit des Fahr­ zeuges (§§ 80, 81) gründet. Aus den letzteren beiden Gründen ist die Beschwerde jedoch nicht zulässig, wenn die Feststellung durch den Vor­ stand wegen Verspätung der Anzeige bewirkt worden war (§ 79 Absatz 3), oder wenn die Abzüge wegen nicht recht­ zeitiger Erbringung des bescheinigten Nachweises über die Unthätigkeit des Fahrzeuges unterblieben sind (§ 80). In gleicher Weise wie in § 82 ist die Beschwerde geregelt, welche wie nach § 73 Abs. 2, 3 U.-V.-G. im allgemeinen nur Irr­ thümer rügen, dagegen die materiellen Grundlagen der Berechnung, insbesondere Abschätzung und Veranlagung nicht anfechtcn darf (Mot. S. 76).

§ 84. Sofern nach § 40 Beitragserhöhungen auf­ erlegt worden sind, kann die Beschwerde (§ 83) auch darauf gegründet werden, daß die thatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung der betreffenden Bestimmungen nicht vorliegen. Aus diesen Gründen aber ist die Beschwerde nicht zu­ lässig, wenn die für die Berechnung der Beitragserhöhungen angeordneten Nachweise nicht rechtzeitig erbracht worden sind.

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Eine Ausnahme vom Grundsätze des § 83 findet bei Beitrags­ erhöhungen wegen besonderer Unfallgesahr (§ 40) statt. § 85. Tritt in Folge des Widerspruchs oder der Be­ schwerde eine Herabminderung des Beitrags ein, so ist der Ausfall bei dem Umlageverfahren des nächsten Rechnungs­ jahres zu decken. Etwaige Ueberzahlungen sind zu erstatten oder auf den Beitrag für das nächste Rechnungs­ jahr zu verrechnen. Diese Vorschriften finden auf den Fall, daß der Ver­ lust eines Fahrzeuges erst nachträglich festgestellt wird, ent­ sprechende Anwendung.

Sergi. § 73 Abs. 4 U.-B.-G. § 86. Für die Beiträge zur Genossenschaft, für die im Falle einer Betriebseinstellung etwa zu leistenden Kau­ tionsbeträge (§ 24 Ziffer 7) und für die Strafzuschläge im Falle der Ablehnung von Wahlen (§ 30 Absatz 3) haftet der Rheder nicht nur mit Schiff und Fracht, sondern auch persönlich. Mitrheder hasten nach dem Verhältnisse ihrer Antheile am Schiffe. Sämmtliche Forderungen der Genossenschaft gewähren die Rechte eines Schiffsgläubigers (Artikel 757 des Handels­ gesetzbuchs) mit dem Vorzugsrecht hinter den im Artikel 772 Ziffer 5 a. a. O. bezeichneten Forderungen. Dasselbe gilt stir Vorschüsse, welche ein Mitrheder für den anderen, oder der Korrespondentrheder oder Bevollmächtigte für einen Rheder ober Mitrheder behufs Befriedigung der Forde­ rungen der Genossenschaft gemacht hat. Rückständige Beiträge, Kautionsbeträge und Strafzu­ schläge (Absatz 1) werden in derselben Weise beigetrieben wie Gemeindeabgaben. Die Genossenschaft ist befugt, die Beitreibung der einer Rhederei oder einem Mitrheder zur Last fallenden Beträge dem Korrespondentrheder oder Be­ vollmächtigten zu übertragen. Uneinziehbare Beiträge fallen der Gesammtheit der Berufsgenosien zur Last. Sie sind vorschußweise aus den Betriebsfonds oder erforderlichenfalls aus dem Reservefonds

der Berufsgenossenschaft zu decken und bei dem Umlage­ verfahren des nächsten Rechnungsjahres zu berücksichtigen. § 86 entspricht dem § 68 S.-O. Der Bevollmächtigte oder Korrespondentrheder ist dagegen für die Forderungen der Genossen­ schaft nicht für haftbar erklärt