Refugees & Queers: Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken 9783839442111

Changes and Challenges at the interface of LSBTTIQ and migration by refugees.

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German Pages 178 Year 2019

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Table of contents :
Inhalt
Refugees & Queers
Forschungsethik und Forschungspraxis
Forschung mit geflüchteten Queers
(Un-)Sichtbar
Sexual Orientation and Gender Identity. Claims of Asylum in Germany
Politischer Diskurs und Asylverfahren
(Mis-)Representing LGBTI Refugees
Sprache, Macht und Diskursbestimmung in der Migrationsgesellschaft
Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Fluchtgründe
Selbstorganisation und Sensibilisierung für Haupt- und Ehrenamtliche
From Perspective to Reality
Ein Leben, das für alle lebbar ist?
Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter
queer und hier – Sensibilisierung von Sozialarbeitenden in Unterkünften
Autorinnen und Autoren
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Refugees & Queers: Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken
 9783839442111

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Carolin Küppers, Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hg.) Refugees & Queers

Queer Studies  | Band 17

Carolin Küppers (Dr. phil.), geb. 1978, ist wissenschaftliche Referentin im Referat Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Sie forscht zu medialen Diskursen über queere Fluchtmigration und zu Trans*-Sexarbeit in Südafrika. Ihre Bildungs- und Forschungsschwerpunkte sind feministische Wissenstheorie, Diskursforschung, Intersektionalität sowie Queer und Postcolonial Studies. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld versteht sich als Impulsgeberin für die Erforschung und Darstellung geschichtlicher Zusammenhänge und aktueller Entwicklungen hinsichtlich der Diskriminierung und des Alltags von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Personen (LSBTTIQ). Die Bundesstiftung initiiert Bildungsmaßnahmen und -veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt, die zu mehr Akzeptanz von LSBTTIQ-Lebensweisen in unserer Gesellschaft beitragen.

Carolin Küppers, Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Hg.)

Refugees & Queers Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2019 transcript Verlag, Bielefeld Alle Rechte vorbehalten. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Lektorat: Dr. Annika Hennl Englisches Lektorat: Mark Kanak Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-4211-7 PDF-ISBN 978-3-8394-4211-1 https://doi.org/10.14361/9783839442111 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: https://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

Refugees & Queers Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken. Einleitung

Carolin Küppers, Kristina Hens | 7

FORSCHUNGSETHIK UND FORSCHUNGSPRAXIS Forschung mit geflüchteten Queers Forschungsethische Überlegungen

Zülfukar Çetin | 21 (Un-)Sichtbar Intersektionalität als Prämisse in der partizipativen Praxisforschung mit geflüchteten LSBTTIQ-Klient*innen

Leonie Teigler | 43 Sexual Orientation and Gender Identity. Claims of Asylum in Germany Intersectional Legal, Social, and Methodological Challenges

Nina Held | 53

POLITISCHER DISKURS UND ASYLVERFAHREN (Mis-)Representing LGBTI Refugees Instrumentalisation Strategies in Media Coverage of Asylum Policy in Germany

Maryna Shevtsova | 83 Sprache, Macht und Diskursbestimmung in der Migrationsgesellschaft

Kadir Özdemir | 101 Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Fluchtgründe Rechtliche Situation

Marlen Vahle | 117

SELBSTORGANISATION UND SENSIBILISIERUNG FÜR HAUPT- UND EHRENAMTLICHE From Perspective to Reality

Ibrahim Mokdad | 129 Ein Leben, das für alle lebbar ist? Schutzsuchende LSBTTIQ zwischen Mainstreaming und Exzeptionalismus

Tuğba Tanyilmaz, Nadiye Ünsal, Koray Yılmaz-Günay | 137 Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter Praktische Erfahrungen aus dem Projekt borderless diversity – Grenzenlose Vielfalt

Carolin Wiegand | 153 queer und hier ‒ Sensibilisierung von Sozialarbeitenden in Unterkünften Projektgruppe der Hochschule Esslingen erarbeitet Bildungsmaterial

Gabriele Fischer, Nadine Ober und die Projektgruppe der Hochschule Esslingen | 163 Autorinnen und Autoren | 173

Refugees & Queers Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ, Fluchtmigration und Emanzipationspolitiken. Einleitung Carolin Küppers, Kristina Hens

Die im Spätsommer 2015 getroffene Entscheidung der Bundesregierung für eine »Politik der offenen Grenzen« führte zu einer heftigen politischen und gesellschaftlichen Debatte, die sich zwischen den Polen einer neuen ›Willkommenskultur‹ und dem »wir schaffen das« der Bundeskanzlerin Angela Merkel einerseits und paternalistischen Zuschreibungen, rassistischem Backlash und rechtspopulistischer Propaganda andererseits entfaltete. In diesem konfliktiven und widersprüchlichen Diskursfeld wird durch die bewusstere Wahrnehmung von Fluchtbewegungen nach Europa im Allgemeinen auch eine spezifische Gruppe stärker in das Blickfeld gerückt: lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, transsexuelle, intergeschlechtliche und queere Menschen mit Fluchterfahrung – kurz LSBTTIQGeflüchtete. Einer Schätzung des Flüchtlingsrates NRW zufolge sind mindestens 5 Prozent der derzeit einreisenden Geflüchteten Menschen marginalisierter sexueller Orientierungen oder geschlechtlicher Identitäten (vgl. Flüchtlingsrat NRW 2017: 3). Geschlechtsspezifische Verfolgung ist in Deutschland seit 2005 ein anerkannter Asylgrund; hierunter fallen Formen sexueller Gewalt und die Diskriminierung auf der Basis von Geschlecht (EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU). Seit 2013 wird, nach einem entsprechenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs, auch Homosexualität als Asylgrund anerkannt (vgl. EuGH vom 07.11.2013 – C-199/12, C-200/12, C-201/12). Dies ermöglicht schwulen oder lesbischen Menschen, in deren Herkunftsländern Homosexualität unter Strafe steht, in der EU Schutz zu suchen. Zudem sollte Asyl gemäß diesem Urteil auch denjenigen zugesprochen werden, die aufgrund einer mangelnden gesellschaftlichen Anerkennung ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität der Gefahr

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schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind – auch wenn Homosexualität in ihren Herkunftsländern nicht explizit unter Strafe steht. In dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird ferner festgestellt, dass eine Verheimlichung der sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität eine unzulässige Schutzmaßnahme sei (vgl. ebd.). Dieser Argumentation folgt seit 2012 auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (vgl. BAMF 2012). Die Umsetzung ist jedoch nicht einheitlich: Hilfsorganisationen berichten durchaus von Fällen, in denen Asylanträge mit der Begründung abgelehnt wurden, die betreffenden Personen könnten ihre sexuelle Orientierung auch verheimlichen (vgl. Queer.de 2017a; Queer.de 2017d; Queer.de 2019). Zum Teil wurden diese Entscheidungen jedoch seitens des BAMF wieder revidiert (vgl. Queer.de 2017 b). Ungeachtet der durchaus beträchtlichen Anzahl LSBTTIQ-Geflüchteter und der Existenz rechtlicher Regelungen zum Umgang mit ihrem Schutzbedarf, tauchen LSBTTIQ-Geflüchtete in den hegemonialen medialen und politischen Debatten zum Thema Flucht, Migration und Asyl in Deutschland kaum auf. Geflüchtete werden hier meist als allein reisende, heterosexuelle Männer oder als Familien imaginiert, allein reisende Frauen in der Regel als nachziehende Ehefrauen. In dieser Vorstellung haben Personen, die sich nicht als heterosexuell respektive nicht als cis-geschlechtlich identifizieren, wenig Raum. Auch in der Unterstützungsarbeit – sowohl ehrenamtlich wie professionell – dominiert der heteronorme Blick, also die unhinterfragte Annahme, alle Geflüchteten seien heterosexuell. Dies wiederum prägt auch Unterstützungsstrukturen, die häufig aus einer heteronormativen Perspektive konzipiert sind. So gibt es bislang etwa nur in Berlin, Köln und Nürnberg eigene Unterkünfte für LSBTTIQ-Geflüchtete.1 Die Erkenntnis, dass Angebote für Geflüchtete auch LSBTTIQ inkludieren sollten, entsteht nur langsam. Das imaginierte hetero- und cis*-normative Bild von Fluchtmigration hat somit einen deutlichen Einfluss auf die Leben von queeren Geflüchteten. Dabei zeigt sich auch eine Verschränkung von Heterosexismus und Rassismus, auf die u.a. Gabriele Dietze (2016) aufmerksam gemacht hat und auf die in einigen Artikeln in diesem Band noch ausführlicher eingegangen wird. Nicht zuletzt aufgrund dieser Verschränkung sind LSBTTIQ-Geflüchtete in der BRD – auch wenn ihnen hier rechtlich gesehen keine Verfolgung droht – mit

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Eine gesonderte Unterkunft für LSBTTIQ-Geflüchtete ist oftmals auch eine Sammelunterbringung. Um eine menschenwürdige Unterbringung für alle geflüchteten Personen sicherzustellen, wäre jedoch eine dezentrale Unterbringung für alle wünschenswert.

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spezifischen Formen von Diskriminierung konfrontiert. Dies steht im Widerspruch zu der weithin verbreiteten Vorstellung, Geflüchtete seien in den Zielländern der Flucht sicher. Angekommen in Deutschland sind die Unsicherheiten, die mit Flucht oft einhergehen, jedoch meist noch nicht zu Ende. Vielmehr beziehen sie sich nunmehr auf Fragen rund um den Aufenthaltsstatus, auf die Sicherheit von Unterkünften und auf die Schwierigkeiten, Zugang zu einer Community in einem neuen Land zu finden. So werden für LSBTTIQ-Geflüchtete häufig bereits in den Erstaufnahmestellen und Sammelunterkünften Fragen von Sicherheit und Schutz relevant: durch rechtspopulistische und neonazistische Propaganda oder Übergriffe, durch Anfeindungen oder durch Übergriffe durch das Wachpersonal oder die Mitbewohner*innen2 vor Ort. Zudem gibt es Berichte über das diskriminierende Verhalten von Professionellen und Sprachmittler*innen im Asylprozess (vgl. Queer.de 2017c). Schließlich ist LSBTTIQGeflüchteten nur selten hinreichend bekannt, dass sie unter Verweis auf die Verfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Asyl beantragen können. Hier fehlen konkrete Unterstützungsangebote, die LSBTTIQ-Geflüchteten Kenntnisse über beziehungsweise Zugang zu LSBTTIQ-Einrichtungen in Deutschland ermöglichen (vgl. Küppers 2018). Die Erfahrung, mit den eigenen Erfahrungen und Unsicherheiten nicht alleine zu sein und sich gegenseitig unterstützen und voneinander lernen zu können, hilft sowohl praktisch als auch bzw. vor allem emotional. Bislang gibt es nur wenig Hintergrundwissen zu den konkreten Bedarfen von LSBTTIQ-Geflüchteten in den Bereichen Asylverfahren, Unterbringung und gesellschaftliche Teilhabe. Zwar beschäftigen sich zahlreiche Initiativen und (Selbst-)Organisationen mit dem Thema, aber umfassendere wissenschaftliche Erhebungen entstehen erst gerade. In der deutschen LSBTTIQ-Community entstanden mit der verstärkten Migrationsbewegung einerseits ein zunehmendes Bewusstsein für Flucht und Migration und das Bedürfnis, sich hier politisch und unterstützend einzubringen. Andererseits wurden auch Sorgen um emanzipatorische Errungenschaften artikuliert, die zum Teil in rassistische Zuschreibungen abzugleiten drohten. Angesichts dieser Dynamiken ist ein differenzierter und emanzipativer Diskurs notwendig, der jenseits von Verallgemeinerungen und Paternalismus potenzielle

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In diesem Band verwenden wir für vergeschlechtlichte Begriffe den Asterisk (*). Dieser dient als Platzhalter, um auch zwischengeschlechtliche Identitäten jenseits der binären männlichen oder weiblichen Zuordnung im Sprachbild sichtbar zu machen und zu verdeutlichen, dass alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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Herausforderungen, aber auch Chancen und Möglichkeiten an der Schnittstelle von emanzipatorischen Politiken zu LSBTTIQ und Flucht/Asyl/Migration in den Blick nimmt. Diesen Beitrag möchte der vorliegende Band – zumindest ein Stück weit – leisten. Er entstand im Kontext des Fachtages Refugees & Queers. Zur Verschränkung von Geflüchteten- und LSBTTIQ-Emanzipationspolitiken – Chancen, Herausforderungen, Forschungsstand, der 2016 in Dresden stattfand. Ziel des Fachtages war es, die Trennung von aktivistischer und universitärer Forschung zu überwinden und in einen gemeinsamen Dialog zu treten. Zum einen sollte der aktuelle Forschungsstand zu lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, transund intergeschlechtlichen Geflüchteten abgebildet werden. Dabei galt ein besonderes Augenmerk gegenwärtigen Forschungslücken bzw. bislang noch zu wenig beachteten Forschungsfragen. Zum anderen sollten Möglichkeiten und Grenzen ›guter‹ – im Sinne von partizipativer und erfahrungsorientierter – Forschung diskutiert werden. Es kamen Vertreter*innen aus sehr verschiedenen Kontexten zusammen: aus der Wissenschaft und Bildungsarbeit, aus der Politik und Rechtsberatung sowie Aktivist*innen, die seit langem in Migrant*innenselbstorganisationen, im Bereich Flucht/Migration/Asyl und antirassistischer Bildung oder der LSBTTIQ-Community engagiert sind. Auch in diesem Band kommen daher sehr unterschiedliche Stimmen zu Wort. Die Beiträge des Bandes bereiten in vielfältiger und differenzierter Weise den Boden für einen emanzipativen Diskurs über LSBTTIQ-Geflüchtete. Sie befassen sich mit Forschungsethik, partizipativen Erhebungsmethoden, medialen Repräsentationen, intersektionalen Erfahrungen sowie den konkreten Bedarfen von LSBTTIQ-Geflüchteten in Erstunterbringung und Asylverfahren. Der Band bietet somit auch einen Einblick in verschiedene Sensibilisierungskonzepte und Bildungsansätze zum Thema LSBTTIQ-Geflüchtete. Unser Dank geht an die Bundeszentrale für politische Bildung, die das Projekt Refugees & Queers – Politische Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ und Flucht/Migration/Asyl drei Jahre lang gefördert hat. Auch ohne den konstruktiven Austausch mit dem Projekt-Team, Fadi Saleh, Katrin Ebell und Felicitas Grabow wäre dieser Band nicht in seiner jetzigen Form entstanden. Ebenso bedanken wir uns beim Migrationsrat Berlin Brandenburg e.V., bei GLADT e.V., Gerede e.V. Dresden und den Rainbow Refugees Dresden für die Beratung in der Konzeptionsphase des Fachtages. Ganz besonderer Dank gilt Dr. Annika Hennl vom Fachlektorat Sozialwissenschaften für das professionelle, sorgfältige und umfassende Lektorat.

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ÜBERBLICK ÜBER DIE BEITRÄGE Den Einstieg in die Thematik bildet ein Block zu Forschungsethik und Forschungspraxis. Wie kann qualitative Forschung mit vulnerablen Gruppen durchgeführt werden, die aufgrund von Mehrfachzuschreibungen zum Ziel von mehrdimensionalen Diskriminierungen werden? Und wie können forschungsethische Prinzipien in dieser Forschung Anwendung finden? Diesen Fragen widmet sich der Beitrag von Zülfukar Çetin. Er argumentiert, dass für die Beantwortung dieser Fragen eine Insider*innen-Forschung bzw. Community-basierte Forschung hilfreich sein kann. An diese Konzepte anknüpfend stellt er fünf Grundsätze sozialwissenschaftlicher Forschungsethik dar – das Streben nach wissenschaftlicher Integrität und Objektivität, die freiwillige Teilnahme sowie das informierte Einverständnis der ›Erforschten‹, das Prinzip der Nicht-Schädigung und schließlich die Gewährleistung von Vertraulichkeit und Anonymität. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse und Prinzipien überträgt er auf die Forschung zu geflüchteten Queers. Seiner Argumentation zufolge bilden rassistische Diskurse und Narrative von Gewalttaten die strukturellen Rahmenbedingungen und prägen die gegenwärtigen Lebensrealitäten der zu erforschenden Community in Deutschland. Aus der Verschränkung dieses Kontextwissens mit den vorangegangenen forschungsethischen Überlegungen leitet Çetin abschließend konkrete Hinweise zur ethischen Verankerung von Forschungsprojekten mit queeren Geflüchteten ab. Er plädiert für eine vertrauensbasierte Zusammenarbeit zwischen Forscher*innen und Geflüchteten. Dabei sollten Forscher*innen – sowohl bei der Konzipierung als auch bei der Durchführung ihrer Forschungsprojekte – über umfangreiches theoretisches und gesellschaftspolitisches Wissen über ›ihren‹ Forschungsgegenstand verfügen und ihre jeweilige Positionierung reflektieren. Nur so können Çetin zufolge Stereotypisierungen vermieden, diskriminierende Fremdzuschreibungen korrigiert und die Darstellung von Selbst-Repräsentationen ermöglicht werden. Auch Leonie Teigler beschäftigt sich mit den Möglichkeiten einer Darstellung von LSBTTIQ-Geflüchteten in der Forschung, die ihren Forschungssubjekten gerecht wird. Sie berichtet aus der Perspektive der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) von den strukturell bedingten Unsichtbarkeiten queerer Geflüchteter. Zudem entwirft sie konkrete Ideen für ein partizipatives Forschungsprojekt um diese zu überwinden. Damit schließt sie an einige der forschungsethischen Überlegungen Çetins aus einer praxisnahen Perspektive an. Am Anfang ihres Beitrags steht die Erkenntnis, dass LSBTTIQ-Geflüchtete als Mehrfachdiskriminierte auf eine eigene Weise von den Wissens- und Versorgungssystemen psychosozialer Gesundheit ausgeschlossen sind. Dieser Aus-

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schluss wiegt nicht nur auf individueller Ebene schwer, sondern impliziert auch ein erhebliches Wissensdefizit bezüglich der spezifischen Bedarfe von LSBTTIQ-Geflüchteten einerseits und bezüglich der Charakteristika der derzeitigen Versorgungssituation andererseits. Hier zeigt sich die Intersektionalität in den Diskriminierungserfahrungen von LSBTTIQ-Geflüchteten. Teigler argumentiert, dass es daher einer im Konzept der Intersektionalität verankerten, partizipativen Forschungsstrategie bedarf, um Strategien zur Überwindung dieser strukturellen Missstände zu entwickeln. Sie schließt mit praxisnahen Empfehlungen und schlägt einen Fragenkatalog für Interviews und Fokusgruppen vor, mit dem Forscher*innen eine solche Strategie in solidarischer Kooperation mit spezialisierten LSBTTIQ-Beratungsstellen und psychosozialen Zentren umsetzen könnten. Nina Held stellt das intersektionale Forschungsprojekt SOGICA – Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum: A Human Rights Challenge vor. Im Zentrum des vergleichenden, interdisziplinären Projekts steht die Frage, inwiefern Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Asyl beantragen, in den Asylverfahren verschiedener europäischer Länder unterschiedliche Erfahrungen machen. Dabei zielt das Projekt auf die Identifikation von Rahmenbedingungen, die einen fairen Umgang mit allen Personen ermöglichen könnten, die in Europa aufgrund von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität Asyl beantragen. Auch hier dient also der partizipative und intersektionale Zugang zum Feld einer Verbesserung der Situation queerer Geflüchteter. Held selbst ist für den in der BRD angesiedelten Teil des Projekts verantwortlich und stellt in ihrem Beitrag zunächst die Forschungsskizze und dann Ergebnisse aus der ersten Projektphase vor. Dabei positioniert sich ihr Beitrag an der Schnittstelle von rechtlicher und sozialer Ebene und beleuchtet, wie sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität auch mit Kategorien wie u.a. Alter, soziale Klasse und Religionszugehörigkeit verflochten sind. Ferner arbeitet Held in ihrem Beitrag heraus, dass Entscheidungen in deutschen Asylverfahren oftmals auf stereotypen Vorstellungen ›des westlichen, schwulen Mannes‹ basieren. Dabei sind diese Stereotype, die auch auf die wenigsten LSBTTIQs mit deutschem Pass zutreffen, der Referenzpunkt, anhand dessen die Zugehörigkeit der Antragstellenden zur Gruppe der LSBTTIQPersonen bewiesen werden soll. Der zweite Block des Bandes greift diese Überlegungen zur Konstruktion von Zugehörigkeit vertiefend auf und befasst sich mit Diskursen über LSBTTIQGeflüchtete und dem strukturellen Rahmen der Asylverfahren. Maryna Shevtsova untersucht in ihrem Artikel »(Mis-)Representing LGBTI Refugees. Instrumentalisation Strategies in Media Coverage of Asylum Policy in Germany« die Wichtigkeit medialer Repräsentation(en) für marginalisierte Personen-

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gruppen. Sie stellt Überlegungen dazu an, inwiefern die Berichterstattung Einfluss darauf nehmen kann, wie geflüchtete Personen und Asylantragstellende von der deutschen Mehrheitsgesellschaft wahrgenommen werden. Im Rahmen ihrer Kritischen Diskursanalyse von Artikeln aus deutschen Tageszeitungen stellt Shevtsova fest, dass LSBTTIQ-Geflüchtete in den betrachteten Medien nur selektiv verhandelt werden. Mithilfe des Konzepts des Homonationalismus arbeitet sie zwei medial konstruierte Bilder von geflüchteten Personen heraus. Zunächst steht das Bild des muslimischen, heterosexuellen, männlichen Geflüchteten im Vordergrund. Diesem wird zugeschrieben, dass er vermeintlich veraltete Werte mit nach Deutschland bringe und dass von ihm potenziell Gefahr ausgehe. Hier zeigt sich die eingangs erwähnte Verschränkung von Rassismus und Heterosexismus. Dieses Bild steht im Gegensatz zur Darstellung von LSBTTIQGeflüchteten als besonders schutzbedürftiger Gruppe, die durch andere, heterosexuelle Geflüchtete bedroht werden. Shevtsova argumentiert, dass diese Art der Berichterstattung die negative Wahrnehmung von nicht-queeren, muslimischen Geflüchteten verstärkt und dadurch auch reale politische Konsequenzen hat: Sie beeinflusst, welchen Personen (mehr) Schutzbedürftigkeit zuerkannt wird und wer in das ›Wir‹ der deutschen Mehrheitsgesellschaft eingeschlossen werden kann. Kadir Özdemir veranschaulicht, wie und mit welcher Macht Sprache im Kontext der deutschen Migrationsgesellschaft Rassismen fortlaufend reproduziert und die Lebensrealitäten von Menschen mit Flucht- und/oder Migrationsgeschichte prägt. Seiner Argumentation zufolge sind drei Prozesse ineinander verwoben, die zu einer Reproduktion rassistischer Denkmuster führen: ein öffentlich sichtbarer Wertediskurs, der Geflüchteten und Menschen mit Migrationsgeschichte ›andere‹, homo- und trans*-feindliche Werte zuschreibt; ein struktureller Rassismus, der ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Positionen und Ressourcen verwehrt; und schließlich eine mediale Inszenierung von Geflüchteten und Migrant*innen, die die Vielfalt der deutschen Einwanderungsgesellschaft nicht repräsentativ abbildet und insbesondere muslimische Migrant*innen negativ darstellt. Die Wirkmächtigkeit dieser Prozesse zeigt sich auch darin, dass es – trotz einer gesteigerten Sichtbarkeit nichtweißer Menschen in Film und Fernsehen – an positiven Identifikationsfiguren und differenzierten Darstellungen von Fluchtmigration fehlt. Welche Bezeichnungen gewählt werden, drückt Özdemir zufolge gegenwärtige Machtverteilungen innerhalb der Gesellschaft aus. Die stereotype Darstellung von Menschen mit Flucht- und/oder Migrationsgeschichte trage nicht selten zu einer diskursiven Skandalisierung und Polarisierung bei. Zugleich führen die skizzierten Diskurse, strukturellen Benachteiligungen und rassistischen Standards in der Berichterstattung auf subjektiver Ebene zu einem fortwährenden Gefühl mangelnder Akzeptanz. Özdemir

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schließt seinen Beitrag mit einem Plädoyer für eine postmigrantische Perspektive, welche Identitäten nicht über Herkunft konstruiert, sondern als selbstverständlichen Teil einer pluralen Demokratie anerkennt. Wer ›dazu‹ gehört und wer nicht, spiegelt sich jedoch nicht nur in sprachlichen Bezeichnungspraxen sondern ist auch eine Frage von rechtlicher Anerkennung. Wie und auf welcher Basis Rechtsprechung über Teilhabe entscheidet, analysiert Marlen Vahle und rückt dabei die rechtliche Situation queerer Geflüchteter in den Fokus. Zunächst legt sie dar, dass und warum sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität innerhalb der deutschen und europäischen Gesetzgebung als Asylgründe anerkannt sind. Beide werden als Identität-prägende, unveränderliche Merkmale betrachtet. Ist eine Person in ihrem Herkunftsland aufgrund eines dieser Merkmale Verfolgung ausgesetzt, liegt offiziell ein anerkannter Asylgrund vor. Trotz dieser für LSBTTIQ-Geflüchtete positiven Rechtsprechung ist die Implementation des geltenden Rechts durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) allerdings defizitär. Dies zeigt Vahle anhand eines repräsentativen Falls aus der Beratungspraxis des Kölner Flüchtlingsrates e.V. auf, der verdeutlicht, wie es die Gesprächsführung in den Anhörungen LSBTTIQ-Geflüchteten erschwert, ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität glaubhaft zu machen. Abschließend entwickelt Vahle praxisnahe Empfehlungen für queere Geflüchtete zur Vorbereitung auf die Anhörung im Asylverfahren. Das Verhalten in bzw. zu Anhörungen im Asylverfahren ist daher ein zentraler Punkt für die Selbstorganisation von und für Menschen mit Flucht- und Migrationsgeschichte. Ebenso ist es Teil von Bildungsmodulen zur Sensibilisierung für Haupt- und Ehrenamtliche in der Unterstützungs- und Antidiskriminierungsarbeit an der Schnittstelle von LSBTTIQ und Flucht/Migration/Asyl. Dies ist das übergeordnete Thema des dritten Teils. Er beginnt mit einem persönlichen Erfahrungsbericht von Ibrahim Mokdad. Mokdad beschreibt, wie er als schwuler Geflüchteter in Deutschland mit der Hoffnung auf ein besseres, diskriminierungsfreies Leben ankam und sich – aufgrund der fehlenden Unterstützungsangebote für queere Geflüchtete in Köln und Umgebung – schnell in der Rolle des Aktivisten wiederfand, der andere LSBTTIQ-Geflüchtete im Umgang mit Ämtern und Behörden unterstützt. Gemeinsam mit dem Verein Rubicon und der dort bereits bestehenden Unterstützungsgruppe Baraka beginnt Mokdad, Fälle von queeren Geflüchteten und deren Diskriminierungserfahrungen in deutschen Behörden zu dokumentieren und über die Vorkommnisse öffentlich zu sprechen. Illustriert durch mehrere Beispiele aus seiner aktivistischen Arbeit zeigt Mokdad, dass die hohen Erwartungen, die viele LSBTTIQ-Geflüchteten an ein Leben in Deutschland stellen, sich nicht erfüllen und deren tatsächliche Erfahrungen nicht selten von Gewalt und Diskriminierung geprägt sind. Anfang 2016 rief Mokdad

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daher SOFRA ins Leben: einen monatlichen Treffpunkt für queere Geflüchtete in Nordrhein-Westfalen (NRW), der einen safer space für Diskussionen und Austausch von und für LSBTTIQ-Geflüchtete bieten soll. Damit, wie das Leben in der BRD »für alle lebbar« sein kann und welche Strukturen hierfür benötigt werden, beschäftigt sich auch der Beitrag von Tuğba Tanyılmaz, Nadiye Ünsal und Koray Yılmaz-Günay. Er beleuchtet die Schnittstelle zwischen Flucht und geschlechtlicher bzw. sexueller Vielfalt aus zwei verschiedenen Zugängen. Zum einen reflektiert er die Praxis des Migrationsrats Berlin e.V. im Umgang mit sexueller Vielfalt und geschlechtlicher Identität unter Rückgriff auf seine Organisationsgeschichte sowie aktuelle Projekte. Die Autor*innen halten zwei Voraussetzungen von besonderer Bedeutung für die nachhaltige Unterstützung queerer Geflüchteter: die bundesweite Vernetzung von Migrant*innenSelbstorganisationen, queeren Geflüchteten und LSBTTIQ-Organisationen und eine Professionalisierung von Unterstützungsangeboten, die für mehrdimensionale Diskriminierungserfahrungen sensibilisiert. Zum anderen bieten die Autor*innen eine im Konzept der Intersektionalität verankerte, selbstkritische Reflexion des Engagements für queere Geflüchtete. Sie argumentieren, dass ein spezifisches Interesse an queeren Geflüchteten oftmals ein Desinteresse am Schicksal von nicht-queeren Asylsuchenden, Geduldeten und Abgeschobenen mit sich bringt. Ein Exzeptionalismus, der einzelnen Gruppen von Geflüchteten ausnahmsweise bessere Lebensbedingungen gewährleistet, legitimiere so systematisch schlechtere Lebensbedingungen für andere. Diese Erkenntnis ist anschlussfähig an die medialen und politischen Diskurse, die im zweiten Teil dieses Bandes analysiert wurden. Um dieser Dynamik entgegenzuwirken, plädieren die Autor*innen abschließend für einen Aktivismus, der auf ein lebbares Leben aller zielt – einen Aktivismus, dem das Konzept der Intersektionalität zugrunde liegt und der so berücksichtigt, dass die fehlende Akzeptanz von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität auch für LSBTTIQ-Geflüchtete nur einen Aspekt ihrer Gesamtsituation in der BRD darstellt. Wie queeren Geflüchteten eine handlungsmächtige Position ermöglicht werden kann, steht im Zentrum des Beitrags von Carolin Wiegand. Sie befasst sich mit dem Ansatz des Empowerments und der Bedeutung diskriminierungsarmer Schutzräume. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen steht eine kritische Reflexion des Projekts borderless diversity – Grenzenlose Vielfalt, welches durch den Gerede – homo, bi und trans e.V. seit 2015 in Dresden angeboten wird. Zunächst beschreibt Wiegand die vielfältigen Herausforderungen, denen sich LSBTTIQ-Geflüchtete auch nach ihrer Fluchtmigration stellen müssen. Diese reichen von einer Retraumatisierung durch den Asylprozess über fehlenden eigenen Wohnraum bis hin zu Diskriminierungserfahrungen durch Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung. Vor

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dem Hintergrund dieser strukturellen Rahmenbedingungen ist es die Maxime von borderless diversity, einen Schutzraum für LSBTTIQ-Geflüchtete zu bieten und ihre Handlungsmacht durch empowernde Beratung zu stärken. An zwei zentralen Aspekten ihrer Arbeit – der Beratung von Geflüchteten vor der Anhörung durch das BAMF sowie der Einrichtung eines geschützten Treffpunkts – zeigt Wiegand die Chancen und Grenzen des Projekts auf. Hier zeigt sich angesichts der schwierigen strukturellen Rahmenbedingungen, dass ein hohes Maß an Sensibilisierung für die vielschichtigen Diskriminierungserfahrungen queerer Geflüchteter Voraussetzung für eine erfolgreiche Unterstützung ist. Allerdings setzen empowernde Ansätze ein Minimum an Selbstbewusstsein im Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität voraus. Empowernde Ansätze in der Sozialen Arbeit mit queeren Geflüchteten können daher eine psychotherapeutische Begleitung queerer Geflüchteter nur ergänzen und keinesfalls ersetzen. Schließlich können Wiegand zufolge idealtypische Konzepte wie das des Schutzraumes die Entwicklung konkreter Projektideen nur anleiten, in der Umsetzung bedarf es jedoch einer Ergänzung durch anwendungsorientiertere Konzepte wie das Aufbauen einer Awareness-Struktur. Hier stellen feste Ansprechpersonen bei aktivistischen Veranstaltungen, bei Treffen von Selbstorganisationen oder in beratenden Kontexten sicher, dass Regeln innerhalb von Schutzräumen eingehalten und von Diskriminierung Betroffene geschützt werden. Wie wichtig Awareness und die Sensibilisierung für mehrdimensionale Diskriminierung tatsächlich sind, zeigt auch das Projektstudium Homosexualität und Transidentität als Fluchtgrund an der Hochschule Esslingen. In diesem stellten acht Studierende über zwei Semester einen Film und eine Bildungsmappe her, um Sozialarbeiter*innen, Ehrenamtliche und Security-Mitarbeiter*innen für die Situation und die konkreten Bedarfe queerer Geflüchteter in Gemeinschaftsunterkünften zu sensibilisieren. Gabriele Fischer und Nadine Ober präsentieren in ihrem Artikel die Ziele und die zentralen Ergebnisse dieses Projekts. Dabei zeigt sich, dass die Bereitstellung von Bildungsmaterialen und -angeboten für Fachkräfte der Sozialen Arbeit und Ehrenamtliche nur ein Baustein ist, um die Bedürfnisse queerer Geflüchteter sichtbarer zu machen. Unverzichtbar sind darüber hinaus Möglichkeiten zur Selbstorganisation queerer Geflüchteter sowie die (Weiter-)Entwicklung solidarischer Netzwerke. Des Weiteren bietet der Beitrag eine kritische Reflexion des Bildungscharakters eines solchen Projektstudiums. So zeigen die Autorinnen anhand des Reflexionsberichts einer Teilnehmerin, wie sich deren Gespür für die Verschränkung von mangelnder Sichtbarkeit queerer Geflüchteter und ihrer persönlichen Verletzbarkeit im Laufe des Projekts veränderte. Erst durch den direkten Austausch mit queeren Geflüchteten und Unterstützungsorganisationen, der zugleich in einen fortlaufenden professionellen

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Austausch mit Kommiliton*innen und externen Fachkräften eingebettet war, erlebte die Teilnehmerin eine nachhaltige Sensibilisierung. Dies macht deutlich, dass ein anhaltender Dialog zwischen LSBTTIQ-Geflüchteten, Migrant*innenSelbstorganisationen, LSBTTIQ-Organisationen, Fachkräften, Unterstützungsorganisationen und universitärer Forschung notwendig ist, um eine Entwicklung hin zu mehr Awareness und Selbstreflexion zu ermöglichen. Wir hoffen, dass dieser Band hierzu einen Beitrag leisten kann.

LITERATUR BAMF (2012): Brief von Dr. Manfred Schmidt, Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, an Volker Beck, Mitglied des Deutschen Bundestags, vom 27.12.2012, Kriterien der Flüchtlingsanerkennung. Hier: Sexuelle Orientierung, siehe https://www.lsvd.de/fileadmin/pics/Dokumente/Recht/ BAMF-121227.pdf Dietze, Gabriele (2016): »Ethnosexismus. Sex-Mob-Narrative um die Kölner Sylvesternacht (sic!)«, in: movements. Journal for Critical Migration and Border Regime Studies 2, S. 177-185. Flüchtlingsrat NRW e.V. (2017): LSBTI*-Flüchtlinge in NRW. Ein Merkblatt für Kommunen, siehe https://www.frnrw.de/fileadmin/frnrw/media/ downloads/Projekt_LSBTI/LSBTI-Fluechtlinge_in_NRW_-_Ein_Merkblatt_ fuer_Kommunen.pdf Küppers, Carolin (2018): »Zwischen Mehrfachdiskriminierung und Aneignung – queere Geflüchtete in Deutschland«, in: Martin Cüppers/Norman Domeier (Hg.), Späte Aufarbeitung. LSBTIQ-Lebenswelten im deutschen Südwesten, Stuttgart: Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, S. 249262. Queer.de (2017a): Queer Refugees: BAMF lehnt queere Flüchtlinge aus Tunesien ab, siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=28011 vom 17.01. 2017. Queer.de (2017b): BAMF will schwulen Flüchtling aus Tunesien doch nicht ausweisen, siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=28181 vom 07.02.2017. Queer.de (2017c): Umfrage: Queere Flüchtlinge fühlen sich in Deutschland nicht sicher, siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=28915 vom 26. 05.2017. Queer.de (2017d): Asylanträge schwuler Iraker abgelehnt, siehe https:// www.queer.de/detail.php?article_id=29247 vom 11.07.2017.

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Queer.de (2019): Nicht schwul genug: BAMF lehnt schwulen Kameruner ab, siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=33046 vom 22.02.2019.

Forschungsethik und Forschungspraxis

Forschung mit geflüchteten Queers Forschungsethische Überlegungen Zülfukar Çetin

Spätestens seit Sommer 2015 gibt es beachtliche Migrations- und Fluchtbewegungen von Menschen aus muslimisch geprägten Ländern, die unter anderem in Deutschland Schutz und Sicherheit suchen (vgl. Mediendienst Integration 2015). Zugleich veränderten sich die Rahmenbedingungen, denen sich Geflüchtete in Deutschland gegenübersahen, nachhaltig: Rassistische und rechtsextreme Gewalttaten gegen Geflüchtete erreichten eine neue Dimension und vermeintlich neue politische und mediale Debatten für und gegen die Aufnahme der Schutzsuchenden entfalteten sich. Dabei wurden ›alte‹ migrationspolitische Themen bezüglich einer ›deutschen Leitkultur‹, der Integration der Angekommenen, der (Un-)Vereinbarkeit der ›unterschiedlichen‹ Kulturen etc. erneut aufgerollt. So entwarf die CDU beispielsweise Ende 2015 ein neues Integrationspflichtgesetz, demzufolge es notwendig sei, »dass Migranten den Grundwertekatalog akzeptieren und sich unter anderem verpflichten, die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie den Vorrang der deutschen Gesetze vor der Scharia anzuerkennen. Eine Diskriminierung von Frauen, Homosexuellen und Andersgläubigen dürfe nicht als Ausdruck religiöser Vielfalt akzeptiert werden. Außerdem sollten die Einwanderer zusichern, das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Bei Verstößen solle es die Möglichkeit geben, Sozialleistungen zu kürzen oder den Aufenthaltsstatus zu ändern.« (Birnbaum et al. 2015; siehe außerdem CDU 2015: 151 ff.)

Auch wenn dieser Gesetzesentwurf auf den ersten Blick einige wichtige menschenrechtliche Aspekte hervorhebt, blendet er die Existenz queerer Migrant*innen und Geflüchteter aus. Weder ihre Migrations- und Fluchtgeschichten noch ihre Probleme nach der (noch nicht) vollendeten ›Ankunft‹ in Deutschland finden eine ausreichende Erwähnung. Wahrscheinlich war gerade diese Politik

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der CDU und anderer Parteien ein Anlass für unterschiedliche Initiativen und zivilgesellschaftliche Organisationen mit oder ohne Migrationsbezug, die ›besondere‹ Situation von geflüchteten Queers aufzugreifen und politisch zu diskutieren. Im Zentrum dieser Diskussionen stand u.a. die Tatsache, dass die mehrdimensionale Diskriminierung der geflüchteten Queers nur ein Randthema ist und keine besondere Aufmerksamkeit findet. So wird in den Medien und der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, dass »queere Geflüchtete als ökonomisch Benachteiligte, als Angehörige von Gruppen, denen ethno-kulturelle Fremdheit unterstellt wird, und als Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* oder Inter* in mehrerlei Hinsicht gleichzeitig marginalisiert werden.« (Bayramoğlu/ Gammerl/Küppers 2017: 32)

Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass dieses Thema dank der Initiativen und Interventionen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Wissenschaftler*innen aus den Gender und Queer Studies zum Gegenstand von Forschung und Sozialer Arbeit werden wird. In diesem Zusammenhang widmet sich der vorliegende Beitrag der übergeordneten Frage: Welche forschungsethischen Prinzipien können und sollen die Forschung mit oder über geflüchteten Queers leiten? Im Zentrum steht dabei die Betrachtung partizipativer Forschungsprojekte und der sogenannten Insider*innen-Forschung. Die Eingrenzung des Erkenntnisinteresses auf diese spezifische Forschungsstrategie lässt sich über die besonderen Rahmenbedingungen des empirischen Felds begründen: Geflüchtete Queers beherrschen in der Regel aufgrund der Aktualität ihrer Flucht weder die deutsche Sprache noch sind sie mit der Heterogenität einer migrationsgeprägten Gesellschaft ausreichend vertraut. Ein Zugang der Insider*innenforscher*innen zum Feld, der die Forschung mit queeren Geflüchteten und ihren Einbezug in die einzelnen Schritte des Forschungsprozesses umfasst, erscheint daher geboten. Das Erkenntnisinteresse des Beitrags lässt sich demgemäß mithilfe von zwei Fragen konkretisieren: Wie können Insider*innen qualitative Forschung mit vulnerablen Gruppen durchführen, die aufgrund von Mehrfachzuschreibungen zum Ziel von mehrdimensionalen Diskriminierungen werden? Und wie können forschungsethische Prinzipien in dieser Forschung Anwendung finden? Um erste Antworten auf diese bislang noch wenig erforschten Fragen zu erlangen, spezifiziere ich zunächst die Konzepte der Insider*innen-Forschung (bzw. der Community-basierten Forschung) und der Forschungsethik. In einem zweiten Schritt fokussiere ich auf die Forschung mit geflüchteten Queers. Dabei analysiere ich zunächst, wie rassistische Diskurse und Gewalttaten als strukturel-

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le Rahmenbedingungen die gegenwärtigen Lebensrealitäten der zu erforschenden Community geflüchteter Queers in Deutschland prägen. Letztlich führe ich die forschungstheoretischen Überlegungen und das generierte Kontextwissen zusammen und gebe praktische Hinweise zur ethischen Verankerung von Forschungsprojekten mit queeren Geflüchteten. Mein Ziel ist es dabei, neue Möglichkeiten von Wissensproduktion in akademischen und außer-akademischen Kontexten zu skizzieren und Impulse für eine (ethisch) ›legitimierbare‹ Wissensproduktion zu geben.

INSIDER*INNEN-FORSCHUNG UND COMMUNITY-BASIERTE FORSCHUNG Insider*innen-Forschung bezeichnet Forschungstätigkeiten in einem sozialen Feld, in dem Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen ähnliche Erfahrungen haben und Wissen in Bezug auf soziale Welten und/oder Arenen teilen. Nach Elizabeth Beloe bedeutet dies, dass Insider*innen-Forscher*innen den untersuchten Gruppen selbst angehören, während Outsider*innen-Forscher*innen der Zielgruppe ihrer Forschung nicht angehören oder keine persönlichen Verbindungen zu ihr haben (vgl. Beloe 2014: 136). In diesem Sinne haben Insider*innen-Forscher*innen eine Doppelrolle im Forschungsprozess. Einerseits sind sie Mitglieder der untersuchten Gruppen, Organisationen, Arbeitsfelder, Institutionen oder Communities. Andererseits übernehmen sie die Aufgabe, diese Bereiche zu untersuchen und das gemeinsam produzierte (situierte) Wissen nach ›außen‹ zu vermitteln. Die Insider*innen-Forschung kann auch als eine Form der Communitybasierten Forschung bezeichnet werden. Barbara Israel und Kolleg*innen stellen fest, dass der Begriff »Community-basierte Forschung« synonym mit den Begriffen »Community-weite Forschung«, »Community-involvierte Forschung« und »Community-zentrierte Forschung« verwendet wird (vgl. Israel et. al 1998: 138). Die Besonderheit der Community-basierten Forschung ist die gleichberechtigte Partizipation aller Forschungsteilnehmer*innen am Forschungsprozess. Dieser Ansatz fordert die Interviewpartner*innen oder andere Akteur*innen im Forschungsfeld auf, sich aktiv in alle Phasen des Forschungsprozesses einzubringen. Der Ansatz der Community-basierten Forschung unterscheidet dabei zwischen Forschung mit einer Community und Forschung in einer Community. Bei der Forschung in einer Community werden die Mitglieder der Community nicht aktiv in den Forschungsprozess involviert. Bei der Forschung mit einer Community wird hingegen vorausgesetzt, dass alle Beteiligten sich aktiv in allen

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Forschungsphasen einbringen, weil die Community hier als soziale und kulturelle Einheit betrachtet wird (vgl. Beloe 2014, Israel 1998). Community-basierte Forschung mit einer Community kann nach Hella von Unger »durch die Form der Zusammenarbeit zu einem Anliegen der Communities werden. So ist es möglich, auch mit Communities und Gruppen zu forschen, die für konventionelle Formen der Forschung schwerer erreichbar sind, z.B. aufgrund negativer Erfahrungen und historisch gewachsenem Misstrauen« (von Unger 2012: 4).

Auch wenn die Forschung mit einer Community durch ihre innovativen und partizipativen Ansätze vielversprechend ist, ist sie in der Praxis mit einigen Schwierigkeiten verbunden (vgl. ebd.): Sie ist voraussetzungsvoll; ihre Umsetzung ist herausfordernd; sie ist zeitaufwändig, denn es muss ein Vertrauensverhältnis zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen hergestellt werden. Auch die Verständigung über die methodischen Kompetenzen der Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen bei der Datenerhebung und -auswertung benötigt Zeit. So müssen oftmals Trainings und ähnliche Maßnahmen durchgeführt werden. Schließlich lässt sich das im Forschungsdesign angelegte Ideal der absoluten Gleichberechtigung unter allen Forschungsbeteiligten schwer gewährleisten, denn die Forscher*innen sind zumeist institutionell überlegen und nicht immer von ihren (Forschungs-)Institutionen und/oder Auftraggeber*innen unabhängig. Angesichts der skizzierten Herausforderungen ist es geboten, Community-basierte Forschung mit vulnerablen Gruppen explizit in forschungsethischer Hinsicht zu verankern – und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Vorbereitungsphase und der Untersuchung selbst, als auch bezüglich der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse.

SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNGSETHIK Gerade in Forschungsfeldern, in denen mit vulnerablen Gruppen interagiert wird, treten oft forschungsethische Fragen auf. Diese sind nicht nur in der Vorbereitungsphase und während der Untersuchung selbst relevant, sondern auch nach deren Abschluss. Unter dem Stichwort Forschungsethik können in den Sozialwissenschaften »im Allgemeinen all jene ethischen Prinzipien und Regeln zusammengefasst werden, in denen mehr oder minder verbindlich und mehr oder minder konsensuell bestimmt wird, in welcher Weise die Beziehungen zwischen den Forschenden auf der einen Seite und den in

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sozialwissenschaftliche Untersuchungen einbezogenen Personen auf der anderen Seite zu gestalten sind« (Hopf 2004: 589-590).

Meines Erachtens betrachtet Forschungsethik also Verhältnisse im Forschungsprozess und fordert einen gleichberechtigten, transparenten, selbstbestimmten und geschützten Umgang zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen. In diesem Kontext stellt Forschungsethik auch Fragen nach dem Umgang mit Informationen und nach dem Schutz von Daten. Die forschungsethischen Prinzipien und Regeln sind jedoch weder für alle Sozialwissenschaftler*innen gleichermaßen verbindlich, noch gibt es einen allgemeinen Konsens bei ihrer Anwendung. Dies liegt u.a. an unterschiedlichen Erkenntnisinteressen, Zielen, Erwartungen und den vorgegebenen infrastrukturellen Rahmen der Forscher*innen und ihrer Auftraggeber*innen. Beispielsweise unterscheidet sich eine Studie, die vom Bundesministerium des Inneren in Auftrag gegeben und durch bestimmte Nichtregierungsorganisationen unter der Begleitung von universitär tätigen Wissenschaftler*innen durchgeführt wird, hinsichtlich ihrer Forschungsinteressen, -ziele und -methoden fundamental von einer Studie im Rahmen einer Dissertation. So tragen Auftragsstudien, die in Kooperation von Staat, Zivilgesellschaft und Wissenschaft durchgeführt werden, oft zur Lösung oder zur Feststellung bestimmter gesellschaftlicher Probleme bei (vgl. Çetin/Taş 2013, Çetin/Lendle 2014). Im Gegensatz dazu werden mit Dissertationen meistens ausschließlich wissenschaftliche Zielsetzungen verfolgt. Sie dienen in erster Linie zur Etablierung einer akademischen Karriere. Es ist in Deutschland schwierig, von einem standardisierten, für alle Forscher*innen und Forschungsinstitutionen verbindlichen Ethik-Kodex zu sprechen. Jedoch wurde in den 1990er Jahren von der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und dem Berufsverband Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) ein Ethik-Kodex für Deutschland erstellt und im Jahr 2017 aktualisiert. Damit wurden »für die Soziologie ethische Prinzipien und Regeln bestimmt [...]. Dieser Kodex wurde in Anlehnung an den ›Code of Ethics‹ der American Sociological Association (ASA 1999) entwickelt, weicht aber in einigen Punkten von diesem ab. So ist der US-amerikanische Kodex umfangreicher und stärker von juristischen Argumentationen und Formulierungen geprägt.« (von Unger 2014: 37)

Die in diesem Kodex durch die DGS und dem BDS verankerten, zentralen Grundsätze sind: »Streben nach wissenschaftlicher Integrität und Objektivität[,] Freiwillige Teilnahme[,] Informiertes Einverständnis[,] Prinzip der Nicht-

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Schädigung [und] Vertraulichkeit und Anonymität gewährleisten« (vgl. Hella von Unger/Petra Narimani 2012: 7). Damit trägt der Ethik-Kodex jenseits der unterschiedlichen Forschungsziele, Erkenntnisinteressen, Fragestellungen und Forschungsbereiche zur Sensibilisierung von Forscher*innen für ethische Problematiken ihrer Arbeit bei. Er soll ermutigen, das eigene berufliche Handeln kritisch zu prüfen (vgl. von Unger 2014: 37). Soziolog*innen, die sich mit Forschungsethik beschäftigen (vgl. von Unger/Narimani 2012), fordern universitär tätige Forscher*innen auf, dem wissenschaftlichen Nachwuchs und den Studierenden die Elemente berufsethischen Handelns zu vermitteln und sie zu einer entsprechenden Praxis anzuhalten. Bei Community-basierter Forschung können die oben genannten forschungsethischen Prinzipien jedoch nicht immer eingehalten werden, insbesondere wenn es sich um parteiliche, partizipative, intersubjektive und positionierte Forschung handelt. Ein Rekurs auf meine eigene Forschung verdeutlicht die entsprechenden Schwierigkeiten. In meinen bisherigen qualitativen Forschungsarbeiten1 führte ich zahlreiche Interviews mit Personen, die sich zwar gesellschaftlich sehr heterogen verorten, sich aber trotzdem jeweils an der Schnittstelle von mehrdimensionalen Diskriminierungen befinden. Da die von mir interviewten Personen zu marginalisier-, rassifizier-, moralisier-, stigmatisier-, sexualisier- und deshalb verletzbaren Gruppen gehören, entschied ich mich für einen partizipativen, intersektionalen Forschungsansatz. Dieser setzt seitens der Forschenden Parteilichkeit, Positionierung, Partizipation aller Beteiligten und Intersubjektivität voraus. Während der partizipative Ansatz nach Hella von Unger Vorteile hinsichtlich des Zugangs, der Datensammlung und -auswertung mit sich bringt (vgl. von Unger 2014), hat er m.E. auch Nachteile: der Charakter der Beziehung zwischen Forscher*in und Forschungsteilnehmer*in kann sich ändern und die notwendige Balance zwischen Distanz und Nähe nicht mehr gewährleistet sein; Forschende können zu Mitwisser*innen werden; heikle Aspekte der erzählten Geschichten können der Forschung unter Umständen nicht mehr zur Verfügung gestellt werden (vgl. Çetin 2014).

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Diese sind: Homophobie und Islamophobie. Intersektionale Diskriminierungen binationaler schwuler Paare in Berlin (Çetin 2012), Gespräche über Rassismus. Perspektiven und Widerstände (Çetin 2015), Die Dynamik der Queer Bewegung in der Türkei vor und während der konservativen AKP-Regierung (Çetin 2015) sowie mit HIV- und AIDS-Politik und Aktivismus in der Türkei (im Rahmen eines HERA-Projekts in dem Department Geschichte der Universität Basel).

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Angesichts dieser Herausforderungen ist es geboten, die Grundsätze der DGS umfassender zu spezifizieren und auch aus der Perspektive Communitybasierter Forschung zu reflektieren.

FORSCHUNGSETHIK COMMUNITY-BASIERTER FORSCHUNG Im Rahmen Community-basierter Forschung ist die Anwendung forschungsethischer Prinzipien zugleich geboten und besonders voraussetzungsvoll. Es lassen sich jedoch aus jedem der Grundsätze der DGS praxisnahe Empfehlungen für Community-basierte Forschung ableiten, die auch bei der Klärung schwieriger Fälle im Forschungsprozess Anwendung finden können. Freiwillige Teilnahme (Selbst- und Mitbestimmung): Gemäß ethischer Prinzipien ist die Teilnahme an einer Forschungsarbeit freiwillig und basiert auf Selbst- und Mitbestimmung der Forschungsteilnehmer*innen. Diese entscheiden, welchen Beitrag sie zum Forschungsprojekt leisten wollen bzw. ob sie überhaupt etwas beitragen möchten (vgl. von Unger/Narimani 2012). Nach diesem Prinzip haben die Forschungsteilnehmer*innen immer das Recht, ihre Teilnahme an der Forschung zu unterbrechen oder abzubrechen. Forscher*innen sollten die Forschungsteilnehmer*innen nicht zwingen oder nötigen, sich am Forschungsprojekt zu beteiligen. Informiertes Einverständnis: Ethischen Prinzipien zufolge werden die potenziellen Forschungsteilnehmer*innen im Vorfeld der Forschung über Ziele, Inhalte und Methoden des Projekts ausführlich informiert. Entsprechend wird mit ihnen geklärt, wofür sich die Forschenden und ihr Team interessieren, um was es in der geplanten Studie geht, ob und wie die Forschungsteilnehmer*innen von dieser Forschung profitieren und welche gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz die geplante Forschung hat. Ohne ein informiertes Einverständnis ist es nicht zu vertreten, Forschungsprojekte durchzuführen. In manchen Kontexten kann es daher zu einem Zielkonflikt zwischen der Realisierung gesellschaftlich relevanter Forschungsprojekte und der Einhaltung forschungsethischer Prinzipien kommen. Bei geflüchteten Menschen oder anderen, die die Sprache des Landes, in dem sie leben, (noch) nicht beherrschen, muss das informierte Einverständnis in ihrer Erstsprache eingeholt werden. Bei Menschen, die aus Altersgründen, gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht ansprechbar sind, sind die Schwierigkeiten noch größer – bei ihnen mag es ausgesprochen schwierig oder kaum möglich sein, sie über das Forschungsvorhaben zu informieren und ihre Einwilligung

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schriftlich oder mündlich einzuholen. Auch ist es fast unmöglich, Menschenmassen oder Menschengruppen an bestimmten Plätzen wie Klubs, Fitnessstudios, Bahnhöfen, Parks, Einkaufszentren – also im öffentlichen Raum – über Forschungsvorhaben zu informieren und deren Einwilligung einzuholen. An genannten Orten entstandene Video-, Audio- und Fotoaufnahmen sind daher aus forschungsethischer Perspektive problematisch. In ähnlicher Hinsicht sind Studien mit minderjährigen Kindern im Schulalter problematisch, da die Forschungsteilnehmer*innen wegen des Datenschutzgesetzes keine Einwilligungserklärung erteilen können. In einem solchen Fall müssen die Erziehungsberechtigten gefragt werden, ob sie damit einverstanden sind, dass ihre Kinder an der Studie mitwirken. Zusammengenommen kann manch ein Forschungsprojekt mit spezifischen Gruppen in bestimmten Kontexten nicht durchgeführt werden, selbst wenn das Projekt eine hohe gesellschaftliche Relevanz besitzt. Anonymisierung und Datenschutzerklärung: Anders als bei journalistischen oder von marktwirtschaftlichen Interessen geleiteten Expert*innen-Interviews sind Anonymisierung und der Schutz persönlicher Daten für die qualitative Sozialforschung eines der wichtigsten forschungsethischen Prinzipien. Hierüber herrscht eine gewisse Einigkeit in den Sozialwissenschaften. Das primäre Ziel der Anonymisierung persönlicher Daten ist der Schutz der Beteiligten vor Nachteilen und Schädigungen: »Personen, die in Untersuchungen als Beobachtete oder Befragte oder in anderer Weise, z.B. im Zusammenhang mit der Auswertung persönlicher Dokumente, einbezogen werden, dürfen durch die Forschung keinen Nachteilen oder Gefahren ausgesetzt werden. Die Betroffenen sind über alle Risiken aufzuklären, die das Maß dessen überschreiten, was im Alltag üblich ist. Die Anonymität der befragten oder untersuchten Personen ist zu wahren.« (DGS/BDS 2017: 2f.)

Trotz dieser im Ethik-Kodex formulierten (guten) Absichten können manche Personen und Personengruppen, etwa Vertreter*innen von Organisationen, Vereinen und Klubs sehr schlecht anonymisiert werden, weil sie durch frühere Forschungsprojekte, durch gesellschaftliche Debatten oder durch Medienberichte bereits bekannt sind. In einem solchen Fall ist es sinnvoll, die Effektivität der Anonymisierung dieser besonderen Personen oder Gruppen mehrmals zu prüfen, damit sie vor möglichen Schädigungen oder Gefahren geschützt werden. Oft ist dabei eine einfache Anonymisierung der Namen der Forschungsteilnehmer*innen nicht ausreichend. Dann ist es wünschenswert, in biografischen Interviews Ortsnamen, Namen von Institutionen, Berufsbereiche und alles andere,

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was mit den Interviewpartner*innen in Verbindung gebracht werden kann, ebenfalls zu anonymisieren. Vermeidung von Schädigungen: In der sozialwissenschaftlichen Forschung können durch Verwendung der Informationen, die bei der Datenerhebung generiert werden, Schädigungen entstehen. Es kann erhebliche Folgen für die Forschungsteilnehmer*innen und/oder Befragten haben, wenn ihre Daten in die Hände Dritter gelangen oder gar öffentlich bekannt werden. Die Forschungsteilnehmer*innen geraten so in Gefahr, ihre Privatsphäre einzubüßen. Auch eine teilnehmende Beobachtung in einer Gay-Bar mit Darkrooms, wo Männer Sex mit Männern haben, ist nur schwer mit forschungsethischen Prinzipien vereinbar. Jegliche Aufnahmen in diesem Raum können zur Verletzung der Intim- und Privatsphäre der betroffenen Personen führen. Auch Foto- oder Videoaufnahmen von geflüchteten Queers an solchen öffentlichen Orten könnten zur Gefährdung ihrer Sicherheit führen. Daher nehmen insbesondere die ethischen Grundsätze der Vertraulichkeit und Anonymität einen zentralen Stellenwert ein (vgl. von Unger 2014). Es ist jedoch nicht leicht, den Begriff des »Schadens« zu definieren, weil er subjektiv wahrgenommen und gedeutet werden kann. Auch wenn der Ethik-Kodex von einem grundsätzlichen Prinzip der Vermeidung von Schädigungen ausgeht und dieses für jedwede Art der Sozialforschung voraussetzt, macht Hella von Unger zu Recht auf die Diskrepanz zwischen dem Prinzip selbst und seiner Umsetzung aufmerksam: »Was, wenn die Veröffentlichung von Ergebnissen den Untersuchten zum Nachteil gereichen und Schaden verursachen könnte? Wer definiert, was Schaden bedeutet und welches Ausmaß an Schädigung den Untersuchten zuzumuten ist?« (Ebd.: 29) Streben nach wissenschaftlicher Integrität und Objektivität: Das Streben nach Integrität und Objektivität beinhaltet u.a. folgende Vorgabe: »Bei der Präsentation oder Publikation soziologischer Erkenntnisse werden die Resultate ohne verfälschende Auslassung von wichtigen Ergebnissen dargestellt. Einzelheiten der Theorien, Methoden und Forschungsdesigns, die für die Einschätzung der Forschungsergebnisse und der Grenzen ihrer Gültigkeit wichtig sind, werden nach bestem Wissen mitgeteilt.« (DGS/BDS 2017: 1)

Ethischen Prinzipien folgend ist es notwendig, »sämtliche Finanzierungsquellen der Forschungen zu benennen. Forscher*innen gewährleisten, dass ihre Befunde nicht durch spezifische Interessen der Auftraggeberinnen und Auftraggeber verzerrt sind.« (Ebd.: 2f.) Der Begriff der Objektivität ist jedoch in der qualitativen Sozialforschung umstritten. Weil sich sozialwissenschaftliche Studien mit unter-

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schiedlichen Gruppen, Communities, Regionen, sozialen Netzwerken und mit unterschiedlichen Machtverhältnissen beschäftigen, können einzelne Studien keine Objektivität beanspruchen. Zugleich sind sozialwissenschaftliche Studien immer aus der Perspektive des*der jeweiligen Sozialforscher*in entstanden und entsprechend durch diese begrenzt. Bewusst oder unbewusst: Jede*r Forscher*in bezieht im Forschungsprozess eine eigene Position und vertritt die eigene Perspektive bzw. die Perspektive des Forschungsteams. Diese Perspektive ist immer subjektiv. Auch wenn der Anspruch auf Objektivität seitens der Forschungsethik erhoben wird, ist er somit streng genommen nicht erfüllbar. Forscher*innen, die den Begriff der Objektivität problematisieren, sprechen vom »situierten Wissen« (vgl. Haraway 2001). In diesem Zusammenhang vertreten rassismuskritische, queer-feministische Sozialwissenschaftler*innen wie Encarnación Gutiérrez Rodríguez die Meinung, dass Wissen von seinen materiellen, gesellschaftlichen und politischen Bedingungen nicht zu trennen ist. Die Verknüpfung von Theorie (Wissen/Knowledge) und Praxis (Weisheit/Erfahrung/»wisdom«) entsteht demnach aus der Notwendigkeit, die Welt- und Gesellschaftsordnung besser zu verstehen (vgl. Rodríguez 2011: 87). Die Frage, wer Wissen produzieren darf/kann/soll, ist damit auch eine Frage der Forschungsethik und des sozialwissenschaftlichen Gewissens in Bezug auf die Urheber*innen des (re-)präsentierten Wissens. Im Namen der Objektivität und der Neutralität wird in der klassischen (vor allem quantitativen) Sozialforschung häufig der wissenspolitische Anspruch erhoben, dass Wissen mit einer persönlichen und/oder Community-bezogenen Distanz produziert werden sollte. Mit den Güterkriterien Objektivität und Neutralität wird versucht, die Distanz bzw. Außenperspektive der Forschenden zu gewährleisten (siehe von Unger 2014 und Beloe 2014). Insider*innen können somit von der Wissensproduktion ausgeschlossen werden. Die Insider*innen-Forscher*innen haben jedoch sowohl leichteren Zugang zum Forschungsfeld als auch geteilte gemeinsame Erfahrungen mit den Teilnehmenden. Beides erleichtert ihnen, Erkenntnisse und diverse Positionen aus den Communities nach außen zu vermitteln. Nicht zuletzt begünstigt die eigene Zugehörigkeit der Forschenden, dass diese Erfahrungen und Erkenntnisse im Forschungsprozess mit der für besonders verletzliche Gruppen erforderlichen Sensibilität behandelt und verarbeitet werden. Gerechtigkeit oder Gleichberechtigung: Gerechtigkeit im Forschungsprozess wird in dem aktualisierten Ethik-Kodex überwiegend in Bezug auf Verhältnisse innerhalb des Forschungsteams, der Forschungsinstitution oder unter den Forscher*innen betrachtet (vgl. DGS/BDS 2017: 4). Gerechtigkeit und Gleichberechtigung zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen werden jedoch in diesem Ethik-Kodex nicht explizit erwähnt. Auch existieren in

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Deutschland bis heute keine profunden sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit dieser Frage. Das Diskussionspapier von Hella von Unger und Petra Narimani Ethische Reflexivität im Forschungsprozess: Herausforderungen in der Partizipativen Forschung (2012) kann insofern als seltenes Beispiel für eine dieser Auseinandersetzungen genannt werden. In diesem Papier beschäftigen sich die Autorinnen mit den ethischen Herausforderungen, die sich in der partizipativen Forschung mit sozial benachteiligten Menschen stellen. Allerdings findet das Thema Gleichberechtigung hier unter dem Stichwort »Gerechtigkeit« (»justice«) Erwähnung, das nicht als Synonym für Gleichberechtigung betrachtet werden kann (vgl. von Unger/Narimani 2012: 6). An dieser Stelle greife ich daher auf eine Reflexion meiner eigenen Erfahrungen in der qualitativen Sozialforschung zurück, um das Prinzip der Gleichberechtigung zunächst in abstrakter Weise auf die Beziehung zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen zu übertragen. Gleichberechtigung in der Forschung heißt, dass Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen in einer gleichberechtigten Nehmen-Geben-Beziehung stehen. Eine hierarchiefreie Beziehung zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen ist in der Praxis jedoch nur schwer zu gewährleisten. Das Konzept des situierten Wissens ermutigt meiner Ansicht nach Forscher*innen, ihre eigene Rolle im Forschungsfeld und -prozess, ihre gesellschaftliche Verortung und ihre diesbezüglichen Privilegien zu reflektieren. Situierte bzw. positionierte Forscher*innen, die ihre Forschung von ›unten‹ betreiben bzw. betreiben wollen, identifizieren sich häufig mit ihrem Forschungsfeld. In diesem Fall hieße Gleichberechtigung, dass die Forschungsteilnehmer*innen das Recht haben, Fragen an die Forscher*innen zu stellen, und von der Forschung auch im gleichen Maße wie Forschende profitieren können sollten. Gleichberechtigung setzt das Recht der Forschungsteilnehmer*innen auf Mitbestimmung im Forschungsprozess voraus: sie sollten mitentscheiden können, was mit dem Forschungsmaterial gemacht wird, wem es am Ende gehört, welche Passagen, Auszüge und/oder Teile wie und in welcher Form interpretiert und veröffentlicht werden dürfen. Nach dem Gleichberechtigungsprinzip müssten Forscher*innen demnach akzeptieren, dass sowohl sie selbst als auch die Forschungsteilnehmer*innen gemeinsame Urheber*innen des gemeinsam hergestellten Forschungsmaterials sind. Das Prinzip der Gleichberechtigung aller Forschungsteilnehmenden und der Anspruch einer Kommunikation auf ›Augenhöhe‹ sind jedoch aufgrund der strukturellen Bedingungen, unter denen Forschung meist stattfindet, schwierig umzusetzen. Viele Forscher*innen arbeiten unter prekären Arbeitsbedingungen. Auch wenn es ein Anspruch von ethisch geleiteter Forschung ist, dass alle Betei-

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ligten gleich und/oder ähnlich vergütet werden sollten, lassen die bestehenden finanziellen Bedingungen dies oft nicht zu. Dadurch gibt es immer wieder eine Seite (Forschungsteilnehmer*innen), deren Ressourcen zum Forschungszweck ausgenutzt werden, und eine andere Seite (Forscher*innen), die von diesen Ressourcen profitiert. Es ist deshalb wünschenswert, dass Forschungsanträge und -projekte auch Aufwandsentschädigungen für die Forschungsteilnehmer*innen berücksichtigen. Auch wenn die Geldgeber*innen Interviews und/oder andere Formen der Datenerhebung nicht materiell fördern wollen oder nach bisherigen Maßstäben nicht können, wäre es überlegungswert, ob Forschungsgruppen, Forschungsleiter*innen und Forschungsinstitutionen Geldgeber*innen nicht dazu bringen können, ihre Förderpolitik unter Berücksichtigung der Forschungsethik neu zu regeln.

FORSCHEN ZU QUEEREN GEFLÜCHTETEN IN DEUTSCHLAND – EINE DARSTELLUNG DES KONTEXTS Um die ethischen Grundsätze der (Community-basierten) Forschung auf den konkreten Fall der Forschung zu queeren Geflüchteten anzuwenden, bedarf es einer guten Kenntnis der strukturellen Rahmenbedingungen des Untersuchungsfelds. Auch wenn Deutschland ein Land mit einer langen Geschichte der Migration ist, spielen die früheren Migrationen aus und nach Deutschland in der Geschichtsschreibung, in der Politik und in den Sozialwissenschaften keine besondere Rolle (vgl. Castro Varela/Mecheril 2011). Dies wird daran deutlich, dass im Diskurs über Migration vornehmlich von der Arbeitsmigration seit den 1950er Jahren die Rede ist. Zugleich spiegelt die im öffentlichen Diskurs sichtbare Perspektive auf Migration in Deutschland seit jeher einen negativen Blick auf das ›Andere‹, das ›Fremde‹ wider (vgl. auch den Beitrag von Kadir Özdemir in diesem Band). Spätestens seit der Arbeitsmigration diente beispielsweise die Figur des ›Gastarbeiters‹ zur Bezeichnung des ›Anderen‹, das nicht nach Deutschland gehören sollte. Als die ›Gastarbeiter*innen‹ blieben, wurden sie zu ›Ausländer*innen‹ gemacht. So konnte das Konstrukt des ›Anderen‹ aufrechterhalten bleiben. Das Konzept des ›Ausländers‹ und der ›Ausländerin‹ konnte in der Einwanderungsgesellschaft eine lange Karriere verfolgen. Es war und ist für die homogene Dominanzgesellschaft leicht übersetzbar mit ›Türk*innen‹, ›Araber*innen‹ oder ›Migrant*innen‹. Nach dem 11. September 2001 wurden ›Ausländer*innen‹ schließlich zu Muslim*innen gemacht, weil die Täter der Anschläge in den USA als muslimisch markiert wurden. ›Neue‹ rassistisch aufgeladene Diskurse über ›den Islam‹ und Muslim*innen folgten.

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Heute sind vor allem diejenigen von zunehmendem Rassismus betroffen, die als ›Flüchtlinge‹ gelabelt werden – unabhängig davon, ob sie queer sind oder nicht. Über diese exkludierenden Bezeichnungspraxen wird entschieden, wer wie identifiziert wird, wer dazugehört – und wer nicht. Geflüchtete in Deutschland leben zudem in einer Einwanderungsgesellschaft, deren Geschichte des Kolonialismus, Rassismus, Faschismus, Antisemitismus, des Patriarchats und der antihomosexuellen Verfolgung die Gegenwart bis heute prägt. In diesem Zuge werden auch heute die heterogenen Lebensrealitäten von (queeren) Geflüchteten durch die homogene (mehrheitsdeutsche) Dominanzgesellschaft als Konfliktpotenzial oder Bedrohung deklariert. Während die ›Anderen‹ als ›Andere‹ homogenisiert werden, wird die ›eigene‹ Homogenität (christlich, westlich) ausgeblendet. Isidora Randjelovic, eine feministische Vertreterin der Rom*njaCommunity in Berlin, brachte dies in einem Interview zutreffend zum Ausdruck: »Das Homogene sind die Leute, die über Rrom*nja reden.« (Randjelovic 2015: 39) Damit machte sie deutlich, dass die Konstruktion der Roma und Sinti als ›verworfene Subjekte‹ im mehrheitsdeutschen Kontext etabliert ist und die Realität der Vielfalt von Roma- und Sinti-Communities in den politischen und gesellschaftlichen Diskursen nicht nur in der Geschichte regelmäßig unsichtbar gemacht wurde, sondern es bis heute wird. Allen diesen Zuschreibungen und Ausschlusspraxen ist die Externalisierung von unerwünschtem Handeln und Denken gemein. Auf der einen Seite wird das ›Andere‹ für gefährlich, bedrohlich, homophob, sexistisch, antisemitisch, gewaltbereit, kriminell, triebhaft und rückständig erklärt. Auf der anderen Seite fungiert das ›Eigene‹ als eine homogene europäische Identitätseinheit, die es abzuschotten gilt. Die diesen Zuschreibungen inhärente Perspektive auf Migration ist eine eindimensionale, die eine kontinuierliche Reproduktion rassistischer Deutungsmuster ermöglicht. Noch heute herrscht in Deutschland und anderen Teilen Europas die Ansicht vor, dass Migration und Flucht als Massenbewegungen ausschließlich von Ost nach West, von Süd nach Nord zu verstehen seien. Dieses Verständnis hat vor allem mit der Geschichte des kolonialen Rassismus zu tun, der noch immer wirkmächtig ist und die Machtverhältnisse zwischen the West and the Rest (Hall 1992), Nord/Süd, »Okzident« und »Orient« (vgl. Attia 2009) bestimmt. In diesem Zusammenhang wird Migration in der Regel als eine Bewegung vom Schlechten zum Guten, vom vermeintlich ›Unterentwickelten‹ zum ›Entwickelten‹, von Armut zum Wohlstand, vom ›Primitiven‹ zum ›Modernen‹, vom Krieg zum Frieden verstanden. Während das ›Gute, Moderne, Wohlständige, Westliche‹ als Zielort von Migrant*innen und Geflüchteten konstruiert wird, werden die zurückgelassenen Orte zum Gegensatz des ›Westens‹ erklärt. Es werden ihnen kolonial geprägte negative Eigenschaften zugeschrieben. Dabei

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wird meist außer Acht gelassen, dass Migration und Flucht auch in die ›andere‹ Richtung existieren und existierten (vgl. Castro Varela/Mecheril: 2011) und dass Migrationen und Fluchten nicht nur für eine Region, eine Religion, ein Geschlecht, einen sozialen Status und/oder eine soziale Klasse virulent sind. Migration ist vielmehr von unterschiedlichen Motivationslagen und Bedingungsfaktoren geprägt und multidimensional. Ein kurzer Exkurs zu den Migrationsbewegungen Homosexueller zu Beginn des 20. Jahrhunderts verdeutlicht das Argument: So bestätigt der Pionier der Forschung zur Homosexualität in Deutschland, Magnus Hirschfeld, dass viele männliche Homosexuelle von Deutschland in das Osmanische Reich flüchten mussten, weil im Deutschen Reich die Homosexualität strafbar war: »(Er) beschreibt im Jahr 1914 Istanbul als Heimat einer europäischen Urningekolonie2. Dort existierten bereits damals historische Stätte(n) homosexueller Vergnügungen, in denen es auch ein berühmtes Männerbordell gab, welches ironisch ›Ottomanische Bank‹ genannt wurde. Zur Ottomanischen Bank gingen auch europäische Schwule, die sich mit den osmanischen männlichen Prostituierten trafen, ohne Angst vor Anzeigen, Verfolgung oder Gefängnisstrafen haben zu müssen. Da Anfang der 1900er Jahre homosexuelle Beziehungen in Deutschland und England strafbar waren, lebten geflüchtete Schwule aus diesen und anderen Ländern in Istanbul. Im Gegensatz zu den oben genannten Ländern war Istanbul eine Stadt ›sexueller‹ Freiheiten und ein Anziehungspunkt auch für viele osmanische Homo- und Transsexuelle. Die historischen Dokumente belegen zum Beispiel, dass die Prostitution junger Männer im osmanischen Reich legalisiert war, sie mussten für ihre (Sex-)Arbeit jedoch Steuern zahlen.« (Çetin 2015: 4)

Anfang der 1900er-Jahre entstanden in Europa und vor allem in Deutschland die ersten Homosexuellen-Bewegungen, die auf die Beseitigung der strafrechtlichen Verfolgung und auf die Abschaffung antihomosexueller Gesetze abzielten. Ein bekanntes Beispiel dafür war der §175 StGB, der in Deutschland bis ins Jahr 1994 in Kraft blieb und homosexuelle Beziehungen wie folgt unter Strafe stellte: »Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Tieren begangen wird, ist mit Gefängnis zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden« (zitiert nach Çetin 2015: 5). Der §175 macht die Flucht- und Migrationsmotiva-

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Der Begriff »Urninge« wurde zuerst durch Karl Heinrich Ulrichs geprägt. Ulrichs bezeichnete Männer, die Männer lieben und begehren als Urninge. Siehe Ulrichs, Karl H. 1994 [1864].

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tion der damals betroffenen Homosexuellen nachvollziehbar. Die Reiseberichte von Magnus Hirschfeld zeigen ferner – wenn sie auch koloniale Aspekte beinhalten – dass Flucht aufgrund sexueller Orientierung für Europa kein neues Thema ist (vgl. Hirschfeld 1914). Trotz der geschichtlichen und gegenwärtigen Vielfalt von Migrationsbewegungen, die auch heterogene Gründe, Motive und Motivationen umfasst, herrschen in Deutschland noch immer homogene gesellschaftspolitische Erklärungen für Migration vor. Diese eindimensionale Perspektive und der ihr zugehörige Diskurs reproduzieren kontinuierlich rassistische Migrationspolitiken und gesellschaftliche Einstellungen. Letztere kommen schließlich auch in Handlungen zum Ausdruck, die für (queere) Geflüchtete eine konkrete Bedrohung sind. Für das Jahr 2016 dokumentierten zum Beispiel die Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt einen enormen Anstieg von rassistisch und rechtsmotivierter Gewalt. Insbesondere in den neuen Bundesländern sowie in Berlin und Nordrhein-Westfalen kam es zu einer Zunahme (vgl. VBRG e.V. 2017). Den Beratungsstellen zufolge sind Geflüchtete aktuell die größte Gruppe, die von rechter und rassistischer Gewalt betroffen ist. So haben auch Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte (bewohnte und unbewohnte; zentrale und dezentrale) oder deren Umfeld in den ostdeutschen Bundesländern, Berlin und Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 deutlich zugenommen. Vor dem Hintergrund dieser Informationen über das Ausmaß rechter und rassistischer Gewalt kann man davon ausgehen, dass Geflüchtete im Allgemeinen und geflüchtete Queers im Speziellen sich kontinuierlich in einer sehr schwierigen Situation befinden: Sie fühlen sich nicht sicher, müssen weiter um ihre Existenz fürchten und sind aufgrund rassistischer Ausschlusspraktiken in Deutschland benachteiligt oder sogar bedroht. Da dass das Phänomen der Flucht seit 2015 neue Dimensionen angenommen hat, gibt es zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Aufsatzes erst wenige Studien über die aktuelle Situation von Geflüchteten in Deutschland (vgl. jedoch Bundesforum Männer 2017, Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration GmbH 2017, Stoewe 2017). Es ist allerdings zu erwarten, dass in der näheren Zukunft Studien zu geflüchteten Queers mit unterschiedlichen Fragestellungen und Forschungsinteressen von unterschiedlichen Institutionen, Nichtregierungsorganisationen oder freien Wissenschaftler*innen durchgeführt werden. Abschließend möchte ich daher auf Basis der forschungstheoretischen Überlegungen dieses Beitrags und unter Berücksichtigung des rassistischen Kontextes erste Empfehlungen formulieren, wie Forschungsprojekte mit (queeren) Geflüchteten aus meiner Perspektive konzipiert, durchgeführt und publiziert werden sollten.

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FORSCHUNGSETHIK IN STUDIEN MIT GEFLÜCHTETEN QUEERS Zu Beginn dieses Beitrags stand die Frage: Wie kann man mit vulnerablen Gruppen wie geflüchteten Queers, die aufgrund von Mehrfachzuschreibungen zum Ziel von mehrdimensionalen Diskriminierungen werden, qualitative Forschungsprojekte durchführen, die forschungsethischen Prinzipien entsprechen? Ein elementares Ziel der vorliegenden Auseinandersetzung ist damit, über neue partizipative Möglichkeiten der Wissensproduktion in der akademischen und außer-akademischen Welt nachzudenken und neue Impulse für eine (ethisch) ›legitimierbare‹ Produktion von Wissen zu geben. Abschließend möchte ich daher aus der vorwiegend theoretischen Reflexion fünf praxisnahe ethisch fundierte Empfehlungen für Forschungsprojekte mit geflüchteten Queers ableiten. Diese können Forscher*innen in ihren künftigen wissenschaftlichen und bildungspolitischen Arbeiten erweitern, vertiefen und optimieren. Erstens: Es ist wünschenswert, die in diesem Beitrag dargestellten forschungsethischen Prinzipien trotz ihrer Grenzen und Probleme während der Forschung in allen Projekten und in jeder Phase der Forschung zu berücksichtigen. Zweitens: Es ist wichtig, dass Forscher*innen sich sehr gut mit der Zielgruppe, die in ihrem jeweiligen Projekt ›erforscht‹ werden soll, auskennen und mit dem Forschungsfeld vertraut sind. Alle Forscher*innen in Projekten zu geflüchteten Queers benötigen somit ein fundiertes Wissen über die Geschichten, Theorien, Politiken und Praktiken von Migration und ebenso über Flucht, Rassismus, Weißsein, Queersein, Heteronormativität, Diskriminierung sowie Antidiskriminierungspolitik und -arbeit im Allgemeinen. Drittens: Das theoretische und gesellschaftspolitische Wissen über ›ihren‹ Forschungsgegenstand sollte die Forscher*innen sowohl bei der Konzipierung als auch bei Operationalisierung und Durchführung ihrer Forschung leiten. Zugleich unterstützt es die Durchführung ihrer Vorhaben: Je mehr Forscher*innen über die Lebenssituation und den Erfahrungskontext ihrer Forschungsteilnehmer*innen wissen, desto verlässlicher und vertrauenswürdiger wirken sie ihnen. Viertens: Forscher*innen sollten sich besonders um das Vertrauen der ›Beforschten‹ bemühen, denn gegenseitiges Vertrauen ist eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen im Forschungsprozess mit besonders verletzbaren Gruppen. Doch wie kann ein solches Vertrauen hergestellt werden? Eine Möglichkeit ist die Sprache. Forscher*innen sollten möglichst mehrere Ebenen der Sprache der Forschungsteilnehmer*innen kennen. Damit ist gemeint, dass sie nicht nur die gesprochene Erstsprache der Forschungsteilnehmer*innen sprechen sollten, sondern auch mit dem spezifischen, durch mehrdimensionale Diskriminierung

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geprägten Sprachgebrauch vertraut sein sollten. Geflüchtete im Allgemeinen und im Besonderen Queers mit Fluchterfahrungen gehören aufgrund ihres unsicheren sozialen, ökonomischen und (aufenthalts-)gesetzlichen Status zu sensiblen Gruppen, die oft verletzbarer als andere sind. Kommunikation auf Augenhöhe und eine diskriminierungsarme Sprache bilden in solchen Kontexten eine solide Vertrauensbasis, denn sie verringern die Verletzbarkeit im Forschungsprozess und fördern die Interaktion zwischen Forscher*innen und Forschungsteilnehmer*innen. Nach meiner Erfahrung wünschen sich Menschen häufig ›nur‹, wahrgenommen und verstanden zu werden, wenn sie sprechen. Das Gefühl, dass ihnen zugehört wird, ist dafür existenziell. Kennen Forscher*innen die Erstsprache ihrer Forschungsteilnehmer*innen nicht, können sie mit Dolmetscher*innen oder Sprachmittler*innen arbeiten, wobei auch diese geeignete Übersetzungskompetenzen ausweisen sollten. Dabei muss jedoch bedacht werden, dass jede Übersetzung eine subjektive Interpretation ist, die die Ergebnisse positiv oder negativ beeinflussen kann. Wenn die Dolmetscher*innen die verschiedenen Ebenen der Sprache der Forschungsteilnehmer*innen nicht beherrschen, wäre es sinnvoll, sie für eine diskriminierungsarme, sensible Sprache zu schulen. Zusammengenommen erachte ich es für optimal, wenn das Forscher*innen-Team aus Personen mit umfassenden Sprachkenntnissen besteht. Fünftens: Idealerweise sollte das Forscher*innen-Team aus Insider*innen bestehen, denn Insider-Wissen ist nicht nur bei der Datenerhebung, sondern auch bei der Auswertung und Verschriftlichung der Forschungsergebnisse sehr relevant. Insider*innen-Forscher*innen haben oft von Anfang an ein vertrautes Verhältnis mit den Personen in ihrem Forschungsfeld. Sie haben dadurch leichteren Zugang zum Wissen der Community. Wenn Insider*innen zudem thematisch, methodologisch und theoretisch ausgebildet sind, können sie sowohl aus der Forscher*innen- als auch der ›Beforschten‹-Perspektive sprechen. In diesem m.E. besten Falle hilft das gewählte Forschungsdesign • Stereotypisierungen zu vermeiden, • diskriminierende Fremdzuschreibungen zu korrigieren und Selbst-Repräsenta-

tionen zu ermöglichen, • als Stimme für geflüchtete Queers zu dienen, das heißt, das situierte Wissen

von geflüchteten Queers sichtbar zu machen, • die Wissensproduktion von Geflüchteten zu fördern und damit auch Machthie-

rarchien im Wissenschaftsbetrieb zu destabilisieren. In diesem Beitrag wurde der Versuch unternommen, Antworten auf die Frage zu finden, welche forschungsethischen Prinzipien die Forschung mit oder über ge-

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flüchtete Queers leiten können und sollen. Dabei hat sich herauskristallisiert, dass sich die forschungsethischen Prinzipien in den qualitativen Untersuchungen nicht immer bzw. nicht so leicht anwenden lassen können. In diesem Zusammenhang wurde auf die Notwendigkeit eingegangen, dass die forschungsethischen Prinzipien je nach Zielgruppe der Forschung überdacht werden können. Als wichtiger Aspekt zeigte sich, dass die Forschung mit und über besondere Gruppen, wie qeflüchtete Queers, aus einem Forschungsteam bestehen könnte, in dem sowohl Outsider*innen- als auch Insider*innen*Forscher*innen tätig sind. Dies ermöglicht zum einen einen barrierefreien Zugang zum Forschungsfeld und bestärkt das Vertrauen zwischen Forschenden und Erforschten. Zum anderen kann diese Konstellation des Forschungsfeldes die Datenerhebung- und auswertung aus einer multiplen Perspektive begünstigen. So können auch Diskriminierungen und/oder mögliche Verletzungen durch Fremdzuschreibungen vorgebeugt werden und die Forschungsteilnehmer*innen können auf Basis eines gewissen Vertrauens verlässlicher Informationen liefern bzw. diese generieren. Es wäre auch möglich, die forschungsethischen Überlegungen auf anderen Felder des gesellschaftlichen Lebens zu übertragen, das im besten Fall auf Augenhöhe, Gleichberechtigung, Vertrauen, Sensibilität und Inklusion bzw. Partizipation basiert.

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(Un-)Sichtbar Intersektionalität als Prämisse in der partizipativen Praxisforschung mit geflüchteten LSBTTIQ-Klient*innen Leonie Teigler

EINLEITUNG Therapie- und Beratungssituationen können Orte der Heilung und Solidarität sein, gleichzeitig bergen sie ein hohes Risiko für Enttäuschung, Entfremdung und Verletzung. Nicht verstanden zu werden, sich nicht erklären zu können, mit der eigenen Geschichte zu überfordern oder verbaler Gewalt ausgesetzt zu werden, sind Ängste, die viele Menschen vor Beginn oder auch während einer Therapie oder Beratung entwickeln. Oftmals sind Beratungs- und Therapieangebote der Regelversorgung tatsächlich nicht auf alle Zielgruppen vorbereitet, und die gehegten Befürchtungen werden bestätigt. Dies gilt in hohem Maß für lesbische, schwule, bisexuelle, transgender, transsexuelle, intersexuelle und queere Geflüchtete, die häufig andauernde, massive Gewalterfahrungen gemacht haben und von (Mehrfach-)Diskriminierung betroffen sind (vgl. Reading/Rubin 2011; Barreto et al. 2017). Für die psychische Gesundheit LSBTTIQ-Geflüchteter ist daher von besonderer Bedeutung, dass die Beratungs- und Therapieangebote psychosozialer Zentren sowie spezialisierter Beratungsstellen auf sie zugeschnitten sind. Wie aber lässt sich die derzeitige Versorgungslage charakterisieren – wie sensibel sind Mitarbeiter*innen für die jeweiligen spezifischen Bedarfe von LSBTTIQGeflüchteten? Kennen sie die spezifischen Lebensrealitäten und Bewältigungsstrategien dieser Klient*innengruppe? Welche Faktoren beeinflussen, ob LSBTTIQ-Geflüchtete den Zugang zu bestehenden Angeboten kennen und nutzen? Auf Basis der Erfahrungen der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V. (BAfF) argumentiert

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der vorliegende Beitrag zunächst, dass wir die Antworten auf diese Fragen gegenwärtig nicht kennen. LSBTTIQ-Geflüchtete sind demnach als Mehrfachdiskriminierte auf eine spezifische Weise ›unsichtbar‹ und von den entsprechenden Wissens- und Versorgungssystemen ausgeschlossen. Um den Weg für eine Veränderung dieser strukturellen Missstände zu ebnen, entwickelt der Beitrag eine im Konzept der Intersektionalität verankerte, partizipative Forschungsstrategie. Hierfür werden, nach einer Vorstellung der Arbeit der psychosozialen Zentren und ihres Dachverbands, die Konzepte der Intersektionalität sowie der partizipativen Gesundheitsforschung vorgestellt und auf die Praxisforschung mit LSBTTIQ-Geflüchteten übertragen.

DIE ARBEIT DER PSYCHOSOZIALEN ZENTREN UND DER BAFF E.V. Momentan sind 41 psychosoziale Zentren (PSZ) unter ihrem Dachverband BAfF e.V. vernetzt, 12 dieser Zentren befinden sich derzeit im Aufbau. Sie bieten psychosoziale Beratung, Psychotherapie oder auch asyl- bzw. sozialrechtliche Beratung für Geflüchtete an. Diese Angebote sind unabhängig vom Aufenthaltsstatus der Klient*innen zugänglich, jedoch in der Praxis zum Großteil denjenigen vorbehalten, die per Gesetz oder durch fehlende Angebote keine anderweitige Unterstützung aus der Regelversorgung erhalten. Die Finanzierung der psychosozialen Zentren basiert vorwiegend auf Projekt-, Stiftungs- und Spendengeldern. Nur ein sehr geringer Anteil der Therapiekosten wird durch die Sozialbehörden, die gesetzliche Krankenversicherung oder das Jugendamt finanziert. Somit gibt es weder eine nachhaltige Kernfinanzierung der Zentren noch eine verlässliche Möglichkeit der Abrechnung von Beratungs- und Therapiestunden. Für die Klient*innen bringt dies sehr lange Wartezeiten mit sich und führt teilweise auch zu Ablehnungen, da die Kapazitäten der PSZ im Vergleich zur Nachfrage viel zu gering sind.1 Einige der psychosozialen Zentren sind bereits über 40 Jahre alt, andere entstehen gerade erst. Auch in Bezug auf Trägerschaft, Größe und Breite der Angebote, sowie die Ausbildung, gesellschaftliche Positionierung und Hintergründe der Mitarbeiter*innen zeigen sich deutliche Unterschiede. Trotz der strukturellen

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Für detailliertere und aktuelle Informationen zur Versorgungssituation lohnt sich ein Blick in den jährlich erscheinenden Versorgungsbericht der BAfF, vgl. http:// www.baff-zentren.org/veroeffentlichungen-der-baff/versorgungsberichte-der-baff/

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Verschiedenheiten verpflichten sich alle Mitglieder, zur Qualitätssicherung nach den Leitlinien der BAfF zu arbeiten. Diese umfassen auf der einen Seite personelle und organisatorische Vorgaben wie Stellenanteile, die durch bestimmte Berufsgruppen besetzt werden müssen. Auf der anderen Seite fordern sie haltungsbezogene Kriterien wie die Verwendung eines kontextualisierten Traumabegriffs oder das Begreifen der eigenen Tätigkeit als Menschenrechtsarbeit. Im Jahr 2016 ist die BAfF 20 Jahre alt geworden. Seit ihrer Gründung gehört es zu ihren Aufgaben, die Interessen, Bedarfe und das Wissen aus den psychosozialen Zentren zu bündeln sowie Erhebungen und Analysen zu Versorgungsituation, Therapie und Beratung vorzunehmen. Die dabei gewonnenen Informationen werden in Form von Fortbildungen, Veranstaltungen, Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit geteilt und zur Diskussion gestellt. Ferner widmet sich die BAfF seither der Netzwerk- und Lobbyarbeit, um gemeinsam mit anderen Interessenvertreter*innen die Politik zu informieren und sensibilisieren, damit die Lebensbedingungen und die Gesundheitsversorgung von Geflüchteten in Deutschland verbessert werden. LSBTTIQ-Geflüchtete gehören zwar zur Zielgruppe der psychosozialen Zentren, das gegenwärtig vorhandene Wissen der BAfF über die tatsächliche Beratungspraxis der einzelnen PSZ, über ihre Erfahrungen im Umgang mit LSBTTIQ-Geflüchteten sowie über die spezifischen Bedarfe dieser Klient*innen ist allerdings lückenhaft. Es wurde im Vorfeld dieses Beitrags über persönliche Gespräche mit LSBTTIQ-Geflüchteten, mit Mitarbeiter*innen von spezialisierten Beratungsstellen und psychosozialen Zentren sowie mit Ehrenamtlichen von Rainbow Refugees e.V. erfasst und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es gibt deutschlandweit in verschiedenen Städten bereits Kooperationen und Netzwerke zwischen verschiedenen Beratungsstellen, PSZ, Praxen und ehrenamtlich organisierten Gruppen. Die Angebote und Strukturen scheinen allerdings sehr unterschiedlich weit entwickelt zu sein, sowohl hinsichtlich ihrer Kapazität als auch ihrer Qualität. Die Mitarbeiter*innen in den PSZ und in spezialisierten LSBTTIQ-Beratungsstellen berichten vielfach von gegenseitigem Fortbildungsinteresse, da die Sensibilisierung für die Belange dieser Gruppe unterschiedlich ausgeprägt ist. Dabei wäre gerade eine flächendeckende Sensibilisierung aller Beteiligten, die auf einem soliden Wissen über die spezifischen Bedarfe von LSBTTIQ-Geflüchteten fußt, eine notwendige Voraussetzung dafür, selbst effektiv beraten oder therapieren zu können oder zumindest eine sinnvolle Kooperation mit anderen Stellen zu gewährleisten. Wie aber lässt sich das dringend benötigte Wissen über spezifische Bedarfe und gegenwärtige Strukturen generieren angesichts der ›Unsichtbarkeiten‹ queerer Geflüchteter sowie der Tatsache, dass der Zugang zu Versorgung aufgrund

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multipler Diskriminierungserfahrungen erschwert ist? Im Folgenden wird argumentiert, dass es einer fest im Ansatz der Intersektionalität verankerten partizipativen Praxisforschung bedarf, um die Beratung und Psychotherapie für LSBTTIQ-Geflüchtete nachhaltig verbessern zu können. Hierfür werden zunächst das Konzept der Intersektionalität sowie im Anschluss die Grundsätze der partizipativen Gesundheitsforschung vorgestellt, um auf dieser Basis einen Vorschlag für Praxisforschung mit LSBTTIQ-Geflüchteten zu machen.

INTERSEKTIONALITÄT ALS PRÄMISSE Das Konzept der Intersektionalität wurde in den 1980er Jahren im akademischen Kontext2 entwickelt als verschiedene Wissenschaftler*innen of Color in ihren Arbeiten die fehlende Sensibilität für die Lebensrealitäten mehrdimensional Diskriminierter aufzeigten (vgl. Hooks 1984; Hurtado 1989). Die Juristin und Aktivistin Kimberlé Crenshaw prägte schließlich den Begriff der »intersectionality« (vgl. Crenshaw 1989, 1991). Grundsätzlich wird der Ansatz der Intersektionalität genutzt, um den Einfluss von rassistischer Markierung, geopolitischer Zugehörigkeit, Gender, sozialer Klasse, Behinderung und Sexualität auf die Lebensumstände verschiedener Menschen zu untersuchen (vgl. Crenshaw 1991). Dabei postuliert das Konzept, dass die genannten Kategorien in der Analyse nicht einzeln, sondern in ihrer Gleichzeitigkeit und Verwobenheit untersucht werden. Dem intersektionalen Ansatz folgend addieren sich die der jeweiligen Kategorie zuzuordnenden Erfahrungen bei einer mehrfachdiskriminierten Person nicht bloß, sondern interagieren und führen wiederum zu einer differenzierbaren Lebenserfahrung. Auch wenn jeder Mensch multiple Identitäten besitzt, beschreibt Intersektionalität ausdrücklich die Überschneidung von multiplen sozialen Identitäten, die von historisch gewachsener Ungleichheit geprägt sind und gesellschaftlich diskriminiert werden (vgl. Cole 2009; Bowleg 2012). Die Zugehörigkeit zu diesen (multiplen) diskriminierten sozialen Kategorien beeinflusst schließlich den Zugang zu politischer Teilhabe und Gerechtigkeit (vgl. Hancock 2007). Damit geht der Ansatz der Intersektionalität davon aus, dass sich ohne ein Verständnis dieser strukturellen Diskriminierungsdynamiken und ihres Einflusses auf das Individuum Ungleichheiten nicht verändern lassen (vgl. Bowleg 2012).

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Die Problematik isolierter politischer Kämpfe wurde bereits im späten 19. Jahrhundert deutlich (vgl. Franklin/Lury/Stacey 1991; Hancock 2007).

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Zusammengenommen sind aus intersektionaler Perspektive die tatsächlichen Lebensumstände und Identitäten von Menschen, die mehrfachdiskriminiert werden, also nicht nur de facto unsichtbar. Vielmehr erschwert der unzureichende Einblick in ihre Lebensrealitäten zudem auf struktureller Ebene die Analyse der verschiedenen Unterdrückungssysteme und ihrer Interaktion. In der psychologischen Forschung wurden die Erkenntnisse der Intersektionalitätsforschung jedoch bislang weitgehend ignoriert. So werden in einem Großteil der Studien weiße, heterosexuelle, »able-bodied« Cis-Personen aus der Mittelklasse untersucht und der Ausschluss von weniger privilegierten Individuen und Gruppen wird selten explizit thematisiert. In anderen Studien tauchen ›abweichende‹ Identitäten lediglich als Sub-Gruppen der vermeintlichen Mehrheitsgesellschaft auf. Gerade Personen, die mehreren diskriminierten sozialen Gruppen angehören, werden dadurch auch hier unsichtbar gemacht und in ihren ›Teil-Identitäten‹ als Abweichung von einer privilegierten Norm dargestellt (vgl. Sue 2004; Crenshaw 1989, 1991; Cole 2009). Dieser Ausschluss von marginalisierten, intersektionalen Identitäten lässt sich auch in der Forschung zu psychosozialer Gesundheit und Versorgung von Geflüchteten in Deutschland beobachten: In den wenigen Studien zu psychischen Belastungen und psychosozialen/psychotherapeutischen Angeboten werden LSBTTIQ-Geflüchtete bislang noch nicht einmal erwähnt. Dabei ist gerade diese Gruppe in besonderem Maße von mehrdimensionaler Diskriminierung betroffen, denn die Zuschreibungen als Geflüchtete und als LSBTTIQ schaffen strukturelle Lebensbedingungen, die sich sowohl von der Erfahrung als ›nur‹ Geflüchtete oder ›nur‹ LSBTTIQ unterscheiden: Zwei ohnehin marginalisierte Identitäten (und Fremdzuschreibungen), die im deutschen Gesundheitssystem keine gleichwertige Versorgung erhalten, sind nicht einfach nur ›doppelt‹ exkludiert, sondern auf eine eigene Weise von Wissens- und Versorgungssystemen ausgeschlossen. Um diesen strukturell induzierten Unsichtbarkeiten entgegenzuwirken, bedarf es eines Anstoßes durch partizipative Forschungsprojekte, die auf die Ermächtigung von LSBTTIQ-Geflüchteten zielen und so verankerte Machtasymmetrien im Bereich der psychotherapeutischen und psychosozialen Gesundheitsversorgung abschwächen.

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PARTIZIPATIVE GESUNDHEITSFORSCHUNG Psychotherapeutische und psychosoziale Gesundheitsversorgung von geflüchteten Klient*innen kann sich grundsätzlich an mehreren Zielen orientieren. Ein mögliches Ziel kann sein, dass alle Bevölkerungsgruppen die gleichen Chancen haben psychisch gesund zu bleiben. Zum anderen kann angestrebt werden, dass alle den gleichen Zugang zum Gesundheitssystem haben und eine ihren Bedürfnissen und Problemen entsprechende Versorgung erhalten. Es ist diskussionswürdig, ob diese Ziele auf der Versorgungsebene unter den bestehenden strukturellen Ungleichheiten sinnvoll sind und erreicht werden können. Nichtsdestotrotz soll an dieser Stelle dafür plädiert werden, dass psychotherapeutische und psychosoziale Gesundheitsforschung sich an diesen Zielen anlehnend den folgenden Fragen widmet: Wie kann struktureller Gewalt in bestehenden Versorgungssystemen entgegengewirkt werden? Welche Strategien es gibt, mit entstehender Belastung umzugehen? Diese Perspektive deckt sich mit der Argumentation des brasilianischen Pädagogen Paulo Freire, der unter anderem in seinem Werk Pedagogy of the Oppressed (Freire 1996) auf die Notwendigkeit von Machtumverteilung innerhalb der Wissenschaft hingewiesen hat. Er argumentiert, dass Wissenschaft – je nachdem mit welcher Motivation und aus welcher Perspektive sie betrieben wird – entweder zur Fortschreibung von bereits bestehenden Machtasymmetrien und Unterdrückungsmechanismen genutzt werden kann, oder zur Auflösung ebendieser. Die Auflösung bzw. Abschwächung bestehender Unterdrückungsmechanismen ist das Ziel der partizipativen Gesundheitsforschung. Sie behandelt gesellschaftlich diskriminierte Gruppen oder Personen nicht als Untersuchungsobjekte, sondern bezieht sie auf eine möglichst gleichberechtigte Art und Weise in alle Phasen des Forschungsprozesses ein. Des Weiteren postuliert sie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler*innen und relevanten gesellschaftlichen Akteur*innen (vgl. von Unger 2012). Die Participatory Action Research (Baum, MacDougall & Smith, 2006) fokussiert als eine Art der partizipativen Forschung stark auf Handlungsziele, und entfernt sich damit bewusst vom klassischen Wissenschaftsbetrieb. Das heißt strukturelle und individuelle Verbesserungen, zum Beispiel für den Bereich Gesundheit, sind das – teilweise ausgesprochene, teilweise implizite – Versprechen in der partizipativen Forschung. Die unabdingbare Teilhabe und Partizipation aller ermöglicht es aus Perspektive partizipativer Forschungsansätze, alle Facetten des untersuchten Gegenstands realistisch zu erfassen und vorhandene Potenziale zur Veränderung zu erkennen – und dies weitaus besser als im Rahmen der ›klassischen‹ quantitativen oder qualitativen Forschung, bei der entsprechende Erkenntnisse durch den oft-

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mals unkorrigierten ›Blick von außen‹ schwerer zu erreichen sind. Aus der Literatur zu partizipativer Gesundheitsforschung sind verschiedene Ansätze und Reflektionen bekannt, die die Machtasymmetrie zwischen »Forschenden« und »Beforschten« reflektieren (siehe z.B. Christopher, Watts, McCormick & Young, 2008). LSBTTIQ-Geflüchtete müssen sich aufgrund der vielfältigen erlebten Entmündigungen darauf verlassen können, dass nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden und gegen ihre Interessen gehandelt wird. Forschende müssen unter Umständen zunächst beweisen, dass sie sich respektvoll verhalten werden und ein Wissen über den jeweiligen Kontext mitbringen, welches ihnen respektvolles Verhalten überhaupt erst ermöglicht. Das Ungleichverhältnis von (gesellschaftlichem) Einfluss ist dieser Forschungssituation inherent, denn wenn es dieses nicht gäbe, würde es der Forschung in dieser Form nicht bedürfen. Zusammengenommen eignet sich die partizipative Gesundheitsforschung insbesondere in Kontexten, die durch strukturelle Machtasymmetrien gekennzeichnet sind – und damit zur Erforschung der marginalisierten, intersektional verschränkten Identitäten von LSBTTIQ-Geflüchteten. Abschließend soll daher erarbeitet werden, inwiefern die bestehende Forschung der BAfF zur psychosozialen Versorgungssituation von Geflüchteten unter Berücksichtigung intersektionaler Dynamiken und aus Perspektive eines partizipativen Ansatzes auch auf die Gruppe der LSBTTIQ-Geflüchteten übertragen werden kann.

AUSBLICK: INTERSEKTIONALE UND PARTIZIPATIVE PRAXISFORSCHUNG MIT LSBTTIQ- GEFLÜCHTETEN Im Folgenden wird eine mögliche Forschungspraxis vorgestellt und dargelegt, inwiefern hier die Prämissen der Intersektionalität und der partizipativen Forschung angewandt werden sollten. Es handelt sich dabei um die Weiterentwicklung der regelmäßigen Erhebung von quantitativen und qualitativen Daten zur psychosozialen Versorgungssituation von Geflüchteten durch die BAfF. Bislang werden in Interviews und Fokusgruppen mit Klient*innen und Mitarbeiter*innen der Zentren zum einen die Barrieren auf dem Weg zur psychosozialen Versorgung und zum anderen die Wirkfaktoren in der Psychotherapie bzw. in der psychosozialen Beratung von geflüchteten Klient*innen thematisiert. Die übergeordneten Forschungsfragen überschneiden sich an einigen Punkten:

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• Welche Barrieren finden geflüchtete Klient*innen auf ihrem Weg zu einer

psychosozialen Beratung oder Psychotherapie vor? • Wie gehen geflüchtete Klient*innen mit den vorgefundenen Barrieren und damit verbundenen Rückschlägen um? Welche Strategien haben sie entwickelt und welche Ressourcen können sie nutzen? • Was ist spezifisch, hilfreich und herausfordernd in der psychosozialen Beratung und Psychotherapie mit geflüchteten Klient*innen? • Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen den psychischen Belastungen der Geflüchteten und dem zusätzlichen Stress durch Lebensumstände und Barrieren? Welchen Einfluss hat dies auf die Beratung und Therapie? • Welche Probleme gibt es aus Sicht der Klient*innen und an welchen Stellen wünschen sich Fachkräfte, und unter Umständen Ehrenamtliche, Unterstützung und Weiterbildung? Für die Situation von LSBTTIQ-Geflüchteten sind dieselben Forschungsfragen interessant, sollten jedoch anders kontextualisiert werden. Zum einen gilt es, neben der Regelversorgung und den psychosozialen Zentren auch spezialisierte Beratungsstellen als Akteure der psychosozialen Beratung (und damit auch der partizipativen Forschung) zu berücksichtigen – etwa wenn es darum geht Barrieren oder Hilfen zu erfassen. Zum anderen bedarf es einer umfassenden Berücksichtigung der intersektionalen Verschränkung von Diskriminierungserfahrungen aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität einerseits und des Status als Geflüchtete andererseits: Forschung aus einer intersektionalen Perspektive sensibilisiert für die Tatsache, dass LSBTTIQ-Geflüchtete spezifische Formen von Diskriminierung vorfinden, die einen Einfluss auf Barrieren, Ressourcen und ihre mentale Gesundheit haben. Wenn zukünftige Forschungsunterfangen konsequenterweise intersektional ausgerichtet sein sollen, müssen die oben formulierten Fragen ergänzt werden: • Welche Wege gehen LSBTTIQ-Klient*innen auf der Suche nach psychosozia-

ler und psychotherapeutischer Versorgung? Mit welchen spezifischen Barrieren sind die einzelnen Versorgungswege von LSBTTIQ-Klient*innen versehen? Welche Strategien entwickeln LSBTTIQ-Geflüchtete auf der Suche nach Unterstützung? • Kommen LSBTTIQ-Klient*innen eher in den psychosozialen Zentren oder in spezialisierten LSBTTIQ-Beratungsstellen an? Welche Gründe gibt es dafür? Wie vermitteln oder kooperieren die einzelnen Stellen untereinander?

(Un-)Sichtbar. Intersektionalität als Prämisse

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• Welche Erfahrungen machen LSBTTIQ-Geflüchtete in den einzelnen Stellen?

Sind eine ausreichende Sensibilisierung und Qualifizierung zur Beratung und Behandlung vorhanden? An welchen Punkten kann voneinander gelernt werden? Eine durch diese Fragen geleitete Erhebung sollte idealerweise zunächst in solidarischer Kooperation zwischen spezialisierten LSBTTIQ-Beratungsstellen und psychosozialen Zentren stattfinden. LSBTTIQ-Klient*innen sollten in den Erhebungsprozess (d.h. die Auswahl der konkreten Fragen und die Auswertung) einbezogen werden. Durch den Einbezug von geflüchteten LSBTTIQ-Klient*innen in den Forschungsprozess können unter Umständen weitere Fremdzuschreibungen und -bestimmungen vermieden und das vorhandene Wissen sowie Forderungen der Klient*innen sichtbar gemacht werden. Durch die enge Kommunikation zwischen den Mitarbeiter*innen der PSZ für Geflüchtete und Folteropfer, jenen der spezialisierten Beratungsstellen für LSBTTIQ und weiterer Stellen kann das jeweilige Wissen geteilt und erweitert werden und es besteht die Chance, reale, effektive (Versorgungs-)Netzwerke zu knüpfen. Ein gemeinsames partizipatives Forschungsprojekt befördert diese dringend benötigten Prozesse und könnte langfristig dazu beitragen, ein differenzierteres Bild von der Versorgungslage für LSBTTIQ-Klient*innen zu bekommen. Im Idealfall könnte es helfen, die strukturelle Wissens- und Versorgungslücke zu schließen, die – von Einzelfällen abgesehen – in der Regel unsichtbar bleibt.

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Sexual Orientation and Gender Identity. Claims of Asylum in Germany Intersectional Legal, Social and Methodological Challenges Nina Held

INTRODUCTION 1 “flee, but make sure you wear pink” (Gartner, 2016, p. 12)

How do people who are seeking asylum on the basis of sexual orientation and gender identity (PSASOGI)2 in Europe prove their claim? What do they need to

1

This contribution has been produced within the context of the project ‘Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum: A European human rights challenge – SOGICA’. This project has received funding from the European Research Council (ERC) under the European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme (grant agreement No 677693). The author of this book chapter is one of the three postdoctoral researchers working on the project and is responsible for the German case study (the other researchers are Dr Moira Dustin, who is responsible for the UK case study and Dr Carmelo Danisi, who is responsible for the Italian case study). The project is led by Prof Nuno Ferreira. For more information on the project, please visit www.sogica.org.

2

The idea for the term PSASOGI came after a discussion with a Friend of the SOGICA project ‒ Aderonke Apata, who told us that in her opinion ‘people who are seeking asylum’ should be used rather than ‘asylum seekers’, ‘to bring the people out’. The

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do to get their claim accepted? Does someone claiming asylum on grounds of SOGI in Germany have a higher chance of their claim being accepted than someone making a claim on grounds of SOGI in the UK or Italy? What are not only the legal but also the social experiences of PSASOGI in these countries? How can these experiences be improved, and how can European asylum systems treat SOGI asylum claims more fairly? These are some of the questions the research project SOGICA – Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum: A Human Rights Challenge endeavours to answer. SOGICA is a four-year European project funded by the European Research Council (ERC). It is a comparative study that investigates how asylum claims based on SOGI are treated in the UK, Germany and Italy, and at European Union (EU) and Council of Europe (CoE) levels. The number of SOGI asylum claims and acceptance rates in Europe is unknown, as most EU member states do not record the grounds for claiming asylum. The European study Fleeing Homophobia (Jansen and Spijkerboer, 2011) indicated that there is no consistency as to how the EU Member States treat SOGI claims. Since Fleeing Homophobia was published, the Court of Justice of the European Union (CJEU) has made two important decisions on SOGI claims (see below). However, as I will discuss below with the example of Germany, the implementation of these decisions into domestic law is not clear-cut. The SOGICA project looks at how the social and legal experiences of PSASOGI’s ‘refugeeness’ are not only shaped by sexual orientation and gender identity, but also by the intersections with other social categories such as gender, ‘race’, religion and social class. By drawing on the first phase of the project and focusing on the German case study, this chapter explores what intersectional legal and social challenges PSASOGI face. The chapter therefore aims to contribute to the small, but growing, literature that links intersectionality and asylum (Firth and Mauthe, 2013), or uses the concept of intersectionality for the exploration of the lives of PSASOGI (Baillot et al. 2012; Berger 2009; Epstein and Carrillo 2014; Lewis 2014; Morgan 2006). But first, let me discuss SOGICA’s methodology and some of the ethical implications of studying the lives of PSASOGI.

term asylum seeker is often used in fixed ways/as a fixed identity, without acknowledging the agency and diversity of the people who are seeking asylum.

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SOGICA’S METHODOLOGY The SOGICA projected started in September 2016 and will continue until August 2020. In these four years, the project consists of different phases: 1. Delineating the project’s methodology and theoretical frameworks, in particular how human rights, feminist and queer studies and the concept of intersectionality can be used as particular lenses for the analysis of SOGI asylum claims; 2. Conducting fieldwork in Germany, Italy, the UK and EU and on Council of Europe (CoE) levels; 3. Analysing the data, writing up the results and producing detailed policy recommendations. This chapter was written during the first and beginning of the second phase of the project, i.e. during the process of writing, data had been collected but not yet analysed. Hence, in this Chapter I only draw on material collected during the first phase of the project. The main research questions that SOGICA seeks to address are: • How have European countries incorporated human rights violations related to

sexual orientation and gender identity into their asylum policies? • How do these violations constitute, and how are they seen to constitute, causes

of asylum requests? • How are sexual orientation and gender identity related asylum claims legally

adjudicated at domestic, EU and Council of Europe levels? • Does the legal adjudication of SOGI-related asylum claims influence claim-

ants’ identity and integration in the host society? If so, how? • How can the domestic, EU and Council of Europe legal frameworks adjudi-

cate sexual orientation and gender identity related asylum claims more fairly? SOGICA adapts an inter-disciplinary (socio-legal), comparative and intersectional approach to address these questions and explore the social and legal experiences of PSASOGI. The project’s interdisciplinary approach uses legal and sociological theoretical frameworks and methods. Employing a wide range of quantitative and qualitative methods, socio-legal approaches look at the social factors involved, the social impact of law and practice (McConville and Chui, 2007, p. 20). For our project, these approaches are especially useful for exploring the relationship between sexuality, gender (identity) and the law, and their intersections with other social relations of power. The comparative approach seeks to analyse how the EU harmonised framework is disposed of within distinct jurisdictional, procedural, cultural and political contexts. By focusing on

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Germany, Italy and the UK, we aim to explore good and bad practices, as well as some distinct trends that may guide asylum decision and policy-making. Whilst intersectionality is key for this research as a theoretical concept, it also guides our methodology. By applying intersectionality as methodology, we follow Matsuda’s approach to ‘ask the other question’ (Matsuda, 1991). That means that during the data collection and analysis when we explore accounts of sexuality, we ask “where is gender here?”; in accounts on gender we ask “where is ‘race’ here?”; and so on. This is vital for exploring the socio-legal experiences of SOGI claimants and guides how we develop the different methods we use for the data collection across the three case study countries.

METHODS In order to achieve an analysis that offers both breadth and an in-depth understanding, a mixed-methods approach is used. Data is collected using the following methods: • 140 semi-structured interviews with PCASOGI, policy-makers, decision-

• • • •

makers, members of the judiciary, legal representatives, and NGO activists, plus interviews with policy-makers at European level; 12 focus-groups with PCASOGI; 30 non-participant contextual observations of court hearings; Questionnaires (self-completion)/online-surveys for PCASOGI and a range of other stakeholders; Documentary analysis of international, European and domestic case-law, policy documents, NGO reports, case files, etc.

The interviews last between 60 and 90 minutes. SOGI asylum seekers and refugees are asked questions about their social and legal experiences regarding their asylum claims. Focus-groups offer an opportunity for sharing and comparing views in a way that individual interviews do not. Questions in the focus-groups concentrate on asylum-seekers’ opinions about the asylum process for SOGI claimants and support services available. The interviews with policy-makers, decision-makers, members of the judiciary, legal representatives and NGO activists explore these actors’ experiences with SOGI asylum claims and provide particular perspectives on good and bad experience of practice in the individual con-

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texts. The interview and focus group transcripts are analysed using a qualitative data analysis software (NVivo). It is important to recognise the interactive nature of data collection; for instance, an interview is always a joint production of accounts (Rapley, 2007). We follow the approach Rapley (2007, p. 26, original emphasis) calls “‘engaged, active or collaborative’ interviewing”. It is vital to respect participants’ privacy by not asking too personal questions. Furthermore, allowing dialogue, and being truthful about what the study can achieve and what the limitations are, is essential for building trusting relationships (Krause, 2017). As Krause (2017) suggests, a human rights approach to research is especially important when conducting research on refugees who have experienced human rights violations. Participants need to be able to speak about the issues that are important to them. Krause thus argues that “[c]rucially, when participants can speak out about issues that are relevant for them, they are not treated as ‘data sources’ but as persons.” (Krause, 2017, 20) This issue is also important from an intersectional perspective. For instance, even though our research focuses on sexuality, gender identity and ‘refugeeness’ as social categories of identity, we also ask participants questions addressing other categories such as ‘race’ and religion, and keep the interviews loosely structured as to allow participants to integrate references to intersections with other categories. We aim to include a range of perspectives in our project. Therefore, when recruiting participants, we look for a diverse sample in terms of sexual orientation, sex, gender identity, country of origin and other factors such as religion, age and social class. Important for that is also that we provide information about the project in different languages. In order to reach people widely, we provide translations of the project flyer, confidentiality and consent forms not only in English, German and Italic but also in Arabic, French, Turkish, Urdu and Farsi. In order to be able to base findings on a heterogeneous sample, it is important to not only rely on gatekeepers but to use other recruitment strategies too. Gatekeepers often fear that their clients are ‘too vulnerable’ and traumatised to participate in research projects and therefore they close the door to researchers (as the SOGICA team has also experienced). In addition, NGOs might only refer participants who they see as the ‘ideal’ sample (e.g. for the reputation of the organisation) (United Nations High Commissioner for Refugees, 2003, p. 14).3

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When gatekeepers are involved, it is important to make sure that potential research participants understand that the service provision they receive from that organisation

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Hence, for recruiting participants, we use a wide range of means such as publishing the call for participants in newsletters, mailing lists, relevant publications, and on social media.

ETHICAL IMPLICATIONS It might be said that fulfilling ethical standards is important for any project; however, due to the particular position PSA find themselves, considering ethical implications when conducting research with this group of participants is particularly important.4 PSA are in some sense ‘vulnerable’ because of their legal status but also because they are likely to have experienced some traumatic events. Depression, post-traumatic stress disorder (PTSD) and anxiety are common in the refugee population. Therefore, the retelling of traumatic events can have a considerable impact on research participants’ mental health. If it was their SOGI that caused PSASOGI harm, then talking about these aspects of themselves, and their experience in this regard, might be re-traumatising. However, as Stevenson and Willott (2006) point out, we might not always have the right understanding of what topics will be sensitive for a participant. There might be other intersecting parts of PSASOGI’s identities that are more difficult to talk about and foresee. It is important not to cause psychological harm by asking questions in an insensitive way; or probing too much about experiences that seem to cause distress to the interviewee (Krause, 2017).5 Participants need to be made aware of the fact that the interview could potentially be re-traumatising for them. It is crucial to take extra time to explain in writing and verbally the aims of the study and what participation involves. Researchers need to allow enough time for potential participants to ask questions, and think about and reflect whether they want to participate, and decide whether they feel emotionally and mentally prepared to share and discuss their experiences on the subject-matter.

is not affected by their decision to participate in the research or not (see Clark-Kazak, 2017, p. 12). 4

Approval from the University of Sussex’ Ethics Committee has been obtained in the project’s first year (certificate of approval for Ethical Review ER/NH285/1).

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This can also cause psychological harm to researchers. For instance, hearing stories of violence, rape, etc. can be difficult for researchers and cause distress (Krause, 2017, p. 4).

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Whilst there is a risk that interviews can re-traumatise participants, the potential therapeutic effect of telling their story in a safe environment has also been pointed out (Harrell-Bond and Voutira, 2007). Often refugees are keen to participate in research to make their voices heard, and help improving the lives of refugees, if not directly for themselves, then for future refugees, as it has also been expressed by some of our participants (see also Venturi, 2017).6 However, the issue of ‘vulnerability’ is complex. Whilst PSA might in some sense be vulnerable because of their legal status, not all refugees are vulnerable; some are immensely resourceful, and might not consider themselves vulnerable (Stevenson and Willott, 2006). Taking intersectionality seriously means that when assessing vulnerability, we ‘need to consider both the individual circumstances of each research participant, rather than see them as a homogenous group.’ (Stevenson and Willott, 2006, p. 383) By focussing on hardship and using victimising notions, people seeking asylum are often portrayed as having similar experiences, and being vulnerable (Krause, 2017). But the label of vulnerability can be patronising. Instead of homogenising PSASOGI as a ‘vulnerable group’, intersecting identities of each person need to be taken into account when assessing vulnerability. It is important to also highlight asylum seekers and refugees’ agency. For instance, many are themselves involved in establishing networks, support groups, and other forms of refugee activism.7 In that respect,

6

This was also my experience when I volunteered for the Lesbian Immigration Support Group (LISG) in Manchester (UK). LISG (http://lesbianimmigrationsupportgroup. blogspot.de/) is a voluntary-led support group for bisexual and lesbian asylum seekers and refugees. I volunteered for the group from 2009-2016. During this time, we had been approached by many researchers and some members took part in several research projects as they appreciated having their voices heard, and wanted to make a difference to asylum seekers’ lives and raise awareness of the situation of LGBTQI refugees.

7

For instance, in Germany between 2012 and 2014, a large number of refugees actively protested against their living conditions and engaged in spatial politics, showing acts of resistance in refugee camps and accommodations. These protests included organising demonstrations, raising awareness of the living conditions of asylum seekers, and occupying several places in Berlin, such as the Oranienplatz, the Gerhard-HauptmannSchule, a roof of a hostel, a church, the TV tower at Alexanderplatz, and the floor of the German Trade Unions in Berlin (to gain support from trade unions). These protests gained national and international media attention, providing a visible platform for their demands (Bhimji, 2016).

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whilst it might be crucial to anonymise data to avoid risks, it is also important to grant participants the autonomy to decide for themselves whether they want their accounts to be anonymised or not (Clark-Kazak, 2017; Krause, 2017). In any case, research participants need to be given the right to withdraw their informed consent at any stage of the research. It has been highlighted that the uniqueness of the refugee experience brings high levels of distrust with it – because of mistreatment in countries of origin, but also mistreatment during the asylum process (United Nations High Commissioner for Refugees, 2003). PSASOGI in particular will have had experiences of not being able to trust people and ‘be out’ with regard to their SOGI. This will be exaggerated by the power differentials between researchers and researched and the fact that researchers often treat research participants as solely ‘data source’ and not as active subjects with rights, dignity and agency (Krause, 2017).8 The asylum system disempowers PSASOGI, and often PSASOGI have internalised disempowering messages. Traditional approaches to research can make PSA and refugees feel exploited (Cochrane, 2015). The three SOGICA researchers who conduct interviews with PSASOGI are cis-gendered (one male, two female) white academics with considerable social, economic and cultural capital. Hence, power inequalities between ourselves and the participants of the study are likely to exist on grounds of refugeeness, gender, race, socio-economic situation and political rights status. In the interactive process of data collection power differentials (real or assumed) need to be addressed, whilst acknowledging that power is relative and exists in relationships, i.e., it can shift and change. Hence, it is important to not only consider the intersecting identities of participants, but also those of the researchers. In our project, we aim to do research with refugees instead of for or on refugees (United Nations High Commissioner for Refugees, 2003, p. 14, original emphasis) and to work collaboratively as much as possible.9 Crucial here is that

8

In my work at LISG, for instance, it happened all too often that after access to participants had been gained, trust won, and women been interviewed, researchers did not ever contact us again. Such conduct contributes to PSASOGI’s frustration and mistrust of researchers, but it also takes the opportunity away from them to use research findings for their own causes (Krause, 2017, Mackenzie, 2007).

9

Some of the ways we try to do that: we have established a 5-member Advisory Board consisting of stakeholders, including two refugee women. In the spirit of knowledge exchange, we are keen to collaborate with research participants and stakeholders throughout the project, and we are trying to make this a genuinely two-way process so

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we keep in contact with all participants throughout the project and offer emotional and practical support, wherever we can. We will provide updates on the project in different stages of the project and send participants the full report and the summary of our findings when the project is finished, when they will also be invited to our final conference. Whilst we are aware that power differentials are not likely to diminish, we aim to conduct research that brings reciprocal benefits and establishes ‘ethical relationships between researchers and participants that are responsive to the needs, concerns and values of participants.’ (Mackenzie et al., 2007, p. 307)

THE GERMAN CASE STUDY For SOGICA’s comparative study, Germany is interesting for several reasons: it has taken a leading role in what is often referred to as Europe’s ‘refugee crisis’, processing more asylum claims than any of the other 27 EU Member states, having received 1.3 million refugees between 2015 and 2017 alone.10 But Angela Merkel’s ‘generous’ asylum politics have been met with an increase in antiimmigrant sentiments, and a far-right party playing a key role in German politics for the first time since the Nazi movement in the 1930s. In the 2017 general election, the political party Alternative for Germany (Alternative für Deutschland) gained 12.6% of the votes and 94 seats in the Bundestag (German Federal Parliament).11 Like all asylum seekers and refugees in Germany, PSASOGI find themselves in a country full of contradictions: a generous border politic and welcome culture (‘Willkommenskultur’), but also a not so generous asylum process and often inadequate living conditions, combined with an increasingly hostile

that we are also giving something in return. All researchers are engaged with local NGOs. We have established a database of resources, which will hopefully be useful for PCASOGI, practitioners and researchers alike. We give presentations and workshops and offer training and other support to PCASOGI, refugee and migrant organisations. Furthermore, we will disseminate findings widely to academic and nonacademic audiences and make sure that we reach PCASOGI through networks and social media. 10 http://www.dw.com/en/more-asylum-requests-processed-in-germany-than-rest-of-eucombined-reports/a-36984339? , access date: 5 June 2017. 11 https://www.bundeswahlleiter.de/info/presse/mitteilungen/bundestagswahl-2017/ 34_17_endgueltiges_ergebnis.html, access date 15 October 2017.

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environment. As I will show, this contradictory culture affects PSASOGI, whose asylum seeker status intersects with gender, ‘race’, sexuality and religion in complex ways that shape their experience. Germany is also interesting to look at because of its legal system that falls within the civil law model. In contrast to the UK’s common law and adversarial justice system, for instance, where the evidence gathering burden is shared between decision-maker and asylum-seeker but ultimately lies on the claimant, Germany adopts an inquisitorial system, i.e. the decision-maker takes the lead in gathering evidence. As a report by AIDA (2015, 41) states: ‘[t]he BAMF [Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge/Federal Office for Migration and Refugees] is generally obliged to clarify the facts of the case and to compile the necessary evidence.’ This, however, can lead to harmful practices by the BAMF, for instance when it tries to get information directly from the applicant’s social context in his/her country of origin. In a shocking example that was referred to in a court case in 2007, the BAMF gathered information from the foreign office with regard to the alleged homosexuality of a man from Nigeria. The foreign office questioned his sister about her brother’s sexual relationships and made further inquiries in Lagos, where he used to live, and concluded that his sexuality could not be confirmed12. Here then, potential harm had been caused by outing the claimant in his country of origin, thus exposing him to danger if he has to return. In addition, the country reports produced by the German Foreign Office usually only have a small section on SOGI and are inadequate. These sections often focus solely on homosexuality and marginalise transgender issues (Huebner, 2016, 247). Because of the inquisitorial nature, also the judges are actively involved in investigating the facts of the case (which can be highly intimidating for the claimant) rather than just playing the role of a referee during the hearing, as it is the case in adversarial systems (such as the UK).13 Thus, German courts are required to gain relevant evidence of their own initiative and are not bound by previous decisions. SOGICA aims to explore whether the nature of law systems

12 VG München, Urteil vom 30.1.2007, M 21 K 04.51404, see Hempel 2014, p. 53. 13 The differences between the legal system in Germany and the UK might also impact on the implementation of gender guidelines for instance. In the UK, the judiciary has more agency because of the precedent case system whilst in Germany the courts should only interpret the German codification system. This might make it more possible for ‘norm advocates’ to influence the judiciary in the UK than this is the case in Germany (see Markard 2011).

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as inquisitorial or adversarial makes a difference to SOGI claims. It also investigates how German’s federal structure might impact on the legal experiences and social welfare of PSASOGI.14

SOGI CLAIMS IN GERMANY As there are no official figures available on the protection reasons, we do not know how many asylum claims are SOGI-related in Germany. Whilst the Fleeing Homophobia report (Jansen and Spijkerboer, 2011) refers to a relatively low number of SOGI claims in 2011, this will have changed in recent years due to the general increase in asylum claims. It is estimated that there are 3,500 PSASOGI in Berlin alone.15 However, it is noteworthy that not all LGBTQI+ people who claim asylum will base their asylum claim on their SOGI as they might feel reluctant to ‘out’ themselves during the asylum procedure and might fear that friends and family find out about their sexual orientation (Kalkmann, 2010, p. 4-6). Some will have fled due to reasons other than SOGI, and some might not know that claiming asylum on grounds of SOGI is a possibility.16 Asylum claims based on SOGI fall under Article 1A(2) of the 1951 Geneva Convention Relating to the Status of Refugees (the Refugee Convention), which defines a refugee as a person who “owing to well-founded fear of being persecuted for reasons of race, religion, nationality, membership of a particular social group or political opinion, is outside

14 The administration of asylum is not homogeneous across Germany. The federal structure of the political system influences how asylum policies are implemented, and differences in the implementation seem to exist between the 16 federal states (especially with regard to living conditions). 15 http://uk.reuters.com/article/us-germany-refugees-lgbt-idUKKCN0V02D8,

access

date 15 October 2017. 16 Although the Asylum Act contains obligations to inform applicants of the asylum procedure, NGOs have criticised the fact that the leaflets handed out and the oral briefings provided are insufficient to adequately prepare claimants for their interview. In his German report for Fleeing Homophobia, Kalkmann (2010) outlined that claimants were not made aware of the fact that sexual orientation or gender identity are grounds for asylum.

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the country of his nationality and is unable or, owing to such fear, unwilling to avail himself of the protection of that country”.17 Depending on the exact Refugee Convention ground on the basis of which one wishes to claim asylum, asylum claimants need to provide evidence of, for example, political activity, ethnicity and so on. In claims based on SOGI, claimants need to submit evidence of persecution, or fear of persecution, because of their SOGI, or perceived SOGI. In particular, claimants need to prove that they belong to a ‘particular social group’ (PSG), i.e. lesbian/bisexual/gay/transgender/ intersex. In Germany, however, the granting of refugee status on the Convention ground of PSG is a fairly recent phenomenon and has only gained significance since 2005, when Article 10 (paragraph 1) of the EU Qualification Directive 2004/83/EC18 was transposed into German law through the Residence Act,19 recognising claims of persecution on grounds of SOGI.20 Since then, the fear of persecution by non-state actors has also been accepted in refugee claims (Hempel, 2014; Kalkmann, 2010).

17 My emphasis. 18 Council Directive 2004/83/EC of 29 April 2004 on minimum standards for the qualification and status of third country nationals or stateless persons as refugees or as persons who otherwise need international protection and the content of the protection granted, OJ L 304, 30.9.2004, p. 12-23. In the meantime replaced with the recast Directive 2011/95/EU of the European Parliament and of the Council of 13 December, 2011 on standards for the qualification of third-country nationals or stateless persons as beneficiaries of international protection, for a uniform status for refugees or for persons eligible for subsidiary protection, and for the content of the protection granted, OJ L 337, 20.12.2011, p. 9-26. 19 http://www.gesetze-im-internet.de/englisch_aufenthg/index.html 20 The right to asylum is enshrined in Art. 16a 1) Grundgesetz (GG, Germany’s constitution), and implemented through § 3 (1) of the Asylum Act (Asylgesetz – AsylG) and § 60 (1) of the Residence Act (Aufenthaltsgesetz – AufenthG). In the two latter acts, the definition of a refugee according to the Refugee Convention has been incorporated literally into the national law. As Markard (2015) points out, although Article 16a GG refers specifically to ‘political persecution’, the German courts have assumed that this norm conforms to the Refugee Convention and therefore only used 16a GG to decide on asylum cases.

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With a landmark decision of the Federal Administrative Court (Bundesverwaltungsgericht)21 in 1988, persecution on grounds of sexual orientation started falling under ‘asylerheblichen Merkmals’ of the Constitution (hence related to political persecution), instead of the Refugee Convention’s PSG as was the case in the UK, for instance.22 The Federal Administrative Court decided that, under specific circumstances, the persecution of homosexual men in Iran could be accepted as ‘political persecution’. However, this judgment, which still stands today (in relation to constitutional asylum) was based on a problematic understanding of homosexuality. Considering when the decision was made, in some ways it was progressive, as it drew on an understanding of sexuality as not ‘curable’ (it was common during that time to believe that it could be cured), but as ‘irreversible’, ‘inescapable’ and ‘fateful’ (Huebner, 2016). However, the Court’s decision pathologised homosexuals in other ways, namely as not being able to control their sexual urges (‘triebhaft’). Moreover, criminalisation of same-sex sexual activities was not sufficient for granting asylum, and the courts specified that criminalisation was not a sufficient ground if such norms existed to protect ‘public morality’ (Kalkmann, 2010, Huebner, 2016). In the case of Iran, however, the courts found that the death penalty was a very harsh punishment and disproportional to keeping public morality.23 This decision, on which many others have subsequently been based, made a distinction between homosexuals whose sexual orientation was ‘irreversible’ and those whose sexual orientation was only ‘latent’ (hence they could choose whether to be gay or not). For the latter, it implicitly denied one’s right to live their sexual orientation openly, and forced them to live ‘in the closet’ (Markard, 2013, p. 75). The consequence of this decision was that for years to come, courts based their decisions on an assessment of the ‘intensity’ of the irreversibility of homosexuality, and often commissioned medical and sexual ‘scientific’ reports to as-

21 BVerwGE, 15 March 1988, C 278.86. 22 In contrast, in the UK already in 1999 has it been accepted that women, and lesbians and gay men can form a ‘particular social group’ (Shah and Islam v Secretary of State for the Home Department, House of Lords, 2 A.C. 629, 1999). 23 Not to forget here is that West-Germany had also criminalised homosexuality for over 20 years and legalised it only in 1969 (it was decriminalised in East-Germany in 1968). Also in West-Germany, it was argued that these laws were in place to protect morality and decisions by the Federal Administrative Court contributed to holding this up. So, in this judgement the court might have tried to defend their own decisionmaking in the past (see Hempel, 2014, 47).

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sess this (up to 2012, according to Hempel 2014, p. 42). This led to rather obscure decisions in the administrative courts. For instance, in one case the court argued that the claimant’s sexual desires were not ‘abnormal’ and compulsory, and therefore he would be able to suppress and compensate for these desires by masturbating.24 This case law of the Federal Administrative Court and the administrative courts became outdated, when persecution on grounds of gender identity and sexual orientation became recognised under the PSG requirement of the Refugee Convention. As the courts explain, it now does not matter whether the sexual identity of the claimant is so ‘inescapable’ to not be able to abstain from samesexual activity25. When establishing membership of PSG, the German Federal Office for Migration and Refugees and the courts in Germany have followed the cumulative approach according to the Qualification Directive, i.e. the claimant needs to demonstrate that they are member of a social group that has a distinct identity in their country of origin and share a fundamental characteristic with this group (see Hathaway and Foster, 2014, p. 430). According to Wessels (2017), however, the Qualification Directive only triggered a conceptual change from an ‘immutable’ characteristic (such as race or nationality) to one that is so ‘fundamental’ human identity that it cannot be renounced (such as religion or political opinion). Hence, the courts still assess fear of persecution and whether it can be expected from someone to be discreet about their sexual identity and behaviour, based on whether the behaviour is ‘indispensable’ for the claimant’s identity. In Germany, as in most European countries, the existence of ‘antihomosexuality laws’ is not sufficient to prove fear of persecution. Unfortunately, in 2013 also the CJEU ruled in X, Y, Z26 that the mere existence of criminal laws punishing same-sex conduct was not enough proof of the existence of persecution. There are currently 73 countries (and 5 entities) in the world (40% of all countries) with legislation in place that criminalises same-sex consensual acts between adults.27 These anti-homosexuality laws do not exist in isolation but are

24 VG Regensburg, U. v. 4.8.1998 (see Hempel, 2014, 48; Markard, 2013, 76). 25 See, for instance, Administrative Court of Frankfurt/Oder 19.11.2015 – 4 K 1099/12.A. 26 Joined Cases C-199/12, C-200/12 and C-201/12, X, Y and Z v Minister voor Immigratie, Integratie en Asiel, 7 November 2013, ECLI:EU:C:2013:720. 27 http://ilga.org/downloads/03_ILGA_WorldMap_ENGLISH_Overview_May2016.pdf (access date 2 October 2017).

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often linked to discrimination and intolerance in the society (Markard, 2013). Nonetheless, as Huebner (2016, 256) points out, in Germany refusals are often based on the reasoning that the existing laws are not used or that there is no knowledge that these laws are used, and there seems to be an increasing number of refusals based on such ‘asylum relevance’.28 Overall, there seem to be discrepancies in the ways in which the BAMF and administrative courts deal with SOGI claims (Tometten, 2016). Case law does not always refer to the existence of a particular social group, or indeed any other Refugee Convention ground and there seems to be no common approach in the handling of these claims (Kalkmann, 2010; Huebner 2016). For instance, before the CJEU decision in X, Y and Z in 2013 (see below), it was quite common for courts to argue that the claimant would not face any persecution if he/she were to be discreet and did not live their sexuality openly in public.29 However, other decisions exist, where the courts disagreed with the discretion reasoning and argued that it was unacceptable to ask a claimant to keep their sexuality secret.30 In X, Y and Z, the CJEU made it clear that homosexuals can fall under PSG for the purposes of the Refugee Convention under the Qualification Directive and that it is a human rights violation to ask applicants to be discreet about their sexuality. In December 2012, in anticipation of this judgment, in a letter to a Member of Parliament, Volker Beck, the BAMF confirmed that it had changed its decision-making and had abolished the discretion reasoning (Markard, 2013,

28 See, for instance, vgl. 6 K 3802/13.A, VG Potsdam 13.05.2014; M 25 K 13.31348, VG München 19.11.2014. (Huebner, 2016, 256) 29 For instance, Administrative Court Düsseldorf 14.1.2010 – 11 K 6778/09, Administrative Court Trier, 9.9.2010 – 1 L 928/10.TR (Algeria); Administrative Court Düsseldorf 14.1.2010 – 11 K 6778/09 (Morocco), Administrative Court Düsseldorf 27.8.2009 – 11 K 1003/09.A, Administrative Court Düsseldorf 11.3.2009 – 5 K 1875/08.A (Iran), Administrative Court Regensburg, 15.09.08 - RN 8 K 08.30020 (Algeria), Administrative Court Düsseldorf 21.02.08 – 11 K 2432/07.A (Egypt), Administrative Court Bremen, 28.04.06 – 7 K 632/05.A (Iraq) (Kalkmann, 2010, 26-29). Hempel (2014, 58) also mentions VG Aachen, U. v. 26.2.2007 ± 5 K 2455/05.A. 30 See, for instance, Administrative Court Frankfurt/Oder, 11. November 2010, VG 4 K 772/10.A; Administrative Court Chemnitz, 11. July 2008, A 2 K 304/06, Administrative Court Neustadt/Weinstraße, 8 September 2008, 3 K 753/07.NW, Munich/ München, 30. Januar 2007, M 21 K 04.51404 (Kalkmann, 2010, 29).

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p. 402).31 In 2014, in A, B, and C,32 the CJEU also made it clear that decisionmakers cannot rely on stereotypes ‘alone’ (for instance, questions about visiting gay bars and adopting certain looks or behaviour) and that late disclosure should not be a (sole) ground for refusal. Direct questions about sexual practices should not be asked and courts should not consider any tests, photographic or filmic evidence.33 Huebner (2016) notes progress since the two CJEU judgments with regard to discretion, although discretion has still occasionally been used in the courts34 and there are still examples of cases where the BAMF makes decisions as if the 2012 letter and the CJEU decision on X, Y and Z did not exist.35 While questions with regard to detailed sexual practices seem not to be asked anymore, other private details about past and present relationships, ‘coming out’, etc., still play a big role in assessing credibility (see Huebner 2016, 249).

INTERSECTIONAL LEGAL CHALLENGES The asylum system asks PSASOGI for membership of a particular social group and therefore focuses on fixed social identities, but the focus on sexual identity is problematic as all too often the way PSASOGI live their SOGI is measured against white, Western notions of sexual identity, whereas other social categories impacting on that identity are not considered. In contrast to other areas of law, in

31 Letter from Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, BAMF, to Member of Parliament Volker Beck, 27 December, 2012. Available: http://www.lsvd.de/fileadmin/ pics/Dokumente/Recht/BAMF-121227.pdf). 32 Joined Cases C-148/13 to C-150/13, A, B and C v Staatssecretaris van Veiligheid en Justitie, 2 December, 2014, ECLI:EU:C:2014:2406. 33 Whilst the judgement in X, Y and Z is a positive step towards ending discrimination of SOGI claimants, as Markard (2014) points out, the judgement is still problematic as it leaves some leeway for (culturally specific) stereotypical behaviours. Also, as she points out, the court did not include the Advocate General’s recommendation to give applicants sufficient opportunity to respond to doubts of his or her credibility. 34 See, for instance, 5 K 534/13, VG Saarland 23.01.2015 (Huebner, 2016, 256). 35 For instance, in a 2015 case the BAMF argued that a gay man who had been arrested and mistreated by police in Uganda, could go back and live discreetly, as sexual orientation itself was not criminalised but only certain sexual behaviour (see Huebner 2016, 255).

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asylum claims there is often not much evidence provided, and as Herlihy et al. (2010, p. 364) argue, ‘decisions are inevitably based on assumptions about the content and quality of the information presented. These assumptions draw on subjective understandings of human interaction and behaviour.’ Studies on SOGI asylum claims have highlighted that decisions are often based on Western cultural expectations around sexuality that lack an understanding of the complexities of sexual identity (Morgan, 2006; O’Leary, 2008). As Morgan argues, such a racialised Western model of sexuality that seems to represent a stereotypical white male middle-class gay identity ‘presumes clarity of boundaries between heterosexual and homosexual identity and requires public expression of private and sexual behaviour’ (Morgan, 2006, p. 151-152). In order to be successful, claimants need to conform to these Western stereotypes and a particular ‘gay lifestyle’, be ‘out and proud’, visit gay bars, and participate in lesbian and gay groups and at Gay Prides, for instance (Morgan, 2006; Bennett and Thomas, 2013). Western sexuality labels are not sufficient to capture PSASOGI’s own diverse lived experience and the ways in which they understand and express their SOGI (Brotman and Ou Jin Lee, 2011). As Giametta (2014, p. 587) points out, the Western understanding of sexuality is often problematic for PSASOGI who ‘negotiate their sexual and gender identities across cultural constructions of gender liminality and sexual identity that do not match the repertoires of western LGBTI identifications and lifestyles’ (Giametta, 2014, p. 587). In credibility assessments, this then becomes significant when claimants need to fit into these norms in order to be perceived as credible (Gartner, 2016). In general, the credibility of the SOGI claimants is often challenged because of implausibility, inconsistency or lack of detail (Huebner, 2016; Kalkmann, 2010). As Huebner (2016) argues, credibility assessments are based on collective heteronormative knowledge and essentialising non-heteronormative ways of life. This often includes ideas of a homogenous gay collective, and the devaluation and non-acceptance of bisexuality and fluid forms of sexuality. Sexual identity needs to be presented as something ‘intrinsic’ for a claim to be accepted. Decision makers use the binary framework of heterosexuality/homosexuality, which are defined as opposites and the ‘real’ sexualities. Asylum claims on grounds of bisexuality are therefore difficult to establish as it is assumed that the person can choose between heterosexuality and homosexuality.36 In addition, we can find

36 See, for instance, VG Saarland, 5 K 534/13, 18.02.2015; VG Ansbach AN 18 K 08.30201, 21 August 2008.

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court cases, where the belonging to the PSG was questioned because of the ‘mere inclination’ of homosexuality37 and where bisexuality was subsumed under homosexuality without any assessment of the risk of persecution as a bisexual person38. In such decisions, bisexuality and the risk of persecution on grounds of bisexuality are erased, contributing to the invisibility of bisexuality (Klesse, 2018; Monro, 2017). Decision-makers rarely consider how sexuality intersects with gender, ‘race’, religion, age, and class for SOGI asylum claimants in ways that may differ from white, Western middle-class gay men, for instance (Held 2016, 2017).39 For instance, owing to separating gender and sexuality, decision-makers often question the credibility of lesbian asylum claimants (Lewis, 2014). In the context of the US asylum system, Berger (2009) argues that the intersectionality of gender and sexuality needs to be incorporated into the law as the persecution on grounds of sexuality and gender are often linked (e.g. when lesbians end up in heterosexual relationships because of social pressures and experience domestic violence). Therefore, credibility needs to be tackled from an intersectional perspective (Lewis, 2014). Hence, intersectional analysis could be productively used in SOGI asylum cases. As Markard argues with regard to the application of the Refugee Convention, ‘courts do not always make use of the full potential of an intersectional analysis’ (Markard, 2016, 59), but as she further explains: “Gender doesn’t simply differentiate between ‘men’ and ‘women’, to the exclusion of inter* bodies and certain trans* and inter* identities. It is also fundamentally heteronormative, predetermining the acceptable sexual preference and the specific way in which to ‘do

37 See decision by Administrative Court of Ansbach AN 18 K 08.30201, 21 August 2008. 38 See VG Saarland, 5 K 534/13, 18.02.2015; VG Ansbach AN 18 K 08.30201, 21 August 2008; Administrative Court of Augsburg Au 6 K 12.30387, 19.03.2013; Frankfurt am Main 1 L 3416/13. F. A, 26.09.2013; Administrative Court of Potsdam, VG 6 K 338/17.A, 27. April 2017. 39 In my volunteer role at LISG, I saw many cases where claims were refused because it was not believed that the claimant was a ‘genuine’ lesbian. Claims were often challenged because of minor discrepancies in accounts, or because a delay in disclosure of sexual orientation, previous heterosexual relationships, having children, religious beliefs, and even older age were used to undermine the claimant’s credibility.

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gender’. […] An intersectional approach can make these dimensions visible in a more differentiated manner”. (Markard, 2016, p. 56)

Judgments based on the Convention PSG ground often focus on either sexuality or gender and leave out other Convention grounds, or do not consider intersections with these. Markard has also pointed out that the ways in which German courts engage with the PSG category (and the refugee definition in general) is problematic; often leading to the claimant being granted subsidiary protection rather than refugee status. As she argues: ‘A careful consideration of the particular social group category with respect to age, gender and ethnicity as defining factors could lead to a more principled analysis and to recognition of refugee status rather than subsidiary protection.’ (Markard, 2016, p. 56) Not only gender and sexuality are linked in the lives of women (and men). As the Committee on the Elimination of Discrimination against Women (CEDAW) (2014, p. 2) has reiterated on several occasions: “Discrimination against women based on sex and/or gender is often inextricably linked with and compounded by other factors that affect women, such as race, ethnicity, religion or belief, health, age, class, caste, being lesbian, bisexual or transgender and other status”.

Hence, from a legal perspective, an intersectional approach is important for assessing the fear and the risk of persecution. As the next section will show, it is also important for understanding the social experiences of PSASOGI.

INTERSECTIONAL SOCIAL CHALLENGES Almost 40 years ago, the Combahee River Collective (1982 [1978], 13), a Boston-based, black, lesbian feminist group, stated in their ‘Black feminist statement’: “The most general statement of our politics at the present time would be that we are actively committed to struggling against racial, sexual, heterosexual, and class oppression and see as our particular task the development of integrated analysis and practice based upon the fact that the major systems of oppression are interlocking”.

PSASOGI might face all of the structural oppressions addressed in this statement. Their experience is different from other SOGI minorities. Like other people from SOGI minorities, their experiences are shaped by the intersections

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of sexuality, gender, ‘race’, class, religion (and other social identifiers), but PSASOGI experience these intersections in complex ways through their persecution, escape and experiences with the asylum system. The particular context in which PSASOGI find themselves shapes the intersections of sexuality with other social categories in ways that are often not addressed in research on sexuality. Their experiences are shaped by something more than ‘just’ sexuality and ‘race’ and gender and class, namely by their ‘refugeeness’. We can see this in the ways that PSASOGI often do not find a ‘safe haven’ in Germany: their intersectional experience is shaped by a difficult asylum process and living conditions.40 Administrative staff is often not considerate towards the special needs of this group. For instance, being put in large accommodation centres (‘Wohnheime’), where they have to share a room with other PSA and lack privacy, can be extremely difficult for PSASOGI.41 They can experience discrimination and verbal and physical violence not only from other asylum seekers, but also from security personnel, administrative staff and interpreters.42 SOGI claimants might end up in small villages, or in army camps in the woods (as one of the participants of the SOGICA project) and even if they are granted refugee status, they will have to stay in the district for a further three years.43

40 http://lernen-aus-der-geschichte.de/International/content/12840 (access date 2 October 2017). 41 http://wafmag.org/2016/06/difficulties-lgbt-refugee-germany/ (access date 2 October 2017). 42 http://learning-from-history.de/International/content/12840 (access date 2 October 2017). 43 Claimants have no right to choose their place of residency. They can apply to be allocated to a particular town or district, but this is granted in only exceptional cases. There is no legal obligation (on state level) to house vulnerable persons separately and no systematic procedure exists. Asylum seekers stay in initial reception centres for up to six months before they move to accommodation centres or sometimes individual accommodation (applicants from ‘safe countries’ are required to stay at reception centres for the entire length of the asylum procedure, see AIDA, 2015, 10). Reception and accommodation centres are often (re-furbished) former army barracks (sometimes situated in rural woods and cockroach infested (Scott, 2014)) and they are either managed by the responsible authorities themselves or by NGOs or private facility management companies. ‘Security’ at the reception centres is sub-contracted to private companies (usually the cheapest bidder). This is highly problematic, as some of these companies attract neo-Nazis and cases of racist abuse and violence of asylum seekers

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Specialised SOGI support is rarely available and there is also limited access to mental health support. Voluntary organisations are campaigning for the state to meet the increasing need for support of PSASOGI, for instance, by establishing safe residences for them, and a few accommodation centres solely for PSASOGI have opened recently.44 Whilst PSASOGI might experience homophobia (and sexism and racism) in the reception and accommodation centres, the general political climate in Germany affects their social experience too. The founding of the anti-Islam, far-right political movement PEGIDA45 was a first sign of (renewed) anti-immigrant and racist sentiments in Germany (similarly to other European countries) (Adam, 2015; Czymara and Schmidt-Catran, 2016). For three years now, PEGIDA demonstrates weekly in Dresden (where only 1% of the population is Muslim), and has at times attracted up to 15,000 protesters.46 Several surveys indicate that antiIslam resentments exist widely.47 One study suggests that whilst there is a general high acceptance of refugees, Muslim refugees are the least accepted (Czymara and Schmidt-Catran, 2016). Institutional racism also seems to be widespread in Germany. For instance, the far-right terrorist organisation National Socialist Underground (Nationalsozialistischer Untergrund) killed nine people with migrant backgrounds between 2000 and 2007 without serious police investigation

by these security guards are known, but not taken seriously by the state and are rarely punished (Komaromi, 2016). 44 So far, two accommodation centres for SOGI asylum seekers have opened: one in Berlin that provides accommodation for 125 SOGI claimants and is managed by the Schwulenberatung Berlin, and one in Nuernberg that accommodates eight asylum seekers and is managed by the LGBT+ community organisation Fliederlich (both are paid for by the local authorities). Similar projects are planned in Cologne, Frankfurt and Munich. See, for instance, https://rainbow-refugees.cologne/ ; https://www. thelocal.de/20160223/berlin-opens-germanys-first-gay-refugee-centre;

Iris

Rajana-

yagam and Ahmed Awadalla, http://lernen-aus-der-geschichte.de/International/ content/12840 (access date 2 October 2017). 45 Patriotische Europaer gegen die Islamisierung des Abendlandes – Patriotic Europeans Against the Islamisation of the West. 46 http://www.deutschlandfunk.de/pegida-demo-in-dresden-nicht-nur-raeumliche-naehezur-afd.1773.de.html?dram:article_id=396185 , access date 30 October 2017. 47 For instance, 35% saying that migration from Islamic countries should be reduced, 44% disagreeing with the statement that ‘Islam belongs to Germany’, 57% saying that they perceive Islam as a threat (Adam, 2015, p. 447)

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(or if, then investigating in the victims’ social circles), indicating an institutionalised blindness towards right-wing extremism (Adam, 2015). In 2015, there were 222 arson attacks on reception centres in Germany, but only four of these resulted in convictions (Komaromi, 2016, p. 80).48 These growing racist and Islamophobic sentiments have a specific impact on Muslim PSASOGI, who might find themselves in a complex web of homonationalist discourses. The term homonationalism describes processes ‘where lesbian and gay tolerance is seen as a source of national pride and positioned against other seemingly less-tolerant nations’. Here, the ‘liberal’ Western gay subject is contrasted with the oppressed and/or homophobic non-Western subject (Hubbard and Wilkinson, 2015, p. 605). The intersections of sexuality, ‘race’ and religion become visible here in the ways in which ‘Muslim’ and ‘gay’ are seen as incompatible identities, and the conflation of ‘race’ and religion leads to a discourse that constructs Islam as a homophobic religion (Haritaworn et al., 2008; Puar, 2007). In that respect, right-wing discourses often justify their Islamophobic sentiments with the argument that Islamic cultures apparently are intolerant towards SOGI minorities (Hubbard and Wilkinson, 2015). These discourses leave Muslim PSASOGI on contradictory terrain: fleeing because of homophobia and homophobic violence in their country of origin, they (as well as their supporters) often feel the need to represent their country of origin (as a whole) as homophobic during their asylum process; hence implicitly contributing to these homonationalist discourses. At the same time, some PSASOGI might be critical with the ways that authorities assume that these countries are homophobic (on a universal level). To balance the constructed dichotomy between the liberal, gayfriendly, ‘civilised’ West and the homophobic, ‘backward’ non-West, it is important to recognise firstly that most of the anti-gay legislation in the ‘non-West’ was introduced by Western countries during times of colonialization, and secondly, that misogyny, sexism and homophobia are still widespread in Western

48 Hostility towards migrants and support for the AfD seems to be higher in East Germany. As Adam (2015) points out, likely reasons for the difference to West Germany is a higher unemployment rate, and a left-behind underclass (many young people moved to the West), lack of exposure to migrants but also a different political education. As he points out, the GDR did not have the same anti-racist education than in the West, where the Holocaust and German responsibility for World War II was part of re-education programmes introduced by the three Western allies, fostering a political consciousness and critical thinking of a new generation, whilst life in the GDR was determined by conformity and indoctrination.

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countries too. The figure of the sexist and homophobic migrant has become more prevalent since the sexual assaults on New Year’s Eve 2015-2016 in Cologne that were reportedly committed by men from North African and Middle Eastern countries and sparked a debate on integration. The construction of such a figure contributes to rendering a gay Muslim identity invisible.

CONCLUSION This chapter has drawn mainly on literature and case law collected during the first phase of the SOGICA project. There is some evidence that differences exist in how the 28 EU member states treat SOGI claims (Jansen and Spijkerboer, 2011). By focusing on Germany, Italy and the UK, SOGICA aims to contribute to harmonising the legal treatment of these claims, but also to improving PSASOGI’s social experience. The chapter has begun to explore how intersectionality can be used methodologically, and how we might look at PSASOGI’s legal and social experience from an intersectional perspective. I have discussed some of the ethical implications when doing research with PSASOGI and argued that the concept of ‘vulnerability’ is complex and also needs to be looked at from an intersectional angle. In the second phase of the project we will further discover how intersectionality plays out in the data collection and analysis; and what other ethical issues arise. We will also further explore what avenues exist for decision-making to not only focus on the PSG requirement but to also include other convention grounds; an approach that might be more useful than the current one. What is definitely needed, as I have argued in this chapter, is a shift in decisionmaking: from assessing belonging to a PSG solely with regard to sexual orientation and gender identity to assessing it as intrinsically linked to other social categories such as gender, age, ‘race’, religion and social class. This can be important for establishing credibility as well as risk of persecution. Sexual and gender identities are more complex than the Western stereotypes of white middle-class gay men. As the asylum system draws on fixed versions of these identities that do not allow any fluidity, claims on grounds of bisexuality are difficult to establish (and it is therefore not surprising that so far we have not found any participants who have claimed asylum on these grounds). There is some indication that SOGI claims are increasingly rejected on grounds of ‘asylum relevance’ (i.e. that risk of persecution is assessed as low) and that the ‘discretion argument’ is also frequently used again in Germany. Our project will further explore how the changing political climate (more to the right) and homonational discourses affect SOGI asylum policies and decision-making

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and PSASOGI’s legal and social experiences. It will also further explore how these experiences are shaped by the intersections of sexuality, gender (identity), religion, ‘race’, ability, age and social class; which has only been touched upon in this chapter.

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Politischer Diskurs und Asylverfahren

(Mis-)Representing LGBTI Refugees Instrumentalisation Strategies in Media Coverage of Asylum Policy in Germany Maryna Shevtsova

INTRODUCTION This study examines recent discourses and representations of lesbian, gay, bisexual, transgender, and intersex (LGBTI) refugees in selected German media. In 2011, sexual orientation and gender identity were both finally added to Article 10 of the EU Qualification directive making LGBTI asylum seekers eligible for refugee status in the European Union. With over 70 countries around the world having laws criminalising same-sex relations, thousands of LGBTI people every year head towards a “safer haven” looking for asylum in the European Union member states. Germany, which had the highest number of asylum applications in 2015 in the EU (more than 476,000), is one of their main destinations. According to Schwulenberatung Berlin, a gay rights organisation and counselling center, the estimated number of LGBTI asylum seekers in Berlin alone exceeds 3,500. Yet, despite the increasing number of queer1 refugees, until recently, this constituency remained one of the most silenced and invisible within the Europe-

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Throughout this chapter, the terms LGBTI and/or queer will be used to refer to Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersex or otherwise queer. This option opts for the shorter acronym to represent the larger community of lesbian, gay, bisexual, transgender, intersex, asexual, pansexual, or otherwise queer/questioning individuals. In the places where other authors’ work is cited, I used the acronym chosen by them.

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an asylum system as well as ignored by the public discourse surrounding migration issues (Spijkerboer 2013; Gartner 2015). The recent influx of refugees into the European Union has been receiving significant national media coverage featuring rather heated discussions in all Member States, with Germany not being an exception. In particular, the issue of LGBTI refugees has come into the focus of media attention. In Germany, as well as in other countries across the EU, Canada, or the USA, the debates related to queer asylum seekers are largely based on the assumption that there are certain “European” or “Western” values as juxtaposed to those of people arriving to Germany from Muslim countries (Matar 2017; Maxwell 2016; and others). The list of such values would definitely include the principles of tolerance and nondiscrimination of others on the basis of one’s sexual orientation and gender identity. The present chapter engages with the image of a queer/LGBTI refugee constructed by German newspapers within this debate. It demonstrates that queer refugees are presented and described by analysed German newspapers rather selectively making certain groups of queer asylum seekers more visible and present than the others. The chapter argues that this selective description or representation gain political meaning, first, justifying presence of one group over the others, and, second, reinforcing negative perceptions and images of some non-queer refugees, more specifically, Muslims, less informed parts of German population may already have. The processes of attitude formations toward foreigners and refugees, in particular, have been substantially covered in the literature on migration in the past twenty years (e.g., Augoustinos/Quinn 2003; Triandafyllidou 2013; Hochman 2015). The scholars examining discourses employed in different countries or referring to “us” (the people of the host country) and “them” (newcomers) discuss how conflicting terms are being used to present one side as “normal” and the other as “deviant” or simply “the other” (Pickering 2001; Bartram 2015). The existing works on framing effects of media discourse prove that national media has a strong impact on population’s attitudes towards immigration and asylum policy (Knoll/Redlawsk/Sanborn 2010). Multiple studies have shown how the way in which a message about immigration or refugees is delivered to an audience influences the ways in which this audience will think about or perceive a specific issue (Ommundsen et al 2014; Haynes/Merolla/Ramakrishnan 2016). So far, however, few studies have paid attention to social functions of representation of “normality” and “deviation” when it comes to portraying certain refugee groups in media (Hochman 2015). The present chapter uses the existing framing theories and homonationalism concept coined by Jasbir Puar (2007) to analyse German media coverage on

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LGBTI refugees and asylum seekers. It questions the ways in which the topic has been instrumentalised by press and the reasoning behind them. The chapter argues that the dominant discourse on queer asylum seekers strengthens the division between German population and Muslim refugees while presenting both groups in generalised and homogenised ways. Such simplified representation leads to establishing of an exclusionary order in which some groups are visible and perceived as those in need of help and support and others are overlooked and not heard. While framing effects of German media discourse are yet to be covered by a larger quantitative research, this chapter discusses possible implications for different groups of queer refugees in Germany. This chapter proceeds as follows. First, I briefly introduce existing scholarly debates and allocate present research in literature, then, I discuss the methods chosen. The next section of the chapter presents the empirical findings of the study and discusses them. I conclude with a brief summary and discussion of the implications of study results.

MEDIA ROLE IN SHAPING PERCEPTIONS OF REFUGEES AND ASYLUM SEEKERS Recent social and political developments regarding the global refugee crisis and its consequences for Europe have inevitably become a central theme for the media, provoking extensive and ongoing debates around the issues of new migration flows, state asylum policies, and the integration of refugees and asylum seekers within host societies. Migration and media have produced a substantial amount of literature covering issues of instrumentalisation, framing, and constructing images of refugees and asylum seekers (Greussing/Boomgaarden 2017). Several authors claim that refugees are often portrayed by media as either victims or passive recipients requiring to be rescued, protected and taken care of (Horsti 2008; Olivius 2016) or as dangerous and deviant “others” presenting a threat to the safety and well-being of the citizens in the host country (Esses/Medianu/Lawson 2013). Szczepaniková (2008) argues that refugees are predominantly depicted as people of no or little choice that deprives asylum seekers from agency and presents them as subjects in the need of governance. Such media practices need to be questioned as they result instrumental for public sphere. For example, victimisation of refugees and stressing their need for assistance may be applied by the media to appeal to the emotions and moral obligations of the citizens (Harrell-Bond 1999; Steimel 2010), yet that can also create a onesided image of the asylum seekers as putting a burden on the state’s budget

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(Madra/Adaman 2014). Moreover, portrayal of asylum seekers from certain countries or cultures as a threat creates strong public associations between refugees, terrorism, and crime, on the one hand, and makes people doubt the legitimacy of refugees’ presence, on the other (Bennett et al. 2013). It is important, therefore, to critically approach and challenge the existing frames to understand how media reflects, instrumentalises, and reproduces existing power structures and inequalities, and what political implications such reflections and instrumentalisation may have for instrumentalised subjects, in the given case, different groups of refugees and asylum seekers in Germany. Jasbir Puar (2007) proposed the conceptual frame of “homonationalism” to discuss complexities of how “tolerance” for lesbian and gay subjects became a barometer by which the right to and capacity for national sovereignty was evaluated. Introduced in the context of America’s 9/11 attacks, homonationalism further travelled across the world as “an analytic category deployed to understand and historicize how and why a nation’s status as ‘gay-friendly’ has become desirable in the first place” (Puar 2013: 336). Puar defines a historical moment as “homonational” to mark a shift when a state defines “(some) homosexual bodies as worthy of protection by nation-states” by this dismissing the others, considered less valuable (2013: 337). The concept has travelled across geographic spaces; Ritchie (2014), for example, is very efficient in demonstrating how the concept can be used to explain presenting Israel as gay-friendly as opposed to Arabic states in front of Western democracies (2014: 621). Ammaturo (2015) applies the term to the analysis of the European Court of Human Rights arguing that the concept of European Sexual Citizenship is homonationalist in nature as it reinforces the divide between “tolerant” and “intolerant” EU member states where West is presented “queer-friendly” and the rest of the countries – homoand transphobic (2015, 1152). For the goals of the present chapter, Puar’s work presents an efficient heuristic tool to understand instrumentalisation of “tolerance” and “LGBT rights” in German media discourse. As the United Nations Refugee Agency in 2008 came up with the official guidelines for asylum claims on the ground of one’s sexual orientation and gender identity, scholarly interest in the politics, experiences of and legal practices around lesbian, bisexual, gay, transgender, and intersex refugees and asylumseekers has been persistently growing (Lewis/Naples 2014). Lately, more scholars started engaging with the question of how LGBTI refugees are perceived within national asylum systems as well as by political actors and wider population in different countries (White 2013; Murray 2016). In Matar’s view, words “refugee” and “asylum seeker” in Western European media turned into a “fixed and rigid category” within which a clear hierarchy exists defining who are those

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who “qualify” for protection and who are “unworthy” of being “saved” (Matar 2017). This chapter goes further questioning whether there is an attempt to create such a hierarchy among LGBTI refugees arriving to Germany and what might be the political reasoning behind it.

METHOD For the present study, I use critical discourse analysis to study the ways in which “social power abuse, dominance and inequality are enacted, reproduced and resisted by text and talk in the social and political context” (Van Dijk 2001: 352). To analyse discourse is important since it produces knowledge and establishes ideologies that create and maintain power relations in which people – in this case, LGBTI refugees and citizens of a host country (Germany) – are involved. In discourse analysis, the attention is paid not only to grammatical or lexical forms in a text but also to the ways in which a person exercises control over a situation within a society using the genre of this text with specific purposes (Wodak 2002: 11). The newspapers in particular are important objects for discourse analysis as they tend to use various patterns in their discourse “to mediate various ideologies, especially when writing on topical social issues” (Shudson 2002: 150). Data for this study are comprised of ten newspaper articles selected from five newspapers in Germany: die Welt (English: “The World”), a German national daily newspaper published as a broadsheet by Axel Springer SE and presenting as they define it a “liberal cosmopolitan position”; the Frankfurter Allgemeine Zeitung presenting a centre-right and liberal-conservative position; the centralleftist newspaper Berliner Zeitung; the daily der Tagesspiegel and the rather leftist Die Tageszeitung. The study uses the online versions of the newspapers since they often have a larger audience. Data analysis has been conducted in two different stages. First, it focused on the portrayal of LGBTI refugee as juxtaposed to the German population. At the second stage, the analyses show how the image of a refugee is being constructed as inclusive for some groups and exclusive for the others. The analyses draw on the lexical features and structures of the argument that the journalists were using in different parts of the articles.

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SAVING LGBTI REFUGEES: GERMANY AS A TOLERANT HOST-COUNTRY UNHCR (2015) has presented a comprehensive report on press coverage of the refugee and migrant crisis in five EU member states, including Germany. According to this report, the predominant number of articles discussing refugee crisis was referring to Syria as a main source of asylum seekers followed by Iraq, Afghanistan, and Eritrea (2015: 7). The discourse on refugees in Germany, therefore, is shaped around the idea of asylum seekers coming mostly from the Middle East, i.e. Arab, Muslim countries. The purpose of this section is to illustrate how the language, modality and the selection of the subjects for newspaper articles in Germany lead to the reproduction of existing stereotypes. These stereotypes present Germany as a country with the population friendly and welcoming towards LGBTI subjects as opposed to Muslim people, including Muslim heterosexual refugees. I reckon there are several negative outcomes of such a generalisation. First, it overlooks problems, diversities, and complexities within German population itself and silences still existing homophobia and transphobia. Second, it homogenises Muslim non-LGBTI refugees as a group attributing to them negative characteristics as opposed to “Europeans.” Finally, it positions Muslim queer refugees in a weird condition as while being “saved” by Germans from their “backward” compatriots it does not necessarily makes them more welcomed by local population or preserves them from Islamo- or xenophobia faced by other non-White asylum seekers. One of the examples of confusing practices of separating dangerous refugees from those in need of protection is maybe an ongoing discussion of the need for a special shelter for LGBTI refugees in some German cities. Such a need was justified by the fact that LGBTI refugees staying in the usual shelters are facing there the same level of danger they had to deal with in their home countries: “‘Das Gefühl, in einem engen Zimmer eingesperrt zu sein, umgeben von Menschen, für die Homosexualität eine Sünde ist. Das war die schlimmste Zeit meines Lebens’, sagt der Syrer. ‘Ich musste mir mit den Menschen ein Zimmer teilen, vor denen ich mein ganzes Leben lang davongerannt bin’.” (“‘The feeling of being locked in a narrow room surrounded by people for whom homosexuality is a sin. That was the worst time of my life,’ says the Syrian. ‘I had to share a room with the people, from whom I have been running away all my life’.”) (Source: Berliner Zeitung 09.10.2015)

While the sensitivity of the issue, the fear of an asylum seeker to face violence in the asylum is well-grounded and this paper is not to argue against or to support

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the need to have separate shelters for LGBTI refugees and asylum seekers, the article, like many others on the topic, present the case in such a way that it seems that the danger of homophobic aggression in Germany or in Berlin is coming from one source only – Muslim heterosexual refugees locked in the shelters. The tone of the article does not make much difference between backgrounds, education, and intentions of these people portraying them as a rather homogenous backward mass. It also seems to overlook the threat of racist and homophobic violence that can as well come from certain groups of the local population of Berlin and assuming that once separated from “bad” Muslims these LGBTI refugees will automatically be safe (see, for example, Anderson 2016). The newspaper in such a manner reproduces already prevailing messages from the government: “Doch das war, bevor die Flüchtlinge in riesiger Zahl über die Grenze kamen. Ihre Herkunft und die Tatsache, dass die meisten Muslime sind, erzwangen gerade bei Konservativen ein Nachdenken darüber, was in Deutschlands Wertekatalog denn eigentlich drinsteht oder was man noch hineinschreiben kann. Seither fehlt in kaum einer Rede gerade aus dem Mund von Unionspolitikern der Verweis darauf, dass die Neuankömmlinge Homosexuelle, ihre Partnerschaften, ja öffentlichen Liebesbekundungen nicht nur hinzunehmen, sondern zu respektieren hätten”. (“Yet that was before the refugees in huge numbers came across the borders. Their origin and the fact that most of them were Muslims made the conservatives think about the list of German values or about what can be added to that one. Since then, hardly a speech of Union politicians has been lacking the reference to the fact that the newcomers not only had to accept homosexuals, their partnerships, and even public expressions of love, but also to respect them”.) (Source: Welt 29.12.2015)

While die Welt obviously sounds sceptical about newly tolerant position of German politicians appealing to the differences between a “German” and a “Muslim” mindset, the article presents the story in such a way as if the catalogue of “German values” has been there before and has only been overlooked by politicians while seemingly widely accepted by the larger population. Neither does the article questions the legitimacy of an assumption or generalisation of all the Muslims as non-tolerant and lacking respect towards homosexuals. Quoted parts can be a good example of homonationalist discourse mentioned in the theoretical part. Tolerance towards homosexuality is presented as a general characteristic of the (German) nation as well as a marker of superiority of one nation over other(s). There is an assumption that there exists a universal list of German values including respect towards LGBTI people. Supposedly, it means that there are also abstract Muslim values that are more limited in this re-

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gard. One may question whether all the Germans as well as all the Muslims automatically share the same values, and the logical answer would be “no.” There is also a group of LGBTI asylum seekers from Arab countries who, despite their homosexuality, are often also Muslim, including practicing Muslim. The existing discourse does not leave space for them creating two exclusive categories: “Muslim” or “gay.” This can be well supported by the statement below: “Wir haben ein Vollzugsdefizit, kein Gesetzesdefizit. Im Rahmen unserer gültigen Rechtsordnung muss dafür gesorgt werden, dass die Menschen, die unseren Schutz suchen, auch unsere Rechtsordnung achten. Wer die Rechte von Frauen, von Christen oder Homosexuellen missachtet, muss auch die Klarheit und Schärfe unserer Rechtsordnung spüren”. (“We have a deficit of execution but not of laws. Within the framework of our valid legal order, we must ensure that the people who seek our protection respect our legal system. Those who disregard the rights of women, Christians or homosexuals must also feel the clarity and sharpness of our legal system”.) (Source: Tagesspiegel, Reiche 01.04.2016)

According to the UNHCR report mentioned above, the key source in news accounts on refugee and asylum seekers in the country were domestic politicians (32.8%) with weak presence of NGOs’ (6.7%) and migrants’ voices (9.3%, the lowest among countries analysed). Furthermore, approximately 44% of the articles stresses humanitarian reasoning behind German asylum policy (2015: 7). It explains, therefore, why parts of media became instrumental in framing a homonationalist image of Germany as opposed to Muslim world. One can speculate on what is the exact reasoning behind employed homonationalist and/or humanitarian discourse. It can be an intention to create an opposition to the current governing coalition and gaining population votes or to unite the nation around homonationalist idea (or both). While humanitarian reasoning mentioned before may be a good way to shape public opinion towards being more welcoming with refugees and asylum seekers, abusing it may also result counter-productive. As this section showed, LGBTI people in this framework are presented as victims in need of protection; there is a clear division between heterosexual Muslim men and LGBTI asylum seekers fleeing the same countries. This division, in reality, is rarely clear and neither is it justified, as one can be a queer Muslim, a tolerant heterosexual Muslim, a (non)tolerant towards homosexuals Syrian or Iraqi person, and other multiple options. I will further discuss the typical portray of a LGBTI asylum seeker in German media against the backdrop of the refugee crisis.

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A (MIS-)REPRESENTED LGBTI REFUGEE For quite some time already, the public debate has been evolving on the legitimacy and rationality of using the developing and growing umbrella term LGBT(Q,I, A, etc.) as mixing together all non-cisgender and non-heterosexual people means overlooking specific problems of particular groups (see, for example, Aravosis 2013). This section may as well work as support for this claim showing how often behind the abbreviation meant to mean “lesbian, gay, bisexual, and trans people” only one or few groups are standing while others are overlooked or left behind. As the analysis of the article has shown, the discourse on LGBTI refugees fleeing to Germany is almost exclusively focusing on gay men rather than covering other groups. While it can be partially justified by the fact that, indeed, among LGBTI refugees from the Middle East homosexual male are the most numerous group, it does not explain why L, B, T, I refugees from the other countries are not that often – or not at all – mentioned by the press. Most of the articles by German media present an LGBTI refugee as a young Muslim gay man from Syria or another Middle Eastern country who still has to hide his sexuality from his counter-parts in Germany. “Ich habe mich selbst oft gefragt: ‘Werden homosexuelle Syrer in Deutschland ihre sexuelle Identität frei leben können – ohne Angst vor Anfeindungen ihrer Herkunftsgesellschaften, ihrer Familien oder der anderen nach Deutschland geflüchteten Syrer?’ Die Antwort lautet offensichtlich: Nein.” (“I often have asked myself, will homosexual Syrians be able to live free in Germany with their sexual identity, without fear of hostility from the side of their home countries, their families or the other Syrians refugees in Germany? The answer is obviously: No.”) (Source: Tagesspiegel 08.09.2017)

The pictures supporting the articles and imaginaries behind the verbal description of LGBTI refugees is usually the same; young homosexual Arab men. It is barely possible to come across an article in the German national media on trans people from the home countries of LGBTI refugees not to mention lesbians, as well as intersex for whom the task to flee safely is even more problematic; or bisexuals or lesbians who were in heterosexual marriage and now face the problem of proving their reasons to be accommodated in Germany to the migration authorities. The almost exclusive focus on Syria is even more problematic as, in fact, there are astonishing numbers of LGBTI refugees coming to Germany and EU member states from other countries where homosexuality is either criminalised or the level of homophobic violence is disturbing; African countries, Latin America, Pakistan, Russia, Central Asia. Yet even more specialised media

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sources barely take time to reflect on this topic. It will take a persistent researcher some time to find more material on LGBTI refugees coming from other parts of the world in non-specialised academic literature. The IWWIT blog in Germany presents a rare example of such a source. The article “LGBT-Flüchtlinge in Deutschland: Der lange Weg, bis sie wirklich angekommen sind” (LGBT refugees in Germany, long way until they will have arrived indeed) is one of really few speaking about lesbian and trans people experiences (though briefly) and pointing out that while the refugees from Syria are now in the focus of the media there are many other countries where life is unbearable for LGBT people and the political and/or social conditions push them to flee. They quote a gay person from Russia: “‘‘Im Moment sprechen alle über Syrien und kaum noch jemand über Russland’, sagt Sergiu. ‘Die Situation für Schwule und Lesben hat sich dort allerdings nicht geändert.’ Viele Aktivsten aus dem LGBT- und HIV-Bereich in Osteuropa, mit denen er in den zurückliegenden Jahren zusammengearbeitet hat, sind mittlerweile ins Ausland gegangen. Manche haben ihre Wohnungen in Moskau vermietet und finanzieren so ihr Exil in Ländern mit niedrigen Lebenshaltungskosten wie Thailand oder Indien. Andere suchen Asyl in den USA oder eben auch in Deutschland.” (“‘Currently all are speaking about Syria and almost no one about Russia,’ says Sergiu. ‘The situation for gays and lesbians there, has not changed, though.’ Many activists from LGBT and HIV area in Eastern Europe with whom he worked in previous years had moved abroad in the meantime. Some of them rent out their flats in Moscow and so have means to live in exile in countries where the living expenses are low, like Thailand or India. Others look for asylum in the USA or also in Germany.”) (Source: IWWIT blog 11.09.2015)

This section’s title is “a (mis-)represented LGBTI refugee” as referring to who can be imagined as a “typical” LGBTI refugee in Germany by a person familiarised with the topic only based on non-specialised German press. Such a reader will most probably imagine an Arab, preferably Syrian or Iraqi gay men, who is eager to be “out and proud”, engage in LGBTI activism – but possibly cannot easily do so due to the fear of persecution from his family members or relatives or other refugees in Germany. The explanation for this selectiveness is simple; as Koller (2004) argues, media discourse usually reproduces the dominant public discourse. In other words, since the dominant public in Germany in 2015 was refugee flow from Syria, media reflected it supporting and reproducing existing stereotypes surrounding it. However, the selective presentation of LGBTI refugees in the media made mostly from the perspective of male homosexual Syrians rather than including other multiple discriminated groups leads to marginalisa-

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tion of other groups or their being overlooked or ignored. These groups include other non-heterosexual identities (lesbians, transgender people, bisexuals, intersex and other queer people) as well as non-Arab LGBTI people. The “out and proud” or at least wishing to be proud is another point worth attention. There is no doubt that Germany does provide those willing it with an option to engage actively into visible life of LGBTI community and be integrated there. There is nothing said, however, in the media about those LGBTI people who may not want to be out due to number of reason or even not self-identify as “gays” while demonstrating homosexual behavior. The dominant discourse does not seem to have space for such people who remain out of two categories – “gay” or “Muslim” the previous section mentioned. Sticking to this discourse may create false expectations from all LGBTI asylum seekers to be “out and proud” to prove their homosexuality and vulnerability in front of the immigration authorities. The latter, in fact, is very often the truth. Giving more voice to one group while not representing the others is, first, political as it gives signal to both LGBTI refugees and general population of who is supported. Second, more specific implication maybe creating a wrong image of who is in safer situation or comes from a safer country. This may have impact on court decision on granting refugee status to an applicant or on policy makers and donor organisations deciding where to channel financial and technical support. While analysing material for the present chapter, I have been told by several activists and volunteers working with LGBTI refugees from Russia and Ukraine that it became almost impossible to get the refugee status in Germany as those are considered “safer” countries compared to MENA region. Those statements have not been confirmed by any statistical data and do not reflect the real situation within the asylum system in Germany, of course, yet they can be an illustration on how opinions are influenced by media. A lesbian or a bisexual person can also be misinformed in such a way by media discourse feeling they will not be supported in the same way. This is not to say that there are not enough male gay Syrians men in Germany who need help and support. I argue, however, that narrowing down an image of an LGBTI refugee in Germany is highly likely to have political implications on the ground and to affect other, less visible and unrepresented groups. Koller (2004), quoted above, also claims that it is in power of media to change existing discourse bringing news topics or subjects to the discussion, however, it is not happening in German press so far (2004: 176).

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CONCLUSION The present chapter offered the findings of critical discourse analysis applied to a number of articles (see the full list in annex) in the leading German online newspapers. The chapter addressed the instrumental role of the media in portrayal of LGBTI refugees in the domestic discourse focusing on the role of LGBTI refugees in creating a contrast between the German population and refugees from the Middle East as well as questioning what image occupies the central place in presenting an abstract or maintained as more visible or representable “queer refugee.” It also speculated on the effects such media discourse may have in the nearest future. As stated in this chapter, the discussion of LGBTI refugees in German media has evolved against the backdrop of general refugee crisis involving asylum seekers arriving from the Middle Eastern country and, thus, the so-called ‘clash of values’ has taken a central role where progressive German values have been persistently juxtaposed with more ‘backward Muslim’ ones. In order to be allowed to stay in Germany, the refugees would have to learn to respect the “German list of values” which inevitably included respect and tolerance towards LGBTI people. The findings also demonstrated that the image of an LGBTI refugee mostly represented in the German media in the last 2-3 years appeared to be rather selective, describing a “typical” or imagined by a reader LGBTI refugee in a manner that excludes many other categories, such as race, ethnicity, gender identity, and sexuality. The “typical” refugee is usually portrayed as male homosexual, typically young, Muslim, of Syrian or other Middle Eastern origin. More importantly, the asylum seekers are expected either to be out and proud or at least have expectations or hopes to do so in a new, freer environment, even though there might be obstacles (like potentially homophobic relatives or compatriots surrounding them) preventing them from doing so. I argue that maintaining such a discourse is problematic, first, because it is very exclusive and overlooks many other groups of queer refugees and asylum seekers in the need of help. Apart from creating wrong imaginaries in the public sphere, encouraging growing Islamophobia and narrowing LGBT(Q,I+) group to only “G”, this may lead to wrong perception among the power actors who have a say in deciding the future destiny of asylum seekers such as judges in the immigrations courts, policy makers, donor organisations, etc. In summary, even though, indeed, Germany has been so far one of the most generous hosting states both for LGBTI refugees providing them with much friendlier legal environment than any Middle-Eastern country, this should not prevent one from being critical on whose account an image of refugee-friendly

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host-state is being created and by whom. The focus on the danger for the LGBTI refugees coming from the Middle East shifts the audience’s attention to the problems with lack of acceptance, Islamophobia and homophobic violence within German society itself presenting it as an issue of other cultures while there is still a large room for improvement both on the level of the society and among the major political actors. Furthermore, one of the likeliest implications of simplified contrast between homophobic Muslims and queer refugees in the same shelter is growing Islamophobia and xenophobia among less informed population groups. It may be useful to consider the case of the Netherlands, where respect towards LGBTI rights turned into a key issue of heated debates between right wing groups and supporters of multiculturalism (Duyvendak 2011). As the consequence, the country became a central topic for feminist and queer studies critique blaming the Dutch government for being Islamophobic and justifying its Islamophobia with the need to protect rights of LGBTI citizens (Butler 2008). While the critique was fair, the homophobic attitudes and aggression towards homosexual people in the Netherlands also had documental confirmation (Hekma and Duyvendak 2011) and can, therefore, not be ignored. In other words, to address critically reproduction of the stereotypical opposition between a “tolerant German” and a “conservative Muslim” is not enough anymore and may even result counter-productive preventing efficient work with homophobia and transphobia among both European and non-European groups of refugees and population. A more nuanced and complex media representation, though, could become an efficient tool to make public understanding of the problems related with queer migration to Germany more informed and balanced. A possible solution to the problems discussed in this chapter would be giving more voice to underrepresented LGBTI refugee groups (lesbians, bisexuals, religious queer people, queer people of different ethnic backgrounds) as well as to the experts (NGO staff, legal practitioners, etc.). The efforts not only of the activists and NGOs and of policy makers engaged within the field but also of the journalists should be aimed at bridging the gap between the convenient perceptions and reality to compensate the lack of understanding of how selective description or representation gain political meaning.

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Sprache, Macht und Diskursbestimmung in der Migrationsgesellschaft Kadir Özdemir

Aktuell leben etwa 18,5 Millionen Bürger*innen mit Migrationskontext in Deutschland (vgl. Statistisches Bundesamt 2017), die überwältigende Mehrheit dieser Menschen (48%) hat einen deutschen Pass, 42 Prozent haben bereits seit ihrer Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit.1 Dennoch werden diese Bürger*innen oft als ›Ausländer‹ markiert. Der Begriff ›Ausländer‹ transportiert verschiedenste Narrative der Abgrenzung und des Ausschlusses und funktioniert nach wie vor unabhängig von der tatsächlichen Staatsbürgerschaft – auch weil sich Deutschland erst mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 als Einwanderungsland positionierte.2 Hinter dieser Veränderung steckte das Versprechen, dass alle Bürger*innen unabhängig von ihrer Herkunft die gleichen Rechte besitzen. Deutschsein wurde diverser und löste sich von ethnischen Kategorien. Diese begrüßenswerte Entscheidung auf rechtlicher Ebene

1

Sie haben gemäß dem vom Statistischen Bundesamt genutzten Konzept einen »Migrationshintergrund«, weil mindestens ein Elternteil von ihnen ausländisch, eingebürgert oder (Spät-)Aussiedler ist.

2

Die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, welche am 1. Januar 2000 in Kraft trat, stellt einen Wendepunkt in der bundesrepublikanischen Einbürgerungspolitik dar. Die Einbürgerung wird nun durch das Geburtsortprinzip (»ius soli«) und nicht durch das Recht des Blutes, das Abstammungsprinzip (»ius sanguinis«), bestimmt. Das Staatsbürgerschaftsrecht von 1913 fiel damit weg. Die Option einer doppelten Staatsbürgerschaft, die ursprünglich ebenfalls Bestandteil der Gesetzesnovellierung sein sollte, wurde insbesondere auf Druck von CDU/CSU fallen gelassen (vgl. Storz/Wilmes 2007: 1).

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wird jedoch aus meiner Sicht durch die vehement geführten Diskussionen um Kopftuch, Islam, Terror oder Flucht immer wieder in Frage gestellt. Dabei knüpfen diese Diskussionen an zahlreiche gesellschaftliche und politische Narrative der Überfremdung, der Überforderung, der Islamisierung oder der Bedrohung von demokratischen Verhältnissen in Deutschland an. In diesem Kontext zeigt der vorliegende Beitrag auf Basis einer Analyse medialer (Werte-)Diskurse und Inszenierungen sowie der Betrachtung struktureller Rassismen, wie das Instrument Sprache vorgefundene rassistische Denkmuster laufend reproduziert. Die dabei generierte negative Wahrnehmung von Flucht und Migration, insbesondere ihre Inszenierung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit, ist von besonderer Relevanz – sowohl auf individueller Ebene für neu Geflüchtete und Bürger*innen mit Migrationserbe3 als auch in gesellschaftlichpolitischer Hinsicht. So spielt Sprache eine wesentliche Rolle in der Selbst- und Fremdwahrnehmung, sie strukturiert alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Es hat daher immer Konsequenzen, wenn diskriminierende Beschreibungen, Bilder und Begriffe ein selbstverständlicher Bestandteil unserer Alltagssprache werden. Bekanntermaßen können bereits einfache Worte Anerkennung und Trost geben oder abwerten und tief verletzen. Manche Begriffe hängen den Betroffenen tageoder gar jahrelang nach. Im privaten Kontext kann dies in der Regel auf einer persönlichen Ebene geklärt werden. Im öffentlichen Raum hingegen wird nur selten darüber debattiert, was beleidigende, diskriminierende und ausgrenzende Bezeichnungen sind4. Im medialen Kontext, der im Zentrum der nachfolgenden Analyse steht, drückt die Art des Sprechens und Schreibens zudem gegenwärtige Machtansprüche und gewünschte Rollenverteilungen innerhalb einer Gesellschaft aus.

3

In diesem Beitrag verwende ich den Begriff Migrationserbe statt des im Kontext amtlicher Statistiken üblichen Begriffs »Migrationshintergrund«. Da 42% dieser so etikettierten Gruppe den »Migrationshintergrund« von ihren Eltern geerbt haben (siehe Fußnote 1), ist der Begriff überholt und wenig aussagekräftig. Selbst bei Personen mit eigener Migrationserfahrung ist er meines Erachtens nicht passend. »Migrationserbe« macht hingegen deutlich, dass selbst die neuen Einwanderer*innen einen Raum voller vorbelasteter Debatten und Etikettierungen betreten und damit ihre gesellschaftliche Beschreibung unweigerlich von den in diesem Beitrag analysierten Debatten geprägt wird.

4

Ein gutes, aber noch zu selten auftretendes Gegenbeispiel ist die auf Twitter unter dem Hashtag #vonhier ausgelöste Debatte (Schindler 2019).

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Im Folgenden erforsche ich, wie Sprache in drei mit einander verwobenen Arenen rassistische Denkmuster etabliert und laufend reproduziert – über einen öffentlich sichtbaren Wertediskurs, der Geflüchteten und Bürger*innen mit Migrationserbe ›andere, homo- und transphobe‹ Werte zuschreibt; über einen strukturellen Rassismus, der ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Positionen und Ressourcen verwehrt; und schließlich im Rahmen einer medialen Inszenierung von Migrant*innen, die die Vielfalt der deutschen Einwanderungsgesellschaft nicht repräsentativ abbildet und insbesondere islamische Migrant*innen sehr negativ darstellt. Ich schließe mit einem Plädoyer für eine postmigrantische Perspektive, welche Identitäten nicht über die Herkunft konstruiert, sondern im Narrativ der pluralen Demokratie verankert.

DISKURSE ÜBER ›UNSERE‹ WERTE In den letzten Jahren trugen die teils unsachlichen Debatten über Asylbewerber*innen in Deutschland dazu bei, dass rechtspopulistische Bewegungen zunahmen und der Ruf nach restriktiven Asylgesetzen und stärkeren Grenzkontrollen wieder salonfähiger wurde. In diesem Kontext waren wiederholt Verweise auf sogenannte ›christlich-abendländische Werte‹ zu beobachten, ein Begriff, der bereits im Nationalsozialismus Ausgrenzungsmechanismen rechtfertigte (vgl. Hank 2015: 5) und nun im Kontext der zunehmenden Fluchtbewegungen nach Deutschland eine Konjunktur verzeichnete. Insbesondere Politiker*innen der AfD und der Union griffen ihn auf – im 2016 verabschiedeten CSU-Grundsatzprogramm Die Ordnung etwa wird der Begriff mehrmals in verschiedenen Variationen verwendet (vgl. CSU-Landesleitung 2016: 9, 26, 39, 48, 101). Das Sprechen über ›unsere christlich-abendländischen‹ Werte impliziert einen Gegensatz zu den ›anderen‹ Werten, die etwa Geflüchtete, Menschen mit Migrationserbe oder Anhänger*innen nichtchristlicher Religionen (scheinbar) vertreten. Wird etwa Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten als ›unser‹ Wert definiert, gelten ›wir‹ als kollektiv tolerant, während ›die Anderen‹ kollektiv als intolerant gelten oder zumindest in der Pflicht stehen, das Gegenteil zu beweisen. In diesem Setting wird Geflüchteten und Bürger*innen mit Migrationserbe die Rolle von Homophoben zugewiesen, während eine Offenheit gegenüber sexueller Vielfalt als ›westliche‹ Eigenschaft konstruiert wird (vgl. YilmazGünay 2011: 9f.). Rechtspopulistische Bewegungen haben erkannt, dass eine positive Haltung gegenüber lesbischen, schwulen, bi-, trans-, intersexuellen sowie queeren Menschen (im Folgenden LSBTTIQ) ein gutes Mittel der Migrationsabwehr sein kann. Dementsprechend haben sie sich an einigen Stellen den

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LSBTTIQ-Aktivismus angeeignet, um ein kulturrassistisches Bild strukturell homophober Einwanderer*innen zu zeichnen. So zeigte die AfD in Berlin eine Bannerwerbung mit einem besorgten schwulen Paar, das »keinen Wert auf die Bekanntschaft mit muslimischen Einwanderern legt, für die [ihre] Liebe eine Todsünde ist« (Jansen 2016: o.S.). Wie wenig echtes Interesse diese Bewegungen jedoch an queeren Menschen haben, zeigt sich in wiederholten Agitationen gegen Homo- und Transsexuelle, darunter in der Ablehnung der Ehe für Alle, in der Gleichsetzung von Homosexualität mit Pädophilie sowie der Unterordnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften unter traditionelle Ehen (vgl. Schnorrenberg 2016). Zugleich zeigt etwa das Beispiel des ehemaligen Chefredakteurs der schwulen Zeitschrift Männer, David Berger, dass queerer Aktivismus und Rechtspopulismus keine Gegensätze sein müssen. In seinen Artikeln unterstützt er etwa eine Aktion der Identitären Bewegung, die ein Denkmal für die »Opfer von Multikulti und islamistischen (sic!) Terrorismus« (Berger 2017: o.S.) vor dem Brandenburger Tor errichteten. 2018 wurde er in das Kuratorium der AfDnahen Desiderius-Erasmus-Stiftung berufen (vgl. Schultze-Rhonhof 2018). Aber auch der offen schwul lebende CDU-Politiker und derzeitige Gesundheitsminister Jens Spahn versteht es, eine positive Haltung gegenüber LSBTTIQ und gleichzeitig (sexualisierte) Ressentiments gegenüber Menschen mit Migrationserbe zu vertreten – etwa, wenn er sich über arabische Männer empört, die in den Duschen von Fitnesscentern ihre Badehosen anbehalten. In einem Interview mit der Welt nannte er dies einen »Rückfall in alte verklemmte Spießigkeit« und wiederholte auch seine Forderung nach einem »Burka-Verbot« (zitiert nach Kade/Vitzthum 2016: o.S.). So spielen queere Politiker*innen und Aktivist*innen in verschiedenen Formaten Minderheiten gegeneinander aus und berufen sich dabei auf die Verteidigung liberaler Werte. Verbunden mit der Diskussion um ›unsere‹ Werte wird auch der Wunsch formuliert, diese Werte in der Gesetzgebung umzusetzen, insbesondere in restriktiven Gesetzen gegenüber Geflüchteten und Bürger*innen mit Migrationserbe. Ein Beispiel dafür ist die Forderung nach einem Verschleierungsverbot im öffentlichen Raum, in der Umgangssprache als »Burka-Verbot« bekannt. Die Relevanz derartiger Gesetze und Gesetzesvorhaben muss stark bezweifelt werden. Eine Umfrage des Bayerischen Rundfunks ergab, dass von dem Verbot der Gesichtsverhüllung im Öffentlichen Dienst, das der Bundestag 2017 beschlossen hatte, faktisch niemand betroffen ist. Auf Nachfrage konnte keines der Innenministerien von Bund und Ländern einen Fall nennen, bei dem das Tragen einer Burka am Arbeitsplatz zu Problemen geführt hätte (vgl. Lückoff 2017). Bei den Forderungen nach einem »Burka-Verbot« scheint es daher weniger darum zu gehen, das Selbstbestimmungsrecht von Frauen

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durch einen konstruktiven Lösungsvorschlag zu unterstützen, als einen Standpunkt in der Debatte um ›unsere‹ Werte zu setzen.

STRUKTURELLER RASSISMUS IN DEUTSCHLAND Diese Wertediskurse, die ihren kulturrassistischen Hintergrund kaum verbergen, bilden einen Teilaspekt eines umfassenderen Rassismus in Deutschland. Bürger*innen mit Migrationserbe machen immer wieder darauf aufmerksam, dass ihnen keine gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Positionen und Ressourcen ermöglicht wird. In den vergangenen Jahren haben verschiedene Studien – darunter PISA (»Programme for International Student Assessment«) und IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) – gezeigt, dass sich das deutsche Bildungssystem durch eine hohe soziale Selektivität auszeichnet und der Schulerfolg übermäßig von der sozialen Herkunft der Schüler*innen abhängt (vgl. Jungkamp/John-Ohnesorg 2016: 16). Kinder und Jugendliche mit Migrationserbe erhalten bei gleichen schulischen Leistungen überproportional seltener eine Gymnasialempfehlung. In Ländern wie Schweden, Finnland oder Kanada sind die Schulsysteme wesentlich durchlässiger für Schüler*innen mit Migrationserbe. Diese Benachteiligung während der Schullaufbahn setzt sich auf dem Arbeitsmarkt fort. Menschen mit Migrationserbe, die in erster und zweiter Generation in Deutschland leben, haben deutlich schlechtere Arbeitsmarktchancen. Insbesondere qualifizierte Migrant*innen mit Berufsabschluss sind erheblich häufiger arbeitslos oder prekär beschäftigt als Menschen ohne Migrationserbe (vgl. Höhne/Schulze Buschoff 2015: 353f.). Der institutionelle Rassismus der BRD und seine entsprechenden Sprachmittel haben sich auch im Umgang mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) gezeigt. Die Mitglieder des NSU ermordeten ihre Opfer nach rassistischen Kriterien. Bei den Ermittlungen zeigten sich bei der Landes- und Bundespolizei, bei den Innenministerien, bei den Staatsanwaltschaften und auch beim Verfassungsschutz, wie gravierend rassistische Vorurteile den Umgang mit den Opfern und deren Angehörigen bestimmten. Die Möglichkeit, dass Bürger*innen ohne Migrationserbe diese Morde begehen könnten – womöglich sogar Rechtsextremist*innen – wurde systematisch außer Acht gelassen. Die Witwe des ermordeten Enver Şimşek wurde in zahlreichen Vernehmungen mit dem Vorwurf konfrontiert, ihr Mann sei Drogenkurier gewesen und habe Verbindungen zur Mafia – Behauptungen, die sich alle als falsch erwiesen. Bezeichnungen wie ›SoKo Bosporus‹ und ›SoKo Halbmond‹ zeigten, dass Behörden die Opfer auch sprachlich ausbürgerten. Den Indizien, die auf eine Täterschaft aus dem rechts-

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extremen Milieu verwiesen, gingen die Ermittler*innen nicht nach, stattdessen untersuchten sie Verbindungen zwischen den Opfern und zu organisierter Kriminalität (vgl. NSU-Watch Hessen 2015). So behinderten rassistische Denkmuster den Ermittlungserfolg. Bürger*innen mit Migrationserbe konnten jahrelang zur Zielscheibe der terroristischen Zelle werden. Das Vertrauen in staatliche Organe und in eine solidarische Gesellschaft wurde nachhaltig zerstört. Oder wie es Meral Şahin, Vorsitzende der Interessengemeinschaft Keupstraße ausdrückt: »Am schlimmsten war die stille, schweigende Bombe, die keiner außer den Betroffenen gehört hat.« (Şahin 2017: o.S.)

(BILD-)SPRACHE UND FRAMING IN DEN MEDIEN Dieser strukturelle Rassismus trifft auf eine mediale Praxis, die durch Wortwahl und Bildsprache jenen Rassismus reproduzieren und festigen kann. Große Tageszeitungen und Magazine wie FAZ, Welt, Bild und Spiegel Online sprachen etwa in Bezug auf die Verbrechen des NSU von ›Döner-Morden‹ (vgl. NSUWatch Hessen 2015). Obwohl dieser Jargon später vielfach kritisiert wurde, ist bislang kein konsequentes Umdenken erfolgt. Begriffe wie ›Flüchtlingslawine‹, ›Flüchtlingswelle‹ oder ›Flüchtlingsstrom‹ gehen in die gleiche Stoßrichtung (vgl. Spieß 2017: 1). Diese Metaphern haben eine unbestreitbare Wirkkraft. Sie spielen auf ein bestimmtes Vorwissen an, auf Normen und Werte, die im Hintergrundwissen der Leser*innen vorhanden sind. Dadurch erhalten sie eine gewisse »Fährenfunktion« (Jäger/Zimmermann 2010: 56) ins kollektive Gedächtnis (vgl. Küppers 2018: 137). Die ›Flüchtlingslawinen‹, ›Flüchtlingswellen‹ und ›Flüchtlingsströme‹ teilen die Referenz auf Naturphänomene und Naturkatastrophen, also Ereignisse, die nicht durch eigenes Zutun entstanden sind und die nicht – oder nur unter größten Anstrengungen – gesteuert werden können. Diese Begriffe lenken unsere Aufmerksamkeit von schutzbedürftigen Menschen auf eine konkrete und akute Bedrohung. Mit der ›Lawine‹ werden Geflüchtete als physische Last, als etwas Erdrückendes dargestellt. Die ›Welle‹ impliziert zudem die Vorstellung, dass noch nie so viele Geflüchtete auf einmal nach Deutschland gekommen seien. Im Verlauf des Jugoslawienkrieges flohen circa eine Million Menschen nach Deutschland. Interessant ist, dass die Flucht- und Migrationsbewegungen Anfang der 1990er Jahre in den Medien sehr viel weniger problematisiert wurden. Und dass dies der Fall war, obwohl zu dieser Zeit die politisch wie gesamtgesellschaftlich große Aufgabe der Wiedervereinigung zu bewältigen war. Aktuell liegt keine Herausforderung dieser Art vor, dennoch wird eine Überforderung inszeniert. Auch der Begriff ›Obergrenze‹ verweist auf eine an-

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gebliche Überforderung durch die Aufnahme von Geflüchteten. Stünde bei einer ›Untergrenze‹ die Rettung von Hilfsbedürftigen im Mittelpunkt, greift die ›Obergrenze‹ auf einen Modus der Selbstverteidigung zurück. Wie gravierend der Einfluss von Sprache ist, zeigt ein Versuch der Stanford University (vgl. Thibodeau/Boroditsky 2011). Dabei wurden Proband*innen in zwei Gruppen aufgeteilt, denen verschiedene Texte über das Kriminalitätsproblem einer fiktiven Stadt vorgelegt wurden. Die Texte enthielten dieselben Statistiken und Fakten und unterschieden sich nur in sprachlichen Details. In der ersten Textversion infiziert und befällt ein Kriminalitätsvirus die Stadt, in der zweiten Version jagt und lauert ein Kriminalitätsraubtier. Anschließend sollten sich die Versuchspersonen dazu äußern, welche Maßnahmen zur Verbrechensbekämpfung sie empfahlen. Die erste Gruppe, der Kriminalität als Virus vorgestellt worden war, setzte auf Ursachenbekämpfung und wollte etwa die Bildung verbessern. Die zweite Gruppe, der Kriminalität als wildes Tier präsentiert worden war, votierte für mehr Polizeipräsenz und längere Haftstrafen (vgl. Wehling 2016: 49f.). Eine unterschiedliche Wortwahl hatte zu einem unterschiedlichen Deutungsraster geführt und damit zu abweichenden Handlungsempfehlungen – und das obwohl beiden Gruppen die gleiche Faktenlage zur Verfügung stand. Dieses Phänomen wird auch als Framing bezeichnet. Dabei werden – je nach ideologischer Intention – bestimmte Fakten und Realitäten hervorgehoben, während andere außen vorgelassen werden. Die ausgewählten Informationen werden durch Sprache und Kultur wiederholt miteinander in Verbindung gebracht, bis ein Frame entsteht. Informationen, die einem Frame entsprechen, können dann leichter aufgenommen werden (vgl. Wehling 2016: 38, 41f.). Somit genügen gewisse Schlagwörter oder etablierte Bilder, um eine Reihe von erlernten Narrativen zu reaktivieren. Dadurch sind sie auch für die Politik ein wichtiges Werkzeug. Komplizierte Sachverhalte, die einer differenzierten Betrachtung bedürfen, können somit leichter vermittelt werden. Sind bestimmte Metaphern und Frames erst einmal gesetzt, kann ihnen auch nur schwer mit gegenläufigen Fakten begegnet werden. Ein gutes Beispiel dafür sind die Debatten um die Religionszugehörigkeit von Geflüchteten und deren Einfluss auf die deutsche Gesamtgesellschaft. Selbst wenn alle seit 2015 nach Deutschland geflohenen Menschen muslimischen Glaubens wären (und diesen auch tatsächlich praktizierten), würde die Zahl der Muslime in Deutschland zwischen 4,4 und 4,7 Millionen liegen, d.h. lediglich zwischen 5,4 und 5,7 Prozent der Gesamtbevölkerung wären muslimisch (vgl. Stichs 2016: 5). Diese Zahlen sind nur schwer mit einer angeblichen Islamisierung des Abendlands in Einklang zu bringen. Insbesondere ›der Islam‹ dient als Projektionsfläche kulturrassistischer Ressentiments. In der Negativdarstellung des Islams bestehen nach Parisa Ja-

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vadian Namin (vgl. 2009: 274f., 292f.) kaum Unterschiede zwischen den beiden auflagenstärksten Blättern Deutschlands, der Boulevardzeitung Bild und dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. In ihrer umfangreichen Inhaltsanalyse, in der sie 103 Bild- und 18 Spiegel-Ausgaben berücksichtigte, befand sich in allen 18 Spiegel-Ausgaben mindestens ein Artikel mit Islambezug. ›Der Islam‹ wurde dabei vorwiegend im Kontext des Islamismus und des islamistischen Terrorismus dargestellt. Problematisch ist hieran nicht die Darstellung des Negativen, »sondern die Ausblendung des Normalen, des Alltäglichen und des Positiven« (Hafez/Richter 2007: 45). Auch auf bildlicher Ebene drücken Magazine wie Der Spiegel, Stern oder Focus regelmäßig eine islamfeindliche Grundhaltung aus. Dies wird an den Titelcovern schnell ersichtlich. Das Bild des Islams wird dort durch die Verwendung negativbeladener Symbole geprägt, etwa durch die wiederholte Abbildung vollverschleierter Frauen, fanatischer Terroristen, von Waffen, Bomben, Äxten und Koranausgaben.5 Diese Standards in der Berichterstattung führen für die Betroffenen zu einem »medial erzeugte[n] Gefühl der Nichtakzeptanz« (Javadian Namin 2009: 294).

AMBIVALENZEN MEDIALER SICHTBARKEIT Gleichzeitig sind Menschen mit Migrationserbe aber auch medial sichtbarer geworden, insbesondere in Film und Fernsehen. Zu den ersten populären Gesichtern of Color zählten Mola Adebisi und Arabella Kiesbauer, beide im Privatfernsehen. Später zogen auch die öffentlich-rechtlichen Sender nach. Heute haben sich Moderator*innen wie Dunja Hayali, Nazan Eckes oder Yared Dibaba längst in ihren Berufsfeldern etabliert. Auch im gegenwärtigen deutschen Film bewegen sich Drehbuchautor*innen, Regisseur*innen und Schauspieler*innen mit Migrationserbe. Namen wie Fatih Akın, Bora Dağtekin, Buket Alakuş, Nuran David Calis, Sibel Kekilli, Yasemin Şamdereli oder Elyas M’Barek – um nur wenige zu nennen – sind aus diesem Bereich kaum wegzudenken. Sie treten bei internationalen Wettbewerben an, nehmen Preise für Deutschland entgegen und steigern das Prestige ihres Landes. Viele Arbeiten widmen sich jedoch sogenanntem ›Migrant*innenkino‹: einer Anhäufung an Klischees und überzeichneten Charakteren. Immer wieder anzutreffen ist die Figur des ›gewalttätigen Mig-

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Für eine Zusammenstellung verschiedener Spiegel-Cover, die eine überraschend ähnliche Bildsprache in Bezug auf den Islam offenbart, siehe https://www.pressenza. com/de/2015/10/dem-spiegel-magazin-den-spiegel-vorgehalten/ vom 14.04.18.

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ranten‹. Die Handlung verläuft häufig nach dem gleichen Schema: die Protagonist*innen fliehen aus ihren als einengend dargestellten Kulturen, um in der weiß-deutschen Gesellschaft Schutz zu suchen, wie in Fatih Akıns Gegen die Wand (2004). In Züli Aladağs Film Wut (2005) platzt der vulgäre und drogendealende Can, dessen Lieblingsschimpfwort ›Schwuchtel‹ ist, in das behütete Leben einer gutbürgerlichen weiß-deutschen Familie und bricht eine Gewaltorgie los (vgl. von Festenberg 2006). Die Neuverfilmung des Woyzeck (2013) durch Nuran David Calis, in Auftrag gegeben von 3sat und arte, spielt in einem Berliner Kiez der Gegenwart. Das deutsche Restaurant, das Woyzeck betrieb, musste einem arabischen Restaurant weichen, in dem er sich nun als Küchenhilfe verdingt (vgl. Huber 2013). Der Tambourmajor, im Film ein arabischer Zuhälter und Drogendealer, verführt seine Freundin Marie und lässt Woyzeck im Hintergrund von Koranrezitationen foltern. Die Filme erhielten überwiegend positive Kritiken und zahlreiche Preise. Sie boten zudem Anlass, über Zwangsheirat, Jugendkriminalität, Gewalt oder die Integrationsunwilligkeit von Bürger*innen mit Migrationserbe zu diskutieren – ausgehend von Stereotypen, die wenig Grundlage für eine konstruktive Diskussion boten. Auch die Mehrheit der Schauspieler*innen mit (phänotypisch sichtbarem) Migrationserbe kommt im Jahre 2019 nur selten über die Rolle als ›Migrant*in‹ hinaus. Sie verkörpern Rollen als ›muslimischer Gewalttäter‹, ›afrikanischer Drogendealer‹ oder als ›unterdrückte Kopftuch-Türkin‹. Diese Darstellungen sind in der Regel ausgesprochen rassistisch, kulturalistisch, sexistisch und geschlechterstereotyp. Die filmischen Verknüpfungen von Menschen mit Migrationserbe und Kriminalität, Drogen oder Gewaltverbrechen trägt dazu bei, dass sich rassistische Ressentiments festschreiben. Die Sichtbarkeit von Migration ist zudem ungleich verteilt. Während türkisch- oder arabischaussehende Schauspieler*innen bereits ein Nischendasein haben, kommen asiatisch-deutsche Darsteller*innen im Fernsehen kaum vor. Die Bloggerin Thi Yenhan Truong stellt nach einem Tag Fernsehexperiment lakonisch fest: »Wer asiatische Gesichter sehen will, muss Dokus gucken. Ist es das, was mir das Fernsehen sagen will?« (Truong 2015: o.S.) Die Hierarchien der Migrationsgesellschaft spiegeln sich also auch in ihren medialen Darstellungen. Die gesteigerte (aber noch immer nicht proportionale) Sichtbarkeit nichtweißer Menschen in Film und Fernsehen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch fehlt es an positiven Identifikationsfiguren und stereotypfreien, differenzierten Darstellungen. Auch im nichtfiktionalen Bereich überwiegt eine defizitorientierte Betrachtung der Migrationsgesellschaft, insbesondere wenn es sich dabei um ›den Islam‹ handelt. Der Politologe Kien Nghi Ha gelangt bei einem Blick auf die mediale

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Präsenz der islamkritischen Soziologin und Publizistin Necla Kelek6 zu dem Ergebnis: »Da sie ihre polarisierende und reißerische Position beim Thema Zwangsheirat nicht wissenschaftlich untermauern kann, wiederholt sowie belegbar mit falschen Zahlen und Darstellungen argumentiert und die überwiegende Mehrheit der muslimischen Frauen mit ihren populistischen Ansichten vor den Kopf stößt, bleibt zu fragen, warum Necla Kelek ein Medienereignis ist. Die Erklärung liegt nahe, dass sie vor allem ein Medienprodukt der deutschen Dominanzgesellschaft ist, die sich durch solche Stimmen in ihren Vorurteilen bestätigt sieht.« (Ha 2007: o.S.)

Wenn Gallionsfiguren wie Necla Kelek, Hamed Abdel-Samad, Seyran Ateş oder Ahmad Mansour von sowohl konservativen Parteien als auch manchen prominenten weißen Feminist*innen als kühne Vorbilder für Menschen mit Migrationserbe dargestellt werden und diese mit Stipendien und Ehrenpreisen ausgezeichnet werden, geschehe dies laut Ha vor allem deshalb, weil sie stellvertretend für Weiße Vorurteile und Positionen der Migrationsabwehr ausdrückten (vgl. ebd.). Tatsächlich fällt es Menschen mit Migrationserbe leichter, rassistische, migrations- und islamfeindliche Positionen zu vertreten, da sie durch die eigene Migrationsgeschichte eine Vertrauens- und Glaubwürdigkeit für sich in Anspruch nehmen können. Im deutschen Fernsehen haben insbesondere PolitTalkshows zur Popularität dieser Stimmen beigetragen. In diesen Formaten sind polarisierende Positionen dienlicher als diversere, ambivalentere, weniger eindeutigere Positionen, die die tatsächlich existierende Vielfalt in der Migrationsgesellschaft aufgreifen. Die starke mediale Präsenz dieser Personen zeigt, dass Sichtbarkeit allein kein ausreichendes Kriterium für die mediale Vertretung von Menschen mit Migrationserbe ist. Es ist zu fragen, wer mediale Aufmerksamkeit für welche Inhalte bekommt und wer über den Zugang und die Art der medialen Inszenierung entscheidet.

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Kelek steht etwa dem Familiennachzug für Geflüchtete kritisch gegenüber. Er bedeutet für sie den Import eines Systems »der gewalttätigen Herrschaft der Männer«. Die Arbeitsmigration der Siebzigerjahre habe zu Parallelgesellschaften geführt, in denen die »Kultur des anatolischen Dorfes« weiterlebe. Dies werde sich nun wiederholen, wenn »Großfamilien aus dem Nahen Osten oder Afghanistan hierherkommen und Traditionen wie Kinderehe, Gebärzwang und Frauenapartheid weiterleben« (Kelek 2017: o.S.).

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Die negative Wahrnehmung von Flucht und Migration, insbesondere ihre Inszenierung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit, hängt auch mit der Nachrichtenberichterstattung zusammen. Ruhrmann, Sommer und Uhlemann (vgl. 2006: 46) kommen für TV-Nachrichtensendungen zu ähnlichen Ergebnissen wie Parisa Javadian Namin hinsichtlich der geschriebenen Berichterstattung: In den Hauptnachrichtensendungen von ARD, ZDF, RTL und SAT 1 standen Berichte über Menschen mit Migrationserbe in mehr als einem Drittel der Fälle in einem Terrorismus-Zusammenhang. Diese negativbeladene Berichterstattung könnte auch damit zusammenhängen, dass selten Journalist*innen mit Migrationserbe in den Redaktionen arbeiten. Eine Mitgliederbefragung des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) ergab, dass lediglich 2,5 bis 3 Prozent ein Migrationserbe haben (vgl. Pöttker 2013). Eine weitere Erhebung in den Lokalredaktionen von 600 Tageszeitungen kam zu dem Ergebnis, dass von etwa 16.000 hauptberuflich tätigen Journalist*innen lediglich 1,2 Prozent über ein Migrationserbe verfügen (vgl. Geißler/Enders/Reuter 2009: 91f.). Dies zeigt deutlich, wie wenig die gesellschaftliche Realität in den Nachrichtenredaktionen abgebildet ist, insbesondere weil in diesen 1,2 Prozent auch Beschäftigte aus Herkunftsländern wie Österreich, Dänemark, den Niederlanden oder der Schweiz enthalten sind. Demnach ist der Anteil der Journalist*innen aus nichteuropäischen Herkunftsländern noch geringer. Die Journalistin Mercedes Pascual-Iglesias stellt in ihrer Studie zu Diversität in den Medien fest: »Die arrivierten Medienarbeiter suchen bei der Rekrutierung neuer Kolleginnen und Kollegen immer nur ihresgleichen: Vertreter der Mehrheitsgesellschaft, die aus der gebildeten Mittelschicht kommen und perfekt Deutsch beherrschen und genauso ›ticken‹ wie ihre Kollegen, ob sie nun Hayali oder Yogeshwar, Jobatey oder Abdallah heißen.« (PascualIglesias 2008, zitiert nach Oulios 2010: 31f.)

Die Durchlässigkeit für eingewanderte Menschen oder Menschen mit Migrationserbe ist gering und hat scheinbar keine hohe Priorität. Auch eine Sprecherin des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger erklärte: »Das Thema steht nicht oben auf unserer Agenda« (Pasqual-Iglesias 2008, zitiert nach Oulios 2010: 26). Es ist jedoch fraglich, ob sich die realen Lebensumstände aller Bürger*innen abbilden lassen, wenn die Erfahrungen und Perspektiven von Journalist*innen mit Fluchterfahrung oder Migrationserbe fehlen.

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AUSBLICK Sprache ist unser zentralstes Instrument der Kommunikation. Sie hat eine enorme Bedeutung für unsere Wahrnehmung, kann unsere Deutungsrahmen und damit auch unsere Handlungen beeinflussen. Im Kontext struktureller Rassismen, denen Menschen mit Migrationserbe ausgesetzt sind, erzeugt Sprache immer wieder Ausschlüsse. Viele dieser Metaphern referieren auf bereits vorgefundene (rassistische) Denkmuster und reproduzieren diese gleichzeitig. Dabei ist unser Sprachgebrauch nichts Unverrückbares, sondern etwas, worauf jedes einzelne Individuum achten kann – wenn es denn möchte. Insbesondere die Multiplikatoren und Katalysatoren unsere Sprache – Kultur und Medien – können hier aktiv Einfluss nehmen. Debatten um diskriminierende Repräsentationen, die Menschen mit Migrationserbe betreffen, werden häufig dahingehend missverstanden, dass Menschen ohne Migrationserbe besonders rücksichtsvoll sein sollen. Das ist jedoch gar nicht das Ziel. Vielmehr geht es darum, dass Vielfalt nach wie vor nicht als selbstverständlicher Teil Deutschlands anerkannt ist. Massenmedien stellen Deutungsangebote bereit, wie Gesellschaft gesehen werden kann. Mit ihren Akzentuierungen tragen sie dazu bei, wie die Gesellschaft sich selbst und andere begreift. Durch die oft negative Darstellung von Bürger*innen mit Migrationserbe und Geflüchtete, denen nicht im selben Maße positive Bilder entgegengebracht werden, heizen sie nicht selten zu Skandalisierung und Polarisierung an. Mit der dauerhaften Wiederholung bestimmter Narrative etablieren sich Frames, die letztlich den erstarkenden rechtspopulistischen Bewegungen in die Hände spielen. Die gestiegene mediale Sichtbarkeit von Minderheiten ist jedoch auch eine Chance, das Bild von Menschen mit Migrationserbe in der Gesamtgesellschaft zu diversifizieren und zu normalisieren. Um den auch medial reproduzierten Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Migrationserbe aufzulösen, plädiert die Sozialwissenschaftlerin Naika Foroutan für einen Paradigmenwechsel und eine postmigrantische Perspektive, die nicht länger nach Herkunft sortiert: »Es geht also um postmigrantische Allianzen in einem Land, um Menschen, die gemeinsam für eine Haltung streiten und nicht um eine Herkunft. Ob herkunftsdeutsch, biodeutsch, migrantisch, mit Hintergrund oder ohne: Der normative, sinnstiftende Endpunkt unserer nationalen Identität ist die plurale Demokratie. Sie zu schützen und zu vollziehen ist in der Verfassung angelegt. Wir müssen dieses plurale Narrativ der deutschen Identität also nicht erfinden – nur befreien von all den Erzählungen, die es überdecken.« (Foroutan 2017, zitiert nach Widmann 2017: o.S.)

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Deutschland hat sich durch Migration und Flucht in den letzten Jahren stark verändert. Dennoch spielen Migration und Flucht für die Geschichte dieses Landes nicht erst seit der Ankunft der sogenannten ›Gastarbeiter‹ eine wichtige Rolle. Heute identifizieren sich immer mehr Menschen als Bürger*innen dieses Landes, auch wenn ihre Vorfahren nicht in Deutschland geboren wurden oder sie von ihrem Aussehen oder Namen her nicht als deutsch gelesen werden. Diese Menschen wollen die Politik und Gesellschaft mitgestalten. In einer pluralen Demokratie, wie sie auch Foroutan fordert, muss eben das gelingen. Erst dann können die sprachliche Beschreibung des öffentlichen Raumes, die Machtverteilung und die Diskursbestimmung einer Demokratie würdig sein.

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Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität als Fluchtgründe1 Rechtliche Situation Marlen Vahle

Die »Organization for Refuge, Asylum and Migration« schätzt, dass weltweit 175 Millionen LSBTTIQ-Menschen Gefahren und Gewalt ausgesetzt sind (vgl. Grungras 2014). In 77 Ländern der Welt werden gleichgeschlechtliche Beziehungen kriminalisiert, in sieben davon stehen sie sogar unter Todesstrafe. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (vgl. UNHCR 2018) ist die Zahl von Asylantragstellenden, die als Fluchtgrund ihre sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität benennen, weltweit gestiegen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) führt keine Statistik zu den Gründen der Antragstellenden (vgl. BT-Drs. 18/11210: 4). Die Anzahl von Menschen, die einen Asylantrag aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität stellen, wird demnach nicht exakt erfasst. In Anbetracht der steigenden Zahlen von Asylantragstellenden in 2015 und 2016 in Europa ist anzunehmen, dass auch die Zahl der LSBTTIQ-Geflüchteten beachtlich gestiegen ist. Daher ist es relevant, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, denen LSBTTIQGeflüchteten in Deutschland begegnen, zu befassen. Vor diesem Hintergrund verfolge ich in dem vorliegenden Beitrag drei Ziele: Ich möchte erstens die Fluchtgründe sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität präzise innerhalb der deutschen und europäischen Asylgesetzgebung verorten. Zweitens möchte ich beleuchten, wie das entsprechende Recht auf Asyl in der Praxis implementiert wird. Hierfür werde ich unter anderem von einem Fall aus der Beratungspraxis des Kölner Flüchtlingsrates e.V. berichten. Dieser

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Die Entscheidungspraxis des BAMFs verändert sich ständig. Die in dem Artikel beschriebene Entscheidungspraxis war die zum Zeitpunkt der Tagung gängige Praxis.

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Fall eignet sich um die Entscheidungspraxis des BAMF beispielhaft darzustellen, da ähnlich begründete Entscheidungen immer wieder von anderen Beratungsstellen an den Kölner Flüchtlingsrat e.V. herangetragen werden. Drittens möchte ich in diesem Artikel die Problematik der Glaubhaftmachung der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität im Asylverfahren beleuchten und Hinweise geben, wie sich queere Geflüchtete auf die Anhörung vorbereiten können.

SEXUELLE ORIENTIERUNG UND GESCHLECHTLICHE IDENTITÄT ALS FLUCHTGRÜNDE Nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sind die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität als Fluchtgründe der Zugehörigkeit zu einer »sozialen Gruppe« zuzuordnen. Gemäß Paragraph 3 Absatz 1 des Asylgesetzes ist »ein Ausländer […] Flüchtling [...], wenn er sich 1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe 2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet« (§3 Abs. 1 AsylG). Was unter der sozialen Gruppe zu verstehen ist, wird in Paragraph 3b Absatz 1 des Asylgesetzes näher bestimmt: »Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird; als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; […]; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft« (§3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG).

Sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität werden hier maßgeblich als Identität prägende, unveränderliche Merkmale angesehen. Auch in der Qualifikationsrichtlinie der Europäischen Union werden LSBTTIQ-Personen als soziale Gruppe näher bestimmt. Diese trat in Teilen am 9. Januar 2012 in Kraft und war bis zum 21. Dezember 2013 durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen. Wenn einzelne Mitgliedsstaaten die

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Richtlinie bis zu diesem Datum nicht umgesetzt hatten, galt sie als unmittelbar wirkend – Behörden konnten sie somit direkt anwenden und Einzelne die enthaltenen Rechte geltend machen. In Artikel 10 Absatz 1 der Qualifikationsrichtlinie wird beschrieben, dass »je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland […] als eine bestimmte soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten [kann], die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet.« (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011) Als entscheidendes Urteil ist das des Europäischen Gerichtshofes vom 07. November 2013 zu bewerten. Hier wurde erstmalig höchstrichterlich entschieden, dass eine Ablehnung im Asylverfahren nicht damit begründet werden darf, dass die sexuelle Orientierung im Herkunftsstaat geheim gehalten werden könne, um Verfolgung zu entgehen. Der Europäische Gerichtshof geht in diesem Urteil davon aus, dass die sexuelle Orientierung so bedeutsam für die eigene Identität ist, dass eine Verheimlichung als Schutzmaßnahme unzulässig ist (vgl. EuGH vom 07.11.2013 – C-199/12, C-200/12, C-201/12). Zuvor hatte in Deutschland das BAMF noch im Jahr 2010 das Asylgesuch einer lesbischen iranischen Antragstellerin mit der Begründung abgelehnt, dass das Leben für sie im Iran unproblematisch sei, falls sie »nicht mit ihren Neigungen auf der Straße provoziere« (Markard 2013: 75). Diese Entscheidung wurde 2012 erneut durch das Verwaltungsgericht Bayreuth bestätigt. Damit entsprachen die Entscheidung des BAMF sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth der überwiegenden Rechtsprechung bis zum o.g. Urteil des Europäischen Gerichtshofes in 2013. In dem Urteil des Verwaltungsgerichtes Bayreuth wird zwar eingeräumt, dass »offen gelebte Homosexualität – insbesondere von Männern – im Iran ein erhebliches […] Gefährdungspotential […] birgt und […] sich zu einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit asylrelevanter Bedrohung verdichten« könne, jedoch sei letztlich der Einzelfall zu beurteilen. (Vgl. VG Bayreuth, Urteil vom 05.03.2012 - B 3 K 11.30113) Zuvor hatte das BAMF bereits im Dezember 2012 auf eine Anfrage von Volker Beck (damals Mitglied des Bundestags BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) hin bestätigt, dass Antragstellenden nicht zugemutet werden könne, sich diskret zu verhalten und die sexuelle Orientierung im Geheimen zu leben, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Ein solcher Verweis auf gefahrvermeidendes Verhalten sei in Zukunft nicht mehr zulässig (vgl. BT-Drs. 18/11210). Damit schloss das BAMF bereits Ende 2012 also – vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes – aus, dass ein Verweis auf die Möglichkeit eines Lebens im Verborgenen in der Entscheidungspraxis möglich sei. In der Praxis wurde und wird dies jedoch oft nicht umgesetzt. Dies zeigen verschiedene Fälle, die von Institutionen, die LSBTTIQ-Geflüchtete unterstützen, an den Kölner Flücht-

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lingsrat e.V. herangetragen worden sind. Von diesen Fällen möchte ich im Folgenden beispielhaft einen Fall aus meiner eigenen Beratungspraxis darstellen. Er zeigt, wie wenig praxisrelevant die BAMF-Richtlinie teilweise noch ist.

IMPLEMENTATION DES ASYLRECHTS. EIN REPRÄSENTATIVES FALLBEISPIEL Im Oktober 2016 stellte Ihsan, eine lesbische Marokkanerin, einen Asylantrag in Nordrhein-Westfalen, der bereits kurz darauf als »offensichtlich unbegründet« (BAMF Bescheid vom 17.10.2016) abgelehnt wurde. Diese Ablehnung wurde auf Basis von zwei Argumenten begründet. Zum einen argumentierte das BAMF, dass »nach Erkenntnissen des Bundesamtes [...] Homosexualität in Marokko toleriert [werde], solange sie im Verborgenen gelebt wird« (ebd.). Ihsan berichtete detailliert dem BAMF gegenüber davon, wie sie in ihrem Herkunftsland versuchte, ihre sexuelle Orientierung aus Angst vor Verfolgung geheim zu halten. Als Dreizehnjährige war sie von ihrem Vater wegen eines Kusses mit einem Mädchen krankenhausreif geschlagen worden. Von diesem Zeitpunkt an lebte sie ihre Homosexualität im Verborgenen, verlobte sich sogar auf Drängen des Vaters hin mit einem Mann. Als ihr Vater 2015 durch Zufall ein intimes Foto zu sehen bekam, das sie mit einer anderen Frau abbildete, drohte er ihr mit dem Tod und zeigte sie bei der Polizei an. Nach Artikel 489 des marokkanischen Strafgesetzes werden homosexuelle (»unzüchtige und widernatürliche«) Handlungen mit einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft. In Marokko ist es somit für Homosexuelle äußerst schwierig, die eigene sexuelle Orientierung offen zu leben, ohne gesellschaftliche sowie auch staatliche Verfolgung befürchten zu müssen. Daraufhin flüchtete Ihsan mithilfe von Freund*innen nach Deutschland. Dort stellte Ihsan ihren Asylantrag jedoch erst eineinhalb Jahre nach ihrer Einreise, da sie zunächst versuchte über einen Rechtsanwalt eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Arbeit zu bekommen. Diesen Umstand nutzte das BAMF für das zweite der Ablehnung zugrundeliegende Argument. So wurde der Asylantrag zum anderen auch deshalb abgelehnt, weil das BAMF den Angaben der Frau bezüglich ihrer sexuellen Orientierung keinen Glauben schenkte. Begründet wurde dies wiederum mit der verspäteten Asylantragsstellung. Das Bundesamt argumentierte, wenn Ihsan tatsächlich Verfolgung befürchtet hätte, hätte sie den Asylantrag direkt nach der Einreise gestellt. Sie sei

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eine »gebildete Frau«, die »zumindest rudimentär mit Aufenthaltsrecht in Verbindung gekommen sein musste« (ebd.). Die Entscheidung des BAMF in Ihsans Fall ist in zweierlei Hinsicht problematisch. Erstens ist die zugrunde liegende Argumentation in sich nicht schlüssig: Das BAMF räumt Ishan ihre sexuelle Orientierung indirekt ein, wenn es auf die Möglichkeit eines Lebens im Verborgenen hinweist, und erklärt sie gleichzeitig für unglaubhaft. Zweitens ignoriert das BAMF durch beide Argumente bisherige Rechtsprechung: Die Entscheidung ignoriert die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sowie die eigene Leitlinie aus 2012 – denn Ihsan wird auf die Möglichkeit eines Lebens im Verborgenen verwiesen. Zudem übergeht das BAMF eine weitere wichtige Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 02. Dezember 2014 (vgl. EuGH vom 02.12.2014 – AZ C-148-150/13). Demzufolge dürfen nationale Behörden nicht allein deshalb zu dem Ergebnis kommen, dass Aussagen unglaubhaft sind, weil die sexuelle Orientierung nicht bei der ersten gegebenen Gelegenheit als Verfolgungsgrund geltend gemacht wurde. Ein Coming-out bei Behörden ist für viele Menschen – insbesondere, wenn sie zuvor in Ländern gelebt haben, in denen Homosexualität kriminalisiert wurde – eine immense Hürde, denn es besteht oft großes Misstrauen gegenüber offiziellen Stellen. Abschließend betrachte ich daher die Problematik der Glaubhaftmachung der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität im Asylverfahren näher.

DIE PROBLEMATIK DER GLAUBHAFTMACHUNG Die sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität glaubhaft zu machen ist ein zentrales Problemfeld. Mit dieser Problematik beschäftigt sich unter anderem auch die UNHCR-Richtlinie Nr. 9 Anträge auf Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder der geschlechtlichen Identität vom 23. Oktober 2012 (HCR/GIP/12/09). Die Richtlinie bietet eine menschenrechtliche Verankerung des Schutzes von LSBTTIQ-Personen. Die besondere Schwierigkeit bei der Glaubhaftmachung besteht darin, dass es für die eigene sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität kein eindeutiges Beweismittel gibt. Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit sind Vorurteile und Stigmatisierungen der*des Anhörenden nicht auszuschließen. Entspricht eine Person nicht dem Bild, das die*der Anhörer*in z.B. von einem schwulen Mann hat, so kann es sein, dass das Vorbringen des entsprechenden Fluchtgrundes als weniger glaubhaft eingeschätzt wird als in anderen Fällen.

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Hinzu kommt, dass oft Informationen über das Herkunftsland fehlen, wie ein weiteres Fallbeispiel aus der Beratungspraxis des Kölner Flüchtlingsrates e.V. zeigt. So wurde in 2016 Bahija, einer syrischen Transfrau, ›nur‹ subsidiärer Schutz vom BAMF gewährt, da eine Verfolgung von Transpersonen in Syrien dem BAMF nicht bekannt war. Auch gibt es Länder, die zwar nicht explizit gleichgeschlechtliche Beziehungen oder homosexuelle Handlungen verbieten, dafür aber bestimmte/konkrete sexuelle Praktiken wie z.B. Anal- oder Oralverkehr, oder auch sexuelle Handlungen außerhalb der Ehe kriminalisieren. Hier können fallbezogene Berichte über Menschenrechtsverletzungen im Bereich sexueller Selbstbestimmung unterstützen, empfiehlt auch der UNHCR. Auch die Frage nach der grundsätzlichen Möglichkeit von Minderheitenschutz in einem Land kann sinnvoll sein, denn wenn kein derartiger Schutz durch den Staat garantiert wird, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit von gesellschaftlichen Diskriminierungen bestimmter Gruppierungen ausgegangen werden (vgl. Richtlinien HCR/GIP/12/09 des UNHCR zum internationalen Schutz Nr. 9 vom 23.10.2012: 27-30). Hinzu kommt, dass es Menschen meist sehr schwer fällt mit Fremden wie z.B. Behördenmitarbeiter*innen über intime Themen wie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität zu sprechen. Investigative Fragen, die verletzend in die Intim- oder Privatsphäre eingreifen sind nicht zulässig – dies beschloss der Europäische Gerichtshof am 02. Dezember 2014 (vgl. EuGH vom 02.12.2014 – AZ C-148-150/13). Des Weiteren entschied der europäische Gerichtshof in demselben Urteil, dass Tests zur Beweisführung von Homosexualität und die Einbeziehung von intimen Foto- und Videoaufnahmen unzulässig sind. Es kommt, wie sich in der Beratungspraxis des Kölner Flüchtlingsrats e.V. zeigt, jedoch immer wieder vor, dass Anhörer*innen intime Fragen z.B. nach der Häufigkeit von Sexualkontakten oder nach Vorlieben beim Geschlechtsverkehr stellen. Der UNHCR gibt Empfehlungen, wie die Glaubwürdigkeit von LSBTTIQPersonen im Asylverfahren von Behörden beurteilt werden kann (vgl. Richtlinien HCR/GIP/12/09 des UNHCR zum internationalen Schutz Nr. 9 vom 23.10.2012). Diese Hinweise können auch für LSBTTIQ-Geflüchtete dienlich sein. Ich werde daher im Folgenden aus den Empfehlungen des UNHCR sowie den Erfahrungen des Kölner Flüchtlingsrats e.V. praktische Hinweise für queere Geflüchtete ableiten, die sich auf die Anhörung im Asylverfahren vorbereiten müssen. Allgemein wird vom UNHCR empfohlen, den Fokus auf Empfindungen und Wahrnehmungen von Antragstellenden, auf ihre Gefühle und Erfahrungen in Bezug auf Andersartigkeit, Stigmatisierung und Scham zu legen. Dabei kann die Coming-out-Geschichte von Bedeutung sein, wann man sich das erste Mal verliebt hat oder auch zu welchen Treffpunkten für LSBTTIQ-Personen die*der

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Antragstellende regelmäßig gegangen ist. Beschreibungen von LSBTTIQOrganisationen oder Berichte über die Zugehörigkeit zur LSBTTIQ-Community im Herkunftsland können ebenso hilfreich sein, um die Glaubwürdigkeit herzustellen. Gleichermaßen können regelmäßige Besuche von LSBTTIQOrganisationen und/oder Treffpunkten und das Angebundensein an LSBTTIQBeratungsstellen in Deutschland zur Beweisführung der eigenen sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität beitragen. Voraussetzung ist hier jedoch auch, dass der*dem Anhörer*in die entsprechenden Organisationen bekannt sind. Hier verbirgt sich die Gefahr, dass Lebenswelten von LSBTTIQ-Personen vereinheitlicht werden, indem wegen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe ein bestimmtes Wissen vorausgesetzt wird. Von schwulen Männern wird dann z.B. erwartet, dass sie entsprechende Dating-Apps kennen, um Männer kennen zu lernen. Selbstverständlich gibt es jedoch auch schwule Männer, die sich zum Beispiel in einer stabilen Beziehung befinden oder andere Wege nutzen, um Männer kennenzulernen. Wenn das Coming-out einer Person erst in Deutschland stattgefunden hat, kann der Fokus in der Anhörung auf die Gefühlssituation und den inneren Entwicklungsprozess bis hin zum Coming-out gelegt werden. Dabei wäre auch zu thematisieren, warum die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität im Herkunftsland nicht gelebt werden konnte: Internalisierte Homophobie, Ablehnung der Einordnung des eigenen Sexualerlebens in z.B. schwul oder lesbisch sowie die Angst vor Stereotypisierung können dazu führen, dass Menschen sich nicht offen vor Fremden zu ihrer Situation zu äußern wagen. Vor diesem Hintergrund stellen eine intensive Vorbereitung auf die Anhörung und die Mitnahme von Begleitpersonen für queere Geflüchtete eine wichtige zusätzliche Hilfe und Erleichterung dar. Persönliche Berichte können zusätzlich z.B. durch Stellungnahmen von Organisationen flankiert und unterstützt werden. Gegebenenfalls können auch medizinische Berichte über geschlechtsangleichende Operationen, hormonelle Behandlungen oder biologische Charakteristiken eingereicht werden (vgl. ebd.). Zusammengenommen wird deutlich, dass es mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, die eigene sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität als Fluchtgrund im Asylverfahren geltend zu machen. Zugleich ist die am Beispiel der lesbischen Marokkanerin sichtbare Vorgehensweise des BAMF kein Einzelfall. Vielmehr sind dem Kölner Flüchtlingsrat e.V. in den Jahren 2016/2017 viele ähnliche Fallkonstellationen bekannt geworden. In Anbetracht all dieser Faktoren möchte ich meinen Beitrag mit einer »policy«-Empfehlung schließen: Es wäre wünschenswert und erforderlich, dass Entscheidungsbefugte für die besondere Aufgabe, die sich ihnen bei Anhörungen

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zum Thema sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität als Fluchtgrund stellt, eine gezielte Schulung durchlaufen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich in einer Kleinen Anfrage zum Thema Sonderbeauftragte für geschlechtsspezifische Verfolgung beim BAMF und die Situation von Menschen, die eine begründete Furcht vor Verfolgung wegen ihrer sexuellen Orientierung bzw. Geschlechtsidentität geltend machen an die Bundesregierung gewandt (vgl. BT-Drs. 18/11849). Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort darauf hin, dass für Menschen, die geschlechtsspezifische Verfolgungshandlungen erlebt haben, Sonderbeauftragte zuständig seien, zu deren Schulungseinheiten auch die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität gehöre (vgl. BTDrs. 18/12001). Durch die Schulung von Sonderbeauftragten allein kann jedoch nicht verhindert werden, dass rechtswidrige Entscheidungen wie die oben beschriebene getroffen werden. Zudem zeigt die Praxis, dass auch geschulte Sonderbeauftragte zum Thema sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität nicht ausreichend geschult sind, da auch sie stereotypisierende Äußerungen machen, in die Intimsphäre eingreifen und fehlerhafte Entscheidungen vornehmen. Um dies zu vermeiden, bedarf es m.E. einer intensiveren Schulung aller BAMF Anhörer*innen und Entscheider*innen zu europäischer Rechtsprechung und zu sinnvollen Anhörungstechniken bei LSBTTIQ-Geflüchteten.

LITERATUR Grungras, Neil (2014): »Rising Numbers of LGBTI Refugees Facing Fight for Survival«, in: Huffington Post vom 20.06.2014, siehe http://www.huffington post.com/neil-grungras/lgbti-refugees-facing-fight_b_5514737.html Markard, Nora (2013): »Sexuelle Orientierung als Fluchtgrund – Das Ende der ›Diskretion‹. Aktuelle Entwicklungen beim Flüchtlingsschutz aufgrund der sexuellen Orientierung«, in: Asylmagazin. Zeitschrift für Flüchtlings- und Migrationsrecht 3, S. 74-84. UNHCR (2018): »LGBTI People«, siehe http://www.unhcr.org/lgbti-people56a7a9164.html Politische Dokumente BAMF Bescheid vom 17.10.2016. BT-Drs. 18/11210 vom 16.02.2017. BT-Drs. 18/11849 vom 29.03.2017. BT-Drs. 18/12001 vom 20.04.2017.

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EuGH vom 02.12.2014 – AZ C-148-150/13. EuGH vom 07.11.2013 – C-199/12, C-200/12, C-201/12. Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 13.12.2011. Richtlinie HCR/GIP/12/09 des UNHCR zum internationalen Schutz Nr. 9 vom 23.10.2012. VG Bayreuth, Urteil vom 05.03.2012 - B 3 K 11.30113, Abschnitt 47, siehe https://openjur.de/u/497373.html

Selbstorganisation und Sensibilisierung für Haupt- und Ehrenamtliche

From Perspective to Reality Ibrahim Mokdad

On 28 November 2015, I arrived in Germany as a refugee who had to flee his country, Lebanon, not because of war, but due to his sexual orientation. After many experiences of violence and discrimination, which reached the threshold of being thrown from the third floor of a building in an attempt to kill me, I decided to flee and seek a better, safer life here. Before I made it to Germany, I had many hopes and dreams of how a better life of freedom, acceptance, and tolerance must be like; however, this has all changed only a few days after arriving and seeking asylum. In this article, I will use my personal experiences of escape and arrival in Germany as a gay refugee in order to shed light on the differences between the high positive expectations of living in Germany as a gay person, on the one hand, and the realities of being a gay refugee, on the other. By sharing these stories I wish to address the difficulties, strategies, and opportunities of both being a refugee and working with LGBTIQ refugees in Germany in order to challenge the structural problems and create a more welcoming and accommodating environment. When I was first assigned to a refugee camp, I immediately faced two major problems. First, it was difficult for me to be placed in a camp with mostly nonqueer refugees who were hostile to me because of my sexual orientation. Second, even if I wanted to complain about this hostility, it was clear to me from the beginning that the authorities – although they knew about my reason for asylum – ignored my pleas for help, also because they were either homophobic, not familiar with such cases, or had no clue about what to do. This exacerbated my already-bad situation at the camp and made me feel doubly discriminated against, both by other refugees around me and by the authorities. In short, I felt like a minority within a minority. This, however, was a pivotal point in my life because it transformed me from Ibrahim the gay refugee into Ibrahim the LGBTIQ refugees’ supporter. I felt a

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sense of responsibility to speak about these issues and to not accept being silenced in a society where I have the right to free speech, the right to be respected, and the right to live as a human being to my full potential. Thus, as a first step, I contacted the LGBT office, Diversity Unit of the city of Cologne. At that point, the city of Cologne was unable to offer any kind of help because they were not familiar with problems related to LGBTIQ refugees. Given the lack of work on documenting cases of violence and discrimination against LGBTIQ refugees in Germany, I decided to initiate this kind of work and start documenting such cases by myself. Notwithstanding the lack of awareness about these issues, Rubicon1 in Cologne were already aware of such problems due to their involvement with LGBTIQ refugees through the group Baraka,2 which offers a safe space as well as support and counselling services for LGBTIQ people with a migration or refugee background. At the time, the office of anti-violence and discrimination at Rubicon3 focused on how to prevent such incidents and support the victims. The first step we took was to have more visible in the media and the press through publishing an article by the Kölner Stadt Anzeiger (Katzmarzik 2016) and a collective press release regarding an attack on two LGBTIQ refugees who were also members of Baraka.4 Moreover, we increased our media visibility with a short documentary film by Fluter Magazin of the Bundeszentrale für politische Bildung (German Federal Agency for Civic Education).5 But the most important step was a concrete example of applying the concept of empowerment by Rubicon, who empowered and supported me in becoming a part of their team and securing an official job for me as a gay refugee activist to work on the documentation of cases of violence against LGBTIQ refugees in the State of North RhineWestphalia (NRW). This great opportunity has allowed me to use my own personal experiences to understand and relate to the experiences of other LGBTIQ refugees in Germany, especially in relation to the question of reporting violence to the German au-

1

http://www.rubicon-koeln.de/Home.473.0.html

2

http://www.baraka-online.info/

3

www.vielfalt-statt-gewalt.de

4

The press release was authored by The Landeskoordination Anti-Gewalt Arbeit at Rubicon, The Rainbow Refugees Köln Support Group and the Kölner Flüchtlingsrat. See the press release here: https://rainbow-refugees.cologne/lib/exe/fetch.php?media= ueber_uns:rrc_pm_2016_06_27.pdf

5

https://www.youtube.com/watch?v=exANL1PTsNA&t=1s

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thorities. As a gay refugee who left his country of origin to flee persecution, I am still facing anti-LGBTIQ, racist and anti-migrant prejudice within refugee camps, integration schools, authorities’ offices and police departments. My background as a gay person living in a society where I always had the fear to be prosecuted by the police for being gay made it difficult for me to build a relationship of trust with the police in another country, even though I was aware that the contexts are different. This was not only my situation, but also of many other friends of mine who at some point had a bad experience with officials and had been traumatised by the police in their home countries, making it also challenging for them to resort to the authorities in Germany when they need help. My first experience and contact with the police department in Cologne was a good example for the problems we suffer with the authorities in Germany as LGBTIQ refugees. To begin with, they did not take me seriously. I went there with a friend who was attacked in his camp because of being gay. As soon as he contacted me, I proposed that we’d go to the police to file a claim and seek safety, but that was not what happened. Initially, they considered it a conflict between two refugees in a refugee camp, thus completely ignoring the motives behind an LGBTIQ hate crime. As we filed our claim, they asked us to go back to the refugee camp and said that they would soon send us a letter with further details. This decision was like a shock for us. How could they send us back to the very place where we had been violated and where we felt unsafe? At that moment, my German friend arrived at the police department after I called her. Now that we had a white German person who spoke fluent German, was aware of the laws and had more power than we did, everything changed; they reopened the investigation and went deeper into our claims. As a result of a seven-hour investigation in the police department, they finally decided to go back to the refugee camp with us and arrest the attacker. Although the attacker was forced to move out and was not there anymore, we still had to support my friend in finding a safer place to stay. Based on my experience and those of many other LGBTIQ refugees in my circles, it was not easy to start feeling safe with our sexuality here in Germany. We have come here seeking refuge only to find that homo- and transphobia are alive and well, be it in a refugee camp, intergration course or even the police station. This unfortunately exacerbates the feeling that it is our fault for being LGBTIQ and we find very few outlets to make our fears and insecurities known. Sometimes laughing it off or making jokes about the violence we experienced is our only means of expressing distress and trauma. Apart from the sad truth that the police here only listen to you if you are almost dead, reporting violence is

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something that we had to learn slowly because we come from contexts where such a concept or laws that enforce it did not exist.

WORKING AS AN LGBTIQ REFUGEE SUPPORTER Much of the reporting I have done as an LGBTIQ refugee supporter did not result directly from actually going and reporting incidents, but rather from exchanges and discussions between friends. After talking about what they went through, I would ask my friends for their permission to report the incident to the appropriate institution. In this section, I will tell a few stories which showcase the different types of violence some of my friends went through. The first case concerns a young LGBTIQ refugee, seventeen years old, who arrived in Germany with his family in 2015. With time, he started to discover his sexuality and have a sense of his identity. Simultaneously, it became obvious to his father that his child was gay. Therefore, he started monitoring his child’s activities and stalking him on social media. Eventually, the father became aggressive toward him, which forced him to run away. He contacted some of his friends who in turn gave him my number to contact me for help and support. Soon enough, he called me and I was able to get a clear idea of what was going on. So I called people from the youth welfare office (Jugendamt) in his area and inquired as to who his supervisor was. After telling them the story, the youth welfare office made sure that the child was moved to a safe place. Now that the father could no longer project his anger onto his son, he started to target me because he knew his son got in touch with me through controlling and checking his child’s phone and seeing that I was constantly supporting and encouraging him to go to the youth welfare office. Thus he started to contact and accused me of motivating his son to do bad things. Because of his threats, I decided to block him and informed my colleagues at work about this. As a result, they quickly took action and notified everyone about the problem in order to prevent any stranger with no appointment from coming into the offices, especially if this person was asking for me. The second case I wish to share sheds more light on the fear of reporting violence. A young, 20 year-old LGBT refugee went to meet someone he got to know on a gay dating app. They met in the other person’s house and it was not long before my friend discovered that the guy was expecting an S&M date. Being not interested in such sexual activities, my friend told him that, which was not to the offender’s liking. Consequently, the offender tried to tie him with a rope against his will and attempted to rape him. After the victim managed to es-

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cape from the offender’s house, he was in shock and didn’t know what to do. His first instinct was to contact me. I rushed to his aid and we went to the hospital together in order to have him checked and to have the violent incident documented. After seven hours at the hospital, we agreed to go the police department the next day with the collected evidence in order to file a complaint. The next morning, I received a phone call from the victim who informed me that he did not want to go to the police station anymore. After discussing this issue with him a bit more, it turned out that he lived together with his family and he was therefore afraid to be outed in the process of going the police or to court. Of course, I respected his wishes, but also informed him that the evidence we collected could be stored for ten years and that he could file a complaint against the rapist any time he felt ready for that. The last case I will mention concerns the issue of trans*-refugees. Here gender identity becomes a key factor, which leads to a different set of problems at official institutions. Once I was supporting a trans*-woman at the job centre, where she faced discrimination and maltreatment from the employer because of her gender identity. When she handed him her documents, the employer clearly made assumptions and started complaining and talking to her in an annoyed tone, “You’ve come to your appointment with the wrong documents. These papers belong to a male, not to you.” That was an indescribable situation where the woman* was forced to explain the process of her transformation so that he would stop talking to her this way. This incident not only points to the unequal power dynamics that shape the relation of LGBTIQ refugees’ to the authorities, but also demonstrates the systematic lack of knowledge in such settings regarding the issues of sexual orientation and gender identity, and especially as to how these relate to migrants and refugees.

ACTIVISM AND SOCIAL MEDIA Since I started my activist work in documenting cases of violence and discrimination against LGBTIQ refugees, social media played a central role because it offered me an open space to create pages where I could discuss the topic of sexuality and gender identity in more than three different languages: Arabic, English, Persian, and Dari (of course with the help of other refugees who volunteered for the translations). This enabled me to reach more refugees from different backgrounds. Being an admin of different Facebook pages that focus on issues related to LGBTIQ refugees in Germany provided me the opportunity to spread more awareness about the violence and discrimination, but it also allowed

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me to reach people who haven’t been able to reach us before.6 Social media have thus provided many LGBTIQ refugees with an easy way to communicate and report violence as well as know what to do in such cases. With these pages, we receive daily at least 10 messages from LGBTIQ refugees asking questions about asylum procedures, resettlement, housing, integration courses, and health issues. Almost once every two weeks, we are contacted through Facebook regarding incidents of violence or discrimination. Apart from Facebook, communication over Whatsapp groups proved to be an effective way for many LGBTIQ refugees to contact me and inquire about various issues as well as report cases of violence. Moreover, I discussed my story, my work, and my activism in many interviews and in documentaries where I spoke about diverse issues such as violence, discrimination, sexual diversity, acceptance, and raising awareness among different communities, LGBTIQ and others.7 While being active on social media is very important, it does not replace the necessity of meeting and being with LGBTIQ refugees on the ground. That is why I also do my best to participate in sundry LGBTIQ meetings and visit LGBTIQ groups in NRW. Moreover, I find it greatly important to decentralise our focus on LGBTIQ refugees and shift it from big cities to rural areas. Therefore, I take part in the weekly or monthly meetings of groups that are not based in big cities. In these get-togethers, we share our stories of violence and discrimination, discuss strategies to counter such incidents, and build a larger LGBTIQ refugees network all over NRW. In addition, I inform them about my job at Rubicon and the kind of documentation work we do for cases of violence or discrimination against LGBTIQ refugees. While networking with refugees and their self-organised meetings and events is of utmost importance, it is equally important to network with organisations that offer consulting services for refugees or publish materials regarding sexuality, gender identity and violence, especially

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Page in Arabic about LGBT REFUGEE in Germany: https://www.facebook.com/ lgbtrefugeearabic/. LGBT networking page in Arabic: https://www.facebook.com/ groups/892197234145432/. LGBT asylum seekers in Germany: https://www. facebook.com/groups/431924650273051/.

Rainbow Refugees

Cologne support

Group: https://www.facebook.com/Rainbow-Refugees-Cologne-Support-Group-1654 888444787574/. My Activist page: https://www.facebook.com/LGBTIQpride/ 7

Situation and discuss situation in camps: https://www.youtube.com/watch?v= exANL1PTsNA&t=5s. Attacks toward LGBT Refugees in cologne: https://www. youtube.com/watch?v=wZSeb9_0tpk&t=46s

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because not all LGBTIQ refugees are aware of the existence of such support groups or of their rights in Germany.

THE FOUNDATION/ESTABLISHMENT OF SOFRA8 The more I communicated with people online, the more I felt the demand for a safe space where LGBTIQ refugees could meet, hang out, converse, exchange ideas, share stories, and also have fun without having to worry about the possibility of violence of discrimination. That was why I started Sofra Cologne, a monthly meeting point for refugees from all over NRW. With more people joining our Facebook- and Whatsapp-groups, Sofra’s Facebook page now has almost 500 members.9 It became well known among many LGBTIQ people, refugees, migrants and their allies across NRW as the place to meet for support, help, or simply to find an accepting community (stadt-koeln.de). Sofra is the Arabic word for dining table. In Arab culture, family and friends meet quite often at the dining table to eat delicious food in a positive and safe atmosphere, where they discuss different topics and show mutual support as a community. Conceived on 1 February 2016, the concept was only realised six weeks later on 14 March 2016. Sofra was founded for LGBTIQ refugees to have a safe space. It is a space where they can meet without any fear of violence or bullying by others, be it the employees of the German authorities in refugee accommodations, German society, or other, non-LGBTIQ migrants and refugees. In coordination with Ina Wolf, who is responsible for the networking and press work of the Rainbow Refugees Support Group, contact was established with “Anyway”, a youth centre for LGBTIQs in Cologne. We held the first Sofra meeting there, and due to its success, it was agreed that Sofra would take place there once a month. Sofra aims at making the integration process for LGBTIQ refugees easier and more accessible through providing information about their rights and obligations or inviting people from official departments and counselling offices in Germany as well as allies and people who are supportive of or work on LGBTIQ refugee rights. Moreover, we try to keep LGBTIQ refugees updated about new projects and activities such as education, awareness, empowerment, and integration programs. Moreover, we organise events for both refugees and Germans to

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www.sofracologne.de

9

https://www.facebook.com/groups/sofracologne/

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meet, get to know each other, and network. But not only that: Sofra is also a space where LGBTIQ refugees cook, eat, and drink together and with others, listen to music, party, and also take part in small workshops. Sofra thus symbolises a space of opportunity for many of us in the LGBTIQ refugee and migrant communities in NRW to reflect on the difficulties and challenges that we have faced or continue to face. But it is also a space to support each other, celebrate our differences and bring together various communities and groups that otherwise would not have the chance to meet and network. In this article, I tried to briefly shed light on the various transformations I went through as a gay refugee in Germany. Although I had to deal with and manage the many significant and at times false expectations of what it meant to be an LGBTIQ refugee in Germany, I also found support, empowerment, a community, and a chance at growing as a person and as an activist who is capable of helping others in their fight for equality and recognition in Germany. Whether through fighting against homophobia and transphobia in the refugee camps, challenging the ignorance and homophobia/transphobia of the authorities, working as an activist in a German LGBT organisation, using social media to reach to others, or creating a safe space such as Sofra, I have come a long way from being a person who fled persecution and discrimination in my country of origin to an activist who is now fighting and challenging discrimination against and exclusion of LGBTIQ refugees and migrants. On that note, I am hoping to be part of creating a safer world where everyone can explore their full potential and is equally protected and treated with respect.

LITERATURE Katzmarzik, Anja (2016): »Homosexuelle Flüchtlinge Geflohen und doch nicht sicher« Kölner Stadtanzeiger (http://www.ksta.de/koeln/homosexuellefluechtlinge-geflohen-und-doch-nicht-sicher-23696216), accessed on April 24, 2019. Stadt-Koeln.de (no date available): “SOFRA Cologne” Stadt-Koeln.de (http:// www.stadt-koeln.de/leben-in-koeln/soziales/fluechtlinge/angebote-fuerfluechtlinge-refugees/sofra-cologne), accessed on April 24, 2019.

Ein Leben, das für alle lebbar ist? Schutzsuchende LSBTTIQ zwischen Mainstreaming und Exzeptionalismus Tuğba Tanyılmaz, Nadiye Ünsal, Koray Yılmaz-Günay

Die ›Flüchtlingskrise‹ von 2015/2016 hat mit unglaublicher Geschwindigkeit und Intensität ein Thema in die (queere und nicht-queere) Öffentlichkeit gespült, das trotz des zum Teil ausgiebigen queer-migrantischen Engagements jahrzehntelang kaum wahrgenommen worden war: Queere Lebensweisen und Migration müssen zusammen-gedacht werden. Bundesweit haben sich in kürzester Zeit zahlreiche Unterstützungsinitiativen und -netzwerke gegründet, es gibt politische Diskussionsrunden, Fortbildungen, Fachtagungen, Spendensammlungen, Veröffentlichungen und mit kleinem oder großem Geld unterstützte Projekte – darunter nicht zuletzt auch Gemeinschaftsunterkünfte für asylsuchende Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* (LSBTTIQ). So schnell das Interesse an einem solchen ›Nischen-Thema‹ im Jahr 2015 entstanden ist, so wenig wird es sich verstetigen lassen, wenn die Verschränkungen von Migration und Fragen von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität nur als vorübergehendes ›Problem‹ wahrgenommen werden. Nach einer Reflexion unserer eigenen Praxis im Umgang mit geschlechtlicher und sexueller Vielfalt beim Migrationsrat Berlin (MRB) wollen wir mit einem kleinen Exkurs zu Intersektionalität herausarbeiten, warum ein Exzeptionalismus, der einzelnen Gruppen von Geflüchteten ausnahmsweise bessere Lebensbedingungen gewährleistet, auch dazu dient, systematisch schlechtere Lebensbedingungen für andere zu legitimieren. Wir wollen damit zeigen, wie das Engagement für queere Geflüchtete zu einem Engagement für eine Verbesserung des Lebens aller ausgeweitet werden kann.

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GESCHLECHTLICHE UND SEXUELLE VIELFALT BEIM MRB Der MRB, entstanden zunächst als Migrationsrat Berlin-Brandenburg, hat sich bereits im Vorfeld seiner Gründung im März 2004 intensiv mit den Bedingungen für die Zusammenarbeit verschiedenster Migrant*innen-Selbstorganisationen (MSOs) auseinandergesetzt. Es war zu dem Zeitpunkt nicht selbstverständlich, dass Communities unter einem Dach zusammenkommen und zusammenbleiben, die aufgrund ganz verschiedener Erfahrungen entstanden sind. Im konkreten Fall waren dies: • Vereine mit gewachsener Mitglieder- und Infrastruktur, die von ehemaligen • •

• •

›Gastarbeiter*innen‹ in Westberlin gegründet worden waren; jüngere Organisationen, die vor allem von (ehemaligen) Vertragsarbeiter*innen in Ostberlin gegründet worden waren; Communities, die – wie die (ex-)jugoslawischen – aufgrund jüngster kriegerischer Auseinandersetzungen tief gespalten waren oder durch verstärkte Einwanderung einen grundlegenden Wandel durchmachten – etwa durch die jüdische Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion; Einwanderer*innen aus den späteren EU-Mitgliedsstaaten in Ost- und Südosteuropa; aber auch Menschen aus in ›unseren‹ Kontexten bisweilen marginalisierten Gruppen, die aus afrikanischen, lateinamerikanischen, ost- und südasiatischen Ländern und dem Nahen Osten stammten.

Neben verschiedensten Organisationsstrukturen und -geschichten standen unterschiedliche aufenthaltsrechtliche und soziale Bedingungen, aber auch sicherheitspolitische Diskurse, die bis in die Communities hineinwirkten, einer unmittelbaren Zusammenarbeit entgegen. ›Die Migrant*innen-Community‹ existierte also nicht – und es sollte Jahre dauern, bis das Identifizieren gemeinsamer Themen und das gemeinsame Eintreten für Anliegen ›der‹ Migrant*innen operationalisiert werden konnte. Eine große Rolle spielte dabei von Anfang an die Frage, wie ein Dachverband, der heute aus mehreren Dutzend Organisationen besteht, Vielfalt abbilden kann. Dabei war die Akzeptanz der Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten eins der schnell zum Konsens gewordenen Themen.. Die Problematisierung von Sexismus, Trans- und Homofeindlichkeit gestaltete sich – anders als von manchen an der Gründung beteiligten Vertreter*innen von Frauen*-, Lesben- und Schwulenorganisationen erwartet – relativ problemlos. In

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der Präambel der Satzung, die monatelang debattiert worden war, heißt es seitdem unverändert – und so auch in der aktuellen Fassung der Satzung von 2015: »Wir, die Mitgliederorganisationen des Migrationsrats, lehnen Rassismus, nationalen Chauvinismus, Antisemitismus, jegliche Diskriminierung aufgrund von Religion und Weltanschauung, der ethnischen Herkunft, des Alters, des sozialen Status, der sexuellen Orientierung, des Geschlechts, der körperlichen und geistigen Behinderung und jegliche Gewaltanwendung zur Lösung von Problemen strikt ab.« (MRBB 2015)

Bei der Besetzung der Vorstände, bei der Zusammensetzung des Geschäftsstellen-Teams, aber auch in der Arbeit, die seitdem geleistet wird, ist auf die Abbildung gesellschaftlicher Vielfalt in Bezug auf Geschlecht und Sexualität ein spezielles Augenmerk gelegt worden. Der MRB ist in die Berliner Debatten um den Abbau von sexistischer, homo- und transfeindlicher Diskriminierung genauso eingebunden wie in jene um Rassismuskritik und Partizipationspolitik. Über die Teilnahme an und die Ausrichtung von Runden Tischen gegen Homo- und Transphobie, aber auch in Reaktion auf gesellschaftliche Debatten, die Sexismus sowie homophobe und transfeindliche Gewalt vor allem in ›Migrant*innen‹Communities externalisierten (vgl. Yılmaz-Günay 2014), hat sich der MRB vor allem in den letzten zehn Jahren um den Aufbau eines eigenen Arbeitsbereichs Inklusive Communities bemüht. Zunächst lag der Fokus dabei auf Sensibilisierungskampagnen, Vernetzungsaktionen, dem Erstellen verschiedener Publikationen (vgl. etwa MRBB 2010), und der von zwanzig Vereinen unterschriebenen und in dreizehn Sprachen übersetzten Resolution Berliner Migrant_innenselbstorganisationen (MSO) zur sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt (MRBB 2014). Seit 2015 steht nun im Rahmen des Projekts MSO Inklusiv! die ›Öffnung‹ von anderen MSOs für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt durch selbstkonzipierte Projekte im Vordergrund.1

QUEER REFUGEES ALS SCHWERPUNKT Die Situation von asylsuchenden queeren Menschen stellt dabei von Beginn an einen Schwerpunkt unserer Tätigkeit dar, der aus der Fortentwicklung der Arbeit als Dachverband entstanden ist. Während in den ersten Jahren der Organisationsgeschichte vor allem der gegenseitige Verweis von Beratungs- und Hilfesu-

1

Vgl. http://www.mso-inklusiv.de

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chenden im Fokus stand, da unter demselben Dach queere Organisationen mit Organisationen von (ehemaligen) Asylsuchenden vernetzt waren, hat jüngst eine substanzielle Entwicklung stattgefunden. Als Akteure nehmen geflüchtete LSBTTIQ nun jenseits konkreter Unterstützung ihr Leben im Flucht- und vor allem im Ankommensprozess aktiv in die eigene Hand. Der selbstorganisierte Protest gegen isolierende Unterbringung, Abschiebungen und die systematische Schlechterstellung von Asylsuchenden und Geduldeten im Vergleich zu Menschen mit besserem Aufenthaltsstatus2 spielte hier neben einzelnen gesetzlichen Veränderungen eine tragende Rolle. Die Feststellung, dass es bundesweit ein Defizit an Expert*innen zur Schnittstelle Flucht und geschlechtliche/sexuelle Identität gibt, brachte das Kooperationsprojekt Queer Refugees – More Than Just Welcome von Gays und Lesbians aus der Türkei (GLADT) und MRB hervor. Das Projekt umfasste zwei Komponenten, die im Folgenden detaillierter dargestellt werden: Zum einen wurde ein Online-Mapping relevanter Akteure erstellt und zum anderen wurde am 22. September 2016 ein Fach- und Vernetzungstag an der Berliner Alice-SalomonHochschule durchgeführt (GLADT/MRBB 2016). Dieser sollte dem Umstand entgegenwirken, dass viele Beratungs- und Begleitangebote letztlich nicht ausreichend offen für queere Asylsuchende waren. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl die EU-Richtlinien des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (z.B. Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) als auch die Versorgungs- und Integrationskonzepte für Asylsuchende in einzelnen Bundesländern bereits in Kraft (z.B. das 2015 erarbeitete Versorgungs- und Integrationskonzept für Asylbegehrende und Flüchtlinge des Berliner Senats). In diesem Rahmen wurde in der Regel auch die Aufnahme von »besonders Schutzbedürftigen« thematisiert. Trotzdem fehlten – und sie fehlen oft bis heute – sowohl auf staatlicher als auch auf nicht-staatlicher Ebene dringend benötigte Konzepte, etwa zum Gewaltschutz in Sammelunterkünften oder zur gesundheitlichen, sozialen und psychologischen Beratung. Gemeinsam mit seiner Mitgliedsorganisation GLADT stellte sich der MRB deswegen der Herausforderung der Bedarfsermittlung im Spannungsfeld von MSO, Initiativen und Vereinen, die sich für geflüchtete LSBTTIQ einsetzen, und geflüchteten LSBTTIQ selbst. Ziel der Fachtagung mit über 180 Teilnehmenden war es daher, in direktem Aus-

2

Beispielsweise ist ihr Existenzminimum nach wie vor abgesenkt, was einer der maßgeblichen Bedingungen für die Proteste war, die ab 2012 in der gesamten Bundesrepublik entstanden (vgl. Classen 2018).

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tausch mit Betroffenen nach der Reflexion des Bestehenden neue, praxisnahe und diskriminierungssensible Ergebnisse für die Beratungs- und Begleitungsstrukturen von LSBTTIQ Geflüchteten in Deutschland zutage zu fördern. Im Zentrum standen dabei die Erfahrungen und das Wissen von geflüchteten LSBTTIQ, MSOs sowie LSBTTIQ-Initiativen und -Vereinen im Einsatz für geflüchtete LSBTTIQ aus dem gesamten Bundesgebiet hinsichtlich der rechtlichen und sozialrechtlichen Lage von LSBTTIQ-Geflüchteten als auch deren intersektionale Diskriminierung. Folgende Fragen waren auf Grundlage dieser Erfahrung zentral auf der Fachtagung: • Wie können wir auf uns und unsere Freund*innen achten? Was ist self-care

und Selbsthilfe? Was ist self-love? • Welche verschiedenen Formen und Verständnisse von Empowerment sind

vorhanden? • Wie können wir uns, als LSBTTIQ-Personen, die von Flucht, Migration

und/oder Rassismus betroffen sind, gegenseitig unterstützen? • Wo finde ich praktisches und hilfreiches Wissen über Unterstützungsstruktu-

• • • •

ren, insbesondere für mehrfachdiskriminierte und LSBTTIQ-Geflüchtete? Wie komme ich an dieses Wissen heran? Und wie können wir voneinander lernen? Was sind die Ziele von Vernetzung? Was bedeutet Selbstorganisation – und wie kann funktionieren? Wie kann ein solidarisches Miteinander gelingen ohne vorhandene Unterschiede und Lebensrealitäten außer Acht zu lassen? Wie können wir innerhalb unserer eigenen Communities Homo- und Transfeindlichkeit bekämpfen, ohne selbst rassistische Stereotype zu reproduzieren?

Bereits im Vorfeld war ein bundesweites Online-Mapping3 relevanter Akteure an den Schnittstellen von Flucht/Migration, Asyl und LSBTTIQ-Belangen erstellt worden, das auf der Tagung vorgestellt wurde und die Fragestellungen der Tagung durch aktuelle empirische Daten eingebettet hat. Das Mapping ermöglicht einen repräsentativen Überblick über die Beratungs- und Begleitangebote von re-

3

Vgl. www.morethanwelcome.de. Das Mapping wird seit 2017 von der Deutschen AIDS-Hilfe fortgeführt und ist unter www.queerrefugeeswelcome.de einsehbar. Es ist um die Themenbereiche Gesundheit, Wohnen sowie um die wichtigsten Web-Portale für geflüchtete LSBTTIQ auf deutscher und europäischer Ebene erweitert worden. Auch europaweit fehlte und fehlt es an der Vernetzung von Anlaufstellen zu diesen Themen.

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levanten Organisationen, Initiativen und Vereinen aus dem gesamten Bundesgebiet. Durch das mehrsprachige Mapping und die Fach- und Vernetzungstagung soll es geflüchteten LSBTTIQ sowie Initiativen und Vereinen in Zukunft leichter fallen, sich in der vielfältigen Beratungs- und Begleitungslandschaft zurechtzufinden. Im Rechercheprozess war festzustellen, dass seit 2015 immer mehr Initiativen und Vereine gezielt Angebote für asylsuchende LSBTTIQ in ihre laufende Arbeit aufgenommen hatten. Das ist zwar einerseits sehr begrüßenswert, es zeigen sich in der Praxis aber auch einige Probleme. Häufig waren Informationen über das vorhandene Angebot etwa nicht ausreichend schnell auffindbar – oder aber die Webseiten bzw. Flyer teilten nicht mit, in welchen Sprachen das jeweilige Angebot überhaupt verfügbar ist. Zudem ist selten aufgeführt, welche Angebote für Menschen mit Beeinträchtigungen barrierefrei verfügbar sind. Auch lässt sich derzeit eine große Ballung solcher Angebote im Raum BerlinBrandenburg beobachten, während beispielsweise in Thüringen und im Saarland nur wenige Angebote für geflüchtete LSBTTIQ zu finden sind. Ins Auge sticht außerdem, dass bislang nur punktuell mit den Akteuren selbstorganisierter Strukturen zusammengearbeitet wird. Wichtige Bedürfnisse bleiben dadurch unberücksichtigt: geschützte Unterbringung, medizinische und psychologische Versorgung in eigener Sprache und sensibilisierte Dolmetscher*innen, soziale, diversitätssensible und empowernde Anlaufstellen bzw. Treffpunkte und nicht zuletzt die unseres Erachtens unverzichtbare Peer-to-PeerExpertise. Die Sensibilität für mehrdimensionale Diskriminierung und das Wissen um Intersektionalität (siehe unten) fehlt an vielen Stellen nach wie vor. Politische Lobbyarbeit für und Aufklärungsarbeit über die Interessen von geflüchteten LSBTTIQ werden in diesem Kontext vor allem von Selbstorganisationen von geflüchteten LSBTTIQ und anderen MSOs betrieben, die über langjährige Erfahrung und Wissen zu den Themen Flucht/Migration und geschlechtliche/sexuelle Identität verfügen. Da viele der neuen Angebote erst seit 2015 bzw. 2016 existieren, bleibt abzuwarten, wie nachhaltig diese Stellen sein werden und wie es mit der Entwicklung intersektionaler Beratungsansätze weitergehen wird. Bisher sagt das Online-Mapping also mehr über die Quantität als über die Qualität der Angebote aus.

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ZAUBERWORT INTERSEKTIONALITÄT Die Arbeit des MRB im Bereich der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt (und ihrer institutionellen Repräsentationen) ist von jeher durch den Fokus auf mehrdimensionale Diskriminierung geprägt, auch wenn es hierzulande an der Aufmerksamkeit für Intersektionalität mangelt. So gibt es erst seit Kurzem eine dezidierte Antidiskriminierungsgesetzgebung. Zudem stellt diese mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz von 2006 nur eine halbherzige Umsetzung internationaler Verpflichtungen dar (vgl. Çetin 2012), weil mehrdimensionale Formen der Diskriminierung nur am Rand Erwähnung finden. Schließlich kommen weitergehende Landesantidiskriminierungsgesetze gerade erst in die Diskussion. Dabei liegt es unseres Erachtens unmittelbar auf der Hand, dass »queere Geflüchtete als ökonomisch Benachteiligte, als Angehörige von Gruppen, denen ethno-kulturelle Fremdheit unterstellt wird, und als Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* oder Inter* in mehrerlei Hinsicht gleichzeitig marginalisiert werden« (Bayramoğlu/Gammerl/Küppers 2017: 32) – ganz zu schweigen davon, dass weibliche queere Geflüchtete von einer zusätzlichen Diskriminierungsdimension betroffen sind: »Weiblichen Migrant_innen wird auch deswegen kaum Aufmerksamkeit zuteil, weil man ihnen im Unterschied zu den männlichen eine weitreichende Passivität unterstellt. Gleichzeitig bleibt die sexuelle Gewalt, unter der sie leiden, meist unsichtbar, da sie in Räumen stattfindet, die dem öffentlichen Blick entzogen sind. Noch weiter ins Abseits geraten lesbische Fluchten, die so gut wie nie zum Thema öffentlicher Debatten werden. Diese Hierarchisierung spiegelt sich auch im Umfang der Forschung zu den jeweiligen Gruppen und in den spezifischen Benachteiligungen beim Zugang zu ökonomischen Ressourcen, mit denen Frauen und Lesben zu kämpfen haben. Ihre Marginalisierung wird auch dadurch verstärkt, dass die diskursive Präponderanz von männlichen Geflüchteten und von Schwulen unter den queeren Geflüchteten mit ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit einhergeht. Sowohl auf diskursiver als auch auf realer Ebene zeigt sich somit, dass die neoliberale Propagierung globaler Mobilität bestehende Machtstrukturen nicht überwindet, sondern verstärkt.« (Ebd.: 33-34)

Um solchen Wechselverhältnissen unterschiedlicher Ein- und Ausschlussmechanismen gerecht zu werden, bietet sich eine »intersektionale« Herangehensweise

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an. Der Begriff wurde Ende der 1980er Jahre von der Schwarzen4 USamerikanischen Juristin Kimberlé Crenshaw geprägt (vgl. Crenshaw 1989), die ihre Arbeit als Folge und im Zusammenhang mit dem Schwarzen Feminismus in den USA verstand. Sie hatte sich mit Gerichtsverfahren beschäftigt, in denen Schwarze Arbeiterinnen unterschiedlicher Industriezweige gegen ihre Entlassung geklagt und vor Gericht verloren hatten, während weiße Frauen und Schwarze Männer ihre Arbeitsplätze behalten hatten. Den beklagten Konzernen konnte keine Benachteiligung aufgrund von Geschlecht oder »race« nachgewiesen werden. Genau dieses Oder führte Crenshaw zur Metapher von der Straßenkreuzung (»intersection«): Zwei bis dahin als abgeschlossen gefasste Kategorien der Antidiskriminierungsgesetzgebung mussten in ihrem Zusammenwirken analysiert werden, um das Interesse der Geschädigten – »race« und Gender – begreifen und in ihrem Sinn intervenieren zu können. In der Folge empfahl Crenshaw, das Konzept »auszuweiten und etwa Klasse, sexuelle Orientierung, Alter und Color mit einzubeziehen« (Crenshaw 1995: 378, Übersetzung: de Coster/Wolter/Yılmaz-Günay 2014: 120). Intersektionalität5 wird in der Bundesrepublik bis heute oft ausschließlich als Theorie verstanden, die vor allem aus dem US-amerikanischen Diskurs importiert worden ist – eine Sichtweise, die sicherlich zu diskutieren ist. Weder handelt es sich trotz der ausführlichen wissenschaftlichen Arbeiten zur Critical Race Theory um eine rein akademische Auseinandersetzung, noch lässt sich trotz fehlender Rezeption im Mainstream die aktivistische, publizistische, bildnerische und akademische Arbeit von Menschen mit mehrdimensionalen Identitäten in Deutschland von der Hand weisen (vgl. Voß/Wolter 2013). Dieser grob skizzierte Ansatz prägt die Arbeit des MRB im Bereich sexuelle und geschlechtliche Vielfalt (und ihrer institutionellen Repräsentationen), denn die Kämpfe und Theoriebildungen von Schwarzen und People of Color spielten auch für einen Teil der Mitgliedschaft eine Rolle im eigenen Aktivismus – und zwar spätestens seit den Auseinandersetzungen innerhalb der zweiten deutschen Frauenbewegung in den 1970/80ern. Der Anspruch, die Kategorie Geschlecht absolut zu setzen und als entscheidendes Differenzkriterium zu definieren, hatte auch in der Bundesrepublik den Widerspruch von jüdischen, Schwarzen, Sintizza und Rromnja und/oder migrantischen und/oder beeinträchtigten Frauen her-

4

Zum Begriff »Schwarz« als (politischer) Selbstbezeichnung, der auch in der adjektivi-

5

Die folgenden Ausführungen zu Intersektionalität orientieren sich an de Coster/

schen Verwendung großgeschrieben wird, vgl. Sow (2008) und Kotte (2008). Wolter/Yılmaz-Günay (2014).

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vorgebracht. Dass die als Norm gedachte ›Frau‹ weiß, deutsch und christlich sozialisiert sein sollte, ließ sich mit der Lebensrealität vieler Frauen* nicht vereinbaren. Migrantische Aktivist*innen wiesen darauf hin, dass sie andere – zum Teil sogar gegenläufige – Unterdrückungserfahrungen machten, die aus dem Ineinanderwirken unterschiedlicher Differenzkategorien resultierten (vgl. Mamozai 1989; Oguntoye/Opitz/Schultz 1997; Hügel et al. 1993; FeMigra 1994). Von ähnlichen Erfahrungen wussten, spätestens seit Beginn der 1990er Jahre, LSBTTIQ zu berichten, die neben Trans- und Homofeindlichkeit zugleich Rassismus erfuhren und sich entsprechend in vielen Städten der Bundesrepublik in Gruppen oder Projekten wie AfroGays, Türkgay, Yachad, Pink Petokraka, Ermis oder der Schwulen bzw. Schwul-Lesbischen Internationale, Asian Babes in Patatoeland, GLADT, baraka oder LesMigraS (unter dem Dach der Lesbenberatung Berlin) organisierten. Angesichts der zunehmenden Externalisierung von Sexismus und Homofeindlichkeit an vor allem Männer of Color hat die vorübergehende Sichtbarkeit von migrantischen Queers zu Beginn der Nuller Jahre in queeren und feministischen Spektren schnell wieder abgenommen. Zu stark waren zentrale Akteure eingebunden in die »›Muslim Homophobia‹ Panic« (vgl. Çelik et al. 2009; Haritaworn/Petzen 2011). Queere Institutionen, Veröffentlichungen, Veranstaltungen, Partys etc. behandelten als Sonderfall auch einmal einen migrantischen Schwerpunkt, sonst aber erschienen die Themen Migration und Rassismus nicht querschnittsgeeignet. Wo queere People of Color vorkommen durften, wurden sie vor allem als ›Opfer‹ von Zwangsheiraten, ›Ehrenmorden‹ und anderen Formen innerfamiliärer Gewalt dargestellt. Dasselbe galt für viele MSOs, die – wenn sie queere Themen nicht ganz ignorierten – ausnahmsweise auch einmal queere Schwerpunkte setzten, ansonsten aber geschlechtlich binär und heteronormativ funktionierten. Es ist diese künstliche Aufspaltung der Gesellschaft in queere (weiß-deutsche) Queere und (cis-heterosexuell-gefährliche) Migrant*innen, die zu Polarisierungen führt und für alle einen Wandel zum Besseren verhindert. Die Debatten um die ›Silvesternacht in Köln‹ verdeutlichen, wie tief mittlerweile vergeschlechtlichte ethnische Zuschreibungen verankert sind. Während die faktische Ungleichbehandlung von Frauen weitergeht, werden vermeintlich fremde Männlichkeiten zur Quelle der Gefahr erklärt – über ein ›Integrationsdefizit‹ der ›Anderen‹ wird die Dominanzgesellschaft weißgewaschen.

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WER IST FÜR QUEERE MENSCHEN OF COLOR ZUSTÄNDIG? Angesichts einer polarisierenden Debatte, die – in Abstufungen – Sexismus, Homo- und Transphobie bei ›den Anderen‹ verortet, ist die ›Zuständigkeit‹ für Queers, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und/oder ihrer Geschlechtsidentität ein Land verlassen, vor allem staatlichen und überstaatlichen Stellen überantwortet worden. Wer in ein anderes Land flüchtet, steht damit außerhalb des Interesses gesellschaftlicher und politischer Bewegungen. Dies wird sichtbar durch Forderungen wie die der Kopplung von Entwicklungshilfe an menschenrechtliche Bedingungen, durch die Verlagerung der Bedürfnisse von geflüchteten LSBTTIQ in die EU-Aufnahmerichtlinie und die Zuständigkeit von einzelnen Behörden sowie durch das Vertrauen in Gerichtsentscheidungen – insgesamt also in die »mitunter schmalen Schultern offizieller Staatlichkeit« (Bayramoğlu/Gammerl/Küppers 2017: 26). Skepsis ist in diesem Bereich aber durchaus angebracht: »Gerade wenn auch diejenigen queeren Selbstentwürfe und Lebensweisen geschützt werden sollen, die westlichen Vorstellungen von LSBTI* nicht entsprechen, sind Strategien unerlässlich, die sich jenseits eines engen Begriffs des Politischen bewegen. Queere Fluchten drängen also die deutsche und die europäische LSBTI*-Community zu einem Überdenken ihrer Perspektiven auf Diskriminierung und möglicher Strategien zu deren Überwindung.« (Ebd.)

Die Aufmerksamkeit sollte in diesem Rahmen nicht nur auf die Reflexion von Strukturen, sondern immer auch auf das konkrete Individuum und seine »agency« gerichtet werden. Dies erscheint insbesondere innerhalb eines immer rigider werdenden Asylregimes und der bisweilen Jahre andauernden Asylverfahren dringend geboten. Denn dass angesichts der polarisierten Debatten über Einwanderung die Anerkennungspraxis durchaus wieder restriktiver gehandhabt werden wird, steht genauso zu befürchten wie das dann fehlende gesellschaftlich-politische Engagement aus den sozialen Bewegungen. Der Staat wird ›es‹ eben nicht richten. Sein Handeln muss – auch durch eine queere – Zivilgesellschaft immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden. Verkürzt gesagt kann andernfalls eine der Folgen der Verstaatlichung des Themas asylsuchende LSBTTIQ die Verstetigung der unproduktiven Dichotomie Queer ist weiß – Migration ist cis-/heteronormativ sein. Eine intersektionale Aufstellung würde demgegenüber nicht nur die oft traditionellen Identitätsmodellen anhängenden Single-Issue-Bewegungen von LSBTTIQ mit neuem Leben füllen, die ausschließ-

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lich auf Bürger*innenrechte fokussieren. Sie würde auch starke Bündnisse zwischen ihnen und den breit aufgestellten Protest-Bewegungen der Geflüchteten ermöglichen.

AUSSERGEWÖHNLICH QUEER? Die konkreten Verbesserungen für LSBTTIQ, die in den letzten Jahrzehnten erstritten wurden – und bis heute den lautstarken Protest fundamentalistischer Kreise nach sich ziehen (›Verschwulung‹, ›Genderwahn‹, ›Frühsexualisierung‹ u.a.) – fanden nicht im luftleeren Raum statt. Sie sind Teil einer Entwicklung, in der sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als isolierbar behandelt werden. Diese Entwicklung weist auf einen Exzeptionalismus hin, »that elevates the status of a sexual or gender identity without allowing for a consideration of other factors (e.g. disability, poverty, racialization as a person of color) that have an impact on how a person might experience homophobia, transphobia or other forms of discrimination. […] This exceptionalism becomes even more apparent as we look at the systematic disenfranchisement of refugees« (Petzen 2016: 193).

Das plötzlich so breite Interesse an queeren Geflüchteten korrespondiert durchaus mit einem weiten Desinteresse am Schicksal von Asylsuchenden, Geduldeten und Abgeschobenen, die nicht queer sind. Im Fall queerer Geflüchteter wird, auch und vor allem durch das Engagement von LSBTTIQ-Organisationen, eine Ausnahme gemacht, die im Widerspruch zum Normalzustand steht. Seit dem ›Asylkompromiss‹ von 1993, also der faktischen Außerkraftsetzung des grundgesetzlich garantierten Individual-Rechts, in der Bundesrepublik Asyl beantragen zu dürfen, heißt dieser: Bei ›uns‹ kommen keine Asylsuchenden an. Die gutgemeinte Behandlung von besonders schutzbedürftigen Gruppen, zu denen auch LSBTTIQ gerechnet werden, ist vor diesem Hintergrund zunächst verwunderlich. Und in der Tat ist sie sowohl eine gutgemeinte Ausnahme – als auch die Ausnahme, die eine weniger gute Regel bestätigt. Wenn Unterdrückungs- und Machtverhältnisse nicht intersektional gedacht werden, führt das zu unzulässigen Vereinfachungen. Fluchtursachen können in ihrer Komplexität nicht erfasst (und beseitigt) werden. Fluchtwege, die oft lebensbedrohlich sind und Menschen je nach Geschlecht, Alter, einer Beeinträchtigung etc. verschiedensten Gefahren aussetzen, können nicht sicherer gemacht werden. Die Aufnahmebedingungen werden in der Konsequenz – vermeintlich ganz progressiv – anhand eines einzelnen Identitätsmerkmals konzipiert – und

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gehen damit an den Bedürfnissen der meisten schutzsuchenden Menschen vorbei. Unsere Gespräche mit Betreiber*innen von und Sozialarbeiter*innen in Sammelunterkünften lassen uns nämlich darauf schließen, dass die Lebensbedingungen für alle Bewohner*innen desolat sind und dass auch für LSBTTIQ die fehlende Akzeptanz ihrer Sexualität und/oder Geschlechtsidentität nur einen kleinen Ausschnitt der Problemlagen darstellt. Die Einrichtung von besonderen Unterkünften für Frauen* und LSBTTIQ erscheint vor diesem Hintergrund – bei aller Sympathie für einzelne Verbesserungen für spezielle Gruppen – absurd. Die Aufspaltung von Schutzsuchenden entlang von beispielsweise Geschlecht und sexueller Orientierung und das Engagement für die bessere Behandlung Einzelner (vor allem LSBTTIQ und Frauen* sowie unbegleiteter Minderjähriger und Menschen mit Beeinträchtigungen) führt auch zur Hinnahme systematisch schlechter Bedingungen für alle anderen: »However, for years the lobby work in this area has been carried out through the principle of exceptionalism, i.e., the attempt to ease the asylum process for queer people without a commitment to a broader critique of European and German asylum laws« (ebd.: 204).

Diese Erwägungen führen uns anhand unserer Praxis zu folgenden Veränderungen, die wir für unerlässlich halten: Mit dem Verzicht auf Ausnahmen von der Regel, denen es ein bisschen besser gehen soll, würde eine Erweiterung der Perspektive einhergehen, sowohl nationalstaatlich als auch EU-weit. Es wäre vor allem unerlässlich, die DublinVerordnung abzuschaffen, deren Scheitern schon seit vielen Jahren evident ist, auch wenn die Folgen dieses Scheiterns erst seit 2015 die Staaten im Norden und Westen Europas erreichen. Vorher waren es die Länder an der östlichen und südlichen Peripherie, die insbesondere seit dem Eintreten der ›Finanzkrise‹ systematisch mit Überlastungssituationen konfrontiert waren – insbesondere seit der Finanzkrise, die zum Ausfall der dortigen (Arbeits-)Märkte als Motor der gesellschaftlichen Teilhabe führte. Entsprechend wurden Veränderungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems erst dann diskutiert, als die Kombination von ›Flucht‹ und ›Krise‹ sich auch im Westen und Norden des Kontinents etabliert hatte. Es bräuchte schon lange Mechanismen, die dem Massensterben im westlichen Mittelmeer und in der Ägäis effektiv entgegenwirken. Der Tod Tausender ist kein Naturgesetz, das hingenommen werden muss oder der Schleuserei in die Schuhe zu schieben ist – die zum Teil menschenverachtenden Praktiken der Grenzschutzagentur Frontex und anderer Programme zur Abwehr ›irregulärer Migration‹ verlagern das Sterben nur auf immer neue Routen, beseitigen es aber

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nicht. Die ungleiche Verteilung von Schutzsuchenden zwischen den (armen) Peripherien der Europäischen Union und den reicheren Ländern in West-, Mittelund Nordeuropa und die ›Deals‹ mit Regierungen, die die Menschenrechte mit Füßen treten, sind so dysfunktional wie die oben erwähnten Instrumente. Grenzen waren nie dicht und lassen sich auch nicht durch Quoten nach außen oder innerhalb der EU dichter machen (vgl. u.v.a. den Ansatz der »Turbulenz« in Papastergiadis 1999). Auch die pauschale Erklärung immer weiterer Länder als sicher gehört in diesen Kontext. Artikel 16 des Grundgesetzes garantiert nach wie vor ein individuelles Recht auf Asyl, das sich nicht dadurch außer Kraft setzen lässt, dass der deutsche Gesetzgeber ein ganzes Land – für alle Menschen in diesem Land – für ›sicher‹ erklärt. Die Situation von Rroma* in den Staaten des Westbalkans oder von LSBTTIQ in den nordafrikanischen Staaten, aber auch viele andere Beispiele zeigen eindrücklich, wie unmittelbar absurd eine solche Vorstellung ist. Es spricht nichts dagegen, auf menschenunwürdige Behandlungen von schutzsuchenden LSBTTIQ zu verzichten – ganz im Gegenteil. Allerdings ist die Frage, warum die menschenunwürdige Behandlung von Schutzsuchenden allgemein nicht verbessert wird. Es sind ja gerade die Bedingungen in ›regulären‹ Unterkünften, die das Herauslösen u.a. von LSBTTIQ erforderlich machen. Die Bundesrepublik ist mit der EU-Aufnahmerichtline eine Verpflichtung eingegangen. Sie müsste den besonderen Schutzbedarf systematisch erheben, tut es aber nicht, weil die Richtlinie bisher, wenn überhaupt, nur unzureichend auf der Ebene einzelner Bundesländer umgesetzt wurde. Würde der besondere Schutzbedarf ernst genommen, würden dem allergrößten Teil der in Sammelunterkünften Untergebrachten sowohl andere Wohnformen als auch eine wesentlich bessere medizinische und psychologische Versorgung zustehen. Die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes zugunsten einer Gleichbehandlung nach Sozialgesetzbuch würde vieles vereinfachen. Solche Dinge wären, neben der Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit, die für alle selbstverständlich sein sollte, durchaus Forderungen, die alle Vereine und Initiativen, die zu Flucht und Migration arbeiten – inklusive der queeren – gemeinsam vertreten könnten. Es kann uns nicht darum gehen, das Elend lediglich queer-freundlicher zu organisieren. Ein intersektionaler Ansatz würde helfen zu verstehen, dass (cis-)heterosexuelle Geflüchtete ebenso wie LSBTTIQ einen Anspruch auf menschenwürdige, dezentrale Unterbringung, adäquate medizinische und psychologische Versorgung sowie auf gleichberechtigten Zugang zu Sprachkursen, formaler Bildung, Ausbildung, Arbeit und politischer Selbstvertretung und Willensäußerung haben – auf ein Leben also, das lebbar ist.

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Ein Leben, das für alle lebbar ist?

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Empowerment und Schutzräume queerer1 Geflüchteter Praktische Erfahrungen aus dem Projekt borderless diversity – Grenzenlose Vielfalt Carolin Wiegand

Als im Jahr 2015 Tausende von Menschen aus Angst um ihr Leben nach Europa kamen, sind viele auf schnelle Unterstützung ausgerichtete und zumeist ehrenamtlich organisierte Hilfesysteme für geflüchtete Menschen entstanden und wurden zu einer neuen ›Willkommenskultur‹ stilisiert. Seither haben sich viele Projekte zugunsten des Empowerment – Ansatzes institutionalisiert und professionalisiert. Empowerment gehört heute zu einem der wichtigsten Begriffe der Sozialen Arbeit. Er wendet sich gegen einen defizitären Blick auf den Menschen und kann als eine »Philosophie der Menschenstärken« (vgl. Herriger 2014: 70-85) verstanden werden. Empowerment-Konzepte finden gegenwärtig zumeist in Kontexten der Benachteiligung bzw. Diskriminierung von Menschen innerhalb einer Gesellschaft Anwendung. Sind Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität innerhalb einer Gesellschaft benachteiligt bzw. diskriminiert, dann ist es durchaus sinnvoll, den Fokus auf die Stärkung der eigenen Ressourcen und des Selbstwertes zu legen. So können die Handlungsmöglichkeiten der Menschen erweitert werden, sodass sie sich gegen die bestehenden Bedingungen behaupten können und diese nicht als Abwertung des eigenen Selbst erleben. Problematisch ist es, wenn Strukturen, die zur Be-

1

Der Begriff queer wird in diesem Text äquivalent zur Abkürzung LSBTTIQ verwendet.

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nachteiligung und Diskriminierung bestimmter Gruppen führen, fest in der Gesellschaft verankert sind. Strukturelle Diskriminierung bleibt trotz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und der Öffnung der Ehe als einer wesentlichen Diskriminierungsdimension von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Intergeschlechtlichen* (LSBTTIQ) wirkmächtig (vgl. Kalkum/Otto 2017: 76-95). Wenn zusätzlich – wie es beispielsweise die bevölkerungsrepräsentative Umfrage Sachsen-Monitor2 bestätigte – rassistische, homofeindliche und transfeindliche Äußerungen wieder verstärkt einen Nährboden in der Gesellschaft finden, dann ist klar: Zum Empowerment gehören ganz wesentlich Schutzräume, das heißt möglichst diskriminierungsfreie Räume. Einen solchen Schutz bietet der Gerede – homo, bi und trans e.V. in Dresden. Die Gründung des Vereins im Jahr 1991 verdankt sich dem Engagement einer Gruppe LSBTTIQ-Menschen, die sich trotz drohender staatlicher und gesellschaftlicher Repressionen einen sicheren Ort schaffen wollten, an dem sie offen über ihre sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität sprechen und Gleichgesinnte treffen konnten. In Zeiten, in denen an eine Rehabilitierung der Betroffenen des §175 noch lange nicht zu denken war, entwickelte sich so eine Beratungs- und Begegnungsstruktur für LSBTTIQ-Menschen, die mittlerweile zu einer festen Institution in Dresden und Ostsachsen geworden ist. Das Angebot umfasst heute neben Beratung und Begegnung auch Bildung und Kultur. Im Bereich Bildung konnte ab Ende 2005 das Projekt Respekt beginnt im Kopf implementiert werden, ein sachsenweites Bildungsprojekt zu Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt. Als Interessenvertretung für LSBTTIQ-Menschen positioniert sich Gerede – homo, bi und trans e.V. zudem zunehmend als politischer Akteur. Dabei bleibt trotz verbesserter gesellschaftlicher und rechtlicher Situation das Ziel, ein Schutzraum für LSBTTIQ-Menschen zu sein, oberste Maxime des Vereins. Davon profitiert auch das Projekt borderless diversity – Grenzenlose Vielfalt, welches als Anlaufstelle für queere Menschen mit Migrations- und/oder Fluchterfahrungen dient. Bis vor einigen Jahren fanden nur sehr wenig Menschen mit Migrationshintergrund den Weg nach Dresden und somit

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Die sächsische Staatsregierung veröffentlichte am 22. November 2016 mit dem Sachsen-Monitor die Ergebnisse einer repräsentativen Meinungsumfrage. Daraus geht hervor, dass 32% der Befragten der Aussage »Eine sexuelle Beziehung zwischen Personen desselben Geschlechts ist unnatürlich« zustimmen. Ebenso stimmen 58% der Aussage zu, dass die »Bundesrepublik durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet« sei, siehe https://www.staatsregierung.sachsen.de/sachsenmonitor-2016-4038.html vom 22.11.2016.

Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter

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auch den Weg zu Gerede – homo, bi und trans e.V. Das änderte sich 2015 schlagartig und somit stieg auch der Bedarf nach einer konzeptionellen Ausrichtung auf die besonderen Problemlagen und Bedürfnisse von queeren Menschen mit Fluchterfahrung sowie auf die Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind. Das Projekt borderless diversity wurde zunächst ehrenamtlich ins Leben gerufen und wird seit Anfang 2016 durch den Freistaat Sachsen gefördert. Borderless diversity hat dabei den Anspruch – der Tradition des Gerede – homo, bi und trans e.V. folgend – eine Beratungs- und Begegnungsstelle für queere, geflüchtete Menschen zu sein und ist Teil eines sachsenweiten Netzwerks für LSBTTIQ-Geflüchtete. Neben der sozialpädagogischen Beratung zum Asylverfahren, ›klassischen‹ Themen wie Coming-out, Diskriminierungs- und Repressionserfahrungen u.ä. umfasst das Angebot auch die Weitervermittlung an andere spezifische Beratungsstellen, die Begleitung zu Behörden und andere Unterstützungsangebote sowie unterschiedlichste Begegnungsangebote für LSBTTIQGeflüchtete. Zusätzlich werden für Multiplikator*innen, insbesondere aus dem Bereich der Geflüchtetenhilfe, Sensibilisierungsworkshops und Informationsmaterialien zu den besonderen Bedarfen von queeren Geflüchteten angeboten. Die Lage von LSBTTIQ-Menschen ist in vielen Teilen der Welt weiterhin äußerst prekär. Aktuell werden sie in 70 Ländern strafrechtlich verfolgt, darüber hinaus gibt es in 55 Ländern keinen Diskriminierungsschutz.3 Angst um das eigene Leben, politische und juristische Verfolgung, gesellschaftliche Ausgrenzung und Verleumdung sowie physische und psychische Gewalterfahrungen gehören zum bitteren Alltag von LSBTTIQ, insbesondere in jenen Ländern, aus denen die Menschen in den letzten Jahren hauptsächlich nach Deutschland geflohen sind.4 Es ist zudem davon auszugehen, dass vor allem Menschen mit LSBTTIQ Identität aus politisch unsicheren Herkunftsländern fliehen und auch weite Fluchtwege in Kauf nehmen, da eine Binnenflucht aufgrund ähnlicher Ge-

3

Die International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans And Intersex Association gibt jedes Jahr eine aktualisierte Übersicht über die Rechtslage von LSBTTIQ weltweit heraus. Die Karte eignet sich auch als Einstiegsmethode bei Sensibilisierungsworkshops, da sie eindrücklich zur Reflexion eigener Privilegien anregt, siehe http://ilga.org/whatwe-do/maps-sexual-orientation-laws/

4

Im Zeitraum von Januar bis September 2017 kamen die meisten Geflüchteten aus Syrien (Strafmaß für homosexuelle Handlungen: bis zu drei Jahre Haft), gefolgt von Irak (Strafmaß für homosexuelle Handlungen: Todesstrafe) und Afghanistan (Strafmaß für homosexuelle Handlungen: lebenslange Haft bis hin zur Todesstrafe), siehe http://www.bamf.de/DE/Infothek/Statistiken/statistiken-node.html

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setzeslagen und Einstellungen in Bezug auf LSBTTIQ in Nachbarländern häufig nicht möglich ist. Es ist deshalb unzweifelhaft, dass auch in Deutschland sehr viele LSBTTIQ-Geflüchtete leben. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass sie oftmals aus Angst vor Zwangsoutings, Repressionen und Übergriffen in Unsichtbarkeit und Unterdrückungsstrukturen gefangen bleiben. Das liegt nicht nur an der mangelnden Aufklärung über die Rechtslage von LSBTTIQ in Deutschland, sondern auch und vor allem daran, dass sie auch hier Diskriminierungen, physischen und psychischen Gewalterfahrungen und Repressionen ausgesetzt sind. Der Wunsch nach Sicherheit und Freiheit hat den Preis der mehrdimensionalen Diskriminierung und Benachteiligung – aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität auf der einen Seite und aufgrund der Herkunft auf der anderen.5 Insbesondere das Asylverfahren birgt, nicht nur für queere Geflüchtete, eine Vielzahl an Praxen, die Traumatisierungen aufrechterhalten oder gar zur Retraumatisierung führen. Eine psychosoziale und empowernde Vorbereitung auf die Anhörung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kann deshalb nur die kleinste Forderung zur Verbesserung des Asylverfahrens darstellen. Die Praxis des Projekts borderless diversity zeigt auch, dass mit Blick auf die besondere Schutzbedürftigkeit von queeren, geflüchteten Menschen eigener und geschützter Wohnraum ein ganz wesentliches Grundbedürfnis ist. Aus einem aktuellen Bericht des Antidiskriminierungsbüros Sachsen geht jedoch hervor, dass Menschen mit Migrationshintergrund auf dem sächsischen Wohnungsmarkt ganz klar diskriminiert und benachteiligt werden.6 Sicherheit und Privatsphäre durch eigenen Wohnraum bleibt somit vielen Menschen verwehrt. Das Vertrauen in Mitmenschen ist darüber hinaus oftmals durch die gemachten Erfahrungen im Herkunftsland, auf der Flucht und/oder im Zielland brüchig geworden. Folglich

5

Mehrdimensionale bzw. intersektionale Diskriminierung betrachtet die vielschichtigen Dimensionen von Diskriminierungsmerkmalen und deren Wechselwirkung. Die Formulierung im Text darf daher nicht missverstanden werden, da die Diskriminierungsmerkmale nicht bloß nebeneinander bestehen, sondern miteinander verschränkt sind und so eine neue, zusätzliche Dimension von Diskriminierungserfahrungen hervorbringen (vgl. Marten/Walgenbach 2017: 157-171).

6

Die Ergebnisse einer Untersuchung des Antidiskriminierungsbüro Sachsen ergaben, dass in 60% der untersuchten Fälle eine rassistische Diskriminierung von wohnungssuchenden Menschen mit Migrationshintergrund nachgewiesen werden konnte, siehe http://www.adb-sachsen.de/aktuell/items/rassistische-diskriminierung-auf-demwohnungsmarkt-ist-realitaet-in-sachsen.html

Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter

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ist nachvollziehbar, dass die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften7 insbesondere für LSBTTIQ-Geflüchtete zu enormem Stress führen kann und so weiterhin existenzielle Ängste im Vordergrund bleiben. Wie prekär die Unterbringungssituation vor allem im Rahmen des Asylverfahrens ist, zeigt auch die Antwort der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung auf eine Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber zum Thema Gewalt gegen LGBTI*-Geflüchtete (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin Drs. 18/11230). Es wurden insgesamt 355 Übergriffe auf queere Geflüchtete innerhalb von drei Jahren in Berlin dokumentiert, von denen ca. zwei Drittel im Bereich der Unterbringung stattgefunden haben. Die Gewalt geht laut Dokumentation vor allem vom Sicherheitspersonal und Mitbewohner*innen aus und erstreckt sich von verbalen Beleidigungen bis hin zu körperlicher und sexualisierter Gewalt. Da die Angabe auf Statistiken von Beratungsstellen zurückgreift, die die betroffenen Personen aktiv aufsuchen müssen, ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer wesentlich höher liegt. Aus der Antwort auf die Anfrage des Berliner Abgeordneten geht der ebenso erschreckende Fakt hervor, dass sich ein Drittel der Übergriffe im Kontext von Behörden, im konkreten Fall des Berliner Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, ereignet hat. Umso relevanter scheinen die Bemühungen des Projekts borderless diversity, Sensibilisierungsworkshops zu den besonderen Bedarfen von queeren Geflüchteten durchzuführen. Einerseits können geschulte und sensibilisierte Multiplikator*innen, wie Sozialarbeiter*innen oder Mitarbeiter*innen in Behörden und Verwaltung, den Zugang zu den Angeboten des Gerede – homo, bi und trans e.V. ermöglichen. Andererseits können im Rahmen der Workshops Gewaltschutzkonzepte erarbeitet werden, die die besonderen Problemlagen von queeren Geflüchteten mitdenken und so physische und psychische Gewalt frühzeitig unterbinden oder gar verhindern können. Problematisch ist jedoch, dass diese Workshops nicht institutionell verankert sind und eine flächendeckende Sensibilisierung für die besonderen Bedarfe von queeren Geflüchteten nicht gewährleistet ist. Die strukturellen Rahmenbedingungen gestalten das Empowerment von queeren Geflüchteten somit sehr schwierig, dabei ist Empowerment gerade für diese Menschen ein wesentliches Element ihrer gelingenden Integration. Aus diesem Grund zielt unsere Arbeit einerseits durch das Fördern von persönlichen Stärken, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie von Wertschätzung und Akzeptanz

7

Mit Gemeinschaftsunterkünften sind hier auch solche Unterbringungssituationen gemeint, bei denen eine fremdbestimmte Mehrfachbelegung in dezentralen Wohnungen erfolgt, wie es unter anderem gängige Praxis in Dresden ist.

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darauf ab, das Selbstbewusstsein queerer Geflüchteter zu stärken. Andererseits geht es uns aber vor allem darum, empowernde Begegnungstreffs in einem vorurteilssensiblen und möglichst diskriminierungsfreien Raum zu schaffen. Zu diesem Zweck initiiert das Projekt borderless diversity regelmäßig geschützte Treffen in den Räumen des Gerede – homo, bi und trans e.V. Bei diesen geht es neben dem Austausch von Erfahrungen und gemeinsamen Aktivitäten auch um die Vermittlung identitätsstiftender Inhalte. Diese werden beispielsweise mithilfe von Vorträgen zu Themen wie der Rechtslage von LSBTTIQ in Deutschland, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz und der Sichtbarkeit von queeren Menschen in Filmen und Fernsehen transportiert. Gleichzeitig nimmt die Unterstützung einer Selbstorganisationsstruktur einen hohen Stellenwert innerhalb des Projekts ein. Diese zielt auf eine eigenständige Interessenvertretung von LSBTTIQ-Geflüchteten und für sie. Das Projekt stellt zudem entsprechende Ressourcen zur Verfügung, die es ermöglichen, dass – auf die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten angepasste und selbstentwickelte – Kursangebote durchgeführt werden können. In Beratungskontexten werden darüber hinaus auf die Bedürfnisse der Klient*innen angepasste und mit kognitivem Wissen unterlegte Strategien und Handlungsmöglichkeiten erarbeitet, die eine selbstaktivierende Problemlösung unterstützen sollen. Grundvoraussetzung hierfür ist der Aufbau einer Vertrauensebene zu den Klient*innen, Verständnis für ihre Situation und eine aktive Unterstützung der Klient*innen in ihrem Bemühen, sich von Diskriminierungs- und Repressionserfahrungen zu distanzieren und sie nicht als Abwertung der eigenen Identität zu internalisieren. Mit Blick auf die Anhörung des BAMF lassen sich aus unserer Erfahrung heraus einige zentrale Punkte für die empowernde Beratung queerer Geflüchteter skizzieren. Die Anhörung gehört innerhalb des Asylverfahrens zu einem der wichtigsten Termine, an dem in einem fragwürdigen Prozess die Prüfung der Fluchtgründe erfolgt. Viele LSBTTIQ-Geflüchtete wissen nicht, dass die nachweisbare Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität als Fluchtgrund entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention8 anerkannt ist. In der Folge müssen sie möglicherweise erstmalig vor fremden Menschen über ihre sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität und die da-

8

Entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention muss die Gesamtheit der »sozialen Gruppe« durch die Verfolgungshandlung (beispielsweise strafrechtliche Verfolgung) bedroht sein, zudem muss nachgewiesen werden, dass eine tatsächliche Verfolgungshandlung

im

Herkunftsland

stattgefunden

gesetzestexte/genfer-fluechtlingskonvention.html

hat,

siehe

http://www.asyl.net/

Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter

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mit verbundenen Gewalterfahrungen sprechen. Ohnehin gehören Informationen bezüglich der Sexualität und/oder Geschlechtsidentität zum Bereich der Intimsphäre, welche im Rahmen der allgemeinen Persönlichkeitsrechte unter besonderen Schutz gestellt werden. Auch kommen häufig Sprachbarrieren hinzu, die den Einsatz von Sprachmittler*innen notwendig machen. Ein Vertrauensverhältnis muss demnach nicht nur zum*zur Berater*in, sondern auch zum*zur Sprachmittler*in bestehen. Ein stetiger Einsatz derselben sprachmittelnden Person sowie die Vermittlung und Einhaltung der Schweigepflichtserklärung sind in einem empowernden Beratungssetting folglich obligatorische Grundvoraussetzung. Wünschenswert wäre auch, dass die Vorbereitung auf die Anhörung nicht der erste Termin in der Beratungsstelle ist, um eine Vertrauensebene bereits im Vorfeld entwickeln zu können. Gleichzeitig finden LSBTTIQ-Geflüchtete in der Praxis häufig nicht selbstverständlich schon vor der Anhörung den Weg in die entsprechenden Beratungsstellen. Neben der Vermittlung des notwendigen Wissens zur Anhörung9 geht es daher auch und vor allem darum, einen sensiblen Zugang zu den gemachten Erfahrungen zu schaffen. Je nach Bedarf und Stabilität der*des Klient*in können hier beispielsweise die zu erwartenden Fragen in Form eines fiktiven Interviews besprochen werden. Oberste Prämisse ist dabei jedoch die Vermeidung von Druck. Das Tempo sollte immer von dem*der Klient*in bestimmt werden. Demnach sollte die Vorbereitung auf die Anhörung nicht auf eine einzelne Beratungseinheit festgelegt sein.10 Eine ganz wesentliche Ressource für Empowerment ist daher Zeit. Dies widerspricht in der Praxis leider noch häufig der notwendigen, schnellen Hilfe bei existenziellen Problemen. Zwar ist es auch in solchen Kontexten möglich Empowerment-Ansätze umzusetzen, dies erfordert allerdings einerseits einen gesi-

9

Mittlerweile gibt es eine Vielzahl an Checklisten und Broschüren, die das notwendige Wissen für die Anhörung beim BAMF zusammenfassen. In Vorbereitung auf die Anhörung ist es sinnvoll, den Klient*innen ein Merkblatt mit den wichtigsten Informationen in der Muttersprache auszuhändigen. Eine sehr gute und umfangreiche Broschüre in mehreren Sprachen stellt der Informationsverbund Asyl und Migration auf seiner Homepage zur Verfügung, siehe http://www.asyl.net/arbeitshilfen-publikationen/ arbeitshilfen-zum-aufenthalts-und-fluechtlingsrecht/informationsblatt-anhoerung/ vom 28.11.2016.

10 Die Schwulenberatung Berlin hat eine sehr empfehlenswerte Handreichung für Beratungsstellen zum Thema Empowerment von lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans* und inter* Geflüchteten durch Beratung und Unterstützung (Schwulenberatung Berlin 2016) veröffentlicht.

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cherten, finanziellen Rahmen der Projekte und andererseits eine entsprechende Grundhaltung der beratenden Person. Diese Grundhaltung muss zusätzlich mit entsprechendem Know-how bei der Umsetzung individuell angepasster Lösungsbzw. Handlungsstrategien verbunden werden. Dennoch sollte man beachten, dass Empowerment-Ansätze mit Blick auf die oftmals traumatisierenden und lebensbedrohenden Erfahrungen queerer Geflüchteter nur unterstützend sein können. Eine psychotherapeutische Begleitung und Aufarbeitung der Geschehnisse können sie nicht ersetzen. Die strukturellen Rahmenbedingungen innerhalb der Geflüchtetenhilfe sollten daher einen interkulturellen Zugang zu psychotherapeutischen Unterstützungssystemen stärken und Sprachbarrieren abbauen. Abschließend soll noch einmal auf Herausforderungen in Bezug auf das Schutzraumkonzept eingegangen werden, die im Zusammenhang mit dem Projekt borderless diversity sichtbar geworden sind. In Workshops und Diskussionen zum Thema Schutzraum stellt sich häufig die Frage nach der Öffnung von Angeboten und Veranstaltungen für queere, geflüchtete Menschen – auch bei solchen Projekten, die bereits LSBTTIQ sensibel und rassismuskritisch ausgerichtet sind. Zu Beginn wurde bereits erläutert, dass es sich bei Schutzräumen um möglichst diskriminierungsfreie Räume handelt. Der Idealtypus eines diskriminierungsfreien Raums könnte so beschrieben werden, dass alle in dem Raum befindlichen Personen für unterschiedliche und intersektionale Diskriminierungserfahrungen und -merkmale sensibilisiert sind, eigene Privilegien und Diskriminierungserfahrungen reflektieren und daraus eine Haltung resultiert, die sich in einem diskriminierungs- und vorurteilsfreien Umgang miteinander äußert. Was bedeutet das konkret für die Öffnung von Angeboten und Veranstaltungen, die sich nicht nur an die spezifische, sondern an eine breitere Zielgruppe richten? Mit Blick auf den Idealtypus müssten Diskriminierungen und Vorurteile durch die reflektierte Haltung aller im Raum befindlichen Personen vollumfänglich ausgeschlossen sein und die Diskriminierungsfreiheit müsste sich in einem rücksichts- und respektvollen Umgang miteinander zeigen. Dass dies in der Praxis jedoch häufig nicht gewährleistet ist, wird durch das Konzept einer Awareness-Struktur deutlich, welches oftmals bei diskriminierungskritischen Veranstaltungen implementiert wird. Das Wort »awareness« leitet sich von »to be aware« ab, was so viel bedeutet wie »sich bewusst sein, für bestimmte Problematiken sensibilisiert sein«. Die Awareness-Struktur als Teil eines Schutzraumkonzeptes hat sich vor allem in queerfeministischen Kontexten etabliert und richtet sich gegen jede Form von Gewalt und Diskriminierung durch sexistische, rassistische, homo- und transfeindliche u.ä. Handlungen und/oder Äußerungen. Die aus dem Schutzraumkonzept resultierenden, gemeinsam festgelegten Regeln für einen rücksichts- und respektvollen Umgang werden für jede*n zugänglich kommuni-

Empowerment und Schutzräume queerer Geflüchteter

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ziert. In der Praxis wird die Struktur durch sogenannte Awareness-Teams sichergestellt, die als Ansprechpersonen bei Veranstaltungen fungieren und bei Übergriffen und bei Nicht-Einhalten der Regeln innerhalb des Schutzraums entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten und Betroffene unterstützen und schützen können. Eine Awareness-Struktur soll demnach die Einhaltung der Anforderungen an den Schutzraum sicherstellen, gleichzeitig geht damit einher, dass die Einhaltung in offenen Räumen per se nicht gegeben ist. So wird möglicherweise der Raum für einzelne Anwesende zu einem unsicheren Raum. Je empowerter und im Selbstwert gestärkter eine Person in Bezug auf eigene Diskriminierungsmerkmale ist, desto eher ist sie in der Lage ein solches Risiko in Kauf zu nehmen. Durch die Erfahrungen, die viele queere, geflüchtete Menschen gemacht haben, sind öffentliche Räume jedoch häufig von vornherein bedrohlich. Auch ein geringes Restrisiko von Diskriminierung und Übergriffen kann somit zur Meidung von Räumen führen. Paradoxerweise kann zudem ein offensichtlich LSBTTIQ freundliches, öffentliches Angebot die Gefahr eines Zwangsoutings erhöhen, sodass auch an dieser Stelle ein gewisses Maß an Empowerment bezüglich der sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität vorausgesetzt werden muss. Räume für queere Geflüchtete zu öffnen und möglichst sicher zu gestalten, bedeutet in der Praxis folglich zu allererst die Erfahrungen queerer Geflüchteter in Bezug auf ihre sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche Identität, ihre Herkunft und Flucht zu reflektieren und zu berücksichtigen, um ein daran angepasstes Schutzraumkonzept mit entsprechender Awareness-Struktur zu entwickeln. Auch sollten die Sprachbarrieren durch LSBTTIQ sensible Sprachmittlung gesenkt werden. Durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit können solche Angebote entsprechend kommuniziert werden. Zudem kann durch eine direkte Ansprache, etwa über Projekte wie borderless diversity, der Zugang zu bestimmten Angeboten erleichtert werden. So können sich beispielsweise Träger*innen anderer Projekte in einem sicheren Raum wie dem offenen Begegnungstreff persönlich vorstellen und auf entsprechende Besonderheiten ihrer Angebote hinweisen – etwa auf eine Awareness-Struktur und LSBTTIQ sensible Sprachmittler*innen. Dieses Wissen kann empowernd wirken und die Zugangshürden verringern. Jedoch bedarf es auch an dieser Stelle Zeit und Kontinuität sowie der stetigen Reflexion und Überprüfung des Schutzraumkonzepts, um es qualitativ weiterentwickeln zu können. Zusammenfassend ist festzustellen, dass Empowerment-Projekte, die sich gezielt an queere Geflüchtete richten, einerseits eine wesentliche Unterstützung bei der Verbesserung der konkreten Lebenssituation leisten und andererseits Möglichkeiten zur Partizipation und zur Teilhabe eröffnen. Voraussetzung dafür

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ist, wie am Beispiel von borderless diversity gezeigt, die Umsetzung von Empowerment- und Schutzraumkonzepten, die auf einer ständigen Weiterentwicklung, individuellen Anpassung und Reflexion der konzeptionellen Ausrichtung fußen. Eine langfristige Etablierung solcher Projekte und ihre Institutionalisierung sind somit dringend erforderlich. Gleichzeitig müssen die besonderen Bedarfe von queeren Geflüchteten in der Öffentlichkeit präsent gehalten und Netzwerke gestärkt werden, um die notwendige Unterstützung bei der Veränderung der strukturellen Rahmenbedingungen zu erhalten.

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queer und hier – Sensibilisierung von Sozialarbeitenden in Unterkünften Projektgruppe der Hochschule Esslingen erarbeitet Bildungsmaterial Gabriele Fischer, Nadine Ober und die Projektgruppe der Hochschule Esslingen1

Soziale Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete steht aufgrund der Rahmenbedingungen durch die Asylgesetzgebung immer wieder vor großen Herausforderungen bzw. stößt an die Grenzen der Vereinbarkeit von realen Anforderungen an Soziale Arbeit und ihrem professionellen Selbstverständnis (vgl. Bliemetsrieder et al., 2018). In einem Positionspapier machten Fachkräfte und Wissenschaftler*innen auf die unhaltbaren Bedingungen in den Gemeinschaftsunterkünften aufmerksam und forderten eine deutliche Veränderung der Rahmenbedingungen, damit Soziale Arbeit überhaupt möglich werden kann (vgl. Initiative Hochschullehrender zu Sozialer Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften 2016). Homosexualität und Transidentität als Fluchtgründe werden bislang im Kontext Soziale Arbeit mit Geflüchteten – das zeigen die Erfahrungen aus der Praxis – nur wenig besprochen. Eine Gruppe Studierender an der Hochschule Esslingen hat in zwei Semestern dazu gearbeitet und in Kooperation mit dem Projekt Refugees & Queers der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Sensibilisierungsmaterial entwickelt. Dieses soll Sozialarbeitenden, Ehrenamtlichen und Security-Mitarbeitenden die Möglichkeit bieten, die Realitäten von »queer refu-

1

Zur Projektgruppe gehören Hans Holzer, Sabrina Juriatti, Nina Klee, Joel Lambert, Nadine Ober, Myriel Richter, Gesine Thiessen und Marina Romanchuk.

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| Gabriele Fischer, Nadine Ober, Projektgruppe der Hochschule Esslingen

gees« wahrzunehmen und sie entsprechend in ihrer Arbeit zu berücksichtigen. In diesem Beitrag wird die Entstehung des Materials im Rahmen des Projekts nachvollziehbar gemacht. Dazu gehen wir zunächst auf die Problematik des Unsichtbarmachens queerer Geflüchteten ein, beleuchten dann die Anforderungen an Soziale Arbeit mit queeren Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften und stellen anschließend das erarbeitete Material vor. Da dieses Projekt neben dem konkreten Projektergebnis zudem einen Bildungsprozess für die Studierenden bedeutete, schließen wir den Text mit Reflexionen von Nadine Ober über ihre Erfahrungen als Projektteilnehmer*in.

UNSICHTBARKEITEN Spätestens seit Herbst 2015 hat in der Sozialen Arbeit die Arbeit mit Geflüchteten an Bedeutung gewonnen, weil mehr Menschen als in den Jahren zuvor nach Deutschland gekommen sind. Die Begleitung in Asylverfahren, die Alltagsbewältigung in Gemeinschaftsunterkünften – so sie überhaupt möglich ist –, die Klärung rechtlicher Fragen, die Arbeit mit Kindern und Familien, Fragen der schulischen Entwicklung, der Sprache sowie der Möglichkeiten des Berufseinstiegs von Geflüchteten gehören in diesem Zusammenhang zu den relevanten Themen für Sozialarbeitende (vgl. Bliemetsrieder et al. 2018). Dabei werden Geflüchtete, das zeigen die Erfahrungen der LSBTTIQ-Geflüchteten, fast ausschließlich als heterosexuell gedacht. Geflüchtete werden als junge, alleinstehende heterosexuelle Männer oder als Familien imaginiert. Damit werden nicht nur Lebensgeschichten und Erfahrungen unsichtbar gemacht (ebd.), oftmals verhalten sich Sozialarbeitende in Gemeinschaftsunterkünften aufgrund des heteronormen Blicks – auch das berichten LSBTTIQ-Geflüchtete – selbst diskriminierend bzw. unterlassen Interventionen bei Diskriminierungen: Ein gewalttätiger Fall ereignete sich beispielsweise in der Nacht zum 27. Juni 2017 in der Gemeinschaftsunterkunft Horst in Mecklenburg-Vorpommern. Eine Trans*aktivistin aus Honduras wurde beschimpft und angespuckt, ein Mitbewohner der Unterkunft konnte gerade noch verhindern, dass sie geschlagen wurde. Die dort zuständigen Fachkräfte der Malteser griffen nicht ein, sondern lachten die Angegriffene sogar noch aus. Die Trans*aktivistin stellte Anzeige, der Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern machte den Übergriff öffentlich, forderte eine rechtliche Verfolgung der Tat und arbeitsrechtliche Konsequenzen

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für die Fachkräfte der Sozialen Arbeit in der Unterkunft.2 Gerade die Situation von Trans*personen in Gemeinschaftsunterkünften lässt sich als prekär beschreiben. Da in den Herkunftsländern eine Personenstandsänderung oft nicht möglich ist, steht im Ausweis noch ihr ursprüngliche Name. Dieser wird als Grundlage für die Zuweisung von Schlafräumen herangezogen, was bedeutet, das beispielsweise Frans*frauen in Schlafräumen für Männer untergebracht werden. Diskriminierende Blicke und verbale Angriffe gehören zudem zum Alltag von Trans*personen, vor allem für Trans*frauen (Projektgruppe 2018, S. 14f.). Hier wird relevant, was Maria do Mar Castro Varela zur Verschränkung von Heterosexismus und Rassismus herausgearbeitet hat (vgl. Castro-Varela 2008). Sie zeigt, wie der Diskurs um Pluralisierung von Lebensformen, Liberalisierung von Sexualität und Begehren in Deutschland dazu genutzt wird, sich selbst als fortschrittlich gegenüber anderen, vor allem muslimischen, Gesellschaften zu präsentieren und diese damit in rassistischer Weise als rückständig abzuwerten. Dabei wird den Menschen aus diesen Ländern die Offenheit für Homosexualität oder gar für eigene Praktiken abgesprochen. Dieser Zusammenhang von Rassismus und Diskursen um Sexualität und Begehren lässt sich, wie Castro-Varela deutlich macht, seit dem Kolonialismus nachzeichnen (vgl. ebd.: 21f.). Seine Inhalte haben sich immer wieder verändert, die Dynamik, über den Umgang mit Sexualität Einteilungen in ›fortschrittliche‹ und ›rückschrittliche‹ Gesellschaften vorzunehmen, bleibt jedoch nachweisbar. Dies bedeutet Zuschreibungen und Unsichtbarmachen von Subjektpositionen gleichzeitig. Konkret zeigt sich: »Im Mainstream der deutschen Migrationsforschung wird z.B. ›die Migrantin‹ in erster Linie als nachziehende Ehefrau wahrgenommen, während ›die Lesbe‹ immer noch als weiß und deutsch imaginiert wird. Eine Anerkennung des lesbischen postkolonialen Subjekts gerät dagegen immer wieder in die Falle des Exotismus. Weil das lesbische Subjekt sui generis westlich ist, kann die Ausnahme von dieser Regel nur mit entzücktem Erstaunen betrachtet werden. Das lesbische postkoloniale Subjekt gerät damit in eine doppelte Position des Exotisierten: Im Herkunftsland als westlich stigmatisiert und im Westen als weder ursprünglich noch westlich auf die Rolle der ›Ganz-Anderen‹ festgelegt.« (Ebd.: 21f.)

Auch die Diskurse um die Silvesternacht in Köln verweisen auf die heterosexistischen und rassistischen Männlichkeitsvorstellungen, mit denen sich junge

2

Vgl.

http://www.fluechtlingsrat-mv.de/sexistischer-gewalttaetiger-uebergriff-in-nost

orf-horst/3724/#more-3724 vom 6.4.2018.

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Männer aus muslimischen Ländern der arabischen Welt konfrontiert sehen. Sie werden ausschließlich als jung und heterosexuell wahrgenommen. Gabriele Dietze entwickelte für diese Zuschreibungspraxis den Begriff des Ethnosexismus (vgl. Dietze 2016). Schwule muslimische Männlichkeiten werden dabei unsichtbar. Dies kann bedeuten, dass konkrete Unterstützungsmöglichkeiten unterbleiben und Sozialarbeitende beispielsweise keine rechtliche Beratung anbieten, die sich auf das Asylrecht eines*r aufgrund von Homosexualität Verfolgten bezieht. Das Nicht-Wahrnehmen queerer Geflüchteter hat in der konkreten Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften zur Folge, dass die Vorbereitung auf die Anhörung meist nicht in dem Sinne erfolgt, wie sie der Situation queerer Geflüchteter angemessen wäre. In den Anhörungen während des Asylverfahrens wird von ihnen gefordert, ihre Homosexualität nachzuweisen. Dies bedeutet, dass sie intime Lebensbereiche offenlegen müssen. Es ist für niemanden einfach, Fremden gegenüber offen über das eigene Intim- und Sexualleben zu sprechen. Eine entsprechende Vorbereitung ist daher wichtig. Diese muss nicht unbedingt von den Sozialarbeitenden oder Ehrenamtlichen selbst geleistet werden. In vielen Städten haben queere Unterstützungsgruppen bereits Erfahrungen gesammelt und Expertise entwickelt, auf die Sozialarbeitende in Gemeinschaftsunterkünften zurückgreifen können (eine Übersicht findet sich beispielsweise bei www.queerrefugees.de).

SEHEN, WAHRNEHMEN, UNTERSTÜTZEN Um Sozialarbeitende, Ehrenamtliche und Security-Mitarbeitende in Gemeinschaftsunterkünften für die Situation von queeren Geflüchteten zu sensibilisieren, entwickelten acht Studierende der Sozialen Arbeit der Hochschule Esslingen im Rahmen eines Projektstudiums in Kooperation mit dem Projekt Refugees & Queers der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld Bildungsmaterialien. Die Studierenden hatten bereits vor dem Projekt selbst Erfahrungen in der Arbeit mit Geflüchteten gesammelt und bestätigen den Eindruck, dass Homosexualität oder Transidentität in den Gemeinschaftsunterkünften so gut wie keine Rolle spielen. Über zwei Semester hinweg arbeiteten die Studierenden zu dem Thema. Die theoretische Auseinandersetzung und vor allem Gespräche mit queeren Geflüchteten, die im Rahmen des Projekts über ihre Erfahrungen in den Herkunftsländern, in den Unterkünften und in der gesellschaftlichen Realität in Deutschland berichteten, unterstrichen die Notwendigkeit, für diese Thematik zu sensibilisieren.

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Die Studierenden entwickelten die Idee, Bildungsmaterialien für die Zielgruppen zu erstellen, mit denen sie selbst Erfahrung haben: Sozialarbeitende, Ehrenamtliche und Security-Mitarbeitende. Im Mittelpunkt der Materialien steht ein kurzer Film. Um die Thematik nicht zu individualisieren entschieden sich die Studierenden für einen animierten gezeichneten Clip, der von einer professionellen Firma (Pudelskern) erstellt wurde. Dieser geht auf die Fluchtgründe von queeren Geflüchteten, ihre Situation in den Gemeinschaftsunterkünften, die Möglichkeiten dezentraler Unterbringung, die Anhörung und die Bedeutung des Kontakts mit queeren Gruppen und Selbstorganisationen von queeren Geflüchteten ein. Der Film ist ein niedrigschwelliges Angebot zum Einstieg in das Thema und soll dazu dienen, das Interesse von Sozialarbeitenden, Ehrenamtlichen oder Security-Mitarbeitenden zu wecken. Es geht darum, ihren Blick zu schärfen für Realitäten, die – wie oben ausgeführt – aus heterosexistischen und/oder rassistischen Gründen oft unsichtbar bleiben. Die im Film angesprochenen Themen werden in einer Broschüre vertieft. Diese umfasst zudem relevante Begriffsdefinitionen und weiterführende Literatur. In den Gesprächen betonten queere Geflüchtete überdies ihr Misstrauen und ihre Vorsicht den Sozialarbeitenden gegenüber. Es sei daher für sie wichtig, dass Sozialarbeitende – beispielsweise durch einen Sticker an der Bürotür – ihre Offenheit für die Thematik signalisierten. Deswegen erstellten die Studierenden zusätzlich noch einen Sticker, der genau diese Aufgabe erfüllt.34 Das Material wurde über die regionalen Netzwerke der Sozialen Arbeit sowie über die bundesweite Vernetzung des Projekts Refugees & Queers bekannt gemacht und verbreitet. Es steht für Sensibilisierungsarbeit zur Verfügung und wird und wurde in Workshops entsprechend genutzt.

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Film und Broschüre sind abrufbar auf der Webseite queerrefugees.wordpress.com. Wer die Broschüre in gedruckter Form bestellen möchte oder an Stickern interessiert ist, kann sich gerne an die E-Mail-Adresse [email protected] oder an die betreuende Dozentin wenden ([email protected]).

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Im Verlauf des Projektes zeigte sich eine große Bereitschaft zur sowohl finanziellen als auch immateriellen Unterstützung des Projektes bei Stiftungen und Vereinen. Zu nennen ist hier vor allem der Verein Weißenburg Zentrum LSBTTIQ in Stuttgart, der einen großen Teil der Verwaltung, die Organisation des Crowdfundings und die Abwicklung der Zuschüsse übernommen hat.

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SOLIDARISCHE NETZWERKE Im Kontakt mit den Gruppen und Geflüchteten wurde immer wieder beschrieben, wie wichtig es für queere Geflüchtete ist, Möglichkeiten der Selbstorganisation und Kontakt zu lokalen Gruppen zu bekommen. In einigen Städten haben queere Unterstützungsgruppen Beratungsangebote entwickelt und über die konkrete Arbeit Erfahrungen im Umgang mit den verschiedenen Hürden des Asylverfahrens für queere Geflüchtete gesammelt. Gerade diese können – wie oben bereits angedeutet – für Sozialarbeitende eine große Bereicherung sein. Es gibt beispielsweise Angebote, auf die Anhörung vorzubereiten oder diese auch zu begleiten. Sozialarbeitende müssen das also nicht alleine tun, sondern können sich an queere Beratungsangebote wenden. Beim Lesben- und Schwulenverband in Deutschland existiert mit dem Projekt queer refugees deutschland ein bundesweites Beratungsangebot sowohl für Geflüchtete als auch für Unterstützer*innen. Dort findet sich auch eine Übersicht der Beratungsangebote in den einzelnen Bundesländern (www.queer-refugees.de). Auch auf der Webseite der Projektgruppe finden sich neben Film und Broschüre daher Links zu unterstützenden queeren Gruppen und Beratungsstellen (queerrefugees.wordpress.com).

HERAUSFORDERUNGEN Die Erstellung der Bildungsmaterialien beschreibt einen Bildungsprozess in zwei Stufen: Zum einen sollen Film und Broschüre idealerweise für die Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit mit Sozialarbeitenden, Ehrenamtlichen und SecurityMitarbeitenden genutzt werden. Zum anderen stellt bereits die Erstellung der Materialen selbst im Kontext eines Seminars an der Hochschule einen Bildungsprozess dar. Nachfolgend beleuchten wir, welche Aspekte dabei für Studierende relevant werden können und auch relevant wurden. Dabei fließen in Auszügen auch die Reflexionen der Seminarteilnehmerin Nadine Ober (2018) ein, die sie im Anschluss an das Seminar verfasst hat. Eine erste Herausforderung während der Arbeitsphase stellte das Erstellen des Films dar, der den Blick für queere Geflüchtete und ihre Realitäten öffnen will ohne dabei Kategorisierungen, Zuschreibungen und Stereotypisierungen zu wiederholen. Die Mitarbeitenden von Pudelskern, mit denen die Gruppe den Film gemeinsam erstellte, entwarfen die Figuren und das Storyboard, beides wurde intensiv diskutiert. Hinsichtlich des Textes wurde die Frage relevant, wie die Zielgruppe adressiert werden kann. Wie können Sozialarbeitende, Ehrenamtliche und Security-Mitarbeitende dazu motiviert werden, sich mit der Thematik

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auseinanderzusetzen, ohne sich angegriffen zu fühlen, weil sie es bisher nicht getan haben? Wie kann in der Visualisierung vermieden werden, Stereotype zu reproduzieren ohne dabei unrealistische Situationen zu entwerfen? Ergibt es Sinn, eine Sozialarbeiterin im Rollstuhl als Figur in den Film aufzunehmen, um Sichtbarkeiten von »disability« herzustellen, wenn gleichzeitig die meisten Gemeinschaftsunterkünfte in keiner Weise barrierefrei sind? Die Studierenden diskutierten intensiv miteinander, mit den Mitarbeiter*innen von Pudelskern und mit den unterstützenden Kolleg*innen der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Nadine Ober schreibt hierzu in ihrem Reflexionsbericht: »Im Hinblick auf die Erarbeitung der Inhalte des Erklärfilms und der Bildungsmappe empfand ich die zahlreichen Diskussionen und Aushandlungsprozesse innerhalb der Seminargruppe als sehr gewinnbringend. Durch den Austausch mit meinen Kommiliton*innen, der Professorin sowie den zahlreichen Expert*innen und Fachkräften wurde ich immer sensibler für meine eigene Sprache. Auch das Verfassen der ersten Version des Filmtextes und der daran angeknüpfte Prozess der Diskussion, Aushandlung und Kritik bis hin zum kompletten Verwerfen des Textes zugunsten einer empowernden Ansprache der Adressat*innen war sehr lehrreich. Mich ständig und immer wieder zu hinterfragen, wo ich selbst Stigmata reproduziere, wo Grenzen zu einer Viktimisierung von Personen liegen, wo ich selbst Zuschreibungen verbalisiere und dies, infolge meiner zunehmenden Sensibilisierung, auch bei anderen Menschen zu bemerken, erachte ich mit als meinen größten Zugewinn. Worte und Sprache im Generellen sind mir seit jeher sehr wichtig und ich bin mir sehr über die Macht bewusst, die von ihr (sic!) ausgeht. Daher bin ich sehr dankbar dafür, dass ich durch die Resonanz der Professorin, meiner Kommiliton*innen und den (sic!) Menschen, denen ich während des vergangenen Jahres im Rahmen des Projekts begegnen durfte, weiter an mir und meinem Bewusstsein für Sprache arbeiten konnte.« (Ober 2018)

Über die Kooperation mit der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld war es den Studierenden zudem möglich, ihre Arbeit in solchen Kontexten zur Diskussion zu stellen, in denen Menschen bereits konkrete praktische Erfahrung in der Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften hatten. Vor allem die Kolleg*innen von rubicon Köln berichteten von Fortbildungsveranstaltungen in Gemeinschaftsunterkünften, bei denen immer wieder die Dominanz des heteronormen Blicks von Sozialarbeitenden auf Geflüchtete deutlich wurde. In der Konsequenz flossen die Bedürfnisse queerer Geflüchteter in der Sozialen Arbeit vor Ort praktisch nicht ein. Dieser Diskursraum im Rahmen der Vernetzungstreffen trug maßgeblich mit dazu bei, Themen zu klären und Inhalte zu schärfen. Er unterstrich zudem den Bedarf nach Sensibilisierung und Weiterbildung im Arbeitsfeld der Gemein-

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schaftsunterkünfte. Er zeigte aber auch, wie schnell Unterstützung in Paternalismus kippen kann bzw. welche Bedeutung Räume, Sprechräume und das Hinterfragen von Machträumen haben. Dies wird auch in dem Reflexionsbericht von Nadine Ober (2018) deutlich: »Das Vernetzungstreffen in Köln war wohl die Veranstaltung, die mich am meisten beeindruckt und aufgewühlt hat. Hier haben wir erstmals unseren Erklärfilm vorgestellt. Ich war ziemlich angespannt, weil es sich bei den Anwesenden um Expert*innen und Fachkräfte handelte, die genau an der Schnittstelle LSBTTIQ* und Flucht/Migration/Asyl tätig waren oder selbst Fluchterfahrungen als queere Person gemacht hatten. Vor allem die erste Reaktion nachdem der Film abgespielt wurde war sehr verunsichernd. Natürlich hatte ich mir direkten Zuspruch und freudige Gesichter erhofft, dennoch waren die kritische Haltung der anwesenden Personen und deren Anmerkungen sehr wichtig für das Vorankommen des Projekts. Wir konnten auch im Nachhinein gemeinsam reflektieren und herausarbeiten, dass die fehlende Begeisterung mitunter daran lag, dass wir den Kerngedanken des Projekts nicht deutlich genug hatten herausstellen können. Diese Erfahrung war für mich persönlich sehr wichtig. Hier habe ich gemerkt worauf es bei der Präsentation des Projektes ankommt, welche Aspekte man dabei weglassen kann und welche besonders betont werden müssen. [...] Neben der Präsentation unseres Projekts, welche nur ein Programmpunkt der vollen Tagesordnung des Vernetzungstreffens war, gab es noch mehr wichtige Momente und Erkenntnisse, die viel in mir auslösten. Beispielsweise konnten wir alle die Wut und Verletzungen von einzelnen Personen mit Fluchterfahrung miterleben, die ihre Gefühle und Meinungen verbal zum Ausdruck brachten, kein Blatt vor den Mund nahmen und dabei keine Rücksicht darauf nahmen, ob sie damit die Anwesenden trafen oder verletzten. Ich war von den Äußerungen teilweise stark irritiert, erwischte mich kurze Zeit sogar dabei, dass ich diese als ein Teil einer Selbstinszenierung abzutun versuchte, nur um das Gesagte für mich irgendwie einordnen zu können. Ich deutete die fallenden Worte als verbale Angriffe und dachte bei mir, dass man uns nicht so angehen dürfe, da wir schließlich die seien, die sich engagieren und etwas verändern wollen. Erst mit etwas Abstand konnte ich die Bedeutung dieser Irritation begreifen und viele Erkenntnisse für mich daraus schöpfen. Beispielsweise wurde von einer geflüchteten Person die beispielhafte Frage aufgeworfen, mit welcher Intention Fachkräfte und Ehrenamtliche mit Geflüchteten ins Museum gehen würden und ob diese nicht wissen würden, dass die Geflüchteten auch schon in ihren Herkunftsländern Museen besucht hätten. Zu dieser Äußerung bekam die Person zustimmendes Nicken anderer queerer Geflüchteter, die anscheinend ähnliche Erfahrungen gemacht hatten und diese zu belächeln schienen. Ich fühlte mich dadurch vor den Kopf gestoßen und ich denke, dass es einigen der Anwesenden so ging. Zudem wurde mehrfach und mit

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Nachdruck betont, dass nie jemand nachvollziehen können werde, wie es ist als queere, geflüchtete Person in Deutschland zu leben. Die intersektionale Perspektive auf die Thematik war mir bereits vor dem Fachtag bekannt und ich hatte mich bereits mehrfach durch die Auseinandersetzung mit entsprechenden Theorien damit auseinandergesetzt. Die stark gefühlsbetonten und kraftvollen Worte, die für mein Empfinden viele schmerzliche, frustrierende und wütende Emotionen transportierten und aus ebensolchen Erfahrungen heraus resultierten, entsprachen einer ungeschönten Realität. Ich verspürte eine starke Betroffenheit, ich fühlte mich eher unwohl, irgendwie fehl am Platz. Allein der Gedanke daran, wie viel Zeit wir auf dem Fachtag erhalten hatten, um unser Projekt vorzustellen, war schwer auszuhalten in Anbetracht der Tatsache, dass einige queere Geflüchtete kaum zu Wort kamen. In mir löste das enorm viele Fragen aus und ich kam zu schmerzhaften Erkenntnissen. Zudem gewann ich durch die Aussagen einer queeren, geflüchteten Person, dass sie sich nicht dazu entschieden habe Aktivist*in zu sein, eine völlig neue Perspektive auf die Thematik. An dem Tag in Köln war die Vulnerabilität der anwesenden Personen sehr spürbar und man konnte auch hierarchische Strukturen bzw. Hegemonien unter queeren Personen deutlich erkennen. Den Gedanken, dass auch unter LSBTTIQ*-Personen hegemoniale Machtstrukturen bestehen, hatte ich bis zu der Veranstaltung in Köln für mich noch nicht gefasst. Diese Einsicht drängte sich jedoch, in Anbetracht des regelrechten Ringens um Rederecht und den sehr verschiedenen Sprechanteilen der einzelnen Personen, geradezu auf. Zusammenfassend war der Tag in Köln meine eindrücklichste und möglicherweise bedeutsamste Erfahrung für mich als Person im Projektverlauf.«

ABSCHLIESSEND Der hegemonial heteronorme Blick auf Geflüchtete auch von Sozialarbeitenden in Gemeinschaftsunterkünften verhindert oft, dass queere Geflüchtete die Unterstützung bekommen, die sie benötigen. Das von den Studierenden im Rahmen des Projektstudiums erarbeitete Material soll einen Beitrag dazu leisten, dass Sozialarbeitende den Blick für queere Geflüchtete, ihre Erfahrungen und Bedarfe öffnen und Offenheit für deren Themen signalisieren. Somit kann die Soziale Arbeit queere Geflüchtete neben der konkreten Beratungsarbeit dabei unterstützen, sich zu vernetzen und mit eigener Stimme zu sprechen.

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LITERATUR Bliemetsrieder, Sandro; Fischer, Gabriele; Kuhnle, Jana; Schmid, Lena Weese, Julia; Zondler, Anika (2018): » »Ja, ich freu mich auf die Schule. Auf alles, auf Lesen, auf Schreiben, auf Lernen.« Soziale Arbeit mit Geflüchteten zwischen Verwirklichung und politischen Begrenzungen.«, in: Blumenthal, Sara; Lauermann, Karin; Sting, Stephan (Hrsg.): Soziale Arbeit und soziale Frage(n). Schriftenreihe der ÖFEB-Sektion Sozialpädagogik. Leverkusen: Budrich Verlag, S. 209 - 227. Castro-Varela, Maria do Mar (2008): »Migration, Begehren und Gewalt. Anmerkungen zu Rassismus und Homophobie«, in: Dokumente lesbischschwuler Emanzipation 24, S. 13-26. Dietze, Gabriele (2016): »Ethnosexismus. Sex-Mob-Narrative um die Kölner Sylvesternacht (sic!)«, in: movements. Journal for Critical Migration and Border Regime Studies 2, S. 177-185. Initiative Hochschullehrender zu Sozialer Arbeit in Gemeinschaftsunterkünften (2016): Soziale Arbeit mit Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften. Professionelle Standards und sozialpolitische Basis. Positionspapier, Berlin, siehe http://www.fluechtlingssozialarbeit.de vom 04.03.2019. Ober, Nadine (2018): Reflexionen. Unveröffentlichtes Skript, Esslingen. Projektgruppe (2018): queer und hier. Eine Handreichung, siehe https:// queerrefugees.wordpress.com/ vom 30.03.2019

Autorinnen und Autoren

Çetin, Zülfukar, ist seit 2018 Professor für den Studiengang Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Berlin. 2012 veröffentlichte er u. a. seine Dissertationsschrift »Homophobie und Islamophobie. Intersektionale Diskriminierungen am Beispiel binationaler schwuler Paare in Berlin « ; mit Savaş Taş gab er den Band »Gespräche über Rassismus. Perspektiven & Widerstände« heraus. Fischer, Gabriele, Prof. Dr. phil., lehrt Soziologie an der Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege an der Hochschule Esslingen. Ihre Lehr- und Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Soziale Ungleichheit, Anerkennungstheorie, Arbeit, gender studies, memory studies und Biographieforschung. Sie leitete das Lehrforschungsprojekt »Fluchtgrund Homosexualität und Transidentität«. Held, Nina, ist Postdoktorandin und Lehrbeauftragte an der University of Sussex in Brighton, England. Neben weiteren Wissenschaftler*innen arbeitet sie im Projekt SOGICA – Sexual Orientation and Gender Identity Claims of Asylum (20162020), welches vom Europäischen Forschungsrat gefördert wird. Sie hat 2011 am Centre for Gender and Women’s Studies der Lancaster University zu dem Thema »Racialised Lesbian Spaces« promoviert. Bevor sie nach Sussex kam, war sie in verschiedenen Menschenrechtsorganisationen in Manchester tätig. Hens, Kristina, ist Wissenschaftliche Hilfskraft in dem Projekt Refugees & Queers – Politische Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ und Flucht/ Migration/Asyl und für das Referat für Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Sie forscht zu Narrativen über die separate Unterbringung von LSBTTIQ-Geflüchteten.

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| Refugees & Queers

Küppers, Carolin, Dr. phil., ist Soziologin und wissenschaftliche Referentin im Referat Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld in Berlin. Sie leitet das Projekt Refugees & Queers – Forschung und Bildung an der Schnittstelle von LSBTTIQ und Flucht/ Migration/Asyl. 2015 hat sie an der LMU München zu Sexarbeitsdiskursen während der Fußball-WM der Männer in Südafrika promoviert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschlechtersoziologie, Qualitative empirische Sozialforschung, Wissenssoziologie, Intersektionalität, Queer und Postcolonial Studies. Mokdad, Ibrahim, kam Ende 2015 als Flüchtling über die Balkanroute nach Deutschland. Ab 2016 gründete er Sofra Cologne ein LSBT (MSO), 2017 übernahm er die Position zur Dokumentation von Gewaltfällen gegen LSBTTIQFlüchtlinge beim rubicon e.V. Ober, Nadine, B.A., schloss 2014 ihr Erststudium der Kindheitspädagogik an der PH Ludwigsburg als ab. 2015 bis 2019 absolvierte sie erfolgreich ihr Zweitstudium der Sozialen Arbeit an der HS Esslingen. Akzente setzte sie dabei u.a. auf das Handlungsfeld der Straffälligenhilfe, Bildungstheorien im Kontext von Professionalisierung sowie auf genderreflexive Soziale Arbeit. Seit März 2019 studiert sie im Master »Angewandte Sozialpädagogische Bildungsforschung« an der HS Esslingen. Özdemir, Kadir, ist seit 2016 Leiter der Niedersächsischen Vernetzungsstelle für die Belange der LSBTI-Flüchtlinge – NVBF. Durch die Zusammenarbeit mit asylrelevanten Behörden, NGOs und den queeren Geflüchteten selbst ist die NVBF zu einem intersektionalen Bindeglied in der Flüchtlingsarbeit geworden. Shevtsova, Maryna, Dr. rer.pol., hat an der Humboldt-Universität zu Berlin in Politikwissenschaften promoviert. Aktuell ist sie Fulbright Fellow an der University of Florida, Gainesville. Sie ist außerdem Projektmanagerin bei TERGO, einer Selbstvertretungsorganisation von Eltern deren Kinder lesbisch, schwul, bioder transsexuell sind. Unter ihren aktuellen Publikationen ist unter anderem der Band LGBTI Asylum Seekers and Refugees from a Legal and Political Perspective. Persecution, Asylum and Integration, den sie 2019 gemeinsam mit Arzu Güler und Denise Venturi herausgegeben hat. Tanyılmaz, Tuğba, ist Geschäftsführerin vom Migrationsrat Berlin e.V. Sie ist die Mitbegründerin und Projektleitung der Initiative intersektionale Pädagogik (i-Päd). Ihre Schwerpunkte sind Intersektionalität, machtkritische Erziehung,

Autorinnen und Autoren

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rassimuskritische Bildung und Erziehung, Empowerment und Konfliktmanagement. Als Bildungsreferentin und Mediatorin bietet sie Vorträge, Workshops, Prozessbegleitungen, und Organisationsentwicklung an. Teigler, Leonie, ist seit Anfang 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren e.V. (BAfF) und widmet sich dort unter anderem der Forschung zu und Konzeptualisierung von psychotherapeutischer und psychosozialer Versorgung geflüchteter Klient*innen. Ünsal, Nadiye, ist Promoventin in Kulturanthropologie und Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Kolonialität und Migration, Intersektionalität und Menschenrechte. Im Migrationsrat Berlin e.V. ist sie als Projektkoordinatiorin des Projekts MSO Inklusiv! tätig. Die letzten Jahre war sie an Geflüchtetenprotesten beteiligt und organisiert im Bündnis gegen Rassismus z.B. Protest-und Gedenkaktionen zum NSU-Komplex und anderen Fällen rassistischer Gewalt. Vahle, Marlen, ist seit 2015 als Beraterin zu asylverfahrens- und aufenthaltsrechtlichen Fragestellungen beim Kölner Flüchtlingsrat e.V. tätig. Durch die enge Kooperation mit Initiativen zur Unterstützung von LSBTTIQ-Geflüchteten bündelt sich eine hohe Anzahl dieser Fälle in der Beratung des Kölner Flüchtlingsrates e.V. Wiegand, Carolin, M.A. im Fachbereich Philosophie, ist seit 2015 Mitarbeiter*in des Gerede – homo, bi und trans e.V. in Dresden und seit 2016 Projektleiter*in des Projekts borderless diversity – Grenzenlose Vielfalt. Yılmaz-Günay, Koray, ist seit den 1990er Jahren Aktivist und politischer Bildner in rassismuskritischen und queeren Bewegungen sowie Verleger. 2015–2019 gehörte er dem Vorstand des Migrationsrats Berlin an, seit 2018 dem des Flüchtlingsrats Brandenburg. 2011 erschien der Sammelband: »Karriere eines konstruierten Gegensatzes: zehn Jahre ›Muslime vs. Schwule‹. Sexualpolitiken seit dem 11. September 2000.«

Kulturwissenschaft Johannes F.M. Schick, Mario Schmidt, Ulrich van Loyen, Martin Zillinger (Hg.)

Homo Faber Zeitschrift für Kulturwissenschaften, Heft 2/2018 2018, 224 S., kart. 14,99 € (DE), 978-3-8376-3917-9 E-Book: 14,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3917-3

Thomas Hecken, Moritz Baßler, Robin Curtis, Heinz Drügh, Mascha Jacobs, Nicolas Pethes, Katja Sabisch (Hg.)

POP Kultur + Kritik (Jg. 7, 2/2018) 2018, 176 S., kart., zahlr. z.T. farb. Abb. 16,80 € (DE), 978-3-8376-4455-5 E-Book: 16,80 € (DE), ISBN 978-3-8394-4455-9

María do Mar Castro Varela, Paul Mecheril (Hg.)

Die Dämonisierung der Anderen Rassismuskritik der Gegenwart 2016, 208 S., kart. 17,99 € (DE), 978-3-8376-3638-3 E-Book: 15,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3638-7 EPUB: 15,99 € (DE), ISBN 978-3-7328-3638-3

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Kulturwissenschaft Fatima El-Tayeb

Undeutsch Die Konstruktion des Anderen in der postmigrantischen Gesellschaft 2016, 256 S., kart. 19,99 € (DE), 978-3-8376-3074-9 E-Book: 17,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3074-3

Rainer Guldin, Gustavo Bernardo

Vilém Flusser (1920–1991) Ein Leben in der Bodenlosigkeit. Biographie 2017, 424 S., kart., zahlr. Abb. 34,99 € (DE), 978-3-8376-4064-9 E-Book: 34,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-4064-3

Stephan Günzel

Raum Eine kulturwissenschaftliche Einführung 2017, 158 S., kart., zahlr. Abb. 14,99 € (DE), 978-3-8376-3972-8 E-Book: 12,99 € (DE), ISBN 978-3-8394-3972-2

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