Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld: Vergleich - Vereinheitlichung - Kollisionsrecht 3161457552, 9783161603082, 9783161457555


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Table of contents :
Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einführung
§ 1 Das Zwangsgeld in internationaler Sicht – die Aufgabe
I. Bedeutung
II. Ziele
III. Plan und Methode
1. Kapitel: Landesrechte
§ 2 Deutschland
I. Die Entwicklung des Zwangs- und Ordnungsgeldes
1. Begriffe
2. Ein Markstein: Der Jüngste Reichsabschied von 1654
3. Landeskodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts
4. Die Zivilprozeßordnung von 1877 und die weitere Entwicklung des Bundesrechts
II. Zivilprozeß
1. Grundlagen und Anwendungsbereich
2. Zwangsgeld und Ordnungsgeld
3. Einzelheiten der Regelung
a) „Grundsatz der möglichst direkten Vollstreckung“
b) Zwangsgeld und Zwangshaft
c) Antragserfordernis
d) Begünstigter
e) Verhältnis zum Schadensersatz
f) Verfahrensunterschiede bei § 888 und § 890 ZPO
aa) Wortlaut der Vorschriften
bb) Verfahren nach § 888 ZPO
cc) Verfahren nach § 890 ZPO
dd) Vergleich
g) Rechtsnatur von Zwangsgeld und Ordnungsgeld
h) Zwangs- und Ordnungsgeld und einstweiliger Rechtsschutz
i) Zwangs- und Ordnungsgeld und Schiedsgerichtsverfahren
4. Sonderregeln für Amts- und Arbeitsgerichte sowie die freiwillige Gerichtsbarkeit
a) Bedingte Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach §§ 510b ZPO, 61 Abs. 2 ArbGG
b) Sonderregelungen des Betriebsverfassungsgesetzes
c) Sonderregelung für die freiwillige Gerichtsbarkeit
III. Das Zwangs- und Ordnungsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung
1. Grundlagen
2. Zivilprozesse gegen die Verwaltung
3. Regelung für den Verwaltungsprozeß
a) Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand gegen Private
b) Vollstreckung gegen die öffentliche Hand
aa) Vollstreckung wegen Geldforderungen
bb) Vollstreckung bei anderen als Geldforderungen
(1) Das Zwangsgeld des § 172 VwGO
(2) Zwangs- und Ordnungsgeld nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 888, 890 ZPO
IV. Zusammenfassung
§ 3 Frankreich
I. Die Entwicklung der „astreinte“
1. Überblick
2. Ausgangslage
3. Entstehen der astreinte
4. Kritik der Lehre
5. Krise der astreinte
6. Renaissance der astreinte
7. Ansätze zur gesetzlichen Regelung
II. Allgemeines Recht des Zwangsgeldes in Zivilsachen
1. Grundlagen, Anwendungsbereich und Begriff
2. Merkmale der astreinte
a) Begünstigter
b) Ergänzende Verurteilung
c) Eventuelle Verurteilung
d) Astreinte als Ausfluß der richterlichen Machtbefugnis
e) Verhältnis zum Schadensersatz
f) Provisorische und definitive astreinte
g) Arbiträrer Charakter
h) Universeller Charakter
i) Modalitäten
j) Astreinte und référé-Verfahren
k) Astreinte und Schiedsgerichtsverfahren
3. Sonderregelung für Räumungssachen
a) Charakteristika
b) Anwendungsbereich
III. Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung
1. Grundlagen
2. Zwangsgelder der Zivilgerichte gegen die Verwaltung
3. Regelung für den Verwaltungsprozeß
a) Astreinte gegen Private
b) Astreinte gegen die Verwaltung
aa) Verurteilungen zur Zahlung einer festgesetzten Geldsumme
bb) Die „astreinte“
(1) Trennung von der Hauptverurteilung
(2) Ausschließliche Zuständigkeit des Conseil d’État
(3) Begünstigter
(4) Arbiträrer Charakter
IV. Zusammenfassung
V. Exkurs: Die astreinte und die Geldstrafen nach §§ 888, 890 ZPO in Elsaß-Lothringen
§ 4 Benelux
I. Die Entwicklung des Zwangsgeldes in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg
1. Überblick
2. Belgien
a) Entstehen der „astreinte“
b) Verbot
c) Auswege
3. Niederlande
a) Entstehen der „dwangsom“
b) Gesetzliche Regelung von 1932
4. Luxemburg
II. Das Einheitliche Gesetz über das Zwangsgeld
1. Grundlage im Benelux-Übereinkommen vom 26. November 1973
2. Merkmale des Zwangsgeldes
a) Begriff des Zwangsgeldes
b) „Ergänzende Verurteilung“
c) Begünstigter
d) Verhältnis zum Schadensersatz
e) Antragserfordernis
f) Anwendungsbereich
aa) Ausnahme für Zahlungsurteile
bb) Vorbehalt für Klagen auf Erfüllung von Arbeitsverträgen
(1) Belgien
(2) Niederlande
cc) Ausnahme bei Unmöglichkeit
g) Modalitäten der Verhängung
h) Definitiver Charakter
i) Einfluß von Konkurs oder Tod des Verurteilten
aa) Konkurs
bb) Tod des Verurteilten
j) Verjährung und Berechnung des Streitwertes
k) Zwangsgeld und Zwangshaft
aa) Belgien
bb) Luxemburg
cc) Niederlande
l) Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz
m) Zwangsgeld und Schiedsgerichtsverfahren
aa) Belgien
bb) Luxemburg
cc) Niederlande
III. Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung
1. Grundlagen
2. Zwangsgelder der ordentlichen Gerichte gegen die Verwaltung
3. Regelungen für den Verwaltungsprozeß
a) Belgien
b) Luxemburg
c) Niederlande
aa) Organe des Rechtsschutzes gegenüber der Verwaltung
bb) Dwangsom des Raad van State
cc) Raden van beroep
dd) Ambtenarengerechte
ee) Dwangsom des College van beroep voor het bedrijfsleven (CvBB)
d) Vordringen der verwaltungsgerichtlichen dwangsom
IV. Zusammenfassung
§ 5 England
I. Grenzen der Anordnung und Erzwingung der Naturalerfüllung
1. Specific performance und injunctions
a) Specific performance
b) Injunctions
2. Contempt of court als Sanktion
II. Fine wegen civil contempt of court
1. Supreme Court
a) Geldbuße statt Haft
b) Anwendungsbereich
aa) Grundsatz: Handlungen und Unterlassungen
bb) Ausnahmen: Zahlungen und Herausgabe
cc) Entwicklung eines Subsidiaritätsgrundsatzes
c) Begünstigter
d) Antragserfordernis
e) Rechtsnatur
f) Verfahrensablauf
g) Contempt of court und einstweiliger Rechtsschutz
h) Contempt of court und Schiedsgerichtsverfahren
2. County courts
3. Magistrates courts
III. Civil contempt of court in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung
1. Allgemeines
2. Ausnahme: Entscheidungen gegen die Krone
IV. Zusammenfassung
§ 6 Vergleichende Summe: Modelle des Zwangsgeldes
I. Ursprünge
II. Modelle
III. Ausstrahlung in andere Länder
2. Kapitel: Grundfragen des Zwangsgeldes im Vergleich
§ 7 Der Anwendungsbereich
I. Das Zwangsgeld als allgemeines Institut der Zwangsvollstrekkung?
II. Inhalte
1. Unterlassungen
2. Handlungen
a) Unvertretbare Handlungen
b) Abgabe einer Willenserklärung
c) Vertretbare Handlungen
aa) Kein Erfüllungsurteil
bb) Wahl zwischen Zwangsgeld und Ersatzvornahme
cc) Grundsätzlich nur Ersatzvornahme
(1) Der Grundsatz und seine Schwierigkeiten
(2) Aufweichungen des Grundsatzes
(a) Herbeiführung eines Erfolgs
(b) Beseitigung einer Störung
(c) Dauerhandlungen
d) Fazit
3. Herausgabe von Sachen
a) Unterscheidungen und Hinweise aus der englischen Praxis
b) Vertretbare Sachen
aa) Flexibilität in Frankreich und den Benelux-Ländern
bb) Starre Regelung in Deutschland
cc) Fazit
c) Bestimmte bewegliche Sachen
aa) Zwangsgeld zwecks Herausgabe
bb) Zwang nur zwecks Preisgabe
cc) Fazit
d) Immobilien
4. Herausgabe von Personen
5. Zahlung von Geld
a) Grundsätzliches Verbot des Zwangsgeldes
b) Grundsätzliche Zulassung des Zwangsgeldes
c) Fazit
III. Ergebnis: Subsidiarität und Flexibilität
§ 8 Zwang und Freiheit: Persönlichkeitsschutz durch Zwangsversagung
I. Zwang und Freiheit
II. Kein Titel oder keine Vollstreckung?
III. Bereiche unantastbarer Freiheit
1. Ehe
2. Religion und Moral
3. Kunst und Wissenschaft
a) Positive Verpflichtungen
b) Negative Verpflichtungen
4. Arbeit und Gesellschaftsbildung
a) Arbeitspflicht des Arbeitnehmers
b) Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers
c) Nebenpflichten im Arbeitsverhältnis
d) Gesellschaftsbildung
e) Ein gemeinsamer Maßstab
IV. Ergebnis: Zwangsfreie Verbindlichkeiten
§ 9 Zwangsgeld, Schadensersatz und Vertragsstrafe
I. Grundlagen
II. Gestaltungsmöglichkeiten
1. Überblick
2. Bindung an den Schaden?
3. Anrechnung auf den Schadensersatz?
a) Grundsätzliches
b) Abwägung
4. Ergebnis
III. Verhältnis zur Vertragsstrafe
IV. Zusammenfassung
§ 10 Der Begünstigte
I. Das Problem
II. Die Staatskasse als Begünstigter
III. Der Gläubiger als Begünstigter
IV. Kompromißlösungen
1. Halbe-Halbe
2. Wahl durch den Richter
V. Abwägung
1. Grundlegung
2. Kritik an der romanischen Lösung („Gläubiger als Begünstigter“)
3. Kompromisse?
a) Halbe-Halbe
b) Wahl durch den Richter
c) Ergebnis
4. Allgemeine Staatskasse oder besondere öffentliche Kasse als Grundregel?
VI. Zusammenfassung
§ 11 Das Verfahren
I. Überblick
II. Stufen der Verbindlichkeit
1. Androhung
2. Sogleich endgültige Festsetzung
3. Bedeutung
III. Reiner Zwang oder auch Strafe?
1. Überblick
2. Problematische Fälle
a) „Einmalige Zuwiderhandlung“ und ähnliche Fälle
b) Termingebundene Handlung
c) Dauerhandlungen
3. Folgerungen
a) Der Faktor Zeit
b) Zwangsgeld auch als Ahndung
IV. Mechanismen zur Milderung des ahndenden Zwangsgeldes
1. Möglichkeiten
2. Abwägung
3. Ergebnis
4. Die Bestimmtheit der Androhung
V. Zusammenfassung
§ 12 Antrag und richterliches Ermessen
I. Überblick
II. Antragserfordernis
1. Lösungen
2. Würdigung
III. Richterliches Ermessen
1. „Ob“
2. „Wie“
IV. Begründung der Entscheidung
V. Zusammenfassung
§ 13 Modalitäten
I. Grundformen
1. Gesamtsumme
2. Betrag je Zeiteinheit
3. Betrag je Zuwiderhandlung
II. Problemschwerpunkte
III. Begrenzungsmaßregeln
1. Lösungen
2. Abwägung
IV. Zusammenfassung
§ 14 Zeitpunkt des Ausspruchs
I. Möglichkeiten
1. Zusammen mit der Hauptverurteilung
2. Später in einem besonderen Verfahren
II. Abwägung
§ 15 Der Lauf des Zwangsgeldes
I. Beginn
1. Bedeutung
2. Ab Zustellung
3. Ab Erlaß der Hauptentscheidung
4. Abwägung
5. Ergebnis
II. Hindernisse: Titelfortfall
1. Bedeutung
2. Aufhebung der Hauptentscheidung ex tunc
III. Zusammenfassung
§ 16 Verschulden als Voraussetzung der Verwirkung des Zwangsgeldes
I. Die Frage
II. Antworten
III. Lösung
1. Grundsätzliches
2. Eigenes Verschulden
3. Beweislast
4. Ergebnis
§ 17 Die Zumessung des Zwangsgeldes
I. Bedeutung
II. Maßstab der Zumessung
§ 18 Die Vollstreckung des Zwangsgeldes
I. Das Problem
II. Abwägung
3. Kapitel: Das Zwangsgeld in besonderen Verfahrensarten im Vergleich
§ 19 Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz
I. Grundsatz
II. Zwangsgeld und Eilverfahren
III. Zwangsgeld und vorläufiges Verfahren
IV. Zusammenfassung
§ 20 Zwangsgeld und Schiedsgerichtsbarkeit
I. Verbreitung des schiedsgerichtlichen Zwangsgeldes
II. Abwägung
§ 21 Zwangsgeld und Verwaltungsgerichtsbarkeit
I. Überblick
II. Besondere Probleme
1. Eignung des Zwangsgeldes für den Verwaltungsrechtsstreit
2. Verwaltungsrechtliche Leistungsklage?
3. Schonfristen für die Verwaltung
4. Verfahrenskonzentration
5. Die Spürbarkeit des Zwangsgeldes
III. Zusammenfassung
IV. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und das gerichtliche Zwangsgeld
1. Einführung
2. Wichtige Klagearten
3. Kein Zwangsgeld?
4. Kapitel: Das Zwangsgeld im internationalen und europäischen Rechtsverkehr
§ 22 Das Zwangsgeld im Internationalen Privat- und Zivilprozeßrecht
I. Fragen
II. Gerichtliche Anordnung der Naturalerfüllung überhaupt
1. Die Fragestellung
2. Die Anknüpfung
a) Meinungen
b) Abwägung
III. Internationale Anordnung der Naturalerfüllung
IV. Internationale Zwangsbefugnis
1. Internationale Erzwingung der Naturalerfüllung
2. Beurteilung
3. Ergebnis
V. Das Kollisionsrecht des Zwangsgeldes
VI. Anerkennung ausländischer Entscheidungen und Zwangsgeld
1. Zwangsgeld aus dem Urteilsstaat
2. Neues Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat
VII. Zusammenfassung
§ 23 Das Zwangsgeld im Europäischen Gerichtsstands- und Vollstrekkungsübereinkommen
I. Einleitung
II. Der Begriff des Zwangsgeldes im EuGVÜ
1. Entstehungsgeschichte des Art. 43 EuGVÜ
2. Inhalt der Regelung des Art. 43 EuGVÜ
3. Art. 43 EuGVÜ und das heutige deutsche Recht
a) Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO
b) Ordnungsgeld gemäß § 890 ZPO
c) Ergebnis
III. Das Zwangsgeld im Staat der Hauptverurteilung
IV. Das Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat
1. Zwangsgeld des Urteilsstaates im Vollstreckungsstaat
2. Neues Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat?
V. Zusammenfassung
Schluß
§ 24 Ertrag: Koordinierung, Vereinheitlichung und Verbesserung des Rechts
Literaturverzeichnis
Gesetzesverzeichnis
Entscheidungsverzeichnis
Sachverzeichnis
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Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld: Vergleich - Vereinheitlichung - Kollisionsrecht
 3161457552, 9783161603082, 9783161457555

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Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht 54 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Professor Dr. Ulrich Drobnig, Professor Dr. Hein Kötz und Professor Dr. Dr. h. c. Ernst-Joachim Mestmäcker

Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld Vergleich - Vereinheitlichung - Kollisionsrecht

von

Oliver Robert Matthias Remien

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft derVGWort.

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Remien, Oliver: Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld:Vergleich­ Vereinheitlichung-Kollisionsrecht / von Oliver Robert Matthias Remien. -Tübingen:Mohr, 1992 (Beiträge zum ausländischen und internationalen Privatrecht; 54) ISBN 3-16-145755-2 / eISBN 978-3-16-160308-2 unveränderte eBook-Ausgabe 2022 NE:GT

© 1992J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro­ verfilmungen und die E inspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Bembo gesetzt, auf säurefreies Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0340-6709

Für Dr. Paul Robert Remien (1906-1988) Beatrice Remien (1953-1989)

Vorwort Dies ist meine Dissertation, die in den Jahren 1989/1990 dem Fachbereich Rechts­ wissenschaft I der Universität Hamburg vorgelegen hat. Sie war Ende 1987 bzw. im Herbst 1989 endgültig abgeschlossen, doch habe ich wichtige neue Entwicklungen und einiges an Rechtsprechung aus der Zeit bis Ende 1990 für die Veröffentlichung nachgetragen. Die kurzen Ausführungen zum DDR-Recht konnte ich nun in die Vergangenheitsform setzen. Die im Sommer 1989 eingeleitete Reform des französi­ schen Zwangsvollstreckungsrechts und auch der Zwangsgeldregeln ist im Sommer 1991 zum Teil durchgeführt worden und wird am 1. 8. 1992 in Kraft treten; im wesentlichen habe ich sie noch berücksichtigen können. Diese Arbeit hätte nicht dieselbe Form, wäre mir nicht die Möglichkeit zuteil geworden, am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privat­ recht in Hamburg lange Jahre als Assistent bei Herrn Professor Ulrich Drobnig und später als Referent tätig zu sein. Herrn Professor Drobnig danke ich auch für die Betreuung der Arbeit und das Erstvotum, Herrn Professor Hein Kötz für die liebenswürdige Erstattung des Zweit Votums, allen drei Direktoren des Instituts zusammen für die Aufnahme der Arbeit in die „Beiträge“. Die Last des Korrekturlesens hat netterweise Herta-Angela Hankwitz mit mir geteilt. Die Schreibarbeiten haben im wesentlichen Hellevi Muurinen und Renate Groß übernommen. Ich hatte immer vor, meine Dissertation eines Tages „Meinen Eltern“ zu widmen. Heute ist sie für mich besonders Zeichen der Liebe, Dankbarkeit und Erinnerung an meine Schwester und unseren Vater.

Hamburg-Poppenbüttel, Neujahr/im Sommer 1991

Oliver Remien

Inhaltsübersicht Einführung

§ 1

Das Zwangsgeld in internationaler Sicht - die Aufgabe.........................

1.

§ § § § §

Kapitel: Landesrechte

2 Deutschland........................................................................................... 3 Frankreich.............................................................................................. 4 Benelux.................................................................................................. 5 England.................................................................................................. 6 Vergleichende Summe: Modelle des Zwangsgeldes............................

2. § 7 § 8 § 9 § 10 §11 § 12 § 13 § 14 §15 § 16 § 17 §18

129 165 182 192 205 231 238 246 249 258 263 266

Kapitel: Das Zwangsgeld in besonderen Verfahrensarten im Vergleich

§19 Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz......................................... § 20 Zwangsgeld und Schiedsgerichtsbarkeit............................................... § 21 Zwangsgeld und Verwaltungsgerichtsbarkeit......................................

4.

5 33 64 102 123

Kapitel: Grundfragen des Zwangsgeldes im Vergleich

Der Anwendungsbereich..................................................................... Zwang und Freiheit: Persönlichkeitsschutz durch Zwangsversagung. . Zwangsgeld, Schadensersatz und Vertragsstrafe......................... .. Der Begünstigte..................................................................................... Das Verfahren........................................................................................ Antrag und richterliches Ermessen......................................................... Modalitäten........................................................................................... Zeitpunkt des Ausspruchs..................................................................... Der Lauf des Zwangsgeldes.................................................................. Verschulden als Voraussetzung der Verwirkung des Zwangsgeldes . . . Die Zumessung des Zwangsgeldes......................................................... Die Vollstreckung des Zwangsgeldes.................................................. 3.

1

268 272 278

Kapitel: Das Zwangsgeld im internationalen und europäischen Rechtsverkehr

§ 22 Das Zwangsgeld im Internationalen Privat-und Zivilprozeßrecht . . . § 23 Das Zwangsgeld im Europäischen Gerichtsstands- und Vollstrekkungsübereinkommen................................................................. 314 Schluß § 24 Ertrag: Koordinierung, Vereinheitlichung und Verbesserung des Rechts..........................................................................................

333

291

Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht...............................................................................................

IX

Abkürzungsverzeichnis................................................................................... XXIII

Einführung § 1

Das Zwangsgeld in internationaler Sicht - die Aufgabe..........................

1

I.

Bedeutung............................................................................

1

II.

Ziele.....................................................................................

2

III.

Plan und Methode..................................................................

1. Kapitel: Landesrechte §2

Deutschland........................................................................................... I.

1. 2. 3. 4. II.

1. 2. 3.

Die Entwicklung des Zwangs- und Ordnungsgeldes......... Begriffe................................................................................... Ein Markstein: Der Jüngste Reichsabschied von 1654 ............. Landeskodifikationendes 18. und 19.Jahrhunderts................ Die Zivilprozeßordnung von 1877 und die weitere Entwicklung des Bundesrechts.................................................................... Zivilprozeß........................................................................... Grundlagen und Anwendungsbereich................. Zwangsgeld und Ordnungsgeld.......................... Einzelheiten der Regelung . . . . •....................... a) „Grundsatz der möglichst direkten Vollstreckung“........... b) Zwangsgeld und Zwangshaft.............................................. c)

Antragserfordernis..........................................................................

d) Begünstigter....................................................................... e) Verhältnis zum Schadensersatz........................................... f) Verfahrensunterschiede bei § 888 und § 890 ZPO............... aa) Wortlaut der Vorschriften.......................................... bb) Verfahren nach § 888 ZPO....................................... cc) Verfahren nach § 890 ZPO............................................ dd) Vergleich......................................................................... g) Rechtsnatur von Zwangsgeld und Ordnungsgeld.............. h) Zwangs- und Ordnungsgeld und einstweiliger Rechtsschutz i) Zwangs- und Ordnungsgeld und Schiedsgerichtsverfahren .

5 5 5 6

8

9 9 9 10 10 12 13 14 14 14 14 15 16 18 18 21 22

4.

Sonderregeln für Amts- und Arbeitsgerichte sowie die freiwilli­ ge Gerichtsbarkeit................................................................. 23 a) Bedingte Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach §§ 510b ZPO, 61 Abs. 2 ArbGG................................... 23 b) Sonderregelungen des Betriebsverfassungsgesetzes........... 24 c) Sonderregelung für die freiwillige Gerichtsbarkeit........... 25

Das Zwangs- und Ordnungsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung.................................................... 1. Grundlagen........................................................... 2. Zivilprozesse gegen die Verwaltung..................... 3. Regelung für den Verwaltungsprozeß.................... a) Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand gegen Pri­ vate ................................................................................... b) Vollstreckung gegen die öffentliche Hand........................... aa) Vollstreckung wegen Geldforderungen......................... bb) Vollstreckung bei anderen als Geldforderungen............. (1) Das Zwangsgeld des § 172 VwGO....................... (2) Zwangs- und Ordnungsgeld nach § 167 VwGO i. V. m. §§ 888, 890 ZPO......................................... IV. Zusammenfassung........................................................................

III.

§3

25 25 26 27

27 28 29 29 29 30 31

Frankreich...............................................................................................

33

I.

Die Entwicklung der „astreinte" ................................................... 1. Überblick................................................................................ 2. Ausgangslage......................................................................... 3. Entstehen der astreinte............................................................. 4. Kritik der Lehre...................................................................... 5. Krise der astreinte................................................................... 6. Renaissance der astreinte......................................................... 7. Ansätze zur gesetzlichen Regelung..........................................

33 33 34 35 36 37 39 40

II.

Allgemeines Recht des Zwangsgeldes in Zivilsachen................... 1. Grundlagen, Anwendungsbereich und Begriff....................... 2. Merkmale der astreinte............................................................. a) Begünstigter...................................................................... b) Ergänzende Verurteilung................................................... c) Eventuelle Verurteilung....................................................... d) Astreinte als Ausfluß der richterlichen Machtbefugnis .... e) Verhältnis zum Schadensersatz............................................ f) Provisorische und definitive astreinte................................... g) Arbiträrer Charakter............................................................ h) Universeller Charakter....................................................... i) Modalitäten............................................................................ j) Astreinte und refere-Verfahren............................................ k) Astreinte und Schiedsgerichtsverfahren.............................. 3. Sonderregelung für Räumungssachen................................... a) Charakteristika.................................................................... b) Anwendungsbereich ..........................................................

41 41 42 42 43 43 44 44 45 46 47 47 48 48 50 50 51

III.

§4

Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung............................................................................. 51 1. Grundlagen.......................................................... 51 2. Zwangsgelder der Zivilgerichte gegen die Verwaltung............. 52 3. Regelung für den Verwaltungsprozeß.................... 53 a) Astreinte gegen Private........................................................ 53 b) Astreinte gegen die Verwaltung........................................... 54 aa) Verurteilungen zur Zahlung einer festgesetzten Geld­ summe ..................................................................... 54 bb) Die „astreinte“............................................................... 55 (1) Trennung von der Hauptverurteilung.................... 55 (2) Ausschließliche Zuständigkeit des Conseil d’fitat . . 56 (3) Begünstigter.......................................................... 58 (4) Arbiträrer Charakter.............................................. 59

IV.

Zusammenfassung..............................................................

V.

Exkurs: Die astreinte und die Geldstrafen nach §§ 888, 890 ZPO in Elsaß-Lothringen............................................................................ 60

Benelux.................................................................................................. I.

II.

Die Entwicklung des Zwangsgeldes in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg....................................................................... 1. Überblick............................................................. 2. Belgien................................................................... a) Entstehen der „astreinte“.................................................... b) Verbot................................................................................ c) Auswege.............................................................................. 3. Niederlande.......................................................... a) Entstehen der „dwangsom“................................................. b) Gesetzliche Regelung von 1932 .......................................... 4. Luxemburg.......................................................... Das Einheitliche Gesetz über das Zwangsgeld...................... Grundlage im Benelux-Übereinkommen vom 26. November 1973 ....................................................................................... 2. Merkmale des Zwangsgeldes................................. a) Begriff des Zwangsgeldes.................................................... b) „Ergänzende Verurteilung“................................................. c) Begünstigter....................................................................... d) Verhältnis zum Schadensersatz.......................................... e) Antragserfordernis.............................................................. f) Anwendungsbereich........................................................... aa) Ausnahme für Zahlungsurteile...................................... bb) Vorbehalt für Klagen auf Erfüllung von Arbeitsverträ­ gen ........................................................................... (1) Belgien............................................................... (2) Niederlande............................................................ cc) Ausnahme bei Unmöglichkeit......................................

60

64

64 64 64 64 65 66 67 67 69 69

70

1.

70 73 73 74 74 75 75 76 76 77 77 79 79

§5

g) Modalitäten der Verhängung............................................... h) Definitiver Charakter........................................................... i) Einfluß von Konkurs oder Tod des Verurteilten................... aa) Konkurs................................................................... bb) Tod des Verurteilten................................................... j) Verjährung und Berechnung des Streitwertes...................... k) Zwangsgeld und Zwangshaft............................................... aa) Belgien...................................................................... bb) Luxemburg................................................................ cc) Niederlande.................................................................. 1) Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz...................... m) Zwangsgeld und Schiedsgerichtsverfahren....................... aa) Belgien.......................................................... bb) Luxemburg.................................................... cc) Niederlande................................................. III. Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung............................................................................. 1. Grundlagen............................................................................. 2. Zwangsgelder der ordentlichen Gerichte gegen die Verwaltung . 3. Regelungen für den Verwaltungsprozeß................................. a) Belgien.................................................................................. b) Luxemburg........................................................................... c) Niederlande........................................................................... aa) Organe des Rechtsschutzes gegenüber der Verwaltung . bb) Dwangsom des Raad van State...................................... cc) Raden van beroep............................................................ dd) Ambtenarengerechte...................................................... ee) Dwangsom des College van beroep voor het bedrijfsleven (CvBB)............................................................... d) Vordringen der verwaltungsgerichtlichen dwangsom . . . .

100 101

IV. Zusammenfassung.........................................................................

101

England...................................................................................................

102

I.

Grenzender Anordnung und Erzwingung der Naturalerfüllung Specific performance und inj unctions.................... a) Specific performance........................................................... b) Inj unctions.......................................................................... 2. Contempt of court als Sanktion.............................. 1.

II. 1.

a) b)

c) d)

Fine wegen civil contempt of court...................................... Supreme Court....................................................... Geldbuße statt Haft.............................................................. Anwendungsbereich........................................................... aa) Grundsatz: Handlungen und Unterlassungen................ bb) Ausnahmen: Zahlungen und Herausgabe...................... cc) Entwicklung eines Subsidiaritätsgrundsatzes................ Begünstigter........................................................................ Antragserfordernis..............................................................

80 81 83 84 84 85 85 85 85 86 86 87 87 87 88 88 88 90 91 92 94 95 95 97 99 99

. . 102 102 104 105 108 108 108 110 110 111 112 113 113

102

e) Rechtsnatur.......................................................................... f) Verfahrensablauf................................................................. g) Contempt of court und einstweiliger Rechtsschutz........... h) Contempt of court und Schiedsgerichtsverfahren.............. 2. County courts....................................................... 3. Magistrates courts................................................

§6

114 116 118 118 118 119

III.

Civil contempt of court in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung....................................................................... 120 1. Allgemeines.......................................................... 120 2. Ausnahme: Entscheidungen gegen die Krone........ 121

IV.

Zusammenfassung..............................................................

122

Vergleichende Summe: Modelle des Zwangsgeldes................................

123

I.

Ursprünge...........................................................................

123

II.

Modelle..................................................................................

124

III.

Ausstrahlung in andere Länder............................................

127

2. Kapitel: Grundfragen des Zwangsgeldes im Vergleich §7

Der Anwendungsbereich......................................................................... I.

Das Zwangsgeld als allgemeines Institut der Zwangsvollstrek­ kung? ....................................................................................... 129

II.

Inhalte............. 1. Unterlassungen 2. Handlungen . Unvertretbare Handlungen............................................... b) Abgabe einer Willenserklärung......................................... c) Vertretbare Handlungen.................................................. aa) Kein Erfüllungsurteil.................................................. bb) Wahl zwischen Zwangsgeld und Ersatzvornahme . . . cc) Grundsätzlich nur Ersatzvomahme............................ (1) Der Grundsatz und seine Schwierigkeiten...... (2) Aufweichungen des Grundsatzes................... (a) Herbeiführung eines Erfolgs............ (b) Beseitigung einer Störung................ (c) Dauerhandlungen................................ d) Fazit.................................................................................. 3. Herausgabe von Sachen a) Unterscheidungen und Hinweise aus der englischen Praxis . b) Vertretbare Sachen............................................................... aa) Flexibilität in Frankreich und den Benelux-Ländem . . . bb) Starre Regelung in Deutschland...................................... cc) Fazit............................................................................... c) Bestimmte bewegliche Sachen............................................

129

130 131 133 134 135 136 136 136 137 137 138 138 138 140 141 144 144 146 146 148 149 150

d) 4. 5. a) b) c)

§8

163

Zwang und Freiheit: Persönlichkeitsschutz durch Zwangsversagung . .

165

Zwang und Freiheit.....................................................................

Kein Titel oder keine Vollstreckung?...................................

II.

165 166

III. Bereiche unantastbarer Freiheit................... 1. Ehe........................................ 2. Religion und Moral............... 3. Kunst und Wissenschaft..... a) Positive Verpflichtungen.................. b) Negative Verpflichtungen................. 4. Arbeit und Gesellschaftsbildung............. a) Arbeitspflicht des Arbeitnehmers . . . b) Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers c) Nebenpflichten im Arbeitsverhältnis . d) Gesellschaftsbildung......................... e) Ein gemeinsamer Maßstab..............

167 168 169 171 172 174 175 176 177 179 179 180

IV. Ergebnis: Zwangsfreie Verbindlichkeiten......................................

181

Zwangsgeld, Schadensersatz und Vertragsstrafe...................................

182

Grundlagen............................................................................

182

Gestaltungsmöglichkeiten................................................... Überblick.............................................................. Bindung an den Schaden?........................................ Anrechnung auf den Schadensersatz?..................... a) Grundsätzliches.................................................................... b) Abwägung.......................................................................... 4. Ergebnis.................................................................

182 182 183 184 184 186 189

III.

Verhältnis zur Vertragsstrafe...............................................

190

IV.

Zusammenfassung...............................................................

191

Der Begünstigte.....................................................................................

192

I.

Das Problem.........................................................................

192

II.

Die Staatskasse als Begünstigter............................................

192

I.

II.

1. 2. 3.

§ 10

150 151 152 154 155 157 157 159 160

III. Ergebnis: Subsidiarität und Flexibilität

I.

§9

aa) Zwangsgeld zwecks Herausgabe................................... bb) Zwang nur zwecks Preisgabe......................................... cc) Fazit............................................................................... Immobilien............................................................................ Herausgabe von Personen.................................... Zahlung von Geld................................................ Grundsätzliches Verbot des Zwangsgeldes........................ Grundsätzliche Zulassung des Zwangsgeldes.................... Fazit....................................................................................

III. IV.

1. 2.

V.

Der Gläubiger als Begünstigter............................................

194

Kompromißlösungen............................................................ Halbe-Halbe........................................................... Wahl durch den Richter...........................................

194 194 195

Abwägung........................................................................... 195 Grundlegung.......................................................... 195 Kritik an der romanischen Lösung („Gläubiger als Begünstig­ ter“) ..................................... 197 3. Kompromisse?....................................................... 202 a) Halbe-Halbe....................................................................... 202 b) Wahl durch den Richter....................................................... 203 c) Ergebnis.............................................................................. 203 4. Allgemeine Staatskasse oder besondere öffentliche Kasse als Grundregel?......................................... 203 1. 2.

VI. Zusammenfassung.........................................................................

204

§11 Das Verfahren........................................................................................

205

Überblick........................................................................................

205

Stufen der Verbindlichkeit..................................................... Androhung.......................................................... Sogleich endgültige Festsetzung........................... Bedeutung.............................................................

205 205 207 209

Reiner Zwang oder auch Strafe?........................................... Überblick............................................................. Problematische Fälle.............................................. „Einmalige Zuwiderhandlung“ und ähnliche Fälle............ Termingebundene Handlung.............................................. Dauerhandlungen................................................................. Folgerungen.......................................................... Der Faktor Zeit.................................................................... Zwangsgeld auch als Ahndung...........................................

209 209 212 213 217 218 219 219 221

IV. Mechanismen zur Milderung des ahndenden Zwangsgeldes . . . . 1. Möglichkeiten....................................................... 2. Abwägung............................................................. 3. Ergebnis................................................................ 4. Die Bestimmtheit der Androhung.......................

223 223 224 229 229

V.

Zusammenfassung.........................................................................

230

§ 12 Antrag und richterliches Ermessen.........................................................

231

I.

II. 1. 2. 3.

III. 1. 2:

a) b) c) 3. a) b)

I. II. 1. 2.

Überblick..............................................................................

231

Antragserfordernis.............................................................. Lösungen................................................................ Würdigung............................................................

231 231 232

Richterliches Ermessen........................................................ „Ob“....................................................................... „Wie“....................................................................

233 233 234

IV.

Begründung der Entscheidung............................................

235

V.

Zusammenfassung...............................................................

237

§ 13 Modalitäten............................................................................................

238

Grundformen........................................................................ Gesamtsumme........................................................ Betrag je Zeiteinheit.............................................. Betrag je Zuwiderhandlung.................................

238 238 239 241

Problemschwerpunkte.........................................................

242

Begrenzungsmaßregeln........................................................ Lösungen................................................................. Abwägung..............................................................

243 243 244

Zusammenfassung..............................................................

245

§ 14 Zeitpunkt des Ausspruchs......................................................................

246

Möglichkeiten..................................................................... Zusammen mit der Hauptverurteilung.................. Später in einem besonderen Verfahren..................

246 246 247

Abwägung............................................................................

247

§ 15 Der Lauf des Zwangsgeldes...................................................................

249

III. 1. 2.

I.

1. 2. 3. II.

III. 1. 2. IV.

I.

1. 2.

II.

I. 1. 2. 3. 4. 5.

Beginn.................................................................................. Bedeutung.............................................................. Ab Zustellung....................................................... Ab Erlaß der Hauptentscheidung........................... Abwägung.............................................................. Ergebnis.................................................................

249 249 249 251 252 254

1. 2.

Hindernisse: Titelfortfall...................................................... Bedeutung.............................................................. Aufhebung der Hauptentscheidung ex tune...........

255 255 256

III. Zusammenfassung.........................................................................

257

§ 16 Verschulden als Voraussetzung derVerwirkung des Zwangsgeldes . . .

258

I.

Die Frage...........................................................................................

258

II.

Antworten.....................................................................................

258

III.

Lösung........................................................................... 1. Grundsätzliches...................................................................... 2. Eigenes Verschulden................................................................

260 260 261

II.

Beweislast............................................................. Ergebnis................................................................

261 262

§ 17 Die Zumessung des Zwangsgeldes........................................................

263

3. 4.

I.

Bedeutung............................................................................

263

II.

Maßstab der Zumessung.....................................................

264

§ 18 Die Vollstreckung des Zwangsgeldes.....................................................

266

I.

Das Problem.........................................................................

266

II.

Abwägung............................................................................

266

3. Kapitel: Das Zwangsgeld in besonderen Verfahrensarten im Vergleich § 19 Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz.........................................

268

I.

Grundsatz...............................................................................

268

II.

Zwangsgeld und Eilverfahren...............................................

269

III.

Zwangsgeld und vorläufiges Verfahren...............................

270

IV.

Zusammenfassung..............................................................

271

§ 20 Zwangsgeld und Schiedsgerichtsbarkeit...............................................

272

I.

Verbreitung des schiedsgerichtlichen Zwangsgeldes............

272

II.

Abwägung............................................................................

275

§ 21 Zwangsgeld und Verwaltungsgerichtsbarkeit......................................

278

I.

Überblick...............................................................................

II.

1. 2. 3. 4. 5.

278

Besondere Probleme............................................................ 280 Eignung des Zwangsgeldes für den Verwaltungsrechtsstreit . .280 Verwaltungsrechtliche Leistungsklage?................. 280 Schonfristen für die Verwaltung........................... 281 Verfahrenskonzentration....................................... 282 Die Spürbarkeit des Zwangsgeldes....................... 282

III.

Zusammenfassung...............................................................

284

IV.

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und das ge­ richtliche Zwangsgeld.......................................................... 1. Einführung............................................................. 2. Wichtige Klagearten............................................. 3. Kein Zwangsgeld?................................................

284 284 286 287

4. Kapitel: Das Zwangsgeld im internationalen und europäischen Rechtsverkehr §22 Das Zwangsgeld im Internationalen Privat-und Zivilprozeß recht . . .

291

Fragen..................................................................................

291

Gerichtliche Anordnung der Naturalerfüllung überhaupt... Die Fragestellung.................................................... Die Anknüpfung.................................................... a) Meinungen.......................................................................... b) Abwägung..........................................................................

292 292 294 294 296

Internationale Anordnung der Naturalerfüllung..................

297

Internationale Zwangsbefugnis............................................ Internationale Erzwingung der Naturalerfüllung. Beurteilung.......................................................... Ergebnis..........................

299 299 303 305

Das Kollisionsrecht des Zwangsgeldes...............................

306

I. II.

1. 2.

III.

IV. 1. 2. 3. V.

VI. 1. 2.

Anerkennung ausländischer Entscheidungen und Zwangsgeld . . Zwangsgeld aus dem Urteilsstaat........................... 309 Neues Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat........... 311

VII. Zusammenfassung.........................................................................

312

§ 23 Das Zwangsgeld im Europäischen Gerichtsstands- und Vollstrekkungsübereinkommen..................................................................

314

Einleitung...........................................................................

314

Der Begriff des Zwangsgeldes im EuGVÜ......................... Entstehungsgeschichte des Art. 43 EuGVÜ........ Inhalt der Regelung des Art. 43 EuGVÜ.............. Art. 43 EuGVÜ und das heutige deutsche Recht. a) Zwangsgeld gemäß § 888 ZPO........................................... b) Ordnungsgeld gemäß § 890 ZPO........................................ c) Ergebnis..............................................................................

315 315 317 321 322 323 323

Das Zwangsgeld im Staat der Hauptverurteilung...............

324

I.

II. 1. 2. 3.

III.

IV. 1. 2.

V.

309

Das Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat........................... 327 Zwangsgeld des Urteilsstaates im Vollstreckungsstaat............. Neues Zwangsgeld im Vollstreckungsstaat?....... 328 Zusammenfassung...............................................................

331

327

Schluß § 24 Ertrag: Koordinierung, Vereinheitlichung und Verbesserung des Rechts........................................................................................... 333

Literaturverzeichnis...............................................................................

337

Gesetzesverzeichnis...............................................................................

373

Entscheidungsverzeichnis.....................................................................

385

Sachverzeichnis.....................................................................................

401

Abkürzungsverzeichnis a. a.A. Aant. a.a.O. A/B A.B.

ABGB Abs. abl. ABI. EG A.C. AcP Adm.D. a.E. a.F. afd. AG AGB AGO A.J.D.A. AK All ER Allg. Teil Alternativkomm. a.M. a.m.Nachw. Anm. Annal. dr. Lou vain Annal. Fac. sc. soc. Toulouse Annal. prop. industr. Ann. Fac. Dr. Liege Ann. Inst. Dr. int. AnwBl. AO AöR AP App.

auch anderer Ansicht Aantekening am angegebenen Ort Aktiebolag Administratiefrechtelijke Beslissingen [Ausgabe der Nederlandse Jurisprudentie] Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Absatz ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Law Reports, Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis Admiralty Division am Ende alter Fassung afdeling Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeine Gerichtsordnung Actualite Juridique Droit Administratif Astikos Kodix All England Law Reports Allgemeiner Teil Alternativkommentar

am Main auch mit Nachweisen Anmerkung Annales de droit et des Sciences politiques Annales de la Faculte de droit et des Sciences conomiques de Toulouse Annales de la proprit industrielle, artistique et littraire Annales de la Faculte de Droit de Liege Annuaire de l’Institut de Droit international Anwaltsblatt Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Appendix

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

A.P.R. ArbG ArbGG Arbit.Rspr. Arb.Rb. Arb.u.R. Arr.Rb. Ars Aequi Art. Artt.

Algemeene Practische Rechtsverzameling Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbitraale Rechtspraak Arbeidsrechtbank Arbeit und Recht Arrondissementsrechtbank Ars Aequi [Zeitschrift] Artikel Artikel [Mehrzahl]

BAG Bank. Arch. Basler jur. Mitt. BB BBA BetrVG BFrs BGB BGBl. BGH BGHZ

Bundesarbeitsgericht Bank-Archiv Basler juristische Mitteilungen Der Betriebs-Berater Buitengewoon Besluit Arbeidsverhoudingen Betriebsverfassungsgesetz Belgische Franken Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsa­ chen Bijblad bij de industriele eigendom Bulletin Legislatif Dalloz Blätter für internationales Privatrecht [Beilage zur Leipziger Zeitschrift] Blätter für Züricherische Rechtsprechung Deutscher Bundestag, Drucksachen Bulletin des arrets de la cour de cassation Bulletin de droit tchecoslovaque Burgerlijk Rechtbank Business Law Review Besloten Vennootschap Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Burgerlijk Wetboek

B.I.E. B.L.D. Bl.IPR

Bl.Zü.Rspr. BT-Drucks. Bull.civ. Bull. dr. tchecoslov. Burg.Rb. Bus. L. Rev. B.V. BVerfG BVerfGE B.W.

c. C. C.A. car. Cc CCR ch.

Ch.

chapter contre Comte Court of Appeal caracteristique Code civil County Court Rules chapter chambre Law Reports, Chancery

Ch.D. Chr. civ. Civ.Just.Q. Clunet CLY Conveyancer Cpc c.p.c.l. CPO Co. com. Cornell Int. LJ. crim. Curr. Leg. Problems

Chancery Division Chronique chambre civile Civil Justice Quarterly Journal du droit international Common Law Yearbook The Conveyancer Code de procedure civile Code de procedure civile local Civilprocessordnung Company chambre commerciale Cornell International Law Journal chambre criminelle Current Legal Problems

D.

Recueil Dalloz de doctrine, de jurisprudence et de legislation Der Betrieb District Court Recueil critique de jurisprudence et de legislation Deutsche Demokratische Republik Gesetzblatt der DDR Zivilprozeßordnung der DDR De Gex, M’Naghten & Gordon [in E.R.] De Gex & Smale [in E.R.] Delaware derselbe Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung das heißt Recueil Dalloz (Recueil hebdomadaire de jurisprudence) dieselben Deutsche Juristenzeitung Deutsche Mark Doctrine Recueil periodique et critique de jurisprudence, de legislation et de doctrine Deutsches Recht Deutsche Rechts-Zeitschrift Deutsches Verwaltungsblatt

DB D.C. DDR DDR-GB1. DDR-ZPO De G.M.&G. De G&SM Del. ders. DGVZ d.h. D.H.

dies. DJZ DM Doctr. D.P. DR DRZ DVB1.

E EAGV

ebd. E.C.C. ecolex

Entwurf Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomge­ meinschaft (EURATOM) ebenda European Commercial Cases ecolex, Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht

XXVI EDCE EFTA EG EGBGB EGKSV

EGMR EGStGB Einl. EKG Eliz. EMRK

EO E.R. EuGH EuGRZ EuGVÜ EurZVerbrR EuZW E-VwPO EWG EWGV

f. F FamRZ Fase, ff. FF FGG FGO FLR Foro.pad. FS F.Supp.

G Gaz.Pal. Gaz.Trib. GemR Geo.

Abkürzungsverzeichnis

tudes et Documents du Conseil d’tat Europäische Freihandelsassoziation Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Vertrag über die Gründung der Europäischen Ge­ meinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einleitung Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen Elizabeth Europäische Konvention zum Schutz der Menschen­ rechte und Grundfreiheiten Exekutionsordnung English Reports Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Grundrechts Zeitschrift Europäisches Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Zeitschrift für Verbraucherrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurf einer Verwaltungsprozeßordnung Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschafts­ gemeinschaft folgende Francs Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fascicule fortfolgende Francs franais Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge­ richtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Family Law Reports 11 Foro padano Festschrift Federal Supplement Gesetz Gutachten Gazette du Palais Gazette des Tribunaux Gemeinschaftsrecht George

Abkürzungsverzeichnis

Ger. Hof GG ggf. G1UNF

GO GRUR GRUR Int. GS GVG Hannov.Prot.

HansOLG Hdb.IZVR Hdb. Wettbew. R. H.L. Hem&M hfl. h.M. HRP HRR H.R. Reich ibid. I.C.R. insbes. Int. Bus. Lawyer Int.Comp.L.Q. Int.Enc.Comp.L. Int. Leg. Mat. IPG IPRax

IPRspr.

LR. I.R.L.R. i.V.m. IZPR IzRspr.

J. Jb.Belg.Ned.

XXVII

Gerechtshof Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des k.k. Obersten Gerichtshofes, begründet von Glaser und Unger, Neue Folge Gerichtsordnung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Aus­ lands- und internationaler Teil Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz Hannoversche Protokolle Hanseatisches Oberlandesgericht Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts Handbuch des Wettbewerbsrechts House of Lords Hemming & Miller [in E.R.] niederländische Gulden herrschende Meinung Handbuch der Rechtspraxis Höchstrichterliche Rechtsprechung Heiliges Römisches Reich

ibidem Industrial Cases Reports insbesondere International Business Lawyer International and Comparative Law Quarterly International Encyclopedia of Comparative Law International Legal Materials Gutachten zum internationalen und ausländischen Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrens­ rechts Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts Informations rapides Industrial Relations Law Reports in Verbindung mit Internationales Zivilprozeßrecht Sammlung der deutschen Entscheidungen zum inter­ zonalen Privatrecht Justice Jaarboek (Vereniging voor de Vergelijkende Studie van het Recht van Belgie en Nederland)

XXVIII

Abkürzungsverzeichnis

JuS Justiz JW JZ

Justizbeitreibungsordnung Juristische Blätter Jahrbuch für Ostrecht The Journal of Business Law Juris-Classeur Periodique, La semaine juridique , edition generale , edition entreprise Juris-Classeur administratif Juris-Classeur civil Juris-Classeur commercial Juris-Classeur de droit international Juris-Classeur de procedure civile Journal des juges de paix /Tijdschrift van de vrederechters Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfa­ len Journal Officiel Journal Officiel, Debats parlementaires, Assemblee Nationale Journal Officiel, Debats parlementaires, Senat Juristische Rundschau Jüngster Reichsabschied des Reichstages zu Regens­ burg (1654) Journal des Tribunaux (Bruxelles) Journal des tribunaux de travail Jurisprudence Juristische Analysen Jurisprudence du port d’Anvers /Rechtspraak der ha­ ven van Antwerpen Cour de justice Benelux - Gerechtshof, Jurisprudentie -Jurisprudence Juristisches Büro Jurisprudence generale Revue de jurisprudence de Liege, Mons et Bruxelles [vorher: Jurisprudence de Liege] Juristische Schulung Die Justiz Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

Kap. K.B. KG K.G. KPolD krit. KTS

Kapitel Law Reports, Kings Bench Kammergericht Kort Geding Kodix Politikis Dikonomias kritisch Konkurs-, Treuhand-, Schiedsgerichtswesen

JBeitrO JBL JbOstR J.Bus.L. J.C.P. “ (ed.gen.) “ (entr.) J.-Cl.adm. J.-Cl.civ. J.-Cl.com. J. -CI. Dr. Internat. J.-Cl.proc.civ. J.J.P. JMB1.NRW

J.O. J.O.Deb. pari. Ass.nat. J. O. Deb. pari. Senat

JR

JRA J.Trib. (Brux.) J.T.T. Jur. Jur. Analysen Jur.Anv.

Jur. Benelux

Jur. Büro Jur. gen. Jur. Liege

£ LAG Law Com. L.C. LEXIS LG lit. L.J. LJ.Ch. Ls. Lloyd’s Rep. L.R. [Band] Eq. Ltd. LVG LZ

Pfund Sterling Landesarbeitsgericht Law Commission Lord Chancellor [Juristische Datenbank] LEXIS Landgericht littera Lord Justice Law Journal Reports, cases argued and determined in The Chancery Division Leitsatz Lloyd’s Law Reports Law Reports, Equity Cases Limited Landesverwaltungsgericht Leipziger Zeitschrift

M m.Anm. M&C.L.Ct. MCR MDR Michigan L.Rev. Mile. m.Nachw. Mod. L.Rev. Mon.trav.publ. M.R.

Mark mit Anmerkung Mayor’s and City of London Court Matrimonial Causes Rules Monatsschrift für deutsches Recht Michigan Law Review Mademoiselle mit Nachweisen Modern Law Review Moniteur des travaux publics Master of the Rolls

N. Nachw. N.B.W. n.Chr. N.c.p.c. Ned.Jbl. Ned.Jur. Neth.Yb.Int.L. NewLJ N.F. N.I.R.C. NJW NJW-RR No. Nos. Norddt.Prot. Nr. N.V. NVwZ

(Fuß-) Note Nachweise Nieuw Burgerlijk Wetboek nach Christi Geburt Nouveau code de procedure civile Nederlands Juristenblad Nederlandse Jurisprudentie Netherlands Yearbook of International Law New Law Journal Neue Folge National Industrial Relations Court Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht Number, numero Numbers, numeros Norddeutsche Protokolle Nummer Naamloze Vennootschap Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

XXX

Abkürzungsverzeichnis

Nw, N.Y. NZA

Nachweise New York Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

O. ÖBGB1.

Order Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich österreichische Blätter für gewerblichen Rechts­ schutz und Urheberrecht österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht Oberstes Gericht Oberster Gerichtshof Official Journal of the European Communities Obligationenrecht Oberlandesgericht Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivil­ sachen Oberverwaltungsgericht

ÖBL özöfR OG OGH OJ. E.C. OR OLG OLGE OLGZ OVG

P. Panor. para. paras. Pas. Pas. lux. P.C. P.V.B.A.

Law Reports, Probate Division, Courts of Probate, Divorce and Admiralty Panorama de jurisprudence paragraph paragraphs Pasicrisie beige Pasicrisie luxembourgeoise Privy Council Personenvennootschap met beperkte aansprakelijkheid

Q.B. Q.B.D.

Law Reports, Queens Bench Queens Bench Division

r. R. RabelsZ

rule Rückseite Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationa­ les Privatrecht Rechtbank van Koophandel Revue du droit public et de la Science politique Recueil juridique de PEst - Scurit sociale Recueil Lebon Repertoire civil Repertoire commercial Repertoire du contentieux administratif Repertoire de Droit International Repertoire de procedure civile chambre des requetes

Rb. van Koophandel R.D.P. Rec.jur.Est Rec. Lebon Rep.civ. Rep.com. Rep.contentieux adm. Rep. Dr. Internat. Rep.proc.civ. req.

Rev. adm. Rev.algerienne Rev.arbitrage Rev. crit. beige Rev.crit.d.i.p. Rev.d.i.p. Rev. dr. com. beige

Rev.dr.unif. Rev. Fac. Montevideo Rev.gen.ass.resp. Rev. hell. dr. int Rev. int. dr. auteur Rev.int.dr.comp. Rev .jur. Als. Lorr. Rev.jur.pol. Rev.trim.dr.civ. Rev. trim. dr. com. Rev. trim. dr. fam. Rev. Urug. Der. Proc. RG RGBl. RG (VZS) RGZ Riv. dir. proc. Riv. trim. dir. proc. civ. RIW/AWD

R.M. Themis R.P.Ct. RPfleger Rs. R.S.C. RSFSR Rv. R.W. Rz. s.

S. s. a. S.A. SALJ Sari

Revue administrative Revue algerienne et tunisienne de legislation et de jurisprudence Revue de l’arbitrage Revue critique de jurisprudence beige Revue critique de droit international prive Revue de droit international prive et de droit penal international Revue de droit commercial beige /Tijdschrift voor Belgisch Handelsrecht Revue de droit uniforme Revista de la Facultad de Derecho y Ciencias Sociales Revue generale des assurances et des responsabilites Revue hellenique de droit international Revue internationale du droit d’auteur Revue internationale de droit compare Revue juridique d’Alsace et de Lorraine Revue juridique et politique Revue trimestrielle de droit civil Revue trimestrielle de droit commercial Revue trimestrielle de droit familial Revista Uruguaya de Derecho Procesal Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgericht (Vereinigte Zivilsenate) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rivista di diritto processuale Rivista trimestrale di diritto e procedura civile Recht der Internationalen Wirtschaft /Außenwirt­ schaftsdienst des Betriebs-Beraters Rechtsgeleerd Magazijn Themis Restrictive Practices Court Der Deutsche Rechtspfleger Rechtssache Rules of the Supreme Court Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering Rechtskundig Weekblad Randzahl section siehe Recueil Sirey Seite siehe auch Socit Anonyme

South African Law Journal Societe ä responsabilite limitee

XXXII

SchlHA SchlHOLG S.D. Seuff.A. S. E.W. SGG Sig. soc. SolJ. Somm. SS.

Stb. sub tit. SYDONI SZ

Abkürzungsverzeichnis

Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Southern District Seufferts Archiv Sociaal Economische Wetgeving Sozialgerichtsgesetz Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) chambre sociale societe The Solicitors’ Journal Sommaires sections Staatsblad sub titulo [Juristische Datenbank] SYDONI Entscheidungen des österreichischen Obersten Ge­ richtshofes in Zivil- und Justizverwaltungssachen

T. T.Arbitr. T.P.R. Trav. Assoc. Capitant Trb. Trib.civ. Trib.gr. inst. Trib.inst. Trib.jeunesse Trib. premiere inst. Trib.trav. Tulane L.Rev. TwK

Transcript Tijdschrift voor Arbitrage Tijdschrift voor Privaatrecht Travaux de 1’Association Henri Capitant Tractatenblad Tribunal civil Tribunal de grande instance Tribunal d'instance Tribunal de jeunesse Tribunal de premiere instance Tribunal de travail Tulane Law Review Tijdelijke wet Kroongeschillen

u.a.m. unstr. USA U.S. Dist.Ct. UWG

und anderes mehr unstrittig United States of America United States District Court Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

V.

V.-C. VersR Verw.Arch.

VGH vgl. Viet. V.K.

versus, against vom Vice-Chancellor Versicherungsrecht Verwaltungsarchiv Verwaltungsgerichtshof vergleiche Victoria Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland

Abkürzungsverzeichnis

XXXIII

v° VO vol. Vorbem. voy. VwGO VwVfG VwVG

verbo Verordnung volume Vorbemerkung voyez Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz

W. Wet ARBO Wet AROB

Weekblad van het Regt Wet administratieve rechtspraak bedrijfsorganisatie Wet administratieve rechtspraak overheidsbeschikkingen Wet op de Raad van State Wilson, Chancery [in E.R.] Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise Weekblad voor Privaatrecht, Notaris-Ambt en Registratie Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungssamm­ lung

Wet RvSt Wils Ch. W.L.R. WM w.N. W.P.N.R.

WRP WuW/E

Y.&C.Ch.Cas. Yugoslav Law

Younge & Collyer Chancery Cases [in E.R.] Yugoslav Law/Droit Yougoslave

ZAkDR ZaöRV

Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht zum Beispiel Zeitschrift für Rechtssoziologie Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht [früher: Zeitschrift für Insolvenzpraxis] Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozeßordnung Zivilprozeßrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht zustimmend Zwangsvollstreckung Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zwangsvollstreckungsrecht Zeitschrift für Zivilprozeß

ZArbR z.B. Z.f.Rsoz. ZHR ZIP

ZMR ZPO ZPR ZRP ZSchwR zust. ZV ZvglRWiss ZVR ZZP

Einführung $ 1 Das Zwangsgeld in internationaler Sicht - die Aufgabe I. Bedeutung Das Recht herrscht nur dann, wenn es auch verwirklicht werden kann. Selbst eine gerichtliche Entscheidung aber ist zunächst nur ein Stück Papier. Ihrem Inhalt Wirkung zu verleihen - und sei es auch notfalls mit Gewalt - ist die wichtige Aufgabe der Zwangsvollstreckung als einem Verfahren der Rechtsver­ wirklichung1. „Zwangsvollstreckung“ bedeutet meist Beitreibung von Geldforderungen. Aber Urteile auf Handlungen und Unterlassungen bedürfen ebenfalls der Ver­ wirklichung. Ein Mittel dafür ist das Zwangsgeld. Die Erzwingung gerade von Handlungen und Unterlassungen mag in Zu­ kunft sogar eher noch wichtiger werden: In „modernen“ Materien wie etwa dem Umweltschutz-, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht geht es vielfach um Handlungs- oder Unterlassungsansprüche. Ferner nimmt mit zunehmender Kompliziertheit der Lebensverhältnisse im allgemeinen die Ersetzbarkeit der besonderen Leistung des Schuldners durch die eines Anderen ab; entsprechend steigt das Bedürfnis, gerade seine eigene Leistung zu erhalten. Naturalerfüllung und Naturalerfüllungszwang sind dann entscheidend für den Wert des Rechts selbst. Naturalerfüllungszwang zu verweigern hieße, einen effektiven Rechts­ schutz zu versagen. Selbst das im Gegensatz zum deutschen Recht bei Verurtei­ lungen zu Naturalerfüllung traditionell vorsichtige englische Recht erkennt dies heute2. Naturalerfüllung ist wichtig, weil nicht jede Leistung für Geld von einem Dritten zu erhalten ist. Der Satz „Dulde und liquidiere“, der heute auch im 1 Von „Rechts Verwirklichung“ spricht auch Gaul in ROSENBERG/GAUL/SCHILKEN 1; ähnlich Zöller (-Vollkommer) Einleitung Rz. 39 und schon Rosenberg (9.) 879, 880. Auch Erman, JZ 1960, 297 (299, 300, 301 und 302) gebraucht den Ausdruck; in weiterem Sinn ferner Dütz 11, 131 ff. Allgemein sagt Rudolph von Jhering II 2 S. 322 (§38): „Das Recht ist dazu da, daß es sich verwirkliche. Die Verwirklichung ist das Leben und die Wahrheit des Rechts, ist das Recht selbst.“ Vgl. auch Abuda S. I. 2 Zu England unten §5 1 1; zu „modernen Tendenzen“ im englischen Recht JONES/GOODhart S. V, VI, 122, besprochen von Remien, RabelsZ 51 (1987) 245-252; rechtsvergleichend zur Naturalerfüllung Zweigert/Kötz II 178-202, und Reichert-Facilides, Der Naturalerfül­ lungszwang im Schuldverhältnis, sowie unten §§ 51 und 22II.

deutschen Verwaltungsrecht überwunden ist3, würde auch allgemein nur zu einem unvollkommenen Rechtsschutz führen. Um die Erfüllung zwangsweise herbeizuführen, kann man je nach Sachlage verschiedene Wege beschreiten. Es gibt direkte Maßnahmen, die am Schuldner vorbei den Erfolg herbeiführen; es gibt ferner indirekte Maßnahmen, die den Schuldner selbst zum Tätigsein zwingen. Die wichtigste der letztgenannten ist das Zwangsgeld: Wenn die Leistung, um die es geht, von einem Anderen auch nicht für Geld zu erlangen ist, so kann man doch oft den allein leistungsfähigen Schuldner dadurch zur Lei­ stung anhalten, daß man ihm die Einbuße von Geld androht: Das Zwangsgeld ist die gerichtliche Androhung oder Auferlegung einer Geldzahlung für den Fall der Nichterfüllung einer gerichtlichen Entscheidung. Wie das Zwangsgeld in Europa als Mittel der Rechtsverwirklichung heute benutzt wird und eingesetzt werden sollte, wird hier näher untersucht.

II. Ziele Diese Untersuchung soll gleichzeitig drei Zielen dienen: Wie jede Rechtsvergleichung soll sie zum Einen die Erkenntnis der Schwä­ chen und Stärken des eigenen Rechts fördern und dessen Verbesserung anregen. Zum Zweiten soll sie Schwierigkeiten mit dem Zwangsgeld im internationa­ len, vor allem europäischen Rechtsverkehr lösen helfen: Art. 43 des Europäi­ schen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens enthält - wenig genug ist es bekannt - eine besondere Bestimmung über das Zwangsgeld. Über sie herrscht bislang wenig Klarheit. Zum Dritten - und vor allem - soll Vorarbeit für eine europäische Vereinheit­ lichung geleistet werden. Ein „Europäisches Zivilprozeßrecht“4 gibt es insoweit trotz Art. 43 EuGVÜ noch nicht. Immerhin haben aber die Benelux-Staaten beim Zwangsgeld bereits Rechtseinheit erreicht5. Ist dies ein Beispiel für Euro­ pa? Der Rechtseinheit bedarf es allerdings nicht nur in Europa, sondern noch viel mehr im eigenen Land. Die Arbeit bezieht daher auch den Verwaltungsprozeß mit ein. Ein einheitliches Prozeßrecht6 könnte einigen Zugewinn an Klarheit und Einfachheit bringen7. 3 Dazu Ossenbühl 75, 152 m.Nachw. 4 So der Titel des Beitrags von Basedow in Hdb.IZVR I Kap. II 99-181 und des Kommen­ tars von Kropholler zum EuGVÜ. 5 Ausführlich unten § 4. 6 Vgl. Vollkommer, Verfahrensvielfalt oder einheitliches Prozeßrecht? - Zur Überwindung des Rechtspartikularismus auf dem Gebiet des gerichtlichen Verfahrens JZ 1987, 105-110; ders., Fortschritte auf dem Weg zur Verfahrens vereinheitlichung, FS Obermayer 143-152. 7 Treffend Vollkommer, FS Obermayer 143: „Bei jeder Verfahrensdivergenz stellt sich die Frage nach ihrem inneren Grund. Ist die Abweichung nicht durch die spezifischen Wesenszüge der jeweiligen Verfahrensart bedingt, handelt es sich um einen Fall schädlicher „Rechtszersplit­ terung“, die es zu beseitigen gilt.“

Die Verwaltungs Vollstreckung, d. h. die außergerichtliche Durchsetzung von Verwaltungsakten, muß hier allerdings ausgeklammert werden: Die Entfer­ nung von der eigentlichen Frage würde wegen des verwaltungsrechtlichen Umfeldes zu groß. Ebenso unberücksichtigt bleibt das Zwangsgeld zur Durch­ setzung gerichtlicher Zwischenentscheidungen, die die Hauptsache nicht berüh­ ren: Etwa die Anordnung des Erscheinens von Zeugen oder der Vorlage von Urkunden. Solche Fälle haben zwar international Aufsehen erregt8, aber Grund der Auseinandersetzungen ist mehr eine unterschiedliche Sicht der prozessualen Pflichten der Parteien oder Dritter, weniger ein Streit über die beste Art der Durchsetzung allseits anerkannter Pflichten des materiellen Rechts.

III. Plan und Methode Die Regelung des Zwangsgeldes in vier wichtigen europäischen Rechtsord­ nungen wird im 1. Kapitel vorgestellt: Deutschland, Frankreich, Benelux, England. Damit wird ein Überblick über die Vielzahl von Problemen und verschiedenen Lösungsmöglichkeiten gewonnen. Auf dieser Grundlage werden im 2. und 3. Kapitel die wichtigsten Probleme im Detail rechtsvergleichend untersucht. Die gefundenen Lösungstypen werden vorgestellt und gegeneinander abgewogen. Vorbild ist die für die International Encyclopedia of Comparative Law entwickelte Methode der „typischen Lösun­ gen“9. Gesucht wird jeweils die beste, für die Fortbildung des eigenen wie die Schaffung eines einheitlichen europäischen Rechts des Zwangsgeldes empfeh­ lenswerte Lösung. Dabei verdienen gelegentlich auch weitere Rechtsordnungen Aufmerksamkeit. Während Kapitel 2 den Grundfragen des Zwangsgeldes ge­ widmet ist, betrifft Kapitel 3 das Zwangsgeld in wichtigen besonderen Verfah­ rensarten. Die Verschiedenheiten der nationalen Modelle des Zwangsgeldes verursachen Probleme im internationalen und europäischen Rechtsverkehr. Die Suche nach Lösungen für sie bildet den Gegenstand des 4. Kapitels: Der Ertrag der Rechts­ vergleichung soll hier kollisionsrechtlich fruchtbar gemacht werden. Zum Schluß ist Bilanz zu ziehen: Brauchen wir nach dem Einheitlichen Benelux-Gesetz über das Zwangsgeld nun eine europäische Vereinheitlichung?

8 Im sogenannten „TransatlantischenJustizkonflikt “; knapp dazu unten in § 22III. 9 Dazu Drobnig, FS Rheinstein I, 225-226; ders., Cornell Int.L.J. 5 (1972) 123-124. Während hier nur einige europäische Rechtsordnungen betrachtet werden können, ist der Ansatz der Enzyklopädie jedoch universell.

1. Kapitel: Landesrechte § 2 Deutschland I. Die Entwicklung des Zwangs- und Ordnungsgeldes 1. Begriffe

Die Begriffe „Zwangsgeld“ und „Ordnungsgeld“ kennt das deutsche Zivil­ prozeßrecht erst seit neuerer Zeit, nämlich seit dem Jahre 1975. Die Zwangsund Ordnungsgelder der §§ 888, 890 ZPO waren vorher einheitlich als „Geld­ strafen“ bezeichnet worden1. Das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 19742 hat aber die Verwendung des Begriffs „Strafe“ außerhalb des Strafrechts eingeschränkt und so auch in der ZPO einen neuen Sprachgebrauch eingeführt. Nach ganz überwiegender Meinung haben diese terminologischen Änderungen aber keine sachliche Bedeutung3. Die Ursprünge der heutigen Regelung liegen lange zurück - noch weit vor Erlaß der ZPO.

2. Ein Markstein: Der Jüngste Reichsabschied von 1654

Der Jüngste Reichsabschied des Regensburger Reichstages von 16544 wurde zum Ursprung des gemeinen Prozesses5; dieser vereinte Elemente des kammer­ gerichtlichen und des sächsischen Prozesses6. § 162 JRA nun enthielt eine ausdrückliche Bestimmung für die Durchsetzung von Unterlassungsurteilen mittels Bestimmung einer „Poen“7: 1 Schon der Entwurf 1931 hatte eine Änderung der Terminologie vorgesehen: Er sprach bei Handlungen von „Erzwingungsstrafen in Geld“ und bei Unterlassungen von einer „Ord­ nungsstrafe in Geld“, vgl. §§ 974, 977 Entwurf 1931. 2 BGBl. 1469, siehe dort Art. 98 Nr. 13 und 15. 3 Borck, WRP 1975, 276 (278) und ders., WRP 1980, 670 (671) sagt zu der Änderung mit Shakespeare, Romeo und Julia, 2. Akt, 2. Szene: „Was ist ein Name? Was uns Rose heißt, Wie es auch hieße, würde lieblich duften. “ 4 Vgl. etwa den Kommentar von Neurode, Gegenwärtige Verfassung des H.R.Reichs in Staats- und Justiz-Sachen (1752). 5 Vgl. Conrad II458 ff; Rosenberg/Schwab 22. 6 Rosenberg/Schwab 22. 7 Neurode 666, 330. Anm. § 2 berichtet folgenden Tenor, nach dem die Poen zur Hälfte dem Fiskus, zur Hälfte dem Kläger zufließen soll: „... Sodann wird oftberührtem Beklagten, sich

„In allen Fällen und Sachen aber, welche, weilen die Urtheil allein ad omittendum vel non faciendum gerichtet, keiner anderen Execution unterworffen, als daß der verlustigte Theil a certo aliquo facto abstinire, soll demselben, auf dem Fall einer Contravention, ebenmäßig eine gewisse Poen bestimmet; und da er der ergangenen Urtheil zuwider handelte, nicht allein mit der declaratio poenae gegen ihn verfahren, sondern auch ein kurzer Termin ad praestandam Cautionem de non antplius tnrbando, impediendo, excedendo, attentando, offendendo, angesetzt; zugleich auch die Execution wegen des verwürckten Poen-Falls, auf obbeschriebene Weise, vermittels der Man­ datorum executoralium, an seine Obrigkeit... würcklich verfüget... werden; ..."

Bei nicht auf ein Unterlassen gerichteten Urteilen wird die Bestrafung mit einer Poen nach § 160 JRA möglich gewesen sein8. Mit der Regelung des § 162 JRA wurden frühere Entwicklungen festgeschrie­ ben9, und zwar in einer zumindest die Unterlassungsvollstreckung im deutschen Sprachraum noch heute prägenden Weise10.

3. Landeskodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts

Zunächst zeugen von diesem Einfluß Vorschriften in den vielen partikularen Prozeßordnungen11. Beispielhaft ist die revidierte Allgemeine Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten von 1793. In ihrem „Von der Vollstreckung der rechtskräftigen Urtel“ überschriebenen 24. Titel des 1. Teiles sieht sie auch „Geldstrafen“ vor: In §§ 50, 51 für Handlungen, die nicht mit gleicher Wirkung ein Anderer verrichten kann, und in § 54 für Unterlassungen. Die Bestimmun­ gen sind sehr ausführlich, aber recht anschaulich: §50 Ist aber die Handlung nicht so beschaffen, daß sie ein Anderer eben so wohl und mit gleicher Wirkung verrichten kann; oder ist eine wahrscheinliche Besorgniß, daß die dazu erforderlichen Kosten aus dem Vermögen des Verpflichteten nicht zu erhalten seyn möchten, vorhanden; so ist dem Exekutionssucher die Wahl zu lassen: ob er auf der wörtlichen Befolgung des Urtels bestehen, oder sofort sein dabei verwaltendes Interesse fordern wolle. §51 Besteht der Exekutionssucher auf der Befolgung des Urtels, so muß der Verpflichtete zur gefänglichen Haft gebracht, oder allenfalls nach dem Ermessen des Gerichts, nach Bewandtniß allen weiteren Turbirens, bey Straf 10. Mark löthigen Golds, halb dem Kayserlichen Fiscus, und zum anderen halben Theil Klägern, unnachlässig zu bezahlen, hiermit allen Ernstes anbefohlen..." 8 § 160 JRA nimmt auf den nach § 159 JRA im Urteil zu bestimmenden „Termin zur Parition“ Bezug und lautet: „In welchem Termin der Condemnatus, ob er parirt habe oder nicht, anzuzeigen schuldig, und ihre derenthalben weitere Zeit nicht gegeben werden; wo er aber solches nicht thäte, soll alsdann, auf Anrufen des obsiegenden Theils, vermög ergangener Urtheil, er in die darin benannte Poen, samt Kosten und Schaden erklärt: und die Execution, so wohl auf den Poen-Fall, als in der Haupt-Sachen, seiner Obrigkeit... per Mandata Executorialia, nach Inhalt unserer Cammer-Gerichts-Ordnung ... von unserem Kayserlichen Cam­ mer-Gericht aufgetragen und anbefohlen werden, ..." 9 Zu Vorläufern von § 162 JRA J.Kohler, AcP 80 (1893) 141 (212f.). 10 Jelinek 12; auf die Bedeutung von § 162 JRA weist auch hin RG (VZS) 20.12.1898, RGZ 42, 419 (423). 11 Überblick bei Wach 129 ff; einige Nachweise auch bei Planck II603.

seines Standes und seiner Vermögensumstände, durch Androhung gewisser, dem Gegenstände angemessener Geldstrafen zu seiner Schuldigkeit gezwungen werden. §52 Ist der höchstens bis auf 3 Monate hinaus zu verlängernde Arrest, oder die nach richterlichem Ermessen allenfalls zu verdoppelnde Geldstrafe, den Verpflichteten zu Befolgung des Urtels zu bringen nicht vermögend; oder zeigt es sich gleich auf die Veranlassung des zweiten Grades der Exekution, daß es nicht mehr von dem Willen des Exequendi abhange, das Urtel zu befolgen: so bleibt nichts weiter übrig, als daß der obsiegende Theil sein Interesse, das ihm daraus erwachsen ist, liquidire, und der Betrag desselben aus dem Vermögen des Schuldners beigetrie­ ben werde. ... §53 §54 Wenn ferner II. der Inhalt des Urtels dahin geht, daß jemand etwas zu unterlassen schuldig sey; so läßt zwar die Exekution eines solchen Urtels im eigentlichen Verstände sich nicht denken; wenn aber der unterliegende Theil die ihm verbotene Handlung dennoch vornimmt, z. B. wenn er den Gegner in dem Besitze einer ihm zuerkannten Sache, oder in dem Genüsse eines erstrittenen Rechts beunruhigt: so muß ihm dieses durch unbedingte Strafbefehle (Manda­ ta sine clausula) untersagt; wenn er diesen zuwider handelt, die Strafe wirklich beigetrieben, und die Inhibition unter verdoppelter Bedrohung wiederholt; der Widerspenstige zur Bestellung einer annehmlichen Kaution wegen künftiger Befolgung des Urtels angehalten; in jedem Falle aber der Betrag des dem Gegner durch seine Beeinträchtigung verursachten Schadens von ihm beigetrieben werden. Auch bleibt es dem richterlichen Ermessen anheim gestellt, denjenigen, welcher den obsie­ genden Theil, dem Urteil entgegen, beharrlich zu beunruhigen fortfahrt, daran durch seine Verhaftnehmung zu hindern; oder die nach den Umständen etwa sonst noch Statt findenden Anstalten, wodurch der obsiegende Theil gegen fernere Störungen geschützt werden kann, auf dessen Antrag und auf Kosten des Widerspenstigen vorzukehren.

In anderen partikularen Gerichtsordnungen finden sich für Handlungen und Unterlassungen12, zum Teil auch nur für Unterlassungen13, ähnliche Bestim­ mungen14. Auch die gemeinrechtliche Praxis wandte diese „Ungehorsamsstra­ fen“ an15. Allerdings war die Reichweite des materiellrechtlichen Erfüllungsan­ spruches umstritten16. 12 Etwa Artt. 125, 126 des coburgischen Gesetzes, die Verbesserungen und Abkürzung des Verfahrens im ordentlichen Civilprozeß betreffend, vom 1.12.1858; § 168 der Proceß-Ordnung für die Unter-Gerichte des Königreichs Hannover vom 5.10.1827; §549 der Allgemeinen bürgerlichen Proceß-Ordnung für das Königreich Hannover vom 8.11.1850. Für den Fall, daß eine „Arbeit von einem Dritten nicht zu Stande gebracht werden“ kann, auch §310 der österreichischen AGO. 13 Etwa § 981 der Proceß-Ordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Grossherzogthum Baden von 1832, nicht aber §980 für Leistung oder Arbeit, die nicht durch einen Dritten verrichtet werden kann; §§874 und 873 der neuen badischen Prozeß-Ordnung von 1864; Art. 863 der Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für das Königreich Bayern von 1869, nicht aber der Handlungen betreffende Art. 862; nach Menger, AcP 55 (1872) 371 (390 N. 5) wurden meist die unvertretbaren Handlungen nicht besonders geregelt. 14 Einige weitere Beispiele beiJ.KoHLER, AcP 80 (1893) 141 (215 ff). 15 Wetzell 649f; ferner von Bayer 1117; Liebe in Weiske IV 110 v° Execution sub III 5; Linde 485 §337 und 487f. §340; Martin/Martin 568 f. §273, auch schon Martin 219 § 184 und 234 § 196; Schmid 347f.; für Unterlassungen auch HEFFTER 632. 16 Dazu Coing 1432-434.

4. Die Zivilprozeßordnung von 1877 und die weitere Entwicklung des Bundes­ rechts Auf den eben beschriebenen Grundlagen konnte auch bei der Schaffung eines einheitlichen deutschen Zivilprozeßrechts das Zwangsgeld geregelt werden17. Über die Zulassung einer Erzwingung von Handlungen wurde zwar bei den Beratungen der ersten Entwürfe gestritten18. Insbesondere die Beschränkungen des französischen Rechts haben dabei eine Rolle gespielt19, doch hat sich das französische Beispiel nicht durchgesetzt: Man entschied sich schließlich klar dafür, auch bei Handlungen und Unterlassungen als Ziel der Zwangsvollstrek­ kung wirkliche Erfüllung herbeizuführen, und nicht nur Schadensersatz zu gewähren20. So sahen die §§774 und 775 der Civilprozeßordnung vom 30.1.187721 wie auch schon die meisten vorangegangenen Entwürfe22 „Geld­ strafen“ für die Vollstreckung von unvertretbaren Handlungen und Unterlas­ sungen vor. Die §§ 774, 775 CPO wurden durch die Novelle von 1898 zu den §§ 888, 890 ZPO23. Zugleich wurde der Anwendungsbereich der Handlungs­ vollstreckung durch eine Änderung des § 888 Abs. 2 ZPO leicht eingeengt. Der Entwurf einer neuen ZPO von 193124 folgte mit seinen §§ 974, 977 den 17 Überblick über die verschiedenen Ansätze und Entwürfe, die zur ZPO führten, bei Rosenberg/Schwab 25; detaillierter Wach 144ff. Zu unterscheiden sind: Hannoverscher Entwurf (1862), Preußischer Entwurf (1864), Norddeutscher Entwurf (1870) und nach der neuen Reichsgründung Entwurf I (1871), Entwurf II (1872) und schließlich Entwurf III (1874). Schon früher waren private Vorschläge zur Schaffung eines einheitlichen deutschen Prozeß­ rechts unterbreitet worden, so im Jahre 1815 durch von Gönner, der 1375 ff. in Buch IV Kap. V § 4 seines Entwurfs auch Geldstrafen zur Durchsetzung von Handlungen und Unterlassungen vorsah, vgl. ders. II 381 f.; schon 1799 von Eggers, der in den §§955 ff. seines Entwurfs ebenfalls Strafen vorsah. Die Paulskirchenverfassung vom 28.3.1849 enthielt in §64 eine Reichskompetenz zum Erlaß eines allgemeinen Gesetzbuchs über das gerichtliche Verfahren. 18 Vgl. Hannov. Prot. 4273, 4583-4587, 4589, 4592 mit lebhafter Diskussion über die Zulassung der HandlungsVollstreckung; Widerstand auch noch in Norddt. Prot. 2063-2066. 19 Etwa im Preußischen Entwurf, vgl. Motive 253f. 20 Begründung Entwurf III 576; Begründung Entwurf II 573; Begründung Entwurf 1478 f.; für Unterlassungen deutlich Motive Preußischer Entwurf255 f. 21 RGBl. 1877 Nr. 6 S. 83-243. 22 EntwurfIII: §§ 720, 721 CPO; Entwurf II: §§ 707, 708 CPO; Entwurf I: §§ 695, 696 CPO; Norddeutscher Entwurf: §§ 1055, 1056; Preußischer Entwurf: Für Unterlassungen § 1041 und für einstweilige Anordnungen § 825, nicht aber für Handlungen (jedoch Vorbehalt für besonde­ re Bestimmungen, die den unmittelbaren Zwang gestatten, in §1040); der Hannoversche Entwurf enthielt keine entsprechenden Bestimmungen: Auf der 251. Sitzung, Hannov.Prot. 4582ff., waren zwar nach Zweifeln über die Aufnahme der einzelnen Vollstreckungsarten in den Entwurf- vgl. ebd. 4041 f., 4268-4285 - derartige Vorschriften beschlossen worden, doch wurden diese wieder gestrichen, ebd. 6344. 23 Gesetz, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, vom 17.5.1898, RGBl. 1898 Nr. 215 S. 256-331; das Gesetz, betreffend die Ermächtigung des Reichskanzlers zur Bekannt­ machung verschiedener Reichsgesetze vom 17.5.1898, RGBl. 1898 Nr. 21 S. 342f. gestattete die in RGBl. 1898 Nr. 25 S. 369, 410-611 erfolgte Bekanntmachung „unter fortlaufender Nummernfolge der Paragraphen“, die zu der Umnumerierung führte. 24 Entwurf einer Zivilprozeßordnung, Veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, Berlin 1931.

§§ 888, 890 ZPO 187725. Er wurde aber nie Gesetz. So beruht die Regelung des Zwangs- und Ordnungsgeldes im Zivilprozeß noch heute im wesentlichen auf der ZPO von 187726.

II. Zivilprozeß 1. Grundlagen und Anwendungsbereich Grundlage für Zwangs- und Ordnungsgeld im Zivilprozeß sind die §§ 888 und 890 ZPO. Beide Vorschriften stehen im 8. Buch der ZPO über die Zwangs­ vollstreckung27. Sie haben damit einen umfassenden Anwendungsbereich. Grundsätzlich gelten sie auch für Entscheidungen der Amtsgerichte und Ar­ beitsgerichte28, doch sind Zwangs- und Ordnungsgeld hier ausgeschlossen, wenn der Schuldner in der Entscheidung für den Fall der Nichterfüllung bereits bedingt zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt worden ist29. Im Betriebs­ verfassungsrecht und im Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge­ richtsbarkeit finden sich einige besondere Bestimmungen über Zwangs- und Ordnungsgeld30.

2. Zwangsgeld und Ordnungsgeld Zwangs- und Ordnungsgeld wurden zwar früher einheitlich als „Geldstrafen“ bezeichnet. Ob jener einheitlichen Bezeichnung auch ein einheitlicher rechtli­ cher Charakter der Maßnahmen nach §§ 888 und 890 ZPO entsprach, war aber seit langem und ist noch heute streitig31. Die Einführung unterschiedlicher Bezeichnungen32 deutet aber wohl daraufhin, daß der Gesetzgeber die Maßnah­ men für verschiedenartig hält. In jedem Fall haben die genannten Zwangs- und Ordnungsgelder aber nicht nur ihren Standort im 8. Buch der ZPO gemeinsam. In der Sache ist ihnen gemein, daß sie beide Geldzahlungspflichten darstellen, die einer Person von 25 Jedoch sollte auch für diese Vollstreckungsmaßnahme - mit Ausnahme der Androhung nach § 977 Abs. 2 E 1931 - das Vollstreckungsgericht zuständig sein. 26 In der ehemaligen „Deutschen Demokratischen Republik“ war am 1.1.1976 ein Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen - Zivilprozeßord­ nung - vom 19.6.1975 in Kraft getreten, siehe DDR-GB1. I 533; Nachfolger der §§888, 890 ZPO waren darin §§ 79 Abs. 3, 130 Abs. 3 DDR-ZPO, die allerdings durchweg von „Zwangs­ geld“ sprachen. 27 Ordnungsgelder kennt die ZPO auch noch an anderer Stelle, doch dienen diese nicht der Vollstreckung gerichtlicher Sachentscheidungen. 28 Für letztere kraft der Verweisung in § 62 ArbGG. 29 Dazu unten 4 a). 30 Dazu unten 4 b) und c). 31 Ausführlich dazu unten 3 g). 32 So auch schon der Entwurf 1931, vgl. oben 11 N. 1.

einem Gericht wegen der Nichterfüllung einer gerichtlichen Entscheidung ange­ droht oder auferlegt werden. Sie sind daher beide „Zwangsgelder“33. Auch in den Einzelheiten der Regelung zeigen sie viele Gemeinsamkeiten, wenngleich auch einige bemerkenswerte Unterschiede.

3. Einzelheiten der Regelung a) „Grundsatz der möglichst direkten Vollstreckung“

Ansatzpunkt der Regelung der Zwangsvollstreckung im 8. Buch der ZPO und damit auch in den §§ 888, 890 ZPO ist nicht die bestimmte Zwangsmaßnah­ me - eben die Verhängung eines Zwangsgeldes -, sondern der Inhalt des zu vollstreckenden Titels. Je nach dem Inhalt des Titels stellt die ZPO sozusagen „maßgeschneidert“34 die passende Vollstreckungsmaßnahme zur Verfügung35. Die einzelnen Vollstreckungsarten schließen einander gegenseitig aus36. Man hat von „Typenzwang“37 und „numerus clausus der Vollstreckungsarten“38 gesprochen. Die ZPO folgt dabei - wie weitgehend schon ihre Vorläufer - dem „Grundsatz der möglichst direkten Vollstreckung“39: Das Zwangsgeld, und der indirekte Zwang überhaupt, sind nur zulässig, wenn eine Möglichkeit der direkten Vollstreckung nicht besteht40. Dieser Grundsatz ist Ausdruck einer Wertung41: Willensbeugende Zwangsmittel gegen den Schuldner sollen zu des­ sen Schutz nur dort eingesetzt werden, wo eine andere Art der Vollstreckung nicht möglich ist42. Diese Regel ist auch als „Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“ 33 Vgl. auch die einheitliche Bezeichnung in § 130 Abs. 3 der früheren DDR-ZPO. 34 Ähnlich Treitel, Int.Enc.Comp.L. vol. VII ch. 16 s. 15 und ders., Remedies 54 Nr. 47. 35 Kennzeichnend Baur/Stürner, Lb. Rz. 28: „Es war nun Sache der Phantasie des Gesetz­ gebers, sich ein Bild darüber zu machen, welchen möglichen Inhalt solche Leistungstitel haben und auf welche Bereiche in der Sphäre des Schuldners sie einwirken können. . . . Das Prozeßge­ setz hatte die Aufgabe, dem jeweiligen Leistungstitel ein ihm entsprechendes Zugriffsobjekt zuzuweisen“; Schellhammer Rz. 28 sagt: „In eine dieser Schubladen paßt jede Leistung“; vgl. ferner Zweigert/Kötz II 184, 200; Gerhardt, Grundbegriffe 21 Rz. 30, 109 Rz. 164; ders., Vollstreckungsrecht 177; Jauernig 64. 36 Rosenberg (9.) 887 §171 II 1 c; Mohrbutter 329; Schellhammer (3.) Rz. 232; kritisch Bruns/Peters 280. 37 Gaul, RPfleger 1971, 1 (9); ders. in Rosenberg/Gaul/Schilken 74. 38 Gaul, jeweils ebd.; zust. Baur/Stürner, Lehrbuch 16 N. 42 zu Rz. 28. 39 Ausdruck von Müller 45, auch 19, 50; in der Sache so auch Mohrbutter 329 und ähnlich Falkmann/Hubernagel, Allg.Teil Anm. 2 b. 40 R. Schmidt 919, 922 § 14314, III. 41 Er ist also keineswegs nur Ausdruck gewonnener Erfahrung oder gar purer Begrifflichkeit, wie man zunächst meinen könnte. 42 Siehe etwa Mohrbutter 329; vgl. auch Zweigert/Kötz II 200, 202. Mohrbutter ebd. meint, die „Gesetzesgliederung nach dem zu verwirklichenden Anspruch verdeckt den aus der Einzelregelung folgenden Grundgedanken unseres Vollstreckungsrechts, daß das Interesse des Gläubigers möglichst ohne Zwang gegen die Person des Schuldners aus dessen Vermögen befriedigt werden soll“, und Wolfgang Böhm 65 stimmt dem zu; in Wahrheit ist die Gesetzes­

bezeichnet worden43. Demgemäß ist der Anwendungsbereich von Zwangs- und Ordnungsgeld beschränkt: Bei der Vollstreckung wegen Geldforderungen (8. Buch, 2. Ab­ schnitt; §§ 803-882 a ZPO) kommt es nicht vor44; diese erfolgt ausschließlich durch die Pfändung und Verwertung von Vermögenswerten45. Bei der Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen46 (8. Buch, 3. Abschnitt; §§ 883 ff. ZPO) besteht ebenfalls häufig eine Möglichkeit der direkten Vollstrekkung. Die Herausgabe bestimmter beweglicher Sachen (§883 ZPO) und die Leistung einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen oder Wertpapiere (§ 884 ZPO) kann mittels Wegnahme durch den Gerichtsvollzieher und Übergabe an den Gläubiger vollstreckt werden. Zur Herausgabe eines Grundstückes oder Schiffes schließlich wird der Schuldner gemäß §885 ZPO47 aus dem Besitz gesetzt48. Hat der Schuldner eine Handlung vorzunehmen, die auch durch einen Dritten erfolgen kann (vertretbare Handlung), so erfolgt die Vollstreckung durch Er­ satzvornahme auf Kosten des Schuldners gemäß §887 ZPO49. Kann die Hand­ lung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden (unvertretbare Hand­ lung), so ist hingegen eine direkte Vollstreckung nicht möglich. §888 ZPO50 erlaubt hier daher - sofern die Handlung ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt51 -, daß der Schuldner mittels Zwangsgeld (oder Zwangs­ haft) zur Vornahme der Handlung angehalten wird. Gemäß § 888 Abs. 2 ZPO52 ist dieser Zwang bei gewissen die Persönlichkeit des Schuldners berührenden Handlungen aber ausgeschlossen, ein entsprechendes Urteil also nicht voll­ streckbar. Geht es um die Abgabe einer Willenserklärung, so ist eine besondere Voll­

gliederung aber gerade Folge dieses Grundgedankens, der nur nicht ausdrücklich ausgespro­ chen wird. 43 So Stehle/Bork 52 Rz. 75, 76; in der Sache ähnlich Gerhardt, Vollstreckungsrecht 177. 44 Ebenso §§ 96-126 der früheren DDR-ZPO. 45 Jedoch gibt es die Haft zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, §901 ZPO. 46 Sogenannte „IndividualVollstreckung“, Dietrich 11. 47 Vgl. § 128 der früheren DDR-ZPO. 48 Für den Fall, daß die herauszugebende Sache sich im Gewahrsam eines Dritten befindet, sieht § 886 stattdessen vor, daß der Herausgabeanspruch des Schuldners dem Gläubiger über­ wiesen wird. 49 Vgl. auch § 130 Abs. 1 der früheren DDR-ZPO, der aber die Zustimmung des Gläubigers zur Ersatzvornahme forderte und mangels dieser das Zwangsgeld gemäß § 130 Abs. 1 S. 4, Abs. 3 DDR-ZPO zuließ, dazu noch unten § 7II2 d). 50 Vgl. §§ 79 Abs. 3, 130 Abs. 3 der früheren DDR-ZPO. 51 Ist dies nicht der Fall, so hat es auch keinen Sinn, auf den Willen des Schuldners durch Zwangsmaßnahmen ein wirken zu wollen; zu den Fallgruppen siehe Schilken in Rosenberg/ Gaul/Schilken 752 f. 52 In die ehemalige DDR-ZPO war diese Bestimmung nicht übernommen worden.

Streckungsmaßnahme gar nicht erforderlich: § 894 ZPO53 bestimmt nämlich, daß die Erklärung als abgegeben gilt, sobald das Urteil Rechtskraft erlangt hat. Dieses „vollstreckt sich hier gewissermaßen selbst“54. Bei Unterlassungs- und Duldungspflichten kommt wieder nur eine indirekte Vollstreckung in Betracht: § 890 ZPO55 bestimmt hierfür daher, daß der Schuld­ ner wegen einer jeden Zuwiderhandlung zu einem Ordnungsgeld — oder zur Ordnungshaft - verurteilt wird. Ein Zwangs- oder Ordnungsgeld sieht die ZPO demnach also nur zur Voll­ streckung von Verpflichtungen - zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung (§ 888 ZPO)56 und zur Unterlassung oder Duldung (§ 890 ZPO) vor. Die gesetzliche Zuordnung eines Vollstreckungsmittels zu jeder Gruppe möglicher Inhalte der Verpflichtungen führt zu einigen Abgrenzungsfragen57. Nicht alle Einzelfälle passen auf Anhieb in zufriedenstellender Weise in das starre58 System der ZPO59. Insbesondere ist bei Dauerverpflichtungen zweifel­ haft, ob eine Vollstreckung nach §§ 887, 888 ZPO mittels Ersatzvornahme bzw. Zwangsgeld oder nach §890 ZPO mittels Ordnungsgeld zu erfolgen hat60. Überhaupt erfordert die unterschiedliche Regelung der Vollstreckung von Handlungen und Unterlassungen im Einzelfall die Feststellung, ob ein Hand­ lungs- oder Unterlassungstitel vorliegt61. b) Zwangsgeld und Zwangshaft

Sowohl § 888 als auch § 890 ZPO sehen nicht nur das Zwangs- bzw. Ord­ nungsgeld, sondern auch Zwangs- bzw. Ordnungshaft als Mittel der Vollstrekkung vor62. Die Wahl zwischen den beiden Mitteln steht jeweils dem Gericht, nicht dem Gläubiger zu63. Das Gericht hat zwar wohl nicht die „freie Wahl“

53 Vgl. § 129 der früheren DDR-ZPO. 54 Grunsky26. 55 Vgl. wiederum §§ 79 Abs. 3, 130 Abs. 3 der früheren DDR-ZPO. 56 Nach § 130 Abs. 3 der früheren DDR-ZPO auch bei vertretbaren Handlungen, wenn der Gläubiger der Ersatzvornahme nicht zustimmt; § 79 Abs. 3 enthielt die Einschränkung nicht. 57 Vgl. etwa Müller 30-32 mit einem Überblick 26-29; Dietrich 84ff. 58 So zu Recht Müller 32. 59 Ausführlich dazu unten § 7. 60 Vgl. insbesondere zu den sog. „Sammelheizungsfällen“ Dietrich 125ff.; Zieres 5f, 146 ff. 61 S. etwa Pastor, Unterlassungsvollstreckung 30 ff. 62 Zur Vereinbarkeit der Zwangs- und Ordnungshaft mit der EMRK s. Echterhölter JZ 1956, 142 (144). § 130 Abs. 3 DDR-ZPO kannte nur das Zwangsgeld. 63 Vgl. nur Stein/Jonas (-MüNzberg) §888 Rz. 23 und §890 Rz. 39; Zöller/Stöber §888 Rz. 8, §890 Rz. 17; früher war dies jedenfalls für die Handlungsvollstreckung umstritten, vgl. Wilmowski/Levy § 774 CPO Anm. 2 und § 775 CPO Anm. 1.

zwischen beiden Mitteln64, aber diese Wahl liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen65. Wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird zunächst nur ein Zwangs- bzw. Ordnungsgeld, nicht aber Zwangs- bzw. Ordnungshaft zulässig sein66 - es sei denn, daß ein Zwangs- oder Ordnungsgeld von vornherein als nicht ausreichend erscheint67. Zwischen Geld- oder Haftsanktion kann nur insoweit gewählt werden, als von der „primären“ Zwangs- oder Ordnungshaft die Rede ist68. §§888, 890 ZPO schreiben nämlich vor, daß für den Fall der Uneinbringlichkeit des Zwangs- bzw. Ordnungsgeldes Zwangs- bzw. Ordnungshaft festzusetzen ist. An die Stelle des Zwangs- oder Ordnungsgeldes tritt also unter Umständen „Ersatzzwangshaft“ bzw. „Ersatzordnungshaft“69. Dies bedeutet, daß hinter Zwangs- und Ordnungsgeld stets auch die Drohung der Haft steht. c) Antragserfordernis

Sowohl § 888 als auch § 890 ZPO sehen ausdrücklich vor, daß das Zwangs­ oder Ordnungsmittel „auf Antrag (des Gläubigers70)“ zu verhängen ist. Ein bestimmtes Mittel und dessen Höhe brauchen nicht beantragt zu werden71. Nennt der Antrag ein Höchstmaß, so kann dieses nach dem Grundsatz ne ultra petita (§308 ZPO) nicht überschritten werden72. Von Amts wegen darf das Gericht die Zwangs- oder Ordnungsmittel nicht festsetzen73.

64 So bis zur 19. Auflage Stein/Jonas (-Münzberg) § 890 Anm. III2. 65 So Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 888 Anm. 3 A, § 890 Anm. 3 C. 66 Daß § 901 ZPO für die Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nur die Haft vorsieht, ist hingegen verfassungsgemäß, denn ein milderes Mittel (wie etwa das Zwangs­ geld) gibt es nicht, BVerfG 19.10.1982, BVerfGE 61, 126 (135). 67 Jauernig 117, 120; Baur/Stürner, Lehrbuch Rz. 684, 691; Brox/Walker Rz. 1087, 1105; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 754 und 765; Gerhardt, Vollstreckungsrecht 188; Guntau, JuS 1983, 782 (783); Helwich, Arb.u.R. 1987, 395 (400); Teplitzky 408f. Kap. 57 Rz. 30 f.; jetzt in der 20. Auflage ähnlich auch Stein/Jonas (-Münzberg) §888 Rz. 23 N. 113 und § 890 Rz. 39; nicht anders wohl auch Wieser, ZZP 98 (1985) 50 (76-77); vorsichtig Bruns/ Peters 292, 298 f; zwischen §888 und §890 differenzierend Weyland 118-120, 211. Vgl. allerdings a. Motive 444. Schon die Bayerische Prozeßordnung von 1869 sah in ihrem Art. 864 Abs. 1 vor, daß zunächst eine Geldstrafe anzudrohen ist. 68 Von „primärer Ordnungshaft“ spricht Pastor, UnterlassungsVollstreckung 275. 69 Kritisch zu der 1975 eingeführten Ersatzordnungshaft Pastor 277 ff.; dort auch zum alten Recht. 70 So §890 ZPO. 71 OLG Köln 5.3.1982, MDR 1982, 589; Zöller/Stöber § 888 Rz. 4. 72 Stein/Jonas (-Münzberg) § 890 Rz. 35; Zöller/Stöber § 890 Rz. 17. 73 Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob das festgesetzte Zwangs- oder Ordnungsgeld von Amts wegen beizutreiben ist, dazu unten bei f).

d) Begünstigter

Wer das Zwangs- oder Ordnungsgeld erhält, sagt das Gesetz in §§ 888, 890 ZPO nicht ausdrücklich. Dennoch gibt es hierüber keinen Zweifel: Es steht der Staatskasse zu74, und nicht etwa dem Gläubiger75. e) Verhältnis zum Schadensersatz Da das Zwangs- oder Ordnungsgeld an die Staatskasse und nicht den Gläubi­ ger fließt, kann es einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers nicht beeinflus­ sen. Insbesondere ausländische Beobachter haben dies zusätzlich auf § 893 ZPO stützen wollen, der bestimmt, daß die Vorschriften des 3. Abschnitts des 8. Buches der ZPO (§§883ff.) nicht das Recht des Gläubigers berühren, die Leistung des Interesses - also Schadensersatzes - zu verlangen76. Eigentlich soll diese Bestimmung aber nur klarstellen, daß die Vollstreckungsmöglichkeit die Geltendmachung eines materiellrechtlichen Schadensersatzanspruches nicht ausschließt77. f) Verfahrensunterschiede bei § 888 und § 890 ZPO

aa) Wortlaut der Vorschriften. - Schon in der Fassung der §§888 und 890 ZPO kommt zum Ausdruck, daß die Vollstreckungsverfahren nach diesen beiden Vorschriften einige Unterschiede aufweisen: Zum einen schreibt § 890 Abs. 2 ZPO eine Androhung des Ordnungsmittels vor, während § 888 ZPO von einer Androhung des Zwangsmittels nicht spricht. Zum anderen ist nach § 888 ZPO der Schuldner „zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld . .. anzuhal­ ten“, während der Schuldner nach § 890 ZPO „wegen einer jeden Zuwiderhand­ lung ... zu einem Ordnungsgeld ... zu verurteilen“ ist. Diesen Unterschieden ist schon früh78 und oft Gewicht beigemessen worden. Die Einzelheiten der beiden Verfahren verdienen daher genaue Betrachtung. 74 So für §888 ZPO: BGH 2.3.1983, NJW 1983, 1859 (1860); RG 12.12.1902, RGZ 53, 181 (183); OLG Hamm 15.10.1981, FamRZ 1982, 185; KG 11.1.1980, RPfleger 1980, 199; Baur/ Stürner, Lb. Rz. 685; Blomeyer, Vollstreckungsverfahren § 93III4 S. 452; Bruns/Peters 291, 299; Gerhardt, Grundbegriffe 114 Rz. 172; Jauernig 118; Zöller/Stöber §888 Rz. 14; für §890 ZPO: OLG Düsseldorf 13.5.1987, GRUR 1987, 575 (576); Baur/Stürner, Lehrbuch Rz. 695; Jauernig 120; Schuschke 185. 75 Anders in Griechenland, wo Artt. 946, 947 KPolD von „Geldstrafe zugunsten des Gläubi­ gers“ sprechen, vgl. Baumgärtel/Rammos 300 (dort Artt. 1008, 1009 gemäß der Zählung von 1968 vor der Novelle 1971), dazu Klamaris/Orfanidis, Rev.hell.dr.int. 38/39 (1985-1986) 335 (348). 76 So wohl Jacob in Jacobsson/Jacob 40; Denti/Silvestri in Jacobsson/Jacob 164 und Expose des motifs commun, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (119); in Deutschland Schuschke 185. 77 Baur/Stürner, Lb. Rz. 652; Jauernig 121; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 741; ausführlich Planck § 192; Rosenberg (9.) 1085-1086. 78 Schon RG 23.1.1896, RGZ 36, 417 (418) berief sich auf die verschiedene Ausdrucks weise in §§774 und 775 CPO.

bb) Verfahren nach §888 ZPO. - Das Verfahren zur Vollstreckung einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO läuft in wenigen Schritten ab: Zunächst ergeht das Leistungsurteil; darin werden die Zwangsmittel des § 888 ZPO noch nicht angedroht79. Erfüllt der Schuldner seine Verpflichtung nicht80, so kann der Gläubiger bei Vorliegen der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung81 die Verhängung von Zwangsmaßnahmen nach § 888 ZPO beantragen. Es ist möglich, daß ein Zwangsmittel daraufhin zunächst für den Fall, daß die Handlung nicht innerhalb einer bestimmten Zeit vorgenommen wird, nur angedroht wird82. Dies ist aber nicht erforderlich83; es wird meist auch nicht für tunlich gehalten84, da das Verfahren ohnehin „schon schleppend genug“ sei85. Dann setzt das Gericht86 das Zwangsmittel fest87. Das endgültig festgesetzte Zwangsgeld muß auf eine bestimmte Höhe lauten88 - mindestens 5, höchstens 50.000,- Deutsche Mark89. 79 Baumann/Brehm 398; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 888 Anm. 2 B; Stein/Jonas (-Münzberg) §888 Rz. 24; s. a. Jauernig 117: Festsetzung im Urteil ist unwirksam. §§ 79 Abs. 3, 130 Abs. 3 der früheren DDR-ZPO ließen die Androhung, vielleicht sogar die Auferlegung des Zwangsgeldes schon in der Entscheidung zu. 80 Der Einwand, es sei bereits erfüllt worden, ist wohl nicht auf die Vollstreckungsgegenkla­ ge nach §767 ZPO beschränkt, s. etwa OLG Stuttgart 9.7.1986, NJW-RR 1986, 1501; anders grundsätzlich aber OLG Köln 21.11.1988, MDR 1989, 271. Vgl. ferner Brox/Walker Rz. 1073 und 1085; Zöller/Stöber § 888 Rz. 11. 81 Titel-Klausel-Zustellung, vgl. Baumann/Brehm 398; Hartmann in BAUMBACH/LAUTERbach/Albers/Hartmann § 888 Anm. 2 A; Thomas/Putzo § 888 Anm. 2 a mit Vorbem. VII 3 vor § 704; Zöller/Stöber § 888 Rz. 5. 82 Zöller/Stöber § 888 Rz. 12; Stein/Jonas (-Münzberg) § 888 Rz. 24; Baur/Stürner, Lb. Rz. 684; Bruns/Peters 291; OLG Düsseldorf 19.6.1987, OLGZ 1988, 83 (87); OLG Zweibrükken 20.1.1983, Jur.Büro 1983, 1578 (1579); OLG Hamm 14.11.1985, NJW-RR 1987, 765. 83 OLG Nürnberg 15.4.1987, NJW-RR 1987, 1483; OLG Hamm 14.11.1985, NJW-RR 1987, 765; OLG München 24.8.1981, OLGZ 1982, 101 (103); LG Gießen 22.9.1980, MDR 1981, 413; OLG Hamm 15.10.1976, DGVZ 1977, 41; Jauernig 117; Zöller/Stöber §888 Rz. 12; Stein/Jonas (-Münzberg) § 888 Rz. 24; Thomas/Putzo § 888 Anm. 2 pr. 84 OLG Köln 5.3.1982, MDR 1982, 589; Stein/Jonas (-Münzberg) § 888 Rz. 24; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §888 Anm. 2 C; Baumann/Brehm 398; Brox/Walker Rz. 1086; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 754; Zöller/Stöber § 888 Rz. 12; Blomeyer, Vollstreckungsverfahren §93 III 1 / S. 452, Helwich, Arb.u.R. 1987, 385 (400f); Jauernig 117; LG Gießen 22.9.1980, MDR 1981, 413: „ ... nicht zweckmäßig, sondern verzögert das Erzwingungsverfahren unnötig“, vgl.a. KG 21.11.1978, FamRZ 1979, 298. 85 So ausdrücklich Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §888 Anm. 2 C; auch das OLG Köln 5.3.1982, MDR 1982, 589 beklagt die „Schwerfälligkeit des Verfahrens“. 86 Nach Anhörung des Schuldners und ggf. mündlicher Verhandlung, §891 ZPO. 87 Muster bei Schrader/Steinert HRP I b Rz. 516 und Tempel II118 Muster 166. 88 Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 888 Anm. 3 B; Stein/Jonas (-Münzberg) § 888 Rz. 26; Zöller/Stöber § 888 Rz. 9; nicht anders auch ArbG Dortmund 1.6.1978, BB 1979, 272 (Ls.), wo als Zwangsgeld „für jeden Tag der Weigerung 1000,- DM“ nur angedroht und noch nicht festgesetzt wurden, und wohl auch das Arbeitsgericht in der der Entscheidung LAG Düsseldorf6.8.1980, AnwBl. 1981, 36 zugrundeliegenden Sache. 89 §6Abs. 1 EGStGB.

Nimmt der Schuldner auch daraufhin die Handlung nicht vor, so kann der Gläubiger das Zwangsgeld gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO mit Hilfe der Voll­ streckungsorgane vollstrecken90. Nimmt der Schuldner die Handlung nun aber vor, so kann er dadurch die Beitreibung des Zwangsgeldes ab wenden91. Hierauf wird in dem das Zwangs­ mittel festsetzenden Beschluß vielfach ausdrücklich hingewiesen92. Wegen die­ ser „Abwendungsbefugnis“93 sagen manche, daß auch die Festsetzung des Zwangsgeldes nach § 888 ZPO „in Wahrheit nur eine Androhung“ sei94. Das beigetriebene Zwangsgeld ist durch den Gerichtsvollzieher an die Staats­ kasse abzuliefern95.

cc) Verfahren nach §890 ZPO. - Das Verfahren der Unterlassungsvollstrekkung nach § 890 ZPO weicht hiervon ab96: Mit dem Unterlassungstitel wird zweckmäßigerweise97 - auf Antrag - gleich die nach §890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung der Ordnungsmittel des § 890 Abs. 1 ZPO nach Art und Höhe98 ausgesprochen. Ist dies nicht geschehen, 90 Ausführlich BGH 2.3.1983, NJW 1983, 1959 (1860); LAG Hamburg 9.1.1985, NZA 1985, 373 (Ls.); KG 11.1.1980, RPfleger 1980, 199; OLG Hamm 15.10.1981, FamRZ 1982, 185; LG Düsseldorf 21.9.1983, Jur. Büro 1985, 1261; LG Berlin 7.12.1978, RPfleger 1979, 225 Nr. 224; LG Kiel 9.2.1983, SchlHA 230 (1983) 75; s. auch schon RG 12.12.1902, RGZ 53, 181; Blomeyer, Vollstreckungsverfahren §93 III 4 / S. 452; Brox/Walker Rz. 1090; Bruns/Peters 291; Jauernig 118; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 755; Zöller/Stöber §888 Rz. 14; a.A. jedoch OLG München 24.11.1982, NJW 1983, 947; LG Koblenz 15.6.1983, MDR 1983, 851; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §888 Anm. 3 B c: Beitrei­ bung von Amts wegen nach § 1 Abs. 1 Ziffer 3 JBeitrO. 91 OLG München 24.8.1981, OLGZ 1982, 101 (102); OLG Hamm 28.2.1979, MDR 1979, 679; OLG Köln 5.3.1982, MDR 1982, 589; OLG Frankfurt a.M. 27.11.1980, RPfleger 1981, 152; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 888 Anm. 3 B c; Stein/ Jonas (-Münzberg) § 888 Rz. 30; Zöller/Stöber § 888 Rz. 14; vgl. a. Dietrich 132. § 130 Abs. 5 der ehemaligen DDR-ZPO normierte die Abwendungsbefugnis ausdrücklich: „Der Schuldner kann die Zahlung eines ihm auferlegten Zwangsgeldes durch Erfüllung der voll­ streckbaren Verpflichtung ab wenden“. 92 So in den Mustern bei Schrader/Steinert, HRP I b Rz. 516, 521 und Tempel II 118 Muster 166, auch 82 mit N. 113. S. a. OLG Zweibrücken 6.4.1990, OLGZ 1990, 358 (362). 93 Die Erfüllung kann nun im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO geltend gemacht werden, vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §767 Anm. 2 B. Die Einzelheiten sind umstritten. 94 So OLG Hamm 29.4.1986, RPfleger 1986, 302; OLG Köln 5.3.1982, MDR 1982, 589; Baumann/Brehm 398; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §888 Anm. 2 C; Petermann, RPfleger 1959, 309 (310); ähnlich LAG Hamm 13.5.1977, DB 1977, 1271 (1272 sub II3). 95 Zöller/Stöber § 888 Rz. 14. 96 Nach der früheren DDR-ZPO galt für die Vollstreckung von Unterlassungspflichten hingegen nichts besonderes, s. den bereits genannten § 130 Abs. 3. 97 Schellhammer (3.) Rz. 231; so wird auch in der Regel verfahren, Bruns/Peters 246 f; Jauernig 119; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 764; für Wettbewerbssachen Samwer in Hdb. Wettbew. R. § 76 Rz. 4. 98 Die Höhe braucht aber noch nicht bestimmt angegeben zu werden; vielmehr reicht die Nennung des gesetzlichen Rahmens aus, Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/

so kann die Androhung - wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen99 - in einem besonderen Beschluß erfolgen100. Meint nun später der Gläubiger, der Schuldner habe seiner Unterlassungsver­ pflichtung zuwidergehandelt, so kann er beantragen, diesen zu einem Ord­ nungsgeld zu verurteilen101. Wegen einer vor der Androhung begangenen Zu­ widerhandlung aber können Ordnungsmittel nicht verhängt werden102; solange eine Androhung nicht erfolgt war, konnte der Schuldner dem Titel also „unge­ straft zuwiderhandeln“103. Begeht der Schuldner nach der Androhung eine Zuwiderhandlung104 und trifft ihn auch ein Verschulden105, so setzt das Gericht106 ein Ordnungsmittel fest. Ein strengeres als das angedrohte Ordnungsmittel darf das Gericht nicht verhängen107. Das Ordnungsgeld wird dann von Amts wegen beigetrieben108. Da das Ordnungsgeld erst wegen einer bereits erfolgten Zuwiderhandlung festgesetzt wird, kommt eine Abwendungsbefugnis des Schuldners hier nicht mehr in Betracht.

Hartmann §890 Anm. 5 C; mit gründlicher Begründung OLG Hamm 22.8.1979, NJW1980, 1289; ausführlich Pastor, Unterlassungsvollstreckung 42 ff. Die bloße Bezugnahme auf den gesetzlichen Rahmen reicht nach h.M. nicht, SchlHOLG 16.8.1979, SchlHA 226 (1979) 214 (215); OLG Köln 23.5.1979, WRP 1979, 667; OLG Düsseldorf 14.10.1976, OLGZ 1977, 380; anders aber ständig das OLG München, vgl. OLG München 22.11.1979, WRP 1980, 356. Blomeyer, Vollstreckungsverfahren 454 / § 94III rät, nicht eine bestimmte Strafe anzudrohen, da sich das Strafmaß jeweils nach der Zuwiderhandlung richten muß. 99 Titel-Klausel-Zustellung, vgl. Baumann/Brehm 401; die Zustellung der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels muß der Gläubiger nachweisen, s. OLG Stuttgart 9.1.1986, WRP 1986, 360. 100 Vgl. nur Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 890 Anm. 5 A. Muster bei Schrader/Steinert, HRP I b Rz. 546 und Tempel II120 Muster 167. 101 Nach § 890 Abs. 3 ZPO kann er zudem beantragen, den Schuldner zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden zu verurteilen, dazu etwa Pastor, UnterlassungsVollstreckung 323-329. 102 Baumann/Brehm 402; Pastor, UnterlassungsVollstreckung 206 f.; darauf, ob die Ent­ scheidung zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung bereits zugestellt und die Vollstreckungsklau­ sel erteilt war, soll es hingegen nicht ankommen, Baumann/Brehm 402 mit Nachw. 103 So nach Pastor, Unterlassungsvollstreckung 207 N. 8 ein „alter Satz der Praxis“. 104 Eine Zuwiderhandlung liegt trotz Änderung des Verhaltens auch vor, wenn der „Kern der Verletzungshandlung unberührt“ bleibt - Kerntheorie -, vgl. etwa Blomeyer, Vollstrekkungsverfahren § 94IV1 / S. 454. 105 Dies ist nach der h.M. erforderlich, vgl. BVerfG 14.7.1981, BVerfGE 58, 159 (162f.) unter Fortentwicklung von BVerfG 25.10.1966, BVerfGE 20, 323 (331 ff.) zu §890 ZPO a.F.; OLG Bremen 5.2.1979, OLGZ 1979, 368 (369f); Baur/Stürner, Lb. Rz. 689; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 765; Thomas/Putzo §890 Anm. 2 b) bb); Zöller/Stöber §890 Rz. 5; anders aber immer noch Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 890 Anm. 3 E b m. umfangreichen Nachw. 106 Nach Anhörung des Schuldners und ggf. mündlicher Verhandlung, §891 ZPO. 107 So schon RG 23.1.1896, RGZ 36, 417 (420); ist ein bestimmtes Ordnungsgeld angedroht worden, so kann doch in ein geringeres verurteilt werden, RG 23.1.1896, ebd. 419 f. 108 Unstr., vgl. nur Zöller/Stöber §890 Rz. 23; Thomas/Putzo §890 Anm. 4; Baur/ Stürner, Lb. Rz.695; Blomeyer, Vollstreckungsverfahren § 95II / S. 462.

dd) Vergleich. - Die Zwangsvollstreckungsverfahren nach §888 und §890 ZPO unterscheiden sich also u.a.109 in der Zahl der Verfahrensschritte: Sie sind, wenn man den durchzusetzenden Titel nicht mitzählt, zwei- bzw. dreiaktig110. Dies verdeutlicht folgendes Schema: §888 ZPO unvertretbare Handlung

§890 ZPO Dulden oder Unterlassen

(Androhung fakultativ)

Androhung (ggf. bereits im Titel)

Festsetzung Unterbleibt Handlung weiter? ja nein Vollstreckung

Unzulässiger­ klärung der Zwangs­ vollstreckung

schuldhafte Zuwiderhandlung nach der Androhung? ja nein Festsetzung

Beitreibung (von Amts wegen)

Keine weitere Maßnahme

Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht darin, daß auf die Festsetzung des Ordnungsgeldes im Verfahren nach §890 ZPO stets dessen Beitreibung folgt, während die Vollstreckung des festgesetzten Zwangsgeldes nach §888 ZPO durch Erfüllung der titulierten Verpflichtung abgewendet werden kann. g) Rechtsnatur von Zwangsgeld und Ordnungsgeld

Der unterschiedliche Ablauf der Verfahren nach § 888 ZPO und § 890 ZPO macht verständlich, daß die herrschende Meinung ihnen eine verschiedene Rechtsnatur beimißt. Das Zwangsgeld nach §888 ZPO wird eingesetzt, um den Schuldner zur Vornahme der Handlung zu bringen. Es ist in die Zukunft gerichtet. Noch nach der Festsetzung - also sozusagen bis zur letzten Minute - kann der Schuldner die Zahlung des Zwangsgeldes durch Vornahme der Handlung abwenden. Bei dem Zwangsgeld nach § 888 ZPO handelt es sich also um ein reines Zwangs- und Beugemittel111. Es ist keine Kriminalstrafe112; ob den Schuldner ein Verschul­ 109 Tabellarische Aufstellung der Unterschiede bei Stehle/Bork 98. 110 So zu §890 ZPO auch Wieser 80 Rz. 198 und ders., ZZP 98 (1985) 50 (77). 111 Baur/Stürner, Lb. Rz. 685; Baumann/Brehm 394; Bruns/Peters 292; Grunsky 25; Jauernig 117; Schrader/Steinert HRP I b Rz. 517; Stein/Jonas (-Münzberg) §888 Rz. 21; Zieres 62, 185; krit. Dietrich 134ff. 112 Ein „strafrechtliches Element“ in den Maßnahmen nach § 888 ZPO sieht jedoch Blomey­ er, FS 683, 696, 704 und ders., Vollstreckungsverfahren §92II2 / S. 443.

den daran trifft, daß er die Handlung noch nicht vorgenommen hat, soll daher gleichgültig sein113. Beim Ordnungsgeld des § 890 ZPO sind die Dinge schwieriger. Es wird erst dann festgesetzt, wenn der Schuldner bereits gegen seine Unterlassungs- oder Duldungspflicht verstoßen, nämlich eine „Zuwiderhandlung“ begangen hat. Es schaut in die Vergangenheit und erscheint daher jedenfalls auch als Sanktion - als Strafe - für diese Zuwiderhandlung. Indes kann man das Ordnungsgeld in einem anderen Licht sehen, wenn man statt auf die Festsetzung auf die - gemäß § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche - Androhung abhebt114: Das Ordnungsgeld wird angedroht, um den Schuldner zum Dulden oder Unterlassen zu bringen. Fügt er sich nicht, so tritt das angedrohte Übel ein: Das Ordnungsgeld wird festgesetzt und beigetrieben. Die Androhung des Ordnungsmittels dient also der Willensbeugung, seine Festsetzung ist nur die gleichsam automatische Folge der Zuwiderhandlung. Die Androhung des Ordnungsmittels ist also - wie das Zwangsgeld des § 888 - in die Zukunft gerichtet. Über den Charakter der Sanktionen des § 890 ZPO ist demgemäß bereits vor der Neufassung von 1975 jahrzehntelang gestritten worden115. Das Reichsge­ richt hatte die Verurteilung zur Geldstrafe nach § 775 CPO als „Verurteilung zu einer wirklichen Strafe als einer Sühne für ein begangenes Unrecht“116 bezeich­ net. Und das Bundesverfassungsgericht117 meinte, die nach §890 ZPO a.F. verhängte „Strafe“ sei „nicht lediglich ein Zwangsmittel, sondern gleichzeitig eine Sühne für eine begangene Zuwiderhandlung“; es entschied später, auch die Neufassung des §890 ZPO habe „daran nichts geändert“118. In Übereinstim­ mung mit dem Bundesverfassungsgericht wird auch sonst meistens angenom­ men, die Ordnungsmittel des § 890 ZPO hätten - allein oder auch - repressiven Charakter119. Aber die Meinungen sind noch heute geteilt. Manche meinen, diese „strafrechtliche Betrachtungsweise“ gebe § 890 ZPO 113 OLG Köln 5.1.1981, MDR 1981, 505 (506); beiläufig auch OLG München 24.8.1981, OLGZ 1982, 101 (102); Baur/Stürner, Lb. Rz. 685; Baumann/Brehm 395; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 755; Stein/Jonas (-Münzberg) §888 Rz. 21; krit. Grunsky 25; anders überzeugend Blomeyer, FS 683, 696 und ders., Vollstreckungsverfahren §92 III 2 b / S. 446: Wenn der Schuldner nach der Festsetzung erkrankt, darf die Zwangsmaßnahme nicht vollstreckt werden; s. a. Zieres 186 ff. 114 Ähnlich etwa Lindacher, ZZP 85 (1972) 239 (242), der dafür plädiert, „Androhung und Festsetzung der Strafe funktional als Einheit^ zu begreifen und „die Straffestsetzung nicht etwa völlig isoliert zu betrachten“; ferner Bettermann, DVB1. 1969, 120-121 m. Nachw.; vgl. a. die unten N. 126 Genannten. 115 Überblick bei Pastor, Unterlassungsvollstreckung 3-5; Dietrich 21 spricht von einem „endlosen Streit“; Lindacher, ZZP 85 (1972) 239 erhebt den Streit zur „Rechtsnaturfrage“. 116 RG 23.1.1896, RGZ 36, 417; so auch schon Planck II 795; zur Bedeutung der Entschei­ dung etwa Wolfgang Böhm 18-20. 117 Beschluß v. 25.10.1966, BVerfGE 20, 323 (332); auch zu dieser Entscheidung Wolfgang Böhm 22-25. 118 Beschluß v. 14.7.1981, BVerfGE 58, 159 (162). 119 OLG Bremen 5.2.1979, OLGZ 1979, 368 (369); OLG Frankfurt a.M. 17.1.1980, OLGZ 1980, 336 (338); OLG Frankfurt a.M. 2.1.1990, MDR 1990, 452; Gerhardt, Vollstreckungs­ recht 190; Guntau, JuS 1983, 939 (941); Bruns/Peters 297, 298; Jauernig 119f.; Jestaedt,

„inmitten der Regeln über die Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche“ einen „nachgerade exotischen Charakter“120. Die Ordnungsmittel des § 890 ZPO wie die Zwangsmittel des § 888 ZPO dienten allein der Willensbeugung121. Das soll nach dieser Meinung auch für die Festsetzung des Ordnungsgeldes gelten; diese sei „Willensbeugung für die Zukunft durch Verurteilung für Vergangenes“122. Ist nun aber ein Unterlassungstitel zeitlich befristet oder verbietet er eine Hand­ lung, die nur einmal vorgenommen werden kann, und ist diese Frist verstrichen oder diese Handlung dennoch vorgenommen123, so kann nach dieser Ansicht ein Ordnungsmittel nach § 890 ZPO nicht verhängt werden, da „es nichts mehr zu erzwingen gibt“124. Die Schwächen dieser Auffassung sind zum einen, daß sie in den genannten Fällen keine wirksame Rechtsverwirklichung erlaubt, und zum anderen, daß sie die notwendige Androhung der Ordnungsmittel ihres Sinnes entleert: Handelte es sich bei der Unterlassungsvollstreckung um „Willensbeu­ gung für die Zukunft durch Verurteilung für Vergangenes“125, so könnte die besondere Androhung dieser Verurteilung entfallen. Anders ist es indes, wenn man mit der vorher an zweiter Stelle genannten Gruppe schon in der Androhung des Ordnungsgeldes gemäß § 890 Abs. 2 ZPO die Beugemaßnahme sieht: Zu ihrer Wirksamkeit ist erforderlich, daß sie später auch wahrgemacht wird126. Auf der ersten „Vollstreckungsstufe“ ist die Andro­ WRP 1981, 433 (434f.); Kuhnt, DR 11 (1941) 2369 (2370); Zöller/Stöber § 890 Rz. 5. So jetzt auch OLG Hamm 20.2.1990, NJW-RR 1990, 1086. 120 So Wolfgang Böhm 57. 121 OLG Hamm 28.2.1979, NJW 1980, 1400 m.Anm. Lindacher; Pastor, Unterlassungs­ vollstreckung 12f.; zu §890 ZPO a.F. Wolfgang Böhm 57 und ders., MDR 1974, 441 (444); Zieres 56ff. und ders., NJW 1972, 751 (752). OLG Hamm 20.2.1990, NJW-RR 1990, 1086 hat jetzt diese Ansicht aufgegeben und sich der herrschenden Auffassung - oben bei N. 119 angeschlossen. 122 So Pastor, Unterlassungsvollstreckung 13f. 123 Die Bedeutung dieser Fälle für die Diskussion über den Charakter der Maßnahmen des § 890 ZPO unterstreicht auch Dietrich 23 f. 124 So schon KG 29.5.1900, OLGE 1 Nr. 48 S. 91 (93); heute vor allem Pastor, Unterlas­ sungsvollstreckung 238; ders., GRUR 1968, 343 (345); in der Sache so auch SchlHOLG Schleswig 22.12.1987, SchlHA 236 (1989) 45; OLG Hamm 28.2.1979, NJW 1980, 1399 m.abl. Anm. Lindacher; ferner LAG Hamburg 21.8.1989, MDR 1990, 365 f; Wolfgang Böhm 37, 62f. und ders., MDR 1974, 441 (444, 445). Häufig wird dieses Ergebnis für nicht sachgemäß gehalten und deshalb der Lehre vom repressiven Charakter der Ordnungsmittel gefolgt, so schon KG 7.9.1908, OLGE 17, 343 und etwa Baur/Stürner, Fälle 68 f; Guntau, JuS 1983, 939 (941). Pastor, GRUR 1968, 343 (348) erkennt ebenfalls, daß seine Ansicht dazu fuhrt, daß „kein ausreichender Rechtsschutz gewährt“ wird und schlägt ebd. für das Wettbewerbsrecht vor, daß bei einer „einstweiligen Verfügung auf Unterlassung, die durch eine einmalige Zuwiderhandlung oder durch Zeitablauf gegenstandslos werden kann“, für den Fall der Zuwi­ derhandlung zu einer an den Gläubiger zu zahlenden Entschädigung soll verurteilt werden können, die „nach freiem Ermessen festzusetzen ist“. Diese soll - ebd. 347- „recht hoch“ sein, und zwar „so hoch ..., daß die durch die Zuwiderhandlung lockenden Verdienste keinen Anreiz mehr bieten können“. Dazu noch unten § 11III2 a). 125 So Pastor, Unterlassungsvollstreckung 13. 126 Vgl. etwa Zieres 88-94; er meint S. 90: „In Wahrheit steht auch der Beugezweck der Strafe einer Bestrafung im Falle des befristeten Verbots gar nicht entgegen, sondern erfordert

hung von Ordnungsmitteln Beugemaßnahme, auf der zweiten Stufe ist die Verurteilung dazu Sanktion127. Diese Auffassung steht der h.M. nicht fern, unterscheidet und analysiert aber klarer die verschiedenen Verfahrensstadien128. Der Streit über die Rechtsnatur des Ordnungsgeldes ist also nicht nur von akademischer Bedeutung - vielmehr entscheidet seine Lösung darüber, ob es in den genannten Fällen eine Vollstreckungsmöglichkeit gibt129.

h) Zwangs- und Ordnungsgeld und einstweiliger Rechtsschutz Einstweilige Verfügungen werden grundsätzlich in gleicher Weise vollstreckt wie in der Hauptsache ergehende Entscheidungen (§§ 936, 928 ZPO); es kommt also auf den gesicherten Anspruch und die getroffene Anordnung an130. Hat das Gericht auch bei der Bestimmung der zu treffenden Anordnung freies Ermes­ sen131, so richten sich „Strafbewehrung“ und Vollstreckung der Verfügung doch allein nach deren Einordnung in das Maßnahmensystem der §§883 ff. ZPO132. Ein Zwangs- bzw. Ordnungsgeld kommt nach §§ 888, 890 ZPO also nur bei unvertretbaren Handlungen sowie Unterlassungen und Duldungen in Betracht. Dabei ist das Ordnungsgeld nach § 890 ZPO auf Unterlassungsverfü­ gungen beschränkt und darf vom Gericht nicht zur Durchsetzung von Hand­ lungsverfügungen benutzt werden133. Auch die - an Stelle des Arrestes nur ausnahmsweise mögliche134 - auf Zahlung von Geld gerichtete einstweilige gerade eine solche. Stellt die Strafe eine psychologische Vollstreckungsmaßnahme dar, so muß, um ihre Wirkung zu sichern, der begangenen Zuwiderhandlung eine Strafe folgen. Andernfalls würde man den Schuldner zum Ungehorsam einladen, die Strafandrohung würde jeden Effekt verlieren, sie würde keinen psychologischen Druck mehr ausüben und damit als Beugemittel untauglich werden“, und zur einmaligen Unterlassung S. 92: „Der Beugezweck der Strafe des § 890 ZPO erfordert, nicht verhindert die Straffestsetzung“; auch Jestaedt, WRP 1981, 433 (435), Lindacher, ZZP 85 (1972) 239, 243 und schon Rospatt, JW1900, 892. 127 Vgl. Jestaedt, WRP 1981, 433 (435). 128 Immerhin heißt es aber auch schon in der „strafrechtlichen“ Entscheidung RG 23.1.1896, RGZ 36, 417 (418): „Bei einem Zwangsvollstreckungsverfahren im Sinne von §775 CPO ... soll die Erfüllung der Verpflichtung des Schuldners, eine Handlung zu unterlassen, dadurch erzwungen werden, daß durch die Androhung eines Nachteiles Zwang auf seinen Willen zu üben unternommen wird“. 129 Für Vollstreckung etwa OLG Hamm 22.6.1979, GRUR 1979, 873 „Hifi-Ausstellung“: Werkzeug für mehrtägige Messe. 130 Leipold 125-127; Schellhammer Rz. 1619; Schilken in Rosenberg/Gaul/Schilken 816; Zöller/Vollkommer §928 Rz. 8; s. a. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann §936 Anm. 2 Stichwort §928, Grundsatz; Baumann/Brehm 274f.; Überblick bei Henckel, AcP 174 (1974) 97 (115ff.). Ebenso wohl in Griechenland, s. Klamaris/Orfanidis, Rev.hell.dr.int. 38/39 (1985-1986) 335 (355). 131 § 938 Abs. 1 ZPO; dies betont Puttfarken 111. 132 So ausdrücklich LAG Hamm 13.5.1977, DB 1977, 1271 (1272 sub III). 133 LAG Hamm 13.5.1977, a.a.O.; in der Sache auch OLG Zweibrücken 30.5.1983, OLGZ 1983, 466 (468, 471); unrichtig die Androhung gemäß § 890 ZPO in der Herausgabeverfügung im Fall AG Aachen 19.12.1978, DGVZ 1979, 85. 134 Vgl. dazu etwa Schellhammer Rz. 1634. Allgemein zu einstweiligen Verfügungen, die Befriedigung in der Hauptsache verschaffen s. Bericht der Kommission für das ZiviLPROZEß­

Verfügung wird wie andere Zahlungstitel ausschließlich nach den §§803 ff. ZPO vollstreckt135. i) Zwangs- und Ordnungsgeld und Schiedsgerichtsverfahren

Welche Rolle Zwangs- und Ordnungsgeld für die Durchsetzung von Schieds­ sprüchen haben können, wird in Deutschland kaum behandelt136. Immerhin findet man gelegentlich Hinweise, daß das Zwangsgeld nach § 888 ZPO137 und das Ordnungsgeld nach § 890 ZPO138 für die Vollstreckung von Schiedssprü­ chen von dem staatlichen Gericht eingesetzt werden können, das für die Voll­ streckbarerklärung eines Schiedsspruches zuständig ist. Die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach §888 ZPO oder die Androhung eines Ordnungsgeldes nach § 890 ZPO durch das Schiedsgericht selbst werden hingegen fast überhaupt nicht in Betracht gezogen. Dies ist für §888 ZPO folgerichtig: Bei der Festsetzung des Zwangsmittels müssen die Voraussetzun­ gen der Zwangsvollstreckung vorliegen139, und das heißt für den Schieds­ spruch, daß er nach § 1041 ZPO für vollstreckbar erklärt worden sein muß. Da die Androhung der Ordnungsmittel nach § 890 Abs. 2 ZPO aber schon im Urteil erfolgen kann140, könnte man für das Ordnungsgeld immerhin daran denken, es schon im Schiedsspruch anzudrohen141. Wegen des „öffentlich­ rechtlichen Charakters“ des Ordnungsgeldes wird dies jedoch abgelehnt142.

recht (1977) 213 ff. sowie Baur/Stürner, Lb. Rz. 920-926; Grunsky, Jur. Analysen 2 (1970) 724 ff. 135 Schellhammer Rz. 1619; wohl auch Baur/Stürner, Lb. Rz. 945; Zöller/Vollkommer §928 Rz. 8. 136 Vielfach hervorgehoben wird hingegen, daß die Fiktion einer Willenserklärung nach § 894 ZPO erst mit der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs eintreten könne, so Blo­ meyer, Vollstreckungsverfahren 431 §90 III 2; Bruns/Peters, ZV 251 §45 I 2; Schwab 154, 215; Wais in Schütze/Tscherning/Wais Rz. 533; Walter, FS Schwab 556-558; zu dieser Ansicht neigt auch BGH 22.12.1960, KTS 1961, 31; nur beiläufig wohl auch RG 23.6.1931, RGZ 133, 128 (133). Anderer Ansicht Stein/Jonas (-Schlosser) § 1042 Rz. 2. 137 Mohrbutter 345 mit N. 59 und Verweis auf die Ausführungen zu §887 ZPO dort 340; Bruns/Peters 289; Brox/Walker Rz. 1083 mit Verweis auf Rz. 1071. 138 Bruns/Peters 289; Mohrbutter 350 f.; Schlosser, ZZP 99 (1986) 241 (264); Wieczorek/Wieczorek § 890 Anm. B I a, BII; Brox/Walker Rz. 1095 mit Verweis auf Rz. 1071; wohl auch Samwer in Hdb.Wettbew.R. §78 Rz. 17. 139 S. oben f) bb). 140 S. obenf)cc). 141 Weiter hierzu rechtsvergleichend unten § 20. 142 So jedenfalls Samwer in Hdb.Wettbew.R. §78 Rz. 17; ablehnend auch Schlosser, ZZP 99 (1986) 241 (264).

4. Sonderregeln für Amts- und Arbeitsgerichte sowie die freiwillige Gerichts­ barkeit a) Bedingte Verurteilung143 zur Zahlung einer Entschädigung nach §§510b ZPO, 61 Abs. 2 ArbGG

Eine interessante Sondervorschrift für das amtsgerichtliche Verfahren144 ent­ hält § 510 b ZPO145: Auf Antrag146 des Klägers kann mit einer Verurteilung zur Vornahme einer Handlung147 zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vorgenommen wird, zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt werden. Eine fast identische Vorschrift ist § 61 Abs. 2 ArbGG, doch steht die Verurteilung zur Leistung der Entschädigung bei dem Arbeitsgericht nicht in dessen Ermessen148. Ob auch ein Weiterbeschäftigungs­ anspruch gemäß § 61 Abs. 2 ArbGG durchgesetzt werden kann, ist neuerdings umstritten149. Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so ist eine Zwangsvollstrek­ kung nach §§887, 888 ZPO ausgeschlossen150. Ein Zwangsgeld kann, wenn nach diesen Vorschriften verfahren wird, also gerade nicht verhängt werden. Bevor der Kläger einen Antrag nach §§ 510b ZPO, 61 Abs. 2 ArbGG stellt, muß er sich also überlegen, ob er auf die Erzwingungsmöglichkeit verzichten will151. Bei der zugesprochenen „Entschädigung“ handelt es sich nur um den ohnehin nach materiellem Recht zu leistenden Schadensersatz152, und zwar den Scha­

143 Blomeyer, Erkenntnis verfahren 452 meint, es handele sich um „ein unbedingtes Urteil auf bedingte Leistung“; Gaul in Rosenberg/Gaul/Schilken 280 N. 112 sagt zu Recht, diese Frage könne dahinstehen. 144 Nach Zöller/Stephan § 510 b Rz. 1 ist Zweck dieser Beschränkung eine Abgrenzung der mit dem Verfahren nach §510b ZPO für den Schuldner verbundenen Risiken; diese Risiken werden aber wohl überschätzt. Der E 1931, der das amtsgerichtliche Verfahren zur Grundlage der gesetzlichen Regelung machte, hätte mit seinem dem §510b entsprechenden §212 Abs. 3 wohl eine Verallgemeinerung der Regel gebracht. Diese war schon früher gefordert worden, vgl. Dittenberger 72. 145 Vorbild war §51 Gewerbegerichtsgesetz v. 29.7.1890, RGBl. Nr. 24 S. 141-162, vgl. Lüke, Vollstreckung 461. 146 Formulierungsratschlag etwa bei Zöller/Stephan § 510b Rz. 3. 147 Nicht einer Unterlassung, Duldung oder Herausgabe, so jedenfalls Blomeyer, Erkennt­ nisverfahren 304 m. Nachw. 148 Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting §61 Rz. 25; Grunsky, ArbGG §61 Rz. 8; Lüke, Vollstreckung 467. 149 Verneinend ArbG Wetzlar 8.12.1986, BB 1987, 1116 m. Nachw.: §61 Abs. 2 ArbGG passe nur für einmalige Handluugen. 150 §§ 888a ZPO, 61 Abs. 2 Satz 2 ArbGG. 151 Vgl. Bruns, ZPR 402 Rz. 260 b. Der Vorteil des Verfahrens ist die Vermeidung eines etwaigen späteren Schadensersatzprozesses, Blomeyer, Erkenntnisverfahren 277. 152 Vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann §510b Anm. 2 C; Grunsky, ArbGG §61 Rz. 14.; Lüke, Vollstreckung 468. Vgl. auch Zöller/Stephan §510b Rz. 7 und 8: Daher keine Entschädigungsverurteilung, wenn ein geldwerter Schaden nicht denkbar ist.

densersatz wegen Nichterfüllung, nicht wegen Verzugs153. Die Festsetzung der Höhe des Schadens erfolgt hier ebenso wie sonst, gegebenenfalls mittels Schät­ zung nach § 287 ZPO154. Einen Beugecharakter hat die Maßnahme daher nicht vielmehr beraubt sie den Gläubiger nach §§888a ZPO, 61 Abs. 2 S. 2 ArbGG gerade der ihm sonst gegen den Schuldner zu Gebote stehenden Beugemittel. Da sie nur zur Zusprechung des üblichen Schadensersatzes führt, steht sie anderer­ seits auch dort zur Verfügung, wo Zwang nach § 888 Abs. 2 ZPO ausgeschlos­ sen wäre155. Die praktische Bedeutung von § 61 Abs. 2 ArbGG - und das gleiche wird für § 510 b ZPO gelten - ist allerdings gering156.

b) Sonderregelungen des Betriebsverfassungsgesetzes Das Betriebsverfassungsgesetz vom 15. Januar 1972 enthält einige Sonderre­ gelungen über Zwangs- und Ordnungsgelder, die das Arbeitsgericht einem Arbeitgeber zur Durchsetzung einer im Beschlußverfahren157 getroffenen rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung auferlegen kann. Diese Bestimmungen158 gleichen im wesentlichen dem § 888 ZPO, soweit es um Handlungen159, und dem § 890 ZPO, soweit es um Unterlassungen oder Duldungen160 geht161. Allerdings ist in diesen Fällen die Festsetzung von Ord153 Vgl. Grunsky, ArbGG §61 Rz. 16. 154 Vgl. Schumann/Leipold in Stein/Jonas (19.) §510b Anm. IV 5; Menne in Alternativ­ komm. ZPO §510b Rz. 6; Lüke, Vollstreckung 468f; s. a. Germelmann in Germelmann/ Matthes/Prütting § 61 Rz. 36. 155 Zöller/Stephan §510b Rz. 2; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting §61 Rz. 26 und 28; so im Ergebnis auch Bruns, ZPR 402 Rz. 260 b. 156 Lüke, Vollstreckung 470. 157 Das Arbeitsgerichtsgesetz unterscheidet zwischen Urteils verfahren und Beschluß verfah­ ren, §8 ArbGG. Letzteres ist insbesondere für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten gegeben (§ 2 Nr. 4 und 5 ArbGG). Vgl. allgemein dazu Zöllner 498. Die Vollstreckung von im Urteilsverfahren ergangenen Entscheidungen der Arbeitsgerichte unterliegt gemäß § 62 Abs. 2 ArbGG den Bestimmungen des 8. Buches der ZPO, also auch den §§ 888, 890 ZPO; nach § 85 Abs. 1 Satz2 ArbGG gilt, soweit nicht Sonderregelungen eingreifen, für im Beschlußverfahren ergangene Entscheidungen das gleiche ; s. dazu Weber 33-42. 158 Es handelt sich um §23 Abs. 3 BetrVG (Unterlassung, Duldung oder Vornahme einer Handlung, wenn der Arbeitgeber andernfalls gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG verstößt), §98 Abs. 5 BetrVG (Unterlassung der Bestellung bzw. Durchführung der Abberu­ fung von mit der betrieblichen Berufsbildung beauftragten Personen), § 101 BetrVG (Aufhe­ bung einer personellen Maßnahme nach §§99, 100 BetrVG) und §104 BetrVG (Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer). 159 So §§ 23 Abs. 3 S. 3, 98 Abs. 5 S. 4, 101, 104 BetrVG. 160 So §§ 23 Abs. 3 S. 2, 98 Abs. 5 S. 2 BetrVG. 161 Vgl. BAG 5.12.1978, AP §101 BetrVG 1972 Nr. 4 m.Anm. Kittner, dort auch zum Verhältnis der verschiedenen Bestimmungen des BetrVG zueinander. Bei der HandlungsVoll­ streckung nach § 23 Abs. 3 S. 3 BetrVG soll es nach verbreiteter Ansicht im Gegensatz zu § 888 ZPO allerdings nicht darauf ankommen, daß die Handlung unvertretbar ist, so Dietz/Richardi §23 Rz. 87 m. Nachw.; a.A. aber Grunsky, ArbGG §85 Rz. 9. Ordnungsgeld nach §23 Abs. 3 BetrVG kann nach LAG Bremen 12.4.1989, MDR 1989, 672 und LAG Frankfurt a.M. 3.6.1988, NZA 1989, 233 (Ls.) schon im den Arbeitgeber verpflichtenden Beschluß angedroht

nungs- oder Zwangshaft gemäß §85 Abs. 1 Satz 3 a.E. ArbGG ausgeschlossen und das Höchstmaß des Zwangs- oder Ordnungsgeldes vielfach auf DM 20.000.- festgelegt162. Eine auffälligere Besonderheit ist, daß die Zwangsgeldbestimmungen des BetrVG vorschreiben: „Das Höchstmaß des Zwangsgeldes beträgt für jeden Tag der Zuwiderhandlung 500 Deutsche Mark.“163 Trotz der tageweisen Be­ messung des Zwangsgeldes wird hier jedoch wie bei § 888 ZPO allgemein davon ausgegangen, daß das Zwangsgeld nicht mehr beigetrieben werden kann, wenn der Arbeitgeber die gebotene Handlung vornimmt164. 165 c) Sonderregelung für die freiwillige Gerichtsbarkeit

Eine Sonderregelung des Zwangsgeldes enthält schließlich auch §33 FGG. Diese Bestimmung betrifft Handlungen und Unterlassungen gleichermaßen und soll dazu dienen, den Betroffenen zur Befolgung der gerichtlichen Anord­ nung „an(zu)halten"165. Das Zwangsgeld muß, bevor es festgesetzt wird, ange­ droht werden166. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 50.000,- DM nicht übersteigen167.

III. Das Zwangs- und Ordnungsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung 1. Grundlagen Gibt es in der Bundesrepublik Deutschland auch keine Einheitsgerichtsbar­ keit168, so ist das Zwangs- und Ordnungsgeld im Bundesgebiet doch in allen Arten der Rechtsstreitigkeiten unter Beteilung der Verwaltung zulässig169. Han­ delt es sich trotz der Beteiligung der Verwaltung um eine bürgerlichrechtliche werden - wie bei § 890 ZPO; Matthes in Germelmann/Matthes/Prütting § 85 Rz. 27 nimmt dasselbe auch für das Zwangsgeld an. 162 So §23 Abs. 3 S. 5 für Ordnungsgeld und Zwangsgeld, und §98 Abs. 5 S. 3 für das Ordnungsgeld. Den Grund dieser engen Beschränkung sieht BAG 18.4.1985, NZA 1985, 783 (784) für §23 Abs. 3 S. 5 darin, daß es um ein „kollektivrechtliches , Abmahnungsrecht4 des Betriebsrats“ gehe. 163 So §§ 98 Abs. 5 Satz 5, 101 Satz 3, 104 Satz 3. 164 Dietz/Richardi § 98 Rz. 32, § 101 Rz. 18, § 104 Rz. 30 und 32; Fitting/Auffarth/ Kaiser §98 Rz. 7, § 101 Rz. 5, § 104 Rz. 17; Löwisch in Galperin/Löwisch § 101 Rz. 8, § 104 Rz. 18; Schlochauer in Kammann/Hess/Schlochauer § 101 Rz. 14, § 105 Rz. 22. 165 Vgl. §33 Abs. IS. 1 FGG. 166 §33 Abs. 3 S.l FGG. 167 §33 Abs. 3 S. 2 FGG in der Fassung des Gesetzes vom 5.4.1990, BGBl. I 701; vorher 1.000,-DM. 168 Vgl. Koch 78f. 169 In der ehemaligen DDR war erst durch das am 1.7.1989 in Kraft getretene Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidun­ gen vom 14.12.1988, GBl. DDR I 327, wieder eine beschränkte Möglichkeit des gerichtlichen

Streitigkeit (§13 GVG), so sind ohnedies die ordentlichen Gerichte zuständig. Dies gilt etwa bei fiskalischen Hilfsgeschäften der Verwaltung170. Für öffentlich­ rechtliche Streitigkeiten ist dagegen nach §40 Abs. 1 VwGO der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben171. Über sozial- und abgabenrechtliche Sa­ chen entscheiden die besonderen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit und Finanz­ gerichtsbarkeit. Die einschlägigen Verfahrensordnungen172 treffen über das Zwangsgeld zum Teil Sonderbestimmungen, zum Teil enthalten sie allgemeine Verweisungen insbesondere auf die ZPO.

2. Zivilprozesse gegen die Verwaltung

Die ZPO enthält seit 1953173 mit ihrem §882a eine Sondervorschrift für die Zwangsvollstreckung gegen den Bund oder ein Land174. Diese betrifft jedoch nur die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen175; ansonsten gelten da­ her die allgemeinen Vorschriften176. Ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO oder ein Ordnungsgeld nach §890 ZPO kann darum auch gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts als Schuldner verhängt werden177: In der Rechtspre­ chung finden sich dafür auch einige Beispiele178.

Rechtsschutzes gegenüber der Verwaltung eingeführt worden. Eine Erzwingung der Beach­ tung der gerichtlichen Entscheidung durch die Verwaltung war nicht geregelt. Das gleichnami­ ge Gesetz vom 25.6.1990, GBl. DDR I 595 sah in §9 Abs. 2 S. 2 vor, daß das Gericht in der Sache selbst entscheiden kann, und enthielt in § 12 Abs. 1 eine Generalverweisung auf die ZPO. 170 Ule 553; ferner etwa ZöLLER/GUMMER, § 13 GVG Rz. 18 a.E. 171 Zur Generalklausel etwa Ule 32 ff. 172 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), Sozialgerichtsgesetz (SGG) und Finanzgerichts­ ordnung (FGO). 173 Zur Gesetzgebungsgeschichte und verfassungsrechtlichen Problemen des § 882a ZPO s. BVerfG 23.3.1982, BVerfGE 60, 135 (156-159); zu §882a ZPO auch Gaul in Rosenberg/ Gaul/Schilken 24-26; GEIßLER, Zur Neuregelung der Zwangsvollstreckung gegen den Fis­ kus, NJW 1953, 1853-1856. 174 S. a. die entsprechenden Vorschriften in §39 BundesbahnG, §25 ReichsbahnG und, für die Vollstreckung gegen Gemeinden, im Landesrecht. 175 KG 11.8.1970, RPfleger 1970, 359; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann §882a Anm. 3, Übersicht vor §883 Anm. 1; Stein/Jonas (-Münzberg) §882a Rz. 6 und Vor §883 Rz. 4; Thomas/Putzo § 882 a, Anm.; s. a. GEIßLER, NJW 1953, 1853, 1854. 176 Schmidt-von Rhein in AlternativKomm. ZPO Vor § 883 Rz. 2; Thomas/Putzo Anm. zu §882a. 177 So zu §890 ausdrücklich Pastor, Unterlassungsvollstreckung 102; ferner Stein/Jonas (-Münzberg) §890 Rz. 61 N. 282. 178 So hat etwa das OLG Königsberg 19.3.1910, OLGE 20, 370 dem Fiskus (Direktion der Bernstein werke) eine Geldstrafe nach § 890 ZPO angedroht, das OLG Zweibrücken 26.9.1977, OLGZ 1978, 372 eine Verbandsgemeinde ohne weiteres zu einem Ordnungsgeld verurteilt.

3. Regelung für den Verwaltungsprozeß Die Verwaltungsgerichtsordnung von 1960 enthält in ihrem 17. Abschnitt, §§167ff, Regeln über die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Entschei­ dungen179. Ergänzend sind nach § 167 VwGO180 die Bestimmungen des 8. Buches der ZPO entsprechend anzuwenden. Die VwGO selbst unterscheidet zwischen der Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand - also gegen Private - (unten a) und der gegen die öffentliche Hand (unten b)181.

a) Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand gegen Private

Die Vollstreckung zugunsten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts regelt § 169 VwGO182. Abs. 1 Satz 1 dieser Bestimmung183 184 schreibt vor, daß die Vollstreckung sich nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz richtet. Damit wird auf das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Bundes vom 27. April 1953184 verwiesen185. Vollstreckungsbehörde im Sinne dieses Gesetzes ist hier jedoch der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs186. Das Zwangsgeld wird vom VwVG in §9 Abs. 1 lit. b - der zum Abschnitt über die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen (§§ 6ff.) zählt - als eines der möglichen Zwangsmittel genannt - neben der Ersatzvornahme187 und dem unmittelbaren Zwang188. In § 11 wird es näher geregelt. § 11 Abs. 1 Satz 1 VwVG sieht das Zwangsgeld - ähnlich § 888 ZPO - für die 179 Zum Teil ähnlich das Sozialgerichtsgesetz (SGG) im 2. Teil, 4. Abschnitt, 2. Unterab­ schnitt (§§ 198ff) und die Finanzgerichtsordnung (FGO) im 3. Teil, 2. Abschnitt (§§ 150f.). 180 Vgl. a. § 198 SGG, und, eingeschränkt, § 151 Abs. 1 FGO. 181 So auch schon Bachof 167 f. 182 Die Bestimmung führt die in Betracht kommenden Arten juristischer Personen im einzelnen auf: Bund, Land, Gemeindeverband, Gemeinde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts. Nach verbreiteter Meinung fällt allerdings die Vollstreckung zugunsten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegen einen anderen Rechtsträger des öffentlichen Rechts nicht unter diese Vorschrift, VGH Kassel 31.3.1976, NJW 1976, 1766 (Ls.); Kopp § 169 Anm. 1; a.A. Schunck/de Clerck § 169 Anm. 1. 183 Entsprechend § 200 SGG; § 150 FGO verweist hingegen auf die Bestimmungen der AO. 184 BGBl. 1157. 185 Allerdings sind nach § 169 Abs. 2 VwGO die landesrechtlichen Bestimmungen anzu wen­ den, wenn die Vollstreckung im Wege der Amtshilfe von Organen der Länder vorgenommen wird. Zu den Verwaltungs Vollstreckungsgesetzen der Länder s. Engelhardt. 186 § 169 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Anders hingegen das SGG, das eine besondere Vollstrekkungsbehörde nicht bestimmt; § 150 S. 2 FGO bestimmt, daß Vollstreckungsbehörden die Finanzämter sind. Eine Vollstreckung sozial- und finanzgerichtlicher Entscheidungen zugun­ sten der Verwaltung erfolgt demnach nicht nur nach den Regeln der Verwaltungsvollstrekkung, sondern auch durch die Verwaltung. Ein gerichtliches Zwangsgeld scheidet in diesem Bereich schon daher aus. § 183 E-VwPO hingegen sieht vor, daß Vollstreckungsgericht stets das Amtsgericht ist, s. dazu Zeiss, ZRP 1982, 74 (75); ferner Gaul in Rosenberg/Gaul/ Schilken 27, 33-34. 187 Dazu §10 VwVG. 188 Dazu §12 VwVG.

Vollstreckung unvertretbarer Handlungen vor. Jedoch bestimmt Satz 2, daß ein Zwangsgeld bei vertretbaren Handlungen dann verhängt werden kann, wenn die Ersatzvornahme „untunlich“ ist, und zwar insbesondere wenn der „Pflichti­ ge“ außerstande ist, die Kosten einer Ersatzvornahme zu tragen. § 11 Abs. 2 VwVG bestimmt, daß das Zwangsgeld auch zulässig ist, wenn der Pflichtige der Verpflichtung zuwiderhandelt, eine Handlung zu dulden oder zu unterlassen. Zwangsmittel sind nach § 13 Abs. 1 VwVG zunächst schriftlich anzudro­ hen189. Absatz 5 schreibt vor, daß der Betrag des Zwangsgeldes „in bestimmter Höhe anzudrohen“ ist; die unbestimmte Androhung eines Zwangsgeldes „bis zu soundsoviel DM“ ist also nicht wirksam190. Das Zwangsgeld beträgt höchstens DM 20.000.-191; ist es uneinbringlich, so kann an seine Stelle Ersatzzwangshaft von bis zu zwei Wochen gesetzt werden192. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren steht somit eine umfassende Rege­ lung des Zwangsgeldes gegen Private zur Verfügung. Ihre praktische Bedeu­ tung ist aber gering, weil die Verwaltung in der Regel nicht darauf angewiesen ist, ihre Ansprüche vor dem Verwaltungsgericht durchzusetzen193.

b) Vollstreckung gegen die öffentliche Hand Von Bedeutung kann die Durchsetzung verwaltungsgerichtlicher Entschei­ dungen gegen die widerstrebende Verwaltung sein. Obwohl grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, daß die nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebundene Verwaltung einer gerichtlichen Entscheidung Folge leistet, gibt es - wie die Praxis zeigt194 - doch Fälle, in denen sie dazu erst gezwungen werden muß. Geeignete Zwangsmittel hierfür zur Verfügung zu stellen, bedeu­ tet nicht etwa eine „Bankrotterklärung des Rechtsstaatsgedankens“195; es dient vielmehr dessen Verwirklichung auch gegen fallweisen Widerstand der Verwal­ tung und ist ein Gebot der Verbürgung des Rechtsschutzes gegenüber der öffentlichen Gewalt gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes196. Schon das bloße Vorhandensein von Zwangsmöglichkeiten kann im übrigen die Bereit­ 189 Eine Ausnahme gilt zwar für den Fall des sofortigen Vollzugs nach §6 Abs. 2 VwVG, doch kann diese Bestimmung bei der verwaltungsgerichtlichen Vollstreckung keine Anwen­ dung finden, Redeker/von Oertzen § 169 Anm. 9. 190 Vogel in Drews/Wacke/Vogel/Martens 1317. 191 §11 Abs. 3 VwVG. 192 §16 VwVG. 193 Auch Ule 403 bemerkt, daß die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unter­ lassungen selten sein wird. 194 Vgl. dazu Bank 15 mit N. 9, 25, 61 mit N. 4, 65, 105; Puttfarken 110f. berichtet etwa, daß die Stadt München „reihenweise“ mittels Vollstreckung zur Erteilung von Taxi-Konzes­ sionen gezwungen werden mußte. 195 So aber Ule, DVB1. 1959, 537 (540). 196 LVG Arnsberg 31.10.1957, NJW 1958, 116 (117); Bachof 164; Bank 66, 82, auch 104, 105; Bauer 102f.; Hans, DVB1.1956, 856; D. Lorenz, Menger-Festschrift 156; Meyer-Lade­ wig § 198 Rz. 1; Rupp, AöR 85 (1960) 325 f.; wohl auch Papier § 154 Rz. 12; vorsichtig noch D. Lorenz, Rechtsschutz 130 N. 16, 274. Anderer Ansicht Ule, DVB1. 1959, 537 (540); ferner

schäft der Verwaltung zur Befolgung von verwaltungsgerichtlichen Entschei­ dungen erhöhen. Die VwGO von 1960 stellt diese Zwangsmöglichkeiten in umfassender Weise zur Verfügung197. aa) Vollstreckung wegen Geldforderungen. - Für die Vollstreckung wegen Geld­ forderungen sieht § 170 VwGO198 vor, daß das Gericht die betroffene Behörde zunächst von der beabsichtigten Vollstreckung benachrichtigt und an sie dabei die Aufforderung richtet, die Vollstreckung innerhalb einer vom Gericht be­ stimmten Frist abzuwenden199. Erst danach wird die Vollstreckung verfügt. Diese erfolgt dann, von Ausnahmen abgesehen200, nach den allgemeinen Re­ geln, sodaß ein Zwangsgeld nicht möglich ist. Aber das Verfahren nach § 170 VwGO kann der Beitreibung eines vom Verwaltungsgericht in einem anderen Verfahren festgesetzten Zwangsgeldes dienen201.

bb) Vollstreckung bei anderen als Geldforderungen. - Für die Vollstreckung von nicht auf Geldzahlung lautenden Entscheidungen kennt auch das deutsche Ver­ waltungsprozeßrecht das Zwangsgeld. Die VwGO enthält zum einen eine Sonderregelung des Zwangsgeldes (sogleich (1)), verweist zum Teil aber auch auf die Zwangs- und Ordnungsgelder der ZPO (unten (2)).

(1) Das Zwangsgeld des § 172 VwGO. - In ihrem § 172 bestimmt die VwGO, daß das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag ein Zwangsgeld202 gegen die Behörde verhängen kann, wenn diese in gewissen Fällen der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Verfügung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt203. Es handelt sich hier um die Verurteilung der Behörde zur Rückgängigmachung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes204 und zur Vornahme einer beantragten Amtshandlung bzw. der Bescheidung des Klägers205 sowie um einstweilige Anordnungen206. Auch einstweilige Anordnungen werden aber nur dann nach § 172 VwGO vollstreckt, wenn sie einen Inhalt haben, der einem Urteil nach wohl Dütz 132£; vielleicht auch Schmidt- AßMANN in MAUNZ/DÜRIG/HERZOG/SCHOLZ (24. Lieferung 1985) Art. 19 Abs. 4 Rz. 280: Jedenfalls Feststellungsurteil sei das Minimum. 197 Zur früheren Rechtslage Bachof 154ff; Hans, DVB1. 1956, 856-858; Klinger §108 Anm. B. 198 SGG und FGO enthalten insoweit hingegen keine besonderen Bestimmungen; daher greifen die Verweisungen auf die ZPO in § 198 SGG und § 151 Abs. 1 FGO ein. 199 §170 Abs. 2 VwGO. 200 Vgl. § 170 Abs. 3 und 4 VwGO für „Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. “ 201 Vgl. OVG Lüneburg 17.3.1967, DVB1. 1969, 119; Kopp §170 Anm. 1; Redeker/von Oertzen § 170 Rz. 1; Ule 406. 202 Ob daneben andere Vollstreckungsmöglichkeiten zulässig sind, ist streitig; dagegen Kopp § 172 Rz. 3, dafür Bettermann, DVB1. 1969, 119 (121). 203 Ähnlich § 201 SGG und § 154 FGO. 204 § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO, sog. Folgebeseitigung. 205 § 113 Abs. 4 VwGO, Verpflichtungsklage. 206 §123 VwGO.

§ 113 Absatz 1 Satz 2 oder Absatz 4 entspricht207. § 172 VwGO enthält eine besondere Regelung des Zwangsgeldes und verweist nicht etwa - jedenfalls nicht ausdrücklich - auf § 888 ZPO. Das Zwangsgeld ist nach § 172 VwGO zunächst unter Fristsetzung anzudro­ hen. Diese Androhung ist jedoch erst dann zulässig, wenn die Behörde grundlos die Erfüllung der ihr gerichtlich auferlegten Pflichten versäumt hat208; ob bei einer einstweiligen Anordnung die Androhung dennoch bereits mit dieser ver­ bunden werden kann, ist zweifelhaft209. Verstreicht die mit der Androhung gesetzte Frist fruchtlos, so ist das Zwangs­ geld nach § 172 VwGO festzusetzen und von Amts wegen zu vollstrecken. Der Höchstbetrag des Zwangsgeldes beläuft sich auf 2.000.- DM210; diese enge Begrenzung hat sich nicht bewährt211. Allerdings kann das Zwangsgeld wieder­ holt festgesetzt werden212. Fraglich ist jedoch, ob das Zwangsgeld auch dann noch vollstreckt werden kann, wenn mit ihm eine termingebundene Handlung erzwungen werden sollte und der Termin verstrichen ist213 - ein Problem, auf das später zurückzukom­ men ist214. (2) Zwangs- und Ordnungsgeld nach §167 VwGO i. Vm. §§888, 890 ZPO. Wie gezeigt, erfaßt § 172 VwGO nur Verpflichtungsurteile und entsprechende einstweilige Anordnungen. Die Verpflichtungsklage ist jedoch allein auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes215 durch die Verwaltung gerichtet. Wird eine andere Amtshandlung begehrt, so ist die allgemeine Leistungsklage gegeben. Ein auf diese hin ergehendes Urteil kann nicht nach § 172 VwGO vollstreckt werden216. Vielmehr kann eine Vollstreckung gemäß § 167 Abs. 1 VwGO nach 207 BayVGH München 26.5.1989, NVwZ-RR 1989, 669 (669); VGH Baden-Württemberg 12.5.1976, DVB1. 1977, 211; Nordrhein-Westfälisches OVG Münster 12.12.1973, NJW 1974, 917; VGH Baden-Württemberg 10.5.1973, NJW 1973, 1518; Kopp §172 Rz. 1; Redeker/von Oertzen § 172 Rz. 3, § 123 Rz. 22; a.A. aber Schunck/de Clerck § 172 Anm. 2 b. 208 BVerwG 30.12.1968, NJW 1969, 476; Kopp §172 Rz. 5; Redeker/von Oertzen §172 Rz.5. 209 Bejahend Kopp §172 Rz.5; der VGH Baden-Württemberg 28.7.1977, NJW 1978, 287 meint hingegen, die Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens ergebe sich aus der Trennung von Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren sowie der Privilegierung der Verwaltung in § 170 VwGO. 210 § 172 Satz 1 VwGO. 211 Vgl. Bank 80; weniger kritisch Puttfarken 110. 212 §172 Satz 2 VwGO. 213 Verneint von OVG Lüneburg 17.3.1967, DVB1. 1969, 119 (Überlassung einer stadteige­ nen Sporthalle an eine politische Partei an einem bestimmten Tag); anders aber Bettermann in seiner kritischen Anmerkung ebd.; vgl. zu diesem Fall auch Jülich, DVB1. 1968, 843 (846, 848) und Pakuscher, Int.Comp.L.Q. 21 (1972) 452 sowie Bank 65, 105. 214 Unten § 11III. 215 Dazu §35 VwVfG. 216 Ausführlich Bank 70-81; anders aber wohl Hoffmann-Becking Verw.Arch.62 (1971) 191 (198).

den §§883 ff. der ZPO erfolgen217. Daher kann gemäß §167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 888 ZPO gegen eine Behörde218 ein Zwangsgeld zur Erzwingung einer unvertretbaren Handlung verhängt werden219 oder sie wegen einer Zuwider­ handlung gegen einen Unterlassungs- oder Duldungstitel gemäß § 167 VwGO i. V. m. § 890 ZPO mit einem Ordnungsgeld belegt werden220. Enthält die verwaltungsgerichtliche Entscheidung hingegen kein Ge- oder Verbot, sondern wirkt sie - wie die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs221 - nur gestaltend, so kommen nach verbreiteter Meinung weder ein Zwangsgeld nach § 172 VwGO noch ein Ordnungsgeld nach § 167 VwGO i. V. m. § 890 ZPO in Betracht222.

IV. Zusammenfassung Das Zwangsgeld ist in Deutschland also traditionsreich, verbreitet und vielge­ staltig. Seine Ursprünge gehen lange zurück, auch in der Verwaltungsgerichts­ barkeit ist es gesetzlich zugelassen, doch fehlt es an einer einheitlichen und allgemeinen Regelung. Kennzeichnend für die Regelung der ZPO ist neben dem „Grundsatz der möglichst direkten Vollstreckung“ und der Begünstigung der Staatskasse insbesondere die Zweispurigkeit von Zwangsgeld für die Hand­ lungsvollstreckung gemäß §888 ZPO und Ordnungsgeld für die Unterlas­ sungsvollstreckung gemäß §890 ZPO. Bemerkenswerterweise folgen die Son­ derregelungen im BetrVG, im FGG und im VwVG - vielleicht auch die in § 172 VwGO - diesem Vorbild nur zum Teil. So enthalten FGG und VwVG anders als die ZPO einheitliche Regeln für die Vollstreckung von Handlungen und Unter­ lassungen; das VwVG läßt ferner das Zwangsgeld für die Handlungsvollstrekkung in größerem Maße zu als die ZPO, und das BetrVG schließlich kennt die 217 Vgl. nur Kopp § 172 Rz. 9. Im Grunde das gleiche gilt gemäß § 198 SGG auch für die Sozialgerichtsbarkeit, vgl. Meyer-Ladewig § 198 Rz. 4, und - wenn wohl auch kaum praktisch - gemäß § 151 Abs. 1 FGO für die Finanzgerichtsbarkeit, dazu Ziemer/Birkholz § 151 Rz. 2. Zur Frage der Anwendbarkeit des § 887 ZPO sowie der §§ 883-886 ZPO ausführlich Bank 82-83 und 83-88 (verneinend); zu § 894 ZPO vgl. Bank 91-94. 218 Bank 99-105, 109, 112 sowie 107-108, 109, 112 meint, Zwangs- bzw. Ordnungsgeld nach § 888 bzw. 890 ZPO könnten - anders als das Zwangsgeld nach § 172 VwGO - auch gegen den Vertreter des verurteilten Verwaltungsträgers verhängt und vollstreckt werden. 219 Bank 88; Kopp § 172 Rz. 1. 220 Vgl. VGH Baden-Württemberg 12.5.1976, DVB1. 1977, 211: Verbot an eine öffentlich­ rechtliche Zwangskörperschaft, nicht hochschulbezogene Erklärungen zu verbreiten (Allge­ meiner Studentenausschuß der Universität Konstanz); Nordrhein-Westfälisches OVG Mün­ ster 12.12.1973, NJW 1974, 917; VGH Baden-Württemberg 10.5.1973, NJW 1973, 1518 (ebenfalls gegen eine Studentenschaft). Wohl auch VGH Kassel 31.3.1976, NJW 1976, 1766 (Ls.). Grundsätzlich auch BayVGH München 26.5.1989, NVwZ-RR 1989, 669 (670) (aus­ schließliche Verwendung eines Familiennamens bei Amtshandlungen). 221 Vgl. §80 Abs. 5 VwGO. 222 OVG Lüneburg 22.1.1974, DVB1. 1974, 470; dagegen aber Kopp §80 Rz. 118 mit ausführlichen Nachweisen.

sonst nicht geregelte tageweise Bemessung des Zwangsgeldes. Diese Unter­ schiede allerdings scheinen weniger auf grundsätzlich verschiedenen Vorstellun­ gen des Gesetzgebers zu beruhen, sondern vielmehr auf einem Mangel an Konzept und Koordination. Der vergleichende Blick über die Grenzen wird die Beurteilung dieser Unterschiede erleichtern.

§ 3 Frankreich I. Die Entwicklung der „astreinte" 1. Überblick

Das gerichtliche Zwangsgeld des französischen Rechts ist die „astreinte“1. Sie ist zunächst von der Rechtsprechung selbst entwickelt worden und wird als deren „schöpferisches Werk“2 gelobt. Der Gesetzgeber hat sich des Instituts der „astreinte“ zunächst auf Gebieten angenommen, die mit gerichtlichen Verfahren und der Durchsetzung gerichtli­ cher Entscheidungen nichts zu tun haben: In den verschiedensten Spezialgeset­ zen hat er die Nichterfüllung bestimmter gesetzlicher Pflichten mit Zwangsund Strafgeldern belegt3. Diese sogenannten „astreintes legales“ kommen in den verschiedensten Ausgestaltungen vor4. Da sie aber nicht wie das gerichtliche Zwangsgeld („astreinte judiciaire“) die Beachtung einer gerichtlichen Entschei­ dung erzwingen, sondern dem Schutz anderer im öffentlichen Interesse liegen­ der Regelungen dienen5, ist auf sie hier nicht weiter einzugehen. In neuerer Zeit hat der Gesetzgeber auch die astreinte judiciaire in weitem Umfang geregelt. Er hat dabei Lösungen der Rechtsprechung aufgegriffen und auf ihnen aufgebaut. Die Entwicklung der astreinte in der Rechtsprechung ist daher noch heute von Bedeutung. 1 Vom lateinischen „astringere“. Nicht-französische Darstellungen der Entwicklung der astreinte finden sich bei Brodeur, Tulane L.Rev. 14 (1939-40) 211-224; Dawson, Michigan L.Rev. 57 (1958-59) 495 (506-525); Drabe 18-113; Herzog 560-564; GROßFELD 22-35; Jacob in Jacobsson/Jacob 37-39; Stoll, Int. Enc. Conip. L. vol. XI ch.8 s.117 und Supplement ch.8 s.20; ders. in: IUS PRIVATUM GENTIUM 575-579; Treitel in Int.Enc.Comp.L. vol. VII ch.16 s.24-28; ders., Remedies 59-62 Nr. 56-60; R. Goldschmidt, Astreintes 256-262; ZWEIgert/Kötz II 186ff; siehe auch A.Blomeyer, Int.Enc.Comp.L. vol. XVI ch.4 s.65 sowie Denti/Silvestri in Jacobsson/Jacob 161-163. 2 WEILL/TERR Nr. 835 in fine; Chabas, D. 1972 Chr. 271 nennt sie „une des plus etranges et des plus originales constructions qu’ait labore la j urisprudence aidee par la doctrine“. Auch J. Kohler, AcP 81 (1893) 141 (239 mit N. 1) nennt die astreinte ein Beispiel, bei dem sich die „schöpferische Kraft“ der Jurisprudenz gezeigt hat. Höchst ausdrucksvoll Toulemon, Gaz.Pal. 1948, 2 Doctr. 62: „Ainsi, une fois de plus, sous la poussee de la vie sociale, Fingeniosite des juristes a fait sortir du chaos et du desarroi une Institution capable de retablir dans une certaine mesure l’ordre et la justice“. 3 Übersichten bei BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 164-178; Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-3 Nr. 18-28. 4 Vgl. die in der vorigen Note genannten Übersichten. 5 Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-1 Nr. 23.

2. Ausgangslage Die Praxis des beginnenden 19. Jahrhunderts sah sich zunächst mit dem Schweigen der neuen Gesetzbücher von 1804 und 1806 konfrontiert: Weder der Code civil noch der Code de procedure civile kannten ein Zwangsgeld wie die astreinte. Die Zwangshaft („contrainte par corps“) war von dem napoleonischen Gesetzgeber zwar zunächst für eine Anzahl von Fällen beibehalten worden6, ist durch Gesetz vom 22. Juli 18677 in Zivil- und Handelssachen aber abgeschafft worden8. Überhaupt war die Durchsetzung von Urteilen auf Naturalerfüllung nur unvollkommen geregelt. Immerhin regelt der Code de procedure civile9 ausführlich die Pfändung und Verwertung von Vermögensgegenständen des Schuldners. Außerdem sieht er in den Artt. 826 ff. die „saisie-revendication" vor, die Beschlagnahme zur Zu­ rückerlangung einer Sache; da das Eigentum nach französischem Recht schon mit dem Abschluß des Kaufvertrages übergeht10, dient diese auch zur Vollstrekkung von Lieferverpflichtungen. Für die Rechnungslegung fand sich in Art. 534 Abs. 2 C.p.c. eine interessante Sonderbestimmung: Nach Ablauf einer gericht­ lich bestimmten Frist konnte der Pflichtige durch Beschlagnahme und Verkauf seiner Güter bis zur Höhe eines gerichtlich bestimmten Betrages zur Rechnungs­ legung angehalten werden. Daneben enthält der Code civil in seinem Abschnitt „De 1 Obligation de faire ou de ne pas faire“ einige einschlägige Bestimmungen. Nach Art. 1144 Cc kann der Gläubiger im Fall der Nichterfüllung ermächtigt werden, die Verbindlich­ keit auf Kosten des Schuldners selbst vollziehen zu lassen. Art. 1143 gibt dem Gläubiger einer Unterlassungsverpflichtung das Recht auf Beseitigung des der Verpflichtung zuwider Hergestellten und eröffnet ihm die Möglichkeit, sich zur Beseitigung auf Kosten des Schuldners ermächtigen zu lassen. Diese Vorschrift ist jedoch nur eine Abmilderung des zuvor in Art. 1142 Cc ausgesprochenen Grundsatzes: Toute Obligation de faire ou de ne pas faire se resout en dommages et intrts, en cas d’inexecution de la part du debiteur.

Der Code civil übernahm damit die alte Regel11 „nemo potest praecise cogi ad factum“12. 6 Artt. 2059ff. Cc (III. Buch, 16.Titel); zum Verfahren Artt. 780ff. Cpc. (l.Teil, V. Buch, 15.Titel). 7 Loi relative ä la contrainte par corps, D. 1867.IV.75 (85-87) mit Abdruck der Materialien. 8 Zur interessanten Geschichte der Abschaffung der „contrainte par corps“ s. Ripert, Regi­ me 122 ff. Nr. 69-70. 9 Die entsprechenden Teile des alten Code de procedure civile von 1806 sind bisher noch in Kraft, doch gilt ab dem 1.8.1992 die Neuregelung des Gesetzes Nr. 91-650, s. unten 17 a.E. 10 Vgl. nurFERiDl2F35. 11 Vgl. Coing 1433. 12 Vgl. Carbonnier 644 Nr. 145; Weill/Terre Nr. 831; siehe aber auch die kritische Darstel­

Man erkannte zwar schon bald, daß Art. 1142 Cc Verbindlichkeiten zu einem Tun oder Unterlassen nicht zu Wahlschulden erklärt, so daß es in das Belieben des Schuldners gestellt wäre, ob er die Leistung erbringt oder Schadensersatz leistet13. Einen Naturalerfüllungszwang schien die Vorschrift dennoch auszu­ schließen14. Trotzdem wurde sie gerade durch die in ihr angeordnete Schadens­ ersatzverpflichtung zum Ursprung der astreinte. Zunächst wurde ein Schuldner, der auf Naturalerfüllung verklagt, dem je­ doch ein „delai de grce" nach Art. 1244 Cc eingeräumt wurde, gleichzeitig zu einer Geldzahlung für den Fall verurteilt, daß er seine Verpflichtung nicht in der festgesetzten Frist ausführt; die Cour de cassation gestattete dem Schuldner selbst nach Fristablauf noch die Abwendung der Zahlungsverpflichtung durch Erbringung der geschuldeten Leistung15. Dies führte zu der Idee des provisori­ schen Charakters der Zahlungsverurteilung, der astreinte16. Schließlich wurde zusammen mit der Verurteilung zur Erfüllung gleich eine Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Summe Geldes für jeden Tag des weiteren Verzuges ausgesprochen17; dies geschah selbst dann, wenn dem Gläu­ biger durch den Verzug kein Schaden entstand18. Die infolge des Verzuges aufgelaufene Gesamtsumme konnte später gegebenenfalls reduziert werden19. Im Laufe der Zeit entwickelten die Gerichte, um die Zwangswirkung zu lung von Dawson, Michigan L.Rev. 57 (1958-59) 495 (506-510, 534), nach der erst Pothier diese Regel ohne Umschweife und fälschlich behauptet habe. 13 Duranton X Nr. 458, mit dem Argument, daß der Schuldner gemäß Art. 1193 Cc sonst auch im Falle der force majeure trotz Art. 1184 Cc Schadensersatz zu leisten hätte; Zachariä II 218 § 299 N. 5. 14 Nach heutiger Auffassung schließt Art. 1142 Cc den Naturalerfüllungszwang nur in einigen besonderen Fällen aus, vgl. unten §8; s. auch Tallon, J.Trib. (Brux.) 1985, 601 (603), der Art. 1142 als „aujourd’hui ... completement retourne“ bezeichnet, und Franson, Rev. trim.dr.com. 37 (1984) 284 (285), der sagt, daß Art. 1142 „est un texte qu’on ne doit pas prendre au pied de la lettre“. 15 Cour de cassation (req.) 21.6.1809 und 22.1.1812, Jur. gen. v° Chose juge Nr. 384f, hier zitiert nach BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 9 und Tunc Nr. 2; - ähnlich Cour de cassation (req.) 10.7.1832, S. 1832.1.669; die Verurteilung zur Zahlung von 200.000 F, wenn nicht binnen 14 Tagen ab Zustellung die streitbefangenen Vermögensgegenstände zurückgegeben werden, wird dort als „disposition penale, prononcee comme voie de contrainte“ bezeichnet; s. auch Cour de cassation (req.) 22.11.1841, S. 1842.1.170: Verurteilung zu 15.000 F Schadenser­ satz für den Fall der Nichtherausgabe von Schuldscheinen war „comme voie de contrainte“ ausgesprochen. 16 Tunc Nr. 2. 17 Cour de cassation (req.) 28.12.1824, S. 1824.1.604 m.Anm.: Rückgabe von Urkunden; Cour de cassation (req.) 29.1.1834 (Normand J. C. de Rohan), S. 1834.1.129: Rückgabe eines Vertrages aus dem „Jahre 13“ (1805 n.Chr.) an die Familie de Rohan; s. dazu auch Capitant 369ff. Nr. 106; Cour de cassation (civ.) 26.7.1854, S. 1855.1.33 m.Anm.: Beschaffung der Genehmigung der Frau des Schuldners und Aufhebung einer Hypothek. 18 Vgl. die vierte Rüge der Kassationsbeschwerde in Cour de cassation (req.) 29.1.1834 (Normand./. C.de Rohan), S. 1834.1.129. 19 Cour de cassation (req.) 28.12.1824, S. 1824.1.604 - allerdings lag hier ein Mitverschulden

verstärken20, aber auch eine Form der definitiven Verurteilung zu einem nach Zeitabschnitten bemessenen Zwangsgeld; eine spätere Herabsetzung des Zwangsgeldes war dabei ausgeschlossen21. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam in der Rechtsprechung der Cour de cassation für die tageweise bemessene ergänzende Zahlungsverurteilung die Bezeichnung „astreinte“ auf22.

4. Kritik der Lehre In der Lehre stießen die provisorischen Zwangsgeldverurteilungen jedoch bald auf einmütigen Widerstand23. Es wurde eingewandt, daß die möglichen Vollstreckungsmaßnahmen im Gesetz geregelt seien und weitere nicht durch den Richter geschaffen werden dürften; der provisorische Charakter der Verur­ teilung laufe den Regeln über die Rechtskraft der Urteile zuwider und das Zwangsgeld als Strafe verstoße gegen den Grundsatz, daß keine Strafe ohne Gesetz verhängt werden kann. Im Jahre 1903 veröffentlichte dann Adhetnar Esmein einen bedeutenden Auf­ satz24. Er suchte nachzuweisen, daß den Richtern neben der eigentlich rechtspre­ chenden Gewalt (jurisdictio) stets auch eine Befehls-Gewalt (imperium) zuge­ standen habe25; diese Befehls-Gewalt werde von Art. 1036 Cpc26 ausdrücklich bestätigt und hierin liege auch die Ermächtigung zum Verhängen einer astreinte. Nach verbreiteter Meinung betraf der Art. 1036 Cpc jedoch nur die Sitzungspo­ lizei27. Die astreinte blieb aber noch für lange Zeit - trotz auf Estneins Ansicht gestützter anderweitiger Empfehlung28 - mit dem Schadensersatz verwachsen. der Gläubigerin an dem Verzug vor; vgl. auch Cour de cassation (civ.) 20.3.1889, D. 1889.1.382 m.Anm. 20 Tunc Nr. 2 in fine. 21 S. etwa Cour de cassation (req.) 14.7.1874, S. 1876.1.448: 300 F „dommages-interets“ für jeden Tag der Nichtübermittlung der Bücher, Schriftstücke und Dokumente einer Gesell­ schaft. 22 Cour de cassation (civ.) 20.3.1889, D. 1889.1.832 m.Anm.; Cour de cassation (req.) 1.12.1897, D. 1898.1.289 m.Anm. Planiol - auch das Tribunal de commerce de la Seine hatte den Ausdruck in seiner erstinstanzlichen Entscheidung vom 16.2.1893 verwandt. 23 Aubry/Rau (-Rau/Falcimaigne/Gault) IV 64, 66 §299; Baudry-Lacantinerie/Barde XII Nr. 479; Demolombe XXIV Nr. 494, 496; Huc VII Nr. 136, 145; Laurent XVI Nr. 301, 302; kritisch auch Beudant V 266 f. Nr. 455, der aber das Bestehen einer Gesetzeslücke zugibt und meint: „les necessites pratiques Tont empörte sur les scrupules de doctrine.“ 24 L’origine et la logique de la jurisprudence en matiere d’astreintes, Rev.trim.dr.civ. 2 (1903) 5 ff. 25 Schon die Cour de cassation (req.) hatte in der bereits genannten Entscheidung vom 22.11.1841, S. 1842.1.170 zwischen „ordinatoria et decisoriajudicia“ unterschieden. 26 Art. 1036: „Les tribunaux, suivant la gravite des circonstances, pourront, dans les causes dont ils seront saisis, prononcer, meme d'office, des injonctions, supprimer des ecrits, les declarer calomnieux, et ordonner l’impression et l’affiche de leurs jugements.“ 27 Vgl. Colin/Capitant 523 Nr. 939; Foignet 11; Fr^javille, J.C.P. 1951 Doctr. 910

Einen neuen Höhepunkt erlebte die Kontroverse um die astreinte infolge der Wohnungskrise nach dem 2. Weltkrieg. Wurde die Wohnung nicht freiwillig geräumt, so scheiterte eine Zwangsräumung häufig daran, daß die Verwaltung die Mitwirkung der öffentlichen Gewalt versagte28 29. 30 Nach einer Leitentschei­ dung des Conseil d’tat von 192330 kann die Verwaltung die Mitwirkung der staatlichen Gewalt bei der Vollstreckung eines Urteils nämlich aus Gründen der öffentlichen Ordnung verweigern, wenn sonst „troubles graves" entstünden; sie muß dem Vollstreckungsgläubiger dann allerdings eine Geldentschädigung zah­ len31. Die Gerichte reagierten auf diesen „declin de la formule executoire“32 mit dem verstärkten Gebrauch der astreinte definitive in Räumungssachen33. 34 Ein Gesetz vom 21. Juli 194934 machte dem jedoch durch die Bestimmung, daß die astreinte

Nr. 16; WEIL/TERR Nr. 835; kritisch conseiller Lacoste in seinem Bericht zu Cour de cassation (soc.) 28.3.1950, D. 1950 Jur. 377 (378); Esmein folgend jedoch etwa Laborde-Lacoste 26 Nr. 32; Meurisse, Gaz.Pal. 1948, 2 Doctr. 11, und teilweise auch FRJA ville, D. 1949 Chr. 1 und Vizioz, J.C.P. 1948.1.689 Nr. 5. Vermittelnd mit eigener Begründung E.Gaudemet 355-356. Zu den Versuchen der Begründung der astreinte mit Art. 1036 Cpc meinte in Belgien Generalanwalt Leclercq in seinen Schluß anträgen zu Cour de cassation 10.3.1932, Pas. 1932.1.98 (103): „C’est detourner l’article 1036 de son sens et de sa portee“. 28 Planiol/Ripert, Traite elementaire II Nr. 210; Vizioz, J.C.P. 1948 I 689 Nr. 4 erklärte den Weg der Herleitung der astreinte aus den Regeln über den Schadenersatz für eine „Sackgas­ se“. 29 Vizioz, J.C.P. 19481689 Nr. 1. 30 Conseil d'tat 30.11.1923 (Couiteas), Rec.Lebon 789 = D. 1923.3.59; Conseil d'tat 3.6.1938 (Societe La Cartonnerie et Imprimerie de Saint-Charles)y D.P. 1938.3.65 m.Anm. Apple­ ton. Es muß ein „motif tire des necessites de l’ordre public“ vorliegen, Conseil d'tat 22.1.1943 (Braut), D.C. 1944 Jur. 87 m.Anm. G.B.. Sehr instruktiv zu diesem Problemkreis H^braud, Rev.int.dr.comp. 9 (1957) 171 (193ff.). 31 Artet Couiteas, ebd. Die Entschädigung geht im wesentlichen auf den entgehenden Mietzins, aber erst ab dem Zeitpunkt, zu dem eine der Verwaltung zuzubilligende Entschei­ dungsfrist abgelaufen ist, H^braud, Rev.int.dr. comp. 9 (1957) 171 (195), der diese Entschädi­ gung für unzureichend hält (es gebe nicht mehr als eine „indemnisation derisoire“). Tallon, J.Trib. (Brux.) 1985, 601 (603) bemerkt, letztlich werde die Miete bedürftiger Mieter so aus Steuermitteln gezahlt. Allgemein zu diesen Fällen Gabolde, D.H. 1955 Chr. 77. Zur Pro­ blematik neuerdings Favoreu in Trav.Assoc. Capitant 36 (1985) 609 f.; danach hat allein die Stadt Paris im Jahr 1984 wegen der Nichtvollstreckung von Räumungstiteln 12,6 Millionen Francs Entschädigung zahlen müssen. 32 „Le declin de la formule executoire et les reactions des tribunaux“ lautete der Titel eines von FRJA ville im Jahre 1950 veröffentlichten Aufsatzes in: Le droit prive franais au milieu du XXe siede, tudes offertes ä Georges Ripert, tome 1214. 33 Colin/Capitant II526 Nr. 944; FRJA ville, D. 1949 Chr.l (2 Nr. 2) meint allerdings, vor allem die Verhängung einer astreinte provisoire im refere-Verfahren habe sich als effizient erwiesen. Für den vermehrten Gebrauch der astreinte definitive Meurisse, Gaz.Pal. 1948, 2 Doctr. 11. 34 Siehe dazu unten II 3 - kritisch zu dieser Gesetzgebung HAMIAUT/PPIN, Gaz.Pal. 1949 II

in Räumungssachen immer komminatorischen, d. h. provisorischen, Charakter hat, ein Ende. Es entschärfte die in solchen Fällen verhängte astreinte noch weiter durch die Anordnung, daß sie nur in Höhe des tatsächlich erlittenen Schadens liquidiert werden dürfe. Bereits etwas früher hatte Frejaville eine neue Theorie der astreinte entwickelt: Es handele sich bei ihr um eine an den Schuldner gerichtete Warnung, daß der von ihm, wenn er nicht in der vorgeschriebenen Frist erfüllt, zu leistende Schadensersatz nach einem provisorisch je Verzugstag festgelegten Satz streng berechnet werde35. Die astreinte definitive sei abzulehnen36. Von den Regeln des Gesetzes vom 21. Juli 1949 erwartete Frejaville dann, daß sie verallgemeinert würden37; und in der Tat setzte nun ein „recul immediat“ der Rechtsprechung ein38. Es begann die „Krise der astreinte“39. 40 So entschied die Zweite Zivilkammer der Cour de cassation am 27.2.195340, daß der Betrag, zu dem eine astreinte liquidiert wird, den dem Gläubiger durch die verzögerte Erfüllung entstandenen Schaden darstellt. Auch wenn damit die astreinte defini­ tive nicht ausdrücklich verworfen wurde, so wurden so doch beide Arten der astreinte in der Phase der Liquidation an den tatsächlich erlittenen Schaden gebunden; sie verloren damit den größten Teil ihrer Effektivität41. Wenn auch nicht ganz ohne Recht gesagt werden konnte, daß diese Entschei­ dung lediglich das Recht der astreinte vereinheitlicht habe - und zwar entspre­ chend der nachsichtigen Konzeption des Gesetzes vom 21. Juli 194942 - so wurde sie dennoch vielfach kritisch aufgenommen43.

Doctr. 30: Man hätte der Vollstreckungsklausel den ihr innewohnenden Wert zurückgeben sollen. 35 Frejaville, D. 1949 Chr. 1 (2 und 4). 36 FrEjaville, D. 1949 Chr. 1 (3-4); auch ders., J.C.P. 1949.1.792 sub. 2.1°: „L’astreinte definitive est un non-sens“. 37 FrEjaville, J.C.P. 1949.1.792 Nr. 6. 38 P.Mazeaud, J.C.P. 1957.11.10118; s.a. Rassat, J.C.P. 1967.1.2069 Nr. 6; vgl.a. Starck/ Roland/Boyer Nr. 2288. 39 FrEjaville, J.C.P. 1951 Doctr. 910 Nr. 18; Rassat, ebd. Nr. 3, 6; Carbonnier, IV 647 Nr. 145. 40 Cour de cassation (2e civ.) 27.2.1953, S. 1953.1.196. 41 Tunc 401 Nr. 5 und 6; er fragt dort Nr. 5: „N'tait-ce pas un sabre de bois, ou un „tigre de carton“ avec au cou, derision supreme, un grand ecriteau: „en carton“?“, meint, da mit der Schadensersatzfestsetzung immer ein gewisses Ermessen verbunden sei, aber: „l'astreinte etait bien devenue un sabre de bois. Mais, avec un sabre de bois, on peut au moins appliquer ä quelqu’un une energique bastonnade“. 42 Anonyme Anm. S. 1953.1.196 a.E. 43 Detailliert P.Mazeaud,J.C.P. 1957.11. 10118.

Eine Entscheidung vom 20. Oktober 195944 brachte jedoch eine Wende der Rechtsprechung und legte damit auch den Grundstein für die gesetzliche Rege­ lung vom 5. Juli 1972. Eine Elektrizitätsgesellschaft war 1954 unter Auferlegung einer astreinte zur Beseitigung gewisser Einrichtungen verurteilt worden. Mangels Erfüllung wurde dreimal eine astreinte von 10.000 F pro Tag und drei Monaten Laufzeit verhängt. Gegen die Entscheidung44 45, mit der - unter Auferlegung einer neuen astreinte - die dritte astreinte auf 900.000 F liquidiert wurde, legte die Gesell­ schaft Kassationsbeschwerde ein. Sie berief sich darauf, daß der Richter ver­ pflichtet sei, bei der Liquidation der astreinte den dem Gläubiger entstandenen Schaden nicht zu überschreiten; dieser Schaden müsse zur Begründung der Verurteilung auch festgestellt werden. Die Erste Zivilkammer46 der Cour de cassation verwarf diese Rüge; die astreinte provisoire sei eine mesure de contrainte entierement distincte des dommages-interets, et qui n’est en definitive qu’un moyen de vaincre la resistance oppose ä l’execution d’une condamnation.

Ihr Zweck sei es nicht, für den durch die Verzögerung entstandenen Schaden zu entschädigen; sie sei vielmehr normalement liquidee en fonction de la gravite de la faute du debiteur recalcitrant et de ses facultes.

Das „Schicksal der ganzen Institution der astreintes“47 48 war damit gewendet; die neue Linie der Rechtsprechung wurde in anderen Entscheidungen bestä-

tigt48 Über die Natur der astreinte definitive herrschte jedoch noch Unklarheit49. Statt die Grundsätze der Entscheidung vom 20. Oktober 1959 auch auf die astreinte definitive zu übertragen, ging die Cour de cassation weiterhin von einer schadensersetzenden Natur dieser astreinte aus50. 44 Cour de cassation (le civ.) 20.10.1959, Bull.civ. I Nr. 419 S. 347; Verwerfung der Kassa­ tionsbeschwerde gegen Cour d’appel Riom 10.12.1956, J.C.P. 1957.11.10118 mit Bemerkun­ gen P.Mazeaud. 45 Cour d’appel Riom 10.12.1956, J.C.P. 1957.11.10118 mit Bemerkungen P.Mazeaud; zu dieser Entscheidung auch Julian, acceleration 172-174. 46 A.a.O. 47 Holleaux in seiner vielbeachteten Anmerkung zu dieser Entscheidung in D. 1959 Jur. 537. 48 Cour de cassation (le civ.) 20.1.1960, Bull.civ. I Nr. 42 S. 33; 12.7.1960, D. 1960 Somm. 95; 17.1.1961, Bull.civ. I Nr. 40 S. 32; 5.11.1963, Bull.civ. I Nr. 476 S. 403; 17.3.1965, Bull.civ. I Nr. 195 S. 143; ausführlich Denis, Astreinte 160ff. Nr. 126-128. 49 Vgl. Tunc 403, 404 Nr. 9. 50 Cour de cassation (soc.) 24.2.1960, D. 1960 Somm.80 („une astreinte non comminatoire, laquelle s’analyse en dommages-interets“); Cour de cassation (2e civ.) 10.5.1962, Bull.civ. II Nr. 425 S. 301; Cour de cassation (le civ.) 30.6.1964, Bull.civ. I Nr. 353 S. 273; Cour de cassation (le civ.) 17.2.1965, Bull.civ. I Nr. 139 S. 103; Cour de cassation (com.) 6.10.1966,

Allerdings betonte die Cour de cassation, daß die Tatrichter den Schaden souverän veranschlagen, und daß dessen Existenz durch die so vorgenommene Bemessung ausreichend nachgewiesen ist51.

7. Ansätze zur gesetzlichen Regelung

Im Rahmen der Arbeiten zur Reform des Code de procedure civile wurde schon in den 50er Jahren eine gesetzliche Regelung der astreinte erwogen. Der 1954 veröffentliche Teilentwurf52 sah in dem das refere-Verfahren betreffenden Art. 93 einen Abs. 2 über die astreinte vor53; diese astreinte sollte an die Staats­ kasse fallen54. Art. 80 des Dekrets vom 9. September 1971 und der nachfolgende Art. 491 Abs. 1 des Nouveau Code de procedure civile gestatteten dann zwar ausdrück­ lich die Verhängung einer astreinte im refere-Verfahren, eine grundlegende Regelung erfolgte aber erst mit dem Gesetz vom 5. Juli 1972, durch das die astreinte ihren „lettre de noblesse legislative“55 erhielt. Entgegen anderslauten­ den Vorschlägen sind die Grundzüge dieser Regelung der astreinte schließlich durch das Gesetz zur Reform der Zwangsvollstreckungsverfahren vom 9. Juli 1991, das am 1. August 1992 in Kraft tritt, unberührt gelassen worden56. Mit ihrer Erstreckung auf den Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das Gesetz vom 16. Juli 1980 trug die astreinte ferner zum „Fortschritt des Rechts­ staats“ bei57.

Bull.civ. III Nr. 382 S. 335. Vgl.a. Bore, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 19; Boyer, J.-CI. proc.civ. Fase. 518-3 Nr. 1 in fine. 51 Cour de cassation (le civ.) 30.6.1964, Bull.civ. I Nr. 353 S. 273; Cour de cassation (com.) 6.10.1966, Bull.civ. III Nr. 382 S. 335. 52 Commission de reforme du Code de procedure civile, Projet portant revision du code de procedure civile, 7, 43. 53 Frühere Entwürfe enthielten eine allgemeine, nicht nur auf das refere-Verfahren bezogene Regel, die das Zwangsgeld als „amende civile“ bezeichnete, vgl. Cuneo 458 Nr. 593; Kayser, Rev.trim.dr.civ. 51 (1953) 209, 245 N. 155; Hebraud, Rev.int.dr.comp. 9 (1957) 170, 189-190. 54 Gegen diese Lösung Hebraud, ebd. 190; dafür hingegen Julian, acceleration 175 f. Siehe auch noch unten § 10II. 55 Chabas, D. 1972 Chr. 271; BOR, collaboration 274 Nr. 2 sagt treffend: „Utilit fit loi.“ 56 Loi no. 91-650 du 9 juillet 1991 portant reforme des procedures civiles d’execution, J.O. 1991, 9228 vom 14.7.1991, Artt. 33-37; zum Teil anders vorher das Projet de loi no. 888 portant reforme des procedures civiles d’execution vom Sommer 1989. Über die Kommission zur Reform des Vollstreckungsrechts siehe auch die Information Rev.jur.Als.Lorr. 66 (1986) III 142-144 und die Studie Voies d’execution: du droit local au droit general: Revjur. Als.Lorr. 69 (1989) 181-182. 57 So der Obertitel des Aufsatzes von Bon, R.D.P. 1981, 5 (51).

II. Allgemeines Recht des Zwangsgeldes in Zivilsachen 1. Grundlagen, Anwendungsbereich und Begriff

Mit dem Gesetz Nr. 72-626 vom 5. Juli 197258 wurde die astreinte auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage gestellt. Der Gesetzgeber hat damit kaum juristisches Neuland erschlossen59; vielmehr war es sein erklärtes Ziel, die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze zu bestätigen und fortzu­ entwickeln60. Die Neuregelung von 1991 bringt wenig Veränderung. Die Regelung des Gesetzes von 1972 - und künftig von 1991 - stellt heute das allgemeine Recht („droit commun“) des Zwangsgeldes in Zivilsachen dar. Sie gilt nicht nur im gewöhnlichen Zivilprozeß vor den allgemeinen Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit61, sondern auch im Verfahren vor dem Tri­ bunal de commerce62, dem in Arbeitsrechtssachen zuständigen Conseil de prud’hommes63, 64 dem über Landpachtsachen entscheidenden Tribunal paritaire de baux ruraux64 sowie der Commission de scurit sociale65 und im Adhä­ sionsprozeß66. Auf eine Definition des Begriffes der astreinte wurde in den Gesetzen von 1972 und 1991 verzichtet. Vielmehr setzen Artikel 5 bzw. 33 der Gesetze den Begriff voraus, indem sie einfach bestimmen, daß die Gerichte - auch von Amts wegen - eine astreinte anordnen können, um die Erfüllung ihrer Ent­ scheidungen sicherzustellen67. Die Cour de cassation aber hat die astreinte wiederholt als „ergänzende und 58 Loi no. 72-626 du 5 juillet 1972 instituant un juge de l’execution et relative ä la reforme de la procedure civile, J.O. 1972, 7181 vom 9.7.1972; eine kleine Änderung erfolgte durch die loi no. 75-596 du 9 juillet 1975 portant diverses dispositions relatives ä la reforme de la procedure civile, J.O. 1975, 7076 vom 10.7.1975. 59 Foyer, J.O. Deb.pari.Ass.nat. 1971-1972, 2803 sprach davon, es gehe darum „de fixer definitivement les traits d’une mesure que la jurisprudence .. . a mise au point“. 60 „Le legislateur legalise l’astreinte judiciaire, mais on ne peut pas dire qu’il Forganise'', meint BOR, collaboration 297 Nr. 62. 61 Bei den Zivilgerichten wird zwischen „juridictions de droit commun“ und „juridictions d’exception“ unterschieden, vgl. Vincent/Montagnier/Varinard 180 Nr. 156, 199 Nr. 182. Zu den letzteren zählt auch das tribunal d’instance, dies. 199 Nr. 182, das ebenfalls eine astreinte verhängen kann, Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 28 - nach Cour d’appel Paris 10.4.1990, D. 1990 IR. 121 allerdings nicht im Verfahren der injonction de faire gemäß Art. 1425-8 N.c.p.c. 62 Cour de cassation (2e civ.) 14.11.1979, Bull.civ. II Nr. 260 S. 180; Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 32. 63 Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 34; speziell hierzu Pautrat/Le Roux-Cockeril 261 Nr. 552; kurzer allgemeiner Vergleich der französischen und deutschen Arbeitsgerichts­ barkeit bei Kraushaar, NZA 1987, 761-765. 64 Boyer, ebd. 65 Boyer, ebd. 66 Cour de cassation (crim.) 5.6.1979, J.C.P. 1979.IV.262; Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 37-40. 67 „Tout juge“ sagt Art. 33 Abs. 1 Gesetz 91-650.

eventuelle Zahlungsverurteilung, die dazu dient, vom Schuldner die Erfüllung einer Verbindlichkeit zu erlangen“68, bestimmt. Mit der Definition der Cour de cassation ist zunächst klargestellt, daß es sich bei der astreinte um ein Zwangsgeld handelt, das auf den Willen des Schuldners ein wirken soll (sog. caractere comminatoire)69. Um eine „ergänzende Verurteilung“ handelt es sich, weil sie nur zur Erzwin­ gung der Erfüllung einer anderen Verbindlichkeit, zu der der Schuldner gleich­ falls verurteilt wird, erfolgen kann. Diese andere Verurteilung, die mittels der astreinte durchgesetzt werden soll, wird Hauptverurteilung („condamnation principale") genannt. Besteht keine Verbindlichkeit, die eine Hauptverurteilung gestattet, so kann auch keine astreinte ausgesprochen werden70. Die astreinte ist jedoch nur ein indirektes Beugemittel und wird nicht als Mittel der Zwangsvollstreckung (voie d’excution) angesehen71. Ihre einzelnen Merkmale zeigen interessante Unterschiede zum deutschen Recht.

2. Merkmale der astreinte a) Begünstigter

Daß die astreinte als „Zahlungs verurteilung“ bezeichnet wird, weist auf eines ihrer Charakteristika hin, das im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt ist: Der durch die Zahlungsverurteilung Begünstigte, der Empfänger des Zwangsgel­ des, ist der Gläubiger72 bzw. obsiegende Kläger73. Die astreinte ist also eine Privatstrafe74. 68 „Une condamnation pecuniaire accessoire et eventuelle qui tend ä obtenir du debiteur l’execution d’une Obligation.“ So Cour de cassation (3e civ.) 20.4.1982, Bull.civ. III Nr. 96 S. 67 und Cour de cassation (2e civ.) 14.11.1979, Bull.civ. II Nr. 260 S. 180. 69 Anschaulich sagte Meurisse, Gaz.Pal. 1948,2 Doctr.ll: „c’est une menace, une pe de Damocles qui pese sur le debiteur“. 70 BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 27; Boyer, J.-CI. proc. civ. Fase. 518-1 Nr. 17. Vgl. auch Cour de cassation (2e civ.) 21.4.1982, Bull.civ. II Nr. 62 S. 44: Die Ausstellung eines Scheide­ briefesjüdischen Rechts (Guett) durch den Ehemann nach der Scheidung ist eine „simple faculte relevant de sa liberte de conscience“ und kann daher nicht durch Verhängung einer astreinte erzwungen werden; näher dazu unten § 8III2. 71 BOR, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 41; Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-1 Nr. 13 und 14; Carbonnier 642; Chabas, J.-CI. civ. Art. 1146-1155, Fase. VIII (6e cahier) Nr. 57; Donnier 38 Nr. 73; Starck/Roland/Boyer Nr. 2243, 2248, 2272; anders aber Trib.gr.inst. ClermontFerrand 7.6.1984, Gaz.Pal. 1985, 1 Somm. 171. 72 Vgl. nur Chabas, D. 1972 Chr. 271; Carbonnier 642, 647; WEILL/TERR Nr. 834. Näher dazu unten § 10. 73 So Starck/Roland/Boyer Nr. 2517. 74 BOR, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 63; Chartier Nr. 767; MALAURIE/AYNs 454 Nr. 641; Mazeaud/Mazeaud/Chabas 912 Nr. 507-13; Viney 11, 15 Rz. 6; anders bei der Klage von Verbraucherverbänden im Adhäsionsprozeß nach Art. 4 Abs. 3 S. 3 der Loi no. 88-14 du 14 janvier 1988 relative aux actions en justice des associations agrs de consommateurs et ä l’information des consommateurs, J.O. 1988, 219. Unter diesem Gesichtspunkt zur astreinte GROßFELD 22-35. Kritisch allerdings Viot-Coster 135-141.

Die Initiatioren des Gesetzes von 1972 hatten zwar vorgesehen, den Ertrag der astreinte je zur Hälfte zwischen der Staatskasse und dem Gläubiger aufzu teilen75; dieser Vorschlag ist jedoch am Widerstand des Senats gescheitert, der es bei der traditionellen alleinigen Begünstigung des Gläubigers belassen wollte76. Das Projet de loi no. 888 vom Juli 1989 sah dann vor, daß der Richter einen Teil des Ertrags der astreinte dem Nationalen Sozialfonds zu weisen kann, doch wurde dies wiederum vom Senat abgelehnt77.

b) Ergänzende Verurteilung Eine „ergänzende“ Verurteilung ist die astreinte nicht nur deshalb, weil sie eine Hauptverurteilung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit voraussetzt. Üb­ licherweise wird die astreinte auch bereits zusammen mit der Hauptverurteilung ausgesprochen. Eine astreinte kann jedoch auch erst später - sei es zum ersten Mal78, sei es wiederholt79 - ausgesprochen werden80. Auch im Berufungsrechts­ zug kann eine astreinte noch zum ersten Mal gefordert und ausgesprochen werden81.

c) Eventuelle Verurteilung

Als „eventuelle“ Verurteilung wird die astreinte bezeichnet, weil das angeord­ nete Zwangsgeld nur zu zahlen ist, wenn die Hauptverurteilung später nicht beachtet wird - und auch dies nur nach einer weiteren, das Zwangsgeld in seiner endgültigen Höhe festsetzenden gerichtlichen Entscheidung, der sogenannten „liquidation“82. Bei der astreinte des französischen Rechts sind also stets zwei Stadien zu unterscheiden: Ausspruch („prononce“) und Festsetzung („liquida­ tion“) des Zwangsgeldes. Das Gesetz vom 5. Juli 1972 enthält hierüber einige Regeln: Nach Art. 7 des Gesetzes erfolgt die „liquidation“ im Fall der gänzlichen 75 P.Mazeaud, J.O. Deb. pari. Ass. nat. 1971-72, 2804; s. a. die Debatte ebd. 3013f., 3095f. 76 Siehe Le Bellegou und Monnerville, J.O. Deb.pari. Senat 1971-72, 1367f, 1372, 1425, 1455; ausführlich zum Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens BOR, collaboration 298-301, Nr. 63-66; Denis, Astreinte 247 ff. Nr. 174-176. 77 Art. 36 Abs. 2 des Projet de loi no. 888 und dazu Rapport Thyraud (no. 271) 51,108 sowie J.O. Deb.pari.Senat 1989-90, 844-847 und dann Rapport Catala (no. 1557) 40 sowie J.O. Deb. pari. Ass. nat. 1990-91, 1744. 78 Cour de cassation (2e civ.) 9.5.1988, Bull.civ. II Nr. 108 S. 58; Trib.gr.inst. Grenoble 23.5.1984, Gaz.Pal. 1985,1 Somm. 32; Boyer, J.-CI.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 28. 79 Vgl. BOR, collaboration 290 Nr. 39; ders., Rep. civ. v° Astreintes Nr. 75: Erhöhung für die Zukunft ist zulässig. 80 Ausdrücklich Art. 33 Abs. 2 Gesetz Nr. 91-650. 81 BoR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 123; Boyer, J.-CI.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 35, 63; Mazeaud/Mazeaud/Chabas III Nr. 2507-10. Früher war zweifelhaft, ob es sich nicht um eine verbotene „demande nouvelle" - heute Art. 564 N.c.p.c. - handele. 82 Vgl. Bore, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 45. Llorens, Annal.Fac.sc.soc.Toulouse 29 (1981) 147 (207) definiert die „liquidation“ als „den Rechtsakt, durch den der Richter die endgültige Höhe des Zwangsgeldes bestimmt und der verurteilten Partei dieses zu zahlen aufgibt“.

oder teil weisen Nichterfüllung oder der Verspätung mit der Erfüllung83. Sie ist daher möglich, wenn schließlich die Leistung erbracht worden oder eine gesetzte Frist abgelaufen ist; sie kann aber auch schon dann erfolgen, wenn der Schuldner nur weiterhin im Verzug ist (sog. „liquidation partielle“)84, doch ist sie bei der „astreinte provisoire" dann nur provisorisch85. Die Cour de cassation hat in den letzten Jahren mehrfach entschieden, daß die astreinte vor ihrer Liquidation noch keinen vollstreckbaren Titel darstellt und also noch nicht beigetrieben werden kann86. d) Astreinte als Ausfluß der richterlichen Machtbefugnis

Artikel 5 bzw. 33 der Gesetze geben den Gerichten die allgemeine Befugnis, eine astreinte anzuordnen, und zwar auch von Amts wegen87. Dies zeigt, daß die astreinte nicht allein der Verwirklichung des Anspruches dient, der den Gegen­ stand der Hauptverurteilung bildet, sondern auch der Sicherung der richterli­ chen Autorität88. Sie ist somit zugleich Ausdruck der neuen aktiven Rolle des Richters89. Sie zählt also eher zum Bereich der richterlichen Macht („impe­ rium“) als zu dem der Rechtsfindung („jurisdictio“)90.

e) Verhältnis zum Schadensersatz

Artikel 6 des Gesetzes von 1972 enthält Bestimmungen, die den Kern der damaligen Reform ausmachen: Artikel 6 Satz 1 sagt in knappen Worten, daß die astreinte vom Schadensersatz unabhängig ist. Wenn man die Geschichte der Institution der astreinte betrachtet91 und berücksichtigt, daß der Ertrag der astreinte dem Gläubiger zufließt, erkennt man die Bedeutung dieser Bestim­ mung; sie hat über das Verhältnis der astreinte zum Schadensersatz, aus dem diese entstanden war und mit dem sie oft vermengt worden ist, entschieden: Die astreinte ist selbständig. Dies verstärkt ihren Charakter als Beugemittel. Der Gesetzentwurf von 1989 enthielt zwar die gleiche Bestimmung - jetzt Art. 34 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 91-650 -, sah aber doch eine Änderung vor: Die dem 83 Unbestimmter Artt. 35, 36 des Gesetzes Nr. 91-650. 84 Bore, collaboration 288 Nr. 30-32. 85 So jedenfalls BOR, collaboration 288 Nr. 31. Dazu näher unten f). 86 Cour de cassation (2e civ.) 7.2.1985, D. 1985 Somm. 320; Cour de cassation (2e civ.) 18.2.1982, Bull.civ. II Nr. 25 S. 18; großzügig aber etwa Starck/Roland/Boyer Nr. 2283, 2284. 87 Daher kann auch eine höhere astreinte als beantragt verhängt werden, Cour de cassation (soc.) 10.1.1980, Bull. civ. V Nr. 36 S. 24. Näher dazu unten § 12III2. 88 Dies wurde auch bei der Beratung des Gesetzes von 1972 betont, vgl. Mazeaud, J.O. Deb.pari. Ass.nat. 1971-72, 2804; Pleven ebd. 2805. 89 Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 43; Frank, Anmerkung zu Cour de cassation (3e civ.) 26.4.1968, D.S. 1968 Jur. 526 (528); s.a. Julian, acceleration 174: „Jurisprudence de l’action“. 90 Carbonnier 647; s. dazu a. H^braud, Rev.int.dr.comp. 9 (1957) 170 (186). 91 Siehe dazu oben I.

Gläubiger gezahlte astreinte sollte auf dessen Schadensersatzanspruch angerech­ net werden92. Nationalversammlung wie Senat haben dies indes abgelehnt, um eine Konfusion über die Natur der astreinte als Zwangsmittel zu vermeiden93.

f) Provisorische und definitive astreinte Artikel 6 Satz 2 bzw. 34 Abs. 2 Satz 1 der Gesetze legen sodann fest, daß die gerichtlich verhängte astreinte zwei verschiedene Formen haben kann: Sie ist provisorisch oder definitiv. Hat das Gericht die Form der astreinte nicht be­ stimmt, so ist sie provisorisch94. Nach der 1992 in Kraft tretenden Neuregelung kann eine definitive astreinte nur nach vorherigem Ausspruch einer provisori­ schen astreinte und nur für eine gerichtlich bestimmte Zeitdauer verhängt werden95. Der Unterschied zwischen der provisorischen und der definitiven astreinte zeigt sich bei der „liquidation“ der astreinte96, die gemäß Artikel 7 des Gesetzes von 1972 „der Richter“97 „im Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichterfüllung oder der Verspätung mit der Erfüllung“ vornimmt. Gemäß Artikel 8 Absatz 1 kann die Höhe der definitiven astreinte bei der Liquidation durch den Richter nämlich nur verändert werden, wenn die Nicht­ erfüllung auf einem unabwendbaren Ereignis (cas fortuit) oder auf höherer Gewalt (force majeure) beruhte - Artikel 8 Absatz 2 hingegen bestimmt: „Es obliegt dem Richter, die provisorische astreinte zu verändern oder aufzuheben, und zwar selbst im Fall festgestellter Nichterfüllung. “ Auch Art. 36 des Gesetzes Nr. 91-650 zeigt den Unterschied deutlich98. Die Liquidation ist bei der definitiven astreinte meist also nur eine Rechenauf­ gabe99; man hat deshalb gefragt, ob dafür eine richterliche Liquidation über­ haupt erforderlich ist100, doch hat die Cour de cassation dies unter Hinweis auf 92 Art. 36 Abs. 1 Projet de loi no. 888, dazu ebd. S. 16f. Expose des motifs. 93 Rapport Catala (no. 1202) 77f, 152 und J.O. Deb. pari. Ass. nat. 1989-1990, 2.4.1990 S. 51-52 sowieJ.O. Deb.pari.Senat 1989-90, 844-845 und Rapport Catala (no. 1557) 39f. 94 Art. 6 Satz 3 bzw. Art. 34 Abs. 2 Satz 2. 95 Art. 34 Abs. 3 Gesetz Nr. 91-650. 96 So auch Voirin(-Goubeaux) 500 Nr. 1035. 97 So seit dem Gesetz Nr. 75-596 vom 9. Juli 1975; in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 5. Juli 1972 bestimmte Artikel 7, daß „der Richter, der die astreinte angeordnet hat“, zu ihrer Liquidation schreiten „soll“ (doit). Nach Art. 35 des Gesetzes Nr. 91-650 ist grundsätzlich der Vollstreckungsrichter zuständig. 98 Die Bestimmung lautet: „Le montant de l’astreinte provisoire est liquide en tenant compte du comportement de celui ä qui l’injonction a t adressee et des difficultes qu’il a rencontrees pour l’executer. Le taux de l’astreinte definitive ne peut jamais etre modifie lors de sa liquidation. L’astreinte provisoire ou definitive est supprimee en tout ou partie s’il est etabli que l'inexcution ou le retard dans l’execution de l’injonction du juge provient, en tout ou partie, d’une cause etrangere. “ 99 Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-3 Nr. 12: „Une simple Operation mathematique. “ 100 Siehe etwa Boyer, J.-CI. proc. civ. Fase. 518-3 Nr. 12; Chabas, Rev.trim.dr.civ. 82 (1983) 337-338.

Artikel 7 des Gesetzes vom 5. Juli 1972, geändert durch Gesetz vom 9. Juli 1975, bejaht101, und Art. 35 des Gesetzes Nr. 91-650 bestätigt dies ausdrücklich. Bei der provisorischen astreinte hingegen steht erst mit der Liquidation fest, ob und in welcher Höhe ein Zwangsgeld tatsächlich zu zahlen ist. Bis dahin war die angeordnete provisorische astreinte nur eine - unter Umständen übertriebe­ ne - Drohung. g) Arbiträrer Charakter

Ob überhaupt ein Zwangsgeld angeordnet wird und zu welchem Zeitpunkt es zu laufen beginnt, welche Dauer es hat und auf welchen Betrag es lautet, steht im Ermessen des Richters102. Im Stadium ihrer Anordnung hat die astreinte daher stets einen arbiträren Charakter. Bei der provisorischen astreinte kann man auch im Stadium der „liquidation“ von einem arbiträren Charakter sprechen. Die Liquidation der provisorischen astreinte erfolgt, wie die Cour de cassation schon in der wegweisenden Entschei­ dung vom 20. Oktober 1959 festgestellt hatte, „in der Regel nach Maßgabe der Schwere des Verschuldens des widerspenstigen Schuldners und seiner Mit­ tel“103; 104 dasselbe gilt auch bisher unter der Herrschaft des Gesetzes vom 5. Juli 1972104 und ähnlich lautet auch Art. 36 Abs. 1 des Gesetzes von 1991. Der Richter verfügt damit über „eine fast totale Freiheit“105, zumal da er nicht zur Begründung seiner die astreinte herabsetzenden oder aufhebenden Entschei­ dung verpflichtet ist106 und diese Entscheidung, auch wenn sie begründet wor­ den ist, der Kontrolle der Cour de cassation nicht unterliegt107. Bei der definitiven astreinte bleibt hingegen im Stadium der „liquidation“ für eine arbiträre Entscheidung des Richters kein Raum108: Er hat grundsätzlich nur die Höhe des verwirkten Zwangsgeldes festzustellen109.

101 Cour de cassation (2e civ.) 18.2.1982, Bull.civ. II Nr. 25 S. 18. 102 Vgl. nur Bore, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 28ff.; Chartier 916 Nr. 778. 103 Cour de cassation (le civ.) 20.10.1959, Bull.civ. I Nr. 419 S. 347: „L’astreinte provisoire ... est normalement liquidee en fonction de la gravite de la faute du debiteur recalcitrant et de ses facultes ...“. S. auch schon oben 16. 104 Cour de cassation (com.) 28.5.1975, Bull.civ. IV Nr. 141 S. 117, dort wird allerdings auch die Berücksichtigung des Schadens des Gläubigers zugelassen; vgl. a. Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 91. 105 Bore, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 57. 106 Cour de cassation (3e civ.) 1.3.1983 (Boutigny ./. Societe civile Les Mas de la Garonne), SYDONI83-754/B04; Cour de cassation (3e civ.) 19.10.1976, Bull.civ. III Nr. 353 S. 269. 107 Cour de cassation (3e civ.) 1.3.1983, (vorige Note); zur souveränen Beurteilung durch den Tatrichter s.a. Cour de cassation (soc.) 24.11.1981, Bull.civ. V Nr. 634 S. 470; Cour de cassation (com.) 15.11.1967, Bull.civ. IV Nr. 369 S. 349; ferner Cour de cassation (3e civ.) 18.3.1987, Bull.civ. III Nr. 53 S. 32, und Cour de cassation (le civ.) 22.11.1988, Bull.civ. I Nr. 323 S. 219. 108 S. a. Bore, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 59. 109 So bereits oben f).

h) Universeller Charakter Ein weiteres Merkmal der französischen astreinte ist, daß die Rechtsprechung sie bei fast jeder Art von Verbindlichkeit benutzt, um die Erfüllung zu erzwin­ gen110. Zwar wird die astreinte vereinzelt111 unter Berufung auf eine ältere Entscheidung der Cour de cassation112 als „procede subsidiaire", also als subsi­ diäres Mittel bezeichnet, doch wird zugleich eingeräumt, daß die Rechtspre­ chung diese Regel nicht strikt befolgt. Sie kann im übrigen auch aus der genann­ ten Entscheidung wohl nicht hergeleitet werden; diese betraf nämlich in einem besonders gelagerten Fall die Frage, ob eine astreinte auch zur Erzwingung der Erfüllung einer Zahlungsverpflichtung verhängt werden kann. Dies ist aber gerade die Art von Verbindlichkeit, bei der die Anwendbarkeit der astreinte nicht unzweifelhaft ist113. Wohl ausgeschlossen ist die Anordnung einer astreinte bei gewissen Verbind­ lichkeiten höchstpersönlicher Art114, etwa der Verpflichtung einer Künstlerin, ein versprochenes Bild fertigzustellen115: Art. 1142 Code civil, demzufolge sich jegliche Verbindlichkeit, etwas zu tun oder zu unterlassen, im Fall der Nichter­ füllung durch den Schuldner in Schadensersatz auflöst, hat hier noch einen gewissen Anwendungsbereich116. i) Modalitäten

Die astreinte wird auch heute üblicherweise nach Zeiteinheiten - also etwa soundsoviel Francs je Tag - bemessen117. Gelegentlich118 wird daher vom „sukzessiven Charakter“ der astreinte gesprochen. Sie kann aber frühestens mit 110 Näher unten §7. Vgl. etwa die Zusammenstellungen von Anwendungsfällen bei BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 98ff.; Boyer, J.-CI.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 7f£; Chabas, J.Cl.civ. art. 1146-1155 Fase. VIII (6e cahier) Nr. 12ff. Vom „usage universel" der astreinte spricht Abuda 199. 111 MAZEAUD/MAZEAUD (-Chabas), Lemons Nr. 947; a.A. Jeandidier, Rev.trim.dr.civ. 74 (1976) 700, 707 Nr. 12; Starck/Roland/Boyer Nr. 2261 ff ; s. hierzu auch Viot-Coster 169-173. 112 Cour de cassation (com.) 17.4.1956, J.C.P. 1956.11.9330 m.Anm. Vellieux. 113 Kritisch: Abuda 271-273; Carbonnier IV 642 Nr. 144; Malaurie 774 Nr. 474; MalauRIE/AYNS 453 Nr. 640; Vincent/Montagnier/Varinard 133 Nr. 124 N. 46; vorsichtig MAZEaud/Mazeaud (-Chabas), Lemons 997 Nr. 948; dafür aber die heute überwiegende Meinung: BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 102; Chartier Nr. 776; Denis, Astreinte 24-26 Nr. 20; ders., Guide juridique v° Astreintes Nr. 3; Donnier 30 Nr. 53; Mazeaud/Mazeaud (-Chabas), Responsabilite III 899 Nr. 2507-2; WEILL/TERR Nr. 835; auch Cuneo 279-283 Nr. 371-375; Viot-Coster 190-193; näher dazu unten § 7II5. 114 Bore, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 106; Jeandidier, Rev.trim.dr.civ. 74 (1976) 700 (716 Nr. 26ff.); kritisch Boyer, J.-CI.proc.civ. Fase. 518-2 Nr. 13; ausführlich hierzu unten § 8. 115 Cour d’appel Paris 4.7.1865 (Rosa Bonheur J. Pourchet), S. 65.2.233; näher zu dieser Sache unten §8III3 a). 116 Carbonnier IV 645f. Nr. 145. 117 Vgl. Denis, Guide juridique v° Astreintes, definition; ders., Rep.proc.civ. v° Astreintes Nr. 1; Bore, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 1. 118 Starck/Roland/Boyer Nr. 2249.

der Zustellung der Entscheidung zu laufen beginnen119. Betrifft die Hauptverur­ teilung eine Unterlassung, so wird die astreinte jedoch vielfach je Zuwiderhand­ lung verhängt120. Der Ausspruch einer astreinte kann auch auf einen einheitli­ chen Gesamtbetrag lauten, doch ist dies ungebräuchlich121. j) Astreinte und refere-Verfahren

Ergänzt werden die Regelungen der Gesetze von 1972 und 1991 durch Art. 491 Abs. 1 des Nouveau Code de procedure civile122. Dieser bestimmt, daß eine Verurteilung zu einer astreinte auch im refere-Verfahren123 - einer Art Verfahren der einstweiligen Verfügung - ausgespochen werden kann, in diesem jedoch nur vorläufig liquidiert werden kann. Der juge des rfrs kann aber nicht nur eine provisorische, sondern auch eine definitive astreinte aussprechen124.

k) Astreinte und Schiedsgerichtsverfahren

Ob Schiedsgerichte eine astreinte verhängen können, ist nicht eindeutig ge­ klärt125. In einer Entscheidung vom 25. Juli 1882 hatte die Cour de cassation dies zwar zugelassen126, doch wurde die astreinte - wie gezeigt - damals noch nicht deutlich vom Schadensersatz getrennt. Viele erkennen auch heute Schiedsrich­ tern die Befugnis zu, eine astreinte zu verhängen127; andere meinen, der Schieds­ 119 Cour de cassation (3e civ.) 9.11.1976, Bull.civ. III Nr. 402 S. 305; Cour de cassation (soc.) 15.3.1979, Bull.civ. V Nr. 241 S. 172; Cour de cassation (3e civ.) 18.11.1980, Bull.civ. III Nr. 178 S. 133; Cour de cassation (3e civ.) 9.12.1980, Gaz.Pal. 1981,1 Panor. 115; Cour de cassation (3e civ.) 12.10.1982, Bull.civ. III Nr. 193 S. 144; Chartier 917 Nr. 779; a.A. Cour de cassation (soc.) 27.11.1980, Bull.civ. V Nr. 851 S. 629; Cour d’appel Paris 3.2.1976, Gaz.Pal. 1976,1 Somm. 172; Lobin 142 Nr. 22; unentschieden Donnier 34 Nr. 63. 120 Simler, J.-CI.civ. Art. 1136 ä 1145 Fasc.l Nr. 147; auch Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518­ 2 Nr. 45. 121 Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 45; Starck/Roland/Boyer Nr. 2249; als Beispiel s. etwa Cour de cassation (civ.) 5.7.1933, D.P. 1934.1.133, 140f. m.Anm. Silz ebd. 140 unter VII (astreinte von 70.000 Rupien, wenn nicht innerhalb des Monats des Urteils über die Verwaltung einer Erbschaft Rechnung gelegt wird). 122 Ähnlich vorher Art. 80 des Decret du 9 septembre 1971, J.O. 1971, 9076 vom 11.9.1971. 123 Siehe dazu allgemein etwa Blanc/Viatte I Art. 484 N. c.p.c. 124 Cour de cassation (2e civ.) 4.5.1977, Bull.civ. II Nr. 116 S. 81; Starck/Roland/Boyer Nr. 2273. 125 So wohl auch Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 36. Das Decret-loi du 12 novembre 1938 relatif ä la procedure de conciliation et d’arbitrage, B.L.D. 1938, 882 sah in seinem Art. 6 die astreinte vor, betraf aber nur besondere arbeitsrechtliche Spruchkörper; zur astreinte nach dieser Bestimmung zwei Entscheidungen der Cour superieure d’arbitrage vom 1.3.1939, Gaz.Pal. 1939,1 Jur. 647und 797. 126 Cour de cassation (civ.) 25.7.1882, S. 1883.1.345. 127 De BOISSSON 257-262 Rz. 306; Boyer, J.-CI. proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 36; Chabas, J.Cl.civ. Art. 1146-1155 Fase. VIII (6e cahier) Nr. 71; Jarosson, Droits 9 (1989) 107 (111); Lobin 139; Moitry/Vergne, Rev.arb. 1990, 917 (919); Starck/Roland/Boyer Nr. 2272; auch schon Kayser, Rev.trim.dr.civ. 51 (1953) 227 N. 80; ferner in ihren Dissertationen CUNo Nr. 513; Dauger 74 Nr. 78 lit. f; Viot-Coster 313 ff; auch Robert/Moreau in Rep.com. v° arbitrage

richtet könne, da seine Befugnisse nur auf der Schiedsabrede beruhten und er nicht über das „imperium" des Richters verfüge, eine astreinte nicht verhän­ gen128. Es wird auch gefragt, ob es überhaupt sinnvoll sei, einen Schiedsrichter eine astreinte aussprechen zu lassen, wenn er sie doch später nicht liquidieren kann129. Insgesamt scheint die astreinte als Mittel zur Durchsetzung von Schiedssprü­ chen in Frankreich heute keine große Rolle zu spielen130. Auch wird in den Schiedsordnungen eine Befugnis zur Verhängung einer astreinte, soweit ersicht­ lich, nicht ausdrücklich in Anspruch genommen131. Dennoch verhängen Schiedsgerichte zuweilen eine astreinte132. Diese kann jedoch erst dann wirksam werden und zu laufen beginnen, wenn der Schiedsspruch durch Exequatur vollstreckbar geworden ist133. Wegen der vorher verstrichenen Zeit ist eine liquidation nicht möglich134. Nur selten wird angenommen, daß der Gerichtspräsident, der einen Schieds­ spruch für vollstreckbar erklärt, zugleich eine astreinte verhängen dürfe135.

commercial Nr. 116, doch ohne Bezug auf die neue Regelung der astreinte; a.A. wohl dies., Rep.proc.civ. v° arbitrage Nr. 212. 128 So MOREAU/BERNARD 50 unter G 4; FRANSS-MAGRE 498 ff; RONDEAU-RIVIER, J.Cl.com. Fase. 220 Nr. 73; gegen eine schiedsrichterliche astreinte zur Erzwingung der Vorlage von Urkunden aus diesem Grund auch de BOrSsSON 150f. Nr. 194, 229 Nr. 262, 242 Nr. 280; Robert/Moreau 155 f. Nr. 175, 176, ausdrücklich auch für den Fall der Anordnung gegen eine Partei; s. auch Robert, D. 1980 Chr. 189 (193). 129 So Robert/Moreau 155 Nr. 175. 130 David, Arbitrage 492 ff. Nr. 401 nennt für die internationale Arbitrage verschiedene Druckmittel zur Durchsetzung der Schiedssprüche, sagt aber nichts über die astreinte. 131 Häufig wird vielmehr schlicht bestimmt, daß die Ausführung des Schiedsspruchs oder die Herbeiführung seiner Vollstreckung den Parteien obliege, siehe Art. 19 des Reglement de l’Association franaise d’arbitrage von 1988; Art. XX der Statuts et reglement de la Chambre arbitrale maritime de Paris von 1987; abgedruckt jeweils bei de BOISSSON 868, 899; sowie Art. 23 des Reglement de la Chambre arbitrale de Paris von 1980; Art. B 8 S. 2 des Reglement de la chambre arbitrale des cafes et poivres du Havre von 1982, abgedruckt ebd. (Vorauflage) 485 und 507. Die Ordnung des Schiedsgerichtshofes der Internationalen Handelskammer enthält in Art. 24 Abs. 2 eine Verpflichtung der Parteien zur Ausführung des Schiedsspruchs, abgedruckt ebd.1000. 132 Etwa Commission d’arbitrage de la Confederation generale des socits cooperatives ouvrieres de Production 16.1.1989, exequiert durch Cour d’appel Paris 26.4.1990 (Societe Sermap ./. Durand), unveröffentlicht; Commission d’arbitrage de la Chambre syndicale interde­ partemental des professions immobilieres de Paris et de l’Ile de France 7.11.1983, exequiert durch Cour d’appel Paris 12.2.1985, Rev.arbitrage 1986, 459; Centre d’arbitrage du ressort de la Cour d’appel de Rennes 4.7.1983, exequiert durch Cour d’appel Rennes 26.9.1984, Rev.arbitrage 1986, 441. 133 Cour d’appel Rennes 26.9.1984, Rev. arbitrage 1986, 441 (446). Ebenso wohl auch Cour d’appel Paris 26.4.1990 (vorige Note), wo es im Tenor heißt: „Dit que l’astreinte prononcee [durch das Schiedsgericht] prendra effet ä compter de la signification du present arret“. 134 Cour d’appel Rennes 26.9.1984 (vorige Note). 135 Dauger 74 Nr. 78 lit. f; FRANSS-MAGRE Nr. 500.

3. Sonderregelung für Räumungssachen Neben der allgemeinen Regelung der astreinte steht auch heute noch eine Sonderregelung, denn das Gesetz vom 5. Juli 1972 wie auch die Neuregelung von 1991 haben das Gesetz vom 21. Juli 1949136 über die astreinte in Räumungs­ sachen unberührt gelassen137. Dieses Gesetz hat drei Charakteristika: Es verbie­ tet die astreinte definitive, begrenzt die astreinte auf die Höhe des Schadens und regelt die Entlastungsgründe in besonderer Weise.

a) Charakteristika

Das Gesetz bestimmt in seinem Art. 1, daß eine in einer Räumungssache festgesetzte astreinte immer „komminatorischen" Charakter hat138 und nach Ausführung der Räumungsentscheidung zu revidieren und liquidieren ist; das heißt, eine definitive astreinte ist hier ausgeschlossen139. 140 Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes bestimmt, daß der Betrag der astreinte nach der „liquidation“ nicht die Höhe des tatsächlich verursachten Schadens über­ schreiten darf. Diese Vorschrift, die der bis zur Entscheidung der Cour de cassation vom 20. Oktober 1959140 allgemein angewandten Regel entspricht141, ist die wesent­ liche Bestimmung des Gesetzes vom 21. Juli 1949. Sie bindet die astreinte an die Höhe des Verzugsschadens; die astreinte stellt dadurch neben der ohnehin entstehenden Schadensersatzpflicht für den räumungsunwilligen Schuldner kein weiteres Übel dar; durch den Gesetzestext wird ihm dies auch vor Augen geführt. Es ist daher wohl zu Recht gesagt worden, daß diese Regelung die Effektivität der astreinte in Räumungssachen beinahe auf Null reduziere142. Neuerdings scheint die Cour de cassation dies allerdings durch Kumulation von

136 Loi no. 49-972 du 21 juillet 1949 donnant le caractere comminatoire aux astreintes fixes par les tribunaux en matiere d’expulsion et en limitant le montant, J.O. 1949, 7183; zum Hintergrund des Gesetzes schon oben I 5. 137 Ausdrücklich Cour de cassation (3e civ.) 16.1.1974, Bull.civ. III Nr. 19 S. 16; s. a. Cour de cassation (3e civ.) 18.11.1980, Bull.civ. III Nr. 177 S. 133. 138 „Astreinte comminatoire“ ist die alte Bezeichnung für die „astreinte provisoire“. 139 Cour de cassation (3e civ.) 16.1.1974, Bull.civ. III Nr. 19 S. 16; Cour de cassation (3e civ.) 11.3.1987, J.C.P. 1987.IV. 170; wenn eine Entscheidung, die unzulässigerweise dennoch eine definitive astreinte verhängt hat, rechtskräftig geworden ist, ist eine Aufhebung aber natürlich nicht mehr möglich, Cour de cassation (3e civ.) 5.10.1982, Bull.civ. III Nr. 189 S. 141. 140 Cour de cassation (le civ.) 20.10.1959, Bull.civ. I Nr. 419 S. 347; zu dieser Entscheidung schon oben II2 g) und 16. 141 S. etwa Bore, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 162. 142 Mazeaud/Mazeaud (-Chabas), Responsabilite III1 Nr. 2499-2: „C’est ä peu pres rduire ä neant l'efficacit de l’astreinte en matiere d’expulsion ... “. Bei insolventen Mietern hülfe sie ohnehin kaum, so auch Tallon, J.Trib. (Brux.) 1985, 601 (603).

in Schadenshöhe liquidierter astreinte und Schadensersatz unterlaufen zu wol­ len143. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 bestimmt dann, daß die vom Schuldner bei der Ausfüh­ rung der Entscheidung zu bewältigenden Schwierigkeiten zu berücksichtigen sind. Art. 2 Abs. 2 stellt klar, daß die astreinte nicht aufrechtzuerhalten ist, wenn der Wohnungsinhaber beweist, daß ein fremder, ihm nicht zurechenbarer Grund die Ausführung der Entscheidung verspätet oder verhindert hat.

b) Anwendungsbereich

Das Gesetz vom 21. Juli 1949 spricht von der Räumung durch den „occupant d’un local“. Es ist zwar im Fall der Landpacht nicht anwendbar144, erfaßt jedoch neben Wohnraum auch Geschäftsräume, soweit diese nicht einer anderen Son­ derregelung145 unterliegen. „Occupant“ im Sinne dieser Vorschriften ist jedoch nicht der bisherige Eigentümer, der das verkaufte Gebäude nicht übergibt146, oder die Eigentümerin, die ihre Wohnung unter Ausnutzung der Abwesenheit ihrer Mieterin unberechtigt wieder in Besitz genommen hat147. Auch hindert Art. 1 des Gesetzes vom 21. Juli 1949 nicht den Ausspruch einer definitiven astreinte gegen die Eigentümer eines verpachteten Gebäudes, um diese zu bewe­ gen, ihrer Lieferpflicht gegenüber dem Pächter auch bezüglich einer unberech­ tigt einem Dritten vermieteten Wohnung in dem Gebäude nachzukommen148.

III. Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung 1. Grundlagen

Die astreinte kann auch in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwal­ tung wichtig sein. Soweit die Verwaltung privatrechtlich gehandelt hat („ge­ stion privee“) oder ein Eingriff in die Grundfreiheiten oder das Privateigentum geltend gemacht wird, sind die ordentlichen Gerichte zuständig; in den anderen Fällen ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben149. 143 Cour de cassation (2e civ.) 6.12.1989, Bull.civ. II Nr. 215 S. 112; Bihr, D. 1990 Somm. 312 f. nennt diese Entscheidung zu Recht überraschend und versucht sie zu interpretieren. 144 Bore, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 155; Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase.518-2 Nr. 101. 145 Vgl. die neue Fassung des Art. 20 des decret no. 53-960 du 30 septembre 1953 reglant les rapports entre bailleurs et locataires en ce qui concerne le renouvellement des baux ä loyer d’immeubles ou de locaux ä usage commercial, industriel et artisanal, J.O. 1953, 8618, durch Art. 7 der loi no. 57-6 du 5 janvier 1957, J.O. 1957, 355. 146 Trib.gr.inst. Dieppe 9.7.1975, D. 19761.R. 298. 147 Trib.civ. Grenoble 20.3.1950, D. 1950Jur. 293 m.Anm. 148 Cour de cassation (3e civ.) 12.5.1975, Bull.civ. III Nr. 167 S. 128. 149 Zu den Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte und der Abgrenzung Moreau, Guide juridique v° Competence administrative.

Mit Ausnahme des Zwangsgeldes, das zugunsten der Verwaltung von einem ordentlichen Gericht gegen einen Privaten verhängt wird, gelten in diesen Fällen für das Zwangsgeld einige Sonderregeln.

2. Zwangsgelder der Zivilgerichte gegen die Verwaltung

Die Frage, ob die Zivilgerichte eine astreinte auch gegen die öffentliche Verwaltung aussprechen können, übergeht das Gesetz vom 5. Juli 1972 mit Stillschweigen150. Es ist jedoch anerkannt, daß die Zivilgerichte, soweit sie für einen Rechtsstreit gegen die Verwaltung zuständig sind, auch befugt sind, dieser eine astreinte aufzuerlegen151. Soweit die Zivilgerichte zuständig sind, weil die Verwaltung privatrechtlich gehandelt hat (gestion privee), ist diese Zwangsmittel-Kompetenz wohl unbe­ schränkt152. Bei Zuständigkeit wegen eines Angriffs auf die Grundfreiheiten und das Privateigentum wird ein Zwangsgeld hingegen nur verhängt werden können, wenn sich die Verwaltung einer „voie de fait“ - also einer Handlung, die offensichtlich nicht von ihren gesetzlichen Befugnissen gedeckt ist153 - schuldig gemacht hat154. 155 Allerdings ist zu beachten, daß nach dem Satz „l’ouvrage public mal plante ne se detruit pas"155 die Verurteilung zur Zerstörung eines unberech­ tigt errichteten öffentlichen Bauwerks156 oder zur Herausgabe des betreffenden 150 BOR, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 113; auch das Gesetz vom 16. Juli 1980 - dazu unten 5. regelt diese Fälle nicht, vgl. P. Delvolve, EDCE 1983-1984, 111 (123 Nr. 25), der eine entsprechende Ergänzung fordert, und Llorens, Annal.Fac.sc. soc. Toulouse 29 (1981) 147 (203f). 151 Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (96 Nr. 4-5); Boyer, J.-CI.proc.civ. Fase. 518-1 Nr. 14 und Fase. 518-2 Nr. 20, 21; Marty/Raynaud II 1 S. 695 Nr. 672; Starck/Roland/ Boyer Nr. 2274; - nach Tercinet, A.J.D. A. 1981, 3 (9 N. 47) gilt hierbei nicht das Gesetz vom 5.7.1972, da dieses nur die astreinte in Zivilsachen regelt. 152 Le Berre, A.J.D. A. 1979, 14 (16); Bon, R.D.P. 1981, 5 (33); Pacteau 350 Nr. 399; anders wohl die in N. 154 am Ende Genannten. Als Fallbeispiele s. Cour de cassation (le civ.) 19.3.1958 (Radiodiffusion ./. epoux Rolland), Bull.civ. I Nr. 159 S. 124 und Trib.gr.inst. Nanterre 10.2.1988 (Gardedes Sceaux, Administration des Domaines J. soc. Igla), Gaz.Pal. 1988,2Jur. 509 mit Anm. Plouvin. 153 Vgl. zu diesem Begriff Barraine 501 v° voie de fait (D. A.); BOR, Rep.civ. v° Astreintes Nr. 114; Vocabulaire juridique v° voie de fait 2. 154 Tribunal des conflits 17.6.1948 (Manufacture de Velours et peluches et soc. Velvetia ./. ^tat), Rec.Lebon 513; ausführlich Le Berre, A.J.D.A. 1979, 14 (16f); Bon, R.D.P. 1981, 5 (33); P.Delvolve, EDCE 35 (1983-1984), 111 (123 Nr. 25, 127 Nr. 31). Allgemein und damit auch für die Fälle der „gestion privee“ mit dieser Einschränkung: BOR, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 112ff.; de Laubad^re/Venezia/Gaudement I Nr. 1068; wohl auch Mazeaud/Mazeaud/ Chabas, Responsabilite III 900 Nr. 2507-3 N. 2; weitergehend Boyer, J.-CI.proc. civ. Fase. 518-2 Nr. 20. 155 Dazu Di Qual, J.C.P. 1964.11.1852. 156 Eine Ausnahme gilt allerdings für Stromleitungsanlagen, auf die dieser Satz keine An­ wendung findet, vgl. die in der folgenden Note Genannten; kritisch jedoch Di Qual, J.C.P. 1964.11.1852 Nr. 20.

Grundstückes ausgeschlossen ist und insoweit also auch keine astreinte verhängt werden kann157.

3. Regelung für den Verwaltungsprozeß Für die astreinte im Verwaltungsprozeß158 wurde durch das Gesetz Nr. 80-539 vom 16. Juli 1980159 eine Teilregelung geschaffen, die einige interes­ sante Besonderheiten aufweist. a) Astreinte gegen Private

Die Frage, ob und wann im Verwaltungsprozeß eine astreinte gegen Private verhängt werden kann, wird durch das Gesetz vom 16. Juli 1980 allerdings nicht geregelt160. Seit einer Entscheidung des Conseil d’tat vom 13. Juli 1956161 ist jedoch anerkannt, daß Verwaltungsgerichte eine astreinte gegen Private dann aussprechen können, wenn die Verwaltung selbst gegenüber dem Privatmann nicht über ein ebenso effektives Zwangsmittel verfügt162. Allerdings sollen sich die Verwaltungsgerichte dieser Möglichkeit nur mit großer Vorsicht bedie­ nen163.

157 Le Berre, AJ.D.A. 1979, 14 (17£); BOR, Rep. civ. v° Astreintes Nr. 118; Boyer, J.Cl.adm. Fase. 605 (5, 1980) Nr. 203-208. 158 Allgemein zur französischen Verwaltungsgerichtsbarkeit: Woehrling, NVwZ 1985, 21; J. Schwarze I 104-107; Sonnenberger Rz. 105 ff. und Handbuch der Internationalen Rechts­ und Verwaltungssprache, Verwaltungsrecht 26-34. 159 Loi no. 80-539 du 16 juillet 1980 relative aux astreintes prononcees en matiere admini­ strative et ä l’execution des jugements par les personnes morales de droit public, J. O. 1980, 1799 du 17 juillet 1980. 160 P. DELVOLv, EDCE 35 (1983-1984), 111, 123 Nr. 25: Llorens, Annal. Fac. sc. soc. Tou­ louse 29 (1981) 147(200). 161 Conseil d'tat 13.7.1956 (Office public d'habitations ä loyer modere du departement de la Seine), Rec.Lebon 343. 162 Vgl. Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (96 Nr. 6); Bon, R.D.P. 1981, 5 (33f); Debbasch 588f. Nr. 596; Auby/Drago II 552 Nr. 1447; Gabolde 417f. Nr. 889. Nach BOR, collaboration Nr. 12 ist auf diese astreinte nicht das Gesetz vom 5. Juli 1972 anzuwenden. 163 Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (96 Nr. 6); vgl. aber etwa Tribunal administratif Montpellier 22.10.1986, J.C.P. 1987.11.20781 mit ausführl. Anm. von Rapp und Terneyre, dort einige weitere Nw.; ferner Conseil d'tat 24.7.1987 (Brolin), Gaz.Pal. 1988,1 Panor. 235 und Conseil d'tat 9.12.1988 (Societe telepherique du massif du mont Blanc ./. Commune de SaintGervais), A.J.D.A. 1989, 272 m.Anm. PrEtot.

b) Astreinte gegen die Verwaltung Die Befugnis der Verwaltungsgerichtsbarkeit, eine astreinte gegen die Ver­ waltung zu verhängen, ist Gegenstand des Gesetzes vom 16. Juli 1980164. Wenn die Fälle, in denen die Verwaltung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht Folge leistet, auch nicht alltäglich sein mögen164 165, so sind sie doch nicht ohne Bedeutung166. aa) Verurteilungen zur Zahlung einerfestgesetzten Geldsumme. - Zunächst regelt das Gesetz in einem langen Art. 1 allerdings die Ausführung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen167, die den Staat, eine Gemeinde oder eine öffentli­ che Anstalt168 zur Zahlung einer darin festgesetzten Geldsumme verurteilt ha­ ben169. Wenn der Betrag von der Verwaltung nicht innerhalb einer Frist von vier bzw. sechs Monaten zur Zahlung angewiesen wird, muß die Zahlung auf Antrag des Gläubigers auf Vorlage der gerichtlichen Entscheidung - also ohne Zahlungsanweisung - hin erfolgen bzw. weist, bei Gemeinden und öffentlichen

164 Das Schrifttum betont die Neuartigkeit der Regelung, so P.DELVOLV, EDCE 35 (1983-1984), 111 (122 Nr. 24): „revolution juridico-administrative“; Pacteau 284 Nr. 314: „une des lois administratives modernes les plus audacieuses“; anders aber Distel, Mon.trav. publ. 15.9.1980 S. 71. Nach der Rechtsprechung des Conseil d’tat konnte die Verwaltungsge­ richtsbarkeit bis dahin keine astreinte gegen die Verwaltung aussprechen, vgl. Auby/Drago II 551 Nr. 1447m.Nachw. 165 Zeichen von Mißständen ist aber wohl das Circulaire du 13 octobre 1988 relative au respect des decisions du juge administratif von Premierminister Rocard, J.O. 1988, 13008f; sonst ist das Verwaltungshandeln umstritten, vgl. Pacteau 287 Nr. 316 und, optimistisch, Cannac, Rep.contentieux adm. v° execution des decisions de la juridiction administrative Nr. 197-202. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß es neben der astreinte noch andere, nicht ein streitiges Verfahren erfordernde Mittel zur Durchsetzung verwaltungsgerichtlicher Ent­ scheidungen durch die Verwaltung gibt, nämlich die Einschaltung der Section (früher: Com­ mission) du rapport et des etudes du conseil d’tat oder des Mediateur, vgl. nur Auby/Drago II 548 ff. Nr. 1444ff. 166 Vgl. die aufschlußreichen Berichte des Conseil d’tat in EDCE 37 (1986) 199-212 und EDCE 38 (1987) 193-209; in EDCE 38 (1987) 205 und 39 (1988) 281 tableau Nr. 5 auch Übersichten über die Häufigkeit der Beantragung einer astreinte: 1981/82: 13; 1982/83: 33; 1983/84: 29; 1984/85: 105, dabei allerdings 52 ähnliche Fälle; 1986: 55; 1987: 64. Von den bis Mitte Mai 1985 gestellten 100 Anträgen waren damals bereits 40 verworfen worden, vgl. die Schlußanträge des Commissaire du gouvernement Pauti zu Conseil d’tat 17.5.1985 (Madame Menneret), J.C.P., cahiers de droit de l’entreprise 1986 Nr. 2, 26 (27). 167 Gleich, ob von ordentlichen Gerichten oder Verwaltungsgerichten, Vedel/Delvolve 1071; P.Delvolve, EDCE 35 (1983-1984), 111 (133 Nr. 44); Auby/Drago II 553 Nr. 1449; Cannac, Rep.contentieux adm. v° execution des decisions de la juridiction administrative Nr. 163ff.; Chapus, contentieux471. 168 Zur Frage, ob diese Regelung auch hinsichtlich der Staatseisenbahn S.N.C.F. gilt, Cour d’appel Paris 11.7.1984, D. 1985 Jur. 174 (verneinend) mit kritischer Anmerkung Denoix de Saint Marc. 169 Llorens, Annal. Univ.sc.soc.Toulouse 29 (1981) 147 (156) hält dies für die größte Neue­ rung des Gesetzes; über Widerstand und verfassungsrechtliche Bedenken der Regierung im Gesetzgebungsverfahren berichtet Favoreu inTrav.Assoc. Capitant 36 (1985) 613.

Anstalten, die Aufsichtsbehörde die Zahlung an170. Die Verhängung einer astreinte wegen einer Geldforderung dürfte daher meistens171 unnötig sein, wird vom Gesetz aber wohl nicht ausgeschlossen172. In jedem Fall ist aber das Verfah­ ren nach Art. 1 für die etwa notwendige Vollstreckung einer festgesetzten astreinte wichtig.

bb) Die „astreinte". - Art. 2-6 regeln dann die astreinte gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts173. Zwar hat man eine dem Gesetz vom 5. Juli 1972 entsprechende Regelung angestrebt174, doch gibt es einige bedeutsame Unterschiede175. (1) Trennung von der Hauptverurteilung. - So kann eine astreinte nach dem Gesetz vom 16. Juli 1980 nur „im Fall der Nichtausführung einer Entscheidung der Verwaltungsgerichtsbarkeit“ verhängt werden (Art. 2), also nicht wie in Zivilsachen schon sofort mit dem Ausspruch der Hauptverurteilung176. Wird die durchzusetzende Entscheidung, bevor eine astreinte verhängt worden ist, vom Conseil d’tat aufgehoben177 oder wird sie schließlich - und sei es nur, nachdem eine astreinte beantragt worden ist - von der Verwaltung ausge170 Ausführlicher: Bon, R.D.P. 1981, 5 (28-31); VEDEL/DBLVOLv 1071-1073; P.Delvolve, EDCE 35 (1983-1984), 111 (133 Nr. 44); Auby/Drago II553 Nr. 1449. 171 VEDEL/DELVOLV 1074; auch P.Delvolve, EDCE 35 (1983-1984), 111 (123 Nr. 24); anders jedoch in den Fällen, in denen die gerichtliche Entscheidung den Betrag nicht festsetzt oder in denen die Verwaltung die Wahl zwischen Geldzahlung und Vornahme einer anderen Handlung hat, Baraduc-BEnabent, D. 1981 Chr. 95 (97f. Nr. 11). Im Fall Conseil d’tat 20.4.1984 (Ribot), Rec.Lebon 156 wurde eine astreinte zur Durchsetzung der Zahlung von Zinsen begehrt. Der Antrag wurde abgelehnt, da Zinsen in der Höhe des gesetzlichen Zinssat­ zes inzwischen gezahlt worden waren und sich aus der zugrundeliegenden Entscheidung des tribunal administratif de Paris nicht unmittelbar ergab, ob der erhöhte gesetzliche Zinssatz anzuwenden war. 172 Vedel/DelvolvE 1074. Conseil d’tat 19.10.1988 (Pasanau), D. 1988 Jur. 147 m.Anm. Pambou Tchivounda hat einen entsprechenden Antrag nur aus Fristgründen abgewiesen. 173 Nun auch gegen Beliehene (organisme de droit prive Charge de la gestion d‘un Service public), siehe die Ergänzung des Art. 2 durch Art. 90 Abs. 1 der loi no. 87-588 du 30 juillet 1987 portant diverses mesures d‘ordre social, J.O. 1987, 8574 du 31 juillet 1987. Nach Conseil d’tat 17.10.1986 (Vin^ot), D. 1987 Somm. 197, hatte nämlich gegen diese eine astreinte weder nach dem Gesetz vom 16.7.1980 noch kraft eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes verhängt werden können. So entstand eine kaum zu rechtfertigende Lücke im Rechtsschutz, kritisch auch die Anm. von Llorens ebd. Nachdem der Conseil d’tat den Gesetzgeber aufgerufen hatte, diese „anomalie paradoxale“ zu beseitigen - s. ders. in EDCE 38 (1987) 65 (69) und 193 (209) - ist dies durch die genannte Ergänzung geschehen.. 174 Vgl. Bon, R.D.P. 1981, 5 (34); Tercinet, A.J.D.A. 1981, 3 (8); Denis, Guidejuridique v° astreintes Nr. 29. 175 Wohl zu Unrecht sieht Denis ebd. diese Unterschiede als nur „sehr zweitrangig“ an. 176 So ausdrücklich auch Auby, D. 1985 Jur. 583 (585). 177 So z. B. im Fall Conseil d’tat 27.11.1985 (Gindre), D. 1986 I.R. 149; w.N. unveröffent­ lichter Entscheidungen bei Llorens ebd. und in den Schlußanträgen des Commissaire du gouvernement Pauti zu Conseil d’tat 17.5.1985 (Madatne Menneret), J.C.P., cahiers de droit de l’entreprise 1986 Nr. 2, 26 (28).

fuhrt178, so ist der Ausspruch einer astreinte nicht mehr zulässig. Selbst wenn die Verwaltung mit der Ausführung der Entscheidung nur begonnen hat, aber zu erwarten ist, daß sie diese auch zu Ende fuhrt, ist eine astreinte nicht zu verhän­ gen179. Die Regelung des Art. 2 ist damit gerechtfertigt worden, daß von der Verwal­ tung zunächst vermutet werde, daß sie die Ausführung des gegen sie ergangenen Urteils übernehmen werde180; der Grund der Regelung liegt aber wohl eher darin, daß zunächst außerhalb des Verwaltungsstreitverfahrens eine Bereini­ gung der Situation durch die Tätigkeit der Section du rapport des Conseil d’tat möglich sein soll181. Das Bestreben, die Verwaltung zunächst auf anderem Wege zur Ausführung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu veranlassen und die astreinte erst als letztes Mittel zur Beugung ihres Widerstandes einzusetzen, wird auch aus den zur Ausführung des Gesetzes erlassenen Bestimmungen182 deutlich. Darin (Art. 59-1) wird vorgeschrieben, daß der Ausspruch einer astreinte durch den Conseil d’tat erst sechs Monate nach Zustellung der durchzusetzenden Ent­ scheidung beantragt werden kann183. 184 Bei Entscheidungen, die eine Eilmaßnah­ me, insbesondere einen Vollstreckungsaufschub, anordnen, gilt dies allerdings nicht (Art. 59-1 Abs. 2). (2) Ausschließliche Zuständigkeit des Conseil d^tat. - Eine astreinte gegen die Verwaltung kann gemäß Artikel 2 des Gesetzes nur vom Conseil d‘tat184 ausgesprochen - und liquidiert185 - werden, nicht auch von einem Tribunal 178 Siehe die Nachweise bei Llorens ebd. und Pauti ebd.; so war etwa im Fall Conseil d’tat 22.1.1982 (Administration generale de l'Assistance publique d Paris), Gaz.Pal. 1982,2 Jur. 459, die astreinte erst nach Ausführung der Entscheidung beantragt worden, im Fall Conseil d’tat 2.7.1982 (Rouzaud), Rec.Lebon 264, dagegen schon vorher - beide Male wurde der Ausspruch einer astreinte abgelehnt. Vgl. ferner Conseil d’tat 30.1.1987 (Mascaro), Gaz.Pal. 1987,2 Somm. 500. 179 Conseil d’tat 15.11.1985 (Proust), D. 1986 LR. 149 mit kritischer Anmerkung von Llorens. Die Entscheidung Conseil d’tat 15.10.1986 (Dame Leroux), D. 1987 Somm. 186, die wegen teilweiser Nichterfüllung eine astreinte verhängt hat, dürfte davon nicht abweichen. Die Verwaltung hatte die weitere Erfüllung nämlich eindeutig verweigert. 180 Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (96 Nr. 8); Llorens, Annal.Fac.sc.soc.Toulouse 29 (1981) 147(196). 181 Bon, R.D.P. 1981, 5 (35f); vgl. oben N. 165 a. E. 182 Decret no. 81.501 du 12 mai 1981 pris pour l’application de la loi no. 80-539 du 16 juillet 1980, J.O. 1981, 1406 vom 14.5.1981; die Ausführungsregeln zur astreinte wurden als Artt. 59-1 bis 59-5 dem Decret no. 63-766 du 30 juillet 1963 ... relatif ä l’organisation et au fonctionnement du Conseil d'tat, J.O. 1963, 7107, angefugt. 183 In den Fällen Conseil d'tat 18.2.1983 (Mme. Nielsen), Rec.Lebon 74 und Conseil d'tat 19.10.1988 (Pasanau), D. 1988 Jur. 147 m.Anm. Pambou Tchivounda wurde der Antrag auf Verhängung einer astreinte daher als verfrüht zurückgewiesen. Zur Antragsbefugnis s. Auby, D. 1985 Jur.583 (585) - da die astreinte auch von Amts wegen verhängt werden kann, ist diese Frage jedoch wenig bedeutsam. 184 Der Section du contentieux, also der höchsten Instanz der Verwaltungsgerichtsbarkeit. 185 So ausdrücklich Llorens, Annal. Fac. sc. soc.Toulouse 29 (1981) 147 (208).

administratif186 oder den jetzt geschaffenen Cours administratives d’appel186 187. Sie kann aber der Durchsetzung einer rechtskräftigen Entscheidung eines Tribu­ nal administratif oder eines anderen dem Conseil d'tat untergeordneten Ge­ richts dienen188. Nachdem der Conseil d'tat in einer Reihe von Fällen den Ausspruch einer astreinte abgelehnt hatte189, hat er im Mai 1985 zum ersten Mal eine astreinte gegen die Verwaltung verhängt190. In den Jahren 1986 und 1987 wurde in je einem weiteren Fall eine astreinte verhängt191. Im Jahr 1988 ist es erstmals zur liquidation einer astreinte durch den Conseil d'tat gekommen: Die gegen eine Gemeinde in Höhe von 1000 Francs je Tag verhängte astreinte wurde wegen dreimonatiger Nichterfüllung zu dem gleichen Tagessatz, insgesamt also 91000 Francs, liquidiert192. Wenn das französische Verwaltungsprozeßrecht wegen eines strikten Verständnisses des Gewaltenteilungsgrundsatzes auch keine ei­ gentliche Verpflichtungsklage oder eine auf anderes als die Zahlung von Geld gerichtete Leistungsklage kennt193, so trifft die Verwaltung doch die Verpflich­ 186 Als Gründe werden die Abstimmung mit der Section (früher: Commission) du Rapport und die Vermeidung einer Verzögerung durch eine Berufung gegen die Entscheidung des Tribunal administratif genannt, Bon, R.D.P. (1981) 5 (37); etwas skeptisch aber Tercinet, A.J.D.A. (1981) 3 (8); s. a. Llorens, Annal.Fac.sc.soc.Toulouse 29 (1981) 147 (193ff.). 187 Die diese Berufungsinstanz einführende loi no. 87-1127 du 31 decembre 1987 portant reforme du contentieux administratif, J.O. 1988, 7 du 1er janvier 1988, enthält jedenfalls keine Bestimmungen über die astreinte. Sie ist im wesentlichen am 1.1.1989 in Kraft getreten, s. auch die Kurzinformation von Re(mien) in RabelsZ 52 (1988) 378-379. 188 Vgl. Cannac, Rep.contentieux adm. v° execution des decisions de lajuridiction admini­ strative Nr. 181; Chapus, contentieux 285 Nr. 314. 189 Überblick bei Morand-Deviller, Anmerkung zu Conseil d'tat 17.5.1985 (Dame Men­ neret), J.C.P. 1985 Jur. 20448; s.a. Pacteau 286 Nr. 314 in fine und MALEVILLE, J.-Cl.adm. Fase. 617, fiche rose cotee 8, 1984 Nr. 418. 190 Conseil d'tat 17.5.1985 (Dame Menneret J. commune de Maissonais-sur-Tardoire), J.C.P. 1985 Jur. 20448 mit ausführlicher Anmerkung von Morand-Deviller = J.C.P., cahiers de droit de l’entreprise 1986 Nr. 2 S. 26 mit den Schluß anträgen des Commissaire du gouverne­ ment Pauti: Der Gemeinderat hatte im Juli 1971 beschlossen, den Namen des 1944 getöteten Bürgermeisters Saumon auf dem gemeindlichen Totengedenkmal einschreiben zu lassen, diesen Beschluß wenig später aber wieder aufgehoben; der aufhebende Beschluß wurde vom Tribunal administratif de Limoges im Jahre 1977 annulliert, doch befolgte die Gemeinde die Entscheidung nicht und unternahm keine geeigneten Schritte, den Namen auf dem Totenge­ denkmal einschreiben zu lassen. Der Conseil d'tat setzte der Gemeinde für die Ausführung der Entscheidung des Tribunal administratif eine Frist von 2 Monaten ab der Zustellung seiner Entscheidung und verhängte für jeden weiteren Tag eine astreinte von 200 F. Die Gemeinde kam der Entscheidung dann nach, vgl. EDCE 37 (1986) 87 (93 f). 191 Conseil d'tat 15.10.1986 (Dame Leroux), D. 1987 Somm. 186: Astreinte von 200 Francs je Tag gegen den Staat zur Durchsetzung der Rückgabe eines Grundstücks durch die Flurberei­ nigungsbehörde; Conseil d'tat 14.1.1987 (Demoiselle Laucoin), D. 1987 LR. 21: Astreinte von 200 Francs je Tag zur Durchsetzung der Wiederbeschäftigung (reintegration) einer Angestellten durch ein Hospiz. 192 Conseil d'tat 2.3.1988 (Societe Les Tennis Jean Becker ./. commune de Morne-ä-rEaü), Rec.Lebon 108 = Gaz.Pal. 1988,1 Panor. 222. 193 Überblick über die Klagearten bei Woehrling, NVwZ 1985, 21 (25, 26) und Sonnenber­ ger Rz. 108, ferner bei J. Schwarze I 105, 109. Das Fehlen der Befugnis der Verwaltungsge­

tung, die sich aus der gerichtlichen Aufhebung ihrer Entscheidung ergebenden Maßnahmen zu ergreifen194. Aufgrund dieser Verpflichtung wird im Fall eines recours en annulation - also einer Art Anfechtungsklage - mittels der astreinte doch ein einer Leistungsklage letztlich entsprechendes Ergebnis erreicht195.

(3) Begünstigter. - Während die weitere Ausgestaltung der astreinte in den Artikeln 3 und 4 des Gesetzes vom 16. Juli 1980 der Regelung der Artikel 6-8 des Gesetzes von 5. Juli 1972 entspricht und Art. 3 entgegen dem ersten Gesetzent­ wurf auch die astreinte definitive kennt196, enthält Art. 5 eine interessante Be­ sonderheit: Der Conseil d’tat kann entscheiden, daß ein Teil der astreinte nicht an den Antragsteller zu zahlen ist (Art. 5 Abs. I)197. Dieser Teil sollte dem Gemeindeausstattungs-Fonds („fonds d’quipement des collectivites locales“) zufließen (Art. 5 Abs. 2)198. Allerdings ist dieser Fonds durch das Haushaltsge­ setz 1981 abgeschafft und durch einen Mehrwertsteuer-Ausgleichs-Fonds („fonds de compensation de la taxe ä la valeur ajoutee“) ersetzt worden199. Die Entscheidung über die Verwendung des Betrages braucht aber wohl erst bei der etwaigen liquidation der astreinte zu erfolgen200. Als Grund der Regelung wird genannt, daß die astreinte, um wirksam zu sein, auf einen hohen Betrag lauten müsse, dies für den Berechtigten aber zu einer

richtsbarkeit, Anordnungen an die Verwaltung zu erlassen, beklagen Rivero in seinen Glossen D.S. 1962 Chr. 37 und EDCE 31 (1979-1980) 27 (28) sowie Lepage-Jessua, Gaz.Pal. 1988,2 Doctr. 559 (564). Jetzt gestattet das Dekret Nr. 88-506 du 2 septembre 1988 portant diverses mesures relatives ä la procedure administrative contentieuse, J.O. 1988, 11253, aber in gewis­ sem Umfang verwaltungsgerichtliche einstweilige Anordnungen. 194 P.Delvolve, EDCE 35 (1983-1984), 111 (117Nr. 9-16); auch Burki, Rev.adm. 1979, 40 (42, 48). Neuerdings können die zuständigen Minister den Conseil d’tat um Erläuterung der Modalitäten der Ausführung einer Entscheidung der Verwaltungsgerichtsbarkeit bitten, siehe Art. 58 des Dekret Nr. 63-766 du 30 juillet 1963 relatif ä l’organisation et au fonctionnement du Conseil d'tat in der Fassung des Änderungsdekrets Nr. 88-905 vom 2.9.1988, J.O. 1988, 11250. 195 Nicht zu Unrecht wird deshalb manchmal gesagt, das Gesetz vom 16. Juli 1980 habe mit dem Grundsatz gebrochen, daß ein Richter keine an die Verwaltung gerichteten Anordnungen erlassen könne, vgl. etwa Cannac, Rep. contentieux adm. v° execution des decisions de la juridiction administrative Nr. 179; Pacteau Nr. 314; vorsichtig Rivero 278 Nr. 231; anders aber Llorens, Ann. Fac.sc. soc.Toulouse 29 (1981) 147 (191 f.). 196 Vgl. Bon, R.D.P. 1981, 5 (40) und Llorens, Ann.Fac.sc.soc. Toulouse 29 (1981) 147 (206 f). 197 Trifft der Conseil d'tat keine solche Bestimmung, so erhält der Antragsteller das Zwangsgeld in voller Höhe; ein Teil muß ihm immer zufließen, vgl. Llorens, Annal. Fac.sc. soc. Toulouse 29 (1981) 147 (190); daher ist auch die astreinte administrative stets Privatstrafe, ebd. 198 Krit. Distel, Mon.trav.publ. 15.9.1980 S. 71 (72). 199 Vgl. commissaire du gouvernement Pauti in seinen Schlußanträgen zu Conseil d'tat 17.5.1985 (Dame Menneret), J.C.P., cahiers de droit de l’entreprise 1986 Nr. 2 S. 26 (29, 32). Siehe auch Art. 56 der loi de finances pour 1981 (no. 80-1094 du 30 decembre 1980), J.O. 1980, 3099 (3108). 200 Commissaire du gouvernement Pauti ebd. 32.

nicht gerechtfertigten Bereicherung führen würde201; möglicherweise wird die­ se Regelung vor allem bei der astreinte definitive benutzt werden202. In der ersten Entscheidung, in welcher der Conseil d’tat eine astreinte liquidiert hat, hat er von dieser Regelung jedenfalls keinen Gebrauch gemacht203. Art. 36 Abs. 2 des Gesetzentwurfs von 1989 sollte diese Regelung verallgemeinern204, doch ist diese Bestimmung nicht Gesetz geworden. Die Beitreibung der liquidierten astreinte kann nötigenfalls gemäß Art. 1 erfolgen205.

(4) Arbiträrer Charakter. - Auch die astreinte des Gesetzes vom 16. Juli 1980 hat einen arbiträren Charakter: Der Conseil d’tat ist nie verpflichtet, sie auszuspre­ chen, sondern kann die Begründetheit und Opportunität einer solchen Verurtei­ lung abwägen206. In einem Fall offensichtlicher Nichterfüllung sollte eine astreinte aber nur ausnahmsweise verweigert werden207. Der Conseil d’tat steht dem Institut der astreinte bisher allerdings äußerst reserviert gegenüber. Fragwürdig ist insbesondere die in den Fällen Mile. Le­ roux208 und David209 entwickelte Rechtsprechung: Fordert der Gläubiger nach Erwirken der Verurteilung die Verwaltung zur Befolgung der Entscheidung auf und reagiert diese daraufhin nicht, so wirkt viermonatige Untätigkeit der Ver­ waltung als der Bestandskraft fähige ablehnende Entscheidung; gegen diese Entscheidung muß daher fristgerecht ein recours pour exces de pouvoir einge­ legt werden,' damit die Verurteilung noch mittels astreinte durchgesetzt werden kann. Der Gläubiger darf daher entweder die Verwaltung nicht zur Befolgung der Entscheidung auffordern, oder er muß, wenn er dies tut und die Verwaltung untätig bleibt, noch einen weiteren Anfechtungsprozeß führen, um sich die Aussicht auf den späteren Ausspruch einer astreinte zu erhalten. Die Konsequen­ zen scheinen absurd210 und sind sicher nicht geeignet, die Verwaltung zur schnellen Befolgung der Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit anzu­ halten. Allerdings ging es in beiden Fällen um die Wiederbeschäftigung öffentli­ cher Bediensteter und es ist möglich, daß diese Rechtsprechung auf diesen 201 Vgl. Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (100 Nr. 18); Bon, R.D.P. 1981, 5 (43); auch Vedel/Delvolve 1076. 202 Baraduc-Benabent, D. 1981 Chr. 95 (100 Nr. 18) hält dies für wahrscheinlich. 203 Conseil d’tat 2.3.1988 (oben N. 192). 204 Dazu Projet de loi no. 888, S. 17 Expose des motifs. 205 Auby/Drago II 553 Nr. 1449; Bon, R.D.P. 1981, 5 (45); Chapus, contentieux 471; vgl. oben 1. 206 Dies betonen der Rechtsprechungsbericht des Conseil d’tat EDCE 37 (1986) 87 (93, 94) und Cannac, Rep.contentieux adm. v° execution des decisions de lajuridiction administrative Nr. 196; s. ebenfalls Llorens, Annal.Fac.sc.soc.Toulouse 29 (1981) 147 (205). 207 Commissaire du gouvernement Pauti a.a.O. 32. Maßgebend ist wohl, ob der öffentliche Friede gestört würde, vgl. den Bericht EDCE 37 (1986) 87 (94 sub 3°). 208 Conseil d’tat 2.12.1983 (Mile. Leroux), Rec.Lebon 482. 209 Conseil d’tat 5.5.1986 (David), J.C.P. 1986.11.20682 mit krit. Anm. MELLERAY/TERneyre. Vgl. ferner Conseil d’tat 11.7.1986 (Wallyn), Gaz.Pal. 1987,1 Panor. 154. 210 Melleray/Terneyre ebd. sub III.

Bereich beschränkt bleiben wird211. Um die mit der Einführung der verwal­ tungsgerichtlichen astreinte verfolgten Ziele zu erreichen, sollte der Staatsrat seine Zurückhaltung gegenüber dem Zwang gegen die Verwaltung aufgeben212.

IV. Zusammenfassung Nach einer langen, an Wandlungen reichen Geschichte ist die französische astreinte heute ein gesetzlich geregeltes, allgemeines, universelles, arbiträres, vom Schadensersatz unabhängiges, aber doch dem Kläger zugute kommendes Zwangsmittel. Es hat zwei Formen: Provisorische oder definitive. Die nun verabschiedete Reform des Zwangsvollstreckungsrechts hat kaum Veränderun­ gen gebracht. Seit neuerer Zeit steht das Zwangsgeld - bei einigen Besonderhei­ ten - auch im Dienst der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Entwicklung der astreinte in Frankreich und des Zwangs- und Ordnungsgeldes in Deutschland ist unterschiedlich verlaufen und hat zu zum Teil verschiedenen Lösungen geführt. Wie nun sind diese Regelungen im Grenzland Elsaß-Lothringen aufeinanderge­ troffen?

V. Exkurs: Die astreinte und die Geldstrafen nach §§ 888, 890 ZPO in Elsaß-Lothringen Die deutsche Zivilprozeßordnung galt in ihrer Fassung vom 24. Juli 1914 bis vor kurzem noch als „Code de procedure civile local“213 in Elsaß-Lothringen214; ihr achtes Buch über die Zwangsvollstreckung gilt dort noch bis zum 1. August 1992 in weitem Umfang215. Zwangsläufig entstand nach der im übrigen weit­ 211 Vgl. die Schlußanträge des Commissaire du gouvernement Pauti zu Conseil d’tat 17.5.1985 (Madame Menneret), J.C.P., cahiers de droit de l’entreprise 1986 Nr. 2, 26 (31). Der durch Dekret Nr. 90-400 vom 15.5.1990, J.O. 1990, 5853 eingeführte Art. 59-7 bestimmt jetzt, daß die Beantragung einer astreinte die Klagefrist gegen eine ausdrückliche (!) Ablehnung der Befolgung einer Entscheidung der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterbricht, hilft bei Still­ schweigen der Verwaltung also wohl nicht. 212 Vgl. Rivero 278 Nr. 231; ferner Lepage-Jessua, Gaz.Pal. 1988,2 Doctr. 559 (564); s. a. Pambou Tchivounda, D. 1988 Jur. 147-150. 213 Vgl. dazu Struss Art. 1er note 1. 214 Also den drei Departements Haut-Rhin, Bas-Rhin und Moselle. 215 Die Neuregelung des Vollstreckungsrechts - s. oben I 7 a.E. - wird dies weitgehend ändern, vgl. Art. 94 Nr. 4 Gesetz Nr. 91-650 und die Studie Voies d’execution: du droit local au droit general: Rev.jur.Als.Lorr. 69 (1989) 181-182. Zur bisherigen Lage Cour d’appel de Colmar (deux les ch.reunies) 17.12.1984, Rec.jur.Est 30 (1985) Jur. 50 (53) (zum Arrest); Haegel, Rev.jur. Als. Lorr. 64 (1984) Jur. 85 (92); ders., Application 101; MISCHLICH/HECK/ Haegel, Rep.proc.civ. v° Alsace et Lorraine Nr. 22. Zur bisherigen Fortgeltung der besonde­ ren Zuständigkeitsvorschriften siehe die Plenarentscheidung Cour de cassation (assemblee plnire) 7.2.1986, Bull.civ., Ass.plen. Nr. 1 S. 1 = Rev.jur.Als.Lorr.66 (1986) 117 = Rec. jur.Est 31 (1986) Jur.39 m.Anm. Schwab = J.C.P. 1986.IV.99, verneinend vorher Cour de cassation (2e civ.) 29.2.1984, Rev.crit.d.i.p. 74 (1985) 545 m.Anm. Sinay-Cytermann, dazu

gehenden Einführung des französischen Rechts216 die Frage, wie sich die von der französischen Rechtsprechung entwickelte astreinte zu den „lokalen“ Zwangs­ geldregeln217 verhält. Eine Zeit lang war streitig, ob die astreinte neben den Regeln der ZPO überhaupt Anwendung finden konnte218. Die Rechtsprechung der Cour d’Appel de Colmar war uneinheitlich. Ein Urteil ließ die französische astreinte zu, da sie - aus dem Schadensersatz entwickelt - mit dem Code civil in Elsaß-Lothrin­ gen eingeführt worden sei219 und einige weitere Entscheidungen waren nicht ganz eindeutig220; andere Urteile221 verwarfen sie, da sie auf dem nicht einge­ auch Ruhlmann/Lutz, Rev.jur.Als.Lorr. 65 (1985), bejahend schon Cour d’appel Colmar 17.12.1984, a.a.O. - dazu Schwab, Rec.jur.Est 30 (1985) Jur. 16 - und die Cour d’appel Metz 10.10.1985, Rec.jur.Est 31 (1986) Jur. 21. 216 Durch die „loi mettant en vigueur la legislation civile franaise dans les departements du Bas-Rhin, du Haut-Rhin et de la Moselle du 1er juin 1924“ und die „loi portant introduction des lois commerciales franaises" von demselben Tag; zu beiden Gesetzen ausführlich Struss/ Beckers I; sie sind auch abgedruckt in Clunet 52 (1925) 254-283 und 532-546, dort zu ihnen Nast, ebd. 62-89 und 351-368; s. ferner Schwalb, JW1925, 24-29. 217 Die Zwangshaft nach der ZPO wurde schnell als wegen Verstoßes gegen das Gesetz vom 22.7.1867 und damit den französischen ordre public unzulässig angesehen, Muhleisen in: Niboyet, Supplement 1926 v° voies d’execution, Nr. 34, 90 sowie auch Mischlich/Haegel, Rep.proc.civ. v° Alsace et Lorraine (Voies d’execution) Nr. 299, 302; Struss Doctr. Art. 888 note 1, Art. 890 note 1; anders noch E. Wilhelm, Anm. zu Tribunal de Baillage de Massevaux 26.1.1921, Rev.jur. Als. Lorr. 2 (1921) 333. 218 Vgl. Struss Art. 888 note II, dafür aber Benner, Rev.jur. Als.Lorr. 14 (1933) 571, 572 und ders., Rev.jur.Als.Lorr. 15 (1934) 628; Nast, Clunet 62 (1935) 995; ders., Clunet 63 (1936) 388 (397); J.Donnedieu de Vabres 589f.; Muhleisen in: Niboyet/Blas, Supplement 1932-1933 v° voies d’execution, Nr. 11; Degand in: Niboyet, Supplement 1926 v° lois, Nr. 27; vorsichtig CHRON/MUHLEISEN 591 N. 2. 219 Cour d’Appel Colmar (le ch.civ.) 26.2.1935, Rev.jur.Als.Lorr. 16 (1935) 538 m.Anm. E. W. = Clunet 63 (1936) 394: „Attendu que l’institution franaise de l’astreinte n’est pas prevue par le Code de procedure civile franais non introduit mais que, cree par la jurisprudence ä l’occasion des dommages-interets, eile a ete introduite dans les departements recouvrees avec le Code civil franais; qu’elle differe de l’astreinte locale qui est une amende, par sa nature, ses effets, ne fait point double emploi avec eile et peut valablement etre choisie par le justiciable"; s. auch schon Tribunal cantonal Delme 21.10.1932, Rev.jur.Als.Lorr. 15 (1934) 625: „cette Institution ressort . .. plutöt du droit civil que du droit de procedure . . .“; dagegen aber in derselben Sache Tribunal de premiere instance Metz 15.3.1934, Rev.jur. Als. Lorr. 15 (1934) 627 = Clunet 62 (1935) 993 mit abl. Anm. Nast. 220 Cour d’Appel de Colmar (le ch.civ. 13.11.1934, Rev.jur.Als.Lorr. 16 (1935) 281 = Clunet 63 (1936) 389 verhängte eine astreinte zur Erzwingung des Offenbarungseides nach § 883 ZPO, da das Zwangsmittel der Haft nicht mehr angewandt werden konnte; eine allgemei­ ne Zulassung der astreinte wird man entgegen Nast, ebd. 397f. aus dieser Entscheidung aber nicht folgern können. Auch Cour d’appel Colmar 8.12.1934, Clunet 63 (1936) 391 betraf nur die Auslegung einer anderen Entscheidung, nimmt abgesehen von einem Hinweis auf die Entscheidung vom 13.11.1934 aber wohl nicht selbst Stellung. Ohne Erörterung des Problems wurde eine astreinte in Cour d’appel Colmar (2e ch.civ.) 15.5.1928, Rev.jur. Als.Lorr. 13 (1932) 535, 542 und vom Tribunal de premiere instance Strasbourg in einer dem Urteil des Tribunal cantonal Strasbourg 17.7.1930, Rev.jur. Als. Lorr. 12 (1931) 574 vorausgegangenen Entschei­ dung verhängt. 221 Cour d’Appel Colmar (ch.civ.dtache ä Metz) 2.4.1935, Rev.jur. Als. Lorr. 16 (1935) 545, 547 = Clunet 63 (1936) 395: „que... l’art. 1036 du Code de procedure civile franais qui sert

führten Art. 1036 C.p.c. beruhe, und verwiesen den Antragsteller auf §888 ZPO. Die damals fragliche Ableitung der astreinte konnte so zur Begründung des einen oder anderen Ergebnisses dienen. Gelegentlich mögen aber andere Beweggründe dahinter gestanden haben222. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die astreinte wie selbstverständlich angewandt223. Schließlich entschied die Cour de cassation ausdrücklich zugunsten der Anwendbarkeit der astreinte224. 225 Der Wert der lokalen Zwangsgeldbestimmungen war allerdings schon da­ durch gemindert, daß die in der maßgebenden Fassung der ZPO vorgesehene Begrenzung der „Geldstrafen“ auf fünfzehnhundert Mark nach Art. 11 des das bürgerliche Recht betreffenden Gesetzes vom 1. Juni 1924225 mit 1 Mark zu 1,25 Franc umzurechnen war; das Höchstmaß betrug demnach 1875 Francs, heute 18,75 neue Francs226. Die Zwangsgeldbestimmungen der §§888, 890 ZPO werden in der elsaßlothringischen Praxis heute so gut wie nicht mehr angewandt227. Das ist auch deshalb wenig erstaunlich, weil die astreinte und das Zwangs- und Ord­ nungsgeld (oder: die Geldstrafe) nach §§ 888, 890 ZPO, wenn sie auch verschie­ den ausgestaltet sind, die gleiche Funktion erfüllen228 - und die astreinte für den de fondement ä la theorie de l’astreinte n’ayant pas ete introduit en Alsace et Lorraine, il ne saurait etre question de faire droit ä la demande de la Brasserie, celle-ci n’ayant d’autre moyen de sanction que l’art.888 du Code de procedure civile local“; Cour d’appel Colmar (2e ch.civ.) 23.6.1934, Clunet 63 (1936) 389 mit der knappen Begründung, daß die astreinte „a pour but de contraindre le debiteur ä executer l’obligation que le jugement lui impose“ und so „n’a pas sa raison d’etre sous le regime du Code local de procedure civile qui prevoit les moyens de contrainte necessaires pour assurer l’execution du jugement“. Die Entscheidung Cour d’appel Colmar (2e ch. civ.) 25.6.1929, Rev.jur.Als.Lorr. 11 (1930) 124 m.Anm. zog die französische astreinte gar nicht in Betracht, sondern stellte sogleich nur auf § 890 ZPO ab. 222 So wirft Nast, Clunet 63 (1936) 388 (397) der Entscheidung der Cour d’appel Colmar 23.6.1934 (vorige Note) vor: „C’est bien cavalierement resoudre la question et en meme temps afficher un fetichisme etroit pour la legislation allemande, double d’une hostilite certaine contre l’application des lois civiles fran^aises qui sont cependant le „droit commun“ des departements desannexes, depuis le 1er janvier 1925“. Nast scheint aber selbst nicht unvoreingenommen zu sein; Bartin I 454f. § 180 etwa hatte sich schon 1930 international-privatrechtlich für die Unterstellung der astreinte unter die lex fori ausgesprochen, also für ihre Qualifikation als Prozeßrecht; dazu unten § 22IV. 223 Etwa in den Entscheidungen Trib. premiere inst. Mulhouse 14.3.1949, Recueil legislatif 4 (1949) Jur. 193 und Trib. cantonal Ribeauville 30.6.1950, Recueil legislatif 6 (1951) Jur. 31; vgl. auch R.Sinay, Gaz.Pal. 1954,2 Doctr. 38 (39, ferner 40). 224 Cour de cassation (le civ.) 3.6.1955, Rev.jur.Als.Lorr. 36 (1955) 449 (450): „principe de droit commun“. 225 Oben N. 216. 226 So ausdrücklich Struss Art. 888 note II. Vgl. a. Weill, Rec.jur.Est 3 (1948) Doctr. 53 (63):“Quant ä Tarnende ä prononcer contre le debiteur recalcitrant, eile est d’un taux trop bas pour qu’elle fasse vraiment oeuvre d’intimidation. ... II s’agit ... lä d’une sanction toute benigne“. 227 Struss Art. 888 note I, Art. 890 note I; Mischlich/Haegel, Rep.proc.civ. v° Alsace et Lorraine (Voies d’execution) Nr. 299, 302; vgl. auch die Aufstellung bei Lehmann 87. 228 Anders, aber wohl unrichtig, die bereits genannte Entscheidung der Cour d’appel Col­ mar (le ch.civ.) 26.2. 1935, (oben N. 219) nach der die astreinte „ne fait point double emploi“ mit den Geldstrafen nach §§ 888, 890 ZPO.

Kläger noch den Vorteil hat, ihm Geld einzubringen! Ein wirklicher Einfluß der S§ 888, 890 der „lokalen“ ZPO auf die Diskussion über die französische astreinte ist dementsprechend, soweit ersichtlich, nicht festzustellen229. Eine Gelegenheit zur praktischen Rechtsvergleichung ist damit vertan worden230.

229 Weill, Rec.jur.Est 3 (1948) Doctr. 53 (62-63) erwähnt die „lokalen“ Regelungen immer­ hin; auch Nast (oben N. 222) vergleicht die Geldstrafen kurz mit der astreinte, jedoch in oberflächlicher Weise. 230 Indes hat die ZPO als elsaß-lothringischer „Code de procedure civile local“ auf anderen Gebieten einen rechts vereinheitlichenden Einfluß entfaltet; so wurde durch decret du 25 aoüt 1937 instituant pour les petites creances commerciales une procedure de recouvrement simplifiee, B.L.D. 1937, 752, eine dem Zahlungsbefehlsverfahren (heute: Mahnverfahren) nachemp­ fundene „procedure d’injonction de payer“ eingeführt, vgl. heute Artt. 1405-1425 N.c.p.c.. Siehe auch Pierre Weil, Gaz.Pal. 1989, 1 Doctr. 218-220; ferner die Studie Voies d’execution: du droit local au droit general: Rev.jur. Als.Lorr. 69 (1989) 181-182.

§ 4 Benelux I. Die Entwicklung des Zwangsgeldes in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg 1. Überblick Belgien und die Niederlande sind nicht nur durch eine lange gemeinsame Geschichte verbunden, sondern bilden seit 1948 zusammen mit Luxemburg auch die Benelux-Union. Obwohl alle drei Länder bisher zudem in der Tradi­ tion des französischen Rechts stehen1, ist eine einheitliche Regelung des Zwangsgeldes aber erst infolge des „Benelux-Übereinkommens zur Einfüh­ rung eines einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld“ vom 26. November 1973 geschaffen worden. Vorher war die Entwicklung in den drei Ländern unterschiedlich verlaufen.

2. Belgien

a) Entstehen der „astreinte“ Im Gebiet des 1831 entstandenen Belgien war die Ausgangslage die gleiche wie in Frankreich2: der französische Code civil und der Code de procedure civile waren auch hier eingeführt worden3. Wie die französischen, so begannen auch die belgischen Gerichte, ihren Entscheidungen gegebenenfalls ergänzende, revi­ dierbare Zahlungsverurteilungen anzufügen4. So hatte etwa der Brüsseler Ap­ pellationshof schon 18245 ausgeführt, daß „la fixation d’une somme d’argent, par forme de pnalit, pour chaque jour de retard“ das wirksame Mittel zur Durchsetzung der Hauptverurteilung sei. Während sich so in der Rechtspre­ chung der unteren Gerichte das Zwangsgeld entwickelte, enthielt sich der belgische Kassationshof zunächst einer eindeutigen Stellungnahme und nahm die Entscheidungen als Verurteilungen zum Ersatz eines künftigen Schadens 1 Vgl. Zweigert/Kötz 1116-119. 2 Dazu oben §31. 3 Vgl. nur Storme, Inleiding Nr. 375 S. 310 und Nr. 370 S. 304f.; zur Entwicklung des belgischen Prozeßrechts s. a. ders. in Hondertvijftig jaar 131 ff. 4 Vgl. van Mullen, J.Trib. (Brux.) 1977, 37 (38 Nr. 7). 5 Cour d’appel Bruxelles 1.4.1824, zitiert im Expose des motifs commun, Jur. Benelux 2 (1980-81) 115.

hin6. In der Literatur wurde hingegen betont, daß die der Willensbeugung dienende astreinte illegal sei7. b) Verbot

Die Kritik der Lehre fand schließlich Gehör. In seiner Entscheidung vom 24. Januar 19248 befand der belgische Kassationshof entsprechend dem Antrag des Generalanwalts: . II appartient ä la loi de determiner les voies d’execution qu’elle autorise ..aucune disposition legale ne permet au juge civil de sanctionner ses injonctions par des condamnations pecuniaires ä titre de pure contrainte, peine privee ou menace; s’il le fait, il excede ses pouvoirs“.

Die astreinte wurde so durch den belgischen Kassationshof verworfen. Doch geschah dies nicht aus grundsätzlicher Feindschaft gegen eine etwa als ungeeig­ net oder unbillig angesehene Zwangsmaßnahme. Entscheidend war allein, daß wie ja auch in Frankreich die Lehre kritisiert hatte9 - für diese Zwangsmaßnahme die gesetzliche Grundlage fehlte. Klar zeigen dies die Schlußanträge des General­ anwalts Baron Terlinden, in denen sogar eine gewisse Hoffnung auf die gesetzli­ che Einführung des Zwangsgeldes durchscheint10: „Tenons-nous y, jusqu’au jour oü le legislateur aura, par un texte clair et precis, ajoutant un mode d’execution des jugements ä ceux que nous donnent les lois de procedure, permis au juge d’assurer - par la contrainte - l’execution de ses decisions“.

6 Vgl. Storme, R. W. 26 (1962-63) 1321 (1326 Nr. 10) mit Nachweisen und auch De Page III 190 Nr. 161 N. 2 und 191 Nr. 162. Aufschlußreich etwa die auch von Storme ebd. genannte Sache Naset ./. Naset: Das Tribunal Civil Louvain 26.3.1874, Pas. 1874.III. 173 verurteilte die Ehefrau dazu, wieder in die eheliche Wohnung in Lüttich einzuziehen, lehnte ihre Verurteilung zu Schadensersatz von 25 F je Tag jedoch u.a. ab, weil kein materieller Schaden behauptet worden sei; die Cour d’appel Bruxelles 31.12.1877, Pas. 1878.11.190 hob das Urteil insoweit jedoch auf und sagte: „qu’une jurisprudence ancienne et constante a maintenu la force d’un principe dj en vigueur en droit romain (voy. loi I re, livre II, titre III) et en vertu duquel les tribunaux ont la faculte de sanctionner leurs decisions par des clauses penales pour en assurer l’execution“ und verurteilte die Frau zur Zahlung von 5 F je Tag des Verzuges; die hiergegen gerichtete Kassationsbeschwerde hatte keinen Erfolg, da die Cour de cassation 9.1.1879, Pas. 1879.1.50 meinte: „que le juge... qui prononce une peine parjour de retard, ne fait en ralit que determiner l’indemnite du ä raison du dommage qu’entraine pour le mari l’inexecution de la sentence...“. 7 Laurent XVI Nr. 301, 302; wohl auch Arntz III Nr. 58. 8 Pas. 1924.1.151 (159). Ähnlich schon die Cour d’appel Bruxelles 5.8.1880, Pas. 1880.11.319 (325 f.) = Clunet 7 (1880) 508, gebilligt vom Kassationshof 19.1.1882, Clunet 9 (1882) 364 in der Sache de Bauffremont./. de Bauffremont, in der das Exequatur für die von der Cour d’appel Paris 7.8.1876 und 13.2.1877, D. 1878.11.125 (127) in der Sache verhängten astreintes verweigert wurde; zu diesem Fall noch unten §§ 7II4, 11IV 2, 1312 und 22 V1. 9 S. oben §3II3. 10 Pas. 1924.1.151 (158).

Zunächst war die echte astreinte aber für lange Zeit aus dem belgischen Recht verbannt, denn die Rechtsprechung folgte der Entscheidung von 192411. Da das Zwangsgeld zunächst auch in die im Jahre 1970 in Kraft getretene Gerichtsord­ nung (Gerechtelijk Wetboek/Code judiciaire)12 keinen Eingang fand13, kam der von Generalanwalt Baron Terlinden erwartete Tag in Belgien erst mit dem Inkrafttreten des Einheitlichen Benelux-Gesetzes über das Zwangsgeld (s. unten II).

c) Auswege

Da die Zwangshaft in Belgien nur beschränkt zulässig war, mußte es als meist unmöglich erscheinen, Verpflichtungen zu einem Unterlassen oder zur Vornah­ me einer nicht vertretbaren Handlung zwangsweise durchzusetzen. Zwar schuf der Gesetzgeber für einige Fälle Abhilfe, indem er besondere Straftatbestände einführte14: das dreimonatige Unterlassen der Zahlung von Unterhalt trotz rechtskräftiger Verurteilung15, die Kindesentziehung gegenüber demjenigen, dem durch eine gerichtliche Entscheidung die Sorge anvertraut worden ist16, und - in Wettbewerbssachen - das Zuwiderhandeln gegen die rechtskräftige Entscheidung des Vorsitzenden des Handelsgerichts17 wurden mit Strafe be­ droht. In einigen wichtigen Fällen war so Vorsorge für die Durchsetzung gerichtli­ cher Entscheidungen getroffen, doch im übrigen blieb eine Lücke. Ein anderer Ausweg blieb also nötig. 11 Cour de cassation 10.3.1932, Pas. 1932.1.98 mit den Schlußanträgen des Generalanwalts Leclercq, insbes. 101-103; Cour de cassation 14.5.1936, Pas. 1936.1.257; Cour de cassation 10.2.1956, Pas. 1956.1.603 = R.W. 20 (1956-1957) 1011; Cour de cassation 10.2.1956, Pas. 1956.1.604; Cour de cassation 13.3.1964, Pas. 1964.1.757 (759); s.a. CEREXHE/HAUBERT/REGnier 265; Dalcq 80-82; Dekkers II 223 Nr. 387; Fettweis/Kohl/de Lev al 439 Nr. 451; van der Made, J.Trib. (Brux.) 1948, 191; de Page III190 Nr. 161; Vandeputte 275. 12 Moniteur Belge/Belgisch Staatsblad 1967, 11360 und die Beilage (S. 1-372) zur Ausgabe vom 31.10.1967. Das Inkrafttreten regelte Art. 5 des Einführungsgesetzes, Beilage 372. Eine allgemein gebräuchliche deutsche Bezeichnung für dieses Gesetzbuch gibt es nach Bergmans 128 N. 1 in der in Entwicklung begriffenen deutschen Rechtsterminologie Belgiens noch nicht; mag „Gerichtsgesetzbuch“ auch die korrekteste Übersetzung sein, so ist der in einigen Ent­ scheidungen, ebd. 104, 106, 109 und 110, verwandte Ausdruck „Gerichtsordnung“ doch griffiger und auch treffend. 13 Vgl. Code judiciaire, travaux preparatoires 516 f; dort heißt es zur astreinte im Bericht van Reepinghen: „Sans doute la loi peut-elle apporter des modifications ä l’inventaire actuel des voies d’execution. Cette opportunite, dans l'tat des choses, ne nous parait pas demontree“. In einer Fußnote wird dann auf die Überlegungen der Vereinheitlichung in den Benelux-Ländern hingewiesen. 14 Vgl. Ronse, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 112. 15 Art. 391 bis Strafgesetzbuch. 16 Art. 369bis Strafgesetzbuch. 17 Art. 62 Abs. 1 Wet betreffende de handelspraktijken/loi sur les pratiques du commerce, vgl. schon Art. 4 Ziffer 1 des Königlichen Erlasses Nr. 55 vom 23.12.1934, Moniteur Beige vom 30.12.1934 S. 6851.

Nun hatte der Kassationshof zwar die astreinte, nicht aber die Verurteilung zum Ersatz eines künftig entstehenden Schadens verboten; so konnten die Gerichte weiterhin zur Zahlung einer bestimmten Summe Geldes je Zeiteinheit verurteilen - nur mußte aus den Entscheidungsgründen hervorgehen, daß es sich um Schadensersatz handelt, und jeder Anklang an die astreinte mußte vermieden werden18. Die souveräne Bestimmung der Schadenshöhe durch den Tatrichter ermöglichte es jedoch, in diese Verurteilungen ein Zwangselement mit einfließen zu lassen19. Darum konnte die Frage gestellt werden, ob nicht unter dem Deckmantel des Schadensersatzes weiterhin Zwangsgelder verhängt wurden20. Eines der Ziele des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld war es, dieser verschleierten Zwangsgeld-Praxis ein Ende zu bereiten21.

3. Niederlande

a) Entstehen der „dwangsom" Sowohl das Burgerlijke Wetboek als auch das Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering wurden in den Niederlanden 1838 eingeführt und folgten dem Vorbild des französischen Code civil und des Code de procedure civile22. Die Ausgangslage in den Niederlanden entsprach damit derjenigen in Frankreich und Belgien. So begannen auch die niederländischen Gerichte, Zwangsgelder zu verhän­ gen, für die ab 1912 der Ausdruck „dwangsom“ aufkam23. Der Hoge Raad billigte jedoch nur die Verurteilung zum Ersatz des - nach Zeiteinheit bemesse­

18 Vgl. etwa Guldix, J J.P. 89 (1980) 137; s.auch Dalcq 81 f. 19 Vgl. dazu etwa Expose des motifs commun, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (117); DavidConstant 187 Nr. 4: In einer Entscheidung vom 10.4.1975, Pas. 1975.1.788 hat der Kassations­ hof es etwa hingenommen, daß zur Beseitigung von die Ausübung einer Dienstbarkeit hin­ dernden Einrichtungen innerhalb von zwei Monaten und bei Unterbleiben der Beseitigung zu 100 F Schadensersatz je Tag verurteilt wurde: Es handele sich nicht, wie die Kassationsrüge behauptet hatte, um eine astreinte; vielmehr habe der Richter bereits den Verzugsschaden bemessen können; s. auch schon die Entscheidungen des Kassationshofes 20.9.1957, Pas. 1958.1.15 und 10.1.1956, Pas. 1956.1.603 und 604. 20 Limpens/van Damme, Rev.crit.beige 15 (1961) 72; s. a. Ronse, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 116f.; Storme, R.W. 26 (1962-1963) 1321 (1329); ders. in FETTWEIS/GUTT 196 Nr. 2; sowie Ballon, A.P.R. 7 Nr. 14. Vorsichtiger Kruithof, T.P.R. 20 (1983) 495 (671 Nr. 165): Durch Verurteilungen zum Ersatz des künftigen Schadens sei das Verbot des Zwangsgeldes „in beträchtlichem Maße entkräftet“ worden. 21 Vgl. Expose des motifs commun, Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (117). Guldix, JJ.P. 89 (1980) 129 (138) berichtet, daß in Belgien vor allem Umweltschutz- und Verbrauchervereini­ gungen auf die Einführung des Zwangsgeldes gedrungen haben. 22 Rutten-Roos in Komen/Rutten-Roos 126; Haardt ebd. 205. 23 S. Ballon, A.P.R. If. Nr. 2 m.Nachw.

nen - künftig entstehenden Schadens24, nicht aber die zu einem Zwangsgeld25. Die Bemessung des künftigen Schadens ist aber schwierig und erlaubte daher tatsächlich wohl eine Orientierung an der willensbeugenden Wirkung der Ver­ urteilung; so konnten also im Kleid der bedingten Verurteilung zum Schadens­ ersatz Zwangsgelder verhängt werden26. Die niederländische Rechtsprechung hatte so - sogar schon etwas früher - zu den gleichen Ergebnissen gefunden wie die belgische. Anders als zunächst in Belgien wandte sich in den Niederlanden jedoch auch der Gesetzgeber der Frage zu. So schlug die Staatscommissie Gratama in einem im Jahre 1920 vorgelegten Entwurf für die Neuregelung des Zivilprozeßrechts eine gesetzliche Regelung des Zwangsgeldes vor27. Dieser Entwurf folgte für die Vollstreckung von Urteilen den §§883 ff. ZPO und §§346 ff. EO28. In seinen Vorschriften 88 und 89 (Artt. 15 und 16 Titel 7 Buch 1) sah er für unvertretbare Handlungen oder Unterlassungen vor, daß die Urteile bestimmen, daß der Schuldner einen darin festgesetzten Geldbetrag verwirkt, bis er sich zur Beachtung der Entscheidung bereit erklärt und genügende Sicherheit gibt. Dieser Geldbetrag aber sollte im Unterschied zur deutschen Regelung der Gegenpartei zugutekommen29. Wurde die Entscheidung erfüllt, so sollte die Einstellung der Vollstreckung des Geldbe­ trages angeordnet werden können30. Der Entwurf wurde zwar nie Gesetz31, doch blieb die gesetzliche Einführung der dwangsom aktuell.

24 Vgl. etwa Hoge Raad 23.6.1899, W. 61 (1899) Nr. 7302 S. 1. 25 Hoge Raad 13.11.1914, Ned.Jur. 1915 S. 98 („maar niet aan den overtreder van het verbod kan opieggen bij wijze van straf aan zijne wederpartij te voldoen eene bepalde geldsom, waarvan niet blijkt, dat zij eenig verband houdt met toegebracht nadeel" - die Verurteilung zur Zahlung von 50 Gulden für jede Übertretung des Verbots, in den Gewässern des Klägers zu fischen, wurde daher aufgehoben; Generalanwalt Ledeboer (S. 101) hatte deutlich erkannt: „Wat het Hof deed is het verschaffen van een dwangmiddel, dat de wet niet kent en dat geheel in strijd is met den geest van onze geheele wetgewing, daar het veronderstelt een aan den Rechter gegeven macht om zonder eenige wettelijke grens, op overtreding van eenig gebod of verbod, zuiver arbitrair eene boete te stellen ...“. Ebenso Hoge Raad 29.12.1921, Ned.Jur. 1922 S. 225 für das Verfahren im kort geding. 26 Vgl. van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-62) 126; ferner Meijers, W.P.N.R. 77(1946) Nr. 3945 S. 273. 27 Ontwerp 1920 der Staatscommissie voor de herziening van het Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering, ingesteld bij Koninklijk Besluit van 4 november 1911, Nr. 40. 28 Ontwerp 1920, Toelichting 32. 29 So ausdrücklich Ontwerp 1920, Toelichting 71 zu Vorschrift 88. 30 Vorschrift 552 (Art. 3 Abteilung 1 Titel 3 Buch 4). 31 Hugenholtz/Heemskerk 5 Nr. 3; dort auch zur Geschichte des niederländischen Zivil­ prozeßrechts allgemein.

b) Gesetzliche Regelung von 1932 Ein Gesetz vom 29. Dezember 193232 brachte dann eine klare Regelung der dwangsom: In das Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering wurde unter der Überschrift „Van Dwangsom“ eine Regelung des Zwangsgeldes in den Artt. 611a und 611b eingefügt, die durch einen Artikel 33 a im Faillissementswet ergänzt wurde. Art. 611 a Rv. besagte schlichtweg, daß in einem Urteil, das eine Verurteilung zu etwas anderem als der Zahlung einer Summe Geldes enthält, ein Zwangsgeld auferlegt werden kann. Art. 611 b Rv. bestimmte sodann in seinem ersten Absatz, daß der Begünstigte das Zwangsgeld vollstrecken kann, ohne erst einen neuen Titel erhalten zu haben33. Damit ist der niederländische Gesetzgeber absichtlich von der französischen astreinte und den hergebrachten Vorstellungen abgewi­ chen34: Eine „liquidation" ist nicht erforderlich; das Zwangsgeld ist definitiv. Der Schuldner, der zur Erfüllung des Urteils nicht in der Lage ist, kann jedoch beantragen, daß die Vollstreckung unterbleibt35 - es sei denn, daß er diese Lage im Hinblick auf die Vollstreckung selbst herbeigeführt hat36. Die dwangsom war damit weitgehend von ihrer Bindung an den Schadenser­ satz befreit; allerdings wurde weiter angenommen, daß ein verwirktes und gezahltes Zwangsgeld wegen des Grundsatzes der Vorteilsausgleichung auf einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers anzurechnen sei37. Das niederländische Gesetz von 1932 hat das Einheitliche Benelux-Gesetz über das Zwangsgeld (s.unten II) wesentlich beeinflußt.

4. Luxemburg

Der Code civil von 1804 und der Code de procedure civile von 1806 wurden auch im - damals französischen - Gebiet des heutigen Großherzogtums Luxem­ burg eingeführt und gelten dort noch heute38. Die Bestimmungen des Code civil über die Zwangshaft wurden durch Gesetz vom 16. Februar 1877 ab geschafft39. Die Gesetzeslage entsprach damit der französischen. 32 Stb. Nr. 676. Zu Einzelheiten des Gesetzgebungsverfahrens Burgerlijke Rechts VORDEBoek II, titel V, afdeling 3, Anm. 1. 33 Allerdings gestattete Art. 611 b Abs. 3 Rv. den Antrag aufErteilung eines neuen Titels, krit. Hugenholtz, W.P.N. R. 63 (1932) Nr. 3285 S. 539 (541). 34 Meijers, Dwangsom 289 = W.P.N. R. 77 (1946) Nr. 3945 S. 273 (275). 35 Art. 611 b Abs. 2 i. V. m. Art. 611 Abs. 1 Rv. 36 Art. 611 b Abs. 2 i. V. m. Art. 611 Abs. 3 Rv.; diese Ausnahme kritisiert Drion, R.M.The­ mis 1962, 203 (235). 37 So Bloembergen 333 mit N. 2; Hugenholtz/Heemskerk (11. Aufl. 1976) 306 f.; van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-62) 143; Stein (3. Aufl. 1973) 322; kritisch dazu Sterk 114f. 38 Pescatore 15 Nr. 4,29 Nr. 11; Arendt, Rev .jur. pol. 40 (1986) 828 (829); auch Majerus 23. 39 Vgl. Code civil et Code de procedure civile annotes, Cc Anm. zu Art. 2059-2070; die entsprechenden Verfahrensbestimmungen des Cpc wurden dadurch gegenstandslos, ebd., Cpc Anm. vor Art. 780-805. ring/Jansen

So wurde auch in Luxemburg die astreinte von der Rechtsprechung entwikkelt40. Gerade ein Jahr nach der Ablehnung der astreinte durch den belgischen Kassationshof und lange vor der gesetzlichen Regelung der dwangsom in den Niederlanden aber hat die luxemburgische Cour Superieure de Justice in einer Entscheidung vom 10. März 1925 die Zulässigkeit der astreinte anerkannt41; es handele sich weder um eine „peine proprement dite“ noch um Schadensersatz, sondern um eine „sanction, sous la forme d’une astreinte comminatoire, pour ... assurer l’execution .. Sie sei, so führte der Obergerichtshof aus, ein „moyen employe pour aider l’execution de la sentence rentrant dans le cercle de l’autorite que les tribunaux possedent et qui leur a toujours ete reconnue, tant sous les anciens regimes que dans la legislation actuelle, ainsi qu’il appert notamment des articles 191, 536, 107 et 1036 du Code de procedure civile“.

Die luxemburgische Rechtsprechung also folgte der zu Beginn des Jahrhun­ derts in Frankreich von Adhemar Esmein gegebenen Rechtfertigung der astrein­ te42. Das Zwangsgeld habe, so führte das Gericht weiter aus, provisorischen Charakter und könne daher später revidiert werden. Die astreinte konnte in Luxemburg von jedem Gericht verhängt werden43 und wurde häufig angewandt44. Das Einheitliche Gesetz über das Zwangsgeld hat dieser Praxis schließlich eine eindeutige gesetzliche Grundlage und zum Teil eine neue Form gegeben.

II. Das Einheitliche Gesetz über das Zwangsgeld 1. Grundlage im Benelux-Übereinkommen vom 26. November 1973 Trotz seit Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst gleicher Gesetzeslage hatte das Zwangsgeld in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg verschiedene Wege genommen. Am 26. November 1973 aber haben die Benelux-Staaten45 im Haag das „Benelux-Übereinkommen zur Einführung eines einheitlichen Geset­

40 Pescatore 395. 41 Pas. lux. XI 193, auszugsweise zitiert im Expose des motifs commun, Jur. Benelux 2 (1980-81) 115 (116) und Code, Cpc Anm. zu Art. 1036. 42 Dazu oben § 314. 43 Cour Superieure de Justice 14.12.1970, Pas. lux. XXI (1969-73) 434, 439 (Adhäsionspro­ zeß). Auch im refere-Verfahren kann eine astreinte verhängt werden, vgl. Code, Cpc Art. 806 Anm. 6 m.Nachw., anders allerdings Cour Superieure de Justice 25.2.1969, Pas.lux. XXI (1969-71) 168, 171, doch dürfte dort eine den Schaden ersetzende „astreinte non-comminatoire“ gemeint sein. Elvinger, Trav. Assoc. Capitant 36 (1985) 209 sagt, die Rechtsprechung habe hier gezögert. 44 Pescatore 395. 45 Belgien, Niederlande und Luxemburg; allgemein zur Rechts Vereinheitlichung in der Benelux-Union David in Int.Enc.Comp.Law vol. II ch. 5 s. 501 ff.; van Hecke 33ff.

zes über das Zwangsgeld“46 unterzeichnet. Diese Vereinheitlichung47 sollte die Rechtssicherheit festigen, die durch die Entwicklung der Benelux-Union erfor­ derlich geworden war48. Schon fast genau zwölfJahre vorher hatte die „Vereniging voor de vergelijkende Studie van het recht van Belgie en Nederland“ über das Zwangsgeld beraten49 und sich für dessen Einführung bzw. Beibehaltung ausgesprochen50. Für Belgien hatte Ende 1962 Marcel Storme die Einführung des Zwangsgeldes nach niederländischem Vorbild empfohlen51. Von 1963 bis 1968 arbeitete dann eine Unterkommission der Benelux-Studienkommission für RechtsVereinheitlichung die Regelung aus52. Ihre Verabschiedung verzögerte sich bis 1973. Nach Art. 1 des Übereinkommens verpflichtete sich jeder der vertragschlie­ ßenden Staaten, das dem Übereinkommen im Anhang beigefügte „Einheitliche Gesetz über das Zwangsgeld“53 bei Inkrafttreten des Übereinkommens in seine Gesetzgebung einzuführen. Nach der Hinterlegung der luxemburgischen Ratifikationsurkunde am 30. November 1976 sowie der niederländischen Ratifikationsurkunde am 8. Au­ gust 1978 ist das Übereinkommen gemäß seinem Art. 6 Abs. 2 am 1. Oktober 1978 für Luxemburg und die Niederlande in Kraft getreten. Belgien hinterlegte seine Ratifikationsurkunde am 31. Januar 1980, so daß das Übereinkommen für dieses Land gemäß seinem Art. 6 Absatz 3 am 1. März 1980 Gültigkeit erlangte. In den Niederlanden wurde durch Gesetz vom 23. März 197754, in Kraft getreten am 1. Januar 197855, die bisherige Regelung des Zwangsgeldes in Artt. 611 a und 611 b des Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering (Rv.) durch die dem Übereinkommen entsprechenden Artt. 611a bis 611 i Rv. ersetzt56.

46 Convention Benelux portant loi uniforme relative ä l’astreinte/Benelux-Overeenkomst houdende eenvormige wet betreffende de dwangsom. 47 Zu ihrer Vorgeschichte Storme, Haardt-bundel 125. 48 So Conseil interparlementaire consultatif du Benelux, Doc. 108/1 vom 1.6.1970, S. 2, hier zitiert nach David-Constant 187 Nr. 4. 49 Siehe Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) mit dem belgischen Bericht von Ronse 107-117, dem niederländischen Bericht von van Opstall 118-160 und dem Tagungsbericht 12-17. 50 Ebd. 17. 51 R.W. 26 (1962-1963) 1321-1338 (1333). 52 Vgl. Storme, Haardt-bundel 125 f. Nr. 2 und 3. Storme selbst war an den Arbeiten beteiligt. 53 Loi uniforme relative ä l’astreinte/Eenvormige wet betreffende de dwangsom. 54 Stb. Nr. 184. 55 Also vor dem Inkrafttreten des Benelux-Übereinkommens. 56 Es war zunächst beabsichtigt, diese Bestimmungen später als Art. 3.11.5. bis 3.11.5g in den „Rechtsvorderingen“ überschriebenen 11. Titel des 3. Buches des Nieuw Burgerlijk Wetboek zu übernehmen. Da das 3. Buch das Allgemeine Vermögensrecht betrifft, das Zwangsgeld aber etwa auch im Familienrecht Anwendung finden kann, wurde dieses Vorha­ ben jedoch fallengelassen; vgl. etwa Verschuur, Kwartaalbericht Nieuw BW 1984, 116 sowie 140 und de Vries, T.P.R. 20 (1983) 1352f. Für das Verbleiben der Regelung im Rv. hatte sich aus grundsätzlichen Erwägungen schon vorher Heemskerk, Rechtsvordering 27-28 ausge­ sprochen.

Luxemburg hatte bereits am 21. Juli 1976 ein Zustimmungsgesetz57 erlassen; gemäß dessen Art. 3 wurde mit dem Inkrafttreten des Einheitlichen Gesetzes58 der Code civil um einen „Titre XVI - De l’astreinte" mit den Art. 2059 bis 2066 ergänzt, die den Artikeln 1 bis 7 des Einheitlichen Gesetzes entsprechen. In den Code de procedure civile wurde ein dem Artikel 8 des Einheitlichen Gesetzes entsprechender Art. 43 eingefugt. Das belgische Zustimmungsgesetz erging am 31. Januar 198059; während zunächst vorgesehen war, die Bestimmungen des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld in den Code civil zu übernehmen60, fügte das Zustimmungsge­ setz sie schließlich der Gerichtsordnung, 4. Teil, 4. Buch, als Artikel 1385bis 1385septies in einem neuen 23. Hauptteil mit der Überschrift „Das Zwangsgeld“ ein. Seit dem 1. März 1980 gelten somit in allen drei Benelux-Ländern einheitliche Regeln über das Zwangsgeld. Allerdings gestattet das Übereinkommen es den Vertragsstaaten, das Einheitliche Gesetz durch Bestimmungen über zusätzliche, in dem Einheitsgesetz nicht geregelte Fragen zu ergänzen (Art. 2)61; auch können die Vertragsstaaten Klagen auf die Erfüllung von Arbeitsverträgen von dem Anwendungsbereich des Einheitlichen Gesetzes ausschließen (Art. 3 Abs. I)62. 63 Um die einheitliche Anwendung der Vorschriften über das Zwangsgeld zu gewährleisten, wurde der Benelux-Gerichtshof63 in Art. 4 des Übereinkom­ mens mit der Entscheidung von Fragen der Auslegung des Übereinkommens und des Einheitlichen Gesetzes betraut64. Das Einheitliche Gesetz ermöglicht es, im folgenden die Rechte Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs nicht nach Ländern getrennt, sondern im wesent­ lichen gemeinsam zu behandeln65. Wie bereits angedeutet, sind bei einigen 57 Loi du 21 juillet 1976 portant approbation de la Convention Benelux portant loi uniforme relative ä l’astreinte, Memorial A 1976, 826. 58 Am 1. Oktober 1978, Memorial A 1978, 1291. 59 Belgisch Staatsblad/Moniteur Beige 1980, 2181 vom 20.2. 1980. 60 Siehe dazu Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (146 mit N. 59). 61 Siehe etwa zur Verhängung des Zwangsgeldes durch Schiedsgerichte unten 2 m). 62 Siehe hierzu unten 2 f) bb). 63 Der Benelux-Gerichtshof wurde durch Vertrag vom 31. März 1965 errichtet; ausführlich zu seiner Organisation und Tätigkeit Dumon passim. Seit 1975 erscheint auch eine besondere Sammlung der Entscheidungen des Benelux-GH unter dem Titel „Cour de Justice-BeneluxGerechtshof, Jurisprudentie . .. Jurisprudence“. 64 Solange das Übereinkommen noch nicht in allen drei Benelux-Staaten galt, war der Benelux-Gerichtshof aber noch nicht zuständig, vgl. Benelux-GH 25.5.1979 - Rs. A 78/3 (Merkenbureau van der Graaf & Co. B.V. J. N. V. Agio Sigarenfabrieken), Jur. Benelux 1 (1975-79) 213. 65 Den Bestimmungen des Einheitlichen Gesetzes entsprechen in Belgien, den Niederlanden bzw. Luxemburg jeweils folgende Artikel: Art. 1 - 1385bis GO - 611 a Rv. - 2059, 2060 Cc Art. 2 - 1385ter GO - 611 b Rv. - 2061 Cc Art. 3 - 1385quater GO - 611 c Rv. - 2062 Cc Art. 4 - i385quinquies GO - 611 d Rv. - 2063 Cc Art. 5 - 1385sexies GO -611eRv. -2064Cc

Fragen jedoch besondere nationale Regelungen bzw. Zusammenhänge mit na­ tionalem Recht zu beachten.

2. Merkmale des Zwangsgeldes

Das Einheitliche Gesetz regelt das Zwangsgeld bis in alle Einzelheiten. Zwar sind bei der Ausarbeitung des Gesetzes auch die Rechte Frankreichs, Deutsch­ lands und Englands kurz betrachtet worden66, doch sind diese kaum von Einfluß gewesen67. Vielmehr orientiert sich das Einheitliche Gesetz in seinen Grundzü­ gen, wie auch die Literatur häufiger betont68, an dem früheren niederländischen Recht. Einige der Merkmale dieser Regelung weichen von dem aus anderen Ländern Vertrauten ab. a) Begriff des Zwangsgeldes

Art. 1 des Einheitlichen Gesetzes ist die grundlegende Bestimmung über das Zwangsgeld („dwangsom“, „astreinte“) und gibt auch eine Begriffsbestim­ mung. Er besagt nämlich, daß „der Richter auf Antrag einer der Parteien die andere Partei für den Fall, daß der Hauptverur­ teilung nicht nachgekommen wird, zur Zahlung einer Summe Geldes, Zwangsgeld genannt, . . . verurteilen kann. “

Das Zwangsgeld des Einheitlichen Benelux-Gesetzes ist also Sanktion und Beugemittel, um die Naturalerfüllung zu erreichen69.

Art. 6 - 1385septies GO -611fRv. -2065Cc Art. 7- 1385octies GO -611gRv. -2066Cc Art. 8 - 1385nonies GO -611hRv. -43 Cpc Ausländische Darstellungen des Einheitlichen Gesetzes bzw. des neuen belgischen Rechts finden sich bei Aragoneses Martinez 43-44; Glos, International Journal of Legal Information 1985, 17-27; Minvielle, Rev.Urug.Der.Proc. 1984, 328-337 und Vitali, Riv.dir.proc. 38 (1983) 272-279; kurz auch Boyer, J.-Cl.proc.civ. Fase. 518-3 Nr. 32; zum alten niederländi­ schen Recht Stoll in Int.Enc.Comp.L. vol. XI/1 ch.8 s.118. 66 Vgl. die rechtsvergleichende Übersicht im Expose des motifs commun, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115; siehe auch schon Storme, R.W. 26 (1962-1963) 1321-1338. 67 Blaauw 34 bemängelt zu Recht das fast vollständige Fehlen einer Abwägung der Vorund Nachteile der verschiedenen Systeme. 68 Fettweis 599 N. 9; Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (139); Moreau-Margr^ve, Ann.Fac.Dr. Liege 27 (1982) 11 (13f.); Storme in Fettweis/Gutt 197 Nr. 7; ders., Haardt-bundel 127; ders., T.P.R. 17 (1980) 222 (240 Nr. 34); besonders ders., Riv.trim.dir.proc.civ. 40 (1986) 602 (606f.) und ders., Rapports beiges XII 1 S. 209, 211, 213; Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 2 und 3 weist immerhin auf die Abweichung von der französischen astreinte hin. Über einige Änderungen, die das Einheitliche Gesetz für die Niederlande gebracht hat, s. Jansen, Ned.Jbl. 1978, 221. 69 Ballon, A.P.R. 23 Nr. 55; ders., R.W. 43 (1979-80) 2017 (2020 Nr. 3.3.); Glansdorff, J.Trib. (Brux.) 1980, 312; Storme in Fettweis/Gutt 197 Nr. 5.

b) „Ergänzende Verurteilung“ Das Zwangsgeld ist auch eine ergänzende Verurteilung70, denn es setzt eine Hauptverurteilung voraus71. Da Art. 1 des Einheitlichen Gesetzes von „der Hauptverurteilung“ spricht72, wird vielfach73 gefolgert, daß ein Zwangsgeld nur zusammen mit der Hauptver­ urteilung ausgesprochen werden könne. Diese Ansicht ist jedoch zu Recht als „sehr formalistisch“ gebrandmarkt worden74. Man findet denn auch einige Fälle, in denen erst nach Ausspruch der Hauptverurteilung in einer gesonderten Entscheidung ein Zwangsgeld verhängt worden ist75. Daß das Zwangsgeld auch noch in der zweiten Instanz zum ersten Mal beantragt werden kann, stellt Art. 1 Abs. 2 des Einheitlichen Gesetzes ausdrück­ lich klar76. 77 c) Begünstigter Wenn auch Art. 1 des Einheitlichen Gesetzes darüber schweigt, an wen das Zwangsgeld zu zahlen ist, so ergibt sich doch aus Art. 377, daß der Begünstigte der Gläubiger der Hauptverurteilung ist78. Diese Vorschrift bestimmt nämlich, daß das Zwangsgeld, wenn es einmal verwirkt ist, vollständig der Partei zugute 70 Ballon, A.P.R. 20 Nr. 49; ders., R.W. 43 (1979-80) 2017 (2020 Nr. 3.1.); Storme in Fettweis/Gutt 196 Nr. 4, 197 Nr. 8. 71 Nach Hoge Raad 9.1.1981, Ned.Jur. 1981 Nr. 227 S. 759 (771 unter 9) soll es aber zulässig sein, ein Zwangsgeld für jede Zuwiderhandlung zu verhängen, auch wenn nur eine Mehrzahl von Zuwiderhandlungen unrechtmäßig ist - es ging um Lärmbelästigung. 72 „De hoofdveroordeling“, „la condamnation principale“. 73 Ballon, R.W. 43 (1979-80) 2017 (2020 Nr. 3.1.); ders., A.P.R. 21 Nr. 50; Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (148 unter 29); Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 13; Parlementaire Geschiedenis Boek 3, 905; mit anderer Begründung Cour d’appel Bruxelles 7.3.1988, J.Trib. (Brux.) 1988, 360; Pouleau, J.Trib. (Brux.) 1987, 201; de Vroede/Ballon 733 Rz. 1463; zustimmend ArbeidsRb. Brugge afdeling Oostende 30.6.1981, R.W. 45 (1983-84) 1991 (1992); die ältere niederländische Praxis war uneinheitlich, vgl. van Nispen II Nr. 242 m.Nachw. 74 Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (64); so im Ergebnis nun auch Storme, Haardt-bundel 125, 129 und 126 Nr.4.3 sowie ders., R.W. 48 (1984-1985) 1409 (1411); kritisch auch Blaauw 12. 75 Trib.civ. Liege 2.7.1980, Jur.Liege 87 (1980) 241; Burg.Rb. Gent 14.7.1981, R.W. 45 (1981-82) 690 und dazu Anmerkung Storme ebd. 694 unter 5. 76 S. a. Hof van Beroep Brussel 9.10.1981, Rev.dr.com.beige 15 (1982) 316; de Vroede, T.P.R. 20 (1983) 1014 Nr. 490; grundsätzlich so auch Cour d’appel Bruxelles 20.1.1981, Rev.dr.com.belge 14 (1981) 405 (408f.) 77 So schon Expose des motifs commun, Art. 3, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (122); auch Jansen 333; van Oevelen, R.W. 43 (1979-1980) 153 (158); Oudelaar 37; Schlingemann in Zonderland 272; dies übersieht Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (27). 78 Vgl. neben den in der vorigen Note genannten David-Constant 189; Glansdorff, J.Trib. (Brux.) 1980, 312 (313); Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (27); vereinzelte abweichende Entscheidungen des Vredegerecht Maasmechelen vom 27.6.1980 und vom 19.12.1980 nennt Dhoore, J.Trib. (Brux.) 1981, 529 (533).

kommt, die die Verurteilung erwirkt hat. Zugunsten eines Dritten kann ein Zwangsgeld daher nicht verhängt werden79.

d) Verhältnis zum Schadensersatz

Art. 1 Abs. 1 Satz 1 a.E. des Einheitlichen Gesetzes bestimmt ausdrücklich, daß das Zwangsgeld ein etwaiges Recht auf Schadensersatz unberührt läßt. Dies hat eine zweifache Bedeutung: Zum einen ist die Höhe des Zwangsgeldes nicht von der eines etwaigen Schadens des Gläubigers abhängig; sie ist vielmehr nach der Art und den Umständen der Sache, insbesondere den Mitteln und dem Verhalten des Schuld­ ners, festzusetzen80. Zum anderen bleiben Zwangsgeld und Schadensersatz auch später voneinan­ der unabhängig. Das Einheitliche Gesetz ist also nicht der alten niederländi­ schen81, auch de lege ferenda gelegentlich82 vorgeschlagenen Lösung gefolgt, das Zwangsgeld auf einen später erhobenen Schadensersatzanspruch anzurech­ nen83. Man nahm an, daß der Gläubiger, der das Zwangsgeld erhalten hat, ohnehin keinen neuen - diesmal auf Schadensersatzleistung gerichteten - Prozeß beginnen werde84. e) Antragserfordernis

Art. 1 Absatz 1 Satz 1 des Einheitlichen Gesetzes setzt für die Auferlegung eines Zwangsgeldes ausdrücklich einen entsprechenden Antrag85 einer Partei voraus; der Richter kann ein Zwangsgeld daher nicht von Amts wegen verhän­ gen86. Diese Regelung soll vermeiden, daß der Ausspruch eines Zwangsgeldes 79 Arr.Rb. ’s-Hertogenbosch 6.5.1982, Ned.Jur. 1984 Nr. 603 S. 2096 (2100) - auch nicht zugunsten des Vertreters -; s. a. schon zum früheren niederländischen Recht Arr.Rb. Amster­ dam 3.10.1974, Ned.Jur. 1975 Nr. 78 S. 249 (250) und Arr.Rb. Arnhem 18.12.1973, Ned.Jur. 1974 Nr. 65 S. 156 (158). 80 Expose des motifs commun, Art. 1er, unter b, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (120); Gul­ dix, J.J.P. 89 (1980) 129 (150 unter 33). 81 Siehe oben 13 b mit Nachw. 82 So van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 143f. 83 Vgl. Expose des motifs commun, Art. 1er, unter c, Jur. Benelux 2 (1980-81) 115 (121); s. a. Dirix, Begrip 51 f. Nr. 65; Oudelaar 40; van der Werf 136; ebenso wird auch bereits gezahlter Schadensersatz nicht auf verwirkte Zwangsgelder angerechnet, vgl. Oudelaar und van der Werf ebd. 84 Expose des motifs commun, Art. 1er, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (121); kritisch dazu Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 20, 21 und 39. 85 Formulierungsratschläge gibt Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (236 Nr. 24); er empfiehlt, den Antrag schon in die Klagschrift aufzunehmen. 86 Benelux-GH 2.4.1984 - Rs. A 83/3 (Societe Cooperative Valois Vacances et Loisirs ./. Edel Bureau Elit S. A.), Jur.Benelux 5 (1984) 47 (50), s.auch die Schlußanträge des Generalanwalts Krings ebd. 53; ferner Hof van Beroep Antwerpen 11.10.1990, R.W. 54 (1990-91) 754; Burgerlijke Rechtsvordering/Jansen Art. 611a Anm. 2; David-Constant 191 Nr. 13; Ma­ lengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 14; Moreau-Margreve, Ann.Fac.

eine bloße „clause de style“, eine Floskel, wird oder unter Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten des Verurteilten erfolgt87. In ihrem Antrag braucht die Partei den Betrag oder die Modalitäten des begehrten Zwangsgeldes nicht anzugeben88. Hat sie ein Zwangsgeld bestimm­ ter Höhe oder bestimmter Art beantragt, so steht es dem Richter dennoch frei, ein geringeres Zwangsgeld festzusetzen oder es anders auszugestalten89; ob der Richter auch ein höheres Zwangsgeld als beantragt festsetzen kann, ist jedoch umstritten90.

f) Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich der Vorschriften des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld ist im Prinzip unbeschränkt91. Insbesondere erstreckt er sich nicht nur auf das Vermögensrecht, sondern etwa auch auf das Familienrecht92. Ein Vorschlag, das Zwangsgeld für die Durchsetzung von Entscheidungen, die zur Lieferung von Gattungssachen verurteilen, nicht zuzulassen, ist aus­ drücklich abgelehnt worden93. Es sind jedoch andere Ausnahmen zu beachten:

aa) Ausnahmefiir Zahlungsurteile Eine Ausnahme sieht das Einheitliche Gesetz selbst ausdrücklich vor: Nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 kann ein Zwangsgeld im Fall einer Verurteilung zur Zahlung einer Summe Geldes nicht auferlegt werden94. Nach Ansicht mancher, die einer älteren niederländischen Entscheidung folgen95, soll die Rückgabe einer Geld­ Droit Liege 27 (1982) 11 (20); van Mullen, J.Trib. (Brux.) 1977, 37 (40); Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (231 Nr. 14); de Vroede/Ballon 734 Rz. 1464; van der Werf 135. 87 Expose des motifs commun, Art. 1er, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115, 121; David-Con­ stant 191 Nr. 13; Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (20). 88 Benelux-GH 2.4.1984 (vorvorige Note) (51); Moreau-MargrEve, Ann.Fac.Droit Liege 27(1982) 11 (63). 89 Generalanwalt Krings ebd. 53; Ballon, R.W. 43 (1979-1980) 2017 (2021); Storme in Fettweis/Gutt 202 Nr. 15; ders., T.P.R.17 (1980) 222 (237Nr. 26). 90 Dafür Generalanwalt Krings ebd. 55; Moreau-MargrEve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (63); Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (237 Nr. 26); dagegen: Ballon, R.W. 43 (1979-1980) 2017 (2021); ders., A.P.R. 26 Nr. 62; Blaauw, T.P.R. 17 (1980) 985 (996 Nr. 64); ders., Executiemiddelen 36; Burgerlijke Rechtsvordering/Jansen Art. 611a Anm. 2; Ma­ lengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 19; van der Werf 137; wohl auch Oudelaar 38 und Pouleau, J.Trib. (Brux.) 1987, 201 (202 N. 15). 91 Moreau-MargrEve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (15). 92 Benelux-GH 11.5.1982 - Rs. A 81/3 (Ladan J. de Bruin), Jur.Benelux 3 (1981-1982) 1; Benelux-GH 11.5.1982-Rs. A81/6 (Wassenburg J. Pehr), Jur.Benelux3 (1981-1982) 54. In den Niederlanden bestanden hierzu vorher große Zweifel, vgl. van Nispen II Nr. 238 Ziff. 9. 93 S. Expose des motifs commun, Art. 1er, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (120); Ballon, R.W. 43 (1979-1980) 2024 unter 6.2. 94 So ausdrücklich etwa auch Cour d’appel Bruxelles 10.2.1984, J.Trib. (Brux.) 1984, 365 (366). 95 Hoge Raad 9.9.1949, Ned.Jur. 1950 Nr. 595 S. 961 (963) mit den Schluß anträgen des Generalanwalts Langemeijer.

summe allerdings keine „Zahlung“ im Sinne dieser Ausnahmevorschrift sein96. Die Berechtigung dieser Unterscheidung wird jedoch bestritten97. Der Benelux-Gerichtshof hat aus den Materialien zu dem Übereinkommen geschlossen, daß die Ausnahme nur dann eingreifen soll, wenn die Hauptverur­ teilung mit Hilfe von direkten Vollstreckungsmaßnahmen durchgesetzt werden kann98; er hat daher entschieden, daß eine Verurteilung zur Zahlung einer Geldsumme an eine andere Person als den Kläger nicht unter die Beschränkung des Art. 1 Abs. 1 Satz 2 des Einheitlichen Gesetzes fällt99, also mittels Zwangs­ geld durchgesetzt werden kann. Allgemein läßt sich daher sagen, daß diese Ausnahmevorschrift eng ausgelegt wird100. Ob sie überhaupt auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wie dem niederländischen kort geding gilt, ist neuerdings bezweifelt worden101.

bb) Vorbehaltfiir Klagen aufEifiillung von Arbeitsverträgen Wie bereits bemerkt102, gestattet es das Übereinkommen vom 26. November 1973 in seinem Artikel 2 Absatz 1, alle oder einige Klagen auf die Erfüllung von Arbeitsverträgen vom Anwendungsbereich des Einheitlichen Gesetzes auszu­ nehmen. Von dieser Möglichkeit haben Belgien und - im Jahre 1979 - die Niederlande in verschiedener Weise Gebrauch gemacht.

(1) Belgien. - Belgien hat - nach langwierigen Beratungen103 und im größt­ möglichen Umfang104 - eine weitreichende Ausnahmevorschrift in die Bestim­ mungen über das Zwangsgeld eingefügt. Der Art. 1385bis Abs. 1 Satz 2 GO lautet:

96 So Jansen 330 N. 116; Rommel, J.TT. 1982, 65 (72 Nr. 37); Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (231 Nr. 13); ders. in Fettweis/Gutt 199 Nr. 9; ders., Anmerkung zu Burg.Rb. Gent 14.7.1981, R.W. 45 (1981-1982) 690, 691 (694); Dhoore, J.Trib. (Brux.) 1981, 529 (534) weist zudem auf eine unveröffentlichte Entscheidung des Juge de paix Bruxelles 21.1.1980 hin (Stellung einer Mietgarantie durch Bankbürgschaft). 97 So Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (73). 98 Benelux-GH 9.7.1981 - Rs. A 81/1 (Geers J. Scholten), Jur.Benelux 2 (1980-81) 102 (107) mit Schluß anträgen des Generalanwalts Berger. 99 Ebd.; zur gerichtlichen Praxis näher unten § 7II5 a). 100 Generalanwalt Berger in seinen Schluß anträgen ebd. 112; Ballon, A.P.R. 53 Nr. 148; ders., R.W. 43 (1979-80) 2017 (2025); Storme in Fettweis/Gutt 199 Nr. 9; Ballon, A.P.R. 53 Nr. 149 will wohl auch fordern, daß die Zahlung „im Tausch für eine Gegenleistung“ erfolgen soll; dagegen aber Generalanwalt Berger a.a.O. 114. 101 Arr.Rb. Middelburg 10.3.1986, K.G. 1986 Nr. 186 S. 325 - es ging um die Zahlung von Lohn; auch nach dieser Entscheidung soll in einem derartigen Fall ein Zwangsgeld aber nur unter besonderen Umständen verhängt werden; gegen die Ansicht dieser Entscheidung wohl Arr.Rb. Haarlem 6.1.1987, K.G. 1987 Nr. 59 S. 113 (Ls.) und Arr.Rb. Zutphen 23.9.1987, K.G. 1987 Nr. 464 S. 908 (910); siehe auch unten § 7II5 a). 102 Oben III. 103 S. dazu Ballon, Anmerkung zu ArbeidsRb. Antwerpen 7.2.1983, R.W. 47 (1983-84) 1155 (1156). 104 Moreau-MargrEve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (16 mit N. 17).

„Ein Zwangsgeld kann im Falle einer Verurteilung zur Zahlung einer Summe Geldes jedoch nicht auferlegt werden sowie ebenfalls nicht in Sachen von Klagen auf Erfüllung von Arbeits Verträgen“.

Diese Bestimmung scheint das Zwangsgeld in Arbeitsrechtsstreitigkeiten für Belgien vollständig auszuschließen105. Dennoch wird es von den belgischen Gerichten auch in diesem Bereich vielfach verwendet106. Die Rechtsprechung ist nämlich der Ansicht, daß die einem Arbeitgeber gesetzlich auferlegten Ver­ pflichtungen keine aus dem Arbeitsvertrag entspringenden Pflichten seien und somit trotz Art. 1385bis Absatz 1 Satz 2 a.E. GO mittels Zwangsgeld durchge­ setzt werden können107. Die damit vorgenommene Unterscheidung von gesetz­ lichen und vertraglichen Pflichten des Arbeitgebers ist jedoch fragwürdig108. Man kann sie allerdings damit begründen, daß Artikel 1385bis Abs. 1 Satz 2 a.E. GO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei109. Nach Storme soll ein Zwangsgeld daher auch dann nicht ausgeschlossen sein, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitgeber eine unerlaubte Handlung verboten werden soll110. Auch nach dieser einschränkenden Auslegung bleibt das Zwangsgeld aber in einigen arbeitsrechtlichen Fällen ausgeschlossen, nämlich etwa zur Durchset­ zung des Beschäftigungsanspruches des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, des Anspruchs auf gegenseitige Achtung111 oder von Ansprüchen zwischen Tarifvertragsparteien112. Ausgeschlossen ist auch die Verhängung eines Zwangsgeldes gegen den unrechtmäßig der Arbeit fernbleibenden Arbeitneh­ 105 Collin, Ann.Fac.Droit Liege 29 (1984) 89 (90); s. a. Moreau-Margeve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (17). 106 Ausführlich hierzu Collin, Ann.Fac.Droit Liege 29 (1984) 89 (90ff.). 107 So zu Leistung der Gehaltszahlung in bar und nicht per Scheck: Cour du travail Liege 3.6.1983, Jur.Liege 1983, 500 = J.T.T. 1984, 271 (272); Herausgabe oder Ausstellung von Arbeitspapieren: ArbeidsRb. Antwerpen 7.2.1983, R.W. 47 (1983-84) 1155 und Trib.trav. Liege 10.2.1986, J.T.T. 1986, 454; einer Bescheinigung für die Arbeitslosenversicherung: ArbeidsRb. Brugge afdeling Oostende 30.6.1981, R.W. 45 (1981-1982) 1991; der Sozialversi­ cherungspapiere: Trib.trav. Liege 25.5.1981, J.Trib. (Brux.) 1981, 539; der Gehaltszettel: Trib.trav. Mons 4.12.1989, Jur.Liege 1990, 682. 108 Vgl. die Kritik von Moreau-Margreve, Ann.Fac.Droit Liege 27 (1982) 11 (74£). Ein Grund für die Haltung der Rechtsprechung mag sein, daß früher ein tageweise bemessener Schadensersatz für den Verzug mit der Ausstellung von Arbeitspapieren gewährt wurde, vgl. Leboucq/Eeckhoutte, R.W. 46 (1982-1983) 1089 (1103) und Dhoore, J.Trib. (Brux.) 1981, 529. 109 So ArbeidsRb. Antwerpen 7.2.1983, R.W. 47 (1983-84) 1155; Storme, Haardt-bundel 130. Noch anders ArbeidsRb. Antwerpen 26.6.1989, R.W. 54 (1990-91) 60: Ausstellung der Arbeitslosigkeitsbescheinigung folge aus Beendigung des Arbeitsvertrages und nicht aus dem laufenden ArbeitsVerhältnis. 110 Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (230); er nennt als Beispiele den unrechtmäßigen Verkauf von Produkten, den Nachbau durch den Arbeitnehmer oder die unberechtigte Ausnutzung einer Erfindung eines Arbeitnehmers, Betriebsbesetzungen und anderweitige Tätigkeit. Zur Frage, ob ein ausgeschiedener Arbeitnehmer unter Zwangsgeld zur Herausgabe von Arbeitsge­ rät verurteilt werden kann, Rommel, J.T.T. 1982, 65 (72 Nr. 37). 111 Vgl. Ballon, Anmerkung zu ArbeidsRb. Gent 7.2.1983, R.W. 47 (1983-84) 1155 (1156, 1158). 112 ArbeidshofBrussel 6.6.1986, R.W. 50 (1986-1987) 1269.

mer113. Ob ein Zwangsgeld zur Erzwingung der Beendigung einer Betriebsbe­ setzung verhängt werden kann, ist zweifelhaft114.

(2) Niederlande. - Artikel 1639a B.W. bestimmt, daß der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Arbeit selbst zu verrichten, und daß er sich darin nur mit Zustimmung des Arbeitgebers durch einen Dritten vertreten lassen kann. Dieser Norm wurde durch Gesetz vom 14. Dezember 1979115 ein Absatz 2 angefügt, der besagt, daß „eine Klage auf Erfüllung der Arbeitsverpflichtung des Arbeit­ nehmers unter Bestimmung eines Zwangsgeldes oder der Zwangshaft nicht zulässig“ ist116. Demnach117 kann ein Arbeitnehmer nicht durch Zwangsgeld dazu gezwun­ gen werden, die geschuldete Arbeit zu verrichten118. Wohl aber kann er mittels Zwangsgeldes zur Beachtung eines Wettbewerbsverbotes angehalten wer­ den119.

cc) Ausnahme bei Unmöglichkeit. - Manche betrachten es als weitere Ausnahme vom grundsätzlich umfassenden Anwendungsbereich des Zwangsgeldes, daß ein Zwangsgeld dann nicht verhängt werden darf, wenn die Naturalerfüllung der Hauptverbindlichkeit unmöglich ist120. In diesem Fall dürfte jedoch schon eine Hauptverurteilung nicht möglich sein und schon deswegen ein Zwangsgeld nicht in Betracht kommen121.

113 Ballon, Anmerkung ebd. 1158. 114 Vgl. dazu ausführlich Collin, Ann.Fac.Dr.Liege29 (1984) 89 (92ff.) mit Nachw., knapp auch Storme (oben N. 110). 115 Stb. Nr. 693. 116 Ebenso der durch das gleiche Gesetz eingefugte Art. 9 Abs. 3 des Buitengewoon Besluit Arbeidsverhoudingen 1945 für den Fall, daß der Arbeitnehmer ohne die nach Artikel 6 BBA erforderliche Zustimmung des Bezirksarbeitsamts das ArbeitsVerhältnis beendigt; s. a. van der Grinten 174. Cremers, Ned.Jbl. 1989, 52-56 meint, wegen eines weiteren Begriffs des „werknemer“ im BBA sei dessen Art. 9 Abs. 3 wegen Verstoßes gegen Art. 3 des Einheitsgeset­ zes insoweit ungültig. 117 Vorher war dies streitig, vgl. Asser/Coehurst/de Leede/Thunissen V/III 165. Im Ontwerp 1920 wurde die Aufnahme einer Ausnahme für Dienstleistungen wie in § 888 Abs. 2 ZPO ausdrücklich unterlassen und arbeitsrechtlicher Sonderregelung überlassen, Ontwerp 1920, Toelichting 71. 118 Van der Grinten 126, 256. 119 Van der Grinten 146; wohl auch Asser/Coehorst/de Leede/Thunissen V/III 203. 120 Vgl. etwa Moreau-Margreve, Ann.Fac.Dr.Liege 27 (1982) 11 (17); kritisch Pouleau, J.Trib. (Brux.) 1987, 201 (202). 121 So auch Storme in Fettweis/Gutt 210 Nr. 31 sub. c) mit Hinweis aufJuge de Paix Mons 24.9.1981, R.G. Nr. 81/905 - unveröffentlicht - sowie Pouleau a.a.O.; s. auch schon Hoge Raad 21.5.1976, Ned.Jur. 1977Nr. 73 S. 273 (276) m.Anm. Scholten ebd. 279.

g) Modalitäten der Verhängung

Art. 2 des Einheitlichen Gesetzes sieht drei verschiedene Formen des Zwangs­ geldes vor: Der Richter kann das Zwangsgeld auf einen einheitlichen Betrag, einen Betrag je Zeiteinheit oder - einen Betrag je Zuwiderhandlung festsetzen. Die Wahl zwischen den verschiedenen Möglichkeiten obliegt dem Richter122. Meistens wird ein Zwangsgeld auf einen bestimmten Betrag je Zeiteinheit oder je Zuwiderhandlung festgestellt; ein auf einen einheitlichen (Gesamt-)Betrag lautendes Zwangsgeld ist hingegen seltener123. Um das Auflaufen eines zu hohen Betrages an Zwangsgeld zu vermeiden, sieht Art. 2 Satz 2 des Einheitlichen Gesetzes vor, daß der Richter bei einem je Zeiteinheit oder je Zuwiderhandlung bemessenen Zwangsgeld einen Höchstbe­ trag festsetzen kann, über den hinaus ein Zwangsgeld nicht verwirkt wird. Dies dient zugleich dazu, eine Benachteiligung anderer Gläubiger des Schuldners vor allem Unterhaltsberechtigter - durch eine übermäßige Verkürzung der Haftungsmasse zu vermeiden124. Art. 1 Abs. 3 des Einheitlichen Gesetzes stellt klar, daß ein Zwangsgeld erst ab der Zustellung der es aussprechenden Entscheidung verwirkt werden kann125; nach Absatz 4 kann der Richter dem Verurteilten außerdem eine Frist gewähren, so daß erst nach deren Ablauf ein Zwangsgeld fällig wird. Ist gegen die Hauptentscheidung Berufung eingelegt worden, so verfällt ein Zwangsgeld mangels Vollstreckbarkeit der Entscheidung für die Zeit bis zur Zurückweisung der Berufung nicht126. 122 Moreau-Margreve, Ann.Fac.Dr.Liege 27 (1982) 11 (22f.); Storme in Fettweis/Gutt 202 Nr. 15; zum Fehlen einer Bindung an den Antrag s. oben e). 123 Ballon, A.P.R. 27 Nr. 67; Dhoore, J.Trib. (Brux.) 1981, 529 (533); s.a. MoreauMargreve, Ann.Fac.Dr. Liege 27 (1982) 11 (23). 124 Guldix, JJ.P. 89 (1980) 129 (152) unter 35; Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 19. 125 Ger.Hof’s-Gravenhage 17.10.1979, Ned.Jur. 1980 Nr. 307 S. 969; unrichtig dagegen Juge de Paix Nivelles 11.2.1981, J.Trib. (Brux.) 1981, 539 mit anonymer Anmerkung, vgl. a. Storme in Fettweis/Gutt 201 Nr. 14. Wie Art. 1 Abs. 3 Einheitsgesetz zum alten niederländi­ schen Recht auch Hoge Raad 6.2.1981, Ned.Jur. 1982 Nr. 182 S. 633 (639) m.Anm. Heems­ kerk; Hoge Raad 27.4.1979, Ned.Jur. 1980 Nr. 169 S. 542 m.Anm. Heemskerk; nach der letztgenannten Entscheidung kann aber berücksichtigt werden, ob der Schuldner schon vor der Zustellung Vorbereitungen für die Ausführung der Entscheidung treffen konnte, vgl. a. Heemskerk ebd. 549. 126 Benelux-GH 5.7.1985 - Rs. A 84/3 (Liesenborghs-Thielens ./. Vandebril-Thielens), Jur.Be­ nelux 6 (1985) 115 = R.W. 49 (1985-1986) 929 = Ned.Jur. 1985 Nr. 19 S. 65 m.Anm. Heems­ kerk. In den Niederlanden hatte so schon früher Hoge Raad 18.1.1940, Ned.Jur. 1940 Nr. 1127 S. 1633 (1634) entschieden, in Belgien waren jedoch Zweifel entstanden, da das Zwangsgeld nach Ansicht einiger nicht an die Vollstreckbarkeit der Entscheidung, sondern nur an deren durch die Berufung nicht berührte - Verbindlichkeit anknüpfen sollte; vgl. dazu die Schlußan­ träge des Generalanwalts Krings ebd.

h) Definitiver Charakter Das Einheitliche Benelux-Gesetz kennt anders als das französische Recht nur das definitive Zwangsgeld127. Dies ergibt sich aus Art. 3 Satz 1 des Einheitlichen Gesetzes: „Ist das Zwangsgeld einmal verwirkt, so steht es vollständig der Partei zu, die die Verurteilung erzielt hat“. Grundsätzlich ist es dem Richter daher verwehrt, das Zwangsgeld nachträg­ lich aufzuheben oder herabzusetzen128. Auch daß bei nur teilweiser Nichterfül­ lung ein Mißverhältnis zwischen dem Zwangsgeld und dem Wert des nicht erbrachten Teils der Leistungen entsteht, ändert nichts129. Daher sollte es die Aufgabe des Gerichts sein, diesem Ergebnis bei teilbaren Leistungen dadurch vorzubeugen, daß das Zwangsgeld sogleich nach Teilen der Leistung bemessen wird130. Die Regel vom definitiven Charakter des Zwangsgeldes muß dann eine Ausnahme erleiden, wenn es dem Verurteilten nach der Verhängung des Zwangsgeldes unmöglich wird, der Hauptverurteilung nachzukommen. Da eine Willensbeugung durch das Zwangsgeld dann nicht mehr möglich ist, verliert das Zwangsgeld seinen Sinn131. Artikel 4 Absatz 1 des Einheitlichen Gesetzes bestimmt daher, daß „der Richter, der das Zwangsgeld auferlegt hat, auf Antrag des Verurteilten das Zwangsgeld aufheben, seinen Lauf während einer von ihm zu bestimmenden Frist unterbrechen oder es vermindern kann132, wenn für den Verurteilten ein Fall dauernder oder vorübergehender, vollständiger oder teilweiser Unmög­ lichkeit, der Hauptverurteilung nachzukommen, besteht“133. Unmöglichkeit ist schon dann anzunehmen, wenn es unredlich wäre, von dem Schuldner mehr Bemühen und Sorgfalt zu verlangen, als er bewiesen hat134. Art. 4 trägt allen 127 Ballon, A.P.R. 41 Nr. 107; ders., R.W. 43 (1979-1980) 2017 (2023); van Mullen, J.Trib. (Brux.) 1977, 37; auch Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (152) unter 36; de Leval, Jur. Liege 87(1980)242(244). 128 Ballon, A.P.R. 67 Nr. 184; ders., R.W. 43 (1979-1980) 2017 (2028); kritisch Blaauw 12. 129 Benelux-GH 9.3.1987 - Rs. A 85/2 (Trenning J. Krabben), Jur.Benelux 8 (1987) 2 (7 Nr. 10-11, 8 Nr. 18). 130 Ähnlich auch Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 23. 131 So schon Expose des motifs commun, zu Art. 4, Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (123) und dem folgend Benelux-GH 25.9.1986 - Rs. A 84/5 (Merkenbureau van der Graaf & Co. J. Agio Sigarenfabrieken N. K), Jur.Benelux 7 (1986) 17 (20) unter Nr. 15 mit Schluß anträgen General­ anwalt Krings sowie ders. in seinen Schluß anträgen zu Benelux-GH 9.3.1987 - Rs. A 85/2 (Trenning ./. Krabben), Jur. Benelux 8 (1987) 2 (10). 132 Nach Malengreau, Rev.gen.ass.resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 28 muß dies geschehen, wenn eine endgültige vollständige Unmöglichkeit vorliegt. 133 Ein Beispiel gibt Rb. van Koophandel Antwerpen 26.9.1986, J.Trib. (Brux.) 1986, 672: Da sich die Unmöglichkeit herausstellte - die zu liefernden Wagen wurden nicht mehr herge­ stellt -, wurde die dwangsom „ab initio“ aufgehoben. Als Beispiel für den vorübergehenden Aufschub, noch bevor die dwangsom zu laufen begonnen hatte, siehe Ger.Hof’s-Gravenhage 31.12.1986, Ned.Jur. 1987Nr. 1011 S. 3519. 134 So Benelux-GH 25.9.1986 (oben N. 131) 21 unter Nr. 16, aber nur beiläufig.

möglichen Fällen Rechnung135. Bei teilweiser Unmöglichkeit ist eine Herabset­ zung des Zwangsgeldes möglich, es sei denn, daß das Zwangsgeld schon für nur teilweise Nichterfüllung festgesetzt worden war136. In Absatz 2 wird allerdings klargestellt, daß das Zwangsgeld, soweit es bereits vor dem Eintritt der Unmög­ lichkeit verwirkt war, vom Richter nicht aufgehoben oder vermindert werden kann. Kann dem Schuldner die Nichtbefolgung der Entscheidung mangels Ver­ schuldens nicht zugerechnet werden, so wird ein Zwangsgeld nicht verwirkt137. Der definitive Charakter des Zwangsgeldes des Einheitlichen Gesetzes wird ferner dadurch betont, daß die Regelung auch auf eine „liquidation“ des Zwangsgeldes verzichtet138, wie sie das französische Recht kennt und auch für die „astreinte definitive“ fordert139. Artikel 3 Satz 2 des Einheitlichen Gesetzes besagt nämlich, daß der Begünstigte „das Zwangsgeld kraft eben des Titels, der es feststellt, vollstrecken kann“. Der Begünstigte benötigt für die Vollstreckung also keinen neuen Titel140; in welcher Höhe ein Zwangsgeld verwirkt ist, muß er daher selbst beurteilen141, und er braucht die entscheidenden Tatsachen für die Vollstreckung auch nicht 135 Generalanwalt Krings in seinen Schlußanträgen zu Benelux-GH 9.3.1987 (oben N. 131) 10, dort ausführlich zu den verschiedenen Fällen. 136 So wohl Benelux-GH 9.3.1987 (oben N. 131) auf Vorlage durch Hoge Raad 1.11.1985, Ned.Jur. 1986 Nr. 91 S. 336 (338). Zum Problem Burgerlijke Rechtsvordering (-Jansen) Art. 611 d Anm. la; in der niederländischen Rechtsprechung zu Art. 611b Rv. a.F. war eine Herabsetzung der dwangsom bei teilweiser Erfüllung oft für zulässig gehalten worden, doch hat der Hoge Raad 6.2.1981, Ned.Jur. 1982 Nr. 182 S. 633 (639) ausdrücklich offengelassen, ob dies zu billigen sei, vgl. auch die Anmerkung von Heemskerk, ebd. 644 m.Nachw. sowie van Nispen II Nr. 248 Ziff. 7; anders allerdings Generalanwalt Franx in seinen Schlußanträgen zu Hoge Raad 1.11.1985, Ned.Jur. 1986 Nr. 91 S. 336 (346), der meint, in der Entscheidung von 1982 sei diese Praxis verworfen worden. Gegen Herabsetzung Ballon, R.W. 43 (1979-1980) 2017 (1028); Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (151) unter 34. 137 Heemskerk, Anmerkung zu Hoge Raad 27.4.1979, Ned.Jur. 1980 Nr. 169 S. 542 (549); van Nispen II Nr. 248 Ziff. 3; Stein 313; van der Werf 138. Die bloße Annahme des Schuldners, er habe bereits vollständig erfüllt, entlastet ihn nicht, Benelux-GH 25.9.1986 (oben N. 131). 138 Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (232) Nr. 18; ders., Haardt-bundel 129; ders., Anmer­ kung zu Burg.Rb. Gent 24.1.1983, R.W. 47 (1983-84) 1423 (1424); van Mullen, J.Trib. (Brux.) 1977, 37 (41); van Oevelen, R.W. 43 (1979-80) 153 (158); de Leval, Jur.Liege 87 (1980) 242 (244); beiläufig auch Rb.van Koophandel Kortrijk 25.6.1984, R.W. 48 (1984-85) 1796 (1799). 139 S. dazu oben § 3II2 f). 140 Ger.Hof Leeuwarden 7.4.1982, Ned.Jur. 1983 Nr. 406 S. 1275; Burgerlijke Rechtsvor­ dering/Jansen, Art. 611 c Anm. 1; Jansen 332, 333; Oudelaar 43; Burg.Rb. Gent (beslagrechter) 24.1.1983, R.W. 47 (1983-84) 1423; ausführlich zu dem in der Entscheidung des Hof Leeuwarden auch behandelten Art. 43 EuGVÜ unten § 23. 141 Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (152f.) unter 26; Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (238) Nr. 27. In der Entscheidung Rb. van Koophandel Mechelen 10.10.1980, Rev.dr.com.belge 14 (1981) 532 (539), die dem Antragsgegner den Handel mit Raubpressungen von Tonträgern unter Zwangsgeld verbot, wurde allerdings bestimmt, daß das Zwangsgeld nur verwirkt wird, wenn der Antragsgegner die Falschheit zugibt oder das zuständige Gericht sie feststellt. Ob es zulässig ist, auf diese Weise doch eine „liquidation“ des Zwangsgeldes zu verlangen, erscheint mir als

urkundlich nachzu weisen142. Allerdings kann er eine neue Entscheidung bean­ tragen, die den Verfall des Zwangsgeldes und den Betrag, zu dem es aufgelaufen ist, bestätigt143. Vollstreckt der Begünstigte das Zwangsgeld, ohne daß er dessen Verfall gerichtlich hat feststellen lassen, so kann der Verurteilte gegebenenfalls gegen die Vollstreckungsmaßnahmen vorgehen144. In beiden Fällen hat der zuständige Richter dann festzustellen, ob und zu welchem Betrag das Zwangsgeld verfallen und daher kraft des alten Titels vollstreckbar ist145. Derartige Streitigkeiten sollen bisher aber nur selten be­ kanntgeworden sein146; daraus wird auf die Effizienz des Zwangsgeldes als Vollstreckungsmittel geschlossen147.

i) Einfluß von Konkurs oder Tod des Verurteilten

Die Artikel 5 und 6 des Einheitlichen Gesetzes enthalten detaillierte Bestim­ mungen über die Auswirkung von Konkurs oder Tod des Verurteilten auf das Zwangsgeld.

zweifelhaft; keine Bedenken hat aber wohl de Vroede, T.P.R. 20 (1983) 1015 Nr. 495; siehe ferner de Vroede/Ballon 737 Rz. 1470 mit weiteren Beispielen. 142 Kassationshof 26.6.1987, R.W. 51 (1987-1988) 1475; Trib.civ. Bruxelles 30.12.1987, J.Trib. (Brux.) 1988, 251. 143 So ausdrücklich Expose des motifs commun, zu Artikel 3, abgedruckt Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (122); s.auch Ballon, A.P.R. 41 Nr. 111; Burgerlijke Rechtsvordering/ Jansen Art. 611a Anm. 2; Guldix, JJ.P. 89 (1980) 129 (153) unter 36; Jansen 335; Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (238) Nr. 27 („interpretatieveuitspraak“). 144 Ballon, A.P.R. 41 Nr. 110; Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (153) unter 36; Oudelaar 44; van der Werf 138; auch van Mullen, J.Trib. (Brux.) 1977, 37 (41). Die unberechtigte Vollstreckung dürfte den Gläubiger zudem zum Schadensersatz aus unerlaubter Handlung verpflichten; de Vroede, T.P.R. 20 (1983) 865 (1016) Nr. 501 leitet dies aus Art. 1398 Abs. 2 der belgischen Gerichtsordnung her, doch betrifft diese Bestimmung an sich die vorläufige Voll­ streckbarkeit. 145 So ausdrücklich Burg.Rb. Gent 24.1.1983, R.W. 47 (1983-1984) 1423 (1424): „stelt vast dat het arrest van de 9 november 1982 van Hof van Beroep te Gent voor verweerders als titel geldt tot invordering . . . van 700.000 frank dwangsom .. .“; auch Ger.Hof. Leeuwarden 7.4.1982, Ned.Jur. 1983 Nr. 406 S. 1275 spricht von „vaststellen“; anders hingegen Hof van Beroep Brussel 19.10.1982, R.W. 48 (1984-1985) 1230, 1237: „Zegt voor recht dat appellante uit hoofde van nietnaleving van het bevelschrift van 29juli 1981, een dwangsom verschuldigd is ten bedrage von 1.300.000 frank en veroordeelt haar tot betaling van dit bedrag“. 146 Storme, Haardt-bundel 129f.; ders., Anmerkung zu Burg. Rb. Gent 24.1.1983, R.W. 47 (1983-84) 1423 (1424); s. aber etwa Kassationshof 26.6.1987, R.W. 51 (1987-88) 1475; ferner Burg.Rb. Antwerpen 23.5.1989, R.W. 53 (1989-90) 308; Trib.civ. Bruxelles 30.12.1987, J.Trib. (Brux.) 1988, 251 sowie Ger.Hof Arnhem 14.6.1988, K.G. 1988 Nr. 303 S. 546. 147 Storme ebd.

aa) Konkurs. - Der Konkurs hat zwei Wirkungen148: Zum einen wird das Zwangsgeld während des Konkurses des Verurteilten nicht verwirkt (Artikel 5 Absatz 1). Zum anderen können vor der Konkurseröffnung verfallene Zwangs­ gelder im Konkurs nicht geltend gemacht werden (Artikel 5 Absatz 2). Dies hindert jedoch nicht, daß sie nach Abschluß des Konkursverfahrens vollstreckt werden149. Zweck dieser Regelung ist der Schutz der anderen Gläubiger des Gemein­ schuldners150. Jedoch ist es zulässig, während des Konkursverfahrens gegen den Konkursverwalter ein Zwangsgeld zu verhängen151.

bb) Tod des Verurteilten. - Die Verpflichtung aus der Verurteilung zu einem Zwangsgeld geht grundsätzlich wie eine gewöhnliche Verbindlichkeit auf die Erben über152. Artikel 6 enthält jedoch einige die Erben privilegierende Regeln. Dabei wird danach unterschieden, ob das Zwangsgeld je Zeiteinheit oder in anderer Weise bemessen ist. Der Lauf des je Zeiteinheit bemessenen Zwangsgeldes endet mit dem Tod des Verurteilten, doch werden bereits verwirkte Zwangsgelder weiter geschuldet (Artikel 6 Absatz 1 Satz 1). Das Zwangsgeld beginnt erst nach einer besonderen Entscheidung des Richters - in der dieser es nach Satz 3 auch verändern kann gegen die Erben neu zu laufen (Artikel 6 Absatz 1 Satz 2). Der Grund für diese Besserstellung der Erben ist, daß sie möglicherweise keine Kenntnis von der Verurteilung haben und bei ihnen auch nicht die für die Verhängung des Zwangsgeldes maßgeblichen Umstände gegeben sein müssen153. Für andere Zwangsgelder - also solche, die auf eine Gesamtsumme lauten oder je Zuwiderhandlung bemessen sind - trifft Art. 6 Absatz 2 des Einheitlichen Gesetzes eine weniger eingreifende Sonderregelung. Danach können solche Zwangsgelder auf Antrag der Erben aufgehoben oder vermindert werden. Der Tod des Verurteilten bewirkt hier also nicht automatisch eine Aussetzung der Zwangsgeld-Verurteilung. Sonst nämlich könnten die Erben bis zu einer Wie­

148 Dies gilt nicht für das Vergleichsverfahren, es sei denn, daß das nationale Recht entspre­ chendes bestimmt, vgl. dazu ausführlich Expose des motifs commun, zu Art. 5, Jur. Benelux 2 (1980-1981) 115 (124f.); Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (155 N. 102); Malengreau, Rev.gen.ass. resp. 54 (1981) Nr. 10348 unter 35; er beklagt ebd. unter 38 ferner, daß die Regelung auch bei zahlungsunfähigen Nicht-Kaufleuten nicht eingreift, da diese nicht konkursfähig sind. 149 Expose des motifs commun, zu Art. 5, Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (124); s.a. Gul­ dix, JJ.P. 89 (1980) 129 (156) unter 40; Oudelaar 41. 150 Expose des motifs commun, zu Art. 5, ebd. 123. 151 Ebd. mit den Beispielen der verweigerten Aussonderung, einer wettbewerbswidrigen Handlung bei der Weiterführung des Betriebes und der Vertragsverletzung; ebenso in Frank­ reich Cour de cassation (soc.) 17.10.1989, Bull.civ. V Nr. 594 S. 359f; kritisch Burgerlijke Rechtsvordering/Jansen Art. 611 e Anm. 1. 152 So ausdrücklich Expose des motifs commun zu Art. 6, Jur. Benelux 2 (1980-1981) 115 (125); kritisch Blaauw 13. 153 Expose des motifs commun, zu Art. 6, ebd. 125.

derinkraftsetzung des Zwangsgeldes ungestraft Zuwiderhandlungen bege­ hen154. j) Verjährung und Berechnung des Streitwertes

Das alte niederländische Recht enthielt keine besondere Bestimmung über die Verjährung des Zwangsgeldes, doch hat das Einheitliche Gesetz mit seinem Artikel 7 hierzu eine „glückliche Neuerung“155 gebracht. Das Zwangsgeld unterliegt einer kurzen, sechsmonatigen Verjährung156. Konkurs, andere Voll­ streckungshindernisse und Unkenntnis von der Verwirkung des Zwangsgeldes unterbrechen aber die Verjährung (Artikel 7 Absätze 2 und 3). Schließlich schreibt Artikel 8 vor, daß das Zwangsgeld bei der Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit und der Statthaftigkeit der Berufung nicht berücksichtigt wird.

k) Zwangsgeld und Zwangshaft Weder das Übereinkommen noch das Einheitliche Gesetz enthalten eine Bestimmung über die Zwangshaft. Ob und wann diese zulässig ist und in welchem Verhältnis sie gegebenenfalls zum Zwangsgeld steht, wird daher durch die einzelstaatlichen Rechte geregelt.

aa) Belgien. - In Belgien wurde die Zwangshaft durch das Zustimmungsgesetz zum Benelux-Übereinkommen zur Einführung eines Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld (Artikel 4 Nr. 3 und 4)157 abgeschafft. Der Staatsrat hatte zwar eine bloße Änderung der geltenden Vorschriften über die Zwangshaft vorgeschlagen158, doch wurde dieser Rat zur Aufrechterhaltung der schon da­ mals kaum noch angewandten Bestimmungen159 nicht befolgt. Das heutige belgische Recht kennt daher nur das Zwangsgeld, nicht auch die Zwangshaft.

bb) Luxemburg. - In Luxemburg ist die Zwangshaft (contrainte par corps)

154 Vgl. Expose des motifs commun, zu Art. 6, ebd. 125. 155 Blaauw 13. 156 Ausführlich dazu Ballon, Rev.dr.com.belge 1988, 5-12; über Zweifelsfragen wegen des Beginns des Laufes der Frist s. Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (157) N. 108. Praktische Beispiele sind Ger.Hof Amsterdam 24.11.1988, Ned.Jur. 1990 Nr. 34 S. 146£; Hof van Beroep Gent 11.1.1990, R.W. 53 (1989-90) 1226 (1226f.). 157 Vom 31. Januar 1980, Belgisch Staatsblad/Moniteur Beige 2181. 158 In seinem Gutachten vom 8. November 1976, zitiert bei Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (133) N. 17. 159 Dekkers II 222 Nr. 386; Guldix, J.J.P. 89 (1980) 129 (133); Ronse, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 111; Storme, R.W. 26 (1962-63) 1321 (1324) Nr. 7.

bereits 1877 abgeschafft worden160; seit langem kennt das luxemburgische Recht somit nur noch die astreinte. cc) Niederlande. - Das niederländische Recht kennt hingegen auch heute noch die Zwangshaft („lijfsdwang“ oder „gijzeling") als Vollstreckungsmaßnahme, und sie scheint sich nach den Worten eines Generalanwalts des Hoge Raad sogar „in einem Aufwind zu befinden“161. Sie ist allerdings nur in gewissen besonders geregelten Fällen zulässig, die in den Artt. 585, 586 und 598 a162 des Wetbooek van Burgerlijke Rechtsvordering aufgezählt sind; diese Bestimmungen sind besonders streng auszulegen163. 164 Daneben ermächtigt jedoch der 1932164 eingefügte Art. 587 Rv. den Richter, ein Urteil mittels Zwangshaft vollstreckbar zu erklären, wenn es die Herausgabe einer bestimmten Sache, - die Vornahme einer Handlung, die ausschließlich von dem Willen des Verurteilten abhängt und allein von ihm vorgenommen werden kann, oder - das Unterlassen einer Handlung betrifft. In gewissen Fällen kann in den Niederlanden also, wenn etwa ein Zwangsgeld erfolglos bleibt, Zwangshaft verhängt werden165. 1) Zwangsgeld und einstweiliger Rechtsschutz

Schon die Begründung des Einheitlichen Gesetzes stellt klar, daß die Verhän­ gung eines Zwangsgeldes durch den Richter des einstweiligen Verfügungs­ Verfahrens nicht ausgeschlossen ist166. Sowohl in Belgien167 als auch in den Niederlanden168 wird diese Befugnis anerkannt und häufig benutzt. Gerade der Einführung des Zwangsgeldes wird zu einem guten Teil die Ausbreitung der einstweiligen Verfügungs-Verfahren zugeschrieben169. Das mit einer einstweiligen Verfügung verbundene Zwangsgeld bleibt auch 160 Siehe schon oben 14. 161 Generalanwalt Biegmann-Hartogh in seinen Schluß anträgen zu Hoge Raad 19.1.1990, Ned.Jur. 1990 Nr. 814 S. 3410 (3411). Guter Überblick zum lijfsdwang bei Oudelaar 44-47; auch Blaauw 13-15 und Jongbloed 178-182. 162 Dieser betrifft Unterhalts Verpflichtungen; hier wird von der Zwangshaft noch regelmä­ ßig Gebrauch gemacht, Parlementaire Geschiedenis Boek 3, Art. 3.11.6, S. 914; H. Stein, goed beslagen 72; van der Werf 139; kritisch aber Meijknecht 68. 163 Jansen 301: „allerstrikst teinterpreteren“. 164 Durch das Gesetz vom 29. Dezember 1932, Stb. Nr. 676; zu diesem schon oben 13 b). 165 Jüngst Hoge Raad 19.1.1990, Ned.Jur. 1990 Nr. 814 S. 3410; Ger.Hof’s-Hertogenbosch 6.1.1988, K.G. 1988 Nr. 127 S. 226: Haft, wenn Zwangsgeld nicht gezahlt wird; vgl. ferner Jansen 333 N. 136 mit Nachw.; Jongbloed 187; van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 131; s. a. van Nispen II Nr. 238 Ziff. 2 m.Nachw. aus der Rechtsprechung. 166 Expose des motifs commun, Art. 1er, Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (121). 167 Ballon, A.P.R. 35 Nr. 93. 168 Jansen 332; ausführlich Schenk 99ff. und pass. 169 So Blaauw, T.P.R. 17 (1980) 985; Meijknecht 53; de Vries, T.P.R. 20 (1983) 1352; Verheul71.

dann weiter geschuldet, wenn im Hauptsacheverfahren gegen den Kläger ent­ schieden wird170. m) Zwangsgeld und Schiedgerichtsverfahren Verleiht Art. 1 des Einheitlichen Gesetzes ganz allgemein jedem „Richter“ die Befugnis zum Auferlegen eines Zwangsgeldes, so gilt dies doch nicht auch für den Schiedsrichter171. Aber da die Vertragsstaaten nach Art. 2 des Benelux­ Übereinkommens das Einheitliche Gesetz ergänzende Bestimmungen erlassen dürfen, können sie selbständig entscheiden, ob auch Schiedsrichter ein Zwangs­ geld sollen verhängen können172. Von dieser Möglichkeit haben bisher nur die Niederlande Gebrauch gemacht.

aa) Belgien. - In Belgien besteht daher Einigkeit darüber, daß belgische Schiedsrichter ein Zwangsgeld nicht verhängen können173. Das Zivilgericht Lüttich hat daher den Teil eines Schiedsspruches, mit dem der Beklagten ein Zwangsgeld von 500 BFrs je Tag bis zur pünktlichen Vornahme gewisser Arbeiten auferlegt worden war, wegen Machtüberschreitung aufgehoben174. Nach einer im Schrifttum häufig vertretenen Meinung kann aber auch ein staatliches Gericht, das einen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, diesen nicht mit einem Zwangsgeld versehen175. Die Effektivität von Schiedssprüchen, die nicht nur eine Geldzahlung anordnen, ist dann gefährdet.

bb) Luxemburg. — In Luxemburg ist bisher keine Bestimmung ergangen, die 170 Siehe Hoge Raad 31.5.1963, Nedjur. 1966 Nr. 336 S. 876 (881) und auch Hoge Raad 16.11.1984, Ned.Jur. 1985 Nr. 547 S. 1726 (1730) unter 17; van Nispen in Onrechtmatige daad II Nr. 245 Ziff. 4; Generalanwalt Krings in seinen Schluß anträgen zu Benelux-GH 14.4.1983 Rs. A 82/8 (E. Vanschoonbeek-Limbuterm .1. Vanschoonbeek), Jur.Benelux 4 (1983) 83, ebd. 90, 92f.; dagegen Heemskerk, Anm. zu Benelux-GH 9.3.1987- Rs. A 85/2 (Trenning .1. Krabben), Ned.Jur. 1987 Nr. 910 S. 3053, 3056 (3058 Nr. 10). Wird jedoch eine Entscheidung auf Beru­ fung mit rückwirkender Kraft aufgehoben, so wird auch das Zwangsgeld hinfällig, vgl. Benelux-GH 14.4.1983 ebd. = Ned.Jur. 1983 Nr. 615 S. 1939 m.Anm. Heemskerk; a.A. Stor­ me, Annal.dr.Louvain 46 (1986) 103 (108). 171 Expose des motifs commun, Art. 1er, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (121). 172 So auch ausdrücklich das Expose des motifs commun, Art. 1er, ebd. 121. 173 Ballon, A.P.R. 34 Nr. 90; ders., R.W. 43 (1979-80) 2017 (2022); Glansdorff, J.Trib. (Brux.) 1980, 312 N. 4; Huys/Keutgen Nr. 315; de Leval 491 N. 2134; Moreau-Margreve, Ann.Fac.Dr.Liege 27 (1982) 11 (45 N. 108, 60); Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (231 Nr. 14); ders. in Fettweis/Gutt 200 Nr. 12; a. Diskussionsbericht de Leval, Ann.Fac.Dr.Liege 27 (1982) 97 (98, 103 N. 2). Anders indes wohl Cour d’appel Liege 5.6.1987, genannt bei Keutgen/ Huys, J.Trib. (Brux.) 1988, 417(421). 174 Trib.civ. Liege 6.3.1984, Jur.Liege 1984, 197 m.Anm. de Leval = T.Arbitr. 1985, 28 m.Anm. Ballon. Sowohl de Leval, ebd. 200 als auch Ballon, ebd. 30 bemerken, daß interessierte Kreise de lege ferenda wünschen, daß auch Schiedsrichter ein Zwangsgeld ausspre­ chen können. 175 Ballon, A.P.R. 45 Nr. 122; ders., T.Arbitr. 1985, 31; de Leval 491 N. 2134; Moreau/ Margreve, Ann.Fac.Dr.Liege27(1982) 11 (60).

Schiedsrichter zur Verhängung eines Zwangsgeldes ermächtigt. Wie in Belgien dürfte dort den Schiedsrichtern eine solche Befugnis also nicht zukommen.

cc) Niederlande. - In den Niederlanden hingegen bestimmt Art. 611 i Rv., die letzte Vorschrift zum Zwangsgeld, daß unter „Richter“ in diesem Teil auch Schiedsrichter mit verstanden werden. Daß niederländische Schiedsrichter ein Zwangsgeld aussprechen können, steht heute176 daher fest177. Bei der Neurege­ lung der Schiedsgerichtsbarkeit im Jahre 1986178 ist dies in einem Art. 1056 Rv. nochmals ausdrücklich bestätigt worden; ferner wird dort bestimmt, daß zur Aufhebung, Aussetzung und Herabsetzung eines Zwangsgeldes nach Art. 611 d Rv. (= Art. 4 des Einheitlichen Gesetzes) der Präsident des Gerichts zuständig ist, bei dem der Schiedsspruch niedergelegt worden ist179.

III. Das Zwangsgeld in Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung 1. Grundlagen

In den drei Benelux-Ländern sind die ordentlichen Gerichte in großem Um­ fang auch für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten unter Beteiligung der Verwaltung zuständig. Ist die verfassungsrechtliche Ausgangslage auch weit­ gehend gleich, so ist die Ausgestaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit doch recht unterschiedlich. Entsprechend vielfältig sind auch die für das Zwangsgeld geltenden Regeln. Vor der Erörterung des von den ordentlichen Gerichten gegen die Verwaltung verhängten Zwangsgeldes soll hier daher zunächst nur ein 176 Früher war dies mangels ausdrücklicher Vorschrift zweifelhaft, vgl. van Rossem/Cle1275 Art. 611 a Anm. 2, 1420 Art. 653 Anm. 2, wurde aber doch häufig angenommen, vgl. Hugenholtz/Heemskerk 307 Nr. 312; Nolen 176; van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961/62) 118 (128); ders., W.P.N.R. 103 (1972) Nr. 5194 S.473, 474; Sanders, Aantasting 136. Vorschrift 736 (Art. 33 Titel 8 Buch 6) des Ontwerp 1920. 177 Vgl. nur Ger.Hof Amsterdam 19.5.1988, Ned.Jur. 1989 Nr. 148 S. 479 (481 unter 4.13); Arr.Rb. Breda 31.3.1989, T.Arbitr. 1989, 129 m.Anm. Sanders; Burgerlijke Rechtsvorde­ ring/Jansen Art. 611 a Anm. 2, Art. 611 i Anm. 1; Jansen 332; Oudelaar 37; Schlingemann in Zonderland/Schlingemann/Dolman 272; van der Werf 136. 178 Wet tot hernieuwende vaststelling van de regelen omtrent de arbitrage in het Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering vom 2.7.1986, Stb. Nr. 372; dazu in deutscher Sprache allgemein Bühler, RIW/AWD 1987, 901-905; Re(mien), RabelsZ 51 (1987) 238-239; Schultsz, IPRax 1987, 383-384. 179 Art. 1056 Satz 2 Rv. Nach der zunächst vorgesehenen Regelung sollte der Gerichtspräsi­ dent zuständig sein, der den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt hat. Die Gesetz gewordene Fassung verlangt - dem Änderungsvorschlag van den Berg’s, T.Arbitr. 1984, Heft 6 S. 171 (201 f.) folgend - keine vorherige Vollstreckbarerklärung mehr; s. Memorie van Antwoord, T.Arbitr. 1986, Heft 2 S. 54 (84). Die Entwürfe des Gesetzes sind abgedruckt T.Arbitr. 1986, 31; vorherige Fassung in T.Arbitr. 1984, Heft 4A S. 6ff., und Memorie van Toelichting, T.Arbitr. 1984, Heft 4A S. 19ff.; s. dazu die Kritik von van den Berg, T.Arbitr. 1984, Heft 6 S. 171 ff. VERINGA

Überblick über die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gegeben werden; auf die Organe der Verwaltungsgerichtsbarkeit wird erst später180 eingegan­ gen.

Als Land mit einer einheitlichen Gerichtsbarkeit wird Belgien bezeichnet181. Dies folgt aus der Regelung der gerichtlichen Zuständigkeiten in den Artikeln 92 und 93 der Verfassung: „Streitfälle über bürgerliche Rechte gehören aus­ schließlich zum Zuständigkeitsbereich der Gerichte. - Streitfälle über politische Rechte gehören zum Zuständigkeitsbereich der Gerichte, vorbehaltlich der durch Gesetz festgelegten Ausnahmen.“ Von solchen Ausnahmen abgese­ hen182, sind die (ordentlichen) Gerichte in Belgien daher auch für Rechtsstrei­ tigkeiten mit der Verwaltung zuständig. Die luxemburgische Verfassung enthält in ihren Artikeln 84 und 85 die gleichen Bestimmungen über die Rechtspflege wie die belgische in ihren Arti­ keln 92 und 93. Handelt es sich um einen Streit um Zivilrechte, sind daher nach Art. 84 stets die Gerichte zuständig, auch wenn die Verwaltung beteiligt ist183. Geht es um politische Rechte im Sinne des Art. 85 und liegt keine besondere Zuweisung an ein Organ der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor184, so sind gleichfalls die ordentlichen Gerichte zuständig und dabei auch befugt, Verwal­ tungsakte nachzuprüfen, die individuelle Rechte betreffen185. In den Niederlanden kann man drei Gruppen von Fällen unterscheiden, in denen die ordentlichen Gerichte für Rechtsstreitigkeiten mit der Verwaltung zuständig sind186: - Streitigkeiten über das Eigentum oder daraus entspringende Rechte sowie über Schuldforderungen und andere bürgerliche Rechte187, insbesondere also auch über Verträge; Staatshaftung nach Art. 1401 B.W.188; - Steuersachen189 und andere Fälle ausdrücklicher gesetzlicher Zuwei­ sung190. In allen drei Benelux-Ländern sind die ordentlichen Gerichte also in beachtli­ 180 Unten 3. 181 Gambier II 718, 726, 730; er stellt Belgien als Land mit „regime judiciaire“ die Länder mit „regime administratif" - d. h. Trennung von ordentlicher Gerichtsbarkeit und Verwal­ tungsgerichtsbarkeit - gegenüber. 182 Zu diesen s. Gambier I 269ff.; zum Staatsrat s. auch unten 3a. 183 Siehe auch Majerus 245. 184 Siehe dazu Majerus 247 ff.; zum Conseil d’tat, comite du contentieux, auch unten 3 b). 185 Majerus 247. 186 Siehe van der Hoeven in Komen/Rutten-Roos 106 Nr. 33. 187 Art. 112 Grondwet, Art. 2 Wet op de rechterlijke organisatie. 188 Der allgemeinen Vorschrift über die Haftung für unerlaubte Handlungen, die eine Schuldforderung im Sinne der oben genannten Bestimmungen begründen. 189 Wet administratieve rechtspraak belastingzaken vom 17. Mai 1956, Stb. Nr. 323; früher waren besondere raden van beroep voor de directe belastingen zuständig, s. Nederlands Bestuursrecht 351 f. und Rothenbücher 23. 190 Ausführlich Tak 166ff.; s. a. Nederlands Bestuursrecht 353.

chem Maße für Rechtsstreitigkeiten mit der Verwaltung zuständig. Die Befug­ nis dieser Gerichte, auch gegen die Verwaltung ein Zwangsgeld zu verhängen, ist daher entsprechend bedeutsam.

2. Zwangsgelder der ordentlichen Gerichte gegen die Verwaltung Gegen wen die Hauptverurteilung ergeht, ist für die Frage der Möglichkeit der Verhängung eines Zwangsgeldes ohne Bedeutung191. Ein Zwangsgeld kann daher nach dem Einheitlichen Gesetz auch der öffentlichen Verwaltung auferlegt werden192. In den Niederlanden hat die Rechtsprechung schon früher - wenn sie die Auferlegung eines Zwangsgeldes gegen193 die Verwaltung in der Regel auch als nicht notwendig angesehen hat194 -195 in einigen Fällen doch ein Zwangsgeld gegen den Staat verhängt. Bekannt ist die Entscheidung der Haager Arrondissements­ rechtbank vom 29. April 1963195, in der der niederländische Staat unter Zwangs­ geld196 verpflichtet wurde, alles zu unternehmen, um gewisse Molukker vor der Unabhängigkeit Indonesiens am 1. Mai 1963 in die Niederlande zu bringen197. 191 MOREAU-MARGREVE, Ann.Fac.Dr. Liege 27 (1982) 11 (21). 192 Expose des motifs commun, zu Art. 3 a.E., Jur.Benelux 2 (1980-1981) 115 (123); für Belgien: Ausführlich Ballon, A.P.R. Nr. 175-177, der aber bemängelt, daß es bisher keine Möglichkeit der Vollstreckung des Zwangsgeldes gegen die Verwaltung gibt; Dirix, Begrip 52 Nr. 66; Guldix, J.J.P. 89 (1980) 125 (153 unter 37); Moreau-Margreve, Ann.Fac.Dr.Liege 27 (1982) 11 (21); Storme, T.P.R. 17 (1980) 222 (231 Nr. 15); de Visscher, J.Trib. (Brux.) 96 (1981) 683-684; für die Niederlande: van Opstall, Jb.Belg.Ned. VIII (1961-1962) 131; Stein 312; Ger.Hof’s-Gravenhage 10.9.1987, K.G. 1988 Nr. 10 S. 19 (21 sub 15) bemerkt ausdrück­ lich, daß keine Rechtsregel das Zwangsgeld gegen den Staat verbietet. 193 Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten durch die Verwaltung mittels gericht­ lichen Unterlassungsgebotes und Zwangsgeldes gegen den Einzelnen ist nach de Haan 58 f. nicht möglich. Arr.Rb. Haarlem 19.11.1984, Ned.Jur. 1986 Nr. 667 S. 2611 verbietet aber unter Zwangsgeld die gegen das Postmonopol verstoßende Briefbeförderung; Ger.Hof ’sGravenhage 25.6.1987, K.G. 1987 Nr. 354 S. 688, gebilligt von Hoge Raad 14.4.1989, Ned. Jur. 1990 Nr. 712 S. 2909, gebietet die Verbringung verunreinigten Gipses aus den Niederlan­ den. 194 Schenck 101 £; in der Sache Arr.Rb. ’s-Gravenhage 30.6.1961, Ned.Jur. 1961 Nr. 434 S. 958 etwa wurde angenommen, daß die Verwaltung der Verurteilung zur Ausstellung eines Reise- und Aufenthaltsausweises nachkommen werde, und daher kein Zwangsgeld verhängt; ebenso Arr.Rb. Amsterdam 15.10.1964, Ned.Jur. 1966 Nr. 376 S. 1038, 1039: Wiederherstel­ lung der Wasser- und Gaszufuhr für eine Wohnung durch eine Gemeinde; auch Ger.Hof Amsterdam 17.2.1986, K.G. 1986 Nr. 138 S. 240; grundsätzlich so auch Arr.Rb. Rotterdam 28.6.1950, Ned.Jur. 1951 Nr. 108 S. 209, 210 und Arr.Rb. ’s-Gravenhage 29.4.1963, Ned.Jur. 1963 Nr. 240 S. 567; s. a. Oudelaar 38; van der Werf 137; van Wijk 130. De Haan 448 meint allerdings, dieses Vertrauen sei offenbar erschüttert, denn gegenwärtig zögere der Richter meist nicht, seinen Befehl an die Obrigkeit durch ein Zwangsgeld zu unterstreichen. 195 Arr.Rb. ’s-Gravenhage 29.4.1963, Ned.Jur. 1963 Nr. 240 S. 567. 196 Von 50.000 Gulden je Gläubiger. 197 Im Fall Arr.Rb. Rotterdam 28.6.1950, Ned.Jur. 1951 Nr. 108 S. 209 ging es um das Unterlassen des Beanspruchens von Wohnraum durch eine Gemeinde; im Fall Ger.Hof Am­ sterdam 6.12.1962, Ned.Jur. 1963 Nr. 369 S. 931 wurde auf Antrag des niederländischen

Kürzlich hat sogar ein Zivilgericht der Verwaltung unter Zwangsgeld befoh­ len, die Entscheidung eines Ambtenarengerecht auszuführen198. Auch belgische Zivilgerichte haben inzwischen verschiedentlich die Verwal­ tung unter Anordnung eines Zwangsgeldes verurteilt199; gelegentlich haben sie es allerdings auch für nicht angebracht gehalten, ein Zwangsgeld auszuspre­ chen200. Da gegenüber der Verwaltung in Belgien bisher keine Möglichkeit der Vollstreckung des Zwangsgeldes bestand, ist die Bedeutung des Zwangsgeldes begrenzt201. Vergleichbare luxemburgische Entscheidungen sind bisher nicht ersichtlich, wären aber wohl rechtlich zulässig202.

3. Regelungen für den Verwaltungsprozeß

Nach Artikel 1 des Einheitlichen Gesetzes ist „der Richter“203 befugt, ein Zwangsgeld aufzuerlegen. Vom Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit spre­ chen aber weder das Einheitliche Gesetz noch die Gemeinsame Begründung ausdrücklich204. Auch der Benelux-Gerichtshof hat die Frage, ob Verwaltungs­ gerichte Richter im Sinne dieser Bestimmung sind, bisher offengelassen205. Für Staates der Gemeinde Huizen unter Zwangsgeld verboten, ungereinigte Abwässer in das Ijsselmeer abzuleiten; im Falle Ger.Hof ’s-Gravenhage 10.7.1986, Ned.Jur. 1987 Nr. 1010 S. 3514 wurde dem Staat für den Fall der nicht fristgemäßen Durchführung eines Isolierungs­ programms gegen Fluglärm ein Zwangsgeld auferlegt; im Fall Arr.Rb. ’s-Gravenhage 14.12.1987, K.G. 1988 Nr. 57 S. 123 wurde einer Gemeinde die Mitwirkung am Eigentums­ übergang eines Grundstücks unter Zwangsgeld befohlen; im Fall Arr.Rb ’s-Gravenhage 29.11.1988, K.G. 1989 Nr. 26 S. 41 wurde der Staatsforstverwaltung unter Zwangsgeld die Zustimmung zu oder die Duldung von Wassergewinnungsmaßnahmen aufgegeben. 198 Arr.Rb. ’s-Gravenhage 31.12.1985, K.G. 1986 Nr. 52 S. 87, weiter dazu noch unten 3 c) dd). 199 Burg.Rb. Gent 14.7.1981 (N. V. X. J. Belgischer Staat), R.W. 45 (1981-1982) 690; Vredegerecht Sint-Truiden 16.6.1983 (V. ./. Stad Sint-Truiden), R.W. 49 (1985-1986) 1642, -in beiden Fällen ging es um die Hinterlegung einer Enteignungsentschädigung. Ferner Burg.Rb. Mechelen 23.1.1989 (N. V. S. ./. Belgischer Staat), R.W. 52 (1988-89) 1034 = T. Belg. Burg. R./ Rev.gen.dr.civ.beige 1990, 175: Auskehrung von Entschädigungszahlung an Bank der Gläubi­ gerin. Schon vor dem Inkrafttreten der Zwangsgeldregeln hat das Trib.civ. Arlon am 9.1.1979, Jur.Liege 91 (1984) 576, einer Gemeinde unter Zwangsgeld die Beachtung der Betriebsbedin­ gungen der Genehmigung einer Kippe befohlen. 200 Cour d’appel Liege 12.9.1985 (L. ./. ^tat beige), Jur.Liege 92 (1985) 585: Immatrikulation eines Studenten am Institut superieur de 1 ‘tat in Verviers. 201 S. a. Ballon, A.P.R. 63f. Nr. 175-177; Herbots, T.P.R. 20 (1983) 1083 Nr. 58. Für die Einführung einer Möglichkeit der Vollstreckung gegen die Verwaltung van Volsen/van Heuven, R.W. 51 (1987-1988) 209-218 mit umfangreichen Nachweisen, auch zu einem Gesetzesvorschlag des Senators Cerexhe. 202 Vgl. Elvinger inTrav. Assoc. Capitant 36 (1985) 210f. 203 „De rechter“/“lejuge“. 204 S. auch Storme, Haardt-bundel 128. 205 Benelux-GH 1.7.1988 - Rs. A 87/1 (Servais J. Commune de Blegny), Jur.Liege 95 (1988) 1201 m.Anm. Haubert/Panier = R.W. 52 (1988-89) 145 m.Anm. Ballon = Ned.Jur. 1988

die Möglichkeit der Verhängung eines Zwangsgeldes im Verwaltungsprozeß kommt es daher vor allem auf die einzelstaatlichen Regelungen an.

a) Belgien In Belgien wird die allgemeine Verwaltungsgerichtsbarkeit, neben der eine große Zahl verschiedener besonderer Organe der Verwaltungsrechtspflege be­ steht206, vom Staatsrat (Raad van State, Conseil d’tat) durch dessen Abteilung für die Verwaltung ausgeübt207. Der Staatsrat hat einmal, nämlich in einer Entscheidung vom 8. Juli 1982208, ein Zwangsgeld verhängt209. Durch diese Entscheidung wurde ein nach Durch­ führung eines ersten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens210 erlassener erneut negativer Prüfungsbescheid wiederum aufgehoben; gegen die Mitglieder des Prüfungsausschusses verhängte der Staatsrat ein Zwangsgeld für den Fall, daß der Ausschuß nicht bis zu einem bestimmten Termin gemäß den Gründen der Aufhebung beschließt. Der Staatsrat hat dabei angenommen, daß auch er ein „Richter“ im Sinne des Artikel 1 Absatz 1 des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld ist211 und daß eine aufhebende Entscheidung auch eine mit Hilfe eines Zwangsgeldes durchsetzbare Verpflichtung der Verwaltung enthalten kann212. Er hat sich dabei auch auf französische und deutsche Vorschriften berufen213. Indes ist diese bedeutende Entscheidung des Staatsrats am 23. März 1984 von dem Kassationshof214 aufgehoben worden215. Der Kassationshof begründete Nr. 1030 S. 3658 m. Anm. Heemskerk; in R.W. und Ned.Jur. ebd. auch die Schlußanträge von Generalanwalt Wampach, in denen er die Frage bejahen wollte, dagegen Heemskerk ebd., zustimmend aber Ballon ebd. 153. 206 Vgl. dazu Velu in: Gerichtsschutz gegen die Exekutive I 55, 74; s. auch J. Schwarze I 150; vander Stichele 390 f. 207 Ausführlich Mast/Alen/Dujardin 569 Nr. 587ff; knapp Velu ebd. 73; Storme, Inleiding Nr. 267f. S. 228f; über Vorschläge zur Errichtung von Verwaltungsgerichten mit Mög­ lichkeit der Berufung zum Staatsrat s. vander Stichele 398, 400. 208 Staatsrat 8.7.1982 (Zoete ./. Minister van Onderwijs en Centrale Examenscommissie (diploma vangegradueerde in de kinesitherapie)), R.W. 46 (1982-83) 1633. 209 Storme in Fettweis/Gutt 200 Nr. 12 hatte sich schon vorher für eine solche Befugnis des Staatsrates ausgesprochen; anders hingegen Diskussionsbericht de Lev al, Ann. Fac.Dr. Liege 27(1980)97(98). 210 Staatsrat 12.5.1981, R.W. 45 (1981-82) 254. 211 R.W. 46 (1982-83) 1633 (1662-1667unter 8.1.2 und 8.2.1 bis 8.2.9). 212 Ebd. 1667-1673 unter 8.3. bis 8.3.3.15. 213 Ebd. 1673 unter 8.3.3.14 mit Hinweis auf das französische Gesetz vom 16.7.1980 und § 170 (gemeint wohl § 172) VwGO. 214 Zuständig wegen Zuständigkeitskonfliktes gemäß Art. 33 Abs. 1 der Koordinierten Gesetze über den Staatsrat. 215 R.W. 48 (1984-85) 15. Die Entscheidung des Kassationshofes hatte auch für die vor dem Staatsrat erfolgreiche Examenskandidatin Folgen: Ihr war in Ausführung der Entscheidung des Staatsrates am 22.9.1982 das Diplom verliehen worden, doch wurde ihr nun durch Burg.Rb. Brugge 24.11.1987, R.W. 52 (1988-89) 1407 dessen Rückgabe befohlen - unter Zwangsgeld von 5000 BFrs. je Tag, s. Storme, Proces 39f.

seine Entscheidung damit, daß die Wiederherstellung eines in unrechtmäßiger Weise beeinträchtigten Rechts nach Art. 92 und 93 der belgischen Verfassung216 zur ausschließlichen Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zähle und der Staatsrat daher nicht befugt sei, hierüber und somit auch über ein Zwangsgeld zu entscheiden217. Demnach konnte der Staatsrat, da er nur für die Aufhebung von Verwal­ tungsentscheidungen - nicht aber für den Erlaß von Leistungsurteilen - zustän­ dig ist, keine Hauptverurteilung im Sinne des Art. 1 Absatz 1 des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld auferlegen218. Dennoch ging der Staatsrat zu­ nächst weiterhin davon aus, daß er unter Umständen ein Zwangsgeld verhängen dürfe219. Auf eine Vorlagefrage des Staatsrates hat aber der Benelux-Gerichtshof am 1. Juli 1988 geantwortet, daß eine Entscheidung der Art, wie sie der belgische Staatsrat zu treffen befugt ist, keine Hauptentscheidung im Sinne des Art. 1 des Einheitsgesetzes sei220. Daß eine solche Entscheidung - wie der Staatsrat ausge­ führt hatte - Rechtskraftwirkung habe und mit sich bringe, daß die zuständige Behörde sich mit ihr unvereinbarer Handlungen zu enthalten habe, ändere nichts221. Leistet die Verwaltung einem Aufhebungsurteil des Staatsrates nicht Folge, so kann der Betroffene aber immerhin vor den ordentlichen Gerichten Schadenser­ satz nach Art. 1382, 1383 Code civil verlangen; dabei kann die Verwaltung zur Naturalherstellung verurteilt werden und diese Verurteilung kann durch den Ausspruch eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden222. Gegen diesen Umweg spricht allerdings der Grundsatz der Prozeßökonomie223. Storme224 hatte daher gemeint, der Staatsrat könne der Verwaltung jedenfalls bei Strafe eines Zwangs­ geldes befehlen, seine erste aufhebende Entscheidung zu befolgen. Aber dieser Vorschlag ist durch die Entscheidung des Benelux-Gerichtshofes wohl über­ holt. Abhilfe konnte nur der belgische Gesetzgeber bringen225 - und obwohl er, wie oben geschildert, die astreinte in Zivilsachen so lange unbeachtet gelassen 216 S. die Schlußanträge des Generalanwalts Krings ebd. 34f unter Nr. 23. 217 R.W. 48 (1984-85) 15 (43). 218 So versteht den Kassationshof auch van Oevelen, R.W. 48 (1984-85) 1413, 1427. 219 S. Staatsrat 18.6.1985, R.W. 50 (1986-87) 311 (320f); vgl. a. Opdebeek/Reyntjens, R.W. 50 (1986-87) 1 (26f.) zu unveröffentlichten Entscheidungen, in denen zwar kein Zwangs­ geld verhängt wurde, dies jedoch nicht grundsätzlich, sondern nur bei den Umständen des Falles abgelehnt wurde. Vorsichtig Mast/Alen/Dujardin 693 f. Nr. 692. 220 Benelux-GH 1.7.1988 (oben N. 205), unter Nr. 20-21, 28. 221 Ebd. unter Nr. 22. 222 Ausführlich van Oevelen, R.W. 48 (1984-85) 1413 (1430-1435); angedeutet auch bei Storme, R.W. 48 (1984-85) 1409 (1411) und Generalanwalt Krings in seinen Schlußanträgen R.W. 48 (1984-85) 15 (33 unter Nr. 21 sowie S. 37f. unter Nr. 25); ferner Haubert/Panier, Jur. Liege 95 (1988) 1204 (1209f, insbes. Nr. 13). 223 Storme, R.W. 48 (1984-85) 1409 (1411); auch van Oevelen, R.W. 48 (1984-85) 1413 (1436) und Opdebeek/Reyntjens, R.W. 50 (1986-87) 1 (26). 224 R.W. 48 (1984-1985) 1409 (1412). 225 Dafür Ballon, R.W. 52 (1988-1989) 152 (153) und wohl auch Haubert/Panier, Jur.Lie­ ge 95 (1988) 1204 (1210f. Nr. 14).

hatte226, wurden Ende 1990 Regelungen eingeführt, die den Staatsrat zum Ausspruch von Zwangsgeldern gegen die Verwaltung ermächtigen und das Verfahren dazu ausführlich regeln227. Bemerkenswert ist vor allem, daß dieses Zwangsgeld nicht dem Gläubiger, sondern einem besonderen Fonds zugute­ kommt228.

b) Luxemburg

Verwaltungsgerichtsbarkeit wird in Luxemburg insbesondere229 von dem Comite du contentieux des Conseil d’tat ausgeübt230. Der allgemeine Rechts­ behelf231 232 vor dem Conseil d’tat ist der „recours en annulation"232, der dem französischen „recours pour exces de pouvoir" weitgehend entspricht233. Der luxemburgische Conseil d’tat hat bisher offenbar weder ein Zwangsgeld verhängt, noch einen solchen Ausspruch auch nur erwogen. Kraft ausdrückli­ cher gesetzlicher Bestimmung234 ist die Verwaltung zwar verpflichtet, die Ent­ scheidung des Comite du contentieux bei der Neubescheidung zu befolgen. Ob diese gesetzliche Verpflichtung aber mit Hilfe eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden kann, ist ungewiß. Die Artikel 84 und 85 der luxemburgischen Verfas­ sung entsprechen genau den Artikeln 92 und 93 der belgischen Verfassung. Es liegt daher nahe, auch dem luxemburgischen Conseil d’tat die Zuständigkeit für gegen die Verwaltung gerichtete Klagen auf Wiederherstellung eines Rechts und damit zur Verhängung eines Zwangsgeldes zu versagen235. Gegen die Möglichkeit, daß die Verwaltung einer Entscheidung des Conseil d’tat nicht

226 Oben 12 b). 227 Art. 36 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat, eingeführt durch Wet tot wijziging van de wetten op de Raad van State, gecoördinerd op 12 januari 1973, en van de wet van 5 april 1955 inzake de wedden van de ambtsdragers bij de Raad van State/Loi modifiant les lois sur le Conseil d’tat, coordonnees le 12 janvier 1973, et la loi relative aux traitements des titulaires d’une fonction au Conseil d’^tat, Belgisch Staatsblad/Moniteur Beige 1990, 21425, sowie Koninklijk besluit tot regeling van de rechtspleging voor de afdeling administratie van de Raad van State inzake de dwangsom/Artete royal determinant la procedure devant la section d’administration du Conseil d'tat en matiere d’astreinte, Belgisch Staatsblad/Moniteur Beige 1991, 12050; dazu Nihoul, J.Trib. (Brux.) 1991, 348f. 228 Art. 36 § 1 Abs. 2 Sätze 3-5. 229 Zu anderen Organen der Verwaltungsgerichtsbarkeit Majerus 2248 ff. 230 Vgl. Majerus 195, 198ff.; Auby/Fromont 345; J.SchwarzeI 173-174. 231 Daneben kennt das luxemburgische Recht einen „contentieux de reformation“, bei dem der Conseil d'tat die angegriffene Entscheidung der Verwaltung durch seine eigene Entschei­ dung ersetzen kann; diese Klageart ist jedoch nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Zulassung gegeben, vgl. Majerus 199f. 232 Majerus 200 ff; Auby/Fromont 350 ff. 233 So Auby/Fromont 350. 234 Art. 3 des Gesetzes vom 20.7.1939. 235 So jedenfalls auch Arendt, Rev .jur. pol. 40 (1986) 828 (832).

nachkommt, ist nun durch ein Gesetz vom 25.2.1986236 Abhilfe geschaffen worden: Es ist aber nicht das Zwangsgeld, sondern eine manchmal vielleicht sogar wirksamere Abhilfe eingeführt worden. Der Conseil d’tat, Comite du contentieux bestimmt auf Antrag des Betroffenen nach drei Monaten einen Sonderbeauftragten (commissaire special), der anstelle der zuständigen Behörde und auf deren Kosten die Entscheidung trifft237.

c) Niederlande

aa) Organe des Rechtsschutzes gegenüber der Verwaltung. - In den Niederlanden bietet die Organisation des Rechtsschutzes gegenüber der Verwaltung bisher ein buntes Bild238. Dieses Mosaik239 ist sogar als „außerordentlich undurchsichtig“ bezeichnet worden240. Neben den Fällen, in denen der Rechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte gewährt wird241, lassen sich drei Hauptgruppen unterscheiden: - Zum einen ist, wenn kein anderer Rechtsweg gegeben ist, nach dem Wet administratieve rechtspraak overheidsbeschikkingen (Wet AROB)242 grund­ sätzlich243 die 1975 geschaffene Afdeling rechtspraak des Raad van State244 als Verwaltungsgericht zuständig245; das Verfahren der Abteilung unterliegt den Artt. 71-120 des Wet op de Raad van State (Art. 10 Wet AROB). 236 Loi du 25 fevrier 1986 concernant l’execution des arrts du Comite du contentieux du Conseil d’Etat, Memorial A 1986 Nr. 18 S. 874. 237 Dazu Arendt, ebd. 832 f. 238 Überblick bei van der Hoeven in Komen/Rutten-Roos 106ff.; s.a. J.Schwarze I 179-181; insbesondere zur Geschichte des Verwaltungsrechtsschutzes in den Niederlanden Rothenbücher 1-39; knapp ders. in ZaöRV 37 (1977) 281 (282ff). Die Staatscommissie Herziening Rechterlijke Organisatie (Commissie van Zeben) hat in ihrem Bericht vom 27. Juni 1984 vorgeschlagen, alle Zuständigkeiten der besonderen Verwaltungsgerichte und der ordent­ lichen Gerichte allgemeinen erstinstanzlichen Gerichten zu übertragen sowie Berufung zu den Gerechtshoven und Kassationsbeschwerde zum Hoge Raad zuzulassen; s. die Mitteilung Herz­ iening rechterlijke organisatie, Ned.Jbl. 1984, 849 (851); ausführlich dazu J.H.Blaauw, Ned.Jbl. 1984, 1181 ff; auch Polak, S. E.W. 34 (1986) 641 (645f.). Zum Gesetzentwurf Nr. 21967 vom 19.12.1990 siehe Polak, Ned.Jbl. 1991, 593. 239 Rothenbücher, ZaöRV37 (1977) 281 (291). 240 Scheltema, R.M.Themis 1978, 259 (269); von ihrer „Unübersichtlichkeit“ spricht auch Rothenbücher 1, 4, 129. 241 Dazu oben 2. 242 Wet van 1 mei 1975, houdende regels betreffende beroep op de Raad van State tegen overheidsbeschikkingen (Wet administratieve rechtspraak overheidsbeschikkingen), Stb. Nr. 284; deutsche Übersetzung in ZaöRV 37 (1977) 292-297 und bei Rothenbücher 371-376. Das Gesetz wurde wesentlich geändert durch Wet van 18 december 1986, houdende wijziging van de Wet op de Raad van State, de Wet administratieve rechtspraak overheidsbeschikkingen, de Vreemdelingenwet en andere wetten, Stb. Nr. 668; heutige Fassung bei Fruin 2075 ff. 243 Vgl. aber Art. 5 Wet AROB, dazu etwa Rothenbücher 98-100. 244 Siehe dazu Art. 63ff. Wet RvSt., jetzt in der Fassung des Gesetzes vom 18.12.1986, Stb. Nr. 668; die Bestimmungen waren eingeführt worden durch Gesetz vom 1.5.1975, Stb. Nr. 283; deutsche Übersetzung in ZaöRV 37 (1977) 298-305 und bei Rothenbücher 377-384. 245 Allerdings nur, wenn eine „beschikking“ - ein Verwaltungsakt - angegriffen wird, nicht

- Zum zweiten gibt es verschiedene besondere Verwaltungsgerichte, näm­ lich • für Sozialversicherungssachen die Raden van beroep246, deren Verfahren im Beroepswet247 248 geregelt ist, • für Streitigkeiten des öffentlichen Dienstrechts nach dem Ambtenarenwet 1929248 die Ambtenarengerechte249 und • für Streitigkeiten mit dem Sociaal-Economische Raad250 und einigen ande­ ren Wirtschaftsbehörden das nach dem Wet administratieve rechtspraak bedrijfsorganisatie (Wet ARBO)251 zuständige College van beroep voor het bedrijfsleven252. - Schließlich ist neuerdings in den meisten anderen Fällen, in denen bisher nur Verwaltungsbeschwerde (administratief beroep) erhoben werden konnte, die Afdeling voor de geschillen van bestuur des Raad van State als Verwaltungsge­ richt tätig. Schon bisher wurde zwar die Entscheidung über eine Verwaltungs­ beschwerde an die Krone253 von dieser Abteilung des Raad van State vorberei­ tet254. Von dem Vorschlag des Staatsrates konnte die Krone jedoch abwei­ chen255; das Verfahren vor der Afdeling voor de geschillen van bestuur des Raad van State führte daher nicht zu einer „determination by a tribunal" im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention256. Vielmehr erging die Entscheidung durch die Krone, also die Verwaltung257. Entstand so mangels also bei Verordnungen, Tathandlungen, nicht auf Rechtsfolgen gerichteten Akten und bürger­ lich-rechtlichen Handlungen, s. deHaan 364f. 246 Ausführlich hierzu de Guasco/Van der Meer/Huij/Baars 469ff; s.a. Nederlands BESTUURSRECHT 350 f. sowie ROTHENBÜCHER 21-23. 247 Wet van 2 Februari 1955, houdende nieuwe regeling van de organisatie en procedure van de Centrale Raad van Beroep en de raden van beroep (Beroepswet), Stb. Nr. 47; geändert durch Gesetz vom 2. Juni 1976, Stb. Nr. 321. 248 Wet van 12 december 1929, houdende regeln betreffende den rechtstoestand van ambtenaren, Stb. Nr. 530, geändert durch Gesetz vom 2.Juni 1976, Stb. Nr. 321, und Gesetz vom 26. September 1984, Stb. Nr. 461., heutige Fassung in Nederlandse Wetgeving AIII Nr. VI C 3. 249 S. dazu Nederlands bestuursrecht 351; knapp auch Rothenbücher 24f. Von den Raden van beroep und den Ambtenarengerechten ist die Berufung zum Centrale raad van beroep in Utrecht gegeben. 250 Ausführlich zu diesem die Dissertation von Geidel, zu den Aufgaben des Rates dort 177 ff. 251 Vom 16.9.1954, Stb. Nr. 416. 252 Hierzu Nederlands bestuursrecht 352 f.; Rothenbücher 36-39. 253 Vgl. van der Hoeven in Komen/Rutten-Roos 108; Nederlands bestuursrecht 353 ff. 254 Art. 26, 15 Abs. 4 Wet op de Raad van State (Wet RvSt), neu bekanntgemacht gemäß Beschluß vom 29.12.1986, Stb. Nr. 670. 255 Sie kann „contrair gaan“ - dies soll allerdings nur in 2%o der Fälle geschehen, Nederlands bestuursrecht 355; s. a. Rothenbücher 28. 256 EGMR 23.10.1985 (Benthem), EuGRZ 13 (1986) 299 = Ned.Jur. 1986 Nr. 102 S. 369 (372) unter Nr. 40; ausführlich zu der Entscheidung Mulder, Ars Aequi 34 (1985) 128 und auch van Buuren, Ned.Jbl. 60 (1985) 1301. Zu den Folgen der Entscheidung vgl. Hoge Raad 12.12. 1986, Ned.Jur. 1987 Nr. 381 S. 1367. Zu dem Fall auch schon Frowein 14f. und nun Peukert in Frowein/Peukert Art. 6 Rz. 15 f, 23 f. 257 Das betont auch der EGMR ebd. unter Nr. 43.

richterlicher Entscheidung bisher gar nicht die Frage, ob und wie die Verwal­ tung zur Beachtung einer solchen Entscheidung mittels Zwangsgeld gezwungen werden kann, so stellt diese sich nun nach der Neuregelung durch die Tijdelike Wet Kroongeschillen258. Der Überblick zeigt, daß das niederländische Verwaltungsprozeßrecht bisher „ein wenig zusammenhängendes Ganzes“259 bildet; es bestehen beinahe „ebensoviele Systeme von Verfahrensregeln, wie es Richter gibt“260. Reform ist dringend geboten und inzwischen in Vorbereitung261. Auch die Vollstreckung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ist bisher nicht einheitlich gere­ gelt262, sondern die einzelnen Verfahrensordnungen enthalten zum Teil ein­ schlägige Bestimmungen. Da heute die Tätigkeit der Afdeling rechtspraak des Raad van State - eines der jüngsten Organe der niederländischen Verwaltungsgerichtsbarkeit - bereits am bedeutsamsten ist, verdient sie, an erster Stelle behandelt zu werden. Auch verweist das Tijdelijke wet Kroongeschillen in seinem Art. 4 weitgehend auf die Vollstreckungsvorschriften für die Adeling rechtspraak263.

bb) Dwangsom des Raad van State. - Nach Art. 99 Abs. 1 Satz 1 des Wet op de Raad van State (Wet RvSt) entscheidet eine Behörde, wenn ihr Beschluß durch die Afdeling rechtspraak des Staatsrates aufgehoben wird, soweit nötig neu in der Sache unter Berücksichtigung der richterlichen Entscheidung. Hierfür kann die Afdeling rechtspraak der Behörde eine Frist setzen264. Die Afdeling voor de geschillen van bestuur des Staatsrats kann hingegen insoweit selbst in der Sache entscheiden265. Für Fälle, in denen die Verwaltung dem Ausspruch nicht nach­ kommt, enthält das Wet RvSt eine ins Einzelne gehende Regelung266, die für beide Abteilungen des Staatsrates gilt. Zunächst sieht Art. 103 Wet RvSt ein besonderes Verfahren der Benachrichti­ gung des Betroffenen vor, wenn die Verwaltung die Entscheidung nicht befol­ gen kann; dabei soll auch mitgeteilt werden, ob die Nichtbefolgung auf neuen oder veränderten Umständen beruht. Erfolgt keine Benachrichtigung oder eine 258 Wet van 18 juni 1987, houdende voorlopige voorziening inzake geschillen waarvan de beslissing aan de Kroon is opgedragen (Tijdelike wet Kroongeschillen) Stb. Nr. 317. Zu dem TwK siehe Wiarda, Ars Aequi 37 (1988) 31-37 mit umfangreichen Nachweisen. 259 De Haan 374; nach noch kritischerem Urteil „kennzeichnet sich das System des Rechts­ schutzes gegen die Obrigkeit durch Systemlosigkeit", so Nederlands bestuursrecht 350. 260 So Scheltema, R.M. Themis 1978, 259. 261 Oben N. 238. Erwogen wird die Einführung erstinstanzlicher Gerichte unter dem Staats­ rat, vgl. die Mitteilung Arob-rechtspraak in twee instanties, Ned.Jbl. 1987, 772. Diese war im Jahr 1981 von der Staatscommissie vorgeschlagen, vor allem aus Budget-Gründen vorerst aber nicht verwirklicht worden, vgl. Wiarda, Ars Aequi 34 (1985) 203 (204 N. 8). 262 Vgl. de Haan 381. 263 Art. 4 TwK. 264 Art. 99 Abs. 1 Satz 2 WetRvSt. 265 Art. 5 Abs. 1 TwK. 266 Überblick bei Ten Berge/Tak 224. De Haan 368 meint, diese Regelung sei unnötig verwickelt.

Benachrichtigung ohne die genannte Mitteilung267, so kann der Betroffene bei der Afdeling rechtspraak des Raad van State beantragen, ihm eine Entschädi­ gung zuzuerkennen und zu bestimmen, daß die Behörde alsbald der Entschei­ dung der Abteilung Folge leisten soll268. Bestimmt die Abteilung, daß die Behörde ihrer Entscheidung nachkommen muß, so setzt sie dieser eine Frist269. Zugleich bestimmt sie, daß „wenn, solange oder so oft die Behörde der Ent­ scheidung nicht oder nicht völlig Folge leistet, die durch sie anzuweisende hoheitliche Körperschaft an den Betroffenen ein durch sie festzustellendes Zwangsgeld verwirkt“270. Dieses Zwangsgeld ist mit der dwangsom der Artt. 611 aff. Rv. zumindest „eng verwandt“271. Die Verwaltung kann also durch die Abteilung des Staatsrates zur Beachtung der Entscheidung gezwungen wer­ den272. Zum ersten Mal wurde von der Zwangsgeldregelung des heutigen Art. 104 Wet RvSt in dem Fall Waardenburg273 Gebrauch gemacht: Der Beschluß des örtlichen Gemeinderates, einem Tennisverein eine Subvention in Form einer Bürgschaft zu verweigern, war vom Staatsrat aufgehoben worden274; da der Gemeinderat jedoch seinen alten Beschluß aufrecht erhielt, wurde er unter einem Zwangsgeld von 90.000 Gulden275 verurteilt, binnen drei Monaten die beantragte Subvention zu gewähren. In anderen Fällen - es ging zum Beispiel um die Beachtung einer Entscheidung, mit der auf eine Nachbarklage hin eine zu unbestimmte Genehmigung zur Aufstellung eines Wohnwagens aufgehoben worden war276 oder um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis277 - verhängte der Staatsrat ein Zwangsgeld von 500 Gulden je Tag des Verzuges nach Ablauf einer bestimmten Frist278. Zu beachten ist allerdings, daß die Abteilung nach Art. 104 Wet RvSt wählen kann, ob sie eine Entschädigung zuerkennt, sie die Befolgung der Aufhebungs­ entscheidung anordnet - oder nichts geschehen soll279. Auch ist die Regelung nicht anwendbar, wenn die durchzusetzende Entscheidung der Afdeling recht­ spraak auf Zahlung einer bestimmten Summe Geldes lautet280 - dann nämlich 267 Erfolgt eine Benachrichtigung mit der genannten Mitteilung, so kann der Betroffene Entscheidung der Sache durch die Afdeling rechtspraak beantragen, Art. 103 Abs. 2 Wet RvSt. 268 Art. 104 Abs. 1 Wet RvSt. 269 Art. 104 Abs. 3 Satz 1 Wet RvSt. 270 Art. 104 Abs. 3 Satz 2 Wet RvSt. 271 Burgerlijke Rechtsvordering/Jansen, Boek II, titel 5, afd 3 (Vor Art. 611a) Anm. 1 b. 272 Borman44. 273 Raad van State, afdeling rechtspraak 8.6.1977 (Tennisvereniging Waardenburg ./. raad der gemeente Waardenburg), A.B. 1979 Nr. 117 S. 295. 274 Raad van State, afdeling rechtspraak 14.12.1976, A.B. 1977 Nr. 115 S. 292. 275 Dieser Betrag entsprach der Höhe des zu sichernden Bankdarlehens. 276 Raad van State, afdeling rechtspraak 12.1.1981, A.B. 1981 Nr. 478 S. 1284. 277 Raad van State, afdeling rechtspraak 8.3.1982, A.B. 1982 Nr. 318 S. 830. 278 Nachweise einiger weiterer Fälle bei St., Anmerkung zu Raad van State, afdeling rechtspraak 12.1.1981, A.B. 1981 Nr. 478 S. 1284 (1287). 279 Borman45. 280 Vgl. Art. 103 Abs. 1 Satz 1 Wet RvSt; s. a. Borman 45 N. 45.

kann die Entscheidung gemäß Art. 99 Abs. 4 Wet RvSt bzw. 5 Abs. 5 TwK nach den Vorschriften des zweiten Buches des Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering vollstreckt werden281. Die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 des Einheitlichen Gesetzes vorgesehene Ausnahme282 findet sich also auch hier. Die Regelungen der Artt. 103 und 104 Wet RvSt finden zwar wenig Anwen­ dung283; die genannten Fälle, in denen sie bereits praktisch geworden und Zwangsgelder verhängt worden sind, zeigen jedoch, daß sie nützlich sein kön­ nen284. Seit der Neufassung des Wet RvSt von 1986 kann nun nach Artt. 111, 112 auch bei der vorübergehenden Aussetzung einer Verwaltungsentscheidung oder einer einstweiligen Anordnung ein Zwangsgeld verhängt werden285.

cc) Raden van beroep. - Nach Art. 70 des in Sozialversicherungssachen maßge­ benden Beroepswet286 kann ein Raad van beroep, wenn er die Beschwerde für begründet erachtet, unter gänzlicher oder teilweiser Aufhebung des streitigen Beschlusses entweder eine Entscheidung treffen, die an die Stelle des Beschlusses tritt, oder bestimmen, daß das betroffene Organ einen Beschluß unter Beach­ tung des Ausspruches fassen muß. Die Entscheidung ist nicht vollstreckbar287; die Wahl zwischen den beiden von Art. 70 Beroepswet eröffneten Möglichkei­ ten soll dennoch nicht von dem Vertrauen des Richters in die Verwaltung abhängen, sondern von der Zweckmäßigkeit288. Gewähr für die Befolgung des Ausspruches mag die Möglichkeit der Beschwerde an den Sociale Verzekeringsraad geben289 - ein Zwangsgeld gibt es nach dem Beroepswet aber nicht. dd) Ambtenarengerechte. - Art. 104 des Ambtenarenwet290 sieht für den Fall, daß die Behörde den Beschluß des Ambtenarengerecht nicht ausführt, die Zuerkennung einer Entschädigung vor. Eine „dwangsom“ kennt das Ambtena­ renwet hingegen nicht. Dennoch kann sie unter Umständen zur Durchsetzung der Entscheidung eines Ambtenarengerecht eingesetzt werden, nämlich durch die ordentlichen Gerichte. Dies zeigt eine Entscheidung der Haager Arrondissementsrechtbank vom 31.12.1985291: Die Rijkspostspaarbank wurde privatisiert und so zur Post­ bank NV292. Der Postbedienstete Hijmans erwirkte am 30.12.1985 einen Be­ 281 S.a. Borman 45 N. 106. 282 Vgl. oben II2 f) aa). 283 So jedenfalls Borman 45 für die bisherigen Artt. 76 und 77. 284 So ausdrücklich auch Borman 47. Zur Vollstreckung des Zwangsgeldes Arr.Rb. ‘sHertogenbosch 3.7.1987, K.G. 1987 Nr. 307 S. 598. 285 Zur früheren Rechtslage de Haan 454. 286 Siehe oben N. 247. 287 De Guasco/van der Meer/Huij/Baars 503. 288 Ebd. 289 Dies. 507f. 290 Siehe oben N. 248. 291 Arr.Rb. ’s-Gravenhage 31.12.1985 (Hijmans J. Staat der Nederlanden (Ministerie van Financien)), K.G. 1986 Nr. 52 S. 87. 292 NV = Naamlooze Vennootschap = Aktiengesellschaft.

Schluß des Vorsitzenden des Haager Ambtenarengerecht, nach dem die Behörde ihm einen Arbeitsvertrag bei der neuen Gesellschaft anzubieten hat. Am Tag darauf befiehlt die Arrondissementsrechtbank der Behörde, Hijmans bis zum Ablauf des Tages einen Arbeitsvertrag gemäß dem Beschluß des Ambtenaren­ gerecht anzubieten, und verhängt für den Fall der Nichterfüllung eine dwang­ som von 100.000 Gulden. Ausdrücklich verwirft die Rechtbank den Einwand der Behörde, daß es dem System des Ambtenarenwet und seines Art. 104 widerspreche, wenn der Zivilrichter einen Beschluß des Ambtenarengerecht mit einer dwangsom versieht; es könne nicht angenommen werden, daß der Antragsteller sich mit Schadensersatz begnügen müsse. Die Arrondissementsrechtbank hat hier also die „dwangsom“ des Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering zur Vollstreckung eines Beschlusses eines Ambtenarengerecht eingesetzt - obwohl das Ambtenarenwet selbst dies nicht vorsieht. Eine spätere Entscheidung desselben Gerichts hat dieses Vorgehen jedoch auf außergewöhnliche Fälle beschränken wollen und angenommen, daß allgemein kein mittels dwangsom durchsetzbarer Anspruch auf wirkliche Erfül­ lung einer Entscheidung eines Ambtenarengerechts bestehe293. ee) Dwangsom des College van beroep voor het bedrijfsleven (CvBB). - Nach Art. 58 Abs. 1 Wet ARBO294 kann das College van beroep voor het bedrijfsleven einen Beschluß für nichtig erklären und in der Entscheidung die Folgen der Nichtigerklärung regeln. Es ist auch befugt, der Behörde aufzugeben, einen Beschluß zu erlassen, zurückzunehmen oder zu ändern oder eine Handlung zu unterlassen oder vorzunehmen295. Art. 58 Abs. 2 Wet ARBO gibt dem Kollegium sodann die Befugnis, gegen die Behörde, wenn oder solange sie den Ausspruch nicht erfüllt, eine „dwang­ som“ auszusprechen. Satz 2 der Bestimmung verweist ausdrücklich auf Art. 611b Rv. Nach Art. 65 Abs. 3 kann auch eine einstweilige Anordnung mit Hilfe einer dwangsom durchgesetzt werden. Für auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtete Aussprüche be­ stimmt Art. 62 Wet ARBO hingegen, daß diese entsprechend den Bestimmun­ gen des zweiten Buches des Wetboek van Burgelijke Rechtsvordering voll­ streckt werden. Die Vollstreckbarkeit von Entscheidungen des College van beroep voor het bedrijfsleven ist trotz dieser Bestimmungen jedoch nicht stets gesichert. Art. 74 Abs. 1 Wet ARBO enthält nämlich einen Vorbehalt296: Die Krone kann297, wenn ein Ausspruch des Kollegiums ihrer Ansicht nach wegen seiner Folgen 293 Arr.Rb. ’s-Gravenhage 19.1.1987, K.G. 1987Nr. 82 S. 157. 294 Siehe oben N. 251. 295 Art. 58 Abs. 1 Satz 2 Wet ARBO. 296 Van Wijk 132 bezeichnet diese Regelung als „sehr ungewöhnlich“, Polak, S. E.W. 34 (1986) 641 (645) als „veraltet“ und Stroink, Ned.Jbl. 1983, 697 sogar als „schändlich“; für ihre Abschaffung van Buuren, Ars Aequi 35 (1986) 614 (618). 297 Innerhalb gewisser Fristen, s. Art. 74 Abs. 3 Wet ARBO.

dem Gemeinwohl widerstreitet, beschließen, daß dieser Ausspruch keine oder nicht alle seine Folgen haben soll298. Diese Möglichkeit - von der bisher aller­ dings anscheinend noch nie Gebrauch gemacht worden ist299 - ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn Schadensersatz zuerkannt oder in die Kosten verurteilt worden ist300. Art. 74 Abs. 2 Wet ARBO ermöglicht zudem, ohne die Beschränkung des Absatz 5, den Ausspruch vorübergehend auszusetzen. Beide Maßnahmen Folgenloserklärung und Aussetzung - bewirken gemäß Art. 74 Abs. 5 Satz 1 Wet ARBO, daß ein Zwangsgeld nicht verwirkt wird; ist es schon bezahlt, so ist es zurückzuzahlen301.

d) Vordringen der verwaltungsgerichtlichen dwangsom Hat das Einheitliche Gesetz für die Benelux-Länder auch eine gemeinsame und klare Regelung des Zwangsgeldes gebracht, so ist diese für die Verwal­ tungsgerichtsbarkeit dieser Länder bisher, wie der Überblick gezeigt hat, doch erst zum Teil von Bedeutung. Immerhin zeigen die niederländischen Regelun­ gen für den Raad van State und für das College van beroep voor het bedrijfsle­ ven, daß die dwangsom auch in diesem Bereich eingesetzt werden kann. Dies geschieht sogar, ohne daß besondere Abweichungen von den Bestimmungen des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld erforderlich wären.

IV. Zusammenfassung Von praktisch den gleichen Gesetzestexten wie in Frankreich ausgehend, hat das Zwangsgeld in den Benelux-Ländern doch eine eigene Entwicklung genom­ men: In Belgien hat es erst mit der Übernahme des Einheitlichen Gesetzes über das Zwangsgeld von 1973 Anerkennung gefunden. Dieses Gesetz konnte auf der niederländischen Regelung von 1932 aufbauen. Neben seiner Ausführlichkeit ist es vor allem dadurch gekennzeichnet, daß es allein das definitive Zwangsgeld kennt. In die Verwaltungsgerichtsbarkeit der Benelux-Staaten hat die dwang­ som nur zögerlich, jetzt aber zunehmend, Einzug gehalten.

298 Zum Schadensersatz vgl. Art. 75 Wet ARBO. 299 Vgl. Sewandono, Ned.Jbl. 1986, 465 und van Buuren, Ars Aequi 35 (1986) 614 (618). 300 Art. 74 Abs. 5 Wet ARBO. Ferner z. B. in Verkehrssachen, Art. 52 Wet Autovervoer Goederen. 301 Art. 74 Abs. 6 Satz 2 Wet ARBO.

§ 5 England I. Grenzen der Anordnung und Erzwingung der Naturalerfüllung 1. Specific performance und injunctions

Auch auf dem Kontinent ist in Europa weithin bekannt, daß das englische Recht Urteilen auf Naturalerfüllung zurückhaltend gegenüber steht1. Trotzdem entsteht auch in England die Frage, ob und wie eine gerichtliche Entscheidung mittels Auferlegung eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden kann. Schadens­ ersatz ist zwar das wohl häufigste2 und wichtigste „remedy“ des Gläubigers, aber nicht stets das einzige. Neben der Zahlungsklage (action for debt)3 ist für nicht auf Zahlung von Geld gerichtete Verpflichtungen zwischen specific per­ formance und injunctions zu unterscheiden.

a) Specific performance

Specific performance - d. h. eine gerichtliche Entscheidung, die dem Schuld­ ner befiehlt, das von ihm Versprochene selbst zu tun4 - ist zwar gegenüber dem Schadensersatz insoweit subsidiär, als sie nur gewährt wird, wenn dieser als Rechtsbehelf „inadequate“ ist5 6oder sie doch ,,do(es) more perfect and complete justice than an award of damages"6. Anders ausgedrückt, soll folgende Frage entscheidend sein: „Is it just in all the circumstances for the plaintiff to be 1 Vgl. aus der kontinental-europäischen Literatur etwa Carbonnier 644 Nr. 145; Larenz I 20; Reichert-Facilides 19-36; auch de Page 124 Nr. 95 und Expose des motifs commun, Jur.Benelux 2 (1980-81) 115 (119). 2 Das übrigens dürfte noch keinen Unterschied zur kontinentalen Rechtspraxis darstellen, vgl. Drobnig 320; Herbots, T.P.R. 20 (1983) 1049 (1098); ZwEIGERT/KöTZ II 198; zum deutschen Recht s. etwa die Bemerkungen von Bruns/Peters (2.) 2: „Der Erfüllungsanspruch wird damit Ausnahme, praktisch insbesondere für Zeiten des Währungsverfalls und für Son­ dersituationen“; sowie Blomeyer, Vollstreckungsverfahren 421 Vor §88: „Im Geschäftsver­ kehr tritt bei Nichterfüllung an die Stelle des Anspruchs auf Leistung meist der Anspruch auf Schadensersatz in Geld. So bildet die Durchsetzung des ursprünglichen Anspruchs selbst die statistische Ausnahme“. 3 Sie ist vom Schadensersatz zu unterscheiden, s. etwa Goode 118 f. 4 Jones/Goodhart 1: „Specific performance is a decree of the court which compels the defendant personally to do what he promised to do“. 5 Vgl. etwa Hanbury/Maudsley (-Martin) 660; Treitel in Chitty I paras. 1763 ff.; Cheshire/Fifoot/Furmston 611. 6 Megarry, V.-C. in Tito v. Wadell (No.2), [1977] Ch. 106 (322ff.); dem folgen Anson/ Guest 517; Pettit 519.

confined to his remedy in damages?"7 Die Beweislast für die Unangemessenheit des Schadensersatzes trägt der Kläger78. Die Gewährung von specific performance steht zudem im Ermessen des Gerichts9; dieses Ermessen allerdings wird nicht willkürlich10, sondern „according to fixed and settled rules" ausgeübt11. Insbesondere bei Grundstückskäufen wird üblicherweise specific performance gewährt, da jedes Stück Land einmalig ist12. Verträge auf Leistung persönlicher Dienste (personal Services) werden hingegen in der Regel nicht in Natur erzwungen13. Daß ein Arbeitnehmer nicht gerichtlich zum Tun von Arbeit oder zum Erscheinen am Arbeitsplatz gezwun­ gen werden darf, stellt section 16 des Trade Union and Labour Relations Act 197414 ausdrücklich klar. Sonst ist aber nicht jeglicher Zwang zum Verrichten einer Tätigkeit ausge­ schlossen15. So bestimmt section 17 des Landlord and Tenant Act 198516 aus­ drücklich, daß das Gericht die specific performance einer ReparaturVerpflich­ tung17 18 eines Vermieters anordnen kann. So gilt: „There can be no doubt that a mandatory injunction in the form of an order of specific performance is an appropriate remedy for a breach of a landlord’s repairing covenant"18. Voraus­ setzung soll aber sein, daß das Gericht hinreichend genau weiß, welche Arbeiten der Schuldner verrichten muß; es kann dies mit Hilfe eines Sachverständigen feststellen19. In geeigneten Fällen kann auch bei Bauverträgen specific perfor­ mance gewährt werden20. 7 Evans Marshall & Co.Ltd. v. Bertoia, [1973] 1 W.L.R. 349 (C. A.); zustimmend May, L.J. in C.N. Marine Inc. v. Stena Line A/B and Regie voor Maritiem Transport (The „Stena Nautica